MARINE BIOLOGIGAL LABORATORY. Received ^^ ^H- " /.^r7 Accession No. V ö" '-f Given by o I o a; i e , wie Begriff der Ent- ' ' _ ^ ' ' wickelungs- sie aiK'li niiiider zwockiiiiißii^ genannt wird , ist eine inor|)holoiJ;isehe gescWchte. Wissensehaft und hat als Endziel die Darleijuns; der Gesetze, nach denen die Gestaltung der organischen Wesen entstanden ist. Im einzelnen zerfällt die Entwickelungsgeschichte der Tiere ebenso wie die der Pflanzen in zwei Hauptabschnitte : 1 ) in die E n t w i c k e 1 u n g s g e s c h i c h t e der Einzelwesen oder Individuen (Ontogonie, IIaeckel) und 2) in die Entwickelungsgeschichte der Organismen- reihen (der Gattungen, Ordnungen, Klassen und des gesamten Tier- reiches) oder die Stammesgeschiehte (Phylogonie, IIaeckel; Zoogo- nie, Phytogonie). Die Entwickelungsgeschichte ist eine Wissenschaft der neueren Zeit, oeschicbte der . ^ ^ . ' Embryologie. denn wenn aucli das Altertum embr^ologischer Kenntnisse nicht ganz entbehrte und namentlich Akistotkles, dieser größte Naturforscher der auistoteles. alten Kulturvölker, eine Menge feiner Beobachtungen über die Zeugung und Entwickelung der Tiere uns überliefert hat, so treten doch zusam- menhängende, vollständigere Darstellungen erst im Mittelalter auf. Die Mittelalter. bedeutendsten unter diesen im 17. .lahrhundert sind die Arbeiten von Fallopia (1600) und M. MALPKiin (1687) über das Hühnchen, neben denen noch A. Spkielius (1631), C. Needham (1667) und Ruvscii in betreff des Menschen und der Säugetiere, IIarvey (1652; Onuw vivuni c^r ovo)^ Re(;nei{ de Graaf (f 1673; Follikel im Eierstock), Swammerdam (f 1685; Furchung beim Frosche) und LEErwENiiOEK (1690; Samentierchen) zu nennen sind. Kölliker, örundriss. 2. Aufl. 4 Eir>leitung. Aldin. Haller. WOLFF. Blättel■theori^ Pandei:. DÖLLIN(;Eli. I);is IS. .lalii'hun(l(M-t hat neben 7\i.i!i!\is [Icones ossiiwi foeliis) und A. V. llu.i.Kii (I^jUw . der Knoelien und des Ilei'zens) einen Mann erzeiuU. von dein wii- mit Ueelil die \\ issenscharUiehe l^jnhryolopjie datieren, Kasi'ak FRiKDiiieii WoLFF (gel). 1733 in IJerlin, gest. 1794 als Akademikei* in Pe- tersburg). In seinen zwei Hauplarlteilen : Theoria (/oieralioiu's 1759 und neformdtione intestinontm \ 768 u. 1 769, hat Wulff nieiit nur bedeutungs- volle allgemeine Betrachtungen angestellt (Verteidigung der Epigenese gegenüber der Evolutionstheorie u. s. w.) und die Entwickelung des Hühn- chens in einer Weise bearbeitet, wie dies noch nicht geschehen war, sondern auch zum ersten Male ein zusammengesetztes Organ, wie den Darmkanal, auf eine einfache blattförmige Anlage zurückgeführt, was ihn schließlich zu der Vermutung brachte, dass alle Haupl- sy Sterne des Körpers aus einfachen blattförmigen Anlagen hervorgehen. Durch diese wenigstens einem Teile nach durch That- sachen begründete Hypothese ist Wolff der erste Vorfechter der soge- nannten B lätter theor i e geworden, welche dann durch Pam)er und v. Baer ihre wissenschaftliche Begründung und durch Bkuiiiert und Remak ihre weitere Ausl)ildung fand. Mit dem Nanien Blii tter theor ie l)ezeichnet man die Lehre, der zufolge alle Hauptsysteme des Körpers aus einfachen blattförmigen An- lagen hervorgehen, welche aus dem befruchteten Eie sich l)ilden. Da der Hühnerembryo, der von altersher der Ausgangspunkt der end)ryolo- gischen Untersuchungen war, leicht nachweisbarer Weise an der Stelle des Hahnentrittes aus dem scheibenförmigen Keime h.ei'vorgeht und zur Zeit, in der die ersten Gefäße sichtl>ar werden, noch bestinuuter die Form einer rundlichen Platte besitzt, so lag es sehr nahe, blattförmige Bildun- gen als Ausgangspunkt für die Gestaltung des embryonalen Leibes auf- zustellen. Ganz andere Schwierigkeiten machte dagegen der Nachweis, einmal, wie die einfache blattförmige Anlage zu den späteren Organen und Systemen sich gestaltet, und zw^eitens, dass dieselbe aus mehreren Schichten von typischer Bedeutung, den sogenannten Keimblättern, be- steht. In letzter Beziehung gelaug Christian Pander hier in Würzburg unter der Leitung Döllingers in seiner Dissertation [liist. metamorpho- seos, quam ovum iiicubatum prior ibus quiiiquc diebus .'^ubit, Wircebiirgi 1817) und in seinem Beilr. zur Entwickelungsgeschichte des Hühnchens im Eie (Würzburg 1817) zuerst der Nachweis von 3 Keimblättern, die er ^on außen nach innen das seröse Blatt, die Gefäßschicht und das Schi ei m b 1 a tt nannte, und Karl Ernst v. Baer, ebenfalls einem Schüler DöLLiNfiERS und teilweisen Zeugen der PANDERSchen Untersuchungen, war es dann vorbehalten, die Keimblätter noch genauer zu bestinunen und namentlich auch dei'en Umyeslaltuneen in ein bestimmtes Licht zu Einlcitunt;. 