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Geſdichte

Urfrung * und —2

Wiſſenfchaften

Geiehenam und Rom

Chriſtoph Meiners

ordentlichem Lehrer der Weltweisheit in Goͤttingen.

Erſter Band.

Nos quoque apes debemus imitari, & quaecunque ex diverſa ledione congeflimus, ſeparare. Melius enim diſtiucta ſer- vaniur. Deinde adhibira ingenii noftri cura & facaltate, in anum faporem varia illa li amenta confundere: ut eriam & apparuerit, unde fumsum fit, aliud tamen eflc, quam unde fumtum eſt, apparcat. SENEC..

Lemgo, im Berlage ber Meyeriſchen Buchhandlung 1781. -

“tra 2 * J v J - [|] ES R . . - . - . - x . - ey" 2 1. * \ . ð R —2 x "% - .. „‚ » v ss: . . r - ! £} D r.o. a." - He Pen r 2 - ef .. * . - (| E {- yon v a* PO . » . , 3* nos * * x nu. ... un * .. .* * U . “, Dr . 9 % * . . . » - .. > . ._ .. R F run 4 * .. PR . * ' F * J - . x * - . . 1 2” a nd . . iu; .. » ® Pan.) . 0. a 7 r ? . . [3 FR 12 . 577 * » ,. - . . ‘r .n .s_° . “. _ \ . x - 2 z .”. . .. _ ⁊* - = er . . - fi 4 ge - .” 1

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er

Vorrede.

I: nächfte Veronlaſſung zu diefen Werke

war, die vor einigen Jahren von ber

Königlichen Akademie der Wiffenfcaf: ten in Berlin aufgegebene Frage: welche Einfhüffe die Staatsserfaffung auf die Wiffenfchaften, und diefe wiederum auf jene geäußert hätten, oder noch äußerten? Um diefe Frage zu beantworten, ſah ich die Materialien durch , die ich feit langer Zeit zu eiter Ähnlichen Abſicht gefammlet harte; allen ich fand bald, daß mein-Borrath zu groß, und ber Zeitpunct, vor welchem die Preisſchriften enge: (hit werden » Allen, zu wenig enter [97 ie

B a 3

Vo. Borrede

daß ich das Vergnuͤgen haben konnte, meine Unter⸗

ſuchungen uͤber einen ſo reichhaltigen Gegenſtand einer ber beruͤhmteſten Akademien in Europa vorzu⸗ legen. Unterdeffen wurde ich durch dad Neachlefen,

Ordnen und Prüfen meiner Papiere, an die Ma⸗

terie , in welche ich mich eingelaffen hatte, fo mäch- tig hineingezogen, daß ich mid) entſchloß andere Geſchaͤfte eine Zeitlang bey Seite zu legen, und wenigſtens einen Theil der Geſchichte ber Wiſſen⸗

ſchaften der Griechen zu liefer.

Wenn man dem Urſprunge, Fortgangẽ und

Verfall der Wiſſenſchaften unter den Voͤlkern,

unter welchen ſie gebluͤhet haben und geſunken ſind, nachipärt: fo iR eine der erſten Bemerkungen, die fich dem Forſcher darbieten, dieſe, Daß die gluck lichen und ungluͤcklichen Schickſale derſelben mit zu den Erſcheinungen gehoͤren, die unzaͤhlige Urſachen, und unuͤberſehlich viele Wirkungen haben, und daß es alſo Vermeſſenheit ſey, wenn ein ſterblicher Menſch, deſſen ſchaͤrffter, am weiteſten vordringen

der Blick doch immer noch von allen Seiten fo fehr eingeſchraͤnkt bleibt, wenn dieſer ſich unterſteht, das ganze Raͤderwerk einer faſt unendlich großen und

zuſammengeſezten Maſchine, die nur allein ihr an⸗ betungswuͤrdiger Erbauer und Aufſeher in ihren

kleinſten Theilen durchſchaut, auszuſpaͤhen und

eeines Volks unverſtuͤmmelt, und die Denkmaͤler der größten Geiſter deſſelben unzertruͤmmert find,

darzuſtellen Selbſt alsdann, wenn die Geſchichte

ſelbſt alsdann iſt es unmoͤglich, Das geheime Spiel von urſachen und Wirkungen vollſtondig zu erken⸗ nen,

. *

|

Vorrede vo

nen, ‚aus welchen entweder Entwickelung ober Un⸗

tergang der Wiſſenſchaften erfolgte. Alle 5* dernde ſowohl, als aufhaltende und hindernde Ur⸗ ſachen, die wir entdecken koͤnnen, find meiſtens ſchon entfernte Wirkungen von Triebfedern, Die fi unfern Augen entziehen. Die erften Urſachen aber, oder gleichfam die Elemente derjenigen Urſa⸗ chen, von welchen wis auszugehen pflegen , find und faft immer ebenfo unbefannt undunbemerkbar, als die Keime von Gewaͤchſen und Thieren, die nach Jahrtauſenden entwicfelt werden follen; und eben fo verlieren ſich für und die legten Wirfungen Ders . felsen, gleich den aͤußerſten Graͤnzen der Kreiſe, die ein in's ruhige Weltmeer hinabgeworfener Stein hervorbringt.

So richtig mir aber auch dieſe Betrachtungen fcheinen; fo muß man doch auf der andern Seite zugeben, Daß wir, unferer Kurzſichtigkeit unge⸗

achtet, dennoch bey einem gehdrigen Gebrauche

unſerer Kraͤfte, viele der naͤchſten Urſachen des Zuſtandes und der Veraͤnderungen der Wiſſen ſchaf⸗ ten zu Beobachten im-&tande find. Dergleichen find gewiſſe Befchaffenheiten des Bodens und Him⸗ meld, auf und unter welchem Bölfer wohnen, ferner ihrer Staatsverfaſſung und Sitten, endlich ihrer Religion uud ihrer Öffentlichen Gluͤckſeligkeit oder Elendes. Wenn wir alle dieſe Urſachen die den Geiſt der edelſten Buͤrger ganzer Nationen ent⸗ weder beleben und entwickeln, oder auch nieder⸗ ſchlagen und zuruͤckhalten, ſo genau kennen, 44

vi | Sarei |

es menſchlichen Kraͤften verſtattet In ſo find. wie | alsdenn auch fähig, für Menfchen eine Irhrreiche

. und zuſammenhaͤngende Sefchichte von Wiflenfchafe ten zu fchreiden. Sind ung hingegen mehrere der jeztgenannten Triebfedern unbekannt; fo ift es vers

gebens, ein vollffändiges und vollendetes Gemälde - von der wiſſenſchaftlichen Aufklaͤrung yewiſſer Vol⸗ fer und Zeitalter wuͤnſchen und unternehmen zu wollen. Wir können daher tiber bie Fortgaͤnge der alten Aegyptier, Phoͤnicier, Chaldaͤer, Perſer

und Indier in der Erforſchung der Wahrheit und Natur zwar wahrſcheinliche Vermuthuñgen wagen, und gelehrte Unterſuchungen anſtellen; aber eine eigentliche Geſchichte der Wiſſenſchaften dieſer Na⸗ tionen iſt unmoͤglich, weil wir von keiner derſelben weder die Sitten, noch die Religion, noch die Re⸗

u . gengsforn, noch auch die Stuffe bürgerlicher

Gluͤckſeligkeit, die fie erreichten, zuverlaͤſſig erfah⸗ sen Pönnen, und nicht einmal wiflen, ob fie über⸗ bhaupt Wiffenfchaften, und in welchem Grade der

Vollkommenheit fie diefelben befeffen haben. Alle bisher von mir aufgezählte, den Wiſſen⸗ ſchaften bald günfige, Bald ungänftige Urfachen, . Farin man innere oder beftändige nennen, zum Un⸗ terfchiede von folchen , die in der gewöhnlichen Sprache der Menfchen zufällig genannt werden, weil fie nicht. immerfort, ſondern nur zu gewiſſen "Zeiten wirfen. In dieſe Elaffe zufälliger Urfachen gehören.die eigenthuͤmlichen unergruͤndlichen Fors "men des Genies einzelner großer Männer , die den: Denkarten ganzer Volter u und Zoht dunderte meh⸗

\ \

- Morrede K

mehren Wiſſenſchaften neue Geftalten geben, Die

fich oft verändernde, bald vortheilhafte, bald nach⸗ theilige Cage Der Fänder;. die nähere oder entfernis tere Verbindung mit mächtigen und aufgefiärten, oder ſhwachen und rohen Nationen, fchnelle über viele Länder fortlaufende Siege entiweder-der einen, oder der andern, unerwartete oder gewaltige Lim» wälzungen von Reichen, deren Gluͤck oder Ungluͤck die Schickſale ihrer Nachbaren beftimmt , wichtige

Erfindungen, auf die der Menfch mehr ftieß , als ex fie fuchte , Die er mehr zufälligen Imftänden, als feinem Scharffinn-und Fleiß zu verdanfen hatte, und die alfo unendlich merfwürdiger in .Anfehung ihrer Folgen, als ihrer Lirfachen find ; Umlauf und Uebergang der höchfien Macht, des Handeld und Reichthums aus_einem Theile der. Erde in andere; Aufmunterungen einzelner Beherrſcher, denen die Kräfte und Schäze unermeßlicher Länder zu Ge Bote ſtehen, und die alſo auch unglaubliche Wir⸗ fungen bervorbringen koͤnnen, und fo weiter.

Diefe veränperlichen Urſachen befördern oder ſchraͤn·

fen die Wirkungen der beftändigen auf mannigfal

tige Arten ein. Aus ihnen muß man die Anoma

lien erflären , Die man nicht felten in der Gefchichte des menfchlichen Geiſtes antrıft, indem die Aehn⸗ lichkeit des Bodens, des Klima, der Religion, : der Staateverfaffung und Sitten fich mit der größten Berfchiedenheit der MWiffenfchaften und Künfte, und die größten Abweichungen: in Anfehung der er. fern , fich mit einer _auffallenden Aehnlichkeit der jeztern zufammenfinden., |

ET u - Kenn

x .. Berrede

| Wenn es aber ſchwer iſt, alle Urſachen der verſchiedenen Zuſtaͤnde von Wiſſenſchaften ausfin⸗ dig zu machen, und ſelbſt unter foldyen, die noch unter unfern Geſichtskreis fallen, nicht einige zu überfehen, und andere zu erdichten ; fo iſt es weit ſchwerer, die Sphaͤren der Wirkſamkeit einer jeden gefundenen Urſache zu beſtimmen, und aus einer unendlichen Summe von Wirkungen einer jeden den ihr gebührenden Antheil, und Feiner zu viel oder zu wenig zuzueignen. Mehrere berühmte Ge⸗ ſchichtſchreiber und Gefchichtforfcher der neuern Zeit,

haben mir dem gluͤcklichſten Scharffinn den ürſa— chen nachgefpürt, wodurch in den Abendlandern Europens der menfchliche Geift, aus dem toͤdtli⸗ chen Schlummer, in welchen er verſunken war, ‚nnd die faſt ganz ausgeſtorbenen Fünfte und Wiſ⸗ ſenſchaften aus ihren Gräbern hervorgerufen wurs den; allein feiner hat es gewagt, alle diefe ders fchiedenen Urſachen ‚gleichfam nach Ihrem innern Gewichte zu wuͤrdigen, die eigentliche Kraft einer jeden zu ſchaͤzen, ihre größern oder geringern Ein- flüffe anzugeben, und alle Erfcheinungen , die fie hervorgebracht haben , und unter Denen mehrere den kuͤhnſten Rather verwirren Lönnen, big zu ihren . wahren und erſten Principien hinauf zu verfols gen. Man bemerkte, daß eben die Kreuzzuͤge,

2 Am und durch welche mehrere Thronen in Europa :

und Aſien erfchüttert oder umgemworfen, mehrere gefalßte Haͤupter zeitreten, ‚unzählige edle Ge⸗ fchiechter ausgelöfcht, und viele hunderttauſende

weniger vortrefiicher Menſchen aufgerieben wurden, die

Vorrede. xl

die endlich den Roͤmiſchen Hobenpriefter über alle Könige der Ehriftenheit zu erheben drohten, daß die denen am meilten verderblich wurden, die fie zum ®Berderben der Voͤlker entzuͤndet und unterhal⸗ ten hatten, und daß eben durch fie die Feſſeln des Aberglaubens und der Seelen Snechtfchaft, die dadurch erſchwert und feſter angesogen werden ſoll⸗ ten, zuexft zerbrochen wurden. Die heiligen Krie⸗ ger brachten aus den Ländern, die fie mit ihrem Blute gedüngt, und durch ihre Ausſchweifungen und Frevelthaten mit Abfcheu und Entfegen gegen fih erfüllt hatten , nicht nur edle Pflanzen und Früchte, fondern aud) mannigfaltige, fchöne oder nuͤzliche Gewerbe, Künfte und Kenntniſſe zuriick, Die Gegenden, aus denen die Kreuzbrüder aus⸗ sogen, genofjen, weil die Kirche die Beſizungen der feztern in Schuz nahm, mehr. Ruhe, und fie wurden unter einander ſowohl, ald mit den aufge: klaͤrtern Griechen und Saracenen in Aften und Africa genauer verbunden, als fie ed in den vor⸗ hergehenden Jahrhunderten gemefen waren, Die Entfräftung des Adels, die aus dieſen für ihn bes fonders koſtbaren und mörderifchen Zügen erfolgte, hob die Macht von Königen, und das Anfehen der nieder Stände, und machte fie allmaͤlich ſtark genug, den Uebermuth täuberifcher Ritter, und ihre blutigen Fehden zu pämpfen. Der erftaunliche Handel; der zuerſt die Städte der Lombardey und des uͤbrigen Italiens, und dann die Staͤdte im ndrdlieben Europa mit Einwohnern und Reichthuͤ⸗ mern füllte, erzeugte und belebte Handwerker und

En

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aM 0.0 Bortede

Künfte und befeuerte den Muth und viegeepbeiäliebe

des Bürgers fo mächtig, daß er fich allmalich von den

Meinen und größern Tprannen, von denen er bisher war gemißhandelt worden, unabhängig madhte,

fo wie der Landmann in den meiſten Europäifchen Reichen von. dem fürchterlichen Joche der Leibeigen⸗ ſchaft frey wurde. Selbſt der. Adel und das weib⸗ liche Gefchlecht erhielten. durch die Ritterſchaft, durch abentheuerliche Züge, durch Turniere und Ro⸗ manzen, wo nicht gelehrte Kenntniſſe, doch eine folche Aufklärung, und ſolche Sitten und Tugen»

den, daß fie die Schulweiſen der damalıgen Zeit, und die unglaublich beröpröene Seiklehteu beſcha.

wen fonnten,

Zu allen dieſen glucklichen Revolutionen, die

aus den Kreuzzuͤgen entſtanden, und die kein

menſchlicher Scharfſinn haͤtte vorherſehen koͤnnen, geſellten ſich noch viele andere Eraͤugniſſe, die für. einen großen Theil des menſchlichen Geſchiechts nicht minder heilſame Folgen hatten, Die Erfin«

dung des Papiers räumte das große. Hinderniß

weg, was Die Vervielfältigung von Schriften und

Die Ausbreitung nuͤzlicher Kenntniſſe bisher aufge⸗ halten hatte, und verhuütete die fernere Vertilgung der. Denfmäler des. Alterthums, die man nicht fel» ten: vernichtet hatte, um an ihre Stelle Urkunden oder Formulare don Gebeten oder Moͤnchslegenden

aufzuzeichnen. Die Gelehrfamkeit der Araber

lockte, vom zehnten und eılften Jahrhunderte an,

viele ; Abendlaͤnder nad Spanien, wo diefe fich nicht

nur

.

j Borrede. xXxIII nur durch Umgang und muͤndlichen Unterricht aus«

bildeten, fondern auch mit den Werken der Araber

ſowohl, als der Griechen bereicherten, Die nach einander , felbit auf. den Befehl eines aufgeklärten Karlerd, ins Bateimfche überfezt wurden. In als len Eändern wurden Kıichterftühle und hohe Schu⸗ fen errichtet, auf welchen leztern man außer den Römischen Gefezen, die man wieder gefunden, und dem päbftlichen Rechte, mas man gefammlet hatte, auch noch Gottesgelahriheit und Weltweisheit lehrte. Endlich flüchteten die Griechifchen Mufen, berscheucht Don rohen Barbaren, und mit den Wer⸗ Een ihrer Lieblinge, der größten Weifen, Dichter, Redner und Gefchichtichreiber des Alterthums bes laden , nach SFralien,, riefen ihre Mömifchen Schweftern ins Leben zuruͤck, und ſteckten ein eben fo helles Licht Auf, als fie in den Ländern, aus weichen fie ausgewandert waren, eine tiefe Fin fterniß zuruͤck gelaſſen hatten, Ehen dies Licht wurde bald nachher durch Die Buchdruckerey über das ganze uͤbrige Europa verbreitet, und. leuchtete den großen Männern vor, die die göttlichite unter allen Religionen reinigten, und durch die Entde dung beyder Zindien die Graͤnzen der Erde eben ſehr, als die der menfchlichen Erfenntniß erweiter⸗ ten. Diefe zulezt genannten Begebenheiten muß man, tie die Erfindung des Pulvers, als folche Eraͤugniſſe betrachten, die dem menfchlichen Ges - ſchlechte am meiften Bures und Boͤſes zugefügt, - die meiften Tugenden und Lafer erzeugt und ge, tödtet, auf die Eitten, Degierungsformen "san

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XV 0 Borrede

ten anſieht, fo follte man glauben, daß fie zwiſche

‚der ſechzigſten und achtzigſten Olympiade gebluͤhe!

und mit den groͤſten Meiſterſtuͤcken der Alten gar

unbekannt geweſen wären, : Die Wiederherftelle der alten Luteratur waren entweder gleich De Griechiſchen Sophiſten eben ſo ungebunden un

ausgelaſſen in ihren Syſtemen, als im Leben un Handeln; oder ſie waren auch gleich den bloͤdſin

nigen phüoſophiſchen Schwaͤrmern des dritten un der folgenden Jahrhunderte nach Eh. Geb. alle!

Arten des laͤcherlichſten Aberglaubens ergeben Kein Theil der Philoſophie, und feine andre Wil

fenichaft fand fo vielen Beyfall, und wurde fo eifris und von fo großen Männern bearbeitet, als di

Sterndeuterey , die Lehre von den Dämonen, un! die verichiedenen Zweige der unermeßlich andgebrei teten Magie. : Der Glaube an Geiftererfcheinun

gen, Zeufelöbefizungen und Beſchwoͤrungen, . at

die faft undegränzte Macht und Wirkſamkeit dei

-böfen Feindes, an tägliche Wunder, die dene

ähnlich waren, um derentmillen der Mömıfch: Kaıh etruſciſche Wahrfager oder die Sıbpllinfdyer Biicher. fragen ließ ‚endlich die fefte Ueberzeugun von Der werßagenden Bedeutenheit von Traumen Zahlen, Ueberſchwemmungen, Erdbeben, u. ſ. w waren im funfjehnten , ſechszehnten, und einen

. großen Theile des fiebenzehnten Jahrhunderte

nicht bloß dem verächtlichiten Theile des. Poͤbele eigen, fondern faſt allgemein auch unter den gidſter

| Gelehrten und Weiſen jener r Zeiten heriſchend.

W Ein

Vorrede. _ AV

Ein jedes dieſer groben Vorurtheile war ſo

tief in die verdorbene Philoſophie und Gottesge⸗ lahrtheit verwebt, daß man diejenigen, die fie bes ſtrüten, als gefährliche Gottesläugner verabs Iheute, oder gar verbrannte, indem man zu gleis cher Zeit Schriftfteller, welche die Grundſaͤulen der Religion und Sitten untergruben, öffentlich ſelbſt in Italien beichüzte, und unangefochten oder doc) ungeftraft ließ. Die Ausrottung eines jeden aberglaubigen Wahns, und aller Den aoimpflchen

"orurtheile, von denen jezo viele Fam glauben |

iverden, daß ſie fih jemals bis zu den beflern Elafe fen der Menfchen erhoben haben, erregten Die Hefe tigiten Verzuckungen in dem Eranfen Körper des Zeitalter, das davon geheilt werden follte, und die Helden, die diefe Damals furchtbaren Unge⸗

heuer befämpften, wurden meiſtens Märtyrer der. .

Mahrheit, und Opfer der Wuth ihrer Wider⸗

ſacher. Meinem Urtheile nach kann es nicht

leicht ein intereffanteres Gemälde für einen denken⸗ den Geiſt geben, als die Geſchichte des Aberglau⸗ dend, und der herrfchenden Borurtheile der erſtern

Jahrhunderte nach ver Wiedergeburt der Willens

fchaften, deren Austreibung emes der unterjchei« dendflen Merkmale der Aufklärung unferd Jahr⸗ hunderts ift, wodurch es fich felbft vor den glaͤn⸗ zendſten Zeitaltern der Griechen und Roͤmer auf die vortheilhaftelte Art auszeichnet.

Wenn es aber zu verwundern iſt, daß man fo lange mitten im Beſize he größten Schaͤze als

I

xvii Borrede.

ter Weisheit entweder aberglaͤubiſch ſchwaͤrmte, oder auf die feltfamfte und fühnfte Art unvernünfe - telte; und daß man endlich nach vielem Streiten und Schwanfen unter den Scepter des Ariftotele® mit einer Ergebenheit zuruͤkkehrte, die es fuͤr Hoch⸗ verrath hielt, an der Untruͤglichkeit des Fuͤrſten der Philoſophen zu zweifeln; ſo iſt es noch unerklaͤr⸗ licher, warum in einem oder einigen Menſchenal⸗ - tern , faft in allen Ländern von Europa , fi) Männer ‚erhoben, die weit eritfernt , überteiebene Bewunderer, "oder furchtfame Nachtreter großer Porgänger zu ſeyn, mit fühnem Schritt, und bdie Fackel der Erfahrung und Beobachtung in der - Hand, in die Abgründe und Sefeiminiff aller Naturen eindrangen. Eopernieus, Galilei, Dede carted , Gaſſendi, Huygens, Newton, Lode, Leibniz , "und die Bernouillis, trugen, mehr jur

Bereicherung unferer Kenntniſſe, und zur Bere

herrlichung des in feinen erhabenen Werken bisher wenig erfannten Schöpfers der Melt bey, als alle vorhergehende Jahrtaufende nicht gethan hate ten, und fie erweiterten gleichfam das Univerſum - nach beyden Seiten ins Unermeßliche, indem fie uns neue unbekannte Welten, im unendlich Klei⸗ nen wie im unendlich Großen , offenbarten,

Vergebene fucht man die Mrfachen, weßwe⸗ |

= ‚gen die heilige Schaar der Erleuchter der lezten

Hoͤlfte des fiebenzehnten und des Anfangs des | achtzehnten. Jahrhunderts in demfelbigen Zeitraus me verfammlet , oder dach ſo nahe zuſammenge⸗ | drängt

Bere OXK

drängt wirden in dem’ Zeitalter ſelbſt, in wel⸗ chem fie lebten, oder in den Megierungsformen der Völker, unter Denen fie wohnten, oder in der Reinigung ihrer väterlichen Religion , oder in eis nem ungen nährenden und flärfenden Frieden, oder in den glänzenden Belohnungen wahrer oder eyn wollender Kenner und Befchüzer von Wiſſen- haften. Die größten Erfinder entwickelten ih eben fo wohl in Ländern, wo Gefängnffe der Hunger und Armuth, ald wo die Schmeis heleyen von Foͤnigen und Mächtigen ihrer wars eten; unter den Gefahren und Serkern der In⸗ fl tion eben fo wohl, ale in der ruhigen Muße, nd dem erquickenden Schatten der Freyheit. Bielmehr wurden die erfien Wahrbeitsforicher, ne mit mächtiger Hand der Natur ihren Schleier briffen, und mit gefchärftem und verflärtem Aus e neue Welten entdeckten , dis zu welchen fich ‚er menfchliche Geiſt bis dahin nicht einmal ın feie en gluͤcklichſten Träumen, und fühnften Bermus hungen Hinaufgefchwungen hatte, in Gegenden: nd Meichen gebohren , die die mohlthätigen Eins uffe der Keligionsverbefferung gar nıcht empfun⸗ en Hatten , die ferner durch die hartnäckigften nd biutigften Kriege waren yerrüttet worden, in enen endlich geiftliche Tprannen noch ungeſchwaͤcht ouͤthete, und die bürgerliche Freyheit immer mehr nd mehr eingefehränft und gefchmälert wurde. Vir müflen daher mehr die Kügungen dedjenigen, er die Richtungen des menfchuchen Geiſtes, mie ie Schickſale von Welten lenkt, anſtaunen, als b 2 wir

* +

XX. | Work‘

wir. es erffären konnen, warum gerade zu der Ki

als es geſchah, der lange gebundene menſchlich

Geiſt mit unwiderſtehlicher, in der Stille geſamn leter, und Jahrhunderte lang zurückgehalten Gewalt auf Irrthum und Aberglauben losbrad Wir ſehen leicht, daß eine jede große Entd ckung andere minder wichtige und bemerfbare vo ausfezte, und daß zu einigen viele Menfchenalt “durch vorbereitet wurde: wir bemerken ferner ohl Mühe, daß ein jeder der Linfterblichen, die neı Bahnen erdfneten, und neue Felder von Kent ‚niffen-anbauten , immer gewiſſe Vorläufer un Borarbeiter hatte, ohne deren Winfe und sung er das. nicht hätte leiſten, und dahin nic Härte fommen fönnen, was er leiffete, und woh er am, allein der erſte göttliche Funke, aus w chem in der Folge ein fo hellglaͤnzendes Licht au koderte, und der erfte eleftrifche Schlag, der naı

ber fo außerordentliche Geiſter in Thaͤtigkeit fez1 leben ſich, mie die feinern Entfpinnungen t Nerven dem Blicke des durch fruchtlofes Anſp nen ermuͤdeten Spaͤhers.

| Nicht minder raͤthſelhaft als die unglaubl ſchnelle Bewegung des Europaͤiſchen Genius legten Jahrhunderte, iſt die traͤge Langſamke womit unfer und die vorhergehenden Zeitalter den fchon geebneten Bahnen fortgeruͤckt ift, x noch fortruͤckt. Faſt follte man glauben, als mo: ber menfchliche Geiſt durch eine zu fange anhalı

Borrede XXI

de Neberſpannung zu ſehr erſchoͤpft wäre, als daß er mit unverminderter Kraft noch immer fortſchrei⸗ ten koͤnnte; und es ſcheint daher, als wenn er hin

und wieder gaͤnzlich ſtille ftunde, oder gar in Ges.

fahr wäre ruckwaͤrts zu gehen. Unſtreitig iſt die Zahl aufgeflärter Menſchen jebo größer, als im Zeitalter der großen Erfindungen ; und nuͤzliche Kenntniſſe find auch viel gemeiner und verbreiteter als Damals; aber mie felten find dagegen die ſchoͤ⸗ pferiſchen Genies, die mehrere Wiflenichaften ers finden „oder umbilden? Wahricheinlich mer« den unfere Nachkommen von uns und unfern Vaͤ⸗ tern urtheilen, daß wir auf den Eorbeeren Unſerer Vorfahren ausgerufet r_ und ihre Eroberungen mehr zu genießen und, zu behaupten als zu erwei⸗ tern geſucht haben. |

Da es nun fo ſchwer, und ofk unmöglich iſt, von Begebenheiten der Geifterwelt, Die und fo na⸗ he, oder doch viel naͤher ſind, als diejenigen, die ich erzählen werde, die Urſachen, und von den Ur⸗ ſachen die Wirkungen zu entdecken; : fo darf ich mol kaum. erinnern, daß ich keinen Anſpruch dar⸗ auf mache, von allen den Erſcheinungen und Ver⸗ aͤnderungen, die die folgende Geſchichte enthalten wird, alle Anlaͤſſe und Folgen anzugeben und zu ſchildern. Eine ſolche Kuͤhnheit würde um. deſta unbeſonnener ſeyn, ba aus den meiſten Zeital- tern, die ich beſchreiben werde, der groͤßte Theil bon Urkunden und d Dengu alern verlohren gegan⸗

| gen

xxll Borrede.

gen iſt*). So oft ich aber auch gendthigt ſeyn wert bie Neugierde meiner Leſer unbefrigbigt, und bald t Urfache bald die Wirkungen merkwuͤrdiger Eräu niſſe unerklaͤrt zu laflen; fo bin.ich doch übergetig daß die Gefchichte der Wiffenfchaften unter de Griechen, fo mangelhaft und unvollftändig, als w ſie jego noch liefern koͤnnen, lehrreicher ſey, ur ‚mehr Aufmerkfamfeit.verdiene, als die Gefchich der Wiflenfchaften irgend .eines andern Wolf Die Griechen find nicht bloß diejenige Natior von welcher Aufklärung über alle Theile der Er in allen. nachfolgenden Jahrhunderten ausgegaı gen ıft, fondern fie find. auch Die einzige, die allı nur fich felöft und keinem andern gelehrten Vol etwas zu verdanken hatte, und unter welcher mc den ſich felbft überlaffenen menfchlichen Seift, dur alle Stuffen und Alter , von feiner. erften Erh bung an, bis zu feiner. äußeriten Schwäche u Entkräftung beobachten Bann. Alle übrige It fer der Erde, fie mögen die Griechen erreicht, od - ‚übertroffen haben, oder Binter ihnen zurück gebli den ſeyn, waren immer Schüler von.andern, ut Ihre Kenntwiſſe nicht ſelbſterworbenes s Eigeatben .? So groß uns unerſetzlich der Schade auch iſt bie Griechiſche Litteratur in mehrern fuͤrchterli— Ssdfbruͤchen gelitten hats fo ſiad doch Immer n Trümmer genug gerettet worben, aus benen ein felebigendes "Gange zufammengefegt werden Fa Man koͤmmt nie an einen Abgrund, ber die We und Geſchichte mehrerer Zeitalter verſchlungen haͤtt

Vorrede. XXIII

ſondern mehn oder weniger fremdes Gut, was fie entweder von andern geborgt, oder andere ihnen zugebracht Haben, Unter den Griechen allein kann man «8 wahrnehmen , in welcher Ordnung der menſchliche Geift, wenn er gar feine fremde Huͤl— fe erlangt, von den Künften zu Wiffenfchaften, - und von einer Wiſſenſchaft, Unterſuchung und Meynung zu aubern fortgeht. |

Damit man aber bon meinem Werfe nicht mehr erwarte oder verlange, als ich leiten kann, oder will; fo erkläre ich hiemit gleich anfangs, daß ich nur die Geſchichte der Philoſophie, in dem Um⸗ fange, welchen die Griechen ihr gaben, ferner der Beredſamkeit, und endlich der Gefchichte, uns ter den Griechen und Römern von dem Ucfprunge diefer MWiffenfchaften an, bis auf ihren Berfoll vortragen werde. Faft alle griechifche Welt, weıfe rechneten die Naturgefchichte, Medicin, und die verfchiedenen Theile der Mathematik nicht zur Philofophie, und ich" werde daher die Zuſtaͤnde und Veränderungen biefer Wiſſenſchaften nur big auf den Zeitpunct berühren, wo fie mit der Welt⸗ weisheit verbunden waren, und eine einzige noch nicht abgefonderte Maſſe von Kenntniffen aus machten, Sobald fie aber ſich von der Philofos phie zur trennen, und gleichſam für fich zu beftehen anfangen , werde ich. Die Erzählung ihrer Fortgaͤn⸗ ge größern Kennern überlaffen , als ich weiß, daß ich felbft Bin. Ich fchäme mich gar nicht zu geſte⸗

hen, daß ich in dieſe Wſpaſcheſten nicht genug ein

+ J

KV: 27 Weirede | Bu eingemeihet Bin, "um ihre Gefchichte ſchreiben zu koͤnnen, wie ich Die Geſchichte der Übrigen zu liefern - Hoffen fan. - on

DSgß ich pur Gefchichte der Wiſſenſchaften uns . ter den Griechen, die Gefchichte derfelben unter

den Roͤmern binzufüge , 'gelchieht weder in der Abs

ficht mein Merk zu erweitern, oder den Titel des ſelben prächtiger und wohlflingender zu machen,

ſondern weil die erftere von der leztern unzertrenn⸗ tich ift. Ohne den Beyfall, die Aufmunterung

amd: die Belohnungen, welche die griechiſchen

Kuͤnſtler und Gelehrte in Kom fanden, würden Kuͤnſte und Wiffenfchaften unter den Griechen noch viel fehneller. gefunfen feyn, als wirklich gen ſchehen ift; und die Folge diefer Gefchichte wird zeigen, wie fehr diejenigen fich irren, melche glaus Ben,’ daß die Griechen allein die Wohlthäter der Roͤmer waren, und die erflern den leztern nichts

zu verdanken gehabt haben. WB

Leſer, die mit der Materie, die ich gewaͤhlt Habe, nicht ganz unbekannt find, und von der Art, wie fie behandelt werden muß, nur einiger maßen richtige Begriffe haben-, werden e8 von felöft vorausfehen, daß die Gefchichte der Philo⸗ fophie den bey weitem gröften Theil meiner Arbeit ausmachen werde; und folchen Eefern wird es auch nicht befremdend ſeyn, daß ich in diefem erften Bande nur einen Meinen Abfchnitt der erftern vor- "trage, der ohngefähr einen Zeitraum von hundert

. - und

Borrede XXV und zwanzig Jahren in’ fich faßt *), und den Lieb⸗ haber des Alterthums mir in die Worhöfe des Tempels der Griechifchen Weisheit führte, Von ſachverſtaͤndigen Richtern fürchte ich deßwegen gar feine Bormürfe, daß ich meinen Schritt anfangs nicht mehr beſchleunigt, und nicht mehr Weges zuruck gelegt habe. Solche Perſonen aber, die in dem Lande, was ich ihnen beſchreibe, noch Fremd⸗ linge ſind, muͤſſen es mir zutrauen, daß ich es beſ— fer, als fie, wiſſe, welche Gegenſtaͤnde merkwuͤr⸗ dig ſind, oder nicht. Wenn ich mir anders durch meine Arbeit einiges Verdienſt um die alte Ges fhicgte erworben habe; fo Fann ich, glaube ich, aud) dieſes mit Dazu rechnen, Daß ich unmwichtige lächerliche Fragen und Unterfuchungen , die diefen Theil der Eitteratur bisher verunftalteten, von dem wichtigen adgefondert, die erftern in die Fiuſter⸗ niß ausgeivorfen, und Die legten nach dem Ver⸗ hältniffe ihres innern Werths behandelt habe.

Ich würde mich allerdings Fürzer haben fafs fen Eonnen, wenn ich nur allein die Perfon des Geſchichtſchreibers, und nicht auch die des Ge⸗

ſchichtforſchers zu übernehmen gehabt haͤtte. Als.

lein die Materialien, die ich zu verarbeiten hatte, waren nicht allein nicht vollſtaͤndig geſammlet, und gehoͤrig zubereitet; ſondern auch meiſtens durch

5 2 Me

EREREEEEEEEE Te TU U) 7 TH 1

2) Bon DI. 40. bis go, oder vom J. 620 bis 460%

vor Eprifil Geburt,

XXVI Vorreder

ungeſchickte Werkmeiſter ſo verdorben, und ver ſtuͤmmelt, daß die Abſonderung und Wiederher ſtellung derſelbigen in ihre urſpruͤngliche Geſtal mir mehr Mühe, als nachher die Zufammenfezung Anordnung und Ausfchmückung verurfacht hat Man muß Daher diejen erfien Band als ein Werl don einer vermifchten Gattung anfehen, was nu zum Theil Gefchichte, zum Theil aber auch) Bor ‚bereitung und Grundlage derfelben it, und alfe auch nicht durchgehende 'nach den Gefegen der, Ge ſchichte gerichter werden Fann, Aus der Ungleich artigfeit des Stoffs entitand natürlicher Weiſe auch Verſchiedenheit der Schreibart, die gewiß alsdann am beiten iſt, wenn fie am natuͤrlichſten iſt, und mit den Sachen die man vorträgt, fich Bald erhebt, und bald wiederum niederſenkt. Sich ann faſt ohne Einfchränfung das auf mich an» menden, was Cicero dem Eato in den Mund legs te, als er ihn die ftoilche Philofophie vortragen

. .- ließ: Quaedam dicuntur fortaffe jejunius: funt

enim quafi prima olementa (hiftoriae)'; quibus ubertas orationis vix adhiberi poteft,. nec equi- dem eam cogito confedtari : veruntamen cum de rebus grändioribus-dicas, ipfae res verba ra- piunt, Ita fit cum gravior, tum etiam fplendi- dior gratio. Nur wünjche ich , daß meine Leſer mit dem Cicero antworten möchten: EA, ut dicis, fed tamen omne, quod de re bona dilucide di» . citur, mihi praeclare dici videtur; iſtiusmodi

autem.res dicere ornate velle, puerile et: pla-

. . . . . ne

Fi [4

Vorrede. xxvu ne autem & perfpicue expedire poſſe, docti & intelligentis viri . \

Vorſetzlich und mit Fleiß habe ich mich wd be den Quellen der Pythagoreiſchen Geſchichte, bey der Unterſuchung des Zeitalters des Pythagoras, und der Prüfung angeblicher Pythagoreiſcher Schriften und Fragmente fo lange aufgehalten, nicht bloß um eine Menge von wichtigen Puncten recht ind Licht zu ſetzen, fondern hauptfachlich in der Abſicht; meine füngern Lefer mit den Grund; fägen- der Hiftorifchen Kritik befannt zu machen, und ihnen zugleich Beyſpiele ihrer Antvendung zu ‘geben, nach welchen fie fich in ähnlichen Fällen, bis ihnen beſſere Muſter aufgeftelle werden, rich» ten koͤnnten. Diefe Kunſt, den Werth, das Als terthum, und Anfehen verdaͤchtiger, oder anony⸗ miſcher Schriften und Bruchſtuͤcke aus innern Merkmalen zu beſtimmen, die Glaubwuͤrdigkeit ‚von Schriftſtellern, und die Annehmlichkeit oder Verwerflichkeit einzelner Zeugnuffe und Ausfagen zu entfcheiden, den Urfprung, umd alle Werändes rungen einzelner Woͤrter und Meynungen zu ers forfchen, die unbekannten Berfaffer wichtiger Stel- len und Fragmente auszufinden, die Widerſpruͤche vieler großer. und Feiner Schriftſteller zu vereinigen, uf. m. Diefe Kunſt ift, wie die Geſchichte kehrt, eine der alerſchwerſten, die der menſchliche Geiſt

er⸗

EEE VERSEHEN .

*) De Fin, IL S.

By Zn

N |

xxvili Borrede— erfunden hat, und eine der ſpaͤteſten/ worauf er

gefallen iſt. Noch jezo ift dieſe Höhere: Kritik. den

meiften Kennern und Liebhabern der Alten bey weitem nicht in ihrem ganzen Umfange bekannt;

und doch find one: fie die muͤhſeligſten Unterſu⸗

chungen aus der Altern Gefchichte eitel Träume,

oder Fünftliche Gebäude auf Sand gebaut , die durch e

inen einzigen Stoß eines geuͤbten Kunftrich: ters übern Haufen geworfen Werden. J

Ich ſchmeichle mir daß es nur noch wenige

‚Grundregeln und Geheimniſſe dieſer Kunſt gebe, die ich nicht in den beyden erſten und im vierten

Abſchnitt des dritten Buchs geoffenbaret, und auf eine nachahmliche Weiſe angewandt haͤtte. Eben dieſe Capitel ſind daher auch nur fuͤr Leſer, de⸗ nen Unterricht willkommen iſt, wenn er gleich un⸗ verſuͤßt gegeben, und nicht ohne Anſtrengung em⸗ pfangen wird, und ſie koͤnnen hingegen, wie die meiſten Beylagen, von allen denen uͤbergangen

“werden, die mehr Unterhaltung als Belehrung fuchen. > Viele Leſer werben ſich daruͤber wundern daß

ich meine Vorgaͤnger, oder diejenigen Maͤnner, deren Schriften für die Archive der alten phüoſo⸗ »hifchen Gefchichte gehalten werben, entweder gar richt, oder nur alsdenm:angeflihrt habe ; wenn.in

ihnen etwas zufammengetragen war, was ich nicht ſagen oder wiederholen mochte. Den Grund bie:

ſes

Morrebe XXIX

ſes Stillſchweigens, muß man weder in einer ſtol⸗ zen Verachtung der Verdienſte dieſer fleißigen Ge⸗ lehrten, noch auch in Unwiſſenheit oder Mangel von Beleſenheit ſuchen (denn ich habe ihre Werke zu einer gewiſſen Zeit alle geleſen ), wiewohl ich fie ben der Abfaſſung des gegenwärtigen micht zu Rathe gezogen habe, noch auch ins fünftige zu Rathe ziehen werde, ) fondern in meiner Art zu ara beiten, die ich feit vielen Sjahren befolgt habe, Sch fing rämlıch frühe an zu bemerfen, daß alle Eompilationen , feldft Diejenigen, die den Ruf dee brauchbarften und vollftändigften haben, .doch im⸗ mer noch mangelhaft und unvoilftändig ſeyen; Daß ihre Verfaſſer, meiftens Stellen der Alten wiede. rum aus andern Sammlern, oder auch aus den Indicibus abgeichrieben, und gerade die wichtig⸗ Ben vernachläffige Hätten, aus welchen man die Sits ten,

Geunsumunpepuun GEEBERISHEEREESEHND ν

®) Sich finde ed noͤthlg, bier eine fleine Bemerfung we⸗ gen des Werks eines meiner Freunde, nämlich der Befchichte der diteften Weltwelſen Griecheniandes von Hra, Tiedemann biazurufügen. Als dieſes Werk beraus kam, war das meinige ganz fertig; und Ich. Harte nicht cher Zeit dag erſtere durchzuleſen, als bis das leztere abgeſchrieben, verbeſſ ert, und in bie Drus ckerey gefchickt war. Man wird daher auch In mei⸗ ner Schrift nicht die geringſte Anfpielung auf Hrn. Tiedemanns Arbeit finden. Ueber den Werth ber vers ſchiedenen Methoden, nach welchen wir diefelbigen Materien behandelt haben, müflen. wir das Publicum richten laſſen.

ü uf ⏑—

-

. v . [4 , - N . r XIX. vortebe

ton, Denkart und den Charakter ganzer Zeitalter ſowohl als einzelner Perſonen kennen lernen kann;

daß endlich ein großer Theil von Zeugniffen vers

ſtuͤmmelt, oder in ein falfches Licht geftellt worden, Ich faßte Daher den Entſchluß, mich. der ſchwachen und unſichern Huͤlfe, die. ich aus den Compilatio⸗

nen eines Brucker, Stanley, u. ſ. w. erhalten fon - te, gänzlich zu entſchlagen, und alle Schriftftellen

aus welchen fie gefchöpft. hatten, oder doch hätten ſchoͤpfen ſollen, von neuem zu lefen, als wenn fie

\

noch nie twären gelejen und benuzt worden und

zwar in der Abſicht, dereinſt eine folche Arbeit zu

unternehmen , als wovon ich jego den Anfang lies

" fere, Je weiter ich fortlad, und je mehr meine Kenntniſſe anrouchfen, defto mehr neue Ausſichten eröffneten fich mir, defto mehr Gegenftände- wur⸗

u den mit’ merkwuͤrdig, auf die ich vorher nicht Ada - tung gegeben hatte, und defto mehr Fragen entse .

landen, deren Beantwortung : ‚mir vorher gar nieht eingefallen war. Um folcher fich immer von

neuem darbietender Unterfuchungen willen, für die

- ich bisher noch nicht gelefen Hatte, mufte ich oft wieder umkehren, und abermals -eben die Wege Ä gehen die id) fehon zurückgelegt zu haben glaubte.

Ich kann daher meine Lefer verfichern, Daß ich nicht

nur /alle Ueherbleibſel des ‚Sriechifchen und Roͤmi⸗

{chen Alterthums, in welchen fich Moterialien für ein folches Werk, ald das meinige ift, finden, ges leſen, fondern daß ich die wichtigften derſelben ‚um verfehiedener Abſichten willen, mehrmalen gele⸗ ſen habe.

5

Baorrede. XXXx

So muͤhſam dies Verfahren auch war; ſo ſcheint es mir doch immer viel weniger beſchwerlich, als wenn man alle die mittelmaͤßigen und elenden Bücher lieſet, die in neuern Zeiten, uͤber alle Theis le und Zeitpuncte der Geſchichte der alten Philoſo⸗ phie find geſchrieben worden, und deren gehaͤufte Anführung dem Kenner am allermeiſten Mangel aͤchter Gruͤndlichkeit verräth. Leberdem wurde mir meine Mühe auf mehrere Arten reichlich vergolten: om meiften durch die seiche Ausbeute von wichtigen bisher ungebrauchten Factid und Beweisſtellen, und durch die oFtern Veranlaſſungen, die ich erhiele, über diefelbigen Tharfachen und Zeugniffe nachzu⸗ denfen, Sch erwog nämlich Die einen und die ans dern , nicht bloß alsdann, wenn ich fie zum erften» male antraf, fondern auch fo oft ich auf andere: fh, die ihnen ähnlich waren, fie entweder beſtaͤ⸗ | figten, oder umwarfen, oder zweifelhaft machten.

Henn man die Alten nicht auf eine folche At, als ich Befchrieben habe, nach einem gewiſ— fen Plane, und mit beftimmten Zwecken aufmerk⸗ fam durchliefet, und forgfältig aussieht, fo iſt es unmöglich, irgend einen Punct oder Stück der als ten Eıtteratur auf eine vollendete Art zu behans dein. Denn wenn man die Data und Zeugnifle, die man zum Grunde feiner Unterſuchung legt, ents weder ans Compilationen , oder aus den Regiſtern von Schriftftelern aufſucht; fo iſt man nıe ficher, »d man das Verdienſt der Vollſtaͤndigkeit bee,

0 : wei

/ X

XXX Bu Bortebel |

weil Sammler und Regiſtermacher oft bie e ih tigften Stellen für unwichtig halten, oder. da nicht anzeigen: und bepbringen, wo fie eigentlich hin: gehören. Man lernet ferner nie den Gert, die Sprache und Glaubwuͤrdigkeit von Autoren Pen nen, and weiß alfo auch nicht, mem oder wann man jemanden trauen, und wie man gewiſſe Mor: te verſtehen foll. . Auch verdrehen.die fchiefen Aus: legungen oder‘ falfcben. Anwendungen, die man vorn Zeugniflen gemacht findet, den Sinn. des Forſchers verderben feine Urtheilskraft, und machen, daf er fie eben fo, .oder auf. eine eben fo unrichtige Arı anfieht, ald Augleger oder Sammler fie vorher an gefehen hatten. Zulezt wird der Forfcher, wenn alsdann erft, wenn er ausarbeiten foll, Compilatio nen nachfieht, oder felbft zu fammlen und nachzu ſchlagen anfängt , durch die Menge von Factis, dir er. beyfammen findet, oder zufämmen treibt, zu ſeh niedergedruͤckt; und er ift daher wegen Mangel voı _ Zeit außer Stande, feine Materialien gehörig zi prüfen; mit einander zu vergleichen, und. aus ih nen alle® herauszudruͤcken, was aus ihnen nur her ausgepreßt/ und ableitet werden kann.

Anhaltender ſorgfaͤliger Fleiß aber macht fe; alsdann, wenn er mıt ungewöhnlichen Scharffin ‚verbunden iſt, nod) feinen wahrhaftig großen S ſchichiſchreiber oder Geſchichtforſcher aus. Verein gung von beiden iſt oft Die Haupturſache der Unten druͤckung oder : Berdunfelung der Wahrheit, rs

—8

Vorrede. KXXII

der Antbreſtitug Und Scheinbarfeit Gen Irrthaͤ mern geworden. Wenn alſo Arbeitſamkeit und Talente daurende Berdienfte um die Gefchichte ges ben jöllen ; fo muß zu ıhnen Freyheit von allen Bore utheien und vorgefaßten Meynungen, Unemge⸗ nommenheit fir oder wider gewiſſe Voͤlker, Pers fonen, Syſteme und Grundſaͤtze und Ausrotiung aler Hypotheſenſucht (in fo ferne der Menſch dazu föhig 8) hinzufommen. ch weiß nicht, durch. welche Merkmale man Partheplichkeit in allen Faͤl. len von dloßer Eiehe und Eifer für Wahrheit uns terſcheiden, und ob: andre.in andern, oder ein jeder in ſich ſelbſt Partheylchkeit leichter prüfen‘, und wahrnehmen koͤnne; aber fo diel glaude ich behaup⸗ ten zu dürfen, daß, wenn es uͤberhaupt nicht un⸗ möglich if, ſeine eigene Partheylichkeit anzuerfens un, man am Heften auf folgende Art erfahren koͤn⸗ 1, ob man unbefangenen Gemuͤths fen, oder nıche? Dan muß nemlich beym Anfange einer. jeden Un⸗ terſuchung ſich ſelbſt fragen, und gleichſam auflaus en, od man nicht einen geheimen Wunſch habe, daß jene eher dieſen ald einen andern Ausgang nehs men möge: Man muß Achtung geben, ob man At einer vorzuͤglichen Aufmerffarhkeit Jolche. Zeuge uſſe auffuche:, die: gewiſſen Volkern, Perjonen, Syſtemen, oder: Behauptungen. gimſtig oder uns günſtig find‘? 06, man geneigt fen, -folche Facta, die denen, die wis‘ vertheidigen oder. entſchuldigen höhten, nachteilig ; oder ſolchen, die wir anzu⸗ Ingen Luſt haben; vortheilhaft find, zu verdrehen 6c | 1 Zu

Dep + 9 + Ge 77377 7 Du

oder -verdärhtig:iu. machen?- :06 ændlich wichtige Stellen in uns. eine lebhaftere Freude erregen, nid

die aus fruchtbaren Datis zu entfiehen:pflegt, unt

die alſo zum Theil Daher erklaͤrt werden muß, daf wir in dem gemachten Fund eine ſtarke Stuͤhe fuͤt eine Lieblingsmeinung angetroffen haben. Went man auf dieſe Art oft in ſich ‚felbft hineingeht ſo .iſt man zwar vor der feinſten Art von: Parthey

Kchfeit, derjenigen ndmlid) deren man {id felbf

nicht bewußt wird noch nicht ganz ſicher; man if aber doch auch dieſer viel weniger ausgeſezt, al wenn man ckeine der Worfichtäregein ; von di

nen.ich geredet :habey zu beobachten, und: auf fic anzuwenden verſucht hat. MSIE Eee Ich verachte die Zierereyen, wodurch ma den Leſer mehr Gutes von ſich errathen laͤßt, al

mæaan wirklich beſizt, indem man ſich ſcheut, ſich ſelb

das wenige, was man mit Wahrheit und Zuve . . Jiht ſagen koͤnnte, oͤffentlich zuzueignen. Ich trı ge daher fein Bedenken zu verſichern, daß ich allı gethan habe, was in meiner Macht war, um ni mals weder übertriebener Eobredner noch Tadler werden, um mic) ferner ſtets von Factis feiteı und durch Berdienfte nicht gegen Fehler, und dur Fehler nicht gegen Vorzuͤge blenden zu laſſen, en lich um mich, zwiſchen ziwoen:entgegengefeiten U hauptungen fo lange in der Mitte oder im Glei gewichte zu Halten, bis ich Die Gründe und Gege gründe gegen. einander abgemogen hatſhe. Dii

on Br j Ka

Borsede; Xxxxv

Kaltbluͤtigkeit, oder wie die Skeptiker fagten, Unerſchutterlichkeit erwirbt man nur durch anhaltens de Uebung, am meiften Durch die Erfahrung über eilter falſcher Ausfprüche und Urtheile, die man ſelbſt für oder wider Perfonen und Sachen gefällt harte. Mir ift es um defto weniger ſauer gewor⸗ ben, biefe Tugend in der gegenwärtigen Schrift auszuüben, da ich fchon feit mehrern Jahren mit allen meinen Meynungen , auf welchen nicht mei⸗ ne und meines Nächften Wohlfahrt berußt, in eis ner ſolchen Verbindung ftehe, daß ich mich ohne Schmerz und Schnfucht von ihnen trennen kann. IH darf gar feinen Karten Kampf kaͤmpfen, und fühle auch gar feine ſchwer zu überfteigende Wider Ipenftigfeit, oder innere heftige Empörung, wenn ch Facta antreffe, wodurch Meynungen, denen ich viele Jahre ald wahren angehangen habe, zer⸗ Hört und aus ihren Hisher ruhigen Sizen getrieben

Diefe Unpartheylichkeit, nach welcher ich mes nigflene geftvebt babe, Hat in dem berühmten Loba redner eines großen Mannes, der aber auch große . Schwachheiten Hatte, einen heftigen Widerſacher gefunden. Es giebt, ſagt D.*) zwo Arten vom Scharfſinn, die eine zeigt ſich in der Verringerung, die andere in der Vergrößerung der Fehltritte vom - Menſchen, welche leztere öfter einen guten Kol

ca a

ungen

°) Vie de Senegue p. 76% 2

xxxvi J Vertede als eine ſchoͤne Ser verraͤth. Diele fieenge Im:

partheylichkeit wird nur von folcheri ausgeübt, di

ſelbſt am meiſten Nachficht nothis haben.‘

| Wenn man den Verfaſſer auch mit der Fra ge verſchont, wie er jemanden unparthepifch nen nen könne, der Fehler und Schmwachheiten vergrö ßert, wenn man auch vorausſezt, daß er, wie an Dre denfende Dienichen, nur diejenigen unpaitheg iſch nenne , die vor einer richtigen Kenntniß! de Sachen und Perfonen, weder zum Lobe noch jun Tadel geneigt, und vorher geftimme fi ind, und di fetöft alsdenn, wenn fie ben Werth.der.einen ode der andern unterfücht haben, nicht. mehr loben ‚ode tadeln, als es ihnen .die Sefäge einer erleuchtete - Serechtigkeit ind Bihlligkeit erlaüben; fo Hat de V. doch immer eben To. ſonderbar heſchloſſen al derjenige / der auf folgende Art raiſonnirte.

Es giebt nur zwo Arten von Lobrednerey ode Sofreven: die. einen, in denen. man Gegenflände die gar nichts lobenswuͤrdiges an ‚fich haben, ode die gar von aller Welt verabſcheuet werden, uͤbe alles Maaß erhebt, um zu zeigen, daß man durc ben Zauber der Beredfamfeit Heine-Dinge vergri Bern (und große wiederum erniedrigen) Fönne; Di

- andern, in welchen man die Berdienfte wuͤrdige Männer (oder Sachen) mit einer erkuͤnſtelten e J ſtatiſchen Bewunderung uͤbertreibt, und auf all

Ä diejenigen, die kleine öchler,o an ihnen tadeln, de

_ . bi

Vorredu” © XXXxVv

bitterſten Fluch legt, um andere glauben zu mas chen, ald wenn man don einer ſchwaͤtmeriſchen Lies be zur Tugend entzündet fen, al8 wenn man die Bortreflichkeit großer Männer allein zu Ichäzen und zu empfinden wiffe, als wenn man endlich in der Sache ungewöhnlicher aber angefochtener Mens (hen gleichſam feine eigene Sache vertheidige, um dereinſt fich ähnliche eifrige Netter feiner eigenen Ehre zu erwerben, |

So wie man gemeiniglich an Unpartheylich. Peit im Urtheilen in eben dem Berhältniffe zunimmt, in welchem Lieblingsmeynungen und Anhänglich- keit an ihnen verfchwinden , eben fo wächft ın gleihhen Graden Abgeneigtheit gegen Hypothefen, ſie mögen fo neu und glänzend fern, als fie nur wollen. Faſt immer find die grundlofeften Bes hauptungen ihren Erfindern die thenerften , To wie Eltern ihre fchwächlichfien und unartigften Rinder . am meiften zu lieben pflegen. Bon diefer Schwach: heit wird man nicht eher geheilet, ald bis man aufs hört, Mepnungen bloß deßwegen, weil wir fie zuerft gehegt und geäußert haben, als Theile unferer ſelbſt, und als das koͤſtlichſte unſerer geiftigen Haa⸗ be anzufehen. Wenn man es aber einmal fo weit | gebracht hat, Meynungen für nichts mehr zu hal: ten, als was fie wirklich find, und fich dabey nicht unfahig fühlt, in dem Meiche der wahren Gefchich, te ein nützlicher Bürger zu merden, fo mird einem die Zeit zu koſtbar, als daß mon in dem umendlis | en

xxxvuii Borrede.

vuͤltig iſt, ob ſie die rechte oder unrechte Bahn betre⸗

chen Raͤumen der Erdichtung und Muthmaßung herumirren, und nach leeren Geſtalten haſchen ſoll⸗

"te, die ein einziger Lichtſtrahl der Wahrheit zer⸗

ſtreuen kann. Voll von dieſen Gedanken, habe ich, ſo leicht es mir auch geworden waͤre, und ſo

viel Veranlaſſungen dazu ich auch gehabt habe, da,

| wo. alle Facta mich verließen, nicht einmal Vers muthungen gewagt. . Wenn ich aber meinen Eefern

| nichts als Murhmaßungen darlegen Eonnte; fo has -

be ich ed immer erinnert, und zugleich die Gruͤn⸗ de, angegeben, morauf ich mich flügte. Hingegen babe ich mit meinem Wiffen nie Bermuthungen und Thatſachen auf eine folche Art zufammengemifcht, Daß meine Leſer die einen für Die andern hatten neh⸗ men koͤnnen. | |

Auf einer fo langen Reiſe, als diejenige iff, die ich angetreten habe, kann es nicht fehlen, daß man nicht auf Irrende ſtoͤßt, Die einem den Weg , Herrennen , und die man Daher entweder mit Güte

zu feinen Gefährten machen, oder mit Gewalt auf die Seite bringen muß; oder daß mar nicht

wenigſtens folchen begegnet, mit denen man über

die Führer und Richtungen, denen man zu folgen

hat, zu Erklärungen kommen muͤſte. Bor eis nigen Abwegen nun muß man laufmarnen, weil

ſich viele darinn verlohren haben: auf.andere darf

man nur mit dem Finger hinweiſen, weil fie bloß denen noch gefährlich find, von welchen es fait gleiche

un:

8*

Borrede XXXX

ten: und noch andere hat man gar nicht einmal nothig zu bemerken, weil ſie ſchon fo verwachſen, und ungangbar geworden find, daß nicht leicht ans» dere als Wahnſinnige ſich darinn verfriechen oder verwickeln koͤnnen. Oder um eigentlich zu rer . den, einige Irrthuͤmer in, der alten Geſchichte muͤſ⸗ ſen ſorgfaͤltig widerlegt werden, weil fie herrſchend ſind, und durch Verjaͤhrung den Schein von Wahr⸗ heiten erhalten haben: andere darf man nur kurz beruͤhren, um fie zu entlarven: und eine große Menge endlich kann ganz mit Stillſchweigen uber, Hangen werden, weil ſchon der Genius des Zeital⸗ ters, und Die allgemeine Aufklärung fie erftickt und ausgerottet hat. Ich Babe es mir daher ans gelegen ſeyn laſſen, den polemifchen Theil meines Buchs *). fa viel als möglich abzufürgen, und den kreiſchenden heftigen Ton von Zaͤnkern zu vermeiden, die in einer jeden ihrer Meynungen die unentbehr⸗ lichſten Wahrheiten zu verfechten, und in einem je⸗ den Saze, der ihnen entgegenſteht, den verderb⸗ lichſten Irrthum zu beſtreiten glauben. Zugleich aber habe ich allenthalben , wo ic) von’ berühmten und unberühmten Männern abweichen mußte, mei⸗ c4 ve | ) Ich Hätte zum Veyſpies fm der Unterſuchung uͤber das Zeitalter des Pythagoras noch mehrere beruͤhmte Männer zurechtwelfen koͤnnen; allein ich babe tom. Ihnen geſchwiegen, weil fe eben fo, oder mit nod, mehr Rachlaͤſſigkeit irrten, als Bisjenigen, die ich

widerlegt habe. Man ſehe .B. Jackfon’s ebronola⸗· sin Aneigalde 1.374

XL. oo Borrede

ne Zweifel und Gehengruͤnde mit üneingeſchrant⸗ er Freymuͤthigkeit vorgetragen, in dem feſten Zu⸗

trauen, daß alle meine vernünftige Widerſacher

den Gegner ihrer Meynungen nicht für ihren Feind halten oder nichts wichtiges zu verlieren fürchten würden, wenn ihrien auch Die eine oder die andere ihrer Behaupfungen genommen werden. folte. Quamobrem (denfe ich mit Eicero De Fin, L 8.) diſſentientium inter fe reprehenfiones non ſunt vituperandae: maledidta, contumeliae, tum ira- cuiidae contentiones, concertationesque. in di- fputando pertinaces, indignae mihi philofophia videri folent. = Neque enim dilputari fine re- prehenfione , nec cum iracundia aut pertinacia recte difputari poteft.

Bey aller meiner Bemühung aber ſtets der. Woahrhen getreu zu- bleiben, befcheide ich mıch doch gerne, Daß ich gleich meinen Borgängern mehrma« len ein Raub des Irrthums geworden bin. Wer mir meine Fehltritte ohne Bitterkeit zeigt, dem werde ich nicht weniger verpflichtet ſeyn, ald dem Arzte, der mich von Krankheiten: beftent. Nur Bedenfe man immer, daß 'es viel leichter fen, die Irrthuͤmer anderer zu entdecken, als felbft nicht zu irren, und daß es faſt unmöglich war, auf fü. unebenen ungebahnten Wegen, al& welche ich übers munden oder verſucht habe, bisweilen nicht zu ſtraucheln, oder ſelbſt zu fallen, indem ich andere auftichtete.

ne;

Bey allen wichtigen Factis habe ich mich nicht begnuͤgt, meine Gewaͤhrsmaͤnner, und die Stellen zu nennen, wo man ihre Zeugniſſe finden kann; ſondern ich habe auch ihre Worte ſelbſt an⸗

gefuͤhrt. Dies ſchien mir ſowohl deswegen nuͤzlich

und zweckmaͤßig, weil ſich in Zahlen fo leicht Schreib - oder Druckfehler einfchleichen koͤnnen, als weil auch viele Leſer die Bücher , die ich citirt habe, entiveder gar nicht, oder doch nicht in Den Audgas - ben befizen,. Die ich gebrauchte, weil fie endlich auch nicht Luft Haben alles nachzufchlagen ; worauf fie verwwiefen werden. Wenn man hingegen die Stels fen, worauf: alles ankoͤmmt, abſchreibt und unten den Tert ſezt; fo erfpart man vielen Eefern eine bee fchwerliche Arbeit, und fezt fie fogleich in Stand, zu urıheilen, ob man Schriftfteller recht veritanden habe, oder nicht, Bon einigen Elaffıfern fühs ve ich bald diefe, bald eine andere Ausgabe an, weil ich ihre Werke nicht auf einmal ganz durchlas, und zu verfchiedenen Zeiten nicht immer dieſelbigen Ausgaben erhalten konnte.

Schließlich will ich noch einiges uͤber die Rechtſchreibung bemerken, der ich in dieſem Buche gefolgt bin, und die von derjenigen, die man in meinen uͤbrigen teutſchen Schriften finden wird, in vielen Stuͤcken verſchieden if. Zu meiner Be: ſchaͤmung muß ich befennen, daß ich mir Bid vor noch nicht gar langer Zeit niemals die Mühe ges nommen babe, über Die Rechtſchreibung unſrer

5 Epra⸗

KL: -Worrebe

Sprache, in ihrem ganzen Umfange, nachzudenken, teil ish dieſen Gegenftand-für viel weniger wichtig hielt, ald er wirklich ik. Ich war. daher nicht

' nur unbeſtaͤndig in der Art, wie ich ‚Diefelbigen Woͤrter fchrieb, fondern marhte auch Fehler, die ‘ich mir jego kaum ſelbſt verzeihen kann, und die man gewiß fFrenger würde geahndet haben, went

man fie nicht aus einer zu vortheilhaften Mehnung

von mir für Druckfehler gehalten haͤtte. Die vor« trefliche Schrift des Heren Geheimen Juſtiz⸗Rath

Bütter, über die Richtigkeit und Rechtſchreibung der teutichen Sprache, bat. mic) zuerft veranlaßt

eine Sache in reifliche Ueberlegung zu ziehen, im welcher Nachläffigkeit , wie unnöthige Neuerun⸗ gen, von größern uud nachtheiligern Folgen find, als man glauben follte. Nach mehrmalen wies. derholten Unterfuchungen babe ich die Grundfäze des eben genannten berühmten Gelehrten immer bewährt gefunden, und fie auch durchgehende in

der gegenwärtigen - Schrift angewandt; folgende beyde Fälle ausgenommen, wo ich hinlängliche Urſache zu haben glaußte, fie zu verlaſſen. Herr Geheime Juſtizrath Pütter ſezt es als eine Regel fe, daß man bey Wörtern, die wir aus fremden Sprachen angeriommen haben , nicht im» mer ängftlich auf ihre Ableitung fehen müffe, bes fonders aledenn nicht, wenn wir fie durch Umwe⸗

ge erhalten, oder ein allgemeiner Gebrauch fie ver wandelt und umgebildet hätte. Man müfle da Ger Wörter, die urſpruͤnglich Griechifche fen, no: aber

* —* *

V x Vorrede. XL

aber nicht unmittelbar aus der Griechifchen, fons dern aus der Lateinischen Sprache zu ung gekom⸗ men, fo fchreiben , wie fie ein allgemeiner Gebrauch aus der leztern Sprache eingeführt habe. 3.8. niht Katechiſmus, Katechorifch , fondern Eat chiſmus, Categoriſch. Auch fen es unrecht, Sylbe und Stpl, ſtatt Silbe und Stil zu fegen; wenn gleich die erſte Art diefe Wörter zu fchreiben mit der Ableitung derfelben uͤbereinſtimmend ſey.

In dem einen, wie in dem andern Falle fcheint mie dem erften unter allen Grundfäßen der Recht⸗ ſchreibung, der Erhaltung der Etymologie, zu viel vergeben zu werden. 5

Wir brauchen viele Griechiſche Woͤrter und Namen die ſich in keinem Roͤmiſchen Schriftſtel⸗ ler finden, und die wir alſo nicht erſt durch das Medium der Roͤmiſchen Sprache erhalten haben, ſollen wir denn dieſe auch ſo ſchreiben, wie der Roͤmer ſie geſchrieben haben wuͤrde, wenn er ſie angefuͤhrt haͤtte? Ich weiß nicht, warum wir Griechiſche Woͤrter, beſonders die Namen von Perſonen, Voͤlkern, Laͤndern und Staͤdten bloß deswegen verſtummeln wollen, weil die Roͤmer es aus Mangel eines oder mehrerer Buchſtaben thaten, die uns nicht fehlen. Ich ſchreibe daher alle Griechiſche Namen, wie ſie von den Griechen geſchrieben wurden, ausgenommen wenn fie aus dem Lateiniſchen abſtammen, wie 3. B. Clemens, oder wenn ſie im Lateiniſchen, woher wir ſie

pfan⸗

IV . Boreo

pfangen haben, eine ganz andre Geſtalt erhalten - baden , und Burch ihre Zurückführimg, auf ihre

urfprünglıche Form ganz .unkenntlich werden wuͤr⸗ den. Dies iſt der Fall bey den Wörtern, Aes⸗ culap, Eılicien, Lycien, Thracien, Sicilien, Athe⸗ nienſer, die ganz unverftändlich werden würden , wenn man dafür Asflepins , Kilikien, Enkien‘, Thrakien, Sifelien, Athenaͤer ſezen wollte. "Die fe Ausnahme ift derjenigen ähnlich, wenn man Porter, die aus dem Lateinischen abſtammen, der Ausfprache wegen anders fchreiben muß, als eg nach deit Geſezen der Epmologie geicheben Sollte, 3. B. Artikel für. Articel: |

+ Noch viel weniger hat man: xnöͤthig, eine Rechtſchreibung, welche die Etymologie verlangt ,

einem allgemeinen Gebrauche aufzuopfern. Denn

ſo wie es einen richtigen und fehlerhaften Gebrauch zu reden giebt; ſo giebt es auch einen richtigen und unrichtigen Gebrauch in der Art Wörter zu ſchrei⸗ ‚ben. Und ſo wie der Dictator Caͤſar vom Cicero -

und allen geſchmackvollen Roͤmern deswegen vers diente Cobfprüche erhielt, daß er tadelnswerthe Ges mohnheiten: zu reden nach geltenden Gründen ver befferte *): fo verdient, glaube ich, auch ein jeder Scriftitellee Beyfall, wenn er unetymologifche Wortſchreibungen zu berichtigen ſucht. an

| r⸗

————_—__ ———

09 Cie, in Rruto. Caeſar suteıw ratlanem adhibens, con-

ſuetudinem vitioſam & sosruptem pura & Incorrupte : sonfuetudine emendat.

* \ .

Vorrede. „XY |

Woͤrter, die von bewaͤhrten Schriftſtellern auf mehrere Arten geſchrieben werden, habe ich der Abwechslung wegen bald auf die eine, bald auf die andere Weiſe gefchrieben. 3. B. jezo; ifo, jest. Wenn ferner die helfenden Zeit» wörter fich an gewiſſen Stellen zu fehr haͤuften, oder dafjelbige Wort mehrmalen. hätte wiederholt werden muͤſſen; fo ‚habe ich nach dem Bentpiele - der Alten, die ſich oft Ellipfen des Wohllauts wer. gen erlaubten, Hilfs: Verba an ſolchen Stellen weggelaffen, wo ihre Abweſenheit weder Dunkel: heit noch Mißverftand hervorbringen konnte. Ends lich Habe ich (um zu der vorhergehenden grammas - tikaliſchen Bemerfung noch eine hinzuzuſetzen) alle Nomma Propria, wenn fie den Artifel vor fi) haben, in allen Eafibus wie im Nominativo ge⸗ braucht, und gleichſam als Indeclinabilia anges ſehen *). Hingegen habe ich, wenn fie nicht mit Artikeln verbunden waren, den. Caſus durch eine von dem Nominativo verſchiedene Endigung bes merkbar gemacht **). Ich habe dieſe Regel deß—⸗ wegen befolgt, weil man fie in vielen Fällen ſchon lange ausgeuͤbt, und ohne in die lacherlichfte Affe ctation, und den unerträglichiten: Mißlaut zu fal⸗ len, oft nicht verlegen Fanı. Wer würde es dul⸗ den, wenn jemand, des Ariftotelid , des Ciceronis, des Ariſtoxeni uf w. ſagen wollte? Dapunh

aber

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”) Des Dikaͤarch, Diodor, u. ſ. w. ) Senecca's, Cicero's, Dieders Ditaͤarch's, u.ſ. w.

\ D

" xivi RWorrede

aber daß man ‚diefen Gebrauch allgemein Macht , gewinnt man den großen Vortheil daß man in al · len Faͤllen, mo man den weggelaſſenen Artikel durch eine Veränderung der Endigung von Namen ausdrückt, dieſe Weränderungen viel bedeutender macht; als avenn fie ohne allen Unterfchied, auch dann, ‚wenn Artikel da find, gemacht werden.

Geſchrieben auf der Georg Auguſt Uniber⸗ fität, am funfgehnten September 1780. i

erhes 206.

Unber den "Alteften‘ Zufland von Griechen

land, und das" Zeitaltei re We.

Tode ns dmavrav Tsopıns ögay fauriv zum vu weg TE un Yayavevan Ti: Tav duvcron yayacdızın

I die erſtey Geſchicheſchrelher Grledhens landes afle verlogren gegangen, und in den ‚Wbrlg gebliebenen. waheſcheinlich nur wenige Reſte alter Ueberlleferungen erhalten worden find; fo teidien boch ſelbſt dieſe duͤrftigen Ueberbleibſel ofe unfiches ter und widerſprechender Zadridten hin, um es zu er⸗

& See ° "Mlären

r der ſieben

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. . wu J | u nr Kerle Buch.

I Ä 0 » R klaͤren warum bie erſten Reime Griechiſcher Weisheit ſich unter dem ſchoͤnen Himmel Joniens, und nicht in dem sieh ättern Griechiſchen Mutterlande entwickelten? warum

eben dieſe jungen Keime; da ſie kaum ausgebrochen waren, aus dem. Schooße des muͤtterlichen Bobens ausgeriſſen, und nicht in das nähere Griechenland, ſondern in das ent · ferntere Italien verpflanzt wurden ? warum fie endlich auch bier nicht dausende Wurzel faßten, fondern- erft im ſtelinigten unfruchtbaren Attika mächtig zu treiben anſin⸗ gen,. und einen Stamm Hirvorbrachten, deſſen Zweige in der Folge ſich uͤblg Öle, Theile der Erde verbreiteten, und deſſen koͤſtliche Fruͤchte noch jezo von den aufgeflär« teffen (Bölfern und molfeften Menfchen genoffeg werpend - ... Wenn wir etwa fechzehnhundert Jahre üben dem Anfang tinferer Zeitrechnung Hivauffteigen ; fo finden wir das eigentliche Griechentand von mehrern Voͤlkerſchaften beſezt, die eben ſo wild, als die fie umgebende Natur waren, die ohne Geſeze, ohne daurende haͤusliche und bargerliche Werbindungen, ohne alle die Kuͤnſte des Fries dens, DER dag Leben des Menſchen' verſchoͤnern, „gleich andern relßenden Thieren in unermeßlichen Waͤldern her⸗ umirrten, und unter einander in beſtaͤndigen Kriegen, wie in nie aufhoͤrenden Gefahren Iebten,: von fremden Menſchenraͤubern mweggeführe zu werden *), Iyn dies u fon freien Zuftande war Griechenland, als einige Mnſchenalter nach einander Ebentheuret aus Aeghoten,

\ . . J 2 . » . d1 L 7; rd »

) Diefe Schilderung, wird nicht nur durch das folgende

ſſonbern anch durch manche alte ——— gt, die ˖ Goguet (Part I Liv. L. 59. Bde gro 0 Baria 1958.) gefamlet hat.

Ueber den ölteften Zuſtand von Sriechenfand. 3 Phonicien und Phrygien in Attika, Boͤetien und ben Peloponnes ans Sand traten, und bie in biefen Gegenben herumgiehenden Horden ehtweber ausrotteten, und dere jagten *), oder auch mit Gewalt unterjochten unb mie fih vereinigten. Gemeiniglich glaubt man, daß bie Fremdlinge ans Afien und Africa, die fich in Griechen« land niederließen , den urfprünglichen Bewohnern deſſel⸗

ben alle Künfte und Kenntniffe der Völker, aus welchen fie abflammeten, mitgetheile haben; allein Biefer Gedanke

iſt eben fo unwahrſcheinlich, als er geſchichewidrig iſt.

Alten Ueberlieferungen zufolge, wurden die Fluͤchtlinge entweder durch bie Furcht dor ben Strafen ausgeübter Verbrechen , oder auch durch mächtige Gegenparteyen aus Ihrem Vaterlande vertrieben , und hatten alfo nicht Zeit genug , ſich Fahre lang zur Gründung neuer Pflanze ftädte vorzubereiten , und alles das zufammenzubringen,, was zur Gewinnung oder Bezähmung von Barbaren, und zum vortheilboften Anbau von Wildniſſen unentbehre

lih war. Sie.trafen ferner in ben $ändern, wohin mehr

der Zufall fie verfchlug , als ihre eigene Wahl fie führte, Menfchen an, die einen befto undezwinglichern Haß ges gen Fremde hatten, weit fie häufig von Menſchendieben überfallen und beraubt worden waren; und diefe feindfer ligen Geſinnungen muften die erftern durch neue Gewalt⸗ thätigfeiten vermehren , ohne welche fie fich. weder bes haupfen , noch die freyen Nomaden aus Ihren Wohnpläs zen vertreiben, ns diefe an wine ſtete ihnen äußert ver⸗

Ar haßte

N .

”, Man fehe den gelehtten Verfaſſer des Buchs de PEtat & dus

fort des anciennes colanies p. 9. & 64. Auch Goguet,

Part. 11. p. 59. Pauſan. IX, 5.

4 - erh Ba

haßte zebenart gewoͤhnen konnten. Nachbem fie ſich endlich feſtgeſezt, und Durch die Borzüge ihrer Waffen und Küftungen furchtbar gemacht Hatten, blieben fie doch ‚immer nod von zahlreichen unbezwungenen Stämmen umringt, die fie zwar in angefündigten oder vorhergeſe⸗ benen. Kämpfen überwinden, deren Machſtellungen und plözlichen Ueberfällen fie aber doch ‚nicht ausweichen fonnz ten, und unterhielten Dingegen mit ben Sändern, aus Des nen fit ausgegangen waren, gar feine Verbindung , fon

ern wurden von ihren ehemaligen Landsleuten eben ſowohl,

endlich außer einer gewiſſen Anzahl von Wörtern wenig

als ‚andere gepluͤndert unb iveggefchleppt, Wenn man alle diefe Beobachtungen zufammenniminr; fo muß man nothwendig fchließen, daß die erften Gründer von Colo— nien in Griechenland felbit mehr verwilderten,, als fie zue Bezähmung zügellofer Barbaren beyfragen Pentiten, und daß fie den leztern außer ihren Göttern und gettesbienft« llchen Bebräucen , außer den erften Anfängen bes Acker⸗ baued, und der damals noch ganz unbrauchbaren Schrift,

oder gar nichts von bildenden Kennen und Fertlgkel⸗ ten überliefert haben 2). | | Diefe

rinnen

x PER NE de EIER * u

.%) Ueber bie aͤlteſten Volker Griechenlandes, welche die Aegyptier, Phonicier u. ſ. w. antrafen, habe ich wer der ſelbſt, nvch in aͤndern etwas ſo wahrſcheinltches gen |

funden, alg was Herr Hofrath Henne in einem Auhange

ſagt, welchen er feiner erſten Abhandlung über bie Epochen. des Kaſtor hinzugefügt bat (Vid. Nov, Com. ment. Seciet. Reg, Selent. Goetting: 1.p.89.) Bevor:

1. ich. diefen Aufſaz las, Hatte ich alle, oder doch vie

wichtigſten Stellen alter Geſchichtſchreiber über die urs- hyrungüichen Bewohner Griechenlandes geſamlet, und

I ich

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eber den Alteſten Zuffand don Sriechentand. 5... N

Dieſe Bemerkungen werben durch das Gemälde deſtoͤtigt, was uns Thukydides vom. Zuftande des alten 43 Brise

ng

—“

ich Fonnte daher eine deſto genauere Vergleichung zwi⸗

ſchen den Vermuthungen meines Freundes, und den

Zeugniſſen der Griechen anſtellen. Bey dieſer Verglei⸗

chung fand ich, daß die erſtern durch die leztern voll

kommen beſtaͤtigt werden. Herr Hofrath Heyne vimmt

an, daß Varderaſien und Griechenland durch wieder⸗

holte Einwanderungen von Nationen, die zwiſchen dem

ſchwarzen und kaspiſchen Meere hervorgebommen, bes

voͤlkert worden ſeyen; daß man in Griechenland wenig—

ſtens zwey verſchiedene Voͤlkerſchaften, naͤmlich Thras

ciſch⸗Phrygiſche und Pelasgiſche, nuterſcheiden muͤſſe,

vie vielleicht aus denſelbigen Gegenden ausgegangen,

und mit einander verwandt, aber zu verſchiedenen Zeia

ten, eingewandert feyen, und eben deswegen in ber Folge

ſters in Unfchung der Sprache und Eitten verſchieden

geblieben. Daß endlich aus einem won diefen Stämmen,

aber aus beyden zugleih, water dem Deufalion und

deffen Sohn Hellen, ein nener Etanım der Hellenent

entffanden, die man, weil fe ih. vor bei. übrigen durch

höhere Grade von Sultur merklich erhoben, nachher alg;

von ihnen gänzlich verfchieden angefehen habe. Aus dem gemeinſchaftlichen Urfprunge nun der aͤlteſten Bewoh⸗

ner Griechenlandes und Vorderaftens mäffe man ſchlie⸗

Ben (was man andy nad) dem Homer behaupten muͤſſe,)

daß die Sprachen aller biefer Voͤlker bey alken Abwei⸗

chungen von Mundarten doch immer ſehr viele Aehn⸗

lichkerten und Verwandſchaft gehabe haͤtten.

Die wichtigſten Stellen, wodurch dieſe Saͤze bewieſen werben, ſtehen im Strabo, der vorzuͤglich dem Heka⸗ taͤus und Ephorus folgte. Man ſehe ©. 338. 39. 494. 95. 608. 720,22. 857:59, 909. 975 7). Edit. Alwolov. Hiemit vergleihe man Heredot I, 57. H. or 52. und VII. 94. 99. uud Dionys L 6:25. Ant, Rom, Merkwuͤrdig iſt es, daß Hekataͤus, Ephorus und Heroa dot bie Pelasger, Leleger und. Karier ſtets Barbaren

6 Erſtes Buch. ı Griechenfandes ſelt der Ankunft der fremden Colonien bis auf den trojanifchen Krieg macht. Die verfchledenen Theile des jesigen Hellas ,. ſagt diefer große Geſchicht⸗ ſchreiber, waren vormals nicht fefte Wopnfige von Voͤl⸗ fern’ , bie. beftändig denfelbigen väterlichen Boden ‚bauten, und ſich innerhalb ihrer Graͤnzen hielten , fondern fie wa« ren vielmehr von unfteten Stämmen befest, bie oft entweder

‚> mit Gewalt aus ihren Befizungen verdrängt wurden, oder

fie auch bey den geringften. Anläffen. freywillig verließen , weil fie das, mas zur nothdürftigen Erhaltung des Lebens gehört, allenthalben zu finden hoſten. Solche Ein-und Ausmanberungen gefchaben in den fruchtbarften ändern, in Boͤotien, TIheffallen und dem Peloponnes, Arkadien ausgenommen, am haͤufigſten. Man ſaͤete nicht, weil es zu ungewiß war, ob man erndten, und bie Früchte feines Fleißes genießen würde, Auch verſtand man die Kunſt noch nicht, ſich durch die Erbauung ſeſter Plaͤze gegen

nennen, und daß der leztere die Sprache der Pelasger,

die noch zu ſeiner Zeit uͤbrig waren, von der der Griechen

ſo gaͤnzlich verſchieden fand, daß er die erſtere eine bar⸗

| barifhe Sprache nanrite, und der leztetn entgegen feste. . Nach dem Strabo hingegen "traf ınan in der Sprache

ber Karier, die fi Brüder der Lydier und Myſier nannten, und mit. den Lelcgern fehr verwandt waren,

viele griechifche Wörter an, und er glaubte, daß die

Karier nur beswegen vom Homer niit dem Beynahmen

Bueßzeodwvös belegt worden, weil fie eine unan⸗ genehme von der Griechiſchen verſchiedene Ausſprache gehabt haͤtten. Das Zeugniß des Herodots uͤber die Sprache der Pelasger iſt die einzige Schwierigkeit gegen

den Urſprung der Hellenen aus dem Volke ber Pelasger, welchen dieſer Zeſcheheſchritet 6 doch nicht zu laͤugnen ſcheint. ViL 95.

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Icher den äfteften Zuftand von Griechenland. 7

gegen feindliche Ueberfälle zu ſchuͤzen, und eben fo wenig dachte man daran, ſich gegenfeitig durch Bündniffe zu käͤrken, oder einen ſichern Handel zu Waffer und zu done zu errichten. Die Küften wurden fo oft von frem« den Serräubern beſucht, Daß man gezwungen mar, fid) in das Janere des Sandes hineinzuziehen, und aud hier noch beftändig Waffen zu tragen, um flets zum Streite gerüftet,, und zur Gegenwehr bereit zu ſeyn. Griechen⸗ land blieb daher (fo ſchließt Thukydides) bis auf die Zele ten des trejanifchen Krieges zu ſchwach, zu arm und zu gefpalten , ats daß es große gemeinfchaftliche Unternehs mungen hätte ausführen fännen *), - . Eine Folge der gemaltfamen Einbrüche und Nies berlaffungen auslänbifcyer Rotten, vielleicht auch der ende Iofen innern Kriege, war diefe, baß ein großer Theil der

urfpränglichen Nomaden Griechenfandes feine Heimath

gänzlich verließ, und fich ſowohl über Italien, als über Alien von Troas bis nady Cilicien herunter, und auch über viele griechiſche Inſeln ergoß **), Unter diefen zahl»

reihen Schmärmen hob ſich das kleine Häufleln, was

ſich in Kreta feftfezte, zuerft bie Eingebohrnen diefer ne fel bezwang, und ſich nachher mit Doriern und‘ andern Barbaren vermifchte ***), vor allen übrigen hervor, und trug befonders durch den Murh und die Weisheit deu awenlen Minos, diefes großen Worläufers des Lykurg,

Ag doar

> Eng

*) Thucyd, 1. 2-12. e.

*, Hieruͤber leſe man vorzuͤglich Strabo VII.496. 97. xu. 855. 857. 58. XI. 909.

*) Vid. Died. V. 393- 95. Strab. p. 728. ‚732. Gog.1l,

202 Hayas I, m 77.

Ad

4

et N

8... Lıfls Buch.

ber ohngefaͤhr ein halbes „Jahrhundert vor bem trojaniſchen Kriege lebte,‘ mehr zur Sicherheit, Ruhe und Macht des alten Griechenlandes bey, als alle fo fehr gepriefene Fremdlinge bis dahin gethan hatten *). Diefer außer⸗ ordentiiche Mann, der mehr als die vergötterten Helden der Griechen übermenfchliche Verehrung verdiente, ſam⸗ lete die bis dahin zerſtreuten Bewohner von Kreta nicht nur in Staͤbte, ſondern er ſchuf fie auch durch feine Ge⸗ fu, die in ber Folge eine Haupturfache der erftaunlichen Größe von Sparta und Athen wurden **), in. tapfere unwiderſtehliche Krieger und ia Deherrfcher des Meers um. Er raͤchte an den Kariern und Phöniciern , bie fi)

alllmaͤlich der Kykladen bemaͤchtigt hatten, alle das Uns

veht, was fie an feinen und feines Volks Vorfahren verübt hatten, jagte fie von den’ Inſein ang fefte fand, legte denen, die zuruͤck geblieben, Tribut auf, und ſaͤu⸗ berte das Meer, wo nicht von aflen, doch von dem . größten Theile der räuberifchen Barbaren, die ſich bis bahin von dem Ungluͤck anderer Menfchen genaͤhrt, und Schiffart, Handlung und aflen Fortgang zur Aufflärung zurüd gehalten hatten. Von biefer Zeit an wagten fid) auch bie europaͤiſchen Griechen auf das Meer, und fien⸗ gen an Handlung zu treiben: ſie erbauten neue Staͤdte auf Erdengen, oder an den-Ufern der See, und umga- Beni fie mit Feſtungswerken. Sie legten ſich mit größe rem Eifer als vormals auf ben Ackerbau, und nahmen in wenigen Menfchenaltern fo fehr an Wohlhabenheit und Bevoͤlkerung zu, daß ſie mit einer Flotte von zwoͤlfhun⸗ dert *) Vid, Seript. mode cit. & Thueyd. I, 4. * S. die erſte Veylage, am Ende des Ab ſchnitts.

J

neher den alleſten Zuſtand don riehenlam 9

dert Sthiffen noch Aften überfegen, und Troja belagern konnten: Die erfie Unternehmung, zu welcher ſich alle griechiſche Staaten, aber mehr aus Furcht vor ber über legenen Macht des Agamemnon, als aus freyer Webht vereinigten *). |

So fehr fi aber auch GSriechenland in dem lez⸗

ten Jahrhunderte vor bem trojanifchen Kriege aufgerich⸗

tet hatte; fo weis war es noch won berjenigen Cultur ente

feent, die aus einem fichern Genufſe der bürgerlichen Frey⸗

heit, und einem Jangrolerigen Befize vor Kuͤnſten, kuͤnſt⸗

lichen Handwerkern und Wiſſenſchaften entſteht. Noch

zu und noch den trojaniſchen Zeiten gewannen die Gries

chen mehr durch Seeräuberenen als Durch Handlung, mb

bie erfteen waren eine fo ehrenvolle Beſchaͤftigung, daß

ſelbſt Könige und Haͤupter von Völkern fie trieben, und

Fremdlinge ohne Beleidigung gefragt wurden, ob fie

Freybeuter wären ? Die Schiffe der Griechen, bie nad) Aften zogen, waren meiſtens offene Kühne, und fo um

bedeutend , daß bie größten nur hundert und zwanzig

Mann kaffen, und one Mühe aufs Sand gesogen wer⸗ ben fonnten. Sie hatten wahrfcheintich noch Peine Anfer, und Peine anbere als bemegliche Maſtbaͤume, bie man, wenn man fie nicht brauchte, aushob. Einzelne Könige und Helden befoßen zwar foftbare Waffen und Hausges rärhe, und fühftliche Arbeiten aus edlen Metallen; allein diefe hatten fie entweder von Sidoniern gefauft, ober von: frengebigen afiatifchen Gaſtfreunden erhalten , oder

auch durch glücklichen Raub zufammengebracht.: Im |

Zeitalter Homers, ohngefaͤhr drey Jahrhunderte nach dem 15 tro⸗

nd

2) Thueyd. I, 9.

an, DER

0.

v4 or |

wo. Enet Vuch.

—— Kriege , waren in Griechenland nur noch wenige Städte und felbft Die anſehnlichſten unter dieſen

waren mebr.regellofe Haufen armfeliger Hütten ‚in denen man eben fo wenig Spuren ber Baufunft oder Säulen»

ordnungen entdeckte, als man Gtatuen aus Erz und hars

ten Steinen, oder bie Bearbeitung von Marmor Fannte: *), J

Waͤhrend und nach dem rojanifgen Rriege v vers

lohren die Griechen zwar ihre groͤßten Helden, und einen

großen Theil ber Schiffe, bie fie nach Afien hinuͤbergetra⸗ gen hatten; allein die übrig gebliebenen Krieger kehrten “auch mit unermeßlicher Beute zuruͤck, waren mit meh⸗

zern reichen Völkern an ber ganzen Küfte von Afien her⸗

unter, und mit den Ausflüffen des Nil bekannt gewor⸗ ben , und wahrfcheinlich alfo wuͤrde das europäifche Grie⸗ chenland von feiner erften gemeinfchaftlichen Unterneh⸗ mung in einem fremben Erbtheil eben die Vortheile erhal⸗

ten haben, welche bie. Kreuzzuͤge dem weftlichen Europa

verfchaften, wenn nicht die lange Entfernung‘, und die Ruͤckkehr der Griechen, bie Troja zerflört hatten, allen halben Zwietracht und Meutereyen erweckt hätten, die

wahrſcheinlich meiftens daher entftanden, baß man fid) . an den Familien und Gütern der Äbweſenden vergriffen, ‚ober ihre Vorrechte zu ſchmaͤlern geſucht hatte. Dieſe innern

Unruhen und Empoͤrungen endigten fi ch felten anders, .als |

mit der gänzlichen Berigung, Oder auch der Flucht der

9. Man fehe Goguet Part, IT. 150. p. ‚Heyne In com- ment, fuper veterum ebore, ebutaeisque fignis p. 96- ‚01. in Comment, Ner. Soe. Goett, Tom, I, Paul, “VUL 14. n

um

ſchwa⸗

Ueber den älteften Zuftand von Griechenland. u

ſchwaͤhern Partey, die im leztern Falle ein neues Va⸗ terland ſuchen, und mit ihrem beften Blute erkaufen muſte. Es ſtanden aber nicht bloß Buͤrger gegen Buͤr⸗ ger, ſondern Stämme gegen Stämme auf, Ganze Völkerfchaften wurden aus ihren Wohnfizen Berrrieben, und über die ruhigen Bewohner anderer Jänder hergewor⸗ fen, die ſolche bis zur Berzweifelung gebrachte Ankoͤmm⸗ linge entweder unter ſich aufnehmen und ihre Güter mit Ihnen thellen, ober ihnen auch) Plaz machen muften *). Blei im erften. Jahrhunderte, alfo nad) dem trojani⸗ [hen Kriege taufchten alle Theile von ®riechenland, wenn man Arfabien und Attika ausnimmt, ihre bisherigen Des fijer glelchſam gegen elnanber aus, und biefe mit blutigen

. Sie⸗

NT

GEREESEEESREEED .. ————

*) Die beruͤhmteſten Wanderungen waren, die der Boͤotier aus Theſſalien in das Land, welchem ſie ihren Nah⸗ men gaben, und welches vorher Kadmeis hieß: no . mehr aber, die der Herafliden in ben Peloponnes, bie zwanzig Jahre fpäter, und achtzig Jahre 1 bein tros janifchen Kriege erfolgte. Thue. I, 13. Die wichtig⸗ ſten Stellen uͤber die drey Hauptſta mme der Griechen,

die Aeolier, Dorier und Jonier, und über bie großen Wirkungen der Ruͤckkehr der Herakliden ſtehen beym Strabo (VIII. 513. 14. 587789. IX. 654. Siehe auch Hexrod. 1. 56. &: 145. VII, 24. und. Pauf, VH. ı. der aber vom Strabo in einigen Puncten abweicht). ‘Der Stammvater ber Hellenen war, übereinftimmenben Mes - Tieferungen nad, Deufalion, oder vielleicht deffen on Hellen, der in Pthia, in Theſſalien, zwiſchen Denens und Aeſopus herrſchte. Diefer übergab feinem Alteften Sohn, dem Aeolus, feine Herrſchaft; \und die uͤbrigen ſchickte er aus, um felbft Befizungen- aufs zuſuchen. Xuthus heirathete eine Tochter des Erechteus, und ſein Sohn Jon gab den Bewohnern von Attika den Nahmen der Jonier. Une ben leztern nahm .n ttika

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a. Erf Ru Bu

i Siegen und Niederlagen hegfeitete Verfrpungen von Voͤl⸗

kern, ſchlugen ſelbſt den Laͤndern, die am wenigflen lit⸗ ten, fo.tiefe Wunden, daß fie mehrere Zeugungen hin ducch bfuteten und ihren Wachsehun hinderten. Aber eben diefa verheerenden Ummälzungen von Etaaten hatten “auch die glücliche Wirkung, daß viele Taufende von , Griechen, Die nirgends unterfonmmen Eonnten, ſich nad) Aſien wandten, und die Oruͤnder blühenber Städte ſowohl auf den Inſeln als auf dem Yeften Sande wurden “\ Kaum aber hatte das zerrüttete Griechenland au⸗ gefangen, ſich ein wenig zu erholen, und die verlohrnen

FKrafte wieder zu ſamlen, als es unter das Joch von

Tyhrannen, oder vpn unumſchraͤnklen Beherrſchern fiet, die meiſtens ihre Mitbürger als ihre Feinde und Sclaven, und die Güter berfelben a als ige Eigenthum und Beute ans

ſahen,

Attika ober Jonien ſo ſehr an Bevoͤlkerung zu, daß

man Coloniſten in den Peloponnes ſchickte, welche die

Gegend einnahinen, die won Pelasgern bewohnt, und Aegiale geilannt wurde, nachher aber ben Nahmey Achaja erhielt. Ein anderer Sohn des Hellen, Achaͤus, gieng nach Sparta, in welchem damals ein Volk aͤoliſchen Urſprungs wohnte welchem er den Nah⸗ mien der Achaͤer gab. Ein dritter Sohn, Dorus, ver⸗ ſamlete die Barbaren um den Parnaß, und errichtete

vier Städte, oder vielmehr Flecken, welche man nachher

das borifche Tetrapolis nannte. Won bier ans thaten die Herafliden mit den Doriern ihren Einfall in den Pe⸗ loponnes, wertrieben die Achäer, die wiederum die Jos nier oder bie athenienfifchen Eolsniften ausjugen. Diefe leztern kehrten huͤlflos in ihr Mutterland zurſick, und giengen mit vielen andern Griechen nach Aſien, wo fie

eben fo viele Pflanzſtaͤdte anlegten, als fie in beim alten

Aegiale gehabt hatten. . 9 Thue. I. 125 18, 0

Heben den älteffen Zuſtand don Griechenland. 13°

ſahen, tie aber auch eben beswegen als die ſcheußlichſten Miſſethaͤter gehaßt wurden. Weil dieſe Freyheitsraͤuber nicht ſowohl für das Wohl der Städte, Die fie ſich unter⸗ worfen Hatten, als für ihre und ihrer Bamille Sicherheit forgten 53 fo wagten fie feine große ruhmvolle Unter⸗ nehmung, modurd) fie felbft aus ihren. Wohnſizen hätten entfernet, oder auch ihre Unterthanen gegen fie hätten bewafnet werden koͤnnen. Sie ſchwaͤchten die Griechen durch wine entkraͤftende Ruhe; und eben dieſe Unthaͤtig⸗ teit Giele das Emporfireben und die Fortgaͤnge ber grits chiſchen Staaten eben fo ſehr, als die vorhergegangenen wilden Befehdungen auf *).

. Sparta war unter alten alt » grlechiſchen Staaten der einzige, ber ſeit den Zeiten feines großen Geſezgebers feine Freyheit underlezt bewahrte, und auch der erſte, der eine überwiegende Macht und Anfehen zu erhalten ans : fing **). Diefe erhabene Tochter Lykurgs lud zwar eine Zeitlang durch die hartnaͤckige Bekriegung, noch mehr aber _ Durch die gänzliche Verwuͤſtung von Meffene, den Haß des uͤbrigen Grlechenlandes auf fich *2); allein dieſer

DB,

») Ib, 13. 17. c. r zartayegev n EAAas ers worum —— KaraıKeTo, pure warn Davecoy under x Seeyaguedan, ı KATa HoNuS To “ronnoregen zıvon,

%) Thuc. 1. 18. \ . wu) Siehe Pauf. IV. Sr21. ©, Men warf ihnen Falſchheit, Herrſchſucht, Unverſoͤhnlichkeit und Graufamkeit in hret Rache vor: man klagte fie an, daß ſſie unter allen Gries. ben zuerſt den Sieg nicht durch Tapferkeit, fondern durch Befehungen zu erhalten —R Man ſehe beſ. ©, 5 & 17.

AN

J.Erſtes Buchh.

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Haß verſchwand bald, und gieng’in allgemeine Eprfur über, als fie ihren mächtigen Arm, den fie durch beftäu- dige Uebung geftärke hatte, über ire leidenden Schwe⸗ ſtern ausftre@te, und die Häupter ber Ungeheuer‘ zer ſchlug, von denen ‚fie waren unterdrüct worden *). Sparta teinigte mit der edeiften Unelgennüzigkeie nicht lange vor dem perfifchen Einfalle das ganze Bienende Gries cheniand von Tyraunen, und ermarb fid) dadurd) ein fo ‚allgemeines Zutrauen, daß fie als die Schuzgoͤttinn der griechiſchen Freyheit angefehen, und beym- Einfall der Perſer einmüthig: zur Fuͤhrerinn ber verbundenen griechi. ſchen Möller erwaͤhlt wurde **)ı . Ungeachtet aber Safe, dbdaͤmon am früheften vor allen ihren Schweftern yaraus - tief, und ihre Sitten und Verfaſſung ein halbes Fahr. taufend ungefränfe behauptete; fo fonnte fie bod) immer mehr. die Hinderniffe von Aufklärung wegräumen , als ſelbſt unmittelbar etwas dazu beytragen. Denn eben die Geſeze Lykurgs, die alle eble Metalle, alle Werke des ausländifchen Fleißes und $urus, und alle kuͤnſtliche Werkjeuge aus ihrem Gebiete verbannten, eben dieſe "machten es unmöglid) ,- daß Kuͤnſte und Wiſſenſchaften in ihrem Schooße gebohren, ober von ihr genaͤhrt ind vervollkommt, andern übergeben werben. foninten. 0 Die Athenienfer ruͤhmten ſich nicht nur bas äftefle erbgebohrne Volk in Griechenland zu feyn, fondern fie gaben ſich auch für die Erfinder des Ackerbaues, und für die erften Beſizer von Myſterien aus, wodurch alle übrie ge Völker aus dem Zuſtande ber roheften Wildheit, in 07... Thucyd. 1. 18. Herod.1, 69, , 7...) Thus. b.e. Hor. I. 151.

EXRRX

Ueber ben älteften Zuffand von Griechenland. 15

fefte durch Seſeze georbnete bürgerliche Geſellſchaften wä« ren hinüber geführe worden: So erdichter aber, oder we⸗ nigftens unbewieſen diefe Anfprüche waren; fo gewiß iſt es, daß die Achenienfer unter den Griechen zuerft und zwar nicht fange nach dem trojanifhen Kriege Ges fhmeide aus Gold und Eoftbare Gewaͤnder trugen *), und daß ſie auch äuerft bie Gewohnheit verließen, ſelbſt in Sriedenszeiren ftets bewafnet dzu ſeyn. Diefe frühere Verfeinerung und Milderung ihrer Sitten hatten fie we⸗ ber ihrem vorzüglidyen Handel, noch ihrer vorsreflichen Etaatsverfaffung noch endlich ihrem befondern Fleiße und Dlurhe, fondern der Unfruchtbarkeit ihres Landes zu banfen, das für Krieger, die fih neue Size mit dem Schwerte erfechten mußten, gar nichts einladendes hatte, Sie blieben, während daß die übrigen Voͤlker Griechen⸗ landes entweder zertreten oder zerſtreut wurden, in einer ungeflörten näßrenben Ruhe, und mit andern Stämmen. anvermifcht **). Sie rückten zwar burch mehrere Vers wandlungen von Regierungsformen , die fie durchgiengen, immer mehr und mehr ber alles belebenden Freyheit ent⸗ gegen ***); allein fie wurden doch uuch bis auf Die Zei⸗ ten des Solon von den Haͤuptern der Ariftofratie fo graus fam gemishandelt, daß ſie vor Aemuth und Schwaͤche nichts

14

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°) Thue. 1. 6.

**) Thucyd, J. 2. 6,

wr) Attika wurde der gewoͤhnlichen Rechnung nad 1018 Sahre von febenzehn, Königen und drepzehn beftändigen Archonten beherrſcht. (Meurſ. de reg. Ath. III. 16.) Auf, diefe folgten, im eriten Jahre der fiebenten Olym⸗ piade zehnjaͤhrige Archonten: und endfich zwey und fies benzig Jahre ſpaͤter (Ol. 24. 1.) ſolche, bie allg Sie abwechſelten. (de Arch. c.4.9.) |

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* Ener Buch: BER

nichts großes catwerfen und susfüßren konnten , ; und in einem Zeittaum von fechs Jahrhunderten nicht einen eins

' zigen merkwürdigen Krieg führten, denjenigen ausgenom⸗ men, in weichem Kodrus fie. Themiſtokles war der u erfte Schöpfer ihrer Schiffart und Handlung, in wel⸗

‚hen beyden fie noch kurz vor den perfifchen Kriegen von den Bewohnern der kleinen Inſel Aegina übertroffen wur⸗

. ten. Unter folchen "Unfländen alſo ſtanden in dem duͤrf⸗

tigen und bedraͤngten Athen, ſowohl als im kriegeriſchen Sparta der Encſtehung und Ausbildung von Künften und, Biffenf haften unübermiadliche Hinderniſſe entgegen.

: Ben feiner Stadt in Griechenland lieb es fih fo fahr, ‚als von Korinth erwarten, daß fie die Aufftärerinn _ ber. übrigen Voͤlker Hätte werden müffen, Sie war gwar

“eine der jüngern Staͤdte, und zu den trojaniſchen Zeiten

noch von den Königen in M dkene abhängig, allein-fte. wurde in den. Drey folgenden Jahrhunderten fo bluͤhend, daß ſie dom Homer den Beynahmen der Reichen erfiett*). Durch ihre vortheilhafte Sage wurde fie nicht vur der Mittelpuntt des Handels, weldyen die Griechen in und außer den Peloponnes mit einander führten, fondern auch eines. beträchtlicen Theils des afiarifchen Handels, der durch ihre Häfen nach den weftlichen und nordlichen Gem genden Europens gerrieben wurde. Die Korinchier foln ten ferner im erften Jahre der neunzehnten Olymplade, "die erſten großen bewafneten Schiffe, in, welchen drey Reihen von Ruderbaͤnken über einander errichter waren, erbaut +), und veetzig Jahre fe ben von ihnen ge⸗

gruͤn⸗

* 4) Man ſehe Strabo VIIl. 589. 581. | a Thus, I, > >

. . [2 u nz

Ueber den älteften Zuftand von Griechenland, 17

. / gründeten Korkyreern die erfte Seefchlacht geliefert Haben. In diefer Stadt ſchien fid) alfo alles zu vereinigen, was das fhlummernde Genie erwecken, und große Gedan⸗ Een und Erfindungen veranlaffen konnte. Allein wenn mon bie fabelhafte Erfindung der Mahlerey, oder vielmehr Zeichenkunft *), ausnimmt ; fo iſt Peine einzige Kunſt, vielweniger Wiffenfchaft, in diefer Mutter der alt: gries chiſchen Handelsftädte entſtanden, fondern fie find ihr alle von Afien aus in einem nicht geringen Grabe von Vollkommenheit überliefert worden, Strabe **) ſagt daher auch nicht, daß Mahlerey, Plaſtik, und andere Künfte in Korinth entdeckt, ſondern nur, daß fie in dieſer Stade _ und in Sifpon erweitert worden, und nachher in Ihnen immer gebtühr hätten. Diefe Unfruchtbarkeit bes Gel. fies der -Korinthier ift allerdings eine eben To rächfelhafte als merkwuͤrdige Erfcheinung ; aflein fie komme mir doch immer weniger ſchwer zu erffären vor, als eine andere, daß ſich nämlich unter ihnen, felbft in den Zeiten ber Freyheit, niemals große Redner ausgebildet haben, ober

| dau⸗

%) Plin. XXXV. 3. De piäurss laltils Ineerte, nec Infl- tutl operis quaeſtio et: Greece autem all Sieyone, alti apud Corinthlos repertam : emnes umbra hominis linels sircumdn@is &c, Invertam Huearem dieunt a Philocle Aesgyptio, vel Cleanthe Corlathlo, Primi exercuere Ardices Corintbius, & Telepbanes Sleyonius. fine ullo etlamaum «.lore: Primus Invenls eas colarare Cleophanthus Corin- thius &e, | nn

*°) Strabo VIII. 586. uarısa'yue non evrotrdis Ko EV ZIKUmYs nuEngn voaDıcyre aa TAASIUN, Ks TERN TOAUTR INMiBglice. . - =

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danrende Schulen von Weltweifen errichtet worden. * Wenn man die Gründe aufſucht, warum die Beherrſche⸗ ginn zweher Meere, und die einzige Beſtzerinn des grie⸗ chiſchen Handels, in welchem: fie. In. Europa lange "gar Leine Mebenbuhlerinn hatte, dennoch Kuͤnſte und wife ffenſchaf.liche Kenntniſſe nicht ſelbſt erfunden, ſondern

don den viel juͤngern aſiatiſchen Staͤdten, unter denen eine jede die Vortheile des Handels mit vielen andern eheilen mußte, ‚empfangen habez ſo iſt es leicht, auf den Gaedanken zu kommen, daß vielleicht eine Karte Regler zung die gluͤcklichen Wirkungen des. Handels und bes daraus entftehenden Wohlſtandes zuruͤck gehalten habe, Dep einer genauern Prüfung aber findet man bald, dag dieſe Vermuthung ganz unhaltbar fey, denn erftliih muß es einem jeden-benfallen, daß eine Staatsverfaſſung, wels che die Enrftehung von Künften gepindert hätte, gewiß auch Handel und Schiffart würde gehindert ober. zernich⸗ tet haben. . Serner lehrt die Geſchichte, daB Korinch ") nach der Rückkehr der Herakliden 'ohngefähr viertehalb Hundert Jahre von einer Dynaſtie von Königen regiert wurde, die fehr milde berrfchten, und wie in allen übris gen alt: griechifchen Staaten fehr eingeſchraͤnkt, und mehr Deerfuͤhrer, Richter und weile Rarhgeber ; als unum⸗

ſchraͤnkte Despoten waren. Diefe Familie war die der Bakchiaden, welche von den Bezwingern bes Peloponnes Ä eingeſezt worden war, und von dem vierten Koͤnige ihres Stammes den Nahmen empfing. In der Folge hörte zwar die koͤnigliche Würde In dieſem Geſchlechte auf; als lein das leztere behielt doch immer die hoͤchſte —8* zr ag a u bin ;

2) II, Diod. 635. Eie.

her den aͤlteſten Zuffand don Griechenland. 19

md wählte aus Ihrem Mittel jährliche Prytanen, welche de Stelle des Königs vertraten, und an ber Spije der übrigen Bakchiaden die öffentlichen : Angelegenheiten bes forgten. Die Regierung diefer Prytanen, die neunzig Jahre dauerte, muß ſehr fanft geweſen fepn, weil die Korinthier und übrigen Griechen bie Herrſchaft der Kyp⸗ ſelden, welche Die Bakchiaden verfagten,, in MWergleis dung mit dem ariftofratifchen Regimente der leztern als harte Tyranney / vderabſcheueten. Selbſt diefe Kypſeliden, die ſich ohngefaͤhr vier and fiebenzig Jahre auf dem Throne erhielten*), waren, glei) den Piſiſtratiden in Athen, oder den erſten Koͤnigen in Syrakus und Agrigent, nicht ſowohl Bedruͤcker als Wehlihaͤter des Volks, das -fie nach ihrem Willen leiteten. Wenn ſie aber auch um ih⸗ ter eigenen Sicherheit willen einige der ihnen angedichte⸗ ten Gewaltthaͤtigkeiten wirklich veruͤbt Härten, fo würde non fie deßwegen nicht: für Feinde unb Zerftöhrer von, fünften und Wiſſenſchaften halten Binnen. Vielmehr man aus dem Ehrennahmen des Weifen , den Irriander erhielt, und. aus. einer Gtelle des Ariftoreles*") dließen, daß fie Goͤnaer und Belohner von Künftiern. nd Dichtern waren ‚' und daß fie ihre Echäze dazu ans undeten, große Werke zu errichten, die ihren Ruhm BR | und

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—— 22 rs ie Er —— inne N

*) Von Olymp. 38. bis 49. 1. Atin. V. 18, deTlvit,

") de Ev Vi in, _ Kar - ννννα wo Tas wexgbievsE, Fukainkon = fzewderypau de rors oa Fa Dlvpapudes di tagt Ayvarren, war Toh 08 ta Kurberrdov J ao TE Oxun« as n smedöunöischte tray Tleısgiriden , | nah Tav Begiı Zupöv ey WoNungaTeid:

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. geſezten großen Wohlſtande dieſer Stadt, weder in d

20Erſtes Buch. mb Größe der Nachwelt verfündigen könnten. Sollt

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gedenkbaren Hinderniſſe gefuchg.werden kann; fo mi

Schiffart nicht ſo alt, und Ihe Relchthum nicht fo grı

ſchloſſen haben. „Sch. gebe gerne zu, daß Korinth

J als ſie ſechs Menſchenalter nachher wurde, ſo wuͤrde

* 4 .

ee . 4 N {

es fid endlich aud) beweifen laſſen (mas man gewiß nie mals wird darthun Pönnen) daß die drey Kypſelide

Kuaͤnſte und Künftler eben fo fehr. verfolgt, als fie na

den überteiebenen Schilderungen ber griechiſchen Tran nenhaffee ihre Mitbürger ‚gemißhandelt uud: beraubt ba ben; fo würde man zwar den Grund‘ angeben Pönnen warum unter folchen MWürerichen die Künfte zugleidy. ni

der Freyheit entweder entflohen. oder geſtorben ſeyn; abe man waͤrde woch nicht bie Froge beantwortet haben

warum ſie nicht vor dieſen Zeiten der Untendrüfung , |

_ bem noch ungefehwächten Korinth entſtanden fegen? DI

Herrſchaft der Kypſeliden fälle viele Jahre hinter die bli henden Zeiten der Schiffart und bes Handels der Kori thier, und viel fpäter , als diefe zuerſt in Griẽeche nlan Kriegsſchiffe erbauten, und der maͤchtigſten unter ihre Pflanyftädeen ein Geetreffen lieferten... Da nun D Hichtentſtehung der Kuͤnſte in Korinth ‚bey dem vorau

Grundserfaffung derfelben, noch in irgend einem aubel

man nothwendig annehmen, “daß ihre Handlung ui

geweſen ſey, als einige ſpaͤtere Schriftfteller geglaubt‘, ot einige Ausleger aus ihren unbeftimmten Ziugniflen < Homers Zeiten,’ ber ohngefaͤhr Penner vor de Anfange der Olympladen lebte, in Vergieichung mit d uͤbrigen Staͤdten des alten Griechenlandes reich genar

* -

werben konnte; allein wenn fie fo mächtig geweſen waͤ

.. wo

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Ueber ben aͤteſten Zuſtand bon Griechenland. 21

vehrſcheinlich , gleich ben afiatifchen Griechen Factoreyen und Pflanzörter in Aegnpten, an der Kuͤſte von Afien und am ſchwarzen Meere angelegt, ober auch ſelbſt nad) Ita⸗ lien und in die Inſeln, die zwiſchen Sicilien und Gries chenland liegen, ihre Kolonien früher hingeſchickt haben. Unter den leztern war feine vor der zehnten Olympiade gegründet, und fie machten zuſammengenommen faum den zwanzigſten Theil von denen aus , welche Miter allein ausgefandt hatte. . Die Korinthier wagten audy nie f6 welte Relfen, als. wir gewiß wiffen, daß die afiatifchen Griechen nach den Phöniclern und Karthaginienfern una ternommen haben; ja fie waren nicht einmal die erftern Erfinder der Silbermuͤnze, die ohngefaͤhr vierzig jahre vor dem Anfange der Olympladen von einen Argiver Phidon auf der Tafel Origina zuerft gefchlagen ſeyn foll *). Mie unbedeutend der Reichthum und Hantel von Kos tinth, und wie groß zugleich die Armuth des übrigen Otiechenlandes, bis an die fünf und fiebenzigfie Olym⸗ plode gemefen ſey, erhellt aus folgenden Machrichten und Erzählungen der bewährteften Geſchichtſchreiber **). Vor ber Regierung des Inbifchen Königs Gyges fanden fi ch in Delphl weder. filberne noch goldene Schäze; fondern afle Befchenfe, bie man bis dahin dem Apoll geheitige hatte, baren don Erz, und beftanden nicht einmal in Statüen,

| B 3.. ſon⸗

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t) Heyne Comment, ſee. de Caſtoris Epochis Tom. II, p 49. Öoguet verınuthete, aber ohne allen Grund, dag man zwar früher filberne Münzen gefannt hätte, bag aber Phidon ihnen zuerfl eine bequeme Form gegen ben habe, und deßwegen für den Erfinder berfelben in Griechenland gehalten worden ſey.

*%) Theopomp, ap. Athenaeum VI. q. p. 231. 32. Her, 1.69.

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genden Laͤnder, und zogen fich nachher tiefer in Diejenigen Gegenden. herunter‘, die von Ihnen den Nahmen Aeolis empfingen. Sie erhaufen auf dem feften Sande zwölf Sraͤdte *), welche man bie aften in Vergleichung mit denen nannte, bie nachher auf Tenedos und $esbos er⸗ richtet wurden **), tn a Nice zur Zeit der Ruͤckkehr ber Herafliden in Aſien an. Ueber dieälteften Wanderungen der&riechen find die beiten Schriftſteller mit einander nicht einig. Thukydides fagt ohne Einfhräntung, daß alle Pflanzftädte der Gries qhen in Aſien erſt nach dem trojaniſchen Kriege gegrüms deet worden wären. (1. 12.) Strabo hingegen nennt meh⸗ rere Inſeln und Oerter, ſelbſt in Pamphilien und Ci⸗

licien, die von Argivern oder auch von den Herakliden

vor den trojaniſchen Zeiten beſezt worden. (Man ſehe Vin, 958.59. X1V.983.990.092.) Das leztere bes hauptet er ausdrüdlich von Kos und Halifarnaf. Pau⸗ fanias endlich (VIE, 2.) giebt den Zug der Jonier nach Aſien für den älteften unter allen aus: zween ausges nommen, in deren erfterm Jolaus, ein Bruder Sohn des Herkuleg, die Thespienfer und Athentenfer nach Sardinien’geführr, und in deren zweytem Theras von Theben die Lafedämonier und Minyer, welche Pelasgus aus Lemnos vertrieben hatte, nach der Inſel Kalliſthe gebracht, die nachher den Nahmen Thera erhalten habe. Unftreitig aber find mehrere Städte in Lycien, * Pamphilien und Cilicien gleich nach den trojaniſchen Zeiten von Griechen erbaut worden; die vor Troja ges fochten batren, und an die eben genannten Käften von Afien nerfhlagen wurden. Man fehe Strab, XIV. 984. Her.4. 139: 151. Diefe Städte waren Kuͤmaͤ, Läriffä, Neon Teihos, Tenos, Killä, Notion, Aigiroeßa, Pis tana, Ageaͤ, Myrina, Grynia, Smyrna, welche leztere ihnen aber abgenommen wurde. . 80) Lesbos allein hatte fünf Städte. Diefe wurden die jüns gern genannt, weil die Aeolier vom feften Rande an die - Infeln, und nit von den Iufeln aufs fefte Land ges gangen waren. Her. ib, |

a

ileber den älteften Zuftand von Griechenland. 25

Nicht lange nad) der Niederlaſſung der Aeoller in, Afım, gingen Neleus und andere Söhne des Kodrus, die fi) wegen der Erbfolge nicht vereinigen Ponnten *), mit den Joniern, welche die Achäer verjagt haften, und einem großen Haufen von Ebentheurern aus allen uͤbri⸗ gen Gegenden von Griechenland nach Afien, wo fie eie nen anſehnlichen Strich Landes wegnahmen, und zwölf Städte entweder mit Gewalt eroberten, oder auch von neuem errichteten. **), Sie erfchlugen die Einwohner, die fie vorfanden, ein Gemiſche von Lydiern, Kretern, Pelasgern, $elegern und Kariern, und theilten nicht nur ihre Befizungen, fondern aud) ihre Weiber und Toͤchter als Beute unter fid) aus ***),

B5 Bald

GEBE SORTE

%) Dan fehe Pauf. VII.1s 3. Strab. XIV. 938.

“®) Her. I, 145. & Seript, mod. eit. Herodot glaubt, fie hätten zwoͤlf Städte errichtet, oder befezt, weil bie Jos nier vormals in Peloponnes eben fo viele inne gehabt bitten. Von den zwoͤlf Städten der jonifhen Griechen lagen drey, naͤmlich Milet, die mitternächrlichfte unter allen, Minus und Priene in Karin: ſechs in Lydien: naͤmlich Epheſus, Kolophon, Lebedus, Tess, Klazos mene und Phokaͤa, zu denen Herodot noch Erythra auf der von Lydien herauslaufenden Haibinfel, und bie beys den gegen über liegenden ſchoͤnen Eylande, Chios und Samos, rechnet. Zu diefen zwölf urfprünglich jonifchen

Städten Fam in ber Folge noch Smirna hinzu, mels ches die Kolophonier eroberten, und wit Jonierm befejten. . |

“2, Man fche Herodot, Strabo und Pauſanias an den ans geführten Drten. Der eritere merkt noch an, daß bie kari⸗ ſchen Weiber ſich durch einen Eid verpflichteten, mies mals mit den Männern, die fich ihnen aufgedrungen - hätten, zu fpeifen, oder fie bey ihrem Nahmen zu

4 B rufen, 7:

Pe „Erfie Bu, 0

Bald nnd diefer glüdftichen Unternehmung der jo⸗ niſchen Griechen, machten ſich die Doriſchen aus dem Pes loponnes gleichfalls auf *). Sie bemaͤchtigten ſich ber ſchoͤnen Jaſel Kos und Khodus **), und gingen dar⸗ ‚anf ins fee Sand über, wo. fie Lyndus und Halitarnaß

anlegten.

Alle dieſe griechiſchen Pftanzſt ͤdee führten unter ſich eben bie Regierungsfoem ein, die jur Zeit ihrer Grüns dung im ganzen Mutterlande allgemein war, &ie wähle . ten naͤmlich aus ben Geſchlechtern ihrer Fuͤhrer entweder . einen, oder wenn dieſer Führer und ihrer Familien meh⸗ rere waren, mehrere Koͤnige **), die aber nichts wenks

' = ger

———n rufen, und daß biefer Schwur ber- Mutter noch von on. fnätern Toͤchtern zu ſeiner Zeit gehalten gern

6) XIV, Strab, 965.

us) Der doriſchen Stinte waren eigentlich ache: brey auf Rhodus, Lyndus, Jalybus und Kamirus: eine auf Kos, die mit biefer Infel gleiden Nahmen hatte: und endlich Knidus und Halifarnaß, welche leztere fie aber von ihren gemeinfhaftlichen Feſten und Zuſammenkuͤnf⸗ ten ausfchloffen, weil fie einen yralten gottesdienſtli⸗ chen Gebrauch verlegt hatte. Herod. I. 144.

em) Hrrad. J. 147. Pauf, VIE 1:3, ber die erften Stifter

Ä der joniſchen &tädte, and die Familien, aus melden nachher Koͤnige gemählt wurden, faft alle nennt. Ferner Strabo XIV. 938 und Vell. Patere. I. 129. Die Fami⸗ tie des Androklus, des Gruͤnders won Ephefus, und eines rechtmaͤßigen Sohnes des Kodrus genoß noch lans ge nachher, da die koͤnigliche Gewalt abgefchaft war, außerordentliche Chrenbezeugungen vor ihren übrigen

Mitbürgern. Alle Perſonen aus diefem Gefchlechte batten bey Öffentlihen Zufammenfünften den Vorſiz: ferner, dag Recht, Purpur und einen Koͤnigeſtab a

Ueber ben aͤlteſten Zuftand don Griechenland, 97 |

ger als unumſchraͤnkt, und wie in ben Helbengeften übers haupt nur die eriten Feldherren, Richter und Opferpries- fir ihres Wolfe waren *). Ungeachtet ferner alle Grie⸗ den, bie aug demfelben Stamme entfprımgen waren; gemeinfchaftliche Goͤtter, Tempel, Feſte, Opfer und. gewiffe Derter hatten **), an denen fie ſich zu gewiſſen Zeiten verſamleten; fo machten body weber die jonifchen noch barifchen noch aͤoliſchen Städte jemals, wie Die Ka⸗ tier und Lycier thaten, einen Bund aus, durch welchen: fie in einen einzigen mächtigen Etaatsförper wären ver⸗ einige worden, Sie wählten auch niemals Berfamlungs« pläge, an welden fie entweder beflänbige Abgeordnete aus allen Städten unterhalten, oder wohin fie wenig⸗ fiens zu gewiffen Zeiten Abgefandten geſchickt hätten, um ſich über Angelegenheiten des ganzen Bundes zu beraths ſchlagen. Won den dlteften Seiten an führten daher - Staͤdte, die gleichen Urfprungs waren, mit einander

Krieg, ohne daß ihre übrigen Schwetern ſolche Streitige - |

Feiten zu fehlichten gefucht, oder die fämpfenden Par⸗ oo theyen

T tragen, und beſaßen endlich das ausſchließende Prie⸗ ſterthum der eleuſiniſchen Ceres. Sehr unrecht alſo ſagte Goguet (P. UL. p. Yı1.) baß die joniſchen Städte in Aſien eine republicaniſche Staatsverfaſſung angenom⸗

men haͤtten, weil ein ſolches Regiment zur Zeit ihrer

Erbauung im eigentlichen Griechenlande allgemein ges

‘worben fey. Diefer vortrefliche Gelehrte macht hiere

nen Anachronism von wenigſtens fünfhundert Jahren. Ariſtoteles ſchildert fie fo: IM de Civ. i0. Rubio⸗ de navy TNS TE HATE WoAsaov Nyeuovics, x ray Jucmv, omwı um Fagarınaı. uaı Fgos Faro, Ts dinoss engen, -

©) Flerod. K 144. 148.

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auch auf gewiffe Jahre die höchfte Gewalt zu übergeben.

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theyen ihre Waffen: niederzulegen gezwungen hätten. Eben ſo wenig fam man: einzelnen Städten, wenn fie von Barbaren überfallen wurden, zu Hülfe, um einen gemeinfcyaftlichen Feind mir gemeinfchaftlichen Kräften “zuräczufchlogen. Wenn endlich auch der größte Theil von Stäbten, die zu einerley Mahmen gehörten, in eine zeinen Fällen gemieinfchafttiche Entfchließungen faßte; fo konnte doch eine oder.rinige ſich ganz abfondern, ohne: ſich der geringften Untreue oder. Berrätherey ſchuldig zu machen *). J |

Dieſe aͤlteſte Verfaſſung der griechlſchen Städte wurde, ungewiß in welchen Zeitaltern, wahrſcheinlich aber zwiſchen dem Zeitalter des Homer, und dem An⸗ fange ber Olhmpiaden nicht wenig veraͤndert. Die koͤ⸗ nigliche Gewalt wurde abgeſchaft, und es entſtanden allenthalben Arlſtokratien **), die bald wiederum entwe⸗ der in Despotien, oder auch in eine noch haͤrtere Oligar⸗

/chie uͤbergingen ***), Durch die leztere vorzüglich wur⸗ den alle afiatifch : griechiſche Staͤdte genoͤthigt, ſich ſelbſt unumſchraͤnkte Herren unter dem Nahmen der Aeſymne⸗-⸗

ten zu wählen, und dieſen entweder auf Zeitlebens, oder

Diefe

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*) Diefe Säze werben durch mehrere Facta, die ich in ber Faolge anfuͤhren werde, beftärigt. Man fehe unterdeffen

. De l' &tat &.du fort des Colonies As, p. 228.29. *r) Dergleihen maren in Kolopbon. Arif, de Civ. IV. 4. in 77 Epbefus: Serab. 1. c. in Phokaͤa, deren verjagte Eins wohner ſie, wie befannt ift, in Marfeilfe wieder ers / neuerten. on - ‚CH Dies. wiſſen wir aus dem Benfpiele von Milet, und dem Beugniffe des Ariſtoteles. Strabo XI, 917. r8.

- Ariſt. de Cir. III. 11. |

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Ueber den älteften Iuftand von Griechenland. 29

Diefe Aeſymneten nennt Ariftoteles. Wahldespoten, und er unterſcheidet fie von Tyrannen nieht durch eine befchränfs tere Macht, fondern allein dadurch, daß jene nicht mit widerrechtlicher Gewalt, fondern gefesmäßig und mit dem guten Willen ihrer Mitbürger, die ſich ihnen unterwor- fen hatten , berrfchten, und daß fie ſich felbft durch ben bewafneten Arm ihrer Unterthanen, nicht aber nad) Art der

Tyrannen, durch Wachen und Rotten von Ausländern zu

fchüzen ſuchten *). Solche Aeſymneten fcheinen im Zrite alter ber fieben Weiſen in allen großen Städten regiert zu haben ; wenigſtens trag Pittafus. und wahrſcheinlich auch Kleobulus **) Diefen Nahmen ; und eben dieſe Mäns ner gaben allem Vermuthen nad) den meiften Städten ihre vorige Regierungsferm, eine gemäßigte Ariftokratie, wieder. a E |

_ Unter ber fanften Regierung nun, beren bie gries chifchen Kolonien In ben erften Jahrhunderten nach ihrer- Gründung. in Afien genoffen, und deren wohlthaͤ⸗ tige Einflüffe weder durch innere Unruhen, noch durch auswärtige Kriege geſtoͤrt wurden, nahmen Bevoͤlkerung

und MWohiftend in unglaublich ſchuell fleigenden Graden

zu. Nicht aber bloß Freyheit und Ruhe, -fondern auch bie größere Sruchtbarfeit des Bodens, den fie,bebauten, und die Schönheit und Milde: des Himmels, unter wel⸗ chem fie wohnten, und mit welchem Herodot fein ande res Klima auf der Ihm hefannten Erde zu vergleichen wußte ***), am meiften aber ihre glückliche Sage, wären , J die

*) Ariſt. TE, 10. ıt, . L . * Conyis. Sap, Inter Opp. Plut. Ed, Raifkli T. VI. p. 63. e#®) Her.1, 142.149. Die Aeolier hatten ein fruchtbareres Erd⸗ reich, als bie Jonier, aber ein weniger ſchoͤnes Klima.

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die Urſachen, daß fie bald dle Staaten bes europälfchen Griechenlandes fehr meit hinter ich ließen. Faſt alle " gefechifche Staͤdte, ſowohl auf dem feften Sande Afiens, ‚:al8 auf.den Inſeln, waren unmittelbar an der See er⸗ baut, und hatten die ficherſten und geraͤumigſten Haͤfen vor, und bie reichſten hluͤhendſten Laͤnder, Lydien, Phry⸗ gien und Kappadocien, hinter ſich *). Von dieſen erhiel⸗ ten die joniſchen, doriſchen und aͤeliſchen Sriechen nie hut. mehrere Handwerker, Manufacturen und die An⸗

fänge verſchiedener Kuͤnſte, die ihren europqͤiſchen Bruͤ⸗ dern unbekannt waren, und ihnen ſelbſt unter andern Um- fänten roch lange unbefaunt geblieben wären, jondern fie wurden auch, well fie das ganze Geftade des Meers, die Mündungen der Ströme, und alle ührige Aus und Eingänge befeze hatten, die einzigen ausfchtießenden Abs nehmer der natuͤrlichen und Fünftlichen "Probuere. dieſer . sänder, und die einzigen Zuführer aller Waaren, bie dieſe brauchten, und denen fie nach ihrem Belieben Preife

ſezen konnten. Eine faſt norhwendige Folge aller dieſer Vorthelle war der Eifer, mit welchem die griechiſchen Pflangſtaͤdte ſich gleich nach ihrer Eutſtehung auf Handel und Scyifs fart legten, Man kann zwar die Geſchichte von beyden nicht mehr vollſtaͤndig beſchreilben, noch auch genau die Gtuffen anzeigen, die fie in einer jeden Stadt erreicht Haben; aber fo-viel läßt ſich im: Allgemeinen fagen ; daß bie Jonier, deren Lage allerdings guͤnſtiger, als die der übrigen‘ altauſchen ruchen war * ſrüher und weiter n ediſt 5, IE mt unten be dritte Pre sau ung)

#*) Es läßt ſich Fein anderer als Man a einer vor⸗ | theilhaften tage angeben, warum die Griechen, Ir

‚SI oo. Ueber den älteften Zuſtand von Griechenland. -33

geſchiſt und gehandelt Haben, als bie Dorier obere Aeo⸗ tier *), und daß unter den Joniern fi) wiederum bie Bewohner von Milet, Kolophon, Samos und Phaekaͤa vor allen übrigen durch ihre Thärigfeit und ihren: fü. nen unternebmenden Geiſt ausgezeichnet haben. Die Mileſier erbauten an den Küften des mittelländifchen und ſchwarzen Meers fünf und fiebenzig, oder gar achtzig Pflansftädte **), und fie waren es auch vorzüglich, die, wo nicht früßer, doch unter dem Pſammetichus) feften

Zuß

ſich in Lycien, Pamphilien and Eilicten niebergelaffen

hatten, niemals zu einer fo ausgebreiteteri Handlung,

und bis anf die Zeiten der Römer auch nicht zu einer

ſolchen Cultur gelangt find, als ihre Brüder erreichten,

die füih in Karien und Lydien geſezt hatten. Die er⸗

fiern waren mit lauter armen und räuberifchen Völkern

umgeben, mit denen fie öfter kriegen mußten, nie fie

mit ihnen handeln konnten. | |

*) Unter den doriſchen Griechen thaten fih bie Rhodier,

und unter den Aolifchen die Bewohner von Lesbos, bes

fonderd von Mityine am meiften hervor, (Vergl.

Heyne Tomiment, de Caft, Epachis p. 42. & sg.) Als

fein beyder ihre Schffart und Reicht huͤmer waren doch

viel geringer, als der Handel und Wohlſtand ber gras

Ben joniſchen Städte, Die Stadt Rhodus, die lange

nach dem Zeitalter ber ſieben Weiſen erbaut wurde;

(XıV, 965. Strab.) hatte erſt das Gluͤck, der Hanptfiz

ber griechifihen Handlung, Weltwäishejt und Beredt⸗

famfeit zu werden, als Arhen unddie aſiatiſchen Städte

den größten Theil ihres ehemaligen Glanzes verlohren

hatten. Hievon werde ich zu feiner Zeit umfländlicher. reden:

MR) Das erfte fagt Senee. ad Helviam I, 6.5 das andere

Plinius V.29.

aua) Fruͤher als die Regierung bes Pſammetichus kann man

eine daurende Bekanntſchaft der aſiatiſchen Griechen mir

| E | ben

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an Erfſtes Su.

Fuß in Aegypten faßten, bie ferner ben übrigen aͤfiati.

fchen Griechen den Eingang: in diefes Sand oͤfneten, und

‚unter dem eben genannten Könige. fowohl als. unter dem Amaſis die einzige. Handelsftadt Aeghptens, und viele * andere Factoreyen errichteten *). Kolophon wurde noch ‚vor dem Gyges, der im erften Jahre der fünf und zwan⸗ zigſten Olympiade flarb, fo reich, daß die begüterten

Bürger den bey weitem größern Theil ihrer Einwohner ausmachten **), Die Samier ſchiften zuerſt nach Spa»

nien, und diefen ahmten bald die Phofäer nach, von

welchen lestern Herodot noch ſagt, daß fie unter den Grie⸗

‚chen zuerft lange, ober geräumige zu weiten Seereifen

geſchickte Kauffartheyſchiffe gebaut hätten ***),

So natuͤrlich e8 war, daß die bortheilhafte Sage der griechiſch⸗ afiatifchen, befonders ber jonifchen Städte, .

Handlung und, Sdiffart veranlaßten; eben fo natürlich folgten auf beyde Vermehrung von Reichthuͤmern und Kräften, und Erfindung oder Vervollkommung "von

Handwerkern, Manufacturen, Künften und Wiffene

ſchaften. Die Mache und Tapferkeit von Milet und Kolo⸗

den Aegyptiern wohl nicht anſezen. Die Jonier und Karier, die dem Pſammetichus nachher ſo große Dienſte leiſteten, und ſo koͤniglich von ihm belohnt wurden, ſtiegen nicht vorſezlich, ſondern durch Noth gezwungen, ans aͤgyptiſche Ufer aus; ſie raubten und pluͤnderten bier, wie anderswo, und waren, wie aus der Erzaͤh⸗ lung des Herodots erhellt, den —* eine ganz

neue Erſcheinung.

%) 152.547 178. Il. | |

*) Ariſt. de Civ. V. 4..

%*) Her, IV. 152. Man fehe Heynli Comment, fec. de Caſt. Epochis p. 61. it. Her. 1. 163. |

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Lieber den älteften Zuſtand von Griechenland. 33

Kolophon waren ſo groß, daß ſie zu Spruͤchwoͤrtern An⸗ laß gaben *), die noch lange nach der Zerſtoͤhrung oder dem Verfall beyder Staͤdte fortdauerten. Die Mileſier behaupteten ihre Frer heit und Unabhaͤngigkeit waͤhrend eines Zeitraums von anderthalb Jahrhunderten gegen die Angriffe der maͤchtigſten lydiſchen Koͤnige; und unge⸗ achtet **) oft viele Jahre hinter einander ihre Felder ver⸗ wuͤſtet, ihre Fruchtbaͤume abgehauen, und ihre Heerden weggetrieben wurden, fo blieben fie body unbezwingbar, weil ihre Stade die Königinn des Meers war, und durch Ihren Handel ſich leicht alles Nothwendige verſchaffte, und allen Schaden wieder erfeste, Kolophon entriß den Aeollern das (höhe Smyrna, und wehrte ſich eine Zeit, lang gegen den Ipdifchen Gyges; allein fie unterlag end» lih, wie Smyrna und Priene diefem Könige oder ſei⸗ nem zweyten Nachfolger, von welcher Zerſtoͤhrung aber eben diefe Städte, Smorna ausgenommen ?*9), ſich bald müffen erhohle haben, Kroͤſus mar der erfte, der die afiatifchen Griechen alle überwältigte +), und das ange Vorderaſien bis an den Halys beherrſchte ++). in on

*) Man ſehe über die Viieſera Athen, XII. 523. Ariſtoph. Plut. 1002. T&Adı TOT’ nooev MAXI ME MIANTIO z und über die Kolophonier XIV. 952. Strab, Die Keus terey ber Kolophonier war fo berühmt und tapfer, baß fe allenthalben, wo fie ſich zeigte, den Sieg entſchied - 808 (fat: Strabo hinzu) KO TV MRORRSILIOEN exdo- vaı Tmw AsyBoav, rev KoAoDava erreönner, u ja ı TeAos enresn Beßasov To meaynerı. eu) —8* blieb nad ber Zerſtdrung durch die Lydier vier hundert Jahre wuͤſte. Sırab, XV. 956... _

h 6 tt) Serab. XIV. 1068.

- j !

194 u Erſtes Buche

Bon den Manufacturen , welche. bie aſtatiſchen Griechen mit der allmaͤligen Erweiterung ihres Handels entweder, erfunden eber vervollkommt haben, ſchweige Ich, da wir zu wenig umfländliche Nachrichten von ihnen has ben, und das, mas uns davon in alten Schriftſtellern aufbehöften ift, von Goguet vollfiänbig ift gefamlet wor⸗

den. Von dem Fortgange der Kunſt aber will Id) die.

merkwuͤrdigſten Data, die ſich im Herodot, Plinius und Paufanias finden , kurz zufammen faſſen, teils um zur

Erflärung des Urfprungs, ber Wiſſenſchaften vorzuberei⸗ ‚ten, theils um die Bewunderer der aſiatlſchen und afria

canifchen Nationen zu überzeugen, wie wenig die afiatia

ſchen Griechen den’auf ihr höheres Alterthum fo flolgen

Barbaren, und wie viel hingegen das europaͤiſche Gries chenland feinen’ Pflanzftädten zu verdanken hatte, wie nas

ruͤrlich es endlich fey, daß einige Künfte gleich nach ber

ſiebenzigſten, andere nach der achtzigfken, und noch an⸗

dere nach der neunzigſten Olympiade in. Sicilien und

Arhen den hoͤchſten Grad ihrer Vortreflichkeit erſtiegen. Die afiatifchen, vorzüglich aber die joniſchen Gries

chen erſchufen die ſchoͤnen Kuͤnſte entweder aus mehr oder

weniger plumpen Handwerken, oder fie zogen fie auch

-

ohne alle Mufter und Vorbilder aus ihrem eigenen, durch . alle Arten günftiger Einflüffe befruchteten, Sende hervor,

Das erfte kann mah von der Muſik, der Plaftif, der

Kunft Metalle zu verarbeiten : das andere von ber

Eculptur in Marmor, von der Mahlerey und Baufunft behanpten. Daß die Griechen ihre Muſik von den Ly⸗ diern und Phrygiern erhalten Haben, ift fihon oben bes merkt worden; daß fie aber auch eben biefe phrugifthe und lydiſche Muſik veredelt haben, müßte man, wenn

en nn es

Ueber ben älteften Zuftand non Griechenland. 35

es auch nicht durch . ältere MWeberlieferungen beftärige würbe *), allein aus der großen Zahl nicht nur In ihrem Zeitalter, fondern auch in aflen nächftfolgenden Jahr⸗ hunderten "bewunberter Dichter fchließen , die unter den Kesierungen der beyden Testen Indifchen Könige, oder auch Eurz vorher und nachher fangen, Die Plaſtik er fanden die Griechen eben ſo wenig als bie Mufif, und esiftzuverläfftg falsch, was Plinius ſagt, daß Rhoekus und Theodor von Samos bie erften Bildner geweſen feyen, ungeachtet ich ihm gerne zugebe, daß man Werfe aus Thon fchon lange vor der Vertreibung der Bartiaden aus Korinth im Vaterlande des Pythagoras gearbeitet Habe**), Die eben genannten Meifter iebten zu einer Zeit, we viel ſchwerere Künfte ſchon fehr ausgebilber waren, und olfo eine der leichteften und einfachiten niche erft entdecke werben konnte. Die erften rohen Bildneteyen empfingen die Sriechen entweder von ben Flüchtlingen aus Afien und Yegnpten , die ſich unter ihnen niederließen, oder fie fan⸗ den fie auch ben ihrer Ankunft in Afien unter den Lydiern und Phrygiern vor. Sie ahmten alfo anfangs nad), hohlten aber ihre Vorgänger batd ein, wie’ man zwar nicht aus der Vergleichung der Werfe diefer Völker, die fon zu Plinli Zeiten untergegangen waren, aber doch baraus abnehmen kann, daß die Geſchichte die Nahmen beruͤhmter griechifcher Plaften aufgezeichnet, und binges gen Das Andenken von. feinem einzigen lydiſchen oder phry⸗ giſchen Künftler erhalten hat, Noch entſcheidender laͤßt es ſich darthun daß die aſiatiſchen Griechen nicht nue C2 Ihre

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*) Plin. VII. 86, ' #6) XXXV. 12.

7

36 eme Buch. we.

. ihre nächfler Nachbaren, ſondern auch die Phoͤnlcler in

kuͤnſtlichen Arbeiten aus Erz und edlen Metallen ſehr weit übertroffen haben. Die beyden lezten lydiſchen Koͤnige ließen die koſtbaren Geſchenke, bie fie aus einer Miſchung von, Andacht und Eitelkeit dem Apoll zu Delphi ſchickten, nicht von ihren eigenen Untertbanen , nidyt von. Phönis ciern, fondern von griechifchen Meiſtern verfertigen, ungee achtet fie fonft die aſiatiſchen Griechen mit unverföhnlicher Feindſchaft verfolgten. Ein prächtiges filbernes Geſchirr,

mas Alyattes verehrte, und eine eiferne Unterſchaale, die

Herodot zu den fehenswürbigen Kleinodien bes griechifchen Gottes rechnete, waren von einem Chier Ölaufus verfer⸗ tige, der, wie Herodot fage, unter allen Sterblichen die Kunſt, das Eifen zu loͤten, zuerft erfunden hatte *). Ein anderer filberner Krater, von einen ungeheuren Umfange, das fchönfte Geſchenk, was Kröfus nadı Del phi geſchickt Hatte, war, wie bie Diener des Apoll ver, fiherten, ein Werk des Samier Theoborus, und Heros dot glaubte ihnen, weil es ein auferordentlichen Kunſt⸗ ſtuͤck geweſen fen **), Der joniſche Geſchichtſchreiber alſo, der die beſten Arbeiten in dieſer Art ſowol in A gyyten als Phoͤnicien und in Vorderaſien geſehen hatte fand ſelbſt in der ungewoͤhnlichen Kunſt, die aus dem © fchenfe des Kroͤſus bervorleuchtere, einen Grund, waru das leztere von feinem andern als einem " griechifchen Kuͤnſtler herruͤhren fönne **), . ‚Eben diefer Theod war der Arbeiter des berüpmten Ringes des Tyrann

Pol

Leber den älteften Zuſtand von Griechenland. 37

Polykrates, der noch zu Auguſts und Plinli Zeiten mie ben fibönften ähnlichen Kunſtwerken um den Vorzug ſtritt *. Faͤlſchlich aber werden er und Rhoekus für bie erſten Ploften und Arbeiter in Erz ausgegeben **). Viel glaublicyer ift es, daß fie in Bildungen aus Thon, und in Statüen aus Erz alle vorhergehenden Kuͤnſtler fo ſehr verdunkelt haben, daß man von ihnen die’ Epoche der ſchoͤnen Kunft anfing ***), | Nicht bloß von den Griechen veredelte, fonbern ſelbſt erfundene und ihnen ganz eigenehümliche Künfte, fcheinen die Sculptur in Marmor, die fchöne Baukunſt und Mahleren gewefen zu feyn. Die benden erfiern ſtei⸗ gen bis an den Anfang'sder garbis über die Olympia⸗ den hinauf, die Seulptur in Marmor wurde zuerft in Ehios erfunden, bald nachher aber auch in andern In⸗ Ä 3 feln

©) Paufan. VIII, 140. 629. Plin. XXXVII. 1. ©) Plin. XXXV. ı2. & Pauſan. |, e, | a), Daß man lange vor dem Rhoekus und Theodor Finflliche Arbeiten aus Erz verfertiget babe, läßt fich anf unmis berfprechlichften aus den beyden Thalamis beweifen, die Myron, König in Sikyon, Furz nach ber drey und drepßigften Olympiade nah Olympia gefchenft hatte, und wovon der eine in borifcher, der andere in jonis fher Manier verfertigt war. (Paufan, VI. ı9. p, 497.) Gleich nach dem. Rhoekus und Theodor aber muß bie Kunft, Erz und edle Metalle zu bearbeiten, mit ſchnel⸗ len Schritten fortgegangen und vollendet worden feyn. Denn die Werke, die zwiſchen ber fiebenzigften und achtzigſten Diympiabe von Onakas (Pauf, VII, 42. «, 637. p.) und andern Künftlern, beſonders für die Koͤ⸗ nige und Städte in Sicilien, vwerfertigt wurden, bes haupteten ftets den Ruhm ber hoͤchſten Vortreflichkeit. Ih werde unten, wo es nöthig feyn wird, auf biefe Bemerkung wieder aufmerkſam machen. |

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BB. Er. Buß,

_

ſeln und Stadten getrieben; und Dipdnus und Stylis

aus Kreta.maren die erften, die um die funfzigfte Olym⸗

plade ihre Kunft auch im eigentlichen Griechenland zeige ten, und befonders für Sifyon mehrere Bildfäufen von

Göttern machten *). Ohngefaͤhr ein halbes Jahrhun⸗

dert fpäter blühten Bupalus und Anthermus aus Chios, und fuͤllten die berühmteften griechifchem Stäbte in Afien und Europa mit ihren Werfen an. Sie arbeiteten fo

vortreflich, daß ihre aus -parifchen Marmor verferrigte - Etatiien noch im Zeltalter des Auguft vorzüglich geſchaͤzt,

und von dieſem erften Beberrfcher ber Römer neben den größten Meiſterſtuͤcken aus -ben beſten Zeiten der Kunſt aufgeſtellt wurden **), :

Won gleichem oder noch höherm Alter, als bie Ecu'ptur,.war die Baukunſt in. Kleinafien , welcye die Bricchen weder von den !nbiern, noch Phöniciern , noch Aegyptiern gelernt hatten noch lernen konnten. Uns ter Diefen eben genannten Voͤlkern bauten die Aegyptier am fühnften und dauerhafteften , und eben daher brauchte Kambyſes, als er Suſa und Ekbatana verfchönern wokl⸗ te, nicht phoͤniciſche, ſondern aͤgyptiſche Baumeiſter; allein unter allen Denfmälern Aegyptens trifft man nicht die geringfte Spur von griechiſchen Säulenorbnungen , geiechifcher Einfalt, Regelmaͤßigkeit und Schönheit

an?**), Wenn aber auch die Architektur ber Aeguprier

vollfommner., oder der Briechlfchen ähnlicher geweſen wäre, als man nad Ihren Reſten, und den uͤbereinſtim⸗ menden

!

*) Plin. XXXVL, 4, J

°s) Plin. le. e. 6. und Pauf, IV. 20. . “) Gogu, I 1, 127. U. 1. 3 u i

-

Ueber den älteften Zuſtand von Griechenland, 9

menden. Urtheilen der Kenner glauben fann ; fo mürde man doch Die Jonier und Dorier fuͤr die Erfinder ber ib» tigen halten muͤſſen, weil das, was die Baufunft ber

leztern von. der erftern unterfcheidet, lange vorher befannt- -

und eingeführt war, ehe bende Völker mit einander in eis nige Verbindung kamen *). Die Eäulenordnungen find fo alt, daß man die Zeit, wann fie zuerft gebraucht worden, und ihre Entdecker in Griechenland nicht mehr angeben Fonnte. Später erfand man die Kunſt, den Marmor auch zur Verzierung der Böden, Dächer und Mände großer Gebäude anzuwenden. Erſt unter den Regierungen bes Alyattes von Lydien, und des Kyara⸗ res von Medien lehrte Byzas von Nayos die Griechen, Marmorblöde in Ziegelplatten zu zerlegen: eine Entde⸗ dung, die ben Zeitgenoffen diefes Mannes fo wichtig ſchien, Daß fie feinen Nahmen durch Ehrenfäulen und In⸗ fihriften zu veremigen fuchten **). Unter allen Künften aber iſt die Mahlerey diejenige, über deren Erfinder und Alterchum die größten und fleißigften Forfcher unter den Griechen am wenigſten mit einander einig waren, und

008.4 | | “über

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*, Die Lydier waren gewiß nicht die Lehrer der + Griechen in der Baukunſt. Des reiche und Üppige Sardes, das erſt nach den trojanifchen Zeiten erbaut‘ war (Streb, XII. 928.) befand noch unter der. Regierung des Das

rius Hyſtaspis größtentheils aus Käufern, die aus Leim, ,

und Rohr zufaimmerngefezt waren, und die wenigen, die ınan aus gebackenen Steinen aufgeführt harte, hats

. ten bob noch Strohdaͤcher. Eben daher brannte biefe Stadt fo fehnell ab, als zur Zeit ihrer Eroberung durch die Jonier von ungefähr öeuer auskam. V. idi. Herod.)

") V. io. 398. Pauſan.

2

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40 m Erſtes Buch.

über welche Plinlus die widerſprechendſten Nachrichten, wie die entgegengefezteften Urrheile aufgezeichnet hat *). . Man wuſte nicht, ‚ob die erften. Mahler Aegyptier oder Spdler , ober. afiatifche oder europaͤiſche Griechen geweien waͤren; und doch erzählte man mit ber genaueften Um⸗ ſtaͤndlichkeit die verfchledenen Stuffen des Vollkommenheit, welche. diefe Kunft in · Griechenland durchgegangen war. Man nannte die Nahmen derjenigen, die zuerſt nur die Umriſſe von Koͤrpern gezeichnet, die nachher eine einzige Farbe gebraucht, die noch ſpaͤter beyde Geſchlechter unter⸗ ſchieden, die Ausdruck in Geſichter und Bewegungen der Gliedmaßen gelegt, und endlich Licht und Schatten

in ihre Gemälde hineingebracht hatten-**), Wenn man - die Zeugniffe bes Plinius nicht ganz verwirft,, fo feheinen

bie erften Anfänge ver Mahlerey, in fo ferne fie von Zei⸗ ehenfunft unterſchieden iſt, den Griechen eigenthuͤmlich, und nicht weit von benen ber Baukunſt und Sculptur In Marmer entfernt, aber ihre Fortgänge viel langſamer, als die der übrigen Kuͤnſte geweſen zu ſeyn. Denn Pa- näus, ein Bruder des Phidias, war der erſte, der zu eie ner Zeit, als die Baufunft und Eculptur ihrer größten

‚Höhe nahe gefommen waren , Perfonen nach dem Leben, oder Porträte fchilderte, Ungleublic iſt es, was Pli⸗

nius

tun I US U] Sl m 7 \ 7)

°) VII. 56. xxxv. 2.8.9.

n) Eben dieſo Nachrichten beweifen wenigſtens, daß, wenn

auch die aſiatiſchen Griechen die eigentliche Mahlerey

. von irgend einem andern Volke erhalten haben, fie doch

eben biefe Kunſt in einer ſolchen Unvollkommenheit eıns

pfangen haben müffen, daß bie elenden Pinfeleyen,

bergleihen ‚die Griechen zuerfi nachahmeten, nicht einmal ben Nehmen von Kunſtwerken verdienten.

Lieber den älteffen Zuftand von Griechenland. 41

nius mit großer Zuverſicht erzählt, daß Kandaules, Kö:

nig in Lodien, ein Gemälde bes Bularch mit Golde aufs -

gemogen habe *).,

Daß nun in fo reichen, blühenden und mächtigen Städten , als die griechifchen Colonien in Afıen waren, ſelche Männer, als wofür man die fogenannten Weifen

halten muß, in bem Zeitalter, in welchem fie wirklich

lebten, entftanben , ift meinem Urtheile nad) weniger zu verwundern, als daß fie fich nicht viel eher gezeigt haben, Wenn man von den griechiſchen Weifen ſich eine rich⸗ tige Vorftellung machen will; fo muß man fie ſich als Männer denfen ‚die mit großen Anlagen des Geiftes und Herzens eine durch vieljährige Erfahrung reif ge⸗ wordene Klugheit, und alle nüzliche Kenntniſſe der da⸗ maligen Zeit’verelnigten, die eben Diefer außerordentlichen

angebohrnen und erworbenen Worzüge wegen, in den,

michtigften Angelegenheiten um Rath gefragt, zu ben größten öffentlichen Geſchaͤften gebraucht, und entweder su Gefandten,, ober Heerführern, oder Befesgebern, ober Häuptern von Staaten erwählt wurden, die endlich ihre Mitbürger nicht bloß durch heilſame Rathſchlaͤge und Ans orbnungen, fondern audy durch faßliche Gedichte, und kurze Eräftige Sprüche zu beffern fuchten, und die nun um bie fee mannigfaltigen Verdienſte willen von ber Dankbar⸗ keit und Ehrfurcht” ihrer Zeitgenoffen ben Ehreunamen der Weiſen empfingen, |

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*) Quid? quod in confeſſo perinde oſt, Bularchil piao- ris tsbulam , in qua erat Megnetum praellum, s Can- daule rege Lydiae‘ Hersclidasum novifimo, qui &

Mytſilus vocitstus et, repenfam auro; tanta jam di-

gnatio pläure erat,

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a | Erſtes Buch.

Wenn auch nicht alle oder ‚der größte Zoe der | griechifcjen Weiſen Dichter waren , wie neuere Gefchichte ſchreiber berichten *), fo muß man fie doch gewiß ohne Ausnahmeẽ für große Stastsmänner erfenrien, zu deren Rechtſchaffenheit, Muth und Klugheit man in den ge fägrtichften Zeitläuften, und am meiften alsdann feine Zus fluche nahm , wenn zerrüttete und aus einander gefallene Städte wieder herzufteflen, und in Ordnung zu bringen waren, Um dleſes ju beweifen, bat man nicht einmaf noͤthig, ſich auf die Urtheife ber größten Schriftfteller des Alterthums zu berufen, in’ welchen bie griechiſchen Wei⸗ fen Hauptet von Staaten, oder kiuge vorherſehende Ge⸗ | | ſezge ·

* Wenn. man dem Diogenes und Athenaͤus trauen wollte; - fo hätten außer dem Solon alle übrige Weifen, Thale, Pittafus (I. 79. Ath, X. 7. 427. p.) Bias (Diog. I. ge.) Periander (db. 97. f. Athen, XIV. 8.) Kleobulus (S. 89.) und Chilon (8. 64.) Gedichte meiiteng in eles giſchen Versarten hinterlaffen, und ben Pittakus würde man fogar für dem erften profaif politifchen Schrift: ſteller halten müffen.: So wenig unglaublich ed aber auch an firh ift, daß die übrigen Weifen gleich dem Solon gefungen haben ; fo fehr zweifle ich doch, daß fie, den athenienſiſchen Gefezgeber ausgenommen, ihre Mitbürger durch Gedichte unterrichtet haben. Weder Plato noch Ariftoteles noch irgend ein anderer -alter Schriftſteller vor dem Plutarch führte Derfe der übris gen griedifhen Weiſen, und auch dieſer ein. Wer bes Thales mit großer Ungemwißheit an. In ben Zragmens ten bes Bias, die beym Diogenes ſtehen, finder ſich

= Fein joniſcher Dialekt, und der Inhalt der Elegien bier fes Drankes „in melden er die Gluͤckſeligkeit Ioniens

| gepriefen haben foll, freitet mit dem Rath deſſelben, \ ben Bene, gieich nachher aus dem Herodot erzählen werde, |

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-

Ueber den älteften Zuſtand von Griechenland. 43

ſezgebende Männer ‚genannte werben*); fonbern man kann von einem jeden, ber den. Weifen zugrzählt wurde, Taten und Facta anführen, Die von ifrem Eifer für das Befte ihres Waterlandes, : und ihrer Erfahrerheir in afentlichen Sefchäften zeugen. Pittakus, Solon, Kleo⸗ bulus und Periander waren entweder Geſezgeber, oder Heerfuͤhrer, oder Vorſteher und Beherrſcher ihrer Vater⸗ ſtaͤtte *X). Chilon bekleldete das Amt eines Ephorus in: Sparta, und wurde wegen feiner Vorherſehungskraft, oder feines politifchen Weißagungsgeiftes bewundert ***), - Dom TIhales und Bias wiffen wir zwar nicht, ob fie df fentliche Würden getragen haben; aber von beyden dit es gewiß, daß fie Rathgeber von Völkern und Koͤnigen

u | ‚waren,

t .

%) Cie. de Or. 111. 34. fed ut ad Graeco« teferam oratio- nem ſeptem fuiffe dieuntur uno tompore, qui ſa- pientes & haberentur & vocarentur. Hi omner, praeter Milefium Thalem, eivitatibus fuls praefue- zunt. Diescareh. ap. Diog. I. 40. © de Aınaıze=

: Xos are aoDas. (Ueber diefes Wort werde ich mich in.ber Folge erklären) are DiAoccDes Daciw au- TES VVoveves, GUVETES DE TIVES UL VOMODETIV.ES. Plntarh vom Solon: (Opp. I. 319. Ed. Relsk.) OsrosoQßıas de r& nIme parısa Te MokıTtınov, —R8 0 mAeıs0ı Toy ToTs Duν Nyaznoa..

. and im Leben des Themiftoffes (ib. p. 440.) von eis

‚nem Müefiphilus , mit dem der griechiſche Held Umgang’ gehabt habe: TyVv naAspevnv voDiav, 80V de dewornra m0- .Aurınnv os deusmeiov ewvecw, enırndeunz me. TromuevE.

0) Ari, de Civ. III. 10. Ding. I, 74. Steab, 1. (up, eit. u

***) Diog, 1, 68. 71. Herod.'I. s9. Vil.239,

44 Erſtes Buch. waren. Der leztere hielt den Kroͤſus von einem Sen

Priege wider die griechifchen Inſelbewohner zurück, und that bey den Einbröchen der Perfer den Joniern den

Vorſchlag, den Herodot als fehr weiſe pries, ihre Staͤdte

in Aſien zu verlaſſen, und nach Sardinien zu ziehen *) Lange vorher hatte Thales Die Jonier zu bewegen gefudtt, in einen großen Bund. sufammen zu treten, und in Teos,

das ohrgefähr von allen joniſchen Städten gleich weit ent⸗

fernt ſey, einen gemeinfchaftlicheh Rath zu verfamlen **). . Eben diefer. Weife begleitete den Kröfus auf feinem Zuge wider die Perſer, und führte bas lydiſche Heer trockenen Fußes durch den Halys, ben er abgeleitet hatte nor),

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2*6) i. 170. Her.. ***) Aus dieſem Facto kaun man bie Nachricht eines Uns genannten beym Diogenes (I. 25.) wiberlegen: daß " Ahales die Mileſier won der Verbindung mit dem Kroͤ⸗ fus abgezogen, und zu einem Bündniffe mit dem Ky⸗ rus bewegt habe. Milet war allerdings bie eingige jo⸗ niſche Stadt, "bie fih zum Kyrus vor feinem” Siege u'ͤber den Kröfus flug; allein Thales kann die Urfache dieſes Entfchluffes micht gewefen ſeyn, weil er fich fonft

ſchwerlich in das Heer des Iydiſchen Koͤniges wiirde gerungt

haben. (Her. 1.79.& 169.) Aus diefer legten Nachricht, wie aus ben im Texte angeführten Zeugniffen des Hr: rodot, kann man ferner beweifen, daß, wenn Thales auch ein von Öffentlichen Geſchaͤften entferntes Leben ge:

führt hätte, er füch doc feinen Mitbärgern und Zeitger noffen nicht ganz entzogen, noch auch ber Betrachtung _ ber Natur allein gewidmer habe, wie Heraflides ers zählte. (1. 25. Dieg.). Diefer Schriftffeller wurde auf feine Meinung wahrſcheinlich durch das Maͤhrchen gelei:

tet, was fi ſchon im Plato findet (Thoaot. p. 81. Bd.

Bat.) daß nämlich Thales vor gar zu aufmert ſamer Bes | ſaauuns

* °

Leber den älteften Zuſtand von Griechenfand. 45 So entfernt es auch von den Sitten und Sewohn⸗ heiten unferer Zeit ift,. daß Regierer und Ordner ganzer

Staaten neben Dichtern die einzigen «und erfien Volkes 0 leh⸗

[RU [7

fhauung des Himmels nicht das gefehen habe, was ihm vor den Füßen lag, und eben daher in eine Örube ges ‚fallen, und von einer barbariſchen Sclavinn ausgelacht worden fey ; oder er ſchoͤpfte fie auch aus einer Stelle des Ariſtoteles, wo es beißt, daß man ben Thales, Anasagoras und andere zwar für weife, aber nicht fir kluge Männer halte, indem fie ben allen den bewuns deruswürbigen göttlichen Kenntniſſen, die fie befeffen, dennoch nicht ihre eigene Vortheile verftanden, und fich um menfhliche Guͤter befümmert harten (VI. 7. Ethie.) Diefen berühmten 'Schriftftelleen folgte allem Vermu⸗ then nad Cicero, wenn er ben Thales aus ver Zahl der Weifen , bie Häupter ihrer Vaterſtaͤdte gewefen wären, gleichſam heraus bob.

Sch muß hier noch einer Stelle des Plato Ermähnnng thun, in welcher er allen-übrigen alten Schriftftellern widerfpricht, ober zu widerfprechen ſcheint. Er. ſagt nämlich (p. 345. is Hipp. me}. Ed, Bafil,) daß alle, -

- oder hoch die meiften Männer, die wegen ihrer Weiss . beit berühmt gewefen, von Thales, Bias und Pittakus an bis auf den Anaxagoras herunter fich von öffentlichen Geſchaͤften enthalten hätten. Wenn Plato diefis in allem Ernte behauptete, fo kann man ihn eben ſo zus verſichtlich eines Irrthums befchuldigen, als wenn er im eriten Buche feiner Gefeze den Epimenides .nye zehn Jahre vor dein erften Einfalle ber Perfer, aljo im Unfange der fiebenzigften Olympiade nah Athen foms men läßt. Allein man muß annehmen, baß Plato bier wie an vielen andern Stellen, wo er den Sokra⸗ tes mit den Sophiften redend einführt, oft nur deßwe⸗ gen den erfien von der Wahrheit abweichen, und aus feinem eigenen Sharafter heraus treten läßt, um bie leztern defto mehr in Verlegenheit zu fegen. Indem er diefe Abficht zu erreichen ſucht, nimmt er fich felbft nicht genug vor Widerfprüchen in Acht. Denn in eben N.’ . dem

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46 Ef Buch. \ / | lehrer waren, ſo auffallend es ſerner manchen, die nur ihr eigenes, oder den ihrigen aͤhnliche Zeitalter kannten, geweſen iſt, daß man jemals durch ſolche Sprüche *), J a | B bder⸗

beim Geſpraͤche, in welchem er die aͤlteſten Weiſen Gries henfandes zu müffigen Unterfuchern macht, um den

Sophiſten zu zeigen, daß fie denfelben unaͤhnlich ſeyen, trägt er dur den Mund des Spfrates die Meynung vor: daß die Kunft des Sophiften viel älter fey, als fie felbft glanbten, und daß fie von undenklichen Zeiten ber in Kreta und Sparte geblüht habe, Diefe Bes hauptung fieht der erfiern fihnurftrads entgegen, und

iſt auch nach der firengiten Auslegung eben fo wenig wahr, alsbiefe. . :

*), Wenn man bie Spruͤche aufmerkſam unterſucht, did vom

Plato, (in Prot. 1, e.) Ariſtoteles (II. 21. Rhet.) Dioge⸗ nes(im erſtenBuche)dem Verfaſſer des Gaſtmals der ſieben Weiſen, Vom Demetrius Phalereus (Ap. Stob, in Sera. p 44.45.) Soſwides (p. 47. ib.) undStobaͤus (p. 268.) endlich vom Auſonius in feinem Ludus feptem fapien-- tum den griehifhen Werfen zugeeignet werden, fo ſieht man bald, daß faſt ein jeder merkwuͤrdiger Denk⸗ fpruch einem jeden Weifen zugefchricben worden, daß

die Griechen in fpätern Zeiten felbft nicht mehr gewuſt

haben, welche und wie viele einem jeden zugehoͤrten,

und daß beſonders in den Samlungen derſelben beym

Soſwides, Diogenes, Stobaͤus, Auſonius und dem -

Verſaſſer des Gaſtmals der ſieben Weiſen viele unter⸗

geſchoben find. Es iſt und izo unmoͤglich, die Aecht⸗

heit oder Untergeſchobenheit eines jeden Spruchs ‚zu ‚beweifen, und wenn man es auch Eiunte, fo würde es fi nit ber Mühe verlohnen. Man kann aber doch, glaube ich, diejenigen noch am erften für alt und ächt halten, die. wir vom Plate, Ariftoteles und Des metrius Phalereus angeführt finden. Diefe find alle ſehr einfaͤlrig und beftchen meiftens nur aus zweyen oder drey Wörtern, da hingegen viele bey den übrigen Schrifts ſtellern kuͤnſtlicher und weitlänftiger find. 2Benn man

I | | biefe

J

Ueber ben aͤlteſten Zuffand von Griechenland. 47 -

dergleichen die ber griechifchen Welfen find, den Nahmen von Weifen habe verdienen fönnen ; fo vollfommen anges meſſen war der Unterricht der griechiſchen Weiſen ben Beduͤrfniſſen ihrer Zeitgenoffen, und nicht weniger würs dig der Thaten, die fie gethan, der Würden die fie bes leidet, und des Chrentitels, den fie erhalten haben. Die griechifchen Weifen lebten in Staaten, in welchen nies mand weder buch Erbrecht, noch angebohrnen Abel, noch and; durch größere von beffern Vorfahren er _ worbene Reichthuͤmer zum Heer» oder Volfsführer erhoa ben wurde, fondern. in welchen man nur allein durch überwiegende Geiftesfräfte, erhabene Tugenden, und hervorftechende Verdienſte zu den hoͤchſten Ehrenflellen Inaufbringen, und: es als eine Regel ohne Ausnahme an« fehen konnte, daß diejenigen, die mit dem freven Wil fen des Volks an ber Spije deffelben fanden, diefer ih⸗ rer Stelle auch allemal durch die Groͤße ihres Gelſtes und Herzens werth waren, Wenn man alſo zu einem ſol⸗

—— —.

dieſe wahrſcheinlich nicht erdichtete Spruͤche der griechi⸗ Then Weiſen dazu genuzt bat, daß man die wahre Bes ſchaffenheit des Unterrichts der Älteften Zeit, und ber Kehren der größten Staatsmaͤnner hat Fennen lernen; fo glaube ich nicht, daß man ſonſt noch beträchtliche Vortheile daraus ziehen koͤnne. ie find alle zu uns beftimint und zu allgemein, oder auch zu vielen Miß—⸗ dentungen und unrichtigen Anmendungen ausgeſezt, als daß man fie als heilfame Lebensregein empfehlen oder brauchen Fönnte. Dieſe Unbeſtimmtheit, vder Niels beutigfeit, ober felbft auch Unrichtigfeit, derfelben fiel ſchon mehrern fharfiinnigen Wel heilen bes Alterthums auf, und einige diefer Sprüche wurden daher and) alg falfche Bemerfungen oder irreführende Rathfchläge ber ftritten, (Man fehe den Ariftor. 1, e.)

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48. Erſtes Bud. ſolchen Anfehen gelange, dergleichen die griechifchen Wei, - fen erhielten, fo mufle man feinen Mitbürgern mehr als

andere gedient, den Menfchen mehr als andere betrach⸗ tet, und über den Werth oder Unwerth von Dingen, und. die guten ober ſchllmmen Folgen von Handlungen

Häufiger'als andere nachgedacht haben. ‘Die griedjifchen

Weiſen waren daher au in ihrem Zeitalter am meiften geſchickt, weniger erfahrne und geübte Menfchen zu un terrichten, und nicht bloß am meiſten geſchickt, ſondern ſie muſten auch vor allen andern geneigt dazu ſeyn. Denn

man mag annehmen, daß unelgennuͤzige Vaterlandsliebe,

oder Ehrgeiz und Ruhmbegierde, ober irgend eine andere feibftfüchtige Leidenſchaft, fie angetrieben Habe, fich als Geſezgeber, Magiftratsperfonen, und Heerführer um Ihre

- Mitbürger verdient zu machen; fo mufte fie eben diefer

Parriotismus, eben diefe Ruhmſucht und Eigennüzigfeit

aud) antreiben, ihre vorzüglichen Kenntniſſe dazu anzu⸗ . wenden, entweder um Ihren Zeitgenoffen eine defto groͤ Bere Ehrfurhht gegen ſich ſelbſt einzufloͤßen, oder ſie auch

zu beſſern und gluͤcklichern Menſchen zu machen. Ihre Lehren konnten aber nicht in feinen ſcharfſinnigen Bemer⸗

kungen über das geheime Spiel menſchlicher Leidenſchaf⸗

ten, und die verborgenen Triebfedern menſchlicher Hand» lungen beſtehen, indem ‚die Menfchen damals noch nicht fo Fünftliche , verwickelte und zufammengefeste Mafchinen waren, ale fie in fpätern Zeiten wurden, und diejenigen,

Denen man nugen wollte, bergleichen nicht einmal ver.

ftanden hätten ; fie muften ‚vielmehr kurze buͤndige

ESdpruͤche, einfältige Erfahrungsſaͤe, Fräftige Ermah nungen zur Tugend, und nachdruͤckliche Warnungen vor dem Laſter ſeyn, die ſich don dem gemeinſten Verſtande

fafen,

#.

Ueber den ditefien Zuſtand von Griechenland. 49

faſſen, und dem ſchwaͤchſten Gedaͤchtniſſe einpraͤgen ig Gen, die endlich Ihe Gewicht eben ſowohl oder noch mehr dem Anfehen der Perfonen, von benen fie herrührten, ale ihrem Inhalte zu verbanken harten. .

Solche Spruͤche nun, waren nicht bloß ben gries chiſchen Weiſen, und ihrem Zeitalter, und nicht. den Griechen allein eigenthuͤmlich, fondern fanden fi) auch unter andern Völkern unter ähnlichen Umſtaͤnden. Es iſt freylich nur foßratifher Scherz, wenn Plato *) feie nen Lehrer fagen läßt, daß bie älteften Sophiſten ſich in Kreta und Sparta ‘gefunden hätten , daß. diefe Völker alle übrige griechifche Staaten an Weishelt wie an del. besübungen überträffen, baß fie aber Die erftere verſteck. ten, um feines Verdacht, ober nadjtheilige Aufmerk⸗ ſamkeit gegen fich zu erregen ; allein es Ift auch wieberum reine, und mit den Ausfagen aller. übrigen Schriftſteller betätigte Watztheit, wenn Sofrates hinzuſezt, daß Per⸗ ſonen beyderley Seſchlechts in Sparta von Ihrer erſten Kindheit darinn geibr würben ,. furze und Präftige Ant⸗ worten zu geben, unb daß daher auch der gemeinfte -Spartaner, der am nffhigften zu verfpredhen fcheine, bach» -immer ein gefäßrlicher. Feind fey, Ber einen jeden an. dern Griechen, der ſich an ihn machen wolle, durch die treffendften Einfälle zu Boden werfe. SYeeifihen dieſen Antworten und Einfällen der Spartaner, auf welche fie einen fo großen Werth festen, und zwiſchen ben Sptuͤ⸗ „hen der griechifchen Weiſen, fand Plato ſchon eine große Aehnlichkeit, und Bit Abhal deet war nicht erdichtet,

wenn

9) In 7 pP: 295. u | vo. DD ..

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wenn er niche fewehl die wizigen Spottreden der erftern; und ihrebeißenden / Repartien, fondern vielmehr diejente gen Apophthegmen im Sinne hatte, die man als

Greundfäze ächter Spartaner , und als Denfmöler der Weisheit der! Vorfahren den Nachkommen überlieferte”), Solche Sprüche wurden von Männern, die den griehh ſchen Weifen ähnlich waren, in ähnlichen Abfichten aus⸗

. gefprochen , “und brachten auch ‚ähnliche Wirkungen

Gleich nach dem Zeltalter ber griechifehen Weiſen

ſolgte Hippatch, der ältefle und weifefle unter den Edfe

gen des Pififirarus/ ben Fußſtapfen, welche die erfiern ihm vergeztichnet hatten"), '; Nachdem er nämtic die Genichte des Homers nad Aıden gebracht, und Rhapſo⸗

0 Stifte beſtellt hatte, welche fie fingen muften, nachdem gr ferner den Anakreon und Simonides ats goͤttliche Leh⸗

aer durch bie glängenhften Belopnungen nach Athen geje gen, und mit ihrer Huͤlfe die Einiwoßler der Gtabt ger

bialbet Hatte; fo fuchte er auch:die nich: rohen Laadleute zu

beffern und aufzuklaͤren. . Er.tießsbaher, an den oͤffentli⸗

| F chen Plaͤßen und Strafen ber Endt, Säulen ober Her⸗ |

Be;

. «ben Sanblenfh , wenn fie zur Stadt kaͤmen, gelefen,

. .. orte rt . 74 ...

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‚men errichten‘, uud diefen Hermen mielegiſchen Silben :manße-abgrfaßte Sittenfprüche eingraben ‚damit fie von

oo. | und Rakete niit aintiendehene un unanhbnnnheni . |

| = RD erhellt aus det großen Menge von aporhihch⸗

prime die Plutarch, oder ein dem Plutarch gleichzeit⸗ ger Schriftfteller noch zuſammen bringen Fonnte, Diele ſpartaniſchen Bon Mots und Einfälle find aber eben fo

u wenig. alle.alt und aͤcht, als diejenigen, bie man den

griechiſchen Weiſen zueignet.

Bus P23 5, \

Ueber den alteſten Zufand von Griechenland. s

und von Diefen wiederum chren Hausgenoſſen und Nach⸗ baren mitgetheilt würden. Plato hat ung mehrere der⸗ felben aufbehatten , die ganz im Geiſte der Weifen ge⸗ decht und ausgedruͤckt find *), '

Was unter den riechen die Weifen waren, das Maren unter Den Roͤmern die Claudier, Scaͤvola's, Seiplionen, Meteller, beſonders Tate und Maximus. Dieſe foßten, eben mie bie erſtern, ihre wichtigen Erfah⸗ tungen, und bie Darüber angeftellten Betrachtungen in kurzen alfgemeinen Sägen zuſammen, die gange Jahr⸗ hunderte nachher nicht nur der Jugend eingeprägt, ſon⸗ dern auch ver dem Wolfe und im Senat als die Stimmen der Weisheit und Tugend angeführt wurden **). Der Eenfor Cato war unter allen Römern an ſolchen Sprüchen, wie an wizigen Einfällen und Gegenantworten am reichſten, und er war auch der erfte, der bende aus dem Alterthum ſam⸗ te, Wenn man die Ueberbleibſel der alt: römifchen Weisheit, die im Cicero, Plinius und Valerius Maria mus zerſtreut find, aufſuchen wollte; fo würde mar ge wiß eben fo viele, und Auch eben fo vortrefllche Gedan⸗ fen finden, a als ben griechiſchen Weiſen zugeeignet werben. | 2 Wenn

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°) gergedınaım Deovov. 5 de ruv Four Tay X AA ev aAAdıS kn oA xce⸗ nero erıyEy —XV 651 de In raro 80 rn Sereiuenn öde @v © Aryeı. mn Tal im- naexe. un DıAov efaunmre: In Eeas. Lc. an) Man ſehe Val. Maxim, Vn. 2. & Cicer, de Amie. c. 3. Multa ejus (Catonis) & in ſenatu & In forovel pro- vila prudenter , vol acta eonfanter, vel reſponſa acute fegebantur.

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Went ich nicht glaubte, daß die bisher angeführt ten Beyſpiele hinreichten , den rechten. Öefichtspunet zu beſtimmen, aus welchem man die Spruͤche der griechl⸗ ſchen Weifen anfehen muß; fo würde ich mid) noch auf die ſalomoniſchen Sprüche, und andere ähnliche Werke maorgenlaͤndiſcher Nationen berufen. Allein was ich ges ſagt habe, iſt ſchon genug, um zu beweiſen, daß kurze faßliche Sprüche gleichſam bie Erſtlinge des Nachdenkens, und des Beobachtungsgeiſtes unter ganzen Voͤlkern, und die Vorlaͤufer wiſſenſchaftlicher Kenntniſſe ſind *). Viel eigenthuͤmlicher als die Spruͤche ſelbſt, ſcheint die Art geweſen zu ſeyn, wie die griechiſchen Weiſen ſie ju erhalten, und auszubteiten ſuchten. Sie heiligten fie Faͤmuch dem Apoll zu Detphi, und ließen fie in den Bar höfen , und an ben Eingängen feines Tempels eingrae ben **), wo fie noch bis auf die ‚Zeiten des Paufanlas - geleſen wurden. Allein auch hierinn hatten die griechiſchen Ä Weiſen in ihrem Vaterlande ſowohl Ihre Vorgänger als Nachfolger , und auch unter: andern Völkern trift man ähnliche Beyfpiele und Gewohnheiten an. Unter den - Griechen legte. man ſchon von den aͤlteſten Zeiten nicht nur Denkmäler merfwürdiger Begebenheiten und großer Tha⸗ * Die meiften alten Spruͤchwoͤrter in allen Sprachen ruͤh⸗ ren von Männern ber, bie den griechiſchen Weiſen Ahnlich waren, und wurden erft Spruͤchwoͤrter, nad» . dem man bie Nahmen ihrer Urheber vergeffen hatte. Faſt eine jede Gegend, ein jedes Dorf, tja eine. jede Familie erhält, gewiffe Sprüche von Männern, bie in

Ihrem Leben wegen ihrer befondern Klugheit und vieh jährigen Erfahrung, berühmt waren. '

*#) Plat. in Protag. p. 295. und Pauf, X, 24. e.857. p

J [an \, . . I,

Ueber den älteften Zuſtand von SGriechenland. 53

Taten nice bloß Geſche und Vertraͤge von Staaten, ſendern auch wichtige Werke, Beobachtungen und Eifin⸗ dungen in Dem Tempel irgend einer Gottheit nieder, theilß aus andächtiger Dankbarkeit gegen bie Götter, von mela hen man afle guten Gaben ableltete , eheils aber auch um nügfichen Werfen und Entdedungen ein größeres An⸗ feben, eine längere Dauer und ausgebreltetere Nuͤzlichkelt, wie dem Erfinder deſto fchnellern ind größern Ruhm zu verfchaffen. Alle diefe Zwecke, befonders aber den leztern konnte man vor der Gewohnheit, Meiſterſtuͤcke der Kunfl und des Genies den bey Olyımpla oder an andern Spies len verfamleten Griechen vorzulegen, auf feine ficherere Art erreichen, ale indem man fid) mit allem, mas man er« halten, oder befännt gemacht wünfchte, an ben Tempel irgend einer welßagenden, oder hellenden Gottheit wandte, nach welchem täglich aus aflen Theilen von Briechenlond, und felbft aus fremden Laͤndern, ganze Schaaren von Pilgrimmen zufammen floffen , die ſich alle Seltenpeiten und Merkwürdigkeiten ber heiligen Derter eigen und era Mären liefen. Aus einer, oder einigen, oder allen von mir angegebenen Urfachen heiligee Patamebes bie von ihm erfundenen Würfel 'der. Fortuna zu Argos, und ein ges voiffer Alerander ein Pfaltetion, mas er verfertigt harte, und für fein vortreflichftes Werk hielt, ber Diana zu Ephefus *). Eben biefer Goͤttinn wibmere nachher Heraklid ſein Wert über die Natur der Dinge, fo wie alle Genefende, bie ihre Geſundheit dem Aesculap ſchul⸗ dig zu ſeyn glaubten, die Goͤtterſtze deſſelben mic Täfele hen anfüllten, auf welchen die Heilmittel angezeigt was

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*) Pauf. II. 20. Athen. W. 3 .p 183.

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ren, woburd) von ihren Rranffeiten w und. Heben was

ren. befreyt worden *). Unter den Ausländern übergab Hanno, wenigſtens einer griechiſchen Sage nach, feine Er⸗ zaͤhlung von der Umſchiffung von Africa den Prieſtern des Saturn in feiner Vaterſtadt **) .. und in Rom ließ Decimus Brutus Verfe feines Zreundes Accius in alle.

von ihm errichtete Tempel und Monumente eingraben ***),

Auch unter den Arabern des fechften und fiebenten Jahr⸗ hunderts wurden diejenigen Gedichte, die den größten Beyfall des Volks und der Geſchmacksrichter empfangen hatten, mit goldenen Buchſtaben auf Seide gemalt, und inm Tempel zu Mecca aufgehängt +).

| indem olfo die griechiichen Weifen ihre. Denk, fprüche nach Delphi ſchickten, folgten fie bloß einer alten - Sitte, die aud) noch lange nach Ihnen gebräudylich blieb; -und indem ihre Gebanfen über dem Eingange des Tem⸗ pels des Apollo eingegraben wurden ‚. erhielten fie eine

Eßhre, die olelen vor ihnen, und auch nach ihnen, fomohlunter

ben Griedyen als andern Nationen aus ähnlichen Urſachen erzeigt murde, oder erzeigt worden war. Eben diefe unter den Griechen mehr-als unter andern Völkern allgemeine Ge⸗ wohnheit, große Werke, Erfindungen und Denkmäler. merkwuͤrdiger Handlungen und Begeben heiten den Goͤt⸗ tern zu widmen, war ber Grund, warum die Prieſter in den älteften Zeiten faſt bie engen Bewahrer und Beſi⸗

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——

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'$) Strab, VIII. 575. & ib. Cafaub,

#*) Man fehe Holt. Notae ad Porph, vit, Pyth, p. 98. Ed. Rom

#) Cicer, pro Arehia e. li. Val. Maxim. vl. :

7) p. 7: Rieberdfon’s Differtation on the literature, 4

guages and Manners of Eaſtern Naslons,

Ueber den Ateſten duſland wonSticchentand. 5

ger nögticher Renumifte, und der Ateſten Eeſchichte und Mabertieferungen waten, und warum die berühmteſten Goͤtterſize fo Heifig won den erſten Weltweifän, Aerzten

und Geſchichtſchreibern beſucht wurden. Phythagoeras

wandte ſich allenuhalben an bis Prieſter und Priefterinnen, und feibft Ariftöpenus erzählte, daß: des famifche Werft» weife einer Priefteninn zu Delphi vieles zu danken Hätte *). Herodot empfieng gleichfalls viela alte Sagen, beſonders über Die. Belchichte. der. Doͤtter und Religion in Dobona und andern geweihten Plaͤzen, und Hippofrares ſoll

!

einen großen Theil feiner Wiſſenſchaft aus beu Hellmite -

tsin gefchänft haben, Die er. Im: Tempel Des Assculan u

Kos vorfand **) Eben ſo merkwuͤrdig of bie Spruͤche der Weifen, iſt der Geſchmuck an Vaͤthſeln und. Griphen, wis deren Erfindung und Auflöfung fich water den griechiichen Weis fen *) vorzuͤglich Bias, Kleobulus und deſſen Tochter Kleobulina oder Eumetis, und unter ben Altern Dichtern Sappho., Archilochus, Simonides und Theognis beſchaͤf⸗ tigt zu haben ſcheinen. "Mach den Ueberbleibſeln zu ur⸗ thellen, die am meiften das Sepräge bes Alterthums on ſich fragen, und von ben angeführten Schriſeſtellern dafür ausgegeben werden, waren. die Raͤthſel, wodurch die Weifen, Oriechenlandes fich großen Ruhm ermarben entweder unbeſtimmte Fragen , bie auf mannigfaltig, wichtig feheinende, aber nur auf, eine einzige treffende Are D 4 beant⸗

%, Die Stelle werde i6 unten wit mehrern andern anführen, *) XIV, 972.

/

*ss) Athen. X, e,15. bis ans Ende bed Bye. Diog. l.

69. Aud. eonv. raetet Open Blut. VE 09. u. .

RE Buß. zu

n

beantwortet werben Eonnten, oder es waren auch Be⸗

ſchrelbungen, die beym erſten Anblicke auf gar keinen

wirklichen Gegeuſtand, bey näherer Unter ſuchung aber auf: viele Gegenftände anwendbar ſchienen, aber doch im⸗ mer etwas unerklaͤrtes übrig behielten, bis man auf die Sache fiel, die gemeynt, und deren Merkmale auf eine verwirrende Art angegeben worden waren *), Man brauchte fie nicht bloß an Gaftmälern **), oder in freunde fchaftlichen und feſtlichen Zufammenfünften , als Mittel - der

———

%) Die Erklaͤrung eines Raͤthſels vom Klearch beym Athenaͤ⸗ us (l.e.p.448.) iſt viel zu enge, und paßt nur auf Griphen, wie man fie zu. feinen Zeiten hatte, und

' brauchte. Yeidos (fagte weoßAnux a5: ması-

xov, PESEXTINOV TE. dio Önrnsews Evesw Tu ro —XX Tıuns N erilnuis Kae sıenusvov. Die meiften Raͤthſel, die Diogenes und ber Verfaffer des Gaſtmals ber fieben Weifen anfüh ten, feinen alt zu feyn, u ann mit denen überein, die Athenaͤus S. und 453. an⸗ führt. Ich ſeze nur kurz Folgende. Werte her: BeXaTares des Aoyınos. Yordos, naı TNs TE eıDevew Ducews OKEIOTAToS. Ti MAYTes 8% aniseuevos Ödowronev; na Tourer wbane Kos REIFE; Kos as Teros, vure, ey Aa nl ezı. v⸗ X 8 Sararıın u. ſ. w.

* Klearch urtheilte ſehr richtig, wenn, er beym Athenaͤus (©. 457.) ſagte: rev yedar n Oirneıs 8% @AA0- reis DiAocoQias u5ı ua 0 BaAaıcı Tny TS Bades azodeıgw. eu TaTras 2na8yr0. Er irrte aber gewiß, wenn er hinzuſezte: ꝓeo Be- Aov ya *cxesn vas wer ex NL 03 vuy #60-

ror-

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Ueber den m älteften Zuftanb von Erehenland. Fr

der. Unterhaftung, unb als’ Erwecker der Feöptichfeit, fondern Die weifeften und vornehmſten Perfonen , ſelbſt Könige legten fie fich einander vor, um gegenfeitig ihren Scharfſinn auf die Probe zu flelten. Eine glücliche Auf⸗ löfung berfelben wurde für ein ficheres Merkmal von Weisheit gehalten, und überdem noch, wie es fcheint, In den meiften Fallen durch anſehnliche Gefchenfe und Preife belohnt, fo wie audy wiederum das Bekenntniß, vorge legte Griphen nicht enträchfein zu Binnen, außer bem WBekenntniſſe In einem Kampfe des Genies überwunden zu ſeyn, faßt immer eine beträchtliche Geldbuße, oder andere Strafe nach fih sog. So reiſte eine Koͤniginn aus Arabien nach Jeruſalem hinauf, um die Weisheit des Königs Salomo, deffen Ruhm durch alle umliegende $änder erſchollen war, auf die Probe zu fegen. Sie

fegte ihm allerley Raͤthſel vor, und als ber iſraelitiſche

König dieſe gluͤcklich aufgelöft hatte, ließ fie eine Menge von Koftbarteiten, wahrfcheintich als den Preis der bes DD; . Ä wun·

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‚pasoravos. Die Aufgabe und Auflöfung von Raͤth⸗ ein wurde erft (päter unter die Beluftigungen der Tas L aufgenommen. Dan belohnte den glädlichen Ras ther durch Kraͤnze, oder lauten Beyfall; der ungluͤck⸗

liche hingegen mußte einen Becher reinen ungemifchten .

Weins austrinfen (Clesrch. ap, Ath, l. e.) Biel fonderbarer ift es, daß drey famifche Jungfrauen an den Feſten des Adonis vorgelegte Griphen in Werfen auflöften. Die Beyfpiele, bie Athenaͤus anführt, bes weifen, daß diefe Feſte des Adonis in Samos ausge⸗ laſſener, als die Bacchanalien unter den Roͤmern wa⸗ ven. sr. ©.)

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wundernswuͤrdigen Faͤhlgkeit des großen Rathers, zu⸗ mer) Außer ben Griechen, Aegyptiern, Arabern,

AIſtraeliten ſcheinen auch die aͤlteſten Skythen Mächfel ſuͤr Probierfteine von Weisheit gehalten zu haben. . Denn als Darius Hyſtaspis auf feinem ungluͤcklichen Zuge wi. der fie den äußerten Mangel an Sebensmitseln ju leiden anfieng; fehichten fie Ihn einen Vogel, einen Froſch, eine Maus und ein Bund’ von Pfeilen, mir des Nach⸗ sicht, daß bie Perſer, wenn fie melfe wären, die Ber deutung biefer‘ Gegenftaͤnde starben möchten. Der Ks nig felbft glaubte darinn ein Bekenntniß zu ſtades, daß die. Skythen ſich unterwerfen wollten , allein Gobrilas,

ber weiſeſte unten den Perfern,, legte ben Sinn der Feinde

ganz anders aus, Er überzeugte den Darius‘, doß bie Skythen ihm drohten, daß er ſamt feinem Heere ihren Pfeilen nicht entweichen würde, wenn er nicht. wie ein Froſch im Waffer ſchwimmen, oder wie eine Maus ſich in die Erbe nerfriecdhen, oder wie. ei Vogel durch Die Kuft fliegen könnte **),

See⸗ſehr aber auch dieſe Oieichlbemigkeit des Ur. theils fo vieler Voͤlker, die zwar der wiffenfchaftlichen

| Ausbildung nicht gleich nahe ‚- aber doch fchon afle weit

. „don ber Gedankenloſigkeit wilder Nationen entfernt ma. “ven, bie nicht. nad) Grundfägen, fondern nach augen. blicklichen Einfällen und gegenwärtigen Eindrüden han⸗

dein, fo fehr diefe nun auch zu beweiſen ſcheint, daß ber

Hang zu Raͤthfein unter ſolchen Umftänden, in welchen

die Grlechen ſich im Beltalte der ſ eben Weiſen ſanden,

dem

. v4 % nl XXVEX

18. d. Könige io Cap. Herod. IV, 31,

ueber den auteſten Zaſtand von Crieena, 59

vn Menfchen ganz natürlich ſeyn müffe ; fo wenig. weiß ich mir ihn doch auf eine befriedigende Art: zu erflären, Die Erfindung und Auflöfung von Raͤthſeln ſezt aller dings allemal einen gewiſſen rad von Scharffinn vor« aus, von dem man es fich leicht vorftellen kann, wie man ihn in Zeiten ‚‚wo man Geiftesfräfte, und ihre An⸗ jeigen richtig zu ſchaͤzen noch gar nicht. gewohnt war, über alles Maaß bewundern konnte; aber ſchwer zu begreifen bteibt es doch Immer, wie man ben Grad der Fähigkeit oder Unfähigkeit, Leichte und klare Sachen zu verdunfeln, und vorfeslich verdunfelte auſzuklaͤren, als einen. Mans« ftab dee Weisheit und des wohren Genies annehmen konnte, Die Erfahrung ,. (heine es, mufle die Men⸗ ſchen bald. lehren, daß die Fertigkeit Raͤthſel zu finden und aufzuſchließen, mehr die Wirkung einer gewiſſen Uebung , als einer ungewöhnlichen Vortreflichkeit der Verftandesfräfte fen, und daß daher mittelmäßige und ſeibſt ſchlechte Köpfe es in dieſem Puncte ungleich größern Ä fehr weit zuvorthun koͤnnen *).

Schon unter den Griechen waren mehrere Schrift. ſteller, welche die Köchfet ber griedyifchen Weifen und anderer alten Völker mit der Sprache der alten Dich ter, ihren Bildern und Allegorien und mit den Symbo⸗ len bes Pythagoras für einerlen oder doch fehr genau vers wandt bielen *. Allein dieſe verwechſelten Dinge,

die

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%) Laͤcherlich wäre ed, wenn man hieraus ben Schluß ziehen wollte, daß meiner Meynung nah nur mirtelmäßige Köpfe ſehr gluͤcklich, und alle Männer von Genie uns gluͤcklich in der Erfindung oder Auflöfung von Räthfeln

fyn.. *) p. 451. 52. Athen. le, .

J *V 60 Erſtes Buch.

die weſentlich /verſchleden find. Alle Wolker und Dich - er von Voͤlkern, deren Sprachen noch arm, oder noch nicht genug ausgebildet ſind, brücten häufig Oegenſtaͤnde mit den Wörtern ober durch bie Eigenfdhaften anderer ‚aus: das heißt, fie reden in Bildern, Gleichniſſen "und Allegorien. Allein fie thun biefes nicht in der Abfiche, um fich vorfezlich unverſtaͤndlich zu machen, und die Ge⸗ duld oder die Gabe Geheimniſſe aufzuſchließen in ifren Hoͤrern oder Leſern zu prüfen, fondern entweder weil fie fuͤr das, was fie fagen wollen, feine eigentliche Aus- drüce finden, oder doch durch eigenttiche Wörter nicht fe

- ar und kraftvoll ausdruͤcken können, ‘als fie gerne moͤch⸗ ten. Die Räthfelerfinder hingegen unter den Weifen wickelten Das, was fie ſehr gut deutlich hätten fagen koͤn⸗ nen, In eine Menge täufchender Decken ober Knoten ein, von henen fie wuͤnſchten, daß fie eines jeben Scarffinn anauflöslich bleiben möchten. 0 Ä

| Der Geſchmack an Kärhfeln werloße ſich nicht gleich mit dem Zeitalter der fieben Weifen , fondern nahm | vielmehr zu. Allein er bekam eine ganz andere Niche | tung, als er urſpruͤnglich gehabt hatte. Anſtatt daß fie ehemals eine wirkliche Beſchaͤſftigung ber ernfihafteften | . und weifeften Männer geweſen waren, wurden fie in der Folge bloße Ergdjung, von der man aber fagen fann, daß ihr Fein Volk allgemeiner , länger und in einem hoͤ⸗ hern Grade nachgehangen habe, als die Griechen. Es waren nach Klearchs Rechnung *) ſieben Arten, mit denen man nicht nur an Gaſtmaͤlern, ſondern an Fe

| . ften , un * |

.®) p. 448. 6. 16. Athen.

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Ueher den älteften Zuſtand von Griechenland. 61

fen, und ſogar auf Grabſchriften ſpielte. Die größten, Dichtet fangen Raͤthſel, und viele Schriftfteller *), des ven Nehmen man beym Athenaͤus nadylefen kann, zelch⸗ neten ihre Geſchichte auf. Zu den Zeiten dieſes Sam⸗ lers aber waren ſie ſchon verſchwunden, und hatten Tſchreden Plaz gemacht, die weniger Anſtrengung ers fotderten, aber der ſchaamloſen Verderbniß und Ausge⸗ laſſenheit der Sitten angemeſſener waren.