3 setzen (Über Kntvvickeluugsgeschiclile der Tiere. Beohachtuiii: und He- tlexion, Teil 1 1828, Teil II 1837). Durch dieses Werk ist v. Baku in der giiinzendsten Weise in die Fußtapfon Wolifs und Pandkus iiclrelen , und darl" dasselbe sowohl \veij;en des Heielitunis und der VortrelVIicIikeit der Thatsaelien als auch der (Je(liei:;enheit und Grolk^ der allij;eiueinen Betrachtuni^en halber un- b t' (I i ns» t al s das beste bezeichnet werden, was die ein bryo- lügi sehe Litte ra tu r all er Zeiten und Völker auf zu w ei sen hat. Üie Leistungen Baers im einzelnen so namhaft zu machen, wie sie es verdienen, ist hier ganz unmöglich, und beschränke ich mich auf folgendes. Das Thatsächl iche anlangend, so geben seine Arbeiten einmal die erste vollständige und l)is ins einzelne durchgeführte Unter- suchung über die Entwickelung des Hühnchens und stellen zweitens auch diejenige der übrigen Wirbeltiere in einer Weise dar, wie sie noch nicht dagewesen war, so dass er als der eigentliche Schöpfer der vergleichenden Embryologie zu betrachten ist. Wollte man vo.\ Baers Entdeckungen besonders hervorheben, so müsste man S;i stein für System, Organ um Organ aufzählen, indem sein Scharfblick und seine Ausdauer überall Neues zu Tage forderte, und begnüge ich mich daher damit, als wichtigste Funde die des wahren Ovulum der Säugetiere [De Oci mammul. et hominis genes i, Lipsiae 'IH'i'll)^ der Chorda dorsalis und der Entwickelung des Amnion und der serösen Hülle zu er- wähnen. Ebenso groß wie in der Beobachtung war v. Baer auch in seinen Reflexionen, und gebe ich in folgendem eine kurze Skizze seiner theoretischen Auffassungen. Nach V. Baer ist der Keim in der ersten Zeit wohl an seinen Ober- tlächen von verschiedener Beschaffenheit, außen glatt, innen mehr körnig, aber nicht in Schichten spaltbar und namentlich in seinem Innern nicht differenziert. Später erst macht sich eine Trennung in zwei Lagen bemerklich, eine animale und vegetative, in der Art, dass erst die Oberflächen sich sondern und dann auch die anfangs in- dill'erenle Mille in eine obere und untere Lamelle sich spaltet, so dass dann jede llauptlage aus zwei Schichten besteht, die animale aus der Haulschicht und der Fle ischschicht und die vegetative aus der Gefäßschicht und der Schleimschicht. Aus diesen Scliichlen entwickeln sich dann in zweiter Linie, was v. Baer Fundamenlal- organe nennt (Bd. I Scholion Hl S. 153 und Scholion IV S. 100; Bd. H S. (37 u. fg.), welche nach ihm die Form von Röhren haben. So bildet die Hautschicht die Hautröhre und die Röhre des cen- tralen Nervensystems, von welch letzterer v.Baer zwar die aller- erste Entwickelung nicht verfolgt hat, aber doch aus guten Gründen 4 Einleitung. in sehr henierkeusvvei'ter Weise iiii' Hervorgehen aus den mittleren Teilen der lljuitschiclit annimmt (I S. 154, 165, 106; II S. 68 Anm.). A US der T I e i s c h s c h i c h t entsteht die D o p p e 1 r o h r e des K n o c h e n - und M u s k e I sy s t e m s mit der u n p a a r e n k n o eh e r n e n Achse, die Gefäß- und Seh leim seh i cht endlich formen einmal in Verbin- dung; miteinander die Röhre des Üarmkanals und außerdem die erstere allein die freilich verwachsende Röhre des Gekröses. Aus diesen wenigen fundamentalen Röhren entwickeln sich dann zugleich mit histo- logischen Sonderungen und morphologischen Differenzierungen in der äußeren Gestaltung alle späteren Oi-gane des Körj)ers, in welcher Re- ziehung ])esonders hervorgehoben zu werden vei-dient, dass v. Rakr die Sinnesorgane zur Nervenröhre, dann die Speicheldrüsen, Leber, Pankreas, Lungen zur üarmröhre. endlich das Herz, das dem Gekröse homolog gesetzt wird, die Nebennieren, Schilddrüse, Thymus, Milz, WoLFFschen Körper, die echten Nieren und die Geschlechtsdrüsen, wenigstens bei den Vögeln, zum Gefäßblatte stellt und von demselben ableitet. Neueste Zeit. Nachdem so die Entwickelungsgeschichie des Hühnchens im 2. und 3. Dezennium unseres .lahrhundei'ts ihre erste wissenschaftliche Regrün- dung und eine mustergültige Vollendung im einzelnen gefunden hatte, wurde sie endlich, im Zusanunenhange mit den Entdeckungen Schw.\nns über die elementare Zusanmiensetzung der Tiere, in das Stadium ge- führt, in dem sie jetzt noch sich befindet, in welchem das Restreben der Forscher darauf hinausgeht , d i e K e i m b 1 ä tt e r u n d F u n d a m e nta 1 - Organe v. R.\ers auf ihre histologischen Elemente zurück- zii führen und den Nachweis ihres Zusammenhanges mit der Eizelle zu liefern, mit einem Worte, die ganze Entwickelungsgeschichie histologisch zu begründen. Da die wichtigsten, hier in Retracht konunonden Momente in diesem Werke ausführlich zur Resprechung ^ kommen werden, so soll hier nur noch in Kürze über die Hauptgesichts- punkle gehandelt werden, die bei den embryologischen Untersuchungen unserer Tage sich als maßgebend erwiesen haben. Eieinentare Erstcns die Z u r ü c k f üh TU u g der Keimblätter auf die Ei- Vorgange bei der _ ~ Entwickeiung. y ^j 1 1 p anlangend, so hat sichergeben, dass die letztere, nach einer eigentümlichen Vermischung des männlichen befruchtenden Elementes oder der Samenfäden mit Teilen des Eies, durch fortgesetzte Zellen- bildiing, die meist als Zellenteilung in Gestalt der sogenannten Fur- chung auftritt, eine große Zahl von hüllenlosen kernhaltigen Elementen (Protoblasten) erzeugt. Diese bilden durch besondere Anordnung die Keimblätter und liefern in ununleibrochener l'ornd'olge, ohne dass durch Einleitung. 5 selbständige Zellenbildung andere lillemente dazu kiinien. alle spateren Elcrnentarteile des fertigen Geschöpfes. Zweitens wurde die Entstehune der Keinihliitter selbst und ihre ,^"!.