Wenn nun ſolche Männer, bie fich wie bie griechi⸗ fhen Weifen durch Kenntniffe, Verdienſte, und befon- bers durch Staatsfunft fo ſehr won ihren Zeitgenoffen unterfhieden, unter einem jeden andern Volke mit dem tel der Weifen wären beehrt worden; fo würde man eine Urſache Haben, hlerinn etwas fremdes oder fonderbas res zu ſuchen. In Griechenland aber war diefes um deſto weniger zu vermindern, indem das Wort Welfe unter ben Griechen ſowohl vor ols lange nach bem Zeitälter der Männer, die diefen Ehrennahmen erhielten, bey weis tem nicht fp viel fagend war, als er. jego unter uns iſt, und auch fpäter unter den Griechen wurde. Weiſe war mit geſchickt und erfahren völlig gleichbedeutend, und man nannte daher nicht nur alle gute Dichter ımd Künftier, fondern auch alle gefchicfte Handwerker, und felbft erfahre, ne Schiffer und Landleute weife Männer **). Unter Eile

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#) Athen. I .. U | #) Meber Die Bedeutung ber Worter coDos ; woßısn:, Br- AccseDos,, und deren Veränderungen, ferner über bie Veranlaflungen zur Benennung der fieben Weiſen, über ihre Zahl, Gaftmäler, und das Anfehen des Gafts mals der fieben Weiſen, fehe man die fünfte Beylage, die man am Ende diefes Bude finden wird, Ä

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Dr Pr 27 72:77 Se

nem Volke alfo iſt es weniger auffallend als unter den Griechen," daß verehrungswuͤrdige Haͤubter oder Rath⸗

geber und $ehrer von Staaten vorzugsmeife fo genannt wurden. ; Um aber. bas Natürliche dieſer Erſchelnung noch mehr zu begreifen, darf man nur bie Geſchichte anderer Nationen in ähnlichen Zeitpuncten, und befonders die der

Roͤmer zu Rathe ziehen. Dieſe Erdbezwinger waren waͤhrend des zweyten punifchen Krieges, noch mehr abe - zwifchen dem Schluffe deſſelben, und dem Anfange des

dritten, in einer. Sage, bie von der Sage ber griechifchen

Städte in Afien im Zeitalter der Weifen nicht fehr ven ſchieden war. Die Sitten. der Römer waren" nämlid noch faft gang unverdorben, und die aͤchten römifhen Tugenden nicht nur ungeſchwaͤcht, fondern auch in ber bochſten Spannung, bie fie unter dem erhabenften Volke "der Erde jemals erreicht haben, Maͤßigkeit, Ent

haltſamkeit, gewiſſenhafte Redlichkeit, und Einfalt in

Wohnungen, Geraͤthe, Speiſen, und Ergoͤzungen war

ren noch ganz gemeine Tugenden; und Würde des Reicht,

und bie Majeflät des römifchen Nahmens 5 niche aber

‚verderbficher Chrgelg und Gewinnſucht leiteten bie Bütet

bes Volks in ihren Entfehließungen,, und trieben . ihre |

Heerfuͤhrer und Legionen unwiderſtehlich uͤber alle Gefah⸗ ren und Feinde hin. Ungeachtet man mit reichen Nas

tionen gefriegt hatte, und bald nachher eben diefe und noch

andere reichere Völker und Könige übermanb ; fo wurde doch die unermeßliche Beute, die man gewann, nicht

: einigen räuberifchen Feldherren, und ihren gierigen Rot

‚ten zu Theil, fondern wie anvertraute Heilathuͤmer In

die Schazkammer des Staats geliefert, Die: größten . ne Hel⸗

%

lieber den älteften Zuſt and Don Griechenland. -63

Helden, die die Republik bereichert harten, und ihre Fa⸗ millen, waren entweder wirflid arm, oder doch nur wohlhabend , und das Vermögen, was fie befaßen , war. niht durch Gewaltthaͤtigkeiten und Dieberehen, fordern duch Fleiß und Sparſamkeit errungen, In dieſem Zeltalter nun, auf welchen ber Freund und Verehrer menſchlicher Wortreflichkeiten.mit bewunderndem Erſtan⸗ nen vereilt, erhoben ſich Männer, die’ in einem fangen tum Dienſte des Vaterlandes ih allen. Arten von Aem⸗ tern und Geſchaͤften hingebrachten Leben Die nuͤztichſtea Exrfahrungen kluger Hauspäter, weiſer Senatoren und glüfiiher Feldherren gefamiet hartem, und mir der Reche. ſchaffenheit "guter "Bürger eine genaue Kenntniß der vaters landiſchen Rechte, Religion, Geſchichte, und alles deſſen verbanden, was Damals mur wiſſenswuͤrdig war *), Vergleichen. waren ©. Aelius, M. Monilius, der ältere Craſſus, T. Coruntanius; M, Caro, Caͤc. Metellus, M. Lepidus, Morimus,: Paullus, und andere, deren Nahmen man im Cicero findet. **). Dieſe Häupter des Volks, weit eutfernt, den legten Theil ihres Lebens in ei⸗ ner unruͤhmlichen genießenden Muße hinzubringen, re⸗ gierten durch ihre Klugheit und Anſehen den Staat, und erlaubten einem jeden, daß er ſie entweder zu Hauſe, oder

—————— ⸗ô¶ —— ——— ——

2) Equfden ſaepe audtvi (fügt Craſſus beym Cicero It. de orat.) de potae & de. faeoro moe, woftrös quoque komites, qui exeallere fapientise gloria vellent, omais quse quidam tum hare eivitas noſſet. folltos

eſſe enmpledl, Weber der -Marimus und Cato werde ich gleich nachher Stellen anführen,

*, Man fehe Cle-ddsen, 17. 8. de Ahle, 2, & 5. de orat, ul 33» | .

+

Br Pe 7 73:77 Su “oder auf dem Foto, wo fie deßwegen zu gewiſſen Zelten,

fpazieren gingen, . zu Rathe ziehen konnte *). Man frug fie niche nur-über zweifelhafte Rechtsfaͤlle, ſondern auch über häusliche Angelegenheiten; über bie Verhei⸗ rathung von Kindern,. den Kauf oder Werfauf von Häu- ‘fern oder Gütern, und ‘über die befte Art feine Aecker zu

- bauen und zu benuzen. Gie waren flets mit Haufen

der edelſten jünglinge umgeben, die man nicht bloß In der Abfiche zu ihnen führte, um von ihnen zu Rechtsge⸗ lehrten und Rednern gebildet zu werden,. fondern um - durch ihr Beyſpiel zu guten Bürgern ,_ durch ihre Er: fahrung, Lehren und Anſehen zu weiſen und tugendhafe

« sen Männern, und durch ihre Handlungen zu großen

s

a

Thaten erweckt und gereie zu werben **), "Auf dieſe

‚Art bildete fi der Cenſor Kato in dem vertrauten Um-

‚gange mit dem Q. Marimus, bem Erretter Roms, der

‚den Hannibal ermuͤdete, und feine Heftigkeit zuerſt brach,

der feinen Zeitgenoffen eben fo fehr an Kenntniß des

‚Staats und bes Alterthums, als an feldherriſchen Tus ‚genden, Stärke der Seele und Erhabenheit des Beiftes über die abergläubifchen Vorurtheile feines MWolks

: über:

*, ©. bie vierte Beylage, melde am Ende des Abſchnitts . angehängt wird.

. %®) Cie. de foned, e. 9, Quid enim eA jueundips ſe- nectute, flipate ſtudiis juventutis? Aune eas qui- dem vires ſenectuti eliaquemus, ut adolefeentulos

- docest, Imflitust, ad ommeoflicid munus Inftrunt ? quo " quidem opere quid poteſt eſſe praeclarius ? Mihl vero Cn. & P, Selpiones, & sri.tui due, L. Acmillus & F. Africanus. comitatu nobillum juvenum fostunaci

| videbantur.

\ O2 re

licher den alteften Zuſtand don Griechenland. 65 übertraff *). So wie Cato das Mufler ‘des Marimu⸗ |

ftets vor Augen gehabt, und zu erreichen geſucht hatte; fo wurden er wiederum und bie beyden Bchpionen Bey fpiefe für andere, und diefe drey außerordantlichen Maͤn⸗ ner muß man vielleiche für die legten Lehrer roͤmiſcher Tugenden , oder wie die Schriftfteller diefes Volks fagen, roͤmiſcher Künfte Halten, die bald durch ausländifche Kenneniffe und Wiſſenſchaften verdrängt wurden. Ale

2 biefe

-

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2) do Son, 4. Ego (fagt ber Ältere Cato) Q. Maximum; eum, qui Tarentum seeepit, adolefcens Ita dilexä fenem, ut aequalem. erst enim ia illo viro tomi- tate sonditg gravitas: nee feneftus mores mutare- zat. Cumgus eo questum eonfule adolefeentulus miles profedus fum ad Capuam, quistoque anno pof sd Tarentum quasflor: hie & bells gerebat, ut adolefcens ‚_cum plane grendis eflät: ds

Hannibalem juveniliter exfultantem patientia fus mol« '

liebat? Nas vero in armis praeftsutior, quam in toga ! augurqus cum eflet, dieere -aufus-eft, optimis aufpiells es geri, quae pro rei- publicae falute gererentur: queo eontra rempubli.- sam ferrentur, contra aufplela ferri. Multa in eo vieo-praeclara cogaovi: fed nihll eſt admilrabilius, quam quomedo ille mortem M. Alli tulit, elari virk & eonlularis. ef in manibus laudatio: quam cum legimus, queın philofophum non contemnimus ? Nes vere ille in Juse modo, atque ia oculis eivium magnus: (ed latus, domique prseftantior, Qui ler- me? quae praecepte? quamta notitia sutiquicatis? quae feiantis juris augusii? multao etism, utin he- mine Romane, litterae. Omnia memoris tenobat, non domefien folum, fed etiam externe bella : cujus fermone ita tum eupide fruebar, quafi. Jam divina- sem id, quod svenit, illo exflinfte, fore, unde dilcerem , neminem.

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ee "Hefe großen Romer nun, die glelch den griechlſchen Wel⸗ fen in ihrem blühenden und reiferem Alter dem Staate

in Frieden wie im Kriege gedient hatten, und als Greife noch durch ihre weiſen Rathſchlaͤge ihren Mitbürgern und

‚bein würden... W

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durch ihre Ermahnungen und: Benfpiele der. Jugend nuͤz⸗

lch zu werden ſuchten, erhielten vom ganzen Volke, was

fit anbetete, oder auch fuͤrchtend verehrte, den Nahmen der Meifen *) , und man muß aus dieſem Betragen der

Römer und der Griechen fhließen, daß alle Voͤlker in

ähnlichen Fällen eben fo gehandelt Haben, oder doch han⸗ J u \ = Wenn

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#) Cie, de Amie. 2 c. Sunt ifle, Laeli. uce enim mellor Ä vir fuit Afrieano quisquam, nee clarlor, fed ex!fi- mare debes, omnſum oeulos in te efls conjaftosg unum te fapieefem & appellsot & exifiimant.. Tel“ buebatur hoe modo M, Catoni. Seimus L, Atllium

apud patres nofltos appellstum efle fepientem. Sed uterque allo quodam mode: . Atilius, quia prudens

. efle in jure eivili putabſtur: Gate, quia wiultarum

- serum ulum habebat. Propteres quafi coguomen

>. Jam habebat in fenedute fapientis, Und’. 5. Nos

* autem ea, quae ſunt in ulu, vitaque eommuni, non

es, quae fingentur, aut optantur, fpedtare debomus, Nusquam ego diesm, C. Fabrielum, M. Curium, T. J— Coruseanium, quos fapientes noſtei msjores judiea- bant, ad iſtorum normam fuiffe fepientes. Endlich e. 17. de ſeneciâ. Apex autem ſeneciutis efl Aydteri- tat. Quanta fult.in L. Csesilio Metello? quanta iq Atilio Calatine? In quem illud elogium unieum : plu- simse eonfestiunt gentes, populi primerium fu:TTe virum. Notum eſt totum earmen, incifum in ſepul- ero. Jure igitur gravis, eujus de laudibus omnium eflet famo eönfontiens. Quem vizumP, Creflum, nupes pontiisem maximum, quem poftea M. Lepidum eo. dem facerdatio praeditum vidimus? Quid de Paulg

aut Africano loquar ? aut ut jam ante de Msxime ?

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Ueber den älteften Zuſtand von Griechenland. 67

Wenn bie griechiſchen Weiſen allein um ihrer Sprüche und Gedichte willen ihren Ehrennamen erhalten hätten; fo würben fie Diefen Titel wahrfcheintich mit den ' Lehrdichtern haben theilen müffen, die in oder kurz nady ibrem Zeitalter lebten, und unter weichen außer dem Selon, Aeſop, Mimnermus, Theognis, Phofylides und Simonides bie beruͤhmteſten waren. Die ernſthaf ten Gedichte dieſer ſogenannten Gnomiker haben mit den Soruͤchen der Weiſen ſowohl in Anſehung ihres Aus⸗ drucks, als ihres Inhalts eine auffallende Aehnlichkeit. Ihre Sprache unterſcheidet ſich von ſchlichter Proſe faſt ganz allein durch ben abgemeſſenen Numerus *) und iſt durchgebends fo einfältig, Funftlos und helle, daß fie

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*) Ich finde im Athenaͤus uͤber den Rythmus ber alten Guss mifer eine Stelle, die ich entweder nicht verfiche, oder die auch mehrere Unrichtigfeiten enthält. Dieſer Schriftſteller fheint nämlich zu behaupten, daB Homer deßwegen nachläffiger in ber Beobachtung des Sylben⸗ maaßes,.und im Versbau gewefen fey, weil feine Ge⸗

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dichte gefungen worden, und daß hingegen Sofon und

‚andere Lehrdichter mehr für die Richtigkeit der Versart geforgt hätten, weil ſie ihre Elegien nicht zum Sins gen, und für muſikaliſche Inſtrumente ausgearbeitet hätten. : Beyde Behauptungen find eben fo fonderbar, als es falfch ift, daß die Werke der alten Gnomiker nicht gefungen worben find. Plato bezeugt im Anfange feines Timaͤus, daß man bie Gedichte bed Solon und anderer Gnomiker in Athen, an gewiffen Zeflen abges

ſungen habe, und Athenaͤus felbft erzählt, daß ſogar die Gefeze des Charendas in Athen vormals an Gaftls mälern wären gefungen worden (XIV. 3. 619.) Die - Worte des leztern Schriftftellers, die mich zu diefen Bemerkungen veranlaßt haben, fiehen im 14 Buche im achten Enpitel und lauten fo: oTı da zugos Tnv pacı-

on,

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N \ 68 Erſtes Buch. | auch einem Imausgebilbeten Verftande Feine Schwierig⸗

keiten machen: konnte. Ihr Jnhalt beſteht entweder in allgemeinen Klagen über die Bosheit und das Eiend de Meuſchen *), über die Kürze und Fluͤchtigkeit des menſch⸗

lichen Lebens, uͤber die Freudenloſigkeit des Alters, und über die Schande und Bitterkeit der Armuth **), ober in Erhebung bes Reichthums, beſonders deſſen, der auf

eine gerechte Art erivorben worben ***), ober. in allge

- meinen unbeftimmten Empfehlungen von Tugenden , vir-

" von Freunden, und der Treue in. Freundfchaften, Eiden

‚güglid) derjenigen, die in jenen, Zeiten am wüzlichften unb nothwenbigften waren , ber Eintracht, Tapferkeit, Ba terlandsliebe , Maͤßigkeit, der Vorſicht in der Wall

und

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un omsorares dienswro of wexmioı, .AnAov 5 , Ounos, ös dios TO MEMEAOTOIMKEVAL car Enure ray momow aleovrısı TES MOoAABS Axt . Qarss mas suyas , na Auyagas,. erı U peisess. Zivoßorns. de nıtı EoAav na @eoyui x DaxvAıdıs, arı de Tlegıavdeos o Koendis eAeysiomäios', na Tav Auımav.oi un wMeoaayı res Weos To monuTa nehodınv, anzovacı Ti suxas Tas. wen vn Take Tay MEreo AO OKOREIL, undeıs aneDaht - eu unse Auyoseos., yunre Meispos. icli urtheilte von ben Verfen des Renophanes und Parme nides, was den Wohllaut derfelben betrift, richtiger As Quaeft, IV, 23. Parmenidas, Xenophaues minus bo nie quanquam verfibus, fed tamen illis vorfibys ip: erepant sorum arrogantiam &e, | | “) Theog, 65. 90. nn 4) Theog. 6. 21.649. Ve _ WR) 1113. 1152. id. N WMW

- . ' v.

4 " J

Ueber den aͤlteſten Zuſtand von Griechenland. 69

und Verträgen *), oder endlich in ftommen Betrach⸗ tungen über die Macht und den Einfluß der Götter: daß nämlich alles Gluͤck und Ungluͤck, alle Weisheic und Tus gend von den unfterbfichen Göttern herfomme und abs hänge, daß fromme und tugendhafte Menfcyen von ihnen geliebt, und boshafte und gottfofe unfehlbar, wenn gleich bisweilen fpät,. geflraft werden **). Diefe und aͤhn⸗ lihe Allgemeinörter machen ben Hauptvorwurf der Sehr. gebichte des athenienfifchen Geſezgebers, wie feiner Zeite genoffen , und unmittelbaren. Nachfolger aus; und man Fönnte daher faft aus ber Gleichfoͤrmigkeit des Vortrags und der Gedanken fließen, daß fie ohngefähr In ſolchen Zeiten und für ſolche Menfchen gefchrieben worden, in und von welchen bie Denffprüche ber gelechiſchen Weiten bewundert wurden )

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*) V. 30. 480. 1183.

ea) 149. so, 165.5 70. 580 Theog. V une) Ich trete völlig Tem iriheife bes Herrn Hofrat Heyne.

bey (Vid. praef, ad Glandorfil Edit. earul, aur. p. 23.)

nach welchem die Gnomen des Theognis, fo wie wie

fie jezo haben, nicht ein einziges, unverfiämmeltes und

unverfälfchtes Lehrgedicht, fondern vielmehr eine Sam⸗

hung von Sprüchen diefes und anderer Dichter find,

in welche Trink- und Liebeslieder von mehrern Verfaſ⸗

fern eingeſchoben worden. Nur mit dieſer Vermuthung

allein kanw man den Mangel des Zuſammenhanges,

die haͤufigen Wiederhohlungen, und die nicht ſeltenen

Widerſpruͤche der Ueberbleibſel des Theognis erklären.

Das Fame vadernov , das den Nahmen des

Phokylides führe, bafte ich mit Scaligern für ein ſchoͤ⸗

nes Gedicht,’ dad aber unftreitig einen Chriften zum

Berfaffer hatte. Die Empfehlungen der Iungfraufchaft

und der Mildrhärigkeit gegen Arme, ferner bie Wars‘

nungen

N .

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vo Erfled Buch.

Vor allen andern aber verbienen bie Fabeln bes

Aeſop Aufmerffamfeit, den das griechifche Alterthum als einen weiſen Mann bewunderte, den viele Schrififteller unter die griechifchen Weifen festen, deffen Erzählungen Sofrates. wenige Tage vor feinem Tode in Verſe brachte, und Plato allein in feiner Republik duldete, aus welder „er die Werfe des Homer, Hofiod und anderer. berühms ten Dichter verbannt hatte, den aber ein elender Moͤnch nach unzuverläffigen. ‚Sagen als einen haͤßlichen Poffenreißer gefchiidert hat *), Gelehrten Leſern braudıt - man nicht mehr zu beweiſen, fondern man darf fie nut Daran erinnern, daß Aeſop nicht ber erfte Erfinder der Dichtungsarf war , die von ihm den Namen erhielt; daß ſchon vor ihm Heſiodus, Archilochus und mehrere andere den Aefopifchen ähnliche Fabeln erzähle hatten: daß ferner Die Aeſopiſchen Fabeln von ihrem Verfaſſer weder In Verfe gebracht noch aufgefchrieben, fondern mündlich vorgetra⸗ ‘gen, und aud) durch bloße mündliche. Leberlieferungen er⸗ ‚halten worben: daß Eofrates, Demetrius Phalereus und andere beruͤhmte Maͤnner und Schriftſteller unter den Griechen ihnen ein dichteriſches Gewand umgeworfen und

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nungen gegen magiſche Buͤcher und gegen Unkeuſchheit, endlich die Erwaͤhnung einer goͤttlichen Offenbahrung verrathen alle einen Dichter, der niit hriſtlichen Relis gionsbegriffen angefüllt war.

*, Ehen diefe Schriftfteller,, die ben Aefop als einen Poſſen⸗ reißer beſchrieben, dachten nicht daran, daß er cin Freund und Geſandter des Kroͤſus war, und bag die

\ Griechen ihn für einen fo gortwohlgefälligen Mann hielten, daß fie glaubten: poll habe die Hinrichtung

eines Freblings. an den Delphiern durch ſchwere Stra

fen geahndet. Man fehe Herod, II. 134. - |

ww

.

leber den alteſten Zuſtand von Griechenland. 71

und fie geſamlet haben: daß endlich nur der kleinſte Theil der griechiſchen Fabeln, die den Namen des Aeſop tragen, vom Aeſop herrähren, und die meiſten, ſpaͤtern namen⸗ loſen, mehr oder weniger gluͤcklichen Nachahmern des Pfiyziers zugeeignet werben müffen ?

Eine natürliche Folge diefer ausgemachten Vordere fäze ift diefe: daß, wenn man die Natur und den Zweck der Aefopifchen Erzählung beurteilen ober beftimmenwill, man ſolche Fabeln, die von den aͤlteſten Schrifiſtellern,

‚einem Ariftophanes, Tenophon und Ariſtoteles angen führt werden, und von denen es alfo am wahrfcheintih“ ſten it, daß fie achte und unverfälfche find, zu Muftern wählen, und mit ähnlichen Ueberbleibfeln alter Dichter vergleichen müfle.

Nach ſoichen, allem Vermuthen nach, weber un. tergeſchobenen, noch verborbenen Reſten zu urtheilen, waren die Fabeln des Aeſop, und feiner Vorgänger unb Zeitgenoffen erbichtete Erzählungen menfchenäßnlicher Re⸗ den, Handlungen und Begedenheiten, von Thieren, weburdy ihre Erfinder weder müffige Hörer und $efer allein ergoͤ⸗ sen", noch auch bloß im allgemeinen urtterrichten und beſ⸗ fern wollten, fondern in welchen fie Handlungen und Ber gebenheiten der Thiere als Mufter der Nachahmung, oder als Benfpiele der Warnung aufftellten, um die Ente ſchließungen eines ganzen verfamleten Volks in einzelnen wichtigen Fallen und Angelegenheiten dadurch zu leiten, und ihre Mirbürger entweder zu gemiffen Entwürfen auf⸗ jumuntern, oder fie auch vor. übereilten Schritten und Unternehmungen zu bewahren. o erzählte Stefichorus den Himerenfern die Fabel vom Pferde und Hirſche, um fr gegen bie Tyranney des Phalaris zu warnen, und

eg Aeſo⸗

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72Erſtes Buch.

Aeſopus den Samiern die Geſchichte des Fuchſes , um fie von einer ungerechten Berurtheilung eines reich gewor⸗

* denen Demagogen zurüd zu halten *).- Aefop und Ste

ſichorus waren daher nicht bloße Maͤhrchenerzaͤhler, fon,

dern Rathgeber von Staaten und öffentliche Volksred⸗ ner **8), die, wie Menenins Agrippa auf bem heiligen

Berge gerhan haben fol **°), Ihre Zeitgenoffen durch Fabeln ermahnten oder abriethen, und auf die wichtig⸗ fien ©efchäfte und Angelegenheiten einen. mächtigen Ein

fluß hatten. Wenn aber Fabeln bie Wirkungen hervorbringen

follten, weswegen Ihre erſten Erfinder fie erzaͤhlten, ſo

muſten ſie, wie die Spruͤche der Weiſen, und die Werke

der aͤlteſten Lehrdichter ernſthaft, faft ohne allen

Schmuck, kurz, und dennoch deutlich ſeyn, weil kuͤnſt⸗

liche Verzierungen bie Zuhoͤrer zwar ergoͤzt, aber ihre

Aufmerkſamkeit von dem Sinne auf bie Einfleidung ge feitet und bie geringfte Dunkelheit und Werwirrung fie langfamen , im Denken ungeübten Dienfchen un verftändlich gemacht hätte. Die erzählten Begebenfeiten | muften wahrfcheinlich, die Reden und Handlungen der Thiere, Ipren Charakteren entſptechend, die Anwendung ti, ®) Rhet. Ari. II. 20, | | *) Aicœoæos (fagt Ariftoteles am angefuͤhrten Orte) 4— ev Zaun cum yogwv Innayoya , “enopnn weg Yavaraı EDEHT.A.

‚vo II. 32. Liv. Ich halte es nicht fuͤr unwahrſcheinlich, | daß dieſer Roͤmer den Plebs durch eine Fabel nach Rom zuruͤck gebracht habe. Ich Zweifle aber, ob der Inhalt derfelben fe beſchaſlen war, als s Lirius ihn angibt.

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lieber den. aͤlteſten Zuſtand von Griechenland. 73

leicht, and die Lehre ſich ſelbſt darbietend, und aus der Erzählung natuͤrlich ausflleßend ſeyn. Alle dieſe Merk— male findet man in den aͤlteſten Fabeln der Griechen ſo⸗ wohl als anderer Völker, und nad) ihnen kann man in: mondyen eingeinen Fällen, über das Alter und Anſehen bon Gedichten dieſer Are, einen ziemlich suverläff igen Ausſpruch thun.

Merkroürdig ſſt es, daß Yefop, unb aud) bie er» fen Fabeldichter anderer Nationen, ihre Zeitgenoffen allein.oder Doch vorzüglich Durch Handlungen und Bege⸗ benpeiten von Thieren, nicht aber durch die Benfpiele und Mufter von Göttern oder van Melden, ober endlich von erdichteten und allegorifchen ‘Perfonen zu beichren, ud zu warnen geſucht haben, Dies fcheint um deſto fonderbarer, da wundervolle Erzählungen von ben Tha⸗ tm und Schidfäjen unfterblicher oder vergätterger Matus ten, und Märchen von afleriey Art, In Griechenland, und auch unter andern Nationen, entweder älter,. oder doch eben fo alt waren, als die Zabel im: Hefopifchen Ger ſchmack. Alle Forſcher, welche die Geſchichte dieſer Dichtungsart unterſuchten, bemuͤhten ſich, die Gruͤnde zu finden, warum man ſo allgemein dieſer Art lehrreicher Erzaͤhlungen, vor allen übrigen Gattungen, den Vorzug gegeben habe. Ein jeder gab eine andre Urſache dieſer Erſchelnung an, "und glaubte dabey die wahre entdeckt zu haben, Allein Peiner hat fie da geſucht, mo fie allein ge» unten werden konnte, nämlich in der Denfungsart der Menſchen, Die zuerft durch Fabeln unterrichtet wurden. -

Die älteften Fabeldichter lebten in forchen Zeital⸗

teen, in welchen der größte Theil eines Volks wenig ge⸗ der, über die Thlere bes Feldes wenig erhaben, und BE, .. hut

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| 74 Eiſtes Vuch.

juglelch it ben außerordentlichen temkeiten und Kuͤn⸗ ſten derſelben auf das vertraulichſte bekannt waͤr: in wel⸗

chem alſo auch der rohe Menſch, der die todte Natur be⸗

lebte, und ſelbſt die goͤttliche vermenſchlichte, leicht dar⸗ auf verfallen konnte, Thieren, deren Werke ihm eben fo unnachahmlich als "unbegreiflich waren, menſchenaͤhn⸗ liche Sprache, und Vornunft zuzutrauen. Der Glaube

an vernuͤnftig redende und handelnde Thiere war vormals,

und iſt noch izo allen Wilden und Barbaren, und ſelbſt mehrern halbeultivirten Voͤlkern gemein *), und die Eins

. theilung der empfinbenden Etdbewohner in vernünftige

und unvernünftige wurde und wird nicht eher gemacht und angenommen, als bis der Menfch fich lange in Erädte zurückgezogen, und durch Künfte, Handwerke

und Wiffenfchaften über die There, deren. angebohrne

Befchieklichkeiten er immer weniger und weniger beobach⸗ tet, zu erheben angefangen hat. Die älteften Fabelerzaͤh⸗ ler waren daher nicht durch gehends Erdichter , wenn fie

i Thiere auf eine menfchenäßnliche Art reden und handeln

lleßen , fondern fie folgten einer herrſchenden Meynung,

die ſich wahrfcheinlich zu -Aefops Zeiten nach nicht ganz

verlohren harte , und übertrafen ihre Zeitgenoffen nur barinn, daß fie Diefe Meynung zum beften ihrer Mits bürger nuzten. Sie erfanden einzelne Begebenheiten, Handlungen unb Reden von Thieren und Göttern, bie aber beyde mit den gemeinen Begriffen‘ ihres Zeitalters übereinflimmen muften. Waͤten die Menfchen nicht zu einer gerolffen Zeit überzeugt gewefen, daß die Thiere nach Art der Menſchent redeten und bandelten; ; fo würde die

* Siehe meine phil. Schriften zter Theil ©, zn. Ä

| Ueber den älteften Zuffand von Griechenland, 75

die Aeſopiſche Fabel felbft als Erdichtung unmahrfcheine : ih gemefen, und als folche verworfen worden fenn, .:

Bon feiner andern Art von Erzählung , fie mag . frühee oder fpäter als Bie Aeſopiſche Fabel erfunden wor⸗ den ſeyn, konnte man ſich fo große Wirkungen, als von der leztern, verfprechen. Die Abentheuer erbichte tee Perfonen würden gar fein Anfehen erhalten, und kei⸗ nen Eindruck gemacht haben; weil cıan fie von ber er fien Jugend an von Ammen und alten Grauen in Mährs hen gehört hatte. Die Schickſale der Götter waren meiftens fo ſehr außer der Orbnung der Na« tur ,. und Ihre Handlungen fo menig mufterhaft, daß. ' bie einen felten lehrreich ſeyn, und die antern faft nie mals zur Nachahmung empfohlen werden konnten. Wahre Gefchichte gab es gar nicht, oder fie war äuferft eingefchränft. Große Helden waren faft zu Göttern er.

hoben, und ihre Thaten der Mythologie eingemebt oder angehängt. Was man aber auch noch von zuverläffigen Ueberlieferungen aus vorhergehenden Zeitaltern befaß, war fo unbedeutend, daß man aus Ihnen nur felten Beyſpiele bernehmen fonnte, bie auf gegenwärtige Fälle gepaßt hätten. . Die Handlungen und Begebenpeiten von Thies ren boten daher ben reichften und fchidlichften Stof zum | faßlichen anziehenden Unterricht für folde Menfchen dar, dergleichen diejenigen waren. mit welchen Heſiodus, | Archilochus, und felbft aud) noch Aeſop lebten,

Won Peiner Seite ift die Aefopifche Zabel ben Spruͤchen ber Weiſen und Gedichten der Gnomiker fo ähnlich, als von dieſer, daß ihr Wirfungsfreis und- ihre Nüztich keit eben fo fehr, ober auch mehr begränzt waren, als der erſtern ihre. Nachdem unter den Be,

elt,

76 Erſtes Buch.

| Weltmeisheit , Berebfamfelt, Gefchichte und drama»

eifche Dichtkuuſt entftanden ; ließen die aufgeflärtern und durch Dichter und Redner verwöhnten Volksverſamlun⸗

» gen ſich nicht mehr durch ſolche ſchmuckloſe Erzählungen

befriedigen als wedurd) Stefihorus und Aefop ihre Zeitgenoffen geleitet harten. Die Aefopifche Fabel fanf in die Claſſe von Moͤhrchen, ‚oder doch von erzaͤhlen⸗ den Gedichten herab, von denen man mehr Unterhaltung und Ergoͤzung als Unterricht erwartete, und die man ganz für Erdichtungen hielt, weil man nichtmehr- an Sprache und Vernunft der Thiere glaubte. Unter ben

Griechen machte ſich daber nach bem Aefop Bein einziger

Sabeldichter berühmt, ungeadjtet nod) viele einzelne Fa⸗

beln ausgearbeitet wurden. In dieſen trat man oft aus

den urfprünglichen Orängen biefer Dichtungsart heraus, weil man nicht mehr dieſelbigen Zwecke hatte, welche

Ihre erſten Erfinder zu erreichen ſich vorfesten, Man belegte Fictionen aus der Mythologie, luſtige Erzähluns

gen von Begebenheiten aus dem gemeinen Leben, ja ſelbſt ſolche, in denen lebloſe oder allegoriſche Weſen re⸗ dend und handelnd eingefuͤhrt wurden, mit dem Namen

Aeſopiſcher Fabeln, und glaubte, daß fie In der Manier

des Phrygiſchen Bolfslehrers erdichtet waren, Phaͤdrus erfuhr zuerſt, Daß feine andre Dichtungsart meht an ges

wiſſe Zeitalter gebunden fen, als die Aefopifche Fabel,

und daß fie unter aufgeflärten Völkern weber den Muzen fifte, noch den Ruhm verfchaffe, den Aeſop geſtiftet und erlangt hatte. Denn ungeachtet ber Freygelaſſene

des Auguſts gewiß anmurhiger erzaͤhlte, und eine ſchoͤnere Sprache redete, als derjenige, welchem ee nacheiferte;

fo war doch der Beyfall, ben er erhielt, fo-geringe und a ſo

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Lieber den alteften- Zuftand von Griechenland. 77

fo kurz daurend, daß Seneca die Aefopifche Fabel als eine Dichtungsart anſah, in welcher die Roͤmer ſich noch gar nicht verfucht hätten *). | So fehr aber alle bisher gefamlete Züge des Zeitalters der fieben Weifen zu einem einzigen harmoni⸗ ſchen Gemälde zufammen flimmen ; eben fo fehr ſcheint ihnen die große Zahl von Trinf s und Hebestledern zu wi derſprechen, an welchen fein anderes Zeitalter fo fruchte bar war, als dasjenige, in welchem die Griechifchen Meiifen lebten und farben. Entweder zugleih, oder auch kurz vor und nad) ihnen fangen Alkman, Alfäns, Soppho, Anafreon und Ibykus, deren Werke fo. ausge: laffen und üppig waren, daß fie fo gar einem nich: fehr firengen Sittenrichter, der zur Zeit der hoͤchſten Rudy loſigkeit der Römer handelte und fchrieb, anftößig wur. den **). Nicht aberbloß die eben genannten Dichter, . . . . bie

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©) Conf. ad Polyb. e. 27. Non audeo to usque eo per- ducere, ut fabellss queque & Acfopeos Ipgos, in- tentatum romanis ingesils opus, follta tibi vanuflate eonnedies, Diffisile el quidem, ut ad haec hi- lariora Audia tam vehementer porculfus aulmus, tam eito poflit aceodere, Die lezten Worte zeigen, daß _ man auch damals die Aefopifhe Zabel mehr fir eine’ ergözende, ale ernfthafte unterrichtende Arbeit oder Lectüre bielt. No . %) Quis won intelligie, quld homines dodiimt & fummi poetae de ſe ipfis & earminibus edant & eantibus? fortis vir in (ua republien cognitus, quas de juvenum amore feribit Aleaeus? Naus Anacreon- tis quidem tota poeſis eſt amatorla.. Maxime vero omnium flagrafle amere Rhogisum Ihyeum, apparot ex feriptis, Atque harum ownium libidinefos eſſe amores videnms. Fragmente dieſer Dichter finder man beym Athenänd.X, 8. 430. All. 8. 601.

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I. EGrſtes Buch. die ſich ganz der Venus und dem Backs getsibmet | haften und die als eifrige Diener diefer Götter berüchtige . waren, fondern auch die größten unter den Gnomikern, Solon, Mimnermus, Theognis, Simonides und Ste⸗ -fihorus priefen mit entzuͤckender Begeiſterung die Freu⸗ den ber’ Siebe.und des Weins, und munterten zu ihrem Genuſſe auf *). Dies zahfreiche Chor von Dichtern , . - deren Stimmen ſich alle zu Sobgefängen adf die gröbften “und hbeftigften finnfihen WBergnügungen vereinigten, fcheine einen Hang zur Ueppigkeit und Schwelgerey zu verrathen, von dem. man faum begreifen kann, wie er ſich mit der Einfalt der Sitten und Denfart zufommen finden fonhte, die aus: den Sprüdyen und Raͤthſeln der Weliſen und aus den Gedichten der alten Gnomiker her⸗ vorleuchtet.. Um dieſe dem erſten Anſehen einander entgegen⸗ geſetzken Erſcheinungen zu erklaͤren, muß man erſtlich bemerken, daß-nicht immer Ueppigkeit in. Schriften, Verdorbenheit ver Sitten in ihren Verfaſſern, oder de⸗ ren Zeitgetioffen beweiftl. Ich will mich nicht darauf - berufen (weil man gegen dies Beyſpiel mandjes einwen. ben fönnte) daß eben der weiſe Koͤnig, der ſein Volk durch ſeine Spruͤche belehrte, auch der Verfaſſer des hohen Lledes ſey; allein gewiß iſt es doch, daß Archilo⸗ ‚hus, der früher lebte, als man bie Anfänge der Ber- . dorbenpeit ber Griechen mit einiger Wahrfcheinlichkeie , “annehmen kann, fo unſittlich und verführerifch in feinen Gedichten war, daß dieſe Deswegen aus Sparta aus. - gewor⸗

®) Simonid, ap. Ath. XII, 1 Mimner, KIM, 7. 8. Stelich, XI. 8. 601.

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lieber den äfteften Juſtand von Griechenland. 7,

gewoͤrfen wurden *). Wir miffen ferner, daß unter den Römern , felbft in den Zeiten, wo ihre Mäßigfeit und Reinigkeit der Sitten, ihrer Tapferkeit und Barerlandes llebe gleich Fam, die älteften Saturninifche und Fescen⸗ ninifäye Gefänge im hoͤchſten Grade muthwillig und un. jührig waren **). Unter den ‚Griechen ſowohl als Roͤ⸗ mern fcherzten ferner die größten und ernfihafteften Staats, männer, Heerfuͤhrer, Beherrſcher und Weltweiſe, des ven $eben und Charafter meiftens ganz untadelich waren, in den feichtfertigften Gedichten, : deren anziehendfter Heiz ihnen eben ihre Unzuͤchtigkeit zu ſeyn fehlen ***),- Die großen Namen diefer Männer findet man beym Plinius und Apulejus, die: ſich mit ihren Beps fpielen rechtfertigten, und beren Keufchheit eben fo mu⸗ fierhaft, als ihre Schriften muthroillig wareh +). Im | alten

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ν 5) Ath. VI. 3.

u) Cafaub. de Satyrica Pocfi & Satisa Rom. Il. 1. p. 177. & ſeq. ® '

Ss) Schnus (fagt Plinins, indem er von feinen Hendekas follaben redet, VI. 14 ) alloquig hujus opusculi Illam eſſe verifimsm legem, quam Catuilus expreflit,

Nam caftum efle deset pium.poẽetam lpſum, verficulos nihil neceſſe eſt: . Qui tune denique habent falem & leporem, fi ſunt mollieuli & parum pudiel,

4) Apul. 310. 11. Ed. Colvli & Plin. Vil. 4.

Audii genus, & ia eblefistlonibus habuiſſo & ia laude pofuiffe, Intendi animom, eontraque opinio. nem mesm, poft longam defuetudinem, perquam exigo temporis momento Id Ipfum , quod me ad feribendum follieitaverat, bis verfibus exorarvi,

Quum libros Gsili legerem, quibus ille parenti

Aufus de Cicerone dare eft palmamgue deeusgue,

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Epift.”— coepi reputsre, matimos orsteres hoe j

, " , \\

80 J Bu Erſtes Bude zu : often. Gelechenlande kann man aus Unfitellhfeit von EScheiften um defto weniger auf Ruchloſigkeit des Charak- ters, oder Nusartung ber Sitten ſchließen, da der Genuß finnlicher Freuden an manchen Feſten und feſtlichen Zufams- ‚inenkünften einen Theil des Goͤtterdienſtes ausmachte. gg war alſo niche Widerfprud) oder Unbeftändigfeit, mern Solon, Mimnermus, Simonides und andere, die in’ihren ernfihaften Gedichten “alle Geſchlechter und

„Acer zut Tugend zu erwecken ſuchten, in froͤlichern Ges ſaͤngen gleich Juͤnglingen ſpielten; und eben ſo wenig

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Fann man ſchlechtweg behaupten, daß der Verfall der . 2 Bitten unter den Aſiatiſchen Griechen eben fo groB, ale

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pie. Ausgelaſſenheit ihrer Dichter geweſen ſeyn muͤſſe. | Ungeachtet aber die jego mitgetheilten Betrachtun- gen viele Schwierigkeiten in ber Beantwortüng einer Frage, die anfangs unaufloͤslich ſcheint, aufklaͤren, und aus "dern Wege raͤumen, fo werben fie doch diejenigen, weiche die Zügellofigfeit .eines Alkman, Anakreon und Ibykus nur aus Ihren Sragmenten fennen, noch nicht: ganz be⸗ frledigen. Ich bemerke daher ferner, daß gerad? die BE . | =... (hlimme

4

4 a . il Lalcivum luveni luſum Cieeronis, & Mo Ip andum ingenio quo ſeria eondidit, & quo. Humanis fallbus, multo vatloque lepore Magnorum oftendit mentes geudere sirorum;. Nem queritus quod fraude male fruſtatus er nn umantem Pauscula eoenato ſibi debita ſua via Tiro Tempore nocuurno ſubtraxorit. His ego lacti⸗ Caur poft haec- inquam, ooftros celamus amores?] Nullumque in medium timidi damus ? atque Tironisque dolss, Tironis wolf: fugacen. Blanditias, & furta novas addentia flammas ?

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Ueber den atteſten Zuftand’vomOxichenland ‚gt

ſchlimmſien unter den alten Wein: und Aebesdichtern der Griechen, entweder in einer Stadt ‚gebohren wurden, welche marı die erfte Verfuͤhrerin und Verderberin der Griechlſchen Staͤdte nennen kann, oder daß fie audy an dem Hofe des reichſten , gluͤcklichſten und ausſchweifend⸗ ſten Thrannen des Polykrates lebten, und daß fie endlich etwas foäter als die Griechifchen Welfen, und zwar im ſolchen Zeiten bluͤhten, wo Weichlichkeit, Schwelgerey und alle Arten unnatuͤrlicher Luͤſte das Afiatiſche Griechen⸗ land wie Fluchen überfcimemmeten, und allenthalben die fuͤrchterlichſten Verheerungen anrichteten. Dieſe Sittenverderbniß girig von den Hdiern aus, die unter ihren lezten Koͤnigen, beſonders unter dem Kroͤſus, das reichſte, aber auch bald nachher das nichts, mürdigfte und üppigfte unter allen Afiatifhen Völkern wurden. ie waren nicht nur die erften Erfinder der mweichlichften und Eöfflichften Kleider und Tapeten, forte bern auch ber wohlriechendſten Salben , ber lecferhaftes ften Gerichte und der ſchmelzendſten Inſtrumente *). Sie pflanzten zuerſt Paradiefe oder ſchattenreiche Gaͤrten, in deren kuͤhlenden Gaͤngen und wolluͤſtigen Einſiedeleyen ſie Erfriſchung und Ruͤhe zum lebhaftern und ungeſtoͤrtern Genuß der feinſten ſinnlichen Vergnuͤgungen ſuchten. Sie entdeckten zuerſt das Geheimniß, auch Maͤdchen zu verſchnelden, um ſie zu Huterinnen ihrer Weiber und Benfchläferinnen, und zur Vewichtung anderer Geſchaͤfte |, Athen, XII. 3. XIV. 9.634. XV. 12. 690. enu dıas- er "Bönrer Ad Huradsc Pi 1 Audei, Ka Force Kyce rerorr. Au ans; » unascn dv rs

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ou gebrauchen, bie ſonſt maͤnnlichen Berfänlteien af, getragen wurden, Als die Einwohner, von Sarbes fi ‚gegen den. Kyrus, der Ihrer gefchont hatte, empötten, und dieſer fie In feinem Grimme vernichten wollte ; gab Kröfus aus Siebe zu feinen Untertanen dem erzürnten Sleger ben Rath, den Ipdiern, und befonders den Bürgern der - übermürhigen Hauptſtadt, ſtatt des Lebens ihre Maͤnn⸗ lichkeit und alle Tugenden zu nehmen, wodurch fie den Perfern fürdptetlich werden Fönnfen *). Auf biefen Vor⸗ ſchlag des Kroͤſus unterfagte Kyrus den Iydiern auf ewig bden Gebrauch der Waffen und Eriegerifche Uebungen: er ſchrieb ihnen eine Kielderordnung vor, wodurch fie in weibiſche Komoͤdianten verwandelt wurden, und beſchl ihnen, ihre Kinder beyderley Geſchlechts in allen Kuͤnſten der Unzucht und Verführung gu unterrichten. Die Voll zlehung diefer Verordnung brachte nach der Bemerkung des Herobot in den Sitten und der Lebensart ber Lydier eine gänzliche Veränderung hervor. Zur Zeit dieſes Ges fchichtfehreibers war es ſchon eine ganz allgemeine Ge⸗ wohnheit, daß die Töchter der Lydier mit ihren Reizen iwucherten, und den Genuß derfelben an den meiftbietene den verkauften, um ſich durch dies ſchaͤndliche Gewerbe einen Brautſchaz zu fammien “), | Diefe entfezliche Eittenverberbniß ber Spbier ver⸗ breitete ſich ſchon in den lezten Zeiten ihres Reichs, noch “mehr aber unter den Perſiſchen Koͤnigen über die Grie chiſchen, befonders die Joniſchen Städte, bie daher U auch im Eurepalſchen Griechenland eben fo übel berüd) 7

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Ucher ben aͤleſten Zuſtand von Griechenland. 63

tigt, als bie Lybier wurden *), Kolophon war bie erſte

Ungluͤckliche, die ſeit ihrer Zinsbarkelt und genauern Were’ . bindung mit den $ydiern *) Ihre alte einfache mäßige: Lebensart verließ, umd mit einer Art von Wuch ſich in auslaͤndiſche Schwelgerey und Ueppigkeit ſtoͤrzte. Mehr

als tauſend ihrer Bürger prangten am öffentlichen Der teen mit purpufien Gewaͤndern, die man bisher nur zum Schmuck und unter die Kleinodien von Röntgen gerech⸗

net hatte, unb bie bamals noch mit Silber aufgerogen:

wurden, Beil fie glaubten, daß -für die fellgen Be⸗ wohner von Kolophon Fein Augenbli Teer vom Genuß jr

und unausgefüllt mit ben ausgefüchtefien Vergnuͤgungen

feya muͤſſe; fo machten fie ein Geſez, das ach bis auf

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9) Athen, XII. 625. 526. OsoDpasos dv Tu BEps

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ſchoͤpfung Dazu gezwungen wurden. Das Lehen dieſer Schwelger. war faſt nichts als ein beſtaͤndiger Rauſch, oder Erholung: vom Rauſche, und e$. ſollen viele, unter

die £oftbarften Seltenheiten wat Eigenthümlichkeiten aller

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* 77 PR zur Zu." , . ı » an . \ * 3 F us no 4. PO ww. R - R 84 Erſtes Buch v 7 4% ya, j Y

zungen ‚aus. Dem, y . werben. follten ,.: daß fie. verpflichtet waͤren, yom frühen. Morgen his am den ‚einbrachenden Abend ‚für die Untere

4

Zages:tratan ſie, ohne ſich auszuruhen, in einen andern Wirbel naͤchtticher Freuden über ,..von denen fie fich nicht

dee innen ut ati mh Dig Zeiten ‚bes, Arhenäys.fprtdausete, und: das mehr als isgend etwan anders den wahnfinnigen. Taumel verraͤth, da ſie ergriffen ‚haste, daß Tänzerinnen , Sängerinnen, und andere, Diengeynd; Husſtlerinsen oͤffentlicher Ergoͤ⸗ | Shan des Volks fo seichlich belohnt

haltung ihrer Wohl haͤter zu arbeiten... Aus diefem Kreife ugmittelber.; auf, einander folgender Zerfireuungen bes

cher trenneten, als bis fie durch Sinnloſigkeit und Er«

ifinen geweſen ſeyn, die niemals weder die aufgehende

noch die untergehende Sonne geſehen ‚hatten, .

Dieſe rafende Ergözungsfucht und Prachtliebe fam

von. Kolophon zuetſt zu ‚den. Mileſiern, dann gu

zu haben. Nachdem aber Polykrates ſich der Herrſchaft bet Samos beniächtigt , fich viele. Ehlande und Städte, (eibft am feſten Sande unterworfen, und große Schäge

geſammlet hatte ſchuf er Samos in ein zweytes Sardes um.**), Er verſammlete nicht pur die groͤßten Kuͤnſtler,

Sänder an ſeinem Hofe und:

237 *

auf feiner Inſel, und

ſchmuͤckte en α νν. . , *®) XII, Athen. e. 9. 10. p. 549. 41.

*

Re

en. .

den -Ephefieen., und -enlich: zu-den. übrigen - Jonifchen Städten”). Am ‚fpäreften ſcheint ſie die Inſeln erreicht

e

Weber den if Zufan 20 Griechenland. 8

ſchmuͤcte nicht bloß die Stadt mit den praͤchtigſten Bei. ten aus; fondern er fürläferte auch ˖die Samier durch unaufperliche Feſte, Schmäufe und eine ſich faft nie ver. lierende Trunkenheit ein: er ‚legte nach Sardifchen Din: ſtern Derter oder Plaͤje an, wo men ale Vergmügungen, bie die Siebe .nur gewähren kann, ohne Müße fand,. und ohne Vorwurf und Geſeze genießen durfte: endlich floͤßte er dem ganzen uͤbrigen Griechenlande eben dert Hang zur Schwelgerey und Ueppigfeit. ein, wodurch er feine Mit: bürger entfräftet hatte.

Diefe ungeheure Sittenverberbniß brachte faft in allen Städten diefelbigen Wirkungen hervor *). Gränzens loſe und ſelbſt Durch den Genuß gerelzte Begierben erzeugten Verſchwendung: auf Verfchwendung folgte Armurh und peinigendes Unvermögen , ben unerfättlichen Durft nah . Vergnügungen befriedigen zu Finnen, Aus Armuth entflanden Hang zu Neuerungen, Raubſucht und Kuͤhn⸗ heit zu den größten Sreveltbaten, und ass diefen endlich entweder Tyranneyen oder Aufrußre, in welchen bie Reichen und der Pöbel fich wechſelsweiſe verjugen, ober mit une _ menfchlicher Grauſamkeit aufrieben *). Viehiſche

83 Schwel⸗

8) Ich werde dieſe Bemerkung in der Folge bey vielen an⸗ dern Staaten wiederholen muͤſſen. Nuper, ſagte Li⸗ vius (In praef.) von den Römern, divitise avaritism "& abündantes voluptates defiderium , ‚per luxum at- que libidinem pereundi, perdendique omnie in. wezere, .

©%) Herod. V. 28-30. Athen. 523.26. In Mile ließ der Poͤbel die Kinder der Reichen von Ochſen zertres ten, und als die Häupter der Ariftofratie wiederum die Oberhand erhielten, verbrannten fie ihre Feinde . famt Weibern und Kindern. Athen. 524.

86 Erſtes Buch. Schwelgerey; und entnervende Weichlichkelt töbteten in pen Aſiatiſchen Griechen alle öffentlichen Tugenden, machten ihre ſchwachen Bemühungen zur Wiedergemin. mung ber Freyheit vergeblich‘, und wuͤrden wahrſcheinlich auch den fernern Fortgang von Künften und Wiſſenſchaf⸗ ten gehindert haben, wenn dieſer auch nicht durch den Perſiſchen Despotismus wären verjagt oder erſtickt

"Ueber den aͤleſten Zuſtand den Griechenland. 87 Erſte Beylage.

ir Bemerkung, boß Einrichtungen bes Minos der Grund des nachherigen Ruhms und Ueber⸗ gewichts der Griechen über die Perfer wurden , kann nie» manden fonderbar fcheinen, der fidy befinnen will, daß Minos zus die Gymnaſtik zu einer Vorübung bes Krieges und zu einer Ausbilderin ftarfer und gewandter Krieger machte, daß Lykurg bie Kretifchen $eibesübuns gen nach Sparta hinuͤber brachte und vermehrte *), daß eben biefe Leibesübungen der tafebämenier eine ganze Zeltlang eine unbeſtrittene Ueberlegenheit über alle andere Griechen im Kriege verfchaften **), und daß fie endlich) von Sparta aus ſich allmählich’ auch über bie übrigen Grlechiſchen Staaten verbreitete, und die Bürger derſel⸗ ben eben ſo ſehr, als Freyheitsllebe und Klugheit, zu Slegern über die Barbaren bey Marathon und Piatög, und In ben Geſilden Aſiens gemacht habe.

Die meiften Arten Griechiſcher Wettkaͤmpfe * viel älter, als die eigentlichen feierlichen Spiele, und hatten enfangs auch nicht dieſelbigen Abſichten, bie fie In der Folge erhielten. Die erſtern fteigen bis über die Trojanifchen Zeiten, und vielleicht bis über das Zeitalter des Minos hinauf ber durch fie wahrſcheinllch jur Eine führung feiner Disciplin veranlaße wurbe***), an ſtatt daß bie Alteften ber lezteru, die Olympiſchen, vom

F Mbi⸗ 9 Man ſehe befi Arifiox. ap. Athen, XIV. 7. 63%

.*%) De Civ, VIE 4. Arlf, “6) Froret in Mewmelres de r And, des laſerixi. vu.

28p. 298.

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8. Erſtes Bud.

gphiene kunber und acht Jahre vor dem Aufenge der Oiympiaden, und 884 Jahre vor Ehriſti Geburt geftif: tet wurden *). Alle Wettkämpfe waren urfprüngtich Ä mehr kunſtloſe Ergoͤzungen an oͤffentlichen Zuſammen⸗ kuͤnften, ober gottesdienſtliche Handlungen, die man verſtorbenen Helden zu Ehren an Ihren Graͤbern vornahm, als Friegerifche Leibesübungen, bie forgfältige Vorberei⸗ ‘tung’ erfordert, und dem Körper Stärke, Behen⸗ digkeit und Dauerhaftigkeit gegeben haͤtten. Man wußte lange nach der Stiftung der Oiympiſchen Spiele nichts von ſtaͤrkenden Salben und Reiben, nichts von der Ente bloͤßung des Leibes, nicht einmal von’ ber Bekraͤuzung der Sieger mit Delzweigen **). Die Spartaner waren die erſten, welche auf den Befehl des Lykurg bey ihren friegerifchen Uebungen fich falbeten, und alle hinderliche Bedeckungen abwarfen; und Ihrem Beyſpiele zu Folge ‚wagte es ein Megarenfer zuerft ganz nackt in ben Olym⸗ riſchen Spielen wertzulaufen ***), Dies fehlen den Glrriechen anfangs lächerlih,, allein man gewoͤhnte ſich bald daran, und ſahe den Nuzen dieſer Neuerung ein +). Foſt zwey hundert Jahre nach der Stifcung der Olhm— piſchen Spiele war das Laufen Die einzige Uebung, in welcher man ſich zu zeigen pflegte ff); und erſt im An⸗

"fange der adezehnten Olympiade fuͤhrten zween Spartaner

| ‚das 9 Man feße Straße VII. 5494-48: Paul, V. 4. 7. 8. 16. 24. 18. |

Thue, 1. 6. trade l. e. 1,088) Ih, & Meurfius de Asch, Athen. I. 4- -6. t) Plato de rep..V 330. Ed. Meffey. | +4) Man fehe Meurfius, I, e. bef. aber Pauf. V. q, wo man:die Seit und Ochnung der. Kaͤmpfe, diealmählih Sinzufanen, am richtigſten angegehen, ſindet. |

/

Ueber ben äfteflen Zuftand ven Griechenland. ‚89

das Pentarhlon.und Ringen ein, in welchen Leibesuͤbun⸗ gen fie auch den Preis erhielten. Die Safedämonier alſo waren es, welche die heftigſten aus Kreta empfangenen Leibesͤbungen deu übelgen Griechen mictheilten, und fie marenzs auch, die fie am längften beybehielten, da fie in den übrigen Griechiſchen Staaten auszufterben ans fingen *), Wenn man die Urfachen auffucht, warum bie Gpmnaftit mehrere Jahrhunderte ben Kretern, und . naher den Spartanern eigenthümlich geblieben fey; fo findet man fie in den Gefesgebungen des Minos und ykurg, die von denen aller übrigen Griechiſchen Staaten himmelweit verſchleden waren. Minos bildere (und eben das that nachher Lykurg,) die Kreter in Krie⸗ ger um, bie keine andere ihrer wuͤrdige Kunſt, als die des Streits, und im Frieden keine andere edle Beſchaͤf⸗

tigung, als Jagd und Leibesuͤbungen kannten, bie ferner

Ihre Felder von unterjochten. Sclaven bearbeiten ließen, und Ackerbau und Handwerke hingegen als freyen Maͤn⸗ nern ſchimpflich anſahen **). Beyde Voͤlker harten alſo zu allen Arten von Leibesuͤbungen uͤberfluͤſſig Muße, und wurden von ihrer erſten Jugend dazu angehalfen. Sn ben. übrigen Griechiſchen Staaten hingegen waren alle Bürger dem Aderbau und Handmerfen ergeben, und bey diefen Ponnten daher bie Kretiſchen und Spartanis (hen $eibesübungen nicht eher Eingang finden, als’ bis fie reich genug wurden, Symnaſia zu erbauen und zu intetgalten , und bis eine „ereächelihe Anzahl von Mite j 5 | bürs . *) Athen, I, ſap. elt. 0) Ari, ds Civ. 11, 8. Pat, de Leg. IV, ialı, p. 0

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90 | | Erſtes Bud. Gürgern begätert war, baf fie ſelbſt die GSymnaſia

beſuchen, oder von ihren Kindern beſuchen laſſen konnten, ohne ſich und ihre Familie einer beſchwer⸗

ichen Daͤrftigkeit auszufegen. Schon lange vor

den Perſiſchen Kriegen merkte man es, daß die Pa⸗ laͤſtra die Ernaͤhrerin ber Tapferkeit ſey, und Polyfras tes ließ daher alle Gymnaſi en als Ne Seine feiner Herrſchaft zerſtoͤhren *). |

Aypeyte Beylage

| Yon dies Refultat meiner Unterfuchungen fännen vor⸗ ‚züglich zween Einmwürfe gemacht werden: erfilich aus den berunbernswürdigen Werfen des Dädalus, wie Diodor fie befchrieben Hat **), und dann aus den Geſchenken, weiche die Kupfeliden dem Jupiter zu Olympia wibmeten, und unter welchen vorzüglich ber Kaften des Kypſelus merk. wuͤrdig iſt. Die einen ſowohl, als bie andern. fcheinen ein höheres Alterthum und größere Fortgaͤnge der Kunſt im eigentlichen Sriechenlande zu bewelſen, als ich anges nommen babe,

Mas bie Bere des Daͤdalus betrift, fo berufe ich mich auf die vortrefflichen Goguetifchen Bemerkungen über dieſen griechifchen Bildhauer, in welchen jener auf eine unwiderlegliche Art darthut, daß afle_die großen Denkmaͤler, die. man bem leztern sugefchrieben habe, er: - dichtet ſeyn *). Ungeachtet ich es fuͤr eine ſehr kuͤhne

Ver⸗

* 5 xin. /20) IV. 319. u. f. wi) IL 207% .

Lieber den älteften Zuſtand von Griecheniand. "gr

Vermuthung des Paufanias halte, daß man alle hölzerne : Siatuͤen lange vor dem Dädalus Däpafa genannt, und bef alfo der erftere feinen Namen von den leztern, nicht bie feztern von ihm empfangen haben *); fo mollte ich Diefe Vermuthung doch noch viel eher vertheidigen, als glauben, daß bie rohen Statuen, die man zu den Zeiten diefes Schriftftellers für Arbeiten des. Dädalus ausgab, und bie er felbft auch dafür hielt, von der Hand dieſes ale ten Kuͤnſtlers gersefen feyen**). Man darf nur bebenten, daß Dädalus nahe an funfzehn hundert Jahre vor dem Paufanias lebte, und daß die Werke, die man ihm zu⸗ eignete, faſt alle von Holz waren, um fid) zu überzeugen, daß fie eben fo wenig von ihm herrühren konnten, als die Statien ächt warm, bie man vom Kekrops ***) ober den Töchtern des Danaug +) gehelligt, oder aud aus Ilium berübergebracht glaubte, Wie wenig man fi) auf die Meberlieferungen und Angaben der Griechen bey Denk.

mälern und Prrfonen aus einem hohen Alterthume werlap

fen koͤnne, erhellt unter andern daraus, daß man ben Skyllis und Dipomus-, die um bie so Olympiade bluͤh⸗ gen ), und den Bearchus von Rhegium, ber bie bron⸗ zene State bes \yupiters in Sparta, deren Theile mit Nägeln zufammengebeftet waren, verfertigt hatte +t}), für Schüler des Dadelus 6 Diet Wollte aber jemand alle die

Ueber, |

5 IX. 3.

”+) Er nennt fie 1.27. p. 62 IL. 4. p. 121, def. IX, 40. 79% ) 527. P.6. _

Tr) 1. 37.1298.

+1) Plin. XXXVI. 4.

tif) il, 32. 187. ſx. II. ı7. p. 357. Pauf,

I J J J m Erfies Buß. gen

22

Ueberblelbſel veehehner Kuͤnſtler, die man im zwenten

Jahrhunderte nach Cheiſti Geburt als Werke des Daͤ⸗

| dalus verehrte, dleſem Zeitgenoſſen des Minos wirklich

zueignen, ſo wuͤrde man daraus nichts’ für die frühen | Fortgaͤnge der ſchönen Kunſt in Griechenland ſchließen

koͤnnen. Sie waren naͤmlich ohne alle Ausnahme. hoͤchſt

unvollendet, und fuͤr das Auge der Kenner beleidigend )

und es fand ſich darunter eine Venus aus weichem Steine,

Die nicht einmal Füße, ſondern ſtatt deren einen unförme lichen Block hatte**), Man könnte aus diefer Nachricht bie gewöhnliche Meynung, die für mid) immer etwas

unwahrſcheinliches gehabt hat, bezweifeln: daß ſchon

Daͤdalus die Phoͤniciſchen und Aegyptiſchen Muſter, die zu feiner Zeit nicht felten in Griechenland feyn Fonnten, über. troffen, und ſeinen Bildſaͤulen $eben und Bewegung ge⸗

geben habe. Selbſt die Statuͤe des Apoll zu Amyklaͤ, bie man, glaube ich, nicht älter als die funfsigfte Olyma vriade machen kann, war, Mund, Haͤnde und Fuͤße | ‚ausgenommen, weiter nichts, als eine eherne Säule ”e),

| Der. Kaften bes. Kypfelus, deſſen Beſchreibung beym Pauſanias t) Hear Hoftath Heyne. vorrrefflich er⸗ laͤutert hat, verdiene in der Griechiſchen Kunſtgeſchichte bie größte. Aufmerkfamkeit. Diefer Kaſten war aus Ce⸗ dernholz verfertigt, und mit Basreliefs und Figuren aus Eifenbein und Geld auf allen Seiten gefchmückt, Um: das hohe Altertfum deſſelben zu beweifen, „darf ı man ſich

on nicht

ul. ee *9 1X. 40 793. a

®+*) III, 19. 257. Pauf. H»V. 17.419. uf en

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Ihe den älteften Bulfand von Sriechenland. 3

nl af die allgemeine Sage. berufen : : daß Kyiſclu⸗ gleich nach feiner Geburt vor ſeinen Nachſtellern datinn verſteckt worden; auch nicht auf die Vermurhung, dee. Paufonias, daß der Korintpifche Dichter Eumelus, der. nach Frerets Meynung um ben Anfang der Olympladen lebte „der Berfaffer.der Snfcheiften ſey, wodurch Die Bes deutung mehrerer Figuren beftimimt wurde, auch endlid) nicht darauf, Baß der Kuͤnſtler zu den Zeiten bes Pau⸗ (anlas gänzlich unbekannt war. Das hohe Alterthum dieſes Werks wird Durch Die Charaktere oder Buchſtaben, die darauf vorkamen, und die ſelbſt dem Pauſanlas oft unleſerlich waren, und durch die ſurchenmiaslge Schtiſt un⸗ widerſprechlich dargethan. Beyde Meynungen uͤber die Zelt, warn ber Kaften. berfertige worden , laffen ſich verihzeidigen: : ſowohl die, welche ihn uͤber die Geburt, des Kypſelus hinaus, ale die, welche ihn. in die Regierung diefes Königs, . oder feiner. beyden Nachfolger ſezt. Fuͤr die erſtere kann. man .die. Ueberlleftrusg der Priefter-in Olympia, bas Urtheil des PYauſanias, und vorzüglich den ‚Grund anführen: daß, wenn die Ropfeliden dies Werk haͤtten verfertigen laffen, fe alsbann wahrſcheinlich dem Kuͤnſtler beſohlen haben vuͤrden, ihre. eigene Familiengeſchichte barauf vorzu⸗ ſtellen, Die Verfechter der zweyten Meynung koͤnnen ſich vorzüglich. auf die Stelle. des Ariftoteles *) berufen, wor⸗ inn er vom den geheiligten Denkmaͤlern redet, an welche die Kypſeliden die Schäge ber. Korinthier verſchwendet hatten, und zu welchen der Grieciſche Weſtweiſe allem Beranrfen, nach Au. bee koſtbare Kiſte rechnete. nn oo Zwed⸗

SV, 11. de Civ. 3

4 . Er Such. |

Zyedtens koͤnnte man auch dieſes erinnern, baß bie Rifte | des Kypſelus ein zu praͤchtiges Geraͤth für eine niche ‚berefchende Familie gewefen ſey. Wenn man bie Gruͤn⸗ ‚de für beyde Mepnungen unpartheyiſch gegen einander ab« wiegt ; fo kann man faum anders als ber.erflern feinen Beyfall geben. Die Stelle bes Ariſtoteles ſcheint Hier nicht anwendbar zu ſeyn, da ber Kaſten des Kypſelus, fo prächtig er audy war, ſchwerlich als ein Werk ange: ſehen werden konnte, das zur Erfchöpfung der Korinchier . „vieles bepgetragen habe. Und gegen den zwehten Grund

kann man mit Heren Hofrach Heyne einwenden, baß alle älte und vornehme Geſchlechter Schäze hatten, aus wel⸗ hen fie die Gaſtfreunde beſchenkten, und mworinn fie bie Geſchenke von Gaftfreunden niederlegten, und daß alſo der Kaſten des Kypſelus vermurhlic auch ein Kleinod

eines folchen Famillenſchazes gemefen fy. Man mag

aber beytreten, welcher Meynung man will; fo wird man immer geftehen müffen, daß die frage, wann dies Kunſt⸗ were verfertige worden? viel weniger wichtig ſey, als . wo es, und ob es im alten Briechenlande,, oder in Ko⸗ rinth ſelbſt gemacht worden? - ch halte es fuͤr garig un⸗ glaublich, daß ein ſolches Stuͤck, als. der Kaſten des - Kopfelus war, vor, ode währen der Regierung ber Kopfeliden, von einem eingebohrnen, und- ſelbſt von ei⸗ nem auslaͤndiſchen Kuͤnſtler in Korinth, oder Dem eigent⸗ fichen Griechenlande ausgearbeiter worden, Wenn dies geſchehen wäre; fo würbe man den Namen des Kuͤnſt. lers nicht gänzlich) in Olympia vergeffen, und gewiß auch Vorftellungen aus der Korinrhifchen Geſchichte und. Babel darauf erblickt haben, wovon man feine Spur auf dem ganzen Kaften ſah, ein Umftand, der ſchon dem Pau⸗ u Ze anlas

L 3 F

Leber den Älteften Zuſtand son Griechenland. 95

fanias ſehr auffie, Hiezu kommt noch, daß, wenn man

dies alte Monument in Griechenland ſelbſt vor oder unter

ber Regierung der Kypſeliden verfertige annimmt, man, alsdenn wider afle Gefchichte, große, und noch dazu ganz vergeffene Kuͤnſtler vor den erften Kuͤnſtlern anneh⸗ men muß, die aus Aften nady Griechenland, und zwar alle fpäter Pamen, als der Kaften in Olympia gemacht feyn kann. ine mir fehr annehmlich ſcheinende Vers muthung alfe über den Kaften des Kypſelus wäre biefe: daß er, wie alle Arbeiten aus Elfenbein ober Geld und Silber im Homerifihen Zeitalter, und die koſtbaren Tha⸗ lami, die Mpron König von Gikyon *) nach Diympia geſchenkt hatte **), aus Afien nach Griechenland, ‚in die Famllie der Vorfahren bes Kypfelus gefommen ſey, und daß man eben daher von dem Namen des Künfllers nichts mehr gewußt, und auch nichts aus der Ge⸗ fhihte von Korinth oder der Kypſeliden darauf er⸗ blickt habe.

Man kann wider dieſe Vermuthung einwenden, daß zu eben der Zelt, da die vom Kypſelus nach Oym⸗ pla geſchenkte Joldene State des Jupiters ***) emacht worden, auch der Kaſten verfertige ſeyn könne. Allein erfttich laͤßt ſich nicht beweifen, daß dieſe Statuͤe in Grie⸗ chenland gearbeitet worden, und zweytens iſt es ſehr un⸗ gewiß‘, ob Kypſelus je ein Bild aus gediegenem Golde nad) Diympla gefchenft Habe Man erinnere fich bier an die Seltenheit: des Goldes in Griechenland und Kos

rinth

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®) O1, 33. | *) v1 19. 2.497: Puh | “) Strab, ‚vll, 542. Ä

ce .

95Erſtes Buch.

ein. noch zu den Zelten des Königs Kröfus und Hiero: und rufe ſich die Zeugniffe der Alten ins Gedaͤchtniß zu⸗

ruͤck, in welchen Gorgias als der erſte genannt wird, der

eine gediegene goldene Statuͤe in Griechenland verfertigen laffen*), und man wird, glaube ich, die Sage, vom. goldenen Jupiter des Ropfelus beym Strabo, nicht mehr. für gegründet haften. Auch die Denfmäler ber Kyp⸗ feliven alfo, fo viel uns davon befannt iſt, ſtoßen meine Behauptung nicht um, daß. dor der funfzigften: Olyin⸗ plade feine berühmte eingeboßene Kuͤnſtler im alten Grie⸗ chenlande gebluͤhet haben. | |

sen

rR „.

| . Dritte Beytge. B. den Schaͤzen der alten Könige Phryglens, unb

Ldydiens find alle Fabein, und von der Fruchtbarkeit die⸗

ſer Laͤnder, wie der ſie von Oſten begraͤnzenden Reiche, find alle Gedicht ; ind Erbbeſchrelber voſl**). Wenn man aber die wundervollen und glaͤngenden Schilderungen der Reichthuͤmer $obifiher und Phrygifcher Beherrſcher lieſt; fo muß, man erſtlich bedenken, daß fie Ueberliefe⸗

rungen von Griechen, und zwar aus ſolchen Zeitaltern

find, wo es leicht war, Die leztern an Koſtbarbelien unts edlen Metallen. zu übertreffen. Man muß ferner nicht | vergeffen, daß in bieſen Uederliefetungen nicht Wohlha⸗

benpeit

——— ——— nn

Y Athen. XI. «, ult. goc. 'Pauf, VI. 494. Plla. xxxin 4. Cieer. de Or. Ill. 32.

4%) Man fehe Her. 1.93. V. ioi. Strabo anzen woͤlf⸗ ten Buche, ferner XIII. 1928. XIV. pe a1

Ueber den älteften Zuſtand von Griechenland. 97-

benhelt ganzer Voͤlker, fonhern nur -Schäse. einzelner. Könige oder mächtiger Privarperfonen und Dpnaften ges priefen werden. Solchen Haͤuptern non Völkern, ober alten edlen Sefchlechtern, war es fehr leicht, große und den Griechen ungeheuer fcheinende Schäze zu ſammlen, wenn fie auch gleich jaͤhrlich an dien Metallen noch weni» ger als Die Lydiſchen Könige, aus golbreichen Slüffen oder aus Bergwerken heraus gebracht härten*), Sie erhlele ten alles, was fie für ſich und ihre Familien brauchtenz entweder durch Geſchenke, oder auch dutch bie Arbeit, von Sclaven. ie befoldeten ferner, wie auch noch jezo die Aſiatiſchen Despoten, Ihre Bediente durch natürliche oder kuͤnſtliche Produkte, die in Borrarhshäufern aufbe⸗ wahre wurden, und wenn ſie, ‚mas nur felten geſchehen konnte, etwas einkaufen wollten, was weder von ihren Knechten, noch von Unterthanen, die ihnen zollen mu⸗ fen, verfertigt oder angeboten wurde; fo tauſchten fie dieſes wiederum meiſtens gegen Gaben oder Waaren ihres landes ein. Könige alfe, . oder ihnen an Mache gieich kommende Häupter von Familien harten faft gar ‚feine Gelegentzeit, eble Metalle auszugeben, und alles, mas davon in ihre Hände kam, häufte ſich fo lange auf, bis Igend ein koſtbarer Krieg bie lange geſammleten Schaͤze berzehtte, oder ein gluͤcklicher Eroberer fie mit ftarfer Fauſt wegnahm, und unter fline Krieger verthellte. Kröfus war reicher, als alle feine Vorgänger, die wegen ihrer Schaͤze berüßme geworden waren, Allein x | dies

Bentuiteus suite ri

0) Strab, l.c. & Her. v. 45 | 0

So

ſtaͤbte auspländerte.. Seine‘ ganze Schagfammer aber

die Phoͤnlcier Ausgenommen, eine Beute des Perſiſchen Kyrus, deſſen Raub Plinius alcht zu hoch anfchlägt”), Silbers, und vier Millionen Perfifcher Goldſtuͤcke beſeſſen, gib dem Terxas angeboten haben ſol.

zaͤglich auf das Zeugniß des Kaſtor beym Euſebius, der

ten Syncellus +) ſowohl, als Pauſanlas +}) ‘dem Ku flor beym Euſebius, wenn fie.einen König von Phrygien,

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. J m > R .44* [} * g u” x . ng. nn Ei 9 " ® /

dies war gar nicht zu verwundetn, da er ſich bie ganze Kuͤſte von. Vorderaſien unterwarf, und alle Handels⸗

wurde, wie die Reichthaͤmer aller uͤbrigen Wölfer Mens,

wenn es wahr iſt, was Herodot von einem einzelnen Ein wohner in‘ Phrygien erzähle, ber zweytauſend Talente

:.. Mehrere Schriftfteler haben den Reichthum ber O9dier und Phrygier ans einem uralten einträglichen Hanı bel abgeleitet, den biefe Voͤlker geführe haben follen er Mein man biefen beweiſen will ; fo beruft-man fidy vor⸗

die Sybier als das erſte, umd bie Phrygier als das fünfte Meerbeherrſchende Volf'nennt ), Wahrſcheinlich folge

Midas, \ fuͤr den erſten Erfinder des Ankers ausgaben. Allein ich halte ben Kaſtor für einen ber nachlaͤffigſten und unwiſ 5) Jam ‚Cyrus deviäta Aſia poado XXXIV, millis inv Ä nerat, praeter vala area, hurumque ſactum, in eo folla ae platanum vitemquer Qua vicdoris st gento ‚quingenta millia. talentorum repertavit, eraterenı Semitamidis , cujus pdndus quindeeim H lenta colligebat. Lib. XXXIII. 3. Eu) Manfehebef. Goguet. IL IV. 3... unky Man Tche Talaub, Comment, in Bolyb, p. 192- 94 Ed: Gronev, Heyne, a. 1. p. go.lli’pg |

+) p. ı$h, N _ '7D I. 4. DE u u

Ueber den älteften Zuſtand von Griechenland. o9

moiffendften Zeitrechner unter den Griechen, und fein tagment für den unglaubmwärbigften Reſt griechifcher hronologle, ber faum einen fo gründlichen und gelehrten lusleger, als Herr Hofrath Heyne iſt, verbienre, Die⸗ r Kaſtor nennt in feinem Verzeichniſſe ſiebenzehn Voͤlker, e eine Zeitlang wenigſtens in einem gewiſſen Theile des Iteländifchen Meers mächtig gewefen ſeyn follen, und ıter biefen find wenigſtens fünf oder ſechs, von denen an mit ber größten Zuverficht behaupten kann, daß fie emals den Ruhm berühmter Seefahrer verdient Haben; ergleichen find Die Lydier und Phrygier, wie ich gleich ‚gen werde, ferner' die Pelasger, von denen die altem chriftſteller bloß diefes fagen, daß fie. weit und breie tumgesogen feyn, und nur allein Dionys von Halikar⸗

8 bezeugt*), daß fie fich auf der See Anfehen erwor⸗

n hätten? nach diefen die Aeghptier **) und Thracier, d endlich die Lakedaͤmonier. Eben diefer Schrifte ler macht ferner die lächerlichften Verſezungen, un t bie Schiffare faft Feines Volks zur rechten Zeit, dern alle entweder zu früh oder zu ſpaͤt an. So follen indier, Pelasger, Thracier, Rhodier, Phrugier- Kyprier früher als die Phoͤnicier, die Milefier vor Kariern, und die Safedämonier vor Den Aeghneten Bee befahren und beherrſcht haben, Endlich übergeht: % berühmte und auf dem Meere weit herrſchende r, wie die Kreter und Korinthier, und widerſpricht dung der Dauer, der Mache und Schiffart, bie G 2 eer

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Dan ſehe Her. 1.179.

18: Aut, Rom, | ws

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4100... Erſtes Buch. Br er für jede Stadt ober Nation beſtimmt, ben ficherften Sefchichtfchreibern. _ Der gelehrte- Kommentar mgined Freundes iſt daher auch faſt durchgehends eine ſtill ſchwei gende Anflage des träumenben Griechen. Dasß die igbler und Phrygier niemals, wenigfiens nicht innerhalb des Zeitraums der Ueberlieferung und Geſchichte, kuͤhne Schiffer, unternehmende Handelsleute und Beherrſcher des Meers waren, laͤßt ſich nicht bief durch das Seillſchweigen der aͤlteſten Schriftſteller, fon dern auch noch: durch andere überzeugende Facta beweifen Wären diefe Völker jemals dem Handel und. ber Schif fart ergeben geweſen; ‚fo wuͤrden fie nie zugegeben haben daß vor, den trojaniſchen Zehen. die Pelasger) Leleger Kreter und Karier, und wach dieſem Zeitpumcte bie Grie chiſchen Kolonlen der ganzen Kuͤſte, die vor ihren Laͤn dern ausgeſtreckt war, eingenommen hätten ?). Mae eeift ferner in den beiten Schriftſtellern gar feine Spu won Factoreyen oder Niederlagen, oder. Colonien a weiche die Phrygier oder Lydier des Handels wegen gruͤndet und ausgefandt hätten. Ohne folhe Colon aber ‚. deren. Mitglieder die Vortheile reicher, aber v nachlaͤſſigter Länder nuzten, oder auch die barbarifi . Einwohner derfelden unterhielten und cultivirten, um zu Werkzeugen ihres Gewerbes und Handels brauchen | ln. | e

a) Ich finde in den Alte nur einen einzigen Ort erwaͤhr bey beffen Erbauung mar um bie Erfaubnif eines Ly {hen Königs nachgeſucht hat, und diefer ift Abydı Steabo XI. 883. Alle übrige Pflanzſtaͤdte wur! ohne die Bewilligung , aber au ohne Widerſezung Lydiſchen ·Koͤnige weggenommen, ober. ganz 1 angelegt. re

Ueber den älteften Zuftand von Griechenland. 101 fönnen, war und blieb Schiffart in den älteften Zeiten mehr Raͤuberey, als einträglicher dauerhafter Hantel, und man kann daher aus dem Nichtdaſeyn ber ‚erfterm ziemlich ficher auf das Nichtdaſeyn des leztern ſchließen.

Wenn jemanden bey diefer Beobachtung die Ans , Funft des Pelops aus Phrngien oder $ydien *), oder auch die. Abkunft der Etruscer oder Tyrrhener aus Indien , bes ren mehrere Schriftſteller gedenken **)," einfallen ſollten; der bedenfe, daß die Phrygier und Lydier, welche Pes Iops mit nad) dem Peloponties brachte, ein flüchtiger Haufe war , der mit Gewalt aus feinem Vaterlande aus⸗ geworfen wurbe, und in der Folge gar Feine Verbindung mit feinen Landsleuten unterhielt; und daß bie Auswan⸗ derung der Lydier nach Italien mit ſolchen Umſtaͤnden erzaͤhlt wird, die ſie ganz unglaublich machen, weßwe⸗ gen auch die ſcharfſinnigſten Alterthumsforſcher an ihrer Wirklichkeit gezweifelt, oder fie gänzlich abgelaͤugnet ha» ben **x), Wollte aber jemand das Anfehen des Hero⸗ dot, oder vielmehr ber Lydier, denen: er nacherzäblte, wiche vermwerfen ; fo Pain man ſelbſt aus der Befchichte der Indifchen Auswanderung, wie fie von dem eben ges nannten Schriftfieller vorgetragen wird, mehrere Ber weiſe wider den Handel und die Schiffart biefes Volks hernehmen. Nachdem die Einwohner von Indien, (fo lautetedie Sage) unter Ihrem zweyten Könige Atys, eine

- N . G 3 Hun⸗

#) Pauſ. V. 1. 376, p. Athen. XIV. 5. 624. p. *©) Herod, 1,94. Staabo V. 335. Voll, L1. Tee. Aonil,

IV, 55,

ue*) Vid. Heyne in Coniment, faper Cafloris Epochls p, 8. quemque ibi laudat Preret T. XvuR Hiſit. de Aca- demie des Iufer, p, 94. et ®

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392: | Erßes Buch J—

Hungerenoth von 22 Jahren ausgeſtanben hatte (eine Noth, die das ganze Volk aufgerieben haben, müfte,) fo verließ die Hälfte der Einwohner Ihr Vaterland, ging nad) Smyrna baute ober verfhafte ſich Schiffe, und ‚Lam endlich nach vielen Irrungen in Umbrien an. Waͤ⸗ ren bie $nbier e ein handelndes Wolf geweſen, mwürben fie benn wohl fo ange von Hungers noth haben gedruͤckt wer⸗ ben koͤnnen und gezwungen worden ſeyn, in einer fo gro⸗ ‚Gen. Zahl auszumandern? Würden fie denn wohl fo fange und aufs Gerathewohl berumgefchift , und neue Wohnſize aufgefucht haben ? Wie wenig die Hdier die Vortheile bes Handels einzuſehen, ober ſich zuzueignen getrachtet haben; erhellt aus dem Betragen der Koͤnige, aus dem Stamme der Mermiaden, denen ganz Troas unterworfen war. Auch bieſe ſuchten ſich niemals von den Griechiſchen Städten, deren maͤchtigſte ſie bekriegten , oder zerſtoͤrten, unab⸗ haͤngig zu machen, oder den Handel, der den leztern al⸗ lein Kraͤfte zum Widerſtande gab, zu zerſtoͤren, ober fi auch durch eine Seemacht vom Meere, wie durch ihr Heere von ber Sandfeite einzuſchließen. Kröfus hatt einmal den Gedanken, eine Flotte zu erbauen, um au die Griechen auf den Juſeln zu bezwingen; allein er lie dieſen Gedanken fogleich mieder fahren, ba Bias ih durch ‚eine Erdichtung fühlen ließ, ;daß er den Inſula nern zur.See eben fo wenig, als die, riechen ihm Sande gewachſen feyn würden. Weceann aber gleich die Phrygier und Hdier niemal Handlung zur See getrieben, ſondern in den aͤlteſten Zei ten von ben Phoͤniciern, in ſpaͤtern von den Aſtatiſcher Griechen alles, was ſe brauchten, erhalten, und ihne

wieder

Ueber den aͤlteſten Zuſtand von Griechenland. 103

wlederum, was fie entbehren konnten, verkauſt haben; fe iſt es doch unlaͤugbar, daß ſie lange vor ben Griechen eine gewiſſe Cultur erreicht, und daß Lie Pflansftäbte in Alien es ihrer Bekanntſchaft mie diefen Wölfen zung Theil zu verdanfen haben, daß fie in Rünften und Wiſ⸗ fenfchoften fchrieller, als bie Griechiſchen Eroaten in Eu⸗ topa fortgerückt ind. . Die Erfindnng der Gold und Eilbermänzen, die man den Ipdiern zufchrieb, die erſte Einführung von Gafthöfen und mancherley Eplelen zum Zeitvertrelb *) , die frühe Prachtliebe und Sittenverderb⸗ niß, von ‚der ich ini Texte geredet habe, vertathen alle ein Volk, Das vor den Öriechifchen Barbaren, die nach | Aion kamen, und ſelbſt vor denen, bie biefe austrieben, fehr vieles voraus hatte. ‘Bon ihnen und. ben Phrygiern empfingen die Aſiatiſchen Griechen nicht nur muſikallſche Jaſtrumente und gewiffe Arten der Mufif **), fondern auch Manufacturen, befonbers die Kunſt Wolle zu fürs ben, die nachher in Milet fo fehr vervollkommt wurde ***), nicht weniger die Kunſt, Erz zu fchmelgen und zu verar- beiten +) und vielleicht die erſten Anfänge der Mahle⸗ rey }}), und der Bergwerkskunſt, welche lejtere fie aber auch aus Kolchis ++) oder von den Phöniclern, die auf aſos Geldbergwerke angelegt und bearbeitet hatten, er⸗

G 4 halten 9) Her, I. 94. *e) Plin. VI. 56. *6%) Ibid.

}) Aes conflare & tempesare, Arifioteler Lydum Sey- them monftrafle, Theophraftun Delum Puargem putat, u

tt) Ari. 36, Zu

tt) Plin. XXXIII. Cap. 2.

zuhelges.

ie⸗ u

‚baten Haben Pönnen *), Wie weit dle Phrygier und $npller es vor der hoͤhern Eultur der Griechen ,.befonders in der Bearbeitung von Metallen gebradjt hatten, läßt ſich nicht bloß aus ben aflgemeinen, und oft verbächtigen Zeugniffen des Plinius, fondern aud) aus ben Werfen beweifen, die man noch zu Herodots Zeiten in Delphi ‚zeigte *). Mach dieſem Vater der Oeſchichte war Mi⸗ bas, König in Phrygien, der erfte Barbar ober Auslaͤn⸗ der, ber den. Adoll zu Delphi beſchenkte. Er helligte | ihm einen Thron, auf welchen er Gericht zu halten pflegte, und der nach Herodots Urrheile der Arbeit wes gen ſehenswuͤrdig war. Ungeachtet diefer Schrififteller über Die Materie diefes Pöniglichen Sizss nichts hinzuſezt; fo muß man doch annehmen, daß er aus Erz, oder gar noch aus einem edlern Metall verfertigt mar, Noch frey⸗ gebiger bezeigte ſich gegen dieſelbige Gottheit GOyges, Koͤ⸗ nig in Lydien. Dieſer widmete ihr nämlich außer einer großen Summe Geldes noch fechs goldene Trinfgefchirre, Die dreyßig Talente ſchwer, und wahrfcheinlic im Sande felbft gemacht waren, weil Herodot fonft nicht vergeſſen haben würde, ben Namen bes Griechiſchen Künftiers an⸗

Vielleicht kommt es mancher nicht unwahrfeheins fich vor, daß man ben ber Auffuchung der erften Ans fänge von Künften und fünftlichen Handwerken noch tie

, —— rn

») Her. VI, 46. 47. Unwahrſcheinlich iſt es, was Pli⸗ nius in dem ſchon mehrmalen angefuͤhrten Capitel, in welchem er ſich ſelbſt widerſpricht, meldet, daß (kon Kadmus Goldbergwerke in Gricchenland Ye habe 3* I. 14.

Ueber den aͤlteſten Zuſtand don Griechenland. 105

fer in Aſten zurüc gehen, und fie von ben Ufern des Ti⸗ gris und. Euphrat herauf holen fünne, Allein biefer Vermuthung kann man erſtlich das. Zeugniß und Urtheil des Strabo entgegen ſezen, nad) welchem zu ben Zeiten des Homer die Griechen von ben Voͤlkern des innern Afiens, gar nichts, oder fehr wenig wuſten; weil, wenn mon fie gekannt hätte, Homer die Affyrier, Meder, Babylonier eben ſowohl, als der Größe von Theben, und der Reiche thümer ber Phoͤnicier würde erwähnt haben. Man kann ferner eben diefe Wermuthung aud) Durch die fpäterg Ge⸗ fehlchte der angrenzenden ober herrfchenden Völker wider legen. Denn wäre die Eultur von Ninive oder Babylon aus zu den Phryglern und Lydiern fortgerüdt; fo würden fie doch andy Die Dagwifchen liegenden Nationen haben bee rühren müffen. Allein Die Konpabocier und Armenier , welche in ber Folge ben Mebern dienten, waren felbft noch zu des Darius Hystaſpes Zeiten der Viehzucht erges ben, und wegen ihrer zahlloſen Heerden berühmt *). Auch die Meder waren der langen Verbindung, Die fie während einer Knechtſchaft von soo “jahren mit ben Afe tieren unterhalten hatten, ungeachtet; - zu ben Zelten der Freyheit, doch noch ſo wenig gebildet, daß fie nur in Dörfern wohnten, feine ordentliche Magiftratsperfonen, oder fefte Gefege hatten, fondern alle Streitigfeiten ente weder durch die Waffen ausmadıten, oder auch durch freywillig gewählte Schiedsrichter beylegen ließen, - Uns ter ſolchen Schiedsrichtern erwarb ſich einer mit Namen Depkes durch Klugheit und Unpartpeplicteit, anfangs

5 nur

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AHV.

4

06.0 Erſtes Buch.

nur in ſeinem Dorfe, bald aber unter allen uͤbelgen

Staͤmmen der Meder ein ſo allgemeines Zutrauen, daß

ſie ihn einſtimmig zu ihrem Koͤnige erwaͤhlten. Er wurde daher zu den Zeiten des Gyges der Stifter des Mediſchen

Reichs und der Erbauer von Ekbatana, ber erſten Mer bifchen Stadt. Das Mebifche Reich war alfo weit juͤn⸗ ger als das Phrygifche und Lydiſche; und Pracht und

Ueppigkeit entflanden im erftern auch viel fpäter afs in den lestern *).» Man fiest aber doch aus der ganzen Befeſti⸗ gung und Ausfhmüdung der Koͤnigsſtadt **) des Dejos tes, aus dem Pompe feines Hofes, und aus dem des⸗ potifchen Ceremoniel, mas er einführte, daß diefer erfte Beherrfcher der’ Meder einen andern üppigen Hof ſich

‚zum Mufter gewählt harte. Sein Nachfolger Phraor

tes beswang die Perfer., und fein- Enkel’ Kyarares, der aber während feiner vierzigjaͤhrigen Regierung 38 Jahre ben Skythen zinsbar war, eroberte und zerftörte Nie nive ***), und murbe der Schöpfer der Kriegsdifciplint), indem er Neuterey, Fußvbolk und Bogenſchuͤzen, die vor⸗

her ohne alle Ordnung unter einander gemiſcht geweſen

waren, von einander fonderte. Auch führte er mitdem

Alyattes, einem Vater des Kröfus, einen hartnäckigen

Krieg, der endlich nicht durch das vorgügliche Gluͤck oder die Tapferkeit einer der beyden Partheyen, ſondern durch

Aberglauben geendigt wurde. Beyde Heere ſowohl das

Indifche als das Mediſche wurden durch eine Sonnenfine

ſterniß, die Thalis vorher geſagt hatte, in ein ſolches

| Schre⸗ mu m EEE 3 Ber. I. 95. 5. 900g 9X 99. & .. end, 616 J. v. Ch. Geb. *

7—) 103: . = ee ,

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‚Ueber den äfteften Zuſtand von Griechenland. 407

Schrecken geſezet, daß alle Gemuͤther ach zum Feleden neigten, ber auch bald geſchloſſen und Durch die Vermaͤh⸗ lung einer ydiſchen Königs Tochter, mit dem Mediſchen Aſtyages befeftiget wurde. Im 35 Jahre der Regierung bes Urenkels des Dejofes, wurde ſowoh!l das Mediſche und Babyloniſche Reich, welches leztere ſich noch immer gegen die Meder gehalten hatte, als das Lodiſche vom Kyrus uͤbern Haufen geworfen *), und famt den Gries Kirchen Städten auf dem feften Sande in Aſien in die ungeheure Perfiſche Despotie vereinigt, die ſich bis auf "den Lerpes noch immer vergrößerte, und in. Anfehung ihres Umfangs und ber Zahl von Voͤlkern, die fie in ſich foßte, alle ältern Afiatifchen Meiche ohne Vergleichung uͤbertraff. Eben biefe Sieger Aſiens waren vor und zu den Zeiten des Kyrus eben ſo ſehr Barbaren, als die Meder es zu den Zeiten des Dejokes waren. Das ganze Per - fifche Wolf befand aus zwoͤlf Stämmen unter denen nur .. einige das Feld baueten, ber größere Thell aber von der Jagd oder Viehzucht, und wahrfcheinlich auch von Raube lebte. Sie kleideten ſich durchgehende in Thierfelle, kannten weder Oehlbaͤume noch Weinſtoͤcke, noch andere edle Fruͤchte und Gewaͤchſe, und waren auch, wie ſelbſt aus bem Kunſtgriffe erhellt, womit Kyrus fie zur Em- poͤrung wider die Meber aufbrachte, mit alten Vergnuͤ— gungen und Bequemlichfeiten ausgebitdeter Nationen gänzlich. unbekannt **), Da alſo Luxus, Kuͤnſte und kunſtliche Handwerker nicht einmal don den Aſorlern

100.0 | ”) Her. 171. & 125,

es

ee Buch.

den Mebern , vor dem Untergange ber erſtern, und von beyden wieberum bis auf den Umfturz von Ninive _ und Babylon nicht: zu ben Perfern übergingen, fo If es :

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noch viel unwaßrfcheinlicher , daß fie durch einen gany unbegreiflichen Sprung vom: imern Afien her zu den Pprngiern und Lydiern gefommen ſeyn folften.

Aus der langwierigen Barbarey, und Armuth aller,

| der großen Völfer,, die den Affpriern "und Babyloniern

am nächften lagen, ferner aus der Unmöglichfeit, eine |

Nation ohne Haupt und Gefeze, wie die Medifche war,

wieder zum Gehorſam zu bringen, enblich aus ben unnwle

derſtehlichen Einfällen ber Efythen, und aus den ſchnel⸗ fen Eroberungen des Kyrus fchließe ich, mas Goquet

ſchon mit andern Gründen. vortrefflich geseigt hat”), daß die Schilderungen faft aller alten Schrififteller von den

Weichthümern, der Pracht und ben Kunftwerfen ber

Staͤdte Ninive und Babylon auf das unverſchaͤmteſte

übertrieben finde >

Dierte Eeylhe

Mewinerant illi S. Adium, M. vero Manilium hos etiam vidimus transverfo ambulantem foro; quod erat infigne, tum, qui id faceret, facere . civibus omnibus confilii. fui copiam : ad quos

olim et ira ambulantes & in folio fedentes domi

fic adibatur, non folum ut de jure civili ad eos,

‚verum etiam de Alia collocanda , de fundo

emen- / . u \ ”) Prem, Part, Liv; II, eh. _ nn

Lieber den älteften Zuſtand von Griechenland. 100

emendo, de agro colendo, de omni denique

aut officio aut negotia referretur. Haec fuit

P. Crafli illius veteris, haec T. Coruncanii, haec proavi generi mei, Scipionis, prudentif= fimi hominis fapientia, qui omnes pontifices maximi fuerunt, ut ad eos de omnibus divinis atque humanis rebus referretur ; iidemque et in ſe- natu, & apud populum, & in caufis amicorum & domi &'militiae confilium ſuum fidemque praeftabant. Quid enim M, Catoni, praeter hanc politifimam doctrinam transmarinam atqua adventitiam, defuit? num quia jus civile didice- rat, caufas non dicebat? aut quia poterat dicere, juris ſcientiam negligebat? At utroque in ge- nere & laboravit & praeftitie Num propter hanc ex privatorum negotiis collectam gratiam tardior in republica capeflenda fuit? nemo apud populum fortior, 'nenıo melior fenator: idem facile optimus imperator: denique nihil in hac eivitate temporibus illis fciri difcive potuit, quod ille non 'cum invelligarit, & fcierit, tum etiam confcripferit *). In hoc viro (M, Porcio Catone) tanta vis animi ingeniique fuit, ut quo- eunque loco natüs eflet, fortunam fibi fadturus videretur, Nulla ars neque privatae, neque publicae rei gerendae, ei defuit, . Urbanas ru- fficasque res pariter callebat. Ad fummos ho- nores alios fcientia juris, alios eloquentia, alios gloria militaris provexit, Huic verfätile inge-

| ., Dium

!

©) Cie, deOr. Il, 33. Man höre ben Livius L. 39, ap. 40.

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Vo. |

\. 7 no: Erſtes Buch. nium fie pariter ad omnia fuit, ut natum ad id unum diceres, quodeunque ageret. In bello ‚manu fortiffimus, multisque infignibus clarus pugnis, idem pofleaquam ad magnos honores pervenit fummus imperator:.. idem in pace, fi I confuleres, peritiffimus, fi.caufa oranda ef _ .'- fer, elöquentifimus. Nec is tantum, cujus lingua vivo eo viguerit, monumentum eloquen- tiae nullum exftet? vivit imo, vigetque eloquen- tia ejus, ſactata fcriptis omnis generis, = “In parfimonia, in'patientia laboris periculique ferrei prope corporis animique, quem ne ſene- Aus quidem, quae folvit omnia, fregerit. Qui ſextum ‘et oflogelimum annum agens caufam dixerit, ipſe pro ſe oraverit, tcripferitque, nonagelimo anno $ervium Galbam ad populi ad- . ı duxerit judicium, "Weber die Befchäftigungen feines Alters läßt Cicero ihn fo retien*): Septimus mjhi Origenum liberin manibus: omnia antiquitatis monumenta colligo: caufarum illuftrium, quas- cunque defendi, nunc quam maxime conficio dtationes: jus augurum, pontificum, civile trato: multum etiam ‚Graecis litteris utor® Pythagoreorumque' more exercendae memoriae gratia, quid quoque die dixerim, audierim, égerim, commemoro veſperi. Hae funt exer= citationes ingenii, haec curricula mentis: in his . defudans atque elaborans corporis vires, non tnagnopere deſidero: adfum amicis: venio in | - lſena-

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Ueber den aͤlteſten Zuſtand von Griechenland. Ni

fenatum frequeps: ultroque affefo res diu mul. tumque cogitatas; easque tueor animi non cor- poris viribus, Der Griechifchen Utteratur war Cate bis in fein hohes Alter gar nicht gewogen, wie nicht nue aus der Entfernung des Karneades und feiner Gefähr. ten, als gefährlicher Schwäzer aus Kom, bekannt iſt, -fondern auch aus folgendem Fragmente biefes großen Mannes erhellt, das ich mie einigen Anmerkungen beg Plinius herſezen will, weil es beweiſet, wie fehr er alle Kenntniffe feines Zeitafters, felbft die Medien, um⸗ faßte ). Dicam de iftis Graecis fuo loco Marce fili, quid Athenis exquifitum habeanı, et quod bonum fit eorum literas infpicere, non perdi.- fcere, Vincam nequiffimum et indocilegenus illo« rum: et hoc puta vatem dixiſſe: quandocungue iſta gens ſuas litteras dabit, omnia corrumpet: tum etiam magis, fi ımedicos ſuos huc mittet: jurarunt inter fe barbaros necare omnes medi- cina, Sed hoc ipfum mercede faciunt: ut fides _ iis fit, & facile difperdant. Nos quoque didti- tant barbaros, et fpurcius nos quam alios opicos,

“. appellstione foedant: interdixi tibi de Medi-

cis Atque hic Cato (fagt Plinius) DCV anno urbis noftrae obiit, fubjicit enim qua me- dicina et ſe et conjugem usque ad longam ſenectu- tem perduxerit, iis iplis fcilicet,. quae nunc nos tradtamus. Profiteturque efle commentarium fibi, quo medeatur filio, fervis familiaribus, quem nos per generä ufus ſui differimus, | nn Fünfte

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") Lib. xxix.

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1, > VER Erſtes Buch. % " - a . ' 5— 9 . . .

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Zu Sünfte Beylage. ur

| Ni. uefpeängliche Bedeutung bes Worts roßer wil

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x fie fidy gelegt haben? Und nicht lange nachher führe

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ich uur mit einigen Stellen erläutern, Nennſt bu nicht, (jagt Sofrates zum Thrages) *), blejenigen Weife, bie in dem Gefchäfte oder der Kunſt erfahren find, worauf

er fort: Nach was für einer Art’von Weisheit bift du begierig, vielleicht nad der, wodurch die Menſchen Schiffe regieren? Wen, fagt Sofrates zum Protas geras-**), gibft du den Namen eines Weiſen? oder wele chen nennſt du fo? Wie das Wort ſelbſt zeigt, ante wertet Profagoras, Toy ‘709 0cDay erisnuove, einen jeden, der nüglicye Kenneniffe beſizt. Man fann alfo, erwiebert "Sokrates, Malern und Bildhauern dieſen Namen geben? Und erſt hier fängt: Protageras an, feine gegebene Erflärung vom Weiſen einzufchränfen, Weisheit, fage Ariſtoteles ***), fchreibt man ‚denen zu, die in den Künffen vorzüglich groß und geſchickt find, und man nentit alfo Deihiav; AsIseryov doßor, ag TlsAu- uAeırov; avdasıy vo Fo. Er führt Die merkwuͤtdige Stelle Homers ay, wo der Dichter vom Margites ſagt: roy dar’ agananınea Becı Iecay |

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m) P. 239. Op. Ed, Bil. Ch,

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*) in Prot, p. 284:

Ä Ueber den aͤlteſten Zuſtand don Sriechenland. n3

Rn einer alten Jnſchriſt wurde auch Onatas weiſe genannt ®): “wohin Bee * —2 romuxræ 1C7| | Ovastos Eeyov, ey Amon Taxe TR BIROT.

Zu diefen Zeugniffen , die ich leicht verwielfältigen koͤnnte, feze ic) nur noch eins aus dem Achenäus Hinzu, in wel⸗ chem dieſer Schriftfteller bemerkt, daß man in ben älten fien Zeiten vorzüglich Tonfünftler , die faſt alle * Dichter waren, mit dem Ehrennamen der Weiſen be⸗ legt habe **), In den aͤlteſten Zeiten waren Sophiſt und Welle: (vodsons ng @oDos) völlig gleich bedeutend. Herodot braud;t den Ausdruck Sopbift, wenn er fagt, daß alle Künftter und geſchickte erfahrne Männer, und unter diefen auch Solon, ſich an dem Hofe bes Kröfus vers ſammlet hätten, An einem andern Orte nennt er ben Pythagoras einen der vornehmften Gophiften Griechen⸗ landes ***), Iſokrates erzählt, daß Solon fich in Gries chenland zuerft den Nahmen eines Weifen oder Sophi⸗ fien gegeben habe 7). Aeſchylus nannte Muſikver⸗ ftändige fo:

ıT s8v —8 27,60 —ED xXenu ap. Athen. XIV. 8. Kratinus gab dem Homer und He⸗ ſiodus +}), und Plato ſogar dem Jupiter eben dieſen Na⸗

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”) Pol V. 2. p. 445. —8 * 95. T) zebı —S il. p. 418. Ed, Benit, - " rt) Ap. Diog, l. 12.

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. . \ 8 a. | | In 1 Erſtes Buch.

men *),. Eben deswegen legten ſich die alten Sorhiften

diefen Titel bey, und dies-mirft ihnen Sokrates faſt im allen Gefprächen des Plato vor... Einer der berühmteften war Hippias, und von diefem heißt es beym Paufanias**), daß er von den Griechen der Weiſe genannt fey. Thraſyma⸗

chus, gleichfalls eia Sophiſt, erbiekt folgende Grabfchrife! Touropc Inræ gm apa. cav, vn @rdEe X

. on ‚g av. BOT EIS Kanne. n de rexvn cobın

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‚Endlich erhellt aus vielen Stellen des Kenophon, Plate,

mb Ariftophanes , daß auch Prodikus, Protagoras und Gorgias. den Beynamen ber Weiſen erhalten und geführt haben. | . "Wenn daher Piutarch behauptet, daß die alten Weiſen Griedrenlandes, und unter biefen auch Solon, ‚andere In ihrer Weisheit unterrichtet, daß ihre Weisheit vorzüglich In. Staatstunde, und in der Wiſſenſchaft Menſchen zu. regieren beſtanden, und daß endlidy ein ges wiſſer Mneſiphllus, ber Lehrer des Themiſtokles, dieſe Weisheit vom Solon als eine Sefte empfangen hätte; “fo hat er. ſowohl den Iſokrates als. Cicero auf feiner Seite ). Allein Plutarch hat wiederum nicht. nur das

*) in Mis. p. 509 WE V. 2q. p. 443. oo ‚#t) ap, Athen, X V.20. p. 454: .

4) Plut, in vit, Them. I. p. 441. Ed. Reisk, uerAov 9 .

eær TIS REOTEXOI roæ unrıDiNeTev OenisonAe& FE

Desacız CnÄwrıv 'yereodaı Aryzaw, are ennogos orros, Bre Toy Ducinwv „Andevray DiAccodmv, AA ra nohsyeıny eöpıav, arav de danornra

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TRONTIUGV 5 Kg OGRSNGE0V OUVETIWE EWI TN OEL u \ Ä —XX

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Ueber den aͤlteſten Zuſtand von Griechenland. us

das ansdruͤckliche Zeugniß bes Iſokrates, ſondern auch alle vorher von mir angefuͤhrte Stellen der Alten gegen

ſich, wenn er ſagt, daß man erſt diejenigen Maͤnner mit dem Namen der Sophiſten zu belegen angefangen habe, die neben der Staatsfunft auch noch in der gerichtlichen Beredſamkeit Unterricht gegeben, und fid) von der Vers waltung öffenslicher Gefchäfte allein auf die Verfertigung fhöner Reden hingemande hätten. Die Oriechifchen:

Weiſen wurden eben ſowohl eodssas, als bie Soppiftien \

wife Männer genannt, Mit beyden Ausdruͤcken gingen im Zeltalter des Sokrates und feiner erſten Nachfolger große nnd zwar entgegengeſezte Veränderungen vor. Der Name Eos phift wurde durch den Stolz, bie Habſucht und ver erbs | ‚9a lichen

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Diosdoxns are ZoAavos. M oi-mera Taura di KAYInDISE METYoRYorTas 670 Ta“ Tenfemv TNV Konya 8m TuS Aoyas, aodı5c ReooaYogsugycav. lloe. aegı avridossuns. dl, 412. ux8v azeye Tav Mooyoray STws eıXev. aA Tas ev nelsuevan 00Qdısas eIaumumlor, na TES oUvovras autos elyAsV Tas de cune- Pavros mAITaV HERmy MITIBS Evonılov- Eins. neyısov de rerungsov. ZoAwya MeV YoRp Tov TOi- rTov ray moArad Anlorrz Tyv ErTmVvunIaV Tau TU, NESaTnV n£ıwoov TNS Kokswg Era, ‚Cie. de Orst. 111.28. Dicunt Igitur nune quidem ill, qui ex particule parva urbis ac loci, nomen hbabent, et peripatetici philofophi,- sut Aesdemiel nominantur; olim sutem, propter eximiam rerum marimarum fedentiom., a Graeeis politisi philofophi sppallatl‘, univesfarum resumpublieasum semine vorabautur. .

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en "75: Base

lttihen Lehren der Männer, die Ihn führten, am meiften abes durch den Tadel des Sokrates und Plato fo verhaßt, daß er ſich in einen Schimpfnamen verwandelte, und. daß fo gar viele ber vornehmften und aufgeklärteften Griechen fich feheueten, etwas. zu ſchreiben, weil fie fürchteten, für Sophiſten gehalten zu werden *). Der Name Weiler (7oBos) Hingegen wurde dadurch, daß

Sokrates, den die Pythia für den Weifeften unter den. Griechen erkläre Hatte, ihn ablehnte, und Weisheit für eine Vollkommenheit erflärte, die man nicht dem Men. ſchen, fondern nur der Gottheit zueignen koͤnne **), fo ſehr erhoben, daß Feiner in der Folge fich mehr untere ſtand, ſich ſelbſt dieſen Titel beyzulegen ***) oder von feinen Zeitgenoffen anzunehmen. Plato +). fchloß wider den Sprachgebrauch feiner Zeit alle Künftler, Hands werker, und Verrichter nuͤzlicher Gefchäfte bes bürger- lichen Lebens von der Zahl der Weiſen und den Anfprüs hen auf Weisheit aus, und feste die legtere in ein unveränberliches Beſtreben ſich von aller Sinnlichkeit und Anhänglichkeit an die Materie loszumachen, und feine böchfte Gluͤckſeligkeit in der beſtaͤndigen Anfchauung eml

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9) .Plat. p. 207. Xeneph, in Kuymyerico. e. 13.

*#) Plat. io Apol..Soe.p. 8. in Phaod. p. 214. - '

#*#)" Den Epicur ausgenommen, von weldem Cicero fagt:

qui fo unus, quod ſelam, fapientem profiteri fit au-

fus. Nam Metsodosum non putant ipſum profe ſſam:

ſed eum appellaretur ab Epieuro, tantum beneficlum

- repudiate neluiffe. Cicero dachte nicht an bie Sophis

fien, und man muß baher nad dem Worte unus,

poft Socratem hinzufegen, wenn feine Behanptung ' ' richtig ſeyn ſoll. De fin. 1

4) In Proug, p. 82. 83, in Eeinom, p. 635: 636,

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Ueber den aͤlteſten Zuſtand von Griechenland. 117.

ger Wahrheiten, eber des ſtets Gleichen und Unwandel⸗ baren, und in ber Aehnlichwerdung und Wiebervereinis - gung mit Bott zu finden.. Zu ben Zeiten des Ariftoteles harte das Wort in der Sprache des Volks, und in ber Buͤcherſprache eine ganz verfchledene Bedeutung *). In ber erſtern nannte man den Phibias, Polyflerus und ans dere noch immer weiſe Kuͤnſtler; in der andern hingegen feste man ſchon weiſe und kluge Männer einander entge⸗ gen, und nannfe nur diejenigen Weiſe, die fich wie Tha⸗ les und Anaragoras mit den ſchwerſten und über den ges melnen Menfchenverfiand am meiften erhabnen Kennt⸗ niffen beſchaͤftigten. Ariſtoteles unterfchied Daher voPıa von awecıs, Desvnass, emısaan und Texyn, und erflärte die erflere als eine Wiſſenſchaft ber wiſſenswuͤrdigſten Dinge. or 9 @odın ası Kai ewısuun αν VES TI Tim ‚puwrarav Quoei. Selbſt die Regierungs- und Ges ſezgebungskunſt fchienen ihm nicht zur Weisheit zu gehoͤ⸗ ten, fondern nur verfehledene Zweige der Klugheit (Deo- ns) zu ſeyn **). Mit dieſen Begriffen angefüllt (pras chen Dikaͤarch und andere den Männern, bie in ben ältee ſten Zeiten allein und vorzugsweife den Ehrennamen der Weifen empfangen hatten, ben Titel der Weiſen ab, und hielten fie bloß für kluge und flaatsfundige Perfos nen, die ihre und ihres Vaterlandes Vortheil gut ver⸗ handen und eifrig befoͤrdert haͤtten 9. |

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3 vr 7. Eithie,

2 ap. Diog. . 40.- Eile. de Anke. er. Nım

qui feptem sppellahtur,, eos qui iſta fubtilius un —* u numexo fapientum non habent.

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us u Erſtes Buch. ; Es iſt elne ganz allgemeine Meynung, daß Pytha⸗ goras fich zuerft in Griechenland aus Beſcheldenheit nicht einen-Weifen, fondern einen Liebhaber der Weisheit ges nannt-habe. Cicero *), Didgenes **) und andere ha⸗ ben diefes dem Heraklides Pontikus, ober auch ſolchen Schrifiſtellern nacherzaͤhlt, die aus diefem Schuͤler des er und Ariſtoteles geſchoͤpft harten. . Allein gleichwie raklides die ganze Philoſophie des Plato auf den; Py chagoras übertrug , ‚(und dies wird in ber Felge umftändficher datgethan werben, ) ſo eignete er ihm auch in dem Maͤhrchen, worin er ihn zum Erfinder des Na: mens Phitofoph ‚machte, einen dem Plate oder deffen Lehrer eigenthümlichen Gedanken zu, mie einem jeden, id, aus folgenden Grünten einleuchten wird. . aͤmlich fchon Pythagoras ftatt bes zu folgen Titels, ! oder Sophiſt, den Ramen eines Siebhabers der ! it angenommen‘, fo würden ſchwerlich die Sophie 1. » andere große und beruͤhmte Männer das Her)

gehabt haben, ſich ſelbſt noch immerfort Welfe zu'nennen. | Auch Herodot nennt den Pothagoras ***) nicht einen Philoſophen, fondern einen op» , und Jon von Cpios «od }). Im Zeitalter des Sofrates gab es außer ben Goppiften no werrrızo , enroges , Madnuarman pasınaı, Quosnaı, oder ei Tor Mereugav Daovrısan, ol To perunga, va daspovie, Ta Jen Inravres wa Deorigovres, aber unter allen diefen Lehrern, entweder nuͤzlicher, -ober blenbenber, ober ſelbſt ſchaͤdlicher Kennt» uiſſe

®) Tufe, Queeſt. V. 3._ : **) |. 12. * IV. 94. oo. 2 Ap. Diog, I, 120. won

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Ueber den aͤlteſten Zuſtand von Griechenland. ug.

niffe fanden fich gar feine, die ſich DrAccoDss genannt hätten, - Dies Wort fommt ferner in feinem Fragment der älteften philoſophiſchen Dichter, auch nidye in Ben Bruchſtuͤckken des Heraklit und Demokrit, und nicht eine mol, fo viel ich weiß, im Herodot dor, $ejterer brauche nur einmal ben Yusprud DiAocodew *) an ber Stelle, wo er den Kroͤſus zum Solon fagen läßt: Daß der Ruhm der Welsheit des leztern, und der Reifen, die er zur Erwerbung und Erweiterung nuͤzlicher Kenntniſſe untere nommen habe, auch zu ihm gekommen ſey **), Aus allen diefen Factis und Stellen der Alten nıuß man ſchlie⸗ ben, daß Sokrates, der den Titel eines Wellen für zu erhaben hiefe, als daß Menſchen ihn tragen dürften, ber den Namen Sophift lächerlich und verhaßt machte, ber ſich auch niche zu den Naturforſchern oder Öuasmess rede nen wollte, weil‘ er ihre Unterfuchungen (ru kerewex) verabfcheuete, und nur weg Tav ayJewzeiav ae diere- vero), Daß diefer alfo der erfte geweſen ſey, der ſich einen Hebhaber der Weisheit zu nennen angefangen habe, Hiemit ſtimmt nicht nur Plato überein, indem er ihn am Ende feines Phaedrus fagen laͤßt }); To ver aoDov Dosdes nuAEN, eupi Ya MEY 81004 doxes, #068 en Mm WEETEN. TO den ‚DrAoeopor » N TOATABTeOVE

Ka Te avdurw xaı agmorro ud eumeässeons ex: fondern auch Die Bemerfung, daß die Wörter PRosoPos und PiAovodıa erft In ben Schriften der 24 Schuͤ⸗

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#7,

”,) * —S— nv wear Sanyo & exev el Anrudas.

#2) Xenoph, Mom, I. 1.

D P- 214. i

120 = Erſtes Buch.

Schüler des Sokeates und ihrer Zeitgenoſſen haͤufig vor kommen, und aus dieſen bald in die allgemeine Volks-

ſprache übergegangen find. Die Bedeutung berfelben ‚blieb aber noch lange unbeflimme. Iſokrates verftand un.

> ter, der Philofophie bie Kunſt glüctlich zu leben, und ans

bere durch Klugheit, Beredſamkeit und Rechtfchaffenheit

gluͤcklich zu machen). Plato iſt fehr unbeftändig im Ges

brauche des Worts Ppilofophie. Bald nimmt er es: für

Begierde nach nüzlichen Kenntniffen (DrAsuaIin), bald

fchränft er es faft ganz allein auf das Studium der Groͤ⸗ Sentehre ein, und bald ift es ihm wiederum mit Yrwass, srisun und aodıa einerley, Bein Zuhörer und zweyh⸗ ser Machfolger Tenokrates war ber erſte, der den Aus—⸗

druck Philofephie genau beflimmte, oder doch ihren Ume fang ihre Theile, und die Kenntniſſe angab welche fie

in fich faffen ſolle **), Ä en Nachdem ich jego die Geſchichte einiger ber wich. tigften Wörter der griechifchen Sprache vorgetragen habe; fo komme ich zum zweyten Punete, den ich in diefer Bey⸗ lage zu erläutern verſprach: nämlich zur Prüfung ber

übrigen Gogen von ber Veranlaffung der Benennung ber

, Orig

®) Paneg. I, 142. DsAoaoDıar 'rowuv 4 mar rœuro auvefeuge, Has OUYHETEAKEUNTE, Kol EOS TS Tas mERLrIS yuus emasdsuos, 1 TrEOS BAAnAus areuuvs na Tay cuuoewv Tas Te di qace)lν, na Tas eb avaayuns Yıysouevas disı- Ar, u Tas uev Burakacdı, Tas ds nadus weyariv sdidagev sn morıs Kay nm run.

“) Man fehe Sextum advorf, Mathem, VII. 10.

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ileber den älteften Zuffand von Griechenland. ızı

Griechiſchen Beifen. Ungeachtet ich nun feine andre Ver⸗ muthung und Erzählung für fo wahrſcheinlich, und mie ber Gefchichte anderer Voͤlker für fo übereinftimmend halte, als diejenige iſt, bie ich im Terte mitgetheilt habe, und bie durch das Urtheil des Cicero beftätige wird *); fo kann ich doch auch nicht verhehlen,, daß die Meynung des Iſokrates nicht vieles vor fich habe. Diefer Redner‘ fagt , in der oben angeführten Stelle, daß Solon der erſte in Athen gemwefen fen, der fich einen Weiſen genannt habe,

und ſagt es auf eine ſolche Art, daß man fieht: er habe

noch) andere im Sinne gehabt, bie vor dem Solon eben diefen Namen angenommen hätten. Leſer, die mit der Denfungsart der Griechen und anderer freyen Voͤlker nicht befannt find, werden geneige ſeyn, die Nachricht des Iſokrates bioß deßwegen ats falſch zu verwerfen, weil fie befürchten, daß, wenn ihre Wahrheit zugegeben würbe, . die Weiſen Griechenlandes fi) eines unverzeihlichen Stolzes ſchuldig gemacht ‚hätten. Allein eben diefe Leſer kann man aud) bald auf eine unwiberfprecdhtiche Art über zeugen, daß die Briechifchen Weiſen, wenn fie fid) auch

ſelbſt diefen Titel bengelege hätten , gar nichts ungewoͤhn⸗

liches gethan, und ſich ſelbſt bloß Gerechtigkeit Haben mies derfahren laffen. Man fpricht, wie Tacitus **) vortreffe m 25 lich

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*) De Fin, 1.3. Septem autem illi, non fuo, fed po- pulosum fuffragie ommium nomlnati funt,

°%) In vit. Ag, I. At pleriquo fuam ipfi vitan (er redet von den alten Roͤmern) narrero, fiduciem potius morum, quam serogantism arbitreti ſunt. noe id Rutilio Scause eitra fidem, aut obtre&ationi fuit. ades virtutes ilsdem temperibus optime asflimantur, quibus facillime gignuntur. \ .

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132 Erſtes Buch. J

lich bemerkt, niemals mit groͤßerer Zuverſicht von ſeinen eigenen Tugenden, als in ſolchen Zeitaltern, wo man am

meiſten beſizt und ausübt, und nirgend (Bann man hinzuſezen) rähmte man feine und feiner Freunde Vollfommenbeiten und Berdienfte mit einer größern Freymuͤthigkeit, als in ſolchen Staaten, in welchen man die Fehler und Verbre⸗ chen feiner Feinde am dreifteften tadeln Fonnte und durfte, Die furchtſame Beſcheidenheit, die fich felbfl entweder gar nicht, ober nur mit Errörhen lobt, war dem freyen Griechen und Römern. eine eben fo unbekannte Tugend, als die fhüchterne ſchonende Behutſamkeit im Tadel von Widerſachern; und fie erhielten beyde erft, nachdem fie faſt alle uͤbrige Tugenden mit. ihres Freyheit eingebüßt

hatten. Die republicanifchen Raͤmer fchrieben nicht nur _

ihr eigenes Leben, ſondern fie hielten auch ihren nächften Verwandten nady ihrem Tode Lobreden, in welchen bie Tugenden und Thaten der Verflorbenen und Vorfahren mit aller Macht der Beredſamkeit geſchildert wurden.

Wenn fie fid) bem verſamleten Volke als Mitwerber um |

& hohe Würden barftellten; fo. maren fie von den ehrwuͤrdig⸗

fien Maͤnnern begleitet, bie fie ben Waͤhlenden empfah⸗

Nlen, und fie ſelbſt ſuchten das Volk zu überzeugen, daß fie mehr als irgend andere zur Führung des Amts, wel⸗

des fie füchten, fähig fepen. Sie mochten endlich fi

ſelbſt vertheidigen, ober andere .anflagen; ſo machte al- lemal ein nachdrüdliches lebhaftes Gemaͤlde ihrer eigenen - Vorzüge und Verdienſte einen großen Theil der Reden

aus, womit fie ſich entweder felbft vom MWerberben erret- -

ten, oder andere niederſchlagen wollten. Es iſt alſo Un⸗ wiſſenheit, und Mangel von Kenntniß der Sitten freyer

Nationen, wenn man den Orleden und Römern ein je⸗

des

. 4

Ueber den äfteften Zuftand von Griechenland, 123 des Selbſtlob, Bas unbeſcheiden ſcheint, zur fträflichen

Eitelkeit, und jeben Tadel, ber jezo übertrieben heftig

ſeyn würde, zur bäurifchen Orobheit anrechne. Ic führe Feine Römifche Beyſpiele an, weil diefe Hier zur Unzelt angebracht feyn würden, und ich es zu einer andern Zelt in einer Abhandlung über den Charakter bes Cicero und feiner Schriften zu thun gebenfe, in welcher ich mit reuvoller Ehrerbietung dem Schatten dieſes großen Man⸗ nes öffentlic) das Unrecht abbitten werde, welches ich ihm mit einer unbefonuenen Uebereilung in einer meiner uns reifen Arbeiten zugefügt habe.

Wenn man alfo auch mit dem Iſokrates annähme, Er

daß die Griechiſchen Weiſen fich ſelbſt fo genannt hätten ; fo würbe daraus welter nichts folgen, als daß fie ihre Les berlegenheit in Menſchenkenntniß und Staatsklugheit über ihre Zeitgenoffen gefühlt, und ohne Prahlerey durch einen ſelbſtgewaͤhlten Beynamen geäußert hätten, fo wie . die Römifchen Helden durdy bie Beynamen des Großen, des Gluͤcklichen, des Afrikaners, des Numidikers u. f. w. ihre Thaten ausbrüdten, - Was Iſokrates vom Solon berichtet, das _thalen nachher —3 „Heraklid und Empedokles, ohne daß man dieſe Maͤnner einer uͤbermaͤ⸗ ßigen Schaͤzung ‚Ihres eigenen Werths beſchuldigt, oder einen gefährlichen Neid auf.fie geworfen hätte; und auch die Sophiften würden ungeflört in dem Befize.des Na⸗ mens weiſer Männer geblieben feyn, wenn fie nicht durch ihr Leben und ihre Schren den Spott und Unwillen bes Sokrates und feiner Schüler auf ſich gezogen hätten,

Eenophanes, das Haupt der Eleatlſchen Weltwei⸗ ſen, und der bitterſte Tadler des Homer, Heſiod und I ande⸗

Pl

N

m Edſſtes Buch.

1— ‚anderer alten Weiſen, ſagt beym Athenaͤus von ſich ſelbſt: Wenn jemand auch im Lauſe, und In allen’ andern Arten

von Kämpfen bey Olympla Sieger geworben , und als

Sieger den Borfiz in allen Spielen, prächtige Gefchen

te, und beftänbigen Unterhalt von jeiner Vaterſtadt em. \ pfangen hätte; ſo würde er Doch Das nicht werth feyn,

was id) werth bin. Denn meine Weisheie iſt auzlicher und vortreffiicher,, .als bie Stärfe von Männern und

Pferden: und irtig wird die leztere der erſtern vorgezogen,

Denn wenn fi auch gute Ringer oder Balger oder fäu

fer, oder Führer und Seiter don Pferden und Wägen, in

giner Stade finden; fo iſt fie deßwegen nicht beffer geord⸗ net oder verwaltet *). Noch ſtaͤrker und nachbrüdl. . der fprach Heraflid von feinen Kenntniſſen und Vorjuͤ⸗

gen. Er geſtand **), daß er zwar In feiner Jugend uns

wiſſend gemefen fey, daß er aber in feinen reifern Jahren

alles, und zwar durch ſich felbft ohne fremde Huͤlfe und

Unterricht erfanne hätte, Er verficherte ſogar, daß = So. | ee

*) Pag. 37. Pocl, phil, Steph, ss will nur einige Verfe

abſchreiben: nn

Ars vn m Ti —. Tour Yazavın Ace an zov abus aome eym. guums Ya | cœnenov

nd IBZEOV nnereon codıy

Anx an Hana TBTo ,. 98

œiov. TIeo Kenen ed an⸗ Tns ya sodms. Ej. Prag. apud Diog. IX, 5, N

lieber den afteften Zuftand von Griechenland. ms

er allein alles wiſſe, und daß alle uͤbrige unwiſſend ſeyen *).

So kuͤhn nun der Eyheſiſche Weitweiſe fein eiges nes Sob verkuͤndigte; fo freymuͤthig und entfcheidend war er in feined Ausfprüchen über andere. Vielwiſſereh (fagte er) nüjt zu nichts, meil fie fonft dem Heſiodus und Hekataͤus würbe geholfen haben, : Wahre Weisheit bes ftehe Darinn, demjenigen Scharffinn gu befizen, der jemans den In allen Sagen und Umftänden ielte, und zum ‘Bes fen führe FF),

Naoch befrembenber als altes, was ich bieher an⸗ geführt Habe, wird für die meiften Leſer der Lobgeſang ſeyn, den Empebefles auf fidy felbft anſtimmte. Freut euch (rief er in dichteriſcher Begeifterung aus) ***), freut euch, ihr Bürger von Agrigent, daß ich mit heiligen Infuln und Krängen ummunden ımter euch, nicht als ' ein fterblicher Mann, fondern gleich einem unfterblichen Gotte herumwandle. Mic verehren Männer und Wels ber, wenn ich in fremde Städte einziehe: mir felgen jebntaufende, und fragen mich, bald uͤber die Wege,

die .

”*) Apud Proel. in Tim. p. 106. Henn Aeıros ROVT Ob Sauroy eıdevası Aryay , TOVTES TES MARS VEWITNMOVES Eck. an) So müffen, glaube ich, folgende Worte des Heraklit verſtanden werden, die Plutarch mißverſtanden hat: emoœs væę Ev To doe, —— nros 64 nußeernons mar die zarte. Mus dieſen lezten Worten bat Plutarch ein To Deovav, erws nußdsevaraı To Te Cum nad NeakAsıroy herausgebracht. de Iſ. & Of. VII, p 502. Ed, Reisk.. “n Ap, Diog. VII. 62. |

Ze |

26° . Erſtes Buch.

© die zu ihrem Gtüde führen, und bald ziehen fie mich über bie Zufunft oder über die Heilung von Krankheiten zu

Rath. Der Agrigentinifche Dichter hielt ſich ſelbſt

“für einen Wunderthaͤter, oder wollte wenigftens dafuͤr

angeſehen ſeyn. ‘Denn In einem andern Fragment gibt: er einem Freunde von ſich folgende Verſprechungen *). Bon mir, fagt er, ſollſt du die Mittel erfahten, wo⸗

durch bu "Krankheiten zu vertreiben, und das traurige Alter zuruͤckzuhaiten vermagft: aber auch nur bir allein vertraue ich diefe Beheimniffe an. Won: mir fohft du .

E hören, wie du verheerende Winde bezaͤhmen, und wenn du willſt, in ihre Lager oder in ihren Geburtsort zuruͤck führen koͤnneſt. Ich will dich lehren, wie du Lngemits

ter in heitern Sonnenſchein, ober dieſen in jenes verkeh ˖ ren, wie bu aus Dürre Regen bervorbringen, oder auf Fluthen trockene Witterung folgen laſſen, wie du endlich die abgeſchiedene Seelen verftorbener Merfihen aus dem Reiche der Schatten wiederum hervorrufen koͤnneſt. Dio⸗

genes und. andere, die die großen Männer des Alters

‚GEBEN EHER

. thums nach der Denfungsart Ihres Zeitolters beurthellten,

wärfen dem Empebofles ımerträglichen Stolz vor; allein Sextus **) dachte anders, und glaubte ; daß nur unwiſ. fende Brammatifer unverfhämtes Selbfilob in den Ver⸗ fen dtefes Weltweiſen finden koͤnnten. Apollonius pries

ben Empedofles gluͤcklich, daß er fich durch das Gute,

mas er von fich ſelbſt geſagt, unter feinen Zeitgenoffen feine Geinde und Neider zugezogen habe ***), | \ . Da

Den

#) Ap. Diog. VIII. Ba **) 1dr. Math. l. a“) vi. 7. Philehr. Ih vi, Apoll,

)

Leber ben alteſten Iufand don Griechenland. 27

| Da olfo.Eenophanes, Heraftit und Empeboffes ſo laut von ihrer Weisheit rebeten, „und .noch fpäter die Sophiften ſich ungefcheut Weife nannten, und vom Jans zen Grieche nlande bis auf eine gewiſſe Zei dafür erkannt wurden; ſo kann man es nicht als ganz unwahrſcheinlich . vermerfen, daß bie leztern den ältern Griechiſchen Wei⸗ ſen nachgeahmet, und auch Solon und deſſen Zeitgenofe fen ſich ſeibſt den Titel der Weiſen beygelegt haben,

Alle übrige Erzaͤhlungen über die Veranlaſſung bee Benennung der Grlechifchen Weifen „, welche Diogenes und deſſen Ausleger *) am vollſtaͤndigſten geſammlet das ben, find weniger glaubwürdig, und mit den Gitten der alten Zeit weniger übereinftimmend, oder auch mehr mit Fabeln vermiſcht, als diejenige, bie ich angenommen habe, und die ich gleich nach biefer für bie wahrſchein⸗

lichſte halte. Die befanntefte und gewoͤhnlichſte Sage ift folgende: daß Joniſche Jünglinge von Mitefifchen File, -

fehern einen Nezzug gefauft,, und unter ben Fifchen einen goldenen ober ehernen Dreyfuß *), von welchem es uns gewiß if, ob es ein Trinfgefchirr oder-ein Gefäß, worinn man Wein und Waffer zu mifchen pflegte, ober enblich ein Tiſch geweſen fen ***), gefimden härten. Ueber Diefen unerwarteten Fund fe unter Käufern und Vers kaͤufern ein Streit entftanden, ber vom Apofl zu Delphi endlich dahin entſchieden worden, daß der Dreyfuß we⸗

der

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2) 1. 2

Exe, Il. 652. “Dan fe —* II, 2. 10, überbie Vedeutuns dee Werts

rex⸗

) Ds “erflere fagt Diesenes l, e. das andere Diodor |

ug.. Ecſtes Buch. der den einen nach den. andern zukomme, ſondern dem Weiſeſten unter den Griechen uͤberreicht werden ſolle.

Dieſem Ausſpruch zufolge habe man ihn dem Thales an⸗ geboten, der ihn aber abgelehnt, und einem andern be⸗ ruͤhmten Zeitgenoſſen zugeſchickt habe. Der zweyte Em⸗ pfaͤnger ſey aber eben ſo beſcheiden geweſen als Thales, und habe das Geſchenk einem dritten überliefert, von dem es aber aus gleichen Bewegungsgrümden- einem vierten und fo meiter herumgefandt werden, bis es endlich

an den -Golon gefammen,..ber es endlich. dem Gotte

iu Delphi gebeilige Habe, —. Andern Ueberlieferun

-

gen oder Erdichtungen nach *), hinterließ ein gewiſſer Arfadier, Batyllus, ein Trinkgeſchirr, mit dem Ber fehl, daß es dem Weiſeſten der Griechen geſchenkt wuͤrde; oder Kroͤſus fol. einen goldenen Becher als einen Preis der Weishelt ; oder.die Argiver einen Dreyfuß, eis einen Preis der Tugend, ausgefegt haben, Dieſe widerfprechenden Nachrichten ſtimmen weder in Anfehung der Männer, die diefe Geſchenke zuerft empfangen, nod) wuc derer, die fie behalten haben follen, mit einander überein. Die Zeit, wann durd) die eine oder Die an bre biefer Beranlaffungen mehrern berühmten Männern,

ſowohl im Afiatifchen als Europäifchen Griechenland,

der Name von Weiſen gegeben worden, foll in.bas ſie⸗

ben und funfzigſte Jahr des Thaleg, und in das fünfe

hundert ein und achtzigſte vor Eprifti Geburt fallen **). I

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. ®%) Diog, l.æ. on

*#) Marm. Arund, Epoch. yxix. Dies Datums iſt falſch, weil bie Hälfte der ſieben: Weiſen in ber ſieben und funfzisſten dynpiade nicht mehr lebte.

| lieber den ältefien Zuſtand von Griechenland, 129 |

Ich trage fein. Bedenken, alle jejt kurz erzaͤhlte Maͤhrchen von einem wunderbar gefundenen Drepfuß, ber vom Apoll dem Weifeften in Gricchenland zuges fproshen worden, ober von Preifen der Weisheit und Tu⸗ gend , Die-von einzelnen Perfonen oder Städten hinterlaffen und ausgefest fenn follen, als ganz unglaublich zu verwer⸗ fen. Die Pythia konnte wohl einzelne Männer für bie Weifeften unter den Griechen erflären; allein fie konnte nicht einen Sand dem Weifeften zuerfennen,, ohne entwe. der unfinnig zu feyn, ober etwas zu beſtimmen, mas nicht gut beftimmt werden Ponnte, nämlich wie und ven weichen, und nach mas für Merkmalen die hoͤchſte Tu⸗ gend und Weisheit geprüft und gerichtet werden ſollte? Eben diefe Schwierigkeit findet auch bey den übrigen Sa⸗ gen ſtatt. Denn faum iſt es gedenkbar, daß es einzel. nen Perfonen und‘ Städten auch nur jemals einfallen Ponte, dem Weifeften und Tugendhafteften einen Preig zujuerfennen, ohne Richter ober Geſeze, nach welchen Die Wetreifernden gerichtet werden follten,, zu beftellen und vorgufchrefben. Hiezu Pommt noch biefes, daß weder Plato, der die Griechifchen Weifen fo oft nennt, noch Herodet, der einen jeden (einen einzigen ausgenommen) mehrmalen namentlich anfuͤhrt, und manche Abentheuer und Wunder vorträgt, die den Erzählungen von ben fieben Weifen, befonbers_der von dem gefundenen Dreps fuße ſehr ahnlich. ind, und ihn, wie es fcheint , noth. wendig Daran erinnern mußten, nicht da9 geringfie von ben Begebenheiten anführen, wodurch Die Griechiſchen Weiſen ihren Ehrennanten erhalten haben follen.

Heumann glaubte, dag die Griechiſchen Weiſen als Dichter um Preife geſtritten, und auch, als die beften-

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J 190° Erſtes Buch. Eu

Dichter Ihrer Zeit, die Ihre Micbuhler oft In dichterke fchen Wettkämpfen beſiegt, den Namen der Weifen ver- diene Härten, Allein erſtlich ift es zweifelhaft, ob alle

Weiſe wirklich Dichter waren, und um ausgefeste Preife wettgeeifert haben , und zweytens iſt es eine durchaus

willtuͤhrliche und falſche Vorausſezung, daß ihre dichte:

riſchen Verdienſte nach dem Urthelle der Griechen vor

denen afler übrigen fo herworftechend geweſen feyen, daß man ihnen bewegen den Namen ber Weiſen gegeben babe. Vielmehr ſieht man aus ber größern Zahl von Fragmenten einee Gappho, eines ‚Alfäus, Anafreon, Eimonides, und anderer, bie ohngefehr um dieſelbige Zeit lebten, und aus den größern Lobſpruͤchen, die ihnen beygelegt werden, daß eben diefe Sänger unb Saͤngerin⸗ nen; bie.man niemals vorzugsweiſe Weiſe genannt Gar, gehalten worben find. Ä - 7 Biel glücklicher würde Heumann, meinem Ber daͤnken nad, gerathen haben,‘ wenn er bie poetifche Wettkaͤmpfe, bie in ben älteften Zeiten an Feſten ober auch an den Gräbern gehalten, und an welchen bemjenigen, der das Sob der Gottheit oder des Helden gm beiten befungen hatte, Preife zuerkannt wurden *), für bie Beranlaffung

FE für vortrefflichere Dichter, als die Griechiſchen Weifen,

aller Märchen über den Urſprung der Benennung ber Weiſen gehalten hätte, Weit man naͤmlich in folgen dichteriſchen Wettkämpfen meiftens den Sieger mit einem

Dreyfuße belohnte; fo erdichtete man, daß auch ein ge⸗ fundenes, oder binterlaffenes dregfüßigtes Geſchirr oder a 0 Befäß

up sehntiuchähtn.

0) Heliod; Op. & Die, V. 652 a. f. Aiben. II. 10. Au,

{ Conv, Sap, VI. 583. apud Plut.

Ueher den äfteften Zuſtand son Griechenland. 131 |

Gefäß oder Tiſch für den Welfeften der Griechen ausge ſezt worden feg, ‚ohne darauf Acht zu geben, daß der . vorzüglichfte unter mehrern Dichtern, und bas befte un⸗ ter verſchiedenen Dichterifchen Werken, viel eher erfanne werden Fönne, als der Welfefte und Tugendpaftefte eines . ganzen Wolle, Ä Die Zahl der Griechifchen Welfen war, -wie es ſcheint, weder in ihrem eigenen Zeitalter, noch auch ele nige Zeitalter nachher, beftimmr, Herobot führe zwar die Namen aller Weiſen an, den einzigen Kleobulus ausgenommen, allein er ſagt nirgends, daß man fie auf eine gewiſſe Zahl eingefchränft babe. Plato und beffen Sreund Eudorus waren allem Vermuthen nach die erften, welche von fieben Welfen Griedyenlandes *) redeten; allein beyde gaben wiederum die Namen derſelben niche auf einerley Art an, indem Plato den Myſon ſtatt des Periander, und Eudoxus eben venfelben an’ die Etelle des Kleobulus ſezte. Die Zählung diefer beyden Weltweifen hat zwar auf die lezt alle übrigen verdrängt; allein fie wurde in Griechenland doch nicht fo allgemein angenen» men, daß man nicht von ihnen, fo wohl in Auſehung ber Zahl, als der Namen der Griedifchen Wellen, ab« gegangen wäre. Nach dem Dikaͤarch **) gab es: nur vler Männer, die ohne Widerrede und Ausnahme vom ganzen Griechenlande für Welfe anerfannt worden: naͤm⸗ lich Thales, Bias, Pirtafus und Solon: außer biefen nannte er aber noch ſechs andere, aus welchen einige diefe, andere jene ausgehoben hätten, um die Zahl fieben voll J2 zu

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BEER side

*) Plat, in Prot. p.ↄ295. und Eudoxus apud Dieg. 1. 50, ) l, 40, 41. apud Diog. ea

daß daher bie nachfolgenden Geſchichtſchreiber aus Gruͤn⸗

132° Erſtes Buch.

jzu machen. Hermipp hingegen führt ſechtzehn Männer an, aus welchen die ſieben Griechiſchen Weiſen auf eine ganz verſchiebene Weiſe von verſchiedenen Schriſtſtellern gewahlt worden *). Lamprias, ein Bruder des Pius

tarch, glaubte, daß ihrer urſpruͤnglich nur fuͤnf geweſen ſeyen, und daß Cleobulus und Periander ſich gleichſam wit Gewalt in ihre Zahl eingedraͤngt hätten **). Die. genes, bezeugt: ferner ***), daß zu der damals faſt allge⸗ nmein angenommenen Zahl der fieben Weiſen von einigen noch drey, von andern vier hinzugeſegt wurden, und nach ihm nahm Porphyr nicht fieben, ſondern neun Sriechtfähe Weifen an, Zu ben Zeiten bes Paufanias mufte man zwar nur von fieben; aber: man rechnete, "wider Das An fehen des Plato, ben Periander., und einen $esbifchen Tyrannen darunter +). ° Aus biefen abweichenden Zeug, niſſen alter. Schriftfteller fann.man, glaube ich , „mit Recht ſchließen, daß Plato und Eudoxus in ihren An

gaben. ver Zahl und Namen der Griechiſchen Weifen “mehr ihren eigenen Vermuthungen, als zuverlaͤſſ igen Nachrichten, oder alten Ueberlieferungen folgten, und

ben , die mir unbefannt find, fidy für berechtigt hletten, von den Entſcheidungen dieſer Weltweiſen abzumeldyen. Nicht älter und auch nicht uͤbereinſtimmend

als die Zeugniffe über die Zahl und Namen der Welfe find die Sagen von ihren Zufammenfünften, Gaftm | | l

2). 42. diß.

| ML Vit. „OP. Plat, s14 MI Ts u Ta © Aem an, |

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tieber.den älteften Zuſtand von Griechenland, +33

lern und Tifchreden. Plato iſt, wo nicht ber erſte, doch gewiß der ältefte unter allen Griechifchen Schriftfteßlern, deren Werke zu uns gefommen find, und bie von ben Zufammienfünften der fieben Weiſen *) reden. Er ſcheint zu behaupten, daß die Grlechiſchen Weifen in eis ner ſolchen Zufammenfunft den Entſchluß gefaßt harten, ifre Sprüche, als die Erſtlinge der Griechiſchen Wels. heit, dem Apofl zu Delphi zu weihen. Plato beſtimmte aber weder die Zeit, noch den Ort, wann und wo fie fi ch verſammlet haben ſolften.

Beyde wurden in ſpaͤtern Zeiten auf eine ganz ver⸗ ſchiedene Art angegeben. Archetimus von Syrakus bes bauptete, daß die Griechiſchen Wellen beym Kupfelus zufammengefommen wären , unter beffen Regierung ber größere Theil der Griechiſchen Weiſen wahrſcheinlich noch nicht einmal gebohren war **), Andere ließen die Griechi⸗ ſchen Weifen fich entweder in Delphi, oder an dem Hefe‘. des Rröfus, oder in Korinıh beym Periander , ober endlich in Mpfale, in Afien verfommien ***), Sin fpätern Zeiten ließ man fie auch Gaſtmaͤler feyern, die wiederum 93 Ä auf

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©) In Prot. p. 295. Tara zu Ocxns 6 kiAnauos, neu Tlrrauos 0 MiruAnvauos, neu Bias o nem > N aus, was ZoAay ö Nmeregos, neu KisoßsAos "os Amdıos, mau Murwv 0 xweus, na EB ones. Tovros aAeyero Aunedumovios KıAoy. = ro⸗ ka non Euverdovres , aTaenm Ts oda 'avedecav To AromMavı EIS TAV vE@v EV Asrdos yenıyavres TAUTE & on TavTes susses T vos GERUTOV As under ayav. *t) Diog, I. 49. En “) Diog. l.e.

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auf eine ganz abweichende Art geſchildert werben. El—⸗ nige beſchreiben ſie als froͤhliche Schmaͤuſe, in welchen man ſich den Freuden des Weins ohne Zuruͤckhaltung

überlaffen ®), andere hingegen als fenerliche Gaſtmaͤler,

in denen Weisheit und Ernft geberrfcht, und Scherze

und Muthwillen verbannt hätten **).

Die Zufammenfünfte der fieben Weiſen ſind zwar nicht unwahrſcheinlich, und ſtreiten auch nicht mit der Zeitrechnung ***); allein es gibt andere Gründe, weßs . ‚wegen man fie für erbichtee haften muß. Herodot redet

van dem Zuſammenlaufe aller wegen ihrer Kenntniſſe

oder Geſchicklichkeiten beruͤhmten Griechen am Hoſe des Kroͤſus; er erzaͤhlt, daß Thales ſich im Heere dieſes Koͤnigs, und Bias an ſeinem Hofe gefunden, daß beyde den bey Mykale verſammleten Griechen vortreffliche Vor⸗ ſchlaͤge gegeben’ hätten; er handelt endlich umſtaͤndlich vom Periander und feiner Verbindung mit dem Thraſy. bulus; ‚allein nirgends erwähnt er einer Zufammenfunft der Griechiſchen Weiſen, fo viele Veranlaſſungen er auch dann, eine ſo mertwindige Begebenheit aufgugelchnen. | Dies

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) Athen. 3. p. 463. exoiavro de na 01 EnTe nare- Evo aoduı FUMTOTIKAS OMIAIHS. —X yae 0 OWos Ko TV TE Ynews dusßunszey Pnow 0 OsoQewsos ıv Ta TEE Keine

w “*) Vid, aut. Conr. fept, Sıp. |

Be} Pittikus wurde in ber zwey und breyßigſten, Periander im erſten Jahre der 29ten, Thales in der 35 oder 38 Olympiade gebohren. Solon gab in der 46 Olympiade ſeine Geſeze. Die Zeitrechnung der uͤbrigen iſt unge⸗ wiß, wir wiſſen aber "von, daß ſ fe Zeitgenoflen ber er- He waren.

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lieber den Altefien Zuftand von Griechenland, 135

Dies rebende Stillſchweigen bes Herodot würde allein ſchon das Zengniß. bes Plato überwiegen ,; wenn man auch daran nicht einmal denken wollte, daß eine folche werabredete Zufammenkunft der Weifen Griechenlandes eine viel genauere Verbindung zwifchen entfernten Staͤd⸗ ten, mehr Muße, und wichtigere Bewegungsgruͤnde vor, ausſezt, als man annehmen ober vermurhen kann. Wahrſcheinlich hat die Nachricht des Herobot, daß alla Künftter und erfahrne Männer den Krötus beſucht haͤt⸗ ten, zur Erdichtung einer Zufammenkunft der fieben Weiſen Anlaß gegeben,

Eine ſolche Zufammenfunft ift aber, melnem Urthelle nach, immer weniger unwahrfcheinlich, als ein Gaſtmal in dem Geſchmacke, in welchem ein unbekann⸗ ter Schriftftelier , den man faͤlſchlich fuͤr den Plutarch ges halten, eins gefchrieben hat. Diefem Schrifiſteller nach follte man glauben, als wenn die Weiſen nur in ber

Abfiche sufammengefpeifet hätten, um fid auf einmal alle

ihre Sprüche, Raͤthſel und Gefinnungen mitzutheilen und vorzulegen. Solche Gaftmäler, an welchen man mehr zuſammendachte, als zuſammenaß, find ein offene barer Widerfpruch mit den Sitten ber alten Zeit, in wel⸗ cher alle Schmäufe , gottesdienftliche Handlungen, und zu Ehren der Götter angeftellt, oder doch mit gottesdienfte lichen Gebräuchen, mit Opfern, Bekraͤnzungen, fröhfls hen Gefängen und. felbft mit Spielen und Rauſch bes gleitet waren *). Diefen feftlichen Schmäufen, .an

. 34 wele

+ Man fehe Mrgendus 11. 3 V. 3. 198. x. 7.437. XI, 3. 462. p. und bie efhreibungen ber diteften Dichter, die hier vorkommen,

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Fu

. 16 J J Enſtes Buch. welchen ſelbſt bie welſeſten Männer rlethen, ſich von der

bedaͤchtlichen Nuͤchternheit eben fo weit zu entfernen, als |

vor der ſinnloſen Trunkenheit in Acht zu nehmen, wa⸗ ren die: ſreundſchaftlichen Zuſammenkuͤnfte, an welchen man glüdliche Begebenheiten der Familie , oder ber Häupter. von Familien feyerte, im Zeitalter des Sokra⸗ tes noch ſehr aͤhnlich, mie bie Goftmäler des Plato und Zenophon beweiſen. Plato war’ In feinen Oeſezen der erftere, der wider die wilden Schmäufe, die man an Beten zu Ehren der Götter feyerte, und wider die Be⸗

rauſchungen, womit fie begleitet waren, eiferte, und er

and Menedemus führten zuerſt die mäßigen Gaftmäler ein, an weichen man mehr für ben. Geiſt, al

. für den Gaumen forgee, und fi über ernuſt⸗

hafte und miffenfchaftliche Gegenflände unterhielt *).

Dieſe philofephifchen Gaftmäler wurden in Ver Folge in

allen Seften allgemein, und. bauerten mehrere Jahrhun⸗ derte nach Chriſti Geburt fort. Die berühmteften Welts -

welſen verordneten, baß dergleichen nach ihrem Tode won:

ihren Verehrern. zur Erreuerung ihres Andenkens gehal⸗

ten werden follten; und mehrere fezten anfehnliche Ver-

mächtuiffe zu Diefer Abfiche aus. Man ſieht aber aus bem Arhenäus, daß dieſe Gaſtmaͤler fi in Anfehung der Mäßigfelt eben fo fehr von denen der erfin Etifter

entfernten, als bie fpäten Nachkommen der großen Welt⸗ ..weifen Orlechenlandes den Hauptern Ifrer Schulen UNe J dei waren. j

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©) Athen, x. 4. p. 49. Dog. IL, 133. 140. 141. N)Vn

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Ueber den. älteften Zuſtand von Griechenland, 137

Micht bloß aus der jego angeführten groben Bes leidigung des Coſtume, deffen fi der Verfaſſer des Gaſtmals der fieben Weifen ſchuldig gemacht bat ‚.fchließe ich, daß dieſer Verfaſſer nicht Piutarch feyn koͤnne, (denn man koͤnnte leicht aus diefem großen Weltweifen und Geſchichtſchreiber Fehler anführen ‚die eben fo groß, und vielleicht noch größer find, als berjenige, den fein falſcher Mamensräger begangen hat,) fondern ich gründe mein Urtheil noch auf folgende Bemerfungen, bie mie entſcheldend zu ſeyn ſcheinen: 1) Iſt die Schreibart zwar nicht ſchlecht, oder unrein; allein fie bat doch nicht die Fülle, das Blühende, den Reichthum an glücklichen Bildern und Gtleichniffen, nicht die häufigen Anfpieluns gen und Anfuͤhrungen auf, und von den größten Dichtern feines Volks, welche bie Sprache des Piutarch einem ' jeden vertrauten Leſer und Kenner biefes vortreffli⸗ chen Schriſtſtellers fo Penntlih machen. 2) Erdellt feibft aus Der -Werwirrung, ober geſchmackloſen Un⸗ ordnung diefes Aufſazes, daß Piutarch die unförmlichen Theile dleſes unausgearbeiteten Ganzen weder gebilder noch geftellet babe. Alle Anekdoten, Sprüche, Raͤthſel und Gedanken, die in fpäten Zeiten den Griechifihen Weifen zugeeignet wurden, find mit fo weniger Vorſicht | gefammiet und geprüft, und mit- fo weniger Beurthels Iungsfraft über einander hergeworfen, daß ein jeter ver. nünftiger Menſch fühlen muß, daß man niemals ſolche Gaftmäler und Tifchreden gehalten Habe, oder daß die jenigen, die fie gehaften hätten, mit allen ihrem Scheine and Rufe von. Weisheit die lächerlichften Pebanten und die verächtischiten Tporen geweſen ſeyen. So wenig aber Plutar fähig war, weiſe w ei auf eine ſolche unges

5 reimte « f

2 Eifer Zu reimte At reden und denken zu loffen, ‘als bie Welſen

Griechenlands im Gaſtmale bes Ungenaunten thun; eben

fo wenig war er, glaube ich, fähig, die Sitten der al⸗ ten Zelt fo ſehr zu vergeſſen und zu beleidigen, daß er

die Kleobelina oder Eumetis, eine Tochter des Kleobulus, gu elner Tiſchgenoſſinn ber fieben Weiſen, ober zu einer | Thellnehmerinn ihres Gaſtmals gemacht haͤtte*). Wollte

man aber auch dieſes dem Plutarch zutrauen; ſo wuͤrde

> doch viertens dies unwiderleglich bleiben, Daß ber wahre

Plutarch die Einmetis nicht für eine Tochter des Lindiſchen Kieobulus , fondern für eine Corintherin pielt”*). Ende

lich und fünftens muß auch dieſes gerechten Verdacht ge: gen bie Aechtheit des Gaſtmals erregen, daß des Ver⸗ faſſer des leztern nie bes a: erwaͤhnt, über welches Piu- tardy eine ganze Abhandlung gefchrieben hat, und daß wiederum Plutarch in diefer feiner Abhandlung nicht ein

Wort ‚von der angeblichen Zuſammenkunft ber Griechl⸗ ſchen Welfen beym Perlander fagt, und den leztern fpgar,

famt dem Kleobulus, aus ber Zahl ber ch ſen ausſchließt. |

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* 154. 8s8. * VI. 578 zig Ts HT 0 ano.

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139

Zweytes Bud

Bon der Joniſchen Philefenhie, oder Gr fchichte der erften wiſſenſchaftlichen Kennt⸗ niffe der Griechen.

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ll. ben riechiſchen Weiſen war Ir Tales von Miles, ben Zeugniffen aller Alten zufolge, ber einzige, und auch der erſte, ber Über den Urſprung der Dinge, über bie Größe ımb Bewegungen bimmlifcher Körper, über die wichtigften Erſcheinungen der Rasur‘, endlich über fich felbft und bie menſchliche Seele, Beobachtun⸗ gen und Unterſuchungen anzufteffen , und vielleicht auch die erſten Gruͤnde der Meßkunſt zu legen anfing*), Er wurde daher in der Folge der Water ber Griechiſchen Philoſophie, und Das Haupt derjenigen Männer genannt, die das Forfchen der Natur zur einzigen, ober Dach zur SHauptbefchäftigung ihres Sehens machten. Man gab ihm und feinen Nachfolgern den Namen ber Joniſchen Woelxwelfen, weil Thales ſelbſt, und die beruͤhmteſten

Maͤn⸗

*) Man ſehe Ariſt. 1. 3. Sttabo XIII. 942. Cie. LI de - Nat. Deot, auch Plutarch i im Leben des Solon.

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oo. Bwepted Buch ·.

| Männer, bie feinen Fußſtapfen folgten, in Joniſchen Staͤdten waren gebohren worden *).

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Dieſer erſte Lehrer und Erfinder wiſſenſchaftlicher Kenntniſſe machte feine Gedauken weder in profaifchen Werken, bie.man zu feiner Zeit noch nicht kannte, noch

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H Eigentlich follte man nur ben Thafes, Anaximander und AUrnaximenes alte Sonifhe Philefophen nennen, Der a erfie wurde, wie ich in der Folge beweifen werde, wahrs ſcheinlich in der acht und dkeyßigſten, und der andere in der zwey und vierzigfien Olympiade gebohren. Ueber das Zeitalter des Anaximenes finden fi in verſchiede⸗ nen, ja fogar in den felbigen Schriftftellern, ganz wis derfprechende Nachrichten. Nah dem Diogenes foll er erft um die 63ſte Olymp. gebohren, und doch fchon vor feinem Lehrer zur ga der Einnahme von Sardes | geſtorben feyn U. 2. Suidas fezt.feine Geburt in bie 4.7. fünf und funfzigfte Olympiade, welches Datum aber mit der Zeitrechnung des. Anaximander, ben er nad denm Ariſtoteles hörte, unvereinbar iſt. Am wahrfcheins | Ulichſten alfo. jind die Angaben des Eufebius und des Merfaffers ber DiAocodaperz, woson ber erftere den Aunfang des Ruhms des, Anarimenes in Olymp. 56. 2, und derandere feine Bluͤte indie sg DI. fezt. Wenn man diefe Zeugniffe gelten laͤßt, oder auch felbft den Suidas folgen will; ſo muß man es für unglaublich halten, daß Anaxagoras, ver DI. 70. 1. gebohren wurde, ein Schüler des Anaximenes geweſen fey. Arijloteles "nennt den leztern auch nie, ſondern vielmehr ben Her⸗ motimus von Klazomene, eich Lehrer des Anaxagoras, Ser auch einen ganz andern Meg einſchlug, als die. drey erften Weltweifen aus Milet betreten hatten. Auf N den Anaxagoras folgten Diogenes von Apollonia, und N Archelaus von Athen, , unter welchen der leztere ganz Eu unbedeutend. tft.“ In Anſehung des erftern verweife ich

auf nieine Hiſtoria doctrinae de vero Dee p. 373.

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Bon der. Joniſchen Philoſophie. 141 auch in Gedichten allgemein befannt *); fonbern er legte fe vielmehr in vertrauen Unterredungen in den Buſen B 37 dns

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Dies kann man mit der größten Gewißheit daraus ſchlie⸗ Ben, daß Ariſtoteles von feinen Meynungen allenthal⸗ ben als von ſolchen redet, die nicht durch Schriften ih⸗ res Erfinders, ſondern durch Ueberlieferung fortge⸗ pflanzt worden, und daß Plutarch der erſte iſt, der

eines Werks des Thales erwähnt, aber auch zugleich an der Aechtheit deſſelben zweifelt, (De Pythlao Ora- sulis Vli. 585. Ed. Reiskli.) Diogenes hingegen, Simplicius und Stobaͤus ſchrieben die Werke, die man dem. Thales untergefchoben hatte, als alte Denkmäler des erften Griechiſchen Weltweifen aus. Die Echriff bes Anaximenes, deren Diogenes von Laerte ermähnt,

31. 2. war gleichfalls unächt,, wenn anders diefer Com⸗ pilator ein richtiges Urtheil über fie gefällt hat. Gie foll nämlich in einer einfältigen bilderlofen Sprache abs gefaßt geweſen ſeyn, dergleichen man von einem Zeite genoffen bed Pherefydes nicht erwarten Pann.

In Anfehung der Schrift des Anarimander Über - 1 die Natur der Dinge, von welcher Themiſtius Otat. XX. ſagt, daß ſie die erſte geweſen ſey, die man in

Griechenland zu ſchreiben gewagt habe, bin ich unge⸗ „wiß. Wider ihr Alterthum koͤnnte man anführen, daß alle Griechiſche Schriftfteller ohne Ausnahme ben Pherekydes, der fpäter ald Anarimander gebohren _ wurde, für den erften Proſaiſten erflären, welcher ' ubͤͤber die Natur der Götter und Dinge gefchrieben habe. Gegen diefen Grund läßr fi aber einwenden, daß ungeachtet Anaximander einige Olympiaden älter als Pherekydes war, er doch deßwegen fpäter als der lez⸗ tere fein Buch befannt gemachthaben koͤnne. Hiezu. koͤmmt noch ferner, daß mehrere Schriftfteller, und ums ter diefen-ein alten, ein Werk des Anarimander atiss druͤcklich anführen, oder doch feine Meynungen pers zählen, als wenn fie fie aud einer Schrift dieſes Man: nes genommen hätten, apellod. ap. Dios. Il, 2, 2 Simpl.

XX

| M \ 14i Zweytes Bud, einiger Freunde nieder, in denen er Siebe zur Wahrheit und Fähigkeit, die ihnen Anverttaueten‘ Kenntniffe zu. bewahren und zu erweitern, gu finden glaubte. Er teilte fich aber vorzüglich dem Anarimanber mit, der wiedernm dem Unopimenes eben den Dienft feiftete,, dem Thales ihm erwieſen hate. Die Altern nennen daher den lestern einen Schüler des Anarimander, fo wie ben Anaximander einen Zuhörer des Thales. Man muß ſich aber durch diefe in! Grlechiſchen und Römifchen Schriftſtellern fehr gemößnliche Arsen zu reden nicht ver» führen laffen, zu glauben, als wenn Thales folche lehr⸗

: Stunden gegeben, oder eine ſolche Schule errichtet hätte, als Plato, Arifloteles und andere ſpaͤtere Weltweifen in " Athen eröffneten. Der eigentliche höhere Lehrſtaud, der ſich der Bildung des Beiftes und Herzens von Juͤnglingen - und Männern ganz witmete, entftand faſt ‘ein volles Jahrhundert nach dem Thales im Europäifchen Griechen = u lande.

ιαα eam Slupl. In Phyf. Auſe. Arlfot. Fol. 6. a. fol. 32. b. Plut. ap. Euſ. 1.8, Daß dieſe Gelehrte alle daffelbige Buch vor fich yehabt Haben, erhellt aus der vollkomm⸗ nen Uebereinfiimmung der Lehren, die fie bem Anaxi⸗ mander zueignen, und die auch denen german. entfpres chen, welche Nriftoteies dem Freunde des Thales zus ſchreibt. Wenn es aber auth jemanden um diefer Betrachtungen willen wahrſcheinlicher vorkommen ſollte, daß Anaximander einen kurzen Adriß feiner Gedanken hinterlaſſen habe; fo muß man doch wenigſtens bie übrigen Schriften, die Suidas unter dein Worte Anaris mander diefem alten Joniſchen Weltweifen zusignet,-für untergeſchoben halten. Denn Apollodor, Themiſtius und Diogenes wußten alle drey nur von einem ein⸗ ‚sigen. Buche, das ben Namen des Auaximander

.. Big. | j » j 1

Bon ber Doniſchen Philoſophie. 143

lande. Die alten Griechiſchen Sophiſten waren bie erſten, die einen jeden ohne Unterſchled fuͤrs Geld unterrichteten; und die Zuhoͤrer des Sokrates waren wiederum die erſten, die das Handelnde Leben verlteßen, und ſich von oͤffent⸗ lichen Geſchaͤften zuruͤckzogen, um ſelbſt deſto ruhiger ſorſchen, und ber jugend an beſtimmten, meiſtens oͤf⸗

fentlichen Plaͤzen, alle Arten von Wiſſenſchaften vortra⸗ gen zu Fännen,

Wenn man das Zeitalter der älteflen Joniker mie denjenigen Zeitaltern ‚vergleicht, in. weldyen ber größte unter den Griechifchen Dichtern, und die erften Erfinder und Fortbilder aller Künfte lebten; fo wird man mie Erftaunen gewahr, daß die rohen Anfänge von Wiſſen⸗ ſchaſten ſich in Griechenland fo fpät, und viele Menſchen⸗ alter nachher zeigten, da die Künfte ſchon einen nicht Ges ringen. Grad der Vollkommenheit erreicht harten. Diefe Bermunderung wird aber um viele Grade vermindert, fo bald man ſich beſinnt, daß dies nicht bloß unter, ben Griechen , fondern auch unter andern Voͤlkern ge fehehen , und baß es dem Dienfchen immer viel ſchwerer geworden ſey, fich felbft und die Natur gu erforfchen, als fie in herrlichen Werfen nachzubilden und zu verfchd« nern, Unter den Römern und Arabern gingen bie Kuͤnſte gleichfalls lange vor den Wiſſenſchaften vorher; und bey der Wiedergeburt von beyden im funfzehnten und ſechs. zehnten Jahrhundert folgte die wahre Reinigung und Er, hebung der leztern den vollendeten Künften erfl in einer langen Entfernung nach. Selbſt diefe fpäte Entſtehung ber wiffenfchaftlichen Kenntniffe aber in einem Zeitalter, In weichem die Griechen ſchon Jahrhunderte durch mit den am meiften gebildeten Nationen bekannt waren, und

dieſe

PERL

14) Zweytee Vud.

dieſe auch ſchon lange in allen Künften ereiät u und iber- eroffen hatten, ferner Die longbaurende Kindheit. der Grie. chiſchen Philoſophie, ihr langſames Wachsthum, und Rendlich bie unverwerflichſten Nachrichten zuvetlaͤſſ iger Schriftſteller, nach welchen bie größten Erfindungen von foichen Männern gemacht worden find, bie niemals Grie- chentand verlaffen haben, beweiſen olle, daß die Griechen, “einzelne Handgriffe und Beobachtungen ‚ausgenommen , Reine Wiſſenſchaft unter irgend einem Volke, mit. wel⸗ chem fie Gemeinſchaft hatten, in einem bluͤhenden Zu⸗ ſtande gefunden, und nur in ihre Vaterſtaͤdte uͤbergetra⸗ gen haben. Denn wären. die Phönicier oder Aggpprier die Beſizer von fo vielen. Wiſſenſchaſten geweſen, als . man nad) den Zeiten des Alexander zu glauben anfing; fo. würden diefe früher nach Gtiechenland gefommen , und nicht die erften einfachen Grundfäge derfelben vom Tha⸗ les erfunden, ſondern der ganze Vorrath von Entdeckungen vieler Jahrhunderte würde auf einmal von den Vorfahren des Thales, die aus Phönicien abflammten ‚oder von den ‚Griechen , bie feit den Zeiten des Pfammerichus Aegyhpten befucht hatten, ins Griechiſche Afien verpflanze worden ſeyn *). Wenn man aber auch zugeben wollte, was wider bie ausdrüdlichen Zeugniffe der größten :Schrifte | fleller Yu, daß Thales alle kine © Gedanken aus den Wer

.# Ich habe den gemeinen Wahn: daß bie Griechen ihre Wiſſenſchaften von Afiarifchen und Afrioaniſchen Vol⸗ kern empfangen haben, in.meiner Gefchichte ver Lehre von Gott mweitläuftig unter den Abfchnitten ber Religions; ‚begriffe der Aegyptier, Phänicier und Indier widerlegt. Weiter unten werde ich die Zeit und Urfachen der Ents ſtehuns des gemeinen Irtthumẽ anzeigen.

._

Von der Joniſchen Philoſophie. 145

Werlen ober dem Umgange ber Weiſen des einen ober

des andern biefer Mötfer geſchoͤpft habe; fo würde man. doc) alsdenn menigfiens geſtehen müffen, daß die Kennt.

nifie der leztern hoͤchſt eingeſchraͤnke geweſen ſeyen, well

ſaſt alles Wiſſen des Thales und feiner erſten Nacıfol.

ger nicht in wichtigen Beobachtungen, und In ſcharfſinni⸗ gen aus Beobachtungen gezogenen Schluͤſſen, ſondern in

ungluͤcklichen, oder vielmehr wilden Vermüthungen ber |

Rand, Yon denen man kaum begreift, mie Männer ‚bie alle ihre Zeitgenoſſen an Talenten und Durft nad) Wahr, beit übertraffen , fie glauben konnten, und nicht vielmehr durch den flüchtigfien Blick auf ſich ſeibſt und die Natur davon perüfgebracht wurden. - Biel natürlicher, und ber Oefhichte ſowohl, als dem Bange des menſchlichen Gelſtes gemäßer iſt es, anzunehmen, daß weder die Ada

hicier noch die Aeghptier auf eine folche Art zu rathen,

det zu irren im Stande geweſen, als man uns von den een Jonikern erzaͤhlt, und daß Ihnen im Zeltatter des Tales, wo fie in Anfehumg der Künfte weit hinter ben Öriehen zuruͤck waren, ſolche Fragen gar nicht einmal In den Sinn gefommen feyen, dergleichen der Milefifche Weltweiſe aufjumerfen, und zu beantworten wagte.

Wenn man einem fharffinnigen, aber mit ber e— ſcichte des menſchlichen Geiſtes nicht genau bekannten Manne die Frage vorlegte: auf welche Gegenſtaͤnde er gaube, Daß die erſten Denker vorzüglich ihre Aufmerk⸗ fmfeit gewande haͤtten, oder don welchen Fragen und Unterfachungen fie außgegangen wären; ſo wuͤrde ein fol.

Ger allem Vermuthen nad) den. erften Suchern der Wahr⸗

bit mancherley Beratungen gueignen, - von benen bie

Se .

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ur Zu

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146 " Boote Bu.

Geſchichte zeigt, daß fie fich ihnen niemals geräte ha. ben; und hingegen an diejenigen, anf die fie wirklich ger | ‚falten find, vieleicht gar nicht, oder am ffäteften den ten. Einem gluͤcklichen Rather müfte ſich Feine Vermu—⸗ thung eher darbieten, als dieſe, buß man diejenigen Wiſſenſchaften zuerſt erfunden habe, die allem Anſcheine nach am leichteſten zu erfinden , und den Beduͤrfniſſen rölcher Freyſtaaten am meiſten anpaſſend waren, Bey. Bes ,; ſcheint eß, kann man vörzuͤglich Von der Staats; | und Arznepfunde, der Arithmerit eigenklicher Sitten. | behre, Oekonomie, and von der Kunſt zu überreden bi haupten ‚und dieſe Wiſſenſchaften, ſollte man alſo den - Een, wären unter den Griechen vor allen uͤbrigen herge⸗ gangen. Allein die Geſchichte lehrt, daß bie erſten For⸗ ſcher alle diefe Kenntnifſe vernachlaͤſſigt, und Hingegen mit den ſchwerſten Unterſuchungen über den Urſprung det | Dinge, über die Natur und Klafſen der Goͤtter, übet bas Weſen der menſchlichen Seele, uͤber die Größe und Zeiödgungen: himmliſcher Korper, Über die Urſachen gro⸗ Ber Erſchelnungen der Natur, endlich über die Verhaͤltniſſe und Eigenſchaften gewiſſer Ynien und Flaͤchen angefangen haben. So ſouberdar und unerklaͤrlich aber auch dieſer Bang des menſchlichen Geiſtes unter den Griechen ſcheinen mag; ſo It es doch nichts beits weniger gewiß, daß er Der natuͤr ichſte ſeyn muͤſſe. "Denn alle Völker, die ohne fremdeh Unterricht, über Natlonalgedichte und fabeihafte Chroniken hinaus, "bis zu den erflen Eieimenten roifferifchäftlicher Renntniffe fortruͤckten, nicht wenlger Diejenigen , bie von aufgeflärten Ueberwindern ode Ueberwundenen belehrt wurden; endlich auch ſolche, "die dus einem bluͤhenden Zuſtande in umiſenhet. und Bardareh la ſanken,

haben |

=

= Bon der Joniſchen Philoſophie. 147

haben eben die ſchweren, und meiſtens unergründlichen Unterſuchungen, mit welchen die Sriechen anfingen, oder doc ihnen ähnliche, am erſten hervorgezogen oder anges nommen, oder am länaften beybehalten. Die Aegyptier und Ehaldäer hatten nicht nur Ueberlieferungen, und man⸗ gelbafte Chroniken von den Schickſalen ihrer Reiche, den Thaten ihrer Koͤnige, und den Folgen und Verdien⸗ ſten einzelner merkwuͤrdiger Priefter ;- fonbern fie beobach⸗ teten auch die Bewegungen und Stellungen der Geſtirne, beſtimmten die Laͤnge des Jahrs, und die Wiederkehr zaͤhrlicher Feſte, und wagten Vermuthungen über die Schickſale der abgeſchiedenen Seelen, und die Seltenhel⸗ ten und Eigenthuͤmlichkeiten ihres Sandes, Die Prirftee eben biefer und anderer morgenländifchen Voͤlker, ferner die Galliſchen Druiden, und in. der Folge Die Araber griffen, nach ihren Befanntfchaft mie den Griechen, um ter allen ben Kenntniffen und Wiſſenſchaften, welche die leztern ihnen darboten, nach denen am gierigſten, welche am fruͤheſten waren erfunden werden, und Fragen alſo über dem Urfprung der Dinge, über die Oroͤße der Welt, über bie Revolutionen der glänzenden Sphaͤren, die fie ofs die Regiererinnen ihrer Schickſale verehrten, waren bie erſten, mit welchen fie ſich befchäftigten *). . Auch nach der Zerſtoͤhrung des Abendlaͤndiſchen, und dem Vers fall des Sriechifchen Reichs blieben von ‘allen Künften und Wilfenfchaften, die allmaͤlich ausftarben, nur die unnügeften und. ſpizfindigſten Unterfuchungen , und zwar meiſtens diejenigen uͤbrig, welche die Neugierde ber Grie⸗

K 2 ben

«nis TS

=, Weber dieſe Saze ſehe man die erſten Abſchuitte meiner Be der Lehre von Ge

J

yo

148 BE Zweytes Buch. '

chen zuerft auf ſich gezogen hatten. Kine jebe dieſer Er⸗ fheinungen muß ben aufmerkfamen nachdenkenden Beob⸗ achter daran erinnern, wie natuͤrlich oft dasjenige ſey, was ung am unnatuͤrlichſten ſcheint, und wie leicht man fich verwirren koͤnne, wenn man, ohne ber Geſchichte zu folgen, bloß unter ber feitung eigener Vermuthunqgen fiber die Wege und Richtungen des menfchlichen Geiſtes ju vernünfteln ſich unterfängt. = So wie Hefisbus fid) vom Homer vorzüglich barinn unterſchied, daß er außer. den Geburten und Zeugungen per Goͤtter, auch die Entſtehungen einzelner Theile der Natur beſang; ſo unterſchieden ſich die aͤlteſten Joniſchen Weitweiſen, “deren Philoſophie gleichſam aus vaterlaͤndi⸗ ſcher Dichtkunſt ausfloß, und damit verſchwiſtert blieb, vom Heſiod wieder dadurch, daß' ſie nicht bloß den Un⸗ ſprung der Erde, Luft, Berge und Meere, ſondern auch die Entſtehung aller Dinge aufſuchten *), daß fie ferner B | 2 | ganz

J x - J 2* Rn

——— ——

© Man kann immer zweifeln, ob Heſiodus von allen himm⸗

liſchen Körpern geglaubt habe, daß fie entflanden ſeyen.

Wenigſtens erwähnt er in ſeiner kurzen Kosmologie ber

Eutſtehung ver Sonne, des Mondes, und einzelner

EGeſtirne nirgends, ungeachtet er v. 108 und Iso fagte:

BHATE OS TE RAWTa Yeoı nacs Voss "Yevovzo.

sen TE Auunstiavro nes BEVOS wUugos

tn \ URELJTEN.

| Wahrſcheinlich hielt er die Sterne flr Pleine glänzende

Richter oder Flammen, die am Himmel befeftigt wären;

\ * den Himmel aber gewiß-für einen Sohu der Erde, der a ihr gleich fen. . . "

Yon TE TO. TERToy MEY SYENATO ı00y daury aeœvoy 517 11.7° Sue

. 1

Bon der Joniſchen Phlloſophie. 149

sang beftimme den Urſtoff angaben, aus welchem ‚\ihrer Meyaung nad), alles. hervorgegangen war, unb daß fie zugleich die Kraft oder Kräfte nannten, durch welche alle Weſen aus. der erften Grundmaterle Bervorgebracht worden. =

Wenn Hefiodus gefungen hatte, daß das Chaos zuerſt enıftanden fey, ohne die Natur diefes Chass zu befimmen, oder ben Stoff und bie Kraft anzugeben, woraus und wodurch e8 ıpirflich geworben; fo nannten Thales das Waffer, Anopimander eine gewiffe Subftang, _ bie feiner als Waſſer, .aber dichter als Luft fen, und Anarimenes die $uft als dasjenige Grundweſen, aus wele dem die Welt und alle Dinge in der Welt erzeugt wor⸗ den, und in welches alle Dinge auch wieder aufgelöft ' würden. Anarimander befchrieb feinen nameniofen Urs Rof als eine unendtiche görtliche Natur, bie weder ente Randen, noch dem Untergange unterworfen fey; welche Vorzüge Thales wahrfeheinlich bem Waſſer, und Ana⸗

Finenes gewiß der Luft beylegte. Die wirkende Urfadhe, - ..

die aus dem ewinen Grundſtoffe alles gifchaffen habe, bes fürieb Thales als eine felbftändiga bewegende Kraft, die er wahrfcheinlich Seele nannte; Anoximander hingegen. ſand fie In zwoen entgegengefesten Kräften, der Wärme . und der Kälte, wovon er die eine als Urfiche der Entfie hung, die andere als Die Urfacye der Aufloͤſung aller Weſen anſah. Allem Vermuthen nach ſtimmt Anopie menes über diefen. Punct mit ſeinem lehrer uͤberein 9

K 3 ©.

ED ———

* de Beneislfen finder m man in meiner Hif. doAr. de Deo p. II. 8.

40

150 | gZuweytes

So wie Hefiodus Himmel und Erbe, und ſelbſt | bie Goͤtter, aus oder nach dem Chaos enrflehen ließ; eben fo. glaubten auch die Joniſchen Ppitofophen, daß ‚alle görtliche Naturen aus der ewigen Materie, bie ein jeder . vertheidigte, eutſprungen ſeyen. Thales fagte,

| daß alles mit Goͤttern oder Dämonen angefuͤllt fen, ohne, fo viel wir wiffen. die Geſtalten, Vollkommenheiten Ä und Geſchaͤfte diefer übermenfchlichen. Wefen zu beftime

men. Encweder glaubte er alfo mit dem Heſiod, daß

viele Tauſende von Daͤmonen vom Jupiter über alle Theile der Erde zerſtreut, und zu Hoͤtern der Menſchen geſezt worden *); oder er war auch in der Meynung,

bie man faft unter allen unaufgeflärten Völkern wieder- . finder, daß naͤmlich in einem jeden Gegenftande geheime . anfihebare goͤrtliche Kräfte, ober wohlchätige und feind⸗ felige Gortpriten wohnten. Anarim manber hiele die Goͤtter nicht nur für entſtanden, wie Heſiod und Thales, ſondern fogar auch für ſterblich. Er behauptete, daß aus der unendlichen unbeflimmbären Natur, unzählige Welten und Geftirne, die er für Goͤtter erfannte, abgefondert, und nach lan⸗ gen Beitcäumen wleder in ihren Urftoff aufgeföfet

würden **).

Se wenig bie Gedanken der erſten Weltweifen Griechenlandes über den Urfprung der Dinge und Soͤtter ſich von denen des Hefiodus unterfchledei-, und über fie .. erboben;- fo’ roh, und mit den Vorſtellungen vieler J widen Bat Hbereinftimmend waren Ihre Örundfäge

| | über

ö— —— |

®) Oper. & ı DI sv 127, 20. 2. . “) Dan fehe bie angeführte Schrift am angeführten Orte.

N Von der Joniſchen Yhiloſophie. .ugı

üben die Natur der Seelo, und uͤber die Entſtehungsart der Menfchen und Thiere. Thaleg hielt die gange Welt für befeele, und die Seele feib für sine. bloß bewegende Kraft, die fi nicht nur in Menſchen und Thieren, und in den Oewaͤchſen der Erde, fondern aud im Magnete und im Bernftein finde, Was Anarimander und fein Zu⸗ börer über Die Seele gebacht haben , iſt eben fo ungewiß; ala es. wahricheinlich iſt, daß der erftere und fein. Lehrer alle Thiere aus dem Waſſer, aber aus einer fetten fchlei« migten Feuchtigkeit entftanden, geglaubt haben. Plu⸗ tarch eignet wenigſtens dem Ansrimanber bie Behauptung zu%), daß die Menfchen eine Zeitlang im Waſſer und in Fiſchen, Die er deßwegen die Bärender Menfchen nannte, _ ernährt , und. alsdeun aufs trockene Land geworfen worden, wo fie fich ſelbſt fortgeholfen hätten +),

Solche Danner nun, die entweder Waſſer ober Sufe, oder eine zwifchen benden. llegende Mitteinatur füy- den Grundftoff und eine oder mehrere unnerftänbige, "nice nach Abſichten wirkende bewegende Kräfte, für die erfie Urſache aller Dinge erklaͤrten, die Die Seele für ein, bloß bemegendes,, und den Menfhen mit, alen Tieren, Pflanzen und ſelbſt mit Steinen gemeinfchaftliches De fen bielten ‚„ denen ferner bie Shiere Zeugungen einer.

K4 fe.

———

Ylel. e.

“r) Pherekydes wird allgemein fuͤr deu. erſten erklart, der

die Unſterblichkeit der Seelen in Griechenland verkuͤn⸗ digt habe. (Cie. Tufe. Quast, I, 16.) Wahrſchein⸗

. "lich aber muß man ftatt Unfterbfihfeit Sesfeuwanderung, fen. Denn die Fortbauer der Seele nad} dein Tode wurde durch alle heilige Fabeln und Mufterien ber Volt sreli« gion lange vor dem Pherefybes gelehrt.

ET gðeytes Yu“

| feuchtbarin, aber empfindungsloſen Feuchtigkelt, Men⸗ ſchen Beburten von Fifchen, und ſeibſt goͤttliche Natu⸗ "ren Wirkungen einer vernunft / und" empfindungsloſen

Subſtanz zu ſeyn ſchienen, die endlich nicht nur an uns

zählige entſtandene, fondern fogar an fterbliche Gott⸗

. heiten glaubten , und die Geſtirne ſelbſt, wie ich gfeich

zeigen werde, für bergängliche Ruinen eines von ohnge⸗ fähr entftandenen, und durchs Ohngefaͤhr zerbrochenen

Achtskreiſes anſahen, ſolche Maͤnner nun konnten ſich

unmoͤglich zu dem Gedanken eines uͤber alles maͤchtigen,

weiſen und guͤtigen Schoͤpfers, oder Ordners und Erhal- ters der Welt erheben, weil ſie weder die erſtaunliche

Größe und Schoͤnheit, noch die bewundeinswuͤrdige und unbegreiflihe Ordnung , Zweckmaͤßigkeit und Abſicht in den Werken der Natur erfannten, durch deren Wahrneh- mung allein die forfchende. Vernunft zur Vermuthung eis nes unfichtbaren Urhebers aller Dinge hinaufgeleitet wer«

den kann

\ on Man *) Sp muß man aber die aͤlteſten Jeniſchen Weltweiſen ur⸗ theilen, wenn man dem Ariſtoteles und andern zuver⸗ läff:gen Geſchichtſchreibern folgt. Man kann alſo ‚ohne Bedenken alle die ſchoͤnen S pruͤche, die dem Tha⸗ les vom Diogenes, dem Verfaſſer des Gaſtmals ber fieben Weifen vom Clemens von Nierandrien, und vom Johannes Stobaͤus zugeeignet werden, ald erdich⸗ tet verwerfen, weil fie den Achren Meynungen bes Tha⸗ led und feiner Nachfolger ſchnurſtracks widerſprechen, und unläugbare Spuren Platsnifcher, Ariftotelifcher und Stoifcher Phifofophie an fih tragen. Dergleichen find folgende: daß Gott dad äitefte unter allen Werfen, ohne Anfang und Ende, und die Welt bas (chönfte Wert der Gottheit ; 5 daß die Gottheit nicht nur die | " Sands

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Bon der Joniſchen Philoſophie. 333

- - Man voumbert fi) um befto weniger, daB bie

älteften Joniker fi) von den Schilderungen der Dichter, vnd den Begriffen des Volks fo menig entfernten, wenn. man ihre Ausfprüche mit den Fragmenten des Pherekydes über Die Natur der Götter und der Welt vergleicht Diefer alte Gottesgelehrte, wie die Griechen ihn nann⸗ ten, redete oder fang vielmehr von den Geburten und Schlachten ber Götter, wie Homer und Hefied; von ber liebe des Zeus und der Erde, von den Wohnungen des Ogens, oder des Oceans, die Jupiter gebauet, und von dem ſchoͤnen Gemande, das biefer in eine beflügelte Eiche Bineingearbeitet hatte *). Er unterſchied fid) vom Homer

= Ks .” und

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Handlungen der Menſchen, fondern auch ihre Gedan⸗ fen erkenne, daß Gott der erfie Beweger bes Ganzen, und fein Wille ewiges Gefez, und unüberfteigliche Porpwendigeeit ſey. Man ſehe Stanley S, 2. de sl, |

9) Aria uoy ra zug TV ONE OHOTE, Ko TOV’ Amvos nos TNV XTovimm, NO TOV EVTETOIS ECWT Ob au nv ODrovans Yavasıy, nous Tav Jeay naynw xos vo devdeov nu To wenAov. Max. Tyr. Diff. XIX. p. 304. Ed. Dar. Canteb, 1703... Zur Er⸗ laͤuterung diefer Worte dienen folgende Stellen, bie in der eben angezeigten Ausgabe angeführt werden, Ceifus ap. Orig. Lib, VI. p 303. Drros Pecçexu- Inv nudoreiiay senTraV SenTIE MALRTATE Tonevnv , Kaı Tys mev n'yanavas Koovov didovass, runs treoos de ODsovsa' meonAngeıs Te na amıAAdS

aurav isoger. Clem. Strom, Lib. VI. p. 448.

Degexudns 0 Zugios Acyeı. Zus zoisı Dorgos meyaa

TE nas HEADYV, Kos 39 AUTO MomıAAE Yan wo

Dynvov, no Ta ya danera: iſid. sp. .. 482,

11 U Bez |. 1; ) 7. 2: Pe

und Hefied bloß barinn, daß er den Jupiter, ben Kro⸗ nos und die Erde, bie diefe.für entflanden hielten, für

ewig erflärte *), und diefen Ausſpruch haste Ariftoreles

wahrfcheinlich im Sinne, wenn er.**) fagte, daß Phe⸗

rekydes nicht, wie die aͤltere Dichter gefabelt, und daß

er die erſte zeugende Urſache für das Beſte und Vollkom⸗ menſte gehalten habe ***), -

| Mach den Kragen über ben Urfprung ber Welt,

der Menfchen und Thiere, und über die Matur der Seele

fcheinen die älteften Griechiſchen Weltweiſen ihre Auf⸗ merkſamkeit vorzuͤglich auf die Entſtehung, Größe und Bewegungen der himmliſchen Körper, beſonders ber Sonne und des Mondes, auf die merkwuͤrdigſten, und

Be Sinne am meiſten ruͤhrenden Erſcheinungen am Him⸗

mel und auf der Erde, endlich auf die Mittel, Groͤßen zu beſtimmen, und die Verhaͤltniſſe und Eigenſchaften von Linien, Flaͤchen und Figuren zu entdecken, gerichtet

| "ju haben. Aflein von alten Unterfuchungen ber Joniker

Ä Aber biefe Prgenftände finden ſich in den Werken alter

und

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D . Br * 2. - J .. 9* nn. Den

462. Kaı gar ya dere Tas vgos Faspives Biroaodew ivas nagacı vıewn ÜnumTegos us, u ro ER AUTN REROHIAUVOVy Dargas , Kobh KANTE oco⸗ Degexudus vAANYogunes e9e0Ao- Ynaeın.

®») Diog. I. 119. augeros de T8 Zus To Te BißArv 6 awerygarkev, En gexn, Zeus nevnaun

. xXeavos als aa, Kai XIwy Mr.

#8) Pag, 246. Ed, Syib. Gr, Metapb, |

up! Yeter diefe Stelle febe man HIR, dodr. de ı Deo p. 205. .

4 ! . > . N

Von der Wonthen plolbehe. 18

und zuwerfäffiger Schriſtſteller, in benen man dergleichen. om erſten vermuthen follte *), fo mehige Uebenbieibieh, und in fpätern und unzuperläffigen Befchichefchreibern *%) fo widerfprechende Nachrichten, daß man. auch bey deu groͤſen Behutſamkeit im Prüfen und Berwerfen doch im⸗ mer in Gefahr iſt, fich zu verirren, und dem Thales und feinen beyden Nachfolgern etwas abzuſprechen, was ihnen zugehört, ober etwas zusufchreiben, 1098 fie vicht bes hauptet Haben. . Man mog aber zum Grunde legen, welche Zeugniffe man will; fo muß man immer. gefteben, bog ihre Kenntniß bes Simmels , und ihre Masurfunde eben fo mangelhaft und unvollfländig als ihre übrige Dhilofophie war „und Bag Männer, Die fo dachten, we⸗ der von den Aegyptiern, noch Phoͤniciern vieles gelerant | haben koͤnuen. Man

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Dergieihen ſind bie Bücher des Ariſtoteles de Gorle, und ſeine ‚Metegtr. in welden er, wie in feinen ährte gen Foriſten- gleichſalls ein genauer Geſchichtſchreia

er iſt.

Dergleihen find ber Verfaffer des efenden Buches de placitis philofopherum, bet falfche Drigenes, Stos bäus, Diogenes, Proklus, und felbft auch Cubemus den Proklus und Simplieius häufig anführen, und der die Geſchichte mehrerer marhematifcher Wiſſen ſchaf⸗ ten geſchrieben hatte. Er lebte, wie ich aus dem Sim⸗

licius ſehe (in Phyf. Aufe, Arifi.g& f. b.) vor dem **— Aphrodiſaͤus, und iſt 9 wahrſcheinlich ei⸗ nerley mit bein Eudemus, der ein Zeitgenoß des Galen „war. Siehe 1. 15.4 Jonf de feript. hift. pbtl. Am Zeitalter dieſes Geſchichtſchreibers waren den aͤlteſten Weltweiſen, beſonders dem Thales, ſchon viele Buͤcher untergeſchoben ‚und aus ſolchen ſcheint er, ben genauen „Detail der Erfindungen genommen zu haben, die ek nnd aus ihm Proklus den Thales zueigneten.

eo

16. Biweptes Buch.

Man darf nur allein die Vermuthungen bes Ana⸗ pimander über bie Eatſtehung der Geſtirne, wie Plutarch fe beſchrieben Hat *) , nachleſen, um ihre ganze Art zu benfen fennen zu lernen, und ſich zu überzeugen ,. daß man in den Gedanken Biefer erften Naturforſcher nicht einmal Annäherung zur Wahrheit erwarten fönne, ‘Dee Stünger des Thales behauptete nämlich, daß fidh um den Dunſtkreis der Erde, ein aus dem unendlichen Urfloff entftandener Feuerzirkel hergezogen, und ihn eben fo, wie bie Rinde einen Baum umgeben habe. Diefer feurige Ming fey auf einmal durch einen Zufall gefprengt worden, und aus den Bruchſtuͤcken deffeiben hätten fich Sonne, Mond und bie übrigen Geſtirne gebilder,

- Nach dem angeblichen Plutarch **), bem Johan⸗ nes Stobäus faft Durchgehends folge ***), ſoll Thales bie Geſtirne, und unter biefen auch Sonne und Mond . für Körper gehalten haben, die unferer Erde zwar ähnlich, aber doch feuriger Natur wären. Eben biefen Schrift. ſtellern zufofge wichen Anapimander. und Anarımeneg }), fowoht in ber Beftimmung der Subſtanz der Geſtirne, als der Größe der Sonne und des Mondes vom Thales ab +). Anapimander fol das Sonnenrad für zwey und deerhis, und den Cirkel des Mondes fuͤr neunzehnmal

groͤßer

*) Apud Fuſeb. Rrasp. Ev. I. g.

#*) lIl. 13. de Plae, Phil.

*oun) p. 53. 86. Bel. phyf.

$) p. 55. Stob. de Pise, Phil. II. 20. 21. 25.

Tr). Anaximander foll behauptet haben, (55. so. vieb) daß die Sonne ſowohl als der Mond in radfoͤrmigen Gehaͤuſen eingefchloffen wären, die aber Defnungen

hätten, durch welche ihr Licht ausſtroͤmte. Nach

.. dieſem

22

Bon der Joniſchen Philoſophie. 157

größer als bie Erde, Anorimenes ben Mond und die Erde für gleich *), und Thales hingegen bie leztere für viele hundert mal Eleiner als ben Mond gehalten haben **), Entweder hat Thales nicht auf eine ſolche Ark geirrt, oder er hat auch die Sonnen und Mondfinfierniffe nicht auf eine ſolche Art erklärt, als ber Verfaſſer des Buchs von den Meynungen der. Weltweiſen ſeine Leſer glauben ma⸗ den will ***),

Thales mag übrigens über bie Urfachen der Eklipſen gedacht Haben, wie er will; fo war er gewiß der erfie in Griechenland, der eine Eennenfinferniß vorher verkuͤn⸗ digte +); doch muß man immer bemerfen, daß er nicht ganz, genau. die Zeit angegeben habe, - wann fie einfallen würde. Kr bielt ferner die Erde für einen platten Körs per, der wie Helz auf dem Waffer ſchwimme, und deſſen Geſtalt die Urfache ihrer Feſtigkeit und Under ' weglichkeie fen. Diele lejtere Meynung nahmen Anaxi⸗ menes, Anorageras und Demokrit vom Thales an, und auch Znapinander ſcheint ſich nicht weit davon ensferns

in haben 1) Die

dieſem Sammler p: 53. hielt Anarimanber den Himmel -für ein Chryſtallenes Gewölbe, in welchem die Sterne wie. Nägel befefligt worden, . Die Träume des erfterm . werben von andern Schriftſtellern dem Heraeklit zu⸗ ‚geeignet. ®

——

XXXEXA 2

5 wi 2. Diefe Stelle ift verborben. Mau “re Sol. |

16. uns) * Place, 1. 24. +4) Ber. 1. 39. +}) Ari. de Coelo. Hier wiberfprechen dem Ariſtoteler der angebliche Plutarch, und Diogenes won Laerte III. 10.

de

160 Zweytes Buch.. ob ſie aͤcht find, fo ſehr dieſe Schriſtſteller auch mit ein. ander ‚überein flimmen *). Wenn aber auch dieſe Meynungen von den Machfolgern bes Thales herruͤhren

ſollten; fo ſind ſie nur neue Beweiſe deſſen, was ich über

die Eingeſchraͤnktheit ihren Naturkunde geſagt habe, Indem fie Btig md Donner aus Windſtößen oder Feuern able töten, deren Entſtehung fie nicht anzugeben muften. So unvollkommen aber audı bie erften Werfude ber Aſiatiſchen Griechen in der Weltweisheit waren, (9 merkwuͤrdig iſt es doch (und eben dieſes vermindert das Befrenidende diefer Erfcheinung) daß fie vor. der Profe "und Geſchichte diefes Volks hergiengen, wovon die er⸗ ſtere vom Pherefpdes, einem Eingebohrnen von Syres erfunden, und bie andere von zween Milefiern, dem Kad. mus und Hekataͤus, zuerfi bearbeiter wurde Beyde, ſowohl die Proſe, als die Giſchichte, waren In ihrem et⸗ ſten Urfprunge eben fo mangelhaft, als. die Philoſophie der Joniker:; beybe bildeten fich eben ſo langſam aus, und entferaten ſich aud mit eben fo fehleihenden Schritten von ihren Schweſtern oder vielmehr Muͤttern, der Dicht⸗ tkunſt, Babel und Ueberlieferung , als die Weltwelsheit von Mylhologie und varerländifcher Religion. Die Schreib⸗ ark:des Pherekydes ſowohl als des Kadmus und Heka taͤus **) unterſchied ſich von der Sprache der aͤlteſten | ot F Dh

| * 24 Mehr Glaubwuͤrdigkeit ſcheint Folgende Stelle bes Seneca zu haben. Alt enins (Thaler) cerrarum orbem aqus fuRineri, &.vehl more navigii, mobilitsteque ejus Aufuere tung, eum djeltur tremere,

, mm) Beyde waren Keitgenoffen ‚und blühten unter der Re⸗ gierung des Datius Hyſtaſpes, kurz vor dem Einfall dieſes Königs in das Europäifdie Griechenland. Her. J.

36. 129. . a EL BL Sue

Won der Joniſchen Philo ophie. 168

Dichter Burch weiter nichts, als durch bie Abweſenheit eines beſtimmten abgemeſſenen Rythmus ®), und na bem Urtheil bes Strabo waren die älteften Geſchichtſchrei⸗ ber auch eben fo voll von Fabeln und Erdichtungen, und eben fo wenig glaubwürdig, als Sommer und Heſiodus waren **), | | Schon Thales und feine erſten Nachfolger, noch mehe aber die Väter der Griechiſchen Profe und Ge ſchichte erlebten den Verluſt der Freyheit des Afiarifchen Griechenlandes, und folche Vermüftungeh ihrer Waters flädte, daß fie ben Verfall des öffentlichen Wohlſtan⸗ des, wie der Künfte und Wilfenfchaften voraus ſahen, und eine Auswanderung der gröften Kuͤnſtler und weifes fien Männer befürchten muſten. Kaum hatte Milet ihre Freyheit von dem wahrhaftig edelmüchigen, und fein Vaterland mehr, als feine und feiner Familien Größe liebenden Thraſybulus ***), wiedergenommen; als fie, . | wie >) Strab. 1. 37. Bd, Almel, | we, XL 774: | er, Cr vertheidigte feine Vaterſtabt mit unerſchuͤttertem Muthe wider den Alyattes Her. 1. 21. 22, und bes freyse fie von einer Belagerung, gegen biefie fichb wegen _ . bes äußerfien Mangels an Lebensmitteln nicht lange mehr hätte halten Finnen, durch eine Kriegsliſt, die einen eben fo gluͤcklichen Erfolg hate, als fie in jenen Zeiten fein feyn mochte. Wenn Thrafpbulus, bloß in der. Abſicht, Teine Mitbürger, und berem Girer zu Werkzeugen feiner ſchaͤndlichen Lülte zu machen. und nicht aus edlerer Ruhmſucht und Herrſchbegierde ſich der -höchften Gewalt in Milet bemächtigt hätte; fo würde er weit entfernt, diefe Stadt von einem fremden Joche zu retten, fie vielmehr, wie nachher unzäbltge audere

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63. Beepted Buch. wie afle übrigen Griechiſchen Städte auf dem feften Sande - (nur die Lyciſchen und Clliciſchen ausgenommen) vom Keöfus unterjacht und ihm zinsbar wurden. *). Wem mana aber einen, wie es ſcheint, fehe mäßigen Tribut, den dieſer König. ihnen auflegte, - und oielleidht die Verbind⸗ lichkeit, mie ihm gegen feine Feinde zu ziehen, auf nimmt, fo ſcheint er übrigens weder bie Freyhrit noch die Grundverfaſſung ber Orlechiſchen Staaten gelhmi "tert. zu haben. Herodot ſagt nicht allein nichts von Auf⸗ ſehern oder Tyrannen, die er den Griechen aufgebrungen; ſondern er redet ſogar don gemeinſchaftlichen Zuſammen⸗ kunften, die fie nach wie vor gehalten, und von freyen gemeinſchaftlichen Entſchließungen, bie fie ‚gefaßt hät sen Kr). Wapefcheinlich alfe war es mehr Dewogenhelt und Dankbarkeit gegen die Milde des Lydiſchen Königs, als. Zwang ober Furcht, wenn außer Milet alfe Griechis ſche Stäpre ihn Holfavolker wider den Kyrus fchichten “) Dieſe Treue und Anhaͤnglichkeit der Afiarifchen Griechen an dem Kröfus kam ihnen aber nach ber Njederlage die | J ze #

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andere thaten, demſelben aus Allen Aräften zu unter werfen gefucht haben, um ſich felbft eine Stuͤze zu und bie Herrſchaft über feine Mitbürge | als einen. Lohn feiner Verraͤtherey zu empfangen.

4 Her. I. 26:28: Kroͤſus regierte bon DL 54. 4 bis

. 58. 1. a , 7 au) Selbſt bie freundſchaftliche Verbindung, im welde - mehrere der Griechiſchen Weiſen mit dem Rröfns fan den, beweift, daß man den leztern nicht als einen X tannen verabſcheute, und Dienfte, bie ihm erzeigt min —*— nicht für Verraͤthereyen gegen —32

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Bon der Joniſchen Philoſophie. 163 ſes Könige und dem Umſturze bes Lydiſchen Reichs *) (eby heuer zu ſtehen. Wergebens flebten fie um die Gnade **), ſich dem ſiegenden Kyrus unter eben ben Riedingungen unternerfen zu Dürfen, unter. welchen fie bisher dem Ande fus jinsbar gewefen wären. Er antwortete ihnen, daß es nun za ſpaͤt ſey, um eben das zu bitten, was fie vor⸗ bee, da ed ihnen von freyen Stuͤcken angeboten, much⸗ pilig ausgefchlagen Hätten, Er.übergab daher, weil ee nach der Eroberung von Sardes in Öberafien zurüch ging, um die Babylonier unb andere Voͤlker zu bezwin⸗ gen, bie Züchtigung und Unterjochung der Afiatifchen Oriechen einigen feiner Feldherren, unter welchen dee graufame Mazares Priene nad Magneſia nicht nur von Dtund aus zerſtoͤrte, ſondern auch ihre Bewohner als Eclaben verkaufte ***). Weil die Phokaͤenſer ein aͤhnli⸗ des Schickſal befuͤrchteten; ſo entſchloſſen fie ſich, eher Ihe Vaterland ſelbſt zu zerſtoͤeen, und es alsdann mit Welbern, Kindern und allen beweglichen Guͤtern zu ver⸗ loffen, als ſich dem Harpagus, einem Nachfolger des Majares, zu unterwerfen +). Ihrem Beyſpiele folgten ' die Tojer, Denn ale die Perfer ihre Mauer srfliegen, fen fie ſich in ihrr Schiffe, und wandten ſich nach Abdera, deren Bewohner von den Thraclern vertrieben worden waren, Ale übrige Stonifche Städte fochten ) Olymp. Lvm. De —* Nach vielen Dranglalen und ausge⸗ "übten tapfern Thaten ließen fie ſich endlich in Italien und Gallien nieder, und wurden bie Erbauer von Elea und Waſſilien. |

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164. Zweytes Buch. gleichfalls ‚mit einem Muthe, den die dußerfte Werzwei- felung und bie Furcht vor unvermeidlicher Knechtſchaft anter unerbitrfichen Barbaren nur einfläßen fonnte; allein. fie wurden: dennoch alle nach einander erobert. Harpagus begegnete ihnen aber mit größerer Gelindigkeit, als wor mit-fein Vorgänger Priene und Magnefia behandelt Hatte, Er ließ weber ihre Einwohner wegführen, noch ihre Wei⸗ Ber und Kinder als Sclaven verfaufen *), Am wenige fen Widerftand chaten die Karier, fo wie auf der anbern Beldte bie weier am wuͤthendſten fochten. Die leztern

Hieferten den Perfern eine biutige Schlacht, und als diefe ungtüclich ausfiel, fehleppten fie Weiber, Kinder, Sclaven und Kleinodien in den befeftigten Thell der . Etadt Tanthus **), vwerbrangten alles, was ihnen am

theuerſten war , ‚verpflichteten ſich burch bie fürchterlich ften Eide, ihr Leben von feinem Perfer anzunehmen , und fluͤrzten ſich hierauf mit rofender Tapferkeit In den Feind, durch deſſen Schwerdt fie alle fielen ***), Faſt eben Las taten die Raunier.}), und man fann daher aus dieſen - angeführten Nachrichten abnehmen, wie fehr das Aſia⸗ tifche Griechenland durch diefe erfte gemaltfame Untere werfung unter bie Herrſchaft der Derfer leiden mufte+t).

Wenn

959 Idem I. 169. ‘© ], 176. m], 176.

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+r) Milet war die einzige Stadt auf dem feften ande, die vwerfhont wurde, weil fie fih vor der Niederlage bes

E Kroͤſus mit dem Perfifhen Eroberer verbunden hatte.

Der Untergang ihrer Schweftern wurde für fie, mie

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Bon ber efoniien Pollbſophi 16

Wenn man aber bie Verheerungen ausalamt welche der Ueberfall eines ven tagen Dorn, und a 3 ‚die

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fürdie Griechiſchen Inſeln, eine nene Duelle von Reich⸗ thum, Handel und Macht. Miler, Samos und Chios waren, wie aus ber Folge erhellen wird, nie in einem bluͤhendern Zuſtande, als zwiſchen dem Einfalle des Kyrus und der Empoͤrung ber Aſiatiſchen Griechen un⸗ ter dem Ariſtagoras.

Ueber das Schickſal der Griechiſchen Infeln- finde ich ben Herodat mir ſich ſelbſt und andern Schriftftelt lern im Widerfpruh: Einmal fagt er, daß bie Grie⸗ chiſchen Inſulaner durch die Grauſamkeit der Perſer gegen bie Griechen auf dem feſten Rande wären mm Furcht geſezt

worden, und daß ſie fich dem Kyrus ergeben hätten (1.169.) An einer andern Stelle geſteht er felbft, daß bie Infelbes ypet von ben Perſern nichts zu befürchren gehabt

> Yärten, weil die legtern im Seeweſen noch unerfahren; undbie Phonieier ihnen noch nicht unterworfen geweſen wären 1. 143. Er ſelbſt nennt viele Infeln namente lich, die noch unter dem Darius Hyſtaspes ihre Freyheit hatten, und erſt in der Folge von dieſem Koͤnige be⸗ zwungen wurden V. zi. u. f Hiemit ſtimmt nicht nur dad Zeugniß bes Thukydides, ſondern auch die Des ſchichte des Polykrates überein, wie wir fie in eich dieſem und andern Geſchichtſchreibern finden. (Her. III. 39. 41. 139. 149. Thue. I. 13, 14. IL 104. Pille, XXXVIL. 1.) . Diefer Tyrann von Samos herrſchte sicht nur Aber fein Vaterland, ſondern auch über viele andere Infelu, und felbft über Städte auf dem feften Laube, und ging gar mit dem Gedanken um, ſich Jos nien zu unterwerfen. Er mar anfangs ein Bunded⸗ genoß und Gaſtfreund des Aegyptiſchen Königs Amaſis, der ihm aber, wie Herodot meldet, die Freundſchaft aufkuͤndigte, weil er befuͤrchtete, daß ein ſo anhalkeun⸗ des und eerſtaunliches Gluͤck, als dasjenige war, was Polykrates genoſſen hatte, nothwendig den Yrid der Götz ter esregen, und einen ſcheclichen Yu v3 leiden Dei Poly⸗

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zur

| 6 gZyoeyrei Buch,

bie harinaͤckige BGegenwehr der Griechen gleich undermelbs lich machten, fo wurde das Gcieffal ber leztern unter den beyden erften Perfifchen Königen allem Anfehen nach gar. nicht, oder nur fehr wenig verſchlimmert. Die Aſiatiſchen Städte hingen freylich won den Perfiichen Be⸗ ſehlshaber ab, ber. meiftens feinen Wohnſij in Sardes hatte: fie,muften ferner, gleich allen übrigen uͤberwun⸗ benen Völkern, gewiſſe' Geſchenke darbringen *), bie waßrfebeinlich ben Tribut, den fie vorher dem Kroͤſus

entrichtet hatten, nur um ein geringes überfliegen : end. | lich waren fie verbunden, Kriegsoslker , wa, und warn, und fo viel ihrer verlange wurben, zu fielen. Allein.

man nahm ihnen weder. ihre Geſeze, noch ihre innere Verfaſſung, ‚man brang ihnen feine Tyrannen auf, und erlaubte ihnen fogar, fi) ‚zu perfammien **). Khyrus ſowohl als Kambyſes waren zu fehe mit neuen Eroberun« - gen und mit den erften nothwendigen Einrichtungen faum

bezwungener größerer $änder befchäftigt, als daß fie bie

Beinen Griechiſchen Staaten 1, „die im + unermeßlißer Ent

fer

Polykrates bot daher dem Kenbyfes ſeine Dienſte an,

und ſchickte ihm eine Flotte wider Aegypten zu Huͤlfe,

die er mit Männern beſezte, von benen er gerne befreyt

feyn wollte. Den ſchrecklichen Kreuzestod diefes gros

Sen Mannes Finnen diejenigen, bie ſich von beim Betra⸗

gen ber Perfer einen Begriff machen wollen, beym He⸗ rodot nachlefen, III. 135 S ..% Herod, Ill. 89.

“*) Auf einer folden Verſammlung ber Jonier n war es, ms Bias den Vorſchlag that, um des unabwerflichen Joches der Perſer willen, Aſien zu verlaſſen, und unter der Fuͤhrung der Sonim der Freyheit nach Sardinien zu ziehen. J. 170. |

nen a

Von der Jeniſchen Phleſoehie. 67

fernung von ihren Kinigefzen am Außerften Rande ihres ungeheuren Reichs lagen, genau hätten kennen, ober ben Eatſchluß faſſen koͤnnen, die ihnen eigenthuͤmliche Frey⸗ heistiche, und alle aus biefer hervorquillende Tugenden, burh vorfichtige Maaßregeln zu brechen und ausjurofs tem. So gelinde aber auch die Herrſchaft der beyden fen Perfifchen Könige war, fo ſchimpflich und uner⸗ ttäglich ſchlen body den @riechen ihre Knechtfchaſt zu feyn. Herodet fagt baber, daß die Aflatiſchen Griechen unter dem Kyrus zum zweyten mat In die Gelaneren gerathen fm, und daß Kambyſes die Jonier und Aeolier ſchon als angeerbte Knechte angefehen habe V. Untere dem Darius Hoſtacspes, ben man. mıl Recht ben zwensen Brünber oder ben Befeſtiger des vom Kyrus geftiftesen Reichs nennen fonu **), wurden bie Griehifchen Staaten in Afien viel eingef&ränfter und abhängigen, als fie unter deffen Vorfohren geweſen wa.· ren, und ihre alte Grundver aſſung wurde gänzlich une gefeet und vernichtet. Dieſer ebie Zerſtoͤrer des fhimpfr lichen Prieſterreglments, deſſen fich wach bem Tode deu Kanibufes die eben fo verfihmigten als kuͤhnen Magier bemächtige Hatten, erweiterte feine. Staaten, nicht nme. durch Eroberungen in Indien, und durch Die Bezwin⸗ gung der Griechiſchen Inſeln ſondern er theilte auch alla Ihm unterworfene Laͤnber In zwanzig große Provingen ode Gutapien ein, deren jeber er einen ihrer Größe und Wehlhabenheit angemeſſenen Tribus. auftegte. Er ba fellte ferner. über eine jede Prouinz einen großen Dh 14 babet, Pre: 91 ı6g I re) —RE tegiertt von Ol. LXIV., 4 bislxxi *

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Er GE Zu f

or. Bu Buch.

ver. ai.»

—* handhaben, Ruhe erhalten, 34 —34 treiben, und zum Dienſte bes Koͤniges eine gewiſſe An- zahl von Krlegsleuten bereit halten, und an einem gewiſ⸗

fen jedem beflimmten Orte liefern. muſte. Endlich ver ordnete er über einzelne Stäbte, und Fleinere Gegenden

Vorſteher, die von dem Satrapen obhängig waren, und

hahin ſehen muſten, daß nirgends etwas wider das In⸗ tereſſe des Koͤnigs vorgenommen, daß ſein Wille allent⸗ halben erfuͤllt, und eine jede Uebertrotung deſſelben beftsaft

"würde, Dieſe Einrichtungen muſten fich die Griechen,

. wie alle übrige dem Scepter der Perſer gehorchende Woͤlker gefallen laffen. Darius fchlug Jonlen, Acolien, Karien, Lycien und Pamphylien zu einer Provinz; legte

üguen einen Tribut, von 400 Babplonifchen Talenten Si

bers auf (ein jedes Talent hielt 70 Euboifche Minen) Jegte über das ganze Aftarifche Griechenland einen einzigen Satrapen, und über. eine jede Stadt einen eigenen Bor.

|

fieher. Diele lestere waren immer gebohrne Griechen,

wmeiftens aus ben Städten, ‚denen fie vorjlunden, und

wurden von ihren Mirbürgern Tyrannen genannt, und

ols ſolche verabſcheut *), weil fie. ihr Vaterland nach lh⸗ gem. eigenen Gutduͤnken und dem Willen des Hofes ber berefchten , dem fie ihre Hoheit und alle damit verbundene Vorzuͤge zu danken hatten, Die eigennuͤzigen und um gatriotiichen Gefinaungen biefer Tyrannen äußerten ih bey Peiner Gelegenheit ‚deutlicher, als bey dem kuͤhnen Borfehlage.d des s Ditiabes, ber ignen riech **), die Brüde

über

®) Herad, IV, 137.138. V. 37. 38. Herobot nennt fe bald rugasyos, bald enıreomss. - -©*) Hero, IV. 137.138. Corn. Nep. &, 3. in Vie Mile.

Bon der Joniſchen Phaloſophie. 169

über bie Donau, deren Beſezung ber Perfifche König den Aſiatiſchen Griechen beym Antritt feines Zuges wider die Ekythen anvertraut hatte, abzubrechen, und den Dar ſamt feinem Heere durch das ihm folgende Sdwerdt der Feinde verzehren gu laffen. Alle Tyrannen, deren Namen Herodot anführt, vermarfen biefen Rath enftimmig, und ſcheuten ſich nicht, öffentlich zu befennen, daß ihre Wohlfart von ber Errettung des Darius abhänge, daß mit, feinem Untergange auch ihre Größe aufhören, und die Frepheit fich allenthalben auf den Trümmern ih⸗ ter. Herrfchaft erheben mürbe. . Sie entriffen daher durch betügliche, Verſprechungen ben fliehenden: Koͤnig der Rache der Skythen, und wurden von dieſen, die ſie hin⸗

tergangen „hatten, bie feigeſten und nieberträcheigfed |

Sclaven geſcholten.

Nicht lange nach dleſem ſchimoflchen Ruͤckjzuge

ber Perſer zog bie Unbeſonnenhelt und Verzweiflung eines ‚einigen Mannes die Afiatifchen Griechen in eine ſolche Heide von Fehleritten und Unglücsfälen hinein, bie ſich für ale Städte, felbft diejenigen, bie bis. dahin ihre dreyheit behauptet hatten, und vom Feinde unberührt geblieben waren, mit der härteften Knechtſchaft und fols hen Verheerungen endigten, DaB ganze Jahrhunderte nicht hinreichten, fie wiederum aufjurichten. Dieſer merke rürdige Mann, der über fein Vaterland fo viel Sammer und über bie uropäfchen Griechen. fo. viel Gefahren brachte; aber auch ſelbſt durch dieſe Gefahren (und bie fer Gedanke kann allein ben, Griechen liebenden Leſer tröͤ⸗ ſten) den Grund zum Ruhme und zur Gluͤckſeligkelt der leztern legte, war Ariftagoras, Tyrann oder Vorſteher von Milet, welche Stadt damals, nach dem Zeugeiffe

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bes Herabat, nicht nur offe Eräpte Jeulete fonbern auch fich ſelbſt an Reichthum, und Macht, und blühen ·

bem Wohlſtande übertraf % Kriftagoras wurbe theils

durch Schulden, In bie er durch bie Verraͤtherey eines vornehmen Perſers geſtuͤrzt worden war "N, theils durch bie Furcht var ber Rechesſchaft, zu der er glaubte, daß man Ihn zlehen wuͤrde, am melften aber durch die An⸗ reisungen feines Schwiegervaters Hiſtiaͤus, den man wi ber feinen Willen am Perſiſchen Hofe In einer ehrenvol⸗ Ien Gefangenfchaft hieit,, in bie gefaͤhrliche Unterneh mung Ginelngetrieben, bas Afizciipe Griechenland zu einer allgemeinen Empdrung, anb bie mächtig. ſten OGriechlſchen Staaten in "Europa "zu einem ' Kriege: wider die Perfer- aufzumiegein.. Er fing da⸗ mie an, feiner Paterſtadt Milet die Freyheit wieber zu —RG trieb bald nachher aus allen übrigen Joni⸗ ſchen Städten die von ben Perſern eingefejten Tyraunen eus fuͤhrte allenthalben eine tepublicanifche Verfaſſung

. ein, und reizte dadurch die aus dem Schlummer der

Knechtfchaft erwachenden Griechen zum iebhafteſten €i. fer, ihre alten Rechte, und die füße wiedererhaltene Frey⸗ beit mir allen Kräften gegen Ihre Unterdruͤcker zu verthei⸗ bigen. Weil aber Ariftegoras die vereinigte Macht ber Aſſatlſchen Griechen noch nicht für hinreichen® hielt, den Verlern zu widerſtehen, ſo ging er, ſelbſt nach Sparta, —um deren tapfere Buͤrger zum. Micſtreite fuͤr die Wohl. fort ihrer Brüder in an nahen Allein hier Mn - fe

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Won der Joriſthen Philoſbphle. m

fein Vorhaben sgeifs durch die Klugheit und unbeftechlicht Rechtſchaffenheit des Königs Kleomenes, theils durch die vonltig⸗ Aufſaͤhlung der ſreylich reichen, aher unermeßr Ike Sägber des PYerſiſchen Rönigs vereitele, wodurch Air bedͤchtlichen Gpartaner mehr abgeſchreckt als ange htmben, Deſto glücklicher war Arißagoras in Athen, vos ihm, wie Herqdot fagt *), leichter wurde, einen Haufen von 30009 freyen Männern zu berüden, als iq Sparta einen einzigen meifen König zu übseliften, DU Athenlenſer beſchloſſen, ihm 20, Schiffe, zu Hätfe zu ichen, zu. denen. voch fünf andere aus. Ergıria fließen, is hieher war fein Entwurf noch iumer yon der Ark, ha die Ausfuͤhrung deffelben nicht unmöglich fhlen, und ein giükticher Ausgang feinem Urheber einen Play unten . den füpnfen und erhabenſten Geiftern feines Volks wird gegeben haben. Adein ber Gebrauch, deu er won ben ous Europa erhaltenen Verſtaͤrkung machte, jdgee, to Alßagoras viel. Meiner, aſs bie Unternehmung, war, die er angefangen. harte. Er ebat naͤmlich einen abe theuerlichen Zug gegen Sardes, Bas er zwar uͤberrum⸗ velte, aber wicht einmal fo. lange. behauyten kennte, da in es hätte onsplänbern koͤnnen. Gr mufte fich fchleunig wrücjiehen , und fehen auf biefer ſchimpftichen Flucht Wurde er durch den beträchtlichen. Vexluſt, den ce litt, dafür gezuͤchtigt, daß er einen Theil der Stadt Sardes, und unter-andern auch einen Tempel der Goͤttin Kybele vᷣe) in Die Aſche legte, welche Morbbremneren der Haupsgeund Bat, wrfergen Da du Ei —* 3—

3 102. o Kusel,

172 Zweytes Buch. | mit Krieg überyog, und alle Benungen Griechlſcher Goͤtter mit ſchwaͤrmeriſcher Rache zerſtoͤren ließ. Diteſe unbeſonnene Unternehmung ‚gegen Sardes machte auf die verbundenen Griechiſchen Staaten ganz Ä entgegengefajt? Eindrüfe. Die Athenienfer verlohren 5 durch ben Tod vieler edlen Briechen, die auf dem Rück . zuge erfchlagen worben waren *), auf eiamal den Much fo ſehr, daß fie. aller Bitten und Geſandſchaften bes Ariftagotas ungeachtet, von ihrem Bündniffe mit den „jontern abtraten. Die Aſiatiſchen Griechen hingegen gprannen durch eben diefen Streich an. Kühnhelt eben fo :feßr, als an neuen Bundesgenoffen und’ Eroberungen, -Ble namen Bpzahız und andere Städte am Hellespont weg; und erhielten die Einwohner von Kypern, und ei- nen: großen Theile von Karlen zu Mitkaͤmpfern **). Dies anſcheinende Gluͤck war aber nur von ſehr kurzer Dauer. Klpern wurde gleich in dem erſten Jahre nach ſeinem Adfall wieder erobert ***),.. Die Karler erlitten eine Niederlage von zehntauſend Mann +); und. bie eroberten Städte am Hellespont wurden wie Klazomene in Jonien Ä unb Kyme in Aeellen unter: bie Perſiſche Herrſchaft zu⸗ ruoͤckgebracht. Ariſtagoras ſeibſt entfloh nach. Thracien, mo er ſamt feinen Begleiteen von den friegerifchen Ein - wohnern erſchlagen wurde. Alle diefe Unfälle machten die Griechen bald. ben Scrir heeues- den f ie seien batten. Sie warfen es i denm

58,

*) 10% “. #4) Hes, ib,

") 116,

LP) 119.

Bon der Joniſchen Philoſophie. 173 dem Hiſtiaͤus vor, baß er fie durch den Ariſtagoras zum Kriege wider die Perfer bemsgen habe *), und die Mis Iefier weigerten ſich fo gar, ihn als Ihr Haupt aufzunchs men, Unterdeſſen faßren fie doch **) den einmürhigen Euſchluß, in dem Abfall von den Perſern zu behatren, umd dieſes nicht ſowohl in der Hofaung eines gluͤcklichen Ausgangs, als weil fie fich in Ihrer gegenwärtigen tage nicht anders zu rathen wuften, Sie verfammleten daher eine Flotte von mehr als drephundert und funfzig ***) Stiffen, ein Beweis, wie vielihnen, aller ausgeftanbenen - Drangfale ungeachtet, noch Kräfte übrig geblieben waren }), und würden vielleicht die faft zweymal fo ftarfe feindliche Seemacht geſchlagen haben, wenn nicht Zwietracht und Verroͤcherey fie getrennt, und Weichlichkeit fie zu den Gefahren, und felbft zu den Voruͤbungen des Krieges mrüchtig gemacht hätte. Sie folgten anfangs dem heile famen Rathe des Dionyfius von Phokaͤa mit der größten Bereltwilligkeit, der fie ermunterte, fich täglich fleißig In den Waffen zu üben, und zu allen Arten. bes See⸗ ſtreits zu ruͤſten und vorzubereiten +), ja fie gaben ihm fo gar eine unumfchränfte Vollmacht, alle Beranftale tungen zu treffen, die er gut finden wuͤrde; allein dieſe guten Borfäze Dauerten nur fieben Tage, Das anhaltende Nudern, das Hin» und Herfchiffen, und pas mühlelige

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H Die Mileſier allein gaben achtzig, die Samier ſechzig, und die Chier 100 Schiffe her, von welchen leztern ein jedes mit 40 ftreitbaren Bürgern beſezt war,

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i | 77 ne Zweytes Buch. |

Baffentragen keſchoͤpfte fie nicht nut, ſondern og ihnen

“auch wuͤrklich diele Rrankpeiten zu. Sie meigerten ſich

baher ſchlechterdings dem Dionyſius ferner zu gehorchen,

veetlleßen Ihre Schiffe Und richteten am Ufer Zelte auf,

tinter deneh ſle ſich von der ihnen unerträglich ſcheinenden

Arbeit erholten. Aus biefer Unbefländigkeit und Wider⸗

ſpenſtigkeit gegen Ihren Führer muften nothwendig aller⸗

ley Unordnungen und verderbliches Mißtrauen entſtehen, welches die vertriebene, zu den Perſern uͤbergangene

Tyrannen auf eine liſtige Art zu unterhalten und zu-nisgen

+

1

wuſten. Die Samier fingen zuerſt an, an dem Glide “der Griechiſchen Waffen zu verzweifeln, und ſchloſſen mit

ben Feinden einen geheimen Vertrag, welchem fie ſich

Berbindfich Mächten, ihre.bisherigen Bundögenafleh zu

berlaflen, Sie fegelten daher auch In der bald darauf er. - fjolgenben unglucklichen Schlacht mir allen ihren Schiffen,

Elfe Ausgenommen, verraͤtheriſcher Weiſe nah Haufe, und wurben dadurch die Urſache, daß die Flotte ber Übtls den Griechen, unter denen bie Chler am tapferſten foch⸗

ten, faſt ganz zu Grunde gerichtet wurde. Durch dleſen Ettreich gewannen die Gamier *) zwar fo viel, daß we⸗

65 Städten, und wuͤrde dieſen Vorzug (I, 139. etod.) wahrſcheinlich auch noch lange behauptet haben,

durch den Darius fo ſehr, daß er die Samer, wie hlle

fbtige

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Bon der Joniſchen Philoſophie. 375 |

ber hhee Häufer wech die Tempel Ihrer Göcter angezündet wurden, allein fie muften doch tiber ihren Willen”) den

Aealus zum Behetrſcher annehmen, weil diefer zur Une

treue der Samler, und zur Niebetlage der Griechen am meiſten beygetragen hatte: Alle uͤbrige Griechiſche Staͤdta auf dem ſeſten Sande ſowohl, als auf den Inſeln, wur⸗ den mit einer unerhoͤrten Graͤuſamkeit vernichtet, Sie

mochten mie Gewalt erobert werden, ober ſich ohne Bea | logerung ſreywillig ergeben **). Ihre Mauern wurden .

eingetiffen‘, ühre Häufet und Tempel verbtannit, alld mehrhafte Maͤnner getoͤdtet, oder duch in das Innerſte bes Perſiſchen Reichs weggefuͤhrt; Weiber und Kinder murden als Sclaven verkauft, die edelften Jünglinge vers fünltten, und Die fÄhönften Jungfrauen für den Harem bes Königs ausgefucht, , Die mit Trümmern won Pallaͤ⸗ fen und Tempeln überdeckten läge, wo einſt bie herrlich ſten Staͤdte geftanden Hatten, wurden ſamt dem dazu

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gehorigen Gebiete entweder eingebohrnen Derfern, odet

ouch Kariern, vder endlich ſolchen Otiechen ausgetheilt, welche die Perſer für unſchuldig hielten ***), em man nun bie bisher erzählten, ſchnell auf einander füls

0. - gen⸗

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—— Aura * Ährige Inſulanet mißhandeln ließ. Man here eine

algemeine,Denfihenjagd an, ſchlug alle wehrhaften Fl die manantraf, todt, und verkaufte die ühris

gen Einwohner ald Sclaven. (III. 147. Vi. 31.) Samos

wurde baber auf einmal ganz menſchenleer; doch ließ -

der Perwuͤſter diefer Inſel, durch einen Traum ges fihredit, fie bald nachher wieder befegen. Ul. 149 am Eben ye bejammernswuͤrdig War der Fall von Miles, VI, ze, l. 25 19. 20. 31. 6

*) 20. 31. ı Fo \ . . J Mn re; 5. 08, Diefegänzlihe Umkehrung bes Sniatifhen Brischenfans | * falls, im lezten

des geſchah im aͤten Jahre ihres | Jahte der 22 Olympiade. Horod. vi gt,

J

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16 * Zweytes Buch.

J genden und Immer ſchrecklichern Verwůſtungen des Gri⸗ chiſchen Aſiens, den Tod ober die Flucht der großen Män« ner, die Ausrottung der ebelften Familien, die noch immer forebaurende Unterwürfigkeit unter harten und argwoͤhni⸗ ſchen Herren, und endlich die ungeheure Sittenverderbniß, die kurz vor. oder auch zu den Zeiten ihrer größten Leiden unter ben Griechen Ueberhand nahm, zuſammendenkt; fo findet man es ſehr begreiflid) , was die Geſchichte lehrt, dab Künfte und Wiffenfchaften in Afien nicht nur ſtill⸗ zu ſtehen, ſondern auch zu fallen anfingen, und aus ihrem urſpruͤnglichen Vaterlande in andere Gegenden ſtuͤchteten, wo ſie unter dem Schuze der Freyheit, und im Schooße des Ueberfluſſes, Sicherheit und Belohnungen erwarten konnten. Daß Mardonius in die Griechiſchen Staͤdte eine demokratiſche Regierungsform einfuͤhrte *), half ihnen eben fo wenig, als daß bie Roͤmer ſpaͤter den Europaͤi⸗ ſchen Griechen die Freyheit wieder ſchenkten. Beyde blies ‚ben doch immer von. maͤchtigern herrſchenden Voͤl— kern abhängig: und beyde hatten von dem reizenden

Schattenbilde womit man fie täufchte, den greßen Scha-

den, daß ' ie in wuͤthende Factlonen **) zerriſſen, von vie⸗ len

e vi. 43. Herod. wr, Auf dieſen Zeitpunct bericht fi der zluch, ben Hera⸗⸗ | klit über die Ephefier, wegen der Verbannung des Hermodors, ausſprach, und die Erflärung des Ephe⸗ ſiſchen Volks, daß. unter ihnen niemand vor andern hervoritehen , fondern wenn er über feine Mitbürger fich zu erheben wuͤnſche, alsdenn fi ch unter ein anderes Bolf begebenfolle. (Dieg. Vill, 2.) | - Die fernere Gefchichte des: Brichifhen Aftens will ich alsdann fortſezen, wenn es aus ſeiner Ver⸗ | nich⸗

Von der Joniſchen Philofophie: iy7 fen nichtswuͤrdigen Demagogen irre gefuͤhrt, und ber

wenigen rechtſchaffenen Patrieten, "Die u und

Muth hatten, ihr Vaterland zu bena.- beraubt wurden.

michtung wiederum au anden ſepu, J Crew —— A Shertzefn

3 . ® j A M ri Drik r z \ , .

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Drittes Buch. Geſchichte der Pythagoteiſchen Geſellſchaft, und ihrer Verdienſte um die Wiſſen⸗

ſchaften.

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ESEinlenitung.

Phile ſophlam nos quoque adjuvemus, nesque Ipfos zedargui, refellique patiamur, Quod il fesunt ani. ‚mo Inigdo , qui eertis quibusdam deltioatisgue Ten»

tentlis quafi addidi, & tonfecrati funt, eaqque no- eeflitete eonfirilti, ut etiam quae non probare feleant, es eögantur sonflentise esuſa defendere. Nos qui fequimur probabilis, nee ultra id, quod verifimile vecurrit, progeedi poflumus, et refellere fine perti= nacia, et zefelli fine irasumdia parati fumus, Cie, } ' on

4 . !»®

. u . oo. $ .. | . I: | J U⸗ allen Männern, die man bis auf ben Sokrates

in. Griechenland Weiſe oder Naturkuͤndige

nannte, ift Feiner, der die Aufmerkſamkeit des Geſchicht⸗

forſchers und Menfchenkenners in fo vielerley Betrachtun⸗

gen vrgbient,, als Pythagoras, zu deffen und feiner Freunde Schickſalen und-Verdienſten ich jezo fortgehe.

5 —— | Pytha⸗

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Geſchichte ber Pythagoreiſchen Gefelfchaft. 179

Pythagoras „vereinigte ‘in einem hoͤhern Grade, als irgend einer feiner Vorgänger und Nachfolger, reife und oft überdachte Erfahrımgen mit unergruͤndlicher Tiefe des Genies. Er befaß allein, oder doch vorzuͤglich das Gehelmniß, die mächtigften Triebfebern des Abere glanbens und der Staatskunſt, allen Domp und Würde der Religion und Tugend, endlich jeden Reiz anziehender und nüzficher Kenntniſſe zu ben großen Abfichten anzuwen⸗ den, zuerft ſich ſelbſt Freunde, Anfehen und Herrſchaft über die Seelen feiner Zeitgenoſſen zu verfchaffen , und durch diefe nicht fein Vaterland, fondern fremde bloß duch gemeinfchafttihe Sprache: mit ihm verbundene Menſchen zu beffern und gluͤcklich zumachen. Die Gründung und Sortdauer der Geſellſchaft, bie er fiftete, hatte mehr glüctiche, und Ihr Umſturz mehr nachtheilige Folgen für bie Sitten, Freyheit, Staatsverfaffung und Aufflärung eines großen Theils von Griechenland, als die Entftehung und der Untergang einer jeden andern Sekte. Aus ihr gingen mehr große Dichter, Erfinder und Erweiterer von Wiſ⸗ fenfehaften , mehr berühmte Staatsmänner, Thrannen⸗ Mürger, Feldherren, Gefesgeber, oder Bilder von fol« hm hervor, als Feine weder ältere noch jüngere Schule erzeugt hat.: Durch ben &nfis zog fie den Epaminondas von Theben,, und Philipp von Macebonien, die beybe die ganze Geſtalt don Griecheuland umkehrten, und wo⸗ don der eine Die Beffeln ſchmiedete, welche nicht lange nachher Mlerander den Voͤlkern Afiens anlegte. Go ger wiß es aber ift, daß die Geſchichte des Pythagoras wich. tiger iſt, als die aller übrigen Weltweiſen des alten Gelechenlandes; eben fo wahr ift es auch, daß fein an⸗ derer Theil der a Dein fo ſchwierig und

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verwickelt, und ſeit Jahrrauſenden durch fo- vlele Fabeln und Meynungen verdorben worden If, als eben ſie Bon dieſen Schwierigkeiten taffen ſich mehrere Gründe ‚angeben , untet weldyen, folgende die wichtigfien find, Die erften Geſchichtſchreiber, die vom Pythagoras und feinen Freunden nicht in einzelnen zerſtreuten Stellen, oder in zufällig eingemifchten Nachrichten, ſondern In weitlaͤuftigen "Werken handelten , Tebten faft zweh Jahr⸗ hunderte nach dem ‚Untergange des Pythagoreiſchen Bum des, und ſchoͤpften nicht afle aus ſichern, oͤffentlichen, forgfältig geprüften Urkimden und Denkmaͤlern, ſondern meiſtens aus. Lieberiteferungen‘, bie nothwendig waͤhrend änes fo großen Zeitraums unter ben eben fo lelchtglaͤubb gen, als kuͤhn erdichtenden Griechen auf mennigfaltige Arc verſtuͤmmelt und verfätfcht feyn muften. - Nenn alle anch diefe ältefte Geſchichtſchreiber des Pythagoras und Ber Pythagoreer den ſeltenſten Scharffinn und unermuͤdel⸗ ſten Fleiß mit der reinſten und waͤrmſten Wahrheitsliebe verbunden Hätten, und alle ihre Werke unverſehrt zu und gefonmen wären , fo würden wir doch den Vorſchriften einer ganz gemeinen, ‚noch. gar nicht mistrauiſchen odet - jweifelfüchtigen Vorſicht zu folge , flogen und prüfe muͤſſen, 0b felbft fotche Männer, die mit allen Bor gen großer Alterthumsforſcher ausgeruͤſtet waren, in eine fo ungeheuren, alles verfehrenden Entfernung, die Haupt perfonen und ihre Verdienſte richtig gefaßt , und nad der Natur geſchildert harten. Nun aber klaͤßt ſichs bo weifen, daß mehr als die Hälfte biefer erſten Schri ſtellrr über ben Pythagoras leer don aflen ben angebo nei ober erworbenen Tugenden waren, bie mon ti einem jeben Gefchichtforfiher,, om meiſten aber, von du 2 W DE ef

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Geſchichte Der Pothagereiſchen Gefefihaft. 181.

erſten Lnterfuchen der Geſchlchte der Pythagoreer foberu muſte. An ſtate die verſchiedenen Sagen und Ueberlie⸗ ferungen von ihrem Helden, den die Volksmeynung ſchon lange in einen. Gott, oder Goͤtterglelchen Mann umgeſchaffen hatte, nach ben Geſezen ber Wahrſchein⸗ uichkeit abzuwaͤgen, und dann die glaublichſten anzunch- men, die zweydeutigen abzuſondern, und bie: unglaubli⸗ hen. ganz zu verwerſen, griffen bie meiſten grade nach Ben lächeslichfien und augenfcheinlichfien Fabeln mit ber groͤßten Gierigfeit, fchmüdten biefe mit Zufägen und älmftanben von eigener Erfindung aus, und beugten alles _ nach Neblingemennungen , bie bey der größten Vorſicht und Währhaftigkeit-ofein ſchon hinreichend. geweſen wär ren, ihre Erzählungen fehlef un unfärmilch zu machen, Aus dieſer großen Verſchiedenhelt won Gaben, Arbeit famfeit, Reblichkeit und worgefaßten Mepnungen ent⸗ ſtanden ſchon in ben Werfen ber aͤlteſten Geſchichtſchrei⸗ ber Häufige Widerſpruͤche, faft über einen jeden Irbengs umſtand des Pythagoras, über eine jede Einrichtung, ſel⸗ ner Geſellſchaft, über eine jede Meynung und Erfindung, die er und feine Auhaͤnger gehege und gemacht haben folle ten. Den kuͤhnſten und unzuverläffigfien unter ihnen begegnete es nicht felten, baß fie ſich ſogar felbft miter forachen aber doch aus Vergeſſenheit Ihrer Abfichten Dinge vorbrachten,, bie gar nicht mit einander beſtehen fonnten. Vielleicht aber mürben doch, mit Hülfe einen _ firengen. und feharfunterfuchenden - Kritik, die meiſten Verwirrungen, Ungewißheiten und Dunfelßelten, welche die Schwachheits, ſowol als vorfezlichen Sünden ber er⸗ fien Geſchichtſchreiber der Pythagoreer hervorbrachten, g heben werden innen, Denn vn nur ihre Echriften gang 3 iu

Ed

—2 Drittes Buch.

u uns gefommen wären, ober wir nur genan wüfen, was ein jeder, und mie er erzähle habe. Ungtüdil cherweife aber find ihre Werke bis auf einige Ueberbleib⸗ ſel verlöhren gegangen, und aus eben diefen verſchwun⸗ denen Werfen entlehnten wieder während eines Zeitraums "von fünf Jahrhunderten ganze Folgen oder Geſchlechter yon Gefchichtfchreibern, von denen oft die Namen, : noch öfter das Zeitalter, und durchgehends der Grob von Zuperläffigfeit, den man ihnen zugeftehen muß, und die Männer, denen fie vorzuͤglich folgten , unbefannt find, Unter biefen Schriftſtellern, Die vom Aufange des bei ten Jahrhunderts vor Chrifti Geburt, bis an ‚den Au fang des. dritten Jahrhunderts nach unfrer Zeitrechnung die Gefchichte des Pythagoras und der Pythagoreer ‚bearbeiteten, war feiner, ber fich durch hervorſtechende Verdienſie ausgejeichnet, oder auch nur die am wenigſten berühmten unter feinen Vorgängern erreicht haͤtte. Hin gegen fanden ſich unter ihnen (und wie läßt ſich von Orie | chen aus jenen Zeitaltern etwas anders erwarten?) vidk entweder Seichtgläubige, die aus Liebhaberey fürs unglaub⸗ liche und wunderbare, und weil fie einen großen Mann mit einem WBundermann für einerley hielten, bekannte gefchriebene Fabeln mit neuen erſt entſtandenen, und bit „her ungeſchriebenen Erbichtungen häuften; ober aud Un wiſſende und Nachläffige, bie ganz verſchiedene Perfonen unb Zeitafter verwechfelten, und nach Halb erloſchenen Zügen ihres Gedaͤchtniſſes, Das, was fie vor langer Zeit gelefen hatten, verflümmelt und werfälfche wiederholten: ober ferner, Hypotheſenerfinder und Beſchuͤjer, denen Daran gelegen war , daß Pythagoras andern das ſcheinen moͤchte, woſde fl ſie ihn hlelten , bie nur das für Bier Zope

Seſchichte ber Phthagoreiſchen Geſellſchaft. 183

Wahrheit gelten ließen, was mit Ihrer Vorſtellungsart uͤbereinſtimmte, bie alſo die Meynungen und Thaten des Pythagoras fo beſchrieben, als wenn er wuͤrklich fo ge⸗ dacht und gelebt Hätte, ale fie fich einbildeten; ober end« lich ſelſame Zwitter oder Mitteldinge von abergläubifcher Schwaͤrmerey und argliſtiger Verſchmiztheit, bie fich für. _ Beſiger goͤttlicher übermenfchlicher Künfte ausgaben, von benen fie felbft niche recht wuſten, - wie viel fie glauben oder nicht glauben follten , die fie unterdeſſen zu Iren Vortheile ausibten und von Pythagoras ableiteten ,

fich ſelbſt als deſſen ächten Nachfelgern deſto mehr —* und Anſehen zu erwerben.

Aber auch die Arbeiten dieſer Männer, bie in ganz verſchledenen Zeitaltern aus Sagen und Schriften von ganz verſchiedenem Werthe, mit bald geringern, bald hoͤ⸗ bern Graden von Unfleiß, Aberglauben und Erdichtungse ſucht ſammleten und fchrieben, hat uns die Zeit entriffen, und don ihren und ber erften Geſchichtſchreiber Denkmaͤ⸗ lern iſt nichts zu uns gekommen, als ein zoher Haufe wi⸗ derſprechender, ungereimter , und größtentheils falfher Nachrichten und Erzählungen, die drey ber elendeſten Compilatoren ſiebenhundert Jahre nad) dem Tode des Py⸗ chagoras zufammengefchleppt haben, ohne Daß man bite ' her (einige Fälle ausgenommen) weiß, woher eine jebe genommen ‚: und wie oft fie umgebildet worben,, ehe fie an den ober bie Schriftſteller kam , aus welchen Dioges . . 66, Porphyr und Jamblich fie zulezt entlehnten. Wenn man zu allen diefen unuͤberwindlich ſcheinenden Schwiee rigkeiten endlich noch biefe. hinzudenkt, daß man den Pya thagoreern ſchon vor ben Zeiten ihrer Alteften Geſchicht⸗ fhreiber falſche Bücher anaedichtet, und daß man eben

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WBecſchreibern bes Pythagoras zugehöret, Mar alsdann

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I 7 2:7 We Se dieſes in allen nachfolgenden Zeitaltern fortgeſtze habe,

daß dieſe untergeſchobenen Werke, ihrer Nichtswuͤrdig⸗ keit und Widerſpruͤche ungeachtet, ben vielen Glauben ‚gefunden, und neue Widerſpruͤche veranlaße haben, daß endlich noch jezo unter dem Namen alter Hythagoreer ganze Schriften ſowohl, als einzelne Bruchſtuͤcke übrig ‚find, deren Anfehen ungewiß und ſchwer zu beſtimmen . ft; fo muß nothwendig ein jeber, der noch nicht die Mit: tel weiß, wie. man die meiſten dieſer wirkfichen, gar nicht Vrergroͤßerten Schwierigkeiten wegräumen fann , entweder „an einer Gefchichte ber Pythagoreer verzweifeln, oder fie boch für eine eben fo ſchwer auszuführende Unternehmung Heolten, als wenn jemand ſich vermeffen wollte, aus all GSoͤtter⸗ und Heldenfabeln der Griedyen das wenige darin⸗ . " anen verborgene, und bis zur Unfenntlichkeic umgeformte and verkleidete Wahre heraus zu lefen, »

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.. Aus dem bisher gefagten muß einem jeben von ſelbſt einleuchten, dag man 'eine wahre Gefchichte des Pythagoras und feiner. Nachfolger ſo lange vergebens wuͤnſchen wird, fo lange man noch nicht bie Hechtheit ober Nnaͤchtheit verbächtiger Pythagoreifcher Schriften, fen das Zeitalter; und die Zuverläffigkeie ber verſchiedenen Beſchichtſchreiber unterſucht, und endlich ausgemacht ha⸗ ‚ben wird, welchem unter ihnen eine jede wichelge, aber namenloſe Nachricht und Erzaͤhlung in den lezten Lebens⸗

erſt, wenn man bleſes geleiſtet hat, iſt mon im Stande, ‚glaubwürbige und unglaubwuͤrdige Ueberlieferungen von einander zu fondern, und ben Werth ber zweybeutigen aus ber Uebereinſtimmung und Aehnlichteit derſelben mit . den

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Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 185 ben einen ‘oder andern feftzufegen , ba man im entgegen. geſezten Fall immer ungewiß bleibt, ob man die Erzaͤh— lung eines ſichern und alten Befehirhtfchreibers oder das _ Maͤhrchen eines Jangem Sabelbichters lieſt und. nieber- ſchreibt.

Unter Men Shhifttelleen „die mit bie Jezo ‚da ich dieſes ſchreibe, bekannt find, iſt feiner, der nur ei⸗ nen kleinen Theil der Arbeit übernommen hätte, die man nothwendig vollenden muß, ehe man daran denken kann, eine Geſchichte des Pythagoras -und feiner Geſellſchaſt, und beyder Werdienfte um die Wiffenfchaften anzufangen. Ale berieſen ſich vielmehr bisher ohne Unterfchied eben fo gut auf unzewerlaͤſſige Schriftfteller und unädjte Schrife ten, als auf zuverläffige und aͤchte, oder wenn fie auch blsweilen die Zeugniffe der einen und das Anſehen der an« bern verwarfen, fo thaten fie biefes niche nach einer un« bartheyiſchen foräfältigen Unterfuchung, fondern um ge. wiſſer Meynungen willen, bie fie durchſezen wollten, und denen jene im Wege ſtanden. Ich glaube daher den bis berigen Bearbeitern ber Geſchichte ber Pythagoreer fein Unrecht zu hun, wenn ich fage, daß, wenn man fie auch alle gefefen hat, man bach nicht einmal zu errarhen Im Stande feh, wie Pythagoras und feine Philoſophie ſich in Ihrer wahren Geftalt zeigen werden,

Sch will Daher, bevor ich bie Geſchichte Ber Py⸗ thagoreiſchen Philoſophie und Geſellſchaft anfange, zuerſt die Geſchichtſchreiber von beyden nennen, und beurthei⸗ Im, und alsdann zur Untetſuchung des Zeitaltere des Sa⸗ mifhen Weltweiſen und feiner Nachfolger fortgehen, defr fen Nichtkenntniß die feltfamften Verwirrungen und Ver Iaungen von Merſchen ſowohl als Meynungen, entweder

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6. Drittes Buch.

An fruͤhern ober-fpätern. Zeiten veranlaßt Got R :Diefe ‚beyden Lnterfuchungen ,. machen: den ſchwerſten, aund wenn fie gluͤcklich ausgeführt. merden, den wichtigſten Mb» ſchnitt der Geſchichte der Pyhthagoreiſchen Philofophie aus. Denn wenn man erft. alle Schriftfteller geprüft und efle Facta gefammlet hat, fo gehört alsdenn nur. ganz gewoͤhnli⸗ cher Fleiß, Drdnungsgeift, md Hebung im Schreiben dazu, die leztern nach ihrem Werthe.von einander zu ſcheiden, zu flellen, und in eine zufommenbängende Erzählung zu ‚verarbeiten. Ich erinnere diefes un berentwillen , die gewohnt: find, den guten Geſchichtſchreiber ohne alle Ver⸗ gleichung weit über- den Geſchichtſorſcher wegzuſezen, oder ‚bie auch Das, was ihnen beym Leſen am menigflen Unter⸗ haltung verfhaft, für den leichteſten und eutbehrlichfien Tpeil dieſes Werks halten möchten. Hier wie ia-vies (en andern Fällen, fordert die Vorbereitung, Erforfhung, Reinigung und Beſeſtigung des Grundes, mehr Kräfte and Anfirengung, als die Wollendung - bes. Gebäudes, | was nachher darauf errlchtet wird.

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9 Die Pruͤfung bet Pothagoreiſchen Schriften, von un⸗ gewiſſem Alter und Aufehen, werde ich erſt am Ende der ganzen Geſchichte vornchmen, wo ſi ſie an ihrem rech⸗ ten Plaze iſt.

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Sechihte ber Pothagoreiſchen Sefelfiaft 187 Erfies Kapitel, |

Von den Gefchichtfchreibern des Pythagoras, fi . ner Schule und feiner Philefophie,

Quidam ineredibilum relstu eommendstionem parant, &. ‚ledorem allud adurum, fi per quotidisna ducerstur, mirseulo excitant. Quidam ercduli, quidam negligen- ses funt: quibusdam mendacium obrepit, quibusdam placet, 1lli non evitant, hi appotunt. Et hoc in om- muse de tota natione : quae approbsre opus fuum, de fierl populare son putat poſte niß lud ‚mendacio efpeslit, 'Sener,

Se oft ich das Verzeichniß der Schriftſteller durch⸗

laufe, die vom Pythagoras und den Pythago⸗ teen gehandelt haben, und alsdenn das große Mißver⸗ hälmiß zwifchen treuen, fleißigen, und fähigen, und zwi-⸗ (den nachlaͤſſigen, ungfaubwürdigen, und unfähigen Männern bedenke; fo oft ſcheint mir die Ungerechtigkeit der ältern und neuern Griechen, Feinde verzeihlich , denen Griechiſcher Glaube ein Epott war, Die an Griechiſcher Treue ganz verzweifelten, und benen es Grund genug zu ſeyn ſchien, Erzählungen gang zu verwerfen, wenn fie von Griechen herruͤhrten.

Ich ſelbſt wuͤrde der erſte ſeyn, der lernbeglerlge Juͤnglinge von dem Stublum der Geſchichte dieſes Vol— kes abſchreckte, wenn in jedem Theile derſelben, wie in der Geſchichte der Pythagereer, die Wahrheit unter ef. nem rien ungefeuren Haufen von Fabeln, Irrthuͤmern,

und

er "Drittes Buß.

und Erdlchtungen vergeaßen wäre, und mit fo vieler Muͤhe aus dem Abgrunde und Schutte laͤngſt verfloſſener Jahr hunderte hervorgezogen werden muͤſte. Hoͤchſtens wuͤrde ich die Griechlſche Geſchichte denen empfehlen, die ihre Kräfte gerne in der Ueberwindung großer Schwie- rigfeiten üben, und ihren Scharfſinn befonders an der Auseinonderjerrung unaußtöstid ſcheinender Knoten ver⸗ ſuchen moͤchten.

Nicht alle unter den Alten, die des Pythagoras und ſelner Schuͤler erwaͤhnten, und in deren Werken und Fragmenten Nachrichten von beyden vorkamen, waren eigentliche Geſchichtſchreiber: Auch Redner, Dichter und Weltweiſe rebeten ven Ihnen, und zwar höchft wahr⸗ ſcheinlich viel mehrere, als deren Namen oder Schriften jest befannt find. So viel wir ihrer aber kennen, mach⸗ ten fie entweber bie Sefchichte des Pythagoras, und feiner

Geſellſchaſt, oder. auch) feiner Lehren und Erfindungen zum “> Hauptgegenftonde einzelner Schriften, oder dod) großer Abſchnitte derfelben ; ‚ober fie handelten auch nur im Vor⸗ beygehen davon. In Rüdficht auf das Zeitalter, worin nen fie gelebt haben, kann man fie alle bequem in fünf | Klaffen eintheilen, | Die erfte umfaßt Diejenigen Scrifrftele, bievor dem Ariftoteles von dem Pprhagoras.oder den Dpthage reern gerebet haben, In dieſe Klaſſe gehören die Dich: we?) on von Chios, Antiphanes, und Ariftophon,

Ä ‚sieheicht auch Atiſtephenes. Ferner die Weltwelſen Plato, Arl

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#) Weber biefe Männer ſehe: man die Beylage am Ende die fes Abſchnitts.

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Gefdihte der Pothagoreiſchen Geſelſchaft. 199

Ariſtipp, Eudorus und Metroder, ein Sohn bes Epis charmus, denen man den Redner Iſokrates an Tann; endlich die Geſchichtſchreiber Herobot, Andron von Epheſus, Anaximander und Theopomp. Die ein⸗ zelnen Zengniſſe dieſer Männer werde ich an ihren Pröjen anführen und prüfen. Ich finde aber unter allen feinen einzigen, der hier eine eigene ausführliche Unterſachuns verdlente. | Die zwore Klaſſe enthalt den. Ariſtoteles, feine Zus

Hörer , oder unmittelbaren Nachfolger , und deren Zeitges offen: Atfo den Ariftörenus, Heraflides Pontikus,. Kim aut, Dikaͤarch, Hermipp, ben Zeno von, Zitttum, und deſſen Schaͤler den Kleanth, den Komiker Alexis, und den Seſchichtſchreiber Duris von Samos. Unter dieſen ſind alle diejenigen, die ich vor dem Zeno, dem Vater der. Stoiker, genannt habe, der. ſorgſaͤlcigſten Pruͤfung werth, weil vorzüglich aus ihren Werken alle nachfolgende Gefdyichtfchreiber gefchöpft haben, und von ihrer Slaub⸗ wördigfeit die ganze Vorſtellung der Pythagoreiſchen Bes ſellſchaft und Philoſophle abhängt... Bon ben übrigen Haben wir nur einzelne Nachrichten, ober wir wiſſen auch nur , baß fie von den Pythagoreern gefchrieben haben, ohne das geringſte von ihren Arbeiten zu befizen. "

Se führe zum Beyfpiel Peiner der fpätern Geſchicht | ſchreiber, auch nur ein einziges mal ein Werk des Zend über Die Meynungen ber Pythagoreer an, ben Diogenes allein ausgenommen, ber es unter ben Schriften dieſes Weltweiſen aufserabt bat *). s die dritte Klaſſe ges

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90. Drittes Buch.

bir diejenigen , die nach den erſten und aͤlteſten Schuͤ⸗ ern des Ariſtoteles, aber doch vor Chriſti Geburt, die Geſchichte des Pyehagoras und der Pythagoreer bearbeis det," odei ihrer doch erwähnt haben. Derglelchen find imäus’ Sotion , "und beffen Auszieher Heraflides, . Serapfons Sohn‘, Hieronymus, Lykus, Eratofthenes, Atiſtarch, Neanthes, Alexander, Diodor, Strabo, —— und Philo; Cicero und die Lateiniſchen Dich⸗ ker nicht einmal mitgerechnet. : Unter dieſen verdienen nur aftein Timaͤus, Hermippus, Neanth, Diodor und Alcxander eine beſondere Aufmerkſamkeit.

In die vlerte Klaſſe ſeze ich diejenigen Schtifeſteller, beren Zeitalter unbekannt iſt. Solche find Antiphon, Soſikra⸗ tes, Dionyſi phanes, Hippobotus, Androkydes, Eudorus, Apstlodör der Arithmetiker, und Lykon der Jaſier. Ich laſſe dieſe Schriftſteller vor: denen,die nach Chriſti Geburt gelebet hahen, vorhergehen, weil es von allen gewiß iſt, daß ſie älter find als Porphyr und Jamblich, und von mehreren wahrſcheinlich, daß ſie über den An⸗

fang unſerer Zeitrechming hinaus fallen. Unter allen bies Ten Geſchichtſchreibern iſt keiner, von dem 6 umftändtid sr reden noͤthig haͤtte.

‚Die f fünfte und legte Klaſſe endlich Hefe aus fole chen Schriſtſtellern, die-nad) Ehrifti Geburt das Leben . des’ Pythagoras, oder auch die Einrichtung feines Bun

des und feine Meynungen befchrieben haben. Dies tha⸗ ‘fen Apoflonius von Tyana, Nikomachus, Moberatus, Mumenius, zween Diogeneſſe, Porphyr, Jamblich und "der Ungenannte beym Photius , deffen Fragment Küfter iugleich mit den lebensbeſcheelbungen des Jamblich und

Geſchchre der Pothagoieſtchen te, ſelſchoft. so

Yorphpr bat abbrucken leffen. Alle dleſe Männer vers blenen, daß man ſich bey Ihnen verweilt, und Ne ge⸗ none kennen zu fernen ſucht. Ich Habe fe "daher.von der großen Schaar derer abgeſondert, die In- eberi den Seltaltern! des Pythagoras, ober feiner Schüler und Leh⸗ ten nur erwühnt Haben, und deren Nachtichten nichr. ale von gleicher Bedeutung find, Die merkwuͤrdigſten Zruge niſſe find die des Plinius, Plutarch Apulejus, Larian und Phlloſtratus ? weniger wichtig find die, Der Plato⸗ hilfe des fünften und ſechſten, und der Rirhtnokter des driften und vierten Jahrhunderts.

Die Staubwürdigfeitaller Hefe Schrffieker, und bie Zuserläffigkelt Ihrer Erzählungen und’ Nachrichten werde Ic) nach folgenden Brfijen (däjem mn:

1J. GBeſchichtſchreiber, deren Fleiß Treue und Eharffon nicht nur. von. feinem unparthepifchen Kenner bezweiſelt, fondern wielmgbr vom ganzen Alterthume, oder doch von mehreren, großen Männern und gültigen Richtern anrrkannt worben, bie ferner in Zeitältern leb⸗ ten, wo die Usberlieferungen von den alteften Pythago⸗ teen noch nicht ganz verfälfcht waren, deren Erzaͤhlun⸗ gen endlich unker ſich, mit dem Geiſte der Zeiten, bie fie beſchtleben, und mit den Nachrichten andrer bewährter Shriftftelier Abereinſtimmen, ſolche Geſchichtſchreibet derdienen uneingeſchraͤnktes Zuttanen, und muͤſſen als fl, chere Fuͤhret in den dunkeln Gegenden bes Auterthums angeſehen werden.

2. Zeugen von dieſem Gewichte koͤnnen nicht gieich |

verworfen, oder ihr Fleiß und, Aufrichtigfeit in Zmeifel spgen werben, wenn man fi auch eines ober einiger . / 5. klei.

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2) Drittes Buch

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Beinen Fehler volber bie Beitrerhniung, ober in andern doͤ⸗

(ea und Schriften einer. zu weit getriebenen Partpepliche feie, für. aber wider gewiſſe Perfonen zeihen und überfüß-

„ven: könnte, Geſchichtſchreiber, Die ale gefehlt harten, und die stiemals wider jemanden gereizt, oder, für jemanı den ,. oft ohne. en, ſalbſt zu. wiſſen und gu glauben, “einge ueinmen worden, ‚find, ngch nicht gebehrzn worden, und

. werben vielleiht au: night gebohren werden.

9, Geſchicht hreiber ferner, von denen ‚man bewel· fen kann, daß ſie wahra und ſalſche Sachen ohne Un terſchied aus zuverlaͤſſigen und unzuverläffigen Schrift⸗

flellern genommen, deß fie, ohne es zu merken, ſich ſelhſt

widerſprochen, und Dinge, bie ihren Zeitgenoſſen ſelbſt unglaublich (heinsm.muften, ‚mit dem Tone ber feſtefen

Weberzengung . erzähle haben , . müffen wenigſtens für

7

ſchwache und leichtglaͤubige Männer gehalten werden, deren Zeugniffe nur alsdann Glauben verdienen , wenn man weiß, daß fie aus nnverwerflichen Urkunden entlehnt ſind, oder auch mit den Zeugniffen glaubwürdiger Mäns ner überein kommen, hergegen muß man diefer Schrift ſteller Nachrichten gar kein Gewicht behlegen, fo lange «6 unbekannt iſt, woher fie entlehnt worden, ober fo bald ſie auch glaubwuͤrdigern Zeugniſſen enigegen ſtehen.

"4 Ergähfungen von Wundern, oder won und UN

glaublich ſcheinenden Dingen; taſſen nicht immer auf

ſchwache Leichtglaͤubigkeit im Erzaͤhler ſchließen. Schrift⸗ ſteller koͤnnen Fabeln anfuͤhren, ohne fie ſelbſt zu glauben, und andere glauben machen zu wollen ; audy- Pönnen uns gewiſſe Erjählungen unglaubliche Fabeln ſcheinen, die In ‚andern Zeitalsern nicht dafür gehalten wweben.

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 3 5. Es iſt in vlelen einzelnen Faͤllen ſchwer, beichtglaͤn. bigkeit, mit Unflelß verbunden, won Untreue ober vorfej- lichet Erdichtungsſucht zu unterſcheiden, vorzüglich deß. wegen, well man unmoͤglich zu beftimmen im Stande iſt, wie weit die Seichtgläubigkeit einzelner Menfchen ge» hen kane, ober vielmehr, weil man aus unzähligen Beyſpielen ſonſt fcharffinniger Männer weiß, daß ‚ihre Ueherzeugung oft in gleichem Verhaͤltniſſe mit der Un glaublichfelt gewiſſer Nacheichten flieg. Unterdeſſen kann man ohne Bedenken einen Schriftſteller untreu und IA. genhaft nennen, wenn große, billige und vorfichtige Männer ihn vorſezlicher Erdichtungen befchuldigen , wenn er häufig fo ungereimte, und allen Glauben überfieigende Dinge verbringe, daß es hoͤchſt unwabrſcheinlich dt, daß auch ber Seichtgläubigfte fie annehmen’ konnte: 'wenh er ferner eben fo oft Sachen erzählt, von denen man vor ihm keine Spur findet, und. wenn endlich ſelbſt fein Leben voll don unüberlegten,, ober niebetträchtigen Raͤnken!?und Betroͤgereyen iſt.

6. Iſt es ſehr wichtig zu wiſſen, ob Geſchicht⸗ ſchreiber bloß Teichegfäubig "aber freu; oder ob fir vorſez⸗ le Erdichter ſind. Den erſtern kann man oft mic ebar . dr Zuverſicht, wie den glaubwuͤrdigſten Zeugen, den an⸗ dem aber. niemals trauen , felbft alsdann nicht, wenn fie twas von den ficherfien Gewährsmännern gehört,

Sr aus den glaubwuͤrdigſten Urkunden entlehnt zu haben, . |

vorgehen.

7. Alle Scheiftſiellern die nach ben lezten Pycha· u

Seen und ihren erften Geſchichtſchreihern ‚gelebt haben, verdienen nur in fo ferne Glauhen, Info keene ſie super: hfigen und alten Geſchichtſchreibern nacherzaͤhlen. “Die | 5 > N | ‚gene

ee Dre Buſch.

‚eigene Slaubwrdigkeit der etſtern nimmt in gleichen Verhättniffe mit ihrem Abftande von den leztern ab, wei Erdichtungen, falſche Urtheile, witergefchobene Sarlf tes und unrichtige Anfuͤhrungen der Vorgänger ſich nk jedem Zeitalter vermehrten,. und diejenigen Schriftfieltr, die zulezt ˖ von den Pythagoreern handelten, ſich nicht im mer an die älteften und beften, ſondern meiſtens an dieje nigen hielten, ‚die ihnen am nächflen waren, und dere ‚Schriften noch den’ frifcheften Ruf hatten. Wenn all Dorphpr. und Jamblich die Namen und Schriften der et ſten Geſchichtſchreiber anführen ; ſo kann man nicht im mer annehmen ‚daß fie Die Werke biefer Männer felhk zu Rathe gezogen haben. Ich werde Im ber Folge mi mebrern Beyſpielen beweifen, daß biefe Platoniker ot Nochrichten des Ariftorenus und feiner, Zeitgeneffen, nick aus den Schriften und mit ben: Worten ihrer Verfaftt, fondern. aus fpätern Scheiftftellern erzählen, die fie vieh leicht wiederum :aus ‚andern fihöpften, und bisweilen got durch. Umkleidung in einen fremden Ausdeud verftämmk ober verfätfcht hatten, » 8 Die glaubwuͤrdigſten unter ‚allen Nachrichten, —* wnfteeicig diejenigen , in welchen. alte und neue, vlaubwuͤrdige und unglaubwärdige Schriftfteller zufem Amen ſtimmen. Faſt von gleichen Gewichte find bie Er ‚Föhlungen'ufler ober mehrerer der erften und zuverlaͤſſigften Geſchichtſchreiber, wenn Ihnen ‚gleich won jüngern un unzuverlaͤſſigen widerſprochen wird. Ganz zu verwerſea aber find die Zeugniſſe jüngerer und unguberfäffiger Min ‚ner, die durch ausdrückliche —— einer 0 weheerer au Alten "wkerkget. worden.

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* Oeibichte der Pothagoreiſchen Geſellchaft. 195

9 ‚Man. kann bier fo wenig, als In andern Zi . len bie Glaubwürdigkeit don Ausfagen nach ber Menge von Zeugen ſchaͤzen. Die Erzählungen aller oder vieler perdächtiger oder unzuverläffiger Schriftftellee merden das ber durch ein einziges Zeugniß eines alten und zuverläfft. gen Mannes uͤberwogen, und zwar um deflo mehr, wenn jene unter einander ſtreiten, oder wenn gar bewieſen werden fann, daß fie alle aus einer einzigen unreinen Auelle ausgefloffen find, 0. 10. In ber Geſchichte der Phthagoteer, wo bie Zehl der glaubwütbigen Zeugen und Zeugniſſe gegen die unglaubwuͤrdigen fo ſehe Flein iſt, verdienen alle Nach⸗ tihten, deren Ürheber entwedet gang unbekannt, oder hörhfteng dem Namen, nicht aber dem. Zeitalter und Anfehen nach bekannt find, gar feinen Glauben, als in fo ferne fie geprüften Nachrichten entfprechen , oder ihnen aͤhnlich find, Der geringfte Schein von Gegenfaz fole "ber verwaiſeten Erzählungen mit bewährten Zeugniſſen ‚gibt ein vollkommnes Recht, fie als faiſch zu verwerfen, odet doch ala verdächtig zu übergehen,

J. I Ariſtotelecä. Wenn ich den Ariſtoteles nad) Den jest vorgetrage⸗

‚Am Geſezen richte; fe kann ich nicht anders, als urthele In, daß er wie der aͤlteſte, fo auch det zuverlaͤſſigſte eis gentliche Gefchichtfehreiber des Pythagoras und felner

Phlloſophie ſey. N Er trug In mehrern Werfen die Gedanken bee Pythagoteet hiſtoriſch vor, oder wiberlegte fie auch ald Wohrheitsfotſcher. Mad alle diefe Arbeiten find er .. " 2 W au

Bar Drittes Vuch.

auf ihre Site und einige wenige gerettete Trümmer uns tergegangen *), . Ihr Verluſt ift eben fo fehr, als dee von irgend einer andern Ariftorelifhen Schrift zu bebaue ren, und um deſto unerfeglicher, da Die jüngern Schriſt. ſtteller aus ihnen nicht, wie aus andern. Büchern, be⸗ erächtliche Auszüge gemacht, und ung hinterlaffen haben. Die Nachlaͤſſigkeit dieſer Maͤnner, und den Mongel von kritiſchem Sinn, kann man ſchon allein Daraus abnehe men, daß fie alle zufammengenommen den Ariftoteles nut ein oder einige mal anführen, uud fidy eher. einem jeden andern Erdenfohne überlaffen ,. als die Muͤhe gegeben‘ ha« - ben, die treuften Urkunden Inden Denfmälern bes größten Weltweiſen Griechenlandes aufzuſuchen. Ungeachiet wir aber mit diefen Werfen zugleich die beſten und ſicherſten Fuͤhrer in der, Geſchichte des Pythagoras und ſeiner Ge⸗ ſellſchaft eingebuͤßt haben, fo möffen wir uns doch Immer noch Glück wünfchen, daß Ariftoteles in andern Schrif⸗ ten, die fi) erhalten haben, die Sehren und Meynungen ber älteften Pythagoreer zwar immer nur behlaͤufig, aber doch oft und bisweilen auch ausfuͤhrlich vorgetragen hat. Wenn man alle feine Zeugniſſe ſammlet; ſo kann man freylich aus ihnen noch nichts vollſtaͤndiges über bie Ak: Pytha⸗

goreiſche Philoſophle heraus bringen; fie. reichen aber doch wenigftens hin, uns mit den Grundfägen ber erften Pythagoreer über den Urſprung der Dinge, bie Mätur . der Götter und Menfchenfeelen,, und mit m. ganzem

Art m phibe ſophiten bekannt zu machen. .

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Jenſ. I, ıt.

Oefäichte der Ppythagoreiſchen Geſellſchaft. 197,

So bald man aber den Arifoteles ben einem ges wiſſen Theile der Pythagoreiſchen Geſchichte zum Grunde legen will, muß man ſich bereit halten, folgende Fragen eufulöfen, deren Beantwortung ber größte Bewunderer des Stagiritiſchen Weifen nicht ablehnen Fan, wenn er arders billig und unparthepifch denkt. Die erſte Frage ift dieſe; Meder Ariftoteles auch wirklich von den älteften Pythagoreern, das iſt von folchen, die Freunde und Zeite genofen des Pythagoras felbit waren , oder hatte er nicht

vielleicht, fo oft er Meynungen ber Pythagoreer anführt,

biejinigen Männer im Sinne, bie ſich in feinem Zeit. alter fo nannten? . Ferner, Ponnte Ariftoteles auch bie Brundfäze diefer gebeimnißvollen Schule erfahren ,. und woher nahm oder empfing er fie? Endlich, hat Ariftos (des die Lehren ber älteften |Pychagoreer auch. unverän- dert vorgetragen , oder hat er, wie Moshelm *) und andere neuere Schriftfteller ihn befchuldigen fowol ber Pythagoreer, als anderer aiter Weltmeifen Meynungen

vorſezlich verkehrt und verfälfche, um bie Verbienfte ſei⸗ |

ner Vorgänger In den Augen ber Nachwelt zu verkleinern, und feiner Größe. das hinzuzuſezen, mas er andern auf eine hinterliſtige und mieberträchtige Arc entwande hatte? Diefe drey Fragen müffen unterfucht und aufgeloͤſet wer»

ben, bevor man ben Zeugniffen des Ariftoteles In ber

Cefhichte ber Pprpagoreer folgen, ober fie ben Gegen, jtugniffen anderer vorziehen fann. Wird nun durch bie ſchͤrfſten Unterfuchungen die Glaubwuͤrdigkeit der erftern nicht. nur nicht geſchwaͤcht, fordern bewähret ; fo erhält man: alebenn Im pen einen großen Gewinn , nämlich

| | N 3 oo einen

Ad Cudw, St. intelt, Tom. 1 p. 6. Ed. bie ate.

189 nn Drittes Buch. v*

elnen richtigen Maasftab, nad) welchen man bie Buven , laͤſſigkeit und den: Werth anderer Geſchichtſchreiber und ihrer Werke fehäzen und ‚Seftimmen fann, Folgende Bemerfüngen (um gleich mit ber often Frage anzufangen) werden, glaube id}, niemanden einen Zweifel übrig laſſen, daß Ariſtoteles, fo oft er von Py⸗ Ä sbagoreern ſpricht, nicht die Philoſophen dieſes Namens aus ſeinem Zeitalter, ſondern die aͤlteſten Mitglieder der noch bluͤhenden Pothagoreiſchen Schule gemeynet habe. Er redet von ihnen, als von den erſten Erfindern der Baplen: und Groͤßenlehre in Griechenland, und trägt ihre Meynungen ſtets vor denen des $eufipp, Demokrit, Parmenides, Ynaragsras und. Empebofies vor. Er unterſcheidet den Archptas , Eudoxus, And Philolaus ſorgfaͤltig von den Pythagoreern, deren er am meiſten in feiner Phyſik und fogenannten Metaphyſik erwähnt ; hinges gen fiehf er den Alkmaͤon, der in den legten Zeiten des Pythageras lebte, als ihren Zeitgenoſſen an *), | Die zweyte Frage, ob Ariftoteles bie wahren Grundfäge ber erften Porhagorger erfahren konnte? kann man zwar nicht fo zunerfichtlich , als bie erſtere bejahen; deſto entfcheibender aber Bann man behaupten, daß, wenn zu den Zeiten dieſes Weltweiſen die Lehren und Schickſale bes Pythagoras und feiner Freunde fich noch nicht ganz aus dem Bebächtniffe und ben Denfmälern der Grtechen ver» lohren hatten, und bie Erforſchung von benden, noch nicht unmöglich gemorben mar, man alsdann die unpartheyiſche Unterſuchung und Ellis derſelben von keinem | ol⸗

*—

* Die Beweisftellen findet man in meiner " Hidor. doAr. »: de vero deo p. 299.

bechichte der Potbagoreifihei@efelfhäft. -199

folgenden Shüäftfteller mehr oder nur fo:fehe als vom Arijioreles erwarten könne, Er übertraf alle fpätere Geſchichtſchreiber ohne Ausnahme an Echarffinn, Wiß⸗ begierde und Gelehrſamkeit, nicht weniger an großen Berbindungen und Reichthuͤmern, endlich an Eifer und Pereitwißigfeit, die einen und die andern zur Erweite⸗ rung dee Wiffenfchaften und zum Beten der Gelehrfams feit anzuwenden, Man mag alfa annehmen, daß die Dhilofephle der Pythagoreer bis auf feine Zeit nur durch mündliche Weberlieferungen fortgepflanzt , oder daß fie in alten, aber feltenen und Foftbaren Werfen enchalten war; fo muß man in beyden Fällen glauben, daß Ariſtoteles leihter, und eher, als irgend ein anderer, zur richtigen Kenntniß derfelben gelangen fonnte.

Burden.Bie Lehren und Geſchichte dee Pythagoreer Im Gedächtniffe, micht aber in gefchriebenen Denkmaͤ⸗ lan aufbewahret; ſo harte Ariftoteles außer andern natür» lichen und erworbenen Worzügen und Gaben vor feinen Nacfoigern den wichtigen Vortheil, daß er wenigſtens um ein Menfcherigiter früher lebte, und alfe um eben fo

Biel der Wahrheit näher, und der Berfärfhung alter Trae

ditionen Weniger ausgeſezt wor, Sezt man hingegen

keraus, daß man im Zeitalter Aleranders alles, was den | Porhagerag und bie Pprhagereer betraf, im fchriftlichen Urkunden finden konnte, ſo muß man aud) alsdenn den

Hrifteles für denjenigen erkennen, ber. bie meifte Be⸗ kibfamkeit und Mirtel hatte, fich folche Werke zu ver. hoffen, und ven größten Scharffinn ,. ädjte ven unters geſchobenen oder verfälfchten zu unterfcheiden. Er war

der erſte in Griechenland, ber eine vollſt ändige Bibliothek

ſammlete; er beſaß, wie feine Schriften beweiſen, bie M4 Werke

..

a00 Dei Buß.

Werke aller übrigen ‚ältern Dichter und Beitweifen ; } und man fann - daher: niche zweifeln, daß er nid - alles angewandt haben follte, um die Schriften und Ueber⸗ bleibfel der älteften Pythagoreer, wenn es dergleichen ‚noch gab, zu erhalten. Er lebte ferner vor, oder in dem Anfange ber Zeiten, wo Die Griechen von ber Wuth ber DBüchererdichtungen, wie von einer allgeniein herr⸗ fchenden bösartigen: Krankheit ergriffen wurden. Ent⸗ weder waren zu feiner’ Zeit dem Pythagoras und feinen Freunden noch gar feine Schriften untergeſchoben, oder wenn dergleichen herumgingen, fo mar er mehr als irgend. ein anderer durch feine vorzüglichen Kenntniffe und lebung im Stande, foldye Betrügereyen zu entdecken. Mir ift es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß Aciſtoteles Al: Pythagoreiſche Schriften in Haͤnden hatte, und daß die Lehren, die er ihnen in ſeinen Werken zuelgnet, aus felchen genommen find, Ich ſchließe diefes daraus, daß er fo vieles über und wider die Pythagoreer und ihre Philoſophie fchrieh, daß er auch in.den Arbeiten, bie wir noch beſtzen, fo oft und ausführlich von ihnen redet, und Diefes weber mit bem zwelflenden Tone , noch mit ben ihm fonft fo ‚geläufigen Formeln: man fogt, und, es heißt, deren er ſich bey Dingen, bie er nicht gewiß wußte, ober die er der bloßen Ueberlieferung zu Danfen hate, zu bedienen pflegt. Sollte aber jemand aller diefer Gründe. ungeachtet bennody glauben, mit Recht daran zweifeln zu Eönnen _ ob Ariftoteles die wahre Gefihichte und Grundfäze bes Pythagoras erfahren habe; der bedenke, daß, wenn man den Ariftoteles zur richti⸗ gen Unterſuchung der Pythagoreiſchen Phlloſophie für un fi etlärt, man noch vietmeße ade übeigen, die nad) ihm

Seffichte ber Pothagoreifchen Geſellſchaft. 201

ihr ſchrieben, für untüchtig erfennen, und zugleich | “an einer Geſchichte der Pythagoreer gänzlich verzweifeln -

muͤſe.

Wenn man aber zugibt, was ſich vernünftigen . Belfe nicht laͤugnen läßt, daß Ariftoteles mehr als alle übrigen, die nach Ihm lebten, Gelegenheit hatte, über den Pyhthagoras und bie Pprhagoreer, die Wahrheit zu erführen; fo iſt es noch immer erlaubt zu fragen,. ob er. auhXRedlichfeit genug gehabt habe, Bas, was er gefuns den oder. gehört hatte, unverändert in feine Schriften eins . zutragen? oder ob nicht Feindſeligkeit, und die Begierde, allein groß zu ſeyn, und allenthalben die Wahrheit zuerſt entdeckt zu haben, ihn zu einer vorſezlichen Verſtuͤmmelung Purhagoreifcher. Gedanken verleitete, wodurch dieſe in grillenhafte Träume verwandelt wurben , oder doch dag Anfehen feltfamer und lächerlicher Mepnungen erhielten?

Diefen entehrenden Verdacht Eonnten und koͤnnen nur diejenigen hegen, (ich ſage dieſes mit allem Vorbe⸗ dacht; aber auch mit dem gerechten Unwillen, ven bag verkannte und gemißhandelte Verdienft in jedem feinee dankbaren Verehrer hervorbringen muß) bie die Größe des Mannes, an bem fie ſich verfündigen, nicht kennen, und den Freund Philipps und den Erzieher Alexanders mit irgend einem eben fo unbefonnenen als nieberträchtie gen Sophiſten verwechfeln.

Freylich hatte Ariftoteles, eben wie Sofrates, auch ſchon im Alterthum viele Verlaͤumder *); allein diefe fine Feinde waren entweder als muthwillige und neidifche Stander aller grohen Namen beruͤchtigt, ober ſie waren

N 5 auch

*) Nriftoßfes nennt fie bepm, Eufebins, Uufeb. Praop. FErang, Vz |

a Weite Buch, auch Schüfer und Nachfolger von berühmten Weltwelſen,

bie Arifloteles getabelt oder widerlegt hatte, und deren , verlegten Ruhm fie retten zu müffen ſich einbildeten.

Sie verriethen durch Ihre notoriſch unwahre, und allen Glauben uͤberſteigende Beſchuſdigungen Ihren Unverſtand und ihre Ohnmacht eben fo ſehr, als ihren Vorſaz zu fchaden; und Ariſtokles urtheilt nicht unrecht von fhnen, wenn er fagt, daß bie Werke der meiften fchon eher, ald fie ſelbſt, geſtorben mären. Sie warfen dem Mann, den Philipp von Makedonien zum Erzieher feines einzigen Sohnes erfohr, eine in den ſchaͤndlichſten Luͤſten und Beſchaͤftigungen hingebrachte Jugend, eine unnatürlice

Vertraulichkeit mit dem Hermias und eine feiner Weis

heit unmürbige Schweigerey und Ueppigfeit vor. Auf. gebrachte Piatonifer befchuldigeen den Ariftoteles einer ſchwarzen Undankbarkeit gegen feinen Lehrer, einer nie

brigen Tadelſucht, ober einer unruhigen, In allen feinen

Schriften bemerfbaren Begierde, neue und des Plato ſeinen entgegengeſezte Mepnungen zu behaupten. |

VDieſer elende Wiverfpruchsgeift babe ihn, (fagten fie) zu ben gröften Ungereimtheiten und einer Menge gott:

fofer, der‘ Tugend und Froͤmmigkeit verderblicher Ber hauptungen verleitet, und ihn zu einem $äugner ber Vor⸗

fehung und der Unſterblichkeit der Seele gemacht *),

Aus diefer ganzen Schaar feindfeliger Anklaͤger des Ariſto⸗

teleg aber harte Peiner das Herz, ihm eine vorfezlihe

Verfälfchung ober abfichtlich « unrichtige Borftellung ber

lehten aͤlterer philoſophen ethuwerſen, den einzigen Eu | bull

%* Man ſehe b den 1 Pietoniter Anikus bes Euſebius Prasp | Evang. XV. 4-1. |

\

Geſchichte der Pothahoreiſthen —X 203

hulldes, einen der Eriſtiker, ausgenommen, bie Wiiſto⸗ les am nachdruͤcklichſten beſtritten, und bis zur Unbe⸗ weglihleit gebunden harte, Dieſer Eubulldes war une berfhämt genug, von dem gluͤcklichen Bekaͤmpfer feiner und feiner Brüder Narrheiten zu fogen, daß er die Werke des Plato verborben oder verfälfche habe, Dies angeb⸗ liche Verbrechen war, wegen der großen Zahl von Ab⸗ hriften, die von Plato's Gefprächen nach bey feinem teben durch alle Thelle von Griechenland verbreitet wur⸗ den, und wegen der fat eben fo großen Menge eifriger Verehret, die er hinterließ, und bie auch die Pleinften Ihreg Meifters Ehre nachtheiligen Verſuche nicht würde ungeftraft gelaffen Haben, fo augenfcheintich unausführbar, und die Erdichtung Derfelben eine fo offenbare Ungereimes’ heit, daß einer der nachfolgenden Tadler des Ariftotes les es gewagt Hat, biefe ſich felbft widerfegende Verlaͤum⸗ dung zu wiederholen, oder Theil Daran zu nehmen,

Selbſt aber aus diefer Nothwendigkeit, worin die Widerfacher des Ariftoteles waren, durd die Uns glaublichfeie ihrer Beſchuldigungen mehr die Vernunft und ihren eigenen guten Namen, als den Ariftoteles zu beleidigen, und Dann aus dem allgemeinen Stillſchweigen aller alten und zuverläffigen Schriftſteller muß man noth- | wendig ſchlleßen, daß es während des ganzen langen Zeltteums, in welchem bie Werke der älteften Weltwei⸗ fen unverlezt fortdauerten , und unzählige Gelehrte bie Geſchichte Ihrer Mepnungen ausarbeiteten, niemanden eingeſallen fey, die Aufrichtigkeit des Ariftoteles zu bes jrelfeln, oder ihn wegen einer vorfeslichen Verkehrung der lehrgebaͤude feiner Vorgänger zu argwehnen. Man darf u nur bie Unbefonnenheit eines ſolchen Uaterneh:

mens,

J

204 Drittes Buch.

mens, als bie Entſtellung ber ältern Syſteme geweſen wäre, mit der vorſichtigen Klugheit bes Ariſtoteles zuſam⸗ menhalten, um den lejtern eines eben fo haſſenswuͤrdigen, als unverzeihlichkindiſchen Anſchlags, der unmoͤglich un⸗ entdeckt bleiben konnte, nicht faͤhig zu glauben. Die Schriften der Männer, deren Lehren er verdorben Haben fofl, waren zu feiner Zelt, we nicht in aller, doch in vielee Händen, hatten größtentheils eben fo viel Ruhm und Sefer, als er für bie feinigen nur. hoffen fonnte, und von feinen oder wenigen ließ es ſich vernünftiger Weiſe vermuthen, daß fie eher als die feinigen untergehen würs den. Die meiften ältern Philofophen hatten: noch zu den Zeiten des Ariftoteles Nachfolger, die ihre Meynungen onnahmen, vertheidigten, und auf andere fortzupflanzen fuchten, bie alfo auch eine jede Entweihung der Weis. heit ihrer Führer auf frifcher That würden geahndet das ben, "Endlich hatte Ariftoteles.viele Feinde und Neiber, die allen ſeinen Fehltritten auflauerten, und fi ch gewiß fo gleich zu Verfechtern von Männern würden aufgeworfen haben, denen Ariftoteles Unrecht zu thun verſucht haͤtte. Aus dieſen allen erhellet, Daß man ein ſolches Verfahren, dergleichen einige dem Ariſtoteles zugetraut haben, . nu von einem Menfchen, ber mit :einer Fleihen neibifchen Seele den äußerfien Grab von Unbebachtfamfeit were nige harte, nicht aber von einem alten feinen Hofmarm erwarten koͤnne. Gegen bie Pythagoreer befonderg konnt Ariſtoteles ſich um deſto weniger etwas erlauben, we viele-angefehene Männer diefer Schule feine Zeitgenoffe waren, und er nicht nur gegen die alrzen, fondern au . gegen bie neuern gefchrieben hätte, - Bon biefen mufte ei aiß Sefüraten, def fie eine jede an ihnen ober Ihren, ou m

Seſchihte der Pythagoreiſchen Eelaten 205

fahren begangene Untreue ſo gleich offenbaren und ſtra⸗ fen wuͤrden. Wie ſehr er aber durch die Freymůuͤthigkeit, womit er die Pythagoreiſche Philoſophie beſtritten hatte, alle Freunde derſelbigen wider ſich gereizt habe; ſieht maͤn aus dem. Beyſplel des Pythagoreers Lyko, den Ariſtokles auch unter den armſeligen Verläumdetn des Ariſtotekes aufzaͤhlt, der aber biefem Philoſophen weiter nichts , als ein zu koſtbares und sahlreiches Küchen» und Tafelgefäitr vorzumerfen wußte,

Zu den bisher: angeführten Sränden für. bie Rede lichkeit und hiſtoriſche Treue Des Ariſtoteles feze man zulezt noch dieſe hinzu, daß alle Nachrichten des Ariſtoteles von den Meynungen älterer Weltweiſen mit den Fragmenten der lejtern, oder mit den Erzaͤhlungen aller übrigen glaub⸗ wuͤrdigen Schriftſteller genau uͤbereinſtimmen; daß alles, was er von der Pythaaoreiſchen Philoſophie ſagt, durch andere unverwerfliche Zeugniſſe beſtaͤtigt wird, und daß man endlich nod) feinen einzigen Fall angezeigt, und außer Zweifel gefezt hat, in welchem Ariftoteles als ein Verf | fher wäre befunden. worden. . . . |

Menn ich aber. die Redlichkeit des Kelfotees ju retten, und den lächerlichen Verdacht einer vorſezlichen unrichtigen Darſtellung der rLehren älterer Weltweiſen zu widerlegen ſuche; ſo behaupte ich im geringſten nicht; dag nicht eben diefer große Mann Stellen und Meynungen anderer’ bismweiten habe mißverftehen, unrichtig anstegen, und fasfch über fie urtheiten koͤnnen. Es braucht gar fels ner Erinnerung , daß ſelbſt die fharffinmigften Kunſt- tichter nicht immer gegen Mißverflänbniffe;unrichtige Aus.

legungen ober Urthelle ficher find, daß man aber auch aus

% ' DW] .

206 u . Deitte Bud N ‚fchen nichts wider die Glaubwürdigkelte von Sri ſchtelbern und Zeugniſſen ſchließen koͤnne. |

| \ Setaklides Pontitub.

So wie beym Ariſtoteles ſich alle Umfßaͤnde Bet hen um ihm ſelbſt Glauben, und feineti Leſern Zu frauen zu feiner Glaubwuͤrdigkeit einzuflößen : fo fommt beb feinem. Schuͤlet und Mitſchuͤler, dem Heraklides Pon⸗ tikus, alles zuſammen, was einen Schriftſteller verdächtig machen, und Im Alterthumsforſcher ein unausloͤſchliches Mistrauen gegen feine Zengnifle hervorbeingen muß, . "Das ganze Leben des Heraklides, oder doch bie wichtigſten

: $ebensumftände, wie Diogenes *). fie meiftens aus gleich

. "geltigen Befchlchtfchreibern- erzaͤhit, nicht weniger die mel ſtſen feiner übriggebliebenen Fragmente, und endiſch alle Urtheile, ſowohl altet Als neuer, ſowohl ſcharfpruͤſender als leicht zu beſriedigender Schriftſteller zeigen ihn als el ‘nen Mann, ber eben fo leichtgläubig, als Fühn im En "dichten war, den man eben ſo oft betrog, Als er andete * Binterging oder. zu Binitergehen fuchte, ber. wenigſtens eben fo unbefonnen, als verſchmigt, undipu verfchledenen Zei ‚sen füch ſelbſt: ‚ungleid) war. Er —* außer vielen

"dern Werken ein Buch über die Pythagoteer **), au ‚welchem und felnen abentheuerlichen Maͤhrchen wagı errves faſt alle Erzaͤhlungen genommen find , bie beim :Biogenes, Yamblic , Porphyr, und verſchiedenen ans Dein vorfommen, Vlogee *ee) gibt ihm das u.

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28 94. 5 I ee ee

Brfiähte der ethaperiſhen ocaen 207

olß, do. feine Schreibast prächtig und anglehend gewe⸗ ſen ſey. Unm fich wu überzeugen, wie leichtglaͤubig. und Uns bedadefann Diefer Mann war, und wie leicht ihm Beiruͤge⸗ reyen und Erdichtungen wurden, darf man nur ‚folgende Facta leſen, die Diogenes faſt alle aus den Werken keiner Zeitgenoffen und, Mitſchuͤler, einer. Hermipp und Atiſtexenus, gejogen ‚hat, , Ein gewiffer Dionpfius, wie andere ſagen, Spintharus; verfertigte ein Trauerfpiel, dem er den Namen des Sophokles vorſezte. Heraklides nahm dies untergefchobene Werk ohne Bedenken für-dcht an, und mußte ſich nachher · quf. eine ſchimpfliche Ark, feinen Mans gel an Scharffinn und Worficht von eben dem Manne, der ihn hintergangen harte, vorruͤcken laffen. Nicht lange nachher gab der betrogene Heraklides Trauerſpiele, die er ſelbſt gemacht hatte, unter dem Namen des Thes⸗ pis heraus wahrfcheinlich um Diejenigen, die ihn beruͤckt hatten, wieder zu uͤberliſten, und- feine Schuld durch aͤhnliche Fehltritte anderer zu decken, ober doch zu verrin⸗ gen, Er beraubte ferner mit der dummſten Unverſchaͤm⸗⸗ heit einen. gewiſſen Chamaͤleon *), und eignete ſich ans deſſen Werke die wichtigſten Nachrichten uͤber den Homer und Heſiod zu, ohne den Namen desjenigen zu nennen, dem er.fie zu danken hatte: Er wurde aber ſogleich auf dee That ergriffen und gezüchtigt; denn der befeibigte Schrifeſteller Plagte laut: über Gewaltthaͤtigkeit, und übege fübete den. Heraklides öffentlich des groben Diebſtals, den er an ihm begangen hatte. . Noch weniger Ehre aber, als die Ye angefügren Site wachen ſeinem Herzen Ze und ) V. 92, ci ibi Mensg.

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N 4 \

208. 7 Drittes Buch.

und Verſtande die laͤcherlichen und vergeblichen Venihe gen, wodurch er es dahin zu bringen ſuchte, daß er als ein Gore oder goͤttlicher Mann verehret wuͤrde. Einer

Erzaͤhlung des Hermipp zu folge hatten die Einwohner von Heräften ſchon lange dutch Theurung und Hungers— noth gelitten; fie ſchickten endlich eine Oeſandſchaft an ‘pen Apoll zu Delphi, um von diefem Gotte bie geſchwin⸗

deſten und kraͤftigſten Mittel gegen eine der ſchrecklichſten

"allgemeinen Landplagen zu erfahren. Diefe Verlegenhelt der Herakleoten fuchte Heraklides zu feinem Vortheile zu nuzen er beſtach nämlich die Pythla, und ließ den Fra "genden die: Antwort geben, daß man, um von dem gie ‚geritoärtigen Uebel befreyt zu werben, ben Heraklides mit

einer goldenen Krone kroͤnen, und nach feinem Tobe als einen Helden- verößren muͤſſe. Die bedrängte Stadt

wollte ben angeblichen @ötterfpruch eben -erfüllen, did -

ber gottloſe Betrug -entdedt, und feinen Urbheberh und Tpeifnehmern verderblich wurde. Heraklides (fo führt Hermipp fort) ſtarb gleich nachher, da man ihm die gol⸗ “dene Rrone aufs Haupt gefeze Hatte, an einem Schlag: flugfe: die Geſandten ftürzten zu Boden, und die Pprhla "wurde fürz darauf, durch den Biß einer Schlange ge⸗ toͤdtet. Ich Häugne nicht, daß Hermipp nicht de Mann ſeh, von deſſen Nachrichten man die Ehre von Schrift ſtellern abhängig machen koͤnne: ich gebe auch zu, daß

die eben mitgetheilte Erzählung eher das Anfehen'eines

anbaͤchtigen Maͤhrchens, als einer wahren Geſchichte

Babe, und daß ſie / wenigſtens den Stumpfſiun und Aber

glauben des Hermipp weit mehr, als die laͤcherliche Eitelkeit

des Heraklides verrathe. Hermipp iſt aber auch nicht der | Ä onen .|

|

Geſchichte der Vothonoreſthen Geſellſchaft. 209

einzige, der von Anſchlaͤgen des Heraklides auf goöttliche Verehrung geredet hat. Auch Dionpfius von Magneſia atzaͤhte ), daß Heraklides eine Schlange ganz zahm gemacht, und einem ſeiner Freunde beſohlen Habe, ſei nen Leichnam gleich nach feinem Tode in der Stille fort⸗ zuftofren, und an deſſen Stelle die Schlange unterzus üben, um ben. großen Kaufen glauben zu ‘machen, | als wenn er zu den Göttern hinaufgeſtiegen wäre, Nach dem Zeugniffe eben biefes Geſchichtſchreibers richtete zwar der Freund des Heraflides den Willen Diefes Betruͤgers aufs pünetlichfte aus; allein ungluͤcklicher Weife wurde die Schlange durch die zu heftigen Ausrufungen ber be wundernden Menge, fchüchtern gemacht; fie entrolfchte zur Unpit: die Abſich tn des verftgrbenen Thoren offenbarten ur ſich auch den einfältigften, und man hielt den Heraklides nicht mehr für denjenigen, ber er ſeyn wollte; ſondern für den, der er wuͤrklich war.

Solche Fehltritte und Schwachheiten eines fon nicht unberuͤhmten Mannes konnten unmoͤglich im gan⸗ | zen Alterchume unbemerft bleiben. Wir finden baher s auch, dag man ihn gleich nach feinem: Tode für einen | Mährchenerzähler und Erdichter gehalten, und daß man allgemein feinen Hang zum Wunderbaren und Fabelhaf⸗ ten getadelt hat. Schon Timaͤus) warf ihm von, | daß er die Geſchichte bes Todes des Empedekles und des Ehrendenkmals, das ihm vom Paufanias errlchtet wor⸗ den, ganz unrichtig erzaͤhlt, und durch 6 viele. ſeltſame Zu⸗ füge verfaͤlſcht babe.

n

ESoiche

* .V.8 pi viii. ei. [4 og. O

x

10-0 MWeittes Bud),

Sıldı Entftellungen von Factis (ſezt Timdus

Binzu) ſeyen dem Heraklides ganz gewöhnlich ‚- und durch afle feine Schriften zerftreur. Wollte man gegen diefes

Urtheil einmenden, daß Ximäus als ein übertriebener und verläumberifcher Tadler unter den Oriechen berüd. tige geweſen ſey; fo kann man hierauf antworten, daß diefer Gefchichtfchreiber Im gegenwärtigen Falle Farta, und zwar folche Facta vor fidy hatte, mad) welchen ‚der billigſte Richter nicht anders haͤtte Urtheilen koͤnnen, und

daB es außer dem Timäus noch mehrere Männer von großem Anfehen gegeben habe, die.dem Heraflides allen Glauben abgefprechen haben. Cirero, der dem Herakli⸗

des mannigfaltige Kenntniffe zugeftanden , fagt doch,

daß er feine Werke mit Einbifchen Faban angefuͤllt Habe).

ben Heraklides einen fabelhaften und. untreuen Erzähler, an dem es garnicht zu vermunbern ſey, daß er Mom In eine griedyifche Stadt am großen Meere verwandelt, und ein Heer von Hyperboreern zu ihrer Serftöhrung

habe fommen laſſen, ohngeachtet ihm die wahre Ge⸗

ſchichte der Einnahme Roms durch bie Gallier und

ihrer Befreyung durch den Camillus **), fo wie Ariſto⸗

. Auch Plutarch, dervielen trauete, die es nicht verdienten, und vieles annahm, was er hätte verwerfen follen, nennt

teles fie vorgetragen hat, nicht unbefanne habe fen

koͤnnen. | Wenn aber auch alle diefe Anfiäger des Heraklldes geſchwiegen hätten, und wir von feinem. ganzen Leben

und Charakter fonft nichts wüßten; fo. würden doch die

wæeni⸗

®) Tufeul. Quaeft, V. 3. de Nat, Beer. L, ı.

N

ı 9%) in vita Camilli I, 547. Ed. Relsk,

/

\

Geſhichte ber Ppthagoreifchen Geſellſchaft. an

wenigen Ueberbleibſel feiner Schriften fo laut, als irgend einer kn Feinde, wider ihn reben. | Er erjäßlte den Fall eines Menſchen aus dem Monde*),.Bie Seelenwanderungen des Pythagoras ®), " und de Himmelfahrt des Empedokles ***) mit folchen Umfänden, daß man ohne alles Bedenken fagen kann: ı felbft habe in dem Zeitalter , worinn er lebte, und bey in Renntniffen, bie er befüß, das, wos er erzäßite, elbft nicht: geglaubt, fondern ein elendes Wergnügen rin geſunden, Maͤhrchen zu erfinden, und andere, Houben zu machen, s En bald atfo Heraklibes in feinen Nachrichten von em Pyhagoras oder den Pythagoreern, andern gfeiche ttlgen and glaubwuͤrdigern Schrififtellern widerfpricht; darf man nicht bloß, fondern man maß ihn verlaffen, - ft mar gewiß der vornehmſte, ober einer der vornehm⸗ &n unter den alten und angefehenen Schriftſtellern, von. rien Porphpr und Jamblich bende Ifagen, daß fie bie Bunderthaten des Pythagoras aufgegeichnet hätten +). Mit dem Heraklides verbinde ich Den Klearch, weil leſer auch ein Zuhörer des ‚Ariftoteles war ++), und t feinen lebensbeſchreibungen berühmter Männer gleich⸗ iis vom: Pythagoras handelte. Nach den Proben, le Gelius aus biefem +t, und Diogenes fft) aus einem O 2 an⸗ ) Diog, V. 72. | u) Sy . SR) vin. er 68. he 23. —— 60 ſ. | ur) \w. —E der Farict deym Dein kann Rear | vielleicht anf eben die Art entſchuldiget werden, wie ich wr; unten den Dikaͤarch rechtfertigen werde.

4

* F J N J . " \ _ u -, Drittes Bud),

Solche Enrftellungen von Factis (ſezt Timdus hinju) fegen dem Heraklides ganz gewöhnlich, und durch alle feine Schriften zerſtreut. Wollte man gegen dieſes Urtheil einmenden, daß Ximäus als ein übertriebene und verläumberifcher Tadler, unter den Orlechen beruͤch⸗ tigt geweſen ſey; fo kann man hierauf antworten , daß Diefer Geſchichtſchreiber im gegenwaͤrtigen Falle Forte , und zwar folche Facta vor ſich hatte, mach welchen ber bittigfte Richter nicht anders Härte urtheilen koͤnnen, und daß es außer dem Timäus noch mehrere Männer von großem Anfehen gegeben babe, die dem Heraklides allen Glauben abgefprachen haben. Cicero, der dem Herakli⸗ des mannigfaltige Kenntniſſe zugeftanden , ſagt doch, daß er feine Werke mit kindiſchen Fabyn angefuͤllt habe*). . Auch Plutarch, dervielen trauete, die es niche verdienten, und vieles annahm , mas er hätte verwerfen:follen, nennt ben Heraklides einen fabelhaften und. untreuen Erzähle, an dem es garnicht zu verwunbern ſey, daß er Kom in eine griechifche Stadt am großen Meere vermanbelt, und ein Heer von Hyyperboreern zu‘ Ihrer Zerſtoͤhrung habe kommen laſſen, ohngeachtet ihm die wahre Ge ſchichte der Einnahme Roms durch die Gallier und ilhrer Befreyung durch den Camillus **), fo wie Ariſto⸗ teles fie vorgetragen hat, nicht unbekannt ‚habe ſeyn koͤnnen. Wenn aber auch alle dieſe Anftäger des Heraklldes geſchwiegen hätten, und wir von feinem, ganzen Leben und > Charckur fonft nichts mäßten; fo. würden doch in wreni⸗ 0) Tufeul. Quaeſt. V. 3. de Nat. Beer. I, iz. 20) in rit⸗ Camilli I, 54. Ed. Reis,

. .

04

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Geſchichte der Pothagoreifchen Geſellſchaft. an

penigen Ueberblelbſel feiner Schriften fo laut, als irgend eine feiner Feinde, wider ihn reben. |

Er erjäßlte den Fall eines Menſchen aus bem Monde*), die Seelenwanderungen des Ppthagoras ""), " und de Himmelfahrt des Empedokles ***) mit folchen Umfinden, daß man ohne alles Bedenken fagen kann: " felbft habe in dem Zeitalter , worinn er lebte, und bey m Renntniffen, bie er befüß, das, wos er erzählte, elbft nice: geglaubt, fondern ein elendes Vergnügen tin gefunden, Mäbrchen zu erfinden, und andere, - fauben zu machen, & Ä

So bald alſo Heraklibes in ſeinen Nachrichten von em Puhagoras ober den Pprhagoreern, andern gleiche rigen und glaubwuͤrdigern Scrififtellern widerſpricht; darf man nicht bloß, ſondern man muß Ihn verlaſſen. 't mar gewiß der vornehmſte, oder einer der vornehm⸗ en unter den alten und angefehenen Scheiftfteflern,, von. men Porphpe und Jamblich bende jagen, daß fie die Bundertdaten bes Pythagoras aufgezeichnet hätten +),

Mit dem Heraflides verbinde ich den Klearch, weil er auch ein Zuhörer des Ariſtoteles war ++), und feinen lebensbeſchreibungen beruͤhmtet Männer gleich⸗ fs vom: Pythagoras handelte. Nach den Proben, e Gellius aus ofen Hr, und Diogenestttt) aus einem

O 2

ans Diog, V, 12. *) VIE 4. | ») vl, 67. 68. 1) Porph.'23. 28. hal 60 ſ. | tt) fiehe Jonf, 1. 20 8 th tv. ĩi. Wegen‘ der diachricht deym Gellius kann ahar | vielleicht auf eben bie Art entſchuldiget werden, wie ich weiter unten ben Dikaͤarch reihtfertigen werde.

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U")

4

-

.

m Drittes Buch. J

andern Buche anfüßren war er nicht weniger big und kuͤhn, als ſeine Mitſchuͤer.

Seine Fragmente beym Athenaͤus hingegen enthal ten nichts unwahrſcheinlichet, und ſtimmen mit den & sählungen anderer glaubwürdiger Schriftfteller vollkon imen überein, weswegen ich ihnen auch zuverſichtlich 9 folge bin. Das angebliche Werk dleſes Gefchihrihrd bers endlich, aus welchem zuerſt. Joſephus *), und og dem Joſephus, Clemens *) und Eufebius Fee), di Stelle über die Bekanntſchaft des Ariftoteles mit eine Juden angeführt haben, halte/ ich mit dem Jonſius M eben fo wenig aͤcht, als den Briefwechſel des Demerria Phalereus mit dem Prelomäus Philadelphus, und ol derum zwifchen diefem und dem Hohenprieſter ver} weichen man bey dem zulezt angeführgen Kircenve

| = I - fin

%) Caut: Appien I, e. 22. .

“) Strom. I. R

AR) Praop. Evang. IX. 5.

Wenn im Diogenes (I. 6.) glearq für Kit

geſezt werben müfte, wie Menage vermurhere, U Nachrichten, die im frebenten Abſchnitt jichen, eine fezung derer_im fechften wären, fo wuͤrde man Kicar in feinen Erzählungen von fremden Boll ı deren Religion un Meeynungen, allen Glauben all hen müffen: denn in der lezten Stelle wird von! Magiern vieles gefagt, mas durch die Beugniit zuverlaͤſſ igſten Geſchichtſchreiber widerlegt wird. kann aber weder mit Gewißheit behaupten, daß DI genes den Klearch, und nicht den Klitarch, der ge falls ein feiner Erdichtungen wegen berüchtigter Eri ftelfer war, vor ih gehabt hale. Man febe Eror

. Clav. Cie. Voe. Clitaschus, noch läßt, es ſich darthul

.daß die Fragmente beym Diogenes alfe_von demſel Berfaffer find.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefelfchaft, ar nder, Ale diefe Schriften rühren, hoͤchſt wahrſcheinlich I

on irgend einem der Juden her, die nicht nur aus Grie⸗

fen Schriftſtellern ale Jeugniffe zufammenfuchten,

n denen bloß der Name ihres Volks oder Landes vorkam;

ondern auch beruͤhmten Männern Schriften unterſchoben,

ım dur) deren Ausſprüche das Anfehen und Alterthum hres Volks, ihrer Weisheit, und ihrer heiligen Buͤcher u beweiſen, welchen Zweck ſie auch nach Wunſch erreich⸗ en. Die vom Joſeph gebrauchte Schrift muß einen mwiſſenden Fremdling in ſpaͤtern Zeiten zum Verfaſſer jaben, weil, wie Jonſius bemerkt, Ariſtoteles darinn nit feinen Schülern nach Afien verſezt wird, und feine Zuhörer oXcAwsınos genannt werden , welches Wort xſt' lange nach bem Ariftoteles in diefer Bedeutung. ges iommen worden iſt. |

ILI.

dom Keiforenus, Dikaͤarch und Sieronymus.

Nah dem Ariftoteles verdienet unter den ältern Beſchichtſchreibern des Pythagoras feiner mehr Aufmerk⸗ Imfeit, als Arifterenus, der gröfte und berühmtefle unter allen Schülern bes erſten wandelnden Weltweifen , nach oder vielmehr neben dem Theophraft.

Er handelte vom Pythagoras, den Pythagoreern,

und beyder ihren Lehren nicht nur umſtaͤndlich in einem

eigenen Werke, oder wenigſtens in einem großen Ab⸗ Mnitte feiner Lebensbeſchreibungen, ſondern auch noch

beaͤufig in andern Schriften *). Wir baben bon die⸗ 03 ſem

Ei

er = Drittes Bub.

beruͤhmteſten Männern des Alterthums, deren Werke

EXXX

. u | I | em Manne weit mehr Sragmente, als man gemeiniglich

glaubt, oder bisher aufgeſucht hat. Und wenn er alſo quverlaͤſſig iſt; ſo koͤnnen wir aus ſeinen Nachrlchten allein

die Lebensumſtaͤnde der aͤlteſten Pothzagoreer, und die ‚ganze Einrichtung und Abſicht ihrer Geſellſchaft voll ſtaͤn⸗ diger, als aus dem Ariſtoteles, ihre Erfindungen und

einzeläen Mepnungen erfahren.

Meinem Urtheile nach gebührt dem Ariflopenus une ter den Schriftſtellern aber die Pythagoreer gleich nach ſeinem Lehrer der. erſte Rang: wenigſtens iſt unter den übrigen Peiner, der alle Vorzuͤge eines großen Geſchicht- forfchers,, Fleiß und Scharffinn, ‚Treue und Erhaben⸗ heit über Aberglauben, endlich Verachtung aller Fabeln im hoͤhern Grabe befeffen hätte, und dem zugleich weni.

ger Schwachhelten und Sehltritte vorgeworfen . werben

Pönnten, als ihm. Ariftorenus wird häufig ‚von den | zu uns gekommen find, angeführt; aber von feinem wird ihm Unfleiß, Erbichtung , ober feichtgläubigfeit vor⸗ geworfen, vielmehr prekfen bie meiſten, befonders Cicero *), feine feltene Gelehrſamkeit, feinen Flelß und fein viel um» faſſendes Genie, In den Erzähftingen, die wir noch won ihm haben, findet fich nichts Mäprchenhaftes, nichts

. unglaubliches ; ober auch nur unwahrfcheinliches,, niches, woraus man fcbließen Fännte, daß er für oder wider bie

Pythagoreer eingenommen, oder daß es Ihm darum zu

thin gemwefen fen, fie durch Kunſt oder Gewalt ju Befkd.

nien irgend einer vorgefoßten Meynung m brauchen, | . Sie

de Orat. NL 3 ad attie. VL 4 de Fin, V. . | Tufe, Quaeli, x Li *

Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſelſchaft. æꝛis

Ele ſtimmen ſowol unter ſich, als mit den Nachrichten anderer glaubwuͤrdiger Geſchichtſchreiber uͤberein, und widerſprechen nur den Zeugniſſen ſolcher Schriftſteller,

die von keiner Seite mit ihm verglichen werden koͤnnen,

und die mit ſich ſelbſt eben ſo ſehr, als mit dem Ariſto⸗ xenus ſtreiten.

Auch lebte Ariſtoxenus zu einer Zeit, wo der Fa⸗ |

bein und Erdichtungen von den Pythagoreern noch niche fo viele, und-diefe Fabeln noch nicht fo alt waren, daß man Ihre Urheber. nicht hätte entdecken fönnen» Endlich wurde er mit den lezten Pythagoreern befannt, von Denen er unſtreitig alle mündliche und ſchriftliche Nachrichten über ihre Vorfahren einzog, die ſich bis dahin erhalten batten. Beym Ariftorenus find dieſe Umftände und Vor⸗ theile wichtig , wenn gleich. Seraflides Pontikus und andere fie wenig genuzt haben.

Gegen ben Fleiß und bie Vorſicht bes Ariſtexenus koͤnnte man allenfalls biefes einwenden , baß er *) ben

®

&fis und Archippus als bie einzigen Pprhagoreer nannte,

die in dem Ueberfall der Kyloniſchen Parthey nicht umge fommen ſeyn, und daß er vom Lyſis hinzuſezte: er fey nach dem Untergange des Bundes nach Theben gegangen, und der Lehrer des Epaminondas geworden. Diefer Nachricht hat beſonders Bentley unwiderſprechliche Gründe eatgegen geſezt **); und Ariſtoxenus Hat ſich unſtteltig eines Fehlers wider die Zeitrechnung ſchuldig gemacht, wenn er den Bilder des Siegers bey Leuktra und Cheronda his einen Zeitgenofjen des Pythagoras

O 4 aus-

—— —— ——

| .) Jambk. 251. fl

9 Man i feine DIE upon the «Egli. Pal, 2 56. 9.

26 nn Drittes Bich

aussah, Addln biefer Fehler iſt auch bet einzige in der Geſchichte des Pythagoras, deffen man Ihn überführen Tann, und aus weldieny allein kein billiger Richter einen _ Bene von firdfliher Nachlaͤſſigkeit im Unterfirchen dernehmen wird. Der Irrthum des Ariſtoxenus iſt um deſto verzeihlicher, da ihn alle uͤbrige Schriftſteller, die von dem Untergange der Pprhagsreifchen Geſellſchaften geredet haben, auch begangen, und feiner im ganzen Als terthum bemerkt hat. *). Hoͤchſt wahrſcheinlich alſo war er älter, als Ariſtoxenus, und fand ſich ſchon in ben Ue⸗ Berfieferungen oder Urlunden der er Pochagereet die dieſer „su Rathe gg,

Ein viel. größerer, und nicht fo leicht zu beantwor⸗ ‚tenber Worwurf wider Die Unparthẽeylichkeit des Ariſtoxe⸗ nus liegt in der Heftigkeit, womit er den Sokrates an⸗ er, ‚und Ihm. der a igften Safler beſchuldiote, welche ihm seen

* Dies Verſehen war feine turpiı- ævigoonoic; fonbern ein commune ersatum, Und muß man es eben ſo beurthei⸗ len, wie Cicero einige ähnliche Fehler in folgender

Stelle: Nam illud de Flavio & falls, fi feeus eſt,

. eommune ertatum eſt; & tu belle nmoencasz, & 20 publicam prope opintonem ı fecuti fumus, u

| ‚nulta apud Graeeos. -Quis enim aan dixit ,. Eurzo= 7, AW-Tov INS weXaıms, ab Alciblade , navigante is -.. Stellen, dejectum eſſe in mare, Redarguit Era- tofbenes, Adfert enim. quas ille, poſt idtempus, fabulas docuerit. Num ideireo Duris Samius, homo

‚In hiftoria diligens, quod eum multis erravic, irri- ‚detur? Quis Zaleucum leges Loeris feripfiffe non di-

zit, num igitur jacet Theophrafius, Ni id a Timaeo,

tuo famillari, zeprebenfum oft, Epifl, ad Astieum

Lib. VI. 1.p. ögı. Edi Etneſt.

[02 = - |

\

Geſchichte der Phthagoreiſchen Geſellſchaft. 217

ihm bor zuwerfen ſelbſt Ariſtophanes, hd feine Anklaͤger ſich geſcheut hatten *),

Einem Manne, "ann man ſagen, der den beſten und welſeſten der Griechen wider alle Zeugniffe jeiner ver» chungswuͤr digſten Schuͤler ſo falſch beurtheilen, und ſo ungeſtuͤm und grundlos verlaͤumden konnte, muſte

nothwendig die ruhige Gleichguͤltigkeit und Unbefangen⸗

heit des Geiſtes fehlen, mit welcher ein jeder Wahrheit.

llebender Forſcher unterſuchen, und jeder zuverlaͤſſige Ges

ſchichtſchreider erzaͤhlen ſollte. Eben dieſe Werftanbese

ſchwaͤche, die ihn den Sokrates gaͤnzlich verkennen machte,

ſeſte ihn in der. Geſchichte eines jeben andern berühmten Mannes , und alfo auch des Pythagoras ber Gefahr aus, ber augenfcheinlichften Wahrheit zum Troge feine Helden entmeder unnatürlich zu verhaͤßlichen ober auch zu ver⸗ fhönern, Ich übernehme es eben fo wenig das Verfah⸗ ren des Ariſtoxenus zu rechtſertigen, als ich ſein hartes

Urtheil uͤber den Sokrates billige. So ſehr ich aber auch bedaure, daß ſich unter den Griechen auch nur einige, und

unter dieſen ein fo großer Mann, als Ariſtorenus war, ges finden haben, die die Afche des Sofrates nicht fegneten, und fein Andenfen nicht eben fo eifrig, als Tugend und Wahrheit vertheibigten ; fo.feft bin ich auch uͤberzeugt, daß Ariſtoxenus nicht fo ſchuldig fen, als er fcheint, und deß der Reſt von Schuld, der nicht von Ihm abgewälzt werben kann, feine Glaubwuͤrdigkeit in der Geſchichte ber Pythagor⸗er im geringften nicht vermindere, Ich läugne nicht, daß ein jeder warmer Verehrer des Sokrates leicht in Verſuchung gerathen koͤnne, es einer vorfezlichen

EEE ı Br 0 Were

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28 u u Drittes Buch.

Verblendung od ſtraͤflichen Weſtegchei muzuſcheelhen,

baß Ariſtorenus eher unſichern oft widerlegten Gerüchten, ols den unverwerflichen Zeugniffen. eines Tenophons und Plato traute, Wen fallen hier aber auch) nicht unzäptige

Beyſoiele ein, daß oft bie elenbeften Kleinigkeiten, un beträchtliche Abweichungen in Urtheilen verſchledene Schaͤzungen von Dingen, die einem vorzüglich werth waren, Widerſpruͤche gegen Meynungen, wo man gerade

keine Widerſpruͤche vertragen konnte, daß dieſe oft die

groͤßten Maͤnner ſo ſehr aufbrachten, daß ſie ſich gegen⸗

feitig als Feinde zu haſſen und zu verfolgen, und ihre

Verdienſte nach fatfchen und ganz andern Kegeln abzuwaͤ⸗ gen anfiengen, als nach welchen | ſie alle übrige Menfchen richteten ?

Wenn man alſo aus einem einzigen Falle, woje mand tabelnswürbig, Hart und ungerecht war, folgen wollte, daß er es auch gegen alle übrige, oder viele andre Menſchen feyn müfle; fo wäre dies ohngefähr eben fo

ſeltſam und unrichtig gefchloffen, als wenn man um eines

einzigen Irrthums eines berühmten Schriftfieflers mil

len alle feine Behauptungen für: ſalſch erklärte. Faſt

immer find: die Urfachen, die ungewöhnliche. Menſchen bis zur gänzfichen Vergeffenheit ihrer ſelbſt gegen andre ihres gleichen empoͤren, fo einzeln, daß .fie nur unter die fen Umflänben gegen biefe und Peine andere Perfon mürs.

Een; und eben daher verwandeln ſich auch Die Dem er»

ſten Anfcheine nach unvernünftigften Ausbruͤche von Hize

in gewöhnliche und verzeihliche Schwochheiten, ſo bald man nur den erſten zuͤndenden Funken entdeckte. Auf dieſe Art muͤſte man die Ungerechtigfeit eines

Mannes, von dem bie größten Schriftfteller mis Hoch⸗

achtung

! , Yo; i

Geſchichte det Pothagoreifchen Gefelfhaft. ag achtung reden, und dem man in feinem andern Falle etwas ähnliches vorgeworfen bat, erflären, wenn wir

auch gar nicht mehr Die Urfachen errathen koͤnnten, bie beg Ariſtoxenus fo fehr wider den Sokrates erbitterten;

Ich glaube aber werigftens eine davon in einer Stelle gefunden zu haben, die Eufebius uns aus einem . Werke des Ariftofles aufbehalten hat, und die einen jeden zugleich belehren kann, wie leichtgläubig Parthey⸗ lpfeit oder Eingenommenpeit den flärkften und gefundes Nın-Kopf mache *). Ariſtoxenus erzählte in feiner Ges hichte des Sokrates, daß ein Indiſcher Brachman, der fich zu den Zeiten bes Sopns des Eophrenisfus in Athen aufgehalten, den leztern gefragt habe, was denn verzüglich der Hauptgegenſtand feiner Phitofophie und fele - ner Unterfuchungen fey, und daß Sokrates auf Diefe grage geantwortet Habe: er befchäftige fich nur mir folchen Be⸗ trachtungen, bie einen unmittelbaren Einfluß aufs menfch« lie geben hatten, und die dem Menfchen feine eigene Natur näher befannt machen, ober fie auch beffern und veredeln koͤnnten. Auf diefe Erklaͤrung (fuhr Ariftorenus fort) habe der Indier mit einem vwerachtenden Sachen er⸗ wiedert: daß man foldhe Kenntnifle, dergleichen Sokra⸗ tes allein ſchaͤze, ſuche und ausbreite, gar nicht erlangen fönne, wem man ſich nicht auch über den Menfchen hin⸗ aus, bis zur Betrachtung göttlicher und unfi chtbarer Dinge erhebe.

Wenn man dieſe Etlahlung des Ariſtexenus, bie ohne allen Zweifel, eine erft nach dem Tode des Sokrates erfan

*) XI, Praep. Evang. 3. p. II.

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7 VE St Bu

erfindene- Fabel iſt, recht beherzigt; ſe fuͤhrt Re PP natürlich auf die Vermuthung, daß Arifterenus vieleicht, deßwegen gegen ben Sofrates fo feindfelig gefinht war, weil diefer das Ziel der Weltweisheit feinem Urtheile nach zu kurz abſteckte, ihre Graͤnzen zu fehr einſchraͤnkte,

z und vom Gebiete berfelbigen fehr vieles ausſchloß, was ben Schüler des Arifkoteles erhabene und des Menſchen vorzüglich wuͤrdige Kenntniſſe zu ſeyn fehlen. Auch iſt

es nicht unwahrſcheinlich, daß eine andre Urſache des Un⸗

willens dẽs Ariftorenus wider den Sokrates die Ueberre⸗

dung war, als habe der leztere alle angenehme, bloß er⸗

goͤzende Kuͤnſte, und unter dieſen die Tonkunſt, von. bes

ren Bearbeitung Ariftorenus ben Beynamen des Muſi⸗

kers erhielt, verachtet, ober Doch zu tief herabgefest, und nicht ihrer Vortreflichkeit gemäß gewürdigt. |

Daß aber Ariftorenus, dieſer Urſachen von Feind⸗ ſeligkelten ohngeachtet, fich nicht zu verläumberifchen Era bichtungen herab Heß, und audy nicht, nach der Weiſe kleiner Seelen, begierig dunkle, in der. Finfterniß herum ſchleichende Pöbelfagen, deren Nichtigkeit er ſelbſt kannte, aufgefucht habe, um darauf feine Anflagen zu gründen, ſieht man aus einer Nachricht beym Cyrill, die ung. ein dem ‚guten Namen des Ariftorenus günftiger Zufall aufbes

wahret bat *). Dieſem Zeugniſſe zufolge, wurde er mit

einem gewiſſen Spintharus, einem ehemaligen Zuhörer

des Sokrates bekannt, der aus einem jegt nicht mehr. zu erflärenden Haffe gegen den Sokrates, einigen richtigen Beobachtungen über feinen Lehrer, entehrende Unwahr⸗

heiten

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%) Cyrill, adi, Jul, Lib, VI, & Lue, Hol, in not, ad Por- phyr. cap, VII, p. 57. 9—

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Geſchichte der Pothagoreikhen Geſellſchaft. mar

heiten untermiſchte. Aus den Erzälungen diefet Man nes ſchoͤpfte Ariſtorenus alles das nachtheilige, was ee nachher ſelbſt vom Sokrates wieder fagte, und ihm traute er mehr, als dem Plato und Zenophon; nicht ſowohl, weil auch Epiniharus ein Augenzeuge und Zuhörer dus Athenienſiſchen Philoſophen war, ſondern weil die Nach⸗ richten dieſes Abtruͤnnigen mehr mit feinem vom Sokra⸗ tes vorher geſaͤllten Urtheile uͤbereinſtimmten,. Ariſtoe penus wird durch dieſen Umſtand zwar nicht gerechtfertiget, aber doch entſchuldiget; und es wird jezo nicht leicht ie mand mehr zweifeln, daß der Verunglimpfer des Sokra- tes dennoch ein großer Mann, und ein treuer vortreflicher Gefhichefchreiber des Pythagoras fenn konnte. | Mach dem Suidas*) ſchonte Ariftorenus feinen $eßrer nicht mehr als Sofrates, und fuchte fich durch bie heftigſten Schmähungen am Ariſtoteles zu rächen, weil diefer nicht. ihn, fondern den Theophraſt zum Nachfolger ernannt hatte. Wenn biefe Rachricht wahr märe, fo

würde man allerdings Mecht haben, den Ariftorenus une‘

vernünftig reizbar und auf eine empoͤrende Art undankbar fu nennen; allein auch um dieſes gehaͤſſigen Verfahrens willen, würde man ihm noch nicht allen Gfauben In der Geſchichte von Männern abſprechen koͤnnen, die ihn. wa⸗ der durch Beleidigungen zu ihrem Widerſacher, noch durch große Wohlthaten zum Lobredner und Schmeichler gemacht hatten, und machen konnten.

Ariſtoxenus braucht aber nicht auf dieſe Art ver⸗

Beige zu werden; denn ſeine angeblichen Ausfälle uf

den

Gumnsnungep - a d

) In voce Agisofaves:.

FE Drittes Buch.

den Artftoteles find ungegruͤndet, und wahrſchelalich and Misverfländniffen entftanden. Wir wiffen naͤmlich aus dem Zeugniſſe des Ariſtokles, der die Vorwuͤrfe aller Verlaͤumder des Ariſtoteles am fleißigſten aufgeſucht, und am weitlaͤuftigſten widerlegt hat, daß Ariſtoxenus niewals anders, als mis Achtung und Ehrerdletung von ſeinem Lehrer geredet babe *).

Wom ˖ Ariſtoxenus gebe ich ſoglelch zum Dikaͤarch, ſeinem Freunde und Micſchuͤler, fort, der gleichfalls Le bensbeſchrelbungen beruͤhmter Maͤnner, und unter dieſen auch die des Pythagoras, und vielleicht einiger der bes rühmteften Porhagoreee heraus gegeben hatte. Ueber diefen Weltweifen und Gelehrten finb die Urtheile der ‚Alten, deren Ausſpruͤche am vielgeltendften find, fo ge theilt, daß man, wenn "man auf fie allein Hinfieft, ſchwerlich entfcheiden kann, ob man feinen Zeugniffen trauen, oder fie vermerfen fol, Cicero ſchaͤrte if nicht nur als Weltweiſen, und einen ber beruͤhmteſten Schi ler des Ariftgreles, und redete nicht nur non ihm, als von : feinem Sieblingsfchriftfteller und von einigen feiner Werke als von goldnen Büchlein 5 fondern er verehrte ihn auch als Geſchicht » und Erdbefchreiber vor vielen andern,

dannte ipm In dieſer Rackſicht einen großen, bewunderns⸗ wuͤrdl⸗

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9 Tır day werndem Tas im Apısofeve Ta unowe Meyopevas ey ro Bo re IAcrovos; ey yao ra win zu en reine, Dacdıy wand Reis —X Kur Tivas REGKETLV Ense ovras, braytacs BV Evi TUT Kaps ApsoraAss Aryan ayroy, Agısofne dia Kavros rvnuuvrot

| Agısorenmn op. Eufeb, XV, . Praop. Evang,

oe Sag Odfäkef. ma

würdigen Mann *), eignete Ihm Flelß, Scharffinn, und

alle übrige hiſtoriſche Gaben im höchften Grade zu, und glaubte, daß man mit Ihm entweder gar nicht irren könne, oder daß Fehler in ihm hoͤchſt felten und unbedeutend ſeyn. Ehen fo urtheilten außer dem Cicero, Atticus und Dienpfius , ber. gelehrtefte Unterrichter der jungen Cicerone.

Ganj anders aber dachten Polyb und Strabo uͤber den Difdarch **). Jener fand. in, den geographiſchen Buͤchern diefes Schriftftellers eine Menge grober Fehler und Irrthuͤmer, und Strabo macht dem Polyb fogar Vorwürfe darüber, daß er fich fo welt vergeffen habe, auf einen fo oft von ihm felbft getadelten, und fo unguverläfs figen Mann auch nur einmal ſich zu berufen. Zwar fat Steabo Hinzu, daß dem Dikaͤarch und Eratofthenes

die Fehler, die fie In der Beſchreibung des noͤrdlichen Eu⸗ topa gemacht. haͤtten, um deſto eher zu verzeihen mären,

teil ſie dleſe Gegenden ſelbſt nicht bereifet haͤtten, und In dieſem Zuſaze alſo ſcheinen die Fehler des Dikaͤarch mehr für Wirkungen einer unuͤberwindlichen Unwiſſenheit, als des Unſteißes gehalten, und nicht ſowohl ihm als ſei⸗ nem Zeitalter gugerechnet zu werden; allein eine merke wirdige Stelle beym Cicero, dem größten Verehrer des Dikaͤarch »*) beweiſt, daß man ihn nicht bloß unver» meidlicher, ſchuldfreyer Jerthuͤmer, ſondern auch einer

Rräflichen Rad igkeit oder Ueberellung befculdigen

konnte. 9) Ad An. Il. 2. Vi. 2. 0) Strabo II. p. 104. “) Epiſt. ad Attie, vi, 2.

hellen

2 Dritted Buch.

konnte. Er tadelte nämlich die Griechen, daß fie ihrt Städte ſo gerne am Meere erbaut hätten, und ſagte ohne Einſchraͤnkung, daß alle Staͤdte in Peloponnes an der See gelegen wären. Dieſer Fehler war um deſto un verzeihlicher, da Difäarch nach dem Zeugniffe des Cicero lange. im Peloponnes gelebt hatte. | Untei ſucht man ferner die Weberbieibfel feiner fu bensbefchreibung des Pythagoras; fo ſtoͤßt man auf einige .Nachrichten, die einen jeden geneigt machen müffen, eher ‚bem Urteile bes Polybius als dem des Cicero benzutre ten. Dikaͤarch erzählte, daß Pythagoras in Metapon⸗ tum in einem Tempel geſtorben ſey, nachdem er bierjig I Tage gefaſtet, und ſich aller Nahrung enthalten. hätte*). Auch redete er gleich dem Klearch von den Wanderungen und MWiedergeburten des Pythagoras, als von eier glaubtichen Sache **), Er war alſo wenigftens licht gläubig, vorausgeſezt, daß er dieſe Nadhrichten fo nie derfihrieb, als wenn er felbft von ihrer Wahrheit über zeugt geweſen waͤre, und andere davon überzeugen wollte. Hieran muß man aber billig zweifeln, weil er nicht nur ge meinen Aberglauben. und Vorurtheile verachtete, fondern auch Lehren und Meynungen verwarf, die unter den Grie— chen fuͤr Religionsartikel, oder Grundfäge der Weltweisheit galten. Er laͤugnete alle Arten von Weiho gungen (a bie von träumenden. und wahnſinnigen Perfonen ausge Kommen) und beftritt nach dem Zeugniffe des Cicero die - Unfterblichfeit der Seele , unter allen Alten, mit den au | gefuchtften Gründen. Bon einem ſolchen Hanne müßt

*) Diog. VIII. 40, | *), Gelllus IV, 11. |

Ed ] !

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 225

Ian vermuthen, daß er bie vom Gelllius und Diogener

18 ihm angeführten Fabeln nicht felbft geglaubt, fone

en als gemeine Sagen vorgetragen habe, wenn mir ud) nit aus einem Fragment beym Porphpr *) müften, er wenigftens bie eine nur als eine ſtreitige Ueberlle⸗

rung, und auch nicht ſo abentheuerlich als Diogenes

tähle habe. Die übrigen Bruchflüce der Sefhläte bes Pycha⸗ oras vom Dikaͤarch, die ich in der Folge anzelgen werbe,

atfprehen vollfommen bem Lobe, was Eicero feinen his

'orifchen Werfen gab, und ſtimmen genau mit den Er.

ühlungen des Ariftorenus und anderer zuverlaͤſſiger | zchriftſteller überein.» ch rechne daher den Difdarch

mter die glaubwuͤrdigen Gefchichtfchreiber der Pythago⸗ er, und würde ihn felbft dem Ariſtexenus und Ariſſote⸗ eg völlig gleich fegen, wenn er nicht durch Irrthuͤmet n einer dee Gefchichte verwandten Wiſſenſchaft, einen Berdaht von Uebereilung ober Nachlaͤſſigkeit gegen ſich rregt haͤtte. -

Ich fomme jezo zu den Geſchichtſchrelbern des Py⸗ hageras, die ich in die dritte Klaſſe geworfen babe. ‚Une diefen iſt Timäus der Ältefte, der zu den. Zeiten der

den erſten Pıotamder, und des 3 Agathokles in Sicilien idee, |

Ci imäns. u Diefer berühmte Schriftſteller harte in einem feiner ake, wehrfcheinlich in feinen Geſchlchten, welttäufeig ‚von —— 5, 5%

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von ‚dem Phthagotar und ſaner Feeunden gerebt, und wirh ſowohl vom Porphyr, als beſonders vom Diogenes in fh nem ganzen achten Buche haufig angeführt. Seim Un —— laͤßt ſich eben fo unwiderſprechlich, dis . Die des Heraklides Pontikus beweiſen. Tinmaͤus wird nur von einem großen Kenner, naͤm ih vom Eicere *) gelobt: aber nicht als Gefchicefärd ber, ſondern als Schriftſteller, und uicht wegen feinet Glaubwürdigkeit ſondern wegen ſeiner Sqreiboꝛt und Gedan en. | Plutarch hingegen **) und Longin tadeln an Ihm Fioſ oder Nuͤchternbeit ber Sprache. und Gedanken, dt allenthalben ſichtbare Begierde, etwas neues und aufftb lendes zu ſagen, und eine hleraus entſtehende kindiſch Schiefheit oder Falſchheit von Einfaͤllen, womit er glän "zen wollte. Selbſt alſo der. Ruhm eineb fchönen tedne rifchen Schrififtelers. wurde Ibm von mehrern gültige . Allen frei, oemacht. As Geſchichtſchreiber che

or a} Minfaus natu horum onınlum Timseus, quaatun

u ‚sein. judicate poflum, longe erüditilimus, &

zum. eopla &. ſententlarum varietate abundenti mus, & ipfa eompolitione. verbosum non impoli megnam'eloquentiam ad feribandum attulit, led} lum ufum foreofem, Orat. I, 14.

- Naqus ut mulie, Timaeus: gui eum In bis Ä dixiffet, qua node natus Alexander effet, er Dianse Ephefise templum deflagraviffe ,’ adjunıke miaime id efle mirandum, quod Diana eum fnpı Olympladis effe voluiffet, abfuifist domo. DeN% Deor. Il, 29. Diefer legte Gedanke ift es, den Lofgih wie ich glaube, mit Recht als froſtis tadelt. *) Vol, Ill, 335

*

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Gecchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 227 vard er ganz allgemein verurtheilt und aller Fehler we⸗ gen getadelt, deren ein Hiſtoriker ſich nur ſchuldig machen kann. Polybius *), Artemidorus beym Strabo **),

Diodor ***), Clemens ), endlich Suidas und Heſychlus werfen ihm eine lobredneriſche uͤbertriebene Erhebung eine

jeiner weniger Menſchen, beſonders Des Timoleon, noch mehr

aber die unverſchaͤmteſte Tadelſucht vor, wodurch er die jrößten Maͤnner, am meiſten den Agathokles verunſtal⸗ et babe. Eben dieſe Schriftſteller, wenigſtens Polpy- ius, Diodor und Clemens ſagen, daß feine Seidhtgläus igkeit und Nachlaͤſſigkeit eben fo groß als feine Dreiftige eit im Erbichten gewefen fey. Man beiegte ihn mit nehrern Schimpfnamen , die ſich auf feine allgemein be⸗ annten Untugenden bezogen. Kinige nannten ihn bey Tadler F}) und andere einen Mährchenfammier ttt). Saft alle feine Fragmente beweifen,, daß die vorher ange⸗ uͤhrten Schriftftefler ihm ein Unrecht gethan haben. Er ezählte, um nur eine einzige Probe zu geben, in allem‘ eenfte, boß Empedofles feinen Micbürgern gerathen abe, zur Abwehrung gemiffer fchädlicher, die Swaten - erderbender Winde, eine Menge Efel zu würgen, und. hre Haͤute auf Bergen und Anhöhen auszufpannen tip 2 Pa Er

°) au. XII, 1.6. ©, 15. 16. de Virtut, & Vitlis p. 1598. Il. Ed. Gronov,

*#) XIV. 640. Ed. Cafaub, |

®s#) XIII. 614. in Extarp. 1408. 141$. Ed, Weil,

7) 1. p. 269. Strom. Ed. Sylb,

——— | on

If) VendevArsKrer.

+tt}) Diog. VII, 60, .

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nr Drüted Buch.

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dichtet oder als verfälfcht vernachläffigen. Nie ab

! Er ccheute ſi ſich nicht hinzuzuſezen, daß dleſer Vorſchln mit dem gluͤcklichſten Erfolge waͤre ausgefuͤhrt worden, und daß Empedokles daher den Namen des Windebäni gers erhalten habe.

Wenn alfo bie Nachrichten des Timaͤus von dm Pythagorerrn die geringſte Unwahrſcheinlichkeit enthalten, oder den Zeugniſſen älterer ober zuverlaͤſſiger Geſchicht ſchreiber widerſprechen; fo Bann man fie entweder als er

Fönnen fie der Maasſtab werben, nach welchem man die „‚ Eräbtungen anderer ſchaͤen oder tichten dire Ä

Sermippus. v Con gleicher Unmürbdigfeit mit dem Timun iR Hermipp, der eine umſtaͤndliche Geſchichte des Pythoq ras ſchrieb, und unter dem Ptolomaͤus Evergetes Iehte* Wenn man dem Urtheil ‘des Joſephus trauen mollte; f war Hermipp einer der berühmteften unter den Gefhicht ſchrelbern des Pythagoras, und in allen Arten von Keml niffen und Befchichten fehr bewandert. Man kann ol leicht errathen, warum jener dieſem einen fo unverbient Lobſpruch ertheilte, , Er rühmte ihn naͤmlich aus Di barkeit, weil er- gefagt hatte, daß Porhagoras viele Die nungen und Gebraͤuche von den Juden angenommen hoh Mau darf übrigens nur die Stelle leſen, die Joſephu aus dem Hermipp anführt, um das Urtheil des erſt durch das erhaltene Fragment des leztern zu miberleg Diefem Bruchſtuͤcke find_ faft alle übrigen aͤh —J ich von ihm in andern allen Scrlfeſtellern ancieffe. ©

) Diog. VII. 10, Jofephus 1.22. contra Aplonem.

\ ) *

Gecſchichte der Pythagoreiſchen Gefellfchaft. 29 beſtehen groͤßtentheils in · den ungereimteften Gabeln, von denen er wahrſcheinlich einen Theil feibft geglaubt, und einen andern erfunden Hat , um bie einen burd) bie an⸗ dern zu ſtͤjan.

Er war gewiß einer der eiſten Otlechiſchen Philos ſophen, der an Magiſche Rünfte gtaubte, und meitläuftig von ihnen in ſeinen Schriften handelte *). Er redete ferner nuerit von’ Werken des Soroafter ; zeigte fogar ihre Titel an und fdhäzte ihren Inhalt auf zwo Millionen Zeilen, entweder nach Gerüchten, bie er ohne Prüfung annahm, ı oder auch nach eigenen Muthmaßungen **). Keinem vor Ihm war e8 eingefallen ,. den’ Pythagoras zu einem Jünger der Juden und der Thracier, eimes barbarifchen Volkes zu machen ***); Er allein hatte das Herz eben diefen Weltweifen der groͤbſten Betrügeren , und des laͤ⸗ Serlichften Abetglaubens zu befchulßigen +). Nythago⸗ ras, eähtte er , habe bey feiner Ankunft.in Itallen ich eine unteriredifche Wohnung bereitet, und feiner Mutter beſohlen, während ber Zeit-, daß er ſich darinn aufhalten würde, ‚alle merfaärdige Begebenpelten aufzuzeichnen, und ihm mirzuchellen. Als er nun nach einem gewiſſen Zitraume aus dieſer Betruͤgergrube,‘ mager und ent⸗ fleſcht, hervorgekommien, habe er vorgegeben, daß er int aus dem Reiche der Schatten wiederum zur Oberwelt | empor geſtlegen ſey, und-zur Begläubigung feiner unteritte difchen Ref den Kroteniaten alles vorgeleſen, was in

P3 7— ſeiner FIRE * 8* en. Xxx. L le - 7

t) vin. 40. 41. Dios. DE

n230 | Drittes Buch..

ſeiner Abweſenhelt vorgegangen war. Durch diefeh Kunftgrif ſeyen die Einwohner von Kroton nicht nur v der Wahrheit feines Vorgebens überzeugt, ſondern au bis zu Thränen und Wehklagen über feine Seiten, u zur böchften Berundering feiner Abentheuer gerührt m den. Hermipp forgte' aber in ben Fabeln, , die er v andern annahm, ober auch felbft erfand, fo wenig fi Gieichfoͤrmigkeit und Uebereinflimmung, daß er iben de Pythagoras, den er bisweilen als den kuͤhnſten Betru ſchiiderte, an andern Orten die Schwachheit oder Du heit zutraute, einer einzigen Grille fein Leben aufjuopfern Diogenes wiederholt es nämlich aus dem Hermipp) daß Pythagoras, in einem Kriege der Syrakuſaner . Agrigentiner , den leztern zu Hülfe gefammen: fen, u als diefe gefchlagen worden, ſich auf ber Flucht eher babe ‚umbringen laffen, als er ein heiliges Bohrienfeld petrrtn und entweiht habe, Dieſe Gabel neiderfprächt allen übel gen Erzählungen.vom Tade des Pythagoras eben fo lift, . als mir die folgenden allgemeinen unglaublich * wuͤrden, ‚wenn nicht Joſephus fie angenommen hätte”) Dem Bericht des Hermipp nach, ‚gab Purhagores ver daß Ihn Die abgeſchiedene Seele eines ſeiner Freunde, ii Kalliphon von Kroton, Tag und Nacht umſchwebe, un ihm flets die wichtigften Lebensregeln wlederhole: fid ‚vor Dertern. in Acht zu nehmen, wo ein Efel gefallen ‚und fich forgfältig wor trüben ſchmuzigen Waſſer ju irn Solche und ähnliche Albernheiten glaubte Joſeph mit der Hermipp, daß Pythagoras von den yanı und * cie AV —4. ne x#) Joſ. |. e en

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. . 91

clen gelernt Habe, und man ſieht hleraus, wie fehr es jenem darum gu hun war, den riechen Zeugniffe ihrer eigenen Schriftſteller vorlegen zu koͤnnen, in weichen tele nes Volks Erwähnung geſchehen. Nach dem; was ich bisher gefagt habe, Safte 6% für unndeig , mit mehr Depfpielen zu beweifen, daß Hermipp fähig war, alles zu glauben oder zu erdichten, daß er ſelbſi zu wenig Urtheilskraſt beſaß, um gu uitdbs ſcheiden, welche Fabeln und fügen fi) mit einiger Wäße- ſcheinlichkeit erzählen IHeßen, und welche nicht 5 daß er end⸗ lich des lobes ganz unwerth ſey, Das Joſeph und Jon⸗ ſius an ihn verſchwendet Haben. *). Nur will ich noch kuͤrzlich außer einigen Stelten, die den angezogenen ni nachgeben **),, diefes anjeigen, daß’ er nach dein Hera klides gewiß eine von den Sauptperfonen ſey, von denen Porphyr und: Jamblich fagen, daß fie viele wundervolle Handlungen und Begebenheiten vom Pythagoras aufge jeichnet hätten, und daß er wahrfcheintich der erfte war, der den Puehagoras- als einen in- die. Geheimniſſe ber Ma⸗ ge eingemeißten Wander hater ſchilderte. | | Neambes, Mexinver Polybiſtor und Wiodon. wi Nicht Sange wach dem Hermipp, nämlich unfer der Negkirung des Actalus, Ichrieb’Mednrhes von K Ifum ein Bud Aber die Pythagoteer rl welches, wir. PD. ande

niit GEEEREBTERRES

*) Siehe den leztern n. 9. Fa Kon onen

“) Man kefe, was er beym Diogenes vom Pherekydes BR 117. f. vom Heraklibes V. qr. und ſelbſt us A thagoras erzähft viu. I. | Ä

vun 72.Dieg. a

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"EVER > 1112 20: 1 ee

m & wiederholte nicht nur die Erzaͤhlung des ef Eenus von. Lyſis und Archippus. ohne Prüfung }), I dern ſezte auch, wie es ſcheint, aus andern Nachtichten dieſes Schriftſtellers, und. aus eigenen. oder Hermippiſchen

lelcht zu beruͤckenden Nacherzaͤhler anklagen kann }}).

anhere Werke dieſes Mannes von vilelen Schriftſtelle augt fiihrt wird., ‚die Jonſius *) und Menage **), wi wohl night vollſtaͤndig, aufgezäßltspaben. Ueber dieſe Mann finde ich in den Alten-fein anders Urtheil, als d Des: Plusarch **Y), der ihn einer nachläffigen Seichtgläu bigkeit beſchuldigt. Dieſer Ausſoruch eines ſonſtg nicht ſtrengen Rcchters erregt kein gutes Vorurtheil | den. Neanthes, deſſen Meberbleibfel zeigen, daß Plutar * zu gelinde v..al . Arenge- gegen. ihn geveſ

Erdichtungen eine-fo-ungtaubliche. Geſchichte zuſammen, Haß. man ihn breiſt als einen Verfaͤlſcher, oder als einen

“. . Seiner Verſi cherung nach, brannte Dionyſius ont. Beglerde, die Freundſchaft der, Pythagoreer zu erhalten,

ober mitihnen ia genauere Berpindung Zu kommen. Wel

er nun alle übrige Wege fchon vergebens verfucht hatte;

ſo entſchloß sr fich endlich Gewale zu gebrauchen (ein Mit

tel, deſſen fich der verſchmizte Dienyſius gewiß In diefen Falle nicht bedient hätte), Er ſchickte Daher einen Hou den. von Kriegsleuten aus, die den Pythagoreern, die Wer v von Tarent it nad) wallfahrteten, auf

lauren,

gi PER I. ©; | ı ‚0, Sywp. * * Cap. wo rn

+) Porph et tn Din fe Jambl, S. "89. fq.

L

Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 233

lauren, ſich ihrer bemaͤchtigen, und ſie alsdann zu ihm.

bringen ſollten. Dieſe Rotte des Sieilianiſchen Tyhran⸗ nen mar auch ſo gluͤcklich, ben ganzen Zug von Pothayd« reern, Denen fie.nuchfellten, ‚anzutreffen. Sie bracen, als fie dieſe entdeckten, auf einmal aus ihrem Hinterhalte bervor , und überfielen die Ppebagoreer, um fie gefangen zunehmen, Allein Diefe fuchten fid) Durch Die Flucht zu retten, und würden :wahrfcheinlich ihren Werfolgern’ auch

alle entronnen ſeyn wenn fie nicht ploͤzlich auf ein Boh⸗

‚nenfeld-geftoßen waͤren. Vor dieſem heiligen Orte mach ten ſie, um ihn nicht zu verwuͤſten, auf einmal Halte, und versheidigten ſich mit Steinen und Pruͤgeln, fo. gut fie konnten, fielen aber endlich bis auf den lezten Mann, weil fie fich durchaus nicht ergeben. wollten... Nur allein Myllias von Kroton, und Timycha, deſſen hochſchwan⸗ gere Frau, wurden ergriffen, well ſie ſich vonder uͤbrl⸗ gen Sefelifchaft getrennt batten, ‚und unvermutbet übers fallen wurden.“ "Dies Paar. führte.man ver. den Diony⸗ fins, ver die Timycha frug, als wenn er nichts wichtigers

hätte fragen koͤnnen, warum ihre Freunde fich eher hate

ten umbringen, als durch ein Bohnenfeld treiben laſſenꝰ Zugleich verfprach der Koͤnig ihr und ihrem Manne die Freyheit und andere Belohnungen „wenn fie ihm Diefe

Frage aufrichtig beantworten würde: "Maik entferne

ober ihm zu willfahren, ſagte die Pyhthagoreerin, daß

fie lieber: Bohnen zertreten ; als. ihm vffenbahren wolle,

warum ihre Brüder. es nicht getban haͤtten. Dieſe trozige Harträdigkeit.reiste ben Dionys fo fehr, daß ex fie. füs gleich anf hie Folter fpannen Heß, in der gemiffen- Höfe nuig, daß er einem ſchwachen, ihre Niederkunft ermarten-

den, und van. ifrem Manne geftennten Weihe, durch

42 D ...2* Mar.

. 4 q R „N . L} 3. BE

Marter ; leicht ihr Geheimniß entreißen, würde, Der |

Wuͤterich wurde aber, wie Neanth erzählte, ganz ir feiner Erwartung betrögen: Die Timycha blieb fetbft in Den heftig.

ften Schmerzen verfihleften, und biß ſich ſogar, um der Mög

| lichkeit, ihnen unterguliegen , nicht ausgefezt zu -fenn, bie Zunge a6 ‚bie fie ihrem Folterer ins Angeſicht fpie. 1 Dies Fragment bes Neanthes flreitet offenbar mis den Gefinnungen bes Dionyſius, bie Ariſtorenus aus beffen eigenen! Munde: gehöre Hatte‘ *); und ich habe Daher bas.erftere wit Fleiß fo ausführlich abgefchrieben, um meinen $efern-in. einem auffalenden Beyfpiele zu zel⸗ gen, wie dreiſt man ſchon in ben naͤchſten Zeitaltern nach dem Ariſtoteles, und feinen aͤlteſten Schüfern, den groͤh⸗ ‚ven Männern :widerfprechen , wie fehr man wahre Er. zaͤhlungen verdreht, Fabeln noch fabelhafter gemant, und aus beyden neue: Abentheuer zuſammengeſezt habe, Saft aber waren auch Neanthes und die übrigen Nachfel⸗ ‚ger der erften Gefchichtfchreiber zu Erdichtungen ober Verfaͤlſchungen gezwungen, wenn fie etwas neues jagen, und nicht 5 das bekannte wiederholen wollten. Alles wahre und falſche, was man aus Ueberlieferungen, Ge ruͤchten und Schriften hatte .auftreiben koͤnnen, war vom Ariſtoteles und feinen waͤrdigen oder unwuͤrdigen Edıl. lern erſchoͤpſt; und es blieb daher den ſpaͤtern Schrifiſtel⸗ km, bie die Nachrichten ihrer Vorgaͤnger nicht kritiſch pruͤfen, und auch nicht bloß nacherzaͤhlen wollten, nichts weiter uͤbrig, als ganz unerhoͤrte Dinge zu erdichten, oder ſolche, die von andern ſchon erzähle waren; umzu⸗ bilden... Andere Proben der Unwiſſenheir, Nachlaͤſſig : 0 \ Be keit 2) Man ſehe Arinox. ap. Jambl. 234 et ſoq.

*

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 235

keit und $echtgläubigkele des Neanthes finden ſich beym

Porphyr *) und Diogenes o), wovon ich nur die leſtere -berühren will, - .

Bis auf den Empebokles, glaubte biefer Geſchicht·

ſchreiber, wären die geheimen Wiffenfchaften der Pytha⸗ goreer nur allein den Eingeweiheten befannt gemerden $ aflein diefer Dichter habe zuerft die verborgene Weisheit feiner Brüder ausgebreitet, und dieſe Entweihung habe die Pprehagorees bewogen, es zu einem unverbrüdhlichen

Geſeze zu machen, feinen Dichter wieder in ihre Gefelle .

fhaft aufzunehmen, Aus dieſem Grunde fey Inder Folge Plato abgewleſen, und nicht zu den’ Geheimniffen der Pythagoreer zugefaffen worden. Diefe Erzählung if aus lauter handgveiflichen Ungereimtheiten und ‚groben

Jerthuͤmern zufammengeflidt, "Ungereimt wäre es ge

weſen, wenn die Pythagoreer ein Oefez gegen bie Be kanutmacher ihrer Beheimniffe erſt da Hätten’ geben wollen nachdem biefe ſchon einmal verbreitet worden, und nichk - weniger ungetrimt, ein foldyes Geſez nur gegen Dichter ein⸗ zufuͤhren, als wenn Proſaiſten auch nicht unvorſichtig oder

treulos hätten ſeyn koͤnnen. Faͤlſch aber iſt es, mas Neam

ches voraus fezt, daß die Pythagoreer bis auf den Empedokles nach immer in einem Orden vereinigt geweſen, und Ordens geheimniſſe gehabt haͤtten z falſch daß Empedokles zu dieſem Bunde gehoͤter, und in feinen Sedichten bisher verbor⸗ gene Lehren der Pythagoreer vorgetragen habe: falſch endlich, daß Plato von den Pythagoreern abgewieſen

worden, weil man ihm als einem Dichter nicht genug | | getraut.

NND Ba TEE en - 8) de AbRin. IV. ig... .. se, VIII. 55, . 1

x 2 .. \ &

26 .: Drittes Buch. ih.

getraut habe. Faſt ift”es .unbegreiflich., wie man zu einer Zeit, wo es fo-leicht war, fid ‚aus glaubwiudigen und unverſtuͤmmelten Urfunden zu unterrichten , . feiche Fehler begeben, und wie Schriftfteller, die ſo fehlten, und fo uniffend waren, als Neanthes, dennoch: vom Dioge nes, Porphyr und Jamblich eben fo gut, als die aͤlteſten nnd treueſten Geſchichtſchreiber gebraucht werden konnten.

Wichtiger, als dieſer Neanthes, iſt in der Ge⸗ ſchichte der Pythagoreer Alexander Cornelius, der wegen Kiner Gelehrſamkeit der Vietwiſſer genannt wurde, und gu den Zeiten bes. Sulla lebte“*). Er handelte.*") in feinem Werke von den, Folgen Griechiſcher Welcweifen, ouch. nen. der r Pythagoreiſchen Philoſophie, und hatte noch uͤberdem, wie es ſcheint, in einer beſondern Scdrrift die - Pothogoreifchen. „Spngbola.. unterfudhe ***), Dieher Aligrander war des-prächtigen Beynamens, den er erhielt, und har feinen ihr bemumbernben Zeitgenaffen Reine Ehre macht, ferner der großen Sohfprüche: ungegchtet, womit bie Kirchenvaͤter jdn ‚belegten , weil er von. ben Juden, und Ihrer heiligen Geſchichte geredet hatte, ein, ſehr ſchwa⸗ cher und leichtgläubägen Mann, dem es mehe Darum zu hun war, ben, Griechen von unbekanhten Sändern, und Voͤlkern etwas neues vorzuerzaͤhlen, als die Schriften und Werke zu prüfen ; - aus denen er feine Nachrichten ent lehnte. Er hielt ben. Manerho und Berofus file glaub würbige Hiſtoriker und ſchrieb ihnen alle ihre Ungereimt⸗ heiten und Erdichtungen aß, one den "serien Zee,

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vy Siehe Van Grace, P- 144 —* I. ‚SR, 8 “*) VIII, 36. Dieg. 4°) Clem. I. 9.304. .

3

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellchaft. 937.

Ich wurde alſo den Alexander, auch in der Py⸗ thagoreiſchen Geſchichte, unter die verdaͤchtigen Schrift ſteller herabſezen, wenn ich nicht aus dem Diogenes wuͤſte, daß er die Meynungen der Pythagoreer nach Py⸗ thagoreiſchen Schriften, die ihm in die Haͤnde gefallen waren, dargeſtellt habe*). Freylich haͤtten dieſe Schrift⸗ ten leicht nnaͤcht und undergeſchoben ſeyn, und vom Alexander doch nicht als ſolche erkannt werden koͤnnen; allein diefen Verdacht verliert man, wenn man die Srag, mente diefes Mannes beym Diogenes mic den Zeugniffen des Ariftoreles und anderer jufammen hält. Denn bey einer foichen Bergleichung ergibt es fi, daß Alerander ächte Buͤcher von wirklichen Pythagoreern vor ſich hatte. Wann aber und von wem dieſe Werke geſchriehen worden, laͤßt ſich nicht beſtimmen; am wahrſcheinlichſten iſt es, daß fie von einem der lezten Pythagoreer herrührten,, dig zu den Zeiten. des Ariſtoteles und Ariftorenus lebten,

Diefem Alerander war Diedor ſehr aͤhnlich, In beffen Bibliorhef und Eproerpten ſich, außer einigen fehe merfwürdigen chronologiſchen Datis, vortreflide Nach⸗ richten über. die Einrichtung und Geſeze ber Pythagorei⸗ ſchen Geſellſchaft finden. Diodor war zwar leichtgläubig, aber freu und aufrichtig im. Erzählen; man Pann ihm alfo ſicher glauben, wenn man weiß, daß er zuverlaͤſſigen Gewaͤhrsmaͤnnern und Urfunden folgte. Seine Erzählung vom Pythagoras und den Pythagoreern ſchoͤpfte er ges wiß aus dem Atiftorenus und Dikaͤarch; denn faft alles, was Davon gerettet iſt, ſtimmt mit ſolchen Nachrichten Oberein, von benen wir wiflen, daß fie von dieſen

2 u bedden |

*) VIE 24:36.

238 . Deittes Buch. beyden Männern find. Dagegen trift man im Diobor nichts dem. ähnliches an, ‚was Heraklides, Hermipp und Ti⸗ mäus vom Porhagoras und: .den. Porpagereern gefabelt

ten. be Ich rechne es aber dem Diobor gor nicht jum Ber dienfte an, daß er in diefem Falle fi) an die beffern Schrififeller ‚gehalten, : und bie ſchlechten verachtet habe, und eben fo wenig, glaube ich, daß er nach teifer vorher» gegangener Prüfung, die einen gewählt und die andern verworfen habe. So günftig kann man yon einem Manne - nicht urteilen, der alles annahm, mas prahleriſche Ae⸗ guptier und luͤgenhafte Aethiopiſche Ebentheurer ihm vor⸗ ergzaͤhlten, oder was Kteſias von Babylon und deſſen Wunderu erdichtet hatte. Wenn er an bie rechten Quellen kam, fo war es nicht ſein Scharffi ion, fondern mepr glücklicher Zufall, der ihn hinleitete.

Unnter den Gefchichtfchreibern des Pprhageras, bie ich in die fünfte und legte Klaſſe geftel bebe, ‚if der meifwörbigfte unfteeifig i

Apolloniae von Tyana.

Der nicht nur das Leben des Pythagoras ſchrieb, aus welchen Porphyr einiges *), und Jamblich zweh große Bruchſtuͤcke erhalten hat **), ſondern auch den Phythagoras, fo mie er ihn ſich vorſtellte, in feinem gane zen auszubrüden und zu erreichen fuchte. |

Wenn man die Fragmente des Apollonius mit den⸗ jenigen_Stellen in feinem Seben , wo non ber von ihm Ä nach⸗

—— nt N n

-

Lat, 21 a s i 30. 244: 264 . "

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſcha ſt. 239 | _

nachgeahmten Pythagoreiſchen Philoſophie die Rede' iſt, und dann mit den Nachrichten anderer gleichzeitiger oder auch etwas früherer und fpäterer Schriftfteller jufammen hält, fo fann man fehen, wie das allgemeine Urcheil der Öriechen und Römer über den Pythagoras im erften Jahrhunderte befchaffen war , aus und nach weichen Schriftſtellern dies Urtheil beſtinm wurde, und ob Apol⸗ lonius und Philoftratus , oder Jamblich und Porphyhr ſelbſt erdichtet haben.

Sehr leicht kann man, des Zeugniſſes des Euldas ungeachtet, auf den Argwohn fommen, daß nicht Apol⸗ lonius von Tyana, fondern ein andrer Schriftſteller glei» ches Namens, vielleicht der Weltweiſe, oder Rhetor, die beyde am Ende des zweyten Jahrhunderts lebten, bet Verfaſſer der vom Jamblich erhaltenen Fragmente ſey.

Verdaͤchtig iſt es, daß Jamblich nicht, wie Alle dere Schriftſteller meiftens chaten, zum Namen des Apollonius den Namen feiner Barerftadt hinzugefüge hat; verdächtig, daß Philoſtratus nirgends diefer Lebensbeſchrei⸗ bung erwähnt, verdächtig endlich, daß der Apollenius beym Jamblich an der Stelle, wo er von ben Meifen des Pythagoras redet, nichts von deſſen Aufenthalte ‚unter den Indiern faget *), da wir doch aus dem Philoftrarus, oder vielmehr aus dem Damis wiſſen, daß Apollonius bie Pythagorelſche Philofophle für Indiſchen Uriprungs bielt **), Allein alle diefe Drey Bedenklichkeiten laſſen ſich lelcht wegräumen. Auffallend würde es ſeyn, daß Jamblich das Vaterland des Apollonius ungenannt gelaſſen, wenn

nicht WAT 5 vili. 6. 7. 1%

240 Drittes Bud.

nicht andere Schriftfteler es auch gethan, und zmar deßywegen gethan härten, weil Apollonius von Tyana alle übrigen Männer gleiches Namens fo fehr verdunfelte, daß man, wenn man vom Apollonlus ohne meitere Be⸗ ftimmung redete, man nicht leicht an einen andern, ‚als

an ben von Tyana denken fonnte und dadıte *). Micht ſchwer zu erflären ift es, warum Philoſtratus

des Lebens bes Pythagoras vom Apollonius niche erwaͤh⸗

net babe.’ Philoſtratus liefert nirgends ein vollſtaͤndiges Verzeichniß der Bücher feines Helden; fondern führe nur diejenigen Schriften des Apollonius beyläufig an, melde ihm , durch gemiffe Begebenheiten und $ebensumftänte diefes Mannes, ins Gebachtniß gebracht wurden. Das gaͤnzliche Stiäfchweigen über den Aufenthalt unter den Indiern würde eine unauflöfliche Schwierig feit feyn, wenn’ es im Phlloftrates hieße, daß Pytha— goras, der Mennung bes Apollonius zufolge, von den Brachmanen felbft unterricheet worden wäre. Allein Apollonius fage nur, daß die Pythagoreiſche Philoſophie . | 0 aus *) Unter andern Apulejus Apol. II. pıg. 37%. Ed. Calvil, Sl ' quatmlibet medicum emolumestum probaveritis ; ego - ille fim Carinondas, vol Damigeron, vel Hilmoles, vol Joannes, vel Apollodius, vel ipfe Dardanus, vel quleunque allus poft Zoresfteem & Hoflanem Inter Magos celebratus of. Ich glaube, daß auch Strabo den Apellonins won Tyana in, folgender Stelle im Sinne ‚harte, Ex d' Eeudgmv SZßuÄArassw das, Ku post YusTıs. Kor Arsfavdeov de &Arn m ror XuTov TEoBov mavrınn, neraevn Adnvaıs, | qu TS KUTNS WoAeos, 81.4 mus yeswAsıdns 3.2. NeoQihos ıerpos,, ovaxoAasıs ArrsAAanıg 78 pvos. (Lib. XIV. pag. 954. Edit. Almelov.)

y

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 241 aus Indien abgeleitet ſey; und dies ſagte er in ber Ue herzeugung, daß die Gymnoſophiſten in Aethiopien, und die Aegyptiſchen Prieſter, unter denen Pythagoras lange gewohnt habe, urſpruͤnglich von den Jadiſchen Weiſen abſtammten*). Mehr aber, als durch) alle Beantwor⸗ tungen ber vorhergehenden Einwuͤrfe, werde ich in der Meynung , daß die angezeigten Stellen beym Porphhr nd Jamblich dem Apollonius von Tyana zugehören, dadurch beſtaͤrkt, daß in dieſen Fragmenten Pythagoras zenau fo beſchrieben wird, als Philoſtratus ung berichtet, 05 Apollenius ſich ihn vorgeſtelt und nachgeahmt habe. Diefe Uebereinſtimmung der Fragmente mit der Erzaͤh⸗ ung bes Philoftratus bemeift jweyerley. Erſtlich, daß ie Fragmente beym Porphyr und Jamblich wuͤrklich vom Apollonius von Tyana find, und dayn, da Philoſtratus, vie er auch ſelbſt geſteht, an ben Orten, die ich gleich emerken werde, der Handſchrift des Damis treulich ges olgt ſey. In den Fragmenten beym Jamblich und Porphyr efchreibt Apollonius den Pythagoras als einen außerors . entlichen Mann, ber zwar nicht vom Apoll erjeugt wor⸗ en, deſſen Seele aber doch aus einer höhern goͤttlichern Tlaſſe unfichtbarer Wefen als die Seelen gewöhnlicher Menſchen geweſen fey. Er erzähle, daß Pythagoras n feiner Kindheit und Jugend, wegen ſeiner ſeltenen Schönheit, die Bewunderung aller benachbarten Gegen« en auf fid) gezogen, und daß er befonders wegen feines. eichen und ſchoͤnen Haarwuchſes zauırns benannt wors den ")VI,e Il, p. 245. 246. 2 Apollon,

SH ERDE

244 it Buch.

den (ev; a ſeitem achtzehnten Jehee Cehet et fa) ‚babe er, regen ber fhon ſich gruͤndenden Tyranney des Polhkrates Sames verlaffen, um die weiſen Naͤmet feiner Zeit kennen zu lernen, und Gabe, befonders durch das Beyſplel und das Bureden bes Thales gereist, ſich die firengfte Enthaltſamkeit von Fleiſch und’ Wein aufge feat. Durch eben dieſen Weiſen ermiuntert fey er über Phönicien nach Aegypten gereiſt, und nad) einem Kufa enthalte von zweh und zwanzig Jahren, vom Kambyſes nach Perfien geführt worben. Allenthalben habe er DU Religionen und Gebräuche von Voͤlkern und Staͤdten ur terſucht, fich in alle Myſterlen einwelhen Laffen , und ſeh endlich mie aller Weisheie der Phoͤnicier, Aegypter, Chaldaͤer in einem ſechs und funfzigjährigen Alter nach

Sameös zuruͤckgekommen. Well man aber in feine

Vaterſtadt zuwenig Begierde nach feinen großen Kennt⸗ niffen bezeigt, und ihn überdem mit. Öffentlichen Su ſchaͤften zu oft beunruhigt habe, fo fe er endlich bee

en worden, nach Italien zu ſchiffen, wo er eine großt Anzahl von Schülern und Bewunderern erhalten, die ihn bey feinem Leben nur den göttlichen genannt, und nad) feinem Tobe durch das Wörtchen j jener bezelchnel. haͤtten *).

Alle dieſe Zage, mit’ denen Apoſſonlus ba Pothagoras mahlte, finden ſich in der Lebensbeſchreibung des erſtern, beſonders in den Stellen wieder, wo entwer der Philoſtratus ſagt, In welchen Stuͤcken Apollonius dem Pythagoras nachgeahmt habe, oder wo er auch den Apollonius ſelbſt aus deſſen eigenen Briefen, ‚und

0 der *) lamblieh. et Porpbyr, l, EN \

Sefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 243

der Handſchrift des Damis ſich über bie Natur, bie Ab⸗ fihe und Vorthelle der Pythagoreiſchen Phllofopdie. und Lebensart, der er fich ergeben habe, erflären läßt *), --

Aus diefen wichtigen Abfäzen der Biographie des Philoſtratus kann man gleichſam die verlohrnen Theite der Lebensbeſchreibung des Pythagoras vom Apollonius wiederherſtellen, und ſchließen, was Apollonius in den Abſchnitten, die wir nicht mehr haben, vom Pythagoras, dem Vater und Urheber ſeiner Weisheit, wie er ihn meh⸗ rere male nennt, erjaͤhlt und geurtheilt habe.

Um feinem großen Mufter deſto eher ahnlich zu werben, fing Apollonius als ein junger Menſch an, auf einmal feine ganze Lebensart zu ändern, Er. nährte fein. Haar, wie er glaubte, daß Pythagoras gethan babe ; kleidete fidy nur in Cattun⸗Leinwand, vermied förgfältig: olle Bebedung des Siibes, bie von Thieren genommen, oder aus ihrem Raube bereite war, und unterfagte ſich nicht nur den Genuß alles Steifches und Weins, fondern aud) fo gar der Liebe: eine Enthaltſamkeit, die Pytha⸗ goras nicht empfehlen und geübt hatte, „wodurch aber- Apollonius fein Vorbild noch zu übertreffen fuchte, und. nach dem Urtheil des Philoſtratus auch wirflich uͤber— of *). Er zog ſich aus dem Geraͤuſche von Tarſus das ſtillere Aega zuruͤck, und wohnte im Tempel des esculap, der ihn für feinen Michelfer erflärete, und oft ranfe an ihn verwies, welche Schmeicheley ihm In deu olge auch noch andere Götter machten, Auf der Reiſe, Q2 i die

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*) Lt’e 42, OR VE Il, VII, & % L 4 Im Ep. se es * Ä pell ® L

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Damis gaben daher vor (und Zeitgenoſſen, und nach

übernatürliche Unterſtuͤzung glorreiche Thaten oder un

‚und wenn er wolle, fich unfichtbar machen und verſchwi

\

244 Dreittes Buch,

‚bie er gleich nachher , während feines fünfjäßrigen Still

ſchweigens, durch die Staͤdte von Vorderaſien unter⸗

nahm, kehrte er allenthalben als Gaſtfreund in bie

heiligen Wohnungen der Götter ein, ließ fich in ihre

Myſterien einweihen, und unterfuchte oder: befferte ihren

Dienft , fie mochten Griechen oder Barbaren feyn. Die Gabe aus Träumen, Geſtirnen und andern Erfdeinuns gen und Gegenfländen zu weißagen, das Glück des Um gangs der Götter gewürdigt zu werden, das Wermögen, die Erfcheinungen der Götter von denen ber Helben und bloßen Phantomen unterfcheiden zu: Pönnen , endlich, dit Wiſſenſchaft, den Göttern auf die ihnen gefätligfte A! zu dienen, hielt er für elgenthümtiche Vorzüge der Pr ehagoreifchen Phitofophie, und für hinlaͤngliche Beloh⸗

“mungen für den Zwang, ben fie den menfchlichen Begier⸗

den und Leidenſchaften auflege. Ein nothwendiger Thill der wahren Pythagoreiſchen Verehrung der Goͤtter ſchien ihm die gaͤnzliche Enthaltung von blutigen Opfern, un der herrlichfte Segen derfelbigen diefer zu fenn: durch

ber verrichten zu fönnen. Apollonius von Tyana md

folgende Menfchengefchlechter glaubten es) daß er, Ay lonius, als ein Siebling und Wertrauter der Götter, ab gefchiebene Seelen hervorrufen, unreine Geifter, austt ben und bandigen, Todte erwecken, Seuchen und © beben abwenden , in demfelbigen , ober in einigen wenig auf einander folgenden Augenblicken ſich an mehren Dit zugleid) zeigen, ‚Ketten durch ein bloßes Wort brechen

den koͤnne, endlich, daß er die Sprache aller Voͤller »5 9 ul

F

Gefchichte ber Pothagoreiſchen Geſelſchaft 245

unb fogar ber Thiere verſtehe. Aller dieſer Goͤttergaben tuͤhmte fi) Apollenius, und man kann alfo gar nicht zwei- feln, daß er fie nicht auch gleich der Wiffenfchaft zukuͤnf⸗ tiger Dinge, der Vertraulichkeit mit den Goͤttern, dem Unterſcheidungsvermoͤgen der verfchiedenen goͤttlichen Naturen, dem Pythagoras zugeeignet habe *).

Wenn man'das erzählte geleſen hat, fo wird man nicht leicht von einem vernünftigen Manne ned; Unterſu⸗ ungen über die Unglaubwürdigfeit des Apollonius als eines Geſchicht ſchreibers des Pythagoras erwarten.

Man kann auch nicht einmal zweifeln, daß er zu ber Zeit, als er das Leben des Pythagoras fehrieb ,. fchon kein blofer Schwärmer mehr, fondern auch ein Betruͤ⸗ ger gewefen fey. Wenn es gedenfbar wäre, daß Apollos nius in einem folchen Grade hätte feichtgläubig und ver⸗ rüdt ſeyn koͤngen, dab er ſolche Dinge, vergleichen ich aus dem Philoſtratus ausgezogen habe, vom Pythagoras geglaubt, und auch ſich felbft zugetraut hätte; fo ift und bleibt es doch immer unwiderſprechlich, Daß er wider feine tigene Ueberzeugung redete, wenn er ſagte, daß Pytha⸗

Q3 goras

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*9 Apollonius glanbte, eben wie man vom Ppthagoras erzaͤhlte, in vielerley Koͤrpern zu verſchiedenen Zeiten erſchienen zu ſeyn, und hatte es zu einem Grundfaze. feines Lebens gemacht: allen Menfhen unbekannt zu leben, (VII. 28.) oder wenn dies nicht möglich ſey, wenigftens allen Menſchen unbekannt zu fierben. Dies fen Grundſaz nahm nachher Proklus, wahrſcheinlich auf das Anſehen des Apollonius, als aͤcht Pythagoreiſch an, ungeachtet er aus der Philoſophie des Epikur abſtammte, und von allen Widerſachern des Epikur, beſonders aber vom Plutarch, als eine der menſchli⸗ chen Geſell ſchaft gefährliche Lehre beſtritten worden war.

40 Brietee a

goras alle ſelne wiffenfihaftliche Renntnife , fogar feine Zahlenlehre, und den wahren Goͤtterdienſt von ben Aegy—⸗ ptiern erhalten, und daß dieſe widerum afles den Indiern zu danfen hätten, Apollonlus war felbft in Aegypten und Indien gewefen ,: und mufte es baher wiſſen, daß ‚weder Aegyptier noch Indier ſo dachten und Iebten, als er den Damis überredet hatte, Es finden ſich noch viele "andere Proben in der Lebensbeſchreibung des Philoſtratus, aus welchen unlängbar erhellt, daß Apollonius oft ein Betrüger, und Damis ein fehwacher Berrogener war, Ich verweife hier aber nur kurz auf die Stellen , m Philoſtratus nady dem Damis erzähle, was Apollonius dem leztern über die Wunder und Grundſaͤze der Brady manen, und über Die Hetvorrufung und Unterredung mit dem Schotten bes Achill vorgedichtet Hatte. Unterdeffen läße ſich beweifen, daß Apolluiut, Kleinigkeiten ausgenommen, im Leben des Pythagoras nichts vorgetragen habe, mas nicht don aͤltern Schrift

ſtellern, befonders dem Heraklides und Hermipp geſcgt, |

und von ben Zeitgenoſſen bes Apollonius geglaubt mer den. Ungeachtet er ganz aus eigenem Antriebe, und ohne irgend ein Iebendes Beyſpiel vor fih zu haben, die Sebensart erwählte, die er für Pythagoreiſch hielt *); b war ee doch nicht der einzige angebliche Pychagoreer jentt | Zeiten, noch vielweniger der einzige oder erfte, der ſo vom Pythagoras dachte, und ihm auf eine ſolche Ar iachzueifern fuchte,

) - | u Sim j TUE —— *

*) Zwar hörte er einen Ppthagoreer Euxenus in Tarſus; allein er urtheilte ſelbſt, und diefer des Namens, Di er angenommen habe, unw Ps ſep.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefellfcaft. 247

Im Zeitalter des Cicero gab es gute und boͤſe Maͤnner, die dem Apollonius aͤhnlich waren, und den Pythagoras und die Ppthagoreiſche Philoſophie für das hielten, wofür Apollonius fie hielt. Vatinius und. 51: gulus waren bende Pythagoreer, beybe glaubten an Mas gie, Zauberen, Befchwörungen und Welßagungen *). Der legte gab ſich felbft für einen Mann aus, der in ber Eterndeuterey und andern Künften, die man damals unter der Magie zufammenfaßte, erfahren ſey. Im Zeitalter des Plinius war es berrfihende Meynung, daß ° Pythagoras die ganze Magie von Barbaren gelernet,- und in Griechenland gelehrt und ausgeübt habe **). Auch Plutarch führe einen Pyrhagoreer Theanor ein, der an Traymgefichter glaubte, ber Erfcheinungen verftgrbener

4 - und

e

)Et quoniam omalum rerum magnarum a diis immor- talibys priacipia ducuntur, vole ut mihi relpondess tu, qui te Pythagaricum foles disere, et hominig doctiſſimi nomen tule Iimmanibua et berbarls moribus praetendere ; quae ts tanta pravitss mentis tenuerit, qui tantug furor, us cum inaudita, ac nefsria ſaera füfceperis, eum Inferorum salmas elicere, cum pue-

, rorum extis daos manes mastare foleat u. f. w. Cie, - In Val, c.& Vom Figulns erzählt Apulejus folgendes: (Apol.. p. 338.) Itemque Fablum, sum quingentos denariog perdidiffet, ad Nigidium confultum veniſſo: ab eo pueros earmine inſtinctos Indieafle, ubi Jocarum defofla effet erumena, eum paste eorum, ceteri ut korent difiributl ; unum gtlamı denarlunı ex eo numero habere M, Catonem Philofophum, queın fe a pedif- fequa in Alpe Apallinis aecepiffe Cato confeflus eſt. Figulus erhielt diefen Namen von einem Beweife, den er für die Zuverläffigfeit der Sterndeuterey vorbrachte, Man ſehe Augukin, de Civit, Dei, V. 3. **).Lib, XXX. I. j

* .

-

248 Drittes Buch. Br

und lebender Menſchen zu unterfcheiben waſte, der Geiſter hervorrief, ſich mit ihnen unterredete und Stimmen hoͤrte *). Alle diefe Zeugniſſe beweifen,, daß man im Zeltalter bes Apollonius allgemein vom Pythagoras eben fogeurrheilt babe, als Apellonius , und alfo nod) vor und im Anfange unferer Zeitrechhung bie beften und zuverlaͤſſigſten Geſchicht · fchreiber des Pyrhagoras in Wergeffenheit gerathen, und von den unmürbigften Erdichtern verdrängt worden waren, , ' | moderatus.

Ein ander berühmter Pythagoreer des erſten Zap hunderts, und ein Zeitgeneß des Apollonius iſt Modera⸗ tus von Bades, Plutarch fpeifte mit einem feiner Schü ler, unb man feze ihn Daher nicht ohne Grund in die Res gierung des Nero **); - Er fchrieb ein Werk über die

- Pprhagereifche Philoſophie, welches Porphyr und mehrere Schriftfteller in den folgenden Jahrhunderten als vortrefs lich loben,“ wovon aber nur Porphyr allein ***) und - Stebäus +) einige Fragmente erhalten haben, Dies Werk hatte Aldobrandin noch in Händen, und jog, mie er ſagt, nur eine furze Stelle daraus an weil er boffie, daß es nächftens würde bekannt gemacht werben "t) Mode⸗

P— Tom. VIII. 304 S. Edit. Roiakii. Ich habe zwar ehe⸗ mals an der Nechtheit dieſer Abhandlung gezweifelt; —— jezo, daß ich es ohne hinlaͤnglichen Grund

an babe

*) Vill.'7. Symp,

**260 48-5 ‘2. }

+) Lk Phyf. Fel. 2,

- 1) Aldob. ad Diog, VIII. 2$.

N 4

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 249

Moberatus *) war in’ ber Mepnung, baf Pate, Arifloteles, Fenofrates und Ariftorenus ſich die wichtig⸗ ſten Erfindungen der Pythagoreer, als die ihrigen zuge eignet, und diefen Männern nur foldye Gebanfen und Lehren übrig gelaffen hatten, auf welche nicht leicht jemand ſtolz fenn koͤnnte. In diefer Meinung, die eine große Unveiffenheit in der ältern Geſchichte, und eine nicht ges ringere Unbeleſenheit, befonbers in den Schriften des Ariftoteles, voraus feste, gab er der Pythagereiſchen Philoſophie eine durchaus Platenifche Beftalt, und fuchte ihr durch mühfame Erflärungen das wieber zu gewinnen, was er glaubte, daß Plato und feine Schüter derfelben entwandt hatten, Er verwandelte die ganze Arichmerif . ber Pythagoreer in ein hieroglyphiſches Zeichenſyſtem, wodurch fie ihre Begriffe über,das Wefen , fomohl ber: unfichtbaren , ſich ſtets gleichen und unveränderlichen,, als der wandelbaren und veränderlichen Dinge, die fie nicht durch Worte ausdrücken fönnen, angedeutet hätten. Er glaubte daher, daß die Pythagoreer unter ihren Zahlen nicht wirkliche Zahlen verftanden , fondern daß fie dieſel⸗ ben als Symbole ganz von ihnen verfchieberier Begriffe . gebraucht hätten **). Co fehr diefe Behandlung der

a Q 5 Pryrdas

*) 8. 53 Porph, **) un duanıya, Oncı, To menra ln neu Tas Feurus Kas sadws Tw Aoıyow —XRC dic re To u‘ uozeewonTov &uray mas dunefusor, BALEYEvOTo EWI TES WeUBS ; ; EUINAE dduo-. Kokos Kae, Kiunaapnevos TES YEWETORS 17.72 Tas Yonumarısas. = —- Kay Erw Tov ner ns dvoTnTos Aoyov, Kos Tov TNE TAUTOTNTOR Ho TuS

ss, Dritied Buch, j | Pythagorelſchen Zahlen auch, wider alle Geſchichte ſtritt; ſo fand ſie doch im erſten und in den folgenden Jahrhun⸗ berten allgemeinen Beyfall. Plutarch nahm fie ohne Einſchraͤnkung an *), „und wenn er von ben Zahlen ber Pythagoreer redet; ſa muß man unter den leztern faſt immer nur den Moderatus, und deſſen Schuͤler Jolius Tuſcus verſtehn. Plutarchs Beyſpiele folgten alle neuere Platoniker und K irchenvaͤter; auch dieſe legten die Zah» len quf diefelbige oder auf eine ähnliche Art wie Mode: ratus aus, trugen, wie er, bie ganze Plaronifihe Phl- loſophle In die Pychagoreiſche uͤber, und es wurde daher nicht lange nach dem Zeitalter des Moderatus eine allge⸗ mein hertſchendo Uebertedung, daß die erſtere ganz aus der Ieatern geſchoͤpft, und mit ihr völlig einerle ſey.

Nikomachaus. Den Fußſtapfen des Moderatus und Hexraklides Pontifus folgte Nikomachus, der vor dem Apulejus, wahrſcheinlich gegen die Hälfte des zwepten Jahrhunderts,

lebte,

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IE. X. T. A. * Man ſehe beſonders feine Abhandlung regı. vu Te

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Geſchichte der PythagoreiſchenGeſellſchaft. ayr

lebte ). Er war ſowohl Lebensbeſchreiber des Prrbas goras, als ein Geſchichtſchreiber feiner und feiner aͤltern Schüler Philoſophie. Won ihm find außer feinen Grundriſſe der Tonkunſt und feiner Auslegung der Zah⸗ lenlehre noch viele und wichtige Sragmente beym Stobäus und Photius (von welchem leztern ich unten reden werde) vorzüglich aber beym Porphyr und Jamblich, bald mit bald ohne feinen Namen übrig **), , - Wenn man dem Urtheite des Jamblich trauen dürfte , fo würde Nikomachus zu den größten Männern des Alterthums gehören **). Er nennt ihn einen außer ordentlichen Mann, der in den mathematifchen Wiſſen⸗ ſchaften wenig feines gleichen gehabt habe. Cr rühme feinen Tieffinn und erfinderifihen Geift, Die Orbnung und den Zufammenhang feiner Gedanfen, bas beflimmte, gebrungene und abgerunbete feiner Schreibart, Sieht man hingegen die Fragmente bes Nikomachus felbft any fo muß man darüber erflaunen, was die neuen Platonis fer alles ohne ‚den geringfien Argwohn zu glauben ins Stande waren, und wie leiche Uebereinſtimmung in Meynungen, einen Thoren in ben Augen des andern zu einem großen Manne erheben koͤnne, Nikomachus er⸗ zählte +), daß Pythagoras gleich nach feiner Ankunft in Itallen durch eine einzige Mede einen Haufen von zweh⸗ taufend Menfchen, Wlänne u Weiber und Kinder, ſich ſo

*) Jonf. II, XII. 2. #*) Porph. 28-33. Diefen entfpredhen Jambl, 30: 37. ferner Jambl. 25, 53. diefen entfprechen Berph, 51 59. endlich Juabl. in Nieom, Arichm, p. 6%) l, e. P-3. 4 1) Bosph. 5 29- 3. in Vit, pyth.

.

Sr, Dritte Bu

zukehren, aufgegeben, und eine gemeinſchaftliche Woh— nung errichtee hätten, um in einer völligen Gemeinſchaſt

ungeftört genießen zu Pönnen, Diefe feine “Jünger, fuhr

Nikomachus fort, hielten ihn für einen Gott, und ſchwo- - ren bey feinem Namen eben fo wohl, als bey der hell ‚gen geheimnißvollen Tetrafiys. Unter feine Schuͤler

rechnet er den Zaleufus und Charondas, ben Epimenides, Abaris, Empebofles und Tamolxis, und glaubte zu gleich an alle Wunder, die man bis auf feine Zeit dem Pythagoras angedichtet harte. Auch in der Geſchichte des Uinterganges des Pythagoreiſchen Bundes, und de Schickſale und $ebensart der wenigen übrig gebliebenen

: Mitglieder, fo wie Nikomachus fie vortrug , findet [id

viel fabelhaftes, unter weldyen unglaublichen Nachrichten aber feine foneu, und den Zeugniffen aller übrigen Schrift: fteller fo entgegengeſezt iſt, als diefe: daß die Por goreer nach dem Tode der größten Männer ihres Bundes

| fi) aus aller menfchlichen Geſellſchaft in Einoͤden zutüd,

gezogen , und ſich auch ganz in ſich felbft verfchloffen hät ten. Diefe kurzen Auszüge lehren, daß Nikomachus eben fo leichtglaͤubig als unmiffend in bee Gefchichte und

Chronologie war, und zeigen, wie wenig man von einem

folhen Manne richtige Auslegung der alten Pythagorei⸗ ſchen Philoſophie und Zahlenlehre erwarten koͤnne.

| Auf den Nikomachus folge unter den Min: nern , deren Nachrichten über den Pythagoras und beffen Philoſophie vorzügliche Aufmertfamfeit verdienen,

Dioge⸗ J \

*

J fo eigen hemocht und ſo bezaubert habe, be fie fo glelch | alle Gedanken In ihre Heimarh und Behaufungen jurüd.

aller Güter ,, des himmlifchen Unterrichts des Pythagoras

Geſchichte Bei Pythagoreiſchen Geſelſſchaft. 253

Diogenes,

den man vom Diogenes von Laerte ſorgfaͤltlg un⸗ terſcheiden muß. Wann und wo dieſer Diogenes gelebt babe, und wer er gemwefen fey, läßt fidy nicht genau bes flimmen ; daß er aber fpäter als alle bisher von mir bes urtheilte Schriftſteller gebohren wurde, und in bie erfte Hälfte des dritten Jahrhunderts falle, fieht man aus ſei⸗ nen Sragmenten , in denen Nachrichten aus dem Ariftos yenus, Heraklides, Timdus, Neanthes, Moderarus und Nikomachus vorkommen, Er fchrieb ein Werk von ben Wundern jenfeits Thule, das nur allein Porphyr *) namentlich angeführt bat **): ein Beweis, daß er nie ſehr

|)

*) S 10. 32. , '

HR), Nachdem ich dieſes gefhrieben hatte, fiel mir wiederum ' ber Abſchnitt in der Bibliothef des Photius in die Hände, worinn aus dein Werfe des Diogenes ein Auszug mite getheift, And ein Urrheil darüber gefällt wird. Dies fen Abfchnitt hatte ich zwar fhon früher gelefen, aber nicht angemerkt, weil ih aufden Mann felbft noch nicht aufmerfjam geworden war. Nach dem Auszuge nun beym: Photius waren dis Aoycı Toy. umso OSAnv KTIı7aV

“ein Roman, in welhem Diogenes einen gewiffen Dis niad gerade in diejenigen Länder, die den Öriechen am wenigften befanut waren, reifen, allerley Abentheuer erleben, und nachher erzählen fieß*). Dieſen Erzähluns gen flocht er auch, wie Photius fagt, die Geſchichte

"des Pythagoras ein, die gewiß nicht am ivenigs ften Unglanbliches enthielt. Photius vermuthere, daß

er nicht lange nach dem Zeitalter Aleranderg gelebt habe, allein er bringt gar Feine Beweiſe, ale eine neue Vers muthung bey, daß nämlich Lucian, Achilles Tatius, Heliodor und andere Mährchenbichter, ſich nach dem Mufter des Diogenes gebilder zu haben feinen. re Jenn

. ) Cod. 156, ap. Phot,

1 7T

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fehr befanht geworden, oder großen Beyſall erhalten babe, Außer dem Porphyr hat aber no. Jamblich, ohne ihn zu nennen, ſehr vieles aus ihm entlehnt, wie ich unter dem Abſchnitt vom Jamblich weitläuftiger bar. thun werde.

Porphhr ſagt awar von Ihm, daß er ſeht genau und umſtaͤndlich vom Pythagoras gehandelt habe; allein,

eben dies Urtheil zeigt, daß Porphyr über, die Glaubwuͤr⸗

digkeit von Schriftſtellern gar nicht zu urtheilen im Stande

war. Nach den Ueberbleibſeln der Schrift dieſes Man⸗

nes zu ſchließen, war er zwar Fein Erdichter oder Wer: Alſhder, aber ein hirnloſer Sammler, der aus ullerley, Werfen ohne Auswahl wahre und falfche, ja ſich ſelbſt "widerfprechende Erzählungen zufammenraffte, ohne fie zu prüfen, oder ihren Widerſpruch zu bemerfen, der afles, auch das Unglaublichfte, glaubte, mas man vom Pytha⸗

goras gefabelt hatte, und der fich endlich gar niche um

die Zeit, mann der Samifche Weltweife und andere bes ruͤhimre Männer lebten, befümmert hatte,

Diogenes redete von der wundervollen Crreftung und Erziehung des jungen Pythagoras anders, als irgend ein glaubiwürdiger after Gefchichtfchreiber getan Hatte *);

er war überzeugt, daß Zaleufus und Charondas, nicht

weniger Tamolxis und Abaris Schüler des Pythagoras geweſen kon, oder doch von ihm uncertichtet worden. Er ban.

tung

* Wenn Diogenes ſo früh gelebt hätte; und yon. ſo vier ‚len nachgeahmt worden waͤre, als Photius glaubte; ſo wuͤrde er gewiß oͤfter angefuͤhrt worden ſeyn. Ich finde daher keine Urſache, mein Urtheil über das Zeits

Alter des Diogenes abzuändern, %)_Porpbys 5. 1 19, . |

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Geſchichte der Pothegoteſſhen Geſellſchaft. 253

handelte von den Keifen des Pythagoras unter ben Araa ben, Juden, CEhaldaͤern und Perfern, tind von der großen Weisheitsfchäzen , die jener aus dem Umgange mit den Priejtetn und Philoſophen dieſer Voͤlker nach Griechenland zuruͤck gebracht habe: er bewunderte ben. Pythagoras als einen Mann,” der mit ben Göttern eben: fo vertraut, als mit. enſchen umgegangen. ſey, der butch ihre Hülfe große, die gewoͤhnlichen Kraͤfte dei Menfchen Überfteigende Thaten verrichtet, und fein Leben In ber Betrachtung uͤberirtdiſcher, unvergaͤnglicher und unwandelbarer Dinge zugebracht habe. Ich uͤbergehe hier andere Unrichtigkeiten, die ſich In feinen Fragmenten beym Porphyr *), und noch mehr beym Jamblich finden, und die alle zu der Schluſſe hin⸗ führen, daß Diogenes in einem Zeltalter fsbte,. in wel⸗ chem man eine richtige Kenntniß bes Alterthums ſchon gan) vetlohren, und im welchem auch bie fabelhaften und unglaudbmwürbigen Schriſtſteller ſchon voͤllig das Uebere gewicht über Die juverläffigen erhalten hatten. ° Ein Zeitgenoß des Plotins, und wahrſcheinlich auch des Dlogenes, von ‘dem ich eben Heredet habe, war Numeniug, der In der erfien Hälfte des dritten Jahr⸗ hünderts-bie Platoniſche Philoſophie In Athen fehrete **),- Auch et verband, wie Die meiften Piatoniker des erſten und zwehten Jehe hunderis Platoniſche und Pythagoreiſche Philoſophle, und glaubte nicht nur, daß die Gedanken“ des Pythagoras und Plato mie einander übereinftimmten, ſondern daß auch mit ihnen wiederum die Religlonen bet: Indier,

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98 10. igl nud j2- -46 "über: 45. kotpbit. in vie, Plot.

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456 > Dritte Buch. | —* ‚Juden, Phoͤnlcier und Aegyptler und bie eynungen ihrer Priefter einerley wären. Er war in

dem Wahne, daß Plato befonders den Juden vieles zu danken babe, und nannte: ihn daher den Attiſchen Mo fes. Er redete mit Bewunderung, von ben Thaten Mofis in Aegppten , und von der göttlichen Kraft, womit Jan⸗

33 und Jambres, Aegyptiſche Prieſter, die Wunder des Iſraelitiſchen Geſezgebers nachgeahmt oder verrich⸗

ur tet hätten. Er hielt fie alle für goͤttliche Wunberthäte

und Magier; und man kann alfo feicht denken, daß er auch den Pythagoras für einen felchen anerkannt babe *).

Wohrſcheinlich im Zeitalter dleſes Mannes ſchrieb

| Diogenes von Kaerte und Sertus,

unter welchen der erſtere ſein ganzes achtes Buch

dem Pythagoras und deſſen Schuͤlern gewidmet hat. Diogenes iſt in dieſem, wie in ſeinen uͤbrigen Buͤchern, ein leichtglaͤubiger, verworrener, nicht ſelten ſich ſelbſt wider ſprechender Schriftſteller, der aber weder den

Vorſaz, noch die Faͤhigkeit hatte, zu erdichten. Et

behielt faft immer die Worte der Maͤnner, bey, bie er ausfchrieb, und hierin Hege der Grund, warum feine

Sprache ſich felbft fo ungleich, oder von n ch ſelbſt ſo ſeht

verſchieden iſt.

Diogenes verdient alſo, wie alle ihm aͤhnliche nicht welter Eompilatoren biefer Art, Glauben, w wenn r | | gewi

. ———

) Siehe Eufeb, Praep. hen 7.8. in den folgenden Büchern bes Eufebius fidben 2 noch viele Ftagmente dieſes Mannes.

I.

* .

Gefchichte der Pothagoreiſchen Geſelſchaft. 257 "

wiß iſt, daß er-zufälliger Weiſe fichere Urfunben und. eſchichtſchreiber ‚vor ſich Hatte. In der Erzählung ber bensumſtaͤnde Des Pythagoras nennt er feine Gemährs. aͤnner viel feltener , als er font zu chun pflege, und tan kann daher alle namenlofe Stellen nie mit Zuverſiche m Örunde legen, well wir aus andern, wo er feine uellen angibt, wiffen, daß er dem Heraklides, Here Ipp, Timäus und Neanthes eben fo wohl, als dem tiſterenus oder Ariftoteles folge. In der Geſchichte der Einrichtung ber Prrthagorel« ven Geſellſchaft, ſcheint er vorzüglich den Ariftoxenus braucht zu haben, mie aus der Folge erheflen wird, en kurzen Orundriß der Pythagoreiſchen Philoſophle wid nahm er aus den Schriften des Arifioteles und $ Alexanders, und hler verdient er Daher am alletmei⸗ m-Olauben oo a | Woprfcheinfich Ahöpfte Sertus, in deſſen zehn⸗ m Buche fich ein wichtiges Fragment über die Pythago⸗ iſche Zahlenlehre findet, aus denfelbigen,,. oder aͤhnli. a Quellen, Sextus und Diogenes ſtimmen eben ſo St In den Hauptlehren, die fie für Pythagoreiſch aus- den, mit einander überein, als fie vom Moderatus, tfomahus,; und aflen neuern Platonikern abmeichen, Nachdem ich ist alle merkwürdige Geſchichtſchrel⸗ | "des Pythagoras; feiner Schüer, und. beyder ihre Phi- lophie beurtheilt habe; fo komme ich endlich zur lezten MD einer-der ſchwerſten Unterfuchungen dieſes Abfchnitrs: ur Prüfung der Biographie des Ppthagoras vom Por⸗ hye und Jamblich, in welchen das wichtigſte von dem, | das man während ganzer fieben Hundert Jahre über bie Porfagsreer gefchrieben hat, und zugleich die größten on N Bruch

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258 Drittes Buch.

Brucflüde aus den meiften vorhergehenden Gefthicht, ſchreibern, aber freylich faſt immer ohne Merkmal und Sinfchrife enrhalten find. Es koͤmmt alfo darauf an, die dern Werth nach fehr' ungleicyen und durch einander geworfenen Güter fo vieler Eigenthümer abzuſondern, das Alter und‘ Anfehen derfelben zu beffimmen, und wenn es mögtich iſt, ein jedes feinem: wahren Befizer wieder

zuzueignen. Laͤßt fich eine. folhe Theilung ganz, oder doch größtenteils zu Stande bringen und ausmadyen,

aus weichen Schriftſtellern eine jede Nachricht oder Ab.

faz des Porphyr und Jamblich genommen ift; fo Eann man auch mit Hülfe der Bisher gefällten Urthelle beftim- men, wann man diefen beyden Männern trauen oder nicht trauen, und was man überhaupt in der Geſchichte der Pythagoreer glauben oder nicht glauben muͤſſe. Bevor ich aber meine kritiſche Scheidekunſt an - dem Porphyr und Jamblich verfche, muß ich nothwen⸗ big den Grund oder Ungrund der Zweifel prüfen, welche viele berühmte Gelehrte gegen die Eprfichfeit und Auf⸗ richtigkeit dieſer Schriftſteller im Erzaͤhlen geaͤuße haben. Dee Biſchof Loyd, Kuͤſter, Mosheim, Bru und ein ganzes Heer von blinden Nachſagern waren der Meynung, daß Norphyr und Jamblich die meift Wunder, die fie. vom Pythagoras erzählt haben, In Abſicht erfunden hätten, um dadurd) bie Wunder unfers eilandes und feiner “Jünger verdächtig zu machen: Man eiguete allen neuern Platonikern den unverföhnlichften Haß gegen dag Chriftenthum zu, und glaubte wider alle richs tige Zeitrechnung, daß feibft Philoftrarus, der früher fhrieb, als Ammonius Saccas Ju lehren anfing, und Plotin gebohren wurde, doch ein Waffentraͤger dieſer Man⸗

Geſchihte der Pythahoreiſchen Befefaft, 259

Männer. gerdefen (ey, und feinen Helden, den Apollonius, als einen großen Wunderthaͤter geſchildert habe, um ihn dem goͤttlichen Stifter unſerer Religion an die Seite zu‘ fun *). Dieſe faft allgemeine Meynung von der Er dihtung von Wundern, durch den Philoſtratus, Por⸗ phyr und Jamblich, und zwar in der vorausgefesten Ab⸗ fiht, Fäuft fo fehr wider Die ganze Gefchichte des Pytha⸗ goras, Apollonius und der neuern Platonifer, umd verräth eine ſolche Unbeleſenheit, oder doc; Undufmerffamkeit im Sefen und Beobachten , daß ich es faum begreifen kann, wie nur mittelmäßige Gelehrte auf fie verfallen, fie ans nehmen, und fo large gelten laſſen konnten.