-''^'^¥,''\'J^ LIrni»ilduiig in die späteren Orgaue der Gogensland vieler und sorgfälti- ger Untersuchungen, unter denen vor allen die von Remak lange Zeit hindurch die maßgebenden waren. Nach Re.mak (Unters, üb. d. Kntw\ Kemak. d. Wirbeltiere 1S50 — 55) besteht die Keinihaut des Hühnchens am ge- legten Eie aus zwei Schichten, zu denen dann noch ein mittleres Blatt hinzukommt, welches von dem ursprünglichen unteren Blatte sich ab- zweigt. Aus diesen drei Keimblättern entstehen alle Organe und Systeme des Körpers, und zwar liefert das äußere oder sensorielle Keimblatt die Epidermis und das zentrale iNervensystem. außerdem die Linse im Auge, das Epithel der (iehörblase, die zelligen Elemente aller Haut- drüsen, die nervösen Apparate des Auges samt der Aderhaut und den nervösen Teil des Geruchsorgans. Aus dem mittleren oder mo- torisch-germinativen Blatte entstehen das Knochen- und Muskel- system, sowie die peripherischen Nerven, ferner alle bindegewebigen Teile und Gefäße mit Ausnahme derer des zentralen Nervensystems, die sogenannten Blutgefässdrüsen , die Urnieren und die Geschlechts- drüsen. Aus dem inneren Keim blatte endlich oder dem Darm- drüsenblatte lässt Remak das gesamte Darmepithel hervorgehen, ferner die Epithelien aller Darmdrüsen (Lungen, Leber, Pankreas etc.) sowie der Nieren. — Somit besteht nach Remak im allgemeinen der Keim aus zwei epithelialen Blättern und einer Rindegewebe (Knorpel, Knochen), Gefäße, Muskeln und Nerven enthaltenden mittleren Lage, die in Verbindung mit den beiden andern Lagen die Haut und die Schleimhäute und alle Drüsen liefert, eine Aufstellung, bei welcher allerdings einige Ausnahmen das Gesamtbild trüben, wie die, dass das äußere Keimblatt auch die Gefäße der nervösen Zentralorgane und der Aderhaut liefern soll und das mittlere Keimblatt Nerven und Drüsen- epithelien (Urnieren, SexualdrUseu). Nichtsdestoweniger wurde die REMAKSche Keimblätterlheorie allgemein mit großem Enlhusiasnms auf- genommen, und mit Recht, denn dieselbe verbreitete zuerst ein helleres Licht über den Bau und die Verwertung der Keimblätter und die histo- logischen Beziehungen derselben zu den Organen und Systemen des fertigen Organismus. Au den Hauplzügen dieser REMAKSchen Keimblättertheorie haben bis auf die neueste Zeit fast alle Forscher festgehalten, wenn auch schon im einzelnen manches anders gestaltet wurde, in welcher Beziehung vor allem der von mii- versuchte Nachweis, dass bei den höheren Wirbel- tieren das mittlere Keimblatt vom äußeren Keimblatte abstannnt, her- ß Einleitung. vorzuhebeu ist, ferner die His und Baifoir geglückte Entdeckung, dass das äußere Koinihlall das gcsanile iServensysleni liefert. Wesentlich Neues hat eigentlich nur Ein Forscher aufzustellen versucht und zwar His. His (Unters, ü. d. erste Anlage des Wirbellierleibes 1868). Der Grund- gedanke von IIis ist der, dass der Embryo des Hühnchens nicht einzig u n d a 1 1 e i n a u s d e r K e i m s c h c i b e d e s g e 1 c g t o n lu c s s i c h a u f - baut, wie fast allcEnibryologcn vor ihm angenommen hatleu, sondern auch aus einem Teile des weißen Dotters. Aus der Keim- scheibe entwickelt sich nach His das gesamte Nerven- gewebe, das Gewebe der fj u e r gestreiften und der glatten Muskeln, sowie dasjenige der (echten) Epithel ien und der Drüsen. Aus den Elementen des weißen Dotters geht das Blut hervor und das Gewebe der B i ndesubsta nz. Die crstere Anlage nennt His Haupt keim oder Archi blast und nach seiner her- vorragendsten physiologischen Leistung Neurobl ast; die zweite heißt Nebenkeim oder Parablast, auch Haemoblast. Diese Lehre, die auf neue Studien über die Entwickelung der Primitivorgane des Keimes sich gründet, stützte His auch noch dadurch, dass er den Nachweis versuchte, dass auch der weiße Dotter des Hühnereies aus Zellen besteht und dass das ganze Ei aus einer doppelten Quelle stammt. Nach den Auseinandersetzungen' von His ist nämlich beim Hühnereie das Keimbläschen und das Material der Keimschicht archi- l)lastischen Ursprungs und hat den Wert einer Drüsenzelle, während der Dotter von parablastischen Teilen, d. h. von eingewanderten Binde- substanzzellen des Eierstockes abzuleiten ist. Diese Darstellung von His , obschon geistreich durchgeführt und scheinbar durch viele vortreflliche Beobachtungen gestützt, hat bis jetzt bei keinem Foi'scher volle Zustimmung gefunden, und war nament- lich ich genötigt, mich dagegen zu ei'klären , dass irgend ein Teil des weißen Dotters des Hühnchens an dem Aufbaue des Embryo einen direkten Anteil nehme, welcher Ansicht in neuerer und neuester Zeit viele andere Autoren sich anschlössen. Mittlerweile hat auch His seine Anschauungen insoweit geändert, als er nunmehr die Beteiligung des weißen Dotters an der Bildung des Embryo weniger betont und das Hauptgewicht darauf legt, dass das Blut, die Blutgefäße und die Binde- substanzen aus einem besonderen embryonalen Primitivorgane sich an- legen, das in der Area vasculosa seinen Sitz habe. In letzterer Be- ziehung haben Waldeier und Räuber an His sich angeschlossen, wogegen ich selbst ein solches Primitivorgan (Parablast His, Waldeyer : Desmalblatt Räuber) nicht annehmen konnte und wie Remak die Bildung der Bindesubstanzen in das ganze mittlere Keimblatt verlegte. Nur in Einleitung. 