Ich will nicht einmal darauf dringen, daß ſelbſt die Beſtreiter des Chtiſtenthums, unter den neuern Pla- tonikern, ſtets mit der größten Hochachtung von Moſes und Epriftus geredet, ımb nie daran gebaiht haben, die Wirklichkeit ihrer Wunder zu laͤugnen, oder zu bes zweifeln, daß man ferner weder den Porphyr noch den Jemblich jemals, auch nur einer einzigen Erdichtung überwiefen Hat, und daß man endlich in ihren Schriften nicht die geringſte Spur: von Vergleichung und Veraͤhn⸗ lichung der Wunder des Pythagoras und unſers Heilan⸗ des entdeckt; aber das, denke ich, haͤtte man doch nicht uͤberſehen koͤnnen und ſollen, daß die aͤlteſten Geſchicht⸗ fhreiber des Pythagoras dieſelbigen Wunder erzählten, die fich im Porphyr und, Jamblich finden, daß eben dies fes von beyden ausdruͤcklich verfichert wird, und daß man

5 N 2 en |.

*) Man ſehe hierüber meine Abhandlung Aber die Neu⸗Pha⸗ toniſche Philoſophie im dritten Seid: des sahne ‚Magazine. |

-

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260 Drittes Buch.

im ‚erften und gwepten Jahehundert aflgemeln fo vom Porhagoras urtheilte, als fie ihn geſchildert haben, Die

. folgende Unterſuchung wird einen jeden überführen, daß eben die Weltweifen,. bie man argliftiger Erdichtimgen

halber In Verdacht hatte, niche nur alle ihre Nachrichten aus. vorhergehenden Schriftſtellern nahmen , fonbern fie auch faſt durchgehende mit den Worten. derer, Die fie auf

ſchrieben, erzaͤhlten. Beyde waren won einer ſo einſl⸗

tigen, kindiſchen und trugloſen Ehrlichkeit, und von dem

" Borfage, ihre Leſer Durch neue von ihnen ſelbſt erfundene Fabeln zu hintergehen, fo weit entfernt, daß fie in ihren

Auszügen fo gar die Bemetkung foldyer Männer mitrhels ten, welche glaubten, daß bie Pythagoreer ihrem Meiſter viele Wunder angedichtet hätten, Wenn fie fo verfchmif

geweſen wären, als man fie fid) gemeinlglich vorſtellt; ſo

wuͤrden ſie gewiß dergleichen Gedanken unterdruͤckt haben,

wodurch ihnen ihre eigene Leichtglaͤubigkeit vorgeworfen, und die Glaubwuͤrdigkeit ihrer Erzählungen vernichtet oder geſchwaͤcht wurde, Ich trage Daher Fein ‘Bedenken,

die ganze Anklage von Erdichtung gegen den Porphyt

und. Jamblich für falfh und grundlos zu erklären, und

, halte die. Unverfälfchtheit der Fragmente und Zeugnifle, aus denen ihre Sebensbefchreibungen zufammengefezt find,

für eben fo gewiß, als ich gegen bie Zuverlaͤſſigkeit bet meiften mistrauifd) bin. nn | In diefer Unterfuchung nun, aus welchen Schrift:

Bellen Porpfye und Jamblich eine jede Erzaͤhlung, ober

einen jeden Abfaz genommen haben, werde ich folgende Kegeln zu beobachten fuchen, gegen Beren Richtigkeit

man ſchwerlich im allgemeinen etwas einzumenden haben wird, Aber. deren fehlerlofe Anwendung aber [red

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en der pohaonſher X a6

ſich telche Zweifet und Bedenklichkelten mußten

Können.

u )) Gebe ich ganz genau auf bie Stefien ade, wo

der eine ‚oder der andere die Männer nennen, aus wel⸗ hen - die erſtere entlehnt find, und ſuche aledann aus Aehnlichkeit der Sprache und bes Inhalts, oder auch

aus dem Uebergange in ganz neue Erzählungen und Mas

teen, zu beſtimmen, wie weit ſolche Zeugniffe reichen. Meifteng find bie Abſaͤze oder bie Uebergänge von dem

Fragment eines Schriftftelfers zum Fragmente eines ans '

dern fehr Fark abgefchnitten : bisweilen aber iſt es zwei⸗

felhaft, wo eine Erzählung aufhört, und die andre fi

anfängt: und ſolche Stellen oder Faͤlle werde ich aufriche fig anzeigen. -

2). Wann Ich Tolche Fragmente, beren Verfaſſer

von einem der beyden Compilataren genannt ift, in dem

andern auch ohne Namen, , aber mit benfelbigen oder wer

nig veränderten Worten wieder finde 5: fo ſchreibe ic; ſolche gleiche oder ähnliche Stellen nicht nur demfelbigen Manne zu, fondern ich forfche auch nach, ob nicht vielleicht deu» jenige, dev feinen Gewaͤhrsmann verfchwieg, mehr aus⸗ 309 und abſchrieb ale der andere. Sehr oft kann man diefes aus Dem Fortgange ber Erzählung, aus der Gleich⸗ beit der Sprache, aus ber Uebereinſtimmung und dem

Zufammenbange der Marhrichten mit dev größten Gewiß⸗ beit beſtimmen, und alsdann ſchließe ich, daß alles, was mit einer Stelle, deren Verfaſſer bekaunt if, unläugbar

infanınien Bängt, von berfelbigen Hand herruͤhre.

3) Sammte und bemerfe ich mit der größten Sorge falt alle Bedanken und Rachrichten, bie von anbem

R3. Schrift.

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1

262 Ze ‚Drittes Buch.

Shhrifeſlellern aus diefem oder jenem ältern Sefäkt fchreiber, mern auch nicht mit den Worten der legten, doch dem wefentlichen Inhalte nach angeführt. werden: Wenn ich nun folde Gedanken und Nachrichten , von denen es befannt ift, daß diefer oder jener fie zuerſt, oder doch auch erzählte, im Porphyr oder Jamblich, die bloß abfchrieben, autreffe; fo halte ich mich berechtigt an⸗ zunehmen , daß die ganzen Stellen und. Fragmente,

worin fie eingewebt find, öder zu \denen fie gehören, dieſelbigen Verfaffer haben. Doc erlaube‘ ich mir diefe

Art zu ſchließen nur alsdann, mann die Abſchnitte, In denen ich die Gedanken oder Erzählungen aͤlterer Ge ſchichtſchreiber finde, durch) Schreibart und übrigen In⸗ halt meine Vermuthung beguͤnſtigen, und ſich hingegen

nichts darin findet, was fie verdaͤchtig machen koͤnnte,

denn ſonſt wuͤrde man ſich, wie ich oben ſchon bemerkt

| babe, fehr oft irren, wenn man immer voraus ſezte, daß

allenthalben, wo Nachrichten eines Ariftofenus, Hera⸗ klides und anderer vorfommen, audy ganze underänderte aus den Werfen diefer Männer abgefchriebene Stellen und Fragmente vorhanden ſehen. Nach dieſen Vor: fehriften nun hoffe id) faſt das ganze Fragment ber Le⸗ bensbefchreibung des Porphyr, und den größten Theil ber des Jamblich, in ihre Beſtandtheile aufloͤſen, und die Schriften angeben zu Fönnen, aus welchen fie entlehnt worden ſind. Ungeachtet unter diefen beyden Compila⸗

tionen bie des Porphyrs die kuͤrzeſte iſt, fo iſt fie doch

unſtreitig die wichtigſte, weil ſie den Schluͤſſel zu der

Jamblichiſchen enthaͤlt, die ohne fie faft durch und durch

unbrauchbar ſeyn wuͤrde. Porphyr nennt ſehr haͤufig die Manner, denen er * figte und- durch Huͤlfe dieſer An⸗

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefellfchaft. 263

Angaben fann man meiftens heraus bringen, welche Werke Jamblich vor fich ‚harte und ausfchrieb. Glücks licher Weile gibt Jamblich da, wo Porphpr feine Vors gängee verfchmeigt, ihre Namen an, oder man findet‘ auch In den Sragmenten des erftern, deren Berfaffer man ° aus dem legtern entdeckt hat, Stuͤcke, durch welche man nlederum an andern Etelen dem Porphyr auf die Epur fommen ann.

Porphyrs Abensbeſchrelbung verraͤth keine von den Vorzuͤgen, die man ihrem Verfaſſer in andern Werfen nicht abfprechen ann, und hingegen alle Schwachheiten, Gebrechen und Fehler, morüber ſich feine Tadter nur je luſtig gemacht haben. Porphyr war gewiß der fcharffine nigfte Kopf, der größte Gelehrte und einer ber erträgliche ſten Schriftfielfer unter den neuern Platonikern. Man muß es nothwendig wiffen, daß in bem Zeitalter, in. welchem er lebte, Erziehung, Unterricht und herrfchende Denkart, Schwaͤrmerey und Aberglauben beguͤnſtigten, um es nicht unglaublich zu finden, daß ein ſo geiſtvoller Mann, als Porphyr, der durch den Longin gebildet, und durch die beſten Werke der Alten genaͤhrt war, in einem Alter von dreyßig Jahren, von dem verworrenen, gei⸗ ſterſehenden, und aus ſich ſelbſt weggeruͤckten Plotin, fo bezaubert und hingeriſſen wurde, daß er völlig in diefelbis gen Raſerehen verfiel, und, Feine Zwifchenräume von . Zmeifel und gefunder Vernunft ausgenommen, darin bis an feinen Tod beharrte. Es ſcheint zwar nicht, als wenn Porphyr gleich nach feiner Befanntfchaft mit jeinem jwepterr Lehrer ein uneingefchränftes Zutrauen zu ihm ge⸗ faßt, und alles für Wahrheit angenommen habe, was

. R4 | | er

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ſelbſt umzubringen, und feinen unfterblichen Geiſt an

er verfiel von Zeit zu Zeit, wie fein Brief an den Ah

heimſten Lehren und Künften feiner Vorgaͤnger; air auch dieſe Pleinen Verirrungen von der Bahn, in nıldt

264 | Drittes Bus,

ey . Zu

er von i6m hörte: er erzaͤhlt bielmehr von ſich FF b er dem Plotin Einwürfe gemacht, daß er ſich mehrmale

- über diefelbigen Materien Erläuterungen ausgebeten, und

aufeichtig geſagt habe, was ihm in feinem Derrrge verftändtich fen; allein er muß biefe Worficht In ber du

u ruͤckhaltung des Beyfalls, und die dawit verbundene Bi

berfpenftigfeit bald abgelegt haben, weil er nad eine fünfjährigen Vertraulichkeit mit bem Plötin weit gefähr licher -afs dieſer ſchwaͤrmte, und in einem folchen ia Koffer des Sebeiis, und Verächter aller Güter und Eiteb Feiten der Erde wurde, daß er den Entfchluß fahre, fi

dem ihn einfchränfenden Gefängniffe des Leibes heraus a reißen. In feinen reifern ohren wurde fein Glaube a die ehren feines Meifters bisweilen wieber erfchättert, und

guptifchen Priefter Anebo, und viele Fragmente‘ beim Auguftin beweiſen, in einen völligen Zweifel an ben ge

Plotin ihn eingeleitet hatte, daureten nicht lange, nit

aus allen-feinen übrigen erhaltenen Schriften und Brud⸗ ſtuͤcken erhellt, Er Hing, mit einem noch feftern Glauhen als Piptin, an Magie, und allen damit verbunden heiligen Rünften, legte falfche Drafel mit einer nod gr

. Bern Salbung aus, und trug Platoniſche Begriffe mi

noch größerem Eifer in die Religionen aller Voͤlker ein In feiner $ebensbefchreibung des Plotin erzähle er, daß er als ein Greis von acht und ſechzig Jahren: der Innig:

ſten Bereinigung mit dem höchften Gotte gewuͤrdiget wer

den fen, Er rebet zugleich von ben. Wundergaben nn . W dir

N

Sefchichte bet Bychenoraſche Seffänt.: 265

Thaten feines aehrers in einem ſo offenen und treuhetzigen | Tone, daß man an feiner feften Ueberzeugung von alle. dem, was er fagte, nicht einen Augenblick zweifeln kann.

In ber Biographie bes Pythagoras erfcheine Porphye nicht bloß als ein leichtgläubiger Schwaͤrmer, der andern vom Pythagoras eben das und noch mehr zu- glaubte, als was er ſelbſt vom Plotin erzaͤhlt harte, ſon⸗ dern zugleich als ein ſchlechter nachlaͤſſiger Schriftſteller, ber ſich nicht einmal die Mühe gab, die Erzaͤhlungen anderer ju ordnen, zu perbinben , mit ſich ſelbſt überein. flimmend zu machen , und dann nach feiner eigenen Art, und mit feinen eigenen Worten zu erzählen. Won dem ganzen Fragment, fo wie mir es jezo haben, gehört ihm nichts, als etwa die anderthalb erfien Paragraphen, uad dann in der Folge die Uebergangsformeln , und die Tem⸗ pora verſchiedener Zeitwörter zu, die er Hin und wieder abgeändert Hat, uns fie den vorhergehenden entſorechend ju machen; fonft aber iſt dies unvollftändige Werkchen, eine felten zufammenhängende,, und oft zur Unzeit unters brochene Reihe von bloß abgefehriebenen Stellen ganz verſchiedener Geſchichtſchreiber. Dies fieht man nicht nur aus der auffallenden. Ungleichheit der Schreibart, ſondern auch aus der Trennung von Materien, bie zufammen gehören , und der wiederholten Erwähnung derfelbigen Dinge, aus Den weder gehobenen noch einmal bemerften Widerfprüchen von Nachrichten, aus ben harten, gar nicht vorbereiteten Mebergängen aus einer Materie un Erzählung in andere, die mit ber vorhergehenden in gar feiner Verbindung ſtehen, enblid} Daraus, daß im Jam⸗ blich, der eben die Schrifefteler ausfchrieb, die Porphyr

R 5: ggepluͤn⸗

66: Drittes Buch.

‚geplündert hatte, ſehr oft ganze Stellen mit benfelbigen oder wenig abgeänderren Worten wieder vorfommer, Diefe Bequemlichkeit, immer-andre für fich reden zu laß . ‚fen, macht zwar feinem Kopfe Feine, Ehre; fie verbürgt uns aber'auch feine Ehrlichkeit, und die Unverdorbenheit feiner Erzählungen *).

*) Porphyr iſt nicht bloß in feiner Lebensbeſchreibung des Ppthagoras, ſondern auch in feinem geſchaͤzteſten und wichtigften Werke reeı azoxns euıuyav ein efens der Sammler oder Ausſchreiber. Es tft in der Xhat | ſchimpflich für die Kritik der legten Sahrhunderte, daß | man Died Buch fo fehr bewundert hat, ohne zu bemer⸗ | fen, daß der größte Theil deffelben, und zwar gerade diejenigen Abfchnitte, in welchen Gedanken und Echreibs art wirklich fhön find, nicht vom Porphyr herruͤhren, - fondern nad der Gewohnheit des dritten und vierten Jaahrhunderts aus ältern und beffern Echriftftellern . ausgefchrieben find. Aus dem erften Buche gehören dem Porphyr bloß die drey erften Paragraphen. Die vier und zwanzig folgenden find aus verfhiedenen Schrift: ftellern genommen, die er felbft nenun Vom fieben . und zwanzigiten Abfchnitt bis zu Ende des Buche hat , er lauter befannte Gedanken, von denen viele in den ' or folgenden Büchern wieder vorkommen und beffer gefagt \ werden," wahrfcheinfich mit feinen Worten vorgetragen. Im 3weyten Bude iſt nur die Einleitung, die vier Paragraphen beträgt, vom Porphyr. Die folgenden, bis zum zwey und dreyßigiten find, wie er ſelbſt fagt, aus dem Theophraft abgefchrieben, einige Zabel und Einſchiebſel ausgenommen. Vom zwey und dreyfigfin bis an dem fieben und dreyßigiten redet er feibit wieder. Dann aber läßt er, wie er felbft erinnert, sihen Pas - tonifhen Philoſophen, unbefannt welden, bis ang Ende des Buchs fprehen. Das ganze dritte Bud, das mir grofem Scharffinn gefchrieben ift, hat Pors phyr wieder von einem andern entichnt, wie aus feis

] am

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſelſſchaft. | 267

‚Die erflen fiebenzehn Abſchnitte find aus dem leanches, Apollonius, Duris von Samos, ykos, Eu- us, Antiphon, Diogenes und Dionpfiphanes genom« en, und Das, was einem jeden gehört, iſt fo deutlich emerft, daß ich die Sefer des Porphyr nur aufmerffam u machen brauche, ohne einzeln angeben zu Dürfen, was us dem einen ober dem andern genommen ſey. Nut ale in von den beyden leztern Paragraphen koͤnnte es zwei⸗ haft feheinen, ob fie dem Dionpfiphanes zugehören, Kein, wenn man die Erzählung des funfzehnten Ab⸗ hnitts: daß Pythagoras nad) Samos zurücgefommen, m ben Hermodamas zu hören u. f. mw, mit dem Anfange es folgenden, In welchem .der Bewegungsgrund feiner [breife nady Italien angegeben wird, vergleicht ; fo wird nan bald den Zufammenhang derfelben wahrnehmen.

Der achtzehnte und: neunzehnte Paragraph find vom Dikaͤarch und in Anfehung ihres Inhalts fehr wichtig. Beym zwanzigften fängt ſich ein Fragment des Nikoma⸗ hus an, das meinem Urrheile nach bis-an den zwey und reyßigſten Paragraphen fortläuft. Man finder naͤmlich n biefem ganzen Abfchnitte nirgends Unterbrechung, oder

unna⸗

U]

nem eigenen Geftändniffe ($. 1.) aus der Art, wie bes Apollonius ($. 3.) und einer Reife nach Karthago ($. 4.) erwähnt wird, erhellt. Der vortrefliche Perfaffer dies - fer Abhandlung Tebte nach dem Plutarch. ($. 18 & 24.) Das legte Buch ift wiederum aus Fragmenten des Dis . kaͤarch, Chäremon, Euphantus, Pallas, Eubulug, and anderer ungenanter Schriftſteller zuſammen geſezt, deren Worte Porphyr faſt immer beybehalten und aus denen er ohne alle Beurtheilung fürzere oder längere Stellen (mie den 3, und 4 $.) abgefchrieben hat, bie, gar nicht zu feinem Zwecke gehörten.

268 , Drittes Buch. unnatuͤrliche Uebergaͤnge, fondern vielmehr allenthe Bleichförmigkeit der Schreib: und Denkart, in eine gegründete, ‚und durch einander veranlaßte Erzählun von Wundern, dergleichen nur ein Pprhagoree n Chriſti Geburt fo innig glauben konnte, endlich di bige grobe Unwiffenheit in der alten Zeitrechnung und ſchichte. Den zwey und zmanzigften Paragrapfen na Nikomachus aus dem Ariftorenus‘, die folgenden a ‚.. aus dem Heraftides, Hermipp-unb andern: denn er ſichert ausdruͤcklich, daß er in der Geſchichte der Bu dien, amd, wie er urtheifte, glaubreürbigen Mi gefolgt ſey. Daß ſich beym zwey und dreyßigſten Abſchnit neues Fragment anhebe, wuͤrde man bemerken fün wenn Porphyr auch gar nicht hinzuſezte, daß er jep Erzähfuig des Diogenes mitchelle. Dies Brut gehet gewiß bis an den ſechs und vierzigſten, viel bis an den acht und vierzigſten, oder gar bis an den und funfzigfien Abſaz fort. Bis an die zuerft be Stelle entſteht eine Nachricht aus der andern, und gends entdecfet man Unterbrechung, oder Sprung, plöjlichen Abfall von Schreibart. Zwiſchen dem und vierzigften und ſechs und viersigflen findet ſich feine Luͤcke; allein hier fcheint die Sprache ſich mer zu verändern und feperlicyer zu werden. Um ber nal lichen Folge willen, glaube ich, daß auch ber ſechs⸗ fiebenvierzigfte aus dem Diogenes abgefchrieben ſeh; gen ber Verſchiedenheit der Schreibart aber vermurhe ! daß Diogenes felbft wiederum nur die Worte eines dern. in fein Werf übergetragen habe. Und diefer and war allem Bermuthen nach Moberatus, aus jr | | | ag

heſchichte ber Pythagoreiſchen Seſellſchaft. 269

leich eine lange Stelle vom acht und vierzigſten Para⸗ aphen bis zum vier und funfzigfien angeführt wird, m und Grundſaͤze in den beyden zweifelhaften Abfäzen. id den ſechs folgenden voſllkommen entfprechend, So. cheſcheinlich es mir aber If, dab der ganze. Abfaz 16.54) vom Diogenes aus dem Moberatus und vom orphpe wieder aus dem Diogenes entlehnt ſey; fe werde,

25 niemanden. verargen, mern er ih dieſem Falle ine Orinde fürr.nicht ganz genugehuend halt. Ich will her auch den Verfafler des ſechs und vierzigften und Igenden Paragraphen unentfchieben laſſen, da man ih⸗ tſehr gut entbehren kann und nichts von Wicheigkelt tinn enthalten iſh.

"Wenn man vom drey und fanfjigften zum näche m Paragraphen fortrückt; fo merft man es ſogleich am inlichen Mangel des Zufammenhänges, daß ein an⸗ rer Schriftfteller zu reden anfange,

Porphyr verſchweigt zwar den Berfaffer des neuen bſajzes, der drey Paragraphen *) enthaͤlt; allein es iſt us einer Parallelſtelle bes Jamblich *) von daß er us dem Ariſtorenus genommen ſey.

Der ſechs und funfjigfte und bie Hälfte des fieben Ad fünfjigften Paragraphen ***), find ohne ofle Veraͤn⸗ tung aus dem Dikaͤarch abgeſchrieben. Dies ſieht han nicht nur aus dem Zeugniſſe des Porphyr ſelbſt, der en Difdarch nennt, fondern auch aus ber Uebereinſtim⸗ Aung der ganzen Erzählung mit derjenigen, bie Dioge«

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NRbis 56. 5 | _ )s, 248 » 52, “ie, Bis an bie Bon: Fu dnouuPogus: x. T. A.

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———— ———

| | 70 Drittes Buh.

nes *) aus biefem Schriftſteller anfuͤhrt: endlich an den Worten, womit fi) der ſechs und funfzigfte Pate graph ſchließt. Hier fage nämlich der Verfaſſer, di man des Aufflandes gegen den Pythagoras und feht Freunde noch bis Auf feine Zeit in Großgriechenland un . ser dem Namen der Verſchwoͤrungen und Aufruͤhre gegn die Porhagoreer erwähne: ‚eine Anmerfung, für deren Verfaſſer nicht leicht jemand den Porphyr halten wird, Die lezte Hälfte des fieben und funfzigften Pars graph, bis ang Ende, iſt aus dem Nikomachus m lehnt. Porphyr verſchweigt zwar bey den anderthalb m: ſten Abfchniteen den Namen bes Gefchichefhrelbes;

man vergleiche fie aber nur mit dem Fragment des I,

komachus beym Jamblich **), und man wird bald ad der völligen Uebereinflimmung des leztern mit der name loͤſen Stelle beym Porphyr finden, daß beyde von ehrt dem Manne gefchrieben find, weichem Porphyr den nen und funſzigſten und bie folgenden Paragrophu zueignet.

Dieſe kurze Analyſe bes Porphur iſt eine ber mi igſten Arbeiten in der. Geſchichte der Pprhagorell Philoſophie, auf die fich vieles im vorhergehenden gri der, und worauf ſich das meifle von dem folgenden fiehen, wird, Schon die Unterfuchung der Jamblichiſcha - Biographie, zu der ich jest fortgehe, wird einen je überführen, wie viel ich Dadurch gemonnen habe.

Porphyrs beruͤhmteſter Schüler, Jamblich, ® ſelnem lehrer weder an Talenten noch a an Gelehrſambel

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Gefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 271 |

gleich: er übertraf ihn allein, wenn man andeis dies Wort in einer ſolchen Bedeutung nehmen darf, an’ Schwaͤrmerey, Leichtglaͤubigkeit und Unfleiß. Die Le⸗ bensbefchreibung des Pythagoras vom Porphyr iſt zwar . das ſchlechteſte unter allen feinen Werfen, fie iſt aber- ‚doch immer noch ein Meifterftück gegen die des Jamblich, in welcher dieſer Schriftſteller auch unter ſich ſelbſt hinab⸗ geſunken zu ſeyn ſcheint. Sn der erſtern folgen: doch mei⸗ ſtens die Auszuͤge nach einem gewiſſen Plane auf elnan⸗ der; in der andern hingegen find die rohen Materialien, die Jamblich geſammlet hatte, ſo abſichtlos, und mei⸗ ſtens ohne alle varbindende Formeln, hinter einander ges ſtellt, daß fie nicht verworrener und unzuſammenhaͤngen⸗ ber ſeyn könnten, wenn er die Fragmente aller Schräfte ſteller durch. einander geworfen, und fie bann wieder einzeln, fo wie der Zufall fie ihm in Die Hände geführt, zuſammen gebeftet hätte. Jamblich gab fich nicht allein nicht die Mühe, Die gröbften (Fehler. gegen bie Geſchichte und Zeitrechnung zu verbeffern, und die Widerfprüche ber . Schriftſteller, die er auszog, zu. vereinigen oder zu heben; es war ihm fogar zu läftig, Darauf Achtung zu geben, ob nicht etwas, was In der Folge vorfam, ſchon im verhere gehenden enthalten wäre, Es werden daher oft dirfelbie gen Sachen mit. denfelbigen Worten wieder erzählt, meil ee fie in verſchiedenen Schriftſtellern fand‘, die aber den. felbigen Geſchichtſchreiber ausgefchrieben hatten, der bis. weilen vom Jamblich ſelbſt ſchon benuzt worden war.

Dieſe haͤufigen Wiederholungen koͤnnen leicht die Vermuthung veranlaſſen (die auch Kuͤſter in ſeiner Vorrede iu dieſer Compilatlon äußerte) daß. die ſoge⸗

nannte

XX

x

a Drittes Buch.

maninte Lebensbeſchreibung des Pythagoras vom Jamblich |

eine unvollendete Arbeit diefes Mannes, und'eine blofe Sammlung von Materialien fey, an deren Bearbeitung er durch den Tod gehindert worden. Allein Jamblich ſelbſt hat mich belehrt, ‘daß Diefer Gedanfe, aller feiner Waghrſcheinlichkeit ungeachtet doch ungegrünbet fen, und daß man von dem Schüler bes Porphyr zu vorthellhaft urthaile, wenn man ihm nicht einen fat unglaublichen Grad. von Nachläffigkeit zutraut. Er ſagt naͤmlich glelch im Anfange feiner Aufmunterung zum Studio der Welt weisheit *), Daß er dieſe göttliche Wiffenfchaft mis Pr

thago⸗

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173. WFRO TETRV. EIOHKOCKEN. —XX de 70 Acınar &ure vns oigenews, Cap. 1. Protr. Diefe Ermah⸗

nung zum Studie der Philofophie ift feiner Lebens beſchreibung des Pythagoras eben fo Ähnlich, ale das

= uch von der Enthattung von Flerfihfpeifen der Bio I graphie bes Porphyrs.ift. Huch fie ift groͤſtentheils and

Stellen andrer Weltweifen zufammen gefezt, in denen, . wie in ben Auszügen des Porphyrs, vieles vorkoͤmmt, . "weilen gar wiberfpriht. Einen Beweis von der Drei ſtigkeit des Jamblichs, oder der in feinem Zeitalter

" rfihon allgemeinen und gar nicht mehr ſchimpflichen

Mode, neue Bücher aus Bruchſtuͤcken alter zu ver fertigen ,. muß ein jeder in den vielen und langen Steh fen finden, bie aus ben Gefpräcen des Plato, eine bamals vorzüglich beliebten Schriftftellers, unverändert genommen find, ohne daß Plato ein einziges mal ger

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nannt wäre. Jamblich fehrieb fogar feinen Lehrer den

4

Porphyr aus, wie Simplicius in feinen Comments rien uͤber die Kategorien des Ariſtsteles bezeugte, u eht

‚was im geringften nicht zur Sache gehoͤrt, und ſich bir.

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uͤbel zuſammenhaͤngenden, und wirklich abgeſchriebenen

Ir I u

‘1

Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 273

agoreiſchen Gruͤnden empfehlen wolle, nachdem er die jefhichte des Pythagoras und feiner Schüler geliefert be Aus diefer Stelle fieht man, daß Jamblich fin ben des Pythagoras noch vor feinem Tode befannt ger acht , und für ein Werk gehalten habe, das feiner Ber: derungen und Berbefferungen bebürfe,, um einem jeden: fer vorgelegt zu werden,

Marı vermweile hier einen Augenbli bey der Bes ıhtung , wie Geſchichte, Beredtfantfeit und Weltmeis. it in einem Jahrhunuderte befchaffen ſeyn mußten, in chem ein Dann, den feine Zeitgenoffen als einen goͤtt⸗ hen Weiſen verehrten, eine folhe Biographie, als die ambtichifche iſt, unter feinem Namen heraus zu geben, 5 Herz hatte .·. u

Jamblich fängt fein Buch mit einem Fragment des pollonius.von Tyana an, das die fünf erften Kapi⸗ bis an den dreyßigſten Paragraphen einnimmt. Daß

| . diefer

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fehe deſſen Worte, ap. Holften. vit. Porph,) Ex hes Simplieit loeo (fezt Holftein hinzu) apparer nan iaſo- lens fuifle Jamblicho Perphyrii Nibros transferibere, aut sdditis mutarisque. quibusdaın Interpolsre: quod & in commentsriis in Plaronis Timseum eum feciffe spparet ex illis, quae Proclus ex urroque pelfiim ci- tat: ita enim:forme ubique vos corjungit, ut unam eandemque utriusque Icntentiam referat. Man traue, alſo den Jamblih nit, wenn er in feinem Sommentar hber die Arithmetik des Nikomachus fagt: daß es uns danfbar fey, fi fremde Gedanken zuzueignen, und andere ihres verdienten Ruhms berauben zu wollen. (sre eDereaigesda To yeypauneva. Ayvapo- cduvnc Yageoyarns epyov, aDasgemla runs em.

Barrsons dogns vo ZuYyereapere, P.4)

Fr Sn

24 Drittes Buch.

Jeſer ganze Abſchnitt von einem einzigen Verfaſſer fa lehrt einen jeden die Gleichheit der Schreibart, und ! ununterbrochen fortgehende Erzählung, Die nirgends « nen plözlichen Abfall hat, daß fie aber aus dem Apcl nius entlehnt fey, fieht man nicht nur aus dem Fragme des Apollonius beym Porphyr *), das ſich im Jambli wieder findet **), ſondern auch aus ber Uebereinſtimmur . aller darinn vorfommenden Nachrichten , mit denen di Philoſtratus, in welchen er ung die Gedanken des Ado lonius über die Sebensart und Philofophie bes. Pythagore mittheilt, oder auch die Seiten aufzähle, von meld ber eine dem andern aͤhnlich zu werden ſich bemih habe.

ESogar dle beyden erſten Paragraphen find ni vom Jamblich, fondern vom Apollonius und eine Üin Leitung in deffen sebensbefchreibung bes Prthagei Dies erhellt theils aus dem andaͤchtigen Tone, der dari berefcht,, und aus dem frommen Gebete, und ber rufung:der Götter, theils aus der Aeußerung des Dir zes, * den Pythagoras als den Vater der gan Philoſophie zum Muſter zu wählen; am meiften abtr den Klagen über die Schwierigkeiten, Die mit der forfehung der Gefchichte des Pythagoras verbunden und aus bem Geftändniffe, daß bie Porbagoreildt f loſophie felt langer Zeit wäre vernachläffige worben. leztere Ponnte Jamblich unmöglich fagen, da es feit drey Jahrhunderten wieder Pythagoreer gegeben he bie Jamblich fuͤr ſolche erkannte, und deren Gdri

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Geſchichte der Poth

des Pythagoras ſammlete, und ſtudirte, einfallen, uͤber

ihre Schwierigkeiten zu klagen, und unter dieſen Schwie.

rigkeiten beſonders die Menge falſcher, dem Pylhagoras oder ſeinen Schuͤlern untergeſchobener Schriften anzufuͤh⸗ ren. Denn er ſelbſt zweifelte an-Der Aechthelt von Wer ken, die den Namen von Pythagoreern trugen, eben fo wenig, als er unter glaubwürdigen und unglaubwürdigen Geſchichtſchreibern einen Unterſchied machte.

Das zweyte Fragment im Jamblich geht bis an "den *) fieben und dreyßigften Paragraphen, und iſt ohne allen Streit. vom Nikomachus. Inhalt, und fogag Worte flimmen mit dem überein, was Porphyr **) aus dieſem Pythagoreer angeführt har, -

daft ben, fo gewiß ift es, daß Der folgende Abſaz, ber erft mit dem fieben und funfzigften Paragraphen aufs hört, ohne alle Veränderung aus dem Difdarch genom⸗ men ſey. Die Schreibart in dieſer ganzen Stelle iſt ſo ſchoͤn, und die Reden und Gedanken, die dem Pytha— goras in den Mund gelegt werden, ſo vortreflich, und dem Charakter dieſes Weltweiſen ſowohl, als dem Geiſte

.

feines Zeitalters fo fehr entfprechend, daß auch ein mite,

telmäßiger Kenner es fühlen muß, daß bier ein alter und

großer Schriftftefler rede, und daß feiner von allen den Männern, die nach Eprifti Geburt das Sehen des Pie

- | 2 | thago⸗ Doch werde ich nicht widerſprechen, wenn jemand auch

den ſechs und drepßigſten Paragraphen dem Dikaͤarch zu⸗ u

erkennen wollte,

au 8. 20. u. ſ.

agoreiſchen Geſellſchaft. 275

er am meiſten las. Eben ſo wenig konnte es dem Jam⸗ | blich, bey der Methode, nach weldyer er die Oeſchichte

4

J 276 Drittes Buch. thagoras beſchrieben haben, ſich ſo auszudruͤcken, und ſo zu denken im Stande geweſen ſey. i Unter den ältern Geſchichtſchreibern aber ift feiner, dem dies Fragment mit einer höhern Wahrſcheinlichkeit zugeſchrieben werden kann, als dem Dikaͤarch. Dem aus einer- Stelle des Porphyrs wiſſen wir”) daß Potha⸗ goras nad) dem Zeugniffe des Dikaͤarch gleich nach feiner ‚Ankunft , in eben der Ordnung , und zu eben den Altern, Ständen und Geſchlechtern geredet haben ſoll, in welchem die Ermahnungen des Pythagoras im Jamblich mitge⸗ theilt werden. 7 | u E Der neun und funfsigfte und ſechzigſte Paragranf ‚hängt mit den vorhergehenden eben fo wenig, als mit den nachfolgenden zuſammen. "Sie find beyde, allem Vermuthen nad , aus bem Heraklides Pontikus: denn Cicero ſowohl, als Diogenes **) lehren uns, deh dieſer Mann die Veranlaſſung zur Annahme des Names eines Philoſophen fo erzaͤhlt, und die Philoſophie Di Phthagoras ſich ſo gedacht habe, als beyde in dieſen Ab ſchnitten vorgetragen werden. Die vier folgenden Paragraphen ***) find mit de nen beym Porphyr +) einerley, und aus dem Nikomachus entlehnt: Jamblich mag fie nun Aus dem leztern, ode aus dem Porpbyr abgefihrieben Haben. | Mit dem vier und fechsigften Abſchnitt hebt ſich ein neues Fragment an, das erſt mit dem ſieben und acht⸗

\

® 8. 18. 1 4—

“) Diog. I. 12. et ibi Commenf, 600.6 +) 23. u. f.

Sefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 277

achtzigſten aufhoͤrt. Dies iſt unſtreitig aus dem Dio⸗ genes: denn alles, was darinnen von der Muſik der Pythagoreer, ihrer Prüfung, ihrer Lebens art und ihren Claſſen gefage wird, entſpricht dem Inhalt, und oft den Worten nady ben Auszügen des Diogenes beym Porphyr *).

Der acht und achtzigfte Paragraph ſteht mir dem vorhergehenden fo wenig In Verbindung, als das Ende und der Anfang zweyer verfchiedener Bücher, oder als der neun und achtzigfte mit dem neunzigften zufammen» - hänge. Den Verfaffer Diefer beyden Abfdynitte weiß ich nicht anzugeben. Daß er vom Diogenes verſchleden fen, erhellt aus den Abweichungen des neun und achtzigſten, und des sin und zwey und achtzigften Paragraphen. Wie unmwiffend und leichtgläubig aber dieſer unbefannte Schrift. fteller war, ſieht man aus dem Mährchen von dem jäme merlichen Tode des: Hippaſus, der eine göttliche Strafe für die Ausbreitung der bis dahin geheim gehaltenen gro. fen geometrifhen Wahrheiten der Pythagoreer geweſen feyn fol. ine abermalige Probe des gedanfeniofen Abfchreibens des Jamblich iſt diefe, daß er, ungeachtet - er abbrach, doch das Ende dee neun und achtzlgften Paragrophen fliehen ließ, in welchem der Verfaſſer fagt, daß er nun auch von der Eintheilung der Pythagoreer in die Claſſe der Staatsmänner, der Befezgeber, und der Beſorger der häuslidyen Angelegenheiten reden wolle, von welchem ollen im neunzigften Abſchnitt nichts vorkoͤmmt. Das neungehnte Gapitel, was In vier Abfchnitren bie Wunder des Abaris in fid) faßt, iſt wiedergm ein ein.

S 3 iel

0)9 S. 13. 033-4.

73. u Drittes Buch, zelnes Brut, beſſen Urheber mir unbekannt Ä

. , Eannte den unbekannten, oder der unbefannte den bekann⸗

die Namen der Verfaffer der beyden legten Fragmente er⸗

x -

die glaubwuͤrdige und. fabellofe Erzählung von Dingen,

- ganz unmahrfcheinliche Art zu übertreiben pflegen, koͤnnen

= Panne gemacht hat, zweifeln laffen, daß dies merfmit dige Fragment einem Manne, aus dem Zeitalter der

wie Schreibart und Zufanimenhang zeigen, von elnm

iſt. Ein Theil der Wunder des Abaris, die hier er⸗ zähle werden, find mit denen einerley, die weiter unten *) wieder vorfommen, Allein diefe Aehnlichkeit führt zu nichts. Denn mern man audy weiß, ven wen bie late Stelle iſt; fo bleibt es doch immer ungewiß, ob der be⸗

ten, oder beyde einen dritten ausgeſchrieben haben. a iſt aber auch nicht viel daran gelegen, ob wit

fahren, oder niche, meil fich nichts betraͤchtliches barinn

. finder, wodurd) Die Geſchichte ber Pythagoreer ermeitnt '

und bereichert werden fönnte,

Eine der wichtigften Steffen im ganzen Jamblich iſt das zwanzigſte und die beyden folgenden Capitel, die,

Verfaſſer herruͤhren. Die edle Einfalt der Sprache, die Abweſenheit aller ungeheuren Woͤrter, welche die neuern Pythagoreer und Platoniker fo kenntlich machen,

welche alle Schriftſteller nach Chriſti Geburt auf.eine fe

niemanden, ber Griechiſch verfteht, und ſich nur einige mofen mit den Geſchichtſchreibern des Pythagoras ber

noch unverdorbenen Griechiſchen Sprache, zugehoͤre, in welchem auch die meiſten Fabeln vom Pythagoras und fee

N

2) 7

Gefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 279

inen Schülern noch nicht entſtanden oder noch nicht

Igemein geworden waren.

Eine genauere Unterfuchung bes ganzen Style, nd die Verglelchung der darinn enthaltenen Nachrichten nit folhen , deren erfte Erzähler von andern Schriftftel- en genannt worben, lehrt ferner, daß der Verſoſſer deſ⸗ ben Ariſtoxenus fen.

Diefer würdige Schüler bes Ariſtoteles wird von den Schriftftellern als derjenige angegeben, ber mit feis em Sehrer, und wider ben Heraffides und andere Erdichter, chauptet habe, daß die aͤlteſten Pythagoreer ſich nicht aͤnzlich von animaliſchen Speiſen enthalten, ſondern lelmehr das Fleiſch von Thieren genoſſen, und auch den döttern Thiere geopfert hätten*). Dieſe Dem Ariſtoteles ad Ariſtoxenus fo eigenthuͤmliche Behauptung finder ſich Im tgenmwärtigen Abfaze **) wieder; und man faun daher m leztern, note ich glaube, "dem Ariftorenug zufchrei« m, da ber Ausdruck, fo rein und edel er auch iſt, doch any von der Sprache des Ariftoteles abweicht, Wenn haber auch nicht im Stande gemefen wäre, den Ver: fer diefes Fragments durch eine hoͤchſt wahrſcheinliche dermuthung heraus zu bringen; fo würde ich es doch, gen der groͤßern Wahrfcheinlichkelt dee Erzählungen 1b der unlaͤugbaren Vorzuͤglichkeit der Sprache. allen inlichen Stelten und Erjählungen im Yamblid und ſorphyr vorgezogen, und als das glaubmwürdigfle unter

len übrigen in ber Geſchichte der Einrichfung ber Pyrhas

reiſchen Geſelſchaſt sum Grunde gelegt haben, S 4 i Wenn

BEER

*) Die Berweisftellen werben unten angeführt werden. **) . 08. ... - .

280 Drittes Buch,

Wenn man den auffallenden Unterfchled, ober Sprache eines alten und eines jüngern Geſchichtſchreibe recht bemerken will, fo vergleiche man die jezt gepril "Stelle mit dem gleich darauf folgenden hundert und dr ten Paragraphen, der voll von pomphaften, magil fegerlichen, aber doch zugleich leeren, und bloß tönen Wörtern ift u)

Von diefem Paragraphen bis an den hundert u vierzigften finde ich eine an einander. hängende, nirgen abgefezte Erzäßlung, und eine fi ch ſoſt durchgeßends glg bleibende Schreibart. | . Daß dies Fragment nun von einem der (pätef feichtgläubigften, und unwiſſendſten Schriftfteller, den ‚Pothanoras gehandelt haben, herruͤhre, erhellt aus? erzeichniffe der Schüter des Pythagoras **), unter chen Philolaus, Zamofris, $eufipp und Empedobles | ben , nicht weniger aus der Geſchichte des Abaris, 4 der Wunder des Pythagoras. Wem es. aber zugeſde ben werden müffe, iſt niche fogleich einleuchtend. J genauefien und mehrmalen wiederholten Unterfodun Folge , die ich uͤber biefen Abfaz angejlelet habe, fa

9 Man gebe beſonders auf folgende Worte * u

draeIewcsıs caDdws Tas Toy Il ud yogınav auub

II——

Sornros n aAndeıas merexgarıı amwonaAufr

da, no TE au yuaTadas eAeufsea Jeiai

m3, Neocomswdeocı de nay' many ni a

: #3A0V magocdocm, To: 'Twv Diroeodav 7

neyaroduais, 10 inee az ll

. Seodeean °*) 8. 104.

! * ! [2

{

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 281

ich nicht anders, als behaupten, daß er aus dem Dio⸗ genes abgefchrieben fer. Die Nachrichten über die Le⸗ bensart ‘der Pyrhagoreer *), über ihre. Mufit und den Gebrauch , dei Pythagoras von den Gedichten des Homer und Heſiodus gemacht habe **): flimmen ‚genau mit denen überein, Die Porphyr ***) aus eben dieſem Schrift⸗ ſteler angeführt hat Hiezu kommt noch das Urtheil über die Seichegläubigfeit der Pothagoreer, und ihre Bes gierde, den Pythagoras durch erdidytete Wunder zu erhee ben: ein Urtheil, von dem man fid) unmöglich vorftellen kann, daß ein Pyehagoreer es gefällt Habe +), So wahr⸗ fheinlich es aber ift, Daß Diogenes der Verfaffer dieſes Ä Fragments ſey, ſo gewiß iſt es, daß er den groͤßten Theil deſſelbigen wieder aus dem Nikomachus genommen, und alſo auch ſpaͤter, als dieſer gelebt habe. Vom Niko—⸗ machus nämlich iſt das Verzeichniß von Schülern des Pythagoras, unter welchen Cherondas und Zaleufus ſich finden ++), das Urtheil über die Eymbola des Pythage⸗

5 ras,

, [ [U }

‚®) S. 106.

°.) $, 111.

se) S. 110.32. 0 f.

1) Kas raroye mavres ol Iludasyognios, cuas exeeı Bıseutinws, ciov nee Agıswıa Te Ileoxownsıe xos Aßaeıdos ra “Ymreeßoges Ts uodoAoyzpeva, Ko 000 RAR TOIauTd Asyeraı.- BAOI YAE Ti- GEUBEH TOIS TOIBTOS, TMOAAL ds naı auTa Rei ewvras. 8. 128. Ich irrte daher mit allen denen, bie diefe Stelle bisher angeführt haben, wenn ich in ıneis ner Ei. schichte der Lehre von Gott noch glaubte, daß

dies Urtheil vom Jamblich herrühre , und vorzäglich die Pythagoreer nach Chriſti Geburt treffe. (©. 272.) - ID S 104 et 130.

.

282 Drittes Bug, ras, bas ganze ſechs und zwanzigſte Eopitel und die Sa

beln von den Wundern bes Abaris und Pythagoras *),

>

Sollte aber auch jemand gegründete Zweifel wider meine Vermutung über den Verfaffer Diefes Fragments finden; ſo wird man Doch immer geftehen müjfen, daß ein Schrift⸗

ſteller, der alles das erzaͤhlen Fonnte, was darinn enthalten _

ift, gar feinen Glauben verdiene, fo bald ihm von einem

u befannten glaubwuͤrdigen Geſchichtſchreiber widerſprochen wird.

Mit dem hundert und vierzigſten Parographen

fangt ſich ein neues Fragment eines andern Schriftſtellers

an, das ſich mit dem hundert und acht und vierzigſten

wieder ſchließt. Daß der Verfaſſer deſſelben eben fo jung und leichtglaͤubig, als Diogenes ſey, beweiſen bie

Machrichten vom Abaris, und die Mepnung, daß Pyh⸗ thaͤgoras fein Werk: Heilige Rede, betitelt, - aus den

- göttlichen Gefängen bes Orpheus zufammengefejt, und

dieſem alten Dichter, außer den Aegyptiern, ‚feine ganze

Philoſophie zu danken habe; ‚daß ber Verfaffer aber auch

vom Diogenes verfchieden fen, und mie diefer den Niko⸗

nen Namen errathen fönnte,

machus beraubt habe, lehren die Wiederholungen ber

Abentheuer des Abaris, die Diogenes im vorbergehens den Fragment auf eine ähnliche Art aus dem Nikomachus erzähle hatte So nahe man aber auch) durch diefe Bes merkungen bem Zeitalter des Schrifeftellers gebracht wird; fo wenig Data finden ſich darinn, aus welchen man ſei⸗

777 Der

U Z

/

*) 135. u. f. Man ſehe die Feagmente d des Nikroinachus beym Porphyr.

ı

Geſhihte der Pothagereifen Gefelfihaft. a3 '

Der hundert und neun und vlerzioſte Parapraph mache mit den achtzehn folgenden *) wieder einen beſon⸗ dern Abſchnitt aus, deſſen Verfaſſer mir gleichfalls un. belannt iſt. Eine Fortſezung des vorhergehenden Tann er nicht ſeyn, weil der Anfang deſſelben mit dem Ende des leztern gar nicht zuſammenhaͤngt, und im hundert und ſunfzigſten und dem folgenden Paragraphen yon der Enthaltung der Pyihagoreer vom Eide, und der Abſtam⸗ mung ber Pythagoreiſchen Phitofophie aus der Örppifchen, eben das. wiederholt wird, ' was ſchon im Dundert und vier und vierzig ſten geſagt wird,

Die abentheuerliche Sprache In diefem ganzen Frag⸗ mente, die Herausdrehung geheimer Deutungen aus olen Handlungen und Gewohnheiten der Pythagoreer, der fefte Glaube an das Alterchum, und die Aechtheit Prrhagpreifcher Schriften, endlich die Ueberredung von | der Erfindung und Vollendung aller Wiffenfihaften durch dm Pyothagoras, „dringen einem jeben Prüfer die Ver mutfung.auf, daß es einen der fpätefien Schriſiſtellee vum Berfaffer Habe. Die gänzliche Uebereinftimmung des hundert und fimfzigfien Paragraphen aus dem, wag Porphyr **) und Jamblich ***) aus dem Nikomachus anführen, erregen die wahrſcheinliche Vermutung, daß Interer, ober ein noch jüngerer Schriftſteller, der ihm ſelgta, Dies gefchrieben habe. Aus dem Hundert und tun und vlerzigften und neun und funfzigften Paragras

| phen

cn | —* 167.

. 20, - ) in Arithm. P. 5. W

) 5T

24 > Drittes Buch.

phen erhellt, daß ber Verfaſſer, er fen auch wer er wol⸗ den Ariſtoxenus und Heraklides *) vor fich gehabt Hate,

Der Anfang des dreyßigſten Capitels fcheint beyn erſten Anblick eine Fortfegung des neun und zwanziaſien zu fenn; wenigftens Fönnte man fo etwas aus den Wen dungen fchließen , womit das lestere gefchloffen wird. E laſſen ſich aber mehrere Gründe-anführen, warum man mit dem hundert fieben und ſechzigſten Abſchnitt ein neues Fragment anfangen, und diefes bis an den zwenhundert und acht und viersigften Paragraphen, einige Einfchiebun gen abgerechnet, fortgefezt annehmen müffe. Denn af lich ift die Sprache dieſes ganzen‘ Abfazes (die „einge ſchalteten Stellen ausgenommen) von der Echreibut des Nikomachus, oder wer auch der Verfaſſer der vor hergehenden Paragraphen ſeyn mag, nicht weniger, vm der Schreibart der übrigen Pythagoreer fo gan; verfchlt den, daß man den Abftand derfeiben nicht Leiche über, ben, oder läugnen fann. Die Sprache in dem große

Ä Fragmente, deſſen Verfaſſer ich jezt aufſuche, iſt rein, keuſch, ohne den falſchen Prunk von neuen und glaͤnzenden Woͤrtern, und eines Zeitgenoſſen oder Schuͤlers des Arb ſtoteles vollklommen würdig.

Es kommen ferner in dieſem Abfaze viele Nah richten und Stellen vor, die zwar in den vorhergehenden Fragmenten des Diogenes und Nikomachus flehen, von denen es aber viel wahrfeheinlicher iſt, daß die leztern ſt aus dem erftern entlehnt, als daß fie dieſelben mehrm®

len angeführt und wiederholt Härten. Endlich wird? en | O6

I

*), Dan vergleiche S. 100 et 59.

(GEMEEERSUSEHEND GEHE GEHE ,

\ . » t

efhichte des Abaris *) in biefem Fragmente anders inähle, als fie von dem einen ober andern diefer beyden chriftſteller in den von mir beurtheilten Bruchflücen ÄR vorgetragen worden.

Aus allen dieſen Gründen muß man behaupten, deß einer der aͤltern Schriftfteller in diefen Paragraphen ‚eede; wer aber diefer alte fen, wage ich nicht zu beftim«

men. Die Verfezung des Charondas, Zaleukus**) und

Epimenides ***) unter die Schuͤler des Pprhagoras, und die wunderbare Gefchichte bes Abarist) verrarhen fo viel Leichtglaͤubigkeit und Unmiffenheit, daß ich geneigt märe, auf den Heraflides zu rathen, wenn nicht im hundert ſechs und achtzigften Paragraphen, und noch an einer ans dern Sleſſe, im Tome des Beyfalls ven der Enthaltung ber Pnrhagoreer , vom Schlachten und Opfern der Thiere geſprochen würde, wogegen Heraklides, wie wir aus dem Porphye wiſſen, mit vielen Gründen geftritten hotte +4). Noch viel ı weniger erlduben die eingemifchten Fabeln, Die groben Fehler wider die Zeitrechnung, und die Anptels fung der vegetabilifchen Diät an den Ariftopenus zu dene fen, ungeachtet es ausgemacht iſt, daß der Werfafler eine lange Stelle fff) aus diefem Gefehichtfehreiber,, und

nicht wenig aus dem Difäard) genommen habe. Wahre

ſcheinlich alſo iſt dieſer Abſaz aus dem Hermipp oder Klearch abgeſchrieben und verdient meinem Urtheile

nach

S. 216.

**) 172.

ns) 272,

) 216 u. f. _

tft) Porphyr. de Abſt. I. 4.

tt}) 8. 29-240. Vergleiche nieſe mit dem oben angeführ: ten dragmente dieſes Mannes. x

Gecſchichte der Pothagoreiſchen Gefellfchaft, 285°

u

ze

286 or Drittes Buch. nach immer Aufmerkſamkeit, fo bald man aus ber Aehn⸗

lichkeit gewiſſer Stellen mit den Fragmenten des Ariſto⸗

xenus und Dikaͤarch ſchließen muß, daß der Verfaffe

einem diefer beyden Weltweifen folgte, Daß diefes Fragment his an den zwey hundert acht

und vierzigften Paragraphen 'hinab laufe, kann man fos wohl aus der Gleichheit der Schreibart, als ber zuſam—

menhängenpen Folge der Materien ſchließen. Die ploͤzll⸗

chen Abfäge und Unterbrechungen aber, auf die man hin

und wieder Rößt, rühren daher, dag Jamblich an eini— gen Stellen, wo ihm die Erzaͤhlung nicht vollſtaͤndig ge nug ſchien, Fragmente aus andern Geſchichtſchreibern,

“und zwar meiftens ſolche einfchob, bie vorher ſchon ds

gewefen waren. in folches Einfchiebfel iſt die Stelle, zwifchendem bundert und acht und achtzigſten, und hundert fuͤnf und neunzigften Paragraphen. Der Anfang dieſes Fragments hängt mit dem Ende des / vorhergehenden Ad ſchnitts nicht zuſammen, und iſt ſchon einmal *) aus bem Diogenes. angeführt worden; die uͤbrigen Paragraphen

, nahm Jambilch aus dem Porphyr, der fie aus dem Ne⸗ anth und Hippobotus gezogen hatte *). Der hundert

fünf und neunzigfte Paragraph hat ‘wiederum gar Feine _

Beziehung auf;die zunaͤchſtvorhergehenden, und ift hin⸗ gegen mit dem hundert und ſieben und achtzigſten i in der genauften Verbindung,

: Ein anderes‘ eingefchaltetes Fragment fänge ſich

ehngefac⸗ in der Mitte des wen hundert drey und zwan⸗

zigſten Paragraphen an, und geht bis an den zweyhun⸗ dert

mn

IR Fo ı Fo | 9 Man fehe das Ende ber Ppthagoreiſchen Biographie.

| Gefchichte ber Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 287

dert vlerzigſten Paragraphen fort *). Dies ganze Frag⸗ ment ift weder mit dem vorbergebenden, noch mit dem folgenden, noch mit ſich felbf? in einer genauen Verbin dung: es enthält Stellen aus dem Diogenes und Ariftos penus, die vorher ſchon vom Jamblich waren eingeführt worden; ja eine Nachricht aus dem leztern *), die erft im zwey hundert und fechs und zwanzigſten Paragraphen da gewefen war, Wenn man diefe ganze Reihe von Pa« ragraphen aus der Stelle, wo fie eingerüct find, ber aushebts fo wirb man finden, daß die beyden abgeriffes nen Enden ber Erzählung, die ich vorher bemerkt habe, fih einander volfommen entfprechen, und daß im Ans fange des zweyh hundert und fieben und dreyßigſten Para« graphen das fortgefegt wird, was im zwey hundert Drey und zwanzigſten von der Freundfchaft der Pythagoreer

angefangen war. Der Anfang des zwenhundert ein und. -'

vlerzigſten Abſchnitts zeigt, daß -derfelbige Schriftfteller nody immer fortrede, und das Ende des zwey hundert acht und vierzigften, daß er nun aufhöre.

Die Erzählung des Untergangs der Pprpagoreifgen Schule in den vier folgenden Paragrapden, Ht vom - Atiſtoxenus, wie Jamblich felbft bemerkt **). . Am Ende des zwey bundere ein und funfzigften- Abſchnitts fängt ein Fragment des Nikomachus, und mit dem zwey hundert vier und funfzigften , “ein anderes bes Apolionius an, ‚das bis an den zwey hundert fünf und fechzigften

Sn | | u forte _

mn nn

* Mit den Worten: yjv de x adauare TAB ü- Tas maranAncıs. etc,

) g, 234.

“) 248-5t.

agg Drittes Buch, fortgeht. Ob bie drey legten Paragraphen , die die Be ſchichte und Namen ber Nachfolger des Pythagoras ent halten, vom Apollonius oder einem andern find, iſt un gewiß, Daß fie aber feinem alten Schriftſteller zuge⸗ hören, ſieht man theils daraus, daß Diodor von Alden⸗ dus darinn angefuͤhrt wird, theils aber auch aus dem Ver⸗ zelchniſſe der Pyhthagoreer, unter Denen mehrere vorkommen, die dieſen Namen nicht verdienen, oder bie wenigſtens nid unter die älteften Freunde des Pythagoras gezählt werden koͤnnen. IJ | | u | ch hänge dieſen Unterfuchungen: über ben Jam⸗ blich und Porphyr noch einige Bemerkungen über den un bekannten Beſchreiber einiger Sebensumftände und Lehren des Pythagoras nnd felner Schüler an, deſſen Fragment Küfter zugleich mit der Biographie des Porphyr und Jamblich aus dem Photius *) hat abdrucken laſſen. Sch glaube zwar nicht, daß man in diefem Frag: ment Data finden fönne, aus welchem fidy das Zeltal. ter feines Verfaſſers genau beſtimmen ließe; allein fo viel kann man doch aus mehrern Stellen fehr wahrfdein. . lich ſchließen, daß er einer von den jüngern Austegern und Freunden der Ariftotelifchen Phitofophie geweſen ſey, der, nad) dem Porphyr und Jamblich, im vierten, oder einem der folgenden Jahrhunderte gelebt habe, in melden die Ausleger des Ariftoteles meiftens auch Bewunderer oder Ausleger des Piato waren, und den größten Tpeil der Schmärmereyen der neuen Platonifer und Ppthage reer annahmen , oder angenommen hatten, Die Begriffe von den himmlifchen Sphären und der Natur der Geſtirne nn oo im

*) 249. Cod.

\v,

“r . , .

Seſchichte der Pythagoreiſchen Gefelfihaft. 299

im zehnten und zwoͤlften Abfchnitte, die Eincheilungen der Seelenfräfte im fünften, endlich der Bertheitigungss ton gegen die Tabler des Ariftoteles im vierzehnten , vera ratben, wie die Sprache, und noch mehrere andere Gedan⸗ fen einen Anhänger des Ariftoteles , ‚dergleichen Olympio⸗ dor, Simplicius und Philopon waren, Ungeachtet aber ber Verfaffer felbft Fein Pthagoreer war, (denn er ver wirft Die Seelenwanderung) fo hatte er doch die meiften . ihrer hiſtoriſchen und philoſophiſchen Vorurteile anges nonimen. Zu diefen gehören Die Mepnungen : daß Zeno, Parmenides, Plato und Ariftoteles Nachfolger des Py⸗ tbagoras geweſen feyen *) ; ferner Die Lehte von der Aehn⸗ lichfeit und dem vertrauten Umgange mit Bott **), der Glaube an die Weißagungen des Pythagoras, und an Die erfi nach Dem Tode des Körpers erfolgende Vollendung der Seele und ihrer Vollkommenheit ***), endlich die Auslegungen der Zahlen nach dem Benfpiele des Modes ratus und Nikomachus. Die Cintheilung der Schüler - des Pythagoras, mie die Nachrichten von den Lebens— und Samilienumftänden diefes Weltweifen, die im erften und zweyten Abſchnitt ſtehen, unterſcheiden ſich, oder widerfprechen auch ben Zeugniſſen aller übrigen Geſchicht⸗ ſchreiber. Nach dem, was ic) jest gefagt habe, wird es, boffe ih, nicht leicht jemand wagen, irgend eine Bemerkung oder Erzählung diefes fo jungen, unbefanns ten und unzuverläffigen Schniftftellers ale entſcheidend oder glaubwuͤrdig anzufuͤhren. |

290 Roeltted Bud, u

Base ich iso die verfchiedenen Geſchichticheel ber des Pythagoras, und ſeiner und feiner Nachfolge Philefophie geprüft, und die Namen der Werfafker der wichtigften. Fragmente im Porphyr und Jamblich angege⸗ ben habe; ſo wird es nicht fo fehr ſchwer mehr ſeyn, bie Einrichtung der Pythagoteiſchen Geſellſchaft und ihre Mepnungen ausfindig zu machen, Ehs ich aber zu die fen Unterfahungen fortgehe, muß ich nothwenbig vorher das Zeitalter bes Pythogoras , die Zeit des Untergangs ‚feines Bundes, die verfchiedenen Geſchlechter der Nach⸗ folger bes Pythagoras, fo genau als moͤglich, zu beſtim men fuchen, weil es von der Entfcheldung dieſer Fragen abhängt, ob man gewiſſe Männer zu den älteften Pıriu goreern rechnen, und ihre Grundſaͤze in die Geſchichte dr Pothagoreiſchen Phlloſephi bineinfügren mie, cda nicht?

4

Beylage.

| Ueber die verſchiedenen Schriftſteller, die des Pythagen ras und der Pytbagdreer mebr beyläufig erwähnt, Al ausfuͤhrlich von ihm gehandelt baben.

Ehe ci

R Jon von Chios beſchuldigte den Pythagotas, babe dem Orpheus ein Gedicht untergefchoben habe. *). em man voraus ſezt, daB Diogenes allenthalben, wo | * denfelbigen Namen anfuͤhrt, auch von derfelbigen Perfn

rede; fo war u en ſchwerlch ee mit den Tea

"m Diog. ym. 8

N s

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaͤft. | 291

‚rögifer gleiches Namens, der um die 72 Olympiade lühte *). Jener war ein Zeitgenoß bes Sokrates, und ktleiche noch jünger , als der Achenienfifche Weltweiſe; kannte ihn, oder hatte ihn als einen berühmten Mann ekannt; weil er ſich Die Mühe gab, einer Reife des Sofrates nach Samos ‚(die allem Vermuthen nad) er⸗ lchtet iſt) in feinen Schriften zu erwähnen **), Diele mfände fönnen unmoͤglich auf Jon den Tragiker pafa n, wenn er anders um bie 72 Oinmplade am berühm« ' fin war. Ehen fo wenig halte ich den Jon beym Jiogenes fire einerley mit dem Philofophen Jon, den ato mit dem Sokrates ſich unterreden laͤßt. Der lege te war in Ephefus, und der erfte in Chios gebohren,

Uebrigens kann man dem Jon von Chios nicht vor erſen, daß er gegen den Pythagoras feindfelig gefinnt ar. Er nennt ihn vielmehr mit tiefer Ehrfurcht dem Belfen, in einem Epigram base auf,den Pherekydes emacht hat ***),

Von den Komikern, die | der Pothagoreer geſpot⸗ t haben, ſchweige ich, da ich ihre Stellen zur gehöre m Zeit erläutern werde, und Ihr Zeitalter einem jeden ſelehtten befannt iſt. Aus eben diefen Urfachen halte hmich nicht beym Plato, Herodot und Iſokrates auf.

In die erſte Claſſe gehöre aber. noch Anaximan⸗ ?, der Geſchichtſchreiber von Milet,, ver zu ben ten des Artarerpes Mnemon lebte, und bie ymbola Der autlegte ). Es if zu

ver⸗ ⸗— —— #) Jo. I, Ca 13.4 =) 1.23, dien.

Hr Dog, 1, 120, H Suldıs im vos Anz, |

ſtrenge, als gegen irgend einen andern feyn , weil erjt

, J oo oo 299Drittes Buch.

verwundern, daß außer dem Suidas fein anderer Grlht oder Nömer dies Werk angeführt bat, daß, wenn db ächt war, und zu uns gefommen wäre, den orfcek der Pythagoreiſchen Geſchichte fehr viele Muͤhe und Srd tigkeiten wuͤrde erfparet haben. Theopomp hatte, wie Herobot, des Pythogeru

nur Bepläufig in feinen Werfen erwähnt. Er trat de Meynung des Ariſtorenus und anderer bey, daß Pia goras ein Etrusker geweſen ſey, und fchilderte, ben late

als einen verſchmizten Staatsmann. Man muß gg dieſe Nachricht mistraulfch , fo wie überhaupt gegen ihn

als Schriftftelleer und Menfchermahler bemundet

aber zugleich von ben gröften Männern als ein hümiil

partheyiſcher Tadler, als ein Räuber fremder Gitr

und ald ein Maͤhrchenerzaͤhler und Fabelerdichter af

klagt wird ee). Ein Zeitgenoß des Theobomp/ und einer von!

nen, die er plünderte, war. Andron ven Epheſus.

fer Geſchichtſchreiber ſammlete die Welßagunge !

Pythagoras, unter welchen Theopomp eine, die be

Eufebius we) angeführt wird, vom Pythagores

"den Pherekydes übertrug, . Diogenes führt zwo PA richten aus diefem Andron an t): unter welchen die ei

von ben Ersäblungen alle übrigen Schelfeſtlle

abweicht. z

*) VI. 783 -85 Dionyf, Edit, Reisk,

##) Diongf, 1. 8, Cic, de . L. 1. Porph, Eu, Pre + Evang. x. 3. wo |, e. 17) 1. 30. ı19.

. i)

>

Geſchichte der Poren —X 293

Vom Eudorus find mir nur zwey Zeugnife bes kannt, die zur Geſchichte des Pychagoras gehoͤren, das Hne ſteht beym Porpbyr*), und das andere in einem Fragment des Mpollonius beym Jamblich **), Beyde techtfertigen die Uetheile, die Strabo an mehrern Stellen vom Eudoxus fällt, und worinn er Ihn für einen leicht⸗ gläubigen , und nicht forgfältig. genug prüfenden Schrifte Reller erklaͤrt ***),

Vom Ariftipp , einem Zeitgenoffen bes Plato and Eudorus, habe ich nur eine einzige nicht fehr wahrs ſcheinliche Nachricht Über den Pythagoras gefunben, Er glaubte nämlich, daß dieſer Weltweife feinen Namen - yaher erhalten habe, weil er eben fo wahrhaftig „als bie Pythia gewelen fey }).

Metrodor , ein‘ Sohn des Epiharmus, wird. don ben Brfhichtfhreibern des Pythagoras nur ein eini⸗ ges mal angeführt +). Ihm Haben wir die Mad richt zu danken, daß die Pprbagoreer den Dorifchen Dias left allen übrigen vorgezogen hätten.

Aus der zweyten Elaffe find Duris von Sa⸗ mos und Kleanth die einzigen, von denen ich bier noch tiniges herſezen will, indem ich von den übrigen entweder ſchon geredet babe, oder noch reden werde: Dom Kies anth gilt eben Das, was ich in der Abhandlung felbft von feinem $ehrer, bem Zeno von Zittium, bemerkt habe, .. Wir würden gar nicht ein dag Kleanth im fünften

3 - Bude

GR n

#) de vit, Pyth, 7.

%#) de vit. Pyth, 7.

**4) vido p. 778. 827. 842. Bd, Aluelev,

t) VII. 21. Diog. on tt) 241. 42. Jambl, /

29° Deitted Buch.

Bude feine uuSixev vom Phthagoras ehandet kt, wenn es nicht dem Porphyr eingefallen wäre, eine Eu zäblung daraus in feine Jebensbefchreibung überzutragen, Kieanth behauptete, daß Pythagoras nicht In Samos, fondern in Tyrus gebohren morden, daß aber fein Vote

das Bürgerrecht in der erſten Stadt erhalten habe, mil er ihren Einwohnern zur Zeit einer fürchterlichen Kun: gersnoth mit einem groͤßen Vorrath von Getrehe iu

Houͤlfe gefommen ſey *).

Duris von Samos gehört zu ben gefbäyn Sebensbefchreibern oder Geſchichtſchreibern berühmte Männer von Griechendland **), ungeachtet er nicht irn von Fehlern und Jerthuͤmern war ***).. ch habe fein Namen nicht ganz verjchweigen wollen, ungeachtet nt “von ihm nur eine einzige, und mie es, ſcheint, nicht ei . Aal zuverlaͤſſige Femlſeunaqheche über den Porfage

haben }).

Schriftſteller der dritten Claſſe.

Hieronynius war ein beruͤhmter Peripatetifttt

Weltweifer zu den Zeiten bes zweyten Ptolomäus. ©

hinterließ mehrere Werke, die von den Alten haufig a

geführt werben ++), und in deren einem er auch vom?"

thagoras redete. Mach dem einzigen Fragment aber i

urtheilen, das wir aus feiner Geſchichte des Porhagert

haben, kannte er den Sohn des Mnefarchs nicht, und | wir

*) Porphyr, 1. ſ. BE u et

“0, Man fehe Cle. VI.T. ad Attleum und Jonf. II. 2.3

") Man fehe den Cleero 1. e, und Diogenes H. 19:

+) Porph. 5. 3.

11) Dan fehe Menage ad Dieg. 1. 36. et Jost. 13.6 |

N

unse

*

Sefäiie der Vohheheluſther Sefellſchaft. 295

war nicht ſtrenge genug in der Peifung von Nachrichten, die er felbft als wahr erzählte,

Seinem Zeugniffe zu Folgt follte Pythagoras geſagt haben, daß er bey ſeinem Hinabſteigen und Aufenthalt in Hades geſehen habe, wie die Seele des Heſiodus zur

Strafe fuͤr ihre Schmaͤhungen wider die Goͤtter an eine bronzene Säule gefeſſelt worden, und vor Schmerz

und Wuth geknirſcht Härte, und wie ferner bie bes

Homer aus eben der Urſache an einem Baume aufgehenkt,

und mit Schlangen umringt geweſen ſey *), Erſtlich ift es ganz unglaublich, daß Pythagoras jemals, vorgegeben, die unterierdifchen Wohnungen der abgefchiedenen Seelen beſucht zu haben, und zweytens iſt e8 unwahrſcheinlich, daß Pythagoras, der die Werke der alten Dichter zur Ers weckung der Andacht, und zur Beſſerung des Herzens eifrig empfahl, und ſelbſt aus den Erzaͤhlungen bes Ho⸗ mer und Hefiod. unterrichtende Ermahnungen und Bey fpiele für andere zog, daß biefer durch die vom Hiero⸗ npmus erwähnte. Erbichtung , das Aufehen der beyden

größten, und.am. meiflen verehrten Dichter feines Volfg

zu ſchwaͤchen geſucht haben follte.

Sykus.

Ei anderer Beripatetifer Lykus, beffen Mepnung über das doͤchſte. Gut „Clemens von Alerandrien **), und deffen Ausſpruch über das Vaterland bes Pythagos ras, Porphyr erhalten hat ***), war gewiß ein fehr nach

läffiger Geſchichtforſcher. Er hielt es (an der lezten

Tg Biel)

* VIll. 27, Dig. .

296 Br Drittes Buch.

Stelle) fuͤr unmoͤglich, das Vatetland des Pythagoras ausfindig zu machen, weil die Schrififteller ſich fe ſehr widerſpraͤchen. Denn einige gaͤben ihn fuͤr einen Samier, andere für einen Phliaſier, und noch andere für einen . Metapontiner aus, Dieſe beyden lezten Angaben hatte Uykus hoͤchſt wahrfcheintich nirgends gefunden; fie e ſcheinen vielmehr aus der. Verwechfelung ber Geburtsſtadt bes Pythagoras mit Oertern ſeines Aufenthalts entſtanden | zu fon, Sotion von Alexanbelen, lebte unter dem Ptolo⸗ maͤus Epiphanes, und machte ſich am meiſten durch ſeine Schrift von den Folgen der Griechiſchen Weltweiſen be: ruͤhmt *). Keiner führe ihn häufiger an, als Dioge: net von Laerte, ber ihn, oder. feinen Abfürger faft auf allen Seiten nennt, Unter den Nachrichten aber, die Diogenes aus dem Sotion abſchrieb, trift man nidt wenige an, die fein günftiges Vorurtheil für Lie Genau igkeit und den Scharfſinn dieſes Mannes im Unterſuchen geben, So finden fich zum Benfpiel viele Unricheigfeiten - in der Schilderung der Perfifchen Magier, die im erſten - Buche **) fleher. Er machte ferner wider alle übrige Zeugniffe der Alten den Eudorus zu einem Schüler des

. lato‘***), und gab den Eenophanes für den erften Be

haupter der Unbegreiflichkeit aller Dinge aus V- Sein Ausſpruch alſo, wodurch er dem Pythagoras zwey Ge⸗ dichte, eines über bie Natur des Ganzen, und ein anı deres unter dem Titel: Das heilige Wort, zuelgnete,

Ä kann

) Joof, Ip. 10. I. “.s 6. 7. | “er, vin. 86.

12) IX, 20.

\ x

Gefchichte der Vochaereſthe —* 297 kann einein Sochverſiandigen nicht leicht von Gewiche

ſcheinen *).

Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die Fragmente u

bes Heraflides, eines Sohns bes Serapion, der aus der Gefchichte des Sotion einen Auszug machte, nicht mehr

Glauben verdienen ' als das. Hauptwerk bes Sotlon

ſelbſt **).

Unter folgenden brey Männern, dem Eratoſthe—

ned, Ariſtarch und Philochorus hatte der erſte unſtrel⸗ tig das groͤßte Anſehen im Alterthum, ſo oft ihn auch

Strabo getadelt, und falſche Schluͤſſe ſowohl, als unge⸗

gründete Nachrichten vorgeworfen hat. Sein Zeugniß

über das Zeitalter des Pythagoras ſteht beym Dioge⸗

nes***), aus welchem Ich es zur gehörigen Zeit beybringen

und prüfen werde, Ariſtarch Hiele den Porehagoras mit .-

vielen andern für einen Tyrrhener oder Etrusfer +): bie einzige Stelle, woraus wir wiſſen, daß diefer Kunſtrich⸗ ter auch vom Pythagoras geredet habe. .Philochorus

fchrieb ein Buch über die Heldinnen des weiblichen Ger

fchlechts , ober von den Pythagoreiſchen Weibern, aus

welchem wahrfcheinlich die Benfpiele von Muth und Stand⸗ baftigleit, die beym Jamblich von Porhagoreerinnen er⸗

zähle werden, entlehnt find +})..

Eicero erwähner des Pythagoras und der Pyrha-

goreer häufig. Inter aflen Stellen, wo er von dem

einen oder dem andern handelt, find diejenlgen die wich⸗ T 5 tig⸗

——

vm. “2, Man’ ide * Il. e. n. u6 2.

ses) VIH,

+) Sttom. * p. 300. Clement. tt) Joof. 1. 9, 5 1.

r

u 98 | \ . Site Dub.

doften, in welchen er von dem gelte des erſlern ſpricht, auf welche ich im folgenden Abſchnitt zuruͤck kom⸗ men werde. Zugleich mit ihm, oder nicht lange nad ihm, lebten Didymus und Philo, beyde Pythagoreet, und Strabo. Didymus gab ein Werk über bie Pyiha⸗ goreer und ihre Lehren Heraus, das aber nur vom Cle mens und Eufebius angeführt wird*). Der Fragmente

dieſes Buchs find zu wenig, als daß man nad) ihnen ein

ficheres Urthell über Die Zuverläffigkeit feines Verſaſſets geben koͤnnte; und fo Ift auch Inter allen Nachrichten, bie wir von ihm "haben, feine von einer folchen Bedeutung, daß. fie: eine fiharfe Unterfuchung nörbig machte. Auf bem, was Clemens aus ihm anführe**), ſieht man, deß er vonder Aechtheit und den Urhebern ber Spruͤche ber fir ben Weifen, und won den Verdienſten gelehrter oder doch berügmter Griechiſchen Frauenzimmer gehandeſt habe. Wahrſcheinlich um eben dieſe Zeit, gewiß dit Chriſti Geburt, lebte Philo, ein Pythagoreiſcher Phil⸗ ſoph, der vom Clemens und Euſebius, beſonders vom erſten einige mal angezogen wird —J Diefer Philo war ein großer "Berounderer ber Weisheit der “Juden. und ih⸗ res Geſezgebers. Er hielt jene für viel älter, als die ber Griechen, glaubte aber Doch, daß Moſes auch von Griechifchen Lehrern in Aeghpten waͤre gebildet worden }). Nach ſolchen Stellen braucht man die Unwiſſenheit und Unguoertäpgtek dieſes Mannes nicht weiter zu beweiſen, deſſen ö— 9) Mar „en Jonf, II. 1. 3, amd Scheffes de Phil, Il *r ns 1.30 2% w. 523. 1) Strom. I. 305. 309, 0“

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 299 I

deſſen Beyſpiel uns lehrt, wie bald nach dem Alexander

die Griechen auf bie Gefchichte fremder Völker, befon.

ders der Juden aufmerffam geworden, und wie früh das

Vorurtheil entftanden fey, als wenn bie Griechen ihre

Philoſophie und uͤbrigen Wiſſenſchaften von Barbaren em⸗ pfangen hätten,

. f

Auch im Strabo fommen verfchiebene Resriheen über den Pythagoras und die Pythagoreer vor, unter wel⸗ den folgende die meiſte Aufmerkfamfeit verdienen: daB Pythagoras nicht bloß Aegypten, ſondern auch Babylon beſucht habe, daß er ſich von aller animaliſchen Nahrung enthalten, und biefe Sebensart mie gewiffe afironemifche Kenntniffe feinem Selaven Eamolyis mitgetheilt habe, deu nachher Geſezgeber und Keligionsftifter unter den Geten geworden, und als ein Bott verehrer worden fen*). Diefe Erzaͤhlungen führe ich nicht deßwegen an, wellich fie für wahr halte, oder weil ich glaube, Daß Gtrabe‘s Anſehen ihnen ein gewiſſes Gewicht beylegen koͤnnte, ſondern um jüngere $efer zu überzeugen, wie fehr man auf feiner Huch feyn.müffe, um ſich durch den Ruhm von Schrift⸗ ſtellern nicht irre führen zu laffen, ober um nicht zu glaue

ben, daß man einem Schriftfteller, der unzählige 'mal zuverläffig mar, nun ohne weitere Unterſuchung ſtets trauen Fönne. Strabo war unftreitig einer der gelehrte⸗ ften -und fcharffinnigften Schriftfiehler feiner Zei. Er. war nicht nur mit den Werken der größten Männer auf das vertrautefte befannt, fondern prüfte fi ſ e auch, und be⸗

merkta

%) Lib. VII. p. 456. 57. Edit. Almelov. 4 ‚98. Edit, - " Cafı XIV.945, ot: os p.

2

300 Drittes Buch. merkte oder verbeſſerte ſehr of Fehler, welche Kuborus,

Hipparch, Pofivonius, Dikaͤarch, Eratofthenes, Poly bius'und andere begangen hatten. Er verfolgte Erdichter

und deren Fabeln mit unerbittlicher Strenge, und hatte ſich über manche Vorurtheile und abergläubifche Meynun

gen erhoben, denen bie meiften aufgeflärten Griechen und Römer, befonders die Stoifer , zu denen. er fich befannte, unterworfen waren. Nichts deſto weniger war diefer ſo gelehrte, fcharffinnige , freydenkende und mißtrauiſche

Strabo zu gewiſſen Zeiten fo leichtglaͤubig und unnade

denkend in feinen Ausſpruͤchen, daß man ihn für einen eben fo ſchwachen Kopf, als unmwiffenden Schriftftehr halten ſollte. Won diefer nachtheiligen Seite erfcheint et In feiner Befchreibung der Sitten und Lebensart der Ge⸗

. ten, und der Berdienfte bes Eamolris, in feinen Urthei:

len über die Wiffenfchaften, der Aeghptiſchen und Chaldäl ſchen Priefter im Anfange bes fiebenzehnten Buchs, und . dann in der Annahme der damals ſchon Herrichenden Meynung von ben Reifen des Pythagoras in Die Morgen. ‚länder: welche Benfpiele von Uebereilung noch mit vielem andern vermehrt werben fönnten.

In ungewiffen Zeitaltern lebten folgenbe Schrift:

ſteller: Antiphon, der Verfoffer von Sebensbefchreibungen berühmter Männer, welche Diogenes *) und Porpht **) anführen. Diefem Antiphon zufolge, erhielt Pythage⸗ ras vom Polyfrates ein Empfehlungsfchreiben an den Ks nig Amafis, ber ihn auch auf das Bitten feines bamal6 noch geliebten Freundes, den ehrwuͤrdigen Collegi⸗ von

Prie⸗

X

*) VII 3. | | u S, 7.

Gefchichte der Pothagoreifchen Geſellſchaft. 301 Drieftern -mit vielem Nachdruck empfahl. Allein biefe, abgeneigt ihre Weisheit einen Fremden anzuvertrauen, wiefen ihn erft von einer Stadt zur andern, und als der

neugierige Juͤngling ſich dadurch nicht abfchreden fieß, ' ſuchten fie ihn durdy langwierige und peinliche Prüfungen

zu ermüden. Nachdem Pythagoras auch diefe geduldig

ertrug , ſchloſſen fie Ihm endlicy, voll Bewunderung über - feine Beharrlichkeit, die verborgenen Schäze von Kennt niffea auf, die fie ihm bisher vorenthalten hatten, Nachdem Pythagoras Aegnpten verließ (fo fährt Antla phon fort) kehrte er nad) Samos zurück, und bereitete

ſich ein Lehrhaus, welches man nachher den Halbrirkel

Des Pythagoras nannte, und worinn die Samier fich in fpätern Zeiten über öffentliche Angelegenheiten berath⸗ fchlagten.. Er ging aber auch oft in eine von der Natur

ſelbſt angelegte Höhle, in welcher er ſowohl des Tags di

des Nachts fich mit feinen Freunden über wichtige Gegen⸗ ftände unterhielte.

Saft eine jede biefer Nacheichten des Antiphon fies get mit den glaubwürdigften Zeugniffen älterer Geſchicht⸗ ſchreiber, oder ift doch äußerft unmahrfcheinlich: beſon⸗ ders die von dem Simpfehlungsfchreiben des Polyfrates, von dem Lehrhauſe des Pythagoras in Samos, und von

deffen Aufenthalte in einer Höhle. Ohne Bedenken alfo fann man den Antiphon zu den lelchtglaͤubigſten und nahe

laͤſſiaſten Männern rechnen, die vom Pothagoras ge⸗ ſchrieben haben.

Nicht viel zuverlaͤff iger ſchelnt Soſikrates geweſen zu kon ber in feinem Due von den. Solgen ber Grie⸗ | ren

1

N

502 Drittes Buch. |

Diefer Sofifrateß lebte gewiß nach dem Heraklides und’

‚-. Hermipp, weil er von dem erften die Erdichtung von dem Urfprunge des Namens Philoſoph annahm, und-fid) auf

den leztern In der Gefchichte des Myfon bejog**). Wenn

er auch nicht felbft erdichtete; fo war er doch auch nichts weniger, als ein großer Gefchicht « und Alterthumsfor⸗ fher. Er Hielt den Chilon für den erſten Ephorus in Sparta ***) und läugnete, daß Ariſtipp irgend etwas J ſchrieben habe +). Lykon ein angeblicher Pothehoreer war der Ber faſſer einer Sebensbefchreibung des Prehagoras, aus wel. cher aber nichts übrig geblieben iſt, als die einzige Nach⸗ richt, daß Porhagoras fehr mäßig gelebt'habe }), Er Zehoͤrte zu ben bigigfien und unbefonnenften Verläumdern des Ariſtoteles H}). . Den Dionpfipfanes führe unter aden Alten nur allen Porphyr an, weßwegen auch fein Name ſowohl Dem Woſſius, als Honfı us unbemerkt geblieben ift fff). Er

dhiielt den Famolfis für einen Sclaven des Pythagoras,

und erzählte, daß diefer Gete unter die Seeräuber gefallen, "und von ihnen gebrandmarft worden fen, aus weicher Ur⸗

u fache er auch fein Geſicht oder feine Stirn ſtets verhuͤllt

getragen babe, Ein Mäprchen, woraus man nicht viel 5 | guͤnſti⸗

*) Diog. VII. 8 * I. 106. 107. RM) J. 68. 7) ll. 84 Eh Man fh ei ton ap. ul. XY | | ) un ſehe Auiflöclen ap. Ei 2. P.7 At) 6. 15. j J

.

Geſchichte der Porhägoreifchen Geſellſchaft. 3 günfziges für die unbekannte Schrift des Dionyſiphanes ſchließen kann! |

Hippobolus hatte ſowohl eine Geſchichte ber Griechiſchen Seften, als ihrer Stifter gefchrieben, deren Diogenes mehrmalen erwähnt *). eine Erzähfungen vom Pythagoras find aber ganz verlohren gegangen, bis

auf die von ben Verwandlungen des Pythagoras, und . -

dab biefer Weltweiſe von Etrufeiſcher Abkunſt gemefen

fen **) Es iſt daher eben fo wenig der Mühe werd,

über feine Blaubwürdigfeit ausführliche Unterſuchungen anzuſtellen, als uͤber die des Androkydes , den Nikoma⸗ chus einen Pychagorelſchen Poitöfophen nennt »#) und ‚von welchem wir nur noch eine einzige fromme $egende haben, die in feiner Schrift von den Symbolen ber Pr thagoreer ſtand P.

Aus der vi An Claſſe ſtad nur nach allein Cuba -. rus und Apollodor der Arithmetiker übrig. Vom erften werde ich am Ende ber Gefcyichre der Pythagoreiſchen Zahlenlehre zeigen, daß er fpäter, als Nikomathus ges lebe habe. Vom andern wiffen wir nur dieſes, daß et die Erfindung des Pythagoreiſchen Lehrſazes dem Pytha⸗ geras zugefihrieben, und geglaubt habe, daß diefer Welt weife um diefer wichtigen Entdecfung willen eine wirkliche Hekatombe geopfert Ib 4m - ntuniue /——————— —————— 0

4, Jon, IV. 22

”, Man (ehe Arlth, Theol, Par. "1543. p. ud clem. J.

(up, « F Arith, Be. -. 1) S. 145. | | tr) x 4 "Atbon, - | oo .

| ee By ·

=

J

304 u Deite Bud,

Be Zweytes Kapitel, |

. Meder das Zeitalter‘ des Pythagoras: über die

Zeit des Unterganges feines Bundes: über die Fol⸗

gen der Pythagoreer: nebſt einigen hiemit ver⸗ wandten Unterfychungen, u

De Feege vom Zeitalter des Pochegerae iſt in ber

Zeitrechnung der Griechen eben Das, was bie Geſchichte feiner Lehren in der Gefchichte der. Griechiſchen Philoſophie iſt: eben fo wichtig, aber auch eben fo flreitig,

. und dies leztere nicht nur durch Die widerfpredjenden Zeugs

niffe Griechiſcher und Roͤmiſcher SWeifefteller , fondern * auch durch die abweichenden Reſultate der Unterfuchungen ber größten Gelehrten , unfers und des testen Jahrhun⸗ detts. Ich will daher zuerſt Die Kegeln feſtſezen nach

welchen ich glaube, daß man dieſe Unterſuchung anſtellen

muͤſſe; alsdann die verſchiedenen Meynungen berühmter Gelehrten über das Zeitalter des Pythagoras, ſamt ihren “Gründen furz anführen und prüfen, und > endlich meine

eigne Vermurhung vortragen.

1) Man darf nur‘ Ellein ben Diogenes von Laerte aufmerkſam geleſen haben, um ſich zu überzeugen, daß die aͤltere Zeitrechnung der Griechen noch viel ungewiſſer fen, als ihre Ältere Geſchichte, daß die Griechen in der Beſtimmung und Angabe von Zeitaltern und Zeitpuncten noch viel nachläffiger, als in der Prüfung von hiſtoriſchen Zaciie waren, daß beher oft die glaubwuͤrdigſten Ge⸗

ſchicht⸗

u, - Geſchichte der Pasßageefhe Seſelſchaft. 305

ſhichtſchreiber, als die unzuverfäff igſten Chronologen be⸗ funden werden, daß endlich ſelbſt diejenigen Schriftſteller, bie als Chronologes unter den Griechen am beruͤhmteſten waren, z. B. Timäus, Apollodor und Sorion fid) viel. häufiger widerſprachen, und auch weit öfter fehlten, als die beften Griechifchen Geſchichtſchreiber. Um bie Unger wißheit der äftern Griechiſchen Zeitrechnung einzufehen, barf man nur wiſſen, daß das Zeitalter feines einzigen Gelechlſchen Weltweifen vor dem Gofrates genau bes. fimmt war, und daß die Geburts sund Sterbejahre der alten Phnfifer von EScdhriftftellern, die wegen Ihres Flei- bes und Ihrer Sorgfalt im Unterfuchen unter den Gries chen am meiften galten, auf bie verfchiedenfte Arc ange geben werden. Diefe einzige Betrachtung muß nothwen⸗

big in einem jeden, der fie recht beherzigt, felgende

Gedanken veranlaffens daß es gar nichts befonderg oder einiges fen, wenn die Schriftfteller des Alterchums In ber Zeitrechnung des Pythagoras fo ſehr von einander abs weihen: daß man ferner unvorfi ichtig, und gegen alle Kegeln einer behutſamen Kritik verfahre, wenn man auf elnem einzigen Dato felbft eines fonft zuverläffigen und großen Schriftffellers, deffen Gründe man aber nicht weiß, und dem von andern, eben fo großen Schriftftels len widerfprechen wird, die ganze Chronologie des Pre thagoras zu bauen unternimmt: daß man aber am al« lerwenigſten die Zeugniffe und Angaben ſolcher Männet zum Grunde legen müffe, deren Namen oder Zuverläffig. feit nicht bekannt, ober deren Unfleiß und Nachläffigfeit erwieſen iſt, oder deren Worte zwendeutig find, und mehrere Auglegungen ı und. “esarten leiden, die fich endlich

M | Ä ſelbſt

u 306 0 Drittes Buch.

ſelbſt wider ſprechen ober denen auch von mneheem glaub wuͤrdigern Unterſuchern widerſprochen wird,

9) Bo gewiß es iſt, Daß ſich in ber Beitrecdhnun eines jeden Altern Weltweiſen und Dichters entweber un bereinbare, ober. doch: fchwer zu hebende Widerfprüht - finden; eben fo gewiß ift es, daß alle oder doch die meh

ſten Nachrichten, von den Sebensumftänden bes Prrhagsras,

durch bloße Ueberfieferung auf feine erften SGefchichtfirels ber fortgepflanze worden find. Diefe konnten alfo jur wiſſen, von welchen großen Männern Pythagoras en Zeltgenoß war, und welche wichtige Begebenheiten er u lebte; aber bfoß errathen konnten fie es, mann er geh ven worden, mann er geftorben, und wie fange er gell habe: denn ſolche Umflände und Nachrichten find ed, welche aus‘ Ueberlieferungen am ebeften herans fallen, ober am eheften verfätfche werden, und um melde die Griechen überhaupt fih am wenigften befümmerit. Wenn ‚wie alfo auch die Zeugniſſe der äfteften Geſchich— ſchreiber von dem Geburtssund Sterbejohre, und ie $ebenslänge bes Pythagoras hätten; fo würben dieſe wii ter nichts, als Vermurhungen, und noch dazu ſehr vet einander abweichende Vermuthungen feyn. Die Angu ben ber ältern Schriftſteller find aber mit allen Grin ben, womit fie unterflügt waren, bis auf einige wenige verloren gegangen; man muß aber doch aus d großen - Abweichungen der fpätern, die wahrfcheintich Immer ds nem ber vorhergehenden folgten, fchließen daß auch ihre Fuͤhrer ſich faſt ale entgegen gefezt waren:

Aus diefen Betrachtungen nun folgt wieder, dal es eine unerfüllbare Forderung, ober eine fruchtiofe Ar beit feyn wurde wenn man, das Sehars. ind Todesjaht

des

\ . |

Sefhichte ber Pothagoreiſchen Geſellchaft. | 307

6 Pythagoras, was bie aͤlteſten Gefthichtfchreiber nur wc Berechnungen und nach mwahrfcheintichen Datis raus bringen Fonnten, nach dem Werluſte ihrer Untere dungen jezt gang gewiß und beſtimmt wiſſen oder an⸗ den wollte. |

3) Diefe Fragen aber: wann Pythagoras gebohren otden, wann er geftorben ſey, und wie lange er gelebt habe? anen auch ohne Schaden umentfchieben bleiben, wenigſtens hören fie nicht zu ben wichtigften in ber Unterfuchung ber itrechnung diefes Mannes, indem ung wenigbaran gelegen ', ober einige Jahre mehr oder weniger gelebt habe, er nie? Der Hauptpunck, um deſſentwillen bie Zeite chnung des Pythagoras allein Aufmerffamkeit verdient,

! biefer, vor, neben und nach welchen beruͤhmten Maͤn⸗ tn und Weltwelſen feines Volks er gebohren worden? ft, daß man auch die Zahl von Fahren nicht beftim«

en fönnte, um welche er entweder jünger öder diter, als

n jeder feiner Worgänger, Zeitgenoffen, oder Nachfol⸗ tmar. Der Auflöfung diefer wichtigen Frage kann an fich weit mehr nähern, als her Beantwortung ber dern, die bloß die Neugierde befchäftige: wie lange er - Iebe, und in welchem: Jahre er geftorben fen? Wenn

en ſich hauptfächlich auf die Beantwortung der erftern ihränktz fo wird Die ganze Chronologie des Pythago⸗

$ leichter und einfacher, und man ift eines befchwerli«

en Kampfs mit einer Menge von großen Schwierigkel⸗

\ überboben,

4) Es läßt ſich war uͤber die Zeltrechnung des Mdagoras Peine Hypotheſe liefern und erwarten, in her alle Zeugnifle Griechiſcher und Roͤmiſcher Schrift⸗ Ir vereinigt, und welcher von keinem widerſprochen

Va 1. würde,

zweydeutige Stellen glaubwürdiger Männer und auf ſicher

| Geſchichtſchreibern von großem. Anſehen iſt, .ausdrüd

ob und wie ferne dieſe fich wiederum einander beftärge

\

308 WBW Drittes Buch.

wuͤrde, well mehrere Schriftſteller ſogar mit ſich feik im Gegenſaze ſind. Man muß aber doch Immer , glaube ich, diejenige. für Die wahrſcheinlichſte und annehmen wuͤrdigſte halten „die auf ganz klare, im geringſten nicht

Chronologiſche Data gegründet iſt, mit welcher fern bie meiſten Schriftfteller von geringerm oder zıyepdeul gem Anfegen übereinftimmen,. und welcher enblich kei einziger,’ deſſen Name unter den alten. Chronologen ode

fi) widerſpricht. Zu einer folchen Hypotheſe kann ma nur alsdann ‚gelangen, wenn man diejenigen Sebensu ftände, in welchen alle oder die meiften und glaubmürdl fien Alten zufammen ſtimmen, ſammlet, dann nachſuh

und endlich erſt zu erfahren ſich bemuͤht was aus ihm allen folgt, und für das Zeitalter des Pythagoras ſchloſſen werden kann. Der erfte. Gelehrte der nem Zeit, der das Zeitalter bes Pythagoras zu. beftimm wagte, iſt Dodwell *), Diefer Alterthumsforſcherlt eine Nachricht aus dem Fragmente des Apoflonius |

Jamblich **) zum Grunde feiner Unterfuchung. nimmt mit dem. Apoflontus an, daß Pythagoras M zwoͤlf Jahre in Perfin, wohin er vom Kambyfes d Gefangener gefuͤhrt worden, aufgehalten habe, und M er endlich Im 35 Jahre feines Alters nach Same? fein Vatetland und gelommen ſey *. Da nun!

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»: In feinem. Bude, pr Yeteribi Graotorum Remın

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 300

kroberung Aegyptens durch ben Kambyſes in das dritte Jahr der zwey und ſechzigſten Olympiade fällt; fo hließt Dodwell, daß Pyhthagoras im dritten Jahre ver men und funfsioften Diympiade geboßren, und ım vier and vierzigften Jahre‘ feines Alters in die Perſiſche Scla. berep gerathen ſey. Hiemit, Ylenbt er, ftimme Das Zeugniß des Ariftorenus beym Porphyr zuſammen *), nnd welchem Pythagoras fein Vaterland tar’ vierzigften Yahıre verlaffen habe, weit ihm die immer‘ junehmende Bewalt oder Tyranney des Polykrates unerträglich” ge— vorden ſey. Ariſtoxenus habe ſich nur darinn geirrt, daß r den Pythagoras nicht nach Aeghpten, ſondern nach Stalien habe reifen laſſen.

Nahen nun (fährt Dodwell fort) Prrhagoras**) ieber aus der Perfii ſchen Knechtſchaft losgekauft war , fo ſielt er ſich eine Zeitlang in Samos auf, und bereifte, hige Infeln und Theite von Griechenland, nicht nur im feine Kenntniſſe zu 'erweitern , fondern auch wahrs cheinlich um von ſeinem Vaterlande nicht zu weit entferne Mfeyn, wenn fich etwa Hofnungen barbieten follten, es on dem Drucke des Solyſon, eines Bruders des Poly« rates, und Damaligen Herrn von Samos, zu befreyen, Prthagoras konnte alfo nicht var Ol. 67. 1. und vor fein m acht und-funfzigften jahre nach Italien kommen. Im folgenden Jahre habe er zwar ſchon da ſeyn kaͤnnen; ilein zwo Nachrichten des Jamblich, über die Laͤnge eines Lebens, und feines Aufenthalts in Itallen, machten $ nothwendig, feine ‚Ankunft in Italien, entwe— rt in den Ausgang bes zweyten, oder - in -den

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9. “in Ol. 66. 3;

‚nicht anders, als behaupten‘, daß Pythagoras erft, na

3100 . 0 Deitted Burh:

‚Anfang bes dritten Jahrs der 67. DI. zu fegen. 9 Schriftſteller fage nämlich ‚daß Pythagoras der von i geftifteten Schule. neun: und dreyßig Jahre vorgeflan habe, und in einem beynahe hundertjährigen Alter ſtorben fey *). Dieſem Zeugnifle zufolge könne

‘dem er an ber Rettung feines unterdruͤckten Vaterlan ‚gänzlich verzweifelt hatte, ſich im ſechzigſten Jahre fein Alters nach Italien gewandt habe, welches Jahr DL. 67. 3 und dem lezten der Regierung des Königs tu quinius Superbus zufammen falle. - Später bürfe ihn auch nicht in Kroton erfcheinen laſſen, well Cic ſage, daß Pythagoras unter dem eben genannten Xi fhen Könige in Italien angelangt ſey, und Diede nebſt andern bezeuge, daß er zur Zeit des Krieges m Krotoniaten mit ben Tarentinern unter ben erflern 9 "wohnt habe **). In Keoton habe er eine berüfnt Schule errichtet, und ihr, nad) dem Juſtin, zwang fahre vorgeftanden **) , als ber größte Theil fein Sreunde durd) die Emipdrung und den Ueberfall der Kıl nifchen Parthey. umgebracht worben +). Zwar ſagia mehrere alte Schriftfteller, daß Pythagoras feibft entns der in dieſem Aufruhr , oder gleich nachher ‚geftorben IM; allein ihm fcheine bie Nachricht des Jamblich glaubmin iger, daß Pythagoras neun und dreyßig Jahre dab: - Haupt .einer von ihm genannten und Anfangs

; 9) 265. 1. #*) Olymp. 67. 4 j „. 2%) XX, 4 90172 3.

IN \ J .

Gefchichte der Pothagoreiſchen Geſelſſhaft. zu

blühenden, aber In der Folge ſehr zerſtreuten und ge- ſchmaͤlerten Geſellſchaft geweſen ſey, und alſo neunzehn Jahre ihre hoͤchſte Bluͤthe überlebt Habe.

Unter allen Erzaͤhlungen der Todesart des Pyrhas gras flimme Feine mit dem bisherigen Datis überein, ale die des Hermipp, ben Joſephus den berühmteften unter allen Gefchichtfchreibern des Pythagoras nenne. Diefer Philoſoph nämlich Habe erzähle *), daß Pythagoras ben Agrigentinern gegen die Syrakuſaner zu Hülfe gefammen, : aber in einer Schlacht, welche die erfiere gegen die leztern verloren, von denen Siegern erlegt worden ſey, weil er durch ein Heiliges Bohnenfeld in feiner Flucht aufgehalten werden. Allem Wermurben nady fen Dies Treffen eben Dasjenige, deſſen Diedor in ber 77 Ol. 1. erwähne, in weldiem der Beherrſcher von Agrigent Tprafibäus m Hlero vn Syrakus überwunden worden,

Die wichtigſten Puncte diefee Zeitrechnung behält Dodwell in feiner Abhandlung vom Zeitalter des Pytha⸗ goras bey, worinn er feine Behauptungen gegen die Eins würfe und Widerfprüche von Bentley und Loyd zu retten füht , und unftreieig den erſtern in einigen Vermuthun⸗ gen glüclicher angreift, als ſich ſelbſt vertheidigt. Er derändert feine Meynung aber doch darinn, daß er bie Geburt des Pythagoras um ein Fahr, und ben $pfonie (hen Aufftand um neun ganze Olympiaden ſpaͤter und, diele Fahre nach dem Tode des Pythagoras anfejt **).

u ©

*) Ding. VIII. 40. M &. 203. naml. Olymp. 83. 3. ter 35 ?.

-

gm . Drittes Buch;

Er rüdt bie Epoche ber Verſchwoͤrung wiber bie Pythagoreer bewegen: fo tief herab, weil Jamblich und mehrere Alte bezeugten, daß Aoſis und noch ein anderer Pythagoreer aus dem Brande, in welchem die uͤbrigen Freunde umgekommen waren, als junge und rirflige Männer entfprungen , und der erftere. nah Theben in Griechenland gegangen fey, wo er den Philipp von Ma⸗ febonien, und den Epaminandas unterrichtet habe *).

Nach dem Plutardy nun war Lyſis ſchon mehrere Jahre geſtorben, als die Thebaner die Safedamonier aus ihrer Burg Kabmea verjugen : biefe legtere Begebenheit aber falle in Dt 1085 und,der Tod des Infis wahrſcheinlich . In Ol 1005. Wenn man ferner. nach anderh annehmil chen Bermuthungen voraus feje ; daB ſis OL. 76. ;. gebohren worden; fo koͤnne die Meuterey gegen bie Py⸗ thagoreer nicht vor DI. 83.2, wohl aber fpäter ausgebro⸗ chen feyn ve),

Ungeachtet Dobwell feinem von benen, die da Zeitalter des Pythagoras unterfucht haben, weber an Ge lehrſamkeit noch an Fleiß und- Scharffinn nachgab; ift doch feine Hypotheſe die ſchwaͤchſte und unhaltbarfie unter allen, auf die-man gefallen ift, und diejenige, bi - am -wenlgften vor fid) und am meilten wider ſich bat Wenn ich auch felbft. nichts befferes und befriedigenders vorzubringen wuͤſte; ſo wuͤrde ich doch dieſe mit der groͤßten Zuverſicht als durchaus falfch verwerfen, Die Grund, warum Dodwell fic) viel weiter von der Wahr. beit verierte, und die Geſeze der geſunden Kritik mehr

als

*) S. 198. uef. 4 #8) 207. ©.

RD

Geſchichte der Phthagoreiſchen Gefellfehaft. gs

. l

als irgend ein anderer befeidigte, lag in gewiſſen vorge⸗ foßten Menynungen, mit denen er an die Beftimmung bes Zeitalters des Samifchen Philofophen ging. Er hatte nämlich die berühmteften Männer des Griechifcheh Alten thums, ſowohl Gefesgeber als Dichter fo tief, einige um jo, andere um 100 Jahre mehe, als fie follten, herab⸗ geihoben, daß er nun durch feine Hypotheſen - über das Zeitalter des Homer, Lykurg, GStefihorus, Phalaris, unb fo weiter faft gezwungen wurde, auch den Pyihages rad vorwaͤrts zu drangen, um bie gehörigen Entfernune gen zwifchen ihm und denen‘, die vor Ihm gelebt hatten‘, zu erhalten. Dodwell fehlte erſtlich darinn, daß er bie ganze Zeitrechnung des Pythagoras auf ein einziges Zeug« niß, und zwar auf ein folches Zeigniß gründete, daß

mahrfcheintich vom Apollonias, oder gar von einem, uns

befannten , leichtgläubigen und unzuverläffigen Schrifte ſteller, perrüßete, deffen Bültigfeitser ‘gar nicht geprüft, und bewiefen hatte, das nicht nur an ſich hoͤchſt unwahrs - ſcheinlich war, fondern auch durch alle übrige Angaben: älterer Schriftfteller widerlegt wurde, und das Dodwell fetbft niche ganz annahm , ohne ſich doch darüber zu erfläs ten, warum er einen Theil glaublich fände, und einen andern hingegen verwürfe. Er traut dem Erzähler beym Jamblich, wenn er fagt, daB Porhagoras vom Kamby⸗ ſes als ein Sclave weggeſchleppt werden, und zwölf Jahre in Perſien geblieben fey: und verfäßt ihn, wenn diefer verfichere, daß Porhagoras gleich nach feiner Bekannte (haft mir dem Thales nach Phönicien und Aegypten ge . reift, und zwen und zwanzig Jahre in bem lezten Sande geblieben fey. Er nimmt ohne allen Grund, und nicht nur. wider die Zeugniſſe aller übrigen Schriftſteller, fon- Us; 0 dem»

| 914 E ö Sitte Sue

been auch wiber alle Wahrfiheintichteit an, daß Pyſha⸗ goras nach einem Rath des Thales den Earfchtuf gefaßt ‚babe, Aegppten zu befuchen, daß er aber diefen Werfa;

erſt achtzehn Jahre nachher ausgeführt habe, und nur

etwas länger als ein Jahr unter den Prieftern dieſes Lan⸗ ‚bes geblieben fey. - Er überfah es, oder verſchwieg es ‚wenigftens, wie unglaublich, und wider alle Gewohrheit . alter Voͤlker ea fen, daß Kambyſes einen (Fremden, der weder Ber Sclave eines Aegyptiers war, noch unter den Aegyptiern gefochten hatte, zur Knechtſchaft ſollte ver. dammt, und in fein Reich fortgefuͤhrt haben. An ſtatt ſich durch den Ariſtoxenus auf andere Gedanken bringen zu laſſen, der die Reiſe des Pythagoras nach Itallen ins vierziaſte Jahr feines Alters ſezte, zwang er durch eine unerhoͤrte Gewaltthaͤtigkeit dieſen Weltweiſen, wider ſich ſelbſt zu zeugen, indem er. die Reife nach Itallen in "die nach Aegypten verwandelte. Er nahm endlich gar nicht einmal Ruͤckſicht auf die Abweichung eines freyllch jungen, und in dieſem Falle unzuverlaͤſſigen Schriftſtel⸗ lers *), der zwar gleich dem Syncell **) der Gefangen⸗ ſchaſt des Pythagoras in Perfien, worauf Dodwell als auf ein Haupifactum drang, erwaͤhnt, der aber den Ph thagoras nicht aus Aegypten nach Perfien, ſondern aus Derfien nach Aegypten bringen läßt, und Hinzu ſezt, daB nur einige wenige diefer Sclaverch des Pythagoras er⸗ waͤhnten, und daß hingegen, der allgemeinern Meynung afge, Pochagoras aus eigener Bewegung und unge jwungen

' @) Apul, p. 231. Ed Colpli, j ““) Giche deffen Worte ap. Lentl. p. 50.

= W Seſcichte der Pothagereiſchen Gefekfihaft. a5

poungen Aegypten, und bie Motgenlänte beſucht habe.

Ä

Das bisher gefagte iſt, glaube ich, Ron *

chend, einen jeden Sachverſtaͤndigen von der Uaregel⸗ maͤßigkeit des Dobmellifchen Verfahrens, und der Unzu⸗

läffigkeie ber Dadurch erpreffen Hypotheſe zu überführen _

Es find aber noch eben fo ſtarke, wo nicht ſtaͤrkere Bes weife übrig, wodurch fie ganz zernichtet wird, Weil

Dodwell ben Pythagoras erft in feinem finfenden Alten

nah Samos zurüd fehren, und als einen Stel von

ſechlig Jahren *) in Itallen anlanden ließ; fo war er gejuungen , allen denen fhlechterdings zu wiberfprechen,

die bie Zeit des Anfangs ober der hoͤchſten Reife feiner

Bluͤthe, Das iſſ, feines Ruhm, qugegeben haben. Die

eine oder bie andere fegen Diohor, Diogenes, Clemens und Tatian, Kyrill und Auguftin ®*) entweder in bie ſechzigſte, ober in die ein und ſechzigſte, oder hoͤchſtens in die zwey und ſechzigſte Olymplade. Euſebiys, nach

ber Scaligerſchen Ausgabe, ruͤckt bie Zeit feines Ruhms

in Ol. 65. 1. herob; allein mehrere Handſchriften haben 62. 3. oder 4, welche Leſearten, wegen der Zuſammen⸗ ſtimmung aller übrigen Schriftſteller, den Vorzug verdle⸗

nen, wie Bentley richtig bemerkt hat. Alle dieſe Stel⸗

Im fichen der Dodmeilifchen Rechnung entgegen, denn

‚unmöglich kann man fagen, daß Pythagoras zu einer Zeit, da er noch in der Perfifchen Gefangenfchaft war,

geblüber Habe, ee Um

benuusiughen u . 9) Ol. 67. 2. oder . "*) 48. 49. ©. Bentl,

. IN

\ * . | 6 5 Dritte: Buch. RAT,

„N

Un bie Zeit bes Untergangs der. Pychagsreiſchen Schule *), und des Todes bes Pythagoras ) zu beftim-

. men’, legte er zwo Stellen zum Grunde, bie ſich ſelbſt

. 2

. _ "widerfpradhen : bie eine aus dem Juſtin ***), und bie an-

"dere aus einem Fragment beym amblid}). Der erftere

fagt "ausdrüichiich , daß ber Pythagoreiſche Bund nur jwanzig Sabre gebauret habe, und daß Pythagoras nad) deſſen Zeritörung nad Meräpontum gegangen, und bort ‘geftörben ſey. Der andere hingegen erzähle , daß Pyiha⸗

goras neun ung dreyßig Fahre feine Schule regiert habe,

welches nernünftiger Welfe nicht anders, als von der noch Immer mathfenden , unbeunruhigten Geſellſchaft vers ſtanden werden kann. Ith will aber auf dieſen Wider⸗

fpruc von Datls, die Dill fir Harmonirend ie,

a”et feine Meynung über den Zelte

niche weiter dringen‘, "b

‚punct ber Zerflörung ver Pythagoreiſchen Schule nachher

«3

‚geändert hat. Dagegen wiit ich den Grund prüfen , "aus

„welchen er das Todesjahr des Pythagoras in die 77 DI.

3 oder 3 geſezt hat. Dies Datum gründet‘ ſich "gang "alten Auf die angeführte Nachricht beym Jamblich , dab Phihagoras neun und neunzig Jahre alt geworden fey;

"Allein dieſe Nachricht hat nicht ‘die getingften Worzüge

vor denen‘, Die den Pythagoras im achtzigſten, ober neun. zigften ‚oder hundert und, vierten, oder gar hundert und fiebengehnren Jahre ſterben faffen. Wenn fie etwus we niger unglaublid) ift, als die beyden leztern; "jo iſt

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*Geſchchte ber Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 317 °

fie noch nicht ſo glaublich, als die erſtere, die uͤberdem noch von einem. bekannten Schrifiſteller herruͤhrt, und durch das Stillſchweigen des Lucian beſtaͤtigt wird, der den Pythagoras, wie Bentley ſchon anmerkte, nicht unter den fanglebenden berüßmten Männern angeführt hat. Zugegeben. aber, daß die Stelle beym Jamblich über das Alter des Pythagoras die glaubwürdigfte unter allen fen; fo hätte dieſe Dodwell bewegen müffen,, den Porhageras eher acht ober neun Olympiaden früher ges bohren werden , als in ber fieben und fiebenzigfien Olhm⸗ piode fterben zu laſſen. Denn in ber Folge werde ich zeigen, baß, fo bald.man den Tod bes Pythagoras über die fiebenzigfte Olympiade Hinausfest, man alle dem wi⸗ derſprechen müffe, was wir wahrſcheinliches und gemwifles über das Zeitalter des Eenophanes, Parmenides, He⸗ raflit und Leukipp wiffen, und was alle Schriftfteller vom Untergange der Pythagoreiſchen Schule erzaͤhlen. Ich merfe hier nur noch biefes an, daß Dodwell unter allen Erzählungen von der Todesart des Pythagoras gerade die unglaubwärbigfte und unwahrfcheinlichfte gemählt habe. Denn läßt es fi) wohl denken, daß ein Greis von neun und neunzig jahren einem Tprannen von Agrigent ge⸗ gen einen Koͤnig, den die Syrakuſaner anbeteten, in eige⸗ ner Pet ſon zu Hülfe gekommen ſey, und ſich ſelbſt habe umbringen laſſen, um nur ein Bohnenfeld nicht zu zer⸗ treten?

Die einzige wichtige Veraͤnderung, die Dodwell In feiner Hypotheſe machte, und wodurch er die Verſchwoͤ⸗ fung wider die Pythagoreer nach dem Tode des Pythago⸗ tas, und in oder nach der zwey und achtzigſten Olympiade ſezte, iſt nicht allein Beine Verbeſſerung, fondern eine

| | fel:

{

38 nn Drittes Buß.

| feiner willkahelichſten, , wenn ‚gleich am müßfellgfien aus⸗

gefuͤhrten Behauptungen *). Sie hat durchaus nichts vor

ſich, als die Nachricht beym Jamblich, daß Lyſis einer

von denen war, die aus dem Brande des Haufes , -worinn bie Pythagoreer fich verfammlet hatten, entfprungen ſey,

und dann die elendefte Verdrehung einiger Steffen in eben

dileſem Geſchicheſchreiber **), mo es heißt, daß Pytha⸗

goras zut Zeit, da die Verſchwoͤrung gegen ſeine Freunde ausgebrochen, nicht gegenwärtig, und daß bie auferer dentliche Ehrfurcht derfelben gegen ihren Meiſter eine von den Urfachen des Aufftandes gegen fie gemefen ſey. (Man habe nämlich den Pythagoras bey feinen Lebzeiten den Görtlichen genannt, und nad) ‚feinem Tode durch das Wörtlein, jener, bezeichnet.) Diefe Anmerkung des Apoflonius nimme Dodwell für einen Vorwurf, den die Feinde der Pythagoreer ſelbſt vorgebracht, und Apols konius nur wiederholt haͤtte. Die Erzäßlung von der

gluͤcklichen Entwifhung des Lyſis aus dem Untergang

der Pythagoreiſchen Gefellfchaft in Kroton wirb zwar von

mehrern Schrififtellern beftätige und wiederholt, allein eben diefe nehmen ſich ſelbſt in dieſem Falle allen Glau⸗ ben, weil fie fagen, daß Lyſis der Lehrer des Epaminon⸗

das, und Schüler und Zeitgenoß des Pyrhagoras gewe⸗ fen ſey. Dies getraut Dodwell fich ſelbſt nie zu:

behaupten, fondern er erdichtet Hier, wie in mehrem

. . i

ähnlihen Fällen, einen neuen Pythagoras, ben ber Stifter der Schule mit aus Samos nad) Itallen gebracht, und der zur Zeit der Zerſtoͤhrung der Geſellſchaft noch ges

. . —— lebt

* ®) 207. 8 "248. .5

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Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. zi9

lebt habe, Wie viel natuͤrlicher und wahrſcheinlichet waͤre es geweſen, entweder mit andern anzunehmen, daß man den Lehrer des Epaminondas mit einem aͤltern Lyſis verwechſelt, oder daß man auch den einzigen Lyſis, wie den Empedokles, Philolaus, Archytas und Timaͤus aus ſelnem Zeltalter verruͤckt habe. Man mag aber von Dies fen beyden Vermuthungen vorziehen, welche man will, fo muß man Dodwells lezten Gedanfen über die ſpaͤte Epoche der Verſchwoͤrung wider die. Pythagoreer Immer ‚als griftenhafe verwerfen. - Denn alle Schriftſteller ohne Ausnahme, Juſtin, Diogenes, und beym Porphyr und Jamblich *), Ariſtexenus, Dikaͤarch, Nkomachus, ja ſelbſt Apollonius, fagen mit ganz ausdruͤcklichen, gar keiner Verſchraubung faͤhlgen Worten, daß die Empoͤ⸗ rung wider die, Pythagoreer ben ben Lebzeiten des. Pythagoras ausgebrochen ſey; und gehen nım Dann von einander ab, wann die Frage entfteht, ob Pythagoras geginmättlg, gewefen, oder nicht, und ob er in dieſem Tumulte zugleich mit dem größten Theile feiner Anhänger, oder eine Zeitlang nachher geftorben fen? Nach diefer Prüfung der Dodmwellifchen Meynung über das Zeitalter des Pyehagoras, fomme ich jego zur. genauern Unterfuchung der Bentleyſchen Hypotheſe, fo wie ich fie in ber meuern Ausgabe feiner Abhandlung von ber Aechtheit der Briefe des Phalaris finde **), Bentley geht von einem Zeugniffe des Eratoſthenes | und Phavorin aus "*), nach welchem bee Samiſche Py⸗

tha

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r————n: h % 6545. u. f. 'Jımbl. 248 8. *#) Londen 1777. p 35-63 ©. *) Diog. VI, 47.

20 .: Drrittes Buch. thagoras, mit einem reichen Haarwuchs und einem pur: - purnen Gewande gefhmüdt, fi) um bie 48 Olympiade, und im Anfange feines achtzehnten Jahrs, vor ben Rich tern der Olympiſchen Spiele erbot, unter ben noch uner» " wachſenen Knaben zu kaͤmpfen, und ba er deswegen ver. ſpottet wurde, ſich gleich in bie Zahl der männlichen Kämpfer einzeichnen ließ, und den Gieg davon trug. Eben dies erzählen Eufebius und Syncellus *). Auch Lucian **) und Auguſtin beflätigen es, daß der welſe

| Pythagoras ein Arhlete, oder in der Achletik ſehr geuͤbt ge⸗

weſen ſey. Hieraus ſchließt nun Bentley, daß er im vierten Jahre der 43 DI. gebohren feyn müffe. , Mit diefer Bermu: thung ſtimme das Zeugniß eines gewiſſen Antilechus **) überein, der von dem ſchoͤnſten Alter +) des Pothagoret, bis auf den Tod des Epifur +) 312 Jahre rechnete. Das griechifche Wert, worauf bier alles anfomme, fa

nicht, wie Dodwell vorgebe, mit yon, fondern mit

oxen gleich bedeutend.

| Nach dem Ariſtorenus, faͤhrt Dante fort, ging . Dorfagoros als ein Mann von vierzig Jahren, alle DI. 53. 3, nad) Italien. Dies Datum fey nicht nur wohr⸗ fcheinlicher, als Dodwells Berechnung, der ihn erft als einen reis von fechzig Jahren in einem fremden Lande ankommen, beurathen und eine Schule fliften laſſe, ſon⸗

dern werdo auch durch die Seügniffe mehrerer geoßet Maͤn⸗

S;

*) Eul. o. Syne. 2 ei, in all 6. * ee). I. p. 133. Clem, Strom, T) Mmım. tt), Ol, „m Ä —W

Geſchichte der Phthagoreiſchen Geſellſchaft. gar Männer bekraͤſtlgt. Lvlus erzaͤhle, daß Pythagoras nicht der Lehrer des Muma Habe ſeyn koͤnnen, ‚weil er über Hundert Fahre nach deſſen Tode eine Spule geftife tet babe *),

Kenn man nun vom Tode des Numa **) auf bas dritte Jahr ver drey und funfzigften Olnmplade herab- rechne, fo fomme eine Zahl von 105 jahren heraus.’ Eben fo müffe Dionyſius von Halikarnaß gedacht haben, welcher fage, daß Pythagoras nach der 30 Olympiade in Italien geweſen fen ***), Valeſius habe hier zwar einen Fehler vermuthet, und ſtatt der Soten die 60 Olym⸗ piade ſezen wollen ; allein Dies leide der Zuſaz nicht, wo⸗ durch Dionpfius ſelbſt feine Meyhung näher beſtimme. Er ſchaͤze naͤmlich die Entfernung des Pythagoras auf vier Menſchenalter, oder 1334 Jahre, welcher Zeitraum nur mit der gewöhnlichen Lesart zuſammenſtimme. Ends lich füßre Plutarch im eben des Numa die Meynung einiger Gelehrten an, die den Pythagoras fuͤnf Genera⸗ tionen nach den Zeiten bes Numa gebohten werden liefen. Auch dies weiche nicht‘ weit von feiner Angabe ab, da Plutarch ein Menfchenalter nad) dem Heraklit auf dreys Big Jahre angefchlagen habe, Nur aledenn, wenn man den Pythagoras in der 53 Ol. nadı Kroton fommen laſſe, Habe man das Chtonikon Alerandrinum auf feiner Seite, welches bezeuge, daß diefer Philoſoph in der fol⸗ genden Olympiade N) bekannt zu werden angefangen

babe, =

28. 2 a 27. 1. | |

)1 p. 120 > j un Dh Nu

4 4 '

22 J Drittes Buch.

J A babe: Diefem wiberfprächen die Schriftfteller nicht, welche ſagten, daß er in der Go, oder Gi, ober 62 , eb gar 65 DI. berühmt gemefen fey, oder gebluͤht habe, Wenn aber Eicero *) fage, dab Pythagoras erſt unter ber Megierung bes Tarquin, bie DE 61. 4. anfing, und Solin »*), daß er gar erſt unter dem Conſulat des Bru⸗ tus nach Italien gekommen ſey; fo muͤſſe man anneh⸗ men, daß dieſe beyde Schriftſteller die Zeit, wann Py⸗ thagoras in Italien war, mit der Zeit, wann er hin kam, verwechfelt haben, Ze

( Zn Ueber die Zeit feines Tobes feyen zwar bie alten Schrififteller nicht einig: doch flimmten die meiſten, Jamblich nämlih *n*), Tzetzes****), und felbft Dioge | nes ***), wenn han bie Sesart bes Caſaubonus annehme,

darinn zufammen, daß Pythagoras ein Alter von neun

und neunzig fahren erreicht‘ babe. Dieſe Nachricht werde durch die Zeugniſſe des Diodor +), des Jam⸗ blich +) und des Cicero +++) beſtaͤtigt, von denen die . beyden erſtern ausfagten, daß Pythagoras zu und nad der Zeit des Krieges der Rrotoniaten und Sybariten mm). nuund der leztere, daß er zur Zeit der Austreibung ber Könige aus Rem durch den Brutus, in Italien gewefen. fey. | BE | | Wahre BIER

*) Tuſe. Quaeſt. IR 16. *e, c.' 21. oo. u

Here) VI], 44, D ad Ol, 67, 4. FD c. 35. +11) Tufe, Quaeſt. IV, I. 1tTH) 67. 4

.

Geſchichte der Pothegoreiſchen Gefelſchaft. 923

zhtſcheinlich alfo müffe man das Todesjahr des Pytha⸗ tas in das neun und neunzigſte feines Alters fegen *), d annehmen, daß er entweder in oder gleid) nach dem enifchen Ueberfall geftorben, von welchem leztern mblih fage, daß er nicht lange nad) der Eroberung ı Snbarls ausgebrochen ſey. nn Diefe vom Bentley geordnete Zeitrechnung bes Hagoras laͤßt ſich viel beffer vertheidigen, als bie dwellifche, Hat weit mehr Zeugniffe der ‚Alten vor, viel weniger wider ſich. Sie. hat aber dennoch ihre ierigfeiten, weßwegen Ich fie nicht annehmen kann. Der erfte wichtige Einwurf , den man ihr mit ht machen kann, Ift diefer, daß fie ‚ganz auf einer - ydeutigen Stelle beym Diogenes **), und einer vom mel angefochtenen, und vom Bentley nicht genug jeidigten Auslegung berfelben beruht, - Aus ber bindung nämlich, worinnen Diogenes die Zeugnifle Eratoſthenes und Phavorin anführt, Pann man nicht 18, als mie Dodivell und wider Bentley fehließen ***), DR: SE Ve O1 68, 2, 0 u ) VI, 47: | BR *)'0, da nr MAAov KvdartvroRaion Bnyınoy yayarde ya Dass Tludwyogav, Aporor dersvre guyus xce Gum AsTeiös, I ERELAT Kai AA avder nyrogoiov Erd. Ke⸗ grepdv, enroou Moxne ev. Kos sarbo —R vo nie AnÄns Yaypa: Dora, ct tw Meg Opeps buvreraymeo: Kaı erseov Augına mengayputeonevov, wis Ass yuros isoerı: Eewtoodevns de Dias (nudw Kai Daßmgıvos wenn martodanns Isogs Ha u Fe

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INN,

Wenigſtens erheßt aus dem Anfange des neun und

2: Det Buch. daß diefe beyde gelehrte Griechen nicht den Welten HPythagoeras, fondern den Werfaffer der Doriſchen

ſchichte für den Kämpfer gehalten haben, der In ber und vierzigften Olympiade unter den Männern ſie

* zigſten Abſchnitts im Diogenes unkaͤugbar, daß ſo ber leztere, als der Verfaſſer des Epigramms, das gefuͤhrt wird, den Athleten Pythagoras vom Phlloſo

unterſchieden haben *). Auch Apollonius **) trennt einen von: dem andern, und nennt den Athleten Pr goras als den einzigen, der in Samos gegen bie heit des Philoſophen nicht gleichgültig geliehen, mit diefem nad Italien gegangen ſey. Er bezeut her, daß diefer dem Weltweifen gleichnamigte Kin ein Sohn bes Eratolles, die Kämpfer zuerſt and)

ſpeiſen gewöhnt, und auch Schriften über die A

binterlaffen habe: welche Erfindung und Werke t umrecht dem Weltweiſen Pyhthagoras, einem Seh

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N ". Sn N, - " *

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 325

Nneſarch, zugeeignet haͤtten. Endlich ſagt Diogenes *), nach der Meynung mehrerer Schrifiſteller nicht der Veltweiſe Pythageras, ſondern ein anderer, der ents der Athlet, oder Lehrer der Athlezik war, der erſte Empfehler ber Fleiſchſpeiſen für Athleten geweſen fen. Denn wie ſollte (fest Diogenes wahrſcheinlich nach den Mänsern Hinzu, deren Behauptung er eben niederge chrieben Hatte) Pythagoras der Weltweife Diefes gethan nben, da er gar das Ermürgen von Thieren verberen atte? Dieſe wider feine Auslegung ber Stelle beym Diogenes ſtreitende Gründe und Gegenzeugniffe hat Bents - ey niemals gehörig beantworte. So gewiß es aber ud ift, daß Apollenius, Diogenes und viele andere Schriftſteller vor und mit ihnen den Fechter Pythagoras von dem Weltweiſen unterfchieden,, und die wichtige Bere inderung in ber Diätetif der Kämpfer dem leztern abge» ſprochen habe: eben fo gewiß ift es auch, daß die ent Begengefegte Nachricht und Meynung auch viele Verthei⸗ ger hatte, Daß zu dieſen Erarofihenes und Ppavorin gehörten, daß alfo Bentley Recht hatte, wenn er die zum runde gelegte Nachricht der bepden Gkiechiſchen Schrift. - Nele von Phitofophen verftand, und daß. es endlich bloß der Nachlaͤſſigkeit und Werworrenheit.des Diogenes Inufhreiben iſt, wenn ihre Erzählung in ein foldyes Licht gefteßer wurde, daß man fie nothwendig misdeuten, und von einer andern Perfon, als die fie im Sinne hatten, nehmen mußte. Die Beweife von diefen Gäzen wird man leicht finden, menn man ben zwoͤlften, und dann ben fieben und acht ynd vlerziaſten Aoſchnlit mit einander *3 ver⸗

“um *

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320 Drittes Buch. vergleicht. Es heißt, fagt Diogenes‘, an be erfta] Stelle, daß Pythagoras, der Weitweife, den Athleten juerſt ben Genuß animatifcher Nahrung angerathen habe, und nadı dem Phaxorin foll er ben Eurpmenes zuerft gezogen haben,’ da bie Kämpfer vorher fich mit troden j Hülfenfrüchten und frifchem Käfe nährten, Eben bir NPhavorin nun if es, der in Hebereinftimmung mit dem Eratoſthenes in ben beyben lezten Mbfäzen ſagt, daß ei gewiffer Pythagoras zuerft Funftmäßig fi) gebalgt, un “in der acht und vierzigften Olhmpiade den Sieg dar getragen habe, und um gar kelnen Zweifel übrig zu la fen , von welchem Pythagoras bie Rede fen, fezt er hin "Haß eben dieſer Funftmäßige Athlet zuerft Erklärungen il die Mathematik eingeführt, ‘den Himmel zuerft Kooue und die Erde rund genannt habe, welches alles mar) ſchwerlich von einem andern als dem Weltweiſen verſtehen ann, Die ganze übrige Befchreibung deg Athleten Pr thagoras, ober die Merkmaale, bie Erätofthenes und Phavorin von ihm angaben, paſſen vollkommen auf br Samiſchen Weltweifen. Er habe , fagren fie, fen Haar genaͤhrt gehabt, welches Apollonius *) , Nikomo— chus **) und Lucian **) gleichfalls vom Weltwelfen m zählen. Diefen Schriſtſtellern zufolge war ber fat reiibe ae aus Samos gar ein. eüchmördliche Anh

/

u * ep. Jembl, u, Li Phil, Vi, Apal, 2 J— '**) 8, 30. ap. Jambl, Ä

j *RR) I. ga. vi. rer j t) Ap. Dodw, p. 129,

/

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefellichaft. 327

mehr Gewicht, als irgend einer der genannten Männer, und er kann alfo In Biefem Falle gegen alle drey gar nicht, in Betrachtung fommen, ba die lejtern überdem noch den Eratofihenes auf ihrer Seite haben. Auch aus dem purpurnen Gewande, in welchem ſich der Athlet Pyrhas . goras den Kampfrichtern bey Elis darbot, muß man (hließen, daß Erarofthenes unter dem Athleten und Welt weifen einerley Perfon verftanden habe. Denn bie beften Geſchichtſchreiber, deren Zeugniffe man weiter unten fine den wird, bezeugen, baß Pythagoras und feine Schuͤler durch reine und glänzende, wenn gleich nicht immer koſt⸗ bare Kleider, dem großen Haufen Ehrerbierung eng flößen gefucht haben.

Dodwell läugnete nicht nur wider bie von mir an⸗ geführten Nachrichten, daß der Weltweife Pythagoras fein Haar genähre und purpurfarbene Kleider getragen babe; ſondern er fuchte auch aus der gäuzlichen Enchals tung deſſelben von Fleiſchſpeiſen wahrſcheinlich zu machen, daß Phihagoras der Weltweiſe, und Pythagoras ber Athlet, oder der Einführer der animalifchen Diät für Kämpfer, nicht einerley Perfon ſeyn Eönne. Ueberdem (dienen ihm die heftigen $eibesübungen der Griechen zu ſehr mit dem ſtillen betrachtenden Leben des Pythagoras zu ſtreiten, als daß man dieſem ſchon in einem Alter von 18 Jahren fo viel Erfahrenheit in der Athletik zus trauen koͤnne, um über ermachfene Männer zu fiegen *).

Allein es ift nicht nur zweifelhaft, ſondern, wie ich im folgenden Capitel zeigen | werbe . hoͤchſt unwahr. X4 | ſchein⸗

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®) De actate Pyth, p. 125 u. f.

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8

zaz Drittes Buche

ſcheinlich, „daß Pythagoras und. feine Freunde fi 6 vom Fleiſche und vom Schlachten der Thiere gänzlich enthalten haben. Wenn aber aud) ein Drdensgefez den Pythago⸗ reern ſelbſt den Genuß thieriſcher Nohrung unterſagt haͤtte; ſo wuͤrde daraus im geringſten nicht folgen, daß Phtha— ‚goras nicht den Arhleten das Fleiſcheſſen angerarhen ha, ben koͤnnte. Die neuern Platonifer verboten animaliſche ‚Nahrung aufs firengfte; aber nur allein ſolchen, bie ein

reines befchauliches Leben fuͤhren, und ihren emporſtee⸗

benden Geiſt von den Banden des Körpers und der Sinne losmachen wollten. Sie erlaubten hingegen das, wu von fie ſich felbit enthielten, ausdruͤcklich Athleten, Krie⸗ gern, Handwerkern und allen übrigen, bie ſchwere Ar: beiten verrichteten, ober ein unruhiges gefchäftiges Leben führten *). Auch Pythagoras alfo- hätte zwar fich ſelbſt und ſeinen Schuͤlern das Fleiſcheſſen nicht erlauben, und dennoch Kaͤmpfern empfehlen koͤnnen.

Sdoo unrichtig Dodwell in’bem festen Falle rät fo unglüclich war feine Bermurhung ; daß heftige Lelbes⸗ übungen dem Pythagoras und ſeinen Freunden deßwegen zuwider geweſen waͤren, weil ſie dadurch zu ſehr gerſtreut, und in der ſtillen Wahrheitsforſchung waͤren unterbrochen worden. Der glaubwuͤrdigſte unter allen Gefchichefchrd bern des Pythagoras, Ariſtoxenus, fagt in einer Stele, auf die ich in der Folge zuruͤckkommen werde #*), daß die

Pothagoreer, um.ihren Körper zu bilden und zu ſtoͤrken,

„alle Toge mehrere Arten von n peftigen Sißbeibungen ge

a . F trie⸗

®) . ® Ru. oe ”#) ap. Jambl, 978, ee,

Geſchichte der Pythagereiſchen Geſellſchaft. 219

trieben hätten. Aus bem Serabo *) und andern wiffen

wir ferner, daß Mile, der ftärffte und beruͤhmteſte un⸗

ter allen Griechifchen Athleten, und der Sieger ber Sy⸗

bariten, ein Schüler des Pythagoras, und daß um. eben biefe Zeit die Stade Kroten, wegen ihrer Krieger und Kämpfer , unter allen Griechiſchen Städten am meie

fen berühme war, Mach eben dieſem Erbbefchreiber brachte. Proton in einer Dipmplade fieben Sieger in den’ Olympiſchen Spielen hervor , und ihre Kämpfer hatten einen fo großen Namen, baß man im Sprücmorte fagte; der geringfte unter ben Krotoniaten fen der größte unter

den übrigen Griechen, Pythagoras alfo, der unter fele

hen Schuͤlern fo große Athleten hatte, und deſſen Bor ſchriften und $ebensregeln wahrfcheinlich mehr, als die

geiunde Luft in Kroton, fp viele ſtarke und gewandte

Männer in Kroton bildeten, Pythagoras alfo kann felbit

auch wohl in der Athletlk geübt gemefen ſeyn, und als

Juͤngling in den Olympiſchen Spielen geſiegt haben.

d.

Wenn man fraͤgt, warum Apollonius, und andere

neuere Schriftſteller, dem Weltweifen Pythagoras Er⸗ ſahrenheit in der Athletik, und Erfindung der animalie (den Diät für Kämpfer abgefprochen, und einen zweyten vom Samifchen Philoſophen verfchiedenen Ppthagoras erdichtet haben, fo antworte ich, daß dieſe Männer nicht

anders konnten, indem fie den Pothagoras als einen

ſchwaͤrmeriſchen Gruͤbler ſchilderten und nachahmten, det ſchon als Juͤngling dureh Enthaltſamkelt und Faſten ſel⸗

nen Leib gekreuzigt habe, um durch ihn deſtoweniger in

hiumliſchen Eutzuͤckungen und Betrachtungen geſtoͤrt zu Es

were

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) VI. Ren Ed. cl;

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= 330 Deittes Bus, ,

werben, Ehmärmer und Sictgfäuige, bie fo vom Pythagoras dachten, waren gezwungen, fowohl anime liſche Diät, als ſtarke feibesübungen von ihm zu entfer⸗ nen, weil fie von beyden glaubten, daß die Seele du | durch feſter an den Leib genagelt wuͤrde. Ungeachtet ich aber überzeugt bin, baß Benııy bie Nachricht des Eratofthenes mit Recht vom Weltwel⸗ fen Pythagotas verftanden babe, , ſo zmeifle ich Boch ſchr, ob er fie auch mit Recht zur Grundlage der ganzen Jeit⸗ rechnung des Pythagoras mädchen Fonnte, Zwar ſcheint, wie auch Llohd anmerkte, die Berechnung des Antilocus bie Meynung des Eratoſthenes zu beſtaͤtigen, und die Zeugniſſe des Dionyſius von Halikarnaß, Livius und | Plutarch widerſprechen ihr auch nicht ſchlechterdinge. Allein alle dieſe Stellen find unbeſtimmt, und bie by festern befonders find mehr wider Dodwell, als fie für Bentley find, Denn wenn zum Beyſpiel Dionyſius fagt, daß Pythagoras ſich nach der funfzigſten Olympiade (welche fefeart ich mie Bentley für die richtige halt) in Stollen aufgehalten habe; fo kann man daraus weite nichts ſchließen, als daB ber Iestere nach ber Meynung des erſtern zwifchen der funfzigiten und fechzigften , und ‚nicht erft nad der leztern nach Italien gekommen fe. Die nähere Beſtimmung, daß Pythagoras vier On ſchlechter nad) bem Numa geblüper babe, iſt nur alsdann für Bentley, wenn man vom Anfange der Kenierung bes Numa zu rechnen anfängt, Heißt aber im Diony ſius? nach dem Muma’ blühen, (wie es viel wahrſchein⸗

licher if) ſo viel, ala nach dem Tode des Numa 9), He au

me e BE

v Ol. 27 L

Echte der Yythagoreiſchen Geſellſchaft. 330

auch nach der Mitte feiner Regierung berühmt werben ; fo IR die Stelle des Dionyfius ein Gegenzeugniß wiber die Nachricht des Eratofthenes, Eben fo ſchwankend find die Worte des Livius, worinn dieſer Geſchichtſchrel⸗ ber ſagt, daß Pythagoras uͤber hundert Jahre nach dem Numa, zur Zeit der Regierung des Servius Tulius, an der Außerften Kuͤſte Italiens Juͤnglinge unterrichtet habe, Wer, kann hierbeflimmen, wie viele Yahre'über hundert, und in welchem Jahre der Regierung des Sete vius Tullius, Lvius geglaubt habe, daß Pythagoras in Jialien zu lehren angrfangen ? Diefer Roͤmiſche König herrſchte von der bis au das Ende ber 61 Diympiabe, und man Fann alfo aus dem Zeugniffe bes Livlus hoͤchſtens ſo viel abnehmen, daß, feinen Unterfuchungen zufolge, Pythagoras vor ber So Olympiade nad) Italien gekom⸗ men fe, weil er font nicht nach hundert, fondern nach hundert und funfjig Jahren würde geſagt haben. Noch vlel weniger konnte Bentley die Meynung derer, welche den Pythagoras fünf Menſchenalter nach dem Nama ſezen, als eine Beſtaͤtigung des Zeugniſſes des Eratoſthenes anſehen. Wer mag bier unterſchelden, ob mon den Zeitraum, um welchen Phthageras vom Numo entferne geweſen ſeyn fell, bon der Geburt bes Roͤmiſchen Königs, ober won feiner Regierung, aber von feinem Tode zu berechnen anfangen müffe? |

Nach einer genauen Unterfuchung alſo iſt Bas tin« chell des Eratoſthenes, und etwa das des Phavorin das einzige, welches Beutley berechtigen konnte, den Pytha⸗ goras in der 43 Olymplade gebohren werben zu laſſen. Allein dieſem Urcheile ſteht erſtlich das Zeugniß bes Cieers

| | | ne

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. 3 . Dritte Sud, a

N entgegen *), nad) welchem Poehegorae erft unter dem

Tarquinius, nicht vor 61. 4, nad) Italien kam: ferner das Zeugniß des Dikaͤarch *%), nad) welchem Ppythagoras den Pherekydes begrub, bevor er Italien beſuchte, und der leztere alſo vor der 53 Ol. geſtorben ſeyn

muͤßte, welches allen Ueberlleferungen der Alten wider ſpricht; endlih, die Data aller, oder ber beſten Ge ſchichtſchreiber über die Zeit feinee Bluͤthe, die Dauer

ſeines Aufenthalts in Italien, bie dänge feines Lebens, und über bie Epoche der Regierung bes Polyfrates, deß

; fen. geftärfte Herrſchaft ihn noͤthlgte, Samos zu ver

laſſen. |

u Alle Schriſtſteller ſezen die Zeit der Bluͤthe des Pythagoras, ‘oder feines allgemeinen Ruhms, zwiſchen bie 60 = 62 Olympiade. Wäre er alfo fo früh nad Italien gefommen, als Bentley meynt; fo würden doch wenigſtens einige feine Bluͤthe bald nach 53 DI, angenom⸗ men haben, Dern feine Ankunft in Itallen war auch der Anfong feines ſich in Der Folge mehr verbreitenden Ruhms.

Nach dem Juſtin Rand Pthagoras ſeiner Säule zwanzig Jahre, und nad) einem ungemiffen Schriftftefler beym Jamblich neun und dreyßig vor. Bentley's Rech⸗ "Hung sufolge, würde er nahe an fechzig Jahre das Haupt

einer blühenden Geſellſchaft geweſen ſeyn.

Die alaubwuͤrdigſten und soahrfdzeinlichften Anga⸗ ben der Lebenslaͤnge ſind unſtreitig die, welche beym

Diogenes ſtehen. Die eine des Herallides, , der dem | - Pop:

——

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6) Tuls, QUI. * * beret. 55.5

7

Gefchichte ber Pothagoreiſchen Geſelſſchaft. 3 |

Pythagoras 80 Fahre gab: und die andere der meiſten Schrififteller, ‚die das Leben des Ppthagoras zu neunzig Fahren anſchlugen. Mit keinem von diefen beyden Das ‚eis reicht “Bentley aus, under muß daher dem Ttetzes und Jamblich folgen, die den Pythagoras neun und neun« zig Jahre alt machen. Wergebens fucht er auch ben

Disgenes mit den beyden feztern übereinftimmend zu mas -

chen, weit keine Handſchrift ſtatt neunzig Jahre, neun und neungzig angiebt,

Die größte und unäberroinbtichfte Schwierigkeit ges gen die Bentlenifchen Angaben der Geburt des Pyehageras und feiner Ankunft in Itallen, iſt bie Unvereinbarfeit derfeibigen ‚. mit der Zeitrechnung bes Polykrates, deſſen Herrſchäft, nach dem Zeugniſſe aller Schriftſteller, bie Urſache entweder ſeiner Reiſe nach Aeghpien, oder nach Italien, oder auch nach beyden Laͤndern war. Nimme man mit dem Apollonius *) und dem Antiphon **) an, daß die erften Anfänge der Tyranney des Polyfrates den Py'hagoras zu feiner erften Entfernung aus Samos bes wegt haben, und daß Polnfrates ihm gar Embfehlungss

fehreiben an den Amafis mitgegeben habe; fo würde fol

gen, daß Polykrates fchon um Die acht und vierzigſte Simmpiade die Freyheit feines Vaterlandes unterdruͤckt, und den Pythageras an den Amafis faſt zwanzig Fahre vor der Regierung bes leztern empfohlen habe, Wenn man Aber auch die unzuverläffigen Nachrichten diefer - Männer - ganz verwirft, und mil dem Ariftorenus bes dauptet, deßd die Tyraoneh des Potrates nur einmal bie

*) 8 11. ap. Jambl, **) 5,7. ap. FPorph. 0

«1

die Urfache der Flucht des Hochacdras, und zwar nach Italien geworden, und daß der flüchtende Weltweife um diefe Zeit vierzig Jahre alt gemefen fen ; fo wird doch das Durch, fo lange man die Bentleyſche Zeitrechnung verthei⸗ digt, die Regierung des Polykrates wider die ausdruͤck lichſten Zeugniſſe aller Schriftſteller, und. felbſt über alle Wahrſcheinlichkeit hinaus verlaͤngert. Mad dem Ariſtoxenus war. die Tyranney dieſes Mannes ſchon im Wachsthum, oder befeſtigt, als Pythagoras ſie nicht laͤnger ertragen konnte; ihr Anbeginn wuͤrde alſo über die 53 Olympiade hinaus, gegen die 50 hinfallen, md der glückliche Beherrſcher von Games, der DI. 64. 1, gekreuzigt wurde, würde über so Jahr regiert haben, Dies iſt nicht nur unwahrſcheinlich, fondern wird auch Durch mehrere Nachrichten beym Athenaͤus wiberlegt, Arhenäus tabelt den Hermefianap, daß er die Sappho und den Anakreon fuͤr Zeitgenoſſen gehalten habe *), da jene doch unter dem Alyattes, ‚und Diefer zu den Zeiten des Kyrus und Polnkrates gelebt habe. . Nun ftarb Alyattes in der 54 DI. 3., und Kyrus fing nach dem Abereinſtimmenden Zeugniſſe aller Alten, erft 33 DI. ‚man guregieten, Polykrates alfo, deffen Epoche ber . bes Alyattes entgegen geſezt, und mit der des Kyrus gleich gemacht wird, kann nicht vor der fünf und funfs sigften Olymplade fich der Alleinherrſchaft in Samos bes mächtige haben. ch bringe hier nicht einmal auf das Beugniß des Polyänus, (das Bentley ſelbſt anfuͤhrt) **) nah welchem Poldtrates im Anfange feiner Hertſchaft

| Trup⸗

/

5 Xu, van, p. 599 .

* Stratag. 1. 233. °,

I

Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſelſchaft. 335

Truppen vom Lygdamis, Tyrann auf Narus, borgte, er wahrſcheinlich nicht .vor Ol. 59. 1. zu regieren anfing, Bider diefe Nachricht laͤßt ſich theils dieſes einwenden, af der leztere noch vor ber Ergreifung der höchften Ges alt dem Polykrates, wie dem Pififtrar *), benftehen onnte, und daß Polyan ihn einen Tprannen von Norus tonnte, weil er es kurz nach der. Unserflügung des Polys rates wirßlich wurde s theils kann man, dem Polyan ein zeugniß des Apollodor entgegen ſezen, welcher beym Dio⸗ mes **) fagt, daß Anarimander im zten fahre der 8 01. 64 Jahr alt geweſen, und kurz nachher geftorben m, nachdem er vorzüglich zu den Zeiten des Polykrates jeblüher Habe, Dieſe Stelle ſtreitet zwar mit der des Polyaͤns, aber nicht mit der des Athenaͤus, und beweiſt Ye Bentleyiſche Meynung vom Anfange der Regierung zes Polhkrates im geringſten nicht. Suldas ſagt zwar ınter dem Artikel Anakreon, daß dieſer Dichter um die jr Ahmpiade gelebt habe, und ein Zeitgenoß des Poly⸗ rates gewefen fen; allein Bentley fühle felbft, DaB diefer _ uchlaͤſſige Serikograph nichts für ihn beweife, indem er - mer dem Worte Ibykus wieder ſchreibt, daß Anafreon n der 54 Olympiade nad) Samos gefommen fey, als Polyfrates, der Water des Tyrannen in Samos, und kröfus in $ydien regiert habe, Nun hatte Pol;frates tinen Vater gleiches Namens, der Samos beherrſchte kin Water hieß Aeakes) und Kröfus beftieg, nach Deueps Rechnung er in Ol. 55. 3. den $ndifchen

Uhron re), | | | Sof, "1,61. Her '

"%) In vita Anszimandel, on 00% S. 48. M | u |

336 Drittes Buch.

Zwiſchen Dodwell und Bentley nahm der Bl ſchof Loyd gleichſam die Perfon eines Mittlers an. €r verwarf zwar die Rechnung des erftern gang, gab abt

- doch dem leztern auch nicht in allem Recht *). Phytha⸗

goras (fage er) iſt im brieten Jahre ber 43 Olympia

gebohren, wenn er derfelbige mit demjenigen iſt, vm

welchem Eratofihenes beym Diogenes redet **). E wolle aber doch lieber fein Geburtsjahr in das dritte Johr der acht und vierzigften Olympiade fezen, weil Herallldes bezeuge, daß Pythagoras nur achtzig Jahr alt gemarden, und die meiſten Biographen, daß er nicht lange nadı Dr Zerftöhrung von Sybaris geftorben fen ***), An maht fcheinlichften alfo fen es, daß Pythagoras in der 68013 geftorben, und zwanzig Ölympiaden vorher gebohren mr: den ſey. Wolle man aber mit, den Schriftftellern bıpm Diogenes glauben, daß Pythagoras ein Alter von go Jahren erreicht habe, fo falle fein Tod in 1.704 Ungeachtet Henb meinem Urtheile nach der Wahr heit näher gefommen ift als Bentley; fo hat er doc fan Meynung viel weniger bemwiefen, als dieſer Gelehrtt Er gab zu, daß Pythagoras in der 43 91. gebopren foyn müfte, wenn Eratoffhenes den Weltweiſen Paehagır im Sinne gehabt habe; und verließ doch dieſen Eran ſthenes und Bentley, ohne etwas wichtiges wider di Glaubwürdigkeit ves erfiern, und bie Auslegung desan i bern | #4) Man fehe den Auszug feiner Hifoire chronolotique ‘de Pythıgore, &d’autres hommes e£lebres. qui ol veeu de fon tems, dans Is Bioliorh,. choilie de M. le Clere X. pP: 10J4. %6) Diog. VIH. 47, a) Ol, 67.

4 l

Geſchichte der Pothagorcichen Defeat 27

been vergebracht zu haben ober vorbeingen su können...

Er würde, feiner Art zu-fchließen zu folge, Bentley ohne: weitern Zweifel haben beyſtimmen müffen, menn bieler die Stelle des Diogenes fo vertheidige hätte, als fie füch,. tie ich gezeigt habe, wirklich vertheidigen laͤßt. Das einige, was ihn (außer bem Dato von der Zerftärung.

von Eybaris) bewog, vom Bentley abzugeben, war.

die Nachricht des Heraklides uͤber die Lebenslaͤnge des Pythagoras, die Ihm dadurch ein neues Gewicht zu erhal⸗ ten fchien, weit Lucian den Pythagoras nicht unter den langiebenden Weltweiſen angeführt hobe. Auch Ich glaube joar, daß die Nachricht bes Heraklides denen, aller. übrigen-Schriftfteller, vorgezogen zu werben verbiene, aber dies nicht um bes Heraflides willen, deſſen Gewaͤhrs⸗ mänher und Gründe ich nicht weiß, auch nicht um des Stillſchweigens des Lucian willen, weit Lucian viele andere berühmte Männer, die neunzig und mehrere Jahre alt

geworden find, ‚nicht angeführt hat; nur allein beßwegen

halte ich die Erzählung des Heraftides für die wahr⸗ fheinlichfte, weil fie allen übrigen hoͤchſt glaubwuͤrdigen Zeugniffen alter Gefchichtfchkeiber, und den zuperläffige ften darauf gegründeren Berechnungen am beften ent⸗ fit. Ohne diefe Zuſammenſtimmung würde ich es nie wagen, das Datum dieſes Schriftſtellers zur Grunde lage der ganzen Zeitrechnung des Pythagoras zu machen,

Wenn man nicht firenger ſeyn wollte, als $loyb; fo koͤnnte |

man mit eben fo vielem Grunde, als worauf feine Rech⸗ hung gebaut ift, hie Geburt des Porhogoras in die 46te Olympiade hinaufruͤcken. Die meiften Schriftfteller

(tönnte man fogen) ftimmten, wie Diogenes meldet, dahin überein, daß Pychagoras 90 Jahre gelebt habe. Die. 9

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8Dritieg Vuch.

nmun bald nach. dem Ausgange der 67 DI. geſtorben if; ſo folge hieraus , daß er entweder am Ende der 45, oder wahrſcheinlicher mit dent Anbeginn der 46ften gebohrn ſeyn muͤſe. WVraon dieſen drey beruͤhmten Schriftſtellern, uͤbn Bas Zeitalter des Porbagoras, weichen wiederum Har⸗ duin und Stanfen ab. Der erftere*) fezt eine aſtronomiſche Enntdeckung des Pythagoras In das 661ſte Fahr vor Chriſti Geburt, und laͤßt ihn alfo Faft hundert Jahre früher ges | Bohren werben, als Bentley. Diefe willkahrliche Reqhe nung aber wird durch bie Zeugniffe aller Alten fo kräftig widerlegt, daß man ſich der Mühe überheben ann, ifre Urrichtigkeit ausführlich zu zeigen. Stanley hinge gen **) ſezt die Geburt bes Pythagoras nech um einige Jahre fpäter an als Dodwell. Ex nimmt zuerft die Er zählung des Jamblich als wahr an: daß Pprhagoras,

achdem er ſich 22 Jahre in Aegypten aufgehalten hatte,

vom Kambyſes im dritten Jahre der 63 Of. nach Pır fien geführet worden, und nach einer Gefangenfchaft von gtodlf Jahren, nad) Samos in fein Vaterland zurücze fommen fey, Dieſer Erjählung nach, koͤnne er alfonidt vor dem Ende der 66 DI. Samos verlaffen haben, um Italien zu befuchen, und. wenn er damals, wie Jamblich gleichfalls dezeuge, 56 Jahre alt geweſen, ſo koͤnne er nic! vor bern erfien. Jahre der 53ſten Olympiade geboren worden ſeyhn. Auch diefe Meynung unterfuche ich niche weicläuf tig, weil alle bie Gründe, . die ich der Dodwelllſchen entgegen geſezt habe, auch wider die. Stanignfcye gelten Ich erinnere hier nur noch diefes, daß in einigem Puucten *) Chron, Vet, Teft, ad anaum 661 ante Chriftum, “*, Hift, phil, de Pych, c. X, p. 671,

« 1.

Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 339 'tanley, in andern aber Dodwell ſich genauer an bie ithriftfteler halten, denen fie beyde folgen,‘ Dodwell rinn, daß er den Pythagoras nicht gleich In demfelble n Jahre, in welchem er aus der Perfifchen Gefangen⸗ oft zuruͤckgekehrt ſeyn fol, mach Itallen reifen läße: jtanleg aber, darinn, daß er ben zwey und zwanzig jaͤh⸗ gen Aufenthalt des Pythagoras in: Aeghpten, ben Dobe ell ablaͤugnet, beybehaͤlt. |

Eine ganz neue Bahn, bie von ben Wegen. aller her genannten Männer abwich, betrat ein gelehrter anzos de la Nauze *). Diefer übernahm es zu. bewel⸗ 1, daß Pythagoras im Anfange der 35 Of, 640 Jahe e Chrif Geburt, geboßren worden, .

Er beruft ſich zuerft auf. eine Sage, bie Herodot tee den Griechiſchen Anwohnern bes Sellefpent und waren Meers hörte: daß nämlich Zamolxis, der von n Beten göttlich verehret wurde, ein Sclave bes Py⸗ agoras gewefen fey **). Herodot (ſagt be la Nauge) tt diefe Sage freplicy für eine Erdichtung; allein fie itde unmöglich in mehrern Laͤndern haben Glauben fin

n, und ſich verbreiten fännen, wenn Porhagoras ſo 19 gewefen wäre, als Bentley oder.&ioyd ind Dodwell ben, und bis unter den Darius, oder gar Terpes lebt hätte, Man muß daher annehmen, daß fein Tod kt bie Regierung dieſer beyden Perfifchen Kun, alſo er Ol. 64 4; hinaus falle.

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F —** de Fr des R Ihre de Pac. dinie zoyale des laſerlptlon⸗ & bel nee Tom.

4

340 Drittes Buch. 1F F n

Er beruft ſich ferner auf die Zeugniſſe der aͤlteſia Weltweiſen, die alle vom Pythagoras als einem Mann redeten, der vor Ihnen gelebt haͤtte. So table Herelil die Biekoifferen des Pythagoras *), Parmenides fchreih ihm eine Eutdeckung über die Benus zu **), und Zw phanes endlich ***) mache feine Seelenwanderung laͤchen lich. Nun bluͤhete (ſchlleßt de la, Nauze) der erſtere um die 69. Ol., Parmenides war deſſen Zeitgenoß, (falld fagt der V., daß Parmenides aͤlter als Heraklit ud deſſen Lehrer heweſen ſey) und wor dem Parmenides Ic Genophanes von Kolophon. Da nun Pythagotas ld als fie alle mar; fo müffe man feine Geburt norhmend bis in das 640ſte Jahr vor unferer Zeicrechnun⸗ heben.

Er beruft ſich drittens auf das Zeugnlß be ? menibes, nach welchem Pythagoras der erfte war, beobachtete , daß der Morgen s und Abendftern nicht einander verfchieden feyn. Zwar ſchreibe Phavorn diefe Beobachtung dem Parmenides zu; allein Apol , (beym Stobäus und Plinius ++) flimmten dem Ps nides bey , ber bier unftreitig am meiften Glauben diene. Pitnius fage fogar , daß Pythagoras diefe dung in der 42 Olympiade gemacht habe +++), Auch aus alſo muͤſte man den Schluß ziehen, daß Pythago

YDoe vie. 60) vill. 4 N * —*

6 J. vor Ch. Geb,

Geſchichte der Phchagoreiſchen Gefellfchaft. 34: m bie fünf und dryoßigſte Dipetplade gebehren worden

Als einen vlerten Grund fuͤr ſeine Meynung fuͤhre e fa Nauze bie allgemeine Ueberlieferung alle altım Zchriftſteller an, daß Porhagoras den Pherekydes von Zhros zu feinem Lehrer gehabt babe.‘ "Diefer Pherekybes nüffe älter geweſen ſeyn, als die Weifen von Griechen⸗ md, meil Ttetzes berichte *), daß Thales Ihn gehört . abe, Da nun Pythagoras ein Mitſchuͤler des Thales eweſen fen, fo folge hieraus, daß er auch ohngefaͤhr m dieſelbige Zeit *), muͤſſe gebohren worden ſeyn.

Das frühe Zeitalter des Pherekydes werde überbem, uch zen merkwuͤrdige Nachrichten im Diogenes ***), wußer Zweifel geſezt. Diefer Schriftfteller berichte, daß - Pherefydes zur Zeit des Meſſeniſchen Krieges gelebt habe, Diefer Krieg nun fönne fein anderer als der zweyte ſeyn, der ſich in der 27 DI. mit der Zerflörugg non Meffeme mdigte,

Diogenes führe ferner aus bem Hermipp an, daß Pherekydes die mit den Magneſiern friegenden Ephefer begünftigt, und ihnen durch bie Fortfchleppung feines Körpers in ihr Gebiet den Sieg verſchaft Habe. Diefer Krieg ſey unftreitig eben der, deſſen Archilochus erwähng habe +), melcher Dichter nach den Herodot mnter dem lydiſchen Könige Gyges vor der 27 DL. lebte.

Wenn übrigens Pherekydes -von ‚einigen Särife ßelern tlefer herab geſezt werde, fo fomme dieſes baper,

a [| | ') 11,970. Chil. Zn ) 640%. 8 Eh. Geb. 3580. |

ML 117.179 . t) Ste,XIV, p. en. Cliem, Ste. 1. p. 244. -

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Babe:

kus der Geſezgeber der Sofrier genannt ,. deſſen Zeitalte muan am beflen aus einer Stelle des Demoſthenes wide

vaftit “N Rh und werte auch vom Atiſſoteles fies vor dem

m" 9 * von

842 J— . Deittes ER

def man zween Pheeelydeffe von Gore, einen fa gen und einen Toeologen mit ‚einander verwechſelt habe, melde vom Andron ven Ephefus fergfaltig unterſchiede worden *). Wolle man aber mit dem —*

und Strabo *%*) nur einen Pherekydes von Syros anne men; fo koͤnne man doch nicht läugyen, daß ältere ui neuere Gelehrte den Unterrichter des Pythagoras mit dem viel fpätern Geſchichtſchreiber vertauſcht härten, Nicht aber bloß die Zeltrechnung der Lehrer Pythageras, ſondern auch ſeiner Schuͤler beweife, & er um-bie 35 Ol. gebohren werben ſey. Unter den lep dern werde, fowohl vom Jamblich als Porphyr, Zela

den Timokrates beflimmen könne, in welcher der Ada ufenfifche Redner foge, daß die Geſeze bes Zateufus’füm

bber 200 Jahre’ geltend gebHeberi wären, Da nun Ds maoſthenes dieſe Rede in ber 106 DI, mehr als 300 Jeh vor Chrifti Geburt gehaften-habe; ſo folge daraus, Di

die Geſezgebung des Zaleufus gegen 550 Jahr vor Eprif Geburt hinaufgefegt werben muͤſſe, und daß Pprhagetel etfo um das 600 Jahr vor Ehriſn Geburt gelh

Ein anderer Zuhoͤrer bes 6 Dotfagoras , Kippafıl von Metapont / war nach bem Suidas ein Sehrer bes Ho

de 3— Dlog. l. 115.” nr —8X l. 5,

. yit

beſhichte der Ppthahoreiſchen Gefelihaft, 245

Heraklit als ber ältere genaunt. Mun habe Heraklle um die 69 ‚Öl. oder soo Jahr vor Chriſti Geburt ge

ße, und Porfagoras, der Sure fenes Srers, müffe °

daher um. Gon Jahr vor Chriſti Geburt gelebt haben,

Ich übergehe das, was. der V. von dem Zeitalter bes Alkmaͤon und Parmenides vorbringt, und fee nme

noch feine Bemerkung über bas Zeitalter bes Kenophanes, und deſſen Verhaͤltniß. zur Epoche des Pythagoras her. Darmenides hörte, nach dem Zeugniffe *) Des Diogeneg, ben Tenophanes, und ben Pyehagereer Diochetes. Nun

fen jener, nach bem Xpoflodor.**) und Sextus, um.bie

40 Qlympiabe gebohren worden, _ und. ba eben biefer

Weltweiſe jünger als Pythagoras geweſen, wie aus fe

nen eigenen oben angeführten Werfen erhelle; fo koͤnn⸗ ber leztere nicht unter bie 35 Ol. herab gebracht werden. Diefer feiner Rechnung wiberfprächen zwar erfilich

die Zeugnifle des Jamblich und guderer bie den is, |

Empedokles, Pilolaus, und mehrere andere Weltwelße su Zeltgenoſſen des Pythagoras machten; allein durch dieſe und ähnliche Nachrichten müffe man fich nicht irre machen laffen ba eben. biefe Gchriftfieller aus einer un⸗ verzelhlichen Machläffigkeit ſo gan Männer, die nach dem Ariſtoteles lebten, in has Zeitalter bes Pyothagoras hinaufgehoben hätten e)

Wenn de la Nauze alle übrige Einwärfe wider -

feine Hypotheſe fo gut hätte wegräumen Aönnen, als dar eben angeführten; ſo wuͤrde fie unter allen bisherigen bie - | D4 | annehm⸗

IXX. . *) Clem, Str. 1. 301. *) 5.14

944. \ J Drittes: Buch.

:annehmlichfte ſeyn. Allein fie zwingt ihn zu laͤugnen, daß Pythagoras zu ben Zeiten bes Amaſis, Kambyſes und Polykrates gelebt Habe, wenn man nicht außer dem berühmten Tyrannen von Samos mit dem Suldas % ‚nen anbern gleiches Namens annehmen wolle. Dee auge gibt übrigens: zu, daß Pythagoras Im goften Führe feines Alters nad) Italien gekommen, und Im Hoften Jahre, 550 vor Cbhriſti Geburt, noch, vor der 60 | Ofymplade geftorben fen. | In eben dem Bande, in welchem ſich die zulır üusgejogene Abhandlung finder, ſteht eine Widerlegung derſelben vom gelehrten Freret, deren: Inhale ich daher ‘auch kurz mittheilen will. Das Jahr der Geburt des Pythagoras (ſagt dieſer Ehronolog) konne fo wenig, als

das ſeines Todes, genau beſtimmt werden, und er wole

baher nur bie aͤußerſten Graͤnzen abzuftechen ſuchen, über welche man das eine nicht hinaus, und bas andere nich heruͤber ruͤcken koͤnne. | Nach dem Diodor von Sicillen , defſen Nadıri won dien andern Geſchichtſchreibern, Entweder voraus ſezt und beſtaͤtigt, oder dach nicht widerrufen werde, übe lebte Pythagoras bie Zerſtoͤhrung von Sybaris *), meld! nach ihm und dem Eufebius in das Jahr sog wor Chrifi ‚Geburt **) falle, hiemit ſtimmen Apollonius dem Jamblich und Eieero ***) genau zufammen, die In

beyde hoch nach ber Zerflöhrung von E yharis keben laſſe.

| Prrpageras Fönne alfo nicht vor 509 3 geſtorben J— wah hu

3 Li, Zul 483. Ed. Weflel, .4. rs, ul [Ar .

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mahrfcheinlich aber falle fein Tod in das Jahr vor Epriftl Beburt sog oder 7, wenn anders bie Erzählurigen der Alten über feine Todesart beym Jamblich und Porphyr Gtauben verdienten. fe nachdem man nun einer von den entgegengefesten Nachrichten Griechifeher Schriftftels ler über, die Sebenslänge des Pythagoras folge, und bie leztere entweder auf 80, oder 90, oder 99, oder 104, oder

117 Jahre ſchaͤze, je nachdem müffe man aud) das Ger

burtsjahr deffelben hoͤher oder niedriger, entweder In das 587, oder 597, oder 606, ober Grı, oder 634 Jahr v. C. ©, ſezen. Mach dem Antilochus, ber von ber ara des Pythagoras bis auf den Tod bes Epikur *) 312 Jahre rechnete, möüffe Pythagoras 600 Jahr ver

Chriſti Geburt gebehren worden feyn , wenn man nArım

in der Bedeutung nehme, in welcher es in den beten Schriftſtellern vorfomme , naͤmlich für das Alter, worinn jemand zum Krieger Hefchieft war. Wolle man hingegen dem Jamblich folge, der den Pythagoras im der 62 Olympiade **)', und in einem Alter von 56 Jahren nad) Italien kommen laſſen; fo müffe man deffen Geburt einige Fahre fpäter (Im 596 oder 594 Jahre) ans nehmen. I Diedor von Sicilien, Cicero und Gelllus ſtimm⸗ ten ohngefähr alle mit dem Jambllch über die Zeit der Ankunft des Pythagoras in Itallen überein. Der ers ſtere fege fie in die 61 DI. ***),. die beyden leztern In das | ds. Enbe

®) 270 v. Ch. Geh.

9) 532. 33. "634 3. vor Ch. G.

/

nipumen au

Seföichte der Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 345 |

N

346. :Deitteß Buch.

Ende der Regierung des Servius Tullius, ober den Au, fang | der Kegierung bes zweyten Tarquinius. . Vergleiche man endlich die Nachrichten bes Arlſis⸗

renus, über das Alter des Pythagoras bey feiner Abrelfe

nach Italien, mit ben Datis anderer, und beſonders

‚bes Eufebius über den Anfang. und das Ende der Tyran⸗ nen des Polyfrates, um weicher willen Pythagoras feln

_ Vaterland verließ; fo: falle feine Ankunft ia Italien ol: Ä ſchen die Jahre 522: 535, und feine Geburt gwiſchen 562 875 Mac dem Ariſtorenus ging Pythagoras zur zeit

der hoͤchſten Macht des Polykrates als ein viergie jährl

‚ger Mam nach Italien: Polnfrates aber, werde Im zien

Jahr der 64 DI. *) gekrenzigt, und hatte nad; bem Eu

ſeblus im 21en. Jahre der oꝛ Ol. =®) zu regleren an

gefangen. | Darinn wer Freret verfichtiger als alle. feine Ver⸗ „gängen, daß er. obu.den fi cherſten Datis in ber ganyen Zeitrechnung: des Pythagoras ausging: von ben Zeug ‚niffen nämlich des. Diodor, Cicero und Apollonius beym Jamblich, nach weichen Pythagoras die Zerſtoͤhrung von Syharig v uͤberlſble. Dieſe Narhrichten nun warin frepfich hinreichend, bie Meynung bes de la Noue, die e widerlegen wollte, übern Saufen zu werfen, allein | fie fahrten· boch auch zu nichts deſtimmten, wenn ce nid! erſtlich die Erzählung bes Apollonius damit verbunden

diene: : deß bie Vefmörung, tiber die Prrfagorin ae

P

| gu Jahr v. Ch. Geb. WE) Das iſt, 535 vor Ch. Geb. ober nach atidern Fra vis. 32. aꝛ. |

Geſchichte ver Pothagoreſſchen Geſelſchaft. 347

nach der Miederlage der Soybaricen ausgebrochen, und

Ppythageras entweder in dem Kyloniſchen Aufſtande um⸗ gekommen, ober doch bald nachher geſtorben ſey. Für die Richtigkeit dieſer Ueberlieferung bringe Freret gar feine

Gründe vor, Wenn er alle die Empoͤrung wider die De . |

thagereen gleich in Das erfie- oder zweyte Jahr nad) dee - Serflörung von Sybaris, und den Tod des Pyshagoran in das Fahr 308 eder joy. vor Chriſti Geburt feste; fo Batte er nur allein das Anfehen eines. jüngern fabeihaften = Geſchichtſchreibers, und eine unbewieſene willkaͤhrliche Auslegung einer zweydeutigen Stelle vor ſich.

Von 'dleſem durch bloßes Rathen herausgebrachten Eterbejahr des Pythagoras rechnet er nun ndch einander. die ebenslaͤngen zurück, die von verſchiedenen Schriftſtel⸗ lern angefuͤhrt werden, und daraus ergibt es ſich, daß zwiſchen dem naͤchſten und entferuteſten Geburts jahre ein eben fo größer Abſtand, als zwifchen den Meynungen el— nes de fa Nauje und Bensten, aber eines Bentley und Dodweii ſey. Diefe Berechnungen waren ganz unnäg, fo baid er nicht erflärte,, und darthat, welchem Schrift fellee,man folgen, und weiche febeuslänge man für ie ö weheſchelnlichſte dalten muͤſſe.

Sram ſehlt ſerner, wenn er bie achrich kom“ Gamble über die Ruͤckkehr bes Pothagoras ah Samos In einem Alter von 56 Jahren, mit einer anbern von der Ankunft defieiben in Italien in der 62 Olympiade verbins bee, als. menm fie beyde von einerley Schrifcſteller her⸗

ruͤhrten, und daraus den Schluß zieht, daß Porbageras |

im Jahr 587 oebohren ſeyn muͤſſ.. Das eine Datum iſt vom Ayololus das andere vom Nikomachus, und

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28 Drittes Buch, es ift gar nicht bewiefen,, daß der erſtere die Berechnung des zweyten, und Der zweyte die. Erzaͤhlung bes erſtern ‚angenommen habe. Viemehr iſt es wahrſcheinlich, daß Apollonius Die Ankunft bes Pythagoras in Stalien viıl früher als Nikomachus angefezt habe. Wenn man . Wämlid zugibt, daß das lezte Capitel im Jamblich eine

"Bortfegung des vorhergehenden ſey, und wie der größte - Zeil des festen, und die fänf erftern Capitel, den Apelı

Aonius zum ˖ Verfaſſer habe: ſo läßt ſich Die Nachricht im 36 Capitel, daß Pythagoras feine Schule 39 Jahre re⸗

giert habe, ſehr wohl mit der Erzählung-des Apollo-

alus*) aber ger nicht mit der Nachricht des Nikoma⸗ dus **) vereinigen. Freret nahm fogar wider das Zeug. niß des Apollenius an, daß Pythagoras in eben dem Jaßhre, in welchem er aus der Perſiſchen Kuechiſchaft ‚gurüdigefommen fegm ſoll, ſich nad Rallen eingeſchlſt

be.

Ein weit groͤßeres Verſehen aber, ale bie vorhen |

‚gehenden, mar diefeg, daß er alle Übrige Schrifefteller ‚mit dem Nikomachus, ber die Reife des Pythagoras In

| ‚bie 62 Olpmpiade feste, In Harmonie zu bringen fuchte.

Außer dem Nifomachus reden aur noch zween andere ber ſtimmt und austrüclich von der Ankunft des Pythagorat in Stallent- Cicero naͤmlich, der ihn unter im Tarqu⸗ nius Suprebus***);; und Solin +), der ihn in dem Com

| fulat des Brutus +}) nach Italien fommen läge, De

erſtere

(ERREGER GEHE vo mm DU U | -)} ——

8. 19. “r Im 46. Abſchnitt. AR) Nach Ol. 61. , W ty. 21. .

49 68.1.

Eerdiäte der Pythagoreilhen Geſellſchaft. 349

atere von dieſen beyden ſtreitet zwar nicht mit dem: Mi. komachus, aber beftätigt auch feine Angabe nicht, Der andere hingegen weicht um 6 Olympiaden von Ihm ab,

Ale übrige riechen und Römer, die Freret zu Mitzeugen des Nikomachus, und zu Erhärtern feiner Meynung macht, reden entweber nur von dem Anfange des Ruhms des Pythagoras, oder von feiner Bluͤthe, oder überhaupt von der Zeit, wann er gelebt habe, Den Anbesinn feines ſich verbreitenden Ruhms fezte ber Vers be des Alexandriniſchen Chronikons in das 1. abe

der 54. DI. und Auguftin In bie Zeit der Rückkehr der Juden aus der Babyloniſchen Gefangenſchaft: ohngefähr um die . 62.01, Seine Blüche nimmt Diogenes In der 60 und Diodor in der 61 Olympiade an, und an dieſe Bläche laͤßt fi), wie ich nachher darthun werbe, erft einige Jahre nach feiner Ankunft in Italien denfen, Von ber Zeit, mann er gelebt habe, reden Dienpfius, Plutarch, Tas tan, Clemens und Kyrill, aber alle unbeſtimmt. Bon den bepden erftern habe ich dies fchen gezeigt, und von den andern barf man nur die Worte lefen, um feinen Beweis welter zu verlangen. Tatian fagt in feiner Rede -

wider die (riechen *), daB man den Ppthagoras um bie wey und ſechzigſte Olympiade finde, und faſt eben fo drückt ſich Clemens von Alerandrien aus, dem Kyrill beyſtimmt **), nur daß ber erftere ben Pythagoras einen Zelte

Im Ende p. 174: Apanav * zegı OAupmsade re··

arxcosn MO EWWOTV EUGITHETEI Yayovos. Zoray zegı p, Ivdosyoens aregı &.

®) adv, Jul. p. 12.

30 | Deittes Buch.

Zätgenfin des Polhkrates von Samos nennt ). E

braucht gar keiner Erinnerung, daß ſich in allen dieſen

: Beugniffen nichts finde, was die Nachricht des Nike

machus über die Ankunft des Pothageras in Italien be aͤtige, und daß hingegen bie meiften, wie das bes ih

vius; der den Pprhagoras ſchon unter dem Servlut Tulllus in Itallen lehren läßt, ‚offenbar wider ihe

en.

| Das fonderbarfke abet in der Freretſchen Unterſu chung iſt dieſes, daß er das Zeugniß des Ariſtorenus, nach welchem Pythagoras im vierzigſten Jahre feines

‚Aters nach Italien kam, zum Grunde einer Berechnung legt, wodurch die Angabe des Nikomachus beſtaͤtigt wer⸗

den foll. Das erſtere ſtreitet offenbar mit der leztern;

|.

dean wenn Pythagoras vierzig Jahr alt war, als er in der 62. DI. nach. Italien kam; fo kann er nicht, ‚nie Freret will, in der. 68, er muß wenigſtens in der 76 Olympiade geftorben feyn, wenn man feine Sebenslänge

- auch nur auf Bo “Jahre (hägt. Wollte man "hingegen

bem Pythagoras ein Alter von 100, 104, 117 Jahren geben; fo würbe fein Tod nahe bis an bie 8o Olympiade herabfallen. Freret ſcheint auch gar nicht bemerkt zu haben, daß man entweder die auf das Zeugniß des Apol⸗ lonius gegruͤndete Rechnung, oder auch Die Erzaͤblung des Ariftorenus von dem Alter des Pythagoras, zur Zelt feiner Abreife nad) Italien verwerfen müffe. Er behält beyde be, ‚und verbinder die er zuerſt mit einer Nach⸗

richt

*) Ele. tir. l. p. 302, Ida'yogs de Kar. MoAu

xeærn Tov Tugawev, Meg Tmw EEanesny deuregar —DR —RRX OEL

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Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 358 Hehe des Euſeblus: daß Polykrates erft im aten Jahre ker 61 DI. zu ‚regieren angefangen habe, und dann nıle der Erzäßlung des Herodot, mach welcher eben dieſer Tytann, Im dritten Jahre der 64 Olympiade, oder 522

Jahre vor Chriſti Geburt, Bingerichtet wurde, - Aus den verbundenen Datis des Ariftorenus und Eufebius fchließe er nun, daB die Ankunft des Pythago⸗

tas in Italien zroifchen das Jahr ser und 35, und feine Geburt alfo zwiſchen 562 ımd 575 unferer Zeitrechnung

falle. Dies ſcheint Ihm ſehr gut mit den Zengniffen des

Clemens übereinzuftimmen, nach welchen die Reife Des Py⸗ thagoras nach Kroton zwiſchen 532 34 geſezt werden müffe. In diefem durchaus unkritiſchen Käfonnement vere Haß Fretet, daß die Männer, bie er als gleichdenfend annahm, mit einander firitten, daß das Zeugniß des Ariftorenug mit andern nicht fo verbunden werden koͤnne, als er wollte, weil Ariftopenus über den Anbeginn der Herrſchaft des Polykrates wahrfcheintich nicht fo urtheilte, ats Eufebins; daß ferner die Handſchriften des leztern fehr von einander abweichen, und daß endlich das Datum des Eufebius durch dje Zeugniſſe des Arhendus und Apolloder von der Regierung des Polpfrates, und wie aus der Folge erhels

Im wird, durch die zuverlaͤſſigſten Data aus der Zeit.

Rechnung des Pythagoras widerlegt werde. Ich merfe

i

nur noch diefes an, daß, wenn Eufebius, der den Tod des

Pythagoras nach einigen Mſpten in die 68, nach andern in bie 70 Olhmpiade feze, den Polyfrates erft von bee 61 DI. Härte zu regieren anfangen, und den Pythagoras

ehngeſaͤhr in dee Mitte feiner Herrfchaft in einem Altet -

bon 40 Fahren nach Italien entfliehen faffen, er tem lez⸗

tern eine geringere Sebenslänge, und einen kuͤrzern Aufı |

ent

—W Drittes Bud.

‚enthalt. In Itallen gegeben haben würde, als irgend ein anderer Schriftiteller behauptet har. So vieles ſich aber auch gegen die Sreretfce Eh zung, Auslegung und Wereinigung von Datis alter Schriftſteller einwenden läßt; fo gründlich iſt feine Wir berlegung der Hauptftüce der Zeitrechnung. bes Pprhagr ras, wie de la Nauze fie.entmarf. Ich will daher dat Weſentliche dieſer Pruͤfung mittheilen, weil ich mid auf einige feinee Beobachtungen in der Folge beziehen, un zugleich ber Muͤhe überheben werbe, mid bey gerife Stellen weiter aufzuhalten. . Was: erftlih die Stelle Im Plintus betrift, In weicher die Entdeckung der Einerleyheit des Abend: ut Morgenfterns dem Pythagoras in einem jugendlichen A ger zugeichrieben, und in Die 42 DI. geſezt wird; fo bt merkt Freret, daß es gar nicht wahrfcheinlich fen, deß | ein junger Menſch, ber zur Zeit der Kindpeit ber Ann nomie unter den Griechen febte, auf eine Erfindun | folkte. gekommen ſeyn, die zu den ſchwerſten ber ae nomie gehöre, und eine vollfommene Kenntniß unlet | Sonnenfoftems „. befonbers bes Laufes der Wenus vorauk' ſeze. (Diefer Einwurf würde ſtaͤrker ſeyn, wenn Fre bewiefen hätte, daß man auf den Gedanken, ben Pi nlius dem Pythagoras zueignet, nur allein durch ſolch Mecynungen und Wahrnehmungen, aus welchen er in bewieſen wird, nicht aber durch bloßes Rachen und Du obachten gelangen koͤnne, und daß die Mennung der % sen Überhaupt, ‚die ben Phosphorus und Hefperus ſit eineriey hielten, fo gegründet und dargethan war, alt 1 es in unfern Zeiten. If. So lange beydes nicht ausge macht iſt, kann man nicht ficher fchliegen, daß Port: got

Geſchichte der Pothagoreiſhen Geſellſchaft. 953

mas ober fonft jemand im entfernteften Alterthume, ba Ye Sternfunde noch ein Pleiner roher Haufen, entweder on einfältigen Beobachtungen, der Fühnen Vermu⸗ fungen war, nicht eben fo. gut barauf hätte verfallen Innen, daß der. Morgensund Abendftern einerien ſey, 6 daß bie Erde fich um einen andern Koͤrper bewege, ud daß der Mond unferer Erbe aͤhnlich, oder wie biefe - ewohnt ſey.)

Wichtigere Einwendungen ‚gegen bie Stelle im Ninius, und die Folgerungen, bie man daraus gezogen at, find diefe: baß Pychagoras Über 330 Jahre alt ges - verden ſeyn muͤſte, wenn er ſchon in der 42 Olymplade le ihm pugeeignete Entdeckung gemacht hätte: daß ſer⸗ er die Zahl im Plinius in verſchiedenen Haudſchriften uf eine ſehr verſchiedene Art gelefen werde, indem einige - att der 42 Olympiade bie 32, ober auch 58 fegen: daß achſt wahrfcheintichen Wermuthungen ber beiten Ausle⸗ m zu Folge bie Gtelle im Diogenes, wo Parmenides eſe Erfindung dem Pythagoras zuſchreibt, gleichfalls rdorben ſey *); und an flatt os Pncs Ilssauerdus, ds ' Onsı Iaepevıdıv gelefen werben muͤſſe, weil Dioge Ä 8 Im Leben dieſes Weltweifen **) dem Phavbrin bey⸗ Imme, ber bie Bemerkung über die Venus dem Par⸗ mides zufchrieb : " daß endlich das einzige Zeugniß bes Minius nicht gegen die widerfprechenden Angaben ältere ad zuverlaͤſſigerer Geſchichtſchreiber vertheidige werben Iane, da wir nicht einmal wüßten, woher er es genom⸗ en, und mit welchen Gruͤnden es unterſtuͤzt geweſen ſey.

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Vie ») IX, 2% "

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- übergettagen habe, koͤnne man nicht [chließen, daß M

334 Delkted Buch. Wenn aher zweytens be la Nauze aus bem ul alter ber Sehrer und Mitſchuͤler des Pythagoras fehllefe wolle, daß der lezte in ber 35 DI. gebohren worden m ſo thue er den beſten Schriftſtellern bie offenbarſte Gewil an. Es fen falſch, daß Pherekydes, ber Lehrer de Ppihagoras, fo fruͤh gelebt habe, als man vorgeben nl falſch, daß Thele⸗ ein Zeitgenoß des Prrhagmas ge weſen ſey. Man muͤſſe es freylich als ein wnläugbares, ul von allen Gchriftftelleen bewaͤhrtes Factum annehmen, daß Pothagoras einen Pherefgbes von Spros zum if zer gehabt Habe; allein man müffe auch mit dem And von Ephefus, beym Diogenes, zween Pfyerefybeffe wi ſcheiden, einen-Aftrolegen,, ımd einen Theologen, d Sohn bes Babys, mit. welchen leztern Pythagoras Panne geroefen fer. Wom erftern hingegen ruͤhrten Welßagungen her, bie ſich auf die Niederlage ber Di gneſier und Meffenier bezogen, und beym Diogenes I4 Sehen des Pherekydes ftehen. Aus biefen Weißagund alſa, die man unrichtig auf ben fogenannten Theoleg

Lehrer dos Ythagoras zwiſchen der 20 und, 30 9

plate gebluͤhet habe,

(Dies Räfeunenient laͤßt ſich freylich vertheldihe man kann aber auch mit dem Eratoſthenes und Streh nur einen Pherekydes annehmen, und doch denen IH leicht wiberftehen, bie biefen Mann indie Zeit der Zerfiirum son Magneſia und Meffene fegen. Beyde Proppezem gen von dem Untergange diefer Städte, oder der Nieden lage ihrer Einwohner find offenbare Gabeln, die durch he Erzaͤhler nie bas seat Auſchen nicht dm

f \ + [2

Sefhiche der Porbagoreffen Gefefigoft, 333

Vorurtheil eines gewiffen Altera "gewinnen. Die eine nahm Diogenes aus bems Hermipp, einem berüchtigten Erdichter und Mährchenliebpaber; bey ber andern nenne Diogeneb feinen Gewaͤhrsmann nicht einmal, Sie Enz nen daher ohne Bedenken den Erbichtungen zugezäßfe werden, bie dem Pythagoras den Eamolris, Charoms das und Epimenibes zu Schülern gaben, well fie ben An⸗ gaben ber glaubtvürbigften Alten, und ber ganzen übrigen deitrechnung bes Pythagoras widerſprechen). Suidas feze die Geburt des Pherekydes In die 45 Olympiade; Cicero mache Ihn zu einem Zeitgenoffen bes Servlus Tullius, ber bis DI. 61, 3: regierte: und mie dieſem ſtimme Diogenes überein, als weicher fage*),, daß PYherekydes um die s9 Olympiade gelebt habe, Euſeblus etwaͤhne feiner im aten Jahre der 60 Olympiade, und ale diefe ſtimmten darinn übereln, daß Pherekydes fpäter als Thales und Anarimander gebohren worden und auch geſtorben ſey. (Die Zeit feines Todes iſt ungewiß, und läßt ſich auch nicht genau beflimmen. Aus ben Worten des Eicero **) muß man fchließen, Daß er noch vor der 61 Olympiade geftorben fen. Nimmt man. feinen Tob in den erften Jahren der neun und funfzigften Olympiade an, fo hatte Dikäarc Recht, wenn er fagte, baß Pas thagoras ben Pherekydes noch vor feiner Reife nach Ita⸗ 2 3a... lien

En 122. . nt 9) Sed quod Iltteris exRet Pherseydes Syrlus primus di

zit, animes hominum eſſe fempiternos,, antiquug ſane, fuit enim meo regnante gentili, Hase opisio-

nem difeipulus ejus Pythagoras maxime eonfirmavit, qui eum Superbo seguante in Itallam voniffet, ate, Tufe, Quaei, I. 16,

un“

| 35 | Drittes Buch.

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tim jur Erde beftattet habe. Get man hingegen bat Sterbejahr des leztern In die 60 ober 61 Ol.: fo muß man denen folgen, welche berichten, daß Pythagoras

"aus Stalien nach Delos zurücgegangen ſeh, um feinem Lehrer die legte Pflicht zu leiſten. In jenem Fall abe Haben die jüngern Gefchichtfchreiber Unrecht, welche vor.

geben, daß die Porhagoreifhe Schule zerſtoͤtt worden fen, waͤhrend daß Pythagoras den Pherekydes befuct, und nach feinem Tode begraben habe. Bentley *) nahm

. ohne Beweis an, daß Pherefydes um bie 59 Olympiade

geftorben ſey, und daß Lucian, ber einem gewiſſen Phe⸗ rekydes ein Alter von 85 Jahren giebt, dem Lehrer des

Ppythagoras gemeint habe. Nach diefen unrlchtigen Vor⸗

ausſezungen bringe er nun feine Geburt in bas 4te “Jah

der 37 Olympiade jzuruͤck; allein ſchon Dodwell hat ge

zeige **), daß Lucian nicht vom Weltweiſen, ſondern vom Genealogen ober Gefchichtfchreiber gereber Habe. Lord verwechſelte gleichfalls den Sehrer des Pythagoras mit

dem Perefydes beym Lucian, und läßt daher dem erſtern

Im aten Jahre der 66 Olympiade fterben, welches dab

8zgte Jahr vom Anfange ber 45 DI. ift.)

Mehrere alte Schriftfteller (fo fährt Freret fort") geben dem Porhageras nicht nur den Pherekydes, ſon⸗ Kern auch den Thales und Anarimander zu Lehrern. Diefer Männer Zeugniffe vermerfe de. ia Nauze um des

.' > einzigen. Tjeges willen, als welcher den Thales zu einem „Schuͤler des Pherekydes und zu einem Miiſchuͤler un | Zelt,

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2) ©. 42. | | ) ©. 101. de aetate Pyth,.

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aaxe) Diog. ap. Porpb, G. 11. und Apollonius ap. Jdl.

11

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellchaft. 27.

Zeitgenoſſen des Porhagoras mache, Gegen diefen Bora jug aber, den fein Gegner einens nachläffigen und unglaub⸗ nürdigen Brammatifer gebe, und gegen bie Nachricht des leztern ftreite nicht nur Die ganze mahrfcheinlichere Zeitrechnung bes Pherekydes, fondern aud) ale Data und Urehelle ber Alten über ‚bie Sebensumftände und Philo⸗ ſophle des Thales. Sowohl Ariftoteles ‘als Cicero vers ſicherten ausdruͤcklich, daß Thales der erſtere gemefen ſey*), der Unterſuchungen über die Natur der Dinge

anzuftellen angefangen babe, (Und beyde, kann man hinzu .

fegen, erwaͤhnen, wie alle übrige alte Geſchichtſchreiber, der Meynungen des Thales und Anaximander ſtets vor denen des Pherekydes oder Pythagoras). Mit dieſen Ur« hellen ſtimmten die Data der Griechen von bem Alter des Thales volfommen überein, Nach dem Apollonius und Diogenes **) war Pythagoras fehr jung, als er zum Tales kam, und Tales ſchon ein hohes Alter erreicht hatte: man müffe alfo wenigftens einen Unterſchled von 40 oder 45 Jahren unter ihnen annehmen, Nun fege Apolloder , derjenige Schriftfteller, der den Thales am höchften hinauf ruͤcke, beffen Geburt in die 35 DL. ***), oder 640 Jahr vor unferer Zeitrechnung, und Pythago⸗ tas müffe alfo gewiß nach der 45 DI. gebohren worden

ſeyn. Vielleicht aber’ falle die Geburt des Thales noch -

tiefer herab, denn Herodot berichte, daß er die Nieder⸗ lage des Kroͤſus noch erlebt habe +), und alfo in bie 58 Olgmpiabe eingerreten ſey, in welche auch Eufebius

8 3 Ä fein

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*) de Nat, Deos; I, 7 Metaph, L, 4. a il, ee,

Dia U 1 DE ) I. 75. 0

BB Drittes Buch. fein Todesjahr fege. Wenn man biefe leztere Data anı nehme, und dem Thales auch mit dem Soſikrates das hoͤchſte Alter, nämlich von achtzig Jahren gebe; fo müfl man feine Geburt in die 38 Olympiade herunterſchieben. (Freret hätte hier gar nicht zweifeln follen: denn Hero⸗ dots und Eufebit Zeugniſſe überwiegen bie Angabe dis | oft unrichtigen Apollodorus ohne Verhaͤltniß. Mon - ann daher ohne alles Bedenken die 38 Olympiade als

Diejenige anfehen, In welcher Thales gebohren worden). BE Wenn man es endlich zugebe, daß Pythagorat auch ben Anarimander gehört habe; fo muͤſſe man bie Geburt des erftern nothwendig diſſelts 640 vor C. ©. her | unterſinken laffen. - Denn Anarimander war nad) Apel⸗ lodors Berichte im aten Jahre bee 58 Dlpmplabde 64 Jahre alt, und alfo 614 oder 15 geboßren: aus welchem Date es viel wahrfcheinlicher werde, daß Pythagoras biffeits 600 J. wor Eh. Geb., als vor biefem Zeitpuncte gebohren worden ſey. (Wenn Anaximander auch nicht der Lehrer des Pythagoras war, welches man, wit ich glaube, aus feinem vernünftigen Grunde ablaͤugnen kann; fo muß man ihn doc) immer um brey Olympiaben älter, als den Pherefydes, und alfo wenigſtens um 6 Olympia den älter, als den Pythagoras annehmen). Zulezt kommt Freret zur. Unterfuchung bes Zeitel ‚ters ber Männer, bie man für- Schüler oder auch Nach— folger des Pythagoras gehalten habe. - Aus der Gage __ bemerkt er richtig, daß Zamolpie ein Sclave bes Pytha⸗ goras geweſen ſey, koͤnne man nichts für das hohe Alten cthum des leztern ſchließen; well Herodot das ganze Gerüdk für falſch erklaͤre. Eben fo ſchwach ſey das Räfennement, wodburch de ia Nauje den Zaleukus zu einem Gr

Schhihte ber Vythe gerelche Cefstfäft. 3 339

Samifchen Philoſophen zu machen ſuche. Die Worte

ws Demoſthenes, worauf er ſich gründe, fenen unbe .

limmt; Eufebius fege den Zaleukus in bas zte Jahr der 9 Olympiade, und mit diefem überelnftimmend gaben Sfymnus von Ehies *) und Strabo **) die Geſeze bes zaleukus für die aͤlteſten gefchriebenen Geſeze in Gries benland aus, deren Bekanntmachung alfo Prrhagoras mmöglich häste erleben önnen, Endlich fen Die Nach⸗ Ihe, als wenn Charondas vom Pythagoras gebil⸗ et worden, im geringſten nicht einer chronologiſchen

dypotheſe guͤnſtig, wodurch bie Geburt des Prrhagoras n die 35 Oymplade versücht werde. Ariſtoteles verlache

iejenigen, die ben Charondas zu einem Freunde des Za⸗ eukus machten **9), und nach dem Diodor habe Charondas gar erſt feine Geſeze für die Bürger von Thu⸗

ium gefchrieben, welche Stadt in 83 DI. 3. gegründet wor ·

en fer. . Wenn man aber auch zugeben wolle, daß Iharendas. ber Urheber der Geſezgebung von Nhegium, ie durch die Thranney des Anarllas abgefchaft wurbe, eweſen ſeh; fo folge Hieraus nichts, was. bie Meynung

es de la Mauze beftätigen Fönne; Indem man nicht wiffe, .

He lange man die Befeze des Charonda⸗ bis auf den lnaxilas, der Im dritten Jahre der 71 DI. zu herrſchen fing, beobachtet habe.

‚Hier bricht Freret feine Betrachtungen üben die

zitrechnung der Maͤnner ab, aus deren Alter de la auge bie Erode der Geburt des Prchogcea⸗ zu beſtim⸗

34 mn Iv

v. 499. “NV. 12, de Rep,

v

360 Drittes Buch;

men ſuchte. Unftreitig waren aber die. Data der Alte über die Zeit, warın Hippafus, Alkmaͤon, Herakllt, Henophamenes, Parmenibes und andere gelebt hatten,

das ſcheinbarſte, mas de la Nauze für feine Behau—

vorgebracht hatte: Hier nun, wo fein Widerſacher im ſtaͤrkſten iſt, ſchlaͤgt er ihn bloß Durch bie Anmerkung: daß, wenn auch In ben Nachrichten ber Alten über bi Epochen beruͤhmter Männer, bie man für Zeitgenoffa

‚ober Nachfolger bes Pythagoras ausgegeben habe, fih etwas finden follte, mas mit den ausgemachteften Dark

. der Zeitrehnung. bes leztern fich nicht vereinigen lafk, man erft prüfen müffe, wie viel Glauben ſolche wit ſprechende Stellen verbienten, und ob fie allen den Zug

niſſen, denen fie entgegenſtuͤnden, das Gleichgewiqh - halten könnten?

Ä Nachdem ich ist ben Grund ober Ungrund die mir befannten merkwuͤrdigen Meynungen über dei Zeitalter des Ppthagoras, und , zugleich de Sinn, ober die Büttigkeit und Unguͤltigkeit ber meiltn

* Stellen, die zum Grunde gelegt worben find, ober geld werden muͤſſen, geprüft habe; fo wird es mir um bel leichter werben, meine eigenen Gedanken über biefen u genſtand in aller Kürze zufammenzufaffen. Ich ſchmeicht mir, daß ich feine von den Grundfäzen beleidigen wer, die ich anfangs wiebergelege, und nach welchen ich andere gerichtet habe. Auch werde ich aufrichtig alle Zeugniſt und Schwierigkeiten anzeigen, die meinen Vermutham⸗ gen entgegen ſtehen.