7 einer Beziehung: konnle u'li Ilis ret-lit t;ol)en , wonn er die Bildung des Blutes und (l(>r (iefäße in dem Kaudloilo der Kciinluuil vor sieh liehen und die Gefiisse von liier aus in den Euihi-yo hineinwachsen lässl. Man vergl. Ilis in seiner Zeilschr. 1876. 77 und IS82; Waldeyer, Archihlast und Parahlasl im Arch. f. mikr. Anal. Bd. 22; Räuber, Die Kntw . der Gewebe und die histol. Systeme in Ber. d. nal. Ges. zu Leipzig 1883: KoELLiKER, Die emhryon. Keimhliitter und die Gewebe in Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 40; Kollmann in Bio!. Gonlralbl. III und Recueil zool. suissc 2.] Weitere Untersuchungen über die Keimblätter führten Götte. mich selbst und 0. Hertwig zu der von den REMAKScheu Ansichten ab- weichenden Annahme, dass dieselben nur für die morphologischen Vor- gange Wert haben und keine histiologischen Primitivorgane sind, sondern potentia und zum Teil actu die Fähigkeit besitzen, verschiedene Gewebe aus sich hervorzubilden. Diese Behauptung findet eine immer bessere Begründung in den vergleichenden Studien der neuesten Zeit, welche namentlich darthun, dass das Muskelgewebe und Epithelialgewebe aus allen drei Keimblättern entstehen kann und dass das innere Keiml>lalt gewisser Tiere (Amphioxus) alle histologischen Funktionen des mittleren Blattes anderer zu übernehmen imstande ist. Diese vergleichend embryologischen Untersuchungen sind überhaupt bezeichnend für unsere Zeit, und sind nachstehende Forscher als diejenigen zu be- zeichnen, die in neuerer Zeit dieses Feld am eifrigsten bebaut haben: in England: Balfour, Fräser, Ueai'E, I1ü\ley, RavLankester, Milnes Marsiiall, Parker, Schafker, Scott, Sedgwick, Turner, Weldon, Wiiitman; in Russland: Bobretzki, Kowalewskv, Metschnikoff, üwsjannikof. Repiachoff, Salensky, Ussow; in Belgien: Bambeke, E. v. Beneden; Fol in der Schweiz; Hoff- mann in Holla n d ; in Frankreich: Balbiani, Barrois. Cadiat, Dareste, Duval, Hallez, Lacaze-Duthiers ; in Italien: Ercolani. RoMun ; in Deutschland und Oesterreich: B. Benecke, Braun. Claus, A.DoHRN, M. Fürbringer, Gasser, Haeckel. IIatschek, Densen, 0. Hertwig, His, Kupffer, Lieberküiin, W. Muller, Öllacher, Rauber. Schenk, Selenka, Skmi'er, Strahl. Weismann. Endlich erwähnen wir noch die Leistungen der neueren Endjryo- logie mit Bezuu; auf die E n twi ck elun esgesetze. Hier ist vor allem i^utwickeiungs- ö ~ DD gesetze. der Darwinismus zu nennen, der durch gewisse seiner Vertreter, vor g Einleitung. ' allen durch E. Haeckel, den Nachweis versucht hat, dass die Ent- wickelun!j;s|j;eschiclilc der Einzelwesen oder die Ontogonie nichts anderes sei als eine kurze Rekapitulation der Stanuncsgeschichte oder Phylogonie und einzig und allein aus dieser sich erkläre, Anpassung und Ver- erbung sind von diesem Standpunkte aus die Triebfedern der Slannnes- geschichte, und da jedes einzelne Wesen in seiner Eutwickelung. wie Haeckel behauptet, nur die Stammesgeschichte wiederholt, so kann man auch einfach sagen: )idie Phylogenese sei die mechanische Ursache der Onlogenesec Andere, obschon auch Anhänger einer Deszendenzlehre, die die höheren Organismen von einfacheren abstammen lässt, sind wie ich der Ansicht, dass die DARwmsche Aupassungslehre nicht genügt, um die Umbildungen der niederen Formen zu erklären, und behaupten, dass die Entwickelungsgesetze der Organismen noch gänzlich unbekannt seien (s. m. Entw. 2. Aufl. S. 377. § 29). Von dieser Seite wird, im Gegen- satze zu derDARwiNschen allmählichen Umbildung der Organismen inein- ander, eine sprungweise Umgestaltung angenommen und eine mit vielen Urformen beginnende(polyphyletische)Entwickelung für wahrscheinlicher gehalten als eine von einer einzigen Urform ausgehende (monophyletische) Abstammung der Lebewesen. Ganz anderer Art ist der Versuch von His, die ganze Ontogonie auf mechanische Verhältnisse zu begründen, dem wir schon in seinem großen Werke begegnen und der auch in einer zweiten Schrift (Unsere Körperform, Leipzig 1875) wiederum njit Energie verteidigt wird. Die Hypothese von His, dass der ganzen Eutwickelung des Körpers verhält- nismäßig sehr einfache mechanische Momente (Spannungen von elasti- schen Platten infolge wechselnder Wachstumsgrößen gewisser Teile, Faltungen derselben infolge von Widerständen u. s. w.) zu Grunde liegen, verdient nicht bloß deshalb alle Beachtung, w-eil sie der erste Versuch ist, die Formbildung im Sinne der neueren Naturforschung logisch zu begründen, sondern weil sie auch unstreitig viel Wahres an sich trägt. Ich habe jedoch His gegenüber hervorheben müssen (Entw. 2. Aufl. S. 396), dass jedes Wachstun) von Organismen in erster Linie und wesentlich aus dem W^achstume ihrer Formteilchen herzuleiten sei, eine Aufstellung, der auch Rai;ber im wesentlichen sich angeschlossen hat (Morphol. .lahrb. Bd. 6 S. 1 — 22 . Nichtsdestoweniger ist anzuerkennen, dass die mechanische Seite der Entwickelungsvorgänge bisher viel zu wenig gewürdigt worden ist, und haben wir es His zu danken, dass er zu erneutem Studium derselben die Anregung gegeben hat. Einleitung. 