Wenn man die fur, vorher aus dem Freret mit

geteilten, und von mir beſtaͤtigten ober berichtigin

wahrſcheinlichſten Berechnungen bes Zeitalters der Min

ne

Sfäiste der en Geſellſchaft. 961 |

ner gelten zace, die alle Lehrer des Pythagoras, eder doch gewiß älter als er waren, und ihnen zufolge an⸗ nimmt, daß Thales in ber 38 ober hoͤchſtens 35, Anaxi⸗ manber in der 42 , und Pherekydes in der 45 Olympiabe gebohren worden; fo muß man geneigt werben, bie @eburt des Pythagoras nicht nur über Die. 45 Olympiade herab, fondern auch näher an die funfzigfte als an die 45 zu ſezen. Eine jede ber angegebenen Epochen der Borgänger des Pythagoras gruͤndet ſich auf die glaubwuͤrdigſten Data - mehrerer Schriſtſteller, und eine jebe ift alfo einzeln für ſich betrachtet, aunehmenswerth. Um deſto größer wird daher ihr Gewmicht, da fie unter einander fo vollkommen übereinflimmen, und Peiner einzigen etwas mit Grunde ettgegengefezt werden kann. Ich will aber dennoch aus der Harmonie der Zeitrechnungen bes Thales, Anaximan⸗

ber und Pherekydes nichts weiter fchließen , als daß es . - |

wahrſcheinlich ſey, daß, Pythagoras mehrere Olympiaden

nach der 45 gebohren worben, | Die eigentliche Zeit ober das Jahr der Geburt bes Pythagoras hat Feiner beſtimmt, als ein gewiffer Anti⸗ lochus, deffen Zeitalter unbefannt if}, und der nur. dom Ciemens *) und einem ungenannten Zeitrechner angeführt wird. u Beyde ——— ſagen vom Antilechug, 5 daß

) Clem a AvrıAoxos de. ö rar Igogus Men YnaTsuCu- usvos no Tns TluIayoos * em rnm' Emı-

KELE reAsurny > yaumAiovos d 0 dexary Ta EVE Yavopaıny, 873 Deceır BAT TRIKOT wdene!

We) Anonymus, OAuumiadar areyenQe auf, nd Olymp, XLIX, 2. &r0UuJev Arrinoxes rus Toy inogav | ze

362 Drittes Buß.

daß er bie Geſchichte der Griechiſchen Weltwelſen von bee

AAınıoc- bes Pythagoras bis auf ben Tod bes Epikur be⸗ ſchrieben, und daß er diefen Zeitraum auf 312 Jahre be⸗ sechnet Gabe. Wenn man nun von bem Tobesjahr des Epikur *) 312 Jahre zurück rechnet, fo fält-bie HAmız des Pythagoras, mit welcher Antilochus feine Geſchichte anfieng, in das ate Jahr ber 49 Olympiade, wie ber uunngenannte Zeltrechuer ſchon anmerkte. Hier entflanb nun Streit über die Bedeutung des Worts NArnı. Bentley bewies mit mehrern Benfpielen (und ihm ſtimm⸗

ten tloyd und reret bey); daß nAın für bas blühende Alter von Männern gebraucht werde, und mit: axun einerley ſey. Doedwell Hingegen chat mit eben fo entichel- denden Stellen aus ben Demoſthenes und Piutarch dar *), daß HAsxıos mit aetas, ober mit Zeitalter gleichgelcenb ſey, und nicht immer ein beftimmtes Alter, eine fefte Stufe im menfchlichen Leben anzeige, In diefer Bedeu⸗ ‚tung nahm Antilochus unftreitig dies Wort in dem ange führten Fragment: denn er trug bie Gefchichte ber Welt. weiſen vom Pothageras bis auf den Epikur vor, und fieng alfo eben fo wahrfcheinlich mic dem Sehen, oder ber Geburt det

N

FOR Yuareines wpxeras. Idem ad Olymp. XVII. 2, Avrinoxos 0 TES ISoùenms FERYURTEUCEUEIOL Buzo Ts Ivdayogs nAmıas er vov Errıneos TeAeurp, ern Drası Tu navra Tiß. Ich uͤbergehe hier das Zeugniß bes Eratoſthenes und Phavorin, nicht nur, weil ich es oben ſo beftritten babe, fondern weil man daraus zwar die Olympiade, aber nicht das Jahr heraus bringen koͤnnte, in weldhem Pythagoras nach diefer

Männer Meynung gebohren worden. . Ol. 127. 2.. ze ' . \ °.) 105. P; de act. Pytk,

\

Geſchichte bei Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 366

es erſtern an, wie er mit dem Tobe bes leztern aufbärte,

dieſe Erklaͤrung ber zweydeutigen Stelle bes Antilochus J

ſtalhn Geſezen ber richtigen Auslegungskunſt fo ent ſpre⸗ hend, daß man ſich kaum vorſtellen kann, wie man je uf eine andere fallen koͤnnte. Einem jeden, ſcheint es, nuͤſe es einleuchten, wie lächerlich und unglaublich es

nn, daß ein Mann, ber bie Geſchichte der Weltweisheit

‚on einem gewiſſen Phileſophen bis auf den Tod bes an⸗ een abzuhandeln fich vorgenommen hatte, daß biefer von om Leben desjenigen, mit welchem er anfieng, einem heit abgefehnirten und zuruͤck gelaffen hätte, da er bas pange Leben des leztern, mic dem er aufbörte, in fein Werk einſchloß. Vernuͤnftiger Weiſe alfo läßt ſich nicht baran

zweifeln, daß Antilochus die Geburt bes Pythagoras in

das ate Jahr der 49 DI, gefegt habe, von welchem er ausging, Eine ganz andere Frage aber ift diefe: ob Ans tilochus richtig rechnete, und ob man feiner Angabe beys fimmen muͤſſe? Wir fennen nämlich weber feinen Fleiß,

*

noch feinen Scharffinn, noch bie Männer, denen er

folgte, noch bie Gruͤnde, auf welchen feine Rechnung

beruhte. Much blieb er den berühmteften Schriftſtellern unter Griechen und Roͤmern unbefannf > lauter Um fände, die, wie es ſcheint, nicht viel günftiges für den Antilehus und fein Zeugniß fchließen laſſen. Daraus aber allein, daß Antilochus nur von einigen genannt more

den iſt, folge nichts nachthelllges, wenigſtens niche für den Fleiß oder die Genauigkeit biefes Geſchichtſchreibers;

denn auch die Werke des Sertus, und einiger anderer berühmter Griechiſcher Weltweiſen find oft nur von einem

eder einigen ermähnt worden, Aus ben benden Stellen

hingegen, die Clemens und ber ungenannte Chronolos

aus

-

Drittes Buch.

aus ihm. erhalten haben; muß man wenigfiens fo u vermuthen, daß er in Unterfuchungen, die zur Zeitud nung gehörten, - genauer und forgfältiger war, als Griechen gewoͤhnlich zu ſeyn pflegten. Er. gab nämlif nicht nur ganz genau ben Zeittaum, ober Die Menge ma ‚Jahren an, die feine Gefchichte in ſich begriff, fonben er beftimmte audy die Zeit des Tobes des Epikur uf Monath und Tag, ch will mich äber dieſer Vortfei und. der dem Antilochus günftigen Umſtaͤnde nicht einmal bebienen, fondern fein Zeugniß nur als.ein ſolches ans -sen, das für ſich gar-keine Glaubwürdigkeit har, u

beſſen Werth ganz von ber Uebereinſtimmung deffabn

mit andern ſchon geprüften wahrſcheinlichen "Datis ah hängt. Vergleicht man es nun mit der Zeitrechnung m : Männer, bie dem ganzen Alterthum zufolge vor ben Pythagoras gebohren wurden; fo wirb es dadurch nit! nur nicht widertege, fondern fogar beſtaͤtigt. Denn wm Thales in der 38, Anarimander in der zwey und Hin zigſten, und Pherekydes in ber fünf und vienip ften Olympiade geboßren wurben; fo ift es ſehr wahr ſcheinlich, daß die Geburt des Pythagoras obngefähr in die 49 Olympiade gefallen fen. J

Die Rechnung des Aatilochus entſpricht nicht nz ben Chronologien der Lehrer und Vorgänger des Pytho goras; fondern fie ſtimmt auch vollkommen mit ben An gaben ber glaubwürdigften Schriftſteller überein, bie ven ber Blüche, ober dem ſich ausbreltenden, ober (hen ı . ausgebreiteten Ruhme bes Pythagoras reden. Seine

Bluͤthe ſezt Diegenes in die 60 ), Diodor, der, mi

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. ®. von, 45: ' 2

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Geſchichte ber Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 365 ch oben gezeigt habe, die beſten Schriftfteller vor ſich atte, in die 6 *), und Auguſtin in die 62 Ol., mit vlhen Tatlan, Clemens und Kyrill zufammenzuftinte nen (heinen **), Dieſe Bluͤthe des Pythagoras muß nan durchaus mehrere Fahre nach: feiner Ankunft im Yullen annehmen, weil er ſich vorher nirgends zeigte, md Zeit dazu erfodert wurde, ehe er als ein Fremdling Infehen und Freunde gewinnen konnte. Auch aus Dies os Worten ***) kann man nicht anders fließen, ale af Pythagoras zu der Zeit, als er berühmt zu werben fing, fich fchon einige Zeit in Italien aufgehalten satte, Aus dieſen Zeugniffen wird es daher wahrſchein⸗ ic), daß Pythagoras noch vor der 60 Olympiade nah Itallen gefommen fenn müffe. Nun wiffen wir ferner | aus dem Zeugniffe. des Ariftorenus, daß Pythagoras hngefähr 40 Jahr alt war, als er aus Samos entwich, um ſich in Italien niederzulaſſen; und auch aus dieſer Nachricht, verbunden mit den Datis des Diodor und Diogenes über die Bluͤthe des Pythageras, muß man alfo den Schluß ziehen, daß er gegen das Ende der 49 Olympiade gebohren worden fen.

Das Zeuguiß des Antilochus entſpricht daher ſowo der Zeitrechnung des Thales, Anaximander und Pheres

.

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*) Tom. Il. Exe. p. 553. 54. Ed. Weflel, %) Siehe Beni. p. 49. 0 x "*), Diodor. 553. 54. ori em œgxorros Adna

OrenAsuc nur Tv * OAvumade, Hugayooas ö DiAocoDos EyvmeıClero; Fooxenodos nn ev madeıa. Yeyovs de Isogius Wr 2 Ka TIs Ere= eos Toy TER aIdeIaY diareı avrav. Yeyova ds Zenies To yeros. ol de Daow orı Tugenvos. etc, -

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366 Deittes Bu

kodes / als den loubwindigltenkehihimmhenderäeihere

Diogenes und Diodor, über das Alter und die Zelt,

Endlich beftätigen Uvlus, ber die Reiſe des Pytha—

‚a6 nad) Itallen in die Regierung des Servlus Tuli

welchen er ‘in Italien angelange fey, ober geblüht z

ſezt, ferner Tatian, Clemens und Auguſtin, welche |

babe, die Angabe bes Antilochus mehr, als fie voni abweichen, da fie hingegen den Nechnungen des Feat,

gen, baß er um bie 62 Olympiade geblüht ober s Dodwell, Bentley und Loyd offenbar wiberfprecdyen, or

bdoch ſehr ſchwer damit zu vereinigen find,

In ber ganzen sebensgefchichte bes Porhagoret i fein Umftand fo gewiß, und durch ſo viele glaubwürdig Stellen der Alten bewährt, als dieſer: daß Ppehaget noch gelebt, und feine Schule noch gebluͤht habe, als ti Krotonlaten unter ber. Anführung eines feiner he süßmteften Freunde, des Rämpfers Milo, die Sybark ten überwunden *), welcher Gieg in. das vierte Jahr ve

67 Di. faͤllt. Wie bald aber auf die Zerſtoͤrung m

Spbaris der Untergang feines Bundes gefolgt fey, (iR

ſich vielleicht gar nicht, wenigftens nicht aus unzweyde

tigen Stellen alter Gefchichtfchreiber beftimmen. Au der Erzählung des Apollonius, (dem Ich in blefem Frog

- ment mehr als fonft zutraue, weil er Die Veranlaſſungen

\

‚bes Aufftandes, und die Befchwerden wider die Porhe

goreer, fo umſtaͤndlich ausführt, als fie niemand ohne Urkunden erdichten koͤnnte, und weil er, ohne es zu mer | fen, ®) Died, XII. 483. Cie. Tufe, Q. 1.16. A ou. ap. Jaubl. a Ariftox, ib, 249. Porph. 54. 1, r >

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bſbaie der = Pocheboeeiden en Sch. 7

im , derſhledene Facta einmiſcht, die feiner genen

Schilderung bes Pythagoras widerſprechen) aus der Er

zäblung des Apollonlus alſo muß man zwar vermuthen, daß der Pythagoreiſche Bund nicht fo gar lange nad) dem Siege der Krotoniaten aufgelöft wurde; allein man fins det darinn nicht ein einziges Wcrt, weraus man zu ſchlie⸗ Ben berechtigt wäre, daß bie Verſchwoͤrung der Feinde der Pythagoreer fo bald reif geworden und ausgebrochen fen, ats Bentley, !opb und be la Nauze annehmen. Vielmehr iſt es wahrſcheinlich, daß Pythagoras und feine Parthey durch den glücklichen Erfolg des Raths *), ben dee erfiere Den Krotoniaten gegeben hatte, und durch den glängenben Sieg , ben biefe vorzüglich dem Pythago⸗ reer Milo ſchuldig waren, auf eine Zeitlang, ein weit . groͤßers Anfehen, und einen maͤchtigern Einfluß erhiel⸗ len, als fie vorher ‚gehabt Hatten. Unwahrſcheinlich hin⸗ gegen ift es, daB bie Einwohner‘ von Krolon gleich im erften ober zweyten Jahre nach dem Umſturze von Eybas ris die Verdienſte ihrer Wohlthaͤter fo ſehr vergeffen, und eine Gegenparthey fo fehr begünftige haben, daß bie - Sieger ihrer Feinde, und die Erhalter Ihrer Vaterſtadt

dadurch härten vertilgt werden koͤnnen. Viel glaublicher -

iſt es, daß mehrere Jahre darüber hingingen, bis man bie weifeften und tapferften Mitbürger beym großen Haus fen fo verbächtig machen, und eine fo mächtige Rotte gegen fie zufammen bringen fonnte, daB man es mit irgenb einem Scheine von stüflichem Erfolge wagen durfte, fie Ä mit

) Mimlich den übermäthigen Sybariten bie Fluͤchtlinge

nicht auszuliefern, die fie zuruͤck foderten, und die ſich

ua den. an der Riotoniaten begeben hatten, |

J ° . ‚I 3 e *

zo8 Drcittes Buch. mit afenbarer Gewalt anzugreifen, und entweder iu er⸗ morden, oder ins Elend zu jagen.

Eine ſolche Vorausſezung wird fafl nechwendig ,

wenn man mit dem Dikaͤarch und Polybius annimmt, daß die Verſchwoͤrung wider die Pythagoreer nicht bloß

auf Kroton eingeſchraͤnkt geweſen, ſondern in den meiſten

Staͤdten von Großgriechenland auf einmal wider fie aus⸗ "gebrochen fen, denn fo allgemeine und gleichzeitige Wer. ſtſhwoͤrungen gegen einen fo mächtigen Bund; als ber. Py⸗ thagoreiſche war, koͤnnen nicht in einem fo. einen Zei raum, als man gemelniglich zwifchen dem Untergange yon Sybaris, und ber Pythagoreiſchen Geſellſchaft ans nimmt, entworfen und ausgeführt werben. Man feit daher, ‚glaube ich, mit mehrerm Grunde die Zerſtoͤrung der Pythagoreiſchen Schule in den Anfang, oder bie erfie - Hälfte der 69 als ber 68ten Olympiade.

" Ahle alte Schriftfteller *) fagen entweber, daß Die thagoras in dem allgemeinen Aufſtande umgekommen, oder daß er kurz nachher geſtorben fen, welches leztere Dikaͤ arch, und aus Ihm wahrſcheinlich Juſtin verſichern **), Hoͤchſtens alſo überlebte er den Untergang feiner Freunde um einige Monarhe, und man muß daher annehmen, daß er in der erften Hälfte der 69 Olympiade geftorben ſey. Dies ſtimmt niche nur mit allen bisher angeführten tis, fondern auch mit den fchon oft erwähnten Zeugniffen des Heraklides beym Diogenes, und eines ungewiſſen Stchriftſtellers beym Jamblich überein, unter weichen jener dem Pychagoras ein Alter von Bo Jahren und, und . biefer

. | —. j *) 54. ©. Ben *) Disaeareh, * Bios. VI 12. ap. Porph.se, JoR. XX.&

N

-

Geſchichte ber Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 369 biefer ihn 39 Johte feine Squl⸗ In Itallen regieren ließ,

Späte ale den Anfang ber 65 DI, kann man ben

Lod bes Porbagoras, und die Auflöfung feines Bundes - nicht herabfegen, weil Ernophanes und Heraklit *) vom HPhehagoras als einem Verſtorbenen reden, und Arifiotes les niche nur Die Meynung des Hippafus, fondern auch bie Sehren aller Alteften Phthagoreet ſtets vor denen der Eleatiter und des Heraflit anfuͤhrt. Tenophanes war jwar ein Zeltgenoß des Pyhthagoras, denn er bluͤhte um bie #*) 60, DI. ***), er wurde aber älter als Pythagoras, weil er ſich, ſeinem eigenen Zeugniſſe zufolge, uͤber ſieben und ſechzig Jahre außer feinem Vaterlande aufhielt, und bis In die Reglerung des Hlero, und das Zeitalter des Epicharmus hinein lebte +). Heraklit blühte um die 69 Ölpmpiade, und in diefer Olympiade mufte Phhthagoras (han geftorben feyn, weil Hetaklit gewiß nicht eher bluͤ⸗ hend genannt wurde, als bis er feln Werk über die Ma» tue der Dinge irn Tempel ber Diana niedergelegt harte. Wollte aber jemand ben Tod des Pyhihagoras mit dem Eufehlus einige Jahre höher hinaufruͤcken, naͤmlich ins dritte Jaht Der 68 Ötympiade ſo haͤtte ich auch Dagegen . nichts einzumenden. Mut wuͤtde man alsbenn diefen | | Ph

vnt. 6. 36. Diog,

*) Apollodor fehlte unftteitig, wenn er dh Eenophanes in die 40 Olympiade ſezte. Sotion hingegen konnte tin Recht ſagen, daß dieſer welrweiſe e ein eitgenoß bes Anagimanders geweſen ſey.

*) Bing, IX. 2

h Diog. 1X, 19 * Finseus ap. lem, Ströu. 1. 301.

Us:

in 2 m

Phlloſophen nicht 80 Jahre alt werben: faffen koͤnnen, was auch gar nicht nörhig iſt, ba die Nachrichten von dr

$ebenslänge bes Pythagoras unter allen bie unſi cherſten, und mit ſich ſelbſt am meiſten ſtreitenden ſind.

Diefe Zeitrechnung des Pythagoras nun, nah welcher .er einige Jahre vor der so Ol. gebohten wurde, eben fo lange vor der Go nach Itallen fam, und im Anı fange ber 69 oder am Ende ber 68 ftarb, iſt, glaube

A, unter allen diejenige, zu deren, Beſtaͤtigung die meiften Data zuverlaͤſſiger Gefchichtfchreiber, Die vom Pythagoras gehandelt haben, und alles zunerläffige oder wahrſcheinliche, was wir von den -Zeitgenoffen dleſes Mannes, ober von feinen Vorgaͤngern und Nachfelgen wiſſen, zuſammen flimmen, zu deren Vertheidigung ferner Beine einzige wichtige Stelle, die man nicht ganz ga verwerfen ſich unterſtehen darf, gewaltſam verdreht za werden braucht, ‘und welcher endlich Peine andere Schrift ſteller widerfptechen,, als die entweder mit ſich ſelbſt nicht

elnig find, oder auch von einer groͤßern Zahl gepruͤſtern ‚Zeugen überflimme und widerlegt werden. Offenbar fireh ten wider bie Beſtimmung des Zeitalters des Prhagores, die mir Die annehmlichfte fcheint, nur Eratoſthenes und Phavorin, ferner Apollonius, Nikomachus, Cicao, Solin, Paſchalis, Juſtin und die Maͤnner, die dem Pythagoras ein hoͤheres als achtzigjaͤhriges Alter gegeben haben. | Bon ben beyden erftern Echriftfteliern brauche lch nichts weiter .gu fagen, da ich oben weitläuftig von ihren

- Beugniffen geredet habe. Apollonius läßt den Helden,

“dem er nachzuahmen glaubte, erſt im 56 Fahre nad . Samps zuruͤck kommen, anſtatt daß Ariſtoxenus, dem

) | - \ | r ih

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefelſchaft. 371 Id) gefolgt bin, ihn ſchon im vlerzigſten Jahre nach Jar

llen reiſen ließ, Wer kann aber hier nur einen Augen “·

blick zweifeln, den erſtern gegen den leztern zu verlaſſen, beſonders ba mit dieſem Die beſten übrigen Geſchichtſchrei. ber hatmoniten, und mit jenem unvereinbar find, Nikomachus ſezt die Ankunft des Pythagoras in die 64 Olympiade : Cicero In bie Regierung des Tarquinius Euperbus*): Solin erft nach 68. 1. und Paſchalis pin. gegen die Zeit, wann er berühmt zu werben anfing, In die 45 Ol. Iſt aber unter allen diefen gegen einan⸗ der gekehrten Zeugniſſen, von denen man keines anneh⸗ men kann, ohne die übrigen zu verwerfen, wohl ein ein.“ ziges, das den Angaben des Diogenes, Diodor, Livlus und der meiften Kirchenvaͤter, von der Zeit dee Bluͤthe des Pythagoras, ober feiner Reife nach Großgriechenland, das Steichgewicht halten Pönnte, wenn auch Die lestern nicht durch die ganze übrige Zeitrechnung Des Pythagoras beftärige, und jene nicht zernichter würden **)? Auch Juſtin, det den Phehagoras nur zwanzig Fahre in Kras ton wohnen läßt, kann nicht vertheidigt werden, wenn man nicht dem Ariftopenus, und allen Denen entfagen will, die den Pythagoras zwilchen DI. So: 64 blühen, und erft noch 67. 4. fterben laſſen. Wenn 'ich endlich dem Heraklides beyſtimme, und die übrigen Nachrichten verwerfe, nach meichen Pythagoras Ye, ober 99, oder 104, U das oder 4 4 a . eu 2 . R , " eig Biefen Schriftſtellern, Stcero, . war hkein genauer Zeitrehner: Dean -fehe folgende "Stellen über die Zeitalter der Geftjgeber und Weifen Gricchenlandes, ind Aber das des Themiſtokles. de Orat, 11.323. Brut, id, Tufc, Quach. 1,3, |

j s m. * .. Su

”.

B7a Deitted Buch,

‚Sale und. > Rasfaige kennen lernten, und ihre Mey

‚sber 117 Jahre af geworben ſeyn ſoll; ſo thue Ich dieſes nicht deßwegen, weil ich überzeugt bin, daß Seropiors

Sohn das Alter des Pythagoras beſſer wiſſen konnte, als andere, ober daB er ſichrere Urkunden brauchte, ſondern

weil ich bey einer ohngefaͤhr gleichen Glaubwuͤrdigkeit aller abweichenden Erzählungen bie erfiere mic der. Chronologie des Porhagoras am / meiſten uͤbereinſtimmend finde. Un: terdeſſen ift ber‘ Widerſpruch don vier Nachrichten fein

| Vorwurf , ber meine Meynung allein traͤſe; wenn dies

anders ein Vorwurf iſt, ſo iſt er unvermeidlich, und man

kann ihn nicht nur allen bisher bekannten, fondern auch oflen nur. möglichen Hypotheſen machen. Man mag au

nehmen, ‚welche Nachricht man will; fo muß man im mer vier abwelchenden allen Glauben aöfprepen.

Wenn man nun ale ausgemacht feſtſezt, daß Py⸗

thagoras noch vor der 70 Olympiade geftorben,, und feine

Geſellſchaft zu Grunde gerichtet oder zerfirent worden ſeh; fo muß man folgende Claffen oder Geſchlechteꝛ von m thagoreern annehmen.

Aelteſte ober wahre Porhagoreer verdienen nur al fein Diejenigen genannt zu werden, bie Zeitgenoffen des Pythagoras, und. Thellnehmer feines Bundes waren. - In diefe erfte Claſſe kann niemand gefezt werden, von dem es nicht bewieſen iſt, daß er vor der 65 O1, gebohren, und in den noch blühenden Pythagoreiſchen Bund wirk⸗ lich aufgenommen worden. ine zweyte Claſſe von Pr thagoreern machen diejenigen. aus, bie nach der Zerflößr

rung. det Ppehagoreifchen Geſellſchaften einzelne Mit - glieder derfeiben,, die fid) gerettet hatten, oder audh deren

nungen

-

_ En N Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefellichaft, 973 nungen umd Sebensart annahmen *), Nach ber fürchten. lien Empörung nämlich, In welcher der größte und edelſte Theil der Pythagoreer gefallen war ‚verließen bie wenigen, die fich gerettet hatten, nicht ſogleich ihre Grund füge und Lebensart, am bie fie ſich gemöhng hatten, fon« bern pflanzten beyde zugleich mit dem Mamen auf andere fort, ungeachtet dieſe Männer; die ſich Pythagoreer nannten, nicht mehr fo genan als fonft vereinigt waren, Der Name und die Nachfolger der Pythagoreer "dauerte daher bis’ auf die Zeiten des Ariftorenus und Heraflides fort, in welchen die festen gelebt haben follen **). Aus’ diefer zweyten Claſſe muß man bey gewiſſen ragen ſorg⸗ fültig diejenigen , die vor bem-Aharagoras lebten und ge” fihriebem haben, von denen unterfcheiden, die erfi nad’ dem Weifen von Klazomene berühmt oder Schriftfteller wurden. Nach den kurz vorher angeführten Zeugniffen des Diogenes und Cicero, erlofch die Pythagoreiſche Phi⸗ loſophie in’ Sriechenland ohngefaͤhr gegen die 130 Olym⸗ piade, allein diefer Tod oder Schlummer daurete nicht‘ linge. Denn fon im Zeitalter des Cicero, Jullus Caͤ Aa3lary

7 guums

Fr . ED GRUREERESEEEREBEED

#) Diefe nennt Iſokrates in einer Stelle, die ich bald anfühs, j ‚ren werde, nur angebliche Pythagoreer. **) TeAsuraiı Yageysvonra Tay Ilv9ayopsos us nals: Agısofevos ‚ade, ZevoßsAus Te GngaAxıdeus, ann Oegunns, ncı Davray q PAsurros s u EXEsQan . vns, no AsonAyg., wos TloeAuuvesas, DAsaossı so auto, Diog, VII, 46. Hieher gehört auch fol⸗ gende Stelle des" Cicero: Denlque fie iudies, poft jl-

los nobiles Pythagoreos,, quorum difciplins exfinfta

er quodammodo, cum aliquut ſaecula in Italia Siel-

Haque viguiflst ; hune ezfitiffe (Nigtdiom) qui illam zeuovaret, frag. de Univetſo. init, - ' =

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» L Vin Ap, Te

m: Dei Bu

" far und Auguſt fanden ſich viele angefehene Männer , bie ſich für Pyothagoreer ausgaben und bafür gehalten wurden,

Dergleichen waren Figulus, Vatinius, Cotion von

Aleranprien, Anorllaus von Sarlffa, und Sertius: fer« ner Diogenes *), Enbarus **), Philo ***) und ber Pys tbagoreer Euxenus, den Apollonius zu Tarſus hörte 4),

- Aus dieſem Werzeichniffe fieht man, daß es eine freund»

ſchaftliche Schmeicheley war, menn Eicero den Nigidius einen Wiedererwecker der Pythagoreiſchen Phllofophie- nannte, . Höchft wahrfcheinlich hatte Nigidius, wie Va⸗ tinlus, ben Hang zur angeblich. Pythagoreiſchen Phlloſo⸗ phie, entweder von einem der Maͤnner, die ich eben ge⸗ nonnt habe, ober auch von izt ganz vergeſſenen Griechen empfangeh, Aus ber Verſchiedenheit ‘der Jänder, in welchen Sotlon, ı Anarllas, Philo und Eupenus geboh⸗

ren worden waren, oder lehrten, muß man fchließen‘,

baß die erneuerte Pythagoreiſche Weltweisheit faft ein Jahrhundert vor Chriſti Geburt fich wieder gezeigt habe, und mit dem Anfange unferee Zeitrechnung fehen Durch.

alle Theile des Roͤmiſchen Reichs verbreitet..gemefen fen,

Unter aflen denjenigen aber, bie fie befannren , verfchafte ihr feiner bey feinem Seben und nach feinem Tode mehr Verehrer und Bemunderer, als Apollonlus von Tyana, der im erſten und folgenden Jahrhunderte faſt allgemein als ein goͤttlicher Mann, als ein Freund und Vertrauter dar Götter, unb- als ein zwehter Pythagoras verehrt

Ä wird, Durch ihn vorzägfich wurhen bie Pythagoreer

e) Per in, "3 3. in

2*5) m. “on, I 4. ’R

ß

Geſchichte der Pothaoraſchen Gelelſchaft. 375 |

In den beyben erſten Jahrhunderten nach Chriſti Geburt fo zahlreich, daß fie vom Lucian und andern immer zu ven damals blühenden Sekten gezählt werben. Schon Im dritten Jahrhunderte wurden fie feltner, und mit dem slerten hörten fie ganz auf, well Piotin und beffen Nahe

folger zwar allen Unfinn und Schwärmeregen der neu. em Porhagoreer in bie Platoniſche Philoſophie aufnah⸗ men, fich aber doch nicht Pythagoreer, ‚fondern Platonis fer nannten. Diefe Folge von Männern nun, die wa vom erflen —88 vor Ch. Geb. bis in das dritte nach Ch. Geb. ſich fuͤr Schuͤler des Pythagoras ausgaben, machen die dritte und lezte Claſſe von Pytha⸗

goteeen unter ben Roͤmern und Griechen. aus. |

Nachdem ich io die Zeitalter bes Vhrhagoras ie wohl, als ber verfchiedenen Geſchlechter feiner Schüler und Nachfolger beſtimmt und unterſchleden habs; fo Pönnte ich ohne Bedenken, da ich nicht eine Geſchichte des Pythagoras, ſondern der Pythagoreiſchen Philoſo⸗ phie, in fo ferne ſio ein Zweig ber alten Oriechiſchen Weltweisheit ift, -fchreibe, alle übrige Lebensumſtaͤnde des Pythagoras übergeben, Lnterdeffen kann ich doch einen einzigen wichtigen Abſchnitt feines $ebens, feine Reifen nämlich, nicht ganz unberührt laſſen, da er mir Gelegenheit geben wird, ben Urfprung eineg Jerthums, der unter den Griechen lange geherrfcht, und in der nem .

ern Zeit fehr viele Bertheidiger gefunden hat und noch fine

det, des Wahns von der Uebertragung ber Phlloſophie und Übrigen Wiffenfchaften, aus den Völkern Afızng una. Ä Aitens vo Oriedpenfand syien 0 .

Kirn Wenn

*

376 Drittes Buch.

Wenn man ben unten angefuͤhrten Gehriftfkel, fern *) glauben wollte, fo hatte Pythagoras faſt alle Wil. Fer beſucht, die ben Griechen zu, und kurz nach Alexan⸗ bers Zeiten befannt waren, und harte unter allen entwe⸗ der aus alten Schriften, oder auch aus dem Munde von „Prieſtern, die man als Kenner und Forſcher der Natur ſchildert, Weisheit gefammlet, Man nennt nicht nm die Phoͤnicier und Aegyptier, fondern Thracier, Juden, Araber, Chaldaͤer, Perſer und Indier, als dieje nigen Voͤlker, unter denen Pythagoras ſich auf haften und unterrichtet habe, In Phoͤniclen folfıe er di Arithmetik gelernt, und die Bücher des Moſchus gelefen in Yegupten Geometrie und Aftronsmie ergründet, in Chaldaͤa und Perfien vom Zabratus oder Zeroaſter die Zatzlenlehre, und die verſteckteſten Geheimniſſe der Natur empfangen; in Arabien ſich in der Sprache der Thiere. unterrichtet, in Indien die Kunſt mit Göttern‘ umzuge ben aus dem Munde der Brachmanen gefhöpft, und endlich in Judaͤa bie Schriften Mofis fludiere haben. Gleich nah Chriſtl Geburt fagten eu nicht bloß Juͤdiſche

. ne und "F) Cie. Me Pin, V, 29. Cur Ipfe Pyihagaran & Angypiuw Jufrevit, & Berfarum magas adiit ? eur tanta F

. nes barharorum podibus abilr.? tot matia traum

Wie viel Ölanhen Bicero in biefer Erzählung verdiene, zeigt eine Ahnlite in feinen Tuſculaniſchen ragen IV, ı9. Pbilofopbiae denique ipſius priacipes nus- qusmp in fnis Audiig tantog progreffus fine fagrestl eupiditate fasoze potuiffent.. Uſtimas tertas lufralls Pychageram, Democritum ,„ Platonem arerpiaus, Man fehr ferner Hetmipp. sp. Jof. adv. Apionem I. f.«, Ktrsb. KIV. 638. Apoll. ap. Jepbhl. [. 14. & 1. Lyc. ap. Porph. $. 6. Nieg. ib. f. ı1, 12. Digg. VIII. 3. Plin. XXX. 1. Plutarch. de If, & QOLVII, 397 Euf, X. 4. Apul, pr 238. Ed, Calrid,

8

GSeſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 377 |

und Chriſtliche Schriftſteller, welche bie Juden und Chris ſten erheben, und die Griechen erniedrigen und demuͤthigen wollten, fondern bie berühmteften Gelehrten und Welt, welfen unter riechen und Römern glaubten es auch, dafl die Weltweishelt unter den Griechen nicht einheimifch, fondern barbarifchen Urfprungs fen, und daß ſowohl Pys thagoras, als Orpheus und Thales vor ihm, und Des mokrit, Plato und Eudoxus nach ihm, alle wifferifchoft: liche Kenntniffe auf ihren Reifen unter Aegyptiern, Chats biern, Phöniciern und andern Wöifern fid erworben | und nachher unter ihren Landesleuten verbreitet haͤtten. Faſt die einzige Abweichung von dieſer nad Chrifti Ger burt fo allgemeinen Meynung finder ſich im Anfange des erfien Buchs des Diogenes von Laerte, ber bier uns fireitig einem unbefannten, aber größern Manne folgte f als er ſelbſt war *).

Ich wiederhole Hier nich, was Ich anbersmo aus unläugbaren Factis bewiefen habe; daß feine von. ben Nationen Aſiens oder Afrikens, deren Alterchum un Aufflärung man fo fehr bewundert hat, wiſſenſchaftliche Kenneniffe befeffen habe, und daß alfo weder die Philoſo⸗ phle, noch irgend eine andere Wiſſenſchaft, aus einem barbarifchen Wolfe, dos in dieſen Erdtpeilen wohnte, - nach &riechenland gebracht worden fe ; ich ſchraͤnke mich blee nur auf die Bemerfung ein , daß fein glaubwürbdiger Schriftſteller vor dem Alexander daran gedacht habe, bie wiſſenſchaftlichen Erfindungen der Griechen Ausländern

| 4 zZugu⸗

*) —E Fa auras 78 av ‘EAN xæræe. Deka - r Bughagcıs Aemazterte. "Dig, 3

+

2: Drittes Bu und fest Hinzu, baß nicht er es allein fen, ber dieſe pfähle, fondern daß ſehr viele, ſowohl Zeitgenoffen Vorgänger, und unter den festeen befonders Pythage von Samos, eben biefes gethan harten. Dief.r nad) Aegypten. gereifer, ihr Schüler geworden , und f außer, daß er bie übrige Phitofophle zuerft in Griech hand eingeführe, Opfer und andere gottesdienfti Handlungen häufiger, und auf eine mehr in die Au fallende Art unternommen, als alle Weiſe vor ihm; der Hofnung, daß, wenn er dadurch bie Gnäde der @ ter auch nicht in einem hoͤhern Grade verdienen follte, doch gewiß einen größern Namen unter den-Menfdent langen würde. . Zu ' N Wenn Iſokrates an diefer Stefle auch ausbrüdi verſicherte, daß Pythagoras alle feine Kenntuiſſe Umgange mit ben Aegyptiſchen Prieſtern erworben 4 fo würde doch Eein vernünftiger $efer deßwegen g Pönnen, daß der Mebner hier feine wahre Mepnunp - getragen habe, oder daß man feine Worte als ein hi ſches Zeugniß brauchen koͤnne. Iſokrates hatte fi

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Erſchchte der Pythagoreiſchen Gefelfihaft. a8:

ner Declqmotion auf den Buſiris vorgeſezt, die Mach? ner Deredfamfeit dadurch zu zeigen, daß er einen Mann n einer guten Seite fchilderte, deffen Name unter den riechen des-ftärffle Ausdruck eines grauſamen Wuͤterichs ar. Bey diefer Gelegenheit nun breitet er fich über die terdienfte und Tugenden ber Aegyptiſchen Priefter aus, ıd redet von beyden mit einer Waͤrme, die eben fo er. aſtelt iſt, als das Lob des Bufiris wenig aufrichtig ı, Um aber doch feinem verfchönerndeh Gemälde einen nftrih von Wahrheit zu geben, beruft er fich auf dem ythagoras von Samos, der unter den riechen als ein -. Jottgefälliger Mann berühmt war, und den Iſokrates, m ihm noch mehr Anfehen zu geben, ben Einfäprer aller uͤllichen Kenntniſſe in Griechenland nenne. Diefer erehrungswuͤrdige Weife habe (fagt er) die Heiligkeit der

Iegpptifchen Priefter erfannt, und ihrem großen Mufler .-

ı Folge ſich einem reinern beſſern Bötterdienfte ergeben, 6 wovon die Griechen bis dahin gehört härten. Unge⸗ chtet nun aber Iſokrates wider fein beffera Wiflen, und der alle Wahrheit hinaus fomohl den Ppihagaras als le Aegyptiſchen Priefter erhob; fo wagte er es doch nicht, Iefe zu Bätern und Befizern aller Wiſſenſchaften, und men zu einem. bloßen Ableiter derfelben nach Griechen⸗ md zu machen, Er ruͤhmt die Naͤhrer und Waͤrter der leghptiſchen Götter vorzüglich wegen ihrer Heiligkeit, der wegen ihrer reinen, enthaltfamen und mäßigen Le—⸗ ensart, und gibt-den Pythagoras nur in fo ferne für ih⸗ in Schüler aus, in ſo ferne er dieſe Heiligkeit zu errei⸗ den ſich beftrebe harte, Aa Matt alfo bie falfche Men - ung von der Entſtehung aller Öriechifchen Wiffenfchaften - n Achmpcen zu beguͤnſtigen, widerlegt vielmehr die ob. ed . rede ) ., -

- , m

382 Drittes. Buch,

rede des gſokrates auf den Buſtris dleſen gegen bie Ol ‘then fd ungerechten Irrthum, indem fie zeigt, daß es nit einmal verſchoͤnernden Panegyriſten wor den Zeiten Aleran ders in den Sinn gekemmen fey, die Aegpprifchen Prie ſter zu Lehrern und Ausbildern ber een Silegſ Weltweiſen zu machen. .

Gleich nach dem Alexander aber fing de Bi an, fich unter den Griechen zu verbreiten? Daß die alıa berühmten Wölfer, die ber Makedoniſche Ersberet m weder bezwungen oder doch beſucht Hatte, ſeit unberfih chen Zeiten eben ſolche Naturforfcyer, Wiſſenſchafn und Mehnungen gehabt hätten, als die Griechen, mi daß die ganze Philoſophie der leztern, durch ben Dıpfat, .Pythagoras, und andere Männer von ben Ufern bes Di, Euphrat und Ganges nad) Griechenland wäre verpflf worden. Geltfam ift es, daß biefer Wahn’ geradejt einer Zeit entftand , und in allgemeine Meynung, übersig als Ylerander und feine Nachfolger das innere von Men und Afrika Den Griechen eröfner hatten, und ihnen Br genheit veefchaften, den wahren Zuftand ber Voͤlker die ſer Laͤnder genauer kennen zu lernen, als es ihren Ps

. fahren möglidy gewefen war, Allein zwo Claſſen mt

ſehr verſchiedener Schriftfteler ſchienen darinn ſich ai einander verabredet zu haben, den Griechen die verdient Ehre zu rauben, die Aufklaͤrer won Afien und Aftika ge worden zu fehn, und fie foger zu Echülern derjenigr Voͤlker zu machen, bie Ihnen alles, ſelbſt die Kenntrifk ſchuldig waren, wodarch fie ſich Aber ihre Eiger m) ehrer zu erheben ſuchten.

!

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 363

In die erſte Eloffe gehören die Geſchichtſchrelber, bie den Alekander nach Afien begfeiteten,, ober auch gleich nachher unter feinen erften Nachfolgern lebten, Dergieb chen find: Klearchus, Onefifritus, Kalliſthenes und Megaſthenes.“ Alle biefe” Männer redeten von den Wifs fenfchaften ver Chafdder, Magier und Indier, mit eben | dee Bewunderung oder Verwunderung, womit fie die Ungeheuer und Seltenhelten Indiens befehrieben. Me gaſthenes beſonders, der kuͤhnſte und fabethaftefte unter ihnen, bezeugte *), daß alles, was man in Grlechen⸗ land über die Natur der Dinge geforfehe und gelehrt habe, ſich auch unter Juden und Indiern finde, und lange ge⸗ funden habe. Diefe Schriftſteller, deren Unverfchämts beit im Erdichten faft eben fo unglaublich iſt, als es ihre Erzählungen waren, fanden dennoch unter den leicht gläubigen Griechen Eingang, ungeachtet Eratofipenes, und andere genauere Unterſucher, Ihnen allen Glauben abfprechen, Hermipp**) zweifelte ſchon nicht mehr daran, daß Pythagoras nicht vieles,uon den Juden und. Thra« ciern gelernet hätte. Außer dieſen müffen die meiften übrigen Schriftfieller zwiſchen dem Zeitalter des Alexan⸗ der. und Auguſt das hohe Alterchum der Wiſſenſchaften unter det Morgenlaͤndern und Aegyptern für ausgemads .

gehalten haben, weil es unter der Regierung des lej⸗ tern fchon herrſchende Mepnung war , und Strabo, Philo der Prismen "), Apollonius, Se⸗

neca

5 Euf, IX, “|, 22. Jar. adv. Aplonem. ,9*®) Taray dnayro neschurarov ro Isdau vyevos, x TRY Bug auTois DilosoDiav EYYEEN- | re⸗

3: Dritte Buch. | ca *) and Plinius, von ber MWelshele diefer Völker, tind den Reiſen des Pythagoras und anderer unter ihnen, als von Factis reden , wogegen ſich gar nichts einwen⸗ ben ließe. Zu. |

In dbieſen Irrthuͤmern nun, die von windigten Gelechen zuerſt waren ausgeſtreuet worden, wurden die

folgenden Zeitaltet noch mehr durch die Erbichtungen und Erzählungen von Schriftſtellern aus denjenlgen Voͤlkern

beſtaͤrkt, denen die Griechen ihte Sprache und Wiſſen⸗

ſchaften mitgetheilt Garten, Nicht lange nach dem Alexander erhoben ſich in Aegypten, Phoͤnicien, Judoͤa,

und Chaldaͤa Schriftſteller, die die Kenntniſſe und Ge⸗

ſchichte Ihres. Volks und ihrer Vorfahten den Griechen befannt zu machen vorgaben. Alle biefe Maͤnner erhoben Das Alterthum und die Weisheit ihrer Nationen Über die | - der 41 . ,

Fov Yevönevnv, rns nae' "ERAncı

BiAocoQicis , dic RoÄAaV IluIJayogssös uno

desuves ;, Dirav. Ich feje auch die folgenden Worte

her, da fie theils eine Beftätigung des vorhergehenden,

iheils aber deffen find, was ich gleich fagen werde:

# ev aAia nui Apısolsios 0 TEımarnTıng,

0. Kr AA FÄrss, Wa ua nat dvomöe ein

diareihm. Davsantati ds Mevaseıns 6 au'y-

VeirDeos ; 6 Erieud FW Nuavog euußeßw-

kos;. ev 7a tern Fan Ivdıravy : ade YonDen.

Aravfa pev to To meeı Dugeas sipnpeva Tape

Toic awexgaicıs ÄAsysraı wm Hüagc Tas dfm Tas

Eirudos DiAocdQöis. , ‚Ts juev 71,77 Indeis un

‚tor Beuxiavorı Ta de ev tn Zug ‚ur a⸗ —XR ledzıas. Clem. Strom. 1; P. 35% Man fche Sen. Nat. Quaell,.1.33. 111,29, VII. 4.

„ft

Ad En oO a 3 3 5

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefellfchaft. 385 er Griechen, und einige von ihnen waren ſo dreiſt, zu vera bern, daß Orpheus, Pythagoras und andere Griechen on Prieftern ihres Baterlandes wären unterrichtet werben, Jie vornehmſten unter dieſen gräcifieten Barbaren, die en Griechen Kohn fprachen, waren Berofus ber Thale ir, Manetho, Chaͤremon, Ptolomäus und Apion, ' us Yegnpten *); ferner Theoborus, Hypſikrates, Mia us »), Dien ***) und der angebliche Ganchunlathon 18 Phoͤnlelen, endlich die Juden Ariftäus +), Ariſto⸗ ılus +1), Philo und Joſephus, denen man vielleicht m Eupofemug hinzufügen muß fff). Ein jeder dieſer rdichter (hier nehme ich bie Juden aus) machte fein zolk zum älteften der Erde, ließ Schrift, Künfte, Jandıwerker und Wiffenfchaften in feinen Waterlanbe era inden werben, und fezte bie Gefchichte beffelden aus lationalfagen, und aus Örlechifdyen Fabeln, nicht we⸗ ger aus Erzählungen des Iſraelitiſchen Geſezgebers zu⸗ mmen, beffen Schriften vom Berofus, Manetho, häremon, und ben übrigen eben von mir. genannten schriftftellern benuzt wurden, mie ſchon Joſephus, Eu bius und Syncellus bemerkten. Die Juden blieben var ihrer. alten Geſchichte gefreu, allein fie legten doch

die Werke ihres Gefeggebers Griechifche Philoſophie nein, und bemuͤhten ſich zu beweiſen, daß Orpheus,

| U u Phytha⸗ ®, X, 11. p. 493. Eui. | ne) ib. J ses), 17.09 Jh oO \ $) VII. 1-5. Eufeb, ir) xilg 18. ib, x up) IX, 26: ib, | nn

86

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N , | ot Dritte Bu ' Pythagoras, Plato und andere Griechen mit Nord I Abereinftimmten, und ihre Lehren in’ Judaͤa aus de Schriften ihres göttlichen Propheten geſchoͤpft hätten ‘) Sie erdichteten ferner, um bie Griechen zu demuͤthige und ihnen Ehrfurcht gegen ihr Volk und ihre Heilige Sri . sen-elnzuflößen , einen Briefwechſel zwiſchen dem Ö mon und einem Phönlcifchen Könige , zwiſchen Demetrius Phalereus, den fie zum Aufſeher der Alt driniſchen Bibliothek und zum Urheber des Projects Ueberſezung ihrer ‚alten Religionswerke machten, und | Ptolomaͤus Phlladelphus , endlich zwifchen diefem & chiſchen Könige und einem Hohenpriefter. der Juden” Auch machten fie gemeinſchaftliche Sache mit dem Be ſus, Manetho und ben Phoͤniciſchen Schriftſtellern“ und fuͤhrten deren Zeugniſſe an, wodurch das Alterth Ares Volks bewieſen wurde: Ja fie gingen endlich ſo beruhmten Schriftſtellern der Griechen Werke unterzufd ben, und darinn Griechiſche Weltweiſen das Geftän a ablegen zu laſſen, daß fie vieles von Juden gelernet 7 Gem Ein folches unaͤchtes Buch war vermmurflid jentge, deſſen Ich oben in ber Beurtheilung des Kit erwähnt habe, und aus welchem Joſephus +), Cl und Euſeblus ein Fragment anführen. _ Diefe Anfri und Börgebin det Juden fanden um befto meht Glan 3 bafie von Männern dorgebracht wurden, bie, mie ffaͤus und Ariſtobulus nicht nur unter ihren Glaub

Yr

Eu 1 j ' j Fr ES GR ne Akeneuuiniichsinei * N ) Acifl. ap: Euf. XIII. 12, Pracp. Evang, **, vll, 1-5. Eufeb, = wer) fol, J. eont. ß. 7) 22. adv. Apion, " \

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Seſhihe der Vothogoreiſchen Geſllchaft 17

noffen , fondern auch als Weltroeife unter den Griechen Im Anfehen landen, und da Schriftſteller fie wiederhol⸗ en, die, wie Joſephus und Philo, auch von Nichtjuden emlich allgemein geleſen wurden.

Wenn man dieſe Facta und Bemerkungen über ie Erdichtungen Griechiſcher und grächfieter Schriftfteller iberdenft; fo kann man ſich nicht mehr wundern, daß. Briechen und Römer, am meiften aber bie neuern Plas oniker, bie den Berofus, Charemon, Sanchuniathon, Manetho und die befannteften Juͤdiſchen Schriftfteller mehr : ofen, als bie beften Gefehichtfchreiber ihres Volks, daB . ndlich die Kirchenvaͤter, denen eine jede Gelegenheit, ie Griechen zu erniedrigen, willkommen war, es als in unläugbares Factum anfahen, daß die Griechifche Philoſophie fremden Urfprungs fey, und daß Pythago⸗ as faft alle Völker der Erde befucht habe.

Bruder und einige andere Gelehrte bezweifelten oder \ erwarfen fchon mehrere von ben Reiſen des Pythagoras, ınd hielten befonders die nady Jubda und Indien fuͤe Erdichtungen der neuern Platoniker, und Kirchenvaͤter. Allein dieſe Maͤnner erdichteten nicht zuerſt, ſie waren uch nicht die erſten Leichtgiqaͤubigen, Die ſich durch die alfchen Erzählungen unglaubwärdiger Schriftfteller ver. uͤhren ließen, ie ireten nur, wie viele große Männer or ihnen geiret harten, und folgten Geſchichtſchreihern, eren Ruhm und Glaubwürdigkeit durch den Beyfall nehrerer Jahrhunderte befeftige mar. Ungeachtet. die Reifen des Pythagoras nad) Paläftina und Indien unter illen die unglaublichfien find, fo haben doc gerade biefe Yie Zeuguiſſe ber: alteften. Schriftfteller vor fih. Hermipp ınd Ariſtobulus ſagten, dab 1 reden f ich in Judaͤa,

| und,

laaſſen.

vorjzuͤglich aber, um die Einrichtung und Kunftgt

bie Sprache feines Volks rebeten. Er. war gewiß, Aegyypten afffceunde, Landsleute und viele Eingebeh

I ylefe Vortheile und Bequemlichkelten wuͤrde er fü! den Phoͤniciſchen Staͤdten, entweder gar nicht, ot

a See Lin Migaflpenes, ober doch Apoilantus, "daß er AR Indien von Prieftern und Weltweiſen Gabe unterricit

Waenn man aber often zuderläfligen Schriftftele und wahrſchelnlichen Vermuthungen folgen will, RR unter Allen angeblichen Reiſen des Pythagoras in an wärtige Laͤnder nur allein Die nad) Aegypten "gewiß, d welche dom Herodot und Iſokrates bezruge wird, ıM Die übrigen hingegen find entweder unſicher, über Dal erdichtet. Aegypten befuchte Pythagoras, nicht, M man glaubt, um ſich mit den Wiſſenſchaften det Priefi biefed Landes bekannt zu machen, fündern um die © faffung , Geſeze, Sitten und Religion dieſes Voll

des Prieſterordens kennen zu lernen, wodurch fie hit zu unumſchraͤnkten Herren über: Könige und Doll Mi ‚macht hatten, Er kounte es wägen, bies fand bi &en, weil die Oriechen fange dahin gehandelt, und bi ſich darinn niedetgelaſſen hatten, und bie Prieſter fo 4

‚zu finden, mit denen er ſich unterhalten Fonnte.

viel geringerm Magaße angetroffen haben, Dieſe mr

ihm überdem lange nicht ſo wichtig, als Aegypten, 4

fein Aufenthalt in Phönicien bleibt daher Immer zwe

haft, ohngeachtet ich ihn nicht ganz ablaͤugnen mel

Seine Reifen nach Palaͤſtina aber, nach Arabien, Ch

din, "Prrfien und Indlen kann man ohne Beate I | oo m

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[7 N FR

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Echidte der Pethezereilcen Geflfhaft; 389

tdichtet erflären Denn wenn Pythagoras ſchon im lerzigſten Jahre nach Italien kam, fo muß man die lt, wo. er außer Griechenland ſich aufhalien konnte, viſchen bie funfzigfte und fechzigfte Olymplabe fezen, n ein bis dahln unbekanntes, und ben Griechen uner- istes *) Polf (denn Kröfus kannte die Perfer nicht Inmal) ſich aus feiner Dunfelhelt herporhob, mit unmls erſtehlicher Gewaltſamkeit über: Medien, Indien bis ing hriechifche ‚Yfien fertwälzte, und die meiften von, den . indern verheerte und unſicher machte, die Pythagoras eſucht haben ſoll. Ep ift ‚gar nicht einmal gedenkbar, Pythagoras ſich unter Voͤlker gewagt haben. fallte, le mit den, Griechen in feiner Verhindung waren, wo er eine Boflfreunde und Dolmetſcher finden, und ‚deren Sprache er eben, fo wenig, als man bie feinige verfichen Bd. . konn⸗

*) Man leſe folgende Stelle des Strabo, "in welcher er richtiger urtheilt, als an der oben angeführten, two er von ben Reifen des Pythagoras imis dem großen Haufen redete. Zuveßn de vois Ilegraıs vdofuraros V- verdas ray Baeßaguv, muem zus EAAnaw, 071 Tay ev @AAmy Bdeves Toy ryy Acıs aeeev. Tay EAAwis yekor , —8 nsaav ad’ exewoi rar Tas, ad’ oe) EAAmves Tas Beeßuess. war emı MiNGoy Movoy eu Tns Mogemdev aunons. Ouneos Yav are rw ray Zugav, ara ruv Mndav wen eidey. ud var av Onßas Aryumrav renalon,. Kos Toy SKEIT Ras ToV 89 DOmicH AABTO, Ton ey Baßuran, nu Now ua Enßaravoıs reneim- nnoe. Wie roh, und zugleich wie unbefannt bie Pers fer zu und vor den Zeiteh des Kyrus den Lydiern und Ihrem. Könige waren, kann man aus ber Nede ben ' Sandanis beym Herodot fehen. 1. 71. e,

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le Vch

konnte; un fofche Sänder waren damats Arabien, 9 laͤſtina, Chaldaa, Perſi ien, Inblen, "ton welchem I tern man mit Zuverläff igkeit behaupten Farin, daß? Griechen es nicht einmal dem Namen nad) kannte Wenn aber. auch Pythagoras Luſt gehabt Härte, die Pr ſter und Sazungen der bis dapin unbekannter Perfer Ir nen zu lernen, die bis‘ auf ben Kytus gleich den Skyh in Thierfelle gefleibet, in ‚Stämme abgetheifet, und! elende Dörfer zerfireut waren, und eben. besiegen I Neugierde eines Mannes, wie P Pythagoras war,

beſonders reizen konnten; ſo hatte er gar nicht u

fie in ihrem Vaterlande aufzufuchen, et Pomnte fie:

fo gut im Griechiſchen Afien, oder in Lydien beobadin

Die Erbichtungen alfo der meiften Reifen des Porn

ras, und der Glaube an ſie, feste eine gänzlice Ih wiffenbeie der Zeit, im weldjer er tebte, und der Veid

ſung der Sänder vorans, en e ſich u

Naben pl

Geſchichte der Yothagoreiſchen Geſellſchaft. 398 ‚Drittes: Kapitel, |

don den Einrichtungen und den Sazungen de

Yuthagoreifchen Geſellſchaft, yon der Febendars, t

en Geheimniſſen, und den Symbolen ber älteften

ythagoreer, endlich von der Ausartung der

Porhagoreen, die nach dem Untergang des Ä Bundes lebten.

®

)[. Pythagoras fein Vaterland. gegen die fechzigfte

Olympiade verließ, weil er unter ber Herrſchaft es Polyfrates weder Sicherheit fuͤr ſeine Perfon, noch uch die geringſte Hofnung hatte, auf eine ſeinen Talen⸗ n und erworbenen Kenntniffen entfprechende Art fich mals In Samos empor zu heben; fezte er weder nad) m feften Sande Afıens, noch nadı dem eigenclichen

kiechenlande über; ſondern er wandee ſich, wie Femme

jones, und viele aus: ihren Sizen vertriehene Freyheit chende Aſiatiſche Griechen, nach Jtallen, deſſen unterſte wohl oͤſtliche, als weſtliche Hüfte, eben wie die öftliche id ſuͤdliche Seite Siciliens ſchon einige Jahrhundert⸗ Im Griechen beſezt, angebaut‘ und mie Stäbten ums aͤnzt war. Er mied Bas Griechiſche Afien, weil die⸗ 8 von ben Perſern kurz vorher verwuͤſtet und unterjocht Orden wars und fchiffee vor dem eigentlichen Griechen» nd vorüber, weil bie wichtigfien Staaten und Staͤbte imeder wie Sparta allen Fremdlingen Aufnahme: And Sirgerrecht verfagten, oder doch unendlich erſchwerten, der weil fir ie, wie Athen damals nad) zu arm, m ind on

Bb 4 wmich;

1—

39 Deitted Burh, mächtig waren, ober endlich auch iofe: Korinth, ein

- Dempfratifche Verfaſſung, oder. vielmehr ‚Defporler

\

eines zügellofen Pöbels eingeführt hatten; eine Regin tungsform, die Pythageras eben fo fehr, als bie un Tchränfte Alleinherrfchaft eines einzigen Tyrannen haft Die Griechiſchen Stähte in Itallen und Sicilien dings gen Famen in Anfehung ihres Reichthums, ihrer Modi und Volksmenge ben reichfien, mächtigften und bee kertſten in Aſien gleich, und Batten fo vortrefliche Gely and Grundverfaffungen, daß Pythagoras immer fıfin Burfte, daß, wenn auch Die einen oder bie ambern dur Eittenverberbniß geſchwaͤcht und erſchlaft worden mitt,

fie doch wieberum durch Weisheit und Tugend ei

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Buofırieienlent ſcer vor dem Pothagoras ser

und hergeſtellt werben koͤnnten.

Ein jeder weiß, daß alle von bin Griechen in In (len gegründeten Städte In fpätern Zeiten mie denn prüde tigen Mamen von. Groß Giriechentand bezeichnet wor find *); allein ungeriß iſt «6, wann und warum mal fo genannt hat. . Athendus **) und Strabo **) gi

ihr ſchuelles Wachſthum, ihre außerordentliche Ba

kerung, und ihren len, wodurch fie bald ade Ei

des eigentlichen Griechenlandes verbunfelcen,, als M

Grund diefer Benennung an, ' Waͤrt dieſe Ablekum richtig; ſo müßse man vermuthen, daß der Dans

* ————

u Einige begriffen unter Hiefen Morte nicht nur die Ste

liaͤniſchen, fondern auch die Sieilignifchen von Gricher

. . . bewohnten Städte, wie Ende X, 389. Ed. Alaıb ER, 4. p. 52%

}

Geſchichte ber Yorker Sefeliäcft, 399 |

gerefe ſey, weil bie Griechifchen Eolonien in Jeelles und Slcilien lange vorher ihre Mutterſtaͤdte nicht nur ein⸗ geholt, ſondern auch übertroffen hatten, Ein Schrift⸗ ſteller Hingegen beym Jamblich *) verſichert, daß bey Mame Großgriechenland erſt nach ber Gründung der Py⸗ thagoreiſchen Schule entſtanden, und durch die große - Zahl von Rednern, Dichtern, Weltmeifen und Gefejgen bern veronlaßt worden fey, bie vom Pythagoras gebildet worden, und fid).über alle Städte von Italien, Sicl⸗ lien und Griechenland verbreitet haͤtten. | Die älteften Griechiſchen Städte In Itallen unb, Sicilien, die fchon mehrere Menſchenalter vor der Flucht bes Pythagoras aus Samos blühten, (denn einige wur⸗ den erſt in feinern Zeitalter von vertriebenen, ober fluͤch⸗ tenden Afiatifchen Griechen in Italien, Sicilien und Gal⸗ lien. erbaut) waren nicht lange nach dem Trojanifchen. Kriege, die meilten und größten zwiſchen der 10 und 20 Olympiade, andere aber zwiſchen ber za und 30 Olympiade gegruͤndet worden *%), Ihre Stifter waren. entmweber Spartaner und andere Dorifce Griechen, oder auch Achaͤer, oder eudlich Ebentheurer aus Chalkis. Die Urſachen der Auswanderungen von Griechen aus ſo verſchiedenen Staͤmmen nach Itallen und Sieillen, was. ren eben die, wodurch fie nicht lange vorher über bie In⸗ ſeln und. an ade Füßen von Aften waren getrieben wor⸗ 65. Ä den;

%) 166. de Vie, ——

we Ich beziehe mich bier auf bie vortreflichen Abhandlun⸗ gen des Herrn Hofrath Heyne fiber die Geſeze und Schickſale der Staͤdte in Großg riechenland, in denen man allemal, wo ich Feine alte Schriftſteller namentlich an Bin, die beweiſenden ea ee | ſnden wird.

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bis uͤber bie 30 Olpmpiabe binaue 1 Könige Auch

den: entweder Innere Spaltungen und Gaͤhrungen entgegen, geſezter Partheyen, die ſich damit endiglen, daß bie eine freywilllg oder gezwungen das Vaterland verlaſſen, und neue Wohnſize ſuchen mußte*): ober auch Niederlagen, wodurch ganze Wötferfchaften, oder dach bie Bewohner . einzelner Städte und Gegenden aus ihren bisherigen Wohnfizen verjagt wurden, Der Grund. aber, warum ſich die Griechen zwiſchen der 20 und 30 Olympiade, und nachher zwiſchen ber 50 und 60 Olympiade nach Italien, Sicilien und zulezt nach Gallien wandten, lag nicht bloß in der Fruchtbarkeit dieſer Laͤnder, oder in ihrer gluͤckli⸗ chen Lage, (denn beyde wurden mehrern Pflanzörtern nicht zu Theit) oder in der Milde des Himmelsſtrichs, ſondern hauptſaͤchlich darinn, wei die Kuͤſten von Aſien, die Griechiſchen Inſeln, und ſelbſt auch die uſer des (den ‚gen Meere fchon beſezt waren,

Ale Altgriechifchen Stätte In Sleillen und en llen wurden früher gegründet, als Demofratien, oder BVolkoherrſchaften im eigentlichen Griechenlande entſtan⸗ den, und Ihre Erbauer gingen alle von Städten und Völkern aus, die entweder don Koͤnigen, oder von ele nem Rathe, der aus ben angefehenften und weiſeſten Bürgern beſtand, oder auch von beyden zugleich regieret wurden, Das leztere war, wie bekannt, ber Fall in Sparta. Die Achaͤiſchen Städte aber gehorchten noch

Kr

- * Solche Mißhelligkeiten noͤthigten zum · Veyſpiele die ſo⸗

genannten Jungfernkinder in Sparta ihren vaͤterlichen Boden zu meiden, und Tarent anzulegen. —*R*⁊& VI. i9. 22. VI. 1. 6.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefelfchaft. 395 Korinth hatie in den äkteften Zeiten Könige, dann jaͤhr⸗ liche Prytanen, Hierauf unumſchraͤnkte Beherrſcher, und erſt nach der 49 Olympiade eine Demokratiſche Vefaſ

ſung*). Von Chalkis wilfen wir es aus einem Zeuqniſſe des Strabo, daß dieſe Stade zu der Zeit, als fie Colo⸗

nien nach Itallen und Sicilien ausſchickte, eine Ariſto-⸗ kratiſche Regierungs form Hatte »se). Den Euböiihen

Coloniſten ahmten die Peloponneſiſchen Griechen nad), die ſich in Italien und Siecilien -niederließen. Wenn dieſe gletch in ihrem Vaterlande an. koͤnigliche Herrſchaſt

gewohat waren ; ſo duideten fie dieſe doch nicht in den Staͤdten, die fie erbauten, (wenigſtens iſt mir in allen

Beinhifhen Schriftſtellern· nicht eine einzige Stelle anf⸗

geſtoßen, woraus ich dergleichen vermuthen koͤnnte,) fons '

dern fie führten, wenn: man von ben größten und wichtig« ften auf‘ Die kleinern ſchließen darf, eine Ariftokratifche Verfaſſung ein, und erwählten einen regierenden Math, der , wo nicht die gefeggebende , doch gewiß bie ausübende Gewalt in Händen Hatte. Don Tarent ***), Syrakus,

und ben Sridten Chalbidiſchen Urſprungs, hat Here. Hofe

w⸗

rach Heyne es ſelbſt bewieſen. In Anſehung Krotons el und der übrigen von Achaͤern erbauten Staͤdte,

wach

4 [y3 U}

Ya. 4.

9 Stab, X. p. 685. Ku: Ins Trarıas de was Ei: INES WONG Kwgı Yarınıdewv asıW. Esarnsay ds is ATOM auraı agree "EIONKEV Agısors. Ans vn n Toy Immoßorov uurzuen syenga- Te MOÄITEIG. TEOETNTEV Yo aUTAS ao Tıiun-

'uatos erdees ApıSorpETInas UEXOVTES- ) fiebe V. “3 de Civ, Ariſt.

1

1

I u Drittes Bich.

zweifelt biefer Gelehrte, oh fie. eine ben Borhergenannten aͤhnliche Grundverfaffung gehabt hatten, aber nicht, in⸗ dem bie Adhäer in Sriechenland nach dem Palpb *). fehr

fruͤh Freyheit ober Demofratie erhalten hätten. Allein dieſer Geſchichtſchreiber beſtimmt Bier Brine Zeit, und man muß ihn daher nach dan oben angeführten Zeugniffen bes Paufanias, bie fih auf ae Denkmäler Rügen, auslegen. Dleſem zufelge gehörten bie Achaͤer mit zu ben lezten Griechiſchen Voͤlkerſchuften, Pie fick wnn dee Königlichen Herrfchaft losmachten. Ben, Kanton laͤßt es fich mit den glaubwuͤrdigen Zengniffen des Dikaͤorch **) beweifen, daß dieſe Stadt einen Rath von ‚Taufers den ober von Geronten Paste, und auch van Sybarit laͤßt es fich nach den Erzählungen bes Herodot ***)., - He vaftibes Pontikus }), und: Dioder +4). kaum längnen, bdaß auch in ihr die Vornehmſten bie hoͤchſte Gewalt In Händen hatten. Denn eben eine Empoͤrung des Pobeis wider bie Reichen, und die Flucht der leztern, mar die Urfache bes Kriegs der Sybariten mit den Krumlate, und des. gänzlichen Untergangs der erſten.

Abe alte Schriftfieller , deren Machrichten mes in ben, Abhandlungen. meines gortseflichen Freundetz Hey . fammen findet, und von denen ich nur einige unten an | kg will Hit), ſeimmen darinn überein, daß die vor

ehe

u “) IL 38. : “°) Jambl. 5, 45. und Porph, 8 I u. er. v

Dt, Ath, xu. p. zn rt)

+4) Achen. IV. 9. 8x Tuooponp. vl. au IL 3- * psg. 518-523.

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Geſchichte der Porhägoreiipen Gefelaft, 997

nehmſten Sriechiſchen Staͤder in Stallen, beſonders Tan rent, Sybaris und Kroton gegen die So Olympiade, noch mehr aber zur Zeit der Ankunft des Pythagoras in Großgriechenland unglaublich bevoͤikert, aber auch in eine faft mäßrchenhafte, oder doch fittenverderbende Pracht, Schwelgeren und Weichlichkeit verſunken waren. So zogen, um ein Benfpiel ihrer Volksmenge zu geben, die Sybariten mit 300000 Manu wider die Krotoniaten aus, und fanden ein Heer gegen fi, das dus 100000 Mann befland, und von dem fie bis aufs Haupt gefchlan

ı

gen wurden. Wenn man auch annimmt, daß die era fern alle ftreitbare Männer nicht nur aus Shbaris, forte

dern auch *) aus den a5 Städten, bie ihnen zinsbak,

maren, zufammeh gezogen hatten, fb bleibt ew doch im⸗ mer ünbegreiflich, woher bie Rretonlaten auch nur bem

dritten Theil einer ſolchen Macht aufbrachten. Dieſe

Volksmenge, und bet Reichthum bepder Städte iſt ein deſto größeres Raͤthſel, weil ihre Einwohner, befonders die von Sybaris, feinen fehr fruchtbaren Boden bauten, und wie man aus dem Stillſchweigen der Alten ſchließen muß, auch feine eintraͤgliche Manufacturen oder Schifs farch Hatten, fündern ſich vielmehr die koſtbarſten Pro⸗

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ducte des Luxus von auswärtigen Kaufleuten zuführen

ließen, Man mag äber von den Nachrichten des Strabo

und anderer uͤber ben Zuftand der Griechiſchen Städte in

Italien fo vieles abtechnen, als man will; fo bleibe doch diefes unlaͤugbar, daß Sybaris, Kroton und Tarent, gegen Die 60 Olympiade am äußern Wohlftande und Bes ilterun alle Srädte des eigentlichen Griechenlandes fehe | weit rn

2) VI. 404. Saab, ı

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weit übertrafen, To wie fie-ven dieſen wicherum in Anſe |

bung ber Reinigfeit der Sitten übertroffen: wurden.

Pythagoras wählte, unter allen mächtigen Städten in Großgriebenland, Kroton zu feinem fünftigen befläns digen Wohnfize, wahrfiheinlich nicht bloß deßwegen, weil der Zufall ihn zuerft in dieſe Stade verfchlagen hatte (denn es erhielt ſich eine Sage bis in ſpaͤte Zeiten herab”), daß er zuerft bey Sybaris ans Sand geftiegen fey) fondern ‚entweder, weil er fie für gefunder hielt, als bie übrigen,

ober weil er ihre Einwohner am wenigſten verborben,

und eben deßwegen zur Ausführung feiner großen Abfiche - ren am gefchidteften fand. Bfeich nach feiner Ankunft In

Kroton zog er die Aufmerffamkeit und Berounderung.

aller Stände, Geſchlechter und Alter auf ſich *e), wel er alle Gaben und. Vorzuͤge beſaß, die eine freygebige Natur, verfchwenderifches Gluͤck, Iangwierige Reiſen,

reife Erfahrung, vertrauter Umgang mit den größten |

Männern feiner Zelt, und eine befländige Beobachtung und Ausbildung feiner felbft nur verleihen und mittheilen konnten. Vor ihm ging der Ruf don, feinen großen Keifen, und feinem vieljährigen Aufenthalte in fremden Laͤndern her , und. bereitete Die Gemüther zur Ehrfurcht

und Erwartung ſeltner und erhabener Weisheit vor. Er war fchön und groß von Perſon: ein Vorzug der ihn

Allenthalben wuͤrde empfohlen haben, der aber nirgends - , ſo

8) Jambl. 36. #°) Dieneacch. ep, Porph. ı8. 2p. 9. Jambl. 97% aq und aus

ihm im Juſt. XX. 4. und Diodor. II, 554. Aus dieſen Stellen find auch die ‚folgenten Naqricen ge⸗ nommen.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefellfchaft, 399 - fo tiefen Eindruck machte, als unter ben Griechen, bie ungewöhnliche Schönheit eben fo ſehr, Als Die größten Talente and volllummenfte Tugend ſchaͤzten. Einladen⸗ der Kebreiz und Ehrfurcht gebietende Würde, waren nicht nur über feirien Körper verbreitet, fondern wären auch in feiner Stimme, in feinen Bewegungen und Ne den in ſeltner Eintracht vereinigt, Hiezu fam endlich eine alles überwältigende Beredſamkeit, bie nicht den Ohren und der Sitelfeit eines müffigen und fteljen Poͤbels fhmeichelte, fonbern eingemurzelte herrfchende Jeitenfchafe ten und $after angriff, und die Seligfeiten eines weifen tugendhaften Sehens verfündigee. Er redete nad) dem Ditäarch ‚nicht fange nach feiner Ankunft in Gymnaſien, Tempeln -und in dem Verſammlungshauſe des großen Raths, zuerſt nur zu den unerwachſenen Kindern in Kro- ton, dann zur ſtaͤrkern Jugend, und endlich zum regie⸗ renden Rath ſelbſt, und auf deſſen Befehl zu den Matro⸗ nen der Stadt. Und durch dieſe feine vortreflichen Er⸗ mahnungen erhielt er nicht nur von den Vaͤtrrn des Wolfe öffentliche Danffagungen, fondern wirkte duch auf die Seelen feiner Zuhörer fo mächtig, daB die Männer ihre Kebsweiber abſchaften, die Weiber allen ihren Schmuck, und ihre koſtbaren prächtigen Gewaͤnder, als überflüffige, und ihrer Tugend unmwürdige Verzierungen, im Tempel der Juno niederlegten, und der Goͤttinn heiligen, und die Sünglinge endlich mit dem lebhafteſten Eifer für nüyr - lihe Kenntniſſe erfüht wurden *% Diefe bemunderns. ac Gewalt, womit Pythageras die Herzen eines Apple

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#) Durch, l. so. 56. 8 Jambl. Died, Exe, n. ss und 8 Juſt. he

/

400 Drittes: Buch:

. üppigen und ſchwelgeriſchen Volks an ſich riß, und nad

feinem Gefallen, bildete, wird außer. ben angeführten Factis noch durch die Zeugniſſe eines Ariſtoteles und Ts mons, des Skeptikers und Tadlers aller alten Weltwei⸗ fen, ‚befräftig Der erftere erzählt, daß die Krotonias ten den Pythagoras wegen feiner Weisheit für einen goͤtt⸗ dihen Mann, oder gat für ein göttlichen Werfen, für den Hüperboreifchen” Apolk gehalten Härten, der ſich In menfchlicher Geſtalt geoffenbart und unter ihnen niederge⸗ doffen habe *)s der leztere hingegen **) nannte den Py-

thagoras einen bezaubernden Schwäzer und einen liftigen

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Menfchenjäger. Die Eindrüde, bie Pothagoras in Kro⸗

‚ton machte, find, fo außerordentlich fie auch befchrieben

werden , doch nicht unglaublich, und fönnen nicht einmal

jemanden unmahrfchelnlid) vorfommen, welcher weiß, welch einen ungeheuren Benfafl viele, weniger große Maͤn⸗

ner in andern Zeiten erhalten haben, und wie heftig und

‚allgemein, und faft bis zur Krankheit fteigenb ber Enthu⸗

fiasmus und die fernbegierde war, welche bie diteften Sophiſten in allen Griechiſchen Städten, ferner die er

| fien @riechifchen und Romiſchen Redner im alten Nom,

und die erften Lehrer unb Ausleger der Griechiſchen Sprache

und Echriftfteller in Stallen, Srankreich und Teutfejlgnd - Hervorbrad)ten.

oo. | Bey eier che O) Arifot. sp. Aclien, Var, Hi, II. 26, Man fehe and

Diod, In Exe, 954, 5%, Edit, Welfel;-

“) Apı Dieg Viit. 30. Tloudæyeen ve yenen —XxX— —2 Önen —2 ge" ynyopıns dopisiiva

Gefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 401

Bey ben fo ſehr herborſtechenden Verdienſten des hythagoras, und der faſt goͤttlichen Verehrung, womit nan den neuangekommenen Fremdling in Kroton empfan⸗ en hatte, konnte es nicht fehlen, daß nicht die erſten Männer des Staats, und alle edle zu großen Thaten ‚bes iimmte und fählge Sjünglinge, feinen Umgang und Une erricht gefuche hätten *). Diefe Bewerbung um feine Bekanntſchaft war nady alle dem zu urthellen, was wir vom Pythagoras wiffen, und was id, in ber Folge von hm erzählen werde, das, was Pythagoras wuͤnſchte, und zu bemirfen gefucht hatte, und gleichſam ber - erſte nothwendige Schritt zur Vollendung des gro» fen Plans, den er gewiß ſchon in Aegypten en morfen, und viele “Jahre überdacht harte, und um wel⸗ chen auszuführen, "er aus feinem Bateriande entwichen und nach Italien gekommen war. | |

Wahrfcheinlich brauchte Pythagoras mehrere Jahre, um alle die vornehmen angefehenen Männer und Jüngs linge, die fich um feine Freundſchaft bemüßten, oder bie ihm der feinigen wert ſchlenen, In. der Stille, und ohne feine Abfichten zu verrathen, genau zu prüfen und zu beobachten. So wie er fie näher fennen lernte, zog er ſich (auch dies laͤßt ſich nicht anders denken) allmaͤlich von de⸗ nen zuruͤck, in welche er ein Mistrauen zu ſezen gerechte Urfache hatte, und verband ſich hingegen immer inniger mit ſolchen, in denen er große Anlagen des Geiſtes und Hetzens entdeckte. Dieſe leztere vermochte er endlich da⸗ bin, ſich mit ihm in eine Geſellſchaft zu vereinigen, .

= tn ma

Man leſe bieräben die oben and dem Iſokrates angeführte . Stelle, ge en * ee

gen ber Pythagoreiſche Bund, von andern die Porhags

402 Drittes Bud. . ach gang eigenehümlichen, von ihm vorgeſchriebenen & fegen zu leben und zu handeln, Auf diefe Art“ enftonl

ber Pythagoreiſche Orden, der nach. den Zeugniffen aller Alten zuerſt in Kroton gefliftet wurde, und der von ein,

reifche Verbrüderung und Schule, und vom Herd fogar *) die Pychagorelſchen Orgien genennt wird.

Mehrere Geſchichtſchreiber ſtimmen ziemlich in de Zahl ber genauern Freunde des Pythagoras, oder da Mitglieder überein, aus welchen fein Bund beſtand, di er in Kroton zerſtoͤrt wurbe **), allein es gibt Bein zuvn Jäffiges Datum, aus welchem man bie Menge der Tpell nehmer dieſer Befelifchaft bey ihrer erſten Errichtung de - flimmen fönnte***), Wir willen ferner aus den Nat richten der älteften und glaubmürbigften Schrifeftelr, zines Ariftorenus, Dikaͤarch und Polybius , daß der Pr thagoreiſche Bund nicht bloß In den Mauren von Krein eingeſchloſſen geblieben fen, fondern daß wenigſtent it den gröften Stäbten von Großgriechenland ähntiche, um der. in Keoton abhängende, oder wenigitens mit ihr we bundene Verbrüderungen errichtet worden; allein und kannt iſt es, wann und in welchem Fortgange dieſe ent | | fanden,

|

*) 1 * Se fegen he naͤmlich auf dreyhundert. Juſt. XX. 4. wahr J aus dem Dikaͤarch Apoll.260. ſ. ap. Jaobl log. Vilt, 3. lezterer redet 1. 15. von 600. aher hie werben nicht Mitglieder des Bundes, ſondern nur Zu⸗ Hörer’ gemeyhet.

Wr, Denn die ungeteimte Erzählung des Nikomachus beyn Porphyr (. 22. verdient, wie ih ſchon an einem andern Örte erinnert babe; dar einen Glauben.

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Sefelſthaft. 403

anden, und wie zahlreich fie in einer jeben Stadt gewo n find. Auch beruht es nur allein auf der Richtige it gewoiffer Erzählungen beym Diobor *) und Jamblich,

%

ad des Verzeichniffes det Porhagoreer, in dem leztern,

ser Pythagoreiſche Drden fich nicht nur über Italien und icilien, ſondern auch bis ins eigentliche Griechenland, nd in die Griechifchen Inſeln/ ja fogar bis nad) Kar⸗ ago und Kyrene verbreiset habe, oder daß fich doch in m zulest genannten Städten und Inſeln einzelne Mit⸗ leder deſſelben gefunden haben.

Die Errichtung der Pythagoreiſchen Schule iſt

telnem Urteile nad) bas erbabenfte und meifefte Syſtem on Geſezgebung, was jemals zur Veredelung und Vers

olfommnung unfers Geſchlechts erfunden worden ;' ein Spflem, das ganz auf die reinfte unelgennügigfte Tugenh egruͤndet, und auf die Gluͤckſeligkeit ganzer Laͤnder abge⸗ elt war, das endlich nicht nur dem Geiſte und Herzen ines Erfinders, ſondern der menſchlichen Natur ſelbſt chre macht, aber freylich nur bey einer kleinen Zahl aus⸗ waͤhlter Männer ausgeführt werden konnte, Nach den Irdensregeln, die Pythagoras für fi) und feine Freunde atwarf, konnte in denen, bie darnach lebten, Feine Kraft nd Anlage unentwickelt, und feine Unart oder Gebrechen nbemerfe und ungeſchwaͤcht bleiben. Vermoͤge dieſer kegeln wurden alle Theile bes Körpers, und-alle Faͤhig.⸗ elten der Seele, durch die angemeſſenſten, beſtaͤndig ans

altenden Uebungen bis zur dauerhafteften Gefundheit, schen und ſchnellſten Wirkſamkeit und maͤnnlichſten

Ötärke. ausgebildet; und Tugenden wurden nicht durch

Cc2 | Vor. |

nn *) 514.

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44 | , Det Buch,

| Vorſchriften ober e Bene und Ermoßnungen , kn durd) Benfpiel und’ Gewohnheit gelehrt. In ihnen m ‘alles vereinigt und verbeffere, was Pythagoras in & Sazungen feines Volks und fremder Nationen nüzlid und heilſames beobachtet hatte, und fogar die Heiligf der Religion und gottesdienftlicher &ebräuche , und I Ehrwuͤrdige herrſchender Vorurthelle, war meifterhaftg nuzt, um ihren- Beobachtern und: Verehrern ein Di größeres Anfehen zu verſchaffen. Das Geſezbuch Pythagoras, wenn ich mich ſo ausdruͤcken darf, wer vollſtaͤndig, daß nach ihm Feine Stunde des Lebens, U man wachend zubringt, unausgefuͤllt, Peine Kantlın ungeregelt, keine Pflicht unbeſtimmt, und fein But ch Vergnuͤgen unabgeiogen blieb. Nach den erften Hom Rüden deſſelben, wurden zwar feine Freunde genauer m ter fih, als mit ihren Mitbuͤrgern vereinigt; allein ni am ſich von biefen zu entfernen, ‚oder ihnen entgegen wirken, ſondern um mit verbundenen Kräften deſto! hafter und thaͤtiger an ihrer Wohffart arbeiten zu für ‚Eben diefe Geſeze beſtimmten ferner. ihre treuſten uf . würdigften Erfüller zu Haͤuptern und Führern ander Menſchen, aber nicht um Völker Zu unterdrücken ode f -. plündern, damit fie allein genießen fönnten , fonbern ı ‚mit Ihrem eigenen Gute und Blute bie Srepfeit, Roect und Sicherheit ihrer Mitbürger zu ſchuͤzen, und all jenigen, Die diefen nachftellten, ober fie angriffen, nit der abzuhalten oder zu zernichten. Man jefe, mob i jezo etzäßlen werde, und urthelfe alsdann,. ob ih buf ein ibealifches Gemälde geliefert habe, und ob Pythagori⸗ wegen der Einrichtung feiner Geſellſchaft nicht mehr # | ſegnet zu werden verdiene, als wenn er das mel

7

J J 4 4,

Geſchichte der PotfagoreiiiemGefelfihaft, 405 - ,

chrgebaͤude, und alle bie Wiſſenſchaften, die man ihm ‚ufhreiben pflegt, erfunden hätte, _ a Pythagoras nuzte erſtlich in der Wahl der Bede⸗ tungen des Leibes, Die er feinen Freunden vorſchrieb, ie Beobachtungen und Beyſplele der Goͤtterdiener, fer | vol Der Griechen als Aeghptler und anderer Voͤlker, bie le feih bemerken, daß Anzug.und Gewand dem.großen daufen oft eben fo ſehr, als Würden, Verdienſte nd Tugenden Ehrerbietung einflößen. Er entlehnte das er aus Aegyptenꝰ) eine Kleidung , die ſich durch Gelten« yeit eben fo fehr, als durch toftbare-Einfalt, von der Tracht der übrigen Griechen unterſchied, und einen Ges uch von priefterlicher Heiligkeit über Diejenigen verbreis tete, die damit angethan waren, Anflatt daß die übrigen Briechen ſich in wollene Zeuge oder Tücher einwickelten, wählte Pythagoras für fich und feine Freunde Gewänber von feiner Aegyptiſcher Cattunleinwand, die oft. mit Purs put gefärbt, oder doch mit Purpurftreifen erhoben war ), &c 3 und

——— x R 1 >

") Herod, 1, 37.

%*) Aniftoz, ap. and. ſ. 100. Diod. Exe. 35. p- Pbir loſt. vit. Apoll, 1.5. & ibi Olear. Hermip. Timseus & Sofice, ap. Athen. IV. 17. 18. Allen diefen Schrifte ftellern widerfpricht der einzige-Diogenes von Laerte, der VIEH. 19 einem ungenannten, aber gewiß unzuvers“ läffigen Geſchichtſchreiber nacherzaͤhlt⸗ daß bie Pytha⸗ goreer weiße aus Wolle bereitete Roͤcke getragen hätten, indem Aegyptiſche Cattunleinwand im Zeitalter des Py⸗ . thagoras noch nicht in Großgriechenland bekannt gewe⸗

ſen wäre. An dieſer lezten Nachricht wuͤrde man Bey

dem vieljährigen Handel der Griechen mit den Aegyptiern,

und der Prachtliebe der Bewohner von Großgriehen,

land zweifelun muͤſſen, wenn auch nicht en erſten

—— ,

0 Bu { Pr Mitte Buch.

und deren Seife man ſtets fan oder ei hetſtellen muſte. | |

Faſt alle Soriſteller die von der Kleidung Wr Ppothagoreer reden, fagen ferner, daß eben diefe Maͤnn nicht nur. auf die Reintichkeit. ihrer Gewänder , fonde auch aller Theile des Leibes, die größte Sorgfalt gemant! und fich daher häufig gefihoren, und Bäder und Galbu ygen gebraucht haͤtten. Auch bierin ahmte —8* den Aegyptiſchen Prieſtern nach, die ſich alle vier u zwanzig Stunden viermal in kaltem Waſſer badeten, ul an jedem dritten Tage ihren ganzen Leib ſchoren, dam kein Ungeziefer an ihnen haften koͤnnte. Wahrfceiniid verlangte Pythagoras von feinen Schülern nicht bloß ii wegen eine größere Reinlichkeit in Kleidern, und A gere Säuberungen des Leibes, als unter den übrigen Grb chen gebräuchlich waren, ‚weil er fie für nothwendh— und der Gefundpeit befonbers zutraͤglich hielt, ſonden weil der große Haufe von - äußerlicher Reinlichken, und von Reinigungen des. Körpers ,_ auf Unbeflediki und Keuſchheit des Herzens ſchloß, und weil ungemöh liche Reinigungen nad) den Keligionsbegriffeh der dam Higen Zeit zu den heiligen Gebraͤuchen und gottestiml lichen Handlungen gehörten, Ich zmeifle aber doch ff ob Pythageras hierin fo weit gegangen fep, “als die de prpiſſchen Ptleſter, und ob er ſo oft als’ diefe feinen ganyr

Kin .

erſten Buche ausdruͤcklich verſicherte, daß Aegyptiſche

Sattun in alten Zeiten eine gewoͤhnliche Kleidung det Griechen’ geweſen, und en kurz vor beine Zeitalter abgekommen ſey.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefſelſchaft 4%

Körper, und felbft alfo auch das Haupt befchoren habe. Her⸗ mipp und Sofifrates*) fcheinen zwar bie Pflegung des. Haars für ein Zeichen ber Unreinlichfeit zu halten, wos von Die älteften Pyibagoreer weit entfernt geweſen feyen , und verfichern,. daß die Scjäler des Samifchen Philos ſophen fich fergfättig gefchoren haͤtten; allein außer daß es nicht wahrſcheinlich iſt, daß Pythagoras, der fo ſehr auf ein vortheilhaftes Aeußere ſah, eine die Griechen bes leidigende Kahlheit foHte empfohlen haben, bezeugen. viele oben angeführte Schriftſteller, daB Pythagoras in feiner Jugend feinen reichen Haarwuchs genähre habe, und | Athenaͤus ſelbſt meldet an einem andern Orte, daß die Griechen erft zu Aleranders Zeit den Dart wegzufcheren angefangen hätten **),

Die Pythagoreer kleideten ſich aber nicht bloß im reine weiße Cattunleinwand, ſondern ſie ruheten auch auf und unter Decken von diefem.Zeuge , und ließen fon gar nach dem Tode ihre Feichname darinn einwiceln, In dieſem Stüde waren fie den frühern Macheifereen ber Aegyptiſchen Priefter, den Vorſtehern und Einweihern der Orphiſchen Geheimniffe ähnlich : eine ——— die allem Vermuthen nach den Herodot veranlaßte, die Pythagoreiſche Geſellſchaft als eine Art von Myſterien anzufehen, und mit dem Namen von Örgien zw belegen "N, Den Pythagereern aber ahmten wiederum In Anſehung der Pracht uud Reinlichkeit, Empedokles t)ı Gorglas,

Cec 4 und

——n

. —i 8 ap. Athen. 1. e. oo 3 Xu, 2 p- 565. |

u,

* Vul. 74: Diog. nn oa

WB nr Düttes Bub,

und alle ältere Sophiſten, und inAnſehang des Steffs,

aus welchem ihre Gewaͤnder verfertigt waren, Apolb⸗ nius *), und bie meiften neuern. Pythagoreer nad, ‚Apollonius glaubte, daß Pythagoras die Aegyptiſch Leinwand deßwegen jur Bedeckung Bes Leibes gemähl babe, weil ſie eine Gabe der muͤtterlichen uͤnvergaͤng Tichen Erbe ſey, und daß er hingegen wollene Klelder aus dem Orunde verboten habe, un: feinen $eib nicht burd etwas zu beflecken, was von pinem lebenden, aber zugleid ſterblichen Seſchopfe genommen, oder ihm gerauh

worden.

So durchgedacht die Grunbfäge bes Pythagoras über bie Kleidung und Wartung des Körpers waren; eben I tiefe Menfchenfenntniß verratben_die Worfchriften, in welchen er die Dergnügungen und Erholungen ſowohl,

als bie Geſchafte und Arbeiten. des: ganzen Tags bu Sinne, Beyde waren nicht: nur ſo gewählte, daß Kür per, Geift und Herz gleichförmig und verhältnißmäßis "geübt und entwicelt wurden, fondern folgten, aud fi ‚zwedtmäßig und in fo abwechſelnden Reihen auf einander, daß aus den einen nie Sangeweile und Ueberbruß, und aus den andern nie Ermüdung oder Erſchopfung ent konnte.

So bald bie Pythogoreer des Morgens rd, und von ihrem Lager aufgeftanden waren; wandelten fl einzeln an ruhige einfame Oerter in Haine oder Temp, —nicht nur um ihre Sinne und Körper zu erwecken und p erfriſchen, fondern auch um ihr Gemuͤth zu fammin,

No. EEE um

*) L I. de Vita Apoll,

Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſelſchoft. ‚409

um ferner Die Thaten des vergangenen oder mehrerer ver⸗ gangenen Tage zu wiederholen *), endlich um ſich zu ben Geſchaͤften des angefangenen Tages. vorzubereiren *) Sie nahmen ***) die Töne der Leier zu Hülfe, um alle Nebel des Schiafe zu zerfireuen, ihre tebensgeifter zu ermüntern, und die Seele zu einer geſeztenvgleichfoͤrmi⸗ gen Thärigfeie zu flimmen. Ihnen ſchien es gefährliche $eichtfertigfeit, mit andern zu reden und umgugeben, bee - vor man ſich mit fidy feibft umterhatten habe, weil nethe

wendig Unruße und Verwirrung des Geiftes, und Leber -

eitung In Handlungen und Geſchaͤften daraus erfolgen miüffe, wenn man ſich oßne alte. Vorbereitung ins Ber wuͤhl von Menſchen hineinſtuͤrze ).

Wenn bie Pythagoreer Ihre frühen Spaziergänge geendiget hatten; fo fuchten fie ſich einander auf, und wandten in Tempeln, ober ähnlichen Dertern die heiter. ften Stunden des Tagrs und Ihre erften Kräfte zum Leh⸗ ren und Lernen, zur Aufklärung des Geiſtes und Ermeites eung nüzlicher Kenntniffe, oder auch zur Befferung des Herzens an. Auf diefe Iehrreichen und bildenden Unters rebungen folgten Uebungen, die dem Körper Stärke und Behendigfeit geben, oder fie auch vermehren muften. Die meiften wetteiferten mit einander im Saufen, ber älteften Leibesuͤbung in Griechenland, und ließen ſich zu⸗ gleich ſolben und reiben‘: andere rangen und balgten ſich

Cc5 in.

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32 Don p: 555. Eze, 6 *) Arift. ep, Jembl, 06 et 2 Dieg, ap, Porph. 46. st) Quiarı IX, 4. > 35: PT +) Man ſehe ben Nriftosenus 1. e. aus ben ich auch das pol gende nehmen werde. -

410 Drittes Buch.

Im Bärten ober Halnen, und noch audere endlich warfen große Gewichte nach gewiſſen Zielen, oder tanzten auch gewiſſe Tänze, die mit heftigen Bewegungen aller Thelle bes Körpers, befonders der Hände verbunden waren. Bon diefen Leibesübungen gingen fie zum Mittagsmahl, das unter-Hriechen und. Roͤmern meiftens nur Srübflüd,

. aber unter den Pyſhagoreern noch viel einfacher als unter

den übrigen Griechen war. Sie genoffen weder Fleiſch noh Wein, (vom lejtern enthielten fie ſich den ganzen

. Tag über) fondern nahmen nur ſo viel Brod und Hong

zu fih, als zur Stillung des Hungers nöchig war.

Nach geendigter Mahlzeit arbeiteten fie Den groͤſten Thell

+

bes Nachmittags in öffentlichen Angelegenheiten, und | erft gegen Abend gingen fie nicht einzeln, fondern felhl green und drey ſpazieren, und wiederholten die Materie, | die fie des Morgens gehört, oder worüber fie fich unter: gedet hatten. Dieſe Abendfpagiergänge befchloffen It zit einem falten Bade, und verfommieten ſich alstann in gemeinſchaftlichen Epeifefälen zum Nachteffen, dab aber immer vor Untergang der Sonne geendigt wurde Diefe Abendmahlzeiten, an weichen nie mehr als zehen Bruͤder der groͤßern Vertraulichkeit wegen beyſammen

waren, wurden jebesmal mit Sibationen und Opfern ats

‚gefangen und beſchloſſen, und beftanden aus mannigfal

Aigen, und nahrhaftern Speifen, als welche fie des Mit

tags zu genießen pflegen. Sie aßen nicht nur gekochte | und ungefechte Kräuter und Gemüfe, fondern auch Fleiſch und Fiſche, aber felten und wenig, und kranken auch

Wein. Wenn fie ögefpeift harten, unterhlelten fie [if

noch eine Zeitlang mit angenehmer ober geek. Der Oberſt der Geſellſchaft ſchlug vor, was

gele⸗

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Gefchichte der Pothagoreifchen Geſellſchaft. 4,u

geleſen werden ſollte, und der jüngfte muſte vorfefen, ben jener, wo es nörhig war, verbefferte und unterbrady. Zulezt wurden noch einem jeden beym Auselnandergehen die wichtigſten Pflichten des Lebens, und Die Hauptgrunds füge des Ordens kurz vorgehalten, und in Erinnerung gebracht. "Hier Hört zwar die Erzählung des Ariftorenus

beym Jamblich von der gewöhnlichen Art, mie die

Porhagoreer den Tag hinbrachten, auf: man fann aber aus andern Schrififtellern , „die hoͤchſt mahrfcheintich den eben genannten großen Gefchichtfchreiber vor ſich harten, noch diefe Machricht Hinzufegen, daß die Pythagoreer nicht gleich von der Abendmahlzeit fich zur 8* begaben, ſondern vorher noch ein wichtiges Geſchaͤft vornahmen. Sie uͤherdachten daͤmlich, bevor fie ſich niederlegten,

allet, was fie den Tag über geſehen, gehört und gethan hatten, und bemuͤhten ſich dann, ihre Seele zu entfpans

nen , und durch die fanfteften Harmenien der $eier im eine füße Ruhe einzumiegen , und zu einem ungeftörten und traumloſen Schlafe vorzubereiten *).

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e) Siehe Rittersh. in Net. ad Porph. S. 9. p. 39. Dieg.

ap. Porpb, 40. idom ap. Jambl. 65. Muo de ux=

Asse nasess TaENY'Yvo ev Dewridı Geo. vor

c c ev OTE EIS oxrov Toemosro. Tov de oTe ums Mævigœro. ETIOKOREN Ya TreoONKeI Ev EnTegw TETOW» TOTE NON BENOKYMEVE ı Koi To& MEAA0Y-

To. Tay Ev Yevanevav BuSWvas Wae Erurs iu -

509 Auparorro. To» de MeAAcıTav TrEOVeIaHN

mossevov. Tleo uev 89 TEURVE TaUTa EnuTa To

um emadew Enasor. 2 und

g2 Deitted Buch.

Machdem ich nun .ben ‚ganzen Tageslauf eines Pythagoreers nach dem Ariftorenus gefchilbere habe; fo will id) izo noch einzelne Theile dieſer Beichreibiung etwas naͤher unterſuchen, und auch diejenigen Ordensregeln, die nicht darinn beruͤhrt ſind, nachholen. Ercſtlich muß es ſelbſt dem Unaufmerffamften aufs fallen , wie fehr die jwigfache Ruͤckkehr in ſich felbft, wo⸗ mic, die Pythagoreer den Tag anfingen und befdjloffen, = das Innere Auge fhärfen, einen jeden mit fich ſelbſt be⸗ kannt machen, Unbedachtſamkeit und Unüberlegtheit im Reden und Handeln vermindern, und endlich durch das felige Vergnügen, was das Andenken an gute Thaten gewaͤhrte, die Liebe zur Tugend ſtaͤrken, und hingegen durch Schaam und Reue, die von der Erianerung an Thorheiten und Ungerechtigkeiten ungertrennlich ſind, die Keime unmäßiger oder ungefelliger Neigungen allmälid eeftichen muften. Pythagoras fehrleb aber die Wieder: holimg deffen, wag man gethan hatte, und die Ueberden⸗ kung deifen, was man thun wollte, nicht bloß als Mit tel der Selbſterkenntniß und Bildung, des‘ Herzens vor,

. | \ ſon⸗ ——— —— und umver. naAunoow em opnaoı meodt ER . EagIoı, Ile rTor zunegwav: eeyarı Tas Ense .. ezerdeıy In wageßm; vi d’egefa;. Ts mos deon en | —— ereAeo94; . * 2... Tleo de sans sfavasacews enewon” : Ilewr® ev g£- Unveso” mel govos sfune- i J VITÄS + |

Ev var TEOLTEVEUEN 5 os sv naar eeya TE N Asceeıs.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 4

ſendern er verordnete fie auch nach dem Zeugniſſe mehre· rer Schriftſteller als die vortreflichſte Uehung des Gedaͤcht. piffes, und fie werden daher auch als eine Pythagoreiſche Gedaͤchtnißkunſt befchrieben*). Es war ven Freunden des Pythagoras nicht genug, fi ch überhaupt, oder im Ganzen der Begebenheiten eines oder mehrerer verganges nen Tage zu erinnern, fondern fie bemübten ſich, nach dem Rathe ihres Meifters, die Spuren derfelbigen ir eben der Ordnung zurerneuern , in melcher Die Begeben beiten ſelbſt einander gefolgt waren, ie 'befannen fich alfo zum Benfpiel, was ſie ihren Bedierten zuerft, mas _ zweytens, Drittens und fo weiter befohlen hatten; wen fie zuerſt, wem zweytens und drittens aufgefloßen, weldye Ges ſpraͤche zuerſt, welche zulezt, und welche zwiſchen beyden ge⸗ fuͤhrt waren. Wenn ſie Zeit hatten, fo gingen fie mit ihren Gedanken nicht nur über die Eräugniffe eines Tages, fondern mehrerer Tage zuruͤck; und es fonnte nicht fehlen, daß nicht durch diefe anhaltenden Uebungen ein Seelenvermögen, Das die Alten überhaupt mehr ſchaͤzten, als die neuern, ſehr geſarkew worden waͤre. Bey der beſtaͤndigen und wieder⸗

bol.

Piod. I. e. et Neep. Jambl, ı64. 165. Ilv$ayogess æynę 8. EDTEEOV EN TNS KOTNS RVISETO, N TOX- 85 Yevousvaa Newdeeoy avamın dem. ETEIEMTO avaruuhareıy rn dınvoss Ti Mowregov eımev, N 1KBcev,.r meoderufev rois 'svdov, mvasus m deurseov n reırov. Kas Bel Tuv EIwMEVaV 0 &u- Tos Aoyos. Kar zarmw av efıar, Tıyı FenTa eréruxer, N TI deuregm. ' Kos Aoyosı Twves eNexInsav newro, n deuriod, y Tara - ei de aA oxoany ayoev ev Tw deyeyaadıı, , . TA Kata Tem —R Tv wur reoxo⸗ miæur⸗ avarzuaven,

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er -.

44— Drittes Buch, holten, Exfeifehung aller Eindruͤcke, die ihr Gedaͤchtniß

empfangen, oder die fie Ihm auch anvertraut hatten, ‘mufte der ganze Vorrath ihrer Erinnerungen gleichlam .eine an einander hängende Gallerie von Gemälden werten, ‚auf welchen alle wichtige Auftritte ihres Lebens mit un. vergaͤnglichen, oder wenig verbleichenden Farben vorgeftclt waren. Die $ebensgefchichte, die ein jeder In. feinem

Gedaͤchtniſſe herumtrug, mufte vielmeniger Luͤcken haben, als bey andern Menfchen, die durch Nachläffigfele oft ganze Jahre einbügen, und aus großen verflofjenen Zelt räumen nur einige dunfle verworrene Schattenbilder In bie lezten Abſaͤze ihres Daſeyns hinüberbringen, Wahr fcheintich war Pythagoras ker erfte feines Gefchlechts, de

„bie großen Vortheile einer periodifchen, an gemiffe Zei ten gebundenen Prüfung feiner ſelbſt, und regelmäßige Gedaͤchtnißuͤbungen einſah: gewiß aber war er der erſte, - der jene öffentlich empfohl, zur. Gewohnheit niche nur fit ſich, fondern aud) für eine große Zahl von Freunden malt,

und aus ihr fo mannigfaltigen Nuzen 309, als man ei⸗

‚nige Jahrtauſende nach ihm kaum glauben wirt, daß |

fie verjchaffen koͤnnte.

Weniger neu und eigtathaͤmlich ſind die Erholun⸗ gen und Leibesuͤbungen, bie er feinen Freunden vorſchrieb. Diefe waren alle (dielleicht Bas Spaziergehen ausgenom men) fchon vor ihm unter den Griechen eingeführt; und die meiften davon gehörten zur Erziehung eines jeden rdeln

“und über den Pübel Hervorragenden Griechen. Allein

bie zweckmaͤßige Bertheilung berfelben war doch dem Pr

thagoras eigen. Sie entſprechen der Abſicht, wozu fi fi

erfunden waren, fo fichtbar, daß ich meine Sefer beleb

bigen würde, wenn Id) Ihnen weitläuftig zeigen wollte, - le

Geſhichte der Pythagoreiſchen Gefelfihaft. 415

wie viel eine jede jur Entwidelung,, Geſundheit und.

Staͤrke des Res beytragen mufle.

/

Eo fehr die alten Schriftfieller in dem Macke von Speife und Tranf übereinftimmen, das die Pyttza⸗

goreer beobachteten , fo fireitend find ihre Nachrichten über .

die Befchaffenhele und Arten der Nahrungsmittel, die

Pythagoras feinen Nachahmern erlaubte. Alle Geſchicht⸗ fhreiber bezeugen, daß die Phthagoreer niemals. der Nas tur mehr qufgedrungen haben, als fie verlangte, und daß fie auch niemals durch kuͤnſtliche Mittel und Reize Begierden erregt hätten, um fie mit einem augenbiickli⸗

hen Rizel befriedigen zu Finnen Diele vor tem Pyihas goras, und noch mehrere nad) ihm hatten und haben die

Vortheile der Maͤßigkeit, und alle traurigen Wirkungen der Unmaͤßigkeit, bie oft die Seele noch mehr als ben ei verdirbt, mit lebhaften Farben geſchildert; allein feiner als er verftänb die Kunſt, üppige, In allen Arten von MWohlleben erweichte Maͤnner und Juͤnglinge von

einer Schwelgerey, die gleichſam Beduͤrfniß geworden

war, loszureißen, und auf den Weg ber einfachen un⸗ verdorbenen Natur zuruͤckzufuͤhren. Pothagoras Ichrre nicht bloß Maͤßigkeit, ſondern er ließ fie ausüben; er empfahl fie nicht bloß, fondern er zwang gewiffermaßen dazu: beydes dadurch, daß feine Schuͤler ben ganjen Tag über weder Wein, noch Fleiſch, noch warme Epel. fen genießen, und am Abend in ber. Gefelljchaft und un ter der Aufficht von Altern Mitgliedern eſſen muſten, die durch Beyſpiel und Anſehen ihre juͤngern Brüder von

allem Uebermaaß im Genuß würden: zurüd gehalten ha⸗

ben, wenn die Gerichte auch verfüßrerifcher, und un | | | ſoß

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iu weeuagm m. .m- w -

delichen Lebens ſchien ihm eine ſtete Gleichheit des Zu

416 Det Buch. - bloß zur Seillung des Hungers zubereltet geweſen wären*),

So wie Pythagoras ſeine Tiſchgeſell ſchaften nach Kretl⸗

ſchen und Spartaniſchen Muſtern einrichtete, ſo nahm er

auch vom Lykurg und deſſen Söhnen die wahre Norm, oder den Probierſtein einer fortgeſezten Maͤßigkeit an **), Das einzige zuperläffige Merkmal eines mäßigen une

ſtan⸗

*) Ariſtoxen. ap. Stob. Serm. X, p. 132. Ileeı de end Mas, To de eAsyer. eıwası To wagos TETo Dur KıÄlov, Ko MOAUBON0y, Kal MoAusIdssacToVv. Ei va de Toi ET dUuRımy TORS KEN EWINTNTUS TE nui KACHOHEUNSaS, Tas de 0uuduTas urn yevru Tnv erıdupıav , ER Dogs Too Tns \uns mai oppamv, Kaı ogıkıw vous HANCHGEnS, N Warpscıes .WICIHTERS, N HEATEDS KO RTETIRS, Kat TE un aucIaneoYe. erıdupias de nuogrnpevns x DxuAnoı Tex ei .cidy TE JVOEIHW@TETE, AFXRUOIMMy, ROUUMFETOHEV, Koıpıcev. N YaL | Murodev eıyas Tn ERISUMIEY EOXNMOVEE TE Ka Coepriunv as avsAsudegov. 9 TETO nEV &, 00% deoTegov TE ums KEOVImTEEov TE TEOONKENTE n TOITov EOS TAUTO, o ve 8 del, Ka. Mweos a 8 de. - J er &#) Vide Died. loe. eit. Diog. ex Atiſt. ap. Porph. von Ps thagoras: oIev aurw us To —2* —8R Em. sagun vnv aurm ibm dbaßvAarrenw. 8 7dre um Uysavov, TOTE de voobv. ‚Bde ou More'uev Mi curouevov. Ka wufavonevon ,- more de Arnır

\ ronevor naaı ITXloıvesavov. Vot. Seript, ap, Jombl.

196. et 226. Under erften Stelle von ben Ppthagoreern: PREOTEIXeV VAL TOMTE, ws av EM Tœov uTœr Öscenewras Ka un ROTE ner eıXYya, rore de RoAu Tuer. EYWUAAB. Yag Bis rare RoyTo Ejvob desyum. on " . \

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PERPR. der Soiageegen Geſellſchaft. Fra

Iandes des Körpers zu ſeyn, die durch niches abgeaͤndert der unterbrochen werde, als durch bie unvermeiblichen heſeze der Natur, nad welchen afle thierifche Wefen ben fo langſam abnehmen, und zur Aufldfung hinab⸗ nten ſollen, als fie entwickelt und ausgebildet werden. Yingegen Hlelt;er- mit den Spartanern alle Kranfpeiten hue Ausnahme, ferner Magerpelt, ober plögliches Wera binden von Kräften und Fleiſch, endlich überflüffiges ett und Aufgedunſenheit für uncrugic · Zelchen von namaͤßlgkeit.

Von einem Manne, ber nach diefen Srunbfägen bte, und andere feben ließ, kann man ſchon erwarten, 16 er in der Wahl ber Spelſen, wo nicht fo firenge als sfurg, doch ſtrenger als feine Zeitgenoffen geweſen fey. Niefes beftärigen audy afle Schriftfeller, nach welchen ' hthagoras und feine Schüler ſich von Iiteln enchalten haben. Mur weid ab, und wiberfprecyen fich, went "einzelnen Speifen fommen, die J ofen, ober ſelten genoffen haben fol. :Man mag aber (gen, welchen man will, und über ihre Glaubmürdige it noch fo verfchieden urteilen; ſo muß man die Did« ik des Pprhagorag nicht nach den Grundfägen unferer wern Aerzte richten. Der Briechifche Weltwelſe unsere gte gewiffe Speifen, nicht bloß deswegen, weil er fie t fhädlich und ungefund hielt, ſondern weil fie zu den @ereyen und Sieblingsgerichten ber damaligen Schwelger hörten , "ober well ſie auch nach bem Aberglauben- feiner Yäter und Zeltgenoffen entweder für heilig, oder auch t unrein gehalten :und In den Myſterien verboten wur⸗ na feines idteit nicht bloß Arbeiten

und

2. Deitie Buß.

und Erholungen, Schlaf und Wachen, Ein: und Teinfen, fo genau abzumägen, und ihre Verhaͤltniſſe fo zu beſtimmen, daß daraus nothwendig eine ununterbrochene Geſundheit de Körpers und Geiſtes entſtehen imuſte, (ungeachtet er auf

dieſes, nach den Zeugniſſen der Alten, unker den Grieche

zuerſt verſuchte ). feine Abſicht bey der Unterſagung gs wiſſer Speiſen war vornehmlich auch dieſe, einer in Gitt

übergangenen Schwelgerey zu ſteuren, der unbegrängten Leckerhaftigkeit ſeiner Zeitgenoſſen Peine Mahrung zu gs

ben, und die Religionsbegriffe der Griechen nicht zu leidigen, indem ihm vlel’darari gelegen war, daß er u feine Anhänger für reine, unbefleckte und Gott gefäl Menſchen gehalten würden,

In ber ganzen Diatetit des Pothageras iſt fie

| wihtigee, und ſchwerer zu beantwortende Frage, di

dieſe: ob er feinen Freunden eine gänzliche: Enchaltem keit von aller animalifcher Nahrung empfohlen Habe? = Wenn diefe Frage bloß nach der Zahl sufammenftimme der Schrififteller eutſchieden werben Könnte, ober bürf fe fo. müfte man fie-unftreltig mit ja beantworten ı benn de größte Thell melden, daß die Pythagoreer nach ben Oe ſezen ihres Lehrers gar Feine Fleiſchſpeiſen getroffen haba. Andere hingegen, und zwar Männer won größerm 9%

vicht, verſichern, daß die äkteften Pythagoreer ad Fieiſch, nur nicht won allen Tpieren, und auch nid alle: Theile von Thieren gegeſſen haben. Einige wenlg

enblich Halten ſich zwiſchen dieſen beyden entgegen gefef Parthryen gleichſam In der Mitte, und ſagen, daß jez Pythagoras; und deſſen vertrautefte Freunde, die na feinem: WBarblde der x heqhſten Rtulgteis —*

x

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. efliſſen haͤtten, ſich vom Opfern, vom Schlachten und 'fen der Thlere unbefleckt erhalten, daß hingegen bie dern Elaffen feiner Anhänger, bie nicht Kräfte genug habt, fich von allem Irdiſchen abzureißen, wie andere

mößnliche Menfchen gelebt, und animalifche Speiſen icht unter bie verbotenen gerechnet haͤtten.

Die Zeugniſſe der Alten, die für eine gänzliche nthaltung der Pythagoreer von Sleifchfpeifen ansehe erden fönnen, rühren im geringften nicht von Jauter ätern,, verdächtigen oder unberühmten Schriftſtellern er: mehrere derfelben find von Weltweifen und Dichtern, le aͤlter oder eben fo alt, als bie aͤlteſten Gefchichte hreiber des Pythagoras waren, und einen großen Na⸗ ven in ihrem Wolke harten. Man kann fich mit Recht lerſt auf verfchledene Fragmente des Empedofles beru⸗ n, In welcher biefer Bewunderer, ‘und in vielen Stüs m Nachahmer des Pythagoras, die Menfchen vom hlachten der Thiere, als vom Water » und Bruder ide abzuſchrecken ſucht *). Faſt eben fo wichtig iſt

b2. ...0. de 9 Ap, Plut, Opp. T. Vi. p. 654. de fuperfilt. & Ari, KRhet. I. 13. | u MoeDnv ö —X Zzarne DAN won | —W F ePafer, ensuxouses neya vnmos. de en TRETEN Asssousyev” Quovres. 6 0: agnusos 6 tom " j “Aean, |

Sdafas, ;@y ‚neyagocı Hay MÄRYUNETE, | Be )7. 7 | . As

. 40. J Drittes Buch.

die Erzaͤhlung bes großen Sternkundigen und Hlmmelsde trachters, Euborus, beym Porpfyr *), nad welcher Pythagoras nicht nur niemals Thiere ſchlachtete, un von ihrem Fleiſche aB- ſondern ſich fogar in Acht nahm, Koͤchen und Jaͤgern zu nahe zu fommen, als wenn ſe verruchte, und mit Menfchenbiut befledte Moͤrder g6 weſen wären. Eben diefe Abgeneigtheit der Ppthagerer gegen thleriſche Nahrung bezeugen bie, Komifer, ders Fragmente Athenäus **) und Diogenes “rk anführen, un die zwiſchen ber go und hundereften , ober Doch vor ber Olympiade ſchrieben. Diefe find Antiphanes, Alerit, Mnefimahus , Ariftophon und Ariſtophanes, wenn niit dieſe beyden leztern eine Perfon find, und ber Name da zweyten, mit dem Namen bes erftern verwechſelt werke iſt, wie Menage vermurhete +). Allen diefen. Schtiß ftellern ſtimmen Apollonius +), ein unbekannter Scheiſ ſteller beym Porphyr ttt), Sotion und Sextius Hit)

De SF auras wre vios EAwy xors punTen u Ba Gunoy amoggmisarre, Pidos nTos auge | edari. - unbdap, Sext. adv. Matth, IX. 128. 129, " Qu: avseede Dovaro dvamxeos ; ux ur

j IJ ORTE ArANABS damtirrss uxndems vono’ B ed) 8. 4. R

F 09) IV. 17. 18. |

... Pre vi, 37. B- j \

Ä De VIIE 38. Diope

W —t— 1,6 vi, Apell,

+4}) de abfl. m. aß.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. ‚gu Diogenes *), Porphyr **), und mehrere Schriftſteller uym Jamblich bey **), Zu allen diefen Beweisftels m, fann man endlich noch diefen Grund hinzufügen, daß Prehagoras an bie Wanderung von Menſchenſeelen im thlerfelber glaubte, und daß er daher das Erwuͤrgen nd Effen von Thieren für eben fo unerlaubte und gemale ome Handlungen erPlären mußte, als den Ledeſchlag und bilde Menſchenfreſſerey.

Wenn man auch voraus fezen wollte, baß bie ek⸗ tatifhen Ausrufungen und Warnungen bes Empedokles, Menſchenhaͤnde nicht mit dem Blute von Tpieren zu ver» . reinigen, gar nicht auf ähnliche Sefinnungen ber Pys hagoreer ſchließen ließen, weil es bekannt ſey, daß ber Agrigentiniſche Dichter kein aͤchter und alter Schuͤler des Py hagoras gewefen, und in vielen Puncten von ihm ab⸗ zewichen fen; fo kann man doch unmöglich, wenigftens nicht mit einigem Scheine, die Fragmente der Komiker berwerfen, In welchen die Enthaltung von Fleiſchſpeiſen als etwas den Pythagoreern eigenthuͤmliches angegeben wvird. Dieſe Stellen find meinem Urtheile nach um

defte unverdächtiger, da bie Verabſcheuung animaliſcher eo |

Nahrung ben Pythagoreern niche zur Helligkeit und Nele tigkeit des Lebens angerechnet ,. fondern als eine, fromme Thorheit, oder auch als eine Wirkung ber äußerften Ars Muth vorgeworfen wird. Man muß alfo nothwendig nnehmen, daß bie Porbeseen, die zwifchen der 9a Dd 3 und

en nn *) VIEL, 13. ) U. de Abt. 36.

“) Nicom, sp. Jewbl. 106. 150. & 168 186, .

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DE nn En

| W | . Dritte Buch⸗/

die Erzählung bes großen Stern” cchenfanbe lebten, m trachters, Euborus, beym,/ „fen bes Empedokles, m Pythagoras nicht nur nF 6 Schlachten von Thieren ei von-ihrem Fleiſche aß, /s Benießen ihres Fleiſchet a Kochen und Yägerr/Hällige Verunreinigung Apres Lebe verruchte, nd nf ur wæeſen wären. gr aber biefes auch zu ſeyn fcheint; I

gegen läßt ſich daraus ber Schluß ziehen, bıl " Sragmer sub feine älteften Freunde, bie vor der zofm - die zw’ „A, blühten, eben-bie Sebensregel beobachtet habe, Sfr jinen Nachfolgern ein halbes oder ganges ahı 7 # nach ſeinem Tede ausgeübt. worden iſt. Es Per aus ben Fragmenten der. angeführten Komiln if ermeistich, (wie Ich welter unten zeigen werde) di pe Porhagoreer, die nach bem Tode: des Pyrhagnı nbten, ſich In vielen wichtigen Puncten von ihren Da gängern unterfchieden haben, und zu.diefen Neuerung gehört nun auch die größere Strenge. in der Sebentutl, die fie ſich in der Enthaltung von allen Fleiſchſpeiſen au legten. Dies fann man mit den Zeugniffen von Ör ſchichtſchreibern beweiſen, welche ben Euborus fonohl ul! alle neuere Schriftfteller , bie von den unblutigen Opf ‚und der vegetabilifchen Diät ber Pythagoreer reden, o alle Bergielhung an Glaubwuͤrdigkeit übertreffen. " Dergleichen Zeugniffe nun find die Nachrichten du Arifioteles und Ariftorenus, der gelehrteften und mıh' Baftigften Geſchichtſchreiber des Pythagoras , und der mi ihm eingeführten Lebensart und Philoſophie. Beyde int ten darinn überein (und auch Theophraſt glaubte, N fagte.diefes) *) daß Pythagoras und deffen Attefte u - Eu

420

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®) ap. Porph. II. 6,28.

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chte der Yothagoreiſchen Geſlſchaft. 103

{en Thieren, ſondern nur von einigen Arten j "s vom Zugechfen und Bock, und Dann befonbers dem Kerzen und ber Mut⸗ .„ | | % annern frauten Plutarch und verfchlebene ‚einer Zeit, die Fleifcheffer waren, . mehr zudorus und beffen Mitzeugen ‚. ungeachtet Pius - . den Eubopus fleißig gelefen hatte, And fonft ein ateiger Vercheidiger der Thiere und ber vegetabilifchen ebensort war **). Auch Achenäus***), dem mir bie Erhaltung der meiften Spoͤttereyen der Griechiſchen Luſt⸗ Ipielfchreiber über die Cuthaltſamkeit ber Pythagoreer ih⸗ ver Zeit zu verdanken daben, dahnte dieſe gänzliche Ents haltung won thieriſchen Speiſen nicht auf die Alteften Pythagoreer aus, und glaubte auch nicht, daß der Muth⸗ wille der Dichter den Pytbageras ſelbſt und deſſen Zeit⸗ genoffen treffe, fonbern trat den Meynungen derjenigen ben welche verficherten, baß bie ülteften Pythagoreer von ollen Thieren, nur nicht von Fiſchen gegeffen hätten. Wenn endlich Apollonius, Gotlon, Sertius, Porphyr, Jamblich und andre denen folgten, welche bie Vorſchrift Dd 4 der -

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*) Plat, ex Aritt. ap. Gell, IV, 11; Aria. ib, & Diog, VII, 20. Jegbl, S. 98. ap. Parph. ex Diog. 34. 36. °) Sympof. VII. 8. Ks TE x9 naas AAeäungaras EVaTUYov maIuraus, SAND mv asıv orE METEImS m005 Deppuevas, zocı vn Asct Yuzow, ıx 9vos de un

- : yevoandaı vo Raps war umöuerscw.— Teur“.

emäweous 0 ZuAAws, weoceıze mweei Tray Hudam Yoeınmvy, OS MAIS ev EyevovTo Tor jsgodu-

Tav azaexoneve Tas Jadıs. \

*e) VII. 16. p. 308. J

3

Fre - Det Buch.

und 100 di. Im eigentlichen Griechenlande leblen, u ‚vielleicht gar ſchon Die Zeitgenoffen des Empedokles, de zum bie 34 DI. bluͤhte, das Schlachten von Tieren ai ‚ein Verbrechen, und das ®enießen ihres Fleiſches ah ‚eine den Göttern misfällige Verunreinigung Ihres gelbes engefehen haben.

So gewiß mir aber biefes auch zu ſeyn ſcheintz . venig, glaube ich, laͤßt ſich daraus der Schluß ziehen, beh Pythagoras und feine älteften Freunde, bie vor der of Olympiade blühen, eben die Sebensregel beobachtet hab, ‘die von feinen Nachfolgern ein halbes oder ganzes Jahr hundert nach feineni--Tede ausgeübt. worben iſt. Es vielmehr aus ben Fragmenten der. angeführten Komile ſelbſt erweislich, (mie ich weiter unten zeigen werde) di die Pythagoreer, die nady bem Todesdes Pyrhagan lebten, ſich in vielen wichtigen Puncten von ihren Dan gängern unterſchleden haben, und zu dieſen Neuerunga

gehöre nun auch die größere Strenge: in der Lebensan, die fie fi in der Enrhaltung von allen Fleiſch ſpeiſen at legten. Dies fann man mit den Zeugniffen von Or ſchichtſchreibern beweiſen, welche den Euborus ſowohl al alle neuere Schriftfteller , die von den unblutigen Opfern und der vegetabilifchen Diät ber Pythagoreer reden, oft alle Bergleihung an Glaubwürdigkeit übertreffen. Ddeergleichen Zeugniffe nun find die Nachrichten di Arifloteles und Ariftorenus, der gelehrteften und wahr Baftigften Geſchichtſchreiber bes Pythagoras, und der DM ihm eingeführten Lebensart und Philoſophie. Beyde ftimm ten darinn überein (und auch Theophraft glaubte, und fagte diefes) *) daß Pythaeras u und deſſen aͤtene In

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| sp. p. Porph, I. il. 6. 28.

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| Geſchichte der Vothagoreiſchen Geſellſchaft. | 483

ſich nicht von allen Thieren, fondern nur von einigen Arten derfelben , befenders vom Zugechfen und Bock, und bann von einigen Theilen, beſonders dem Herzen und ber Mus ter enthalten hätten *). -

. Diefen Männern trauten Plutarch und verfchledene Potfagoreer feiner Zeit, bie Fleifcheffer waren, '. mehr ols dem Eudoxus und deſſen Mitzeugen ‚. ungeachtet Pius - tarch den Eudoxus fleißig gelefen hatte, And. fonft ein elfriger Vereheidiger der There und ber vegetabilifchen Sebensart war **). Auch Achenäus***), dem mir bie Erhaltung der meiften Spoͤttereyen der Griechiſchen Luſt⸗ fpieiichreiber über die Euthaltſamkeit ber Pythagoreer ih⸗ ver Zeit zu verdanfen daben, Bepmte dieſe gänzliche Ents haltung won thieriſchen Speiſen nicht auf die aͤlteſten Ppthagoreer aus, und glaubte auch nicht, daß der Muth⸗ wille der Dichter den Pythagoras ſelbſt und deſſen Zeit⸗ genoſſen treffe, ſondern trat den Meynungen derjenigen bey, welche verſicherten, daß die aͤlteſten Pythagoreer von allen Thieren, nur nicht von Fiſchen gegeſſen haͤtten. Wenn endlich Apollonius, Sotlon, Sertius, Porphyher, Janblich und andre bene folgten, welche bie Vorſchrift

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*) Plut, ex Ariſt. ap, Gell. IV, 11; Arit. ib. & Diog, VII, zo. Jaybl, S. 98. ap. Porph. ex Diog. 34. 36.

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- : ywoasdaı To Kae Far Umonesrv. = Teur“. —XC 0 ZuAAes, weoseims nei av Hude voemov, as MAAS ev eyevorro Toy isgodu

. ..,T0y AraeXoneve Tois Jedi. | \ ee) vii. i6. p. 308. .

424 W - rüter Such, Ä

der Schonung der Thiere vom Pythagoras ſelbſt ableit ten; ‚fo ſchien es hingegen den Pythagoreern, die Plutar kannte *), kaum bekannt zu ſeyn, daß man derglel jemals dem Samiſchen Weltweiſen zugetraut habe, un ſie aßen daher alle ungeſcheut vom Fleiſche heilig Opferthiere. Gegen alle dieſe Zeugniffe if. bie Stelle des Eu dorus beym Porphyr von keinem Gewichte, Wenn di ‚Freund des Plate ‘auch ein eben fo großer Kunſtuſchte und Geſchichtforſcher geivefen wäre, als er Mathemoetlle war; fo hätte es ihm doch leicht begegnen Pönnen, bij er eine diäterifche Vorſchrift, die von allen oben den meife Pythagoreern feiner FUN ausgeuͤbt · wurde, auf ben Ps thagoras ſelbſt aͤbergetragen haͤtte. Eudoxus war ct als Prüfer und Erzähter von Nachrichten aus dem hehe Alterthume gar nicht mit dem Ariſtoteles und Ariftormd zu vergleichen‘, wie ich ſchon eben gezeigt babe, und I Gegenzeugniß kann daher einem jeden vorfichtigen Fr ‚fer um deſto weniger Bedenklichkelt und Zweiſe erregen. Noch viel weniger iſt die Lehre von der Gem wanderung ein Grund, warum man das Schlachten du Thiere, und das Eſſen ihres Fleiſches, als vom Pads -goras verboten, anfehen müfle. Denn felbſt die % gyytier und deren Priefter, von welchen Pythagoras jet ‚Meynung erhalten haben foll, erwuͤrgten und. afen von eben fo vielen Thierenarten, als fie entweder dl goͤttlich anbeteten, oder auch als unrein verabſcheutu Auch gibt es unter den Deehe mehrere Caſten, 4

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. « +

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 425 uͤber die Schickſale der Seelen nach dem Tode bee Koͤr⸗ pers mie ben alten Aegyptiern gleich denken, und ſich eben‘ fo wenig als dieſe ein Gewiffen baraus machen, Thiere zu opfern, oder wenn ſie geſchlachtet ſind, von ihrem Fleiſche zu eſſen. Freylich ſcheint zwiſchen dem Beiragen | und der Denkart ber alten Aegyptier ſowohl als der In⸗ diſchen Prieſter ein offenbarer Widerſpruch zu ſeyn; man ſieht aber aus dieſen Beyſpielen, daß die Vertheidiger ge⸗

wiſſer Säge aus biefen nicht immer die Folgerungen ziee - .

hen, von benen man ſich vorſtellt daß ſie nothwendig daraus gezogen werden muͤſten. Man kann alſo auch nicht ſchließen: weil Pothagoras bie Einkehr menſchlicher Seelen in Leiber don Thieren lehrte; ſo konnte er dieſe weder opfern noch ſchlachten, noch ſich mit Ihrem Fleiſche näfren 0)

Es laͤßt fich ferner feine Urſache anfüßren, worum Pythagoras flrenger gegen ſich ſelbſt und feine Schüler, als die Aegyptiſchen Prieſter geweſen ſeyn ſollie. Viel⸗ nr muß man vermuthen daß, wenn auch die fegtern in Ä Dd 5 Are

% Beun ein Gedanke des Diogenes ber fi bepm Jam⸗ blich finder, nicht bloß eine Vermuthung dieſes ober eines andern Schriftſtellers iſt; ſo war zwiſchen der

Lehre der Porhagoreer von der Seelenwanderung und dem Opfern der Thiere, bie unvereinbar zu ſeyn ſchei⸗ nen, Fein Widerſpruch. Die Ppthagoreer follen naͤm⸗ fich geglaubt haben, daß in diejenigen Thiere, bie zum Opfern beftimmt und tüchtig wären, Feine menfchliche Seelen einwanderten. Ess Movov Toy lwar gu MiR- eexerai avSemms \Vuxn, a Sepıs esı Tugmas, Os TgTo Tav Iurıuav Xen ze mevar, dis. av Ta add KaniyRn, ap. Jambl. 5.85.

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e 436 ur Dritted Buch . -- u

ihret Zuruͤkgezogenheit, und der ungefideten Ruhe Ihrer Tempel nur vegetabiliſche Speiſen genoſſen hätten, Py- shagoras fie in dieſem Stuͤcke wuͤrde verlaſſen haben, weil er nicht müffige ſich ſtets caſteyende Moͤnche, fondern thaͤtige Männer für den Staat ziehen wollte. Es iſt im⸗ mer Höchft unwahrſcheinlich, daß er, der Arhleten und allen übrigen Kaͤmpfern .zuerft eine Fleiſchdiaͤt empfal, und feinen Freunden durch alle Arten von $eibesübungen, | Staͤrke und Behendigkeit des Koͤrpers zu geben ſuchte, daß eben er dieſe Vorzuͤge durch eine Übertriebene ſtreuge Lebensart ſohſte verhindert haben *), ee I Unge⸗

) Ehe ich weiter gehe, muß ich ben Plutarch gegen eine Auslegung von Dobwell vertheidigen, woburd der Sriechiſche Meltweife mit ſich felbft in den offenbarften Miderfpruch geſezt wird. . Nachdem naͤmlich Plutarch

VIll. g. Sywp. feine und feiner Zeitgenoffen verſchiedene

t

Gründe angeführt hatte, warum die Alteften Pythago⸗ “20 geer fich meiſtens, bie neuern aber gänzlich von Zifchen entkhalten hätten, lobt er. bie letztern wegen der Scho⸗

nung von Thieren, die nicht allein dem Menſchen nicht wirklich ſchadeten/ ſondern auch nicht einmal ſchaden koͤnnten. Nach dieſem Lobſpruch faͤhrt er in folgenden Worten fort: Ilxeası de var Te Aoyay xaı Tay iegay enaleiv Tois maAmIAS, as-8 Wovov edw- nv» KA Ks Dovoy (WE an BAurwrovros, Ef- ı. vevtvayes, ua UJETWEV EROBvTo. AÄTE de- miysonevo LaleıgYapavoı, Hai Xenous Fivos (ws

Qacw) en AsıGav ETIKEeATUSEHEVE TOISKERZOS

> 7 genyew Ödngoummas , negavro ev nantıegeumm.

| ers de DUWS TALATTOUEVO Ka ÖEIMEIVOVTES, dodem pev suaAsv Kaı gelew, @5 Meyo deav- vis vo Jury euluxev. Diele ganze Stelle ver; ſteht Dodwell von den Alteften Pythagoreern, bie

>

Fan

Seſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 47

. Ungeachtet aber Pythagoras feinen Schuͤlern Has Steifcheffen erlaubte 3 fo that er Dies doch nur unter Bes Dingungen , wo es nicht leicht taͤglich werden, oder in

ſchaͤd⸗

Aovsc von ihren geheimen Lehren, und haͤlt einen / DHelphiſchen Goͤtterſpruch für die Urſache, warum Alexi⸗ krates und andere Pythagoreer im Zeitalter des Plus tarch von der enthaltfamen Lebendart,ibrer Vorgänger. abgewichen wären. Wenn man nicht wuͤſte, daß es bem Dodwell p. 131, de zer, Pyth. darum zu thun war, den - Athleten Pythagoras, und den Erfinder ber Fleiſchdiaͤt. von dem Weltweiſen Pythagorasz zu unterſcheiden, und daß er allenthalben, wo er nur fonnte, Beftdtigungen biefer feiner Dieynung fand und fuchte; fo wuͤrde man ihn wegen her angeführten Erfläruhg der Worte des ' Plutarch mit Reht ber aͤußerſten Unwiffenheit. ſowohl der Griechiſchen Sprache, als der angeblichen alten Ue⸗ berlieferungen der Griechen beſchuldigen koͤnnen. Wie konnte es ihm ſonſt ohne bie ſeltſamſte Verblenduug nicht einfallen, daß 05 raAnıos hier nicht die aͤlteſten (von denen Plutarch an zwoen vorbers ehenden Stellen ausdruͤcklich gefagt hatte, baß fie 5 fehfpeifen genoffen hätten) fondern, wie an unzaͤh⸗ - igen andern Orten, bie erften Sterblichen , oder Be > wohner Griechenlandes, bedeute? Sollte er fi ferner nicht darauf beſonnen haben, daß von der Zeit an, da > Re Enthaltung von animaliſchen Speiſen für einen Bee fehl des Pythagoras gehalten, und von mehreru aus genommen ‚wurde, auch angeblide heilige Sagen Cagos Aoyes) in Griechenland hernmgingen, daß Ke⸗ krops, *c— Drako, und die Eleuſiniſchen Myſterien das Srwärgen yon Thieren als eine Miffee - shat verbotben hätten, de Abſt. Aulm. IV, 22. Porph, Such Fonnte es ihm nicht mubefaunt feyn, daß man die unmahrfcheinfichften Maͤhrchen yon den erfiern Ers mwirgern von Stieren, und ben göttlichen Strafen, womit biefe Frevler heimgefucht ſeyn ſollten, erzählte, Eublich haͤtte er es nothwendig merken we daß tie orte

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I gnugnigen

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428 Drittes Buch.

fchästihe Schwelgeren ausarten konnte. Er befahl nämtich ; daß man nicht von allen Thieren, fondern nır von gewiffen Arten, befonders von jungen Boͤcklein und Schweinen, und aud von diefen nur mit Ausnahme 96 wiſſer Theile, und bloß alsdenn eſſen follte , wenn fie den Göttern zum Opfer wären bargebracht worden”). Nun aber waren, wie ich nachher beweiſen werde, die Prrde goreer viel fparfamer in ber Darbringung blutiger Onfe, als die übrigen Griechen: auch fdhlachteten fie den Bit tern zu Ehren, weder fo große Thiere, noch in ſo großer ‚Zahl, als ihre Zeitgenoffen, und hieraus folgte von ſelbſt, x daß Fleiſch für fie nicht eine tägliche Koft werben konnte, | und daß, wenn fie es aßen, fie es immer nur von jun gen, zarten, und leicht verdaulichen Thieren nahmen.

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Werte minder d ETIKEOHEYE x 9 eu'youmnl, x Yoneus Twos eu AEADav STIXeAsurauum Tas nuemos aenyew' Despomevoss ſchlecta- binae nicht auf die Pythagoreer iin Zeitalter des Plu⸗

„tar, fondern nur auf bie Alteften Bewohner Griechen landes, die von den fich zu fehr vermehrenden There in die Einge getrieben werben, anmendbar feyen.

. Diefer Anmerkung füge ich noch folgende binzt: baß diejenige Mepnung, nach weicher Pythagoras dal

Fleiſcheſſen den nicht ganz eingeweihten Schülern er—

‘Taubte , und nur fih und feinen ehrwuͤrdigſten um frömmften Nacheiferern unterfagt haben ſoll, durch gar feinen alten Schriftfieller, fondern nur durch den Ri komachus und andern biefem ähnliche bezeugt werde loh

‚sa. ap, Jambl. Wahrſcheinlich alſo iſt fie nicht eher eutſtanden, als bie man zu glauben anfing, daß Pr

tthadoras fein ganzes Leben in Ertödtungen feines älet ſches zugebracht habe. . #) Arifi, ap, Jambl. 98. Porph. 34. Dieg, VIII. 20.

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Seſchichte der Pothagoreiſchen Geſcllſchaft. 429

Eben die Schriftſteller, deren Anſehen ich bisher den Zeugniffen der Ihnen wiberfprechenden vorgezogen, und mie denen ich angenommen babe, daß bie älteflen Pytha⸗ goreer animaliſche Speiſen ſich nicht gänzlich unterſagt haͤtten, eben dieſe verſichern, daß Pythagoras und ſeine Freunde ſich von gewiſſen Fiſchatten ganz enthaigen, und auch die eßbaren viel ſeltner, als das Fleiſch von Sands - ehieren gegeffen Haben *). Plutarch befonders, mit wel⸗ diem Athenaͤus uͤbereinſtimmt, merkt an, daß die Py⸗ thagoreer, die er kannte, in Anſehung der Fiſche ſtren⸗ ger Als die aͤltern geweſen feyen, “und daß fie ſich Den Genuß derfelbigen gänzlich verfage hätten *e). Aus eben dieſem Schriftfteller erhellt, daß bie Pythagoreer bes era ſten und zweyten Jahrhunderts. diefe Enthaltung von Fiſchen als ein Gebot des Pythagoras angefehen haben, deſſen Grund vielleicht ewig ein Oeheimniß bleiben. mürbe,

Sie vermutheten bald, daß er ihrer zu fchonen verorbnet - J

babe, weil er fie für heilige Symbelen des Stillſchwei-· gens angefehen; bald, weil die Aegyhptiſchen Prieſter fie als unrein verabſcheuet hätten, ober endlich, well fie un⸗ ter allen Thieren dem Menfchen gar nicht fchaben koͤnn⸗ ten. Diefe legte Vermuthung kam tem Plutarch am wahrfcheinlichflen vor, und er mar gar nicht ungeneigt,

das Maͤhrchen für wahr zu halten: daß Pythagoras bey

feiner Ankunft in Itallen einen Fiſchzug gekauft, und alle darinn enthaltene Zifche frey gelaffen habe. Sounge reimt die jüngern Pythagoreer handelten, wenn ſie ohne eigenitich zu wiſſen warum? eine Speiſe mieden, von ber * große

0 via. iopr. Ariſtox. & Plut, eit, loe, *s) l. FR

lt.

430. Drittes Buch. -

große Schriftſteller ſagten, daß Pyehogoros fie nicht ganj

verboten harte; fo meife handelte Pythagoras, wenn er In feiner Gefelifchaft, die eine Schule von Maͤßigkeit fen foflte, den dftern Gebrauch von Fiſchſpeiſen unterſagte.

. Er errelddte dadurch zwo große Abfichten, bie ihm beyde . gleich wichtig waren, und zwar zuerft Einfchränfumg der

Schlemmerey der Griechen, denen Fiſche die feinften Sederbiffen und bie größten Koftbarkeiten ber Tafel waren, Wahrſcheinllch theilte ſich der bis zur Wurh gehende Ge⸗ ſchmack an Fiſchen von Italien und Sicillen aus dem übrigen Griechenlande mit: wenigſtens war er in Syba⸗ ris ſo herrſchend, daß man in dieſer Stadt den Verkaͤu⸗ fern gewiſſer Fiſcharten, eben ſo wie den Verfertigern and Einfuͤhrern von purpurnen Bewänbern alle oͤffentliche Abgaben erließ. Ein ur Vortheil aber, den Pytha⸗ goras dadurch gewann, daß er Fiſche faſt ganz von der Tafel feiner Sreunde entfernte, war biefer, daß er und

feine Anhänger für heilige, den Göttern eifrig dienende

Männer gepalten wurden, weil fie fich von lebenden Oe⸗ ſchoͤpfen enthielten, die nicht opferbar waren.‘ Der wahre

. Grund, warum Fiſche nicht geopfert wurben, war biefer,

weil-die Menfchen zu-der Zeit, als fie chierifche Opfer ben Göttern darzubringen ahfingen, noch Leine Fiſche aßen. Der Päbel aber glaubte, daß man fie defwegn

nicht auf die Tifche der Gotter bringe ,. weil fie entweber

heliig, oder auch weit fie unrein wären. Der legte bie fer Gründe wird vom Sulla, einem ber Xifchgenoffen des Plutarch *) angeführt: ber erſte und —— aber *e)

wird

*) 9.909. VIII. _ | **) p. 9

| Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 4.

wird vom Plutarch ſelbſt, aber nur im Vorbeygehen hingeworſen. | Ä

Unter den vegetabilifchen Nahrungsmitteln foll Pys tdagoras nur bie Bohnen allein verboten haben, wie die meilten Schriftfteler -fagen *), Hermipp erzählte fs gar, daß Pythagoras felbft, und Neanth und Hippobo⸗ tus **), und viele Pythagoreer lieber ihr Leben geloffen, bevor fie fich unterſtanden hätten, ein heiliges Bohnen⸗ feld zu. zertreten. Allen diefen Zeugniffen widerfpriche Ariftopenus nach welchem die älteften. Pythagoreer, une ter allen Erdgewächfen keines fo häufig geneflen haben . als Bohnen, weil fie den Seib gelinde äfnecen*“*), Wenn ich mich nur überzeugen koͤnnte, baß bie zuerſt angeführte

u = - &telle

*3) Ariſtot. sp. Diog, van, 34, & ibi Men, Thoophraft, V. de Cauf, Plant, 27. e, Alezıuder Polyh, sp. Diog, 24. Vi. Dieſe Stelle iſt ſo wenig als die erſtere uns verdachtig. Lucas, 1. la vit. Auf! 545, Plie, XVIIL;

12. Diogenes ap. Perph, 44. Jambl. 206. und meha rere andere ap. Rittershuf, ad Porph. 24, 1. p. 30. MR) ap. Janıbl, 189. & 260.1. | en M).Gell, IV. nr. Diefer Sammler bemerkt, wahrſcheinlich auch aus dem Ariſtoxenus daß zu dem Irrthume der . Enthaltung des Pythagoras won Bohnen vielleicht der Ders des Empedokles Anlaß gegeben hätte: Aemo⸗ FoydeıAoı ,_ KUauay 70 Xeiges. eXeadou, opiasti funt (fezt Öellius hinzu) plerique nur ie gumentum vulgo diel. Sed qui diligentius auquifi- tiusgue enrmina Empe Interpeetati funt, xu@ues hoe in loto tefticulos figuificare dieunt, eosque mpse Pythagerao eperte atquo Iymbolice - Xucues sppellatos, qula ſint ex To us dewar, KIT TE KUN, ©.

X

2 . Dot Bub,

Etelle des Diogenes von Sarrte *) wirklich aus einer aͤchten Schrift des Ariſtoteles genommen worden; ſo wuͤrde ich fein Bedenken tragen, ihr zu folgen, und zu behaupten, daß Ariftorenus diesmal von den Pythago⸗ reern, bie er kennen lernte, unredje berichtet worden fen. Allein die ganze Stelle iſt verderben, und es iſt alfo auch . Meine Unmöglichkeit,- daß ber Name bes Ariftoreles an die Stelle eines andern gefezt, ober doch fo verrückt wer ben ſey, daß er izo etwas bezeugt, was ein anderer air

batte, Diefer Fall ift um deſto wahrſcheinlicher, da weder jn den DBerzeichniffen der Werke des Ariftoteles (dies bemerkte ſchon Menage) noch in: irgend einem andern Alten, das Werk von den Bohnen angeführt wird, auf welchem die Worte beym Diogenes entlehnt ſeyn folln, Ueberdem find die Gründe des Verbots, die beym Die genes angegeben werben, fo befchaffen, baß-es faſt un. glaublich iſt, daß Arifloteles dergleichen dem Pythagoras aufchreiben Ponnte, "Dem wenn ich auch drey davon gel» ten laffen wollte: daß man naͤmlich feine. Bohnen eflen müffe , weil fie einige Aehnlichkeit mit den: menfchliden Beugungsgliebern ‚Härten (diefem Grund führee auch der fpottende Lucian an, ber noch hinzuſezt, daß fie, wenn fie gekocht würden, ſich in Blut vermandelten,) ober wel ſe dem Rips ſchaͤdlich wiren und unfruchtbar ur (diefe,

—— ®) Ono⸗ de Auısereins u To Zagı xue no warn)" yeMen AUToß anexuodeı Toy xunpan , Ta öT1 audardıs 2m —X8 noͤr⸗ (ayr pærov Jap mov) n arı Diesen, N örı TATE oAB Ouoci Ouoiy, 9 örı —V ‚Anus ya AUTOS. Diog. VI 34:

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 433

dleſe Ueſache vermuthete Tpeophraft) oder weil fie Sym⸗ ole der Ollgarchle wären, fo läßt es ſich doc) kaum den. m, daß Ppthagoras fie verboten, (und Ariftoteles dieg ° glaubt haben follte) weil fle den Thoten der unterierbls hen Derter, ober auch bem ganzen Univerfo aͤhnlich zen, Soche ſinnlos myſtiſche Narrhelten kann man em Pythagoras eben fo wenig, als die Wiederholung felbigen dem Ariſtoteles zutrauen. Hingegen find fie am In der Manier der neuern Ppthagoreer, die eine. aglaubliche Uebung hatten, Bedeutungen und Aehnlich. ten zu finden, wo fein andrer Menſch dergleichen zu udeclen im Stande war, und Gründe von Dingen an. führen, ie nad) eines jeden vernünftigen Ureheit nicht Ir ſoſche gelten konnten. = Auch Theophraſt ſteht dem ltiſtoxenus nicht entgegen: denn er fage nur, was diefer sah, daß Weltwelſe, die fich Ppthag d von Bohnen enthalten Härten. Ale d ler teden entweder auch nur unbeſtimmt en, die feine Bohnen gegeffen hätten, ich den Pythagoras für den Urheber ei 16 welcher feine fpätern und unaͤchten Schüler ſich rich« fm. Will man aber dennoch die Gage: daß Pys ageras ſelbſt das Bohneneſſen verboten habe, nicht aufs ben; fo darf man ‚ihn einer ſolchen Vorſcheift halber dt gleich als einen Abergläublgen. verdammen. Er terfogte fie alsdann entweder, well er fie für blaͤhend, et gar-unfeuchtbarmadhend hielt, wie nad) ihm Theo⸗ taft, oder weil Die Aegyptiſchen Prieſter fle verabfchen, 1%), ober weil fie in mehrern Mpfterien verboten war

, een,

Rom auch Feine er durfte Ius. l.c. G

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ren, ober endlich, weil er die Unterfagung derſelben olı

Freyheitsliebe anſah. |

durch dieſe Städte und Familien Ins Berderben ſtuͤrzten . | B

) Fres de ußeıs, no reußn WorhaRIS , Ri vju

44 Drittes Buch: eine ſymboliſche Ermunterung zur Keuſchheit und wahren

Durch alle bisher von mir angeführte Verordnun gen glaubte Pythagoras Die Schwelgerey und Ueppigkei ein Paar Ungeheuer, die Uebermuth ergöigten, un

+

, Eu c , 3 BR BERNER, 2 6}

Umseobiz erwigssw eis wdınıcy, dies rau örnpirezs Haenyyahe von BonSeiv , mac uropd "Dortpeıy I Taura de kocı TAv Teikurım drauf zu enmsTo, of To RowToy Tay Kock dicagetn Ein Jev eis Ta. TS 0rKıass Kai TRS ToNEK, Na Asıen reudn‘ deuregsv ußeıs. TeiTop z: oh ‚Je en muvros sıeyew TE nd) araJeisIai Feußgv; Ra euwvedrleedni ame Yeverıs t Obor va naı avdgino Bım, Dieſe Stelle ift mit vorherangefuͤhrten des Heifforenus, und mit eintt 4 dern eben diefes Schrififtellers ($. 100. ap. Jambl,) | fibereinftimmend , daß man nicht zweifeln kann, ? fie aus ihm genommen if. Um bie Vielbedentenhe be Worts ußgus zu zeigen, will ich eine Stelle dem Phädrus des Plata herfezen, die in dieſer RAdi - merfwhrbig iſt: ezrıYunns de EAksene em ' yas; na wegaons av may Ta gm 3 üßeis em youwco9n. ußes de dm woAverumev: zoÄupe Yog nd oAuEIdes , no TETEYy To dewy euzft res n dv Fun Yevomerf TRY dcurns Enanpm bromalomevov Toy EXVT KÜLEX EIG ere rm

Kaıv. 818 erw fisv nerÄnodei. eg me Ya adadıv ; ngaTsca TE Aoys Te Ta agıze wait

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Eeſhite der Pythagorriſchen Seſelſchoft. 435

noch nicht genug gebänbigt zu haben, Er machte es das her zu einem Geſeze, dag feine Freunde zu gewiſſen Zei⸗ ten bie herrlichſten Mahlzeiten zubereiten, und die Tafel ihrer Speifefäle mit allen dem befegen laſſen follten, was . die dem Gaumen dienende Kuͤnſte nur reizendes und ein⸗ ladendes erfinden, koͤnnten, daß fie alle dieſe vor ihnen ausgebreiteten Reichthuͤmer der Schwelgerey eine Zeits lang mit den Augen genießen, und alsdann zur Beſie. gung der Begierde, die Anblick und Geruch erregen wuͤr⸗ den, von Ihren Sclaven wegnehmen und verzehren laffen

follten f Diefe vorerefliche Uebung in der Maͤßigkeit

Bab in fpärern Zeiten zu der Erzählung Anlaß, daß Ps Magoras dutch Faſten und andere gewaltſame Mittel gegen bie fleifchlichen Süfte gekaͤmpft, und fie duch Feuer

und Schwerdt, und die peinlichften Ereuzigungen ausju⸗ |

torten geſucht habe **);

Durch diefe mennigfaltigen Mittel, fi) und feine Sreunde vor gefährlichen Werfuchungen und Ruͤckfaͤllen n Schwelgeren zu verwahren, erſtickte et das verzehrende Feuer, des heftigften unter allen Trieben der menfchlichert

Natut , des Triebes bet finnlichen thierifchen Siebe gleich» -

am in ber Geburt, Er warnete ünd redete nicht bloß vider die Beluft, wie Archyhtas von Tarent, einer ſei er 2 | het

[5 “. re mn .

—XX ER du, yasenög'yie ve

Kai Toy erovro Taurod TETO KERAÄNKEvoN Focgen Kerl Egli de au nefeis Tugavyeusaod, nÄod

8 rauferms meos ennæros. Phaod. p. 199: Ed; 9) Ver. Geript. ip. Jambl, i87. 8. Dioder. Ein, 855. B - |

Plaut. VIII. 313; Edit, Reisk, “) Imst, 68. 226,

R

4 . [1 &

430. Drittes Buch.

ner groͤſten und wuͤrdigſten Nachfolger, er ſchilderte fe nicht nur als eine Feindinn der Tugend ünd Vernunſt, deren fie. den Menfchen , fo lange: fie daure, gänzlich be. raube, oder als bie verderblichfte unter allen natürlichen Keanfheiten und Gebrechlichfeiten unſers Geſchlechts, oder endlich als die Mutter von Verraͤthereyen bes Vater: landes , Umkehrungen ganzer Staaten, heimlichen Ver— "bindungen. mit Geinden, und den ſchaͤndlichſten Ehebris chen und Gemaltthätigkeiten*); er entfräftere und mt ae - ze waon

——

em 2 *) Cap. 12. de Senoca. Aseipite enim, (der ältere Cato redeh) optimi adoleſcentes, veterem orationem Archyti Tarentini, magui in primis et pracelari visi: que mihi tradlta eft, eum ellem adolefeens Tarenti cua Q. Maximo. Nullam espitsllorem peoftem, qua eoeporis voluptatem, hominibus dicebat a nytut! datamı : aujus, voluptetis avidae libidines temere u effrenste ad pstiundum Incitsrentur. Hine petriu proditiones, hine serum publicarum .everfiost, hine eum boftibus clandeftina eolloquia .nafch: nur lum denique fcelus, nullum malum faclaus efle, ı quod fufeipiendum sion libido voluptstis Impellerei; ftupra vero, et adulteria, et omme talo flagklum, uullis allls ecobris exektari, nifi voluptaris, Cum qquue horiini five natuss, fine quis deug nihil ment präeftebilius dediffet; hule divigo muneri ne dom hibil eſſo taim inimieum, quam voluptatem, Na önim libldine dominsnte temperintise Ideum elı; Kegues ominiao in voluptatis regno virtutem polt eonüfere, Quod quo ınagis intelligi peffit, fr göre anlıms jubebat, tanta Incitetum aliquem vol ptate eorporis, quauta peteipi poilit waxima. Ne imini confebat fore dublüm, quin tatndiu, dum it gaudetöt, nibil sgitäre mente, hihil ratlone, albll äogitstione eonſequi poſſet. Quoelsea nihil «li tam detefteblle, tamqua peſtiſerum quam voluptsten: üquideni oa , cum majer eilet atque lomgior, on | I WA

1*

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 4347 wandelte ſie dadurch in einen heilſamen, der Vernunft gehorchenden Naturtrieb, daß er ihr allen Zunder und Nahrung entzog, indem er nicht nur feine Freunde maͤ⸗ fig leben, und Leib und Seele beſtaͤndig üben ließ, fon« bern Ihnen auch, Benfchläferinnen zu entfernen, ‚ihren Meibern, die durch heilige Gebräuche und Buͤndniſſe mit ihnen verbunden worden, getreu zu fenn, und feibft In den Peufchen Umarmungen ber ehelichen Siebe ein ges viſſes Maaß, gewiſſe Zeiten, und gemiffe Vorſichtsre⸗ en In Acht zu nehmen befahl *), |

€e 3 | Pytha⸗

A 12

animi Iumen exfiingusre., Hate cum C, Pontia Ssmsite, pätre cjus, a quo Caudino proelie Sp. Pofumias, T. Veturlus, Confules, fuperati funt, losutugs Archytam, Mearehus Terentinus, hofpes -nofter, qui in amleltia populi Romasi permanlerat, fe a msjoribus natu aesepifle dicebat, eum quidem ei fermoni interfuiflet Plato_ Athenienfis ; quem Tarentum veniffe, L. Camille, Appio Claudie con. _

fulibus , seperie, | ®) Ariſtox. ap. Stob. Serm, XCIX. p. 942.43. Diesearch, ap. Jambl, 48. 5. Died, p. 551. Exe. imp, Jambl, 209-214. Dies leztete Fragment iſt eins der vortrefs lichſten im Jamblich, und alle Gedanken und Rath⸗ ſchlaͤge über Zeugung, Erziehung und Genuß, die bars inn enthalten find, entfprechen denen des Ariſtoxenus beym Stobäus fo vollfommen, baß man fie feinem andern, als ihm zufchreiben kann. Ich will bie Stelle aus ben Stobaͤus herſezen, da auch bie folgenden Bemerkungen daraus genommen find.

BEL de vyeveoeosc naudav, Trade eis ye. nadoAR

yev QuAarreodaı To xaAwnevov TeoDeges, ara Yae Tay Puray, BTe Tan (wmv EUKDETS Ts weodsen yweadas, UAAT Xpovov Tıya go Te- ęereoxeu-

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433 ODrtittes Buch.

Pythagoras rechnete den Genuß der finnlichen ſſeb⸗ mit zu den Dingen im menſchlichen Leben, mit benen eine-fpätere Bekanntſchaft am vortheilhafteften fe. Denn’ fo wie alle früßgeltigen Gewaͤchſe und Thiere, ode ſolche, beren Trieb durch Fünfkliche Mittel zu ſchneller— weckt und befördert werben, nur ſchwache und Burg dau rende Fruͤchte braͤchten; fo könnten aus bem 'unrelfm Saamen noch unvollendeter Menfchen auch nur el und unvollendete Kinder entſtehen. Er rieth bafır, - HYünglinge und Jungfrauen durch $ebensgre ,- Uebunge

und Arbeiten fo zu ziehen *), daß fie, wenigſtens du el

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gwaxevageoda Tns zreroPopias, ey ai ei » GOVTos KO TETLÄNHDUEV TS TWUOTEs „- Mill: e TE OTERHATE u FES nopemas dad vor. FoAA& de was, ey os A ondınacdıe si Berrıoy, cıov nass Fo Ta aDeodırie Cew gay hvov. au 05: muıdans ST@s ayeodıı dis Farm yarav asıxoAss, 058 un povar au Cnrep, al 21 OWMTO HN-EIO TNV TOIEUTN AUVBTIEV Er Th " Faıy EINOCIV TOP. OTaV de TIE Ks eis TETO al) KNTAI, CTRVIAS ENAENENTEON Torf ee Oeodus. FTETOYLE TEOS TE TH TOV Vevrovror, xcayn- vyooyeray gurkıav BoAu auaßaArscIaı. el de uura Teudns, Mare medns mAney Taısyuar ... {mw es Tao Yewav öde 8 :Yae eu Davııl, Kosl acuuDeovs ka ræœee xodes xçoœotcs rueudusa um. win, MAN we uyado ν apye Y

an; 1 1. 1 Due a "Mm Eine vortreffige Stelle des Xriftorenus Aber die Beſci : tigungen , die Ppthagoras einem jeden‘ Alter var ſchrieb, finder ſich beym Stobaͤus; Serum. gi, p. 24: . \ N u 87

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellchaft. 459 ‚Rem, fih "nicht vor dem zwanzigſten Jahre nach der

Zermifchung mit Perfonen des anderg Geſchlechts fehns |

n, Wenn aber ein junger Menfch biefeg Alter errefs ut habe, fo müffe er, wenn ihm. anders Geſundhelt nd Stärke des Lelbes werth ſey, der Liebe nur felten Regen, als welcher die größten Geſezgeber der Griechen urch bie Verbote ber Vereinigung mit Toͤchtern, Muͤt⸗ rm und Schweſtern, und. aller unnatuͤrlichen und ge⸗ altthaͤtigen Luſt, weiſe und hellſame Hinderniſſe ereee | 2 Ee 4 gen

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ras) ws 1 mev TaLıs, uoı Gumsmea won. no Gum Pogos' ı derwra kuss noyumar gi. ago

re xoı wouuMoeos. Diefe Stelle beweift außerdem, weßwegen ich fie hauptſaͤchlich angeführt babe, noch zweyerley, erſtlich, daß —XRX nicht bloß bluͤhendes Alter bedeute, ſondern mit dem Lateiniſchen aetas, und mit dem teutſchen, Alter, einerley ſey, und dann, daß Pythagoras Knaben und Juͤnglinge nicht blog zu ein⸗ ſamen Wahrheitsforſchern, ſondern zu geſchaͤftigen und weiſen Staatsmaͤnnern auszubilden ſuchete.

koͤnnten. Diefen Bedanfen, daß auch ein mäßige dr

440 Drittes Buch.

gin geſezt hatten. Pythagoras billigte bie groͤſte une ‚alten finnlichen Vergnuͤgungen nur alsdann, wenn fiei den Armen einer"rechtmäßigen Gattin nicht zur Befrie digung unmäßiger, durch Schwelgerey ermedter Be gierden, ſondern den Abſichten ber Natur gemäß zu Erzielung geſunder, gutgearteter und gluͤcklich organiſt ter Kinder genoſſen würde. Kr unterſagte fie ſich mi feinen Freunden zwar nicht ganz, mie nachher Apoleniu und viele'von beffen Nachfolgern thaten, die man kr bee neuern Platoniker, und Worläufer der Ehriftiicn Mönche und Anachoreten nennen Pönnte; allein er Il boch jeden, auch ben mäßigften Genuß als ſchwaͤchend or, und rieth daher feinen Nachahmern, ſich ihn nur fdn, und. meniger in ber heißen, als Falten Jahreszeit zu alır ben, Diefe Vorſchriſt, die man nachher in eine gi

fiche Enthaltſamkeit von finnlicher Siebe verwandelte, het aber ganz andere Gründe und Abfichten, als bie nam Pythagoreer, Diatoniker, und auch die Kirdyennäter fd einbildeten. Pythagoras rierh bie Seltenheit des Ör nuffes nicht deswegen an, weil ee befürchtetete, burh diefe finnliche Vergnuͤgungen ben Geiſt an den Edepr # ſchmieden, oder dadurch in himmliſchen Betrachtung geſtoͤrt zu werben; er empfahl fie vielmehr gur Grärtug des Leibes, und um feine Freunde zu hindern, ihre Kriſ nicht In ehierifchen Bergnügungen zu verſchwenden, de fie auf eine .edlere und beffere Are zur Wohlfart Ihre Freunde, und im Dienfte ihres Waterlandes verwende

nuß immer fchwäche, Hatte Pythagoras entweder mit Athleten feiner Zeit gemein, oder wurde auch, ment f Kıpleif und Erziehung: ber Athleten zuerſt auf Kg

bracht,

Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſelſchaft. 441

brachte, in der Folge don dieſen angenemmen und genau _ beobachtet: denn. es iſt befannt, daß die Srlechifchen Athleten ſich ganz der Siebe enthalten muften. Pyrhas goras eiferte ferner wider die viehifche Sorgloſigkeit, wo⸗ mit die meiſten Menfchen eins der wichtigſten Werke, bie Fortpflanzung Ihres Geſchlechts, und die Hervorbrin⸗ gung ihres Gleichen unternähmen., Bey Hunden und andern Thieren (beobachtete er vortreflidh *) gebe man genau Barauf acht, mann und wo, und von mweldyen Eltern, und aus welchen Macen fie erzeugt würden, ‘Bey der Zeugung bes Mienfchen hingegen laſſe man ſich gang. von augenbliclichen Beglerden leiten, und gebe ihm mit eben der Gedankenloſigkelt das Leben, womit man ihn nachher aufsuziehen pflege. Ex befahl baher, ſich mit ber größten Sorgfalt zur. Zeugung von Kindern: vorzus bereiten, vorher mäßig zu leben, fich nicht mie Speiſen zu iberfüden , oder mit Wein zu befeuren, weil aus Voͤllerey eine wüfte, unlautere, unbermonifche Miſchung bes Saamens entftehe, und ber rund zur Bösartigfeit und Nichtswuͤrdigkeit bes künftigen Menſchen gelegt werde.

So unfehlbar bie von ihm vorgejeichneten Wege waren, auf welchen er feine Freunde zur Mäßigfeit und Enthaltſamkeit führte, fo unvenbefferlich ift die Merhobe, nach welcher er fie zur unerfchütterlichen Gleichmuͤthigkeit, zue Herrſchaft über die heftigſten Empfindungen, zur männlichen. Stärfe und Erhabenheit der Seele über aͤu⸗ Bere Zufälle orwbute und hinleitete. Er unterſagte ih⸗

Ee 5 | nen

*, Men ſehe ben Ariſtoxenus beym Jamblich an der mien angeführten Stell.

1

44 | | | Drittes Buch.

nen (und zeigte durch fein Benfpiel, daß er nichts un. - mögliches fordere) alte Ergießungen von gusgelaffener Freude, mie von übermäßiger Traurigkeit, alle Aus brüche eines wilden Zorns, wie das Kruͤmmen und Win ben niedertraͤchtiger Fleher und Schmeidler *), Er perbannte daher aus der Mitte feiner ächten Nachahmer fomohl das ftohlockende Kauchzen des Frölichen, als die Thrönen und Winfelenen des Niedergefchlagenen , ſe wohl’ die kreiſchenden Drohungen und Verwuͤnſchungen von Zornigen, wie die entehrenden Schmeicheleyen des Demüchigen, indem badurch bie ruhige ſtete Gleichheit der Seele zerſtoͤrt werde. Wenn es nun wahr iſt, was piele merkwuͤrdige Menſchen von fich ſelbſt bezeugt has ben **), daß man durch die Erkuͤnſtelung und Nachah⸗ mung ber äußern Zeichen, Geberden und Stellungen hefe tiger Gemuͤthsbewegungen, dieſe keztern in fich hervor

bringen föhne, wenn auch fonft feine andere Veranlaſ⸗ fungen ba feyen, fo fann man fid « glaube ich, eine

noch allgemeinere und fichrere Wirkung für die Mäßigung und Unterdruͤckung von $eidenfchaften davon verfprechen, wenn man fid; darinn übt, oder es dahin bringe, " bie Symptome, bie e zu begleiten pflegen, zuruͤckzuhalten.

Uebernahm aber dennach jemanden, der noch nicht lange

genug |

*) Busı vœꝙ ſros Aeıwofenns, Ouro⸗ de; PR de» REUBY , Ui TAYTEV Toy TOETaV EIgyeaIas Tas dans EKEIVES , as erde xeTO MaAıSca. 0 cauros

de Aoyas x wel Iomeias ug Ienöens Ku Ar

TAVEIAS KO FAT TV TOETRV. vo.

y Gardan fügt bergfeichen von fi in ſeiner Särif de vita proptia.

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Ps

Geſchichte ver Pothagoräfen Geſelſſchaft. un

genug an fh fetbft gearbeitet hatte, ‚oder noch nicht ur völligen Herrfchaft feiner. felbft gelangt war, eine plözlich entſtehende Freude, ober Traurigkeit, oder Wurh; fo war es Geſez, fich aus ber Geſellſchaft anderer Menſchen zu entfernen, ſich in der ſtillſten Einſamkeit zu beruhigen, und nichts zu fagen oder zu unternehmen, und weder Un⸗ tergebene zu ſtrafen, noch Freunden Vorwuͤrfe zu mas ben, bis biefe innere Empörungen ſich gelegt, und man fich wieber in ben Bes ij felner ſelbſt gefese hätte, Die, fem Rath des Pythagoras folgte Archytas, ber große Staatsmann und Feldherr der Tarentiner, nach deu Geſchichte, die beym Jamblich *) erzähle, und vom Eisero und vlelen andern widerholt wird,

| Unter allen elgeurhümtichen Borzägen ber menfch« lichen Natur, und. allen Tugenden eines vollfomnmer Mannes fchäste, wie es ſcheint, Pythagoras Feine’ mehr, als. eine gewiſſe Saufthelt und Mitde des Gemuͤths, die ung gegen Freunde dienſteifrig und ergeben, gegen Fremde und gleichgültige. Derfonen gefällig, und gegen Feinde verſoͤhnlich mache, Er nannte fie Harmonie ober. har - menifche Stimmung ber. Seele, —* hielt fie. für. die Mutter der Zeldabenhet Verſchaͤmthei und —— en.

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9 —2 kam namlich E. 1 * von einem Zelrzuge nach Hauſe, und fand, ah der Mann, den er zum Aufſeher beſtellt hatte, und alle uͤbrige Selaven, feing häuslichen Angelegenheiten auf dag unverantwortlichſte verabſaͤumt hatten. Er wurde buch biefe ſtraf bare Nachlaͤſſigkeit heftig gereist, allein er faßte ich bald, au fagte denen, die ihm gefchader hatten, daß es Ihr Gluͤch fey, daß er durch ihr. ticrentimiges Vettagea waͤre in Zorn geſezt werden.

444 nu Drittes Such.

Menfchenliebe. Er verabfchente hingegen unter allen angebohrnen , 'oder erworbenen und mitgerheilten Misge⸗ falten oder Verunftaltungen unfrer Natur; Keine ſo ſehe als eine wuͤſte Rohheit oder Verwilderung bes Gemuͤthe, deren unzertrennliche Begleiterinnen Schaamiofigfelt,

- Mangel von Mäßigung im Gluͤck, wie im Unglüd, un

unermeichbare Härte. feyen, und wodurch der Menſch

+ vom Menfchen entfernt, und gegen felnes ‚Gleichen ba

ben kleinſten Antäffen entzündet werde *), Um fein Rachahmer von der leztern zu entfernen, und zur erſtern zu gewöhnen, ‚befahl er ihnen, mit ihren Freunden f

u umzugehen, baß.biefe nie Feinde werben koͤnnten, un Feinden hingegen. fo zu begegnen, daß fie Freunde wen

ben müften °*), Er machte es ferner zum Geſez, fein unſchaͤdliche, vielmeniger nuͤzliche Thiere und Gewödl ohne Morh zu beleidigen, oder zu vernichten‘, und brel—⸗ tete burch dieſes Geſez das theilnehmende Mitgefuͤhl

| mit dem Wohl und Weh unferer Brüder , was lange im

Menſchen ſchiummert, faſt immer ſchwach ift, und ef

Te

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©) ariſt. S, 99. ap. Jambl, ereonore:ı Yag mws eyad

Dusews FROS Nusgamıv. EnceAeı de TETO KAT rTrueun, moAewov de yyeıro TyV aycIoryra mw roicury dia yayıv, ceyerormfi eevasdeımy , avaıayuvTiav, BxoAassıny , dusue- Gesav, AVENIV , ETIMIOV Kos Tab EroABIM.

Teuurnrı de ua YMELOTHTI, To evasrıc, ©9) Diescarch, 40. ap. Jambi. umreDawero de xaı Tas reos RAANABS oMı Arch STws av Yewuevas erıTU)- XCven, ws MEAABCI Tas uev Diias unde Fort exIgoı narasmaı. Tois de exIpas, as Tayy

. Se DiAv yweogaı. |

Gecſchichte der Pythagoreiſchen Geſeliſchaft. 445 " |

ganz erſtickt wird, auch Über die bloß empfindende, und fogar über die empfindungsiofe Natur-aus *), Er hofte nicht ohne Grund, Laß Menſchen, bie ſich fcheuten, une vernünftige Thiere, und felbft gefühllofe Gegenflände zu verlesen, daß ſolche Menfchen ſich noch vielmehr hüten würden, Ihres Gleichen zu ſchaden, mit denen fie durch Bande bes Bluts und ber- Freundſchaft, oder Durch Gleichheit. der Rechte, oder doch durch Uebereinſtim— mung der Matur und Sprache genauer vereinigt wären. Aus der großen Aehnlichkeit ber Lebensart, Grund⸗ füge und Oefinnungen der Pyrhagoreer, aus ihrem bes‘ ftändigen Zuſammenleben, ihrem vertraulichen Umgange, der mehr, als alles diefes, Herzen zufammenziehenden Ge⸗ meinfchaft großer Entwürfe und Geheimniffe, von denen ich bald reden werde, muften nothwendig unter dieſen Maͤnnern wahrhaftige Heldenfreundſchaften, und heilige, unzertrennliche Seelenbuͤndniſſe entſtehen **), Faſt alle Schriftſteller des Alterthums ſind von dieſen Sreundfchafs ten der Pythagorerr voll, und Ariſtoxenus ***) und an⸗ Dere fagen, daß Pythagoreiſche Freundſchaft zu einem Sprichworte geworden, und als eine gleichgeltende For⸗ mel für ächte Sreundfchaft gebraucht worden ſey. Eo | | | 0 eine

s) Arifiox, ap, Jambl. 08, —RC de xc⸗ o, ö an medune Biußerov Ta ardenrww Yyaraı, unre Brantew, unte DIeigew. = = 5, 99. Nme- eov Durov xœ⸗ eykaetov unre Brantew hyre O9gew.

#) .Aridox. 101-163. und ©. 229. bid 231. rem wahr, ſcheinlich bie 240, ap, Jambl,

es) sp. Jambl. Pr 230%

N

1 |

46. Drittes Buch.

eine nothwendige Folge aber feiner übrigen Einrichtungen dieſe innige Verbindung feinet Freunde auch war, und fo wenig er von ſolchen gefejten, mäßigen und tugend⸗ | haften Männern, als welche bie meiſten von ben Schein. güterh verachteten, bie Zwietracht unter Freunden zu er⸗ zeugen pflegen, heftige Ausbrüce von Felndfeligfeit, grabe vorfezliche Beleidigungen, und gefährliches, mit Eiferſucht und Haß von Nebenbuhlern begleitetes Wett⸗ eifern und Streben nach denſelbigen Vorthellen zu be fuͤrchten hatte; fo ſuchte er doch noch durch weiſe Mathe ſchlaͤge, die gleich in Handlung und Gewohnheiten über, gingen, das Band, pas feine Freunde knuͤpfte, noch feiter zufammenyujlegen ,‚ und allen, aud) nur möglichen eranlafjungen von Unejnigkeit und Bruͤchen zuwvorzu— kommen, und er wurbe daher, wie einer feiner größten Geſchichtſchteibet fagt *), Der erſte Gefeggeber ver Freund. ſchaft genannt, Er riech einem jeden dahin zu feben,

baf wahre Freundſchaft ſo wenig als moͤglich Narben und |

Geſchwuͤre erhalte, weil es ſchwer ſey, alte Wunden, bie man ihr einmal geſchlagen, in der Folge ganz auszu⸗ heilen. Man müffe daher Zänfereyen und Rechthabe⸗

rey aus dem freundſchaſtlichen Umgange verbannen, und

Treu und. Glauben dürfe man nicht einmal im Scherze verlezen. Selbſt freunbſchaftliche Ermahnungen, die er mit einem ganz eigenen Worte nannte **), muͤßten mit einer ſolchen Behutſamkeit gegeben, ünd durch die ſanfteſten Worte fo genifbeit werden , daß man es nicht Ders

| A Man febe hier Arif. S. for. 102. 234: sp; Jambl, aus « welchem aud das folgende genonimen iſt: 9 ————— S. 101. dp, Jumbl,

_ x '

_ ! \ | , / | Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 447

verfennen koͤnnte, daß fie aus feiner andern Quelle, als aus der aufrichtigften Sorge für das Beſte des Fehlenden entſprungen feyen, Er erklärte endlid) diejenigen für ſchaͤndliche Verraͤther, die um bloßer underdienter und unvermeidlicher Ungluͤcksfaͤlle willen eine geprüfte Freunb⸗ ſchaft aufhoͤben, die nur alleit wegen einzt unbeil. baren Verkehrung des Herzens fonft gellebter Perfonen jerriffen werden ſollte. Dies waren die Orunbfäze, nach welchen die Pythagoreer unter einander lebten, und wenn man biefe mit ihrer übrigen Art zu denfen und zu hendeln zufammienbält, f6 wird man die Benfpiele ben wiligen Aufopferungen des Jebens und der Ouͤter, die *) von Pythagoreern erzählt werben, nicht allein nicht mehr

für unglaublich, ſondern kaum für etwas ungewöhnliches on

halten, \ Pythagotas zog aber nicht die ungethellten Hetzen

feiner Freunde, und Ihr ganzes Vetmoͤgen zu Heben, fe auf ſich, und die mit ihm verbundenen zuſämmen, daß fein Reſt von Neigung für andere Menſchen übrig geblie. bet, ober kalte Gleichgültigkeit und Verachtung gegen folche,. die Feine Brüber waren, Daraus entflanden wäre. Er empfahl vielmehr Freundſchaft oder Wohlwollen aller gegen alle, Ehrfurcht gegen Gott, gegen Eltern und bejahrte Petfonen, Zaͤrtlichkeit gegen Ehegatten, Kin, der iind Verwandte, und ſelbſt Schonung geget under. nünftige Thiere, die mis ben Menſchen wenigſtens durch vanhe tie aͤhnliches Gefühl zufammen hingen **),

- | ' Er

.- J 2 . - mmsiuistpuisenm

24

$. 233 u. f. eðh Man fehe arifor. ap. Stob. Ser. 67. 5. 457. und Aug ihm audi, apı laubl. 939. BıXıoev £ doc Davs- dara

r

| - ur ee. 448 Drittes Buch.

Er erlaubte nur allein unverbeſſerlichen Boͤſewichtern Seindfchaft anzufünbigen,, und. einen ewigen Krieg mit ihnen. zu führen. In ſolchen gerechten Fehden mifl man feinen Widerſacher mehr mit Werfen als Worten verfolgen , und nie vergeffen,, daß auch der verruchteflt Gegner doch noch immer ein Menſch ſey ).

Wenn man die bisher erzähften Berbienfte dei Pythagoras um feine Freunde überbenft, fo. findet man feine Wirkung der Dankbarkeit natürlicher , als bie, daf die leztern ihren Lehrer, in bem fie den Bilder ihres Herzens und Geiſtes, und den Schöpfer ihrer Gluͤckſelig⸗ keit erkannten, als einen großen und auferorbentlicen,

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Sara mayray meos aravras Tludayegxs zur eduxe. Ösay mer meos avSewnss di evaeßras HAI ETITNKONENS Jeexreins oYpaTay de 3008 AAANA , —XRX Vuxns Eos Coma, At YISInE TE MEOS To TE aAorya eiön, dıoe BiAcı 105 , na Tis Kar’ ausm ISewews” avdgazen

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Sefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 449

ber, wie die Griechen fagten, göttlihen Mann verehrten, lach ben Ariftoteles theilten die älteften Pythagoreer alle mnünftige Naturen in Götter, Menſchen, und in Ihe Weſen ein, dergleichen Pythagoras fep *)). Es.

talfe nicht bloß eine fpätere Erdichtung, daß Prrha- - -

as noch während feines Sehens von feinen Schülern filr was erhabeners, als einen gewöhnlichen Menfchen, ges ılten worden fey. Mir frheint es daher auch gar. Ihe unglaublich, was Apollenius beym Jamblich ſagt **), man ben Pythagoras bey feinem Leben nur den Goͤtt. hen genannt ,. und nach feinem Tode durch das Wort jener begeichmer habe. Zur neuern Mythologie diefes Nannes aber muß man es unftreitig rechnen, was meh⸗ ere Schriftfteler verfichern, daß feine Freunde Ihn als Inen wirftichen Gott, als den Hyperboreifchen Apoll ana ebetet, daß fie feine Ausfprüche als eben fe viele Orakel ufgenommen , daß fie’ alle ihre Entdeckungen ihm allein igefchrieben Hätten, ja daß er endlich ſich ſelbſt für einen Jott ausgegeben, und dem Abaris feine goldene Hüfte ‚yelgt habe ***), | u | - Als *) 5.31. ap. Jambl, Isoges de nos Agısoreies ev Tom - ne ans IvIayseruns Qiiosodies ; disiesaw Ta Toıaayde Uno Tov avdomy ey Tois mau oop- enros baQvAarreeda. TE Acyına (as Fo ner es Jeos, To de ayögnzos , To da color Hu- ævogus.

8. 244; ”) Die vitt, 11. 14, Nieom, ap. Porph. 20. 8, ineert, auct. ap. Jambl, 9I. 92. ner uonsp, eund, 140. & 144. De 198.7...

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DEU. ·

Als den ſtaͤrkſten Bewels des göttlichen Anfehen, worinnen Pythagoras ſich bey feinen Schuͤlern geſezt hatte fuͤhrt man gemeiniglich die beruͤchtigte Formel: ti ſagt's *) an, die fast alter Gründe bey feinen Anhin gern gegolten, und wodurch er alles weitere Nachfrage auf einmal abgebrochen haben ſoll. So reden non bi fem angeblichen Machtfpruch niche nur Cicero **) u) . andere Schrifefteller ***), fondern Apollonius ahmte ih auch in biefem Sinne nad, unb man muß baher glaube daß ein: oder „mehrere ältere Gefchichtfchreiber davon aıl

eine ähnliche Art geredet haben. Diogenes +) iſt de einzige, ber das, er ſagt's, nicht dem Pythagoras m Samos, fondern einem anbern won Zakyntus zueignt; allein lieber möchte id) die ganze Sache vermerfen on - bezweifeln , als glauben, daß ein dem Samifchen glei namigter. Weltweiſe fi unterftanden habe, feinen Edi lern auf eine folche Arc Stillſchweigen zu gebieten; Inden unter allen Männern, bie außer bem Sohn des Di far) den. Namen Ppthagoras getragen haben, fein en ziger Ruhm genug hatte, um ſich eine ſolche Seelenhen ſchaft, als welche die beyden Briechifchen. Wörter it ausfezen, über feine Freunde anmaafen zu Fönnen, E jeder Leſer aber, ber ben Ppibagoras ven Samos gr

x

) Auros ede. a %%) de N. D, 1.5. Nes vero probate folea id, quadil Pythagoreis adsepimus : quos ferunt,, fi quidafırat tent in difputando , cum ex ils qusereratur, qum Ita eflet , telpaddere folitos, ipfe dixir. Ipſo autım etst Pythagoras; tentum opinio praejudieata patent, ut etlam fine ratione valeret aufteritas, ı 668) ap, Mens ad VIII. /6. 1 > I 111 077 Pe

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Geſchichte der Pothagoreiſchen Sefelſchaft *

weit Pond, als ich Ihm bisher geſchildert Gabe, muß für gieich fühlen, daß bie ſtolze Tprannifche Formel, wie fie ihm zuerft Yon eihigen underfländigen Bewunderern zugeſchrieben, und Bon andern nachher wieberbolt worden,

nicht-einen Weiſen zum Urheber Haben koͤnge, der mäßige

Schäzung feiner eigenen, und Anerkennung fremder Verdienſte durch Benfpiel und Grundfäze lehtte, im daß fie auch unmöglich gegen ſolche Maͤnner habe ge⸗ brauche werden Finnen, bergleichen Phthagoras in feinen Freunden waͤhlte oder bildete. Ich vermuthe aber doch nicht, daß man das &uros «dw ganz erdichtet, ſon⸗ dern daß man es nur verdreht und misnerftanben habe,

Unterbeffen ann man viel enefcheibender behaupten, baß

det Sinn, ben man in diefe Worte zu legen fliegt, falſch (9, als man ihre wahre Bedeutung und die Umſtaͤnde, unter welchen fie ausgeſprochen worden, wieder finden kann. Ich will aber bach immer lieber eine jede am

dee, nur mögliche und dem Chataktet des Pythagoras |

nd feiner Freunde entſprechende Auslegung annehmen, ld mit der Vertheidigung det gemeinen, ben erftern eines

In Norrheit grängenden Stolzes, und bie leztern eines

Indifchen Bloͤdſinnes und einer verächtlichen Geduld bes duldigen, . Vielleicht brauchten die Verehtet des Pytha⸗ jora6 das: er ſagt's, als ein Loſüngswort, um dadurch

inujeigen, daß die Meynungen und Rathſchlaͤge, die.

ie im teglerenden Rath zu Kroton derttugen, auch bie es Pythagoras ſehen *): ober fie ſprachen es auch aus, m fi ſich unter einonder gu ſagen daß gewiſſe Entfchlie⸗

Ff2 ßungen

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beiten befragt; 8. 177. ap. Jembl,

een euere PET IRER KISTEN VEEREEFOENEREHEEN /

*) Pythagoras wurde häufig in den titigfien Bingelegens |

fungen Ijo gefaßt, gewiſſe Entwuͤrfe auch von Hm fehf gebilligt worden ,/ und nun ausgeführt werben fellten: eder man erinnerte endlich auch dadurch folche Pprhaye seer , die noch in der Prüfungszeit begriffen waren, und alfe das innere Triebwerk und die Geheimniſſe der Geſel⸗ ſchaft noch nicht Pannen, daß fie izo noch nicht die Gruͤnde von dem, was man. von Ihnen verlangte, ober ihnen vr. bet, oder auftrug, erfahren koͤnnte, und ſich in mandm Böllen mit dem bioßen Anfehen bes Hauptes ihres Orden begnuͤgen müßten, Kine jebe dieſer Vermuthungen ſſ gedenkbarer, als bie Sage, daß Pythagoras ſeinen Schuͤlern Meynungen ohne Beweiſe aufgedrungen, un ‚eine loͤbliche Wißbegierde durch einen undernuͤnfüige Machtſoruch unterdruͤckt haben ſollte.

Machdem Pythagoras eine gewiſſe Zahl von pruͤften Freunden zuſammengebracht, und ſie bemozm hatte, nach den von ihm vorgeſchriebenen Geſezen zu b ben und zu handeln; nahm er mit ihnen gleichſam de Verabredung, daß Feiner ein Mitglied ihres heiligen Freundſchaftsbundes werden follte, den er nicht vorhe geprüft hätte, und der fich nicht ſolche Prüfungen geld fen laſſen würde *), Pythagoras machte daher, ga würdigen Zeugniffen zu Felge, nicht einmal jemanden W

. Hofnung, ihn 'dereinſt unter feine vertrautern Granit

aufzunehmen, wenn er nicht vorher deffen ganze Bildes

- so , . . = " ®) Man fehe Ariftox. ap. Jambl. 9 95. Diog. ap. Perphrt 13, S. op, Jembl. 71. Die leztere diefer 4 Stel ift faſt ganz aus dem Ariftorenus ; und auch die zweyſt ber Etzaͤhlnng dieſes Geſchicht ſchreibers u man, \ 2 |

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 453 Mienen, Geberden, Stellungen, Oang und Bewe⸗ | jungen genau unterfuchs hatte. Aus allen diefen äußern Zeichen zufammen genommen, lockte er wahrfdyeinliche Bermuthungen über die Fähigfeiten und -Gefianungen hm fonft unbefannter Perfonen, hervor, Und er wurde ' zaher von den Alten für einen großen Renner, oder auch ür ben Erfinder der Kunft gehalten, das Unfichrbare im Menfchen aus dem Sichtbaren zu errathen. Pythagoras jatte aber fich felbft und andere zu lange beobachtet, a6 - zaß er auf fo erägliche Data, allein, fich hätte verlaſſen, der ben ihnen hätte flehen bleiben ſollen. Er forfchte ılfo weiter nach, wie diejenigen, bie fi um feine ver traute Freundſchaft bewarben, ſich gegen Ihre Eltern, Hausgenoſſen und Freunde hetruͤgen, und wie bie leztern heſcaffen waͤren? Er gab auf ihr Sachen, Ihre Reden md Schweigen, auf ihre Zerſtreuungen und Geſchaͤfte, md alle ihre übrigen Bewegungen Acht, und unterfuchte mdlih, ob, und wann und bey welchen Gelegenheiten, und wie ſehr fie aufgebracht, ober erfreuet und nieberges lagen würden ? ob fie zänfifch und ungefeflig und roh, der frieöfertig,, „freundlich und milde wären? Bon der Prüfung der Genmüchsart feiner künftigen Freunde ging r zur Ergrünbung ihrer Sählgfeiten fort. Er merke uf, ob fie die Renneniffe, die er ihnen miteheilte, Teiche, nd begierig faßten, und treu. unb Bauerhaft Gebielten, der ob fie ihm nur langſam folgten, von bem, was ee nen fagte, nur wenig erwedt und erwaͤrmt würden, ‘und b feine Neben fich nach einem gemiffen Zeittaume in ifa im Gebächeniffe werftümmelten, oder gar Daraus ver⸗ hwaͤnden. Am allermeiften fuchte aber Pythagoras zu fahren, ob jemand anvertraute Geheimniſſe aufbewaße En | 5

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ren konnte, oder ob ee geſchwaͤtig, unvorſichtig, mitthe lend und leicht Auszuforfchen fey? Fand nun Pythage. ras, In und nach allen dieſen Prüfungen, in denen, be

ſich ihm darboten, ſolche Gaben und Vorzuge, als nl

von feinen Vertrauten verlangte, fe ruͤckte er ſolche ge

» pröfte Männer in die Claffe der ſchon lange Eingeweihten

ein, und ließ fie mit biefen dieſelbigen Vorrechte gr

Mel Pythagoras nad dem Ausdruck bes Ari renus die Kunft zu ſchweigen mehr, als die Kunſt zur ben fihägte, und die fünftigen Mitglieder feines Bund vorzüglich in Ruͤckſicht auf ihre Verſchwiegenheit auf di Probe feste; fo wurde die ganze Zeit der Prüfung in de

* Zofge die Zeit bes Stilfhmeigens *) genannt, Di

| Merfchmiegenheit, oder dies Setillſchweigen nun, wort Pythagoras fo fehr drang, nahm man (faft iſt es m

" gtaubfich) in der ſtrengſten und eigentlichen Bedeu

Diefes Worts, und überrebete ſich, daß Pythagoras o nen, die er pruͤfte, geboten habe, ihren Mimd waͤſen elnes Zeitraums von zweh ober drey, ober gar fünf Jah ren gänzlich zu nerfchließen, und gegen Eeinen Menſche

auch nur ein einziges Wort vorzubringen *). Ja mu

glaubte nicht bloß an ein mehrjaͤhriges Stillſchweige— das Pythagoras feinen Freunden auferlegt habe, ſonden man ahmte es, wie die angefuͤhrten Schriftſteller ben fen , fo gar nach, und pries es ala das vortreflichſte MH el, Herr feiner: ſelbſt und Meiſter feiner Sungt AT

m TREE SEI SH En —— | #) exenudies, . B

#*) Man fehe die Zeugniſſe geſammlet ap, Riıtınh 4 .. , Pasph, $, 19. Pr 20,

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 455

den, ferner ſich von allen lerdiſchen Dingen abzuziehen, |

und die vertrautefle Bekanntſchaft mit feinem Innern zu erlangen. Eben diefe leichrgläubige. Münner, Deren Beyſpiel abermals zeige, wie viele Unrichtigkeiten und

Ungereimtheiten durch bloße: Firfalt und Mißverftand in

bie Pythagoreiſche Geſchichte gefommen find, gehen nur darinn von einander ab, daß einige zwey, andere drey, bie meiften aber das, was fie fid) kaum als möglich hät tn vorſtellen follen, fünf Jahre, als den beftimmten Zeltpunct angeben, während welchem bie einzuweihenden Porhagoreer gar nicht reden, fondern nur hören, und ih⸗

ven Lehrer nicht einmal von Angeficht zu Angefiche (eben

dürften, Man betrachtete, fcheint eg, bie Pythagorei⸗ ſche Phitofopgie als ein Handwerk und die Prüfungszeit als beſchwerliche Sehrjapre, welche der Meifter fo viel als möglich zu verlängern gefucht habe. Apulejus iſt bee einzige jüngere Schriftfteller *), welcher fagt, daß Py⸗

thagoras diejenigen, die er prüfte, doch nicht zu einer. -

gänzlichen Stummheit verdammt habe, und ihm ſtimmen

nur allein der Platoniſche Weltweife Taurus **), und ein elender Schriftfteller beym Jamblich ***) barinne bey, daß Pythagoras nicht allen eine gleich lange Zeit des Stillſchweigens und Ser Prüfung auferlegt habe. Dies leitere würde man annehmen, fo wie das vermenntliche

Stillſchweigen Als eine ben Pythagoras und feine Freunde:

entehrende Erdichtung verwerfen muͤſſen, wenn jenes auch von niemanden begeugt, und dleſem von. keinem wider.

Ä [+ 0 fpeos mn EEE, resume —* ea 1 *) S. 90 *

456 Drittes Zub, Be

methode *) bes Pythageras zu danken haben, melde nichts von einer völligen Aufhebung bes Gebrauchs der

Sprache, noch auch von einer unveränderlichen, für alle

ohne Unterfchieb feſtgeſezten Prüfungszeit. Er erzählt

nur, daß Pothagoras einen jeden vorzöglich wegen der

ſorochen wuͤrde. Ariſtoxinus aber, dem “wir die (Rn | - Läuftigfte und glaubwürpigfte Befchreibung der Prüfungs

Gabe zu ſchweigen erprobt, und wein er diefe und an-

\

- dere Vollkommenheiten in Perfonen gefunden hätte, a ihnen alsdenn fein ganzes Zutrauen geſchenkt habe, Na⸗ tarlich wurde es dem Pythagoras bey dem einen leichter, bey dem andern ſchwerer, ihn genau kennen zu fernen,

und eine nothwendige Folge hievon war, daß der eine fruͤ— her, der andere ſpaͤter in feine Geſellſchaft aufgenemmen wurde.

Weber Ariſtoenus noch irgend ein zuverlaͤſſiger Geſchichtfchrelber ſagt etwas davon, daß Pychagoras der

nen, bie ſich zu Mitgliedern feiner Geſellſchaft meldeten,

beſchwerliche und peinliche Büßungen auferlegt” hobe,

durch melche in fpätern Zeiten Chriften und Nichtchriſten

alle diejenigeri durchgehen ließen, die in Kloͤſter oder Mix

fterion aufgenommen werben wollten. Solche unnoͤthige,

und in dem damaligen Zeitalter mehr abſchreckende ald

einladende Kreuzigunigen würben den Abfichten des Samlı

ſchen Weltweifen eben fo hindetlich gemefen feyn, als bie

Prellereyen, die Kratinus in einem Fragment beym Die

genes ſchildert *), Denn man mag voraus ſezen, dab Py⸗

) 8,94, 9. ap, Jambl, *) VI. 37. Eos sw wureis, a Tıy nor zn —— DISZICH damıyopne Ti⸗

| Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 457 Ppifagoras und feine Freunde diejenigen, bie ſich blewei. fen in ihre Verſammlungen miſchten, ober auch diejeni⸗ gen, die bereinft von ihnen als Brüder geliebt zu fen wünfchten,, auf bie vom Griechiſchen Komiker beſchrie⸗ bene muthwillige Art gefoppt haben; fo kann man ein ſolches Betragen in feinem Falle anders, als des Ernſtes ber Pythagoteer unmwürbig, ‚und eben bewegen unglaub⸗ lich nennen. Kratin harte wahrſcheinlich Davon gehädrt, daß Pytbagsras auch die Fähigkeiten von Perfonen uns terfuche ; er glaubte daher, oder ſtellte fich doch, als wenn er es glaubte, baß biefer Weltweife und feine Gehuͤlfen alle Neulinge durch fpisfindige eben, oder verfängliche Fragen zu verwirren und nieberzumerfen fuchten, und hieraus entfiand die übertriebene Schilderung, (dergleis | chen den älteften komiſchen Dichtern fehr gewoͤhnlich wa» ren), wodurch die Pythagoreer in mitdoiuize Sophiſten verwandelt wurden ).

f5 Ein⸗

e

Ins Toy Aayav gwuns » TOsesrray na

Kunay Tore avrıevos, Ten Teenci, Tois Tegı Eapoeaı, Tes awenravus, Tois neyadıaw vaßun gInoS.

Diefe Stelle habe ich vormals unrichrig verſtanden. pag. 282 Hit. doftrisz de vero Deo, -

Noch feltfamer als Kratin, ber der Pythagoreer fpotten wollte, mahlte das Haupt derſelben ein neuerer Schrift ſteller, und gewiß in der Abſicht, das feierliche und

heilige ber Pythagoreifhen Sazungen zu erheben. S. 72. _ . a9, Jambl, Er ſagt naͤmlich, daß man die Lehrlinge ef -

drey Jahre hintereinander vernochläffigt, oder ihnen mit

Verachtung begegnet, und ihnen alsdenn noch ein fünfs Jäpriges Stillſchweigen auferlegt habe.

.