9 W i c h l i g s t e e ni I) i" \ o 1 o g i s c he L i 1 1 e r a t u i* . A. Haiulbüchcr. Valontiri, Handijucli der Enlwickolungsgcscliiclilc des iMoiischen. Berlin 1835. R i soll otf, Enlwickclungsgeschiclito der Säugetiere und des Mensclien. Leipzig 1842. II. Untlike, Enlwickelungsgeschichle der Wirbeltiere. Leipzig 1861. A. K u i 1 i k e r, Entvvickelungsgeschichte des .Menschen und der liöhei'en Tiere, f . .\utL Leipzig 1861, ±. AutL 1879. Französische Übersetzung 1882. Schenk, Leiirbuch der vergl. Embryologie der Wirbeltiere. Wien 1874. M. l'" oster und K. M. Balfour, The Clements of embryology. Part. L (Hühnchen) London 1874, auch in Übersetzung durch Kleinenberg. Leipzig 1876. W. IJis, unsere Korperform und das physiologische Prol)lem ihrer Entstehung. Leipzig 1875. Romili, Lezioni di Embryogcnia umana e comparata dei vertebrali. P. L Embr. generale. Siena 1881. P. II 1. Syst. nervoso 1882. F. M. Balfour, Comparative Embryology. Vol. L London 1880, Vol. I1 1881 . Deutsch Jena 1. Bd. 1880, 2. Bd. 1881. Ferner sind zu erwähnen die Darstellungen der lünihiyologio in den llandl)üchera der Physiologie von J. Müller, Blrijach, R. Wagmch, FliNke, Brlckk, Longet, A. Fick (Ph. Slöhr), in der Anatomie von S.\i'Pey (3. Edit. Vol. IV p. 821—944. Paris 1879), in der Anatomie von Qiain, neueste Auflage, im llandwörterbuche der Physiologie von Wagner durch BisciioFF, und W. Preyer, Spezielle Physiologie des Embryo. 1 . und 2. Lief. 1883. 84. B. Entwickeluugsg^escliiclite des Meuscheii. Hunt er, Anatomia uteri humani gravidi. London 1773. Sömmering, Icones embryonum human. Francof. 1799. Se iler. Die Gebärmutter und das Ei des Menschen. Dresden 1831. B r e s c h e t, Etudes anatomiques sur l'oeuf humain. Paris 1 832. Velpeau, Embryologie ou Ovologie humaine. Paris 1833. Erdl, Die Entwickelung der Leibesform des Menschen. Leipzig 1846. Coste, liistoire generale et particuliere du developpcment des corps organises. 1847—59. PI. i— XII. A. Ecker in den Icones physiologicae. 2. Autl. 1851 — 59. Taf. XII — XXXI. His, Anatomie menschlicher Embryonen. I. Embryonen des ersten Monates mit einem Atlas. Leipzig 1880. II. Gestalt und Größenentwickelung bis zum Schlüsse des 2. Monates, 1882. Henke, Zur Anatomie des Kindesalters, im Handbuche der Kinderkrankheiten von Gerhardt. Bd. I. A. Kölliker, Zur Entw. des Auges und Geruchsorgans menschl. Embryonen 1883. C. Eutwickelungsgeschichte der höheren Tiere. ). Große vollständige Werke. von Baer, Über Entwickelungsgeschichte der Tiere, Beobachtung und Reflexion. 2 Th. Königsberg 1828 und 1837. 10 Einleitung. Raf hkp, Entvvickeliingsgesciiichtc tier Natter 1839, der Schildkröten 1848 und der Krokodile 1866. Reichert, Enlvvickelungsleben im Wirheltierreiclie 1840 und Entwickelung des Meerbciiweincliens 1862. Biscliül'f, Enlwickclungsgeschichte iles Kaninchens 184a, des Hundeeies 1840, des Meerschweinchens 1852 und Abii. der Bayr. Akademie II. Kl. Bd. X, und des Rehes 1854. Hemak, Untersucliungeii i.iber die Entwickelung der Wirbeltiere. Berlin 1850 — 55. W. 11 is, Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbcitierleibes. Leipzig 1868. C. Gölte, Entwickelungsgeschichle der Unke. Leipzig 1874. Ball'our, The development of the Elasmobranch fishes. London 1878. 2. Mon ügra ph icn der neueren Zeit, liier nenne ich die Untersuchungen über Säugetiere von liensen (.Meer- schweinchen und Kaninchen), E. v. Beneden (Kaninchen), E. A. Schäler (Meer- schweinchen), A. Kölliker (Kaninchen), Selenka (Nagetiere), Kupffer (Arvi- cola). Lieberkühn (Keimblätter), Ileape (Meerschweinchen), Fräser (Nager). Ferner sind zu erwähnen die Arbeiten von Gasser (Primitivstreifen), M. Braun (Wellenpapagci), 0. llertwig(das mittlere Keimblatt), 0. und R. Herlwig (die Coe- loratheorie), Kuptter (Reptilien, Gaslrulation), Strahl (Reptilien), Duval (Vogel), Koller (Keimblätter), Ph. Stöhr (Schädelbildung), Born (Ductus naso-lacrymalis, Kiemenspalten), Stieda (Kiemenspalten), v. Wijhe (Nerven und Semiten der Sela- chier), Uskow (Coelom) , Toldt (Perilonacum) , Rüge (Sternum), Löwe (Nerven- system), M. Nussbaum (Geschlechtsorgane). Erster Haui)tal)scliiiitt. Von der Eiitwickeluiig der Leibesl\>rm und den Eiliüllen, § I- lüdeiii ich iiiicli zur \ - iL ^S^, '^ä - Fis. W. A' f^m /tu/ Fig. 12. § 5. Erste Entwickelung des Hühnerembryo. Bildung der Keimblätter. Wir wenden uns nun zur Schilderung der ersten Entwickelungs- stadien des Hühnerembryo im gelegten Eie , die wir als Ausgangspunkt der ganzen weiteren Schilderung nehmen. Mit der Bebrütung des Eies treten rasch hintereinander große Ver- Fig. 11. Die Keimscheibe eines Hühnereies mit Segmenten und Kugeln senkrecht durchschnitten. Vergr. SOmal.g'fZ gelber Dotter, wd weißer Dotter, hd ungefurchter Bildungsdotter, 5' großes Segment, s kleines Segment, Ä- Kugeln. Fig. 12. Senkrechter Schnitt durch die Furchungsstelle eines Hühnereies aus dem Uterus. Vergr. 30mal. s großes Segment, 5' kleines Segment; fr große ein- schichtige Randkugeln, fc' kleinere Kugeln aus der Mitte geschichtet; wd weißer Dotter. Bildung der Keimblatter. 27 änderungen an der Keimhaut auf, die in den ersten Zeiten wesentlich auf folgenden Vorgängen beruhen. Erstens wächst das gesamte Blastoderm rasch in d e r ^'^*''\^'^^X?