4588 777Drittes Buch. |

Eine gemeine Sage, die aber allem m Wera | wach wiederum aus Mißverſtaͤndniß entftanden iſt, iſt bieſe: daß bie Pythagoreer entweder gleich ‚wenn fie ſich zu Pünftigen Mitgliedern ber Sefelfchaft angaben *),

oder auch wenn fie ihre Prüfungszeit überftanden hatten, Ihe ganzes Vermögen der Geſellſchaft überliefert hätten,

und daß daher unter den Ppipagoreern eine völlige Ge

meinfchoft der Guͤter eingeführt gemefen fen ), -Diefes ‚Zufammenpäufen aller Haabe, welches Pythagoras zw

gleich mit der Zuſammenſchmelzung ber Seelen verbunden haben foll, ift eine fo unwahrſcheinliche Sache, und eine

mit der Klugheit diefes Mannes fo wenig vereinbare Um

ternehmung, daß man fie läugnen Pönnte, wenn fie

aquch nicht von den erfien und zuverläffigften Geſchicht⸗

ſchreibern nerworfen würde, Fuͤr die Pythagoreiſche Ge⸗

meinſchaft bey Güter zeugen nur ſpaͤtere ober ungültige Schriftſteller, unter welchen wahrfcheinlich Timaͤus der vornehmſte if. Wenn nämlich in den Worten des Dim . geneg *%*),, die id) unten anführe,, nicht Nachrichten vers fchiedener Männer vermiſcht find, wie es nicht ſcheint; fo iſt Timäus der etfie, der won einer Gemeinſchaft aller Güter unter ben Pythagoreern gereder hat. Nimmt _man blagegen an, daß Diogenes nach den beyden erſten

| Glie⸗

e) Diog sp. Jembl, 72. 68. . Gon) Dieg. VIII. io. Apellon, sp. Jambl. 237. it. car. NI- ... sO@. op. Porpb, S. 20. Taurus ap. Gell. 1.9. er, vill. 10. 276 T9 WEwWToS (ar Oneı 0 Tuuases) zone Ta DiAwy zur. Koss BrAuay sooTrnTo. na aurs 0 nadnraı narerıgerro Tas Bolas, 6 ev TorBusvon

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Seſchichte der Pothagereiſchen Geſellſchaft. 459 Gliedern ober Abſaͤzen ber angejogenen Stelle, bie Er⸗ aͤhlung eines andern Geſchichtſchreibers mittheilt; ſo iſt zwar Timaͤus alsdenn frey von der Schuld der Erdichtung, oder eines groben Misverftändniffes; man muß fie aber alsdenn auf einen andern eben fo nachläffigen oder era "Dichteten Geſchichtſchreiber übertragen. Unlaͤugbar ging der Glaube an die Gemeinfchaft der Güter unter den Freunden des Pythagoras über Chriſti Geburt hinaus; Denn Apollonius erwaͤhnt ihrer ſchon. Wer aber auch zuerſt davon geredet haben mag; fo iſt es immer ausge macht, daß fie niemals umter ihnen ſtatt gefunden hat. :Diea beweifen. die Erzählungen des Ariftorenus beym Jam⸗ blich*), nach welchen bie Pythagoreer bey der Gefahr von Bruͤdern, deren Gluͤck einen nahen Umſturz drohte, alle Baarſchaft, die fie nur aufbringen konnten, zuſam⸗ menraften, um ihre wankenden Freunde zu unterflügen, Eben diefe Benfpiele von Nothhuͤlfe wiederholt Diodor aus dem Ariftopenus **), und begleitet fie.mit der Ans merkung, bie wahrfcheinlich aus demfelbigen Schriftſtel⸗ ler genommen iſt, daß die Pythagoreer mit einem jeden Teilnehmer ihres Bundes, der fein Vermögen verloh⸗ zen hatte, das ihrige bruͤderlich gerheilt, und daß fie dieſen Sreundfchaftsbienft nicht bIHß denjenigen, mit denen fie täglich umgegangen wären, fandern quch ſolchen, Die fie nie, von Perfon Pennen gelernt, erwieſen hätten, Die Meranlaffungen der Meynung von Der Gemeinſchaft ber Güter unter den Pythagoreern laffen ſich leicht ausſin⸗ ben,. und find in Ruͤckſicht auf diejenigen‘, bie bader⸗ . Ä en rre 9) 8.239. 09) 55 eve.

460 Drittes Buch.

| ive geführt wurden, viel verglichen ‚als die von vielen

/

andern, Sie liegen nämlich in den Ausſpruͤchen bes

Porhageras *), bie nachher unter den Griechen. Eprüd: wörter wurden 9%): daß die Freundſchaft eine völlige Gleichheit, und eine Zuſammenſchmelzung mehrerer Her: gen in eins, und ein wahrer Freund ein anderes Ich oder felbft ſey, daß daher unter Freunden alles gemein fon muͤſſe. Dies legte Freundſchaftsgeſez, was die Pytha⸗ goreer in feinem ganzen Umſange erfüllten, und nah - weichem feiner von ihnen etwas befaß, ober in feine Macht hatte , was er nicht, und wenn es auch das Leben geweſen wäre, einens jeden feiner Freunde willig mitgetheilt und aufgeopfert hätte, bies Gefez legte man faͤlſchlich 6 aus, als wenn Pythagoras alles Eigenthum einzelner Mitglieder hätte aufheben‘, und aus-den Guͤtern aller einen gemeinfhafttichen Bond des ganzen Ordens hätte gründen wollen.

Nichts iſt glaublicher, als was Diogenes ser) beym Jamblich erzaͤhlt, daß die Pythagoreer ein jedes unmire diges Mitglied, das wider die Grundſaͤze ihrer Geſell⸗ ſchaft gröblich fündigte, und durch Safter oder Miſſetha⸗ ten alle feine übrjgen Mitbruͤder befchimpfte, von dem gefunden Körper abgefondert und ausgeworfen, baß fie «6 _ ferner für todt erfläre, und Ihm als einem Verſtorbenen ein Grabmal gefest haben. Falſch Hingegen iſt der Zus fa diefes Schriftſtellers, den ich nicht weiter gu widerle. "gen. daß fe einem ſolchen ausgeſtoßenen Oru⸗

der 89) Dog. VI, i10. ex Tim. & Che. rn Menıg. ed, h. l. *s) IX, e, 8. Ethiec.

rauj 8. 72. Du

,

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 461 der zweymal fo viel, ober noch mehr zurück gegeben hätten, ats er bey feinem Eintritt in die Caſſe der ganzen Geſell⸗ ſchaft eingeliefert Hatte *).

Aus bem bisherigen kann man leicht beſtimmen wie viele Hauptelaſſen von Freunden oder Anhaͤngern Pythagoras gehabt habe, wenn man diejenigen nicht. mit dazu rechnet, die feinen und feiner Schüler Reden bis-

weilen, ober aud) oft mit Bewunderung zubdeten, ohne |

fonft mit ihnen in nähere Verbindung zu kommen. Es waren nämlich, und konnten ihrer niche mehr als zwo ſeyn: erſtlich ſolche, bie Pythagoras geprüft hatte, und denen er fich ganz offenbarte: und wiederum. ſolche, Die noch geprüft wurbin, und vor Denen man noch immer etwas zurüc hielt. Dies beftärigt das Zeugniß des Ari» ftorenus**), nach welchem man die ſtreitenden, unbe⸗ ſtimmten, oder gar lächerlichen Eintheilungen und Bes nennungen ber Pythagoreer berichtigen ober verwerfen muß ***) es iſt Ve was die meiften

! Dee

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—, ve * Dieſe meqhricht iſt gewiß falſch, wenn fie vom Einlegen und der doppelten Ruͤckzahlung des ganzen Vermoͤgens verſtanden ward. Wahrſcheinlich iſt es unterdeſſen, baß ein jedes Mitglied bey ſeiner Aufnahme in die Geſell⸗ ſchaft eine gewiſſe Summe hergeben, und auch nachher noch immer beytragen muſte, nm die gemeinſchaftlichen Ausgaben der ganzen Geſellſchaft daraus zu beftreiten.- 8) 8,05. up. Jembl. Ev Mey 8 diameign Toutes ameonone, x mes raul® nareı TSS movrda- vovjas. Tas re deuolovras.ras. wyaJos Tns ' Lg Saulo.aodıess aveveıve. vr, Die Hauptftellen find folgende. Taur. ap. Gell.1.9. Diog. ap, Perph, 37. & ibi Rittersh, ap Jemb! 73.81. "wid, & 89. Anonym, r Phot, 1, Hiemit vergisiche man on Meng.

462 = Drittes Sud,

bergen *), baß bie noch aicht bewaͤhrten Freunbe des Pyttzagoras Akuſtiker ober Akusmatiker und Exote⸗ riker; bie geprüften hingegen entweder Eſoieriker oder Mathematlker genannt wurden. Auch iſt es nicht uns glaublich, daß bie legtere nach ihren verfchlibenen Faͤtzig⸗ keiten entweder für die Erforſchug und den Vortrag von Wiſſenſchaften, oder auch für oͤffentliche Geſchaͤfte entweder die Namen von Thesretikern ober Phyſikern, oder auch von Politikern und Nomothetikern trugen. Falſch hingegen, und ganz wider das, was Ich von bein Unter:

kichte der Pyhthagoreer aus dem Ariftorenus erzähle habe,

iſt es, daß die einen deßwegen Eforerifer und Mathema⸗ tiker genannt worden, weil fie ben. Poehageras innet halb des Vorhangs gehoͤret, und ſelne geheimſten Lehren aus⸗ faͤhrlich, und mit allen ihren Beweifen aus feinen, Munde empfangen hätten? die andern hingegen Efoterifer und Alusmatifer , weil fie den Pythagoras außerhalb bes Vorhangs gehöet, und fih bloß mir gewiſſen kurzen und tnbewiefenen Lehrſaͤzen hätten begnügen müffen. Eben fa gefchichtwidrig, und ſelbſt mit der gefunden Vernunft ſtreitend, find die Eintheilungen des Ungenannten beym Photlus die vom hienloſen Suldas ‚und einem ſchwach⸗

koͤpfigten

J 4 RL SL we j ur u 2 tin han

Menag. ad VIII. 38: & Schefl, de Phil, italten e. XI. ‚Der leztere fällt in ein ünverſtaͤndliches Gewirre, weil er alle Nachrichten der Griechen ohne Ausnahme gelten laͤßt, und fo viele Rangordnungen von Ppthagoreern heraut zu bringen ſucht, als fi Benennungen derſel⸗ . ben in elenden Schriftſtellern finden, die von den ren Bie falſcheſten und ungereimteften Begriffe aben.

9 Bel. Tour, & blox. ſ..

I

Berichte der Potfagoreihen Geflfihaft. 463

koͤpfigten Schollaften des: Theokrit wiederholt ‚werden, Unter ben Pythagsreern, fagen dieſe Männer, waren einige ganz bem Beſchauen oder ber Betrachtung ergeben, und diefe wurden Ehrwuͤrdige genannt. Andere bes fhäftigten ſich mit weltlichen Dingen, und diefe hießen. Politiker. Eine dritte Claſſe arbeitere in den mathema⸗ tischen Wiffenfchaften , und diefe führten ben Namen von Mathematifern. Berner wurden diejenigen, Die dem Pythagoras ſelbſt hörten, Puthagorifer ; ſolche hingegen, die nur von feinen Schülern Unterricht enrpfingen , Pi thagoreer; und endlich alle übrigen, Die fonft dem Pya\, thagoras wohl wollten ober nacheiferten, Pythagoriſten genannt *).

Nachdem Ic iso bie ganze Innere Einrichtung der Pythagoreiſchen Geſellſchaft befchrieben habe; fo frage ich nun einen jeden. Leſer, ob es ihm glaublicher vorkomme, daß diefe Männer (mie man in der neuern Zeit allgemein

auge *) Nach dem Dikaͤarch (8.19. ap. Porph.) wurden nicht nur Maͤnner, ſondern auch Weiber in die Pythagoreiſchen Geſellſchaften aufgenommen. Hiemit aber wollte Dis kfgarch nichts weiter fagen, als daß die Weiber und Toͤchter der Pythagoreer nach den Brundfäzen ihrer Männer und Vaͤter ſich gekleidet, genaͤhtt, gehandelt, „und ihre Kinder erzogen hätten. Uebrigend fiebt man aus der Einrichtung der ganzen Gefellichaft, wie Aris florenns fie beſchrieben hat, daß das weibliche Geſchlecht weder an dem fruͤhen Unterrichte, noch an den heftigen Leibesbewegungen, noch endlich an den nachmittaͤgigen Berathſchlagungen Theil genommen habe, oder nehmen konnte. Wenn es nicht verboten war, die Geheimniſſe bes Bundes Weibern auzuvertrauen; fo ſagt doch auch kein glaubwuͤrdiger Schriftſteller, daß dieſe⸗ geboten oder gewoͤhnlich geweſen ſey.

J

44, - Dritte Bud, angenomm bat und noch annimmt) I einer beſtindig Entfernung von oͤffentlichen Geſchaͤften gelebt, und ſich ganz in bie. Betrachtung und Erforfhung himmſiſcher und unſichtbarer Dinge verſenkt haben, oder ob er es den Sajungen des Pythagoras entſprechender finde, dah er und feine Schüler ihre Kenntniſſe und Kräfte, wie ver ihnen die Weifen von Griechenland, und machher bie Eleatiker thaten, in einem handelnben geben, ‚und in der Uebernehmung Öffentlicher Aemter und Warden zum Dienſte ihres Vaterlandes angewande haben? Das leztere behaupten alle aͤltere, zuverlaͤſſige und bie meiſten neuern unzuverlaͤſſigen Schriftſteller; das erſtere Hingegen nriur allein Heraklides Pontikus, und nach ihm Apolle als, Nikomachus, und bie meiften neuern Platoniker, bie ſich aber zugleich ſelbſt widerſprechen. Denn eben dieſe Männer, die den Pythagoras an einigen Stellen als den Stifter eines philofophifchen Moͤnchordens ſchil⸗ dern, ſtimmen wiederum mit den glaubmürbigften Gr ſchichtſchreibern darinn überein, daß die Pythagoreer In allen Städten, wo fie ſich fanden, eine genau verbundene Geſellſchaft von Staatsmärnern ausmadhten, bie nach den vortreflichen Brundfäzen ihres Oberhauptes oͤffentliche Angelegenheiten verwalteten, Eitten und Geſeze zu ver beſſern, Alleinherrſchaft, oder übermäßige druͤckende Ge⸗ walt eines oder einiger Tyrannen zu hindern und zu ver tilgen, Eintracht und Frieden unter allen Ständen u erhalten, und eine gemäßigte, auf das Gluͤck aller abs " Jlelende Ariſtokratiſche Regierungsform einzufüßren und gu befeftigen ſuchten. Kein anderes Factum in der gan gen MPythagoreiſchen Geſchichte wird durch fo viele Ausſa⸗ gen, und wat ſolcher Männer beftäige, bie ve »

d

Oeſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 465

allen Übrigen Puncten von einander abwichen. Ich

will dieſe Beweisſtellen nach der Ordnung ber Zeit, in

welcher ihre Verfaſſer gelebe habe, Hinter einander an⸗ führen, weil es hier nicht bloß um den hiftorifchen Vor«

trag von unbezweifelten Nachrichten, fondern um den

Beweis einer Sache zu thun iſt, bie wider bie allgemeine

Meynung ber Oetepeten der leztern Jahrhunderte läuft. : .

Schon Theopomp hlelt den Pythageras zwar “nicht für einen fo edel denfenben "Staatsmann, als er wirk⸗ lih.war, (befannt aber iſt es, daß Theopomp nie im Soben, aber faft immer im Tadeln zu viel that) aber doch

für einen feinen politifchen Kopf, ber unter dem Vor⸗

wande feiner fcheinbar ſchoͤnen Philofophie fich der Alleine berefchaft zu bemächtigen, und ähnliche gewaltthätige Ge⸗ finnungen feinen Schülern einzuflößen geſucht haͤtte. Er

verglich Daher den Athenlon, einen Arijtorelifchen Welte

weifen, der im Michridarifchen Kriege fich zum Tyrans -

nen von Athen aufwarf, mit dem Pythagoras, und fezte Dinzu, daß der erftere dem Benfpiel und den Grundfäzen dis leztern gefolgt fen *). Eben fo urtheilte Hermipp über den Pythagoras, mie nicht nur aus den verbefferten

Morten des Athenaͤus, fondern auch aus feiner oben ges

prüften Erzählung von dem Aufenthalte, des Pythagoras in einer Hoͤhle erhellet. Zwiſchen dieſe bende Schriftſtel⸗ ter falle Arifterenug‘, der nicht nur ſie, ſondern auch die - meiften der folgenden als Geſchichtſchreiber überwiegt. Die orueflche Schüler des Ariftoteles en erlih

| daß

x ——

9) Athen, XV, 4.

v

466 re vaß die Pythagorrer den ganzen Nachmittag auf polltiſche, ſowohl einlaͤndiſche als auslaͤndiſche Angelegenheiten ver⸗ wandt hätten®), er ſagt ferner, daß man den Pythago⸗ - seern alle Abend beym Weggehen von Ihren Gaftmälern

eingeprägt habe: der Gerechtigfeie und ven Geſezen zu |

helfen, und mit ber Ungerechtigkeit und Tyranney einen unaufhoͤrlichen Krieg zu führen **), Endlich. bezeugt er, daß die Pythagoreer folgende Ermahnung , als ben Inbegriff ihrer und aller rechtfchoffenen Männer Sitten⸗ lehre beftändig wiederholt hätten: daß man auf alle nur mögliche Arten, und felbft mit’ Feuer und Schwert , vom Körper Krankheit, von der Seele Unwiſſenheit, oder vie, "mehr roße Ungebildheit, vom Bauche Schwelgerep, von Staͤdten Aufruhr, -von Familien Uneinigkeit entfernen und verrilgen, und in allen Dingen ſich vor Uebermaaß Hüten müffe ***). Alle diefe Stellen des Ariftorenus wer⸗ .n _. ie

4

Ran,

22)8. 97. op. Jambl, u

.: WE) 8S. 100. You Te BenIen, nos volusce More.

. . ap. Stob, Serm. 41. Auch redete er von den Ppthago⸗ reifhen Grundfäzen ber Erziehung, als wenn fie nur allem Fuͤhrer von Staaten oder. Herren hätten bilden wollen, Bu 2

orq) Arif,ap, Nisom, inPorpb, vik,(,22. Duyadeulor Won ANXN, Kacı FERIROMTEey ups αν erden

>

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—X——— —E—— —RXRX XC de Sacıy, bius de dio Deoounie cu8 de nayrov rwueresav: Man fehe den Arifkorenus

au ap, Btob. Sorm. 41. p. 243. Don ihm iſt, wie ich vorher fihon beinerkt habe, uabefibeinlig auch der äweyhundert und viergehnte Abfaz im Jamoͤlich, mo

—*

N

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 467

en durch ſeine Nachrichten von den Urſachen und Folgen es Unterganges ber. Pythagoreiſchen Schule, die ich achher anfuͤhren will, bekraͤftige und erlaͤutert. Auch Akaͤarch, ungeachtet er in einigen Umftänben von feinem clehrten Freunde abgeht, kommt dach darin mit ihm zu— mmen, daß Pythagoras das Haupt einer mächtigen yefellfhaft gewefen ſey, die ſich über viele Städte ver, eltet, felbft benachbarte ungriechifche Koͤnige und Dips ıften zu Mitgliedern gehabt, allenthalben einen überwie nden Einfluß in Staatsgefchäfte erhalten, und end, h durch ihren Untergang die größten Unsrdnungen in Ien Staaten von Großgriechenfand nach fich gezogen be ). Nach diefen reden Polpbius**), ‚Cicero ***)

Gs 2 und

er fagt, daß Pythagoras alenthalben Tyrannen verjagt, Geſezloſigkeit gebändigt, und alte Rechte und Freyheit wieder hergeftellt Habe: Tupanı das de xurarumv, ROU-WONTEIOS OUYxEXUuEvaS DETETTOV, @Acu- Yıgmav Te umo Ösreıns Tas qroAenı mapadıdas. Ka, Tv Mmagovonov Tau, ußew Te zaros- Auay, aa Tas UBeısas nos TUBEWIRES KaAumy,

na

Kos Teis pev dinascıs Kos Huseoıs Trewov Euren . Nagexmv nainyeuove, Tas de aygıws aydens

na vBeisas ameAduvay Tas ewädies SC,

) Porpb, S..56, -

'*) 11, 39: ü '

*t) de orat. IH. 34. Tuſc. Quseſt. I, ı6, Hane opinie- sem .difcipulus ejus Pythagoras maxime conformarit : qui cum Swperbo rognnate ja ltaliam veniflet, tenuie magnam illam Grascisme sum more. 5 difciplins, cum

?

eiiam dufloritate; multaque iaecula poſtea fie vigutt-

Psthagorcorum namen, uf nalli alii doAT videren- tur, V. 4. Nee vorn Pyihogerss nominis folum in- ventor, verum otiam amplificatör full, - Qii cum

0 | | . pott

\

468... Deiltes Bud und Dioder *) vom Pythagoras, als einem Manne , ben ‚die Krotoniaten in den wichtigfien Fällen und Angelegem - „heiten um Rath befragt und gefolgt hätten, und won dei BGeſellſchaften der Pythagoreer, als von den Haͤuptern | und Vernehmſten, in den Sroßgriehifhen Staaten, bie fie viele Fahre hinter einander durch ihre Weisheit Benfpiele und Geſeze blühend gemacht hätten. Endli

erzähle Strabo **) von den. Tarentinern, daß auch dile Pythagoreiſche Phlloſophie angenommen hätten, u daß unter ben Weltweifen aus diefer Schule. vorzügil Archytas lange mit vielem Ruhme feiner Vaterſtadt geſtanden habe, Eben dieſer Erdbeſchreiber ***) den Parmenides und Zeno. als Pythagoreiſche Philoſo an, durch welche Elea vorzüglich vortrefliche Gefeze halten Hätte, | nn

Penn biefen ie angeführten Schriftſtellern a

alle jüngere Geſchichtſchreiber und Weltweiſen entge ſluͤnden, fo würde boch ein jeder vernünftiger Sorfcher d

Partheh der erftein folgen müffen. Nun aber. ſtim

9 an . . . | | poſt hune Phlisfium ſormonem In lealiam voni exosnayit eam Grseclam , quae magna didte eft, ‚privarim & publice, prachintilimis & Iekltutis artlbus, de Amic. IV. ‚Plus apud me antiquorum ı! &orites valet, vel noßrorum msjorum, qul wort tam religiofa’jura tribuerunt: vel eorus qui in bag terra ‚fuerunt , 'magnemqus Gracchl (quae nune quidem deleta eſt, tum fierebas) inßit ı tis, & praeteptis fuls etudierum, ®) 483. Lid. Xil. Ed. Well, | Boc) VI. 429. Almel, Ed, on) 387 .

4 Br

er 4

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefelfchaft, a66. uch die leztern mit jenen uͤberein, und widerſprechen nur anz allein ſich ſelbſt. Apollonius, deſſen erſter Grund⸗ az dieſer war, unbekannt zu leben, oder body unbekannt u ſterben, und der dieſen Grundſaz für ädyt Pyrhagee eiſch hielt, ſchildert doch *) die Purbagereer als eine Nigarchiſche Parthey, die faft. alle Gewalt in Kroten n Händen gehabt, und ſich der Wahl von Magiſtrats⸗ erfonen durchs Loos mit der äußerfien Macht widerſezt abe, Auf eine eben fo miderfinnige Art freitet Niko⸗ nachus.mit fich felbft. Denn an vielen Orten redet er, . ben wie Apollonius, von ben Pythagoreern, als von himme fc) gefinnten Forſchern und $iebhabern der Wahrheit, - ie ale irrdifche Dinge verachtet hätten; und an andern ingegen pflichtet **).er denjenigen Erzählungen bey, nach oelchen Purhagoras nad) feiner Ankunft in Italien viele Staaten von Tyrannen enflaftee, und in ihre alten ® Rechte und Freyheit wieder eingeſezt habe, Er ſennt die Städte, welche durch die Pythagoreer aus. er Sclaverey Herausgeriffen worden, und‘ hält gar. ben Sbarondas und Zaleukus, die berühmteften Geſezgeber n Großgriechenland, für Mitglieder des Pythagoreiſchen Bundes, Er verfichert ferner, daß aus der Schuledes Pyihagoras nicht nur die gröften Dichter und Weltwei⸗ | en, fondern aud) Geſezgeber hervorgegangen ſeyen, und yaß die von ihnen gefchriebenen Gefeze fogar ins eigente ie Griechenland wären übergetragen worden. Auch He beyden Diogeneffe, die nicht felten bie Pytha⸗ joreer nach dem. vom Heraklides, Apollonius, Nikoma⸗

| De. 7. u Ge Aus

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' “) sp. Jambl. 8, 954. et faq. *s) “p. Jamb!. 5 33« "

chus und anbern entworfenen Gemälde ſchildern ‚imma

: daß jene eben deswegen zur Zeit ‚ber Porbagoreifdei Schule am meiften geblüher haͤtten. Auch er fezt hinzu

>

daß es unter ben Pythagoreern Staatsmänner uad Bu ſezgeber gegeben habe: baß die Städte in Italien ihnen

‚und ihnen eine freye Kegierungsform wieder gegeben hät een, Mit dleſen Nachrichten harmoniret Diogenes

ſagt nämlich), daß Pythagoras ben Italiaͤniſchen Bri

treflich regiert hätten, Allen diefen Stellen füge | "endlich noch folgende aus dem Jambilch hinzu, bie beßwegen zulezt anzeige, weil ihr Werfaffer nicht go

N ..4 4‘ ——— ⸗— WERE [2 "

H 8.1129. Ein Theil diefes Abſazes iſt aus dem Nrifopu

, 9%) VIEL 3. Eıra smanmdes sis Lœnov, ua dr

ETW ROTER. '

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doch hier in bie Erzaͤhlungen aller übrigen Schriftſtel⸗ ein. Der erflere, ben wir nur allein dus feinen Frag menten beym Porphyr und: Jamblich kennen, gefteht *)

bie wichtigften Memter und große Macht anvertraut, unl

Baß’viefe Männer aus vielen Städten Tprannen verjagt,

$aerte **) fo genau, daß «s ſcheint, als wenn fie bey aus einer einzigen Quelle geſchoͤpft haͤtten. Der lezt

chen Geſeze gegeben, und drey hundert Freunde in

tön um ſich her verſammlet habe, die gleichfam e Ariftofratifchen Körper ausgemacht , und den Staat zur

gewi

mus: man vergleiche das Bruchſtuͤck des leztern 244 ferner S. 130⸗433. en

gar Tv marTeıda TUEBNVEREYNV-URO IleAuxgares, anne sis Koorava vns Iraxıs. xuxsı vonss Yes rois Iradıraıs, edofaadn auv rois pad rœux. 0 MEI TES TEIEHOTIES OVTES, wRovougt

LITE TE KOAITINE, MS TE oxeder BLISORELTIET * ar

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Geſchichte der Pptbagoreifchen Geſellſchaft. 471 gewiß bekannt ift *). Dieſer Gchrififtellee giebt den Pythagoreern das Lob, daß fie unter allen bie vortrefs lichſten Geſezgeber gewefen feyen, und er nennt aufge dem Charondas und Zaleufus noch fünf andere, deren

Namen von den übrigen Geſchichtſchreibern abergangen worden ſind.

| Die bisher angeführten Zeugniffe koͤnnen nicht leicht einem verftändigen Kunſtrichter einen gegründeten Zweifel übrig laffen, daß es vom Heraklides kuͤhne, unver« (hämre Erdichtung, und in ben neuern. Pythagoreern und Pfatenifern grobe Unwiſſenheit, vereinigt mit der Neigung, war, die beruͤhmteſten Weltweiſen des Grie⸗ chiſchen Alterthums ſich aͤhnlich zu denken, wenn fie den Pythagoras und ſeine Freunde als Maͤnner vorſtellten, die einen ſchwaͤrmeriſchen Abſcheu gegen alle vergaͤngliche Guͤter und Groͤßen empfunden, und mit ihrem in ſich gekehrten Geiſte ſtets aus dem alederziehenden Körper und über die ſublunariſche Welt hinaus geſtrebt haͤtten. Verbindet man aber noch mit dieſer großen Zahl von Zeugniſſen die Bemerkung, daß die beruͤhmteſten Nach⸗ folger oder Nachahmer des Pythagoras, Empedokles, Archytas, Timaͤus, Eudoxus und andere, große Staats⸗ maͤnner waren, und erwaͤgt man endlich die Erzaͤhlungen der beruͤhmteſten Geſchichtſchreiber, von den Urſachen und Folgen des Untergangs ber Pythagoreiſchen Gefella fhaften, fo fann man, glaube idy, einen jeden einer biödfmnigen Verſtocktheit oder Anflebung an alte Vor⸗ urthelle beſchuldigen, der es nad) laͤugnen wollte, daß | .Gg 7 Porbas

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*) 8. 172

472 | Drittes Du, Pothagoras vorzüglich befmegen feinen Bunb errichtet

. babe, um durch die Hülfe, Weisheit und den Arm de

ganz von feinem @eifte befeelten Freunde einen maͤchtigen

Einfluß in alle Staatsvermaltungen von Großgrieden

fand zu erhalten, 2 | | Den Untergang des Pythagorelſchen Orhens, br

ſo feſt gegruͤndet zu ſeyn ſchlen, als wenn er weder durh innere noch äußere Gewalt hätte zerſtoͤrt werden koͤnnen“)

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*, Man Fünnte auf die Pythagoreer faſt das anmenden, was Poſidonius von den Volkshirten des goldenen Zeit alters träumte: (Sen, Ep. 90.) Illo ergo’ fscculo, qued aursum perhibetur, penes fepientes fulfle ı- gnum. Pofidonius judieat. Hi continebsut manus, et Infirmioresia validioribus tugbantur ; Tusdebast, diffuadebautgque , & utilis atque inurilia monftrabatt, Horum prudeotis, ne quid deeflet ſuts, provide bat; fortitudo arcebat periculs; henefitdentin augebnt; oamabatque ſubjettos. offielum erst Imperare, nun regnum, Nemo quantum poflet adverfus cos erpe- siebatur, pes quos eoeperat pofle. - Diefer Poſido nius, der fih unter den Griechiſchen Stoikern eben ſe fehr, ald-Seneca unter den Roͤmiſchen, bes Schoͤnredens befleißigte, der ferner pie Wahrheit und Michrigkeit von Sachen nicht genau ünterſuchte, wenn fie ſich nur ſchoͤn erzählen oder declamiren ließen, hielt die Pytha⸗ goreifhe Schule für die Mutter zweener großer Ge— . feageber, die lange vor ihrer Entfiehung geſtorben wur ren, und glaubte doch zugleich, daß fie ſalche Männer in einer heiligen Stille, und m einer Entfernung von - bein Geraͤuſche Iffentlicher Gefchäfte gebildet habe, Zu louci leges (fährt Scueca in eben bein. Briefe and dem Poſidonius fort) Charondaeque laudantur, bi nos ja fara, noe in confulterum atria , fed in Pyehegorse tseito Ile ſanctoque feceflu didiserunt. jurs, quit floronti tune Sieillae, et pot Itallamı Grascie pi Besen, u 5 a

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Seſchchte der Pythagoreiſchen Seſellſchaft. 473

fragen zwar die äfteften und zuverläff lgſten Schriftſteller nicht genau mit denſelbigen Umſtaͤnden vor; allein ſie

ſiimmen doch faft afle.in der Angabe der Veranfaffungen

deſſelben, und in der Beichreibung der Folgen, bie dar⸗ aus entſtanden, mit einander überein, Man mag daher wählen, welchen Führer man will; fo muß man immer zugefiehen, daß ſolche Verſchwoͤrungen, als weldyen die Ppythagoreer unferlagen, nicht gegen eine Schule von ruhigen, alle öffentliche Geſchaͤfte fllehenden, und fi ch ſelbſt lebenden Weltwerſen flat haben fonnteh, und def die Erwürgung oder Verjagung von bioß fpecufirenden Gruͤblern nicht ſolche fuͤrchterliche Zerruͤttungen ganzer Staaten haͤtte nach ſich ziehen koͤnnen, als unlaͤugbar auf die Bertilgung der älteften Pythagoreer folgen.

Nach dem Ariftorenus *) wurden mehrere Veran⸗ loffungen der Verfchwörung wider Die Pyothagoreer anges geben, von denen aber Jamblich nur eine ausgezogen hae**), Ein reicher Krotoniate nämlich, mit Namen’ Kylon , verlangte ein Mitglied des Pythagoreiſchen Bune des zu werden; er wurde aber abgemiefen, weil er. ein kuͤhner, unruhiger und befrfchfüchtiger Kopf war, Dieſe Beſchimpfung ſchmerzte ihn fo fehr, daß er eine Verſchwoͤrung wider fie zu Stande brachte, der die Px«. | thagoreer lange widerſtanden, die ihnen aber doch endlich den Untergang brachte. Sie waren eben in dem Hauſe des Milo verſammlet, und rathſchlagten über wichtige Kriegsangelegenheiten als fie von der Motte des Ky⸗ gs Ä Ion

*, Mit dem Diodor Exe, 554, uͤbereinſtimmt, und in ven meiſten Puncten auch Diogenes VIL 39. —* 3.248, 52.

474. Drittes Buch. _ fon überfallen wurden. Diefe Würhenben Jünbete bie Wohnungen In. welcher die Pythagoreer beyſammen waren, und erwuͤrgten oder verbrannten alle, ben Archh⸗ tas und Lyſis ausgenommen. Mach diefem Vorfall bes kuͤmmerten fid) die Pothagoreerr, wie Ariftorenus mel bet, um feine mithtige Angelegenheiten mehr, theils, weil die Städte ſich ihrer nicht annahmen, am meiften aber deßmegen, weil die Häupter ihres Or⸗ dend, und die größten Gtaatsmänner gefallen waren, on denen, bie ihren Feinden entkamen, gingen einige nad Griechenland: die übrigen verſammleten fih In Rhegium, und blieben ihrer Sebengart und ihren Grunde fügen getreu, ungeachtet ihr Bund aufgehöret hatte. -Diefe Erzählung läßt fi) unmöglich von- einer bloßen phitofophifchen Sekte verſteben man mag fie auch aus⸗ lecgen, wie man will. | Nach dem Dikaͤarch ergriffen bie Vetſchwoͤrer nur vlerzig Pythagoreer auf einem Haufen, und ermordeten | Die übrigen eingeln, wie fie‘ fie in der Stadt antrafen. Pyothagoras ſelbſt aber entwiſchte, und wandte ſich zuerſt nach Lokri. So bald die Einwohner dieſer Stadt feine Annäherung. vernahmen, fandten fie ihm einige Mitglie der bes regierenden Raths mit dem Bedeuten entgegen: daß fie ihn zwar für einen -qußerordentlichen und meifen Mann erfennten, daß fie aber auch mit Ihrer gegenmäts tigen Verfaffnng zufrieden wären, und hinfort auch über ihren Geſezen halten wollten. : Sie erfuchten ihn daher, fi einen andern Aufenthalt zu waͤhlen, als, ihre Stadt; doch ſeyen ſie bereit, ihn mit allem, was er brauchte, zu unterſtuͤzen. Eben fo wurde Pythagoras in Tarent

empfangen und abgewiefen,. und tam alſo endlich nach Meta⸗

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefellfchaft. 475

Metapontum. Denn (fo ſchließt Difäarch) allenthalben - entflanden große Aufruͤhre, von Renen man unter dem Mamen der Verſchwoͤrungen wider die Pythagoreer noch bis auf den heutigen Tag redet *). Wäre Pythago⸗ ras weiter nichts als ein ruhiger Wahrheitsforſcher gewe⸗ fen; fo wärbe man ihm felbft nicht das Einkehren in meh. rere Städte verwehret haben, als wenn von ihm fogleih . Ummälungen von Regierungsform gu befuͤrchten gewe⸗ fen wären, und eben fo wenig würden er und feine Freunde

fo große Empoͤrungen veranlaßt haben, die noch zwey

Jahrhunderte nach ihrem Tode im Munde des Volkes Waren,

| Den Nachrichten bes Apollonius zu folge, baren die Pythagoreer fchon lange ‚vorher den allgemeinen Haß dadurch auf ſich gezogen, daß fie fo genau unter fi) ver» bunden waren, , und fich: fo fehr von ihren Mirbürgern ' unterſchieden. Diefe Unzufriedenheit wurde nicht wenig vermehrt, als nach der Zerſtoͤrung von Sybaris vorzüge . lich auf. ihr Anftiften die eroberten $ändereyen nicht nad dem Wunſche des Pöbels ausgetheilt wurden, So bald nun die Feinde der Pythagoreer merkten, wie fehr diefe an $iebe unter dem ‚großen Haufen verloren hätten, thas . :ten fie, um das Volk noch mehr zu erhizen, den Bor ſchlag, ber in folchen kleinen Staaten, als die Griechi⸗ ſchen uͤberhaupt, und auch der von Kroton war, immer mit dem groͤßten Beyfall auſgenommen wurde, daß alle öffentliche Wuͤrden und Aemter einem jeden Mitbürger, - der Verdienſie beſaͤße, offen ſtehen, und alle Magiftratse

perfös

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*) Diessacch, s; 56. ap. Porph.

476 . Drittes Bud. perfonen einer geroiffen Zahl von Dänen, bie durchs Loos aus dem ganzen Wolfe erwähle würden, Rechen⸗

ſchaft ablegen ſollten. Diefem aufrührifcyen Satwourfe,

. den man in allen alten Freyſtaaten zu’einer gemiffen Zeit

-

mbihre,. und durchfezte, der in allen eine Zeitlang fuͤrch⸗ terliche Spaltungen, bürgerliche Kriege und Dieberlagen, bald der Vornehmen, und bald bes Poͤbels hervorbrachte,

und enblich auch allen, nad) ber Auscottung der edelften

und gröften Männer und Famillen, Knechtſchaft und

‚Untergang zuzoq; Biefem verderblichen Eatwurfe wider:

fezten fih Die Pythagoreer aus allen. Kräften, richteten aber weiter nichts aus, als daß fe ihre Gegenparthen

verftärften, und die Wuth bes Pöbels noch mehr wider

fih reiten, Zween Aufrührer, Kyfon und Ninen, bie

‚durch nieberträchtige Verläumbungen die Väter des Va⸗

terlandes aus dem Wege zu räumen, ‚und zugleich durch friechende Schmeichelepen ſich ſelbſt zu Führern des Vol⸗ kes zu erheben ſuchten, Flagten die Pychagoreer oͤffentlich an. Der leztere ſtellte fh als wenn er in alle ihre Gehelmniffe eingeweiht wäre, und ließ ein untergefchos

benes Buch ablefen, beffen Inhalt tyranniſche und olle

garchifche Geſinnungen, ausſchließenden Eifer für das

Wohl der Geſellſchaft, Verſchwoͤrung wider das Volk, und Verachtung aller derer, die nicht zum Bunde gehoͤr⸗

‚ten, enthielt und empfahl, Er warf es den Krotoriaten als etmas ihrer unmürdiges und fie entehrendeg vor, daß fie fi) von drey hundert Männern beherrfchen lleßen, bie fie taufendmal fo viel am Traentfluß überwunden hätten. Er ermahnte fie endlich, den Verraͤthern fernerhin fein

Gehoͤr zu geben, die es auf alle Weiſe zu hindern geſucht haͤtten, daß ſie ſich zur Behauptung Dur Freyheit nicht

ein,

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\

Gecſchichte der Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 477

einmal haͤtten verſammlen und berathſchlagen ſollen. Durch dieſe Reden wurde den Poͤbel fo ſehr erbittert, daß er einige Tage nachher zufammenlief, um die Porhas goreer umzubringen. Allein diefe merken die Gefahr, die ihnen bevorftand, und flohen entweder in heilige

Schujoͤrter, ober auch außer der Stadt. Nach der

Entweichung felbft wurde ihre Sache unterfucht, und von Schledsrichtern aus Tarent, Kaulonia und Metapont (die ſich aber nach den Archiven in Kroton beſtechen ließen), dahin entſchieden, daß fie, Die Pythagoreer, famt ihren Familien, und denen, die mit der neuen Berfaffung

unzufrieden wären, auf ewig verwiefen feyn follten, Erſt |

nach vielen Fapren, und nach) dem Tode der Hauptaufe ruͤhrer, unter welchen Nino eutſezliche Orauſamkeiten ausübte, ſahen die Krotoniaten das Unrecht ein, was fie ben Pythagoreern angerhan hatten, und ſoͤhnten ſich durch

bie Vermittelung Achaͤiſcher Geſandten, mit den Bere

wiefenen, beren ohngefaͤhr noch fechzig übrig waren, uns ter gewiflen Bedingungen aus, die von beyden Seiten befchworen, und zum ewigen Andenken in Delphi aufbes wahret wurden *).

Der Grund diefer Nachrichten des Apoflonlus

gewiß nicht erdichtet, wie ich oben ſchon bemerkt habe,

und wie audy aus ihrer Uebereinſtimmung mit ben bis, herigen Erzählungen, und mit dem Zeugniffe des Polyb erhellt “), Nachdem_ (fo erzähle dieſer große Beldichte ſchreiber) an der ganzen Küfte von Stalien, die man Groß⸗

°) Jambl, 254 et leg voe) IL 39. Ä

8. Dritte Buch.

Großgriechenland nennt, "alle Geſellſchaften der Poecha⸗

goreer vertilgt worden waren; wurden bie Griechiſchen Staͤdte mit Mord und Aufruhr angefuͤllt, weil ſie ihre größten Männer in einer eben fo.plöglidyen als traurigen Revolution verlohren hatten, _ Alle Griehifhe Wölter ſchickten Abgefandten nach Italien, um die entflandenen

Urruhen und Uneinigfeiten beyzulegen; bie zerrürteren

Staͤdte aber bebienten ſich allein des treuen Beyſtandes und

Nachs der Achäer, welchen zu Folge fie die Geſeze und Ver⸗

_

x j . ——————— ——

faffugg der leztern annahmen, und einen Ort beſtimmten,

wo fie ihre jährlichen Zuſammenkuͤnfte halten, und gemein.

ſchaftliche Angelegenheit abthun wollten, / Bon den Nachrichten der bisher angezogenen Ge.

ſchichtſchreiber weicht zwar der Pythagoreer Theaner,

den Plutarch In der Abhandlung vom Genius bes Sokra⸗ tes redend einführt *)‘, in feiner Belchreibung des Unter⸗ ganges des Bundes darinn ab, daß er die Verſchwoͤrung

der Rylonier nicht in Kroton, fondern in Metapontum

ausbrechen läßt; allein übrigens beſtaͤtigt auch er, oder vielmehr Plutarch die Hauptfacta: daß bie Pythagorel⸗ ſchen Geſellſchaften In allen Städten Italiens durch Rot⸗

ten und Aufſtaͤnde zerſtoͤrt worden, daß in dieſen Unruhen

bie meiſten Pothagoreer umgefommen, und in den Staa⸗ ten von Großgriechenland gleich nachher langwierige Kriege, Meutereyen und Alleinherrſchaften entſtanden ſeyen. Aus den Zeugniſſen alſo aller alten Schriftſteller uͤber die Urſachen und Wirkungen des Untergangs des

= Pythagereiſchen Bundes kann man nicht anders ſchließen,

©) VII. 304. 5. Bd, Relak,

Gefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 479 als daͤß dieſer eine maͤchtige Verbruͤderung von großen

Staatsmaͤnnern war, die ihre Vaterſtaͤdte eine Zeitlang

gluͤcklich machten, mit deren Tode oder Verjagung aber

die wahre Freyheit und Macht eines großen Theils von »

Großgriechenland unmwiederbringlich verlohren gingen *).

- Nur eiſt alsdann, wenn man erkant hat, daß bie Pythagoreer am Ruder vieler maͤchtigen Städte ſaßen,

und daß vom Munde des Pythagoras in Krotsn Ent⸗

würfe uud Rathſchlaͤge, wie Bötterfprüche, über ganz

Großgriechenland ausgingen, nur alsdann erfl fann man’

es fidy recht erklären, warum bie Pythagoreer eine fo uns gewoͤhnliche Froͤmmigkeit, einen fo hervorſtechenden Ei. fer für den reinften Dienft der Götter, und eine fo große Erſahrenheit in allen Theilen der Volksreliglon, und felbft in folchen Kuͤnſten affectirten, die fonft nur von Gauflern und Drieftern getrieben wurden. Alle diefe Dinge fchei nen, sole Ihre Geheimniffe und Symbola, lauter Raͤth. fel oder Ungereimtheiten, fo lange man den wahren

Zweck der Gefelfhaft verfehlt. Pprhagoras harte es , "

am meiften in Aegypten bemerft, daß Arzneykunde, fo unbedeutend fie auch war, ferner ein reines heiliges Leben, die angebliche Gabe meißagen , und den Willen der Goͤtter aus willführlichen Zeichen zu erfahren, befonders “aber der vertraute Umgang mit Goͤttern gleichfam bie Saͤulen des Anfehens, und der faft gränzenlofen weltli,

chen Macht der Prieſter diefes Landes waren. “ihrem .

Beyſpiele alfo zu Folge, ſuchte er feinen Orden nicht nur

auf Tugend und Wohlthaͤtlgtelt zu gründen, ſondern ihn. auch

#) Siehe die Beplage am Ende diefes Kapitels,

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489 Drittes Buche

auch durch alles / was die Arzneyfunde und Nefigien hel-

naes und ehrwuͤrdiges hatten, dem Aberglauben und den

Vorurtheilen des großen Haufens zu empfehlen, Die erſtere wird, mie die Geſchichte, nicht nur der Griechen, ſondern audy aller übrigen Voͤlker lehrt, nie für eme

göttlichere Kunſt, und Diejenigen, die fie beſizen, wie für goͤttlichere Männer gehalten, als ſo lange fie noch mit der Religlon und Zauberfunft, als ein Theil derſelbigen von Prieſtern oder Jongleurs verbunden wird, und hoͤch⸗ ſtens in einer duͤrftigen Sammlung einzelner Erfahrungen "oder Beobachtungen über die Hellfräfte einfacher Mittel beſteht. In diefem Zuftande befand fid Die Heilkunde der Griechen, als Pythagoras nach Itallen kam. Sie

war noch keine Wiſſenſchaft, ſondern, wie man glaubte,

ein Geheimniß der Goͤtter und ihrer Diener. Es gab

noch keine andere Aerzte als Prieſter oder heilige Gaufter, dergleichen Ariftäus und Epimenides.woren. So wie man Krankheiten und Seuchen: für Schickungen ber Götter hielt; fo glaubte man’, daß fie auch nur durch den Raih der Goͤtter, oder durch Luſtrationen und Entſuͤndigun⸗ gen göttlicher Männer vertrieben werden Pönnten. - Py⸗ thageras handelte daher fehr welfe und zweckmaͤßig, wenn | ‘er feine Kenntniffe in der. Heilung von Kranfpeiten.fonol ols Wunden *), die er ſich auf feinen Reifen, und durch eigene Verſuche erworben harte, und die gewiß die

Kenntniffe aller Griechiſchen Priefter übertrafen, auszu.

üben arfing, - und Die Arzneykunſt zu einer Dienerinn

und Gehülfinn: ber Staatskunſt und der Sefezgebenden

Welisheit machte. Wahrſcheinlich erhielten durch ihn | | _ * die

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#) Dios. VIII 2. Diog, ap. Jambl, 63. or Porp

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Gelhihte der Pothahoreiſchen Bepitäaf, 481

Die Aerzte von Kroton einen fo großen Kuf , bo fie für Die erften in ganz. Griechenfand gehalten wurden ; und allem Bermuthen nach war der Krotoniate Demofebes, Der den König der Perfer heilte, entweder vom Pytha⸗ gras, oder einem feiner. Schüler gebildet worden *), Gewiß aber waren, wenn man bem Apollonius bey⸗ ſtimmt **), die glücklichen Euren der Pythagoreer, wo⸗

Durch fie einer Dienge won Perfonen Gefundheit und Seben

wieder gegeben hatten, eine Haupturſache ihrer Zurüde Berufung. Pythagoras und feine Freunde verbanden aber mit den Heilmitteln, bie fie Kranken gaben, noch die Zau⸗

- berkraft der Muſtk und geheimnißvoller Befchwärungen, |

ohne welche alle Völker vor der Vervollkommnung bee Mebicin glaubten, daß Arzeneyen nicht wirkſam feyh Fönuten, Beyde waren im Zeitalter des Pythagoras eben fo nochwendig, einem Kranken Zuperficht zu ſei⸗ nem Aczte eluzuflößen, als es ijo nur die unfchufe digften Künfte großer Aerzte feyn Finnen, Wenn die

teztern nicht mehr muficiren oder beſchwoͤren, fo rührt .

dies bloß daher, weil ihre Kranke: andere Vorurtheile, als die aͤltern Griechen haben.

In eben der Abſicht, in welcher Pythagoras ſeine Freunde mit dem Zaubermantel des Arztes und Beſchwoͤ⸗ rers bekleidete, umgab er ſie auch mit der Heiligkeit, und den Kuͤnſten von Prieſtern und Goͤtterdienern. Die

Pythagoreer wickelten ſich oe nicht in äppige, aber in | | reine,

“) HL 129. 131. Herod, n— you | °) 264 5, Jambl. .

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m Drittes Bub

reine, und gottgefällige SGewänder ein 2); fie enthielten ſich von alten Speifen, die den Einzumeihenden verboten waren: fie lehrten und wohnten faſt in Tempeln und hei gen Hälnen, und naheten fich häufig in Andacht und Anbetung den Bildniffen.und Altären der Bieter, weil man einer Betrachtung des Pythagoras zu folge ihre feierlichen Size nie in guter Abficht befuchen koͤnne, ohne fie beſſer zu verlaſſen, als man fie betreten habe **). Sie unterredeten ſich beſtaͤndig über die Verehrung der Götter, und fangen alle Tage tleder zu ihrem Lobe ab ***), Sie nahmen fein Abendmaͤhl ein, vor und nach welchem fie nicht zu Ehren der Götter Wein ausgegoffen; abet Weihrauch gebrannt hätten. Zwar brachten fie feltener blutige, und auch nicht fo koſtbare Opfer, als die übri« gen Griethen +) dar; allein weit entfernt, daß diefes der ‚guten Meynung von ihrer Heiligkeit geſchadet hätte, ber ſtaͤrkte fie dieſelbe vielmehr. Auch bie gemeinen Griechen wuſten, daß die heiligften Altaͤre ihrer Goͤtter -unblutig ‚waren, und baß Reinigkeit, oder feltene Befleckung der Haͤnde mit dem Blute oder durch die Eemürgung von Thleren ein are eines erfabenern Gösterdienftes ſey. Dr Er 2 565. Exe, Diog. et Atiſt. 1, «, |

ae) Plut, VI. 627.-Ed. Reisk. “4%, Ariſtox. 98. 149..

7) Diog. ap. Porph. S. 36. Bvwy Te deæ —E— m, aADdıras Te xdı nordvm nacı Adavora u puegw Tas Jess eEiasncnivos, auuxos de NKISc: AN ET UN WOTE RÄLKTOLIOH au ray

vXoeuv Tois amarlmroros. Diogenes nahm biefe Vachricht hoͤchſt wahrſcheinlich aus dem Arifkotenus. Man ſehe auch den Diogenes von Laerte Vilh, 20.

„t /

| Sefhicte ber Pythagereiſchen Geſellſchaft. 483 |

Durch biefe Sparſamkeit in ber Opferung von Thleren zewann Pythagoras noch zwey andere große Vortheile: er beugte erſtlich der Schwelgerey vor, bie faſt immer nit reichen Schlachtopſern verbunden war, und lehrte iberdem die Orlechen durch fein und feiner Schuͤler Beyſpiel, daß nicht Pracht und Koſtbarkeit der Opfer, ondern Keinigkeit des Herzens und Ber Hände des Opferins en Die Gnade dee Götter verſchaffe *). Die Pytha⸗ ‚oreet ruͤhmten fi) der genaueften Vertraulichkeit mit ‚örtlichen Naturen, und wunderten ſich, wenn jemand agte, daß er noch niemals einen Dämon in ſichtbarer Beftalt angefehauet habe **), Sie hatten (oder gaben‘ 8 wenigftens vor) Erſcheinungen abgefchlebener Sees em ***), and fonnten es an geroiffen Zeichen erkennen, b die Schatten, bie in Träumen vor ihrer Einbilbungsa raft vorüber ſchwebten, Seelen von lebenden ober vera torbenen Menfchen ſeyen. Um die Gräber ihrer Brüs er war ein gewiſſes Heilige verbreitet, woran fie es nerkten, ob ihnen alle gebuͤhrende Ehre wäre erzeige yorden, oder nicht? Sie: riefen die Geifter abgefchies enet Freunde aus. ifren dunklen Wohnungen hervor, und drten Stimmen derfelßen aus Ihren Ruheſtaͤtten erſchal⸗ nt). Als greunde ber Götter endlich wogten-fie es,

» 2 = beri

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[ . REES

*) Diod,

EN Apul, Ko p, Ai tele erthugorliok mirari öppide folleos, fi Auls fe dencgäret unqusm vidiile Daemos sem, ut reor, Idönsus auctot oſt Ariſloteles.

wa) Plut. Op; T. viñ. de Gen. Ss«. 305.

33 Ich bin zwar igo überzeugt, woran ich fonft zweifelte, daß die Abhandlung über den Genius bes ——

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4. Drittes Buch,

den Wien berfelbigen, und die Zukunft aus allen Arta won Zeichen gu entraͤthſeln, bie unter den Griechen nur bedeutend waren. Sie weißagten daher aus dem älugt und Geſchrey ber Vögel, aus Träumen, Stimmen ind endlich aus. gluͤcklichen oder ungluͤcklichen Vorbeden tungen *)J. | | | Ich unterſtehe mich nicht zu entſcheiden, wie vi von diefer In die Augen fallenden. Gottesſurcht und.sröns migteit ber Pythagoreer wirklicher Eenſt, und wie old nur mögliche, Höhere Abſichten befördernde Verftelun war. Wenn man bedenke, daß Sofrates, und ref alle übrige Griechifche Weltweifen an Eingebungen , Er ſcheinungen und Warnungen von Goͤttern, an ordern tungen und Borberfagungen der Zufunft, endlich an Traͤ⸗ me und Wunder glaubten; fo kann man freylich nic fangfam und vorfichrig genug den Ausfpruch thun, bi Mepnungen und Hantlungen großer Männer des Orle chiſchen Alterchums, die uns grober Aberglauben zu je, ober dergleichen zu verrathen fcheinen, nicht Im Ernit von ihnen angenommen und ausgeübt-feyn koͤnnen. Ueberlegt man aber auf der andern Seite, da} W Rellglon des Pythagoras, wie alle feine übrige Of und Einrichtungen , ouf das vollkommenſte dahin pi meienſtimmten, ihn und feine Schüler zu ehrmürbigendib 0 Ä | | rent

vom Plutarch ſelbſt ſey, allein ich Bin ungewis, 4 man dag, was er ben Theanor fagen und thun laͤßt, alteſten Pythagoreern zuſchreiben koͤnne, und ob N Plutarch vielleicht den Aberglauben der Pprhagert u nt Seit auf die Freunde des Pythagoras uͤbergenv gen habe. EEE 13% 148. | aB 9

I .

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 485

rern und Reglerern von Voͤlkern und Staaten zu machen;

fo fann man fich nicht des Gedankens erwehren, daß Pye tbagoras weniger aberglaͤubiſch, als glücklicher Verſteller |

.

war *). In fpätern Zeiten, da man im Pythagoras nicht

mehr das Haupt einer erlauchten Geſellſchaft von Staates

männern, Seerführern und Geſezgebern ſah, fondern ihn als einen Wunderrhäter und Goͤtterfreund, als einen Weißager und Befchwörer verehrte, und alles das, und noch weit mehr im Ernft that und glaubte, was er und feine Freunde nur zum Scheine angenommen unb geglaubt

hatten, in fpätern Zeiten alfo gab man vor, daß Prtha-

geras feine Wiſſenſchaft göttlicher Dinge nit rur von

den Prieftern vieler Völker, fogar von Sallifchen und’

Epanifchen Druiden, von denen er. vielleicht nie etwas gehöre hatte, und nicht bloß aus Geheimniffen, in die er 2. 263

ec 1 *) Euſebius e. XI. in Hieron. 438. 439. laͤugnet ſchlechter⸗ dings, daß Pythagoras jemals, wie Apollonius, vor⸗ gegeben habe, mit Goͤttern oder Daͤmonen umzugehen:

und zwar aus dem Grunde, weil es weder dem Archp⸗

tas, noch Philolaus, noch Plato eingefallen ſey, auf einen ſolchen Vorzug Anſpruch zu machen. Allein die⸗

ſem Raͤſonnement des Euſebius ſteht das ausdruͤckliche vorher angeführte Zeugniß des Ariſtoteles entgegen,

das auch durch die vom erſtern angeführsen Benfniele gar nicht geſchwaͤcht wird. Denn wenn Plato, Archyr

tas und Philolaus fich weder übermenfchlicher Verbin⸗ dungen, noch uͤbernatuͤrlicher Gaben ruͤhmten; fo bes weift dies nur, daß fie ſolche Anſpruͤche nicht brauchten,

oder daß diefe auch in ihrem Zeitalter Feine Wirkung mehr gerhan haben wärben‘; nicht aber daß die Älteften

Pythagoreer dergleichen nicht mit vielem Gluͤcke gemacht

haben ſollten.

- nie D

Pr

a Dritte Bud,

“niemals eingeweißet werben war *), . fonbern werziglid

ons den Orphiſchen Gedichten und Mipfterien empfangen

babe **). Es gab eine Schrift, unter dem Titel das

heilige Wort ***), In welchem Pythagoras alles dieſes felbft eingeſtand, und zugleich dem Orpheus den Gedan⸗

‘fen zufchrieb,, daß das ewige Wefen ber Zahl die weifefie

Urfache des Himmels, ber Erde, und aller in ihnen ent-

- > haltenen Dinge fen. Ja man eignete ihm eine Menge

pon Regeln und Gebräuchen zu, die man vielleiche vor

‚mals in, den Orphiſchen Myſterien gegeben nd beobach⸗

get hatte, und weiche Die fpätern Pythagoreer als bie Haupt:

artikel ihres‘ Blqubens, und eines heiligen Sort gefäll« |

gen Wandels anfaben, Zu dieſen rechne ich +) bie

Beltimmung der Dpfertage verfchledener Götter, nad

den Yehnlichkeiten,, die fie mit gewiſſen Zahlen gemein

harten; ferner die laͤcherlichen Vorſchriften, daß, wenn man im, Tempel unvarſeſlich mit Blut befleckt werde,

man ſich mit Gold oder im Meere reinigen müffes daß es nicht erlaube ſey, in einem Gotteshaufe zu gebaͤhren, oder

die unfterblihe Seele an. ben fterblichen Leib zu feffen;

-

daß man in Tempeln Fein Ungesiefer tödten; hingegen, wenn es Donnere, die Erde mit der Hand berühren, end.

lich in heilige Derter won der rechten Seite: hinein geben

müffe, = Man beſchimpft das Andenken. bes Pythago⸗ ras, wenn man mur einen Augenblick glaubt, daß ber

greoße Geſezgeber Italiens und Siciliens in forche aber:

gachſce Raferepn hätte fallen Finnen; er der ſich ſa

) yer, 56. ap, Tabl, - .®*) Ib. & % 145. 146;

RER) 3. 146.

) *. i52. u. f.

en s

Gelcbichte der Vythagoreiſchen Geſellſchaft. 487

weit uͤber den allgemeinen Aberglauben der Griechen er⸗ hob, daß er ſagte: eine Frau, die ihrem Manne bey⸗ gewohnt habe, koͤnne ſogleich, und ohne Furcht von Un⸗ reinigbeit aus Ihrem Ehebette in den Tempel gehen: hin« gegen fey und bleibe fie unrein , wenn fie in den Armen. eines Ehebrechers geruht habe, und nachher auch durch alle got esdienftliche Waſchungen und Reinigungen bie Befleckung ihres: Leibes zu tilgen ſuche *).

ch komme izo zu den Geheimniffen und Symbo⸗ len der Pythagoreer, die, wenn fie fo befchaffen- gewe⸗ fen wären, als die neuern Verehrer des Pythagoras fie vorftellen, ihn in den Augen aller nernünftigen Menfchen eben fo lächerlich und veraͤchtlich machen würden, alg unverftändige Männer ihn deßwegen lobgepriefen haben. ' Die Pythagoreer und Platonifer nach Chriſti Geburt . glaubten und fagten allgemein, daß Pythagoras alle feine $ehren und Mepnungen deßwegen in Mopfterlen vermana delt, und feinen Schülern erſt nach langwierigen Drös fungen,, und einem fünfjährigen Stillſchweigen, unter der Bedingung einer eroigen Perſchloſſenheit mitgetheilt babe, weil er es für ein eben fo großes Verbrechen gehalten, feine Offenbahrungen einer nicht genug vorbe⸗ reiteten gereinigten Bruft anzuvertrquen, als bie heiligen Myſterien der Geres zu Eleufis zu entweihen und auszug. breiten **). Man gab ferner vor, daß Porhagoras feine. erhabene Delspelt in unverftänbliche kurze Eprüce, dDeta .

b 4 gleichen |

jmR

——

%) Diesesrch. S. 5$. ap. Porphys, as, Siehe Nieom. 254. Jambl. und ven erdichteten Brief:. des Lpſis an ben Hipparchus 8. 75. ap. eund, ferner ib, , 104. 161. 63. Pretrept, c. 21. p. 137, & Gyrald, de. ſymboli⸗ eytbe.

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8. Dit Bud. ©" -

"gleichen bie Äbriagebliebenen Symbola feyen, eingeſchloſſen habe, um In feinen Anhängern, während ber Pruͤfungs⸗ zeit, ein ſehnſuchtsvolles Verlangen nach ihrer Entraͤth⸗ | -felung zu erwecken. Endlich nannte man.bald den Epi« darmus, bald den Empedofies, bald den Hipparchus *), boald den Hippafüs **), bald den Philolaus ***), und bald deſſen Erben, als den, oder diejenigen, wodurch bie bis dahin mit einem undurchdringlichen Schleier umzo⸗ genen Ppthagsreifhen Geheimniffe befannt gemacht worden. Von den erftern fagt man, daß fie ber Ent⸗ weihung ber Pythagoreiſchen Geheimniſſe wegen, aus dem Sande ausgeſtoßen worden, und vom Hippaſus wird gar erzaͤhlt, daß er zur Strafe für feine Untreue eleudig⸗ Mh im Meere umgekommen ſeee. Wenn man diefe gemeine Vorſtellung der Gehelm⸗ + niffe und Symbolen bes Pythagoras annimmt, fo ber hauptet man etwas, was nicht nur gar fein einziges zu⸗ verlaͤſſiges Factum für fi) hat, fondern was auch wider alle Geſchichte, und ich ſeſe bhagu, was nicht einmal ges denkbar iſt. Kein alter glaubwürdiger Schriftſteller Bar je gefage, daß Pythagoras Mepnungen derſteckt zu halten: gefucht habe. Dikaͤarch und andere bezeugen ‚vielmehr, daß er häufig zu allen Ständen und Geſchlech⸗ tern in Kroton über ihre gegenfeitige Pflichten redete. Ferner meldet ein gewiffer Prhagoreer Lykus beyfi Por⸗ phyr +), daß feine geometrijchen und afttonomifchen Er. on findun«

N

#) loco modo eltate, x) Sembl.'8g. N “) VIII. 15. on m) 6. 7. 46 , no

*

/

Gefchichte der Pythagoreiſchen Gefelfchaft. 489 . findungen befannt geworden, weil fie in vielm Schriften aufgezeichnet gemefen. Auch Apollonius erzähle, Daß Pythagoras feine mathematifhe Wiffenfhaft in Games. gemeinnüzig babe machen wollen, daß er aber nur einen einzigen: Siebhaber gefunden habe, dem er nod) dazu die ©eduld ihn anzuhören, durch Geld abfaufen müffen *).

Endlich iſt es eine allgemeine Sage, daß er den Mufen

ein öffentliches Danfopfer gebracht habe, als er feinen berühmten. Lehrſaz entdeckt Harte, Wenn wir aber auch alles biefes nicht wuͤſten; fo muͤſte es doch einem jeben unglaublich_vorfommen, daß ein Mann, wie Pythago⸗ ras, der flets nach Grundfägen handelte, entweder one alle Bewegungsgründe oder aus foldyen, aus welchen e6 nur bie elendeſten Marktſchreyer zu fenn pflegen ,. geheime .

nißeoll war, und daß er unser dem Vorwande der Hei ligkeit feiner Lehren, wirklich aber in der Abficht, ſich felbft ein defto größeres Anfehen zu geben, und feinen Schülern eine deſto lebhaftere Sehnſucht nach den zuruͤck

‚gehaltenen Kenntniffen einzufloͤßen, ſich unterſtanden habe,

die erſten und angeſehenſten Männer, In einer der reich⸗ ften Städte Italiens, drey oder fünf Jahre lang mit . der Auswendigfernung vorfezlich "verfinfterter Raͤthſel zu quäfen, um burd deren Ausſchließung ihre erfchöpfte Geduld zu belohnen. Ich Iäugne nicht, daß Pothagoras mit gewiffen Kenntniffen, deren Beſiz und. Ausübung

| Ruhm und Vortheile verfchafte (und folche waren zum

Beyſpiel feine mebicinifchen) gegen Perfonen, mit;denen- er nicht-genau verbunden war, zurückgehalten ,. und zwar in der Abſicht zurüdigehalten habe, um diejenigen, bie

| er 1: Se .. fe

) S. 20. 21. ap. Jambl.

490 Drittes Buch, \

t

Re erwerben wollten zu noͤthigen in feinen Orden zu tre⸗

ten; allein wenn man dieſes auch zugiebt, was nicht ein⸗ mal durch gültige Zeugniſſe bewieſen werden kann, fo bleibt es doch. immer unerflärlih, ‚warum. er alle feine übrigen Kenntniſſe auch geheim gehalten, warum er feine Bünftigen Schüler fo lange, und nicht bloß ihre Fähigkeit, fondern auch ihre Gemuͤthsart geprüft, warum er in ih⸗ ser Wahl fa ſehr auf Vetſchwiegenheit gedrungen, und Maͤnner von reifem Verſtande, und meiſtens in hohen Wuͤrden Jahre lang mit dunkeln Spruͤchen gemartert habe? Pothagoras Hatte. gar nicht noͤthig, aus der Ur⸗ ſache geheimnißvoll zu ſeyn, qus welcher die Brahminen, und andere Prieſter morgenlaͤndiſcher Voͤlker ihre heiligen Schriften fo ſorgfaͤltig verbergen; weil nämlich die Mey⸗ nungen, die er vortrug, mit der öffentlichen Religion ſtreitend waren, und ihm, wenn er fie unvorſichtig ent- meber einem falfchen oder leichtfinnigen Freunde mitges theilt hätte, Verfolgung Hätte zuziehen Finnen. eine ganze Lehre ſtimmte mit den Hauptbegriffen des Griechi⸗ ſchen Glaubens überein; wuͤrde aber auch, wenn fie die⸗

" fem ſchnurſtracks widerfprochen hätte, ihn doch nicht zue

Zuruͤckhaltung bewogen haben, weil zu feiner Zeit der Unterfchied unter rechtgläubigen und unrechtglaͤubigen Mepnungen in Griechenland noch nicht bekannt, und bas Berbrechen bes Unglaubens, das nachher Dem, Sofrates und andern Weltweifen Tob oder Berweifung zuzoq, noch unerhärt war. Er würde daher, gleich dem Eenophanes und deffen Nachfolgern, neue ber Volksreligion entgegen. ſtehende Behaupturigen öffentlich baben vortragen, und die alten görtlichen Dichter, oder dem herrfchenden Aber. glauben laͤcherlich machen konner, ohre deßwegen im ge | ringſten

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 491 .

ringfien angefochten zu werben. Auch kann man wicht fagen, daß Pythagoras aus dem Grunde fo verfchlofen war, aus. welchem es die Jongleurs und Priefter unteg den berühmteften alten, und unter allga noch fortdauren« ben barbarifchen Völkern waren, und find, weil fein,

ganzes Anfehen fi auf gewiſſe Heilige Künfte und. Ta. ſchenſpielere yen gründete, die auf einmal ihre Wirkung verlohren hätten, menn Ihre wahre Beſchaffenheit allges

mein befannt geworben ware. Dies war der Fall beym

Pythagoras nicht ; allein wenn er es auch zum Theil ges wefen wäre, fo würde man alsdenn doch Biefes zugeben muͤſſen, baß er diejenigen wiffenfchäftlichen Unterſuchun⸗ gen, von denen man vorzuͤglich glaubt, daß er fie feinen Juͤngern lange vorenthalten babe, nicht: zu verſtecken „gebraucht hatte, DE | u Man fällt alſo unvermeidlich in bie gräbften Un, gereimitheiten,, oder auch in Widerfprüche, fo lange man in der Meynung behorrtz daß die Geheimniſſe dev Pi, thagoreer bloße Meynungen und Seren, und ihre Syn hola gleichſam deren undurchfichrige Huͤlſen waren. Gleichwohl iſt es unläugbar, daß P.thagoras gewiffe - Geheimniffe hatte: daß er fein Talent und Beine Tugend von feinen Freunden fo fehr forderte, als Verſchwiegen- beit *); daß bie Pprhagoreen ferner fehr geheimnißvoll | | waren,

-%) Higwzav ev uy en ro Auuaren vv hameigen toxome⸗ & —R exyesuudeıv (TErFo yarg da Ka EIKENTO. TA OYOHATI) Kal wnIewen , & Mœv- Gavovres, dom ev aRBomaır, 00 TE MIT Tia- - Zar Ko daduÄarrew EWOIEITE TE TÄLIYE anscu Tg arm, NZ Ta Aare

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a5 | . Deines Bud.

waren, und es als einen Grundſaz ihrer Säule beobakh«.

teten , DAB man nicht allen alles fagen muͤſſe; daß endli ipr Stiüfhmeigen die Haupturfache war, warm man in den folgenden Zeitaltern nicht mehr wufte, was Pytha⸗ goras feinen Freunden mitzurhellen pflegte *). Da nun Vernunft und Gefchichte dawider zeugen , daB die Ge⸗ beimniffe des Pythagoras in bloßen Sehren beftanden ha⸗ ben, und daß er nur, um dieſe Uneingeweihten zu ent. ‚ziehen, fo fehr auf Verſchwiegenheit gedrungen, und feine Scüler fo lange geprüft habe, fo bleibt feine andre als biefe Vermuthung übrig, daß bie Myſterien der. Pyrha- goreer vorzüglich Staatsgeheimniffe waren , Die nicht ohne bie gröften Nachtheile und Gefahren des ganzen Bundes hätten befannt gemacht werben Finnen. Die Pythago⸗ reer machten, wie ich aus den glaubmürbigften Geſchicht⸗ ſchreibern gezeigt habe, einen mächtigen politifcyen Orden | aus, beffen Hauptſtamm zwar in Ktoton gegründet war, deſſen Zmeige aber fich über die bluͤhendſten Städte Ita⸗ fiens und Siciliens, ja gar bis ing eigentliche Griechen, fand, und über die Griechiſchen Inſeln ausbreiteten. Diefe verfchiebenen Pythagoreiſchen Geſellſchaften waren alle unter einander verbunden, und hatten in einem jeben Staate die wichtigſten öffentlichen Gefchäfte In ihren Händen , oder wenigftens bie Abſ cht ſ ich allmaͤlich Mei⸗ ſter

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Arifoz, ep. Diog. VII, 15. Aeyo⸗ re rc Fr AA

| udayogeısı „MM Mas Moos TAVTES TOT enra, as Pnaw Agısofeos av denarn Tasdeu- TINWy VOL. Dieaoarch, p. Porph. 85.9. A uev

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Geſchichte der YotSagrefgen est, 493

ſter davon zu machen. Es konnte alſo niche fehlen, baß nicht im geheimen und hoͤchſten Rathe zu Kroten tägs Lich wichtige Nachrichten eingelaufen;, geheime Einwürfe gemacht, und in Ueberfegung genenimen, geheime Bes tarhfchlagungen über Die Befiegung und Unterdrädung

von Feinden und Schwierigkeiten, über die Annehmlich⸗

feit von neuen Freunden, über die Gebung neuer Geſeze, und andere den 'ganzen Bund angehende Dinge angeftelle worden wären. Alle diefe Nachrichten, Entroürfe und Berathſchlagungen nun, bie ſich fo fehr.anhäuften, daß fie nad) dem eben angeführten Zeugniffe des Ariftorenus, den Pythagoreern den größten Theil des Tages megnaße men, 'muften nothwendig geheim gehalten werden, wenn nicht Pythagoras ſich und feine Freunde den Widerſachern Preis geben, die größten Plane ſcheltern, und alle Bes

rathſchlagungen fruchtlos machen wollte. Er durfte fie

daher auch nur feinen alten geprüften Bertrauten mitthele

N

fen, auf deren Treue und. Ergebenheit er ſich verlaſſen konnte, und es war alfo nicht nur weiße, ſondern auch unumgänglich nothwendig, daß er fange vorficytig forfchre, bis er, jemanden in die ausermäßlte Zahl feiner Freunde, .

“und zu allen den Geheimniffen zuließ, von denen das

Wohl und bie, Sicherheit des ganzen Bundes abhing. Auf diefe Art laſſen fich bie Geheimniſſe des Pythagoras, die Nothwendigkeit der Eintheilung feiner Freunde in

zwo Claſſen, die Veeſchwiegendeit der einen, und die

Pruͤſungen der andern, ohne Charlatanerie, dle des Py⸗ thagoras unwuͤrdig iſt, aus eben der großen Menſchen⸗ kenntniß und Klugheit, die aus der ganzen übrigen Ein richtung feiner: Geſellſchaften bervorleuchtet, begreiflich

machen.

De

'

94. Dritte Buch.

-

"Be Shmbola des Pythag ta walen wenn man fie recht verfteht, eben fo unentbehrlich, als feine Geheim⸗

nüffe, oder doch eben heilſam, als irgend eine andre

Sajung feines Ordens. Sie beftanden nicht in bunfeln, derdrehten, Ihres Sinnes fomohl als ihrer Gründe be⸗

raubten Sprüchen; auch war ihre Abſicht nicht, junge Freunde zu marterh, oder der Faſſungsfaͤhigkeit ber Altern zu Hülfe zu kommen *), ſondern fie. waren entweder kurze

bündige den ratis Sententiis des Epifur , odet den praeceptis der Stoiker ähnliche Sprüche **), melde die Pflichten des Menſchen, und-der Teilnehmer des Bundes, in after ober eigenthümlicher Dichterfpradhe aus:

druͤckten: oder fie waren auch eine gaheime Sprache und

, Para 2 J . Te wur . . r .

Schrift, vermoͤge deren die Phthagoreer ſich gegenwaͤrtig vder abweſend ihre Gedanken mitthellen konnten, ohne in Gefahr zu forhmen, von andern verſtanden zu werben; oder fie beftanden endlich in gewiſſen geheimen andern un. bemerfbaren Zeichen, woraͤn fie ſich gegenfeitig erfennin, undeihre Eingemeihrheit offenbaren konnten,

9) 5. 88. ap. JubSbl. er #0) Die Epikurer lernten bie Kugıas dofes ihres Meifers —nuswendig. Quit enim veftrum (heißt es beym Cicers de Pin, 1,6.) non edidieit Epicurl gueins dofas; 1d ef, quali maxime ratas? quis gravilimäe funt ad +. beste vivendum breviter enunciatae fontentiae, Auch die Stoiker unterſchieden doyare , deereta;; leits, plicita von praeceptis (Sen, Ep. 94. & 95. Tie. Ae. er IV. 9.) ind Yon diefen ſagt Senech ! Non enim - ‚repofits illa effs deber, (ed in psomptu, Quaeceun, qus fälutaris fuat, Iaepo-sgitari debent, facpe ver- farl: ut, non tantum note Hat nobis, Sad etlan parata, «“

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 405 Daß Pychagoras die wichtigſten Sebensregefn, bie

er von feinen Freunden beobachtet wiſſen wollte, ‚in kur⸗ zen Sprüchen, die ſich leicht behatten und wiederholen ließen, zufammengefaßt habe, iſt nidjt nur wahrfeheins lich, fondern wird audy durch das Zeugniß des Ariſtexe⸗ nus bewaͤhrt *). Diefe Sprüche waren nicht in heile bilderlofe Profe eingefleider (denn eins ſolche gab es Damals nody nicht) fondern fie waren in damals gemöhn. liche und verftändliche dichteriſche Bilder und Allegerien geduͤllt, an.benen die Einbildungskraft des Pythagoras ſehr fruchtbar war **). Diefe Eprücdye wurden wahr⸗ ſcheinlich nicht im Zeitalter des Pshagoras, fondern erſt in fpätern Zeiten ihrer Einkleldung wegen Symbola ges nannt, Fuͤr dergleichen halte ich Diejenigen, die beym Porphyr im zwey und vierzigften Abſchnitt ſtehen, und die meinem jezigen Urtheile nad) entweder aus dem Ati⸗ ftoteles oder Ariftorenus genommen find, ferner die erfien beym Jamblich ***) und die beym Diogenes +). Diefe Symbola find nicht alle gleich dichteriſch ausgedruͤckt, und fo viel man davon verftehen ann, Gemeinpläge, die dazu beſtimmt waren, alle Pythagoreer an ihre Pflichten zu erinnern, nicht aber um ben geprüften Schülern ben ib: -

rer "Einweihung ie LE werden ff). Für die - Rich⸗

#) S. 100. ap. Jambl. *#) Ariſtot. ap Porph. 41. ###) in protreptice,

4) VI. 17. In diefer Bedeutung habe ich ihr Atterthum fonft ge⸗

m). - fäugnet, und laͤugne es noch izo. Siehe Hi, dos . Äriase de vero Deo, p. 290.

4

40 Drittes Buch. Richtigkeit aller Auslegungen dieſer erſten Art von thagoreiſchen Symbolen, die man in ben Schrifftellen

nach Chriſti Geburt finder, möchte: ich nicht einftehen: (ſogar ein neuerer Schriftſteller war überzeugt, daß diefe

Auslegungen weiter nichts, ats ſehr unfichere Vermu— thungen wären *): allein wenn ich boch Deutungen ders ſelben annehmen follte, fo würde ich viei eher die gar

. ungelünftelten beym Porphyr**), wodurch ſie in ſchlichte Tujgendlehren verwandelt worden, als bie gezwungenen und oft ungereimten Auslegungen des Plutarch und des

Schriftſtellers beym Jamblich wählen ***), nach welden fie. fich alle auf Bott und göttliche Dinge beziehen, und den Pythagoreern ein beftänbiges Himmel Anßreben be

fohlen haben ſollen. Die falſchen Verehrer des Phytha— goras erdichteten nicht nur myſtiſche Auslegungen von - Symbolen +), ˖ſondern auch Symbola ſelbſt, die durch Ihre Albernheit, durch den laͤcherlichen darinn enthaltenen

Aber

Ba . GERD

®) Ap. Jambl, 8. 86. es) 8. 42. nur). g. g2. vit. pyth. ©. 134. und f. in Protrept.

- H Von dieſen feltfamen Auslegungen will ich nur einige

Beyſpiele anführen: das Spibolum: MaAuvses OBEN. XIvıwv Yag esı Bewy beutet der Schrift ſteller bepym Jamblich p. 139. Pratrept. auf folgend, Art: Man muͤſſe den Einfluͤſſen ber Geſtirne wiberfe hen, ſich von aller Gemeinſchaft mit der Materie los⸗ zumachen, und ſich mit den unkoͤrperlichen Goͤttern zu ver⸗ kinden ſuchen. Das Symbolum daxruXioy an Oꝛos ſo: philoſophire aufrichtig, und loͤſe die Bande ab, mit denen du gefeſſelt biſt p. 154. Endblich ind xaadıev um TEmye auf folgende Art: zerreiße und zerfiöre die Verbindung und die Zufammenfkimmung des Sanzen nicht. j | Ze

*

Seſchichte der Pothagoreiſchen Gefellſchaft. 497

Aberglauben, und durch den Widerſpruch , worinn ſie mit

den ſicherſten Factis der Pythagoreiſchen Geſchichte ſtehen, unverkenbar find *).

2 Eigeneliche Symbola aber, welhe bie Phthago⸗ reer felbjt fo nannten, waren ihre geheime Sprache und Schrift, und die Kennzeichen des Ordens. Die beyden

erſtern brauchten fie gleich allen großen Stastsmännern a

ber alten und neuern Zeit, und ihre Einführung wird durch die Zeugniffe mehrerer Scheiftfteller bewieſen. he rer Verfchwiegenheit wegen, heißt es bey einem aiten

Schriftfteller, **) wurden ihre. Seheimniſſe nicht bekannt: -

und wenn fie mit. Scemben und Uneingeweihten in Geſell⸗ ſchaſt waren, fo deuteten fie ſich ihre Meynungen durch räthfelhafte Symbole an. Die Pythagoreer, fagt Arie ftörenus***);, übten Freundſchaft gegen einen jeden aus,

| | von

*, Dergfeichen m folgende. Symb, XI, Ps: 232. |

Eis ev uroonow Toy defıov mode mwagexe. Eis E WOoooviRTEov ToV Evayuaoy. Ferner XV. Tlgos NAiov Tergmmevos un Bgei. Symb, XVII, Aick-

Feuovos TEeDE ur, un Yvs de. nun Yae_ x

. NA —XRC Symb, XXI AuxsuAsov un Degsı und das folgende, dag diefem offenbar mwiderfpricht :

Oes Turov un Es yAußde danrurım. AXIV, Tleeos.

Auyvor un awomeıle. XXV, Ilse Iewv under Hauuasav ARISE, KNIE REgı —R R XXvViI. Vægo Juasav en svunıle. XXXII. Axo NEPUETEV 0 KO OETOVONITHBTON KETATITUR,

|

Xxxvmn. Kumwov' mes. KRXX, Epyuyar

> MWENE RR), 5,227. ap, Jembl. u wt) S. 237. ap. Jambl. Dlos. VAL ıG,

\

_

18 Drittes Buch.

yon dem fie nur hörten oder wahrnahmen, daß er ein

Theilnehmer ihrer Geheimniſſe ſey. Er beweiſt dleſes durch die Geſchichte eines armen Pythagoreers, der un⸗

das er ihm oͤffentlich an einem den Voruͤberreiſenden ſicht⸗

ter Weges krank wurde, und kurz vor feinem Tode felnem gutherzigen Wirthe, der ihn ohne alle. Hofnuhg von Ber geltung forgfältig gewartet harte, ein Täfelchen gab,

baren Ort feftzuheften befahl. Auf dies Täfelchen war

nacy.dem Ariftorenus ein Symbolum gefehrieben, das bai bemerkt würde, und dem edlen Verpfleger des ver⸗ ftorbenen Pythagoreers eine reichliche "Belohnung vis ſchafte. Aus biefer Erzählung fieht man, daß die |

Symbolum entweber eine nur. Pythagoreern verſtaͤndliche

Folge von Wörtern, ober auch ein ihnen eigenthuͤmliches

-

Symboliſches Schriftzeichen geweſen ſeyn muͤſſe.

Vielleicht waren die Wörter der geheimen Sprache,

und bie Hlerogipphen der geheimen Schrift, wodurch fi ſich gegenwärtig ober abmefend unterredeten, einerley mit den Zeichen, an welchen fie fich einander erkannten, viel leicht aber auch, (denn wer mag biefes beſtimmen ?) davon

unterſchieden. Als eins von den Zeichen oder Symbolen, weran ein Pythagoreer den andern erfannt hätte, nennt

Lucian das dreyfache in ſich ſelbſt verfchlungene Dreyfch,

aus welchem fünf andere Dreyecke und ein Pentagon ent

. . rem J , © I. 729. pro lapſu inter Salt. Ka Toye remne | \ auros Terywvor, 70 diarAnaan, TOTHITOYpan MV, @ cuußoAw eos TES öuodofas EXEewTen

ſtaͤnden *). Wahrſcheinlich trugen ſie dieſe Figur in Mi + gall, oder einer andern hatten dauerhaften Materie field - J ve ». ' ber |

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Urea meos Kurwv alouiafere.

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 499

bey ſich: denn ſolche kuͤnſtliche gearbeltete Zeichen der Eine

weihung wurden unter den übrigen Griechen und Römern

Symbola genannt‘, und allen denjenigen als Kennzeichen

ober Urkunden mitgerheilt , bie fi in Myſterien Hatten einweihen saffen *).

Nachdem ich izo bie Geſchichte der ganzen Ein⸗ richtung der Pythagoreiſchen Geſellſchaft vorgetragen habe; ſo will ich dieſen Abſchnitt mit einigen Betrach« eungen über die Schickſale und Ausartung der fpätern Ps. thagoreer, und uͤber Die angeblichen Wunder bes Pytha⸗ goras ſchließen.

Durch die Empoͤrungen des Volks in allen Staͤd⸗ ten, wider die Potbagorelfchen Geſellſchaften, und durch bie Erwuͤrgung oder Austreibung ber vornehmſten Mit⸗ glieder derfelben ,. wurbe der Bund, den Pythagoras geftiftet hatte, auf ewig zerflört. . Es blieben freylich viele Pythagoreer uͤbrig: und dieſe gingen entweder nach Griechenland und Sicillen, oder ſammleten fi) auch in Rhegium; oder fie wurden endlich nach dem Apollonius mieder in ihre Vaterſtaͤdte aufgenommen, aflein fie ver einigten fi), wie Arifiopenus ausdruͤcklich meldet **),

Ji2 | nie

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*) Apul. Apol. I. 34. £4. Colvii. Vin dicam , cujus- meodi illas res in fudario obvolutes, Laribus Pon- tiaſsl sömmendarim? Mos tibl gerstur. Sacrorum ‚pleraque initia in Graecia participavi. Eorum quae- dem Üügne & monumenta tredita mihi a faserdati. bus fedulo eonfervo. Nihil iInfelitum,. nibil iseol- gnitum dice, vel unius Libari patris ſymmiſtac, qui

sdeftis, feitis, quid demi eonditum seletis & & abıque

omnibus profauis taeite voneremini.

*5 —— Key EVTo. var * Ko re⸗ Innere,

*

500 Dritte Buch.

nie wieber in einen mächtigen heerſchenden Orden, un geachtet fie, ſo viel ſie konnten, ihre Lebensart und Grund füge beyzubehalten, und auf andere fortzupflangen ſuchten. Mit dem Untetgange ihres Bundes hörte Ihr Einfluß nn die Regierung ven Staaten auf: ihre Geheimniffe vet ſchwanden, und ihre Symbola wurden unnöz und abs ſichtlos. Sie fanden nicht mehr unter einem gemein fchaftlichen Oberhaupt, weren nicht mehr durch Ordens⸗ ‚gefege gebunden, ergösten fid) nicht, arbeiteten, und fpeiften nicht mehr fo gemeinfchaftlich und an beſtimmten Orten, und waren alfs wahrſcheinlich mehr durch eine gerolffe. Aufklärung, Rechtſchaffenheit und Denkart, als durch ein uͤbereinſiimmendes Aeußere, und eine im bie - Augen fallende Sebensart, die von neuem Argwohn und - Machſtellungen hätten erregen Fönnen, von ihren Mits Bürgern unterſchieden. Wenn man den wenigen, Winken ‘folge, bie man in alten Schriftſtellern über das Berragen der Nachfolger der aͤlteſten Pyrhagoreer vom Bunde: findet; fo muß man glauben, daß Diejenigen, bie ſich nach ber achtzigſten Olympiade in Itallen und Sicilien Pythago. reer nannten, ihren großen Vorgängern aͤhnlicher geblie⸗ ben ſeyen, als ihre Brüder. die ſich nach eben dieſem Zeitpuncte Im eigentlichen, Öriechenlande aufgehalten ha- ben. Archytas, Timaͤus, Eudorus, und andere, bie im Zeitalter des Plato ſebten, eiferten dem Pythageras darinn nach, daß ſie, ein jeder um ſein Vaterland, ſich

4

als Heeelůhree oder Staatsmaͤnner oder Gefejgeber ver⸗

. dient

dauern, KARITD enAeımeine Ts œigęe- Mens. EWE EUYELWS "Dancdncav TWTEHNEI Agısogevos Imyerran. ajl. pin Jımbl, |

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! | Geſchichte ber Pothagoreifchen Geſellſchaft. 501

dient machten. Eben fo beweiſt die Geſchichte bes Ph⸗ thias und Damon, beren Freundſchafr Dionys von Sy eilien auf die Probe flellte, daß einzelne Porhagoreer in großen Städten nody immer durch eben fo heilige und unzertrennliche Bande, als welche ihre ältern Brüder. zufammengefnüpft hatten, vereinigt waren. In derfele bigen Zeit aber, In welches dieſe edle Männer, wahr fcheinlich die festen Verehrer bes Pythagoras, in ben Gegenden, in welchen feine Oeſellſchaft vorzüglich geblüs . bet hatte, dem Namen, den fie trugen, Ehre machten, fanden fi) im elgenrlichen Grlechenlande auch fogenante -- Pythagoreer, die aber ihren großen Vorfahren faft gang uoähnlich waren, Denn wenn man nicht den übereins, flimmenden Schilderungen der Dichter der alten, mittlern und nguern Komöble und *) den Zeugniffen bes Iſokrates allen Glauben abfprechen will; fo fuchten fie fich zwar Durch eine firengere $ebensart, als die ältern Pythagoreer geführt hatten, und burch eine affectirte Verſchwiegenheit, Ehrfurcht zu erwerben; allein fie waren zugleich veraͤcht⸗ tih arm, ekelhaft ſchmuzig, und mit elenden Lumpen behangen. Sie aßen gar fein Fleiſch, tranken gar kei⸗ nen Wein, und ſchienen durch Ihr muͤrriſches ſinſteres We⸗ fen aller Freuden des Lebens zu fpotten. Ungeachtet es $hnen gelang, die Aufmerkſamkeit des Päbels auf ſich zu ziehen; fo biendeten fie doch die Echarfjichtigerni nicht. Iſokrates nennt baher die Porhagereer feiner Zeit nur foiche, die fich file Schüler des Pythagoras ausgaben **): und Ariftopgon, ein gleichzeitiger Dichter, gibt ihnen En En: 5 5 Be den *) Ath, IV. ı7. ib. Diog. VIII. 3% «#) Il, 167.

- 500 u Deites Buch.

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nie wieder in cinen mächtigen berrſchenden Hiten, un⸗ geachtet fie, fo viel fie konnten, ihre Lebensart und Grund fäze beyzubehalten, und auf andere fortsupflanzen fuchten. Mit dem Untergange ihres Bundes hörte ihr Einfinf’in die Regierung von Staaten auf: ihre Geheimniſ⸗ bit ſchwanden, und ihre Symbola wurden unndz und ab ſichtlos. Sie fanden nicht mehr unter. einem gemein fchaftlichen Oberhaupt, weren nicht mehr durch Ortes ‚gefege gebunden, ergözten fid) nicht, arbeiteten, un fpeiften nicht mehr fo gemeinfchaftlich und an beftimmte Orten, und waren alfs wahrſcheinlich mehr durch dt gerolffe Aufklärung, Rechifchaffenheit und Denfart, dt durch ein übereinftimmendes Aeußere, und eine in di

» Augen fallende Lebensart, die von neuem Argwohn un

Nachſtellungen haͤtten erregen koͤnnen, von ihren Mb buͤrgern unterſchieden. Wenn man den wenigen inf folgt, die man in alten Schriftſtellern über das Betrage der Nachfolger der aͤlteſten Pythagoreer vom Bunde finde, fo muß man glauben, daß Diejenigen, bie fich nach Mr achrjigften Olympiade in Itallen und Gicitien Pythago reer nannten, Ihren. großen Vorgängern ähnlicher geblie ben feyen, als ihre Brüder, . die fich nach eben diefm Zeitpuncte im eigentlichen, Öriechenlande aufgehalten fe ben. Archytas, Timaͤus, Eudorus, und andere, bieim Zeitalter bes Plato lebten, eiferten dem Pythageret "darinn nach, daß fie, ein jeder um fein Vaterland, als Heesführer oder Staatemänner oder Geſezgeber m

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thias und Damon, deren Freundſchafr Dionys von Sy

cilien auf die Probe ſtellte, daß einzelne Phthagoreer In großen. Städter noch immer durch eben fo heilige ind ungertrennliche Bande, als welche ihre ältern Brüder, zufammengefnüpft hatten, vereinigt waren. In derfel«

bigen Zeit aber, in welcher dieſe edle Männer, wahre

fcheinlich die lezten Verehrer des Pythagoras, in ben Gegenden in welchen feine Oeſellſchaft vorzüglich geblüs ‚bet hatte, dem Namen, den fie trugen, Ehre machten, fanden ſich im eigentlichen Griechenlande auch fogenante - Ppihagoreer, bie aber ihren großen Vorfahren faft gang unaͤhnlich waren. Denn wenn man nicht den übereins, flimmenden Schilderungen der Dichter der alten, mittlern und neuern Komödie und *) den Zeugniffen bes Iſokrates allen Glauben abſprechen will; ſo ſuchten ſie ſich zwar durch eine ſtrengere Lebensart, als die ältern Pythagoreer geführt hatten, und durch eine affectirte Verſchwiegenheit, Ehrfurcht zu erwerben; afleln fie waren zugleich veraͤcht⸗ Ulch arm, ekelhaft fhmusig, und mit elenden Lumpen behangen. Sie aßen gar fein Fleiſch, teanfen gar kel⸗ nen Wein, und ſchlenen durch Ihr mürrifches finfteres We⸗ fen aller Freuden des $ebens zu fpotten. Ungeachtet es ihnen gelang, die Aufmerkſamkelt des Poͤbels auf ſich zu ziehen; fo biendeten fie doch die Scharfſichtigern nicht. Iſokrates nennt daher die Porhagereer feiner Zeit nur ſolche, die ſich für Schüler des Pythagoras ausgaben **): und Atiſtehen ein gleichzeitiger Dichter, gibt ihnen | gi 3 den ®) Ath. IV, 17. 18. Diog. vn. ze. | . «*) I, 167.

za, Drittes Buch.

den Namen ber Neuern, mit dem Zufage, daß Ihre Un:

reinlichfeit gar nicht auszuhalten fen”). Einer der leyten und thörichteften diefer ausgearteten Schüler des Saml— ſchen Weifen, Diodor von Aspendos, verwandelte enblic die Pythagoreiſche Sebensart in die Kyniſche, und wurde, wie Hermipp, Timäus und Sofi Prates bemerkten **), gerade das Widerfpiel von bem großen Manne, für def ſen Nacheiferer er ſi ch ausgab.

Da nun die Pythagoreer, bie ſich in Griechenland aufhielten, in Anſehung ihrer ganzen Art zu leben, ſ—

fehe von ihren Vorbildern abwichen; fo läßt ſich zum vor⸗ aus vermuthen, baß fie biefen auch in Anfehung Ihre Meynungen eben fo wenig getreu geblieben feyen, Nach ben Fragmenten zu urtheilen, die man aus Ihren Schill ten aufbewahrer hat, behielten fie zwar ben Hauptgedan⸗ Pen der äiteften Dychagoreer bey; aber fie erweiterten und verfchönerten, befonders bie Lehre von ben Zah—⸗ fen, wie ich gleich in. dem nächften Capitel zeigen werde.

Die lezten Weltweiſen dieſer Schule waren Zeit⸗

genoffen des Ariftopenus und Heraflides, und flachen alſo ohngefaͤhr gegen bie i30 Olympiade aus, Ihe Name

*) Sie erwarben fi. ihren Eimmerlichen Unterhalt durch Unterriht, den wahrſcheinlich wenige fuchten, weil bamals ſchon Sokrates, und deffen große Juͤnger in

Athen und andern Stibten Griechenlandes lehrten. Alexis ap. Athen. IV. 14. 161. p.

IIvIayogıs xos Aoyoı ‚AUTTO 5 Fir peNeunen ve Prod Tee Dee exewas. "N WV. Ath, 17. 18.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefellfchaft. 503 . Name fann aber, wie ich oben erinnerte, nicht viel über hundert Jahre gefchlafin haben, weil fich ſchon vor und im Zeitalter des Cicero und Auguff .fo wohl unter den - Moͤmern ats Griechen Männer hervorthaten, bie fich den Titel von Pythagoreern anmaften. Die Veranlaffungen der Wiederaufweckung ber Pythagoreiſchen Schule ließen ſich allerdings durch wahrſcheinliche Vermuthungen be- ſtimmen; allein dieſe würden mich zu weit von meinem Zwecke abführen. - Ich beziehe mid daher auf dag, was ich unter den Abfıhnitten, Apollonius, Modera- tus, und Nikomachus von dieſen Schwarmern ı und, Derrügern beygebracht babe -

. Bon ben Wunden des Pythagoras vil ich nicht in der Abſicht reden, um darzuthun, daß ſie falſch ſind, ſondern nur, in fo ferne ich dazu im Stande bin, zu beftimmen, ob Pythagoras und feine älteften Schüler zur Ausbreitung derfelbigen Anlaß gegeben, und warn und von welchen fie vorzüglich erdichtet worden. Die meiften Schriftftellee der neuern Zelt machen ſich, wenn fie von-den angeblichen Wundern des Pythagoras hans Dein, . eines Widerfpruchs und einer doppelten Ungerech⸗ tigkeit ſchuldig; fie fehelten zuerft den Pythagoras felbft einen Berrüger, ‘der durch angebliche Wunder abergläus- bige Menſchen bethoͤrt habe, und. dann, menn fie auf ihre lezten Erzähler, die neuern Platoniker, kommen, beſchuldigen fie diefe wiederum, daß fie durch bie Erfin⸗ dung ber Wunder des Pyhthagoras und Apollonius das

Anfehen der großen Thaten bes Stifters, und ber erſten |

Lehrer der chriſtlichen Religlon hätten ſchwaͤchen wollen, gi B Wenn

a.

504 u J Drittes Bud, \ a

Wenn man weiß, daß unter allen Voͤlkern alle be⸗ ruͤhmte Männer vor einem gewiſſen Grade der. Aufklaͤ— rung in Wundermänner find verwandelt worden, daß bie | Griedyen befonders von den meiften alten Dichtern und Weiſen, ſowohl vor als nach bem Pythagoras, ſelbſt von foichen, die gar nicht Anſpruch darauf mochten, nament⸗ lich vom Amphion, Drpheus, Arion, Thales, Epime

nides, Ariſtaͤus, Pherekydes, Anaxagoras, Demokrit,

und Empedokles Wunder erzaͤhlt, daß endlich eben diefe

Grriechen unter allen Kunſten und Wiſſenſchaften am we⸗

nigſten diejenigen verſtanden haben, welche auch in neuere - Zeiten am ſpaͤteſten iſt verarbeitet worden, ich meyne die Kunſt, wahrſcheinllche und inwahrſcheinliche, glaube | wuͤrdige und unglaubwuͤrdige Dinge zu beurtheilen; fo

kann es niemanden befremdend vorkommen, daß man

vom Pythagoras mehr, als von irgend einem andern, wunderbare Thaten und Begebenheiten erzaͤhlt habe. Pythagoras war berühmter, als irgend einer der übel gen Wundermänner Griechenlandes, wurde ſchon bey ſeinem Leben von den Krotoniaten als ein Gott, und von

u feinen Freunden als ein götelicher außerordentlicher Mann

verehret, und gab durch feine Lehren ſowohl, ats durch ſein uͤbriges Betragen, zu dieſen Mepnungen und gu Et zaͤlungen von feinen uͤbermenſchlichen Vollkommenheiten vorſezlich Anlaß. Seine priefterliche Kleidung, fein beiliges enthaltſames Leben, feine Inbrünftigen Lobgeſaͤnge, ſein andaͤchtiges Deren und. Beſuchen der Tempel, feine häufigen Reinigungen, Wafchungen, und meifteng un. blutige Opfer, feine Welßogungen aus Träumen, ' aus dem Fluge und Geſchrey der Vögel, die Geſichter und | Erſcheinungen, die er zu haben vorgab, , endlich die Er⸗

zaͤb⸗

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 503 zaͤhlung won ben verſchiedenen Perſonen, in welchen er ſich geoffenbahrt habe”), muſten nothwendig unter ſe nen Zeitgenoſſen den Glauben hervorbringen, daß er als ein Lebling und Vertrauter der Goͤtter, durch die Gnade und Hälfe ber leztern, vieles wiſſen und thun könne, was die Kräfte anderer Menſchen überfteige. In Dies fem günftigen Vorurtheil wurden bie Griechen noch durch die größern Renntniffe des Pythagoras beftärfe, die fie wahrſcheinlich nicht für eigene oder geſammlete Beobach⸗ tungen und Betrachtungen, fondern für gäftliche- Einges bungen Hielten, und denen fie um befto mehr zutrauten, je weniger fie feibft ihren Werth und Umfang zu ermeffen im Stande waren, Uuter ſolchen Umfländen war alfo nichts natürlicher, als daB man im Pyibagoras entweder einen göttlichen Mann , ober einen in menfchliche Geſtalt gekleideten Gott ſah, der künftige Begebenheiten vorher verfündigen, wilde Ihlere bezaͤhmen, die Sprache dee Woͤgel auslegen, Seuchen ımd Krankheiten burch goͤtt⸗ liche Macht abwehren, oder heilen, an mehrern Orten zugleich ſeyn, verfchminden und erfcheinen Pänne, warn

und’ mo er wolle, der endlich In einer goldenen Hüfte die deuttichfien Spuren eines göttlichen Urfprungs an ſich trage *). 1 4

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—— —— *) Dies Maͤhrchen findet ſich in fo vielen und glanubwuͤrdi⸗ gen Schriftitellern, daß man kaum zweifein kann, bafl es nicht vom Pythagoras ſelbſt herruͤhre. Vid. Gell, IV. ıı, Diog. VII, 4. ot ib, Menag, Apoll, sp. Phil, I. 1. nes non Ariftox, Eubulid. Hippobor, et Nornthem'sp. Auflorem Tray BerAoyausay TuS w Agıdpenriuns p- 41: Ed, Par. 1542. 0 | 08) 5, 23. u. f. ap. Parphyr, 60 et134. apud Jambl, it, Men. ad 36, VIII, Diog, et Diog, ep, Porph. 8. 11.

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506 : Drittes Buch,

Mehrere von biefen Wundern find fo plump, daß

man unmoͤglich glauben kann, daß Pythagoras ſie von ſich ſelbſt, oder die Phchagereer von ihrem Meiſter er zähle haben. Dir erfiere war viel zu fein, um nidt einzufehen, daß es vlel ficherer ſey, andern zum Glauben und zur Erfindung von Wundern Anlaß zu geben, als dergleichen geradezu von fich felbft zu ruͤhmen. Mir iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß alle, oder doch die meiſten Wunder des Pythagoras ſchon bey deffen Jebgeiten ge glaubt, und daß die Geſchichtſchreiber dieſes Welswelfen fie in ber Folge nur erweitert -und verfihönert haben, Wenigſtens iſt dieſes gewiß, daß ſich Spuren ſeiner Wunder ſchon vor dem Zeitalter feiner aͤlteſten Geſchicht⸗ ſchreiber finden *); daß ferner mehrere ber erfien Ge⸗ fehichtfchreiber des Pythagoras, befonders Heraklides, Hermipp und Timäus, die Wunder des Pythagoras vol: ftändig gefammiet **), und aus diefen erſt Mpollonius,

Mikomachus und Diogenes,. und aus.den leztern endlich

Vorphyr und Jamblich. J Aus dieſen Bemerkungen folge num, daß man be

Pythagoras viel eher des Vorſazes, für einen Wunder

mann gefalten werden iu wollen, als die neuern Plate⸗ | ' niker

4

*) Man leſe bie Erzählung bes Andron von Epheſus, der

nicht lange vor der 100 Otympiade ſchrieb, im einem Sragmien! des Porphyrs beym Eufebius. Praep. Evan ‚ge

3. °)S. ‚3. Posphyr, S. 60, Jambl, Ei de des Rıseuw Tu

isuenewch WEL aUTE, morAdsess de 801 was ali0- Aoyoıs. S. 23. Porph. Ehen biefe Worte fteben beym Jambl. S. bo,

(

Geſchichte der Pothagorelſhen Cefaftaf. 507

nifer der Erdichtung beſchuldigen konne d. Es wuͤrbe aber Schwaͤche des Verſtandes, Mangel von Kenntniß

der Zeiten, in welchen Pythagoras lebte, und endlich Unwiſſenhelt der Geſchichte der größten Männer der altay Voͤlker verrathen, wenn man ˖ den Pprbagoras deßwegen einen elenden Betrüger nennen wollte. Pythagoras that eben das, mas bie beruͤhmteſten Geſezgeber, Staats⸗ männer, Heerführer und Weltweiſe vor ‚und nach ihm gethan haben, und thaten: er fuchte aus Vorurtheilen,

die er nicht ausrotten Ponnte, ‚alle nur mögliche Wore '-

theile zu ziehen und. machte Aberglauben und Seichtgläus - bigkelt zu heilfonien Werkzeugen der Befoͤrderung feines Anfehens, und der Gluͤckſeligkeit feines Nebenmenſchen. Mur alsdenn würde man dem Pythagoras alle bie gehaͤ⸗ figen Namen geben fönnen, womit man je Berführer und Verderber des Volks belegt bat, wenn er durch kuͤnſtliche Vorfpiegelungen von Wundern zuerft bie Gries - chen beruͤckt hätte, um fie nachher befto bequemer plüns dern, und ſich mit ‚feinen Schülern bienftbar machen | zu koͤnnen.

| Behylage zu S. 47.

Dem Polyblus.zu Folge ſchraͤnkten fich die Wertreißun. gen und Ermordungen der Pychagoreer nur allein auf die

| Staͤdte * Wenn an pi Pythagorag mit dem Lncian (in Alexan- dro Oper. T. II. p. 211. Ed. Reisii.) von aller Schuld

von undererbichtung frey fprechen will; fo muß man diefes Urtheil doch immer dahin einfchränßen, daß man ſagt: Pythagoras habe den größten Theil der Wunder, * die von ihm, in fpätern Zeiten herumgefragen wurden, nicht felbft erfunden und ausgebreitet, oder auch dur feine Sreunde ausbreiten laſſen, |

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Ä «8 u Drites Er

- Städte In Italien ein, und bie Bora entflandenen JZer⸗ ruͤttungen endigten fich zulezt altenthalben mit ber Ein:

führung einer Demokratiſchen Kegierungsforns , unter

welcher befonders-Tarent fich *) in der. Folge enapor hob.

Wenn man aber die Nachrichten aller übrigen alten und glaubwürdigen Schriftſteller zufammenbäft; fo kann man

faſt nichts anders als glauben, daß die Wirkungen der

Werſchwoͤrungen wider die Pythagoreer fich auch über bie großen Städte Siciliens verbreiteten, . Auffallend iſt es

wenigſtens, daß micht lange nad) dem Untergange det

Pprhggereifchen Geſellſchaften ſich in allen Griechiſchen Staͤdten in Sieilien Tyrannen aufwarfen,, und zu herr⸗ ſchen anfiengen **), Der Weisheit, Tapferkeit und Milde diefer fogenannten Tyrannen aber hatten die Fuͤr⸗ flinnen unter den Siciliſchen Staͤdten, Syrakus und

Agrigent, ‚allein ihre Größe, ihren Reichthum, die praͤchtigſten Kunſtwerke ***) und die Beſteyung von einem Joche zu danken, das wenigſtens fa hart geworben waͤrt, als dasjenige war, unter welchem de Afiatiſchen Grie⸗ chen ſchon beynahe ein Jahrhundert ſeufzten, und unter welches ipre Drider im eigentlichen Oriechenlande 1

fallen

ep un

*) Strab.l.e, -

©) Arift. V, 12. de Civ. Hered. VII. 154. Diodor. A 41% |

4,6. Ed. Weſſel.

wer) Wie hoc) die Kunſt unter den Negierungen der erſten bs | nige in Syrakus und Ngrigent flieg oder geftiegen mar,

kann man aus den herrlichen: Werken fehließen, die noch zu ben Zeiten des Verres und Cicero uͤbrig wa⸗

ren, und die zu den ebelften Denfmälern- des. Alter |

thums gerechnet wurden May fehe Cie, in Versen _ iv. beſonders 33. t 35.

„ı . s .

*

Seſchichte der Vothagorelſchen Seſilſchaft. sog . fallen in Gefahr waren, Ohngefaͤhr um dieſelbige Zeit

erlangte Gelon in Syrakus und theron in Agrigent die Alleinhertſchaft u)

Der erftere diefer beyben großen Minner ſchlug, |

mit Hülfe des leztern, und der Übrigen verbündeten Sici⸗ Vier, an eben dem Tage **), an welchem $eonidas bey Thtzermopylaͤ fiel, ein Heer von 100000 Karthaginienfern aufs Haupt, und teilte die Beute und Gefangenen vers

Hälmigmäßig unter Me Eieger aus. Die Agrigentiner

brauchten die ihnen gugefaflenen Sclaven dazu ***), die

herrlichſten Werke in und außer ber Stadt aufjufähren,

die noch viele Menfchenalter nachher als die Denkmäler ihren erſtaunlichen Groͤße fertdaureten +): und eben fo wendete Gelon die eroberten Schaͤze und ben Tribut von zweytauſend Talenten, den bie Karthaginienfer bezahlen

mußten, zur Berfchönerung von Syrakus uud andern.

Städten Siciliens an ++). Die Macht diefes Königs erhielt durch den Sieg über die Karthaginienſer auf eins mol einen fo erfiaunfichen Zuwachs, daß er im Kriege

wider den Zerris af eben fo viel an Reuterey, Fußvolk

und

Nach dem Diodor ſtarb Theron 74 DI. 1. nach einer Re⸗

gierung von 16 Jahren, deren Anfang alſo in 73. 1. faͤllt. Nun herrſchten nach dem Ariſtoteles (V. 12. do Civ.) Gelon, Hiero und Traſybulus eben ſo lange, oder auch nicht länger als Theron; und Belon wuͤrde alſo auch um die 73 DJ. 1. zu. regieren angefangen

. hinauf. se) Ol, 75 1. #2) Diod. XI, 433 +). Ueber ihre diodor. xmi. 607. 610. + Diad, | ib, 0 ©. 424.

haben. Andere ruͤcken biefen Zeitpunet ü in Ol. 72. 3x,

st Drittes Buch.

und Eifen ı zu liefern verſprach, als das ganze uͤbrige verbundene Griechenland zuſammengebracht hatte, wenn man ihn zum Anfuͤhrer der Griechen, oder nur zum Be⸗ fehlshaber ihrer Flotte ernennen wollte *). Merkwuͤr- dig iſt es, daß die Sicilianifhen Griechen faſt um eben die Zeil die Rarthaginienfer überwanden, in welcher die Bewohner des eigentlichen Griechenlandes über die Per fer fiegen, und daß dieſe Siege die Haupturfache ber Macht und des Reichthums von beyden wurden: baf ferner Agrigent und Syrakus faſt zu gleicher Zeit die un⸗ wuͤrdigen Nachfolger ihrer erſten Beherrſcher ausftießen *"),

und eine demofratifche Verfaſſung einführten: daß de Sprafufaner die unterdruͤckten Städte Siciliens ***) nur einige fahre fpäter in Freyheit festen, als bie Athenien⸗ fer die Griechiſchen Städte in Afien }), daß endlid In der achtzigften Olympiade, in welcher Ephialtes die Negierungsform von Arhen in eine Demofratifche ver⸗ wandelte tt), alle griechifche Staaten (Eparta ausge nommen) in Afien und Eurepa in Demokratien uͤberge⸗ gangen waren.

“) VII. 154-158. Herodot. we), Agrigent den Sohn des Kherom Ol, 77. 1. oder 2. Dioa. © ©. 444 und Spratus ben Thraſybulus 78 Ol, 3. 456. um) ©. 461. #) 77 Ol 2. Died, 499. 50. 11) Diod. ©. Lie |

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DE nmel *

1

Vier⸗

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. sur

Viertes Kapitel.

Von der Philoſophie des Pythagoras und der

aͤlteſten Pythagoreer, und den Verdienſten dieſer Männer um die, übrigen Wiffen. (haften. |

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J eben dem Grade, In welchem die unglaubwürdige,

ſowohl ältere als neuere Schriftfteller, ben Cha⸗ rafter bes Pythagoras, und die Abſichten ind Einriche tung feiner Geſellſchaft entſtelli Haben; in eben dem Grade haben fie, befonders Heraflides Pontifus, und nad) ihm

am meiften Apollonius, Mederatus und Nikomachus,

denen alle neuere Platoniker und Peripatetiker folgten, die Philoſophie der älteften Pythagoreer und ihre übrigen Erfindungen verfälfht. Dieſelbige Unmiffenheit.aber, und berfelbige mit Blödfinn verbundene Vorſaz, elles am Pythagoras und feinen Freunden zu erheben, brachte In der Verfaͤlſchung von beyden ganz entgegengeſezte Wirs fungen hervor. Anſtatt daß die bewundernde Dumme beit den Pythagoras und feine Geſellſchaft gänzlich ver unftaltete, verfit;önerte fie feine Philoſophie über alles Maaß und alle Wahrſcheinlichkelt, Ich bin daher, ges

zwungen, wenn id) anders den großen Fuͤhrern, berem

Leitung ich mich bisher uͤberlaſſen habe, nicht untreu werden will, mich in dieſem Abſchnitt eben ſo ſehr, als in dem leztern von den unbefugten Lobrednern des Pytha- goras zu entfernen, und. biefem Weltweifen eben fo viel von angedichteten nen Erfindungen und Wahrheiten

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I Bu

x t

a Drittes Buch.

abzuziehen, als lch ihm an wahrer Wuͤrde wledergegeben habe. So ſehr aber auch meine Schilderung des Pytha⸗ goreiſchen Lehrgebaͤudes von den gewoͤhnlichen abweichen wird; fo bin ich doch feſt aͤberzeugt, daß ich dem Py⸗ thagoras Fein Unrecht thue, und Daß alle vernünftige Leu fer es einſehen werben, wie falſch es gefchloffen fen, wenn : man. glaubt, daß. große Staatsmaͤnner und Gefezgeber der alten Zeit auch große Kenner der Natur und Welt, weife in der Bedeutung gewefen feyen, in welcher wir

- Go diefe Wörter nehmen, W

Wenn Nlkomachus und ſeines Gleichen Slauben verdienten; fo erfanden und vervollkommneten Phthageras und feine Freunde nicht nur Arithmetik, Geometrie, Altronomie und Mußſik, ſondern auch alle Theile der Philoſophie, Dlaͤtetik, Phyſik und Ethik, fo ſehr, daß die ſpaͤtern Griechiſchen Weltweiſen zu denen ihnen von den Pythagoreern uͤbergebenen Wiſſenſchaften gar nichts, oder nichts betraͤchtliches hinzuſezen konnten ). Den

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Gefchichte.der Ppthagoreiſchen Geſellſchaft. 513 Ausſpruͤchen jener Männer nach, harten Plato und Ars ſtoteles Peine eigenthuͤmliche Verdienſte, etwa das bes Vortrages ausgenommen, fondern fie waren bloße Nach⸗ treter der Pythagoreer, ‘ober gar undanfbare Schüler derſelben, welche die Namen Ihrer Sehrer verſchwiegen, .obet fie auch beficktten, ‚um ſich dadurch deſto ge⸗ wiſſer von dem Verdachte heimlicher Raͤubereyen zu bes freyen, und ihren Gedanken einen deſto blendendern Schein von neuen eigenen Erfindungen zu geben *).

Alle fpätere Pythagoreer und Platoniker glaubten es ben - |

Heraklides Poͤntikus zu, daß Pythagoras zuerſt den Na⸗ men ber Philoſophle eingeführt, daß er fie eine Siebe oder Beglerde der Weishele genannt *)), und Weitheit ale R Don bie

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Ka FOS Komas IN ETsnäs, MOTER TUV 07ta: tmrium, Koi vny öpısinnv, Ka Tv dlıperiunm Rapedwne vos AIewzos.ete, Nieoni, ap, Janbl;

0357: 161. | u

or D. 53. \ R on

* —8 ap. jembl. 159 8, id, P. 3: Aritb. et p. 3. up. Jambl. in ipſ. Ariihm. inpr. Heracl; S. 58, 59. ap. ambl. et ap. Cie; Tuſe. Quseſt. V. 3. Quen ( Pytha- wporam) ut ſeribit auditot Platonit, Herselides Pon⸗ meus, vie do&es in priuis, Phliunteit forums voniſſo, unique Leonte, prineipe Phlielorum, docte ct «o- piofe differuifle quaedam, Cujus ingenlum et_eld- quentiam eum admitatus eflet Loöün, guaefirifie 60, dus maxime afte eonfidere, At illum arte

e

quidem fe felte nullam, fod efle phitofophum. Adı .

mirgtum Leentem növitstemi seminis, qQuachifle, , Quiuam effent philefophi, et quid Inter eos ct rells qaot Intereflet * Pythagoras autem refpondifle, milem (bi videri vitanı homiauin et mioreatum dumm; qui haberetur maxiıno Iuderum spparatü totius Gran Ä 0 eis Kt |

4

314 | Me Wiffenfeft ewigen: unvergaͤngllcher Dinge er

v

Drittes Buch.

3

Elärt

lae celebritato. Nam ut illle alll corporibus exor-

ettatis glorlam et mobilltstem coronae peterent: alil

omendĩ aut vendendi’ quaefiu et luere ducerenturt eſſot autem quoddam. genus eorum, idque vel ma xime ingenuym , qui nes plaufum nes luesum quac-

serent, led vifendi eaufa veuirent,, fludiofeque porfpieerent, quid ageretur, es quo modo: irem

nos quafi in caereatus quandam eelchritatem ex utbo

hllaua. Sie in hane vitem ex alla vita et natura pro- 6e&os: alles glorise fervire, 'alios pecunise : raros

eſſe quesdem, qui, eeteris omaibus pro nihile ha-

bitie, rerum maturam Audiele intuerentur : hos fo appellare fapiöntiae fiudiofes, id eſt enim philofo- phost et ut illie liberslifimum effet, fpe&tare, ol bil Gbi aequirentem, fie in vita longe omnibus flu

diis eontemplstionem rerum, cagaitlonemque prar-

Aare, Mit diefen Worten des Kicero flimms der acht und funfzigfte Abſchnitt im Jamblich fo genau überein,

‚daß ed unläugbar ift, daß Eicero aus. ben Heraklides

überfezt, und Jamblich fein Fragment unveränbersaus eben diefem Schriftfieller genommen habe. Ich ſeze

‚nur folgende Stelle her. eosnevas Yap ed m cıw ro Pior Tan avdenmav Tagodev To ei Tas

MaynyuRes MBAyTmyTı 0MIÄ@. ds Yap Exsce

Bayrodanol Quravres rem Tos » &AAos Kat

WARS Xeeıav alınvaraı, © ev Kenuarıcus Te ao sedas ve anEumoAnaaı Ton Doeror ersiypumvos. & de do&ns Ävenon erıdeskopzevos nucı TI Poum TE COUETOS. 851 de Ko reıroy ide,

0 To ye EAEUSELIWTATOy OU KALComEvoV, Tomar

Geus Evene x Önnseynnarav xahav, xal &rerns eeyav na Aoymv. ote. Meinen Urtheile nach hat Heraklides dies Gleichniß fo aus dem Alexis, ‚wie ‚anbere ind Ande Swoas vom Epikur auf ben

Pptha⸗

a .

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. zı5

erklaͤrt habe *), deren Abſicht ſey, den unſterblichen Geiſt von allen Banden und Schlingen des Koͤrpers und thieriſcher Leidenſchaften Ioszumachen, ihn von der An⸗ nglichkel an dem Irdiſchen reinigen, und ihn der 88 Gott⸗

t

Pythagoras Äbergetragen. Man Iefe folgende Verſe bieſes Dichters beym Athenaͤus. (XI. 9. p. 463.) —— ente mavımdn Rayra.T ardeoroy Mus. —R —AA Carus —R eis Aνννανν TIvas " AQıyusvas, ex Ta Javars na TE EKOTaE - UST —R us To Ous Ta 189 op "Oemper. Mür folgende Anmendung ließ Leraklides n weg: sd av mAuısy vYerıon naı am / Tns AOeoo- dırüs vr Aanre Tv Xeovev raærov, 0v Per. ‚ra ai Tun Y zeave ros N dis samnıdev omade.

=) Horsaelides ap. Jamb. S. 59. Karim pev wo av TEEUMTANTOS BEYER Jecev, na Toy ev aura Pops- pnov asega, vis nodogan ry Taf. Kurca METBTIEV MEY Tol TEREOTE Ks TE VonTa swb æuro ToiBTov. To da Tewrov N exeno, 7 Toy we Yiewy Te nun Aeyay Pbous, d’anayrav dıa- desoœ, xæ9 ES TR BUT TAUTR OUYTETERTOs

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"Kor. 9 PiAovaQın de 7 J Tre Tomsurne

Yewesas.

4

u f) Opux nev Tns Auxas 070 Tay achAay erırud

516 ; Drittes Buch.

Soitheit nicht nur aͤhnlich gu machen , ſonbern auch mi jhr auf dqs innigſte zu verbinden *). Sie ſtimmten fer

ner dem Heraklides darinn bey, daß Pythagoras dai zubige betrachtende Leben für dasjenige erklaͤrt Habe was des Menfchen am meiften würdig fey, und ihn fein hohe DBeflimmung am ficherfien erreichen . made koͤnne *). Aus.allen biefen zogen fie endlich den Schluß daß ber. Samifche Weife bie mathematiſchen Wiſſenſchaf ten gleichfam ‘als Brücken oder Stuffen gebrauchte habe, um ben Menfchen vom Siunlichen zum Geiftlichen , vom Körperlichen zum Unkoͤrperlichen, vom Irdiſchen zum Himmliſchen, und vom Vergaͤnglichen zum Ewigen und Unvergänglichen hinüber zu führen ***). Durch fie allen

| ‚werde das Innere lang verfinfterte Seelenauge gleichſan

von neuem belebt und geftärkt +); und ohne biefe würde, D j " " wen

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2 Ap. Porph. 46. Diroaodıar d sdireacdnee, # boxomos, gucaodaı var D wArufeewans var rouæb rTor EIEYAmY TE Koi GUVÖSSUmy Tov Karare Kwpisueron Nun van. Eben fo beym Jamblich 23} ferner ap. Jambl. 240, ws) Hera, on. Ä ‚#®#) Nieom, Arithm. p. 6. dnAoy o71 —XR Tr Rah Yedvenis scıne Tausa Ta uadnuare, di wlovra rnv diavomv Hpov,, aamro Tas oa der wacs doESav ERI TEE VONTC HELL ETFISNLOVIKEE. 70 Toy aurrocdwr nv x eufeeDav vr Gumdavy VAIKDV KO COUETIKMY, E77 Te cur . Hab eregoPuAu Reös Tas —XC Kos 20 BEew@Tov Tay 89. KUTAIS VonTsKoy.

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die TETav avalwmupe x aveyrıgır peg 7.

Geſchichte der. Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 51) wenn es aus der Finſterniß ber Materien auf einmal gegen das Sicht ewiger Wahrheiten gefehre würde gleichſam geblendet werden. Ohne ihre Hülfe und Vorbereltung wuͤrde ber von feiner Geburt an in ſinnliche Verderbniß verſun⸗ kene Menſch an der Erreichung ſeiner wahren Gluͤckſeligkeit verzweiflen, und nicht einmal den Muth faſſen koͤnnen, die unermeßliche Kluft, bie Ihn noch vom Ziele feiner mahren DBeftimmung trennte, jemals überfpringen zu fönnen *),

Ich habe, glaube ich, nicht mehr noͤthig, meinen Leſern nachzußelfen , um die Zeugniffe des Heraflides, Nikomachus, und ber neuern Platoniker über die Abfiche . und.das Weſen der Philofophie des Pythagoras zu bla - berlegen; denn eine ſchwache Erinnerung beffen , was ich über dag eben der Pythagoreer und die Einrichtung Ihrer Geſellſchaft gefage habe, iſt ſchon hinlaͤnglich einen jeden zu überführen, daß fie nicht zu den ſtets anfchaus enden Weltweifen des Alterthums gehörten, und daß Heraklides alfo, und afle Diejenigen , bie in feine Fuße Rapfen traten, irtten, wenn fie die Schwärmereyen bes In ven Schatten ber Afademie grübelnden Plato auf die Pythagoreer uͤbertrugen. Vielleicht aber ſcheint es man⸗ hen nicht unglaublich, daß Pythagoras durch eben die | Kt3 0. Kraft

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58 Drittes Buch.

Kraft des Omiıs, womit er den Menſchen aberhaupe,

und vorzüglich ſeine Zeitgenoſſen fo tief erforſcht, fie fo

unwiderſtehlich ar fich zu zlehen, fo unzertrennlich zu ver⸗ binden, und ſo unumſchraͤnkt zu beherrſchen wuſte, auch in die Geheimniffe der Natur, und in die unbekannten - Belder menfchlicher. Kenntniffe fo tief eingebrungen fep, “als die neuern Pythagoreer und Platonifer vorgaben.

Allein man darf nur einmaf ernſtlich daran denken, wann und nach welchen Maͤnnern Pythagoras gelebt, und wie feine Vorgaͤnger, Zeitgenoſſen, und feine unmit⸗ telbaren Nachfolger in den erften Zeugungen gedacht ha⸗ ben, um einzufehen, daß eine richtige Kenntniß und Beobachtung der Natur dem Menfchen unendlich ſchwe⸗ ver werde, als. eine richtige Kenntniß und Beobachtung des firtlichen Theils feiner ſelbſt, und daß es miche nur

unndwahrſcheinlich, fondern ganz unmöglich geweſen fen daß Pythagoras fo viele Wahrheiten habe entdecken, und

ganze Wiffenfchaften fo fehr habe erweitern und vervol⸗ . fornmnen Pönnen, als einige ber alten Geſchichte gan; unkundige Schrifeſteller zuerſt vorgegeben, und um vorſichtige Gelehrte nachher geglaubt haben. Pythage ras blühte lange nach den gröften Geſezgebern Griechen Iandes, einem Lykurg und Solon, deren Geſeze gewiß fo viele Mrenfchenkenntniß verrathen, ats die Einrichtung ‚des Pythagoreiſchen Bundes, und bach dachten dieſe großen Menſchenkenner eben fo wenig, als die Griechiſchen Weiſen baran, (einen einzigen ausgenommen) bie Na fur bee "Dinge zu erforfhen, “ober bie Elemente von Wiſſenſchaften zu erfinden. Er war ferner ein Zeitgenoß der Männer, die es in Griechenland zuerſt wagten, einen

.

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft 19 Blick auf die fie umgebende Natur zu werfen, bie Ent ftehung der Dinge zu erforfchen, und die bis dahin noch

immer gebundene Sprache von den Feſſeln des Sylben⸗ maaßes zu befregen,. Da nun Pythagoras gleichſam mit

der Griechiſchen Phllefophie und Proſe zugleich gebohren

wurde; ſo muß es einem jeden eben ſo unmoͤglich vor⸗ kommen, daß er wie Plate und Ariſtoteles philoſophiret babe, als es unmöglidy ift, daß er, der nicht weniger

als Pherefndes dichtete, bey einem gänzlihen Mangel

aller eigentlichen und allgemeinen Ausdruͤcke auf einmal

wie Plato hätte fhreiben, oder wie Demofipenes hätte

geben Finnen. Nicht aber bloß die Geſchichte der Vor⸗ gänger und Zeitgenoffen, fondern auch ber Nachfolger bes Pythagoras zwingt den. aufmerkſamen Sorfcher zum SBefeuntnjffe, daß die Philofophie des leztern nicht viel /vollſtaͤndiger und richtiger geweſen ſeyn koͤnne, als die der aͤlteſten Joniker, und daß ſeine Erfindungen in allen

übrigen Wiſſenſchaften feinen philoſophiſchen Behauptun⸗ |

gen entfprechend, und nur unzuſammenhaͤngendes Stuͤck⸗ werk gewefen feyn müffen. Denn die Gedanken ber älteo (ten Eieatifer., ferner bie ‚des Heraklit, Leukipp und

Empebokles über die Entſtehung ber Welt, und über bie Natur der Geſtirne und menſchlichen Seelen waren nie

minder ſeltſam und ungluͤcklich, als die des Thales und Anaximander; und Ariftoteles ſagt, wie Die Folge die⸗ ſer Schrift lehren wird, voͤllig der Wahrheit gemaͤß,

D

Daß die Weltweishelt der Griechen bis auf die Zeiten de -

Anaragoras' nur geftammelt babe. Haͤtte Pythagoras

das geleiſtet, was man einem einzigen Menſchen nicht gutrauen kann, und mas afle große Männer, bie zwi⸗

fen ihm und dem Plata und Ariſtoteles · lebten, kaum⸗ | Ps... | lei⸗

[

520Drittes Buß, leiſten Bonnten, und hätte er be Philoſophie und alle Wuiſſenſchaften fo (ehr bereichert, als man erdichtet Hat;

J

x gen und Verdienſte des Pprpageras. und feiner Freunde

—W | x

fo würden Sprache, und ein jeder Theil ber Phitofophie, nicht. fo langſam unter ben Griechen fortgerüdt fenn , als wirklich geſchehen iſt, und die nächiten Weltweiſen nad) ihm würden nicht in fo grobe Jerthuͤmer gefallen ſeyn, als die fie in der That vertheſdiget haben.

| So hald man alſo ſich ben Npthagoras als einen Freund oder Zeitgenofien bes Thales, Anarimander, Pherekydes und Eenophanes, und als ben Vorgaͤnger des

- Parmenives, Heraklit, Leuklpp und Empedokles denkt;

fo muß man es für ganz unglaublich erflären, daß Py⸗ tbagoras allein mehr Wahrheiten follte erfinden, und mehr Entdeckungen gemacht haben, als alle feine Lehrer und Zeitgenoffen, und daß er. fogar alle feine Nachfolger bis auf ben Anaragoras und Gofrates an Kenntniſſen übertroffen habe. So fhlidern das Gebankenſoſtem des Pythagoras nur aflein die unglaubwuͤrdigſten Beſchreiber feines debens und feiner Lehre, Moderatus, Nikomachus, und-andere von noch geringerm Gewichte, die man aber bloher als die einzigen zunerläffigen Führer befolge Hat.

Ibren Zeugniffen noch war die Philoſophle Des Pprhage:

ras ein fat vollendetes Syſtem der erhabenſten Wahrhei. fen, und zwar meiſtens ſolcher Wahrheiten, kon Denen fich in den Gedanken ber nachfolgenden Naturforſcher bis anf den. Anopageräs feine Spur wleder finder, gleich als wenn mir dem Ppthagoras zugleich alle ſeine Erfin⸗ dangen unfergegangen wären. (ans anders. flellen uns die älteften und zuverlaͤſſigſten Schrifefteller die Mepnun,

der.

.

/

I. 0 j .. Gefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. Zar bar. Wenn man Ihren Erzählungen folge, fo haben pie Pythagoreer nicht piel mehr Wahrheit erkannt, und niche weniger ſeltſame Meynungen vorgetragen, als Thales, Eenophanes und beren Machfolger, und mit Ihnen hat man: nicht nöthig etwas unmögliches angunehmen, daß Sprache, Weltweisheit und andere Wiffenfcyaften ; bie ſich, wie die alte und neuere Geſchichte lehrt, viel lanpg⸗ ſamer, als die Kuͤnſte, bilden und herſtellen, gleich nach ihrer Geburt ben hoͤchſten Grad Ihrer Volfommenpeit _ erreicht haben, dann gleich nach dem Pythagoras wieder verloren gegangen, und erſt einige Jahrhunderte nachher

wieder gefunden find, ungeachtet Pyothagoreer bis nad

den Zeiteri bes Plato und Arlſtoteles fortdauerten. ch) werde daher ohne weitere Bedenklichkeit die

Geſchichte der Meynungen der aͤlteſten Pyihagoreer uͤher

ben Urſprung ber Dinge vorzuͤglich nach dem Ariſtoteles erjaͤhlen, deſſen Nachrichten durch bas Anſehen, und die Slaubwuͤrdigkeit Ihres Verfaſſers, durch ihre innere Wahrſcheinlichkelt, und Durch die Beyſtimmung aller

übrigen Männer, die nach ihm einigen Glauben verdie

nen, die wiberfprechenben Zeugniffe eben fo fehr, als bie ausgemachtefte Wahrheit ben teichteften Irrihum, übers wiegen. Diefem großen Kenner, und unportheylſchen Richter des SGriechlſchen Alterthums zufolge, glaubten Pythagoras und deſſen Freunde, bie erſten, welche über:

die Zahlen Unterſuchungen anſtellten, eine Menge von

Aehnlichkelten und Beziehungen zwiſchen den Zahlen, und allen wirklichen Gegenſtaͤnden der Natur zu finden, . Um dieſer Berhältniffe willen, . fahen fie die erſtere, alz den Stoff und bie Urfache der leztern än, und erflärten ade Je Dinge in in ber Wet. Send, Erde, Seelen | Ks u⸗

ss u Drittel Su.

Bugenden, kurz afles fi hrbare und unſichtbare fie Ber kungen und Eigenfchaften der Zahl oder der Zahlen. Nur wichen fie barlan.von einander ab, daß. einige bie Ele mente der Zahl oder Zahlen, bas Bleie und Ungleiche, wovon fie das erſtere endlich, das lejtere unendlich nann ·

ten, andere bie Einpeit allein, noch andere mehrere aber

' bob e eine endliche Menge von Zahlen, und andere zuleg undbeſtimmte oder unendliche Zahlen, für die wirkende Ur⸗ ſache und die Grundmaterie aller. Wefen hielten. Sie behaupteten ferner, daß das hervorgebrachte vollkommner ‚und vortreflicher, als Die hervorbringende Urſache fen, und erfiärten zugleich, für die vollkommenſte unter allen Wirkungen der Zahlen, und für das größte unter allen Weſen ein gewiſſes görtliches Feuer, dem fie ben Namen der Wache des Jupiters gaben, das in ber Mitte ver Melt wohne, und um welches bie Sonne, Geſtirne und Erde ſich herumbemegten..- Alles biefes fagten fie, mit Ariſtoteles an mehrern Orten ausdtuͤcklich verſichert, ohne den geringſten Bewels fie beſtimmten nicht, wie aus Dingen, bie weder Schwere noch Leben, weder Em pfindung noch Vernunft hätten, Körper mit fo wielen El⸗ genfchaften, in einer fo wortreflichen Ordnung, und nicht bloß lebloſe Körper ‚. fondern ‘auch lebende Wefen hervor: geben ‚önnten. Wenn fie von der Entſtehung der Welt und aller Dinge in der Welt aus Zahlen redeten; fo war et, wie Ariftoreles ſich ausdrüdt, ale wenn man in einen

“andern Himmel perſezt wurde *).

8 on Frey

—2

und

| 825 Die Stellen bes Stagiriten, in welchen die hier geordne⸗ ten Gedanfen gefunden werden, habe ich in einer am dern Schrift angezeigt. Hif. dodtr. de vero Deo p. j00-

z05.

\

PEN der Pothagoreifchen Geſellſchaft. 323

Zreylich iſt dieſe Zahlenlehre und Erklaͤrung des Ur: fprungs aller Dinge fo wunderbar, daß man mit Recht fragen Pann, wie. fie jemals In eines Menfchen Sinn fome men, und befonders,, wie fo große Männer, als die Py⸗ thagoreer waren, auf eine fo ungeheure Art. irren konn⸗ sen. Diefe Sonderbarkeit des alt. Pythagoreiſchen Sy⸗ ſtems fezt nicht bloß uns in Erftaunen, fondern fiel auch dem Ariftoteles, Cicero. und Gertus auf, und doch fiel. len bie leztern, und ‚Alerander Petnhiftor es eben fo wie Ariftoteles vor. Das Srillenhäfte in den Gedan⸗ Een ber Pythagoreer, über bie Macht und Wirkungen der Zahlen, wird weniger befremdend, wenn man fie mit. den Meynungen derjenigen Weltwelfen vergleicht, Die vor dem Pythagoras, oder auch gleich nach ihm lebten. Denn behaupten, baß alles aus Zahlen enıftanden fey, - iſt im Grunde nicht Sächerlicher, als fagen, daß nlle Dinge aus Waffer, oder aus einem gereiffen Unenblichen, _ oder aus Luft, oder aus Feuer und vier Etementen durch Zeindfchaft oder Freundſchaft, oder aus Atomen. durch Wirbel und Nothwendigkeit hervorgebracht worden, ober daß das ganze Univerfum nur eine einzig unbewegliche und unwandelbare Subftanz ausmache. Gelbft in ber Dhie loſophie des Plate und Arifteteles finden ſich viele Bes bauptungen, von denen man ſchlechterdings laͤugnen müßte, daß fie je von vernünftigen Männern vorgetragen worben, wenn e8 erlaubt wäre, alles als ungebacht zu verwerfen, ‚was uns im hoͤchſten Grabe engel und felbft undenk« bar fcheint. | #..

Ich wundere mich viel weniger darüber, daß Pi

thagoras und deſſen aͤlteſte Freunde hie Zahl, oder Zah: - .

. Im

524 Drittes Buch,

len für die Grundſaͤze der Dinge hehalten haben, als daß bie Pothagoreer, die nach dem Sokrates, Plato und Ariſtoteles lebten, dieſe Lehre beybehalten, und fie nur ver ſchoͤnert, erläutert und in eirie mehr wiſſenſchaftliche Ge⸗ ſtalt eingeflelder haben. Dirfer Männer Anhänglichfeit an einer alten Grille hat nur allein bie Thorheit einiger neuern Myſtiker und Mathematiker neben ſich, die gleich⸗ falls alles aus Zahlen zu erklaͤren geſucht haben *), Auch ber ober bie Pyihagoreer, beffen oder deren Meynüngen Alerander Polyhiſtor, und aus biefem Diogenes von $aerte abfchrieb **), Yannten die Monas oder bie Ein⸗ heit, die Grundurfache aller Dinge, welche die. unbe ſtimmte Dyas oder Zwen hervorgebracht, und diefe als einen Urſtoff bearbeitet habe. Aus der Einheit und ber unbeflimmten Dyas feyen die übrigen Zahlen, aus den Zahlen Puncte, aus den Puncten finien, aus den Unlen Flaͤ⸗ chen, aus den Flaͤchen Solida, aus dieſen die vier Ele⸗ mente, euer, Waffer, Erde und Luft, und aus diefen endlich eine fohärifche, befeelte und verfländige Melt ent ſtanden, ‚Dis die Erde, gleichfalls von Pugelrunder Geftalt, in ihrer Miete habe, Der oder bie Verfaſſer der Schrif⸗ ten, bie Alepander Polyhiſtor vor fich hatte, behaupteten ferner, daß Licht und Finſterniß, Wärme und Kälte, das Trockne und Feuchte ohngefaͤht gleichſoͤrmig, oder in gleicher Maffe durch die Welt, verbreitet fep, daß aber dab von biefen entgegengefezten Eigenfchaften bald die eine, bald die andere bie Oberhand gewinne, Durch das Uehergemicht ber Wärme werde ber Sommer, und pergegen

durch

RETTET SEE —— —— ⸗ꝰ

%) Biche bie Bepfage am Ende des Capitels. wy) VOL 25. n. f.

J . fi , | Gecſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 52 5 durch das Uebergewicht ber Kälte der Winter, , und durch Ihr Gleichgewicht die Schönfte. der Jahrszelten, der Fruͤhling hervorgebracht, der viel gefunder fey, als der Herbſt, wo dies Gleichgewicht von Wärme und Kälte wieder abnehme. Eben dieſes laſſe ſich von den verſchie⸗

denen Tageszeiten ſagen, unter welchen der Morgen benm

Fruͤhlinge, und der Abend dem Herbſte ähnlich fen. Die £ufe, welche die Erde'umgebe, erklärten diefe Pythago⸗ reer_für faul, träge und ſtillſtehend, und daher fen allen, was In ihr athme ober von ihr umgeben werde, vers gänglich und fterblich 5 die hoͤchſte Luft hingegen hielten '

ſie fuͤr rein, gefund und unaufhoͤrlich bewegt; und deß—

wegen ſey alles, was ſie in ſich faſſe, unſterblich und goͤttlich. Der Sonne, dem Monde, der von ver Sonne erleuchtet werbe, und ben übrigen Geſtirnen gaben -fie den Namen von Göttern, weil in ihnen bie Wärme, bie Urfache des Lebens, das Uebergewicht habe, Selbſt bie traͤge Erdluft, die fie Palten Aether nannten, durchdringe ein Strahl ober Ausfluß der" Sonne und des warmen himmliſchen Aethers, wirke bis in die Tiefen des Meers und der Erde, und belebe ober: beſeele alle Pflanzen, Gemwachſe und Thiere. Alles in der Welt alſo haͤnge zuſammen, weil alles vom Aether durchdrungen und be⸗ wegt werde: Thiere ſeyen mit Menſchen, und Menſchen mit Göttern verwandt, indem fie alle Theilnehmer deffele bigen göttlichen Kethers ſeyn. Aus dieſer Verwandſchaft ſchloſſen fie, daß die Götter für die Menfchen, als für ihre Brüder forgten, bie mit ihnen einerley Natur und einer · ley Urfprung hätten. = —· | Ä Diefer Grunbriß des Pythagoreiſchen Syſtems, wie Abxander Pelyhiſtor es in Pychegoteiſcten Schriften

fand,

u Dritte Buch. *; fand, unterfcheiber fich von dem, ben ich aus bem Ari⸗

. floteles mitgetheilt habe, durch nichts, als durch eine . - umftändliche Befchreibung der Ordnung, in welcher alle

Dinge aus der Monas, oder der Einheit entfprungen- ſehen, durch eine genauere Beſtimmung des goͤttlichen Aethers, und des Unterſchiedes deſſelben von der ſum⸗ pfigten, faulenden ober aufloͤſenden Erdluft, endlich durch bie Verruͤckung eben dieſes Aethers aus ben Mile

telpuncte dee Welt, und die Hinſezung ber Erde an

beffen Stelle. "Aus der fetern Abweichung ſchlleße ich am meiften, daß die Schriften, aus denen Alexander fchöpfte, von fpätern Pythagoreern hertuͤhren, als biejenigen mas ten, deren Meynungen Ariftoteles aufjelchnete,

Diele Zeugniffe des Ariftoteles und Alerander Dos lyhiſtor werben wiederum durch Die bes, Sertus beſtä⸗ tige, der an drey Stellen, unter welchen bie lejte die ausführlichfte iſt, bie Grundlehren der Pythagoreer über den Urfprung der Dinge aus ben Zahlen vorgetragen bat *), Daß diefe Auszüge nicht aus den Merken der älteften Porhagoreer gemacht find, erhellt nicht, ſowohl aus ber fünftlichern Einfleidung der Saͤze und ber Des weiſe, womit jene begleitet find, als aus den Widerle- gungen des Anarageras, Demokrit und Epikur; die darinn vorfommen. Daß aber auch bie darinn enthaltes nen Bedanfen nicht irgend einem der fpäteften Pythago-

reer im erſten oder zwehten Jahrhundert nach Chriſti Ges

burt zugeeignet werden koͤnnen, muß einen jeden die VDergleicuvs berelben mit den Träumen des Moderatus und.

. ©) Hypot. Pyrr. m. $, 151. & ſeq. Adrerſu⸗ Arlthmn I | & feq. adverſ. Phyf, $. 248. &feq. |

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Sefchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 527 und Nikomachus lehren, von denen Ich ſogleich reden werde, In allen diefen Stellen nun fagt Sextus, daß die Pythagoreer den Zahlen Außerordentliche Kräfte zuge⸗ ſchrieben, und fie nicht nur für den Geundſtoff, fordern auch für die erfte wirkende Urſache aller Dinge ausgegeben - hätten”). Aechte Naturforfcher (fo fingen diefe Pytha⸗ goreer an) müßten Den Sprachlehrern nachahmen. Go wie dieſe zuerft die Buchflaben als die Elemente der Wörter unterfuchten, dann zu den Sylben fortgingen, und endlich auf die Eigenfchaften ganzer Wörter ihre Auf⸗ merkſamkeit richteten; fo müffe auch der Naturforfcher, der die Natur des Ganzen ergründen wolle, bis zu dem . erften und einfachfden fortgehen,, worinn ſich alles auflöfen laſſe. Bon ber ſichtbaren Welt aber eine in die Sinne - fallende erfte Urfache annehmen zu wollen, ſey durchaus unphiloſophiſch, weil alles finnliche und fichtbare nur aus etwas unwahrnehmlichen und unfinnlichen entſtehen konne. Doch würde man mieberum übereilt ſchließen, wenn man alles, was fich unwahrnehmliches denken laffe, zur Grundurfache von Körpern machen wolle, Diejenigen affo, welche Hemolomerien, oder Atomen, oder fonft um ſichtbare Theilchen, zum erften Stoff Eörperlicher Sub» fangen gemadt, ‚hätten zwar von einge Seite die Wahr⸗ heit getroffen, indem fie etwas nicht finnliches zum Prineipio des finnlichen gemacht; allein darinn hätten fie

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9 Beſondere adr. ehrt, 5 s, 248. Kos uadıo9' ori ei ei. SNUDVESATO) Toy Dusinawv Eros neyainv —XRX roic Ins —A SELL.) SATELLITE Goıyeia Tov OAmı TATUS souslew. 810 de raw 27 me Toy Zausov ———

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5258 Drittes Buch.

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"2 gehene daß fie noch Immer förperliche, wenn glei. im ·

ſichtbare Weſen, für bie Urſache der die Sinne ruͤhrenden Körper angefehen hätten. Denn ſo, wie bie gröbern Sub⸗ fangen aus feinern, nur gebenfbaren Beſtandtheilen zu⸗ fanımengefegt feyen, fo müßten vor biefen.wieberum uns koͤrperliche Dinge vorhergehen. Und.glelchwie die Ele- mente von Wörtern niche Wörter wären; fe koͤnne dag Urſtoff von Körpern nicht etwa koͤrperliches ſeyn. So

| u bald man das leztere behaupte, fo muͤſſe man zugleich

annehmen, daß Das, woraus und wodurch der Urſtoff entſtuͤnde, wieder etwas Pörperliches fey,, ‚und ſo ins uns endliche fort, woraus benn nothwendig folge, daß bie Koͤr⸗ perwelt ger Feine Urfache habe. Ferner fey nicht einmal alles unzufammengefegte, was man fich vor dem Zuſam⸗ mengeſezten vorſtellen koͤnne, die Urſache des lexern. Platoniſche Ideen, Solida, Flaͤchen, Unlen, Puncte lließen ſich alle vor dem Körper denken, und doch koͤnne man keine der erſtern zum Principio des leztern erheben. Eine jede Idee, Flaͤche, ein jeder Punct, und ein jedes Solidum, mache für ſich betrachtet ein einzelnes Ding, und wenn man ihrer mehrere zuſammennehme, eine graͤ⸗ ‚Bere Zahl aus. Vor ihnen allen alfo koͤnne man, ih Zahlen vorftellen, und die fielen wieDerumi unter die Em heit zufammen. Daher habe Pythagoraz bie Mona vie Urſache, oder das Principlum aller Weſen genannt, weil ein jedes, nur in ſo ferne es an ihr Theil nehme, ein wirkliches für fich beftchendes Ding genannt werde. Wenn man diefe Einheit zu, fich felhft hinzufuͤge, fo ent fiehe daraus Die unbeftimmte Dyas oder Zwey, die man für den Grundſtoff alles deſſen, mas ſey, halten müffe. Daß nun die Monas und Dyas die einzigen und wahren 7 EBGrund⸗

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Geſchichte der Yhthagoreiſchen Geſellſchaft. 529 Grundurſachen der Dinge ſehen, ſuchten die Pythagoreer (ſagt Sextus) auf mannigfaltige Arten, am meiſten aber dadurch zu beweiſen, daß fie alle Dinge erſt in drey große Gattungen eintheilten : In ſolche ‚die für ſich allein ges dacht werden koͤnnten, in entgegengefeste, und in ſolche, die ſich auf andre. bezoͤgen: daß ſie dieſe unter andere noch hoͤhere Gattungen brachten, und endlich zeigten, daß dieſe wiederum alle entweder der Einhelt oder der Dyas als den hoͤchſten Gattungen, untergeordnet, oder darunter. bes "griffen waͤren. Diefe Unterfuchungen über bie hoͤhern "und hoͤchſten Gattungen uͤberlaſſe ich Neugietigen zum Nachleſen, da fie gar nicht mit dem sufammenhängen ; was Ich aus dem Syſteme der-fpätern Pythagoreer beweis. fen will. Wenn diefe-Weltweifen nun bis an den Grunde . ſaz gekommen waren: daß die Einheit und Dyas die

hoͤchſten Gattungen der Dinge feyen ‚- oder daß dieſe ſich ‘vor allen übrigen Dingen denken ließen ;_fo fchritten fie zu dem Beweiſe fort, daß auch afle übrige Zahlen, und nicht bloß die Zahlen, fondern auch bie Weit, und alle Dinge in der Welt aus ihnen eniffanden, ‚und daß die Monas die wirkende Urfache, und die Öyas bei Stoff, ‚oder Die Materie derfelben ſey *). Der Punet nämlich verhalte fich wie die Einheit, ober fen der Monas a aͤhn . 2) 09 Daow w raıs œexeæis ræœuræi Foy nv i TE OayTOs @ITIR Aoyoy rege ray movada, Toy ' de ans maoysons une, vv dunda. Kainiv. rœomor var ef auTav Unogovras abıduss ums“ ' reAcocey, ET RI ToV KOTUOV N TOT TE Moonmo GuvssncarTe, 8. 277, . 11

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30 Pre Buch. ähnlich”) ; ‚weil er fich eben fo wenig als diefe cheilen laſſe. Und fo wie die Monas das Princıplum der Zah · len fen, fo fen Der Punct es von ben Linien. Auf eben die Art bewieſen fie, daß die Linie ſich wie die Dyas, die Flaͤche wie die Trias,, und und endlich bie Tetras wie Das Solidum, oder wie ein wirklicher Koͤrper verhalte. Denn wenn man über brey auf einer Fläche llegenden Puncten einen vierten.annehme, fo entſtehe ein pyramidali ſchet Solidum, das drey Dimenſionen: Hoͤhe, Breite und Tiefe, babe: So wuͤrden nun gleichſam unter der Leitung von Zahlen Solida, und.aus.biefen Erde, Waſſer, Luft und Feuer, und aus biefen endlich die Welt gebildet, bit nach harmoniſchen Verhältniffen zuſammengeſezt ſey und bewegt werde. Solcher Verhaͤltniſſe nahmen fie drey an: Diateſſeron, ader wie ſich acht zu ſechs: Diapente, wit ſich ſechs zu neun; "und Diapafen, wie “fs fee zu zwoͤlſ J vethalfe *8). J | W— Dieſe

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefelfihaft, sa

Dieſe Pochagoreer nun, beren Raͤſonnements ich bisher aus dem Sextus ins kurze gezogen habe, ſtimmen, wena man Ausführlichfeit, Ordnung · und: Beweiſe abs . rechnet, vollfommen mit denen überein, Deren toßere Gedanken man vorher aus dem. Ariftoteles hat Fennen - lernen. Jene läffen naͤmlich eben wie dieſe aus der Mos nas die unbeflimmte Dyas, aus beyden als den Princi: pri aller Dinge die Zahlen, aus ˖ Zahlen Puncte, aus Puyeten ‚Linien, aus Linien Flächen, aus Flächen: So⸗ lida, aus Solidis die: vier koͤrperlichen Elemente, und aus Dielen endiich nach harmonifchen Werhältniffen die ganze. Welt, und alle Dinge in der Welt entſtehen *).

Außer diefen Pythagoreern, welche die Monoe und Dias die Grundurſachen aller Dinge nannten, gab es neth.andete, die den Punct für das eifte und einzige Principlum aller Weſen hielten, Aus einem fließenden Pünete fageen dieje) entſtehe eine Linie ‚aus. elner

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bewegenden Fläche ein Solidum, und aus dieſem endlich Elemente, und mas aus Elementen zufanimengefügt

ehy. | So gründlich und feleneififchfcheinend aber auch die Raͤ ſonnements diefer Pythagoreer waren; ſo konnte man ihnen doch immer noch den Vorwurf machen, den Ariftoreks ſchon ben aͤlteſten gemacht hate: daß fie durch einen fall | unbegreiflichen Fehlſchluß das einfachſte, was ſich vor allen Dinger denfen läßt, mit der Grundurſache derſelben verwechſelten, und daher die Monas, bie In Gedanken nur vor allen koͤrperlichen Subſtanzen hergeht, zur Shi pferinn der Welt verherrlihten., | Idbdh füge endlich den Beweisſtellen des Axiſtoteles, Alexyander und Sextus noch die lezte bes Hermias hinzu, ber entweder auch Schriften von Pythagoreern, die vor Chriſti Geburt lebten, oder doch Auszüge daraus in ai bern gelefen harte“), Dieſer Heidenſpoͤtter bezeugt nicht nur, baf die Pythagoreer die Monas das Principlum

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9 ‚Jußiot eliorumgue vatarım deßorum open. Tel Pe. 119 Pazil, 2030.

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„Gecſchichte der Pythagoreiſchen Befelifchaft, 533 aller Dinge genannt, und aus ihr die Zahlen, und aus den Zahlen ‚die Elemente Härten entſtehen laf⸗ fen; ſondern er gibt audi die Zahlen und Fe - guren an, wodurch Die Elemente, ſelbſt Feuer und Aether, ' bervorgebradht würden. Die Pythagoreer festen nämlich

das Feuer aus vier und zwanzig, die Suft und Erde aus .

acht und vierzig, und das Wafler aus hundert und zwan⸗ zig rechtwinktichten Dreyecken, den Aether aber aus zwölf gleichfchenklichten Pentagonen zufammens ein Spielmerf, was Plato zum Theil in feinem Timaͤus angenoms men bat. 0 Wenn man nun alle dieſe Zeugniffe mit dem Sim⸗ plicius *), und einem Pythagoreiſchen Fragment bey eben Diefem Austeger verbindet; iſt es denn noch möglich zu zwei· feln, daß nicht nur Pythagoras und feine dltefte Freunde, fondern auch viele feiner fpätern Nachfolger nor Chriſti Geburt bie Monas oder Zahl für die Mureer der Weit, der Götter und Menfchen gehalten haben? Und daß man ‘bie Pythagoreer nad) Eprifli Geburt für eben fe falſche Ausleger erklaͤren muͤſſe, als fie leichtgläubige und’ unzuverläflige Geſchichtſchreiber waren, wenn fie der Alt« Pythaqoreiſchen Zahlenlehre erſt die ganze Platoniſche Philoſophie unterlegten, und dann ben ganzen ungeheu⸗

ren Aberglauben ihrer Zeit, und faſt eben ſo wahnſinnige |

Erdichtungen hinein trugen ? | | 43 Der

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9— S. 253. ie phyſ. Auſeult. Ariſi. Ab⸗ or I TR Boeodovy me, m Tas Hludayoetiois anoAsdn,

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9 uudın »eı9us, Treree MAKOSEIV, ZOTSE un dEWV. Mau we Ium de TR WAVE ERsOIHKEV.

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5 Drittes Buch.

Der eiſte, der Platoulſche Begriffe in bie Pytha⸗ gereifce. Arithmeuk hinein erklaͤcte, war Moderatus; wenigſtens wird von den nachfelgenden Schriftſtellern kein älterer ſeyn wollender Pythagereer genannt, ber bie Zahlen auf eine. aͤhnliche Art ausgelegt haͤtte. Kr gläubte *), daß die aͤlteſten Pythagoreer ſich der Zahlen bedient hätten, um dadurch ihre Gedanken über die. Grund⸗ urſachen und das Weſen ber Dinge, bie fie fünft nicht - hätten mittheilen fönnen, deutlich ausjudräden, So wenig alfo Lehrer ber Geometrie, wenn fte die Figur eines +. Zriargels zeichneten , durch das in die Augen fallende Bild das Weſen eines Dreyecks andeuten wollten; eben fo wenig hätten "Die Ppthagoreer, wenn fie die Zahlen die Elemente der Dinge genannt, fie für die Grundurs ſachen alles deſſen, was iſt, ausgeben wellen. Ihre AIbſicht fen nur dieſe gewefer. , fie als bequeme Zei⸗ hen der erften Principien der Welt zu brauchen. Sie Bären ‚daher die Natur des Unmanbelbaren, des ſich fetbft unveraͤnderlich Gleichen, der Grundurfache ber Erhaltung und Harmonle des Ganzen durch die Einheit bezeichnet , well fie zwiſchen diefem Symbil, und ber dadurch ausgebruͤrften Subftan; einige Aehnlichkeit ger ‚Funden Bir dns Wandelbare hingegen, das ſich

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NAsp. Porph, 48.525 u * Eben fo au Johannes Stobdus Eel phpl.Lib, et. 9 3. Nicht weniger undcht find bie für Pothagoreifh ausgegebene Erklaͤrung der Zeit p. 19. und die Des hauptung der Emigfeit ber Welt, nicht der Zeit, ſon⸗ bern nur ber Varfiellung nad) p, 49.. In dee leztern wird. der Sainfun: des fünften Eiements (T8 a | TER

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Geſchichte der Phthagoreiſchen Geſellſchaft. 535

fet6ft Ungleiche und Theilbare, haͤtten ſie den Namen der: Dyas gewaͤhlt, weil’ein jedes Paar wirklicher Bes gerftände einander Immer unaͤhnlich, und ſtets wandelbar ſey. Mach ähnlichen Beziehur gen hätten fie durch bie übrigen Saplen andere Kräfte und Weſen ausgedruͤckt: Sg . 0.0.0 barch

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KEURTE Soryeıg) erwähnt. Wenn unter allen Mey⸗ nungen, die Stobäns dem Pythagoras aber ben Pytha⸗ goreern zufchreibt, irgend eine iſt, bie gewiffe Spus ten bed Alterthums an ſich trägt, fo iſt es folgende P. 39. exros Eye TE KOTUE Ki-- vov, BIS 0 avazve ° HOTAOS 5, xo ee 8 Diefe

- Stelle nahm Stobäng gewißausdem Nriftoteles, welcher im vierten Buche feiner Phyſik von den Pythagoreern ſagt: aa d’ eDason xaı 0 TlvIayapsıpı xerov,. x068. ETUTIEVL EUTO To BLRYO Eu TE ATeIcE æveu- RAreSs, ws 0 RVOTEVEOVTL. —RR Tas Quoeis. ‘as o9ros TE HANS, X_- Tvos Tav eDeens x TS —* Ka TET' ea MEWToV ev Teis KEIIMOIS. TO Ye Ke- yov Ciagıden nv, Dvcw auroy. Simpficing ad h. 1." fol, 192. b traßt die Meynung der Pythagoreer noch deutlicher vor, aber feine Erflärung berfelben ift, wie die faſt aller übrigen Lehren der aͤlteſten Philoſophen, gezwungen und ingereimt, fo richtig er faft immer den Ariftoteles auslegt. Eben diefe Bemerkung gilt vom Alezander, Philopon und andern Ansſlegern des Stagis rien. Aus der angeführten Stelle des Simplicius ſchreibe ich nur diejenigen Worte ab, die zur Ge⸗ ſchichte der darinn enthaltenen Meynung gehören: ereyov Ya EHEIVOos To HEVon EREITIENOL TOroOuM, Ö10v RVamveovTı Hl EIOMVEOITI AUTO WIENER TIEU-

"pa, ano Ta e&udev WELIKENUMEVE. XErIaV de

Ä magexsedar,. gas To pn auvszen au Marta Saure aAANAsıs, os ö Akekavdeos æuse.

536 Drittes Buß,

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nas war ihm das Symbol des Platonifchen Welrfeäpfet,

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burch bie Deo, zum Beuſpiel alles, was 6 Mir, An fang und Ende habe, und durch die Zehn ben Snbegrif der hoͤchſten Wortreffiichkeit,, weil die Dekas die vol« Eommnenfte unter allen Zahlen ſch, diealle Beziehungen, Aehnlichkeiten und Eigenſchaften derſelben in A ver einige.

Schon aus dieſem llelnen Fragment bes Med⸗ ralus, der elf Bücher über die Zahlen geſchrieben hatt, ninıme man ohne Anflrengung wahr, daß er über dk Zahlen ganz anders dachte, als die Älteften Pythagoren, und Deren Nachfolger, An flatt, daß: diefe die Zahlı wirklich für die Grundurfahen afler. Dinge erflärte, ſezte or fie auf bloße Zeichen derfkiben herab. Die Ms

amd die Dyas das Zeichen der ewigen ‚rohen Materie aus. melcher altes hervorgebracht worden. Diefe Deutun gen fanden um befto mehr Benfall, ba fie mit dem ale gerifchen Geiſte ber erften Jahrhunderte nach Cpeifl Geburt und dem allgemeinen Blauben an die Heilige

und Weisheit der-älteften Pythagoreer uͤbereinſtimmten,

und von dem herrſchenden Vorurtheil begünftige wurden: ‚daß Plato ein aͤchter Pythagoreer geweſen fe, und [et

= Ange Philoſophle von ihnen empfangen habe, .

Einen großen Theil der Gedanken bes Mtoberatus über die Kräfte der Zahlen, über den. vielfachen Gin, den die Pythagoreer ihnen gegeben haben ſollten, ud

- über die Mamen ,. die Ihnen deßwegen bepgelege wurdm

ann man aus dem Plutarch wiederherſtellen, der dot

Werk dieſes Mannes geleſen hatte, mit feinen Nachfol⸗

gern und deren Grundſahen ſeht belauet wer, en and mens | R

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. Sefchichte der Pothogoreiſchen Gehe llchaft. 537

er von Pythagoreern redet, faſt immer den Moederotus und deſſen Schüler im Sinne hat *). Aus den. ange⸗

führten Stellen des Plutarch fieht man, daß die Pyrhar . -

goreer feiner Zeit fo wohl Zahlen als geomerrifche Ziguren mit deu Namen von Göttern und Göttinnen, von Tugenden und felbft von gefellichafttichen Werbinduns gen belegten; daß fie gleichſam Geſchlechter unter ihnen, onnahmen, und eine jede um elgenthümlicher Kräfte und Tugenden willen für heilig und göttlich hielten. Am mel ſten verehrten fie bie Tetraktys, unter welcher fie fidh die Zahl 36 dachten, und bey weicher fie den Helligften Eid ſchworen. Don biefer vorzüglichen Heiligfeit oder Börte lichkeit der Tetraktys wuſten die älteflen Pythagoreer nichts; Arifioteles ſagt wenigfiens kein Wort davon, und ich vermuthe daher, daß fie ihr entweder von den lezten Pythagoreern, die Seitgenoffen des Ariſtoxenus wa⸗ ren, oder gar erſt von den Pythagoreern kurz vor, oder nach Chriſti Geburt verliehen werden.

So unhiſtoriſch aber, und auf nichts gegründet das Auslegungsfuflem des Moberatus aud) war ; ‚fo muß man es doch immer noch für ein ſchoͤnes und fees Bes bäude gegen das des Nikomachus erflären, beffen Schrife ten von ben neuern Piatenifern und den gelehrteften Kir⸗ chenvaͤtern als ber Schluͤſſel zur geheimen Weisheit des | Pothagoras weckte, don en vorzüglich geleſen und - gl erlaͤu⸗

*) De Iflde ot Of, VII, soo. E, epud Delph. 922- 23, 63133. Much Lucian ſtellt die Meynungen und Gas zungen ber Pothagoreer nach dem Apollonius, Mode⸗ ratus, und. den. berrfihenden Begriffen des zweyten Jahrhunderts vor.. Tom. I. 542, 45. in Vie, Au,

. er

538 Drittes Buch.

laͤutert wurden, mid den nur allein Photlus ben Ole genheit des Auszugs feiner Theologumena Arithmetika richtig beurcheile hat, wegen’ welcher Schrift Ber Ber: faſſer eine der erften Piöge im „moftifben Narrenfef verdient *). Sn dleſem Buche bemuͤhte Nikomochus nd, wie Photlug wortrefflic, bemerkt, nicht feine Unterfuchungen der Erfahrung und der Natur der Dinge entfprechend zu machen; fondern er unterwarf und beugte fie vielmehr unter die ungeheuren Misgeburten feiner kranken Phans taſie. Er marterte, zerriß und flickte bald bie Zahlen, bald alle Arten ſichtbarer und unſichtbarer Dinge zuſam⸗ men, enfweder um die erſtern den leztern anpaſſend zu “machen, oder um die leztern an die erfteen hinanzuzmin- gen. Er entbecfte endlich (und dergleichen follte man nur von Raſenden vermuthen) zwifchen einer jeden Zahl, und den ungleichartigften, ja gar entgegengefesten Gegen. ſtaͤnden, die naͤchſten Verhaͤltniſſe und größten Aehnlich⸗ feiten, um derentwillen er die Venennungen der lejtern auf. die erſtern übertrug. Er nannte baher die Monas bald Verllend, und Gott: bald ein Zwitterweſen, und die Materle: dann ‚wieder die Behaͤlterinn aller Dinge, das Chaos, vie Vermiſchung und Verwirrung der Weſen, das Achtloſe, die Finſterniß, den Schlund; ferner den Stop, din

| unterirdifchen Abgrund, ben Lethe, .und doch auch Die . Sonne und den Apollo, So erhob, fest Photius hinzu,

Nitkomachus die Nonas, u und beichimpfte j ie. dech auch. Die

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23 Cod. 18%. p. 237. FBoit. Hoeſehel. Graee.

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Geſcichte de Ppthagoteifchen: Gefellfchaft. 539

Dir Dyas befchrieb er ale bas Peinciplum des Gleichen, und als ſich ſelbſt ungleich, als Ueberftuß und Mangel, als die Duelle: und Wurzel aller Harmönle, ungeachtet fie auch dos Principium afler Mis:dnigfeie ſty. Er nannte ſie die Gerechtigkeit, Iſt 8, Rhea, Natur, und haͤufte die Namen aller befannten Goͤttinnen aller Voͤl⸗ Fer auf ihr zufammen. Zuleze gab er ihr auch die Na⸗ men, :der- Unmwiffenheit, Unwahrheit, "Unbeftimmebeit; | Zwietracht, des Verpängniffes und Todes, E

Auf eben biefe Art rafete er Die. übrigen. Zahlen. bis zur Zehn durch, bey welcher .er in einen ber laͤngſten: und heſtigſten Pargrismen fiel. Diefe Dekas befang, er als das Univerfum, als den übergöttlichen Sort, als den Gott der Götter, als doc) ich will meine Leſer mit den übrigen Vollkommenheiten, die er in ihr fand, verfchonen, Wenn nun das zweyte Jahrhun⸗ dert ſchon ſolche Narren trug, als Nikomachus war; fo

darf men fie) nicht wundern, daß ſich im dritten und in ben folgenden Jahrhunderten andere fanden , die bie» fen Thoren für einen weifen Mann hielten, und in feine Sußftapfen traten, *), Die eben mitgethellten Frag⸗ mente

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*) Dan ſehe Jambl. in Nieom, Aritb. p, 14. ferner bie unftreitig untergefchobenen- Erklärungen ber Zahl vom Hippafus und Philolaus ib. p. 1. die Erklärung ber Gottheit, welche die Zahl ber Zahlen genannt wird,

ap. Hioroc. ©. 166. aus bein angeblichen seem Asryar de 6 Pythagoras ferner Eudorum ap. Simpl, in Atiſt. Phyl. 39. fol.. wo die Erklärung und. Benennungen des 9 ganz in der Manier des Nikomachus iſt. Diefe | Stelle beweift zuzleich, daß Eutorus, den Simplicius und

‚540 . Deite Bad,

"mente bes Meberatus und Nikomachus habe ich gem. | faͤchlich in der Abficht angeführt, um ſolchen Leſern, die ſich unter der Monas bie Gottheit und unter der Dyas “eine rohe Materie zu denken gewoͤhnt haben, und fih yon. diefen Gedanken nicht ehne Mühe losmachen koͤnnen, um biefen auf eine nachdruͤckliche Are zu zeigen, was das ‚für Köpfe waren, us benen diefe Auslegungen zuerſt entfprangen, was biefe fi) noch fonft beh diefen Aus | ‚drüden vorftellten, und welch eine Blindheit ober Wider ſpruch es war, bie Ungereimtheiten"diefer falſchen Pytha⸗ goreer, und derer die ihnen folgten, entweder nicht zu bemerken, bder, wehn man fie bemerfte‘, Ihnen dennoch immer als verflähdigen Auslegern und glaubiwürbige

Geſchichtſchreibern au trauen.

Ungeachtet bie. alteſten Pothagoreer den bimml— ſchen Aether aus den Zahlen, und alle goͤttlichen Naturen wiederum aus der Aetheriſchen Subſtanz entſtehen lleßen; fo that dlefe: Meynung und die gänzliche- Verkennung el. nes alles fihaffenden ober orbnenden Wefens ihrer Froͤm⸗

migkeit eben fo wenig Abbruch, als bie Gottesfurcht der - übrigen Griechen darunter litt, daß ſie die Gegenftände ihrer Anbetung entweder von andern ihrer Art, oder auch aus dem Chaos gebohten glaubten. Die Pythagoreer

J | erkann⸗ ., und Proklus häufig anfuͤhren, nach dem N Nikomachns gelebt haben muͤſſe. Jonſius war ungewiß in Anſe⸗ bung feines Zeitalters, aber dabey nicht ungeneigt, 7 ihn für den Cuborus zu halten, deffen Strabo erwaͤhnt.

Er war von Nlerandrien, und fohrieb ein hiſtoriſches Werk über die Philoſophie, dad Stobaͤus p. ı6«, Phyf, Ciel. anführt, der ibn u einen m * Philo⸗ berben neunt.

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Geſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. s4ı |

erfannten nicht nur, wenn man Ihren Aether ausnimmt, dem ſie aber nicht die geringſte Ehre erwieſen zu haben ſcheinen, feine andere Götter, als die, welche von allen Griechiſchen Voͤlkern angebetet wurden, fondern fie cheile ten fie auch in diefelbigen Rangordnungen ab, und uns eerfchleden fi; von älteen Dichtern and Weltweilen nur - darinn, baß fie alle Arten übermenfchlicher Wefen niche aus dem Chass, oder aus Waſſer und fuft, oder aus dem Unendilchen, fondern aus einem göttlichen Feuer . beroorgehen ließen, Ihre Goͤtterlehre ſtimmte daher voͤl⸗ fig. mit den Begriffen des Volks und der beräßmteften Dichter überein,

Die Pp:hagoreer beſahlen , die unſterblichen Goͤt⸗ ter am meiften, und vorzüglich vor andern göttlichen. Naturen zu verehren *). Unter biefen unfterblichen Göttern verftanden fie, allem Vermuthen nach, außer den Geſtirnen, noch diejenigen Götter, weiche Die Gries dien. Bötter vom erflen Range, oder oberfie Götter nannten, Mach biefen geborhen fie zunächft den Daͤmo⸗ men die größte Ehre ju erweilen, unter welchen fie wahre ſcheinlich, wie die übrigen Griechen, alle von den uns ſterblichen Göttern entweder mit Nymphen, oder mit Menfchenfindern erzeugte Halbgötter verſtanden **), da hingegen Heſiodus durd) das Wert Dämonen, was Ho⸗ mer noch als gleichgeltend mit Goͤttern brauchte, die abs sefäldenn Seelen der Wenſchen des gelbenen u und > fiber j

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—— ©) Carm, aur. V. ı, Arifiox. 100 8. ap. Jambl, et 195. op. Porph, 38. 6, Dieneasch, S. 37. ap. Jambl. Diog.

VIII. 23.

“) Vide Hit, dodtsig, de vero Des, P- 208.

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54a Diet Vich⸗

nen Beitalters bezeichnete die in Luft gefjeldet, an ber Zahl dreyßig tauſend ‚auf der: Erde herumfchmebten, und vom SJapjter gu Hütern des. menfhlichen Beflechtg beſtellt wären *). Auf diefe Daͤmenen ließen fie endlich, Der allgemeinen Meynung ihrer Zeitgenoſſen gemaͤß, die folgen, unter welchem Namen. fie die abgeſchie⸗ denen Seelen großer Männer anbeteten, die durch ihre außerordentliche Thaten fich nach igeem Tode einen Piaz unter den Goͤttern erworben, und ‚göttliche. ‚Verehrung verdient harten **) Mit den Dämonen und Heiden follen fie ***) Die ganze $uft angefühe geglaubt, und zus gleich behauptet haben, daß um. diefer willen. alle Keini, gungen, Waſchungen und Uebel abtreibende Mittel ein, gefegt, und von ihnen bedeutende Träume, und andere Vorzeichen fünftiger Begebenheiten, ſowohl Menſchen, als Thieren zugeſchickt würden}. Die Seelenlehre ber älteften. Pythagoreer iR eben fo dunkel, als die von den Dämonen ynd Göttern), und. . fo viel man davon verfteht, auch nicht ganz frey von | MWiderfprüchen, * Gewiß, ift fie eben fo dichteriſch, und - nicht weniger aus den Volksbegriffen der damaligen Zeit gefchöpft , als ihre Ausfprüche über die höhern Naturen. Auch bewelſt fie eben-fo fehr, mie wenig. die Philofophie ‚der Pythagoreer fidy von den finnfichen Borftellungen der uteſten Voltsſanger enferute, und. über fie Hinaus bob, Nach

2. —2 248. m

ee, Dion, VIE. 32. 33. h Siche zweyte Siytze am Ende ‚dee Eapltelu.

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Seſchichte der Pothagoreiſhen G ſelſchaft. 543°

Nach dem Alerander beym Diogenes *) glaubten fie, Daß die Seelen der Menſchen gleichſam abgeriſſene Städte ſowohl desmarmen feurigen, als des falten Aethers feyen, ober baß fie aus Beſtandtheilen von beyden gemiſcht waͤ ren. Einer Nachrticht des Ariftoteles. aber zu Folge wa⸗ ren fie in ihren Mepnungen über die. Natur ber See gerheilt. Einige hielten dafür, daß Ihre ganze Subftang luftig ſey, oder aus Luſttheilen beſtehe; andere hingegen, daß fie dem Weſen gleichartig fey, was bie Luft in de wegung ſeze **). Ariftoteles erzähle ferner, daß fie bes baupter hätten: alle Seeſen würben durch ein bloßes Ohngefaͤhr eine jede in einen gemiffen Körper. geführe***): ein Einfall, der nicht‘ weit. von, dem Gedanken des. Were faffers der Orphifchen Gedichte abwich, nach welchem die Seelen der Menfchen durch Winde in die Wohnungen

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av Agygouevov, TNYRUTNV EIGEN —R eDacay væe TWES MUTay, WUXW ea TE To weg Eusuara. 0 de, To TaUTr@ uwar, Johannes Philoxenus in feiner Anmerkung zu diefer Stede'gibt _ zu, baß dieſer —ã wenn man ihn woͤrtlich nehme, kindiſch und laͤcherlich ſey, daß man ihn aber, wie die Fabeln der alten Dichter, allegoriſch erklaͤren muͤſſe, Er glaubt daher, daß die Pythagoreer mit den angeführten Worten die Eigenſchaft der Seele hät: ten andeuten wollen, wodurch fie die verſchiedenſten Dinge verbinde und zufaramenrüde, \ 80) Ar. 1.3. de Anl. . meeı de Ta defoums gaumres, - " 8dev erı meocdioglans @eree evdexonevoy Kara" . ras-IIvdayoonas nudas, TnV TUXeaay Yuxay ' US Ta TuXov 8V voor. Goch. Ä Er

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sa Diitted Buch.

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dad Sejbes-lneingetrieben wurden *). "Die Pythagereet

nahmen in der menſchlichen Seele drey Kräfte, oder,

wie die Alten fagten,. Theile an **), deren Bezeihnun gen ober unüberfezbar find. Zween von diefen Aus

decken (Dewves, Yuuos) find alt und Homeriſch ***); allein fo wenig id, jemanden für fähig halte, die Beden

tungen. derfelben , :und. ihre Abweichungen von yuxn und erdaAor genau zu beflimmen, fo wenig traue ich es mie oder einem andern zu, Din Sinn ber Pythagoreiſchen Ausdruͤcke für die drey Haupttheile der ‚Seele , und die,

Merkmale, wodurch fie Seele und: Leben +) von einander

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N .) Tero de menovde ncı 6 e Tas oePikois uals- | pavois 87801 Aoyos. Pncı Yae ray du en TE AB eiGiEvds, AVamVEovT@v- Degopeyny UM Tal ven. : | | | un ©) S. 30. rm de aydenzie bu diessseiedas ver N, EIS TE vEv na Düsvas ns Junor. Nach ben Jamblich beym Stobäus (©. 109. Eel. Phyl.) unterfhieden die Pythagoreer Theile und "Kräfte der Seele: benannten jene wie Plato, und dieſe ohnge⸗ fähr wie Arkftoteles, 0, de Keoı Hiaraovö, x Aexuras, na 01 And Tudayogeioı vw KV TEIMEEN RKODaNOvTess dinsgeyräg: 25 Ar vanor, nos Super, x Ei duicy - = - dire peis de Ins buuns avaroyıdoras Dub Kai Ouuvreœouævr, aa dıIneiv, va dofar, Ka Kt TIRw Bouosrav Öyorav, nos ogekıy woche ua ayaday, Kos vnoeis. Man ſehe auch Prottop. 2. 29. Ich darf wohl kaum einmal hinzu ſezen, daß —— die Pythagoreiſchen Schriften, aus denen Jamblich diieſe Gedanken entlehnte, untergeſchoben waren. #99) Vid. Mosh. ad Cudve. p. 1036. 5:2 + 8«. 7) IE Fer | . ———

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Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 545 anterſchieden, richtig anzugeben. Nur fo viel kann man mie Gewißheit fagen, daß die Pythagoreer, wie Homer, den jenigen Theil des Menfchen, den fie Dewas namiten, für-den edelſten und görtlichften erkannt, und geglaubt | yaben, daß diefer von den übrigen abgefondert werde, and abgefondert fortdauren Pönne, wenn auch die übrigen Theile untergehen follten ). n

Won den Kräften und Theilen ber Seele festen fie die beyden edlern ins Gehirn, den njedrigern hingegen ins Herz, ‚und diefen leztern mennten fie wahrſcheinlich allein, wenn fie fagten, daß bie Seele vom Blute er» nährt werbe**), Merven und Adern yannten fie Bande

| * \ der

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*

“) Ih zweifle aber fehr, ob die Pythagoreer einen gemiffen Aheil der menfchlihen Seele mit dem Namen var - belegt, und wenn fie dieſes gethan, ob fie dieſen sas wie den Jumos für ſterblich, und den Menſchen und übrigen Thieren gemeinfchaftlich gehalten haben. - Wenigftens widerfpriche fi entweder Alexander, ober

Diogenes, wenn er bald den yes und Iuuos für Theile ber menfchlichen Seele, die fich auch in den uͤbri⸗ gen Thieren fänden, ausgibt, nnd bald wiederum 8. 28. den Thieren, wie den Pflanzen überhaupt,

Seellen abſpricht. Diefer lezte Saz befonders reimt - ſich nicht gu: mit den Ausfpräden: daß Strahlen bee Aethers die ganze vegetabilifhe und tbierifhe Natur | Aurchbrängen: daß die Thiere Wohnungen von Wiens ſchenſeelen ſeyen: daß man alle lebende und empfins dende Weſen für gleichartig erkennen muͤſſe. Dieacarch, ap. Porpb, $. 219. .

*) S. 36. Tosdeodaı verm)uxmw ano ra ana. ros. tus de Aoyas, WUXHs aveuss ua. euro.

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77 Drtittes Buch.

der Seele, fo wie Sedanken, Betrachtungen und Grund, füge, Winde derfelben; doch trugen fie den erftern bil, Hichen Ausdruc auch auf die leztern über, wenn fie ſich i einer Seele fänden, die ſich ganz in fich hinein gezogen, - und Ihre ganze Kraft in ſich felbft verſammlet habe, E ; wiefie bie Seele fich als einen Ausflug des Aethers ver fieliten; fo nannten fie die Sinne wiederum Tropfu oder Ergießungen ber Seele, das Geſicht ben waͤrmſta Duft oder Aushauch derfelben, und bie Augen die Th zen ober Defnungen der Sonne *),

Diefe Reihe von Bildern, bie ſich alle in cm, oder ein Paar auflöfen laſſen, befchloffen die Pyrpaga endlich mit einer ajgemein aufgenommenen Gabel, di man wie ihre übrigen finnlichen Worſtellungen faft mit allen Völkern, wenn gleich etwas veraͤndert, mb

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FE EWOL AUTNY nd TES AOYas. EmWes Koh 0 MN ROLAToS. dequn TE Ewaı vns YDuxas, Tas Orebsi KO TS ETNEINS HL TO veuges. Örasy de uoxı, na nad duruyyeromern ngapın deouos ywaoamı ENS TBS Aoyas nocı Too seyo. Nach dem Port glaubte Pythagoras, daß die Seelen in der Milhfuf verſammlet würden, und baß diefe daher ben Nauu befonamen hätte, weil fie, wenn fie mit den Kin! verbunden würden, (denn bies fagen bie Bart STay eis yaracıy Fesaaıw) mit Milch grnaͤhrt mis

.. . ben. de antro Nymph. p. 127. Edit, Roman.

a) Aus dem bisherigen würde man allein ſchließen Fünne: daß die Erflärung des angeblichen Hippaſus beym Et b&ws Lib. I. p. 107. untergeſchoben fe, wenn rite

die Worte ſeibſt ihren falſchen Urſprung verriet" v⸗c de KEITINOY KOTUEEYE des opyever, Igmaos 6 anscuaTtınas Toy Ilvdayogsmy, J |

/

|

\ *

Seſchichte ber Pythagoreiſchen Geſelſchaft. 547

der findet. Sie glaubten naͤmlich, daß die Seelen der |

Mexſchen, gleich nach dem Tode der Selber, In der Lufe in Körperäßnlichen Geſtalten herumfchwärmten, daß ſie

aber bald vom Hermes, dem Begleiter der Seelen, aus allen Euden der Erbe gefammlet, und bie reinen. alsdenn

zum Aether hinauf gefüßte, oder in eine hoͤhere Elaffe '

von Weſen verfezt *),, die unteinen ‚bingegen mit unzer⸗

reißbaren Banden von den Furlen gefeſſeit würden"), ; Dieſe lezten Behauptungen der Pythagoreer hlelten

Baple und andere für unvereinbar mit einer andern Sehre, welche das ganze Alterthum dem Pythagoras zueignet: daß

naͤmlich die abgeloͤſten Seelen in die Leiber von Menſchen

und Thieren einkehrten***). Nicht aber Pythagotas allein, Mu——

ſon⸗

XX

©) Catm, sus, v. 70. J1. J

Hv dismonenVass aus 85 adee: Anden

aASns

Eosenı adavaros Yeos , wußeoros, ax er.

—— vnTos. Das adavaros eos iſt an diefer Stelle ein kuͤh⸗ ner Ausdruck, den der Dichter gewiß nicht im derfelbis gen Bebentung genommen hat, im welcher er im An⸗ fange vorfömmt. Kein Pythagoreer, oder Platoniker, ober ſonſt rectgläubiger ‚Grieche konnte annehmen, daß auch bie befte ſchuldloſeſte Seele ſogleich über Da⸗

v

tiger Wefen verfezt würde.

monen und Kelden. weg in bie hödhfte Gaſſe vernuͤnf⸗

5,97. '

@4%) Konophen, ap, Diog. VII, 36. Herod, I. 81. Die

eaeacch, ap, Porph, 5. 19. ap. Gell, IV, 11. ibi et Cie» areh, Horacl, VIIL ap, Dieg. 4. 5. Apoll. I, 1. und

viele andere. In ben Festen Stellen werden auch die

Wanderungen erzählte, Big Ppthagoras gemacht has ben fol. FE

a

848 u Dritte: Buch. *

2

federn auch Empedokles *) und Plato ja gange Wölfe,

beſonders die Aegyptier und Indier Haben ſich dieſes an⸗

ſcheinenden Widerſpruchs ſchuldig gemacht, indem ſie | alle, neben ber Seelenwanderung, nad) Derter ber Freue

den für reine, oder doch Oerter der Quaal und Strafen

für unreine Seelen behaupteten. Allein eben dieſe Bey fpiele haͤtten die Vermuthung veranlaſſen muͤſſen, daß

“man bie eine ober die andere vertheidigen koͤnne, oh. mit ſich felbft in Gegenfaz zu kemmen. Man fah nim

tich die Wanderungen von Geelen als Zuflände der Pri

ungen an, In welchen fie, entweder nach ausgefkandent EStrafe im Hades, von allen noch übrig gebliebenen Us

reinigkeiten fo geläutert würben, daß fie endlich bis ji

Ad

J

wen Soͤttern erhöht, ober auch mit dem Aether verbun

den werben fönnten oder In und durch welche anf

Unverbefferlichkeit und unheilbare Verderbniß fo bare

than und erfannt würde, daß dieſe nach einem fructe

fen Gebrauch Bes Präftigften aller Heilmittel kranker od

verwundeter Seelen ohne weitere Verſuche ber Herftelum

= koͤnuten.

0) ap. Steph. Poof: Phil, pr4. 25. 20) 8,28. VIII. Dieg, ..,

ührer Geſundheit ewigen Quaalen uͤberantwortet werdet

v

Die älteften Pythagoreer wußken eben ſo wenlg al

. "bie Stelker von einem vorhergehenden. koͤrperloſen dw ſtande der Seele, und behaupteten auch eben fo wenig a0 , wiefe, daß bie Seele jur Strafe für Bergehungen , de |

ren: fie fich in elnem beſſern Geiſterleben ſchuldig gemocht haͤtten, in den menſchlichen teib eingefchloffen worden fr Entweder lehrten fie **), daß Seelen, wie Körper, ind + , _ ı- je

ip

+‘

Geſchichte der Mihagoreiſchen Sefellfchaft. 549 zugläich, mit Ihnen ergeuge würden, ober was man aus einer oben angeführten Stelle bes Arifisteles fchließen - Eönnte, daß bald nach der Empfängniß ober Geburt Die wefentlichen Beſtandtheile derſelben, aus Aether und $uft gemifcht , in den Grunbſtoff bes Körpers eindraͤngen, und fid> mit ihm auf das genaufte vereinigten. ' Unter | den Machfolgern des Pythagoras aber, bie nicht lange vor dem Plato, aber zugleich mit ihm blühren, glaubt mehrere, _baß Die mienfchlichen Seelen urfprünglich frey und rein von dem Drucke und ber Befledung der Materie ein goͤttergleiches Leben gelebte hätten, und nachher erfk um gewiſſer Sünden willen In das ®efängniß, oder Grab des Körpers binabgefloßen worden, aus melchen fie ſich nur allein durch unabläffiges. Streben, ber Gottheit aͤhn⸗ (ih zu werben, und durch eine unermüdere Ausübung aller Tugenden zur verlornen Seligkeit wieder emper ſchwingen koͤnnten. Bon ihnen entlehnte Euripides die Frage, die Plato aus ihm anführe *): wer weiß, ob bas, was wir Tob nennen, nicht Jeben, und ob das, was wir Seben nennen, nicht Tod fen, und ob wir alfe Ijo, da wir feben, nicht wirklich fterben? Sie waren die Weifen,. von denen Plato fagt,. bag fie den Körper ein Grab, ber ein Gefäß, und Behälter ber Seele gea Kanne Gärten , und Die aus dieſem Saze bie Folge zogen, daß es * Empörung wider die Gottheit ſey, wenn je⸗

M mg manb-

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©) In Gerg. p. 320. _ 9) sm, ndn TE eyayı neu myoe roy —E or yuv Apeıs re$vaue. “a Fo pev Tomas esıy Na En. us de Luxe TęærTo, ey —— uch

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Bar 177,7

4

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8

850 . . Drittes Buß.

J mand obae den Aufruf ober: wider in Willen bes Herrn

der Geifter aus feinem Gefaͤngniſſe heraus gehe, und Durch einen gewaltfamen Streich die Zeit des irdiſchen $ebens und ber Strafe, bie ibm zuerkannt worden, | Ba ”,

Unge

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Fuyxaveı ayosv avameıdecIaı Kolı KETERIZETEN ME Hs KOT. X TETO RER Ti MuduAeyar xou\yos ang sows Zixedos Ts. n IrwÄınos Tragn- Yay To orouarı dım To mılavos zen Tressınov, wvouase 7ıIov. Plato zielt hier nicht auf die aͤlteſten Ppthagoreer, fondern auf den Philolaus, beffen er auch in Phaͤdo p. 23. 24. erwähnte, und aus. welchem Elemens von Alexandrien eine Stelle anfühtt Libe. Ul.

Strom. 433. worinn der Bedankte, daß die Seelen te

Menſchen zur Buͤßung gewiffer Verbrechen mit Koͤrpern verbunden worden, ſchon den aͤlteſten Dichtern und Theologen zugeſchrieben wird. Ich urtheile uͤber dies Fragment izo anders als ſonſt (Phil. Schriften dritter

Theil S. 305.) und halte ed für einen Theil eines

e . untergeſchobenen Werts. Wenn es aber auch nicht ift; . ſo enthält es unftreitig einen Irrthum. Denn weber im Homer noch im Heſiod noch in den ältern Bruchſtuͤ⸗

den der ſogenannten Orphiſchen Gedichte, noch in den

auverläffigften Quellen ber Philoſophie der älteften Py⸗ thagoreer trifft nıan eine Spur der Lehre an, bie der angeblihe Philolaus fo alt macht... Auch Plato wuͤrde

in feinem Gorgias und Kratylus- beftimmter gerebet haben, anftatt daß er im leztern den Sokrates in einem

faft ganz fherzhaften Tone fagen läßt, daß die Orphi⸗

ker vielleicht deßwegen hen Leib comc genannt hätten,

weil er. gleihfam das Grab (oyue) ber Seele

ey. 9) Dan ſehe den Philolaus beym Plato in-Phaed. p. 27. und den Pythagoreer Eupitgens beym Athendus, I

% {

Geſchichte Ber Pythagoreiſchen Geſellſchaft. st Ungeachtet man von der Seltſamkeit der Meynun⸗ gen des Pythagoras Über bie Natur und Entſtehung aller Dinge, und von ber Sinnlichkeit feiner Vorftellungen von der Seele nicht auf eine ähnliche Unvolllommenheit, und Unvollftändigkele feiner Ethik fchließen darf (denn bie erftere konnte ſchon fehr erweitert ſeyn, wenn bie erfiern Unterfuchungen noch fehr mangelhaft waren); fo kann man doch aus dem gänzlichen Stillfchweigen des Plato, ausben faft äberreinftimmenden Nachrichten der Alten, daß Sokrates bie Philofophie zuerft in die Städte und Woh⸗ nungen ber Menſchen eingeführet, endlid) aus einigen . Zeugniffen des Ariftoteles nicht anders vermuchen, als daß die wiffenfchaftliche Gittenlehre, die Phthagoras fels nen Freunden vortrug, doch immer noch fehr eingefchränft, und feinen übrigen $ieblingsideen entfprechenb gewefen fen. Der lezte große Schriftſteller nennt zwar den Pythagoras * Nm 5 ben bier dem Klearch folgte. (IV. 14. p. 187.) Ev&ideos 0 Iludayoemos » Nix, os Qnei KXeaex.os 6 Ilseıgarnrınes sv deuraga Bıav eis- ver, evdedesIa To cayuarı naar To devem da ræœs amarray \Vuxas Tıumeias Yosaıy, Ne diesmaoIas Tov Ieov, os ei un KEVEEW ERITETAR das av Ina auras Auay wArscı ai Melon EUTIEBITaL Tore Auumicdw mavras suAu[de- peas u en Ooßeie9aı nd] Env dureg enfnvaı. . Wenn: Cicero dieſes Verbot des Selbſt⸗ mwmaordes bem Pythagoras felbft zuſchreibt; fo irrt er eben ſowohl, ale wenn er mit tem Philolaus beym Siemens die Lehre von der Begrabung der Seelen im den Körper für eine allgemeine Meynung ber älteften | Dt Halt, . Man fehe Ipfius fragım, p. 60. Edit, meh. —- .

-

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552 Drittes Bach:

den erſten Lehrer ber Ethlk; er (ei aber zugleich bin, daß dieſer alle feine Betrachtungen über Tugend u Gluͤckſeligkeit auf Zahlen zuruͤck gebracht babe*). * Nachricht des Ariſtoteles allein wäre ſchon. hinreichend, einen jeden von der Unächtheit ber meralifchen: Fragmen der Pythagoreer zu überzeugen, bie Oale aus dem St baus und Jamblich geſammlet, und aus denen Omi feine ungereimte Prrhagoreifche Sittenlehre zufammm gefezt hat. Wenn man aber den Pythagoras als Menſche lehrer und Sittenverbeſſerer bewundern, und feine großa Verdienſte in ihrem ganzen Umfange kennen lernen wil; ſo muß man nicht fragen, ob er neue, und welche bi ‚dahin unerhärte Meynungen er vorgetragen, fondern we che Grundfäge er und feine Schüler ausgeübt, und in kl liche Sebensregein und Gewohnheiten verwandelt habe Nihht die Erfindung eines ganz neuen Syſtems erhob in über alle feine Zeitgenoffen, und gab: ihm unſterbliche Ruhm, ſondetn die Bildung vieler vorweflicher Männer, durch. die Anwendung von Lehren, beren größten Til . man fon vor ihm für Wahrheiten. gehalten barte, di man ferner alle nad) feiner Zeit ſchoͤner und meitläuftige ausführte und bearbeitete, - die. aber niemand befler ge brauchte und treuer befolgte, als er und feine Fremde*) Die ganze Einrichtung feiner Geſellſchaft verrärh di reinſte und erhabenſte Sittenlehre, und wenn ich alfo m diefer noch umftändlicher reden wollte; fo würde Id di Geſchichte von jener nur wiederholen: müffen, y | di

. 9 Megn. Mor. 1. 2. Siehe di bie dritte Veylage am Ende dieſes Kapitels.

2

Sacciu der Bohheborelhen Seſelſhaft. 553°

Ale übrigen Wiffenfchaften ,. bie Pythageras ent· weder mit Beobachtungen, oder Demenftratienen, ober

auch mit Vermuthungen beteicherte, waren zu feiner Zeif gu

eben fo duͤrftig und unvollſtaͤndig, ats die Philoſophie, und man hafte eben fo menig baran gedacht, ‚jene von einander abzufondern, als.hiefe in ihre Theile. zu zerle⸗ gen Die meiſten Gattungen. von Kenntniſſen, die may nachher in einzelnen für ſich beſtehenden Wiſſenſchaften ſammlete, hatten entweder noch gar keine, oder doch nicht die Natchjen erhalten, die man ihnen in der Folge beylegte): und alle waren noch fo eingeſchraͤnkt, daß ein. einziger, nicht gemeiner Kopf, fie ohne Mühe umfpannen, und zu einer jeben noch etwas hinzuſezen konnte. Auch Pythagoras forfehte, nach bem Beyſpiele ber ätteften Dich“ ter und Weifen ſeines Volks, nach allem, was ih feinen Zeitafter tiffenswürdig war, und wandte es zum Nuzen und Gluͤck, oder doch zur Aufklaͤrung feiner Freunde und Zeitgenoffen an ”). Durch feine Erfahrenheit in ber Arznepfunde erwarb er ſich umd feiner Gefellfchaft ein großes Anſehen, wie ich oben gezeigt habe, und verbefs - ferte vieles: in der Diäterif überhaupt, befenders aber in ber für Kämpfer und Fechter. Schwerer aber, oder vielmehr unmöglich iſt es, die Heilmittel und die Heilart zu beflimmen, "deren fi die Pythagoreer in einer jeden | Mm s Krank«⸗

fe I

9 So hieß zum Beyfpiel die Geometrie ssiogın, wie Strabs. und ein Ungenannter beym Jambl. S. 89. bezeugen. en) Der trübfinnige Heraklit warf dem Ppthagoras, Hefios bus, Hekataͤus und Kenophanes ihre Vielwifferey vor, u , und fagte; wohunadın voo⸗ & drdesaneı. ap. Dietx. Im 1.

554 ° Drittes Buch,

Krankheit bebient Haben. Es beruht nur allein auf nem verworrenen und verdaͤchtigen Fragment eines unbe: kannten Schriftftellers beym Jamblich *), daß Pprhas goras Pflafter viel Häufiger, innere Arzneyen aber‘, wie Zeuer und Meffer, viel’ weniger, als feine Vorgaͤnger gebraucht babe. Wahrſcheinlich iſt es unterdeffen aus bem Gange menfchlicher Kenneniffe In andern Zeitaltern, und unter anbern Völkern, daß bie Pythagoreer geſchich ter in der Heilung von Wunden und dußern Werlegungen, als In ber Ueberwindung beit im Imern wathender Uebel geweſen ſeyen.

Die Regeln ber Arithmetit afanden bie P Parka goreer, ober bewieſen fie body zuerſt, und trugen fie In wiffenfchaftlicher Ordnung und Form ner **). Auch hier laͤßt es fich nicht mehr beſtimmen, welche und wie viel Derbienfte Pythagoras und beffen Schüler um diefe Bil - fenfchaft fich erworben, und in welcher Seſtalt fie fie Binterlaffen haben. Wenn es ausgemacht wäre, mas Ariſtoxenus verficherte ***), daß Pothagoras zuerſt rich⸗ tiges und uͤbereinſtimmendes Maaß und Gewicht In Griechenland. eingefuͤhrt habe; fo würde dieſe wichtige

WVaerbeſſerung bes Handels und Wandels unſtreitig die

wöglichfle unter allen Anwendungen ber Zahlenlehre gewe⸗ Inn).

©) 16%. . Jambl. -

%*) Ai. I. 5, Met, “#8, VIII. 14. Diog.

.

+) Na dem Diflard (ap. Jambl; 46.) und. Sicero nannte

Ppthagoras die Erfinder und Erweiterer ber er Spiace

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 555 Wenn man ben berühmten Pythagoreiſchen Sehr: faz ausnimmt ®), nach deſſen Erfindung Ppehagoras ben Mufen opferte ; ſo kann man aus alten und glaub» würdigen Schriftftellern Feine andere wichtige Entdeckung anfuͤhren, womit er die Geometrie bereicherterhaͤtte. Dieſe am wenigſten ſtreitige Erfindung des Pythagoras zeige aber, In welch einem Zuſtande nicht nur die Wiſ—⸗ fenfchaft, zu der fie gehörte, ſondern auch alle mit ihe verwandten Kenntniffe ſich im Zeitalter bes Porhagorss befanden, und wie unwiſſend diejenigen“ waren, welche behaupteten, daß Pythagoras, der gleichſem nur einen der erften Grunbfteine der Meßkunſt legte, zuglelch das ganze Gebäude derfelben vollendet habe **).

Die Ueberbleibfel der Aftronomie ber ätteften Ppythagoreer beftehen entweder In Erfindungen, von bee nen es zweifelhaft ift, ob fie von ihnen, ober In ihrem Zeitalter gemächt worden, oder auch in kuͤhnen, undes wiefenen und grundlofen Vermuthungen, von denen eine jede unwiderſprechlich für die Kindheit dieſer Wiſſenſchaft im Zeitalter des Pythagoras zeugt. In die erſte Claſſe von Fragmenten der Sternfunde dieſes Weltweiſen ſeze ich die Entdeckung der Schlefe ber Ekliptik, die Denorle bes von Chios ihm entwandt haben foll***): und nicht weniger bie DVerfertigung einer Himmelskugel, . deren

Um⸗

die weiſeſten unter den Sterblichen, und man kann da⸗

her mit Recht an der t Erzählung des Aelian (IV. 17. Var.

HR.) zweifeln, daß er diefen noch die Erfinder von | Zahlen vorgezogen habe.

6) Diog. VII. 12.

®%) Timeeus ap. Diog. 1. e. es8) Steb, Bel, Phyf. p. 53.

, - NL

559; | HDrittes Buch. a 7331 Unmdrehung ben Bewegungen der himmliſchen Koͤeper ent⸗ ſorochen hätten ), und daß ber Hesperus vom Phos phorus nicht verſchieden ſey **). Wahrfcheinlich alt und aͤcht Pythagoreiſch, aber von einer ganz andern Art, alt bie verhergehenben Bedanfen, , find folgende: daß ale | Geftirne und .felbit die Erde fi ch entweder um ein im Mittelpunete der Welt ruhendes Feuer, ober baf auf die Sterne allein ſich um die ruhende Erde herumbeweg ten *), daß ferner ein jebes Geſtirn eine eigene Welt | gusmace }), daß es außer den neun Kreifen oder Sphaͤ ren. „bimmlifcger Körper, von welchen die Griechen glaub ten,. daß die Sinne ſelbſt fie uns offenbarten, noch einen zehnten Himmel oder. Erde gebe, den die Pythagoreer, wie Ariſtoteles ſagt, bloß um der vollkommenen Zahl Zehn willen annahmen t}), daß bald dieſer Antichten, - bald die Erde die Urfache der Miondfinfterräffe-feytzt), daß 0 en nn ve

20) Hagefianez, ep. Athene, XII. 8. p. 599. 9°) Dieg. VIII. 14. Stob. p. 54. Apellodor. ap, eund, p.$f. 2) Diog. VIII. 25. I, de Coela. Ariſt. 13. Pbilel, p. 51. ap. Stob, Eel. Phyſ. Auch Altındon glaubte, daß all himmiſche Körper, Sonue, Mond und Sterne in ei⸗ ner unaufhörlichen Bewegung wären; (de Anim. 1.2.) und er alfo ſowohl, als die fibrigen Pythagoreer wa zen fehr weit von bet Vermuthung entfernt, daß alle Planeten fih um bie Sonne herum bewegten. Die fen Gedanken hegte, na dem Zeugniffe des Then ‚phrafts, Niketas von Syrakus zu allererft unter den | Griechen, (Acad. Quscll, IV, 39.) der ihn vber nicht ſehr wahrſcheinlich gemacht haben muß, weil keiner der ſpaͤtern Griechiſchen Aſtronomen ihn angenommen at. ‚D Ap. Steb. 53. | 4) Mel L 5. de Coslo. u. 13. rt) Ariſt. et Heraal, Pont, 7 s: ob. p. &.

8

Seſchiht ber Phehadeteſthen Geſlllchaft 557

die Kometen, oder vielmehr der Komet denn fie ſchei. nen hur einen einzigen angenommen zu haben) ein res Stern ſey, der aber nur felten ſichtbar werbe*): daß man die Milchſtraße für nichts anders,‘ als für einen wirkli⸗ chen Wen balten koͤnne, der entweder durch einen aus feinem Kreiſe gefallenen Stern, oder auch durch die Sonne, bie ſich bismellen dorthin bewege, entzündet worden: und daß endlich die Sterne durch ihre Bewe⸗ gungen eine vollfommene Harmonie machten **). Ih nen ſchien es unmöglich, daß fo viele Himmlifche Körper ſich fo ſchnell heruzsmälgen‘, und gar einen Laut hervors bringen follten; und fie ſuchten daher aus erdichteten Entfernungen derſelben, die man beym Plinius angege» ben finder ***), zu beweiſen, daß fie die herrlichfte Muſik erzeugten, bie wir nur deßwegen überbörten,, weil fie bes ftändig fortdaure, und unfere Ohren gleichfam durch fie betäube und unempfindlich geworden feyen +, Mit Recht warf Ariftoteles den Verrheidigern ſolcher Meynun⸗ gen vor; daß fie nicht von forgfältig' angeftellten Beob⸗ achtungen uwüsgegangen feyen, und daß fie ihre Raͤſon⸗ nements niche nach wirklichen Erfcheinungen zu berichtis gen , ſondern unläugbare Erfcheinungen durch willkuͤhr⸗ ich angenommene Säje zu verdrehen gefucht hätten +f). Sterns “) Arift. Meleoral. I, 6. “0, de Coelo II, 9. *“#) 1], 21. +) Ari. 1, ©, Somn, Selp. 0, 5. Plin, II. 32. +t) Ari. de Coelo ll. 13. vasrios co ee ıyv Iradıay, “run ds IuIayseuoı. Arysow. 851 MEY ‘Yoco . T8

rn

N

5588 Drittes Bud, Strrnkunde und Tonkunſt hielten bie Pythagoreer | far genau verwandt , und nannten fie daher Schweflen, oder verſchwiſterte Wiffenfihaften *).| Ungeachtet Pr thagoras weder der erſte noch der einzige unter ben Griechen war, ber die Mache der Muſik über einzelne Perfonen, und den Einfluß derfelben auf die Bieten ganzer Voͤlker be ‘merkte, der ferner bie Tonkunft zur Heilung von Krank: heiten ſowohl, als zur Erregung oder Beruhigung von beidenſchaſten brauchte; ſo war er doch, einer faſt allge— mein fuͤr wahr anerkannten Ueberlieferung zu folge, da erſte, der fie auf gewiſſe Regeln zu bringen ſuchte, und der die nach ihm gewoͤhnlichen und. ſtets beybehaltenen Kunſtwoͤrter einfuͤhrte. Ueber dieſe vom Pythagoras erfunbene Theorie der Muſik ſchwelge ich ganz, meil ats I dere ſchon genug davon geredet haben, und ich ſelbſt nur ein Bewunderer, aber kein Kenner dieſer Kunſt „bin |

Man braucht aber das lite ahht zu fepn, um einzuſe | | | ben, | ”._ 78 eos Tue an Dacı. rw de vum, don re 77173 7777 xunAm Degonevnv TeQı To nero, vuxr TE KO NEEEV TROIEN. er Evavrıav al Any reœurn —2 ym, m avrıydan ovopeœ KaAacıy. 8 eos To Dawonsva Tas Aoyss Kos TE ITIOS CHTEVTEs, AA eos Tıvas de u Zus xars Aoyas- auren-wa Daıvomevos meer - res, RO MEIGOMEVO SUYKoouen.otMetaph.]. 5.“ | TuQı be TETOV 89, TETOv ameDmayTo Tor Tr . Tv naı Reg TE eg nofavrd per Aayenı a —R ——⏑— —⏑—⏑—⏑ —o—

9 VII.p. 104. de Repahl. Plat. Ed, Malle.

\

Gecchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 559

hen, daß vieie von den Wundern, bie Pythag otas und

ſeine Freunde durch Di verrichtet beben ſollen, adich⸗

tet find, *).

Erſte Beyle, zu S. 524.

Kr führe Hier nur das einzige Benfpiel eines fonft ver⸗

dienten Mathematifers, Erhard Weigels, an, den Leibniz in Jena hörte, und gegen ben er, während feines

ganzen Lebens, unter allen feinen Lehrern Die größte Hochs .

achtung behielt. Dieſer fcharffinnige Kopf fliftete eine eigene Pythagoreiſche Gefellfchaft, die an gewiſſen Tagen

zuſammen fam, und ihre Entdeckungen über die wun⸗

bervoflen Eigenfchaften ber Zahlen vorlas und prüfte. Er

ſelbſt gab eine Arithmetifche Befchreibung der Mo: ralweisheit von Perfonen und Sachen, worauf .

das gemeine Weſen beſtehet, nach der Pythagorei⸗ ſchen Kreuzzahl in lauter tetractyfche Glieder einges theilet, 1674 zu Jena heraus, in welcher er alle haͤus⸗

liche und bürgerliche Verhaͤltniſſe, alle Stände, Befchäfs

figungen und Pflichten kleiner oder t größerer Geſellſchaf⸗ ten

9 Dan ſehe bie Scriftfteller ap. Porpb, 30 - ‚93. °p- . 64. 110-112. 163. 195. 224. Die ältern Shriftfeller ber Griechen find über das Inſtrument,

was bie Ppthagoreer allein, oder vorzüglich geliebt has

ben follen, nicht einig. Mehrere fagen, baß fie die. Floͤte verworfen, und nur bie Leyer beybehalten hätten;

beym Athendäus hingegen heißt es, daß Euphranor und Archptas fiber die Floͤte gefihrieben hätten, Ath.

UIV. ep. ult, welche verlohrne Werke ich aber geneigt

bin fuͤr untergeſchoben zu halten.

J

es

5660. Drittes Buch. ten aus den. Zahlen erflärte, und auf Zahlen grän dete. Ich will nur einige Stellen auszeichnen, Wie

bie Zahlen (heißt es ©. 11.) Ihrer Progreffion nach, von kleinern zu größern forsfchreiten, und zwar alfo, daß

u zwar die Fleinfte Zahl, Eins, gewiß befannt, die groͤ⸗

Bßeſte aber nicht zu benennen ift, aufer nur refpedtive, als vier: ‚dahin auch vier Ausfprehungsfluffen „als nach der dekadiſchen und Zehnerart, Eins, zehen, hun- „Bert, tauſend ; oder nach der tetraktyſchen und Wler⸗ lings oder Kreuzart, Eins, Vier, Sechzehn, Schock (vier und ſechzig) gezogen werben koͤnnen; alſs gehen bie Menſchen Ihrem Alter nach von der Pleinften Kindheit an immer weiter fort‘, body auch alſo, daß der ältefte Menſch eben fo menig, als die größefte Zah zu benennen: als nur relpedtive, dahin gleicher Geſtalt die vier en dentlichen Alterfiuffen zielen, da der Menfch if, 1. ein Kind, 2. ein Juͤngling, 3. ein: Mann, 4. ein Greis (©. 14.). Ebenermaßen gleichwie ber Menſch, jeder vor ſich, der untheilbare Grund, und die ſchlechteſte Wurzel der moraliſchen Verſammlungen und Vielheit iſt, fo ſich ſelbſt weber in fich, noch in mehr andere Menſchen zertheilen läßt; noch vor fich allein, ſich multipliciren

kann; alſo giebt Mann und Weib den Urſprung nicht allein aller Vergleichungen im gemeinen Weſen, ah unter fonft fremden Famllien, weil das Weib dem

- Manne gleich, je mit. ihm gar Eins‘, und dadurch eine Familie mit der anbern. vereinigt wird; ſondern auch der

Brunnquell aller Fortpflanzung und Multiplichrung des |

menfchlichen Geſchlechts: Mann, Weib und Knecht aber hält in fich den Anfang alles Ueberfluſſes und ber

Ungtiapel, weil der Koecht außer der damit, mr Ä Ge⸗

GSeſchichte der Vhthooielſchel Eehiſhaft 361

eſchiechtsgeſellſchaft faͤle, und geringer ale Here unb. Frau su achten. Wenn aber zu dem Mann, Weib und Knecht auch das. Mind von Bott beſcheret wird, ſo gibt es eine vellkommene häusliche Gefellſchaft ©. 17. Sim Krieg, da man die Zahlen einzelner Perfonen, ber benöthigten durchgehenden Stellung wegen, nicht alle role zu Friedenszelten im gemeinen Weſen, oben Gin, und überhaupt, ſondern jede vor ſich genau beobachten muß, fieher man augenfcheinlich, - wie gleichſam Geiſt und Kraft, fo wohl zum Streit als zum. Commando, von den Zahlen, und von den Figuren, Darinn fie ſich ſchicken, herkommen. Wie dann Die Kriegsführung deßwegen ganz und gar nad) der Rechenkunſt, und nad)

den Eigenichaften der Zahlen eingerichtet worden. Und -

mie wohl die nach richtiger Zahlenmanier geordneten Sol⸗ datenhaufen, wie die bisher uͤbliche Praxis ausweiſet, ſchon ziemlich nahe ſich in ſpecie nach der Vierung richten; würde doch, meines unmaßgeblichen Erachtens , noch ein größerer Vortheil daben fegn, wenn man im Krieg die, vor allen Zahlen fo vortrefliche Biere noch genauer beobachtete, und durchgehends verordnete, dag vier Soldaten ein Glied ober Motte machten, und dahero 16 eine Corporalſchaft 64 das iſt ein Schock, eine Compagnie, bier ſolcher Schock eine Majorfhaft won 256 Mann, ſechs Schock ein Regiment von 1824 Mann, - ein Schock mal Schod eine Genetalmajorſchaft von 4096 Mann, vier Sche mal Schock eine gemeine Armee . don 16384 Mann, fehs Schock mal. Schock eine Hauptarmee von 65536 Mann, welches, was es dor einen ſonderlichen Vortheil habe, zu anderer Zeit weiter ausgeführet werben fol, Endlich S. 88. 39. Dieſe

mn (die

63ODrittes Buch.

(die negativen Zahlen) werben zwar mit eben ſolchen Ziffern bezeichnet, aber fie haben dabey glelchſam einen Fieck an ſich, wie die Juden, newlich das Zeichen (-) welches fie allezeit vor fich tragen, damit man fid vor ihnen vorfeen kann, als 4 6. Das ift eine Miß Vier, eine After Sechſe. Dahingegen die gültigen ZI fern entweder "gar fein Zeichen ben ſich haben, ober ſi tragen das Zeichen eines aufrichtigen Kreuzes ver fih, als 4. 6. u. ſ. w. Eben alfo kommen bey vu politiſchen Rechnung nicht lauter gültige Perſonen vor, ſondern auch mißguͤltige, mißhandelnde Miſſethaͤter, un

"year entweder ganz Mißguͤltige, ober nur zum Thel.

Decrer gzanz mißguͤltigen werben etliche beym Staat gr gnaͤdig angeſehen, und nur vor Nichts gerechnet, di, mit einer bloßen Nulla bezeichnet, fo lange in der Gr . meinde ale natürliche Perfonen gelitten werben, dergle— cen find, bie inlames, bie Unehelichen, denen alı Aechtbarkelt und Geltung abgeſprochen, nur daß fie det natürliche-Seben noch behalten: zu welchem bie zum mb, gen Gefängniß verdammte gar nahe treten, u. ſ. m. Beylage zu S,54&

I diefem Abſaze habe ich die Sehre der älteren Pytha⸗ goreer wor göttlichen Naturen fo vorgeſtellt, als ich ft nach den meiften mit. einander vereinbaren Erzählung alter Schriftſteller gefunden habe. Ich will aber doch

“auch die wichtigen ihnen entgegenſtehenden Zeugniſſe nich verſchweigen, die einem’ jeden In dieſer Unterſuchung wenigftens einen entfcheidenden Ton unterfagen mil

BBB | Ein

Geſchichte der Pythagoreiſchen Gefelfchaft. 363

iner Nachricht des Arifloteles nach *) nahmen bie Py⸗ jagoreer zwifchen den unfterblichen Göttern und den Renfchen nicht zwo Claſſen übermenfchlicher Maruren, ndern nur eine einzige an, entweber bie der Dämonen, yer die der Helden, und in. dieſe Claſſe fezten fie den Ipthägeras. Das goldene Gedicht erwähnt zwar "7 Dämonen ſowohl, als der Helden; allein es laͤßte e leztern gleich auf die Goͤtter folgen, und vor. den Dis onen vorhergehen **): eine Rangordnung, die nicht ar wider die herrſchenden Volksbegriffe, und die Ste. n der alteften Dichter ***), fondern auch wider alle eugniffe der glaubmürdigften Geſchichtſchreiber Prtha⸗ oreiſcher Meynungen laͤuft. So wie man ferner durch as Wort: Seelen, oft die Daͤmonen ſowohl, als bie jeden ausdruckte; fo fcheint man auch biewsilen, wie . lato, "die Seele durch Auıuav bejeichnet zu Haben, wis | folgenden Verſe des goldenen Geihsev. 6. Es mucıw deifaıc, co To dasmavs Keawrat. Denn man endlich voraus fest, daß die Pythagoreer e Dämonen für folche Naturen gehalten, als id) fie ich dem Ariſtoxenus und Ariftoteles befchrieben, und (6 fie fie aus Dem göttlichen Aether entfprungen.geglaube den; fo ift es ſchwer zu erflärem, wie fie nicht nur

te, ſondern auch böfe Dämenen annehmen, und zur . _

bwendung ober Befänftigung ihres Zorns gettesdienft«

h Handlungen und Gebräuche erfinden konnten }). Ne Auch

——

—3 * ar. .r Jambl,

YAM u v. 158.

64 Drrittes Buch,

Auch Plutard *) nennt den Pythagoras uf denen, welche Die Dämonen in gute-und. böfe eingethell hätten ; allein er verdient hier. eben. fo wenig Glauben als wenn er dem Plato dieſelbige Meynung, aber dm eben ‚genannten Philofophen bie Lehre von zweyen enig gengefezten Principlis zueignet er), Mir kommt es im mer ſehr unwahrfchelnlich vor, daß die älteften Paris doreer, welche fagten, daß man bie Gnade der Gi nicht; durch reiche Opfer und Geſchenke, ſondern dur ein reines Herz gewinnen koͤnne, und zu gewinnen fu muͤſſe, bösartige, menfchenfeindliche Dämonen, derak

chen weder die Griechen im hohen Alterthum, noch cu

- Homer und Hefiobug kannten, gefürchtet haben folts Noch unglaublicher aber iſt es, daß fie aus elendem Alt glauben ſich von fa vielen Dingen enthalten hätten, # beym Diogenes ***) verzeichnet ſtehen. Hingegen et ich folgende Lehren, bie ihnen zugeſchrieben werden, ſt aͤcht: daß die Goͤtter und Dämonen bie Schicjalt | Menſchen regierten, daß fie fo wohl das Gute, als W Widrige, was .diefen begegne, veranftalteten, dah mi daher feinen Willen dem Willen diefer höhern und mi fern Naturen unterwerfen, und felbft alle unangenehr Zufaͤlle mit Geduld und Ergebung annehmen und er

gen müffe *), | GE W

°) VII, 423. de If, et Of. j pP. 460. ib. W ss) $, 33. , >. " ur . 4) xenuura d @NAore nev uracden QaAnı, AMor oAsadar. > | | bocœrs dasmoryaı Tuxass (dgoros ænyi na. 7 u N

\

Ertöihe der Pothehorcihen Geſellſchaft. 565 Beylage zu ©. 552;

Dan wichtlaſten Fragmente, aus denen ich die Grund⸗ ſaͤze der älteften Pythagoreer geſchoͤpft habe, und bie man meinem Urtheile nach als aͤchte Ueberbleibfel der Pytha⸗ goreiſchen Ethik anfehen fann, find des des Dikaͤarch

beym Jamblich“), die des Ariftorenus**), ferner mans :

che Stellen in. dem langen Abfchnitte des FJamblich***), in welchem von der Tugendlehre der Pothagoreer gehans beit wird, und bdeffen gröfter Theil aus dem Ariftorenus entlehnt if, endlich. der drey und zwanzigſte, und bie

Hälfte des vorhergehenden Paragraphen Im achten Buche,

bes Diogenes, welche, wie bie meiften Lehren im Dies dor +), entweder aus dem zulezt genannten Schriftſteller, oder auch aus dem Dikaͤarch entlehnt ſind. Vorzuͤglich merkwuͤrdig iſt das Fragment des Dikaͤarch, das die Lehren und Ermahnungen enthält, die Pythagoras bey feiner Ankunft in Kroton den ünglingen,. Knaben,

Frauen und dem regierenden Rath in diefer Stade gege⸗

ben Hat, oder haben fol. Diefe Reden find nicht nue

bes Pythagoras würdig, und feiner und feiner Sreunde

Denkungsart gemäß 2 fondern auch bem Geiſte der Zeit,

Anz und

av y noıgav eyns, meaus Deer, und" ævavæura. DasIaı de.mermeı naudonov duvn. ade de Dexgev s manu'tus ayadus TErav MoAuneX dıdman.

v. 8 Carm. Aur, vid. Jambl, 174 217. 145-148. 5 8.

Porph‘, 39. 8. so 5,167. et lg. ze )) Ex. 554. et ſq.

-_

7-58. *#) iv 100 - 102, Stob, X, XL, 6. 97% Serm. m.

und dm Behkıfälfen ber Zubirer fo vollkommen ange ‚meffen, daß man nicht anders glauben kann, als bei > Dikdards alte Denfmäler, ober unverfälfchte Urkunde vor ſich hatte, als er. fie niederſchrieb. Denn alle Var. fhriften und Gedanken, wodurch Pothageras die ven ſchledenen Stände, Geſchlechter und Alter in Kroton je Tugend aufjumuntern ſuchte, werben entweder durch Tho ten und Beyſpiele von Göttern und Helden, ober durh bie Austegungen von befannten Stellen von Dichten, oder endlich durch glückliche Anwendungen von eigenthin lichen ‚Sebräuchen und heiligen Sagen der Krotoniota bewiefen, die Difdardy allein nur aus ältern E chrifte . wiffen konnte. Zu den Bruchftücken der alt» Porhag reiſchen Sittenlehre gehört auch die Erklärung deſſe, was Gerecht ſey, welches fie nach beim Ariſtoteles in ein ganz genaue Bergeltung fowohl des Guten, als des Bu fen fejten, was man empfangen babe.- Aoxe/ de Tiei wo To avrınamovdos ewoı mins dinassov weil & Tlv9eyogricı Dacay. V. . Nic. lib. I. M. M. 34. IV. Eodem c. 3. Wenn man das —E—— » ſo beftimmt, MM ich izo gethan habe, fo war der Begriff ber Pythageren som Gerechten, glaube ich, gegen alle Einwendungen . fiber... Behaupteten fie hingegen, wie Ariſtoteles ih | Mepnung auslegte, daß die Gerechtigkeit darinn beftcht, einem jeben gerade das und fo viel zu geben, als man halten habe, und ihn genau eben fo, und auch fo wi leiden gu taffen, . als er Unrecht gethan; fo lehrten die Pothagoreer nicht nur eine bis zur Ungerelmtheit pünd liche, ſondern auch eine im unzähligen Fällen gar nidt aus fuͤhrbare Vodarvergelus. Ich van I

Gelbiche der Potbageeien Seſelſchaft. 567

baß Ariftoteles fie misverftanden habe; boch möchte ich nicht gleich mit bem Omeis und andern ſagen*), daß er ihnen vorſezlich eine laͤcherliche Meynung angebichtet. Mehrere Geſchichtſchreiber erzaͤhlen ferner**), daß Pythagoras ſeinen Freunden verbothen habe, bey den Göttern zu ſchwoͤren, und daß dieſe alſo entweder nie⸗ mals oder doch nur auf den Namen des Pythagoras und auf die heilige Tetraktys einen Eid abgelegt haͤtten. Eine ſolche Unterſagung von Eiden aber, die im buͤrger⸗ lichen Leben alleln dafuͤr galten, laͤßt ſich ben ſolchen Männern, als bie Pythagoreer waren, eben fo wenig als die Vertheidigung einer ganz genauen Wiedervergel⸗ tung denfen. Wie wiſſen überbem aus dem geldenen Gedichte ***) und aus dem Zeugniffe bes Diodor }), daß Pyothagoras über den Gebrauch des Eides nicht anders dachte, als alle vernünftige Menfchen In allen Zeitaltern gedacht haben, und als alle Richter und Staatsmaͤnner denken folten. Er rierh nämlich in allen feinen Reden wahrhaftig zu feyn, damit man der feperlichen Berhen rung der Wahrheit durch einen Eid nur felten nöthighabe: wenn man aber zur Exhärtung feines Worts die Götter zu Zeugen aufrufe ; fo muͤſſe man alsdenn feinen Eid uns verbeüchlich halten, und ihn eben fo heilig als einen Nuss fpruch oder Befehl der Bätter verehren. Zulezt will ich - noch eine Erklaͤrung ber Gluͤckſeligkeit anführen‘, bie Ps thagoras gegeben haben fol, und die Clemens aus dem Mau 4 Hera⸗

——« ——

°) p. 53. s. Bthie. Pythag. ee) Dean fehe Jabl, 144. 156, Diog. VI, 33. W209 D 555. p. Exe, Eben fo muß auch bie Stelle des Ditlarg 5.47. r Jambk, verſtanden werden.

366 —_ Drittes Buch,

Heraklibes anfuͤhrt *). Dieſem Schriftfieller zu Folge, nannte .er fie eine Wiſſenſchaft der Vollkommenheit Ber Tugenden der menſchlichen Seele, Biel deutlicher druͤckte ſich Heraklides im den oben angejogenen Stellen aus, mo er ſagte, daß Pythagoras die hoͤchſte Gluͤckſeligkeit und Beſtimmung des Menſchen in ein beſchauliches Leben ge ſezt Habe. Je oͤſter ich aber. der Weranlaffung dieſes Irt⸗ thums nachdenke, deſto wahrſcheinlicher wird es mir, daß Heraklides durch die Ausſpruͤche des Philolaus und anderer Pythagoreer über den Zufland der Seelen vor if rer Einfehriin die irrdifchen $eiber, und über Das menſchliche geben, ats einen Zuftand der Strofe, verführt werden fen. Diefe Lehren eignete ſich Plato zu, und zog entweder mit ihren Erfindern **), oder auch zuerſt aus ihnen die Folge⸗

rung; daß man aur durch beſtaͤndige Betrachtung der Wahrheit der Gottheit ähnlich werden, ſich von ben Feſſeln des Seibes ablöfen, und der einft genoſſenen reinen Geligkeit wieder theilhaftig machen koͤnne. Heraklides nun, und alle, die nachher in ſeine Fußſtapfen traten, ‚glaubten, daß Pythagoras und deſſen aͤlteſte Freunde eben fo gedacht haͤtten, als Philolaus und Euxitheus, und daß fie ons denſelbigen Vorderſaͤzen dieſelbigen Schluͤſſe abgeleitet Hätten, bie Piato doraus abgeleit batte, —— 8) Ste, 11, | . wr. Wir e Born u 2 249. ap. Stob, Ed. Phyf,

up

4 nen ——

Seſhhichte der Pythagoteiſchen Geſelſchaft. 569 Fuͤnftes Kapitel.

Unterſuchnng des Alterthums und des Werths der

wichtigſten Schriften ud Fragmente, die Pytha⸗

oorelſchen Weltweiſen jugefehrieben werden, |

yf babe de Unterfuchung über das Anfehen und das

)Aliterthum pothagoreiſcher Werke oder Ueberbleib. fel mit Fleiß bis hieher aufgefcheben, um mir Die unan⸗ genehme Mühe zu erfparen, dieſelbigen Sachen entweder

zwepmal, oder auch am untechten Orte zu fagen. Denn

haͤtte ich die Fragmente der Pythagoreer fruͤher beurtheilt,

fo wuͤrde Ich mir entweder ſelbſt haben vorgreifen, und manche Data und Facta, als einzelne aus der Kette der

ganzen Geſchichte herausgeriſſene Glieder an foldje Eich . |

len hinmerfen müffen, wo ich fie nicht gehörig beroelfen _

konnte; oder ich würde auch gezwungen gewefen ſeyn,

viele wichtige Punete in ber. Würdigung alter Denkmaͤler zmerdrtert zu laſſen. Jje hingegen, ‚nachdem id): bie wahre Einrichtung ber Pptbagereifchen Geſellſchaft, und die Beſchaffenheit ihrer Philoſophle vorgetragen habe, ſind die Gemuͤther der Leſer zu der Pruͤfung, die ich vorneh⸗ men werde, gehoͤrig geſtimmt, ſo wie auch die meiſten Zeugniſſe und Gruͤnde, worauf fie ſich flügen wird, ab⸗ gemogen und gefchäzt find. Es wird niemanden unglaubs lich oder befremdend mehr vorkommen, daß man dem Pythagoras und feinen Schülern falfche Schriften, gleich ſelſchen Banden, re babe, und daß Männer,

$ Die

570Drittes Buch,

die die ungereimteſten Fabeln vom Pythagoras annah men, und die gaͤnzliche Verkehrung feiner Phllofe vhle nicht merkten, baß eben biefe auch nadjläffig in der Pruͤfung, und leichtfinnig im der Anerfennung unterge ſchobener Scheiften waren.

Man wird vielmehr nach dem, was man. gefefen hat, geneigt ſeyn, mir Beyfall zu geben, wenn ich fage, daß man die Aechtheit von Schriften eben fo firenge, als die Glaubwürdigkeit dee Geſchichtſchreilber, und die Zu

verläffigfeit einzelner Nachrichten vom Pythagoras un terſuchen müfle.

Wenn man bie Bere der rischen und Möwer, vorzüglich diejenigen, die nach Chriſti Geburt fin geſchrieben worden, nicht bloß flüchtig nachgefchlagen und eingefehen, ſondern aufmerffam durchgelefen hat, fo follte man faft glauben, daß den berühmteften alten Did

. tern, Weltweiſen und Rednern, eben fo viele falfce 7 Schriften untergefchoben worden, als fie aͤchte hinterlaf fen haben. Die Zeiten aber, In denen man Buͤcher In GSriechenland erdichtet hat, find eben fo verfhieden, als Die Ürfachen diefer Betroͤgereyen, von denen ſich nur. Ä nige angeben ober errarhen laffen, andere aber ganz un - erflärtich find. . Vielleicht wurben ſchon vor, oder doch gleich nach der Entſtehung ber Weltwelsheit, unter bem Mamen alter-Dichter oder Dichterinnen, falfche Werke | befannt gemacht, don denen man. einige fogteich ats um achte Waare verwarf, Die meiften hingegen ale ehe würdige Ueberbleibfel des Alterthums auerfannte und aufnahm. Alter Wahrfcheinlichfeie nach waren bie Vor⸗ „Reber und Einweiher In die Orphiſchen Geheimniffe noch vor dem » Beltalter ber fieben Weiſen bie erften in Grit chenland,

x

⁊*

4

GEececſchichte der Phthagoreiſchen Gefellfchaft. 571 chenland, die Ihre eigene Probucte unter einem entlehn⸗ ten großen Namen verkauften, und angebliche Gefänge

bes Orpheus, Mufäus und anderer, mit dem übrigen

Pomp und Zubehör ihrer geheimen Fe pedlichkeiten in allen Staͤdten *) herumtrugen. Diefe Gaukler hatten fo viel. HR, oder die Griechen fo viel Aberglauben, daß fie ihren Geſaͤngen das Anfehen heiliger Offenbarungen, ımd ſich

ſelbſt einen großen Theil der Verehrung berfchaften, bie_

man den alten Goͤttermaͤnnern erwies, für deren ächte

Schuͤler fie ſich ausgaben. Miet: weniger’ glüdlicdh war

Onemakritus, ber die Weißagungen des Mufdus ver« fälfchte, aber ertappt,, und diefes Verbrechens wegen vom Hipparch ans Arhen’verjagt wurde. Diefer Etrafe ungeachtet hatte Onomakritus viele Nachahmer, und zwar

unter den erften Staatsniaͤnnern vom Griechenland, Denn

wenn ein DVelfsführer feine Mitbürger zu irgend einer

Unternehmurig anreisen oder davon abhalten wollte, fo

fchob er einem alten Weißager oder einer Prophetin ; in deren Orakeln der allgemeinen Meynung nadı die Schick⸗ fale der Griechifchen Staaten verfünbige waren, Verſe von einem ſolchen Inhalt unter, die feine Abſichten bes günftigten, und Muth oder Niedergeſchlagenheit unter

Biefer Art wurbe Peine ‚befannter, und-fam feine den

‚Dem Volke hervorbrachten. Unter allen Berrägereyen

Arhenienfern fo hoch zu ſtehen, als die vom Alkibiades.

erdichteten Weifagungen ; worinn den Athenienfern bie Eroberung von Sicilien verfprochen wurde. Ein alter Did, Yon von Epios, befihulbigte ſelbſt den Potha·

goras,

Schift Hifteria dodtrinse de vere Deo,

N

-% Man fehe das legte Sapitel des zweyten Xheils meiner

}

- 8

7a on Drittes Buch.

etas, bob er feine eigene Gedichte dem Orpheus juge ſchrieben babe, und wenn dieſer Vorwurf Feine Verlaͤum - bung wäre; fo würde Pythagoras in der Folge durch die Andichtungen von Buͤchern nur das wieder gelitten haben,

was er an andern verſchuldet hatte: freylich immer mit

dem großen Unterfcheide, daß Orpheus wahrſcheinlich Daben

gewann, wenn Pythagoras Ihm Gedichte zueignete, und

Diefer Hingegen immer. verlohr, wenn elenbe jüngere Schriſtſteller ihre: Arbeiten unter feinem Namen heraus: gaben. Se wenig wir aber im Stande find, die Gruͤnde zube flimmen, die ben Pythagoras bewogen haben fönnten, bem

Orpheus feine Werke unterzufchieben;

eben fo menig

laͤßt es fech errathen, warum ſchon vor dem Zeitalter det

erſten Gefchichtfchreiber des Pythagoras mehrere be

_ rühmte Männer ſich Die Mühe gegeben haben, dem Epi charmus, einem alten Komiker ,..der für einen Schüle bes Pythagoras gehalten wurde, ihre Gedichte zuju eignen *). Wollte man- fagea, daß die Erdichter- vie leicht won eben dem Muthwillen getrieben wurten, bır

den Dionys, und wahrſcheinlich auch

den Heraklides

reiste, Trauerfpiele, die fie felbft verfertige hatten, für

Werke des Euripides auszugeben, um ſeyn wollende Ken ner Dadurch zu hintergeben ; fo muß ich geftehen, daß felbit biefer Muthwille mir ein Rächfel iſt, oder mir wenigſtens

feine hinreichende Urſache zu fern ſcheinet, warum we den Zeiten bes Ariftorenus ſchon fo viele unaͤchte Schrif: ten einem einzigen Dichter, ber: viele andere Weitwellt

und Dichter über fich hatte, untergefchoben wurden, Die | | De

X

) ariſtoxen. .p. Ath. XIV. ib, 648. p.

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t

u Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 573

Bewegungsgruͤnde aber mögen gewefen ſeyn, welche fie wollen; fo erhellt body. diefes wenigſtens aus ben von mir angejühetten Beyſpielen, daß Unterfehiebungen oder Ver⸗ fälfchungen von Schriften in viel ältere Zeiten fallen, als man fich gemeiniglich vorflelie, und daß bende auch im fernen Alterthum nicht felten waren. Zugleich iſt es wahrſcheinlich, daß man nicht bloß dem Epichatmus, ſondern auch andern aͤltern Pythagoreern ſchon vor dem Axiſtoxenus Buͤcher angedichtet habe; doch läßt ſich die⸗ ſes nicht durch ausdruͤckliche Zeugniſſe glaubwürbiger Schriftſteller erhaͤrten. | Alle falfche oder verfätfchte Schriften aber, bie vor dem dritten Jahrhunderte vor unferer Zeitrechnung

in Griechenland verbreitet wurden, bedeuten nichts gegen die ungeheure Zahl ähnlicher Producte, die zwiſchen dem dritten Jahrhunderte vor Chriſti Geburt und dem erfien nad Chriſti Geburt erdichtet wurden, In diefem Zeite . raume gaben meiftens elende Schriftſteller, vorzüglich aus drey Urſachen, ihre Arbeiten für ächte Werke alter bes rühmter Männer und Völker aus. Die erfte Urfachewar Hofnung des Gewinns, den man zu erhafdyen dachte, wenn man angebliche Denfmäler bes Alterchums in die Bäaͤcherſammlungen zu Pergamus. und Alerantriin ver. Faufen Fonnte. So waren zum Beyfpiel nach dem Zeugs. niffe des Ammonius Hunger und Dürftigkeie die Triebe federn, welche die Verfaſſer Der vielen undchten Schriften des Ariftotefes in Bewegung ſezten, die in Alerandrien gefauft worden waren *). Eben fie waren allem Ver— u | Ä muthen

—— ———— *) Ammon, ad Ariſt. Categociasen, Mensg, sd DiogeniiLLib.

vii. 9.35. IIroNopassor Toy | Pırader Por LAT

. LEHE-

SZ | Drutes Buch. muthen nach die Muſen, von denen dlejenigen begeiſtert wurden, welche faſt allen alten Hednern *) und Weliwei⸗

fen, und unter biefen auch dem Pythageras, oder ben

Pythagoreern falſche Werfe andishteten**), Eine zweyte a U

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—— ze Ta: Ausereiliu owy- veæcnportæ, Ds Ka WEO Ta AUT Kosı XENKE- To dıdevas Teis NeoaDeascıy auto BıBras TE Direeods. dev Fu es Xennarısacdai Bsroue- vo, EnsYeaDorres vyyozupata, TO TB Di A000Dde ovouaTı Reoonyov. apaAnı, Das ey 1 peyamn BıßAsoInen evenodon, AvaAvrızar pe, rscouganovre BıldAas. Karıyogiov de, dvo. &c. Wenn dem Uriftoteles gleich nach feinem Tode, da feine größten Zuhörer noch lebten, ſchon fo viele Bücher untergefhoben wurden, fo kann man fih sorftellen, wie unverſchaͤmt biefelbige, ober ähnliche Betrüger gegen die Ältere Weltweifen, befonders den Pythagoras gewefen feyen. Nirgends kommen mehr ‚angebliche Sragmente bes Pythagoras vor, als beym Stobaͤus, der auch dad goldene Gedicht dieſem Welts weifen zueignete Serm, p. 36. Baf. 1549. Da ich fie aungemerkt habe, ſo wiil id für einige Leſer, die fie ‚.. vielleicht ohne vieles Nachſchlagen einmal leſen moͤchten, „die Seiten anzeigen, wo fie fie finden Binnen. Sie ftehen S. 3. 37. 58. 8I. 82. 140. 747. 149. 168, 573. Drie meiſten diefer Sprüche find fo allgemein ausgedruͤckt, | daß jie ein jeder Weltweifer gefchrieben haben, und man ſie alfo aus inmeru Merkmalen- auch keinem einzigen abſprechen fann. nn “), Man febe die Ursheile bes Dionys von Halikarnaß, Über die Griehifhen Redner, in denen er-die Achten Werke derfeiben von den untergeſchobenen durch gewifle Merkmale zu unterſcheiden fycht.. , #4) Dergleichen waren bie vielen erdichteten Schriften, der

sen ſchon Sotion und Hetaklides, Serapions Sohn, \ erwaͤhn/

—;X

Geſchichte der Pythagoreiſchen Sefellfchaft. 575. --. Urfache der Buͤchererdichtung in ber vorhin angezeigten Deriode war die Begierde gräcifitter Barbaren, ihre | Nationen in ein fabelhaftes Alterthum und zu Sehrerinnen ber Griechen zu erheben. In diefer Abficht erdichtete -

man nicht nur angebliche alte Geſchichten und wiflenfchafte liche Werke, in benen die Kenntniſſe der Griechen von fremden Völkern abgeleitet wurden, fondern man ſchob fogar berühmten Griechiſchen Schriftftelleen Bücher unter , in benen fie entweder von fich felbf ober. von ihren Sehrern das Belenntniß ablegten, daß fie Ihre Weisheit auslaͤndiſchen Prieftern und Ppitofeppen zu banfen hätten. Ich will bier ‚nicht die Beyſpiele wiederholen, womit ich die lege ‚tere Behauptung oben bewiefen babe: aber ich fannes - nicht unbemerft laſſen, baß bie angebliche Schrift bes : Pythagoras, bie heiliges Wort *) überfchrieben, aber - von den Büchern gleichen Titels, bie Diobdor, Diogenes und Apollenius**) anführen, verfchieven war, wahre ſcheinlich deßwegen erbichtet wurde, um die Griechen durd) das Zeugniß des Pythagoras felbft zu überführen, daß er feine Kenntniſſe in den Oeheimniſſen ber Thracler und anderer Nationen empfangen habe. |

Die

» am _ s

erwaͤhnten, und von beren einigen die Titel angegeben,

. werben VI, 7. ap. Diog. ferner der seeos Aovos

beym Diodor 1. 110. p. Ed. Weſſ. der mit dem beym

. Diogenes wahrfcheinlich dinerley war, endlich der Brief,

* den Neanthes für untergefhoben'erklärte VIH. 55. ap.

. Diog. und die vielen falfchen Pythagoreifhen Bücher, über welche Apollonius tlagte ap. Jambl, S, 1.

Jambl, e. 28. 5 7 F | MS, 254° Ä ZZ vv

"576° Drittes Buch. 1 Die dritte Haupturfache der Blcherunter ſchichent

unter den Griechen war der nach dem Alexander in Orie⸗ chenland, und bald darauf in Itollen uͤberhand nehmande Glaube an Sterndeuterey, Beſchwoͤrungen, und ale übrige Theile der Magie, die anfangs nur von Ehaldälr ſchen, Perſiſchen und Aegyptiſchen Ebentheurern, fpäter aber aud) von gebehrnen Griechen gelehrt und ausgeübt wurden. Diefe Betrüger ſuchten das Anſehen Irer

eiteln Kunſt dadurch zu erhöhen, daß fie fie für eine 9%

heime Wiffenfchaft der älteften Voͤlker, und die berühm teften Männer Griechenlandes für ihre Bewunderer au

gaben, die in alle Gehelmniſſe derfelben eingeweiht, und '

dadurch In Stand. gefezt werden, außerordentliche Ih ten zu verrichten. Man. dichtete - Daher ſowohl Chal⸗ diern, Juden und Perfern, beſonders dem Zoroafht

und Hofthanes, als dem Orpheus, Pythageras, Dıms Ekrit und andern, magifche Schriften an, die man in der

Folge fuͤr ächt hielc, und bie auch Plinlus baufi als (sicht anführe *). Zu dieſen Urſachen von Bacherunterſchlebuagen ka⸗

men nach Chriſti Geburt noch neue hinzu, und die Zehl

von falſchen Werken wuchs daher mit jedem Zeitalter [ fehr, daß die größten Denkmäler des Alcerchums da⸗ durch verdraͤngt wurden. Unter ben Cheiſten entflat den viele Spaltungen und Sekten, die meiſtens Ihe Irrthuͤmer durch falfche ‚Öffenbarungen und Werke m rechtfertigen ſich bemühten, , Unter dieſen Partheyen über

trafen die Gnoflifer ale übrigen an Unverſchaͤmtheit, wi

man aus einem einzigen Zeugniſſe des porher Im Seben | feines

5 Plin. KKV. 2. XXX | 2

| ——

\

| Geſchichte ber Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 577 feines Lehrers abnehmen kann *). Selbſt die Rechtgläus

bigen aber ſcheuten ſich nicht, dieſe Betrügereyn von Kejern nachzuahmen **), und auch fie verbreiteten. Daher in

man⸗

ICXRXRXYAR ——

.*) P.10. yeyamcı de narautov Tay Yeısıvav

Boos MeV Kaas AAO AIgETIKE de 3“ TNS T- Acices DiAocoQıas ayıymevoi, ci wees Tov Ader- Owov naı anuÄwer. 6 To Arsfavdes T8& Arßuos, ns Dircnmus, na Anueoseats, na Auds auy= Yonuusro BASE wanıyueva, aneraiudes va npoofegovres Zupouses notı Zwspievg N vırodes, xl @AAE YavBs Kol Mesh, Kocı aM

- Amy TOBTOV, TOANES EENRATEN. nn der,

duros (oTlAurıvos) uev WoAABS eAeyXas Fois- pevos ey Tas awäcmis, Yeaılas' de na [Bi ‚Bro ‚omee MOOS TES YYOSIKnBs eneyeclauev, Au Ta Ama newew noaraheäcızev. Porphyr fest hinzu, daß er bie Unaͤchtheit der angeblichen Schriften des Zoroafters berviefen, und daß Amelius vieräig Bücher wiber die des Zoſtriauus geſchrieben

habe. %#) Ueber die Denkungsart der Chriſten in dieſem Puncte

will ich nur eine kurze Stelle aus dem 105. Briefe des

Syneſius abfchreiben, welder, ungeachtet er nur ein halb Ehrift war, doch gewiß: fo edel dachte, als alle rechtglaͤnbige Lehrer feiner Zeit: vas uev &v QiAoco- Dos swonTns av TaAnIES;, OvyXweii Tn Xeeıce vu \Veudas. avaAoyov Yale. 251 Das Tees @Ay- Semv, nıı ou Inne, 86 oDIaAuos a5 xu- Kov av amohmuseev amAnse Daros. N Teis oD-

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Dit.

mancherled frommen Abſichten eine Menge falſcher Schrif⸗ - gen, wodurch bald nachher Feinde und Sreunde hintergan⸗ gen murden. Zulezt darf man, wenn man ben Urſachen

72 per Düchererdichtungen nachſpuͤrt, auch bie Schwaͤrmer

“und Beiruͤger unter den Vertheldigern der Griechiſchen und anderer alten Religionen nicht vergeffen. Auch dleſe ſchoben vermuthlich dem Hermes, Orpheus, Zoroaſter und ben Sibyllen viele Schriften unter, um die Goͤttlich⸗ elt und Urbereinftimmung ber Religionen aller Voͤller darzuthun. a Fe | "Da man alſo den Pythagoreern fo früh, und in f 17 gerfchiebenen Zeitaltern fo vieles untergefchoben Bat; ſe kann man allerdings auch beym goldenen Gedichte fre⸗ gen; ob es ein ächtes Pythagoreiſches Werk ſey? Diefe Frage fann man, glaube, ich mie‘ großen Zuverſicht mit Ja beantworten, indem alle Schrififteler, die dieſes Gedichte Erwaͤhnung thun, und unter dieſen die gelehrteſten und ſcharfſinnigſten des ganzen Alterthumt, ECbdryſipp, Galen, und Sexrxtus, es als ein für Pythage⸗ reer und von einem Pythagoreer gefchriebenes Gedicht an: ſahen. Die aͤchte Pythagorelſche Abkunft deſſelbe⸗ beweiſt ferner ber ganze Inhalt, Inden es, wie bie Ba gleichung einen jeden lehren muß, afle diejenigen Grund⸗ Säge im ſich faßt, mach welchen ich gezeigt habe, daß di Ppthagoreer lebten und handelten. Zwar ſindet ſich nichts von Zahlen, von Aether, und andern eigenthuͤmlichen Pr thagereifhen Behauptungen darinn, allein derglelchen kann man a ich nicht in einem kurzen Gedichte erwarten, das offendar nicht zur Ermelterung von Kenntniffen,, fon = bern zur Selbftprüfung, Herzensbefferung, und zur Stirn Kung Im Outen beflimmt war. ur | \ on N kl

Geſchichte der Pythagoreiſchen Geſelſchaft. Pr Bi

Biel ſchwerer zu beantwortende Fragen aber ſind

lefe: Von wem, und in welchem Zeitalter das goldene Hedicht verfertige worben, und ob es wollftändig und un -

erfälfeht zu uns gekommen fey?

Es iſt bekannt, daß einige den Pythageras ſelbſt, ndere ben Ipfis, andere ben Empedokles, andere noch an⸗ ere fuͤr die Verfaſſer des goldenen Gedichts gehalten ha⸗ en, ohne ſich auf etwas anders, als bloße unbewieſene zermuthungen, oder unglaubwuͤrdige Zeugniffe zu ſtuͤ⸗ n. Die neueſte, aber auch die unwahrſcheinlichſte Ver⸗

uthung über den Verfaffer oder vielmehr das Alterthum

s Gedichts iſt Die des legten Herausgebers, als weicher 'rmuthete, daß es älter als. Pythagoras, aus den Eleu⸗ ıifchen Geheimniſſen gefchöpft, vom Pythagoras anges

mmen, und beßwegen für ein Porpagoreifäes, Werk J

halten worden fig *).. - Meinem Urtheile nach if bas goldene Gedicht von

nem ber ältern Pythagoreer, bie vor dem Plato_und - _

iftoteles lebten, ſondern von einen ber legten Welt, ifen diefes Namens, mit denen Aciftorenus und He⸗

Jides umgingen. Ich fchließe biefes nicht aus dem -

iMfchweigen des Iſokrates, Plato und Ariftoteles, nn ungeachtet biefe Schriftfteler häufig Verſe aus omifern anführsen, fo haben fie doch mehr Werke ala Lehrdichter ungenannt gelaffen, als fie angezogen ha⸗

;) ich dringe auch nicht darauf, daß der legte Vers -

ganz aus einem Fragment des Empedokles entlehnt

Dos2 U iſt,

U} ——

Ich habe dieſe —* meirtäuftigert in einer Recenfior der Glandorfifchen ˖ Ansgabe dieſes Gedichtes geprüft, die im zweyten Bande ber neuen’ yhiloleziſchen Bibliothek

(71. u. “on ſteht.

Sure —.

“der vier und ſechzigſte nach dem Demokrit, und der ſi

380 | Drittes vid

fi”), (dem man fönnte dieſen Beweis umkehren un

ſagen, daß Empedokles vielleicht der Entwender geweſ ſey;) allein Inhalt und Sprache des Gediches fchein mir beyde meine Bermurhung zu begünftigen. Denn m lich läßt es ſich kaum ablaͤugnen, daß der fieben und ad and dreyßigſge Vers nach dem Sokrates und Arifkotelt

ben bis neun und ſechzigſte Vers nach ben Plato 9 ſchrieben ſeyn müffen, oder baß doch die lezten nicht einem alten Mitgliede der Pythagoreiſchen Geſellſch herruͤhren Finnen **), Unbeſonnene Verſchwendung geſchmackloſen Aufwand tadelte man gewiß allenthal

umd auch in Griechenland, fo bald die eine. ober ber an

nur bemerkt wurden; aflein nach allem, wae wir wife

waren Sofrates und feine Schuͤler bie erſten, bie be

eine Unwiſſenheit des wahren Schönen, und bie Thoren, u bief

®) Carın. aur. v. JI.

‚Eoseaı asaares Ye, außeoves . 8x res.

Einped. ep. Dieg, VIII. 62. Kr) Pro » 6 EYE su Karo Ar Yavros

N er ungm Moleas, en —*

Xasger'eyadü * beos aufbere. ex erı Jam

. LloAsuuai. &c. My mars Kaıcov, dm mar ledunkuv

Mrd av8 Anudshos ‚9. v. 37. 38-

"Os irem re Quass

v. 64. und endl mich AR

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| Seſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſſhaft. —E—

liefen Fehlern ergeben waren, amegexurus nannten,

peiche fie den zaAus w'ayadaus entgegenfesten. Auch ft wahrſcheinlich das Wort,⸗ womit in dieſem Gebichte chmuzige filsige Geizhaͤſſe belegt werden, vor dem Sofrates und Ariftoreles nicht gebraucht worden. Mie

och größerer Gewißheit aber kann man behaupten, daß -

nan vor dem Seufipp und Demokrit die Natur nicht, Is ein ſchaffendes Weſen, und als eine Goͤttinn gefchlls ert, ober den Ausdruck Heilige Natur gefanne habe. ndlich find ber Gedanke von der Ablöfung des Geiſtes

om Körper, und von der Bernmift als einer Fuͤhrerim

es Menfchen entweder durchaus Platoniſch, oder doch en Schren ber Alteften Pythagoreer gaͤnzlich mwiderfpre end; und man muß daher aus allen biefen Beobachtun⸗

en nothwendig bie Solgerung ableiten, daß bas golbene

jedicht won keinem Pythagoreer des Bundes und wahr heinlich erft nach Dem Plato fey werfertigt werben *). .

.. Go wähßrfcheintich ed mir num verfammt, daß

16 goldene Gedicht jünger, als Plate, und vielleiche ich als Arifteteles fen; für fo-gewiß halte ich es, daß ir es weder vollftändig .nody unverborben haben. Dis jerftümmelung des Gedichts erhellt erftlich aus der Une Oo 3 aoedbnuung

nnd

| Am siey8 Beurov, av aımoner W r⸗ 17.

Yapnos,.

Ev re Auası' Duyns zenar. x Deal

. . ECHO , er

Hymeoy yyaum sneos natumseIev Inasc.

© Der lezte Herausgeber führt zum neun und fechzigften Vers ein Fragment bes Linus als eine Parallelftelle an, in welcher fich fchon eben. diefe Allegorie finde. Allein diefe ‚angeblichen Verſe des Linus find gewiß untergefchoben,

DU |) R

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je» 17 5:77 Se

ordnung und. dem Mangel: won’ Zafammenhange, ba ‚man an mehrern Stellen bemerkt, So ſteht der fu zehnte Ders mit dem vierzehnten, "der ſechs und ſiebe gigſte mit dem zunaͤchſt vorhergehenden, der drey mi funfzigſte mit dem zwey und funfzigſten, und endlich de fünf imd fechzigfte mit dem vier und fechigfken fo we - $a Verbindung; daß man nicht anders vermuthen Fam, als daß mehrere Verſe heraus gefallen ſeyen, und en badurch der Zuſammenhang aufgehoben werben. D Anvollſtaͤndigkeit des Gedichts aber ſieht man aus de Verweiſung auf Vorſchriften von Enthaltfamkeit, ber _Ber-fieben und fechsigfte- Ders erwaͤhnt, und die man i sangen Gedichte, fo wie es in allen Ausgaben abgehruf zu werben pflegt, vergeblich ſucht. Am meiſter a seled die Mängelhaftigfeit biefes Werkchens dark di Fragmente bewieſen, die andere Schriffſteller darauf anfuͤhren, und die fi nicht mehr: darinn finden. Dei gieichen ſind · die beyben Verſe, die beym Porphyt ſiche and zu ben Zeiten bes Diogenes. gewiß zum goldenen O⸗ bicht gehörten *). Wahrſcheinlich iſt wach. ein ander ‚Bus, den Sextus aufbehalten hat **), aus dem ga Zu un iu en

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mn Ap. borꝑh. S. 40. Ileo de vns —R enewe⸗. Nevor«o nev * vævoio pieds Gewos PR Eu MaAa HOEyEUNV ; „os av nur agyaT! AMæves. |

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adv. Mach. m, ‚128. Evdev xa naerev oͤre⸗ Ta —E er 9a Tav aubux@v Kos 'ooafßew eOudoxor TE .eYewzus. Amyey egarruus non St Mac Yyevası. \

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Geſchichte be Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 383 nen Gebichte genommen, und ich vermuthe faſt, daß bieſer leztere ein Weberblelbfel bes verlornen Abſchniets ſey, in welchem die Beiege ber Dlaͤtetik gegeben . wurden. u

Es laͤßt ſis ferner beechun, daß ins geldene Ge⸗

dicht Verſe aus andern Pythagoreiſchen Gedichten, die aber wahrſcheinlich viel juͤnger waren, hineingeſchoben worden find. Es gab namlich, wie die Verſe, oder Stüde von Berfen, die Gertus und Spmpliclus *) ans . führen, zeigen, außer dem goldenen, nach andere Pytha- goreifche uns jest unbefaunte Gedichte, Aus folchen find unläugbar die. benden verflümmelten Verſe o) ent. lehnt, die mit ben vorhergehenden eben fa wenig, als mit ben nachfolgenden zuſammen hängen, in einem ganz an⸗ bern Diolekt gefchrieben find, und. node. dazu beym Sertus ***) und Nikomachus +) anders gelefea werben. Huch vermuthe ih, daß aus folchen Einfchaltungen bie pielen Wiederholungen berfelbigen Regeln ſowohl in ver⸗ khiedenen als uͤbereinſtimmenden Worten ensftanden find, in welche man gar nicht woraus fegen kann, baß der ‘Ber. jaffer eines Gedichte, .deffen erſte Tugend moͤglichſte Rürze war, verfallen ſey. Go enthält der fieben und wanzigſte Vers nur mie andern Ausbrüden eben das, vas im wierzehnten ſchon gefagt war, und 06 Brauche che viel Scharffinns, um zu bemerken, daß ber 32 alt den 10, ferner ber 38 mit bem 34, der 39 mit dem

Oo 4 14ten 8) adv. Acith. S. 1. & ihl Fabrie.

v. 47. 48. se... 2. .

7) &p. Porph, S, 20.

4

2 De

z4ten- unb arten, und endlich der 67 nie ben ui * chen oder doch ſehr aͤhnlichen Inhalts ſind *). | verbächtigen Wiederholungen würde man gewiß ebene * | deckt und gerügt haben, wenn man das goldene Gedicht ‚weniger bewundert, und auf die übrigen, aber fpätern. Pythagoreiſchen Gedichte, aus weichen es verfälfcht wor⸗ den, einige Rücficht genommen hätte, | Ueber die angebliche Schrift des Okellus Lukanus

Habe Ich ſchon an einem andern Orte mein Urthell gefaͤllet, ‚und wie; ich glaube, mit unmwiberleglichen Brünben dar⸗ gethan, baß dies Buch nicht von einem alten Zdpchage reer herruͤhren koͤnne *"), Ich will daher bier nur noch nachholen was ich Damals ber Kürze wegen uͤbergehen muſte:

9 V. % 10. Keæren var de Tusgos HaV TERTISE, Ko UTEVR, Ak yvemsre v. 32. ed: arms: Tas Reg 2773 u > xen V. 33. wu nereo m Bao age ferner v. 14.

Ä Mad aNeyısws vaurov Nen FE Ur / 8 edlen v 27% Barıus * 700 eye —8 un uoęa MEINTE. | v. 39. Tleneos de Tau’ & oe un Baal Asyısaı de} eo so ys. | ‚ent v. 35. —2 da dısırasy age —R& u⸗ Ieurrov 2, V 67. AAN eigye Bearav, av EIKOUEY, U TI 7 nadargmaus. - eu) Hiß, dear. de vero Dao P. IL p. 312. & fa.

l . s , !

Beſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 585

muſte: nämlich bie Anzeige von Kunflmörtern, aus wel⸗ chen man fiebt, daB dies Werk nach dem Plato und Ariſtoteles geſchrieben ſeyn muͤſſe. Von dieſer Art find erſtlich bie Woͤrter, in welchen Der Verfaſſer die Unwandelbarkeit des ganzen Unlver⸗ ſums anbeutet *), von denen bie eine Hälfte dem Piato, die Andere den Eleatifern eigenchämlich waren, welche leztern aber Plato ſich gleichfalls zueignete. Noch neuer iſt ein Wort, das gleich aufder folgenden Seite vorkommt, und von den Stoifern, wahrfcheinlich von Chryſipp, zuerſt in diefer Bedentung iſt gebraucht worden **). Py⸗ thagoreiſch iſt ferner zwar der Saz, daß unterm Monde alles vergaͤnglich und in unaufhoͤrlichen Werwandelungen fey, allein die Einkleidung ift unldugbar anders woher, und nicht von Zeitgenoffen der älteften Pythagoteer ent⸗ lehnt **x). Endlich kann man nicht zweifeln, daß die Bezeichnung dee Anordnung ber Welt durch den Anaxa⸗ gorifhen Austrud , und bie Ableitung bes Worte Goͤttlich von der beſtaͤndigen Bewegung der himm⸗ liſchen Körper , von einem Manne herruͤhre, ber. | Do5 > die

[N XXVX

—e mn Em a ann

©) Ocellus; Lue. p. 507. In Galii opufeulis Mythologiels, J Amftelod. 1688. in Svo; AA wei narı ræuro, no deaurois diesrereı xœs 00V Kadı en uure daurs. ©#) Ib, p. 508. Es yae TI esıv, 9 To BayTı 85ı, Noch ou TETW TOT, N SUV TETO TO WOITE EXE, Fo HEN WS MEON, To de as sy ıyevınnure. ses) Ib, p. 516. To de umonaro weAnys, veınde was Ducemas. To uev yap esw u aury —E Auıyn Yeyororay, To de Yascıs ezoyeyworen.

%“

J 58868 ‚Drittes Buch.

bie- Schriften bes Ansrageas und Plato gelefen

hatte *). Außer bem Okellas iR Epicharmus der einzige,

deſſen Fragmente fuͤr alt Pythagoreiſch gehalten werden

koͤnnten, wenn es nur gewiß waͤre, daß er in den Bund des Pythagoras aufgenammen mworben‘,; welches aber

. zweifelhaft ift. Ich ſage aber hier nichts weiter von ſei⸗ nen Bruchſtuͤcken, weil ich an eben ben Orte, wo id)

die Aechtheit des Buchs über die Natur des. Ganzen ges. prüft, mich auch über-jene erklärt habe. Die übrigen Schriften und Ueberbleibfel alle, die Pythagoreern zuge⸗ eignet werben, tragen entweder den Namen ſolcher Py⸗ thagpreer, die Zeitgenoffen des Plato waren, und an⸗ ‚berthalb hundert Fahre nach dem Pythagoras lebten, oder

| ‚auch felcher,, deren Zeitalter unbekannt, oder von benen

es gar ungereiß iſt, ob fie jemals gelebt haben. "Nun babe ich im vorhergehenden Abſchnitte gezeigt, daß bie

: fpätern Nachfolger des Samifchen Weltweifen nicht nur

in Anſehung ‚Ihrer Lebensart, fonbern auch ihrer Mey⸗

- nungen und Brundfäge vielfältig won ihrem Meifter abe gewichen ſeyen; und hieraus folgt unmittelbar, daß, wenn

ihre Werke auch ächt wären‘, fie doch nicht zum Grunde gelegt werben Ponnten, wenn man Die Gedanken der aͤlte⸗ ſten Pythagoreer, bie vor den Eleatikern, dem Heraklit,

Lukipp, Demokrit, Empebokles und Anaxageras bluͤhten, aus einanber ſezen will. Man verwechſelt daher die ver⸗

. | _ ſchie⸗

—— —— v *) Ib. p. 527. Kadors 7 N Ta rævros diaxse PR

dis, 058 emæi Ev @UTy To A moißy, To de Fu-

xwv———T de —* œuro,

18 mev wer Jeovros Yeia ra de an Kera- | Banoros vears, kones wen es.

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Geſhchte der Pythagoteiſchen Geſellſchaft. 587 ſchlebdenſten Zeiten, wenn man glaube, daß die vermeynt.

lichen Schriften und Ueberbleibſel eines Timaͤus, Archy⸗ tas und Philolaus, und anderer, für Die Geſchichte den

älteften Prehagereifchen Philoſophle fehr wichtig feyen,

oder daß von ber Frage: ob fie aͤcht oder untergeſcho⸗ Ben ſind? die ganze Vorſtellung der leztern, und dag Zeitalter. der merkwuͤrdigſten Behauptungen der Griehie . Ehen Weltweiſen abhänge. Unterdeffen will ich doch hier, weeil ieh in der Folge keinen bequemern Pia; für diefe. Uns . serfuchungen finden moͤchte, Dasjenige kurz sufammenfafe ſen, was ich won der Abhandlung des Timdus Lokrus von der Weltfeele, und den Reſten ber übrigen Dyrbagas - . xeer. halte, Die Plato in Italien beſuchte, uud van Bine „0x unfteeitig verſchiedenes angenommen hat. . ESchon vor mehrern Jahren trug ich meine Ben | Denfiichfeiten wider. bie Aechtheit der Schrift bes Timäus vor *), -und ich wuͤrde auch ige meine Leſer auf dieſen Auffaz Hinmelfen, wenn nicht ein Gelehrter im deutſchen

Mufeum*”) meine Gruͤnde gu widerlegen, und die Nebtn

heit des. angefochtenen Buchs zu behaupten gefucht haͤtte. Ich bin daher genoͤthigt, zue Bertheidigung meiner Dieys, mung: daß die Schrift von der Weltſeele dem Dimaͤus erſt nach den Zeiten des Plate angedichtet worten, und ! aus dem Timäus bes leztern ausgezogen ſey, mich hier. etwas weitlaͤuſtiger au@zubreiten ‚als ich ſonſt wuͤrde u than haben. . Sch läugne nie, daß Plato, wie von allen dbrl. gen ältern Weltweiſen, fo auch von den Pythagoreern | on manches

. 9 Phil. Bist ıter. Band Seo 304.1. f ©. mr) Anguft 1778.

«

uen Ariſtoteles der merkwuͤrdigſte iſt *). Auch gebe ich

J Eines ſo groben, ſo gefaͤhrlichen , ſo gar wicht abzuläugs

. und zugleich eine Unverfhämtheit und ¶Unbeſonnenheit njzutrauen; wogegen alle feine Schriften, und die glaube

| J Ihm eigenthümlidy, oder von Ihm erfunden anfehen, und

*

588 | | | Dettes Bud.

5 | * entlehnet habe. Dies ſagen alle zuverlaͤffige Schriftſteller der Griechen ſowohl als Römer, unter des

gu, daß Plate fich viele Gedanken vorhergehender Philoſo⸗ phen jugtelgnet habe, © ohne ed zu Kun: ober nur mer⸗ ken zu laffen, daß er fie andern ſchulbig fen **): allein ich läuigne es fdjlechterdings, und erklaͤre es für unglaubs lich, daß Plato es gewagt habe, eine ganze Abhandlung mit allen Hauptgebanfen, und meiftens auch mit beufel« Bigen Worten nicht einem ältern wenig bekannten, ober fehon wieber vergeffenen Schriftſteller, fonbern "einem felner berühmteften Zeitgenoffen zu ſtehlen, deſſen Werk

In! vier Händen ſevn muſte, und das alſo den Entwen⸗ Der der unvermelblichen Gefahr ausfegte, als ein ges lehrter Raͤuber ertappt und überführe zu werben,

nenden Diebſtals Pann man den Plato nicht befehulbigen, ohne ihm eine Schwäche und Unfruchtbarkeit des Geiſtes,

würbigften Nachrichten von. feinem Charakter zeugen. Won dieſer eben fo unflugen als ſchaͤndlichen That fpres - hen ben Plato ferner bie Urtheile und das Stillſchweigen ber gelebrteften und zumerläffigften Schriftſteller des Als terthums frey, bie alle Hauptfäge In feinem Timaͤus als

gar

—— .@) Motap. A, cap. 5. p. 10. Ed. Sylb. #4) Selbf einer feiner größten Bewunderer glaubte, daß er vieles aus einer Schrift bes Protagoras über das Ze liche oder. das Wefen der Dinge entwandt babe. X, 3. Prasp. ovang. .

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Seſchichte de Pychagoreiſchen Geſelſchaft. 589 gar nichts von · einer Schrift; oder nur von Altern Welt zoeifen roiffen, in welcher oder von welchem diefelbigen

Gedanken ſchon vor dem Plato ans einander gefegt worden. i [er

Ariſtoteles, ber fo vieles über bie Pythagoreer, und auch wider fie gefchrieben hatte, der ferner feinen Lehrer fo freymuͤthig tadelte, daß man Ihm deßwegen ein. ner ungerechten Feindſeligkeit befchuldigte, würde. ohne allen Zweifel die. Schrift des Timäus, wenn es eine fole che gegeben hätte, gekannt; ober bod) Davon gehört, und den wahren Urheber der Lehren, die Plate in feinem Ti⸗ mins geäußert hatte, irgendwo angegeben haben. Er ſchweigt aber nicht nur von dem Buche, das Piato aba

gefchrieben haben folk, fondern er eignet ihm an mebrern -. |

- Stellen die Im Timäus enthaltenen Gedanken als beffen - Erfindungen zu. An der kurz vorher angeführten Stelle") zeigt er ausfuͤhrlich, aus weichen Quellen Plato gefhöpft

habe; er redet von ben Aehnlichkeiten fowohl als Unter.

ſchieben ber Platonifchen und Pythagorelſchen Begriffe

und Mennungen; allein er fagt ausdruͤcklich, daß er die

$ehre won den Ideen zuerſt eingefüpre habe **). Eben

| | 1 die⸗

3 . ' 0 Git. A. 5. Metä. 16. .. ”. "ty Gerade die Begriffe, die Ariſtoteles dem Plato als eigens

thuͤmlich, und ihn von den Pythagoreern unterfcheidend angibt‘, finden fi in einem Fragment des Archptas beym Stobaͤus I. p. 92. Bel. Ehyſ. das ber vorhergee nannte Vertheidiger des angeblichen Werks des Timaͤus für aͤcht hält, und ich ohne Bedenken für untergefchos ben erfläre, weil Ariftoreles die Werke bes Arhyıae genau kannte, und wider ihn gefchrieben hatte, —* N 0 ... nichts

N

90 DSDrittes Buch.

dleſes nimmt er in allen übrigen Stellen an, wo er bie Ideen des Plato verwirft und widerlegt.*), Eben fo entſcheidend verfichert er an einem andern Orte, daß Plato zuerſt die Zeit für entftänden gehalten habe.**); . eine Meynung, die eben mie die Ideen in der angeblichen Schrift des Timäus vorfommen ***).: Eben diefe Säge, ‚bie Ariftoteles als dem Plate ganz elgenthuͤmlich betrach⸗ tete, hielten auch Clcero, der den Timäns überfezte, und "Piutarh , der bie Weltſeele des Plato erläuterte, für folche, die niemand vor Ihm behauptet habe, und auch fie hatten eben fo wenig, als Galen und Sertus, von einer Schrift des Timaͤus gehöre, in weicher "bie Plaronifchen Begriffe zwar -fürger, aber deutlicher als dm Piato felbft vorgetragen werben 1), Aus allem die: - | fen

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nichts wundere ich mich ſo ſehr, als daß es dieſem Kunſt⸗ richter fo befremdend vorkoͤmmt, daß man fo unverſchaͤmt habe ſeyn koͤnnen, den Pythagoreern Mepnungen zus zueignen, die wirklich dem Plato zugehoͤrten. Noch ſonderbarer aber ſcheint es mir, daß dieſer Gelehrte von einer ſolchen Uebertragung von Meynungen keinen an⸗ - dern Grund finden konnte als dieſen: weil man dem Plato eine allgemein zuerfannte Erfindang habe fireitig machen wollen ©. 158. $) Met. 1, 5. & gu. cap..e. P- 219. *e) Vill. 2. Phyf. Aufe, ° ww, Wenn Ariftoteles an einem Orte ſagt: de anim. 1.% Tınoos QucsoAoye, TV Yuxm nıvav To —T ſo kuͤrzt er hier ſeine Aufuͤhrung eben ſo ab, wie er oft in ſeinen Buͤchern Weg HoAıtesas thut, wo er bey vielen Gebaufen ben Sofrates nennt, und den Plato verſteht, ver fie in feinen Gefprächen blrh den Mund bes Sokrates geaͤußert hatte. | » Man fehe befonders Plutarch uͤber die Platoniſche Welt feele ib, vu, de Virt, Mor. 7 37. Ed. Reiskii,

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Gecſchichte der Pythagoreiſchen Geſellſchaft. 591 | \ *5

ſen muß man nothwendig den Schluß ziehen, daß die groͤßten Kenner der Griechiſchen Philoſophie die Abhanb⸗ lung des Timäus, die man bisher für aͤcht gehalten har, nicht nur nicht gelefen, fondern ihrer-auch in feinem an bern glaubwürbigen Gihriftfieller erwaͤhnt gefunden: hatten *). —. Ich Halte es nicht für unmöglich, daß einzelne Pothagoreer die Lehre von der Geelenwanderung, und die Fabeln von den Wohnungen und Strafen abgeſchiede⸗ ner Seelen verworfen haben; auch ſtreite ich nicht dawi⸗ der, daß einer ober der andere biefer Weltweiſen man hen Artikeln der Volksreligion widerfprechen konnten, ‚ohne ſich deßwegen Verfolgung zuzuzlehen; aber ich er. Eläre es noch Immer für hoͤchſt unwahrſcheinlich, daß ein ° Nachfolger des Pythagoras, ber die Volksrefigion nid nur in Schuz nahm, ſondern ben größten Theil feiner Nation, und bie eigenthümlichen Behauptungen feines

(ED u

#) Nllediefe von mir angeführten Weltweifen, die dem Pla⸗ to einflimmig die Meynung von den Ideen zufchreiben, und zu welchen man noch den Seneca hinzufügen kann, hatten auch ben Epicharmus gelefen, fanden aber bas nicht barinn, was ein gemwiffer Alkimus, ber wahr⸗ ſcheinlich erſt nach Chriſti Geburt Iebte, weil Achendäus feiner zuerft Erwähnung thut, darinn gefunden. zu has’ ben glaubte, umd was auch jezo Fein vermänftiger Kunftrichter und Ausleger in ben Fragmenten des Si- cilianiſchen Dichters entdecken wird Dieg. III. 10. 14. 17. Hätte .diefer Alfimns, der die Ideen des Plato fo. gern zu einer Pythagoreiſchen Erfindung, und den Plato zu 'einem gelehrten Diebe machen wellte, die Schrift des Timaͤus gefannt, oder nur davon gehört, fo wuͤrde er fi nicht auf zmepbeutige Verſe des Epicharmus, . ſondern auf die deutlichen Ausſpruͤche des Timaͤus bee . . . : e

sufen haben.

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VVVVVv0 | 02. | Drittes Bud. _ Meiſters, und deſſen alteſter Schaler ſo wenig ſollte ges ſchont Haben, daß er beyde öffentlich angefochten, und den Hades ſowohl, als die Seelenwanderung für nuͤzliche Erpichtungen ausgegeben hätte, womit man biejenigen,

bie ſi ſich nicht durch Vorſchriften der Tugend im Zaume halten lleßen, bändigen Eönne *). Ä

1 Sch weiß niche, was mein Freund 8* bey den Geheimniſſen der Pythagoreer und bey Eingeweihten ge⸗ dacht habe, wenn er glaubte, Daß es zu den Zeiten bes Timaͤus noch Beheimniffe gegeben, und daß diefer Ph⸗ thagoreer nur für Eingeweihte gefchrieben habe. In diefen aller Geſchichte entgegenftehenden Behauptungen ſcheint eine andere zu liegen, die nicht weniger geſchicht⸗ /videls its dieſe „mi, daß bie ächten Sun des

Pytha⸗

) p. . 565: 66. ap. Gel. 2i.de x& ris exAagos —* aAæen- Ins, Term d 8 m10Im KoAacCıS, & T 6% Tan vonov Kay & ex Toy Avyar Euro ET Yolcc ÖBIMETEE TE EmEOHIa no Ts Kost’ ei dam, OTI ne- 105 BmsguTn Tor aronevroy

TRLOIT Hay TRANS 60a ereıvan Toy lmvızov mom Toy, In MAÄNIUE MesuyvTa Tas Eva yens. os

Tu GOnuTa voradedı Ton Üyınfoues, EInE A EICH TOis UYIEVOTRTOS. SF TOS Yuxas —R Yones Weudess Aoyoıs, 2128 um avynraæ/ AN ‚Jeoı. Aryonre 0 avasynaıas 20 Tınsgioy Eevay, as erey duonevov ray \luxar, ray u de- Asov, 815 YUVEIKES CKOVER , m ußev endido- neves' vor de nuuDorar, aoduean mmaris, BOT WOADRTH. 1er de ECTUNV N REBEL nme. MT. | Von

Geſchichte der PYhthagoreiſchen Geſellſchaft. 593

Pythagoras weder an Beſtrafungen der Ruchloſen In ei- nem andern Leben, noch auch an Seelenwanderung ge⸗ glaubt haͤtten *).

Die bisher von. mie vorgebrochten Gründe wider die Aechtheit der Schrift des Timaͤus ſind, glaube ich, ſchon bon einem ſolchen Gewichte, daß dch ben lezten ganz ver⸗ ſchweigen koͤnnte, ohne In unparthehiſchen Richtetn eine ſchwaͤchete Ueberzeugung zu bewirken. Dieſen Grund muß ein jeder In dem Stillſchweigen entdecken, welches der verkappte Timaͤus aber die Eneftehung aller Dinge aus den Zahlen beobachtet. Dieſe Mehnung.wertheidige ten, mie ich 'oben gezeigt habe, alle Pythagoreer, bis auf die Zeitgenoffen des Ariſtoxenus, und oßne fie kannte. hiemand In Anfehung feines Spfiems ein aͤchter Ppehas göreer ſeyn.

Mit diefen Zeugniffen und Beweiſen nun halte man Die Zeugniffe derjenigen Schriſtſteller zuſammen, welche an die Aechtheit der Timälfchen Abhandlung ges jlaube ‚Haben, und deren Stellen Sale feiner Ausgabe yorgefest hat: und man wird, denke ich, Beinen Au⸗ jenblick mehr zweifeln, baß die leztern mit ben erfleen ar nicht einmal in Vegleichans zu fielen find, "in

Kir⸗

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) Auch ſehe ich ein, was sn * —* went bie Rebensart vinmgsoy, Eevay durch ungewöhnliche, nit aber durch ausländifche Strafen aber Schreckbilder uͤberſezt witd. Die legte Erklärung ſcheint deßwegen bie natuͤrlichſte, weil die Lehre von der Seelenwande rung wirklich auslaͤndiſch, Und nach der aͤlteſten Ge⸗ ſchichtſchteiber Zeugniſſen vomPpthasoras aus aagypten | nach Griechenlane gebracht wat,

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594 . Drittes Buch. |

Kirchenvaͤter, und einige neuere Platoniker find die Männer, deren gar nicht geltende Urtheile man für das Alterthum des Buchs anführen ann, Zween der lejten, Jamblich, und aus diefem Proklus, ziehen einige Verſe des Sillographen Timon an *), die Herr Tiedemann I auslegt, als wenn der Dichter in ihnen auf die Exrif des Timäus gezielt, und ben Plato befchuldige hätte, deß er aus dem Werke des Timäus fein Geſpraͤch gleiches Namens ausgefchrieben Habe. Diefe Auslegung iſt aber offenbar. gewaltfam , dern wenn der Epötter aller altı Weiſen die Schrife.des Timäus namentlich erwähnt hätte, fo würden die ältern Schriftfteller, befonders Piytard, diefen Vorwurf auch bemerft haben, und aufmerkſam darauf geworden ſeyn. Aus ben Verſen des Time kann man alfo weiter nichts ſchließen, "als baß ihr Im faffer eine zu feinen Zeiten fhon ziemlich allgemeine My nung, als wenn Piato alles dem Pythagoras, fo nk biefer den Barbaren zu verdanfen hätte, in einen Sm murf von Diebftal verwandelt habe. Die neuern Pi toniker, die den Plato mit einer eben fo feiten Ueberzeu gung für einen achten Nachfolger des Pythagoras, wi diefen für einen Schüler ber Aegyptier hielten, wandten die Berfe des Timons auf die untergefchabene Schrift dt Timãus an, auf welche Deutung man aber eben fo wenig als auf viele andere eben fo grundloſe, die von ihnen her. kamen, etwas bauen kann. Man fee aber voraus, was gar nicht wahrfcheinlich if, daß Timpn in einem Spottgedicht, werinn er alle Phileſophen zwar mit

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7) noAAav P —E —W —WW —8 ———

Geſchichte der Pothgorell hen Oefelfehaf 595

en und übertriebenen., - aber doch immer kurzen Zügen icherlich machte, einer einzelnen Schrift, die Plato eraubt haben follte, erwähnt, und ‚daß feiner von den elebrteften Alten vor dem Siemens diefes wahrgenom- nen habe ; |fo kann man doch das Zeugniß eines ſolchen Dichters, der gerade in dem Zeitalter lebte, in welchem ie meiften Bücher erdichtet wurden, und alfo auch Die es Timäus ſchon untergefchoben feyn Fonnte, gar nicht en Zeugniffen des ältern,, gelehrtern und unparthepifchern (riftoteles vorziehen , der die Hauptfäze des Platontfchen :imäus feinem andern, als feinen Lehrer zueignet, und abey nicht den geringften Wink von einem Werke gibt, oelchem Plato gefolgt fen, und das ihm ſchwerlich hatte ‚erborgen bleiben koͤnnen *).

NY Nach

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4), Wider die irrige Meynung des Jamblich und Proklus, ale wenn Plato vorzuͤglich eine Schrift des Timaͤus benuzt und aus ihr Kenntniß ber Pothagoreiſchen Philos fophie erhalten habe, will ih nicht einmal die Erzähluns den anführen, daß Plato ober Dionys für den Plärd entweder vor Philblaus vder deifen Erben ein Werk

des leztern um einen hohen Preis gefauft, und dar⸗

, nus die Pythagoreiſche Weltweisheit gelernt Habe, Gell. IT, 17. Diog, VI, 84.84. Ich halte namlich biefe Nachrichten für eben fo falſch, ala fie mit einander

r freitend find, und firnicht weniger erbichtet, als dad

| Verzeichniß ber Weltweiſen, won denen es heißt, daß

. fie die Geheimniffe der Pythagoreer zuerſt äudgebreite \

hätten. Zwar it ed nieht unglaublich, daß Plato aber . Dionys Pythagoreiſche Schriften theuer esfauft Haben t (denn alle Werke von einigen Werthe wurden damals um einen ungeheuren Preis gekauft) allein falſch iff eg, daẽsſ bie Lehren der Pythagoreer damals nach Gehelm⸗

| niſe und daß die Buͤcher des Philolaus die ode Ä

ytha⸗

. 596 Bu . Drittes, Buch, en

Nah ben jegt geprüften untergefehobenen Ehrltn

"des Öfellus und Timäus verdienen die moraliſchen drog

mente die meifte Aufmerkſamkeit, die Gale aus dım Jamblich und Stobaͤus geſammlet Hat, und die de

= Weberfcheift nach meiſtens ſolchen Prthagoreern zugfr

ven, von denen es ungewißift, ob fie je gelebt, ede

doch wann fie gelebt haben. Alle Biefe Bruchſtuͤcke In,

“meinem Urthelle nach, eben fo wenig Acht, als die de ‚Hermes Trismegiſtus, und wahrſcheinlich viel frür

erdichtet, als die dem Okellus und Timäus antergeſh

benen Abhandlungen. Wenigſtens kann man mit ds

verficht behaupten, daß bie erftern nicht von Parka reern gefchrieben find, Die älter als Arifkoreles waten

„Dies erhellt erſtlich daraus, daß in einem jeden N

Hauptbegriffe ber Ariſtoteliſchen Ethik vorkommen, M

denen ſich feine Spur weder im Plato noch in andern & ten Werben findet, die kein glaubwuͤrdiger Schriftfilt den Pothagoreern zugeeignet, ober dem Ariſtoteles a fprochen Hat, ja deren Erfindung nicht einmal ohne W äußerfte Ungereimtheit dem Stagiriten ftreitig gemafl werden ann. Dergleichen find die Begriffe und Grm) fäge von Gluͤckſeligkeit, und der Dem Menſchen untet

U len Thieren elgenthuͤmlichen Sehen sin u fen" | fm

——— EEE 7 mn ——

Pythagsreiſchen geweſen ſeyen, bie Öffentlich bekam geworben. Archytas machte alle feine Werke gem nüzig, fo wie er audy öffentlich lehrte, Achenseus Tl 12. exArik; und bie Geheimniſſe der Pythagoreer be ten ſchon anderthalb hundert Jahre vor dem Pi „eugehlin

p 61. Ex Hippei, « 665, Bx Burypb. 1J Ex areb. 673 676% - > 3 *

PR = N - 0

1 X

Seſchichte der Potfyagoreifchen Gefellſchaft. | 597

ferner die Einthellungen der Guͤter, nach welcher fie ent‘

weder um ihrer felbft willen zu waͤhlen find, ober nicht,

und beyde wiederum entweber Güter der Seele, oder des Köre pers, oder des Gluͤcks find *): nlcht weniger die Er, flärung von Weisheit, Wiſſenſchaft, und Ber Kräfte oder

Theile der Seele **); endlich die berüchtigte Lehre, daß die Tugend in einer gewiſſen Mittelmaͤßigkelt, oder in

einem von zweyen ſchaͤdlichen Ertremis gleich weit ent. fernren Mittel beftche***). Ung @plich iſt es, daß Arte

ftoteles, ber die Pothagoreer, und befonders ben Archytas,

befiriee, die Grundlagen feiner: Sittenlehre aus. ihren Werfen follte entlehnt, und eben fo unglaublich, daß

Peiner vor dem Ariſtoteles die Gedanken und Schriften

der erſtern ſollte erwaͤhnt, und keiner nach ihm feine Raͤubereyen bemerkt haben. Wenn nur ein einziger als ter Porhagoreer in einem Werke, das fo viel gelefen, und fo oft abgefchrieben worden wäre, daß es bis auf die Zeiten des Stobaͤus fortdauren Ponnte, folche Gedanken vorgetragen. hätte, als fich in Diefen Fragmenten finden,

und. don Denen das ganze Alterthum glaubte, daß Ariftoe

[4

teles fie zuerft gelehrt habe; fo würde es ſchon merflär.. lich ſeyn, wie feiner der gelehrteſten Griechen und Ro. mer eine ſolche Schrift, und die Uebereinftimmung ihres Inhalts mit ber Ariftorelifchen Sirtenlehre entdeckt haͤtte.

Um wie viel unwahrſcheinlicher iſt es alſo, daß fo viele

PpP 3 Werke, *) 674. 7%. ex Arch, | ©) 677. p. ex Arch, . Ä | “se, p 693. In bem leztern Fragmente kommen noch bie erſt > na dem Ariſtoteles erfundene Wörter ya den | und Mereanadesai vor. oo.

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Diogenes ib.

des Metopus. ©. 7,

5 Deie Buch

Merfe, als Stobaͤus und andere vor fi gehabt ha den *), feinem andern als dem Ariſtoteles, und Dann eiſt

nad

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#) Thomas Sale hat bey weiten nicht alle ſeyn follente . Kragmente der Pythagoreer gefammlet, und ich wil wenigſtens die Stellen, wo man fie finden Faun, am führen. Aus, diefem Verzeichuiffe wird man fehen, daß ‚zu des Stobaͤng Zeifen Werfe von neunzehn bis zwar 313 Pythagoreern, und Pythagoreerinnen herumgingen, von denen einige mehrere Buͤcher gefchrieben haben fob ‚ten. Geltfam ift es, daß bie Fragmente und Briefe, bie Ppthagoreiſchen Frauen zjugeeignet werben, ſchoͤnet und mehr im Geifte des Bundes geſchrieben find, all alle Weberbleibfel der beruͤhmteſten Pythagoreer. | Man fehe alfo die Fragmiente des Onatus beym Stob. Eel, Phyſ. IE . Eur yſus p. 16,

a) \

Okellus ꝑ. 3I33. J - Pbilolane. p. 44. 40. 51. Dieſe beyden leztern für ‚nen mir aͤcht p. 56. Jambl, in Nie. p 7. 11. 10%. ap, Phil, zeaı zoruozrouus vid. Menag, ad 3. 84 vH Di Archytas Stab, Eel. Phyf, h. gi, 82. 92. 158. Gern, -. P. 15. 16. 314. ep. Simpl. in Phyf, Aufe. fol. 108 & 186, a. ap. Phil. Vic, Apell. WI. 31. Jambl, & vlt, Prth. S. 160. Protr. e, 3. Nicem, Arith. p.5 vide.& Mas, ad, f. 8o. VIIi. Diog. des Oreſas p. 105. Eel. Stob. der Periklions ib. fer, p, 6: 447: 487:

N

ragen. S. 10. es Sippodamus, ©. 248, 535, 453. Diptogenes, ©. 251, 367, 5 Stenidas. ©. 23%, ins, S. 408. u der Pbynuys, ©. 44% | des Pımpelas, S. 466. =

we

Geſchichte der Borfagereikgen Geſelſchaft. 599

nach vielen Jahehunderten dem elendeſten ber Griechi⸗ ſchen Compilatoren bekannt geworden ſeyen.

Verglelcht man ferner die Fragmente mehrerer ſehn ſollenden Pythagoreer unter einander, oder die, welche einerley Namen führen, mit ſich ſelbſt; ſo findet man, daß die erſtern in Anſehung ber Gedanken und Sprache zu aͤhnlich ſind, als daß ſie von ſo vielen verſchiedenen Verfaſſern herruͤhren koͤnnen, und daß wiederum die lege tern, befonbers die. des Archytqtz, die beym Stobäus, Samblih *) und Nikomachus **) gefunden werden, einander zu widerfprechend find, als daß man fie einem und eben demfelben Weicweiſen jueignen koͤnnte. So find z. B. die beyden Erklaͤrungen der Weitheit, bie eine beim Stobaͤus »*o), und die andere beym Nikomachus }), einander ſchnurſtrocks entgegengefezt; und nice weniger - ftreitend find die Eintheilungen ber Dinge, oder die Zu⸗ rücfbringung aller Dinge unter gemiffe höchfte Gattungen, die man in mehrern angeblichen Fragmenten des Archy⸗ tas findet, Beym Jamblich erkläre Archytas denjeni⸗ gen Ni. den welſeſten, ber alles unter eine einzige Gate Pr 4. 000 tung

Ballifratides. ©. 484

Euripbamus. ©. 50$.° Hippaſus p. ı1. Jembl. in Nie. Arlth. |

9) best. 3. 0. & Gale 73. side & Stoh, Eel. p. 92.

*) n. 5. Arithm.

*s) Gale 677. p. Aryo de ERIJA LAY , coDdıan ev rov Inav, xy DR Deovasıy de TOy av. | Iguomwav no Ta megı Ton Biov.

np 733. 34. 2p. Gal. & vo & &Dweioue- vov 89T TOI EOVTON, RAN AmAmS megı BayTa _ TO EOVTE. |

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. \ . 600. Dritted Buch. 2

tung ober Princiyium zueüczufügren wife”). Beym Nikomachus nimmt er zwey Prinripia an, und ſcheint barunter Sinien und Zahlen zu verfiehen *), Beym Stobaͤus hingegen theilt er alle Dinge in.yier Hauptgat- tungen ab : in finnliche, muthmaßliche, wiffenfchaftliche, und

F gerftändliche ***), und endlich in einer E chrift von der Na tur des Banzen +) follen alle wirkliche und mögliche Dinge unter zehn hoͤchſte Battungen oder Präbicamente gebracht werden tt). Unmoͤglich Eönnen alle diefe Fragmente ächt, 2 | und

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M) oSIs av ovaAuach dies TE Evrı MAYTE Ta Yarıa UTO IOY TE KO TO aUTay nEyav, no mare auyIeva; Te u awanıdunsucdey, Sros done

Ya no GOdaratos NueV ao av KAmdesares.

S. 734. ep. Gal.

er) 5. p. AMo u Agxuras 0 Tagarıras wpxo- uevos TE SEUOVME, TO AUTO STO Haus Arya' Karus 4 dexsvtı Te Tacı TE aInuwTına, hayvanıay» ua adıv aromas wuras oedas, pls evTi,.FeOı FugB Deaven. . ec Yae Tas ray ÖAwv. Duaiog umAwg dımyrovfes , euer no ME Toy KOT MEROS, os EVTI, KuAms | orhereIy are Ti dn Tas Yewmereisas va -, AUDRRTIRaE Tregadauay am, 06Dn diesyvo- or. EX. Ns de Ku Fee METIRaV. Taura .de 70 padnpara . denari —X rdeADra. ge Yo adeAden Ta Tu.mTes ments du eos avasgedan EXe. . ve) 0,92. For yag esı Tape aiadarı;, Too da do- v5, 7 d MISATE, Ta de vedra. T) Tleeı 78 gavros Quriws, die 1571 zu Venedig ger rue it, die ich aber nicht gefehen habe, 109] Men. ad f. go. VIll, Diog, |

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Seſchichte der Pothagoreiſchen Geſellſchaft. 601 J

und aus Echriften bes Archytas genemmen ſeyn. Am wenigfien verdächtig ſcheint mir das beym Nikomachus, | weil es mit einer oben angeführten Stelle des Plate, wors inn er von den Porhagoreern redet, fehr zufammenftimmt,

Die übrigen Fragmente hingegen find zuverläffi iq erbichter, | fo wie das Buch über bie Natur des Banzen, wenn anders die zehn Kategorien darinnen vorgetragen find. Diefe eignen alle Alte, fo gar Porphyr, bem Ariſtoteles als ihrem Erfinder zu; und überdem kann man es ad hoͤchſt mahrfcheinlich annehmen, daß bie Pythagoreer, deren Mennungen über die hoͤchſten Gattungen id) oben ausge, zogen babe, ihre Lehre gegen die zehn Prädicamente wuͤr⸗ Den vertaufcht haben, wenn fie diefe in einer Schrift des Ard;y:as gefunden hätten, ,&owohl alfo aus den Wiberfprächen von Frag» menten, bie bemfelbigen Pythagoreer von verſchledenen Schriftſtellern zugeeignet worden, als aus der beyſpiel⸗ loſen Gleichhelt der Sprache und Ideen, in den Um berbleibſeln beym Stobaͤus, die verſchiedene Pythagoreer

zu Verfaſſern haben ſollen, muß man ſchließen, daß

ſie alle (nur das eben erwaͤhnte beym Stobaͤus, und el. nige des Philolaus ausgenommen) untergeſchoben ſind. Die Zeit, wann ſie erdichtet worden, laͤßt ſich zwar nicht mit Gewißheit beſtimmen; ded halte Ich dafuͤr, daß einige derſelben im dritten, die meiſten aber zwiſchen dem vierten und ſiebenten Fahrhunderte von einer einzigen Sand, oder von wenigen Männern gefchrieben worden find. In diefem Zeitraume hatte die Ariftotelifche Phi« loſophie viele Verehrer, von denen fie aber mit der Platoni: fchen und verdorbenen Pyihagoreifchen zuſammen geſchmol ˖ zen wurde. Hoͤher, als ich geihan babe, f ann man bie mei-

Pps- Pen

.,

l

a Dit fen Fragmente beym Stobaͤus nicht wohl hinauftuͤcken,

"weit fie von feinem Pfatoniker oder Pythagoreer ber vier erſten Jahrhunderte angeführt worden *).

——

495 Seltſam iſt es, daß in einem Fragmente, das dem Hip⸗ parch zugehoͤren ſoll, did Sterblichkeit der Seele be hauptet wird, wenn man anders die Merbefferung von | ale annimmt, ohne welche dieſe Stelle gar Feine

dSinn har. 673. S. Oi yag avdeamoı va moin

—— as 8% 8 Cav nere To Tas (zus xeoev (sn wvaroyıgaray, era 8 varo 8x) efeodı yavsoday, xenoaneIe Trage cıav rav ayalav, eu de vas DiAosoQsas xd- Auv nor aeuvov Ke. Dieſen Irrthum Fonnte fein Pythagoreer, aber wohl ein Ariſtoteliker lehren, der

rn bie Meynungen feines Meiſters, oder doch der beruͤhm⸗

teſten Ausleger derſelben nicht vorfihtig genug einem Pythagoreer unterſchob. J

J | - 603%

Ü 1 * \

Bu i

Viertes Bud.

ætuorhanes Parmenides, Leutipy und | OHrratut. 7

$ m ‚Zeitalter. des Pythagoras und ber aͤlteſten Py⸗ thagereer lebten noch vier andere berühmte

Wahrheits⸗ und Naturforſcher, ZRenophanes aus Kolo⸗

phon, Parmenides aus Elea, Leukipp entweder aus eben dieſer Stadt, oder, was ich fuͤr wahrſcheinlicher halte, aus Abdera, und endlich Heraklit aus Epheſus. Mit dies fen Männern muß man, glaube ich, das Chor der alten

Weiſen Griechenlandes befchließen: denn mit dem Mes.

lis und Zeno, dem Anopagoras, Demokrit, Empedo⸗ fles, und ben älteflen Sophiſten, fängt ſich eine ganz neue Periode, ſowohl der griechifchen Sprache, als der Weltweisheit und übrigen Wiſſenſchaften an. Der aͤlteſte unter dieſen Weltweiſen, Eenopbanes, wurde allem Vermuthen nach eben fo früh gebohren, als

Pythagoras, überlebte ihn aber, weil er ein fehr hohes

Alter erreichte, Er verließ feine Vaterſtadt als ein jun, ger Mann, entweder weil feine Mitbürger ihn verjagten, oder weil er die Herrſchaft der Perſer eben ſo wenig, als

. - . * [1] .

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Porpageras di die des Polikrates ertragen konnte, und ging

ous

604 or Wertes Bud. BE

aus eben ben Urſachen, aus welchen Pehageras biefe Gegenden waͤhlte, nach Sicilien und Großgriechenland, wo er den groͤßten Theil ſeines Lebens meiſtens in Slea zubrachte; und der Lehrer des Parnienites, und ber Stif— ter der fo genannten Eleatiſchen Schule wurde*). Die drey übrigen, Parmenides, Leukipp und Heraklit, bluͤh⸗ ten ohngefaͤhr um die Zeit, als der. Pyihagoreiſche Bund serflöret wurde, und farben wahrſcheinlich alle vor der 80 Olpmpiade , vielleicht den einzigen Parmenides AUßs genommen. Alle diefe Phyſiker, ol bie Griechen fie ie nannfen, wurden zwar mit ben Gedanken ber Joniker und Pytha- . goreer. befannt; allein’ein jeder von ihnen war doch fo eigenthuͤmlich in fie Behauptungen **), daß man dar⸗ -" aus, unmöglich die Meynungen ihrer Vorgänger oder Zeit: .. ‚genoffen errarhen Pönnte, Auch hatte Peiner außer bem Parmenides einen Lehrer, in ber gemößntichen Bedeu: fung. dieſes Worte BL ſondern ein jeder ſachte vielmehr

. neue 7 VIN Diog. 18. 9. In einem Fragmente, das Dioges

nes anführt, fagt Kenopbanes felbft,, daß fein Ruhm damals ſchon fieben und fechzig Jahre durch Griechen⸗ laud erſchollen, und daß er, als er angefangen habe, berühmt. zu werben, fünf und zwanzig Sabre alt ges

weſen fey. +) Mur muß man den Parmenides ausnehmen, der aber auch nicht ganz mit dem Renophanes zuſammenſtimmte. a war) Einige Griechiſche Schriftfteller hielten den Leufipp für einen Schüler des Zeno von Elena; allein diefe wuͤrden etmas, was fich beffer verrheidigen ließe, gefagt haben, wenn fie den Zeno zu einem Zuhörer Leukipps gemacht hätten; denn der leztere biähte nach dem Diogenes um die 69 DI. umd hatte den Demofrit zum Nachfol⸗ ger, ber zwar. ein Seitgenoß bes Zeno,. aber, bochälter, als biefer war.

f vo A -

Kenophane, Parmenides, Lenkippu. Heraklit. 60 s

neue Wege, bie von benen, welche man vorher ggbahnt hatte, ganz verſchieden, oder ihnen gar entgegengefegt waren, Ferner haben ihre Gedanken, befonders die des Zenophanes, beym erften Anblick einen Schein von Gruͤndlichkeit, Ordnung und Zufemmeuhang,, der ihnen auf eine Zeitlang einen großen Vorzug vor den Lehren der Joniker und Pythagoreer gibt; allein genauer unterſucht, iſt ihre Phlloſophie eben ſo eitel, als die der vorhergehen⸗ den Weltweiſen, nicht mehr auf Erfahrung gegründet, und nice weniger reid an Beyſpielen von feirfamen Eprüngen im Schließen, oder von Werwechſelungen der verſchledenſten Begriffe. Benophanes unb.Parmenides faßten ihre Lehren noch in Verfenz . Leuklpp und Heraklit hingegen ſchrieben in ungebundener Rebe, die aber noch unverftändlicher, oder Doch eben fo unverſtaͤndlich, als jener ihre Poeſie war. Bon allen vieren find Fragmente übrig, und zwar bie melften vom Parmenides, Die we. nigften von $eufipp, aus welchen Arlſtoteles und Dioges nes nur einige Meynungen mit beffen eigenen Worten anführen. . Die Aechtheit biefer Bruchftürfe muß man, wie die Richtigkeit der wiberfprechenden Nachrichten des Diogenes, bes falfchen Origenes und Plutarchs aus den Zeugniffen des Ariftoteles beurtheiten. Ä om Tenophanes und Parmenides iſt es gewiß, daß fie unter den Buͤrgern von Elea in großem Anſehen ſtanden, und in wichtigen. Angelegenhelten um Rath ges fragt wurden. Parmenides gab feiner Vaterftadt fogar Geſeze, welche ihr fo‘ heuer waren, daß alle obrigfeit. liche Perfonen einen fenerlichen Eid ablegen mußten, fie unverbruchlich zu beobachten . Vom Heraklit zeigen theite

I um use

®) wid. Plut. adv, Cole, ,

606 J Viertes Buch.

theils ſeine Freundſchaft mit dem Hermodorus, theils die Fluͤche, die er uͤber den unbaͤndigen Poͤbel in Epheſus ausſprach, daß er nicht ſtets in Betrachtungen vergraben, und um Öffentliche Gefchäfte unbefümmert gewefen ſeh *). Won $eufipp kann man zwar nichts dergleichen mit eini⸗ ‚ger Gewißheit behaupten: allein über dies Stillſchweigen ber Alten darf man ſich nicht wundern, indem Leukipp diel weniger Aufmerkſamkeit als bie übrigen erregte. Schon .unter den Griechen war es zweifelhaft, ob er In Europa oder in Afien gebohren worden L und ob er etwas gefchrieben habe oder nich?

- Genophanes und Parmenldes ſümmen beyde darinn uͤberein, daß es nur eine einzige, ewige. unwandel⸗ bare, unbewegliche, ſich ſtets gleiche Subftanz gebe, In welcher weder Vervollkommnung noch Verſchlimmerung, weder Schmerzen noch Krankheit noch Untergang flatt finde, und dieſe ſowohl mit Empfindung als Vernunſt begabt ſey »e). Die Beweife, die fie für dleſen ihren erften Grundfaz anführten, waren eben fo ſeltſam, als

der

#) Diog. ix. 2. —B a⸗ x. Toy Edesws, en To Toy eraigev enBaicıy Eeuodwper. ev eis " Onsw; Adıev. EOesios nlndev erodavem a0 Koy Tois arnfaıs nv xaraiızen‘, oirwes Eouoſogos reouro övnisov Myovres. Husov- unde eis ‚nos es. A de TIs TOIST Ss, ann Ts aa ner ce Acov. Hergklit follte ihnen, ſezt Diogenes hinzu, Geſeze geben; allein er ſchlug es ab, weil der Staat der Epheſet fon zu ſehr verdorben war. Man fee Hiſt, doßriase de vero Deo P- 321. uf.

we

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FE enophanes, Parmenides, £eufipp u, Heraklit. 607

der Grundfaz ſelbſt ‚wider alle Vernunft und Erſah⸗ rung lief.

Wenn etwas ift, fagte Lenophanes, fo muß biefes nothwendig ewig feyu, weil es weder aus nichts, neh . 2 aus etwas wirklichem, das vorher ſchon da war, entſtan⸗

Den ſeyn kann. Aus nichts, fagte er, koͤnne unmöglich etwas entfliehen, dies fen ganz undenkbar; aus Dingen,

Die vorher da ſeyn, aud nicht, weil etwas, was ſchon | eriftire, nicht erſt anfangen koͤnne zu ſeyn. Da nun nie. mals etwas entweber aus Nichts, ober auch aus ermas wirklichem entftanden fey und entſtehen könne; fo müffe man annehmen, Daß alles, was exiſtire, ewig und un⸗ endlich ſey, da es weder Anfang noch Ente gehabt habe,

noch haben werde. Aus dem Begriff des Unendlichen

folge nothwendig, daß alles, was wirklich fen, nur eine einzige unbegrängte Subſtanz ausmache. Denn, wenn

man mehrere unendliche unbegrängte Wefen annehme, fo

bebe man durch diefe Mehrheit Die Unendlichkeit eines je-

den auf, indein eins das andere begrängen, und beffen Unendlichkeit zerftören würde Nach dem Porphyr brauchte Parmenides einen andern Beweis für die Ein:

heit einer unendlichen alles: in ſich faffenden Subftanz, .

den aber hoͤchſt wahrſcheinlich Zeno zuerſt vorgetragen, und Porphyr, durch eine Bermechfelung von Namen, def.

fen Sehrer zugefchrieber hat *).

Man theile (fo foll Parmenides gefchloffen haben) das wirfliche, wenn es theilbar ift, in zwo gleiche Hälften, biefe wieder in andere, und fo immer fort: und man

wird

———

*) Simplie. ad Phyf. Aufe, fol, ‚30. t.

.

GB Diertes Buch,

wird entweder auf kleinſte, unthellbare, ber Zahl. nah

unendlihe Elemente fommen, oder man wird aud ſo lange theilen, bis gar nichts übrig.bieibt, Das Iejtere fey undenkbar, well alsdenn das wirkliche aus nichts ent, ftanden feyn müffe; das erftere hlelt er audy für unmöglid, ohne daß wir den Grund wiffen, warum es ihm fo vor. kam. Aus der Einheit der unendlichen Weltſubſtan folgerten Ernophanes und Parmenides weiter *), daß fie ſich flets und allenthalben gleich ſey, weil Ungleichheit oder Verſchiedenheit nicht ohne Vielheit von Theilen oder

Subſtanzen moͤglich fen; und aus dieſer Gleichheit leite⸗

ten ſie endlich Unbeweglichkeit und Unwandelbarkeit ab, vermoͤge deren feine Veraͤnderungen oder Verſezungen von Theilen, keine Vermehrungen oder Verminderungen, keine Verbeſſerungen oder Verſchlimmerungen, keine Ab⸗ nahme oder Vernichtung in der einzigen Subſtanz gedacht werden koͤnne. Die Unbeweglichkeit füchte Eenophanet noch dadurch zu beweifen, weil das Ganze weder in den leeren, noch in eineh won andern Koͤrpern befejtn

Raum hinelntreten koͤnne. In einen leeren Raum deh⸗

wegen nicht, weil dieſer ein Unding fey: in einen befegem

eben fo wenig, well e8 außer-bem einzigen Ganzen feint andere Körper gebe, und wenn bergleichen auch eriftirten,

- der mit ihnen ausgefüllte Raum die einzige Subften)

Sn

nicht empfangen oder aufnehmen koͤnne.

Dieſet einzigen Subſtanz gab Eenophanes, auf den fehon erwaͤhnten göttlichen Vorzuͤgen, fo viel mi

ie ——

wiſſen, ohne alle Gründe no Empfindlichkeit und Ber

nunft, *

is

®) Siehe Parm. ad, Simpl. 17. fol. 1 & fol, 31, ——

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—— .

[ . F V Io 8.

Renophanes, Pormenides Leulippu Herabit.

unft, bachte fie ſich in ſphaͤriſcher Form, und nannte ſie Sottheit, deren Daſeyn er. nur durch einen Blick auf“ as unermeßlide Gewölbe des Himmels bewies, . Par nemides unterfchieb fich von feinem Lehrer hauptſaͤchlich arinn, daß er das Weltganjze nicht für unendlich), fone’, ern für endlich erftärte, und in der Abſicht feine $ehren mit j er Erfahrung, und ben gemeinen Begriffen der übe Nenſchen weniger flreitend zu machen, außer der einzigen | Subftanz, deren Einheit und Unwandelbarkeit er nicht auf« ob, noch zwo andere Grundurſachen annahm, wovon die eine Ues hervorgebracht Habe und hervorbringe, und aus der indern alles hervorgebracht worden ſey, und hervorgebracht perde. Dieſe beyden Principia nannte er mit verfchiebenen Namen: das wirkende, entweder Heuer oder Licht und E3ärme, und das leidende entweder Finfterniß oder Kälte, Auch fcheint er das erftere noch mit dem Namen: Krone, Benus und Norhmenbigfeit, belegt zu haben, | "Wenn man bey dieſer Reihe von Begriffen und \ Saͤjen einige Augenblicke vermeilt: ſo wird man fich viele eicht noch) eher mic ben Zahlen des Pythagoras, als mie en abgejogenen Träumen bes Tenophanes und Parmes ides ausfößnen. Die Pythagoreer lehrten frenlich et⸗ 306, was weder bie Erfahrung beſtaͤtigte, noch die Were unft begreifen kann: allein fie empärten ſich doch nicht nit einem ſolchen Troge, als Eenophanes, wider die Zeuge iffe aller Sinne; und fäugneten nicht folche Erfcheinune en, von deren Wirklichkeit ung jede in und außer ung orgebende Veränderung überzeugt. Parmenides fuchte war zwiſchen Nachdenken und Erfahrung, zwifchen Vera tanb und Sinnen, Die Eenophanes bis zur unverföhne \ ichften Seindfdjaft gegen einander aufgebracht hatte, OD Ä Friede Br

* N \ - . ' ! >, , \ . - .- . 4 - 646 ve tertes 0

- Friebe zu fliften: und er gab daher Entſtehung und Auſ⸗ oͤſung, Veränderung und Bewegung der Dinge zu; ds lein diefer Friede Eonnte unmöglich aufrichtig und baue baft ſeyn, fo lange er zugleich Die Einheit und Unwandel

- barkeit einer einzigen untheilbaren Subſtanz vertheidigle. Es war nicht Fächerlicher, die Entſtehung der Welt eu Zahlen zu behaupten, als die Entftehung wirklicher Dinge aus andern wirklichen zu laͤugnen, oder als Unenblichtet von Zeit mit Unendlichkeit dem Raume nach zu verwech ſeln; (und dies thaten die meiften Eleatiker, deren I endliches allemal mit eroig gleich bedeutend iſt) oder mi lich aus unbegrängter Dauer eines Weſens Einheit dei

felben, und aus Einheit wiederum Unwandelbarkeit j ſchließen, gleich als wenn Mehrheit ewiger Weſen dt Widerſpruch wäre, oder als wenn Veraͤnderung in nit Uchen Dingen nicht ohne Spaltung. derſelben in mehr und verfehlebene Subftanzen ftart fände. Dieſe Grundlehran des Eenephanes und Parmak bes ſtritten fo fehr wider allen finnlichen Schein, und der alles, was andere auch fonft nody fa verſchieden ir kende Menfchen für Wahrheit hielten, daß man ſich nid wundern barf, wenn bende für die erften Behaupter M Unbegreiflichfeit aller Dinge, und der Unfähigkeit dea Menſchen, Wahrheit von Irrthum zu unterſcheiden, # halten worben find ). Fenophanes konnte zwar nl

z

| >. oe. J x) Man ſehe Sotion beym Diogenes IX. 20, Cleet. Quaeft. IV, 23. Pfeudo Orig, p. 94. Sertu ei

Math. VII. 49:52. Sextus a er bieist ſich ſelbſt nik gleich, und legt dieſelbigen Verſe des RXenophanes u verſchiedenen Stellen auf eine ganz verſchiedene Ara

Lu Pu " ' \ , >.

Renophanes Parmenides £eukipp und Heraklit. on

alles menfchliche Wiſſen für fchwanfend und ungewiß er. klaͤren, weil er fonft darch biefen Ausfpruch alle feine Mey nungen übern Haufen gemorfen.härte yvielmehr hielt er alle vorher mitgetheilte Saͤje für wiffenfchaftliche Kenntniſſe, oder wie wir zu ſagen pflegen, fuͤr unumſtoͤßliche Vers nunftwahrheiten. Zugleich aber erklaͤrte er mit allen alten Philoſophen **), die zwiſchen dem Pythagoras und Sokrates lebten, unfere finnliche Erkenntniß für trügli. chen Schein, für biendende Taͤuſchungen, wodurch die wahre Natur der Dinge entſtellt und verſteckt würde; und bie Sinne felbft für falfche unaufrichtige Zeugen , -denen man, wenn fie ben durch eblere Kräfte entdeckten Wahre Deiten widerſpraͤchen, Stillſchweigen auflegen. muͤſſe. Eben ſo dachte Parmenides, wenn anders Sertus ben Sinn des von ihm angeführten dunfeln Fragmente richtig getroffen har"), Fan ging auch diefer Eleati— | | 24 2

ſche

VII.49 & 110. An der erſtern ſtimmt er denen bey, weile glaubten, daß Kenophanes die Unerforſchlichkeit

ber Wahrheit gelehrt habe. An der andern hingegen

fagt er, daß eben dieſer Weltweiſe nur an einer wifs ſenſchaftlichen unwandeldaren Kenntniß der Wahrheit, nicht aber an der Erreichung wahrfcheinlicher Kenntniffe verzweifelthabe. Beyde Auslegungen find meiner Meys nung nad) eben fo unrichtig, alg fie einander entgegen⸗ geſetzt ſind.

*) Hievon ſteht auch gar nichts in dem Verſen des Kolopho⸗ niſchen Dichters ,; in welchen nur allein die gewoͤhnli⸗ chen Begriffe der Menſchen von Göttern, irriger Wahn genannt, und die Unfaͤhigkeit des Menfhen, die Pas tur der Gottheit zu ergründen, eingeprägt wird.

m) Man fehe Sertus und Cicero an den angeführten Orten und Ariſtoteles Met. y. sp. 8. p. 67. |

en VII. IU, a. f. | v

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‚62 ' . Viertes Buch.

(che Philoſoph, wie Heraklit, Empebokles, und Deme krit, ſehr oft in Klagen und Ausrufungen uͤber die Unge⸗ wißheit und Widerſpruͤche aller menſchlichen Meynungen uͤber, und ſagte, daß der Sinn des Menſchen nach den verſchiedenen Miſchungen der Beſtandtcheile ſeiner Natu verſchieden ſey und ſich abaͤndere, und daß dahzer wegen der fo ſehr abweichenden koͤrperlichen Diſpoſitionen ber cin biefes , der andere jenes. für wahr halte, und berfelbig Menſch zu verfchiedenen Zeiten ganz entgegengefetm Mennungen anbange*), Außer der einzigen Lehre, vom | 5 eg

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—— *, Man ſehe Ariſtoteles Met, p. 63. und Thoopb. m. Steph. Poeſ. phil. p. 46. Wenn nicht zuverläfie Schriftſteller, und unverwerfliche Bruchſt uͤcke es bewi⸗ fen; fo müßte man es für unglaublich halten, Kl man. in Griechenland fo allgemein und fo früh, M man durch Vernunft und forſchenden Verfland noch fat gar nichts an reiner Wahrheit gewonnen hatte, Ki Sinnen, und ber Erfahrung den Krieg angekündigt, und alle Kenntniffe, bie wir ihnen ſchuldig find, für eiitel Zand gehalten habe. , Denn nicht nur die en Eleatitet und Ältefte Sophiften, fondern auch Heraklit, Zeufipp, Demokrit und Empebofles waren alte Auklb

ger der Sinne, und mistrauifch gegen die einzigen Fih rer, wodurch fie in den Tempel der Wahrheit, ben ft alle fuchten, bey bem fie aber alle auf werfchienn Wegen vorbeyirrten, hätten eingeführt werben koͤnnen.

In eben diefe Claffe gehört auch Keniades von Korinth, deſſen Meynungen Sertus VII. 53 wahrſcheinlich au dem Demofrit, nicht aber aus übrig gebliebenen Schiſ ten anführe. Wenn Sertus nit den Demokrit, ml Demofrit niht den Keniades misverfianden hat; few haupfete ber leztere, daß allevon außen herkommende Einpfindungen falſch, und die darauf gebauten Ohr Irrthuͤmer feyen. Auch lehrte er wider bie übereinfim mende Grundfäze aller übrigen alten Poitofophen,

. /

Eenophanes, Parmenides, Leulipp n. Heraklit. 613

Begenſaͤze der ſinnlichen und abgezogenen Erkenntniß, der | ußern Sinne, und der Vernunft oder des Verſtandes nd nurnoch wenige zuverläffige und deutliche Reſte von en Gedanken des Eenophanes und Parmenides über bie Subflanz und Kräfte der Seele übrig. Einer Theo braftifchen Auslegung gewiſſer Berfe des Parmenides zu Hige*), folk der leztere Empfindungsvermögen-und Denk⸗

" 243 | kraft

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alles, was entſtehe, aus etwas entſtehe, was vorher nicht da fey, und daß alles, was untergehe, in nichts; ober in etwas verfhwinde, was mit dem, was eine Sache vorher war, ganz ungleichartig fey. So bes fremdend es aber auch ift, daß die ältern Phifofophen Griechenlandes ſich gleichfam wider die Sinne verſchwo⸗ ren hatten, und alle finnfiche Kenntniß verdächtig zur machen fuchten ; fo ift diefes bey den Meynungen, die . fie vertheidigten, und die meiſtens Durch augenfcheinliche Erfahrungen widerlegt wurden, boch immer noch leichs ter zu erflären, als die Veranlaffungen und Wege auszufinden find, durch und auf welchen die meiften, - befonders Kenophanes, zu ben ihnen eigenthümlichen Behauptungen hingelangten. Das Zeitalter des Reniades, den ich Furz vorher genannt habe, iſt unbe⸗ Pannt; er gehört aber, wie Buto von Athen, zu den ätteften Weltweifen Griechenlandes, deren nur ſelten j Erwähnung gefpieht, weiß fie eine Schüler gebildet, und Feine Werke oder Nachfolger binterlaffen haben. Buto wurde vou einigen für den Lehrer bes Kenophas nes ausgegeben (Dieg. IX. 27.) _ -. ®) Poef, phil. Steph. 46. p. Ilagpeviöns pEVv Yae eAms 8dev eDwgınev, 06 ovov 071 duosv ovram_Sor Kesoı, nero To vreefBu.ov es N Yyacıs. ech voe ünsecxsien To Jepnev n To'uxeor, adıy ywecdey Tv dievanı' Berrıw de zu netaen- Tepgav, Tv die To Jspnov' 8 unv ko Ko Tarun vv dei Tvos ouumerpms. 5 | ' Ns

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Be 7 Beertes Buch.

‚Er zertrat aber nicht bloß, wie man von ihm fagte, de "Homer, fonbern auch ben "heiligen Unfinn bes ganyı Griechifchen Volks. Er nannte diejenigen gottlos, wei che glaubten, daß Götter gebohren werben ober flerke koͤnnten *), und achte über die Aeghptier, daß fie wird ‚liche Götter beweinten , oder ofen vie beweint y werben verdienten, für Götter hielten"), Aus dieſa Sefinaungen floß - bie fregmürßige Antwort auf die An frage der Bewohner von Elea: 'ob fie die Leukothea but Thraͤnen und Wehklagen ehren follten ? Wenn ik, fagte er, bie Leukothea für eine Gaͤttinn halter, fo bemei ſie nicht; und’ wenn ihr fie beflagen wolle , fo bei fie nicht als eine Gottinn an. - Die Geſtalt, woruntt die Griechen ſich ihre Goͤtter dachten, und die Künftier f vorſtellten, hielt er für eine bloße Erfindung der menſh lichen Eitelkeit, und erklaͤrte darauf, daß, wenn tie:

oder Loͤwen menſchliche Hände hätten, und Gemälde ode VBildſaͤulen verfertigen Pönnten, 'fie die Götter gen "und mit eben fo vielem Grunde als Loͤwen und Griet darftelen würden, als: womit bie Menfchen-fie in ein ihnen abellchen Geſtalt ausdrůckten ) Er war F

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. Kraren R TEs KON BÄNHABS AT . TEUSSN. ]

ur LACH —E aIepısın eg) Kratev neigen Te, no dLnAas an Tivesv. %) Arlß. Rhet, I. 24, - .. ©®) Plut, de If. Of. VII, op. 491. Relık, “r) p. 36. Steph. Poef. "phil, AR ara xeta⸗ Ye Boss an

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Eenophanes, Parinerribes, Leukipp ft, Heraklit. 517

faſt der einzige unter ben Griechiſchen Weltwelſen, ber alle Arten von Welbagungen als Aberglauben oder Ber truͤgerey verwarf *), |

Die wenigen Meynungen und sehen, ‚vie dem Zenophanes und Parmenides noch mit einiger Zuverficht augefchrieben werden Finnen, find ben bisher erzählten entweder fehr ähnlich, oder bemeifen auch, daß man zu einer Zeit, mo man die Natur faſt gar nicht kannte, den noch bisweilen ſehr kuͤhn und gluͤcklich rathen konnte. Nach dem Ariftoteles hielt Renophanes, wie die meiften alten’ Philoſophen, die Erde für unbeweglich, wuſte aber von dem Nichtfinfen und ber Unbeweglichkeit derfelben Fels nen andern Grund anzugeben, als daß ſie gleichſam bis ins Unendliche eingewurzelt oder befeftige ſey**). Gluͤck licher war die Bermuthung,. die aber dem Cicero gang ungrjener borfam; ; ‚daß der Mond eine der unfrigen -

ide \. H yanılım xeigeosı xce⸗ yc vera, ame cœvdees, Iano uw $ imması, Hoes de ve Buew opores en | Ku x⸗ Iaav dene eygaper , x ame EROLEV» Tomvd’ olo⸗ zu x uva deucis: sv Opener.

"Cie, de Dir. i. 3. on) De Coelo ll. 13. ol um Vœeg hie ræuræ "umeicoile | KAT TNS.YNS evoy Gacw,. eE ameeory ævr n ILS Aryosses,. arzeg Zevodayas 0 10.

Aodovıos Ivo un mexynær exgwen OArarres Fr HTIAY. ö

Ss: : Wicked: Buch. era

ößnliche Geweßnte Erbe fer , auf weicher:ſich kele Ei und Berge fänden *),

Alle übrige Gehanfen, bie matt gemeiniglich dem Zenophanes und Parmenides zueignet, reiten entweder ſſehr nie den erſten Grundſaͤzen dieſer Weltweiſen, und

den Nachrichten der aͤlteſten und glaubwuͤrdigſten Schrift⸗ ſteller, oder werden auch von ſo ſpaͤten unzuverlaͤſſigen, und ſich ſelbſt widerſprechenden Gefchichtfchreibern ange⸗ führe, daß ich ſie nicht für aͤcht auszugeben wage, we Aigflins die Vertheidigung ihrer Aechtheit nice uͤberneh wien: möchte ꝰe). Fuͤr offenbar. untergeſchoben halte ih die angeblichen Behauptungen des Tenophanes beym Did genes: daß ẽs vier Elemente und unzählige unwandelbare Welten gebe, und Daß alles, was entftehe, dem Unter⸗ gange unterworfen. fey: benn. beyde Säze find mit dem reſten Principio dieſes Männes unvereinbar. Sehr ver daͤchtig, und meiſtens vom: Heraklit auf den Senophanes

dubergetragen, ſcheinen nie die übrigen Ausſpruͤche, die

man im Diogenes, und den übrigen van mir amgejoge

nen Schriftftellern findet: daß bie Seele ein. Hauch, un ber Verſtand, oder bie Denkkraſt das vortrefflichfte unter

allen Vermögen ſey: daß es eben fo viefe Sonnen und Monde, als Erbftriche gebe; baf bie erftern täglich aus feurigen Ausbünflungen enrftänden, und wieber untergin

J gen,

i ed .. . . .“ . . 9— t ERREAEREEDEEREND> nn nn nn Ge

®) Cie, Ae. Quaefi, IV. 39. Habitar alt: :Kenopkaner in .,., Juns, esmqueeffe terram multarum Meblum, Kup

" 7 tum porteutä videntur.

* Man ſehe Plütarch, ap. Euſ. Praep. Evang. J. 8. Diog. 73%, 19, Pleado Origen:‘p. 94 - 100. Pfeudo Plot. I.

::» 304 24. 25. de Blaeitie Phil, und aus: ihm mit denſel⸗

bigen Worten Bteb, Eal, Phyſ. p. 53-64, .. -

Pr

Renophanes, Varmenides, Leufipp u. Heraklit. 610

gen, und daß auß einem äßnfichen Verſchwinden ·des le

tern Mondfinſterniſſe entſtuͤnden: daß die Sonne eine feurige, und der Mond eine verdichte. Welke fen: daß bie Erde ehemals Waſſer, ober doch mic Waſſer uͤberdeckt geweſen, welches aus ben Werfleinerungen erhelle, bie: allenthalben gefunden wuͤrden:*). Wahrfcheinlich- fink Diefe Behauptungen aus eben den untergefchobenen Ges Dichten abgefchrieben, aus welchen Sertus bie beyden Verſe nahm, in deren einem es heißt, daß alles aus Erbe entſtanden ſey, und mwieberum in Erde: werde aufs gelöfee werden, und im andern, baß wir alte aus Wafı fer und Erbe gebohren oder zufammengefezt ſeyen **%, Wollte aber jemand den Tenophanes lieber eines Wihers

ſpruchs beſchuldigen, als die Erzaͤhlungen ber neuern Schriftft·

ſteller, und die Gedichte, aus denen fie entlehnt warden; verwerfen; fo würde dadurch mein Urtheil über das Maaß und den Werth ber Kenntniſſe der erſten Eleatiker, und

aber den Zuſtand der Wiſſenſchaſten in re m Zu cite

noch mehr beftätigt werben. Penn bie Gragmente ber älteften Eleatiker auch.atle | verloren gegangen wären; ſo wuͤrde man doch au den "Meberbleldfeln ‘des Heraklit, und aus den Urthzllen der Alten über dieſen Weltweiſen, :und feine Schrift, zwr nicht die eingenen Meynungen, & aber doch den Zuftand Fuͤr ‚eben ſo unaͤcht Halte ih vie Meynungen des Parme⸗ mides, die Stobaͤus anfuͤhrt: p. 53.56. Bel. Phyf, dag

bie Sterne Feuerklumpen feyen, die Aus irbifihen Muds .

dinſtungen entſtuͤnden: und baß Sonne und Mond ſich von der Milchſtraße abfanderten. . p.'s6: poeſ. phil. und möine Hier, dor, de vor Deo. am angeführten Orte. |

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der Griechiſchen Wiffenfchaften und Sprache, ums bie Zeit bes Unterganges der Pythagoreiſchen Schule, zu beſtimmen im Stande ſeyn. Heraklit war nad) dem Pherekydes ber erſte oder eigentlich der erfie wirkliche Naturforſcher in Bries chenland, der in ungebundener Rede ſchrieb. Die Sprache war gur Zelt dieſes Philoſophen noch ſo arm, und feine Schreib⸗ . art aus eben dieſem Grunde fo dichteriſch und dunkel, daß er daher ben Namen des finftern erhielt, und in fpätern Zeiten, wo man ſich ber urfprünglichen Dürftigfeit der Griechiſchen Sprache nicht mehr erinnerte , bie allgemein Mehnung entfland ,. als wenn Heraklit mit Fleiß fein Sedanken in. Zinfterniß gehuͤllt hätte, uni eine deſto gti Gere Begierde darnadı in lernbegierigen Suchern zu exe gen *). Die Urfache der Unverſtaͤndlichkeit bes Herakllt lag aber nicht bloß im raͤthſelhaften bilberreichen Aus

drucke, fondern im Mangel aller nterpunctionen **), und hieraus muß man alſo ſchließen, DaB man gegen bie

ſiebenzigſte Olympiade noch feine Zeichen in Griechenland erfunden hatte, wodurch die Fürzern ober längern Paufen,

in einer an einander hängenden Reihe von Gedanken, und bie verfchiedenen Theile der Rede getrennt werden. - ahrſcheimich war die Dunkelheit des Geraflitl

fehen Werks am meiſten Schuld daran, daß es wenig

6) IX. 6. Diog. Cie. de Fin. Il. 5. Et tsmen vide, ne- fit allqua eulpa ejus, qui Ita loquatur, ut non ie

telligstur. Quod duobus modie fine reprehenfione

fit: G aut de induftria faelss,, ut Heraelitus, cogeeo- mente qul oxoreivos perbibetur, quia de nature al mis ebfeurs memossvit te. ..08) Ariſt. Rhet, III, ven falſchen Dem, Phel, p. 126. \ de isterp, . r

befannt wurde, und alfo auch nicht viel zur Aufklärung ber ©riechen, und zur Aysbreitung nuͤzlicher Kenntniſſe beya

trug. Heraklit legte es als ein Heiligthum, ober als

einen Öffentlichen Schaz im Tempel der Diana ‚nieder, und hier muͤſſen nur wenige Abfchriften davon genommen worden fen, weil bie Sriechiſchen Gelehrten ſowohl über

ben Titel, als über den Hauptinhalt deſſelben verfchiedes ,

ner Mepnungen waren *). Vielleicht gehoͤret es alfo mit zu der großen Zahl alter, vor dem Plato gefehriebener Werke, von denen Porphyr fagt, daß fie fhon zu feiner Zeit. untergegangen wären **), und wenn dies wahr ſeyn ſollte; fo müfte man annehmen, daß die Schriftſteller aus den drey erfien Jahrhunderten nach Chriſti Geburt,

bie viele und große Stellen aus dem Heraklit anführen, diefe Stellen nicht aus dem Buche felbft, ſondern aus

andern entlehnt haben, wo fie fie abgefchrieben fanden ***), Nach ven Keften der. Heraklitiſchen Schrift zu urtheilen, enthielt fie nicht bloß Unterfuchungen über den Urfprung

dee Dinge , über die Natur und Größe der himmliſchen

Körper, und über die Urfachen metkwuͤrdiger Erſcheinun⸗

gen; ſondern auch Beobachtungen uͤber den Menſchen, | und über die Verwaltung von Staaten und öffentlichen

Geſchaͤften, heftige Ausfälle auf Dichter, Weltweife und

Gefchichtfchreiber, muͤrriſchen Tadel und Werwünfchungen

feiner Mirbürger, bi alle "große Männer als Feinde und

°) Dieg. IX. 12 & ı5. **) ap, Euf, Praep. Euang. X. 3. "re, Heraklit hatte Nachfolger, die fich von ihm nannten 8.

3

6. 1X. Diog. und bis auf den Plato fortdauerten. Allein . unter diefen Herakliteern hat fi Feiner durch Lehren’

aber Schriften vorzůslich ausgezeichnet.

11 on —*8

Renophanes, Parmenides, keukipp u. Heraklit. Sa |

Nach⸗ .

7 . \

ea > Biete Pe . | —X ihrer Grepfeit entfernten, enblich Enpfehtm:

gen ber Tugend und Vorfchriften der Klugheit. Der ethiſche und politiſche Theil war unſtreitig verſtaͤndlicher und lehrreicher*), als der phyſiſche, der lauter unbewie⸗ ſene Vehauptungen und wunderbare Traͤume in ſich

faßte.

Heraklit Irre, fo viel wir wiſſn, ohne den ge⸗ ringſten Beweis dafuͤr beyzubringen, daß das Feuer die Grundurſache, und der ewige unvergaͤngliche Urſtoff der Welt ſey, aus welchem nad) zwenen Geſezen Der Noth⸗

wendigkeit alles entftanden fen, und In welches auch alle "Dinge wiederum zuruͤck Eehren wuͤrden **), Das Belt

der Entſtehung nannte er Feindſchaft, und fagte, daß

durch diefe Schöpferinn aller Dinge das Feuer in Luft,

$ufe in Waſſer, Waſſer in Erde verwandelt werde; bas Geſez des Unterganges aber Freundſchaft, oder Eintracht, nach welchem umgekehrt Erde in Waller, Waſſer In Luft, und Luft endlich in Feuer aufgeloͤſt werde |

| les

| U)

Man fehe bef. Plat. in Hipp. 348. Poef. Phil. p. 132. unten p. 134 ex Dieg. 136 und 137. 138.

#4) Die Beweisftellen finden fi in meiner Hifioela dofrl« nae de vero Deo p. 347 u. f. Es ift unftreitig eine unrichtige, und auf Stoifhe Begriffe. fich. gruͤndende Auslegung der Heraklitifchen Meynung, wenn es beym

. Stobäus p- ra. Eel. Phyf. heißt: sovay Euoreuans

. "@zoDamwero Aoyov Tov di Baıas TE moyros üf wovro eben fo ungichtig, Als bem Heraklit To audt- Quov GW, OTFIEMOS TNS TE TERVTOS YaracEws, Kl 7regıoda ‚MaTgov Terosyueyns unbefannt war.

, Plut, do & spud Delph, Tom, vi 5 341.

Eenophanes— Varmenden Ennfiöp u. Heraklit, 623

Dies Feuer hielt er für bie einzige bleibende Grundlage .

des Ganzen, und fuͤr die einzige Subſtanz, die allen Umkehrungen in andere Naturen ungeachtet, unvergänge lich und undberaͤndert bleibe, die gleichſam unzaͤhlige mal ſterben koͤnne, ohne im Tode, und duch Verwandelung Das geringfe zu: nerlieren. Zwar verſchwinde oder gehe Das Feuer in Luſt, wie Luft in Waſſer, und Waſſer in Erbe über; allein am Ende werde doch immer durch ges wiſſe periodifche Ummälzungen bie ganze Welt in die Nas ı tur, woraus fie entfprungen fey, zurügfgetrieben. Die - Entftehungen aller Dinge aus dem Feuer, und ihre Wera ſchwindungen in eben diefen Urftoff ſchienen ihm fo reis end und fchnell, daß er fagte: alle Wefen ſeyen in ei⸗ nem beftändigen Fluſſe, und fo wenig man zweymal in benfelbigen Fluß hineinſteigen koͤnne, eben fo wenig koͤnne man in zween auf einander folgenden Xugenblicken denfels bigen unveränderten Gegenſtand berühren. Tod folge . fo ſchnell auf Geburt, und ein Alter fterbe fo geſchwiud in das andere, Vergnuͤgen in Schmerz, Wachen in Schlaf, Größe in Kleinheit und Niedrigfeit ab, daß man feine Örängen und Unterfchiede zwifchen ihnen bemers ken oder angehen fönne ). So richtig der Bebanfe war, daß alle uns bekannte Weſen ſich unaufhoͤrlich ver⸗ aͤndern; ſo irrig, und der Erfahrung widerſprechend, war die Behauptung ſolcher ſchleunigen zerſtoͤhrenden Verwandlungen, wodurch die entfernteſten Gegenſtaͤnde in einem Punct oder Augenblick zuſammengeruͤckt, und die ungleichartigſten oder entgegengeſezteſten einander

gleich

©) Man ſehe beſ. Plus, Vi. Conful, ad Apoll, 405. p. VII. . 5 ap. Beiph. 540. 41. Luc. vis. Audi, 1. 554.

A 1}

a Wie

gleich aemacht werben, Judem Heraklit biefes lehrte, derte er nicht weniger als Tenophanes, welcher glaubte, daß alles ſtehe, ober umbeweglich ſey. |

Noch feltfamer waren felne "Begriffe von ber ung. umgebenden Natur, von dem Weſen der menſchlichen Seele, und von Wahrheit und JIrrthum. Heraklit

nahm zweherley Arten von Ausbänftungeh an, feurige und

Helle, die aus der Erbe aufftiegen, und feuchte, die

- fich vom Waſſer ablöften *). Mit. jenen glaubte er die Raͤume der Himmel ausgefüllt, und mit bem-legtern wahrſcheinlich (doch fo, daß fie einen Zuſaz ber erflern * hätten) den ung umgebenden Dunſtkreis. Nach bem

| \ - Diogenes erklärte er fich nicht über die Natur der uns

> umgebenden $uft **), nad) dem Gertus hingegen fagte

er, daß fie Empfindung und Verftand befige***). Wen

diefer luftigen aus ungfeichartigen Dünften gemifchten Subſtanz floffen Teiner Meynung nad bie menfehlichen Seelen aus, die er felbft Ausbünftungen, und zwar wenn Kleanth ihn recht verfianden hat, feuchte

Ausdünftungen nannte t). Er glaubte. ferner, dahß

| Bas ®) IX. 9. Dieg. | nr l. © r _

os.) vil. 126. N + Man fehe Cleanth. ap. Euf. In Praep. Evang. I. 20, Himit ſtimmt ein Fragment des Heraklits beym Porphyr uͤberein, de anutro Nymph. p. 112. Ed. Ro- ‚man, worinn e8 heißt, daß es ben Seelen nit Tel, fondern Wonne fey, feucht zu werden, und daß er un

ter Wonne ihre Eniſtebung verſtanden habe.

Ich weiß nicht, wie er mil biefem Auß fpruche einen andern vereinigte, daß die trodenfe Seeele bie weifefte ſepy. klut. VII 703 *

1

Eenophanes, Parmenides, Leukipp u. Heraklit. 625 Vernunft und Faͤhigkeit, Wohrheit zu erkennen, von der in. nigften Verbindung der Secle mit der gemifchten Subſtanz, us welcher fie entftanden fey,, abhange. Unſere Sinne ſeyen gleichfam: die Thüren oder Defnungen, wodurch Die unferee Geele verwandte Materie in uns- eindringe, oder eingezogen werbe, und ſich alsdenn mit ihr vermifche, Wir hätten daher nur Verſtand und Erinnetungskraft, fe lange während des Wachens die Sinne geöfnet wären, und die Verbindung ber Seele mit der vernünftigen, in fie eine firömenden Natur ungeftört. bllebe: wir verlören hinge⸗ gen beyde, wenn durd) den Schlaf diefe Gemeinſchaft aufs gehoben , und die Seelenöfnungen gefchleffen würden. | Aus dieſen Saͤzen zog er den Schluß: daß wir alle nur fo lange, als wir wachten, eine einzige gemeinfhafts liche Welt hätten: und daß ein jeder im Schlaf und Traume gleihfam in feine eigene Welt einfehre *), daß ferner nur das wahr ſey, mas mit der allgemeinen Ver nunft, und worinn alle Menfchen übereinftimmten, und das falfch , was nur dem Berftanbe einzelner Menfchen vr [heine * Er ober ſ ſich ſelbſt, indem er die

Reisk, Porph. I. e. p. 113, und daß fie, wenn fie feucht werde, wie die der trunkenen Ihre Vorzuͤge vers liere. Stepb, Poeſ. Pbil, p. 137. Er glaubte, daß die Seelen, wie alle übrige Subflangen, in beftändigen . Werwanblungen feyen, daß’ dieſe Verwandlungen für fie Ruhe, und das Fortdauren in einerley Zuſtande hins gegen ihnen fhmerzhaftfey. Jambl. sp. Stob. Ecl, Phyf, 113. 114. Die neuern Platonifer iegten ihn nach ihrer Weife aus. Man fehe nady Plot, p.468, . -®) VI. Plut, 634. . 0) gext. l. Bent Heratlit feinen erften Grundfäzen gemäß hätte räfonniren wollen; fo baͤtt⸗ er entweder

alles ' Ar |

66 - u Vlertes Buch.

die Augen und Ofren, ober die Sinne rohet anausge bildeter Menſchen, als unzuverläffige Zeugen verwarf, und würde ſich noch mehr widerſprochen haben, wenn er, wie Sertus ; meinem Urtheile nach, oßne Grund glaubte, die Sinne überhaupt , oder alle fi nnliche Erkenntniß ohne Ausnahme verworfen hätte *).

Wenn bie Nachrichten und Fragmente beym Die genes und Plutarch **) wahr und aͤcht find; fo dachte er über Goͤtter und Dämonen, wie die Joniſchen und Pr thagoreiſchen Philoſophen, tadelte aber verfchiedenes in der Art , mie man fie verehrte, ohne daß wir fagen Fön nen, sole viel ihm in dem öffentlichen Götterdienfte der Griechen gefalten habe oder nicht, "Er glaubte, daß die Luft mit Dämonen ***) und Seelen angefuͤllt ſey, und war von der Wahrhaftigkeit des Apoll zu Delphi, und ber alten Sibyllen überzeugt; fand aber doch Die Anrı fung codter gefühllofer Bilder laͤcherlich, und fägte, daß an fie

feine Wünfche und Gebete zu richten eben fo viel ſey, als | wenn 5 man nf ich mit Häufern unterhalten wolle n- Ä Faſt

alles— fuͤr wahr ertennen muͤſſen, was ein jeder wachender

Meenfch dafuͤr haͤlt; oder er haͤtte auch alles fuͤr wahr, ober

alles für falſch halten muͤſſen, denn das eine oder das andere

folgte-aus feiner Behauptung: daß alle Dinge auf eis

u ne gewiſſe Art ſeyen und auch nicht ſeyen. Ari. Met,

1.6. P. 68.

*) Sext. VIL 126. Steph, Pr 137, ex Stob, ®®) Diog. IX, 7. Plut. ap. Stepb. 138. p:

"rt, Er nannte Gie Menſchen ſterbliche Götter, und die@it

- ter unfterbliche Menſchen. Lue. 1. 533, vide & Herakl,

ap. Stephan. p. 13%. £

7) p. 132, ap. Steph, Wenn man dem Eutraͤthsler der

Aegpptiſchen Geheimniſſe trauen koͤnnte; ; fo nannte

Hera⸗

4

Kemopfane, Varmended, keutipp u. Herallt 647.

Faſt über allen Glauben fonderbar waren feine Morftelungen von. der Natur der himmliſchen Körper, und feine Erklärungen ber Tags 3 und ahrszeiten, Diefe zeigen vorzüglich, wie unendlich ſchwer es dern Menſchen wurde, Größe, Ordnung, Echönhele und Regelmäßige keit auch da zu entdecken, wo wir jezt glauben ,; baß fie unüberfehbar find, und daß fie fidy audy ben ungeübreften Sinnen offenbaren müften. Heraklit war in ber Mey⸗ nung, daß die feurigen Duͤnſte, die aus der Erde auf⸗ ſtiegen, ſich in gewiſſen ausgehoͤhlten Gefäßen ober Trich⸗ tern, deren Beſchaffenheit er aber nicht erklaͤrte, ſamm⸗

leten, und daß aus dieſen Klumpen feuriger Danſte die Sterne entſtuͤnden. Er glaubte ferner, daß in dee j Soane bie reinſte Flamme brenne, und daß eben fie ſich

‚auch in dem reinften Raume bes Himmels herumwaͤlze?

daß die übrigen Geſtirne weiter, als fie, von ber Erde: - entfernt wären ,, bet Mond hingegen ber lesten am nädy

ften ſey. Sonnen. und Monbfinfterniffen erklaͤrte er aud den Umdtehungen det Gefäße, in denen Ihr Licht eingen ſchloſſen ſey, oder aus Abmendungen dar offenen Seiten Der Sonnen » und Mönbtrichter. Die Sonne ließ er an jebem Morgen nicht aufgehen, fonbern ganz von neuen entfieben, und an jedem Abend nicht bloß unter⸗ gehen, fondern gänzlich verfchwinden, und Piato fagte baher von etwas, was geſchwind unterging, daß es noch Rr4 ſchnel⸗

U om

Heraklit die Öpfer deswegen area, ‚teil fie den Mens

fchen reinigten, und pries die heiſtigen. Opfer am mei⸗ ſten an, die aber nur von wenigen duserwählten Maͤn⸗

tern dargebracht wurben. de yn. Aezypi. I: ti.

v. u

* 4

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Br lichen leeren m Raum, den er für e etwas wirkliches, und

.

628 Vienet Bis:

Ichneller als Dieſen Begriffen. zu Folge lehrte Heraklic,“ der * anbreche, wenn ſich feurige Duͤnſte genug zu einer Som nenmaffe gefammiet bätten; und daß er fi endige, . wenn dieſer Klumpe gluͤhender Ausdünftungen durch ent gegengeſezte wäfferigte vertilgt werde. Auf eine aͤhnliche Art erfäurerte er die Abwedhslungen der Fahrszeiten, Wenn nämlic) die Zeuercheite und die Wärme Die Ober, hand gewönnen, fa erhielten wir Sommer; und wenn hingegen bie Feuchtigkeit das Uebergewicht erlange, ſo

ſtelle ſich der Winter ein **).

Die meiften Weltweiſen, von denen ich bisher ge.

eedet habe, wichen eirier von dem andern, und alle wie

derum gleich weit von Wahrheit. und Erfahrung ab. Eben bdiefes kann man auch vom Seufipp behaupten, deſſen Meynungen ich als das lezte Benfpiel des Zufton des der Wiffenfchaften in Griechenland vor der fiebenzig: ſten Olympiade, und als die feste Befldtigung meines Urtheils über die Joniſche, Pythagoreiſche und Eleatiſche Philoſophie anfuͤhren will.

teufipp feste ſich zwar allen feinen Vorgängern, aber keinem fo abfichtlich und fehnurgerade entgegen , alt den Eenophaned, Dieſer laͤugnete Bewegung und le ven Raum, und hielt afles für eine einzige ungecheilte Sobſtanz: Leukipp hingegen-behauptete nicht nur unend lich viele ewige, untheilbare, und’unzerftörhare Element, . bie er zuerſt Atomen nannte, fondern auch einen unend

\ | > eben en

de Rep. Vi, p. * NMaſſey. 20) bios. ıX, 9. 10, Steb, Eel, Phyf. 53 & s6. p.

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Renophanes, Parmenides, Leukipp u. Heraklit. 629 |

eben ſowohl als die Atomen, für ein für fich beſtehendes Weſen anfah *). Dieſe Atomen (fuhr er fort) ſeyen in unaufbörlichen Bewegungen, und aus ihnen und Dem leeren Raume ſeyen alle Dinge nach gewiſſen Gefegen ber Morhmwenbigfeir entftanden. Die Verſchiedenheiten der zufammengefejten Subſtanzen rührten alfo ganz allein von der verfchiedenen Figur, Ordnung und Sage der Atos men her. Ya diefen Saͤzen glaubte Leukipp nach der Bemerkung eines großen Weltweiſen eben fo viele Wahre Heiten gefunden zu haben, vie der Erfahrung beffer ent⸗ ſpraͤchen, als die Meynungen des Zenophanes **); allein eben diefer Philofooh urtheilt an einem andern Orte, daß Der Lehrer bes Demofrit die Urfache der Bewegung eben ſo wenig angegeben und erklaͤrt habe, als alle die übri- gen, Die vor ihm über den Urfprung ber Dinge geforfcht: haͤtten ***), Wie richtig dieſes Urtheil fen, zeigen bie nur halb verftändlichen Auszüge oder Fragmente beym Diogenes, aus welchen ich nur Purz bag, was zuverläfe - fig vom Leukipp behanptet, und vom Demokrit angenom« men wurbe, mittheilen will,

Deer erſtere lehrte alfo, daß von ber unendlichen Zahl der im unbegrängten leeren Raume berumfliegende ‚Atomen einige in einander geariffen, ſich mit einander verbunden, und einen feften Riumpen oder Maffe gebil«-

ber hätten, und daß biefe Maſſe hurch die in der Nähe vorbenftreichenden Koͤperchen allmaͤlich vermehrt, und

in eine Preisförmige Bewegung gefezt worden. Diele Ä Kr 3 Ar ®) Arift. Met. 1. 4. de Coelo III, 7. Simpl, fol. y. ı. ia | Phyf. Ari. Dio, IX. 30-34. - 8) Ariſt. * Gener, & Int. I. B. u LEE SE nn -

| 630 Viertes Buch.

Ktomenmaffen ſeyen anfangs feucht gemefen, durch bie ſchnelle Bewegung allmälich ausgetrodnet, und endlid) in Geſtirne ausgebraunt worden.,Auf dieſe Art, dachte er, waͤren unzaͤhlige Welten entſtanden, und wieder untergegangen, und wuͤrden auch noch in der Zukunft unzählige Welten entſtehen, und wieder untergehen,

Wenn man nun nicht annehmen will, daß alt Fragmoènte der erfien Philofophen Oriehenlänbes erdich⸗ et, und alle Zeugniſſe der alten Schriſtſteller von ihnen unglaubwürdig find, ober daß auch afle Geſchichtſchrei⸗ ber oder Erhalter ihrer Gebanfen und Veberbleibfel fih gleichfam verabredet haben, nur. bie größten Lingereimts beiten aus ihren Werfen auszuheben, und den Machkom⸗ men zu überliefern; fo muß man auch zugeben, daß bie erſten Eleatiker, ferner Heraklit und Leuklpp, faſt nichts merkwuͤrdiges zur Erweiterung der Kenntniß ber Matur und menſchlichen Seele bepgetragen, daß fie alle mehr gerathen, als beobachtet haben, daß alſo auch die Wil: ſenſchaften in Griechenland. um und nad Der 7often Olympiade nody Immer in ihrer Kindheit, und endlih Die Joniſche und Pothagoreifche Philofophie nicht vollſtaͤn⸗ biger und gichtiger gewefen ſeyn koͤnne, als Ich ſie geſchib bert babe,

Fuͤnftes Bud, Befchichteder Griechifchen Weltweisheit zwi⸗

ſchen der ſiebenzigſten, und achtzigſten Olympiade.

Empedokles, Anaxagoras, Demokrit, Zeno und | Mieliffus.: |

kn die bluͤhendſten Griechiſchen Stäbte in Afien durch Sittenverderbriß und wiederholte

Berheerungen,, und die mächtigften Staaten in Große .

riechenland durch bie Ausröttungeg’ oder Vertreibungen ‚er Pythagoreiſchen Sefellfhaften unbeilbare Wunden mpfangen batten; fo Fonnte doch ber Saame wiffenfchafte icher Kenntniffe, ber an fo vielen Enden ausgeftreuf var, nicht auf einmal erſtickt, und ber ſorſchende Geiſt, yer in fo manchen Gegenden rege geworden war, nicht uf einmal unterdruͤckt werden. Das Schwerdt yer Perfer hatte in Afien eben fo menig allgemein, un nie gleicher Grauſamkeit gewuͤrgt, als die Zerrüttungen

ind Aufrüßre, die aus ben Vertilgungen ber Pythagorer

ntftanden, dem ganzen Griechiſchen Italien und. Sicie ien in gleichem Maaße verderblich geworden waren.

Anter ben Aftarifchen Pflanzſtaͤdten buͤßten viele, beſon⸗ Rr 4 ders

1 2

632 FFFüuͤnftes Buch. |

ders biejenigen, die am Helle pont und (dwarzen Mer

gelegen waren, außer ibrer Unabhängigkeit, oder einem alten Herrn, deſſen Mitde ihnen ihre Knechtſchaft erträg:

- Sich gemadht hatte, faſt nichts weder an Bürgern, noch

an ihren alten Rechten und Gazungen ein; und felbft I Diejenigen, welche die Rache bes erzürnten Siegers gäny fi umgeworfen hatte, kehrte mit mwieberhergeftelte Ruhe ein” großer Theil ihres ehemaligen Handels un Gewerbes, und mit dieſen Reichthuͤmer und öffenrlide Gluͤckſeligkeit zurück. Auch die Großgriechiſchen Städt, nachdem fie alle Uebel erduldet hatten, welche der Da: luft ihrer Häupter, und die hieraus erfolgte Geſezloſigkel mur hervorbringen fonnie, gemanntn mit dem Frieden un der bürgerlichen Ordnung, welche fie aus den Händen de Achaͤer empfingen, zwar nicht alle, aber doch viele u

den Kräften wieder, "bie ihnen wilde Zwietracht gerauk

hatte. Die Sicilienifhen Städte befonders erreicht in dem Zeitalter, zu melchem ich jezo fortgehe, unter de Herrſchaft von Tprarfhen oder vielmehr durch bie Daft

hungen und Tugenden von. Männern , . die wenigſtens

eben fo Vaterland liebend als ehrgelzig, und für v1 Wohl derer, die fie fich unterworfen hatten, nicht werd

wer, als für die Befefligung ihrer eigenen Gewalt beforx

waren, den böchften Gipfel von Mache, Anfehen, Woh habenheit und Aufklaͤrung, den fie jemals erfliegen babe Unter foldyen Umfländen wäre es eine Abweichung de Natur von ihren eigenen Geſezen gewefen, wenn bt

J Schaz von Kenntniſſen, den aluͤcklichere Vorfahren m

daß die leztern das, was ihre Vaͤter ihnen Hinterlaſſu

worben hatten, von den ſorgloſen Nachkommen ganz ms ‚ren vernacklüffige worden: man muß vielmehr erwartin,

|

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Gedichte der Suchſſhen Wermetchet 633

hatten, noch in vermehren gefucht haben. In dem gan⸗ zen Umfange von Griechenland, wie es ſich von feinem urfprünglichen Size nach Often und Welten ausgebreitet _ hatte‘, blieben nach allen den gewaltſamen Ummälzungen, won denen ich geredet habe, nodı immer viele blühende Staͤdte übrig, und in diefen Städten wurden ned) im⸗ mer Männer gebohren, welche Natur und Gluͤck mit eben den Gaben und Vorteilen zur Bereicherung und Vervolllommung von Wiffenfchaften ausrüfteten, womit benyde, die älteften Soniker und Pythagoreer zur Erfins bung derfelben befchenfe Hatten. Solche Männer waren. Empebofles von Agrigent, Anaragoras von Klazomene, ‚Demofrit von Abdera, Zens von Elea, und endlich Mes liffus von Samos”), deren Verdienfte ich im gegenmwärs tigen Abſchnitte unserfuchen werde, ie waren alle Zeite ‚genoffen von einander, und unmittelbare Nachfolger des Porhagoras, Zenophanes, Leuklpp, Heraklit und Para nıenides. Man fann fie daber als das dritte, ober vie mehr als das vierte Gefchlecht von Maturforfchern anfee - ben, die in Griechenland aufſtanden. Die Namen if. rer Waterflädte zeigen, daß bie Weltweisheit nod) immer. in eben. ben Gegenden verweilte, in welchen fie zuerft mar gebohren,, oder wohin fi e zunaͤchſt war veroflanf. worden.

In der Geſchichte dieſer Männer hat man nech eben ſo ſehr, als in der Geſchichte ihrer Vorgaͤnger, Ur fache darüber zu Plagen, daß auch nicht die Werke eines einzigen gerettet erben, daß ber übrig gebliebenen Frag⸗ mente nur wenige, und biefe wenigen Fragmente mei⸗ Ä R es Ä ftens

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IXX

#) Siehe erſte Beylage ain Ende des Abſchnitts.

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\ 634 - er PP | u

ſtens bunt, unb in einer Menge non Schrifeftellern, pon denen fie auf ganz verfchiedene Arten gedeutet wer⸗ den, zerſtreuet ſind, daß man ferner auch ihnen Gedan⸗ ken und Schriften untergeſchoben hat, und. daß endlich die fehren und Erfindungen, die ihnen zugeſchtleben wer⸗ ‘den, fich eben fp fehr, dig die Nachrichten und Sagen aus Ältern Zelten wiherfprehen. So wahr aber Dieies ift; fo muß man dach zugleich geftehen, wenn man ſich anders nicht die Ehre, größere Schwierigfeiten, als man mirklich zu befämpfen hatte, überwunden zu haben anmaßen will, daß man in den Ueberbfeibfeln aus dies ſem Zeitalter viel leichter, als in den Erzaͤhlungen aus feühern Peripden Das Wahre vom Falſchen unterfeheiden, Ynd daß man auch aus den Bruchſtuͤcken, die zu Uns ge⸗ kommen ſind, die Verdienſte eines jeden Denkers, und ben Zuftand ber Wiſſenſchaften viel juverfäffiger beurthei - fen kann, als ich in den vorhergehenden Buͤchern zu thun im Stande war, wiewohl man au in dem gegenmärtle gen noch nichts vollſtaͤndiges erwarten kann. Ä Wenn man bie prachtigftien $abfprüche lieſt, wel⸗ he bie größten Männer Rome und Griechenlandes dem

Anepagpat unb deſſen Zeitgenoſſen artheit haben *), und

*— 9 Ich vailln nur e bie wichtigſten dieſer Bobfprüche anführen. Vom Anaxagoras fagt Cicero: de or. II, 34, At hune (Periclem),. non elamator aliquis ad clepfydram Jatrare ‚dosuerat, fed ut dceepimus, Clazomenius. ille Ans Xagoras, vis ſummus ia meximarum rerum fcientia Sertus nennt ihn Toy Qusinwerarey Avafayopav (VII, 90, adverſ. Matth,) Vom Empedofles jingt Lucre; u in folgenden Verfen, ungeachtet er die Grundſaͤze defr ſelken wiberfegte: \ | Quo-

3

Ecbr der Stiehſſhen Woit weleheit. 63 |

und alebahn zu ungemöbnlichen Erwartungen geftinme nachforfeht, um mie viel dieſe Weltweiſe die Graͤnzen der menſchlichen Erkenntniß nach allen Selten bin erwei— tert haben; fo erſtaunt man, wenn man bemerkt, daß bie erhabenften Geifter fa geringe Fortgänge im Zelte Der Wiſſenſchaften gemacht, und ſich um fo wenige Schritte mehr ols ihre Vorlaͤufer den Gehelmniffen ber

Matur und der Wahrheit genäheret haben. _ Noch immer

ſcheint es, al wenn der menſchliche Or mehr aim

um

Bass Kern Tr FAR ru "RZ J Quorum Acragantlaus euprigis Empedockes ef: InTula In quem Triquetsls t torrarum gell in oris$

Anne cum magna modis, multie micanda videtüg Geotibus humania zegio, vifendaque fertur, Rebus opima bonis, multa muuita virum vi:

* tamen hoe habuiſſo viro praeelarjus in fe,

Nee fandum magis, & mirum, earumque sidetun, seh ‚qui etiam divini pectoris ejug . ‚' Voelferantur ,„» & exponunt pragclara reperia; -; U vi human videgtur Rirpe ereatug, 1. 717 &e, v.

Eben fo ſehr würde Demokrit vom Ariſtoteles und Ei⸗

cero bemundert. Ariſt. de gen. & corr. L. L. €. 2.

ms da mac To EMMOANS Kell gdevos das

EREINEEY , een, Annoxars SToS d' Eoıne Man Mepı, Amavra Ceavriae, ndy de ev TO RS dt Deger Cic. Ar . Quasi. W237, Quid loquar de Demoerito quem eum eo conferre peffumus non mode Ingeniä. magnitudine, led .otlam animi 2 qui Ita aufun fit ar«

dir, Haec loquor de univerßs, Nihil exsipit, dq,

Ä quo” non profiteatur, Quid onim eſſo poteft extrg, univorfa ? quis hune phllofophum non anteponig Cleanthi, Chryfippe, religuisgue infgrioris agtatia$ “qui aihi um ille eollsti, quintae claflis videnturg

Die yorsheilhaften Urrbeile der Alten tiber den eng

werde ich in ber folgenden N Note enfäbten

——

x . x

J.

ſcheinliche Ungereimtheiten an.

| 636 | | inf: Bach.

‚und gefabelt, afs nachgedacht und ernftlich geforfcht hätte, Moch Immer trifft man unter den Meynungen der weile ſten Männer gegen eine einzige wichtige Wahrheit und Beobachtung zehn grundlofe Vermuthungen und augen Und endlich iſt dk Summe ihrer Gedanken noch immer fo Elein, daß ein einziger nicht elnmal vielfaffender Kopf die Elemente alle

Wiſſenſchaften opne Mühe umfpannen konnte. Die ® schichte derfelben beweiſt unwiderſprechlich, daß bie 96 woͤhnliche Schilderung der Pythagoreiſchen Philoſophit eitel Traͤumereh, und der Glaube an bie Verpflatzunm

aller Wiſſenſchaften aus Aegypten und Aſien nach re

(henland eine ungegrünbere Erdichtung fen.

Ungeachtet aber die Weltweifen, die poifihen be fiebenjigften und achtzigften Olympiade bluͤhten, wicht vid ‚weiter als diejenigen, beren Fußſtapfen fie folgten, von ruͤckten; ſo unterſchieden ſie ſi ch doch von ben leztern auf mehrere vortheilhafte Arten, die man nickduͤberſehen o «

verſchwelgen darf, wenn man ihnen Gerechtigkeit mieden

fahren laffen will. Sie fingen doch an, die Natur ge nauer ju beobachten, und ihre Räfonnements mehr auf Erfahrungen zu gründen, als ihre Väter gethan hatten Sie richteten ihre Aufmerkfamfeit auf eine ungleich gti ßere Anzahl von Gegenftänden, als diefe, und ihr Ge ſichtskreis erweiterte fi, wenn fie auch gleich nicht im: mer fanden, was fie ſuchten. Sie erheben ſich, ode

vielmehr Anaragorag allein, dem auch die beyden erflern Berdienfte faft ganz allein eigenthuͤmlich find, von de

« Erde und über die Himmel. in welchen man Schoͤnheit,

Ordnung und Kegelmäßigkeit wahrzunehmen anfing,

Ä

dem unbegreifichen Urheber und Reglerer des Car, | ; be.

2

Seſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 637

deſſen Majeſtaͤt man bis dahin eben fo ſehr, als, die Vortrefflichfeit feiner Werbe verfannt hatte, ‚Eben, fo groß, oder auch größer , als irgend eins ber jegt erwähnten Verdienfte, ift die. Ausbildung , welche die Profe, und befonders die philofophifche Sprache der Griechen durch die Arbeiten der Weltweifen dieſes Zeite alters (den Empedokles ausgenommen) erhielt, Wir find zwar nach dem Verluſte ihrer und ihrer Worgänger Werke nicht mehr im Stande zu beflimmen, wie viel ein jeder zur Bereicherung und Verfchönerung feinen Mutter⸗ fprache beugetragen habe; allein wir können doch immer aus den günftigen Ureheilen, die gültige Richter über bie Schreibart bes Demofrit und Zeno gefälle haben *), | nicht

GEBEN —————

Die Schreibart ober Sprache des Demokrit wurde mit der Stimme des Jupiter verglichen. VII. 265, Sext, adr. Mathem. Cicero urtheilt folgender Geſtalt über fie: Quamobrem fi ornate loevtus eft, fieut fortur & mihi viderur, phyfieus ilie Democritus, materles illa fuit phyfiel, de qua dixiti oroatus vero ipfe verborum , otsterie putaddus ed. de orat. 1. 11, und in ofator. cap. 20. Itaqus video vilum efle nonnul- Ns , Platonis &-Demeeriti locutionem, erfi sbfis a verfu, temen, qued incktatius feratur, & clarifüi- mis verborum luminibus utstur, porius poems pu- tandum, quam eomicorum pottarum &e, Vom Ze⸗ no heißt es beym Apelejns (Apul I, p. 300. Ed. Col- vii) item Zesonem illum antiquum Velia erlundum, qui primus omatum dictionem folertiffimo artificio amdiferiam diffolueret. Selbſt die Echreibart des Anazagoras beurtheilt Diogenes, aber gewiß nad) eis . nem andern, wie er ſtets zu thun pflegt, auf folgen⸗ de ginfige Art: "aefaevos ETW TE auyygap- Acœros, h sy dews no neyahoQ@govas ECM» veunevov, Il. 9.

\

v3zß FJuͤnftes Buch.

a.

hicht wenfger aus ben Seaginenten des Anaxagoras und Meliſſus ſchließen, daß die beyden erſtern Meiſter in der Runſt zu ſchreiben waren, und daß die leztern alle bie geſuch ten und ſchwerfaͤlligen Verzierungen verachteten, wodurd ihte Lehrer ihre Gedanken öfter verdunkelt oder verkehtt als erhoben hatten, und Durch deren unmaͤßigen Gebrauch

die ihnen folgende Sophiſten zwar die Bewunderung if ver Zeitgenoſſen, aber den Tadel befferer und aufgeflän

terer Nachkommen verdienten, Ich wuͤrde auch noch

die Dialektik, deren Erfindung Ariſtoteles dem Zenv zu

ſchreidt ), unter ben wichtigen Entdeckungen ber erſten

Hälfte des fünften Jahrhunderts vor Chriſti Geburt uf zählen, wenn man hicht diefe verderbfiche, und in der “Folge nur zu fehr geliebte und blühende Kunſt vielmehe für eine Ausartung oder einen ſchaͤdllchen Auswuchs, al Für eine Erweiterung der Pbiloſophie halten muͤſte.

Wenn bie Wiffenſchaften in dem Zeitraume, den dleſer Abfchnitt umfaßt, einen viel größpen Sprung ge macht hätten, als wir finden, daß fie wirklich gemadt "haben; fo würde man fich darüber niche wundern koͤnnen, weil die beyden größten Männer, Die darinn Bervorge

bracht wurden, ganz wider die Mufter der aͤltern Weiſen

Griechenlandes, ſich öffentlichen Gefchäften ‚entgogen, und fo gar ihre häuslichen Angelegenheiten vernachläffigten, vder doch ihren Freunden übergaben tk), um beſto unge⸗

me

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' . in R -.4 ar ur welt . [m

" %*) Sekt, VII. 7. j 8) Siehe Bsylo Art, Abakspore Not. A, bef. Cie, Tufe, Quaeſt. V. citer inem. Quid ergo aut Homera ad de leciatlonem animi & roluptatem, aut eyiquam doeh

| defu-

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R \ \ . l , |

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit, 639 ſtotter und ununterbrochener ber Erforſchung der Wahk-·

heit obllegen zu koͤnnen. Empedokles und Meltffus his gegen wandten einen Theil Ihrer Zeit und Kräfte im

Dienfte ihrer Vaterſtaͤdte an’; und Zeno, ungeachtet er der erſte eigentliche Weltweife in Oriechenland war, deb öffentlich leßtte, und fich feinen Untetricht bezahlen ließ,

verlor fein Leben unter dein edlen Beſtrebungen, ſeine Min bürger von einem Unterdtücer zu beftenen, der die Allain- herrſchaft In Elea an ſich geriſſen hatte:

Maddenkende deſer werden in der Geſchichte die— ſer Weltweiſen, wie in einer jeden andern, auf Raͤthſel ſtoßen, die ihnen eben fo nnaufloͤslich ſehn werden, als fie es mir find. Bald werden fie darüber erſtaunen,

daß eben ber Mann , der die ſchwerſten Wahtheiten

gluͤcklich entdeckte, und die feinften Beobachtungen ohite Beyſplel und Vorbild änftelite, in Irrthuͤmer fallen konnte, die alle gefunde Vernunft empören-, indem fie wider bie gemeinften Erfahrungen und alle Analogie der Natur

fireiten, Bald wird es ihnen unerklaͤrlich fcheinen, daB Männer ,. wie Demofrit, Meliffus und Zeno, foldie Meynungen, dergleichen Ihre erfien Grundſaͤze water, noch immier nach der Öffenbarung ber Wahrheit burdy - den Anaxagotas vertheldigen, und Beyfall und Schüler finden konnten, Endlich werden fie nicht Begreifen koͤn⸗ nen, wie es Iuging, daß in der Weltweisheit Verderb⸗

1;

D ' l L; rn re PH r r 4 TIL EL en 7

defuifle unquam arblirsmür An ni ita Tei te he: beret, Ansxagorss; aut hie ipfe Demöeritus, agras '& patrimonia fua reliquiffent , hule dilcendi quas-

_ rendigus divisse deledtstioni tatö. [6 asimo de |

dilfent i 4

N

6410 Fuͤnftes Buch.

niß und Ausartung ſo ſchael auf ihre Kindheit und Yu gend folgten, und fich ſchon da einſtellten, als fie erft - einige wenige reife und beilfame Fruͤchte für den Geiſt und ‚noch faft gar feine für das Herz der Menſchen getragen atte. L Der erfte unter den Weltweiſen, ven denen Ih reden werde, iſt Empedokles, der zwar einige Jahre {pr ter als Anaxagoras gebohren wurde, aber ſich frühe

als Schriftſteller zeigt Die tiefe Ehrfurcht gegen den Pythagoras, weiche der Agrigentifche Weltweit

nicht nur in feinen Werfen aͤußerte, fondern auch durch

Nachahmung im Leben und Handeln ausdrücte, fein

Bekanntſchaft mit einigen Pythagoreern, die bamals noch über alle große Städte Itallens und Siciliens gerftenn

waren, und die Bertheidigung mehrerer Säge, die den

Sreunden und Nachfolgern des Samiſchen Philcſophn eigenthuͤmlich waren, wurden vermuthſich die Weranlaf fungen der falſchen Sagen, daß Empedokles ein Va—

trauter des Porhagoras gewefen, und-in feinen Bund | “aufgenommen, aber wegen der untreuen oder Leichtfinnk

gen Ausbreitung gewiffer Geheimniſſe als ein unwuͤrdiget ‚Mitglieb herausgeworfen worden fen *). mpedofid blühte gerade in dem glängendften Zeitpimcte feiner Va— terftadt, nicht fange nachher , als bie Agrigentiner ihre Tyrannen vertrieben, und die größten Werke der Kunſ

errichtet barten —8 Er war eilt weniger als Pythag⸗ ww

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©) Diog. VIII. 55.

#*) Man fehe das, was ih Äber ben Zuftand ber Siciliſchen Städte um Ende des dritten Eapitels des dritten Buhl

geſagt habe. Eine neue Beſtͤtiguns meiner Bemer kun⸗

——

*.-

Seſchichte der Griechtſchen Weltweisheit.

as ein Feind der Unterdruͤkung, ober einer beſchlimpfen⸗ »en Ungleichheit *). Er zuͤchtigte diejenigen, die ſich eibft:oder andere uͤbermuͤthiger oder niedertraͤchtiger Weiſe u erheben ſuchten: ſchlug ſogar die Koͤnigskrone aus, die nan ihm anbot, und vermochte bie Agrigentiner dahin, fie (und hierinn verließ er Die Brundfäge des Muſters, as er ſich zur Nachahmung vorgefest hatte) den regieren. ‚en Rath von faufenden aufheben, und eine Demofrati che Verfaſſung einführten, nach welcher Damals vie Ein. oohner aller Griechiſchen Städte ſtrebten **), Diefes Sifers fuͤr bürgerliche &teichheit ungeachtet: unterſchied ich Empedokles im Aeußern eben ſo ſehr, oder noch mehr ils Pythagoras von ſeinen Zeitgenoſſen. Er kleidete ſich ME . nicht kung iſt der Spruch, den, man dein Empedekles zu⸗ ſchreibt: daß die Agrigentiner wohllebten, als wenn ſte an jedem folgenden‘ Tage ſterben müßten: und bins gegen. Gebäude aufführten, als wenn fie nie zu leben aufhören wuͤrden. ap. Diog. 63. 1. ) Dnos Guroy no Agısoreäns eAsudegoy Yeyoı TV, HE TTRONE KENNS ROTE, 6 Ye Tny Baosreir aurw ddoneviv KaönTnoaTe, (a9x- weg Zaydos ev Tois Tel auTE Asyes) Tnv Arro-. Fnro (beffer svosnre) dnAovorı mAsoy ayarıeas ' _,, Diog. 65. 6. EEE .. “*) “Yaopov EumsdonAns nos Fo Toy Yırmy aIenısun KureAuce GUVEesWwS EWI ETN TOIR, ass 8 dovov yv Toy WÄBTIEV, aA Ka Tay Ti d-. porn Deovsırov. Dieg, 66. f. Ewredoniys de ras Te newTres Ton molstasy vBerlovras no diee@desvras (vielleicht bes dIesgovrus) Ta none - efereyfas &e, Blut. adv, Col, A, 628,

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44 Zunft Bu

nicht bloß reinlich , ſondern prächtig „. ımb trug Gendn der und Schmuck, die man damals als Zeichen der koͤnigli her Würde, ober ‚einer göttlichen : Heiligfeit aͤnſeh Seine Micbürger verabrten in ihm nicht nur den Wieda herſteller, Vater und Befchüger ihrer Freyheit, den ob ‚gemeinen Wohlthaͤter, ‚ber. fein großes Wermögen ps Verbeſſerung ber Stadt, aber zur Ausflattung arm Mitbürgeriunen anwandte, ben beruͤhmten Dichter, dm mächtigen Redner *), ben großen erfahrnen Arzt, [ar dern fie bewunderten in ihm auch (md bier ſtimmte de ganze übrige Sicilien bey) den Vertrauen ber Gdtte, den Vorſteher und Weißager der Zukunft, endlich du munderthätigen Beſchwoͤrer, der. den. Lauf der Mat hemmen, und ſelbſt dem Tode gebieten koͤnne *).

Empeddokles ſchrieb nicht, wie Pherekydes, Hei Me, und vielleicht auch Anaximander und Leuklpp vor Ihe gethan hatten, in Profe, ſondern in Verſen, zum dt weife , wie leicht und natürlich es damals ſcheinen mußt, feine Gedanken in gebundener, und wie ſchwer un Ä | | nat

* ODno de LEæruegos ov Tas Bias dr mus are nos eNTwE weises. -Topyıoy yay rov Acornm teurs 12277 —RVVI —* omegexora⸗

en regnn, Ka Texıv ameAEAoımere. sp. Dip

Ä 8. VIII, vide Arin. teftimonlum u. 595. Ye) Man fehe Dieg. I. e & I, 59.60. 61. 70. 73. it Euren und Wunder werben voni Diogeries nach dem he raklides Pontikus and Timdus in eitzer abgefhmattt Legenden Sprache erzaͤhlt. —** als Timdus

(Diög. 60.) erzählt es Plutarch, Wi Empedokles nit geroiffe Gegend in Sicilien, bi gefägtliäen Erde | pnterworfen war, geſund gernacht hube. ade. Colt

a 5 ZZ

| Geſchichte der Seiehifgen Welwelchet. 63

tatürlich in ungebundener Rede enszubräden. & hin

erließ Gedichte von ganz verſchiedenem Inhalte *), von

yenen zwar Feines unverſtuͤmmelt, aber body mehr Bruch⸗

tuͤcke, ‚als von irgend einem andern alten philoſophiſchen Dichter, u uns gekommen find, Das ganze Briechi«

he Alterthum fegte ben Empedokles den größten Dichten ın die Seite **), und Ariſtoteles ugeeälte, daß in feinen Berken ein Homerifcher Geiſt mebe, und daß er befons ers in Anſehung der Bilderfprache.undaller übrigen Were

ierungen ber Poefie wenige feines Öfeichen, und vielleicht

einen über ſich habe. Allein ehen diefe Zierrarhen, an .

enen feine üppige Einblidungskraft nur gu fruchtbar war, ınd bie er nicht immer nach den Geſezen der Dichterifchen Sparfamfelt austheilte, raubten feinen Werken: einen: Borzug, ber ben älteften und größten Dichter Oriechens andes. zugleich zum feichteften und. anziehendften Schrifta teller ſelbſt für Anfänger macht: ich meyne die Klarhelt, nd die nirgends aufhaltende und verwirrende Helligkeit 8 Homertfchen Geſangs. Ex. redet oft eine fa eigen hamlche Sprache, und Fr fo kuͤhne Bilder und fo.

bunfle: |

*) Dan FE das Merzeichniß berfelben beym Diogenes

Br Er I To mei memrav Onsw (AeısorsAne) ers us Onegixos 0 Eumedonäns, nos desios zegı ruv -Veoaoıv yeyovE, MEraDogınas TEMV, KO TOIS OOA- Aoıs TOIs ME6L.TFOINTIENV STITEUYaCı YpmLevos Dieg. 57. 1. Theophraft urtheilte, daß er ein Nachah⸗

mier bed Parmenides gewefen fen, und feine Manier zu erreichen gefucht habe ©. 55. Hermippus glaubte fos

gar, daß er mit dem Xenophanes bekannt gersefen

Mer m und feiner: Art zu dichten fich zu nähern bemthet habe. 36. I

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In

544. en Be Buch.

dunkle: Allegerlen,/ daß die größten Kunſtrichter und

Sorachverſtaͤndige alcht fetten Ihren Schar fſinn vergebens m denfelben verfucht, ober fie doch auf die verſchiedenſte

Art ausgelegt haben. Uebrigens aber Mingen bie für

girn Feagmente, die wir noch haben, fo voll und fu praͤch ag, und haben einen fo reichen Wohllaut, dergleichen man nar iin den. heftige Geſaͤugen des Homer, und aufe

dieſem In feinen andern: @riechifchen Dichter antrift, . So ſehzr aber · auch Empebofles den Tenophanet,

Parmenides, und deren Zeitgenoſſen an dichterl ſchem Feuc . and. vielleicht. an Mannigfaltigkeit von Kenntniſſen uͤben treffen haben mag; ſo wenig war er ihnen als Forſche md Ausleger der Natur und feiner ſelbſt überlege. „Beine Gevanfen ſtritten zwar nicht fo offenbar mit da Zeugniſſen der Sinne, als die der erſten Eleatiker; alen „it: waren nicht weniger falſch, und wvch mebr mit Wi derſpruͤchen angefuͤllt. "= Empedofles nahm zuerſt Bier unwanbeibar. Er mente, Feuer, Waſſer, Erde und bLuft, als den eff a0. ans. welchem alle Dinge hervorgabracht worden, w in melden alle Dinge: zurocklehren wuͤrden *). & De läugnet,

en Die Beweisſtellen für dieſen göſchnitt findet man in ut her Hiſt. doct de’vero deo p. 354. eine einzige wich

. tige, nämlich das Zeugniß des Plutarch beym Euſebius Ausgenommen in Praep, Ev.-E. 8 Wenn Plukird

. den Empedobles nicht unrecht verſtanden hat; fo glaubt

' dieſer, ‚daß die viet ewigen Elemente urſprungio mi . einander verunfdr, und ohne alte Beivegung waren, daß aber Bernegung i in ber Folge BAER entſtanden fep, weil das Feuer mir uͤberwiegender Koaft auf dieübrigen

Ä Beunseirenn auswirken. anpefangen Yabe, ha J ſteht

Selhichte der Griechiſchen Weltweicheit. 645 °

äugnete.,- wie alle übrige Grlechiſche Weltwelſe, bie nehr als eine leidende Grundurſache behaupteten, eigent⸗ iche Entſtehung und wirklichen Untergang. Was man Entſtehung nenne, ſey Zuſammenſezung von Theilen, die yorber ſchon da gemefen, ‚und eben ſo Untergang oder Tod Auſtoͤſung von Thellen, bie bisher vereinigt waren. Nichts alfo werde geboßren ober zerſtoͤrt, fondern alles verde nur verwandelt *), Die wirfenden:Lirfgchen, oder ‚le Befeze und. lebendigen Kräfte; durch und nach wel⸗ hen alles aus den vier Hauptgattungen von Brundförpern - ‚ervorgebracht, ober barinn zuruͤckgetrieben werde, belegte " r mie denfelbigen Nomen, mit weichen fie Heraklit ber egt hatte; nur kehrte er oder tauſchte er ihre Geſchaͤfte ind Wirffamfeit um. Er erklärte nämlich bie Freund⸗ chaft oder Liebe für diejenige Kraft, die alle Wefen aus en verfchiedenen Elementen zufammenfüge, -unb die seindfchaft hingegen. für die Urfache der Aufldfung der Dinge in ben Urftoff, aus welchem fie‘ entſtanden Yen, '

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E73 7 Unter

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ſtehe ich wenigſtens folgende Worte des Plutarch: any de dexm Tits unmaens qumßmn ame we

rTETVXMXEYcA KAT Toy agesıa iv, arıBascove. ros TE Tuocc. Aus dieſem Chaotiſchen Zuſtande der Elemente habe ſich, dachte Empedokles ferner, die Luft zuerſt abgeſondert oder hervorgewickelt, und ſich

um die übrige Maſſe kreisfoͤrmig ber verbreitet: Nach ber Luft fey das Feuer hervorgekominen, und durch die Kaͤlte der erſtern in die Hoͤhe getrieben worden.

Ariſt. de Gen. & Corrupt. I. 1. & Empedoelis feggment, ap Plut, adv. Colotam Xp. n 579. 380. ,

u

646 . ° Fünftes Buch Unter biefen erften Hauptgedanken des Empedo „Bes ift feiner, den er nicht felbft durch mehrere entgegen. " :gefegte Ausfprüche ‚aufgehoben hätte, Er redete. biswel⸗ Jen: nicht nur von den Elementen, als von wandelbaren Naturen *), fondern wankte auch in ihrer Zahl. Dem batd fahe er das Feuer als das eine, und Waſſer, Erbe und. $uft als das zweyte Element an, aus welchen alle entfprungen fen; bald brachte er gat alle Elemente auf da gewiſſes Eins , oder eine gewiſſe Einheit zurück, dera Weſen und Eigenſchaften er niemals anzugeben oder za beſtimmen fuchte “), Eben fo unbefländig war eris feinen Behauptungen über vie wirkenden Urfachen eder Kräfte, ° Oft flimmte.er dem Heraklit bey, welcher fagtt, | bob die Feindſchaſt oder Zletracht ve Schöpferinn, und die

+

2) Man fehe befonders die Fragınente des Empedokles beyn ‚Simplicius fol. 34. I. in Phyf. Auſe. Ariſtot. Jq . führe nur das kuͤrzeſte an: or⸗de as ANA pero . Bane, fagt Simplicius —R Asyav,

Be Er de peges nenrescs WEQIRÄOMEYOIO Kunst

Kay pe es ana, no auferoy ey pi. eaes œions. | ‚“) Man ſehe Eimped: Prag. sp. Ariſt. VIII. 1. Phyſ. & - ibi Ari. ferner de Gen, & corrupt. I. 1. Eumib- HANS KEV EV EOIKEV EVLvTIOb Aryev, 8% Zoc Ta Desvoneve , we 708 quroy AUTOS. era pe ya 8 Draw Eregov e& Ersen YırecIcy Ton 5

say Bde, Rn Ta WAYTO EL TETaV, au

ray guvayayn sw Ev.Tw imacer Du,

am TE venus, €un Ta dvos Yıyyacday za inæsoy. Man fe auch Mat, RB d. PB 4% |

Geſchichte der Griechiſchen Weltweishett. 647 bie Eintracht die Zerſtoͤhrerinn aller Dinge ſey *), An andern Stellen ſah er Die Freundſchaft felbft als ein Ele⸗ ment an,, bas aus der Einheit entftanden fey, und gab Die Feinbſchaft für die einzige Kraft aus, die dieſer Ein. heit ihren Urfprung nicht zu verdanken habe. Zulezt er. Pläcte er in einem abermafigen Widerfpruche mit ſich ſelbſt,

Daß auch die Frindſchaft aus der Einheit entſtanden ſey, |

und nannte bald das Glüf, bald die Nothmwendigfele, bald die Natur als thaͤtige Kräfte, wodurch eben ſowohl als durch Freundſchaft und Feindſchaft unzaͤhlige Koͤrper zuſammenſezt und aufgelöft, und die wichtigſten Erſchei⸗ nungen und Veraͤnderungen in der ganzen Welt erzeugt wurden. | | Ä Unter ben ältern Weltweiſen iſt nicht leicht jemand, von dem man menigere Mennungen über bie allgemeinften Eigenfchaften ver Dinge und Über die Natur Himmilfchen Körper angeführt hätte, ober deſſen Meynungen weniger befolgt worden wären, als die des Empebofles. Er fo wohl als Anoxagotas läugneten zwar mit ben: älteften Eieatifern das Dafenn eines leeren Raums, allein fie fagten beyde nichts von ben Urfachen der verfchiebenen Diehtigkeit ober Lockerheit, und der verfchiebenen. Leich⸗ tigkeit oder Schwere von Körpern bey gleicher -Maffe und Umfenge *%). Er tadelte den Zenophanes.in ben bitterften Ausdruͤcken, daß er Die Erde deßwegen für une - beweglich gehalten habe, weil fie ins Unenbliche eingewurzelt Ss 4 ſey.

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*) Die Beweisftellen foͤr dieſen, und die folgenden Sie findet man im meiner hiſt. do&, de veto deo p,

354. 55 ' ##) Ari, IV. 2. de Coole,

63 Fuͤnftes Buch. ſey, und brachte fuͤr den Saz, den Tenophanes ſeinen Urtheile nach fo ſchlecht bewies, einen andern Grund veh ber nicht weniger feltſam und eingebildet war. Kr glaubt nämlich , daß die erftaunlich fchnele Bewegung bes Hin mels, ber die Erbe umgebe oder umfaſſe, den Fel oder die Ummälzung der Erde eben fo hindere, wie dit . Ausfließen des Waſſers durch das frhnelle Herumſchwi ‚gen eines Keffels zurückgehalten werde *), den Kimml

ſelbſt hielt er für eine chruftaflene fefte Maffe, und di Sonne nicht für Feuer, fondern für einen‘ Abglan; di

göttlichen ichts **), ober für den Ruͤckſchein einer anden

Sonne, die Berjenigen, bie wir fähen, entgegengell fey, und die Räume der Himmel mit hellem Glanje fülle ***), Er redete von zwoen Halbfugeln , die fih be ftändig um bie Erde bewegten: einer feurigen ober lich⸗ vollen, und einer andern, die größtentheils aus Luſt, un aus einem kleinen Zufage von euer beficher Die leztere nannte er Nacht, und hiele. fie für einen dem Monde ähnlichen Körper, ber feiner Meynung nad) ausw vom Feuer verlaffenen $uft gleihfam zufammengefrorn fen, und ſein Licht von der Sonne empfange +). Un ber die Natur des Lichts und des Sehens brückte er fid nicht Immer auf dieſelbige Art aus. . Bisweilen de bauptete er, daß bas Licht, mas ung bie äußern Gege—⸗

ftäne ſichtbar made aus ben Augen. wie aus Feuer J Quel⸗

*) II. 7 de Coclo. | | . #*) Stob. p. 53. Plutarch, de Pyth. or, VI, g75. id. ıp Euf, ie 8.”

###) de Plac. II. 20, Stob, Etl. Phyf. p. 56, 1) Plutageb, ap, Euf, Praop, Br. 1. 8.

,

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Geſchichte der Sriechiſchen Weltweisheit. 649 | _

| Quelten ausfllehe *), An andern Stellen hingegen bes

fehrieb er das Sicht, als eine von ber Sehfraft gänzlih

verfchiedene feurige Subftanz, die ſich In den Räumen’

zwiſchen Himmel und Erde verbreiten fönne, ohne daß wir fie wahrnähmen **), Ich ſehe nicht ein, wie er mit

diefen unter einander ftreitenden Ausfprüchen einen dritten vereinigte, den uns Plato aufbehalten hac***), Diefem Weltweifen zufolge lehrte Empebofles, daß fid von allen Gegenftänden gewiſſe Theile ablöften, und daß fich wies

berum in allen Körpern Deffnungen fanden, in und dur

.6$5 welche

*) So verſtehe ich wenigſtens folgende Stelle beym Ariſto⸗ teles (de ſenſu & fenfiblli e. 2.) Enc eye Venv, —ED Eumedoräns Onot, noy ev Ta Tino

u ,

VEyERTT a a ouvelßuzıve To oenv afiovros woTeg.

en ARURTNEOS TE. Dwros, daerı 8 KU EU Ta OH@-

zes Ewen cos m orbısz In dem Fragment des Empe⸗ dokles ſelbſt aber, was Ariſtoteles anführt, ſcheint die

. andere Meynung beſtaͤtigt zu werben. | .

e0) Aritt. I, 7. do Anim. Kay se oodws Eumedonäns, 80 8 Ts as ETws ionnevs os Degoue ra Daros, u Yıyvonevs more meraufu Tng Yns hop

TE MEBIEX.OVTOS , NOS de Auvdavras. s*®) Plat. ia Meno p. 336. 8x8v (frägt Sofrates) Aryere

semogeoas Tas Tav ovram marıs EumedonAsa ;

a Podens Ye (antroortet Menon) Koy WOLBS es 85 RO wv wi MToplony Mopsvovroy; man Ye. Kay Toy amogponvras MeV Kguor- TEv eviois T@VWOLnV, TS de eAuTrES 1 nafss en: esi TaUTa BKEV ν noAesr

Yo, ehr Hwdargos. 854 YEEKLOL KTrogeon OXM- perav orbes- aumpergos uy motyuhs. -

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650 Fünf Buch.

“welche fie ein⸗ und ausgehen koͤnnten. Mach blefen Be "griffen erfläcte er das Sehen felbft .und den Anblick ober die Unterfcheidung won Karben, als das Einbringen ges wiffer von äußern Dbjecten abfließender Theile, die den Deffnungen des Auges entfprächen, und zugleich wahrs nehmlich wären. Eben fo falfch, und feinen erfien Greundfäzen nicht weniger wiberfprechend war die Mey⸗ yung, daß das Waſſer ein Gemifche, ober ein Inbegtiff aller Arten von Säften und Geſchmacks ſey, bie wegen ihrer Feinheit oder Werbünnmg unmerklich wären, und Daß daher die Säfte und Salze aller Pflanzen und Früchte aus verfchiedenen Theilen des Waſſers abgeſondert wür- den *). Diefer Gedanke paßte nur in das Spftem bes Anaragoras, ber. die vier Elemente nicht für die einfachſten Principien der Körper, fondern für Mifhungen aus un. zähligen. Homoiomerien. hie, Empedokles arg. wohnte eben fo wenig, als alle übrige aͤltere Weltwelle,

einen über alle Gedanken erhabenen maͤchtigen, weilen und güeigen Urheber ver Wet, fondern er ließ ale Goͤtter

gleich Menſchen und Thieren , aus ewigen Grundförpern

hurch blinde Kräfte, beren Natur er eben fo wenig, als

ihce Art zu wirken erfärte, zuſammengeſezt und wieder

%, Hieruͤber ſehe man bie Betrachtungen bes Ariftoteles de Goner. & Corrupt, I. i. Ich will hier noch kurz ein paar Ausſpruͤche des Empedokles anführen, die beym Ariſtoteles in feinen wereweoroymos feehen, Er nannte (HM, 3.) das Meer den Schweiß der Erde: recht Hut, fagt Ariftoteles, für einen Dichter, aber ganz um verſtaͤndlich für einen Naturforiher. Empedobles glaubte ferner (IL. 8.) daß der Bliz aus dem Feuer entjiehe, was die Wolfen aus den Sonnenſtrahlen ſammleten.

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auf |

Srfsicre dev Saehlben eitmeisel. 61

aufgelöft werben J Von dieſem allgemeinen Geſeze der Entſtehung nahm er nicht einmal das luſtige oder gels ftige Weſen aus **), wovon er, wie die Pythagoreer von ihrem göttlichen Feuer, und Heraklit von der göttlichen ums umgebenden $uft, ‚glaubte, daß es die Urſache des $ebens, Empfindens und Denfens aller Naturen, und

die Urquelle aller Götter, Dämonen und Seelen (ey. er

hielt bie Götter zwar für größere Maffen oder Theite des geiftigen Wefens, als die Seelen der Menfchen, Thiere und Gewaͤchſe; übrigens aber glaubte er doch, daß fie : mit den leztern verwandt, und von gleicher Natur ſeyen **). Er tadelte mit dem Kenophanes ben allgemeinen Irrthum ſeines Volks, welches ſich bie Goͤtter in menfhenägnliche | . / te

mr

-®) Dan fehe Hiſt. dei. de vero deo. p. 357. Die widtige fen Zeugniſſe fliehen beym Ari, de Gen. & sarzupt, 1, 7. Meuph. A. dp. 5

“) Dan ſehe Sext. VI. 127. f. (Die Stelle felbft habe ich in meiner Hi. do&, p. 958. abgeſchrieben) und Am- monil, Comment, in ariſt. Lib. zegs Eouiveus Pr 94. dic Tauro 6 Angayosvriwos 00Dos ERIELO- aılov Tas neu Jeav ws avIeamosduv avray ARE, TOIs Montes Asyonsvas MUIas, 8A væave BENYEHEIaE EV MeQi ATOMVOE, 7EBO 8 nv AUTw BLOSS EXLWS & AoYos, Korte de Tov au. Tov TEOMOy, Ac Tee TI NS KavyTos ETÄRE sshoPovouevos , ETE Yo ordeouen KEDaAT n-

Yu mensch, 8 ME Eranarmy YE dum xrxdeo wiege, & modss, & Zack yara, 84 eu Ausxınevra, a Denv legt, xy aa: | oDaros ERAETToV aavov, Poorrics Ko ner 12.27

rœæ 7.727.7777 77.” Ionen 0.) gert.|.e

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GB fee Buch. | Geſtalt badıfe, flimmte aber-darinn mit ben Griechen

überein, daß er mehrere Elaffen uͤbermenſchlicher Wefen,

naͤmlich Götter und Dämonen annahm , melche leztere

er von ben erftern Durch geringere Vorzüge und befonders burch Fehlbarkeit ober Suͤndbarkeit unterſchied. Er war allem Vermuthen nach unter den Griechen der erſte, der dieſe Begriffe von den Dämonen vortrug, der ferner lehrte, daß folhe Dämonen um gewiffer Bergehungen willen auf die Erde oder in die Materie gemorfen *), und Durch ein ewiges Beleg des Werhängniffes oder einen uns abänderlichen Rathfchluß der Bötter gegmungen wuͤrden, während eines beffimmten faft unermeßlichen Zeitraums alle Arten von Körpern zu befeben **). Er fagte ferner wahrfcheinfich zuerft, daß die Seelen den Menſchen feibft gefallene Dämonen feyen, bie ſchon sin befferes Leben ges lebe hätten, und nad) ber Auswanderung aus bem menſch⸗

| lichen Leibe noch viele Prüfungen,und Wanderungen durch.

gehen und vollenden müßten, bis fie ſich zu ihrer urſpruͤng⸗ chen verfornen Seligkeit ‚wieder empor heben, koͤnnten.

Von ihm ruͤhrt endlich allem Anſehen nach der Gedanke

her, den die mittlern Pythagoreer und Piato, und aus dem

. ———— ——

*) Man ſehe Plot, Runesd. p. 468. u. Plut. de IL & Of, ap, Steph, Reef. phil, B 24. & 28. ‚blquo allud fragment. ex end, ,

“) Er ſelbſt fagte von ſich:

Hon yae mor' eyo- yevound xsonre Koeos Te Oauvos FT omvos Te, noy ev KA eBLomos 1x 9us ap. Biog. VI, 78. Andere Stellen ap. —* IX, 128. 129. Arifl. Pher I, | A 3. die man beym Stephanug P- 24. |. l, e. beyſaumen findet.

2

r

Geſchichte der Briefe arwedhen a;

dem Plato nachher alle neuere Platoniker annohmen, baß unſer zerbrechliche Leib ein Grab der Seele, unſer irdia

ſches Leben ein Zuſtand der Pruͤfung, oder vielmehr ein

geiſtiger Ted, und der Ted des Körpers, ober Die gaͤnz liche Abldfung der Seele von aller Materie der Anfang

eines neuen Lebens, und gleichfam die Wiedergeburt eineb lange verwieſenen Daͤmons ſey *). | Mie diefen Gedanken des Empeboftes über bie Abſtammung menfchlicher Seelen find feine Behauptuu— gen über ihre Natur und ihre wefenttichfien Kräfte eutwe⸗ der ganz unvereinbar, oder doch fd wenig zuſammenhaͤn⸗ gend, daß man ſchwerlich die feinen Faͤden entdecken wird; wodurch Re in. dem Kopfe ihres Erfinders zuſam⸗ men gefponnen waren, Er glaubte nad) einem Grunbs faze, ber faft alten ältern Natımforfchern gemein war; und nach weichem’ mur gleiche Dinge einander erfennen und angiegen rm: deß die Seele der r Meiſch aus al oo les

* Auf ihn zielt Plato, wenn er in feinem Gorgias fast: | (p. 320. Ed. Baf, Ge.) 8 yue To Iaunafo' av, 66 —XR rn ev Tois de Asyes, Aeyav, Ts 8 oder, ro Cu MeV. ES ns Fuven, To narIa-. ven de m; Kos NUEIS. To OrTI 10WwS Fedranen. omee non TE eywye. Ku nraca Tray oder, og vuy ums Tedvanev: nu To. ev qono egn Nun " Enna. vns de Yoxns 12.2. 7°8:120.,7.°7 2. 7%.297777.9977 FUuyKaver ov oloy dvaneadecIer HU METETI zlev ava Ks Kar. Ks TETO en Tıs MuSoAeyay Kounbos ne, iows Eineros Ta, n IrteAngs, Jœgœydv To OVORKTI, did: To miYovov Ku res- Sinov, avouace mio. ke. Man fehe noch Fraͤgm.

Empedoclis up, Hiexotlom im rarmen aureuiit pP. 130,

un Ed, Necdh, .