^,'^''^1" «^ tum des ülasto- Fläche und dehnt sich so über einen immer größeren Teil derms. des Dotters aus. Von 3,5 — 4,0 mm, die die Keimhaut im unbebrüteten gelegten Eie misst, vergrößert sich dieselbe, die jedoch in ihren Rand- teilen nur aus dem äußeren und inneren Keimblatte besteht, bis zum Ende des ersten Brüttages auf 1 1 — 12 mm und beträgt am Ende des zweiten Brüttages 24 mm und darüber. Am Anfange des 4. Tages ist der Dotter von dem Blastoderm schon fast ganz umwachsen, bis auf eine kleine Stelle an dem dem Embryo gegenüberliegenden Pole, und am Ende des 6. Tages ist auch diese kleine Fläche sozusagen ganz von der Keimhaut bedeckt, so dass die- selbe nun einen den Dotter ganz umhüllenden Sack darstellt, welcher der später zu schildernden Keimblase der Säugetiereier gleichwertig ist. Eine zweite wesentliche Veränderung erleidet das Blastoderm KelmHätten mit der Bebrütung dadurch, dass es sich verdickt und in eine gewisse Anzahl Lagen sondert. Die allererste Umgestaltung nach dieser Seite beruht in derEntwickelung eines zusammenhängenden unteren Keimblattes, wenn ein solches nicht schon vorher da war, und in der scharfen Sonderung desselben von dem äußeren Blatte. Dann bildet sich eine Verdickung in der Mitte des Blastoderms in Form eines langgezogenen Streifens, des Primitivstreifens, der die erste Spur / des eigentlichen Embryo darstellt, und zugleich differenziert sich das Blastoderm so, dass es nach und nach in drei Blätter zerfällt, welche Blätter die Ausgangspunkte aller weiteren Entwickelung sind. Wir be- zeichnen dieselben als 1) äußeres Keimblatt, Ektoderm, Ekto- blast*), 2) mittleres Keimblatt, Mesoderm, Mesobla st**), und 3) inn eres Keimblatt, Entoderm, Entoblast***). Sind die^e Umgestaltungen eingetreten, so beginnen d r i 1 1 e n s \7erun^e"der Differenzierungen in den einzelnen Blättern, verbunden n^itdreiKeimbiatter. weiteren morphologischen Veränderungen, infolge deren dann die ersten Organe des Embryo auftreten, unter welchen 1) ein Achsengebilde als Vorläufer der Wirbelsäule, die Rückensaite oderChorda dorsa- lis^ 2) ein rinnenförmig gestaltetes dickes Blatt, die Medullarplatte, die Anlage des zentralen Nervensystems, 3) paarige würfelförmige Körper zu beiden Seiten der Chorda, die Ur wir bei, und 4) lateralwärts davon gelegene dünnere Blätter, die Seitenplatten, die Hauptrolle spielen. *) (Sinnes- oder sensorielles Blatt, Remak; Epiblast, Balfolr.) **) (Motoriscli-germinatives Blatt, Remak.) ***) (Darmdrüsenblatt, Remak; Hypoblast, Balfour.) 28 Entwickelung der Leibesform. Wir betrachten nun die angedeuteten Veränderungen im einzelnen genauer. Entwickelung j)jg S 0 u d e T u u e der Keim haut in zwei Blätter oder die des Kntoderms. ~ Entwickelung eines zusammenhängenden unteren Blattes fällt in die ersten Stunden der Bebrütung und ist um die 6. — 10. Stunde in der Regel vollendet. Fragen wir, wie dies geschieht, so ergibt sich folgendes. Infolge der Furchung entsteht, wie wir oben sahen, zuletzt eine in der Mitte dünnere, an den Rändern dickere, aus Furchungskugeln gebildete Scheibe. Von diesen Elementen sind die oberflächlichen in der Entwickelung weiter voran, kleiner und körnerärmer und differenzieren sich meist schon vor dem Legen der Eier zu einem deutlichen äußeren Blatte. Die tieferen, größeren, körnerreicheren Elemente dagegen bilden am Rande der Keimhaut schon vor dem Legen des Eies eine zusammenhängende dicke untere Lage, den Keim wulst, in der Mitte dagegen stellen sie anfänglich eine noch lockere, mehrschichtige Lage dar, welche infolge der Bebrütung nach und nach zu einem zusammenhängenden ein- schichtigen Blatte sich gestaltet, indem ihre Elemente sich verschieben und schließlich alle in einer Ebene aneinander sich lagern. Zugleich kommen auch Teilungen derselben hinzu , infolge welcher die großen oben erwähnten Furchungskugeln allmählich verschwinden und die Zellen beider Keimblätter an Zahl zunehmen. Um letzteren Umstand richtig aufzufassen, wolle man ins Auge fassen, dass der von der Furchung betroffene Bilduugsdotter natürlich nur zur Herstellung einer gewissen Zahl von Zellen ausreicht und daher die sich entwickelnde Keimhaut sehr bald auf das Material des sich auflösenden Nahrungsdotters angewiesen ist, um ihre stetig an Zahl zunehmenden Zellen zu bilden. Diese Lösung des Nahrungsdotters beginnt mit der BebrUtung, zu welcher Zeit ja auch das Auftreten von Flüssigkeit unter der Keimhaut in der K^eimhöhle und im oberflächlichen weißen Dotter [Vacuolen] einen deutlichen Fingerzeig der statthabenden Vorgänge abgibt, und mit derselben steht eben die in der Regel jetzt erst zustande kommende vollständige Ausbildung des unteren Keimblattes in Verbindung. Heller und dunk- Keimhäutc mit vollständig aussebildetem unteren Blatte messen ler Fruchtliot. ^ ., o 4 — 5 mm Durchmesser und lassen, wenn man dieselben vom Dotter ab- löst, von der Fläche zwei Zonen erkennen, die der helle und der dunkle Fruchthof heißen [Area pellucida et opaca) . Der helle Frucht- hof liegt in der Mitte, ist kreisförmig und misst ungefähr die Hälfte des Durchmessers der ganzen Keimhaut. Derselbe ist anfangs ganz gleich- mäßig dünn, hell und durchscheinend und wird erst später, wenn in ihm Erste Embryonalanlage. 