—— 0 ——

Wenn man allein nach den Ueberbleibſeln des Ems pedokles ſchließt; fo hat er Die Thiere und Gewaͤchſe ſerg⸗

Faͤltiger unterſucht und umſtaͤndlicher abgehandelt, als den Menſchen und die himmliſchen Körper. . Allein auf Hefe feine Meynungen über die Entſtehung aller Thiere

und Gewaͤchſe, über Zeugung und. Fortoflanzung, un

gndere merkwuͤrdige Eigenfchaften derſelben find noch Im = mer den Begriffen des gemeinen Mannes, und der älte

Am Dieter ugter allen Voͤlkern aͤhnlich, und fie entpab

gen:nur einen einzigen oder einige richtige Gedanken, die aber vielleicht mehr Vermuthungen, als genaue Beobach rungen waren. I

Empebelles ſah das Ohugefaͤhr oder Das Gluͤd als:die einzige oder doch hauptſaͤchliche Schoͤpferinn aller

Dyflanzen und Thiere, befonders ber leztern au). & . glanhte, daß das Ohngefähr. unzählige ungluͤckliche Ver⸗ Fache und Zuſammenſezungen gemacht habe, bis es foldt

Tdiere und Geſchoͤnfe her vorgebracht, hie ſortdauren, ud

wadern ihnen aͤhnlichen Weſen das Daſehn geben könnten

Er. redete von Ungeheuern allerley Art, Die vor. der Et Hebung vollkommner Thiere vorhergegangen ſeyen, vo⸗ Menlchen mit doppelten Gliedern und -Gefrnhssen ; ede

auden

- D 2i * —ü— |

ze #)_Phyf, At. U 4 Ks Mogiaco Tov Caasv 0 Tr

2 ns yerzadım Ta mAeisa Doz. vide & de Pat, s Anim. 1.1. & Emped, frsg. sp. Sinipf; in Phyl. Ark 226,86. b. weiches Fragment Simplicius äufeine ſonderbate

Arrt nuslegt. Eenſorin ſagt: e. 4. prime memhra isguls "2 gX tert quafi praegnante pafllor edira; deisde eoliſſe Inn efocifle. (atidi heminis matorlam, Igni Gmul a

. " humese permiktam, |

\

Geſchichte ber Griechiſchen Weltweisheit. 657

andern thleriſchen Körpern vereinigt geweſen )Y. Ihm ſchienen aber nicht bloß ganze Geſchlechter von empfinden» . Den Naturen „fondern auch einzelne Theile derfeiben durch bloße Zufälle entftanden zu feyn. So leitete er die Ah. füge und Gelenke bes Ruͤckgrades **) aus Brücken. ab, Die bey der Bildung deffelben von Obngefähr entftanben ſe yen. . Auf eine ähnliche Art erflärte er die Höhlen des Bauchs und der Eingeweide aus gemältfamen Durch⸗ Brüchen des Waſſers durch den Leib, da er eben gebildet | worden, und bie Nafenlöcher aus heftigen Strömen und Bewegungen ‚der Luft, die ſich an gemiffen Theilen’des Geſichts Defnungen gemacht habe. Nur bisweilen ,. fagt Ariftoteles +), nannte er von ber E Wohbrhelt und

zu \ Er—- 94 Torre ne anPımgorwne nos wuldısigren Oueodcœe, | J Bayon, avgomenges, Ta d' euzurw sfava- TEAMv Avdgopu , Bunguvos KeurYuEeVO TA Key um. -

avdoav , Tn de vvrcuxo Oun THIELLIS NCHNMEVO Yvioıs. Emped. sp. Acl. de nat. animal, Lib, xvi. e. 29. en) Ds part. A Anim. l.1.p.9: »

) Evi de n8 urn xou Eumedonäne FeamımTe, euyomevos UM avins Tas aÄndeids, nes Tu Bay nos Tmv Ducw mvasyualercy Dosvau Tov Aoyov emo ,„ CV 0589 amd FI es De Pat. anim. 1.1. p. 8. Das Fragment, worauf Aris ſtoteles am Ende diefer Stelle zielt, ficht de Aal, I, $.

8 Yag OTWmSs EV EXovTo@ Sorge TETWVy Enossov, ara Anyw rırı neu ouv$eosi, naareg Pre: w E77 Epzebonrns To 058. 0

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EB. Fünftes Bud,

u ‚Erfahrung gezwungen , nicht das Glauͤck ober bas Ohng⸗ faͤhr, fondern eine zwedmäßige Miſchung und Werhält

1 etlam Lib, A, ©:

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niß der Elemente, als die Urfache des Urſprungs und de

'eigenthümtichen Natur. von Tieren und ihren Gl maaßen. |

Dieſen Gedanken des Empebofies über bie Ext fiehung der Thiere Find. die von der Zeugung und dat

pflanzung berfelben genau entfprechend, Er behaupte,

da weder der Vater allein, noch auch die Mutter alli

deſn ganzen Stoff des Eünftigen Menſchen ergebe ei

enthalte *) ; denn wenn biefes wäre, warum Weiber al

‚dann nidyt ohne bie Hülfe ober Vermiſchung mit Mis ‚nern Kinder erzeugten? Seiner Meynung nad), würd die Beſtandtheile des Embryo ſowohl. aus dem Kür

der Mutter, als des Vaters geſammlet und zuſamme

‚gefegt, und die Gliedmaaßen enthieiten Die Form ii

einen oder des andern Geſchlechts, je nachdem die Grun lage derfelben entweber-vom Vater ober. von der Mut

herruͤhre. Das Geſchlecht und bie Zeugungstheile m

Kindern oder Jungen wuͤrden, glaubte er, alleln vwd | | | u

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Ü de Io emeos Ey BoSeeyoıs Xoceroo T& du TV OKNTW Moëiæv Age unsudos cuyAns Tegcuge 0 nDaıscoo. To d 058% Alunayerovro. | ©) De Gen. Anim. A. ap. m » 177. 178. Onsi yapı To Reg KU To SrÄsı 009 oumfdoAor enau oAov "an 8 7e68 amıevan Ada dieo mas MeAecv Ducss, n pev &v avdeos; dir; Yap a To Inrea 8x eyevra eE AUTay , EITER mo mar TE TE amEXerH, no 8er vzodoxm; ıh " |

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Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 659

ie Wärme oder Kälte ber Mutter beftimme*). Falle ' aͤmlich der Saame in einen warmen heißen Schooß, fo | neftehe ein männliches, und ip gegengefezten Falle ein seibliches Geſchoͤpf. Die Wärme und Kälte der Mut er aber richte ſich wiederum nach ber Pleinern oder grös ern Entfernung. ber Zelt des Beyſchlaſs von der monate Ichen Reinigung. Er wollte naͤmlich bemerkt haben, das andere Geſchlecht um deſto mehr oder weniger ‚egierig nach dem Benfchlafe ſey, je kuͤrzer oder laͤnger s fen, daß es die periodifche Veränderung feiner Natur ıberftanden habe. Mautefel Hielt er deßwegen für uns ruchtbar und unfählg zur Zeugung, weil ihr ‚flüffiger ‚der weicher Saame ſich durch die Vermiſchung verhärte, . . vie Eifen, wenn es mit Zinn zufammengefchmofzen werde, Den Grund, den er von biefer Erfcheinung angab, war ‚ben fo feltfam, als ber Ausſpruch, daß bie Milch der Säugthiere verborbenes Blut fey **). Die Verhärtung es Saamens von Maulthieren entſtehe nämlich daher, . yaf die dichten Theile. deg männlichen Saamens genau n Zwifchenräume des weiblichen paßten, und eben das vurch einen feften Körper bildeten. Glaͤcklicher beobach⸗ ete und rieth er }), wenn er gegen den Parmenibes be⸗ yauptefe, daß das männliche Gefchlecht feuriger oder: 07 Tt 2 | wärmer

*) N. 0. p. 269. Anders aber falſch ſtellt Cenſorin pie Meynung des Empedokles vor e, 6. de die Nat, In eben diefem Sapitel werden noch andere Muthma⸗ Bungen diefes Weltweifen angeführt, bie ich nicht wies berhole, weil ih nicht gewiß bin, ob fie aͤcht find, 20) De Gener, Abim. p. 299, Lib. A,

+) De part, Anim. B. t. B. p. at. J Re ZZ

y

660 anf Bud.

Ä waͤrmer als dag ‘weibliche fen, und daß in unfern und an

dern thierifchen Körpern das Blur fich herum, oder sid mehr. auf und niederwaͤrts bewege *). Selbſt aber de Erklärung dieſes Phänomens zeige, daß Empedokle

gang falfche Vorftellungen davon gehabt, und nicht fr

eben biefe.Deffnungen aber werde die $uft wieder heran

Weltweiſen ift vielleicht feine, beren Veranlaſſunga ſich weniger errachen laffen, und die den meiften Leſen

wohl beobachtet, als vermuthet habe. Er hiett di Adern für durchlöcherte Gefäße und Schläuche, Die nid! ganz mit Blut ausgefüllt wären, und deren Deffinungn zwar Pleiner als die Partifeln des Bluts, aber body grr " ger als. die Lufttheilchen feyen. Durch diefe Deffnunga nun dringe die $uft herein, wenn das Blut ſich niede: wärts bewege, und daher entftehe Das Einathmen: burd

- getrieben, wenn bas Blut in die obern Theile des K pers zurück trete, und eben badurch werde das Ausha⸗ hen verurfacht, | |

Unter allen ſeltſamen Behauptungen der alten

mehr auffallend fern wird, als die Meynung, die den ‚Empebofles mit feinen größfen Zeitgenoffen gemein wat, und die alſo ohne die richtigern Kenntniſſe fpäterer ak ‚hunderte fehr wahrſcheinlich ſeyn mußte, daß naͤmlid alle Pflanzen und Gewaͤchſe der Erde nicht bloß lebendt ‚und empfiadende Geſchoͤpfe ſeyen, ſondern daß fie Be glerden und: Verabſcheuungen, und ſelbſt Vernunft unt Verſtand, kurz alle die Vorzüge befüßen, von benen d ſcet, daß man ſie von jeher als dem Menſchen eig

thuͤmlich —— an

9 Dr tefpis 17 .

N

TE |

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 661

thͤmlich haͤtte anfehen müffen *). Aufgeflärten Volkern iſt es ſchon faſt unbegreiflih, mie man nur jemals den

i

Menſchen mit den übrigen Thieren, bie ihm am ähnliche

ſten ſind, habe vermechfeln, und biefen menſchenaͤhn⸗ liche Sprache und Denkkraft zueignen koͤnnen. Um wie viel befrembender alfo muß es feyn, daß bie

größten Naturforfcher, die ſchon mehrere Gefchlechter

von Weltweilen vor ſich hatten, und in dem ‚Zeitalter ber Voltendung faft aller Künfte, oder doch nahe daran leb⸗

ten, daß diefe die unterfcheidenden Vortrefflichfelten ihrer

eigenen Natur fo fehr haben verfennen, oder Wefen, die um fo viele Stuffen unter. ihnen flanden, fo ſehr haben erhöhen Pönnen, daß fie diefeiben, als mit ſich felbft „gleichartige Geſchoͤpfe betrachteten. Diefer Irrthum war. nicht eine nothwendige Folge eines andern: daß nämlich) ein gewiſſes belebendes ober geiftiges

Weſen durch das ganze Univerfum ausgebreitet fey; denn

Demofrit läugnete das Daſeyn einer ſolchen Kraft ober Subſtanz, und glaubte nichts deflo weniger an das Em⸗ pfindungsvermögen und bie Vernunft von Pflanzen und Gewaͤchſen. Die Pythagoreer, Platoniker und Stolker hingegen gaben zwar einen alles durchdringenden und um⸗ faſſenden Aether oder Seele zu; allein fie verwechſelten deßwegen nicht weſentlich verſchiedene Gattungen von Dingen. Mau muß alfo immer geſtehen, daß

iz ze es

——

8) Ariſt. de Plant. I. T. Avafaryogas nev av neu Eu- aeoräns, #7 Yunıa Taur& nueıc9hes Asyaaw, acdaveoIn ve aan Aumsic9n, x NderIens dießsßuwvron. = id de Ayafuyoeas, no 0 Annongivos, nu Q Eumedonins, x var u Yvaon exew une Ta'fura. Ib.

ae De

..- = .

664°: Fünfted Buch. -

gebrauchs veranlaßte indem er Ausdeude, die man nur

von’ Thieren und ihren Kräften braucht, auf Pflanzen

ünd Gewaͤchſe übertrug, . Er nannte den Saamen derſel⸗

ben Eyer, und fie ſelbſt energebährend *). - Zarte

noch nicht ausgemachfene Pflanzen und Bäume belegte er nit dem Namen von Jungen, und ſagte, daß fie .nod nicht zeugen koͤnnten, weil fie erft in ihrem reifſten Alter GSaamen erhielten en), Er glaubte ‚daß bie Gewaͤchſe

- ber Erde ſich dadurch am meiſten von den uͤbrigen Thie⸗

ken unterfehleden, daß in ihnen bepde Geſchlechter ver⸗ miſcht oder verbunden. wären : eine Beobachtung bie

Ariſtoteles an einem Orte billigte, und an einem andern

Site als anrkchtig verwarf ***),

Ein Zeitgenoß des Empedokles war Anaxagoras, —* Namen Liebhaber der Weisheit nie anders, als

mit einer gewiſſen Ehrſurcht denken und nennen ſoll⸗ ten, Im ganzen Griechiſchen Alterthum wird man nur wenige finden, die Ihm an älter, ungekuͤnſtelter, wenn

| gleich

DU;

X

De Gener. Anim, Ari. A, cap, ult. Ka rsro xaeAos

Asysı EuwedonAns TANTE. ET d woroxss pi- neo devdgen Trewrov BAsıcas. To de yue mov, nu

ı pa esıw. &e. Er fagte auch, baß die Blätter an den | Pflanzen und Baͤumen eben das feyen, was die Haare an den Menfhen, die Zebern an pen Vögeln, und die

Schuppen an den Fiſchen find, Meteor. A. 69. Tour Terges non QvAm, nu oimvay ren nuxyc,

Kau Aszıdec yıyvoras er sıßagası

am.. . Arii. de Plant, I. 2. it, de Gener; Anlın, p. 196. 4, Ariſ. de Gen, Aular, H. p. 196. de Plant. 1. 3,

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 665 gleich nur ſtitler Graße der Seele, an wahrer matärlichen |

Güte des Herzens, an Erhabenheit über die Vorurtheilia

feines Volks, und an brennendem Eifer für die Erfor⸗

ſchung der Wahrheit, gleich gekommen wären, und viel-· leicht keinen, der ihn übertroffen härte *). Sein Durſ nad) neuen und noͤzlichen Kenntniſſen war fo groß, daß er in eine unabläffige Erforfhung der Natur, und eine - freue unabhängige Muße feine hoͤchſte Gluͤckſetigkeit ſezte **), und alle Me Vortheile und Ehrenflellen ver⸗ achtete, die ihm feine edle Geburt, fein großes Vermoͤ⸗ gen, feine feltenen Gaben, und ſeine vertraute Befannte ſchaft mit: dem Perikles hätten. verſchaffen koͤnnen. Er verließ ſeine Vaterſtadt nicht lange nachher, als das Eu⸗ ropaͤiſche Grlechenland ſich ſelbſt, und feine: Pflanzſtaͤdte in Aſien vom Joche der Perſer befreht hatte. Athen waͤhlte er wahrſcheinlich dehwegen zu feinem Aufenthalte, weil dieſe Stadt eben damals bie größten Helden und Etaatsmänner beſaß, die fie je hervorgebracht hat, und weil fie nach ihren glerreichen. Siegen über bie Feinde des Grlechiſchen Namens der Mitcelpunct des Handels, - des Reichthums und der Künfte, und der Sammelplag aller weiſer oder außerordentlicher Maͤnner wurde, die aus allen Gegenden dahin zuſammen kamen. Anaxago⸗ ras ſuchte aber nicht ſowohl, wie viele andere, zu gläns

2 DE zen,

*) Die Facta und Nachrichten, von welchen dieft fe Lobſpru⸗

he das Refultar find, findet man in den Noten zum Artikel Anaxagoras in Baylens Woͤrterbuch.

#%) Man ſehe Ariſt. Eudem. ], 4. und Clem. Alex. Strom, u. p- 416. Tny Iewgıav Davas ra Bis TeÄos anas Kos THV Bo TOsUTHs eAeudapiar.

3 I l \ J

668 Funftes Buch.

Kräfte und Eigenſchaften beſaßen, jdie wir jezo in ben Gegenſtaͤnden der Koͤrperwelt entdecken; fo waren doch in ihnen weder Farbe, noch Wärme, noch Kälte, noch andere Beſchaffenhelten bemerkbar, meil fie durch die unendliche Kleinheit und Bermifchung der Grundiheile ſelbſt gleichſam verſchwanden, oder ſich allen Sinnen entzogen *), Es waren ihrer aber eben fo viele Oattungen, als es jezo Oat⸗ füngen ungleichartiger Körper gibt : denn wenn man nic!

für eine jede Körperart eigene Elemente, für Gold, Knochen

und Fleiſch unzgerflörbare ihnen ‚gleichagtige Grundtheil⸗ chen annähme; fo müfle man. glaubte Anarageras, behaupten. daß Dinge aus nichts entflanden ſeyen, und in Nichts watergingen #*), Wegen diefer Gleichheit. oder GSleichartigkeit der Elemente mic den Körpern, die aus übuen- zufammengefegt ſeyen, nannte er die erftern Hu

moiomerien *°*), und lehete zugleich, dab das, was man

Entſtehung und Untergang, Geburt und Tod nenne, nur Zufammenfügung oder Auflöfung von Rörpern in Ihre ewigen underaͤnderlichen Beſtandtheile m de

——

7 ib, ev de Bro Onsı 1, mayrav Öua em

Far, ade. xeom sudnAos NV sderm. EERERnÄU Ya yauumifıs marTav Konmar, TE re dere ui FB Enes» was TE Iequs, na Fa Yuxe, 0: KOTEÄRUTER u TE CoDegE » na yas wohn BVEBTNG, KO MELHETOV TEEIRON mAnges adn . LONOT@V SARNALIS. i “) Man fehe Ariſt. de coelo III. 7, Luer, I. 830. dePlse, Pbil. I. 3. Stob, Eel, pbyſ. p. 26. #n#) Auf. modo eit. » Anazıg. ap. Simpl. l. e. Anaxagoras redet hieweilen von einer Einheit (To Ev) und verſteht darunter den gan: 0 Ä zen

! » \ /

Die

I)

*

Geſchichte der Griechiſchen Welt weisheit. 669. Diefen unendlichen Haufen ruhender und in ein

ander gemifchter Homoiomerien näherte ſich (fo fuhr Ä " | ' Anaxago⸗

J

zen Inbegriff aller Somoiomerien, bevor fie aus einan⸗ der gefondert, und im Körper von einer beffimmten Art zufammen gefügt waren. Anazag. fragmenta ap, Simpl. fol. 8. 4. & 33, b. rarav de &tws eXovrans . en donsiv Ev was MONA TE Ha mavre, 8v TOT TOIS GUYKEINOMEVOIS, Kol OMELUETO TFAY-

. Toy XEMGATGV. Kos ıdeus TAVTOIUS" ENLOVT Kosı Xeoıos, nos ndovoos. Ariſtoteles legt das dv des Anaragoras durch To oy aus, und verficht darun⸗ ter die Fähigkeit ber ewigen vermifdgten Elemente, ale les aus ſich herworbringen zu laffen. Metepb. X. 2.

p. 196. An den eben angeführten Stellen fpriht Una ragoras noch von einer andern dianonpnaus-, ale dis

jenige war, wodurch die gegenwärtige Welt aus dem

einigen Chaos hervorgebracht wurde., Sch bin aber: .

. ‚nicht im Stande zu fagen, was er ſich dabey gedacht | habe. Simplicius deuter fie auf die Schöpfung einer ! verftändlihen Welt. Ich will die Hauptwarte herſezen: Kos. avdenras ye guumaynvas, x Ta @AAcs Cum, ooa bu. exe, eRaYeı, nos Tas yravı

.. Iewrrasıw ewasnas ceAyvm, u T am WoTeR, ae nu. Kos Tnv Vnv autos Due, TeAA —E— pevor eis ν omınaw Keavrcı. —--Nicht bloß dunkel, fondern felbft widerfprechend mit feinem Grunds , faze von der urfprünglichen Vermiſchung aller Elemens te fheint die Behauptung zu ſeyn: daß die Luft und der Nether die ganze Maffe der Homoiomerien vor der Scheidung und Anordnung berfelben umfaßt hätten und daß fie beyde unendlich wären. Kas mayran öps sovrav adey sudnAov NV UTO GHINLOTNTOS. TAYTOs ya ame va na wine naTeigev, au Dorepe come #0v7a. Ap. Simpl, fol. 33. b. Gleich * u | | er

——

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672 Fuͤnftes Zub.

x zige Urſoche der Bewegung , Ordnung und Schoͤnheit der Welt; fie allein Habe aus dem Schooße des todten

Chaos alle Theile des unermeßlichen Ganzen hervorgem : gen, und fo geordnet, daß nicht die geringfte Werande

rung im Univerfo vorgehe, die fie wicht vorhergeſehen

" und befchleffen habe. Das ganze Alterthum rief daher

auch den Anaxagoras als den erften Priefter des wahren Gortes und als den erfien Berfündiger des Vaters und

Necgierers ber Welt aus *).

. Eine nothwendige Folge aus der Lehre bes Anaxa⸗

goras von den Homoiomerien oder der Entſtehung aller

Koͤrper aus gewiſſen ihnen gleichartigen Beſtandtheilen

‚war dieſe, daß die Gottheit zwar alles aus einander ge ſondert, geordnet und in Bewegung gefezt, aber in dem Weſen berfelben nichts geändert, zu ihren Kräften und Eigenſchaften nichts hinzugefügt, oder davon weggenom⸗

men habe, Er erwähnte daher der Gottheit nur alsdenn,

wenn er Erfcheinungen erklärte, die er für Wirkungen be Ordnung, Bewegung und Schönheit von Körpern hielt; er ſchwieg hingegen von dieſer Beltfhöpferian, wenn vn

‚wiefen wird, daß Anaxagoras ſi ch die Gottheit zwar

als eine reine, unvermiſchte, aber doch als eine Sub⸗ ſtanz gedacht habe, welche die ganze Welt durchdringe: |

Plat, in Cratylo p. 88. dıyaı de To dınassev, 6 Ae- yaı Avafayogus , var Eidoı TETE, MUTORESTon Ya orro KUTOV, Hoi BÜRVE MEWIYMEVOV, TFT Oncıv æuro⸗ KOTKEI- Ti MER YMRTO, duα Tav- Toy 10T. *7 Men fehe die Beugnife der Alten in Hiſt. doct. de vero Deo p. 253. '

v J W v |

Geſchichte der Griechiſchen Weltweishen. 673

bon ſoichen Phänomenen tebere, bie nur and ber Dat; bem Weſen, den. innern unverlierbaren Kräften det Bes ſtandtheile aller Dinge abgeleitet werben konniten.

Diefe Urſache feines off Tängen Schill igenẽ son Gott, den er doch den Herrn ünd Regierer aller Dinge nannte, ſcheinen Plato und Ariſtoteles nicht bes merke iu Haben *); indem beyde Weltweiſe ihm vorwar⸗ 'en, daß er die wichtigſten Veraͤnderungen in der Natur richt aus den Volikommenheiten und weiſen Ab ſichten der

Bottheit, fordern aus dem Wefen »e) des Aethers, des Feuers, ber Luft, End anderer Dinge erläutert, und yaß er den Namen der Borcheit nur alsdann genannt abe, wenn er alle andere Urſachen oder Naturkräfte imnzulaͤnglich gefunden häre, Diefe Beſchüldigüngen vuͤrden nur alsdenn den Anopagoras treffen, wenn er vie Gottheit anfangs für bie Urſache alles deſſen, was le Dinge find und befij tjen, äusgeöeben, und nachher die kigenſchaften, Kräfte and Beränderungeh derſelben niche

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*, Siehe Pist, ia Phacd, p. 39. Aiũ. I. ‚4 Meraphyf; Avafaryogi ve yap in Noernj xentœr To von eoos Tnv xecuomoiad, Ka 6 oräv roman, di FW arrıcv ee aræ ynns esi, vore EAKEI aurov. ey de rois ads TAVTO HaAdor wiricreı Tor

2 Yıranerays N VEV. .

“r, Dies Werfen oder ben ganzen Inbesriff aller urfprängfis

chen Kräfte und Eigenfchaften ber Homoiomerien, nann ⸗· te er Nothwendigkeit⸗ wie ſelbſt die Worte des Ariſto⸗ teles an der Stelle zeigen, wo er dem Anaxagoras mit aunter dicienigen Weltweiſen ſezt, bie ihr vieles sus eignet haͤtten. Acili. ur 8. Phyf, ‚Ale, . N 0

\. , . ' '

u . lem überfehen zu haben ſcheint **) ; ſo zwangen oder verlk

670 Fünfte Bud, für Wirkungen der Gotthelt, ſondern des Weſens de Dinge oder der Nothwendigkeit erkläre härte*), Ungeachtet Anaxagoras fehr.viele ungereimte je gen ‚und unauflösliche Schwierigfelsen feiner Lehre mm der Enrfiehung aller Dinge aus gleichartigen Beftandıit

teten ihn doch einige Einmürfe, die er bemerkte, gu neun . Behauptungen, die er wahrſcheinlich als bie flärfila Erügen feines Syſtems anfah, die ihn aber, wenn H pothefenerfinder anders unbefangen feyn könnten, hat bewegen follen , feine Sieblipgsmeynung aufzugeh . Weil Anoragoras nicht läugnen konnte, "daß die Dinz womit Menſchen, There und Pflanzen ernährt werte feine fichtbare Aehnlichfeit oder Verwandſchaft mit W Matur ber leztern haben, und daß befonders durch bi bigen Nahrungsmittel, zum Beyſpiel Brodt, ganj u gleichartige Theile des Körpers, Knochen, Fleiſt Blut, Haare, Nägel, u. ſ. w. ergänzt werden, fo mi er fagen daß in den Nahrungsmitteln der Mena und Thiere Beſtandtheile enchalten fenen, bie den m

- u.

*) Indem aber Anaragoras das, was ben Homoiomerienn Ä Ewigkeit ber weſentlich und eigenthuͤmlich war, von! Mivkungen ber Oortheit auf fe uiterſchied; fo

er feinen Orundſaͤzen gemaͤß, wenn er nicht alled a dem leztern erklärte. Allein das hätte man ihm "

- werfen koͤnnen, daß er nicht, wie Bewegung, I mung und Schönheit, ſo auch alle uͤbrige Kräften Eigenſchaften aller Naturen von der Gottheit her gebracht geglaubt babe, | . Ä

a) Diefe Aolgerungen und Schivierigkeiten findet man ber

Ariſtoteles I 4. Phyſ. Auſc. Luer, Li 0, und Bayladı . "Wels Adazagoro, Note . |

W >

Geſchichte der Griechifehen Weltweisheit. 675 hiedenen Theilen ihrer Körper, die daburch erſezt wuͤr⸗

en, aͤhnlich wären, und die man nur wegen ihrer une

ndlichen Kleinheit nicht wahrnehmen Fönnte *). Eine olche Vermiſchung ber ungleichartigften Homolomerien onnte Anaxagoras aber uicht bloß auf die Nahrungsmittel

on empfindenden und lebenden Geſchoͤpfen infchränfen, venn er fich nicht offenbar verrathen wollte; et war alfe -

jenöchige, zu behaupten, daß alles in allem ſeh, das

lles aus allem abgeſondett werde, und daß auch Indem leinſten Theile jufammengefegter Materie. eine Unenbliche et weſertlich verſchledener Elemente eingeſchloſſen fen **),

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no . —EX Fed - > 2 A ..n -

„!

9 via⸗ Ari. Phyl, 8. 4. de Genet. Ani. A; “ap: uf;

p. 179. de Plse. 1.7. Simpl.. fol, 106. . Kar de, * u Bu

(fagt der leztere vom Nriftoteles) ori 8 Koyoy To Aov

YIYUS TE Bob rauen To peye9ei Asyeaıv æuro, J

—R To oA Hayra byssav ssumaexoroa, na 8 de —A Nevon, RAN nr areıgatıs use. EAN 1 pev Tyv TÖÜRUTNI eyvoiav 0 Avafoyogas ae, Nyanevos yundev IK TE UN ovros yıraddas Kaı TR

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A000 Degonermd, Ojov BgTE, MoAAR nos wvönade vnerœi, dugnes, 03d, Oxeßrs veupe, Tor Xes, ovuxęs, aa RT, er gTe tuxo⸗ no

eeœre &e. %) Bayle beſchulkigte baher ſeine vehte mit Recht, daß ſie

dns night leiſte, wozu fie erfunben worden: fie |

ul ——

676 | Doch nahm Anoragéras biefe Ueberblelbſel Case

Küuͤnftes Buch.

Vermiſchungen nicht deßwegen an, weil er bie Gar

für zu ſchwach hielt, alle ungleichartige Element ui einauder zu fondern, oder Körper aus lauter gleicartign Elementen zufammenzufezen, fondern um feine Hypothe mit der Erfahrung überelnftimmend zu machen”). Y ben übrigen Sedanken des Anapagoras über bie Natur

himmliſchen Körper, über bie wichtigften Erſchenmg a

. \ i | . em. . ’> ä 1 [4 - \ FE

naͤmlich noch immer eine unbegraͤnzte Verwitrurß

der Welt übrig, ba fie doch erklaͤren ſolle, wie ‚ewiger Unordnung Ordnung entſtanden ſey. |

* Heinius in ben Säriften der Berlinifchen Akabemie

Wiſſenſchäften vom Jahre 1753 laͤugnet es (Alk bdings (S. 373.), daB Anaxagoras alle Körper x

eimt, als daß ein großer Mann, dergleichen Anz;

_

ragoras bie Meynung zu, die der eden genannte &

BE aus kleinen Eingeweiden, fondern aus Elemenic,

fucht. Wenn man aber au) annehmen wollte, N

ser Meynung des Anaxagores etwas vermindert mn ‘den, allein die unbeantwortlihften Einwuͤrfe mir

gleichartigen Theilen, Fleiſch aus Partikeln von Zleik Knochen aus kleinen Knochen m f. w. entftanden 4 Hldubt habe. Eine folde Behauptung fey zu um

goras war, darauf hätte verfallen koͤnnen. Wenn ti Art zu fchließen gölte, ſo wuͤrde man, wie ich ſer anderswo bemerkt babe, Sen größten Weltweiſen ki Alterthums den größten oder doch einen großen Ve ihrer Meynungen abfprechen muͤſſen. Zaft alle Ed’ feller, bie ich bisher angeführt habe, eigtien dem ir!

Ichzte aus dem Syitem diefes Philofepben zu vertil:d

Anaragoras nicht geſagt habe: Knochen entfiintmul Beinen Knochen, Augen aus Fleinen Augen, Eingere

bie: diefen Körpern gleichartig wären; und aus fie nur allein gehilver werben koͤnnten; ſo wuͤrde du Biefe Auslegung zwar die augenſcheinliche Ungereimtki

roh immer ungeſchwoͤcht bleiben;

———

. ..

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 4677 Himmel und auf der Erbe, endlich über das Weſen ber Menſchen, Thiere und Gewaͤchſe, find Wahrheit und Jerthum, Boch immer mit einem Uebergewicht des lez⸗

ern, eben fo, wie in feinen Wermuthungen über die Enutſtehung aller Dinge vermiſcht, und allem Anfehen

sach miderfprad er ſich eben fo oft, alg bie Schriftfieller,

Yie uns feine Beobachtungen und Mepnungen aufgezeich- et haben. Er ſagte nichts von ben Urfachen ber verſchie⸗ yenen Schwere und Leichtigkeit der Körper %), und fuchte

yagegen ben Grund auf, worinn das ımenbliche Ganze _ dicht ſinke, fondern feſt und unbemeglic bleibe. Er

'and ihn darinn, daß fid) das Univerfum felbft flüge, der auf ſich ſelbſt gegrändet fey *%). euer und Aether chienen ihm einerley Subſtanz, und die Raͤume der Him⸗ mel mit Feuertheilchen angefuͤllt zu ſeyn, als welche bey ver Weltfchöpfung und der Abfenderung aller Dinge aus yem Chaos fich in die Höhe gehoben hätten ***), Zugleich ıber glaubte er, daß in ben hoͤchſten Gegenten des As, vohin nur die.feinften und flüchtigften Theile hätten bins ufftelgen Binnen, die Sonne und übrigen Geflirne atf eurige Steine, oder glühende fleinigte Maffen herum.’ chwoͤmmen ). Spaͤtere Schriftſteller eignen ihm ſogar

He Meynung zu: daß bie Sterne urſhruͤnglich Steine

jewefen ſeyen, bie won der Erbe durch gewiſſe Wirbef ‚der Sturmwinde Irteefübe, und endlich zu Geftirnen Uu 3 Außer

san u i nn ns or. Ze % se 0 IE er de Vene Ze Pr Zr

*) IV, 2. de Coel, *) Phyf, Arift. ME, 5 xt) De eoel. 13, Metoog. 1. ‚8.1. .beſ. If. fagm,38. folk b, ep. SimpL +) Man febe die Zeuguiffe des Plato, Xenophon und and derer begin Baple Art. Anszıgare Note B.

4

. * PER

x

u... #

|

638 " Gnfeb Buch, |

| ausgebrannt worden *3 und eine noch größere Zahl un Geſchichtſchreibern erzähle‘, daß er die Ausloͤſchung dieln gluͤhenden ſteinigten Maſſen, und den Seurz bderfebn auf unſere Erde geglaubt, und den Wunderſtein ke "Argos Potaͤmos, den man noch zu Mutarchs und Piri Zelten verehrte, entweber für das Bruchſtuͤck eines Ste! - ber auch für einen ausgeloſchenen himmtläfchen Kür gehalten, und deſſen Fall viele Wochen vorher ber :bigt habe **). | Unter allen feinen Behauptungen sog ihm anbere einen bittern Tadel größerer Männer , und en beftigern Hab des gemeinen Haufens zu, als eben bi jerüge, wodurch er bie Some i und übrigen Geſtirne

\’ - . a % B [3

\ En 2 1 —— *

*) Nlog. io ejus vita Lib, IL, 10,12, De Pla, pl IL 3 und mehrerer Kirchenvaͤter.

t Man ſehe den Diogenes I. e. & ibl Comment, vor allı

j andern aber ben Plutarch im Leben bes Lyfanr

. Man kann aber meinem Urtheile nach mit Recht zwi

fein, ob Anaxagoras biefe Ungereimtheiten behaupte

und gefagt habe, ungeachtet für einen andern Lebeui

umſtand, und für Beine andere Meynung dieſes Wein

| weifen fo uiele Zeugen als für feine Weißagung ki

2... Falls des berüchtigten Steins bey Aegos Potamos a

j geführt wetkden kuͤnnen. Hätte Anaragoras gelehrt, Il

‚bie Sterne vonder Erde me eparriffene Steine, und daß da

Stein bey Aegos Potaqmos ein Stuͤck der Senne obere

erloſchenes Geſlirn ſey; ſo wuͤrden Plato und Xenopher

| “an den Orten, mp fie von der Meynung des Anapıyc

J gas über die Natur der himmliſchen Körper, als cn

en fo ungereiniten als gottloſen Grille reden, und

Ariſtoteles in feinen metegrologifchen Buͤchern, beſen

ders da, Ivo er des Steins und feines Kalle aus u

Luft erwähnt (Meteor. 1. 7,), rin a u id Anaxagoras niqht verfamiegen haben.

us - »

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 679

glũhende Steine erkluͤrte, und fie alle ihrer Gottheit ent⸗ fegte *). Anaxagoras machte dadurch alle Unterfuchuns gen über die Natur und Veränderungen himmliſcher Köre per fo verdächtig, daß man fich fogar feine Lehre über Die Natur und Verfinfterung des Mondes bis auf. bie Zeiten des Plato als ein wahres, aber auch als ein ges fährliches Geheimniß anvertraute **x). Er war der erfte***), der ſich unferftand, öffentlich in feinen Schrif⸗ ten den Mord nicht eine Göttinn, ſondern eine Erde zu nennen, bie der unfrigen ähnlich „fen, und Ihr Siche von Ber Sonne erhalte. Er war. zuerft fo gluͤcklich und kuͤhn, Die Abnahme, Zunahme, und die Verfinfterungen des _ Mondes aus den wahren natürlichen Urfachen zu erfläs ren }), Wenn aber Ansragoras die. Größe ber Eonne mit dem Umfange bes. Peloponnes verglich, und, hinzu fezte, daß die erfte viel größer, als der leztere fen 11);

—— ‚Uu 4 0.

i —W —— ————— —————

n) Die Stellen des Renophon, Plato und anderer findet man beym Bayle Art, Anazagose Not. B, **) 117. 393. in Nie. Plut. | . “tt, jb, p. 60. Stoh..Phyf, Eel. nn +) Plato InCrat. p. 87. zweifelte, ob Unaragoras zuerſt ges (ehrt habe, daß der Mond fein Licht von ber Sonne erhalte. Allein er zweifelte nur, weil er dem Anaxago⸗ ras nicht guͤnſtig war. Selbſt die Art, wie er diefe Ber merkung vortraͤgt, zeigt, daß man ſte in feinem Zeit⸗ alter allgemein fuͤr neu gehalten, und dem Anaxagoras zugeſchrieben habe. Uebrigens iſt es merkwuͤrdig,

daß lezterer den Mond für einen Koͤrper von ganz ar⸗

derer Natur, als bie uͤbrigen Sterne gehalten habo.

Aus der Erklaͤrung des Weſchs des Mondes entſtand

wahrſcheinlich die irrige Meynung eines neuern Schrift⸗

ſtellers, daß Anaxagoras alle Sterne fuͤr irdiſche oder

unſerer Erde ähnliche Körper gehalten habe Dlog. 1. e,. , +1) Diog. 11.9. II, 21. de Plse, Phil, ' |

t

[2

.

Be

fo war er ber Wahrhelt nicht näher, als wenn « die 86

mmeten für Gefcheinungen pielt, die aus der Wereinigun

oder Zufammentücung ‘von Planeten entftünden *) Vioͤck icher war feine Vermutkung, daß die Millchfrat das eigentliche Licht gewiſſer Sterne fep, melde di Sonne nicht anblide **), oder zolſchen welchen und da

. Bonne bie Erde ſtebe tr),

Seine Betrachtungen ‚über bie Erde zeigen, deh gs dem Menfdien ſchwerer würde, fich von feinem Bft fie richtige Begriffe gu madsen, ats über die Niu und Bewegungen der himmliſchen Körper wahrſcheinlce Berripungen au hegen. Er hlelt die Erde mit vım

narimenes und Demofcle für platt }), und glaubt, daß fie anfangs gang ſchwammigt und ſumpfigt gemefn, baß abet endlich der obere Theil, den wir bemohnten, durdy Beftänbige Regen Jufammengeptefe und dichter gr

" worden ſey +). "Ihre platte Geſtalt ſchlen ihm dr

Grund Ifrer Unbemeglichfelt zu ſeyn ; denn dadurch werde bie Luft, welche fie trage oder Ihre Gtüge fen, ſo elig⸗

füllen, BöB'fe mitgendd einen Ausgang firden, ud

fig) der auf ſe druckenden Saft entjiepen fönne 111), Di EEE En Bi SE ze

Er

) . 13.

d, W.’7. 'Meteorol, Arift,

HDIEr 1. Nach dem Verfaſſet deg Buds m 7 über Weiten foit ven geil

En ERRENTESHEDGRESSHERE

-

3

Gehchichte der Brise Woarweiheit —2—

Erdbeben erklaͤrte er aus einem Herabſtrahlen ober Herabr fenfeh des Aethers, der in die Hoͤhlen ber untern lockern Seite der Erde eindringe, und die Erde von unten bis oben durch alle Ihre Gewoͤlbe erfchürtere

Daß dte $uft ihrer Felnheit und Unfichtbarfeit un. geachtet ein wirflicher Körper fen, ber anbern Wibere ftand thun koͤnne, ſchloß er aus der Kraft, die man anwenden muͤſſe, um Blaſen/ die mit ihr angefuͤllt |

feyen, zuſammenzudruͤcken, und aus den Eefcheinugen

ein Mafchine, die allen Griechen befannt. war "N | Eine jebe Bewegung der $uft nannte er Wind ***), un erflärte ihn für eine Wirkung der Sonnenſtrahlen, wodurch bie Luſt perdünne und bewegt werbe 4). Den Blig hielt, er tl) für eine eihite Erſchelnung einer von oben here | Nuss ab

und der Heroorbringung aller Thiere fh ein wenig na Mittag geſenkt Habe,“ damit einige Theile derſelben bei

wohnbar, atidere hingegen unbewohnbar wärden (IL. 8.). VWon biefer Meynung des Anaragoias , deren Grunt mir. ein Raͤthſel iſt, finder fi kein Wink im Ariſto⸗ jet, und man muß fi ſie alſo um deſto mehr für erbichs et, oder fuͤr die Wirkung eines Mißverſtaͤndniſſes hal⸗

ten, weil ſie den Beweis umwirft, den Anaragoras für

die Unberveglichfeit der Erbe vorbrachte. Denn wen die Ehde nicht ſenkrecht, fondern nach einem fchiefen Winkel auf der ihr unterfiegenden Lüft ruhte; ſo wirs

be bie, legte mehrere Deffnungen finden, worurd fig ervorbringen und die Ent du Sinken bringen

onnte, nu

N. 7. “Meteorol, Aıif. |

se) Phyf. Ärif, 1, 6. oblewit. 6.16. p. 125. Dieſe Besbadtungen 1 leit eten a ihn unkteicis ar die oa

. eb) 11.4 Metel ass Ze En zn en

% +4) Diog.' di 10° he il, 9. Meterch,

| 683 oh ginftes Zi,

abgeftiegenen Aethermaſſe, Deren Austäfdung den Do⸗ | ner verurſache. Eben deßwegen alfo, weil ſolche Feuet— Pumpen eher fichtbar würden, ols fie erflürben ober aus gelöfcht würden, fähe man auch den Bliz früher, alsma "den Donner höre, Seine Oedanken über die Entſtehung des Hagels fann man aus. einer zu kurzen Erelle dt Ariftoteles nicht ganz errathen *). Dieſem Zeugnift nach glaubte Anaxagoras, daß Hagel alsdann entſteht, wenn Feuchtigkeiten in die kalte obere Luft emporfliegei |

Der dunkelſſe und am wenigften ousgearbeit | Theil feiner Philofophie fcheint feine Seelenlehre gemein | Yu fon, benn über diefe widerfprechen fich die Griechiſchen

hriftfteller am meiſten, oder brücfen ſich doch am um beflimmteften aus. Bald redete er fo, als wenn er das J Weſen der Gottheit von Seele oder Weltſeele unterſchie⸗

den haͤtte; wenigſtens belegte er nur bie Urſache be Ordnung, Schönheit, und Bewegung aller Dinge mit bem Worte Berftand (var), und von ihr fagte er es aud vorzüglich, daß fie mie affen übrigen Subſtanzen under:

wiſſcht fep**). An andern Stelen hingegen brauchte a

Die Wörter Verſtand und Seele, als glelchgeltende Aus druͤcke, für das Principlum aller Bewegung, alles Eu pfindens und Denkens, und fagte, daß der Verſtaud alles durchdringe***), ‚alles umfaffe und regiere +), washe

rei u und vap er ſich in allen Thleren, in kleinen wie N

» nr . y

I 6) L, 12. Meteorol,. #*%) Ar, 1, 2. Rlato p, 58, Anıx p. 33. Kal. 2. ep. Simp!, WR) Blat p. 59, t) fal. 33. p 2. |

J

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 663 in großen, in verworfenen, wie in dem ebelften finde *), Wenn män bie Bruchflüce zufommennimmt, und mit einem andern Zeugniffe des Plato vergleicht *); ſo kann man kaum zweifeln ***), daß Anaragoras von der görflis chen Subftanz felbft geglaubt habe, daß fie durch bie ‚ganze Welt: verbreitet, und allenthalben die Urfache des Eimpfimdens und Denkens fey f). Allein wie er dieſe alles durchdringende und befeelenbe ortheit doch immer noch rein und unvermifcht nennen Ponnte, und welchem bekannten Koͤrper er Ihre und aller Seelen Subftanz ſich am ähnlichften gebacht Habe, wage ich nicht zu beflimmen, da er fie zwar bie feinſte und geläutertfte aller Subſtanzen nennt, aber fomohl von Luft als von Aether unterfchels det +4). Zuverläffig falſch aber ift es, daß er die Seel⸗ für. eine aus $uft beſtehende aber zufammengefeste Natur gehalten habe, ‚mie der angebliche Plutarch +++) und Theo⸗ doret +rt?) verfichert, Wahrſcheinlich hingegen, wag eben diefe Männer berichten, daß er. bie Seelen für unver⸗ gänglich, den Schlaf für eine bloße Veränderung Fi

| | 0 " RKoͤre

J u ® Ar,T, 2, de Anim. J

*tæe) p. 53.

we ie ich an einem andern Orte gethan habe,

1) Ich nehme auch Hier die Bemerkung zuruͤck, daß Ariftoa

teles in den beyden Stellen im zweyten Gapitel ſeines erften Buchs won der Seele fich eines Widerſprucht

ſchuldig gemacht habe. Ariſtoteles ſtimmt vollfommen

mit fich felbſt, mit dem Plato, und mit dem angeführse ten Fragment des Anaragoras überein. —— 44) Man ſehe die Fragmente beym Simplicius fol. 33. b. abgeſchrieben habe ich dieſe Stellen in der hin. der, | de Deo. TE 4H) v3. tr) 1 Ser. p. 545.

}

6% Gänfre Bu.

| Körgert, nicht der Seele, und den Tod fär eine dem nung bes denkenden elſtes vom ſterblichen gelbe gehalten babe f). Ä Ueber die Zahl won Kräften, bie er in ber Gede annahm, wiſſen wir faſt nichts heftimmtes, als ba e olſlen Thieren **) Leben, Empfindſichkeit, Begehrunge vermögen and Denkkraft zugeeignet, daß er ferner die Srepheit ber Seele behauptet, und unnermeibliches Ver: bängniß, ader zwingende Merhwendigfelt für finnier .Mamen erklärt habe 2”). - Mac dem Ariſteteles glaubte er, daß ber Menſch Feine andere Var güge- vor den .Thleren, als feine- Hände befize }), welche allein ihn zum vernüdftigfien unser allen empfis denden Weſen machten. Nach dein Plutarch hingegen,

ber als. Geſchichtſchreiber ber Meynungen alter Weltwei⸗

fen ſehr elef unter dem Stagiriten ſteht, lehrfe Anapagores,

daß ber Menſch an Beobachtungsgeiſt, an Umfang des Gedaͤchtniſſes, an Kunft oder Geſchicklichkelten, endlich on Weisheit alle übrige Thiere, ahne alle Bergleichung uͤbertreffe, und daß eben dieſe Worzüge es ſeyn, wodurch der Menſch alle Thiere ſich unterthan mache, und warum er ihre Arbeiten und. Kräfte nach ſeinem Wohlgefallen brauche tt)

Viei aberelnſtlmmender mie feinen übrigen Grund, fügen, alg dieſer Tejte Ausfpruch, geweſen fenn mürde, waren feine Big | über bie Schwäche und Dunfelpeit

der

—— ——————

) de Plae. V. 25. J—

6X) I, 1. de Plant. Kılkot, , wee) Alexand. do.fato C. 2

+) de Plant, I. 1. de Part.’ Anlım, A. 1. p. 106, . f) VI. de ſortun⸗ 33-©.

*

Geſchichte der Griechiſchen Welmelheit 685

dee Sinne *). Angragotas muſte nochwendig die

Kenniniſſe, welche die Sinne uns von den äußern Ges genftänderi geben , für fehr unzulänglich, ober gar untlch⸗ tig Halten, weil ſie uns nichts von der unendlichen Theile barkeit der Körper, und ber unendlichen Kleinpeit und Vermiſchung der Homolomerien fagen. Als ein auffal⸗

lendes Beyſplel der Unfaͤhlgkeit der Sinne; bie wahre: .,

Weichaffenheit von Körpern zn entdecken, führre er die Beobachtung an! daß, wenn man Feuchtigkelten von verſchledenen Farben nehme, und die eine fropfenivelfe fh Die andere fallen laſſe, man aldbenn niemals bie allmaͤh— lige Berwanblung und Vermiſchung don Farben ſo ſtuf⸗

fenweiſe, als fie ſich in der Natur eraͤugne, bemerken

koͤnne **). Aus dieſen Erfahrungen und Vorderſaͤzen konnte Anaxagoras allerdings ſchließen, daß die Sinne unglaubwuͤrdig, die Empfindungen und Vorſtellungen, die rdie durch fie erhalten, teüglich und mangelhaft, und daß alſo der ſorſchende Verſtand det einzige Richter ind

V

Erforſchet der Wahrheit, oder der wahren Natur dee‘

Dinge fe, Auch könnte er behaupten, daß alle finnfiche Gegenflände , und alſo auch det Schnee nicht diejenige Farbe wirklich babe, bie er zu haben ſcheine, allein

wenn er ſagte, daß der Schnee ſchwarz ſey, und ziar .

deßwegen ſchwarz ſey, well er and ſchwarzem Woſſer ent.

—S) Sext, adr. „. Mathens. v vi, 5. 1. an o8y Burnarae ros Avdfayogeis. os aaleveis deaßa Ay Tas

äcdncas, und dPavpöriras dur Duni.

duveoreii ec idey weni. Fairer. UND) de Fe Ev auTay Ti ATI, rav orget Kukgov Tor Keauariy efahayı).

®°) Sext. ı. Hyp. Pyrrb.33 & Ibi Fabrik, der die Zeugniffe |

bes Cicero, Lactanz And Galen Anführt.

\.J

686 Fuͤnftes Buch, entſtehe, oder gar daß ihm ber Schnee nicht einmal weiß fcheine*); fo ſagte er wicht nur etwas ungergimites, fon bern auch etwas, mas mit. jelnen eigenen Mehnungen ſtritt 9, So fehe Demofeit auch die Bemerkung det Anaragoras rühmte ***), daß man bie unbekannten Eigen ſchaften der Dinge aus den bekannten ober aus fenuliden Erſcheinungen erklären 'müffe; ſo war fie body mit det Lehre von dee Schwäche ber Sinne nicht weniger under einbar, als zween Gedanken, die Ariftoteles ung in fer

| | ne Acad. Qual, IV. 31, Cie, Man ſehe abet doch auch oo e 23. 0 |

ä) Kein Skeptiker hat je behauptet, und Fein vernuͤnftiget Menſch, der einer ſolchen Ekpfindung, als diejenige ifl, ‚welche bie weiße Zarbe verfhafft, fähig tft, Panfı es be

haupten, daß der Schnee ihm niche weiß ſcheine; und ich g3glaube daher, daß Cicero au der einen Stelle den Se Banken bes Anaragsras übertrieben habe, Wenn ber leztere aber behauptete, daß der Schnee nicht weiß, fon bern ſchwarz ſey, weil er aus Waſſer entſtehe; fo konn⸗ te man ihn fragen, warum er glaube, daß feine Sinne ihm bie Karbe des Waſſers richtiger ald bie bes Schnee angaͤben, und warum er unter ben unzähligen Farben, bie das Waſſer zu haben ſcheint, vor allen andern die ſchwarze wähle? Man konnte ihm-endlich einen Trug ſchluß entgegen ſezen, der aber ganz nach feinem Miu fter gebildet ift: daß naͤmlich alles Vaſſer, wenigſtent alles Schneewaſſet weiß fey, weil es aus weißen Schnee entfiehe. . Die Art, wie Hr. Heinius die Meynung des ‚Unaragatas zu rechtfertigen fucht, ſcheint mir eben d ſeltſam, als die Meynung ſelbſt zu ſeyn, dr qu’ lol

a heigs paroit bisuche ſons Norte efledivement:

gu’ oe faut pas le fer 3 cette coulaurz qu'elle u’

‚utile à quoigue ce foit: & Aue celul In fe tıom- perolt beaucoup, qui ewployeroit la netge A blauchir on des babils, oo.

MR) VII. 240; Sezt. adv. Mathens,

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. :657

ner Methaphyſik aufbehalten har, es mit der Behauptung find, daß der Verſtand oder die Vernunft das Kriterium der Wahrheit ſey. Anaxagoras erflärte erfilich feinen Freunden, daß, alle Dinge fo befchaffen feyen, als fie ih⸗ nen fchienen *), und dann glaubte er, daß es zwiſchen

Seyn und Nichtſeyn, oder zwiſchen zween widerſpre⸗

chenden Saͤzen noch ein gewiſſes Mittel gebe"). Denn wenn man etwas gutes und ſchlechtes zuſammenmiſche, ſo ſey dieſe Miſchung weder das eine noch das andere. Unter ben Gedanken des Anaragoras über bie Nds eur und Entfteßung von Menſchen, Thieren und Pflanzen trifft man gleich merkwuͤrdige Beyſpiele von feinen und richtigen Beobachtungen, und von ungeheuren Vermu⸗ thungen und Fehlſchluͤſſen an. Er lehrte, daß Menſchen (und waͤhrſcheinlich auch die übrigen Thiere) aus dem Saamen der Vaͤtek entſtuͤnden, und daß die Mutter nur den Piaz hagebe, worinn der Embryo gebildet werde 7— le

-

E

H Arif. Metoph. Ye. p. 63. Avufayoge de Kur Obtde PIeyua Hinpoveverey Tgos Tavy Ermugan Tılas, ori —ñ— æuros est To OVFl die 9 UM0s

—RRX ®) ib Y. L. P. 68. Avaayogk, enæ ti nerudu uns avrıdasens‘ wos Tavros \baudn. orey Yog HIXIn, 88 ayadıv , Ere un ayador To Mryuas #77) adev ET, arndss. ur) de Ges. Anim. A.a, p. 269. Eenſorinus zhlt alſo falſchlich den Anaxagotas unter denen auf, die geglaubt

tten, daß der Menſch ſowohl aus dem Saamen der

utter als des Vaters entſtehe, und eben ſo wenig kann Anaragoras gejagt haben, Laß die Kinder derjeni⸗ gen Perfon ähnlich würden, die am meiſten Guam.

| kergegeban haͤtte. e. 6. u \

t

688 Zinftes Buch · Die Urſache , woduich der Saume zu nein leb enden Or ſchoͤpfe ausgebildet werde, überging er nicht mit Exil: ſchweigen, wie die meiſten alten Weltweifen; auch . Handre er fe nicht Zufall oder Ohngefaͤhr, fondern ein aͤtheriſche Wärme, oder eine göttliche bildende Kraft; wodurch der Saame organifi ir, belebt, und allmäßtig in ein mit allen Gliedmaßen verfehenes Gefchöpf ausgrarbil tet werde #, hielt den Saamen fuͤr einen Au⸗fluß bes Marks, oder für eine Feuchtigkeit, die ſich aus dem Mark abfondere, ünd ber Stoff des Fleiſches ſowohl ol des Fettes von Thieren ſeh. Zum Beweiſe berief er ſich ivie Alfmäon von Kroton, und Demokrit von Abdera äuf die Erfayöpfung oder den Verluft von Mark ſowoſl | * als von Feit und Flelſch ben alle Thiere nach einem pſt wiederholten Bepfglaf lieten. Das Geſchlecht künftige Thiere werde, ſeiner Mehtung nad) *3, vorzüglich Badurd beftinimt, o6 ber moͤnnliche Saame von der rechten oder iinken Seite hberkomme. Im erſten Falle werde ein maͤnnliched, im entgegengeſezten Falle ein welbliches ul bit gebifder. Auch In ber. Bärmutter ‚habe die tet | elte den Börzig, daß fie die Aufbewahrerinn min licher Geburten ſey, da weibliche Embtyhonen bie linke Seite einnaͤhmen ur), Anoragoros lehrte feruet, baß | das Haupt over das Gehlrn, als der edelfie Theil des enſchuchen Körpers; als det Si alet Empfindlichten ünd

Ev u)

e.V nn Ze er 37 Zu Ze 2 Zu zu N Re er ze we 2 re . nennen u nn

&) Ceufer, de die Ast, e. ‘6. Änakngoras. auto omalı ſu- dieavit igerefcere eerebrum, ‚unde, omnes ſunt ſen- fus. funt, qui.aetherlum colörem inefls arbitrei-

* tur, qui membsa difponst, —— kick,

*) N. co. p. 269, de Gen: Anis

* Ari,

7, /

J X

Geſcichte der Griechiſchen Weitweisheit. 669

nd die Urtquelle aller Sinne zuerſt vollendet, und baß . a8 angefangene Thler durch ben Nabel ernährt werde*),

Diefe Beobachtungen hatte Anoragoras wahrſcheln. ch eberi der Zergliederungsfunft ju danken, wodurch er

ie Monftroficät eines Kopfs, aus welchem ber Zeichen

euter Lampon In Arhen eine große Staatsveraͤnderung yeißägte, auf natürliche Urſachen zurückführte **), \ Wenn man biefe Bemerkungen eben gelefen har:

> muß mar notbwenbig erflaunen, wenn man ferner lieſt,

der Urheber berfelben geglaubt Habe, daß die Kaze durch

as Maul gebäßre, und daß Kaben und Ibiſſe fih mie

pren Schnäbeln vermifchten und dadurch empfingen ***), Nicht minder ſelt ſam und des Anaxagoras unwürbig war er Einfall, daß die Pflanzen und Gewächfe der Erbe

Jirkliche Thlere ſeyen, daß fie gleich ben Menſchen lebten, -

nd daß fie eben ſowohl Wergnägen und Echmerg ems' faͤnden, bächten, begeßrten und verabſcheuten f). lnoyagoras ging noch weiter. als Empedofles uns Des

nofeit, indem er fagte, daß. Pflanzen und Gewächfe \

leich allen übrigen Thleren athmeten, oder Luft ein: und ushauchten ff). Ihre Empfindlichkelt gegen Vergnügen

nd Schmerz ſchloß er aus dem Ausbrechen und Abfallen er Blaͤtter, die er wahrſcheinlich, wie Empebofies,

mit

#) 8,6, Cenſ. de die nat. **) Plut. in vita Periel. \ ‚6, Y. 5. p. 253. Ari, de Gensr, Ania,

+) de Plant. I. 8, Arifl,

ſes von allen Zifhen behaupteten; Asifk, de zefpicet,.

l. 2.

| .. \

- „ter ,.und. bie Sonne den gemeinfchaftlichen Water alt

U /

| 690 u | dinſtet Buß;

mit ahellchen Erſcheiaungen in chleriſchen Körpen verglich*). Wenn er bie Erde bie gemeinſchaftliche Mu:

Pflanzen und Bewächfe nannte; fo flimmten biefe Vie ‚mit dem Sprachgebrauch, wenigftens dem dichteriſcha Sprachgebrauch faſt aller Voͤlker überein **), a Ein Zeitgenoß des Anaxagoras war Demobkrit do Abdera, ein Schuͤler ober Freund des Leukipp. Na— ben außerorbentlicyen Sobfprüchen womit bie größte Männer den Demokrit erhoben haben, follte man ii für eins der allgemeinften und erfinberifchften Genies hol ten , welche Griechenland hervorgebracht Hat. . Un „Pacht man hingegen bie Fragmente unb Gedanken dirk Weliweiſen unpartheyiſch; fe wird man genelgt zu glan ben, daß er In den Zeiten des Urfprungg ber win ſchaftlichen Kenntniſſe unter den Griechen, nice ode wald mit dem Anopagmcas gelebt, und erſt nach If ge LE b. de Plaet. 23 Anaxagoras ſtellte, wie die meifen d ten Weltweifen, Betradtungen über die Natur und Ber haͤltniſſe von Größen, und Über die Urfachen von Kran _ beiten an, welche leztere bie erften. Unterſuchet de Wahrheit und Natur, als bie merkwuͤrdigſten Erfär Aungen anfehen muften. Bon biefen mediciniſchen at und geometrifchen Renntniffen haben fich, ſo viel id weiß, nur zwey Pruchſtuͤcke erhalten: die Meynum nämlich, daß die Galle die Urſache hiziger Krankheim fep, (Ari. de part. anim. O. p. ð4.) und dann du eugniß des Plutarch: daß Unszanoras im Seſinuin Hber die Quadratur des Zirkels geſchrieben habe. Beat dieſe Nachricht richtig nräre; fo müßte die Orden

Ichre-von Pythagoras big an ben An agerad (net bortzanse sung haben. t u se

Dee

7

Geſchichte der Giechiſchen Weltweicheit. gr,‘

ſchrieben habe. Wenn man ben Pochagetas Auße mt, ſo iſt unser dem ältern Weltweiſen Feiner (und em dieſes iſt der ficherfte Beweis. bes allgemeinen

uhms, ben er im ganzen Alterthume gehabt har) weichem

in fo viele große und wunderbare Thaten zugetraut unb zeeignet, dem man aber auch unter und neben biefen Wun⸗

nn (0 viele Narrheiten und ungereimte Schriften ange⸗

htet hat, als dem Demoktit. Man ließ ihn, wie

Pythagoras, unter bie entfernteſten Wölfen Afrikens

d Aſiens reiſen, und ſogar von ſich ſelbſt ſagen, daß achtzig Jahre in fremden Laͤndern zugebracht habe *). an machte Ihn, wie den Pythagoras, mit den verborgen

——

4

n Kräften der Dinge befanne, und rühmee die. Wun⸗ |

', Die er vermöge bidfer. Vertraulichkeit mit den Ges mniſſen der Natur verrichtet, und bie Welßagungen, durch er ſeine Zeitgenoſſen in Erſtaunen geſezt, und ſelbſt das Anſehen eines goͤttlichen Mannes ermorben he. Man erzählte, daß er fein ganzes Leben mit ber terfuchung von Kräutern, Steinen und andern natürlie

s : Era . hen

\ . u ®) pp, Clem. Alex. Strom. 1. p. 304. eya de ray xar

Suaurov arIewrav yıv aAaSnV VERÄRYNERNN, .

igoçecy TR HUT, U ERS TE N Yans wrersas eidoy, no Aoyımy ayIeumay Asa

eonnEoo. Yprmmeov Gurdeciss mer mon

deidios ads xo na zaenufev, sd el Aryu- zrov aheonevo Agmadov array. au Tas ld arı mas en are oydancırz dxı Fans eryevındun, Die Beweisftellen für bie übrigen Behauptungen biefes Abſazes kann man im Leben bes Demokrit von Brur

der, unh in Baylens Wörterbuch Article Demoerite

finden.

N

X

von aller menſchlichen Geſellſchaft in die Wohnungen I

Finſternlß würden bedeckt haben, und daß eben dl

u

692 Fuͤnftes Buch. chen Körpern zugebracht und daß er, um dleſen Una ſuchungen deſto ungeſtoͤrter nachhängen zu koͤnnen, H

Todten zuruͤckgezogen habe, Zugleich: aber fagte m auch (und anfangs gewiß in der Abſicht, ben Namende Demofrit zu erhöhen, und ohne zu bemerken, def mi etwas wiberfprechenbes vorbrachte) daß biefer unermitk Beobachter der Natur unſinnig genug gewefen fep, I ſeibſt die Augen auszureißen, mit beren Berlufte d Weſen, deren Kräften er nachfpürte, ſich mit nit

feherliche einfiedlerifche Weife, der aus den WBerfamnia gen der Menſchen in die ruhigen Werfftäte der tom Natur floh, ſich die Mühe gegeben habe, die Thorkril ber Menschen beftänbig. zu belachen, wie Heraklit fie Il beweint haben. : Alle dieſe mit einander ſtreitende Mih hen”) werben von den größten Schriftſtellern der En hen und Römer geglaubt, ober doch angeführt, und Bann es daher dem Pöbel im Zeitalter des Plinlus Apulejus nicht übel nehmen, wenn er den Demokit

| . | ei

#) Zu biefen Maͤhrchen gehört auch die Sage, da tie" gen ihres Blödfinns berüchtigten Abderiten den Deut krit eben deßwegen, weil er. ganz andere lebte und il beite ald fie, für. verrät gehalten, und den Hippoft tes gerufen hätten, um ihren Mitbürger zu hei daß aber Hippofrates die Weisheit des Demofrit M erkannt, und die Krankheit, deren man ihn geargwoht hatte ben Abberiten vorgeworfen habe. Biefe Er! -füing verdient eben fo wenig als die Übrigen eine eun liche Wiberlegung , weil fie’gleich den Briefen, die?! motrit und Hippofrätes gewechſelt haben jolan, 1 - gar nicht zu verkennende Spuren der Erdichtung an if trage. |

A \

)

Geſchichte der Suehiſchen Weltweisheit. 693

en ber erſten hielt, ber uͤbernatuͤrliche oder magifche

aͤnſte ‚auf feinen langwierigen Reifen gelernt, und-fie

geroiffen Schriften andern zum Nuzen vorgetragen be.

Demokrit, Zeno, Melifus, und Hippokrates fi My wende Benfpiele, daß der Gedanke eines einzigen Welt nenden und regierenden vernünftigen Weſens nicht nur r fchmer zu finden, fonbern auch ſchwer zu faffen und

verbreiten war, und daß er den größten: Geiftern ans "

igs nicht einmal wahrſcheinlich geweſen ſey. Wer kaunt nicht, wenn er findet, daß Demokrit, der mit n Werfen des Anoragoras bekannt, und nicht allein dt feindfellg gegen ihn gefinnt war, ſondern mehrere ner Gedanken lobte und annahm, daß diefer die vom varagoras verfünbigeen Wahrheiten gegen bie wilden undloſen Träume-bes Leukipp verworfen habe? Des okrit behauptete, mie fein Lehrer, daß ein unendlich sgefpannter leerer Raum, und eine unendliche Menge

theilbarer Subſtanzen von verfchledenen Figuren und.

rößen die Principla vder Grundurſachen feyen, aus (chen alle Dinge entweder durchs Döner ober

rch bie emigen Geſeze ber Bewegung und Nothwendig⸗

t, ober durch die abfichtiofen Wirkungen einer blinden atur hervorgebracht worden *). Fr eignete beyden auch Er3. . bie»

H Man feheDieg. IX. 45. Aritt. Phyſ. II, 4. Metaph. 1. 4.

- Plat, ap. Euſ. ‚Prasp. Evang. 1. 8, Plato hatte uns ftreitig auch im zehnten Buche feiner Geſeze den Demokrit, dem er unhold mar, im Siuue, wenn

er fagte: p. 605. Edit. Bil. Gen . wue vn udag we ynv na magıg, Qusas FarTe

Esꝛ c⸗

694

* IE

. 4 .

dieſelbigen Eigenfchaften zu, die Leukipp ihnen bang hatte: dem einen Faͤhlgkeit ich nach allen Seiten br Bringen zu laffen, den andern unüberwinbliche Zeftighi oder Undurchdringlichkeit *). Er ſagte ferner mit $eufipp, daß nur diefe allein wirkliche, für fich beftıhel Dinge, die Körper hingegen, wie ihre Eigenfchaft bloße Erfpeinungen ſeyen, die aus der Zufammenfin

von Atomen, und. von Thellchen bes leeren Raums a

mm menschen te

avreims oyray erbugen. vum de Depun Tn ıns duvaspens Engesas Enoszuv , 9 Zumal

-

" Facan 8% TETay Yevouevor. ade dis var Qu ade die wıvos Isov 3 ade die Tex , 1.91:

®) Er nannte den leeren Raum off andey, die Aone In

wweiſe an, daß unmöglich etwas aus nichts entf konne. Plut, adv. eol, X, p, sör. und als einen * weis, baß nicht alles entſtanden ſep, führte er d Beyſpiel ver Zeit an, welche graͤnzenlos ober ewig

aArift. & Plus, 1. eu, |

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Vpnæv, Yusar Kos TURN TEE de ugegnt 0 FETON USLAy. Yavopeımy den. Iunrav er Sir For. x. TV. A. Demofrit nahm wie ale alte ®

Ariſt. Phyſ. Aufe, VII, 2. °

sder ıdews. P. 961. 69. X. ade. Colot nud gl den gleiche Realität und Unwandelbarkeit der Sud

. 7

8

Geſchichte der Griechiſchen Weitweicheit. "695

ſtuͤnden *), und mit deren Trennung auch wieder unter⸗ gingen. Endlich flimmte er feinem Meiſter bey, wenn: er, lehrte, daß die Verſchiedenheit der Kräfte und Eigen. fchaften von Körpern aus der verfchiedenen Geſtalt, Sage, und Ordnung der Atomen entftünden, und daß aus bie: fen Grundkoͤrpern unzählige laͤngſt untergegangene Wel⸗ ten zuſammengewitbelt worden, und eben ſo viele in der Zukunft noch gufammengefezt werden whrden de). Wenn Demofelt in allen diefen Puncten vom Seufipp etwas abs wich, fo war es in der feltfamen Einbilbung, daß unter den unenhlich vielen Welten, die aus den Atomen entftans Den wären und entſtehen wuͤrden, ſehr vlele ***) einander vollkommen gleiche gewefen -[enen, und‘ fen würden. Erg we Indem

/ *) 30 Metaph. 1. 4. & Sext. VII, 155. —R ev Tois 8019 Uraeyes TO TOMAS BIVOL, Kobk

* vouw Yap Dos YAuku, Kos von TEINEOVy |

vouw Iepuav, vouw Luxeon, vanar Xeom. rap R Kos KEVAY. LETEEE vopsleras EV να xc⸗ —RXR& To fννα, 88.86 ds. KAT aAnIeau TAUTa. ERS Tb Tops Kovap Kol ra xcvoy. es, Diog.l. «. we) IV. Acad, quuB, Ele. 40. Si age verecundius, & me atcuſas, men quod tuls ratlonibus nom aflentiar, 6ed quod nullis: vinesm enimum: eulqus dfcntlar deligaw. Quem potilimum? quem? Demoeritum ?

N‘

fewper enim, ut leitis, Audlofus nobilitatis iul. Ut-.

gebor jam omniem vefirum convisio, Tune sut Inahe quidquam pates «flo & alles ejusdem- modi mıundos eflo ? & ut nos nune fumus ad Baulos, Puteolosque videmus, fie Innumersbiles paribus In le. eis eff:, cledem sominibus, honoribun, rebus gefls,

Ingenlis, 5; eotqiibus, uisdom‘ de sebus uedlige, |

voten |

N

%

696. Zünftes Buch.

Indem Demofrit dieſe ſeiner Landesleute mehr, als feiner ſelbſt würdige Gedanken mit einer Nachläffig „Reit hinwarf, als wenn eben der Zufall, ben er für den - Schöpfer der Walt hielt, fie Ihm zugefüßre, haͤtte; ſa dachte er ſo wenig daran, fie zu beweiſen, daͤß er es plelmeht als einen Brundfaz feftfegtes daß man von dem, was erolg, ober was befländig gefcheben ſey, gar nicht die Urfachen zu wiſſen verlangen müffe. Dies ſey eben fo lächerlich ,. als wenn man dem Anfang der Emwigfelt oder bie Graͤnzen des Unenblichen erforfchen wolle *). Ariſtoteles fchreibt Ihm zwar bie Ehre zu, den erſten An- fang, Begriffe und Ausdruͤcke zu erflären, gemacht zu haben **); er meldet aber. body zugleich, daß Demofrit faſt immer nur gefagt habe, daß etwas fey, oder wie er fi) etwas vorflelle; niemals oder felten- aber, warum etwas ſo fen, oder aus welchen Orinden er ne Sachen - fo und nicht anders denke er) | Mi or nt Die |

> Ariß, de Geparat, Anim. B. 5 p · 322, we —E ds . Aeysow = daoı Aryasıy, 0Tı ETws es ymera. na TeLurv era vonigacn PX Aura, wem

Anpoxgiros AßBbnorrus, STE TI MEY RER u wmage 8x tw woxm. Tode harı, ex. To

. 2 de ze, amescov, Be To eeuTe, go deerı, aeXn; To de aTeigpv. sg To 10wTav „To HMTı, ze vor Foarey Fir, vo Garen vo Puas 74 maps neun, | E de part, Anim. I, I, P- 8 Bu) do Gen, Auim, E: 1.p. 395, Anuergiros de, vo 8 wpes Any, zarra aiwyer ols Xom 704 U Dvsis, Bayer Togrars & ur, ad dr TE BE, ME TE TERN. bear Bear Kar. r F

En ed

4

Geſchichte bes Erifge Warwethet 697°

. Diefer roßen und allen. Sefegen der gefunden Wire unft jumiberlaufenden Methode entfprecyen vollfommen Te. übrige Mepnungen über Gegenftände und Erſchel⸗ ungen der Natur, fo viel man uns deren aufbehalten

at. Wenn er auch nicht, mie Ansragoras, die Sonne, ,

sr eine gluͤhende fleinigte Maſſe Hielt *); ſo ahm er doch vom Weltweifen von Klazomene wenigfteng ie Erflärung der Milchſtraße an **), Die Kometen ° ber hiett er nicht bloß für Erfiheinungen, fondern für immliſche Körper, die zu Firſternen ausgebrannt müre en, ‚indem fi) nadı der Verſchwindung von Kometen fe neue Geſtirne zeigten ***), Auch ſcheint er wies erum bie Verwandelung von Sirfternen in Kometen ger. laubt zu haben +): wenigftens behauptete er, daß bey Bermwanblungen oder dem Untergange yon "Welten und immliſchen Koͤrpern gewiſſe Bruchſtuͤcke oder Theile in inſern Dunſtkreis hereingeſchleudert, und eben dadurch eltene epidemiſche Krankheiten hervorgebracht wuͤrden }}). Fr vermuthete, daß es außer. den bekannten Planes. en noch mehrere Irrſterne gebe; er gab aber weber ihre Zahl noch ihre Namen an. Geneca, der uns biefes yerichtet, ſezt hinzu, daß gu den ‚Zelten biefes ſcharf⸗ Er 5 Sie *) Wie Stobäus het, P. 56. Eel, phyf. Nach dem Plu- tarch beym Euedius glaubte er, daß fie urfprünglid unfrer Ede älhfih, und ohne allen Glanz umd Licht geweſen ſey, dB fie aber in der Folge ſich vergrößert, in f id aufgenommen habe. ap. Euf, Prasp,

@®) Meteor. Aril. 1. 8, ) ib, 1.6. 9 3.

Br ) va, 9 ebt. ore⸗ 9; =

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finnigfien after alten Weltwelſen der Sauf unb bie Bew gungen der Planeten noch nicht befannt oder berechnt gewefen ſehen *).

Die Erbbeben leitete Demokrit aus ter Gewil und den Wirfungen des Waſſers, oder der Luft, ode , auch beyder Elemente her **), Er ftellte ſich die Erde als einen loͤcherichten, mie vielen Höhlen durchbrochenen Körper vor, der alfo erfchürtere werben könne, . wen Waſſermaſſen, bie fih in gewiſſen Höhlen gefammit Bärten, entweder den Boden ermeichten oder durchbtoͤ hen , ober! wenn- ber Wind große Säulen von Welle hinanwerfe, oder wenn endlich die eingefhloffene &uft, ‚Bie von allen Seiten hineindringe, einen Ausgang find konne. Ariſtoteles werwirft biefe Erflärung des Erbe bens eben fo wohl, als eine andere Meynung bes De mofrit; daß das Meer ſich vermindern, und zulezt gan)

u verſchwinben werbe ***). Diefe Vermutung, fagt Ar

floteleg, iſt der Aeſopiſchen Erbichtung ähnlich, nach welcher die Charybdes burch einen einzigen Schluck oder Zug die Berge, durch einen zweyten die Jaſeln fichtbar machte, und durch einen dritten Das ganze Meer vn

fihlingen, und alles fefle Sand. trochen machen wirb. WVUeber die Natur der Seele irstr er auf eine ihm ganz eigenthuͤmliche, aber doch nur fes Leukipp feine ähnliche Ar. Er glaubte, daß die Seelen der Mur ſchen mit dem Feuer von. gleicher Dur, ober aus dei ſoh

Y

—XR . Nat. oeen.

9) ß, @ 7. Mateor, Ariß, . Gi. Sins, Nat, ‚Qui, VI. 20.

Ye) Moteor. ß. “xP4% 1

Soeſhicht der Griechiſchen Watwechet * |

ſelbigen Beftandehellen nämlich ſoh ariſthen Atomen zu⸗ ſammengeſezt ſeyen, die wegen ihrer Kleinheit und Se -

ſtalt Die größte Beweglichkeit hätten”). Solche ſphaͤri⸗ ſche Grundkoͤrperchen ſeyen in unzaͤhliger Mengee durch die Luft zerſtreut, welchen er eben den Namen gab, wos mit er dm ganzen Inbegriff menſchlicher Erkenntniß⸗ Eräfte **), oder richtiger , womit er die ganze Subſtanz menſchlicher Seelen ausdrüchte, Er hielt nicht, wie bie. meiſten Griechiſchen Weltweiſen, gewiffe Kräfte und Theile der Serle für Böhern Urfprungs ober erhabnerer

Natur, als andere; fondern fezte alle Seelen aus gleiche ,

“artigen Elementen zuſammen, und leitete ihre Faͤhigkei⸗ ten aus den urfprünglichen Vewegungen dieſer Atomen ob, Bu > on.

®) Arik, de Anlıma 1.0, 0Jevs ANMongıTos mr, ZUR Ko Sogjaov Day aurnv vor. TRergay Yore u . Toy OXNMATROI, AO TORE, Tob ae u. U me no \yuxmv Aeye = Anmoxgıros da ko: YinDvenreeus sıennsv amöOnvakeros dis Tu Tara Enuregov. \yuymv may yap way TaUTe Kay vv. TETE de av en Tay Raaray yo adıc- eærom anuarav. Kırmrınev da, din ningouspesun

KU To OXnu. Tay de DXNHATOY FUKIINTOTE-. “TV, Te eDaneoades Ay. rAaror de va ver Ta vor 80 Ta Ave. Philopan fügt in feinem Commentar Über diefe Stelle: "Haß bie Wörter eusnos , badmyn, und Teen, woburd Demos krit die Zisur, Drönung und Lage ber Atomen aus«

drückte, Abderitifde Wörter geweſen ſeyen.

ib, & de reſpltat. ©. 1. - var Ta ee Wohuv cæbid Ao Evo TV FU8Tay, 6 nuÄeH ENevos VE - Ka Poxm. |

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700. - Finftes Bud.

‚von welchen er meiter keinen Grund angab. Die Seele) bewege ben Koͤrper, weil und wie fie ſelbſi beweget werde: und ihre Beſtandtheile ſeyen in einer beſtaͤndigen Bewe⸗ gung, weil dieſe, vermäge Ihrer Natur, nicht ruhen könnten, Bey Anführung diefer Meynung kann Ariſto⸗ teles ſich einer Spötterey nicht enthalten, weiches ihm fenft nur felten begegnet. Demokrit, ſagt er, bewegt den Menſchen durch feine ſphaͤriſchen Atomen, wie der Komikar Philipp ſagte, daß Daͤbalus eine hölgerne Ve⸗ Rus durch Queckſilber beweglich). gemacht habe **),

©o wie er bie Bewegungen ber Seele burch eigenmächtig angenommene Kräfte ber Atomen entſtehen und auf einander folgen lleß; fo ſuchte er auch die Er: haltung und den Untergang der Seele aus Wirkungen don Atomen zu erflären, die gänzlich erdichtet waren, die man mit eben fo virlem Grunde abläugnen fonnte, als er. fie vorausfezte, und yon welchen er auch nicht ein. mal fagte, daß die Natur fie bervorzubringen die Abſicht gehabt babe, Unſerm Körper, glaubte Demofrit, ſey ein gewiſſer Teil von ſphaͤriſchen Atomen eingewebt,

welche die Seele ausmachten. Diefe Beftandtheile ber | Seele würden aber durch die von allen Seiten auf ben Körper drückende Suft bald gänzlich herausgeprefit werden, wenn nicht bie in ber Atmosphaͤre verbreiteten, der Seele eefboißerten Atomen Y 5 Hölfe eilten. Zudem wir | | dieſe

*

2) 3. 3. de Anim, Aria.

‚9%,.jb,, Daß Demofrit dem Menſchen alle Freyheit des Willens abſprach, würde man allein ſchon aus dieſen Saͤzen ſchließen Finnen, wenn au wicht Eisero de fato e,17. es befärigte.

/

-

Beſchichte der Griechiſchen Weltweiheit. 7a

Diefe durch das Einathmen an uns zögen, verhinderten

fie, daß nicht die Seelentheile vom Körper abgeloͤſt oder

berausgetrieben würden. Auf Ein: und Aushauchen ber Luft beruhe Seben und Tod, und ber Menſch müßte noth⸗ wendig flerben, wenn die gange Subſtanz ber "Seele

Durch die Einwirkungen der ung umgebenden Suft aus .

dem Körper herausgedruͤckt und zerfireut worden *), Wunderbar mürbe es feyn, daß Lben der Mann, der die

Serien der Menfcyen allmaͤhlig zufammmenfchreinden und

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©). do Reſpir. 1. Ariſt. Annoxerros. d', ori po er Tue u

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702 Fuͤnftes Vu. °

werfliegen lleß, fi und andere. mit ber Hoffnung ſchmei⸗ chelte, daß man dereinft wieder aufleben, oder daß all Theile, die vormals eine Perſen ausmochten , la ber Zukunft auf eben bie Art, wie im erſten Leben zu. : fammengefügt werben fönnten*) wenn nicht eben dies fer Mann geglaubt hätte, daß ganze und noch dazu Su zählige Welten einander vollkommen gleich wären, und gewefen fin). « -

*) vH. SS. pP iss, u wu) Ich ſehe nit ein, mit welchem Grunde Tufe, Qusefl. "2. 34. Epitur dem Demofrit vormerfen fonnte, daß er bern Menfchen noch nad) dein Tode des Körpers ewis ges Gefuͤhl übrig laffe. Aber recht gut kann man es aus der angeführten Stelle bes Ariſtoteles erflären, wos ber die falfhen Auslegungen ber Mepnung des Demo⸗ Erit entfianden ſeyen, nach welchen er eine Gottheit von fenriger Suhflanz behauptet, (de Plar.1.7.Yoder au bie Natur, aus welcher diefe Seelen und die göttlichen Bilder entfprüngen, für. göttliche Wefen gehalten, und endlich den Atomen eine gewiffe lebende Kraft zugeeigner haben foll. de Nat. Deor. Cisas, I, 12. Tufc. Quacſt. 1.0.18. Demsokrit nannte die Tphärifiken Atomen, wel⸗ he die Beſtandtheile des Feuers wie der Seele ſeyen, ‚vos nd un: daher der Irtthum, daß er. einen göttlichen yes, eim göttliches verfiändiged Weſen von - feuriger Subftanz behauptet habe. Er glaubte, daß "aus der Bereinigung gewiffer Atomen feuer, Leben und : Seelen entftünden, daher der falfıhe allgemeine Saz: | daß er allen Atomen eine gewiffe lebende Kraft zuges ſchrieben Habe, Endlich ſprach er von gewiſſen gätts 7 Ken Bildern „. die et wie dig Seelen aus ſphaͤriſchen - Asomen entfichen ließ, und hieraus ſchloß man, dag er die leztern auch für göttlich gehalten Habe. So ger waltfam dieſer Schluß war, ſo gänzlich falſch war die 2.0 Wefpub

. . x N + " a nr oo» * v

Geſchichte der Griechſchen Weltweicheit. 703

Ben aber Demokrit gleich die ganze Seele aue Jenfelbigen Elementen zuſammenſezte, und Ausdruͤcke als gleichgeltend brauchte, womit andere ganz ungleiche.

artige Thelte und Kräfte ber Seele bezeichneten; fo unters

ſchied er doch Empfindungsvermoͤgen von Denffcaft ‚oder

Verſtand, und eignete ber fejtern, wenigſtens an mans hen Orten Vorzüge zu, bie er ben Sinnen gaͤnzlich abe,

ſprach. Er verwarf die Ieztern, als ganz unzulaͤnglich

zur Erkenntnis der Wahrheit, indem wir durch fie das⸗ jenige, mas allein wirklich fen, das Leere und die Atos men gar nicht wahrnäßmen, und nur allein Begenflände und Eigenfchaften empfänden, Die bas nicht wären, was

-

fie ſchienen. Alle Kenntniffe, die wir duech fie erlang⸗

ten, ſeyn dunkel, und nur diejenigen rein und aͤcht, die

wir unſerer Vernunft und unſerm Verſtande zu verdanken Hätten”), In der Behauptung dieſes Vorzugs bes ee Bere

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Beſchuldigung bes Eprkurers Vellejus, ben Cicero ſo viele unrichtige Nachrichten, und ungegruͤndeten Tadel

vortragen laͤßt, daß Demokrit die Seelen der Menſchen fuͤr Goͤtter angeſehen habe. de Nat, Deor. 1, 12.

8) Man ſehe Sext. adv. Math. VII. 135. 136. beſ. aber 138. ſ.

ey de rois Mavocı,. duo Daaıy eva Yımaess. vv ne dis Tay aioIycewv, Tav de dies Tns dıavoas. wy 7ny EV di. rns dicvoius Vnomv xærœves BebaLueTUpay AuTN To mıSoV as aAnIesas xp

ai. de din ram is Inaesy ano ovoncsles,

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Ges uramves, Myes da noro Ask. yauns' de dvuo ey 7 Bey Yıncım N de rorm.- “cd oxorins MeV Ta de suunesra,adıs, nen, odum, yeuoıs.4 \yeugis, n de aan, WTOKERgUM EM . ) TRUTH. oo |

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704. Fuͤnftes Bud, Verſtandes vor den Sinnen beharrte Demokrlt en fo wenig, als viele andere Ältere Weltweifen, Er Elaptt baß wir Im Grunde nichts richtig und zuverläffig erkem sen; daß unfere Dieyannigen gaͤnzlich von den Zuflin ven unfers Körpers abhängig fegen, und daß endlich di Wahrheit gleichſam In einem tiefen Brunnen vergraben Is ge, aus welchem fie durch Seine menfchliche Kraft pr vorgezogen werben koͤnne *), u

Faͤſt alle Ueberbieißfel dee Demokritiſchen Dlatw lehre enchalten kaum gedenfbare Ungereimtheiten, un ſchildern den Zuftand dee Wiſſenſchaften kur, vor dem Sokrates eben fo lebhaft als die Denkungs art des Mu ‚nes, von dem fie herrühten. Seine fehre von im . Blivern zeigt vorzüglich, vole wenig er die Matur Eanntt, da er Ihe noch fo etwas anrichten konnte; und men Epikur In. der Folge diefe Bilder vom Demoktlt ab nahm; fo gab ee dadurch einen fichern Beweis, di nichts ſo ſeltſames geträumet werden koͤnne, was nich feine Vettheldiger und Bewunderet fände, und daß bie Matur nicht genauer als Demokrit erforſcht hal tejterer glaubte, daß gewiſſe feine Bilder ſich zu ala Zeiten von allen Körpera, vorzüglich vom thietiſchen ab töften, und diefen nicht nur ähnlich fenn, ſondern auf ‘ihre ganze Den?» und Gemüchsart ausdrädten, wi an ſich hätten, wenn fie anders vollſtaͤndig und 2

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J >.

- EEE EHRE 6) Diog. IX. 137. Cleer. Ae. Quaeft, IV, 10. Sext. ViL 17, ev de To Kegı ıdewy Yıyymene TE Xen, Pie, avgenmov To de Ta naverı, öri arens ann

Toy. nei Farm, OnAcı mer In nor Sres 6 Ani, m eren zdev samey Tees Bdevos: aA; aripn Enasoiei u dokisı way arı, Kautol InAov um

ren oloy ekasov Yiyvmeneiv'z ev iscyAw MM. Arittot, Metsph, Y. e: p. 63. dio Anuoxęiroc ehr

Ev, mros aber away aAnIeH, nam Y daran.

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. u . N IN r Seſchichte der Griechifchen Welttveiäßeit, 705 ammelt blieben ®). Unverſehrt aber erhielten, ſie ſich

am meiften In einer reinen und heflen kufe, da hingegen

sine dicke, ungleiche, und fich oft: verändernde kuft bie Bilder auf mancherley Arc ſchwaͤche und verunftalte, Er Sehauptere ferner, daß dieſe Beftalten ſich um deſto häufiger ablöften, und beflo ausdrucksvoller, und Ihren Ur bildern ähnlicher würden, je feuriger und lebhaftee die Körper wären, von denen fie nbflöffen. Sle ſeyen es, welche vurch bie feinen. Deffaungen ber Haut und bes Körpers durchdraͤngen, die Seelen der Traͤumenden berührten, und in ihnen die Gefichter aller der Gegens ° fände hervorbraͤchten, die fie wirklich zu fehen glaub⸗ ten **). Außer diefen Simulacris , die fi) von wirk⸗ lichen Gegenftänden Mennten,, nahm Demokrit noch anı bere an, bie fich von ohngefaͤhr aus dem In. der luft, oder In dem unendlichen leeren Raume herumfliegenden Atomen bildeten. Dieſe Geſtalten ſeyen fo wohl gute . . DE " als

—— XXXXXCV 7

©) Sox4, IX, 19. Anmovxgνασ de eulo Aa Ta Onou ap meralev Tas RVIewMos. X TETay TE Men ' wo ayaloron; To de nanemom. ne was uxeres evAoyay TuXyev udmAmy. eva da vaulos peyams Te nos umeg neyedn, nu dordIuerm pev,'' an aDIaera de, TEOCNURNEN TE: To neMovro Tas avdgnmos Jswesusve, Kol Ou- : vos air. 09V TETay auray Davranıcy Außovras oi Badia, vumevoneav ae Beov undevos RAS Tag Taura- ovros Gu, Te " sDIuerov Duow axovros ſ. 42. rm da sidwAcs aıvo EV To. MeQieyovrı vmeedun, og avSewzre , sıdeis MoeDas exyovra &e, vide & Vellej. ap. Cie, - 1. 12. de Nat, Deorum, | 0°) Sympef, VIII. 10. Plut, p. 930. 31. Edit, Reiskll,

9

v .

JeßsZuͤnftes Buch.

als boͤsartig, von ungeheurer Groͤße, und fangbaute, “ober nicht unvergaͤnglich. Sie naͤherten ſich bisweln ‚dem Menfchen, und zeigten ihm durch Bewegunze and Stimmen die Zukunft an *). Ihre Erfchelnm gen hätten In. den erfien Sterblichen Begriffe von Ei . tern, ober von Weſen, vom denen fie felbft an Moh and Wiffenfchaft ſehr weit überteoffen wärben, Bervorp bracht **), Er hielt es aber doch auch für wahrſchein ih, daß ungewöhnliche Erfchelinungen am Hmm wie Sonnen » und Mondfinfterniffen ober andere furdt bare Phänomene.der tuft, In den Menfchen den &eantu von höhern mächtigern Maturen veranlagt Hätten’) Er ſelbſt wünfchte inbrünftig, daß Ihm niemals anden, als wohlthaͤtige göttliche Bilder aufſtoßen möchten, un laͤugnete zugleich, daß es außer ihnen noch andere 10 ſterͤliche goͤttliche Naturen gebe. So feltſam es at klingt, daß ein Mann, der das Daſeyn ber Gott oder der Goͤtter laͤugnete, ſich vor einer Art von Ön ſpenſtern oder Hirngeſpinſten fuͤrchtete; fo wenig fire send war. biefe Furcht mit feinem Snfteme, oder fo we nig-fonnte er diefe Furcht durch Grundſaͤze feines Er ſtems wegräumen. Denn wenn bad Ohngefaͤhr aum | = J 10

) Demokrit glaubte nicht, bloß, daß, große menfehenäin 2 liche Simulacra die Zukunft vorher verfündigten, fir dern daß man au) viele Pünftige Begebenheiten aus ia Eingeweiden der Thiere vorherfehen koͤnne. Demorr tus autem cemfet, ſapienter inkituifle vweterer, « "hoftlerum immolatarum infpicerentur exta, quorus ex habitu atquie selore tum fslubritatie tum peflle tie figna pereipl; sonnunguam etlam, quse ſit rl fterilitstis agrorum, vel fertilitatis futura. Cie, de Birinat. L. 57. Cicero rechnet daher den Demokrit mil unter diejenigen Philofophen, die am Divination glan

, ten. 1 % Il. 13. ib,, “+, IX, Sext, 19, 42%. ur) ib, f, 34,

l

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 707

ſtomen Welten, und gute und boͤſe Menſchen hervor⸗ ingen konnte; warum nicht auch Weſen, die dem Renfchen an Macht überlegen wären , ‚und die ihm nad rer verfchledenen Gemuͤths art eben fo wohl fehaden als igen fonnten? en |

Auch In ven Unterfuchungen des Demokrit über die neftepung und Fortpflanzung der Menfchen und Thiere abet fich faſt keine einzige richtige Beobachtung, und n feiner Naturlehre alfo kann man mic Recht fagen, fie, fo weit wir fie Eennen, aus bloßen Irrthuͤmern ft ohne alle Berfegung von Wahrheit beitanden habe, 3enn man einan Schriftſteller gauen dürfte, der aber ei öfter falfch, als wahr erzählt; fo glaubte Demos fe, daß ‘die Menfchen aus Waſſer und einem fetten. zchlamme entſtanden wären ®). Eben biefem Samm⸗ » zufolge ſtimmte er zwar dem Anaxagoras über den rfprung des Saamens, aber nicht über bie Bildung von _ mbryonen, und über die Ürfache ihres Geſchlechts bey, r behauptete nämlich, daß zuerſt die äußern Theile, be⸗ nber& das Haupt und der Bauch, und dann erſt Die Ins - en Theile entwicelt würden **), und daß das Geſchleche erdender Menfchen, fo wie die Aehnlichkeit derſelben it Vater oder Mutter durch bie größere Kraft oder jtärke des Saamens et werde")? LUngehenze

| 92% . &s

+) Color. 3. » . _ Ä #*) De Gener; Anim, P. Ap. 216. Conſos. «, 6. de-iie Nat. ovo) A. ↄ. de Gen. Auim. 269. 271. 272. Cenſorin ſagt e. 6; daß nach dem Demokrit das Geſchlecht von Kin⸗ “dern davon abhaͤnge, ob der Saame bes Waters oder dx Mutter zuerſt an den Plaz komme, wo das Kind ge⸗ bilbdet werden ſoll. Welcher von ben beyden zeugenden Perſonen Saame bet andern ihrem zuvorkomme, der mache das Kind entweder zu einem Maͤnnlein oder

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. erklaͤrte er aus einer wlederholten Erglefung des ©

mens,

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Funftes Buch.

worinn der ſpaͤtere ſich mit dem erſtern vermi

fche, und dadurch Aus » oder Zufammenmwachfen du Embryonen verutfache *). So wie er die Thiere um ihre Seelen aus einerley Elementen mit der Menſchen . Ihren entfliehen ſleß; ſo eignete er Ihnen auch dieſelbigen SFriebe und Kräfte, . felbft Vernunft und Berfon!

zu °*). Außer dieſer Behauptung finde ich nur ned drey Mennungen des Demokrit über die Thiere, die abe

den eben angeführten über die Menfchen uͤhnlich irn.

Er glaubte, daß alle blutloſe Thiere Eingeweide hätten, die nur ihrer Kleinheit wegen: unfichtbaf wären ; daß W Unfruchtbarkeit der Mauleſel aus einer Verderbung Ni Zeugungs glieder entſtehe, die wlederum in der Ungleich artigkeit derer ihrer Erzeuger ihren Grund habe: do;

Sendlich jungen Thieren die Zähne deßwegen ausfielen, well fie durch den Genuß det Milch vor ber Zelt heraus getrieben würden T). et

wu = . . , .®) Do Gen, Anim, A..d. p. 283. Ari, us L, E. u J

7Do Part, Anim. V. d. p. 8. de Gen. Anim. B.ı

233. E. n. p. 344. Nach dem Poſibonius war Te

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mofrit der Erfinder von Gewoͤlben, der Kunſt, das fenbein zu pöfiren, und eine große fleinigte Mafle I Smaragden zu verwandeln. Sem. er 90. Allein tut Erfindungen find wahrſcheinlich nt tweniger dicht, als die Entdelungen, die eben diefer Weltweiſe ka Anacharfis zueignete, ober. als die idealiſchen Sail sungen, die an der angezogenen Stelle aus ihn ww

_ geführt werden. Pofidonius war zwar einer der p

lehrteften Stoifer, aber auch, wie ich oben. fehen ır

gendwo erinnert habe, einer von denen, deſſen hiſtor⸗ be Nachrichten am wenigſten Glauben verdienen, m

häufig aus Tabeln und Anekdotenſammlungen geuc® men waren, Nana

» !

Gecſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 7og ° , ' Wenn man die Urcheile des Cicero über bie Ders .

lenſte des Demokrit um die Größen » und Tugendlehre ale den Sragmenten von beyden vergleicht; fo etſtaunt | sarı über.das fonderbare Spiel, welches Zeit und u . | all mit den Werfen und dem Ruhm großer Schriftfteller reiben, . In ber Geometrie nennt Cicero den Demos ric einen Meifter, und dennoch wiflen.wir von den mas hematiſchen Kenntniſſen und Entdeckungen defleiben nur” tiefes: daß er die. Sonne nicht, wie nachher Epifur, de ſo klein, als fie uns ſcheint, fondern für einen gros jen Körper gehalten habe *). Ueber die Tugend hin⸗ ‚egen fchrieb Demokrit nach dem Zeugnifle eben dieſes gros jers Mannes nur ſehr wenig, und dies wenige weder con, ned; in einer lichtvellen Ordnung **): Und ade aus diefen nadhläffigften und unbedeutendſten Ar⸗ yeiten des Demofrit find die meiften und auch die beften Bedanken gerettet. worden, bie wie von ihm beſizen. Inter dieſen moralifhen Fragmenten finde ich keins, vas entweder um ber Sprache oder des Inhalts willen yes Demokrit unwürdig wäre, Viele derſelben fchels aen mir befonders wegen des ältlichen und etwas frem⸗ Ä sen Ausdrucks eben’ fo aͤcht, als fie ſchoͤn ſind. Une N augbar aber iſt ein Theil derſelben aus untergefchobenen Werken entiehnt, fo ſchwer es auch iſt, allgemeine Merkmale iprer Aechtheit oder Unaͤchthelt anzugeben-T);

993 En . . x . - j *) Cicer, de Pia, 1.6. Allem Vermuthen nad glaubte N Demotrit, daß die zmwifchen bem Nuge und zwiſchen | entfernte Gegenſtaͤnden befindliche Luft bie fichtbaren Körper verfleinere, denn wir. würden, fagte er, eine Ameiſe am Himmel fehen-Pönnen, wenn der Zwiſchen⸗ raum ganz leer wäre, De Anim, Arifi, II. 7,

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.

et) V, 29. de Fin. +) Siche Beylage am Ende bes Abſchnitts.

io Fünfte Buch, Ein Zeitgenog der Männer, von benen ich In bie

fem Buche geredet habe, und ein Zuhörer und Freund, ober role Plato ſagt, &ellebter des Parmenides. war Ze no von Elea, ber. weber feinen lehrer, noch fonnft jemem unter den vorhergehenden NBeltweifen an Große un SBortreflichkeic feiner Geiſtesgaben, und an Adel us Stärke der Seele etwas nachgab. Wenn auch die Er säblungen von den fürchterlichen Todesarten, bie er erlit‘ - ten, und von ber faft äbermenfchlichen Standhaftigkelt, - womit er bie unleldlichften Martern geduldet Haben fol, übertrieben, oder von andern Diännern auf (re übertra gen worben find; fofann man.doch daran nicht zweifeln, daß er nicht fein teben Im’ Dienfte feines Vaterlande verloren habe »). Nichts iſt mehr zu verwundern, als daß ein Mann, der alles für feine Mitbuͤrger aufs zuopfern bereit war, darauf verfallen Founse, fein Beitgenoffen nicht aufklären, fondern verwirren, mic ‚beffeen, ſondern bloß über eine eitte Kunft flaunen mu chen ju wollen, die mehr ſchaͤdlich als unnuͤze und gleich unwuͤrdig war, bon Zeno ausgeübt, und von bemebeh fin. Sriedyen fo fehr. und fo lange bewundert a werden °), Cr war, wo nicht der erſte Exfin | dr

mM.Die Zeugniſſe über ben gewaltſamen Tod des; Zeno fuͤh⸗ ren Bagyle und Bruder an. Ich begnuͤge mich damit, folgende Worte bes Cicero herzufezen, weil daraus ei bellt, baß man nicht, wie einige geglaubt haben, die

. Marter, unter denen Anaxarch in ChHhpern flarb, aus Perfehen auch vom Zeno erzählt habe,-. Ansxarchum

.. Demoeritum a Cyprio tyranno exestnificatum accepl- mus; Zenonem Elene in tormentis nceatum, . III, de Nat. Deore. 33. |

5 \ - w) Ich will hier nur die wichtigſt en Zeugniſſe über die Div

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lektik, oder wie Ariftoteles fie nemmt, Sophiſtik, an führen, . indem ich unter dem Abſchnitte von . Se⸗ rn phijten

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Gefchichte der Griechiſchen Weltwelsheit. zum

x *), doch gewiß unter den Männern, welchedie Griechen Zeltweife oder Maturforfcher nannten, der erfte tehree Ausuͤber der Kunft: alles, ſelbft entgegengefeste Säge sanniccelbar Hinter einander zu verthelbigen und zu bes reiten die unläugbarften Wahrheiten ungewiß, und e größten Ungereimtheiten wahrfcheinlich zu machen, Dlich andere durch beftändige Fragen In die laͤcherlich⸗ ers WWlderfpräche zu verwickeln, ober auch durch Fünfte Se und ihnen unauflösliche Teugfehläffe zu verwirren, H felbft Hingegen Bucch ähnliche Sophismen umübers implich machen zu fünnen **), Er verrheidigte bie Nennung bes Xenophanes und Parmienides über bie Eins sic nicht im Ernte, ſondern um feinen Scharffinn zu ügen; jo ee erweiterte und übertrieb die Gedanken fels ee Vorgaͤnger, um die Behauptung berfelben deſto

9a | ſchwe⸗ phiſten wieder darauf zuruͤck kommen werde. Man ſe⸗ be alſo Iſoer. II. p. 115. & ſeq. is Helenae Eneomios . eontra Cophiſtat p. 327. & ſq. Edit. Battle, Arifietel, Metsph, V. ßR. p. 52, beſonders Plat. in Pormenide p- 139. 140. Edit. Baſ. Ge, Ariſtoteles gicht an deu angezogenen Stelle bie Unterfähtebe der Sophiſtik von ‚ber Dialektik feiner Zeit an, und auch Plato fonderte fie von der Kunft, richtig zu denken und zu reden, oder heſchickt zu fragen und zu antworten, (diAexrınm ezisyun)'ab. in Sophift. Pan

©, Dies wollte Ariſtoteles VIE, 7, Sext. adv. Math, & Ib? Pabr, Das Zeugniß bes Ifofrates hingegen und die Geſchichte ver Sophiſten, die ich in der Folge vortra⸗ gen werde, bemeifen, daß ſchon andere vor dem Zena eben diefe Kunft trieben. '

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"x, Phavorinus hatte Unrechs Diog. IX. 29. wenn er den Trugſchluß Achilles dem Parnienides zuſchrieb:: denn, Ariftgtefes eignet ihn Phyf. Aulc, VE, 14. den Zus ausdruͤcklich zu.

*

*

Erw | Fuͤnftes Buch. ſchwerer aber auch deſto glotreicher iu wachen ®)

Unter den eigentlichen Weltweiſen, info fern man fe Yon den Sophiften unterfcheiden muß'*"), war er be erfte vorfezliche Verderber ner Weltweisheit, wer ſie von der. Blidung der Herzen, und der Erforſchung der Tu

| tur auf fehwere, bürre, und unnuͤze Spijfindigkeicen eb⸗

leitete, und anftatt ihren noch. ſchwachen Stamm y mähren und ju pflegen, ihn gefährlich zu verlegen um zu untergraben,, anfing. Wenn -man bey. der Zuſam menfuchung der Spizfindigkeiten und Trugſchluͤſſe de

Zeno erſtaunt, dag ein Gelft, wie der feinige, gegen di

nur In einem Griechen gedenkbare Eitelkeit, durch fein Zrugfchlüffe andere zu.quälen, ben eben fo leiche zum werbenden gründlichern Ruhm, nuͤzliche Wiſſenſchafie

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-.®) Plut, in Poslel, Anusse de IleemAus wors Zuvars TB Mœh?pſtau, MOwYuRTEeVoueve Tag (Ducw as Tlaguevıdas. eAsYarıunv de Tuce, Kb , —3— eva FioAoyıas eis Kmogidv [ .ewrros if. wozee nas Tıewv 6 PAsawsos zıenn | 16 TETwV . on AuDdwrego YAucco TE MEYB OIevos ax urn 70.2.2. TNADV. Znvavos TENTROV EWIÄNKTOLOS. 5 | Unrichtig urtheilte eben dieſer Plutarch, wene voom Zeno fagte: ap. Euſ. Praep. Evang: I, 3. . . Znvay de o FAsatys sdhov_ MER adev e£eIerı N dr , zoense de Bell TETWV erni As.

“Er, Iſokrates zählt den Zeno mit zu den Sophiſten; alle eben diefer rechnet auch den Meliffus darunter: um beyde mit eben fo vielem Grunde, ald womit Xefchind ben Anaragoras und Sokrates Sophiften nannte. Ma fehe Ioe. Ene. Helen, 11. 115. Die äfteften Soptv

—fien waren alle Dialeftifer, aber nicht bloß Dialekt - Bi fondern aud Redner und Lehrer der Beredſam⸗ eit. N 9

\

Schhichte der Briehihen Weltweiheit. 733

zu erfinden, ober w erweitern, vertouſchte, ſo muß man auf der andern Seite nicht vergeſſen, daß ſelbſt unter den wunderlichſten Spielwerken des Scharfſinnes dieſes Mannes ſich mehrere Irtihuͤmer und Wahrheiten finden, die aus kelnem geringern Kopfe, als dem des Zeno fommen konnten. Bedauren wuͤrde ih es, daß ein Mann wie Zeno ſich ſelbſt fo ſehr verkehrte, und Lieber andern beſchwerlich als nüzlich werden wollte, wenn nicht alle Ältere Sophiſten und visle dee Moga⸗ eifchen Weltweiſen gleiche Talente auf eine, ähnliche Act gemißbraucht hätten, .

Bey diefer Lehrart yes Zeno faun man niche fi gen, mas er felbft geglaubt, fondern wie er gelehrt, und Säge vertheidigt oder angefochten habe. Ald Proben “feinen. Methode woil ich nicht feine Sophiſmen wider bie Bewegung, die man ſchon aus Baylen's Wörterbuche Eennt, oder fennen lernen kann, nicht die Trugſchluͤſſe, welche Piato in feinem Parmenides *) fo wohl den Zeno ale deſſen tehrer vortragen läßt, fondern feine Austprü, che über die Einheit und deren Eigenſchaften anführen,

bie Ariitoteles in einem befonbern Eleinen Auffage zuſam⸗

mengefaßt hat *).

Wenn etwas iſt, ſagte der Eleatiſche Diolektiker, | fo kann diefes unmöglich entſtanden feyn: und dieſer Saj gilt daher auch von der Gottheit, auf welche er ihq ſo gleich anwandte. Wenn das Wirkliche entſtanden ſeyn ſollte, ſo muͤßte es entweder aus etwas ihm aͤhnll⸗ chen, oder auch aus etwas umgleichen hervorgegangen ſeyn. Das erftere laͤßt ſich gar nicht denfen, weil fein Grund da iſt, warum ein Bleiches das andere eher er⸗ zeugen, als Davon erzeugt werden follte, Indem in dem einen alles, wie in dem andern iſt. Der andere m |

| - 95 | iſt

maps —— —— ————

w, Siehe Beylage am Ende des Abſchitu. Ft De Zenone,

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14: Fünftes Buch, tft eben fo wenig moͤglich. Denn wenn das Ungleiche aus dem Ungleichen entſtanden feyn follte; fo mäßte ent‘ weder das Mächtigere aus dem Schwächern, und bat Vellkommnere aus dem Unvollkommnern, oder auch ums gekehrt entſtanden ſeyn. So wohl das eine als Das am dere {ft unmöglich, - weil In-beyden Borausfezungen et⸗ was entweder aus Nichts entflanden, oder in Michts verſchwunden ſeyn muͤßte, welches wir uns gar nicht ein⸗ mal vorſtellen koͤnnen. Aus dieſen Gruͤnden muß man alſo annehmen, daß die Gottheit ewig fen. Eben dleſe Gottheit kann nicht anders, als einzig ſeyn, wenn fie anders das vollkommenſte und maͤchtigſte Weſen iſt. Denn man mag zween ober, mehrere Götter von ai chen oder ungleichen Bortreflichkeiten annehmen; fo hd ren fie immer auf, Gott, die vollkommenſte und maͤch⸗ tigfte Natur, zu ſeyn. Denke man fich mehrere Goͤt⸗ ter von gleicher Mache und Pollkommenheit; fo Ifi felr ner unter Ihnen das mächtlgfte und beſte Weſen, well ein jeder eben fo volllommene Natuten, als er felbft iſt, neben ſich hat. Mimmt man Hingegen mehrere Götter, von ungleicher Macht und Guͤte an; fo find diejenigen feine Götter, die eine mächtigere, und vollkommnete Subſtanz über fi) Haben. Da alfo nur eine einzige Sdottheit möglich it; fo muß man ferner behaupten, . baß diefe ſich ſelbſt allenthalben. gleich fey, daß fie allent⸗ Balben ſehe, Höre, und bie übrigen Sinne äußere; bdenn fonft wuͤrde man etwas ungerelmtes fagen müffen: daß gerwiffe Theile dee Gottheit die übrigen beftegten und überträfen, oder bon Ihnen beſſegt und, übertroffen mürs ben. Daraus nun, daß bie Sorcheit fich ſelbſt allent⸗ halben gleich fen, folgerte Zeno , daß fie notwendig ei⸗ ne fphärifche Sigur haben müfle *), ben diefer a |

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'*) Er nannte die ic Gottheit einen Korper, ſagt Arien |

J

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Seſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. BT |

ſich ſtets gleiche und ſphaͤriſche Gott, koͤnne weder un endlich noch endlich, weder unbegränge noch begrängt feyn. . Unendlich fey nur allein das Nichts oder Unwirk⸗ liche, indem dieſes weder Anfang, noch Mittel, och Ente, noch fonft Theile Habe. Die Sottheit, oder eins zige Subſtanz fen aber vesder dem Michts, noch. auch einer Menge ‚oder Mehrhelt von Subftänzen ähnlich, und fönne daher nicht, wie jenes, unbegrängt, ober wie diefed , ‘durch andere befchränfr werden. Eben fo wer mig fonne man fie unbeweglich ober bewegt nennen; Unbeweglich fey nur allein das Nichts, well in dieſes weder etwas anders kommen , noch es ſelbſt ſich etwas am derm naͤhern koͤnnte. Beweglich koͤnne die Gottheit aber deßwegen nicht ſeyn , weil Bewegung nicht ohne Veraͤnderung ſtatt finde, und durch jede Beränderung

Die einzige Subſtanz aufhören wuͤrde einzig zu ſeyn ).

Die Gottheit fey alfo (fo ſchloß er endlich) ein einziges, ewiges, fich ſtets gleiches und fohärifches Weſen, das weder endlich noch unendlich, weder unbeweglich noch in Bewegung ) | |

Ungee

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(de Zenen, e. 3.) Er mag nun unter Gottheit bie Welt oder etwas-anders verftanden haben. .

® & muß man bie dunfeln und gewiß verborbenen Worte bed Ariſtoteles verfichen. areıgov yae To un eıvos muß wReigoy movov Ton ov eıvosheißen. Nur mis

diefer Verbefferung iſt diefe Stelle und alles folgende verſtaͤndlich.

—0 Zeno ſchrieb als ein junger Mann ein Wer, in welchem er zu beweifen fuchte, daß aus der Meynung: baß es

mehrere Subftanzen gebe , weit mehr Ungereimtheiten

folgten, als aus dem Grundſaze bes Parmenides, den

.. er gegen Spötter und Widerfacher zu rerten ſuchte: daß

alles nur eine einzige Subftanz ausmache. -Plat, ia Kar, p. 139. Simpl, in Phyf, Aufe, Ari, fol, a.

* ——

Br Ze Dintes Vuch.

Ungeachtet aber Zeno nur eine einzige Subſtan annahm, und auch diefer Einheit mehrere Eigenfchaften queignete und abfprach *); fo befannte er doch telederum, daß ihre Matur ihm unerforfchlich ſey. Wenn er fie aber erfennen konnte; fo würde er,. glaubte er, alle Uebrige leicht erklären fonnen **),.

Der lezte große Mann, deffen ich in diefem Bude kurz erwähnen werde, iſt Meliſſus, ber Befehlshaber der Samiſchen Flotte, und der Ueberwinder ber Athe⸗ nienfer zu einer Zeit, als fie glaubten, daß fie unuͤber⸗ windlich wären ***), Ungeachtet er ein Zeltgenoß des Zeno mar; fo näherte ee fich doc) dlefem und. feinem febrer viel weniger, als dem Renophanes, mit weichen er die Unendlichkeit und Einheit. der einzigen Subflang ohne alle Einfchränfung wider den Parmenides behauptete, - und alle Entſtehung, - Beränberung, Untergang um Bewegung fchlecjterdings verwarf 7). Ariftoteles vers bindet Ihn daher flet6 mir dem Xenophanes, fcheint aber gegen beyde eingenommen geweſen zu feyn, weil er fie feichte und ungrünbliche Räfonneurs nennt, ba doch die PVergleihung der Fragmente diefer Männer mit denen des Parmenides lehrt, daß fie, wo nicht richtig, doch u Zu mit m Er nannte ſie einen Körper, und laͤugnete, daß ſie et⸗ was untheilbares ſey. Was zu einem Dinge hinzuge⸗

than, es nicht vergroͤßere, und weggenommen, nicht vermindere, ſey gar nichts‘ wirkliches. Meteor.

B. d. p. 45.

40) Simpl. j. «. fol, 30. a. ex Eudeme. Unterdeffen laͤuz⸗ nete ober beziweifelte er boy, daß ‚alle wirkliche Dinge ſich an einem gewiſſen Drte fänden oder finden müßten. Denn alddenn müffe jeder Ort wieder in einem Orte kon, a" dieſes ins Unendliche fort. Ari, Phyf. Aule,

‚een. Fr in Periel, I. 640- 647. dr. ‚Col, 629. p. X n Atiſt. Met. I, 5. Phyf, l. 23: +1

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 77

mit fich ſelbſt viel überelnfiimmender , als der Geſezge⸗

ber von Elena ſchloſſen. Simplicius iſt der einzige,

Der ums beträchtliche Stellen aus den Werfen des Mer

Affus *) erhalten har, aus welchen Stellen erhellt, _

daß dieſer Weltweiſe die Lehhre von einer- einzigen Sub⸗

ſtanz vielleicht deutlicher, ordentlicher‘, und ſcheinharer

als irgend einer vor ihm entwickelt habe, daß er aber durch eben dleſe Schriften nicht vieles zur wahren Auf⸗ klaͤrung Griechenlandes beytragen Fonnte *20). Weil er das Dafenn einer einzigen Subftanz in einer eben fo we⸗ nig gemilcerten und eingefchränften Bedeutung, ale Te⸗ nopbanes lehrte, fo mufte er eben wie Biefer die Zeugs niffe der Sinne verwerfen, die er vorzüglich deßwegen für unzuverläffig hielt, weil fie uns diefelbigen Gegen⸗ flände nicht zu allen Zeiten auf diefelbige Art, und mie benfelöigen Eigenfchaften zeigten f).

Machdem ich nun die Geſchichte der ganzen alten Philoſobi⸗ der Griechen vollſtaͤndig vorgetragen habe; fo will ih ned) zum Schluffe die wichtigften Reſultate

[ »

meiner biöherigen Unterfuchungen Eürzlich unter. einem

Geſichtspunkte verfammien,, um meine fefer deſto mehr

in Stand gu fegen, den währen" Zuftand der Wiſſen⸗

fchaften in dem Zeitalter, wo ic) jego abbreche, beurchels ‚fen zu koͤnnen.

Wenn man bie Bemüßungen ber größten Geiſter |

©riechenlandes ‚don denen ic) bisher gereder habe, mit

einem allgemeinen Blicke uͤberſchaut; fo bemerkt man’ -

zuerft mic Bermunderung, daß mehr. al anderchalb Jahrhunderte erfordert wurden, ben wahren Schöpfer

. der.

-#) Cr führt zwey Vuͤcher: eines mepı Qugews n Tegı TE ovros, fol. 15, b. und eins 22 fol. b. eg Yers- vews nous DIogas au. '

ww) Siehe Beylage am Ende. des Abſchnitts. +) Siehe Beplage.

118 Fuͤnftes Bud: ber Welt zu entdecken. Alle Weltweiſen vor bem Ana⸗ xagoras irrten mic ihren Gedanken In der ganzen Matur, wie in einer unbefannten büftern Wildniß umher, ohne Irgendwo Spuren einer fchaffenden oder ordnenden Sott⸗ heit zu finden, die wir jezo ihren größten, wie ihren Bleinften Werfen eingedruckt finden. Die ältern Wahr⸗ heitsforſcher nahmen entweder eine einzige ever mehrere Grundurfachen der Dinge, und die einzige entweder um beweglich, oder auch in einer aunaufhoͤrlichen Bewegung an *y. Man mochte aber einen einzigen, oder einen wielfachen Brundftoff behaupten; fo lleß man Daraus ent, weber durch Gluͤck, Zufall und Ohngefähr, oder. durch eine mehr vorauögefeste, als erklärte ſelbſtſtaͤndige bewe⸗ . gende Kraft, oder durch mehrere entgegengefejte wirkende Urſachen, bie man eben deßwegen, weil man von ihnen Leine Rechenſchaft geben konnte, mic vichterifchen Pas ‘men belegte, ober durch eine blinde Mothwendigkeit, oder endlich burch eine vernunftlofe ‚Natur; die ganze - Welt, und alle Thlere, Menfchen, und Götter eutſte⸗ ben-**), Selbſt nachdem Anoragoras den wahren Gott verfändigt hatte; verfannten ihn noch Immer alle feine Zeitgenoffen (den Diogenes -von Apollonia. ausgenom⸗ men , der aber doch das verftändige fchaffende Weſen, nicht wie Anaxagoras von der Grundmaterie, ans wels cher er alles entftanden glaubte, abfonderte,) und rede⸗ ten gleich den erften Phyſikern von Nothwendigkeit, Sit, Marur und Wirbeln, als den Schöpfern der Welt. Eben fo wenig, oder noch weniger, ale bie Mache, Güte und Weisheit des Urhebers des Ganzen, erkannte man die Majeftäo und Vortreflichkeit feiner er⸗ babenften Werke, Die wahre Größe, Entfernungen | und

%) Ariſt. A. Met, Y .d. Sext. X. 310. an) Arifl, Il, ec. Pit. Aufe, ul, * 8. Hi, doß, de rero

Dev p. 243. 29:

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. | 212 u

und Bewegungen der himmlifchen Körper waren allen alten GSriechlſchen Weltwelfen gänzlich unbekannt, Man hielt fie entweder für Eleine follde glühende Maffen, oder fär. kurzdaurende feurige Exfcheinungen, die an jedem Mor: gen entfländen‘, und mit jevem Abend wieder unters Bingen.

Anaxagoras fiel zwar auf bie wahren Urſachen bie Berfinfterungen der, Sonne und des Mondes; aber er argwohnte eben wenig,. als feine Vorgänger und Zeitge noffen, die Bewegungen der Planeten um die Sonne und bie wahre Geſtalt ber. Eede, auf weicher er wohnte. Auch war er nicht mehr als diefe im Stande, die tänge

bes Sonnenjahrs zu beftimmen, und die Zeitrechnung

ber Öriechen zu verbeſſern. Ueber bie Urſachen der merk, würbigften Deränderungen der Luft, und auf ber (Erde riech man nicht Zlüdtlicher,, als über das Wefen und bie Kräfte der Seele. Man dachte fich die leztere als ein gewiſſes bewegendea und beiebendes Weſen, das fich aber im Menfchen nicht mehr als In den übrigen Thleren, und in den Plangen, ober gar in allen leblos fcheinen«. den Körpern finde, Man verwechfelte allgemeines Ems pfindungsvermögen und Denkkraft, und harte für: die verſchiedenen Aeußerungen der leztern eben ſo wenig Wörter erfunden, als man fie ſelbſt beobachtet und ums. terfchieden hatte. Die rohen Begriffe von der Zeugung der Menfchen und Thiere, die ich angeführt habe, zeis gen, daß man kaum angefangen hatte, die innere Eins richtung dee thleriichen Nature mit Huͤlfe der Zergliedes. rungsfunft auszuſpaͤhen. Wahre Arzeneykunde, ſamt allen mit ihr verwandten, oder von ihr abhaͤngenden Wiſſenſchaften waren noch gar nicht, und von der Sroͤßen⸗ und Zahlenlehre nicht viel mehr, als. die erſten Anfangsgruͤnde erfunden. Die älterten Griechiſchen Weltwelfen .wichen fait ' alle von einander ab, weil ſie nicht der - ein; ſoon

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u 720 Fuͤnftes Bud;

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fondern ihren eigenen unbrwleſenen Vermuthungen folge ten, Unterdeſſen ſtimmten. ſie doch bey allen dieſen Wi⸗

derſpruͤchen in vielen Meynungen zuſammen, die nicht

nur deßwegen Aufmetfjamfelt verdienen, weil fie uns jeigen, wie man anfangs ſich ſelbſt, und die Natur 'anfah, und von welchen Grundſaͤzen man: ausging, fondeen auch, wie eingefchränft die wiffenfchaftlichen Kenutniſſe ver Griechen bis über die achtzigfte Olympiade

‚hinaus blieben, - Diefe Grundfäze nun, welche alle,

oder. Doch ein großer Theil der ältern Weltweiſen als um läugbare Wahrheiten feſtſezten, waren, vorzüglich fol gende: daß unmoͤglich etwasjaus Michts entſtehen, ober

| „to Nichts untergehen fönne *), daß die Zelt ewig fen,

"aß aber alles, was In der Zeit entſtanden ſey, auch

wiederum werde aufgelöft werden **): daß alles in um

- aufhörlichen Verwandlungen oder in einem beſtaͤndigen

Stuffe fen *"*): dab Thiere, Menfchen und Götter aus gefühl » und vernunftlofen Principlis hervorgebracht wor den: daß alle Weſen befeeit, und Pflanzen eben ſowohl

.. als Thiere und Menſchen mir empfindenden und ver nuͤnftigen Seelen begabt fegen: daß es gar Feine Frey⸗

heis der Seele gebe,- fordern daß der Menfch in allen feinen Entfchließungen und Handlungen durch eine zwin gende unwiderſtehliche Nothwendigkelt getrieben werdet):

daß das Gleiche das Glelche anziehe, und durchs Siei⸗

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ſtirne nur kurzdaurende Erſcheinungen ſeyn, oder daß

che erkannt werde: daß Empfindungsvermoͤgen von Denkkraft nicht verſchieden ſey, und daß man-den Zeugs uiſſen dee Sinne nicht trauen koͤnne: endlich daß Die Ge⸗

fie

1. Pbyf,.Arif. 4. Metsph, K. 5. p. 181. se). Pbyf, Ariſt. VIII. 52.

ses) De Coelo Ill, 2. Plat. Theset. © | +) Cie, VI. de Fato, 2

?

Geſchichte der Griechiſchen Welttveiöfeit. 7a se alle um die Erde, als ben Mittelpunct ber Wele, yeruingewälje wuͤrden ). = |

Erſſe Beylage zu S.633.

Leber die Zeitrechnung des Empedokles, Anaxagoras, | Demokrit, Zeno und Meliſſus.

Din ich dieſe fünf Weltweiſen zwiſchen die fiebens igſte und achtzigſte Olymplade ſeze; fo will, Ich damit weiter nichts fagen > als Daß fie nach den Pythagoreern and Älteften Eleatikern, und vor den alten Sophiſten, wenigſtens dem gröften Thelle derſelben bluͤhten, daß fie rernerjalle in, oder nicht lange nach der fiebenzigften Diymplade gebohren murben, und daß endlich einige von hnen wahrſcheinlich ſchon vor der achtzigften, und bie. itbrigen glei) nach der achtzigften Olympiade entweder als Schriftſteller ober als Lehrer der Weltweisheit bes ruͤhmt geworben find. Uebrigens weiß Ich ſehr wohl, und werde es auch foglelch felbft bewelſen, daß ale Phl⸗ loſophen, deren Zeitrechnung ich jezo unterſuche, weit ͤber die achtzigſte Olympiade hinauslebten, und daß eini⸗ ge von ihnen kurz vor, und andere kurz nach der neun⸗ zigſten Olympiade ſtarben. J Auch In der Zeitrechnung dieſer lezten unter den als ten Grlechiſchen Weltweiſen, finder fich noch immer eine

Menge von gar nicht zu hebenden Dunkelbelten, und J

won ſchwer zu vereinigenden Widerſpruͤchen ber beruͤhm⸗ teſten Chronologen und Geſchichtſchrelber. Man muß en BE ſich *) Ich habe es nicht für nöthig geachtet, bey einem jeben Saze bie Beweisſtellen anzuführen, ba man .fie unter . ben vorhergehenden Abſchnitten finden wird, -

j 3 N) . R . \ . . x t . * J

722 Fuͤnftes Buch.

ſich Hier, wie ben Ihren Dorgängern, öfter damit ie gmuͤgen, zu wiſſen, mic ober vor und nach welchen Min nern jemand gelebt Bat, als man angeben kann, in wi

chem Jahre einer gebohren worden, ober geftorben iſt. Vergebens fucht man: in ven alten Schriftſtellen nach einem zuverläffigen und. entfcheldenden Dato, ned welchem fich dad Zeitalter bes Empedokles geman beflim men lleße. Wir wiflen zwar aus dem Ariftoteles, d er, ungeachtet er jünger, und zwar wie Simplicic fagt *), ‚nur etwas jünger als Anaragoras war, dei früher Schrififteller wurde, alö biefer ”*), daß er Im ſechzigſten Jahre feines Alters ftarb***), wie Heralili, und daß fein Großvater nody in der ein und fiebenzigiim Olympiade bey Olympla ſiegte 7). Allein aus aflen bie fen Datis kann man freglich die Zeiten, in melden a lebte , aber nicht genau die Jahre feiner Geburt und fh nes Todes heraus bringen. Eben fo unbeftimme iſt di Machricht beym Diogenes, deren SBerfafler niche befanm ift, daß Empedokles um die 84 Olympiade geblüht har be ff), und bie Erzählungen des Theopkraft, Alkivamat, Satyrus, Glaukus und Simplicius, daß er ein. Zuße zer und Nachahmer des Parmenivdes, und ein Lehret Des Gorgias gewefen 777): endlich dag er nach Thurlum, welche Stadt furz vorher gegründer worden, gegangen ſey. So viel kann man aber bed) aus den angeführten . Zeugniffen fchliegen, daß Empebofles nad) dem Anaro⸗ goras gebohren, aber vor dieſem Weltweifen berühmt ge worden, und geflorben fey. 0 4

"In Phyl, Ariſt. 6.6.

"t) ‚Met, l, 3. 9%), Ap. Diög, VIII 53, . Ib 51. |

+) S. 74. VII, >

tt Siapl.lLe _

—.

Geſchichte ber Griechiſchen Weltweisheit. 723

Iu der Chronologie bes Empebofles find die Data war nicht beſtimmt, aber doch zufammenftimmenb. ir der bes Anaxagoras hingegen trifft man zwar fehr be kimmte, , aber durchaus fid) widerfprechende Nachrichten

n ©), Fuͤr die glaubwuͤrdigſten unter allen Z>ugniffen, uf welche man vie Zeitrechnung bes Aaaragoros grün: en kann, halte ic) mit den eben angeführten Gelehrten tejenigen;, die fich Im ſechſten Abſchnitt des zweyten Buche bed Diogenes von Laerte finden. Hier Helft es rſtlich, daß der gemeinen Meynung nach Anaxagoras ur Zeit des Einfalls des Retxes in Grlechenland **) wanzig Jahre alt gewefen fen, und daß er zwen und sebenzig Jahre gelebt habe. An eben diefer Stelle ſejt Apollodor die Geburt dieſes Weltweiſen in Die ſiebenzigſte, ınd feinen Tod in die acht und achtzigfte Olhmpiade **"); Mit diefen Angaben flimmer die des unbekannten Verfaſ⸗ ers der Beſchreibung ber Olympladen überein, nach wel⸗ her Anaxagoras im erften Jahre der fi ebenyigfken Olym⸗ ziade gebohren wurde.

Wenn man dieſe Data gelten laͤßt; fo iſt es un vohrfcheintich, daß Anaragoras den Anaximenes gehört yabe, wie meßrere Schrifrfteler verſichern 7). Denn venn man auch mit dieſem tebensbefchreiber des Anaxa⸗ 3ora6 annehmen wollte, daß Anarimenes um die Zeit dee Eroberung von Sardes gebohren werden; fo würde marı doch dleſem Freunde des en ein unwahrſchein⸗

| 2 lich

——

e) Man ſehe Bayle Artiele Archalgus, unb Helalus: vie d’Anaxsgere. Memot. do l’Ac,' des Sciences de Ser- He As. 1752. |

es) LXXV, Ol, 1.

un) Denn diefe Zahl muß, wie bie größten Ausieger geurs theiler haben, und bie ganze Übrige Zeitrechnung des Anaxqgoras beweift, ſtatt der aahl 74 geſetzt werden.

+) Siehe Heinius p. 325.

LT B riefter Bud.

lich Hohes Alter geben müffen, wenn Unarageras jelnen Unterricht noch hätte genießen folen. Unwaprfeheinid iſt ed ferner, was Demetrius PHalerius beym Dieze nes ®) verfichert, daß Anarageras im zwanzigſten Jahn, . gerade zu der Zeit, als Zerreö Griechenland mic Aria überzog.und Athen zerſtoͤhrte, nach dieſer Stadt gefom men ſey, und Philoſophie gelehrt habe ”"). Viel wahr ſcheinlicher Hingegen iſt es, daß er unter dem Kallias, den auch Demerrius Phaleteus nannte , und ber In de gıten Olympiade: Aechen war, in einem Alter von 45 Jahren, Das wieder aufblüßende Achın zu feinem Wohn fine gerählt- Habe, Doch umwahefeheinlidger .aber, ai alles. worhergehende iſt dieſes, daß er vierzig Jahre Alter, als Demokrit, und dag er ein Lehrer des Sokrates pe wefen fey. Das lejtere kann man mit Baylen aus meh ern Gruͤnden für. falfch erklären, weil Sokrates alsdenn ben Anaxagoras nicht ſo heftig, und auch nicht · bloß nad) dem, was er in feinen Büchern geleſen hatte, wuoͤrde angeklagt, und bie Feinde des Soktates ihm diefe De kanntſchaft wuͤrden vorgeworfen haben. Ganz unglaub⸗ lich endlich iſt es, was Diogenes erzaͤhlt ꝰ), dab Anaro goras bey dem Anblid des Grabmals, welches Artem⸗ ſia den Mauſolus hatte errichten laffen, die Betrech ung gemacht habe: daß biefes Fofibare Werk das vr mal großer In Steine verwandelter Schaͤze ſey. Erdichter dieſes des Anaragoras unwuͤrdigen Ya bedachte nicht, daß biefer Weltweiſe meift zwanzig Olym piaden vor der Vollendung des Orabmals bes Mauſo lus— geſtorben ſey. Die Anklage des —— feje lodor in das ate Iahe. ber Site »Dlmplabe, 5, 3

2) | -©8) Baylo l, ve) 11,

7) 107. ol. r " BEN

RE 1

Geſchichte ber Griechlſchen Weltweisheit. 725

ur | weicher Erzählung Heinius die Machricht des Diogenes von bem breufigjährigen Aufenthalt deffelben in Achen auf eine.glücliche Art vereinige"). Unter allen Schwie⸗ rigfeiten, welch Bayle und Bruder wider den langen Aufenthalt des Anaxagorqs in Achen gemacht haben, fcheint mir feine von Bedeutung, als diefe, woher es Fam, bag Sofrates nicht ven Anaxagoras, wie alle übrigen berühmten Männer feiner Zeit, gehört ober kennen zu lernen gefucht habe, wenn biefer bis in die Mitte ver

grten Diymplade in Achen verweilte. | | Noch weis vermorrener, als bie Zeitrechnung bes Anaragoras iſt die des Demofrit **). Wenn die benben Data, die Diogenes an der bemerften Stelle aus Wer Een des Demofele anführe, wirklich aus. ächten Schrif⸗ ten diefes Weltweiſen genommen wären; fo würbe es nicht ſchwer werden, die Zeit, mann er gebohren wors den, genau zu beftimmen, Demokrit fell naͤmlich ſelbſt gelagt haben, daß er vierzig Jahre jünger ale Anoragos ras gewefen fen, und daß er feinen uuxeos dioswonues 730 Jahre nach der Zerftögrung von Troja, oder gegen das Ende der achtzigften Olympiade vollender Gabe. Die erfte Nachricht ſtimmt wolllommen mit bee Angabe des Apollodor zufammen, der die Geburt des Anaxagoras in die 70 und bie des Demokrit in bie achtzigfte Olym⸗ piade ſezt. Allein fie Ift wieberum mit dem zweyten Dato, und mit den Zeugniffen aller übrigen Schrifte ftellee unvereinbar. Denn wenn Depipfrie erft In der achtzigften Olympiade geboßren wurde, fo Fonnte er une möglich "730 Jahre nady. der Zerftöhrung. von Troja eine feiner wichtigften Schriften verfertigen. Wollte man aber die Zeitrechnung des Ansragoras, und die | 313 Nach⸗

S, 345. 46. on, an **) Man fehe Diog. IX, 40. & ibi Menag. Bayla Artiele Demossite Net. D, Weſſol. ad Diod. XIV. 647. .

7

26, Fuͤnftes Buch.

Machrichten des Apollodor und anderer Über bie Zeit de Geburt dieſes Weltweifen verwerfen; fotönniee man zwun ‚bie angeblichen Nachrichten des Demokrit von füch feihl mit einander vereinigen, allein alsdann würde Anoxoge 296 wider olle Geſchichte und Wahrſcheinlichkeit Aber fein Zeitalter hinauf geſchoben werden, Bar nämlich Demofric vierzig Jahr jünger als Anaragoras, um „fchrieb doc, eins feiner Werke in der achtzigſten Dim piade; ſo, wuͤrde Die Geburt des Anaxagoras im oder naht an die fechzigfte Olympiade gefege werben muͤſſen, burd weiches Datum alles, was wir von der. Zeitrechnung des Anoragoras und Empedokles gewiß.oder wahrſchein⸗ I wiflen, ungewiß gemacht, oder umgeflogen werben würde, ' nn Da alfo bende Data, welche Diogenes aus dem Demokrlt anführe, nicht wahr fenn koͤnnen, fo frägt ſich's, welches von Ihnen erdichtet oder dem Weltweiſen ‘von Abdera Fälfchlidy zugeſchrieben worden if. Alm Vermuthen nach muß man bies lejtere von dem ange lichen Seftändniffe glauben, nach weldiem Demokrit vier | a Jahre jünger als. Anoragoras geweſen ſeyn fol, en einzigen Apollodor ausgenommen, laffen alle übrige Schrifiſteller den Demokrit früßer ald den Gofratd ‚gebobren werden. &ellius *) fagre. daß Demofrit Sl ter als Sofrates war? Traſyllus **) fezte feine Geburt ins dritte Jahr der 7ıren Olympiade, und Euſeblus läßt ihn gar ſchon im Anfange der Toten Oiympiade bluͤhen, und erft im 2ten Jahre der Yzten ſterben, welche Ange⸗ ben aber ’unftreitig uncichtig find. Die annehmllchſte unter. allen diefen Machrichten iſt die nes Diodor, nah welcher Demokrit etwas jünger als Anapagpras, und um fo viel älter als Sokrates war, daß er der Lehret | 0 | | des

95) xvn. 21. *0) IX, 41. Diog,

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 727

‚es Hippofrates wenigftens durch ſeine Schriften wer⸗ ven konnte.

- Döngefähe um dleſelbige Zeit mit bem Demokrit vurd⸗ Zeno von Elea gebohren. Denn wenn er, wie Diogenes fagt *), um die 79te Olympiade bluͤhte, und vie Plato bezeugt, ein Alter von vierzig Jahren erreicht yatte, als Sokrates ned) fehr jung war, fo kann feine Seburt nicht viel früher aber fpäter als in das Ende der yıten, ober ben Anfang der 72ten Olhympiade Fallen, Ohne Grund ſchloß Bayle **) aus ber Zeit des Todes des Perikles, der in der 87ten Olympiade flarb, daß Zeno fein Lehrer um die 76te Olympiade gebluͤht Haben muͤſſe. Wenn man auch annimmt, daß ber junge So⸗ krates damals, als er den Zeno hörte, nicht älter als 15 oder 16 Jahre war; fo ann man dach die Beburt bes Zeno nicht früher als In das dritte oder wierte Jahr ber 7: , unb bie.Zeit feiner Bluͤthe nicht feßer als im bie 79te Diyımplade ſezen.

Ueber das Zeitalter des Meliſſus finde ich nur eine einzige Nachricht in den Griechiſchen Schriftſtellern. Apollodor nämlich bezeust, dag Meliſſus um bie 84te Dinmplade g:blüht habe, oder arm berühmteften geweien fen ***).. Wahrſcheinlich alfo wurde Meliſſus zwifchen - dem Demokrit oder Zene und dem. Sokrates geboren,

weldyes leztern Geburt In das gte Jahr ber ſieben und

febengigften Olympiade fiel,

Zweyte Beylage zu ©, 709;

ach dem Eiceto de Fin. V. 29, feite Demokrit das hoͤchſte Gut oder die wahre Gluͤckſellgkeit in eine geroiffe 3, 4 euden

——

*) IX, 29. "4, Art, Zenon Not, C, er) ap, Diog, IX, 24.

>

78. Fünfte Wu.

wduwe, ober «Iuußın. Auf diefes Zeugniß seftäg,

kann man mit zlemiidyer Sicherheit diejenigen Fragmente für ächt Halten, in welchen von dieſer euSugusus und adaulın ‚gerebet wird. Dergleichen iſt befonders das‘ herrliche Bruchſtuͤck, welches Stephanus *) aus bem Stobaͤus anfuͤhrt. Aus diefen Fragmenten ſieht man, daß Cicero dieſe eudunse und aIaußıe nicht durch animum terrore liberum, ſondern durch animum oOmnibus turbidis motibus liberum hatte uͤberſezes

ſollen. Demokrit verſtand unter dieſem Worte faſt eben

das, was die Stolker ſich bey ihrer ara Iera dachten: eine -beftäudige Gleichheit, Gelbfigenügfamfeit und Ruhe, oder vielmehr Unerfchätterlichkeie des Semuͤthe bermöge deren man feine meiften und groͤßten Freuden aus fich ſelbſt ſchoͤpft, äußere Guͤter und finnliche Deu

gnuͤgungen niche fehnlich begehrte, nur nach dem trachtet,

was mar mit feinen Kräften erreichen kann, und end lich mit dem Gegenwärtigen ſtets zufeleven iſt, indem

man fich nicht mit denen vergleiche, bie mehr, ſondern

mit denen, bie weniger, als wir befigen und genießen.

Demokritiſch iſt ferner die Sentenz: Zwaoe, ame

+‘

wingm uixen. efercuraı yag wvIewnrros 2E av $ewme. Denn Plinus XXVIII. 6. fage: Venerem damns- vit Demacritus, ut in qua homo alius exiliret ex homine, echt iſt alſo auch **) das Fragment, in welchem Demokrit aller der Gefahren und Befchwer lichkeiten wegen, vie mit ber. Erziehung und Zeugung eigener Kinder verbunden find, dem Weiſen, dem feine

Ruhe lieb fey, anraͤth, lieber Kinder von andern, die . ge prüfen und wählen koͤnne, zu abopriren, . als ſelbſt

Dater zu werden. Man ann ferner alle übrige Frag | 0 | Ä mente,

9 P, 161..Poef. phil, “YP. 174. op. Stepb,

j \

\ oo. a

*r Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 729

mente, bie unmittelbare Folgerungen ber jest angefuͤhr⸗ ten Grundfäze des Demokrit enthalten, ober ihnen doch fehr entſprechen, endlich ſolche, die viel Sinn haben, und in einer alten durch Ausdruf und Wortfügung fegerlichen Sprache gefchrieben ſind, mic Grunde für Demofritifch annehmen. Außer biefen finde. ich aber unter den moralifchen Ueberbleibfeln beym Stobäus und Clemens von Alerandrien, manche, die entweder wegen . der Gedanken, oder wegen der Einkleidung nit vom _ Weltweiſen aus Abdera zu fenn ſcheinen. Für offenbar falſch Halte ich. das Fragment beym Siemens ®), in weichem Demofrit ſagt, daß ef unter allen feimen Zeits genoffen die meiſten fremden Laͤnder beſucht, die meiften ' weiſen Maͤner geſehen und gehoͤrt, daß er alle, mit de⸗ nen er bekannt geworden, ſelbſt die Aegyptiſchen ˖ Arpe⸗ donapten an geometriſchen Kenntniſſen übertroffen , und fich achtzig Fahre außer feinem Baterlande aufgehalten babe. - Ein jeder fieht, daß der Erdichter diefes Frage ments ſich nicht einmal die Mühe gegeben habe, mic einiger Wahrſcheinlichkeit zu erbichten. Ver⸗ dächtig find mir ferner folgende Gentenzen **): Agısov avdenmn vov Bıev diayem as AAsıza eufuum- Herr, nu axısa avındarı. Taro day em Fıs an ei rois Jyyrassı Tas ndovas mooro”**). Fernet ibi p. 265. mavos JeoßiAres, svoıs eX,Ieov To adı-. xıew 7). Nicht weniger ib, p. 168. osıs cuux Ie- 337 | e%-

2 a . #) ‚Strom, I. 304. op. Steph. p. 160, “*) Ap. Stepb, p. 164. ae, Weil Demofrit gar nicht von unvergänglicden Guͤtern re⸗ den Fonnte, und diejenigen verlachte, bie ſich ihrer ‚Sterblichkeit nicht bewußt, vor ben erdichteten Mars tern des Tartarus fürchteten. p. 178. 4) Weil er an Gottgefälligfeit wahrfcheinlich eben fo wenig, ale an Bott glaubte, | -,

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| 70 . Fuͤnftes Bus,

Gæmevei, To æuru, 8X, Euro —E O æu venuæaræ, 39 iaurov, are ru EBUTE, EAX er m TopewTepuv TaV' laurs. ). Endlih ib; Bupw ne Yeodaı pev Xaremov und oRc ToAumaSees von "8x syyscı, weil Ariftoteles V. 6. de civirare den fin, und Diogenes ben andern (1X. L) dem He raklit zufchreibe. Aus einem ähnlichen Grunde zweılle ich an ber Aechtbeit des Fragments 99) Avdasaopu Rocca ‘yy Bern. Yuxns yue dayagns mare 0 xoo- pes und eined andern **®) undıv pallov U. f. w. wæeil der erſte Gedanke von mehrern alten Schriftſtellern dem Anaxagoras, und der andere den Pythagoreern zu⸗ geeignet wird: wiewohl Demokrit ſich dieſe Bemerkun⸗ gen auch zugeeignet haben koͤnnee. Das Bruchſtuͤck P. 177. rov zuduunco9aı vedorrx yon un Bol“ MEXcTEev unTs sms une xown, &c. wuͤrde ich für ächt erkennen, weil es mit ven Begriffen bes Demokrit von der menfchlichen Gluͤckſeligkeit zut zuſammenſtimmt, wenn es mir nicht auf der andern Seite mit einer Lob⸗ rede dieſes Weltwelfen auf das geſchaͤftige Leben und auf die Tapferkeilt zu ſtreiten ſchlene „die Piutarch aufbehal⸗

ten hat D on .. Drit⸗

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*) Diefer Gedanke paßt nur in dem Munde eines Sokre tes und Plato, nicht aber eines Demorrit.

“4, P. 170, |

wo, P. 172.

—————— NaroÄreics, Kal DiAes Bæcunov, ED wv TE Meyaro nei eis v Bıov ywacdas On Anpoxasros (op. X. orı ade Ca. sw &

p. 526.) und contra Colotem ib. p. 628. wv Anpo- —8* ev Korpoewes Tnv Te BoAapinnv TEXyn uE- vignv TON endhidanneaIan, ua Tas Moras dia- zw, aD av Ta MEYER ME —— rorra⸗ rois MVIeumus. |

Seſchichte der Sriechiſchen Weltweisheit. 731 Dritte Beylage zu S. 713.

Di⸗ ganze. Kette von wiberfprechenden Schluͤſſen, ie Plato durch den Parmenides vorsragen laͤßt, und ie man obne Edel und Kopfichmerzen kaum bis ans Ende ‚verfolgen fann, gehört eben fo wenig dieſem Welt⸗ veifen, ober dem Zeno, oder irgend einem ältern Philos ophen zu, als Sefrates bie.tehre von den Ideen, die r ihn in eben biefem Grſpraͤche aus einander fegen läßt, emals vertheibigt hat. Plato feste diefe Reihe von mis derſprechenden Schlüffen wahrſcheinlich entweder im ber Abſicht zufammen, um bie febrart der Dialektiker Durch Webertrelbung lächerlich zu machen, ober um ju jeigen, daß er.eben fo gut, als diefe Sophiſmen auf " Sophifmen häufen koͤnnen, wenn er ſich nur bie Mühe geben wollte. Für Parmenidelſch kann men bie Raͤſonnements Im Geſpraͤche des Plato nicht anfehen, - weil weber Ariſtoteles, noch fonft ein alter glaubwuͤrdi⸗ ger Schriftſteller dem Freunde des Z-nophanes ſolche Sophiftereyen zugefchrieben,, ober Proben davon aufbes halten hat. Sein erſter Grundfaz von einer einzigen -

Subſtanz, den Zene fo eifrig verfocht, nicht weniger

feine Ausfprüche über die Matur und Eigenfchaften dies fee Einheit ſtreiten mit den Trugfehläffen, mit denen

Plato Ihn als einen Greis von fünf und ſechzig Jahren

fpielen laͤßt. Nicht mahrfcheinticher iſt es, daß Zeno wirklich ſo, wle Parmenides beym Plato raͤſonniret, und daß der leztere nur die Gedanken des Juͤngers auf den Meifter uͤbergetragen habe. Denn die Raͤſonne⸗ ments, die Ariſtoteles, ein ungleich glaubwuͤrdigerer Ges ſchichtſchreider, als Piato, Für Zenoniſch ausgibt, find denen im Parmenides zwar in einigen Puncten aͤhn⸗ lich, aber von ihnen auch In mehrern Stuͤcken verfchies. den, wie die Dergleichung einen jeben lehren wird.

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7233 Fünftes Vuch. |

WMan kann aber doch immer ben Yarmenides bes Plate als eine lehrreiche Urfunde anführen, sie die Methode der Dialektiker befchaffen geweſen fey, und eben deßwe⸗ gen will ich einige Bruchſtuͤcke und Reſultate daraus mit isgellen, ba das ganze Geſpraͤch nur ſehr wenigen Sefern ausſtehbar fen, und auch nur etwas flärfer, als be Auszug beweifen würde, daß Plato mit der Phantafı eines. Sehers den Scharffiin, und bie Spisfindigtet eines Scholaſtikers verbunden habe, .

Wenn es eine Einheit oder einzige Subſtanz gibt

Cſagt Parmenives) fo kann diefe weder Theile - Haben noch ein Ganzes fen, well in jedem Falle die Einheit der Subſtanz verſchwinden würde, Wenn fie aber nick aus Thellen befteht, fo hat fie auch keinen Anfang, feh ne Mitte, kein Ende, tell diefe Theile eines Ganım

- find. Hat fie feinen Anfang, Mitte, und Ende, fo iſt fie auch unendlich, und ohne alle Figur, weder rund noch vlerecklgt, u, E w. well eine jede-beftimmte Su ftale eine Mehrheit von Thellen voraus fezen wuͤrde. Die Einheit kan ferner unmöglich Irgendwo, weder In ſich ſelbſt, noch in einem andern Weſen fen: nicht in einem andern, denn in biefem Falle müßte fie das, wo⸗

= Yon fie eingefchleffen wäre, an mehrern Stellen beruͤh⸗ ‚ren, auch nicht In fich ſelbſt, denn alddann würde bie Einheit, die-einfchlöffe,. von der Einheit, die umfaßt würde, werfchleven werden, und aufhören, eine einzig Subſtanz gu ſeyn. Endlich kann die Einheit weder verwandelt, noch von einem Drte zum andern bewegt werden, weil Bermanblung fo wohl ald Bervegurig ohne eine Berfegung von mehrern Thellen nicht gebenkhar it. Durdy ähnliche Schläffe fucht Parmenldes in ber Folge zu beweilen: daß die Einheit weder unbemg: | ‚Nich fen, noch bewegt werbe, weder fich ſelbſt gleich: oder ungleich, noch von fich ſelbſt oder andern verfchieben ſey: | daß fiernicht in einer gewiſſen Zeit eriftire, alfo nie war, |

.

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Sefchichte der. Griechiſchen Weltweisheit. 733

icht iſt, und nie ſeyn wird: daß man fie alſo weder

npfinden noch begtelfen noch benennen koͤnne: daß fie ns und viele, ein Oanzes und Theile, endlich und un⸗

mblich ſey: daß fie ſowohl in fich feibft als in einer ame

ern Matur eriftire, fo wohl fich ſelbſt, ale andere ber ühre: daß die Einheit weder Größe, noch Kleinheit ‚abe, und mweber größer noch Meiner als andere Dinge :

ind Doch auch zugleid, größer und Fleiner als eben dieſe ey: daß es endlich *) weber eine einzige noch viele

Dubftangen gebe, daß fie weder aus einander gefons Jert, noch mit einander vermifcht wuͤrde, noch aus dem Bleichen ins Lingleiche, aus dem Großen Ind Kleine, oder umgekehrt übergingen: und daß auch weber etwas Kleines noch Großes, weder etwas Gleiches noch Un⸗

gleiches, weder Dergrößerung noch Verkleinerung wirk⸗

lich ſey.

Vierte Beylage zu ©. 717.

ie wichtigſten Fragmente ſtehe ‚In feinem Commentar, über die Phyſik des Ariſtoteles fol. 9. a..und fol. 22. b. welches ich in meiner hiſto-

ria doctrinae de vero Deo, p. 335 angeführe habe,

ferner fol, 23. b. und fol, 24. a. Die legtere will ich hier aͤberſezen, weil die Eigehfchaften dee Eleatiſchen Einhelt hirgends fo kurz und fo deutlich angegeben find, als In. diefen Worten des Mellffus: Das ganze Ift daher ewig, unendlich, einzig, und fich ſtets ſelbſt gleich, Es kann

roeber leiden noch untergehen, weder verwandelt noch vergrößerte noch auch. nur gefränke werden. Denn

wenn Ihn fo-etwag wiederfuͤhre; -fo würde es aufhören, eine einzige Subſtanz zu ſeyn. Wuͤrde es nämlich ver⸗ udert

) P, 150, Ed, Baſ. Gr, ,

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m Simpllelug⸗

7234. Zuͤnftes Buch. ändert ober verwandelt; fo koͤnnte es ſich nicht gleqq bleiben; fonbern das, was vorher da war, wuͤrde au tergehen, und etwas, Das border nicht da mar, mürk gebohren werden. Wenn die Welt in zehntauſende von Fahren nur um ein einziges Haar verändert win de; fo müßte fie in einer grängenlofen: Zeis nothwendi - untergehen. Es iſt aber niche möglich, daß fie auch nur umgebllber werde. Die Welt, die vormals da war , iſt nicht untergegangen, und es wird auch keine, die jezo noch nicht iſt, entſtehen. Wenn nichts von neuem hinzukdmmt, nichts vernichtet oder veraͤnden wich, wie kann denn etwas umgeformt werben, da Din ge nur alsdenn umgebildet werben, wenn ſie anbır werden, als fie vorher waren? Das Ganze leidet auch keine Schmerzen , weil fich ein leidendes Unlven fum eben fo wenig, als eine ewig leldende Subſtanz dew Ben läßt )). Wenn das ganze Schmerzen ausgeftj! wäre, fo würde es entweber baräber, daß ihm ermal abginge, oder daß ihm etwas zugefest wuͤrde, leiden, .. und in beyden Jällen ſich nicht gleich. bleiben, Auch kann das Befunde,fo lange es gefund ifi, Feine Schmer⸗ zen empfinden. Denn alsdenn würde die Geſundhelt und dag Wirfliche untergehen, und das, was nicht wich lich war, von felbft entfliehen. Auch glbt es Fi nen leeren Raum : denn leerer Raum iſt nichts oder ein Unding, und ein Unding kann nicht wirklich ſem. Auch wird das Ganze nicht bewegt. Denn es fann nie gends wohin weichen, da alles angefüllt iſt, und fich fein leerer Maum finder, melchen es einnehmen Fünnte. U Eben

GEBE

*) Hier kommen einige Worte vor, beren Bebentung if nicht verſtehe, oder vielmehr deren Zuſammenhang m dem vorhergehenden ich nicht einfehe: adey exu (m 0) ion duvapıy Ta vyırn

Geſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 735

Eben ſo wenig kann es dicht oder locker ſeyn. Das ockere kann naͤmlich nicht auf eine ſolche Art voll, als as Dichte ſeyn: ſondern iſt leerer als das leztere. Ob twas doll oder nicht angefuͤllt fen, muß man auf fol- jende Art beutthellen. Wenn ein Gegenftand einem indern weicht oder Ihn aufnimmt, ſo iſt er nicht voll,

Wenn er weder das eine noch das andere thut; foifter . anzefuͤllt. Nothwendig alſo muß das Unlverſum voll eyn, da fein leeres iſt. Und wenn es voll iſt; fe findet eine Bewegung ſtatt. Die Werte: Eben fo we⸗ nig kann es dicht oder locfer ſeyn: find mir ſelbſt nicht recht verfländlich ; und ıch will daher das Griechi⸗ che herſezen, wenn etwa ein anderer einen beffern Sinn yarinn finden koͤnnte: Truxvov de xou wen 8 av em“ Fo yag mugeiov æx er usov nAeay yo OMOIWS Tw TFUNV®.

—R To œæeœæior Ye: KEVERTELOV YIvETcy TE RUE.

Wegen diefer Pehauptungen rechnete Iſokrates den Mes iſſus unter die Sophiſten. Allein werm dies richtig ge arthellet wäre; fo müßte man den Kenophanes auch einen Boppiften nennen, Ueber die Matur der Görter wagte Meliffus nicht, einen entfcheidenden Ausfpruch zu thun, well wie. von Ihnen feine veiribigende Begriffe halten tönnten IX. 24. Diog,

aäͤnfte Behlage zu ©. 717.

M user den Männern, deren Berdienfte und Gedan⸗ ten. ich In diefem Buche erzähle Habe, lebten in demſel⸗

digen Zeitraume noch andere, die zwar ‚weniger merk⸗

würdig find, aber doc) eine kurze Erwähnung verdienen. Einige davon waren Pythagoreer, oder wurden doch da für gehalten : andere waren tehrer oder Schüler dee Weltweiſen, von denen ich gereder habe; und vor, noch andern wiflen wir gar nit, ob ſie ie von einem der aͤl⸗

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730 Fu

tern Phlloſophen geblldet worden. Ja wie wiſſen felbf

nicht einmal genau, wann fie gelebt haben. Ä Die benden älteflen find Alkmaͤon von Kroton, und Hippaſus, die gemeiniglic, für Pythagoreer gehalten werden. Allein Ariſtoteles unterſcheldet den erſtern beſtaͤndig von’ ben Sreunden bes Samiſchen Weltweiſen, und iſt zweifelhaft, 06 bie Pythagoreer eine gewiſſe Meynung von ihm, ober er von den Pyrhagoreern ange nommen habe”), Er lebte in den lesen Zeiten bei Pythagoras, und hinterließ In einem Werke Beobach⸗ tungen und Gedanken über allerley Gegenſtaͤnde, von welchen Ariitoteles und Cenſorin folgende aufbehalten haben, Er rebete don entgegengefesten Principiis bee Dinge, wie die Pythagoreer, aber auf eine folche ver: wortene Art, daß Arlfieteles feine wahre Meynung nicht errachen Eonnte**). Die Seele hlelt er für unſterb⸗ lich, weil fie mic den Himmlifchen Körpern von aͤhnll⸗ eher oder gleicher Natur ſey, und fich wie Sonne, Mond und der ganze Himmel unaufhoͤrlich bewege), oder ein felbfiftändiges Principlum eigener innerer Bewe⸗ gung befize. Leber die Natur und Entſtehung des Sau mens Bachte er, twie Anaragoras und Demokrit; üser die Urſache bes Geſchlechts in Kindern aber wi . r . . . ° _ nel

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210) I, 2. de Anim,

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Seſchichte der Griechiſchen Welttoriäßeit, y37-

jeren ab, Er glaubte, daß Mädchen erzeugt würden, - yenn die Muster, und Kaaben, wehn ver Date am, ' neiften Saamen Kergäbe "), Ariſtoteles tadelte Ihn zie Recht, wenn er fich einbildete, daß bie Ziegen durch ie Ohren Athem holten **), allein ohne Grund ging e von {gm ab, wenn er das Weiße im Ey für die Milch, oder für die Nahrung der Küchleins hielt **"),- Die Menſchen, fagte er, rennen nur deßwegen ins Ver⸗ erben, well fie bey ihren Handlungen. niche ſtets den Knfang mit dem Ausgange verbinden , ober nicht im⸗ ner das Ende Ihrer Unternehmungen reiflich uͤberle⸗ en”), Andere Fragmente von Meynungen ſtehen eym angeblichen Plutarch, bie ich aber nicht anführe, veil es zweifelhaft iſt, ob fie ihm zugehoͤren 7). Wahrſcheinlich um dieſelbige Jeit mir dem Alkmaͤen ebte Hippaſas von Metapontum, den Diogenes 77) ınd bie Lebensbeſchrelber des Pythagoras ſtets als el⸗ sen Schuͤler des leztern anſehen TFT), Ariſtoteles und Bertus hingegen vom ihnen unterſcheiden 7777). (Eben yiefe Schriffteller fagen, daß er das Zeuer für den Ur⸗ toff und die Gcundurfache aller Dinge, ungewiß, ob, oo Ä vor

8) C. 5. Cenf, de die nat, |

°) if, Anim, A. a. p. 15, x

nee) De Gen. Anl. V. B. aas. Ä

ses) Ari. Probl, . V. 120. . |

+) DePla«, Phil, IV. 16. 17. 18. V. 3. 14. 26. 17.23.30.

+4) VIIl, 84. ug u u

+tH) Jambl. 81. ſ. An diefer Stelle wird er fogar für denje⸗ nigen attögegeben, der dad Wort Afusmatifer erfunden, und die Klaffe von Zuhörern, die dadurch ausgedruͤckt wurde, zuerſt eingeführt habe, oo |

+19 Met, A. y. und Sext, Hyp. Pyrrh. III. 30, & ibl Fabt. IX, 361. advusf, Math, |

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ng hf Bud,

5 wor ober nach dem Heraklit, gehalten Babe *). Uecbe

ben Epicharmus, ber wahrſchelnllch um die 75 Olpmpiche bluͤhte, breite ich mich hier nicht weiter aus, ſondern ke eüife mich auf das, mas Ich von feinen Fragmenten is meiner Hiforia Dodttinae de vero Deo p. 310, 1. geſagt Habe. Auf einige derſelben werde ich unter dem "Artikel von ber Platonijchen Päliofophle guräcktom men.

Sehr oft. habe ich mich darüber gewundert, of von dem Lehrer des Anoragoras, von weichem dieſe - Yen Grdanken des einzigen wahren Gottes, ober ein verfländigen Lirhebers der Welt erhlelt, oder erhalten haben fol, fich vicht mehrere Machrichten in de Schriftſtellern der Alten finden, und daß man fo gat ſeinen Mamen auf fo ganz verſchledene Arten gefchrieben Gar, Ariſtoteles **), Plinius **") Alerander Aphrodb fäus F) und andere nennen Ihn Hermotimus, Em tus, der fich auf ben Ariſtoteles beruft, Hermotimon If), Plutarch, Hermoror, und Valerlus Moximu

dingegen Hermipp ). Wenn Hormotimus ſich ante ben Sriechen zuerſt zu dem Begriff eines weifen Daw meiſters der Welt erhob; fo muſie er nothwendig viel

andere neue und wichtige Betrachtungen anflellen, von denen es faft unbegrelflich iſt, daß gar nichts zu unt gekommen If, Eben fo ſeltſam iſt es, daß alle Schrifo ſteller, ſelbſt diejenigen, die des Hermotimus ermäß nen, dennoch an denſelbigen oder au andern Steller den

che nen aiindinhsniundue Sn ——

%) Siche nad Praep. Er. Euf, XIV, 14. Stob. Eel, Phyl, * 13. da Plac. 1. 13. D 2 vul. 84. weh Ay, Met. PR | m, Vils | 2-Ap. Simpl, in Ari, Phyf. Aufe, Ri, 331: | tt) IK. 7. odrerf. Muhem. . | ith babr ad Sext. l. e. & Pint, ad rin, I. c.

I:

Geſchichte der. Griechiſchen Weltweisheit. v».

‚en Unafagsras bas Derbienft der erſten Berkänbigung and Entdeckung der wahren Gottheit zusiguen. Noll -- e man fagen, daß Hermotimus bewegen wenig bes. annt geroorden ſey, weil er twahrfcheinlich nichts ges chrieben Habe; fo könnte man fagen, und es mis den . Beyſpielen des Thales, Pothagoras und anderer bewei⸗ en, daß Schriften In Griechenland weder nothwendig waren berühmt zu werden, nach um Gedanken und Er⸗ findungen auf fpätere fcheififellerifche Nachkommen fort⸗ zupflanzen. Das Andenken dieſes Mannes hätte, scheint es, Inden Denkmaͤlern der Öriechen um defla länger. blühen müflen, da er bey feinem Leben für einen - göcclichen Welßager,, und einen Dertrauten der Götter gehalten, und nach feinem Tode von feiner Vaterſtabt in einem Tempel verehrt wurde, Hermotimus fiel häufig in Entzuͤckungen, in weichen er des Bewuſtſeyns feiner felbft ; und fein teib aller Empßadlichkeit beraubt murde %% In diefen Ekſtaſen, glaubte mar, daß feine Seele in den entfernteften Gegenden herumſchwebe, weil er, wenn er wieder zu ſich ſelbſt Fam, Dinge offen: barte, von Denen man fich vorſtellte, daß er fie nie hät: te erfahren koͤnnen, wenn nicht fein befferer Thell fich an ganz andern Orten aufgehalten haͤtte, als mo fein. ger. fuͤhlloſer Körper. lag. Being Frau beging an ihm die Verrächeren, daß ſie feinen leib zu einer Zeit, da die Serle Ihn eben. berlaffert. hatte, "feinen Feinden ben Kanthariven überlieferte, die Ihn verbrannten, And ven wiederkommenden Geiſt hinderten, in feinen ehemaligen . Wohnſiz, oder wie Plinius fagt, in feine Scheide zuruͤck⸗ zukehten. Daß man.einen folchen Jongleur Tem pel erbanete, iſt weniger wunderbar, als Daß er zuerſt ben wahren Gott erkannt, und ben Anapagoras ge m = YUa3 © lehrt

——————— —⸗

*, Plin, van. 92. & ibl Interpreten .

, )

- 749 .. Fuͤnftes Buch.

lehet hat. Wilelleicht aber kommt dieſes manchem uk widerſprechender vor, als daß man dem leztern In km pſakus einen oder mehrere Altaͤre errichtete, da man ix in Athen als einen Feind der Götter und Mellglon w Flagte. | u ‚Ungeachtet Anaragoras Feine Sekte fliftete, un Keime Nachfolger Hinterließ, bie fich vom’ ihm genau haͤtten; fo harte er doch, um mit den Griechen zum den, mehrere ‚berühmte Schüler, die alle, ober deq viele von feinen Grundſaͤzen annahmen, und unter % - wen einige, befonders Diogenes vorn Apollonia und & chelaus von Athen, philoſophiſche Schrififteller, ei tehrer der Weltweishelt wurden *), Vom Arche wiffen wie fo wenig, und dies wenige fo ungewiß, ti ich es nicht der Muͤhe werth achte, Die ftreltenden un dabey gleich unzuverläffigen Zeugniffe neuerer Geſchich⸗ ſchrelber einzeln zu prüfen und anzufuͤhren?*). V Diogenes von Apollonia würden wir nicht viel glaubwuͤrdiges als vom Aechelaus wiffen, wenn nid Simplicius und verfchledene Fragmente aufbehalten did ce, bie man bisher gar nicht genuzt hat ***), Die nes hatte mehrere Werke geſchrieben, die der eben ge nannte Ausleger des Ariſtoteles auch nennt; von denel aber nur das einzige üder. die Natur bis auf die Zeit des Simplicius gefommen war 7). Jener glautı daß alle Dinge in der Welt aus demſelbigen u

u et Guusngpp

Ey Eben dieſes kann man auch vom Metrodor von Lanrfı kus ſagen. Vide Diog, Il, ır. | * Dan fehe Bayls arsiele Arshelaus, Diog. II. 16. fir er Fe un, Man ſehe Beyle Artiele Diegens,- - t) Fol. 6. x. 32. db. .,.;: |

a

ii 7

Seſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. 741

fuͤnden, oder daß fie aus der ſelblgen Subſtanz abgeſon⸗ ert und hervorgebracht wuͤrden ®),

, Denn wenn es mehrere gan; von einander ver⸗ chiedene unwandelbare Grundſubſtanzen oder Elemente zebe, aus welchen alle Dinge zufammengrfrzt würden; © wärde nicht altes fo mannigfaltig in einander uͤberge⸗ zen ; nicht fo Häufig verwandelt, und mit einander ders - mifche werden, auch nicht auf eine folche Arc wirken und leiden , und fich gegenfeitig fo nuͤzen und fchaden, als wir erführen, daß jezo geſchehe. Selbſt das Hervor⸗ machfen von Pflanzen, Gefträuchen und Bäumen aus der Erde, bie Entſtehung, Ernaͤhrung und dee Uns . tergang ber Thlere beweiſe, daß der Stoff aller Dinze derſelbe, oder völlig gleichartig fen, und ˖daß alles auch in diefelbige Grundmaterie zuruͤckkehre. Diefen Stoff nun, aus welchem durch Verduͤnnung oder Berbidung alles entſtehhe, und in welchen durch eben biefe Berwam⸗

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®,. Man fehe Ari. de Genen. & earrupt. I. 6. & ipfum Dieg. ap. Simpl. 33.b, Epos de doxss To. mev Fun- Ay BIKE BAVTE Ta OT 0610 TE FAUTE ETE- coukoOcu, Kos To quro end, Ras Faro sudnAor. a yap Ta ev. Tode To Kocuw EoyTos vuy ’yn x⸗ ddo was T' @AA On Dauvarıu ev Tads Tu n0c- Ad Ta, Ei TETay ro regor TE Eros äreeov ov rn idee Ducati, Ku UN To AUTO Es E= . FERIBTE TONNaXws 9 nreaseos 8T0, sdaun gr. pioryeodcu, aAAnAas nduvure, are wDernaus ro Ereow, ara BAudn. ad’ av are Durov an us yus Duvas, are (muy, Bre wAAdyeveoIas &dev, UN ET UNISATO WIE TAUTe sıyas. MAAM Trocy« Tœuro EN TE MUTE Ereugoispueva, aAAota AAO "YIVETOU, KO EIS TO KUTO RYRXMPB.

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rs 0 Hünftes Buch.

delungen alles uniengehe, nannte er buft *), weil er ſr für dasjenige Element hielt, was am meiſten gefd;id:

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ſey, In andere Masuren überzugehen **, Dieſer kuit

eignete er Verſtand zu, oder hleit fe für ein verfis Diges Weſen, well man ohne diefe Vollkommenheit ſich ‚gar nicht vorftellen fonne, role alle Dinge in ver Wer

- „fo herrlich und zweckmäßig eingerichtet , und wie beſon berö die Tags „und Zahrs zeiten und alle Veraͤnderungen der Witterung fo ordentlich abgethellt fenen und auf einan der folgten, Er nannte fie ferner mächtig und greß ; un) ſagte, daß fie allein ewig und unwergänglich ‚alle übrige Dinge hingegen, bie aus Ihe enıfiünden,, ver Aufloͤſurz unterworfen ſeyen *"*), Es: eriftire nichts, was nidı an ige Tell nehme, ober aus ie hervorgebracht wer:

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». 9% Simpl, ib, sDafus de deifas, STI8HIev TH SseyN vœurn vonois TON, 8 ya av Ancıy sro dedæo du . 010y TE UV AVEU Voyaios, WSE KATY METER EYE, Xxæmamos Tau JERBS, KOCH VORTES Moss Npepas,

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N “, Fol, 6. 3. Simpl. Der berähinte Peripatetiker Nikol⸗

us von Damaskus glaubte, daß Divgenes nicht hie Luft, fondern ein gewiſſes Mittelweſen zwifchen dem - Seuer und ber Luft für die Grundurſache aller Dinge gehalten babe. Ap. Simpl. l. e. Diefe Meynun aM aber die Beugniffe aller Miten, die des Diogenes

arwaͤhnen, und die Bruchſtuͤcke des leztern felbit wi nn. >

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Geicihe be Suechiſchen Watweudet 743

se *); unterdeſſen ſey doch die buft ſich ſeibſt ſehr unglelch, indem bie eine wärmer ober kaͤlter, trockner ober feuch⸗ ter, träger oder berveglicher , ald die andere, und auch ſonſt ned) von vielen Seiten verſchieden fen. "Nach. ben Verhaͤltniſſe dieſer Berfchledenhele des Urſtoffs ſyyen nun auch alle. Maturen fu. Anſehung ihrer Geſtalt und ihrer Vollkommenhelten von einander verſchieden. Man muͤſſe die vuft aber nicht bloß als die Grundurſache des Daſeyns, ſondern auch. des lebens, Empfindens und Denfens aller Wefen auſehen. Durch fie lebten, em⸗ pfänden und daͤchten Dienfchen und Thlere, deren See⸗ ten alle aus gleichartiger Luft. beflünden, die waͤrmer

als die äußere, ober Fälter als diejenige fey, aus wechen

die Sonne beftehe **). Der Menich denke, wenn die

Luft mit dem Blute durch die Abern den ganzen Körper

durchbeinde *°*), und er fierbe, wenn das Athemho⸗

fen aufgöre, und bie Beſtandtheile von Suft, wodurch

‚er bewegt, belebt, und regieret werben, von Ihm abge fonders würden. _ Ungeachtet aber die Secten aller Thie. ve gleichartig ,-.umd aus einer wärmern fuft zufammens

geſeit legen 7), ſo feyen fie ſich doch auch nicht wie⸗ Haag derum

—— —— . ) Kuası unde dv, orapın HEregu Tara. HETRXAL de

| 8de dv oncıms To Eragov To ETEOW. GAM&u FAN TOM HEU MUTE TE @egos KOM TNE vonsios sup.

esı vage wohurgnnes. Kas Jeguoragos neu yuxge- .

rTegos, nou EnpoTages, Kos UYEOTEPOS, Ka FRTIHE-

Tecęos, Wal OZUTEROV KIUHTIV EIGV Mor aA moAAca —XE ovng nel Ygoims meipoi.

) Der Saame des Menſchen felbft fey von geiffiger und

(uftiger Natur,

0) Simplicius fagt, daß Diogenes genaue anatomiſche Bu ſchreibungen von ben Adern mitgetheilt habe.

PK. marrorn ray kur | n. Yuxn Ta Aura ss, | un Iuguoregos un re 2. PR un, Ta ken. | 50%»

2 77 Sünftes Buch.

. berum alle gleich; und aus dieſer Ungleichheit der Grabe ber Wärme, weiche ſich in den Beſtandthzeilen der Exe fe fuͤnden, müßten bie Berfchlevenheiten der Sinne und

| Kräfte verfchlevener Menfchen und Thiere erflärt me den ”). J Es waͤre wiber meine Abſicht, wenn Ich ale übrige

: Zeugnifle Griechlfcher Schriftſteller über den Dlogens eben fo ausführlich als die Fragmente diefes Manne

aus einander ſezen wollte. Ich begnäge mich daher du mit, nur noch über einige berfelben eine oder bie andere Betrachtung anzuſtellen. Piutarch ®®). Gefchreibt dk Entſtehung ber: Welt nach bem Diogenes, wo nicht un richtig, doch auf eine fo dunkle und verworrene Art, dag man nach feinen Worten dem Diogenes nochwen big falſche Meynungen zueignen muß, wenn man fih

nicht fehen vorher mit den wahren kehren deſſelben bu Eannt gemacht Hat. Nachdem das Banze (fo foll Die genes gedacht haben) In Bewegung geſezt worben, und die Luft fich Hin und wieder verbänne, an andern Stel

‚fen aber verbicht hatte; fd geriech zuerft das Dichte und

nachher alles übrige In einen Wirbel, es bildeten füchun zaͤhlige Welten , die leichteften Beftandchelle fliegen am höchften , und aus biefen entſtand der Sonnen Körper,

Bayle ***) konnte nicht begreifen, wie Diogenes noch Ay

“N .

To Tea To NA WoANev Vuxgorsges. dus

8 TuT0 To Jeguov Edevos Tav funy ag, au ads var ayIEmra MWAANAus. are diesQrm piye ner 8, aA ase KagRTAnTI ana, Hera argsnewus Ye no Ya = ara KONUTEORE EVBENS TS Öreaoimarcs , RoAyTEOHN no va los. nur maria. Kaı ade Ideas air or Aus Bomera, STE ÖijFor, ETE vonaın re, ‘#9, Man ſehe auch do anim. Ariſt. 1. 2.

Beym Eufebins I. 8. Praep; Evang,

@%6) Ast. Diogene N, B. u

" I

49*

Gäecſchichte der Sriechifchen Weltweidheit. 745 Verduͤnnungen der fuft reden konnte, Ba er fie doch für. die feinfte aller Subſtanzen erklärt Härte, Allein diefe Schwierigkeit Härte ſich der berühmtefte unter allen Mörterbuchfchreiberm leiche auflöfen kͤnnen, wern ee nur bie Fragmente gelefen hätte, in welchen Diogenes ſelbſt ſagt, Daß es zwar nur eine einzlae Grundſubſtanz, bie Luft, gebe, daß aber dieſe ihrer Gielchartigkeit uns geachtet fich nicht durchgehends gleich, fondern bald duͤn⸗ ner, bald dichter fen, - Mit mehrerm Grunde kann men ben Plutarch tadeln, daß er bie Miennung des. Diogenes fo vorftelle, ald wenn er mit dem Heſiodus ober den aͤl⸗ teften Weltwelfen geglaubt Hätte, daß entweder das Dhngefähr oder eine blinde Kraft den Grundſtoff aller Dinge in Bewegung gefet habe, da doch Diogenes dis Luft für das ſelbſtſtaͤndige Prinelplum Ihrer eignen Bewe⸗ gung und der Bewegungen aller aud ihr entflandenen Dinge hlielt. Die Ausfprüche viefes Weltweiſen von unzähligen Welten und von Wirbeln, wodurch fie here vorgebracht worden, waren hoͤchſt wahrfcheintich Die Urs fache, warum &implielus fagte, daß er bie kehren des . $eukipp und Anaragoras (und man kann nach hinzufezen des Anarimenes) mit einander verbunden habe *). Beoanſe war ungewiß ; ob der Derfaffer bed Buchs ‚von den Meynungen ber Weltweiſen allenthalben, wo er vom Diogenes ſchlechthin ohne weitere Beſtimmung redet, den Diogenes von Apollonla, oder auch andere Weltwelfen diefes Namens verftanden gabe, oder nicht ? Allein meinem Urcheite nach. kann man gar nicht zwei⸗ fein, bag dieſer Schriftſteller, wie fein Ausfchreiber Stobäus , nicht an allen Stellen, die Bayle anfuͤhrt **), . ben Schüler des Anaxagoras im Sinne gehabt habe. _. Baple ift aber nicht wolliiändig in der Angabe der Ab | daas. ſchnuit⸗

). ec. fal. 6. h. *. N c

F \

146 Zuͤnftes Buch,

ſchnitte, wo Meynungen des Diogenes von Apollonia gefunden werden, und. ich will fie Daher zur großen Bar

quemlichfeic neugieriger Leſer berichtigen *), Weg eine

tchärfern Unterfuchung einer jeden einzelnen Stelle des

falſchen Plutarch wuͤrde man aber, glaube ich, oft finden, daß er die Gedanken des Diogenes bisweilen ‚warichtig gefaßt, umd befchrieben habe. Zur‘. Probe

waͤhle Ich nur das Capitel, worinn er von den Seelen der Thiere redet, V. 20. Movornc METEXEN eV UT

TU YONTR HI EOOS 5 Om de TE MEY TUNVETNTER Ta de mreovacuor (10 ſchreibe ich. mit Reisken) zus vyeasics,

‚ante diavosoycı, unre miodaveoda,, meoaQrews d’au- ra dianssadas TOIs meumvooı, BALERTAINOTOE TE NY

poviws. Wenn mar es auch gar nicht einmal rügen wil, daß an diefer Stelle das verftändige Weſen und

"De luft als verfchievdene Naturen angefehen werben, |

ſo kann man es doch zuverſichtlich für falſch erklären, daß Diogenes den Thieren, denen er an mehrere Stel⸗ len feiner Fragmente dleſelbigen Grundkraͤfte mic dem Menſchen zuſchrieb?), glle Empfindung ſollie abgefpro, chen haben. Wenn er fie auch mit Wahnſinnlgen und Mafenden verglich; fo Fonnte er ihnen doch deßwegen nicht das Vermögen durch die äußern Sinne Gegen * fände wahrzunehmen, und. von ihnen angenehme und unangenehme Einprüde zu erhalten, fireltig machen. | Die lejte. Anmerkung über ben Diogenes von Apol⸗ tonla beteife feine Zeitrechnung in welcher fein gleich⸗ namigter Lebens beſchreiber mehrere grobe Fehler gemacht W f

, 9 LEI I. 8. 13.23.32. IM, 2.15. IV, 5. 16.18. V. u 15.20. 23. Hiemlit verbinde man - Ari. Hill. eniı, my, ß@. de Refp. I! Cliem, Paedasgog. I, 105. Ceufos,

a7

. 5. u. , *) Samy, Puxy KO VON. BE 4 1

\,-

Pd

N ° J

Seäcecſchichte der. Griechiſchen Weltweiheit. 747 bat ®). Diefer nämlich nennt jenen erſtlich einen Scha⸗

fer des Anaximenes, und einen Zeitgenoſſen des Anaxa⸗

goras, und gleich) nachher einen tehrer des Anayarch, welchen den Alexander auf feinem Zuge nach Aſſen beglel⸗

tete, amd ohngefähr hundert und jwainig Jahre ſpaͤter,

als Anayagoras blühte, Diogenes war gewiß fein Schäfer des Anopimenes: benn er lebte nach dem Ana⸗

xagoras, von welchem es fich nicht einmal mit einiger

MWahrfcheinfichkeit behaupten läßt, daß er mic dem Anas rimenes perfänlich befannt geworben ſey. Mit dieſer Bemerkung ſtimmt das Urtheil des Simplicius zuſam⸗

men, welcher ſagt, daß Diogenes faſt ber juͤngſte unter

allen denjenigen geweſen fen, welche unter den Griechen vorzugs weiſe Phoſiter der Natutforſcher genannt wor⸗ ”),

j ben“

‚Demötelt war gläcticher ald Auoxagoras. Er en hielt, wenn man dies anders ein Gluͤck nennen kann, Schoͤler, die ſich von Ihm nannten, bie aber nur bie . ins Zeitalter des Epifur fortdauerten, als-Durch weichen . fie gänzlich verdrängt, wurden, Der berühmtefle unter

dieſen war Metrodor von Chlos, ber ein Werf hinter

lteß, dem er eben. den Titel gab, ben bie aͤlteſten Welt⸗

weifen faft allen ihren Werken überfchrieben hatten #*®), .

Sie größten Gefchichtfchreiber der Grlechlſchen Philoſo⸗ phie, Ariſtoteles, Sextus und Cicero erwähnen biefes Weltweiſen hoͤchſt ſelten; und was wir alſo von feinen

Saat noch Abrig baden; i Ru faſt alles in einem .

. pi \ er ———

“) Diog, IX, $ 7 * —* 7.

—9 "Cie, de. Quao-IV. 2}. - tenebrieufon, fic enim appellat acer, (fenfus) is, qui bume maxime eſt ad» mirstus, Chius Metsodorus initio Jibri, qui eſt de oarura, Auch Naufiphanes der echrer des Epitur, war ein Demakriteer, de Nat. Rear. l. 26.

—*8— 4

748 Fuͤnftes Buch. Puracchifchen Fragmente, und In den Büchern bes

Verfaſſers von den Meynungen der Weltweiſen. Nach

dieſen Bruchſtuͤcken zu urtheiten, nahm Mesrobor die

erfien Grundfäge feines Meifters alle an. Er behau⸗ ptete mit thm eine unendliche Menge von Atomen, einen

“unendlichen leeren Raum, unendlich viele Welten, ums Dunkeiheit ‚oder Unguperläffigkeit dee Sinne, . Auch re

dete er ganz mit ben Worten und Graͤnden ber aͤlteſten Eiealiker, von ber Unmöglichkeit der Entſtehung wirkli⸗ cher Dinge, von der Ewigkeit, Unenvlichkelt und Unbe⸗

weglichkeic oder Unmanbelbarfeit bes Ganzen *), „Seine Meynung über die merkwuͤrdigſten Erſcheinungen bee

4zuft und dee Erde ſtehen begin angeblichen Plutarch und beyun Seneca **), Wenn man neue Beweife von ber

Nachloͤſſigkeit des erſtern Haben will; fo leſe man bie

Art, wie er bie Hypotheſe des Metrodor über das Erde

‚beben in dem zulezt genannten Copitel vorſtellt, und ver

‚gleiche. fie mit der Erzählung bes Eenca, “Ron fehe,

in wie einem. falfchen Sichte ber eben 'getabelte Schrift⸗ ſteller die Sehnde fezt, womit Metrodor die Unendlich kelt von Welten bewies **®), orı dameyos nur To Aaandos INA ER TE AWEER TA TI uva Ei UN Ye 6 Koonos Memsemoueves, Ta darin at“ . amrign, ef av Ode 6 nonnes Yeyıvar avayıy reg sa. Um eben dieſer widerlichen Nachlaͤſſigkeit willen,

“und weil er nirgends bemerkt, ob ee Meynungen des

Metrodor von Chlos, ober des Schülers des Epifur

anfuͤhrt, zeige ich nur Eurz die übrigen Stellen au, wo

‚eines Metrodor Erwähnung geſchieht T). Die Mey 2 nn nung : : —— —— =) Plut. sp. Euſ. 1. 8. keraep. Ekr..— #2) III. 1. 3. 4. 5. 779.13. Sog. Nat, Quact. VI. 19. %) I. 3. £ ü u | nn ) De las, 1. 5 18. n. 15. 17. 18. 2% ..

'&

Seſchichte der Griechiſchen Weltweisheit. | 249

aung über die Unendlichkeit oder unendliche. Zahl von Welten) eignet. Stobäus dem Epikureer Meer, ber un ) |

Wenn n man ben Zeno ich; ja den Sorhiſten 8 net, fo iſt er der erſte Oriechiſche Weltwelfe, der gleich ben leztern ums Geld lehrte. Ihn hörten Perikles, Pythodor und Kailias, unter welchen die beyden leztern ihm feinen Unterricht mit hundert Minen belohnten ©**), Pythodor lehrte wiederum in Athen, wie man aus dem Parmenlves des Plato ſieht 7), und Hatte mehrere

Schuͤler, unter welchen auch ein Antiphon bemerkt wird FF), der wahrſcheinlich mir dem Antiphon einerley iſt, deſſen Meynung uͤber die Urſache ver Sobrigkeit des Meerwaſſers der angebliche Plutarch anführt-+4+), und der auch vom Johannes Stobaͤus in feinen bwſiſchen

Excerpten einige male genannt wird. Ä Ä

Maprfcheinlich gehoͤrt In den testen Abſchnitt der erſten Periode der Griechlſchen Philofophle ein gewiſſer Hlppon, den Sertus 41 einen Rhegler, andere einen Meta⸗ pontiner , und Acıtorenus einen Samier nannıe 4). Atiſtoteles führer feinen Ilamen zwar .mic in dem Vers zeichniſp der Maͤnner an, die über bie Grundurſachen

9) 1.5.

. #0) Eelog, Phyf..p. 52.

as®) Plut, p. 281. in Ale, L.

+4) p. 138.

4) HE 16. ' +4+}) Hyp. Pyırh. M. 4. ade. Math. IX, gor. 4444) Hypot. Pyerh. 111. 4. adverf, Maihem. ıX, 360. 44444) Cenfor. da die Nat. ..

DO. Fünfte Buhl der Dinge Unterfangen angeſtellt hätten ®), allein er hält es nicht der Mühe werth, feinee Sebanken ju - erwähnen, weil feine Borftellungsare gar zu roh und einfältig fen *°),. Sextus fage.*"*), dag Hippen das

Steuer und das Waͤſſer als: die-Principia aler Weſen angenommen habe. Mach dem Alerander von. Achrodi⸗

ſa ****) hingegen hielt er. eine gewiſſe Feuchtigkeit für

‚den Urſtoff der Welt, ohne zu beſtimmen, ob er untet diefee Feuchtigkeit tuft oder Waſſer verſtehe. Endlich gab er einem allegorijitenden Ausleger des Hefi (0b zu folge, ber den Hippon einen Atheiſten nennt, die Erbe für- die urſproͤnaliche Materie aus, aus welcher. afles eniſtanden fen +). Aus der Meynung dieſes Weltwei⸗ fen über die Natur der Seele muß man ſchließen, daß Alexander feine tehre von der Grundurſache am ridjtig ⸗· ſten vorgeftelle babe. Hippon gehörte nämlich zu den ſtumpfſinnigen Philoſophen, welche die Subſtanz der Seele ſich ald feucht dachten, wahrſcheinlich —— ſezt Arlftoteles hinzu. weil der Saame aller Thiere eine gewiſſe Feuchtigkeit iſt Hp). Mehr Wahrhelt finder. fi) in den Beobachtungen, vie Centorin 1P), und ber an⸗ gebliche Plutatch rm dleſen? Mantie aneignen, und in . denen

eniusfintenlite Grüssen: ABS ÄTEELEn DU’

f | NN U

Met, a, %.

v, inKavn uev Yirp ax or vis fımosıe —E neru 7er, da Te. eureAnar are 7m Ts Au yoross. _

ses) il. te Bu

..n I. p. 1a In Met, ain.

). Fobr. ad Soxt. Hyp. IN, 4

77) De Anton, |, 2. | +4DC5.67.

+49 V. y. dePflae

Geſchichte der Griechiſchen Welt weisheit. 75. denen ich weder Widerſpruch mit ſeiner Hypotheſe über das Weſen ber Seele, noch auch andere puren. von

Erdichtung antreffe. Diefem Schriftſteller zufolge‘ glaubte er, daß der Saame von Marke abgefonders

werde, und berief fich, wenn Cer ſorin ihn recht verſtan⸗

den hat, auf die Erfahrung: daß man in Thleren, die man gleich nach der Vermiſchung toͤdte, das Mark gar nicht erfchöpfe finde. einer Mennung nach würden Kinder ganz allein aus dem Saamen des Vaters, und zwar aus dem Flärkern Knaben, aus dem fchwächern Mädchen gezeugt: der Saame der Murter hisgegen trage nichts zur Zeudung bey, weil er ganz verſchuͤttet, und oft von Weibern, befonders, von Witwen ohne Zuthun eines Mannes weggelaſſen werde. Seltſam iſt es, daß er das Haupt für den Si; der Seele hielt, da igm die Seele ſelbſt eine Zeuchilztet zu ſeyn ſchlen ). |

Außer lefen Männern ie Ariſtoteles noch fuͤnf andere an, bie allem Vermuthen nach zwiſchen ber ſieben⸗ zigſten und achtzigften Olympiade bluͤhten. Die beyden erftern. find Hippofrateb yon Chios, und deſſen Sc:üter Aeſchylus, deren Erflärung von den Kometen den Be: “griffen der Pythagoreer ähnlich war "*). Auf diefe fol... gen Kleidanus und teophanes , von melchen benden gleichfalls nichts zu uns aefommen iſt, als die Erklaͤrung bed Blins vom erftern *"*), und bie Meynung des fejtern über die urſeqe der Erruguns von Kindern beyderley Be

ſchlechts |

. \

ö— —— nn

cC, 7. Cenf.

an) Man ſehe Metoot..l. 6. und Helalu⸗ difiertation. fur Oenepidar P. 412.

) Met. B. «8. pP Tle

7 Zhnfted Buch.

ſchlechts ®), Der lezte If Denoplbes von Chlos, der ein Zeitgenoß des Demofrit war **), und über weichen Helnius die wihrigften Stellen der Alten geſammlet 1°"), ‚Den Diogenes von Melos rechnet man zwar ge —* au den Ei⸗ atiſchen Philoſophen, allein er war nicht ſowohl ein Weltweifer, als ein unjinnig ſchwaͤrme · riſcher Wlderſacher der Goͤtter und Neligion feine Bär ter... Mein Urtheil über ihn findet man in der Hifto- ria doctrinae de vero Deo B 346. * Aslot. ap. a8, libr, de Plıe, eul. v. 7. eey IX, 4x. Diog., sce) Memolres de l’Academia de Berlin de Panude 1746. “pe 401.

Ende des erſten Bandes.

zerbeſſerungen zum erſten Theil des Hm. of: Meiners Gefchichte des: Urſprungs, Sortgange und Verfalls der Wiſſen · | ſchaften. ngeachtet ich mein Manuſcelpt Kluft einigemale ſorg⸗

faͤltig durchgeſeben, und nachdem es ſauber abgeſchrie⸗ ben war, von einigen Freunden babe nachſeben laſ⸗

ſen 3 fo fihd doch folgende Schreib; und Deudfeblee

ſteben geblieben, weiche ı man zu verdiſſern bittet,

« .. 1 P _ _ 7 _7 0, ie din sie

5.6. gell y für hofter, ige —*— and: or m len Stelen fär ſamlen fanumlen... Ser 3. In der Note für Herodots 23 2 7. 3. 11. für gemeinſchaftuich —E und fo in allen Worten, die von ſchaffen Derfommmmm. 5, 8. 3. 16, binter geblieben, fee waren. > 3, 20, für auf das auf’. . . . 10, 3, 18, für in einem * in einen. Bu . 11. 3. 3. für Verzweifelung = Verzweyfelung. & durchgehends für weifeln zweyfeln. 5. 13. B. Ior.für, deewegen deßwegen. So In ber Falge alevthalben. 3. 15. 3. 10. "für vortraflichen vortrefflichen, 3.16 3. 26. für beivafaeten bewaffneten 5, 19. 3. 1. ſtatt aus ihren aus feinem, 3, 20. 3, 13. hinter geſtorben del. ſeyn. 3, 21. 3. 5. Matt Kolonien == Eoroaten, und ie Re: per Edrper. Ä b. 3. ar. für Drlgena = Yegina, | 8. 23. 3. 10, rät dens = dan, | Ä u | ©. 24,

#9

-

/

‚Beudfeblen 5

S. 26. in ber Nöte für. Dampbilien - Hampbotlen.

ib. in der erſten Note für Neon Telhos Neon Teiches

S. 26. für. gricchiſch foniſch Haar. Souifh, „x: und fo In ahnlthen Faͤllen.

©. 37. 3. 10. fr Etaatdförper Branche.

©. 32; 312, für -Öfneten" oͤfneten*

|

ib, 3. 9. für ſchiften Kläfften. °

©. 33. 3. 2. für a

ib. Rot. 2. vor 1, 14. 19. füge ‚Herold. .. S. 37. 3. 14. für feit . un | ©. 41. In der Mote Reh für Bularchii Balarcti. | ©. 46. in ber. Rote für Soſwides Sofladee. | ©. 48. 2. 1. bluter gelangt, fege war.

. 8.53. 3, 26. für Herakſſß Herafilt,

©. 55, Net. a, feje hinu Strab, DE RG Juͤr 11:12 al." en

©. 58.3. 4. fuͤrdie wich N ©. 60, 3 31% fir berlobr = verlor

83.3. NE fa = ea =

Ibt 3% Ts; fir Rato Gate, Ä ©. 70. 3.7. für Heſtod Mllod.. . 74: 3. 3. für welchen weichen. | 8. 75. 3 3% ‚binter auch; fee noch. ©. 76.3. 2. hinter entflanden , fee: waren. ib. 3. 23. für maren wären. &. 30, 3: 1. In ber Note für juveni inveni. ©. 83. 3. 3. in der etſten Note für Teöpns— und für eugy Xpuen. ©. 85- 3: 20. für verjagen verfagtens ©. 36, 3. 6. für dieſer bil, | ©. 87. 3. 9. für den kokebaͤmonier den Lakebamonſen | ib. 3. 13. für veißreitite verbreiteten. u

-Ib, 3. 16, für babe haben.

S, 90, in der legten 3. fit ſen Rab;

S. ↄ33. 3. 28. . Darm pin —J

Drudfecblers

S. 96. 3.1. für de Könige der Ringe. ©. 105. 3. 8. für die der S. Lin, unten fir grurnen - —REE und In ber beit, -ten Rote. für Lib. V. Lib: VL | u ©.11a. ungen ia Ber Rote für am 79 devuæ m. Tydsuud. ©. 128.3. 11. für Batylus Barbndut, | . , &. 134. In der zweyten Note, Rast Aut. Auct. "ib. in .der dritien Note für Pıttitus Pittakus. ©. 136. 37.24, dinter Maͤßiakeit, fere in der Folge: ©, 140, In ber. Mate deleatur der Iejte Abfay: : im unſe. bung des Erſtern u. ſ. w. S. 148. fücoiesirren berieren. | ib, in ber Note für ya yalıc. -&. 152.3.9: für Lichtskreiſes kichtkrelſes. x &, 161. 3. ı2, für vorausfaben vorausſehen. ©. 163. 3. 7. hinter angeboten , fee worden. 68, 167. 3. 3. hinter kennen, fege lernen. ©. 177.3. 2. für großen größten. ©. 186. 3. 1. für felgern, fpätern frühere fpli tere, - S. 199, 3.10. für Aleant = glearch. | S. 197. unten in der Mote, fir die In, ©, 198.3. 26, für hatten hatte, ,@. 208. 3.8. für fie und | &. 210. 3. 10, für zugeſtanden juacfand. ib. 3. 21, für hat hatte. j ©, 223. 3 13. für einmal elü einziges mal, ©. 230. 3. 19, für alUgemeinen allgemein, ©. 233. 3. 18. für frug fragte, ©, 253. 3. 7. für falle fi. ©. 261. 3. 15, für Wann Won, ©, 233. 3.21. für aus mit, ©. 292. 3. 2 für daß dat. ©. 295. In der zwepten More für I, 416, IL 41. £ \ © 303,

Dru &fiblen

©. 303. 3 für Hippobolus Hlppobotus. &, 311. 3. 11. für denen = ben, 8 321, 3. 14. hiater Potbageras, fege vom Noms; 33 in der Note fuͤr veyen Pora⸗ veyeadore ib. für Memeoyuareonevoy - WERE 00 . Ib. für a9 - ur. ©. 324. in der Note für surfeyvan —2* ib. fuͤt Omumuædes OAummiadon. ©, 334.93. 126, für Hermehanap grmpancn ©. 344 für ſtimmen fimatn, S. 362. In der Rote 3.5. fuͤt fe don. ©. 363.3. 5, für Edunte = konnte | ©. 333 ß 17, für ehſpticher abfragen.

Drutfihlen

©. 303. 3, > für Hppobolus Hlppobotus.

©, 311. 3. 11. für denen den,

©, 321. 3. 1. biarer Pyihagoras, fege dom Roms; S. 323. In der Note für yeysadoraı = Yeypaderen Ä ib, für MEwgosyuareouevoy - FERLRYHRTEUKEM. ‚Ib. für sa9o A xade

S. 324. In der Note für ufeyyar nrexvas.

ib. für OAnuriades OAuumiades.

©. 334.3. 26, für Hetmehanap Hermehanap, ©. 344. für ſtimmen flimmtn,

S. 362. In der Rote 3. 5. für. fe ſchon.

©. 363. 3. 5. für Edinte = konnte

©. 333. 3. 17. für abſprechen abſprachen.

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