29 die ersten Spuren des Embryo auftreten, in der Mitte und in seinem hinteren Teile dicker und undurchsichtiger. Umgeben ist dieser Frucht- hof von einem dickeren, undurchsichtigeren, ringförmigen Saume von etwa 1 mm Breite, der Area opaca, welcher durch die Verdickung des Entoderms, die ich Keim wulst nannte, bedingt wird, während im Be- reiche der Area pellucida in der Regel das Ektoderm dicker ist als das innere Keimblatt. Nachdem die zwei Blätter der Keimhaut sich ausgebildet haben, beginnen weitere Veränderungen, welche um die 12. — 15. Brütstunde zum Auftreten der ersten Spur des Embryo und zur alhuählichen Ent- stehung einer dreischichtigen Keimhaut führen. Behufs besseren Ver- ständnisses beschreibe ich zunächst ein dreiblätteriges Blastoderm vom Ende des ersten Tages und versuche dann erst eine Ableitung der neu aufgetretenen Gestaltungen. Betrachtet man eine Keimhaut vom Ende des ersten oder vom An- fange des zweiten Tages von der Fläche, um welche Zeit dieselbe 7 — 10 — 12 mm Durchmesser hat, so zerfällt dieselbe im allgemeinen in zwei Zonen, die man immer noch, nach ^'-^ ihrer Beschaffenheit bei ^^' Pr durchfallendem Lichte, hellen , und dunklen Fruchthof (i4?ra ^ ' opacannA Area pellucida) new- w§"^ '%«, jl*'' ' • -^^ nen kann. Im hellen, nun birn- "^ förmig gewordenen Frucht- hofe (Fig. 13, Ap) ^ dessen Durchmesser ^/e — 1/3 des Ganzen beträgt, findet sich in einer zur Querachse des Eies paralle- len Richtung (Fig. 8] eine längliche, nicht scharf begrenzte, undurch- sichtigere und in Fig. 13 nur undeutlich wahrnehmbare dickere Stelle, die Embrvoualanlage, die dem hinteren Ende der Area i)eUuckla Embryonaian- '-^ ' ' läge. näher und somit etwas exzentrisch liegt, und mitten in dieser, aber wiederum dem hinteren Ende etwas näher, unterscheidet man einen mittleren dichteren Streifen (Pr), den Primitivstreifen v. Baers, oderprimitivstreifen, die Achsenplatte von Remak (Achsenstrang, His), dessen Grenzen eben- falls keine scharfen sind und welcher in seiner Mitte eine seichte Furche, die Primitivrinne, trägt. Phmitivrimie. Fig. 13. Keimhaut eines 30 Stunden bebrüteten Hühnereies, 6mal vergr. Ao Area opaca innerer Teil; j4p Area pellucida; Pr Primitivstreifen ; r. 4/" vordere Außen- falte (His) ; Av Area vitellina (äußerer Teil der Area opaca). 30 Entwickeluns; der Leibesform. Area vasctil Der dunkle Fruchthof erscheint der Breite nach in zwei Haupt- zonen geschieden, üie innere ist dunkler und schmal und bezeichnet denjenigen Teil der Area opaca , in welchem nun drei Keimblätter enthalten sind. Da in dem mittleren dieser Keimblätter, dem Mesoderm, später die ersten Blutgefäße sich entwickeln , so kann dieser Teil der Area opaca jetzt schon der Gefäßhof, Area vasculosa, heißen (Fig. 8, ao). während der weiter Area vitellina. K nach außen gelegene viel breitere Teil mit von Baer den Namen Dotterhof, Area vitellina^ führen mag (Fig. 8, av). An diesem sind jedoch ebenfalls noch eine dünne Randzone und ein dickerer undurch- sichtiger innerer Abschnitt zu unterscheiden, die wir als Innenzone und Außenzone des Dotter- hofes bezeichnen wollen. Volle Aufschlüsse über die Beschaffenheit einer solchen Keimhaut geben jedoch erst Durchschnitts- -»■ bilder, wie Fig. 14 ein solches darstellt. In die- ^^j ser bedeutet Ect das Ektoderm, das in der ganzen ^ Breite der Keimhaut sich erstreckt und in den mitt- leren Teilen verdickt ist. In derselben Ausdehnung liegt an der unteren Seite des Blastoderms das Ento- derm oder das innere Keimblatt, Ent^ das in der Mitte ganz dünn ist, an den Seitenteilen dagegen eine sehr starke Verdickung, den Keimwulst Kit\ zeigt, der jedoch gegen den Rand ebenfalls ganz dünn ausläuft. Zwischen diesen beiden Lagen be- findet sich das viel weniger ausgedehnte mittlere Keimblatt oder Mesoderm il/, das in seiner Mitte mit dem Ektoderm verschmolzen ist und mit dem- selben zusammen den Primitivstreifen oder die Achsenplatte Ax bildet, während die seitlichen Teile zwischen den beiden andern Keimblättern dahinziehen und am Rande bei M' frei ausgehen. Die Zurückführung des Flächenbildes auf das Durchschnitlsbild ist leicht. Die Area pellucida reicht von Ax bis i)/', und Fig. U. Quersclinitt durch den Primitivstreifen und die eine Hälfte des Blasto- derms eines 10 Stunden bebrüteten Hühnereies. Vergr. circa 33mal. £ci Ektoderm; Eni Enloderm ; .^x Achsenplatte; Äw Keimwulst des Entoderms; J/ Mesoderm ; M' Rand des Mesoderms an der Grenze der Area pellucida. Rückenfurche, Rückenwülste. 31 säf^-^ jenseits ü/' liegt die-lrm opaca, deren Gefäßhof jedoch noch ganz schmal ist und erst in Fig. 16 eine größere Entwickelung zeigt. Eine noch weiter vorgerückte Keimhaut vom Anfange des zweiten Brüttages zeigt Fig. -15, bei der die Embryonalanlage wie aus zwei Teilen besteht, einem vorderen kürzeren und einem hinteren längeren Abschnitte, die durch eine seichte quere Ein- sattelung voneinander geschieden sind. Der hintere Abschnitt ist eben- so beschaffen wie früher und besitzt in seiner Mitte den Primitivstreifen (Pr) und die Primitivrinne, der vor- dere Teil dagegen lässt mehr oder weniger deutlich eine breite, seichte, longitudinale Furche und zwei sie be- grenzende Längswülgte {Rw) erken- nen, und außerdem tritt im Grunde der Furche noch eine Andeutung eines mittleren dunkleren Streifens auf. DieseTeile heißen die Rückenfurche -^'^ "-.^ ^■' Kückenfurciie. oder Medullarrinne, die Rücken- -^^»¥sa»w«s^» Rückenwuiste. Wülste oder Medullarwülste und der unpaare Streifen die Rückensaite, Chorda dorsaiis^ und stellen die ersten Organbildungen des Embryo, d.h. den Vorläufer der Wivbel- choida dorsaiis. Säule und die Anlage des Medullarrohres dar. Querschnitte durch den hinteren Abschnitt eines solchen Blasto- derms zeigen noch dasselbe wie früher; im Bereiche der Rückenfurche dagegen stellt sich nun zum erstenmal eine vollständige Sonderung des Mesoderms vom Ektoderm dar und fast gleichzeitig damit auch das Auftreten eines besonderen Organes im Mesoderm, der Rücken saite, während zugleich im äußeren Keimblatte der die Rückenfurche begren- zende Teil als eine dickere Platte erscheint, die den Namen Medullar-Meduiiarpiatte. Fig. 15. Area pellucida und Embryonalanlage eines 27 Stunden bebrüteten Eies, etwa 20mal vergr. Länge des Embryo 3 mm, der Area pellucida 3,8 mm. Pz Parietai- zone; Stz Stammzone ; \Rit; Rückenwülste mit der Rückenfurche zwischen densel- ben; Rw' hinteres Ende des rechten Riickenwulstes rechts vom Primitivstreifen ge- legen ; Pr Primitivstreifen ; Pr' vorderes Ende desselben etwas nach rechts gebogen ; Ap Ai'ea pellucida; SKf seitliche Keimfalte, die Grenze des Embryo bezeichnend; i; iT/' vordere Keimfalte, die Grenze des Kopfes bezeichnend; rJ/" vordere Außen- falte (His). 32 Entwickelung der Leibesform. platte führt. Eine Keimhaut von dieser Beschaffenheit ist in Fig. 1& wiedergegeben, aus welcher ersichtlich ist, dass die Randteile noch ebenso beschaffen sind wie früher, wah- rend in der Mitte die Rückenfurche /?/", die Chorda {Ch), die Rückenwülste Rw sichtbar sind und das Mesoderm und Ektoderm ganz getrennt erscheinen. Nachdem wir in dem Vorhergehenden erfahren haben, dass an die Stelle der ur- sprünglichen zweiblätterigen Keimhaut im Laufe der Entwickelung eine dreiblätterige tritt, wenden wir uns zur Besprechung der wichtigen Frage nach der Herkunft des mittleren Keimblattes. Nach meinen Er- fahrungen bildet sich das Mesoderm in der hinteren Hälfte der Area pelhccida vom Primi- j tivstreifen aus und wuchert von da aus nach ■ den Randteilen weiter. Der Primitivstreifen selbst aber 'entsteht durch eine Wucherung der mittleren Teile des Ektoderms und be- ^ zeichnet sein Auftreten zugleich auch das erste "". Stadium der Bildung des mittleren Keimblat- 6ß T 1 1 2 tes. In der hinteren Hälfte der Jrea;9(?//?/c/f/a nämlich wuchern in einer linienförmigen Zone, welche der Achse des späteren Embryo entspricht, die tieferen Zellenlagen des Ekto- derms und bilden einen anfangs begrenzten Wulst, von welchem Fig. 17 von einem bei niederer Temperatur bebrüteten Eie eine Vorstellung gibt. Dieser im Flächenbilde als Primitivstreifen erscheinende Wulst wuchert nun von sich aus ohne Mitbeteiligung der seil- Fig. 16. Quersclinitt durcli den vorderen Teil einer Embryonalanlage aus einem Blastoderm von 22 Stunden von demselben Embryo, von dem auch Fig. 14 stammt. Vergr. 40mal. £c< Ektoderm; Mes^ Mesoderm; Ent Enioderm; Ch Chorda; fi/" Rücken- furche ; /??ü Rückenwülste; iJ it/RanddesMesoderms; Kw Keimwulst (Verdickung des Entoderms mit eini- gen großen Furchungskugeln) ; Kiv' dünne Außen- zone des Dotterhofes; R Rand des Blastoderms mit zwei Keimblättern. Entstehung des Mesoderms. 33 liehen Teile des Ektoderras oder des Entoderms nach allen Seilen der Keimhaut mit Ausnahme der vor dem Primitivstreifen gelegenen Gegend Fig. 17. (s. unten) in eine Platte aus, schiebt sich zwischen äußerem und inne- rem Keimblatte immer weiter (Fig. 18) und erreicht endlich seitlich und hinter dem Primitivstreifen die Randteile der .4?-ea pellucida (Fig. 19). Am vorderen Ende des Primitivstreifens bleibt anfanglich eine Mesoderm- bildung ganz aus, dagegen wachsen schon sehr früh die vordersten Me- sodermteile seitlich wie in zwei Platten aus, von welchen später noch weiter die Rede sein wird. Beim Flächenwachstume des Mesoderms ist anfangs offenbar eine vom mittleren Teile des Ektoderms ausgehende energische Zellenwucherung der Hauptfaklor. Sobald aber einmal in dieser Gegend das äußere und mittlere Keimblatt sich gelöst haben (Fig. 16), wächst das letztere durch Thätigkeit seiner eigenen Elemente in der Fläche weiter, ebenso wie die andern Keimblätter. Nach mehreren Autoren, vor allen nach His, Gasser und Balfour, ist auch das Entoderm bei der Bildung des mittleren Keimblattes be- teiligt, was ich höchstens insofern zugeben kann, als am Primitivstreifen anfangs dieses Keimblatt weniger scharf getrennt erscheint. Ganz un- richtig ist auf jeden Fall die Behauptung von Hoffmann, dass das Meso- derm nur vom Entoderm abstamme. § 6. Von der ersten Erscheinung der Embryonalanlage bis zum Auftreten der ersten Urwirbel. Nachdem im vorigen Paragraphen das erste Auftreten der drei Keim- blätter geschildert worden ist, wobei notwendig auch manches auf die erste Anlage des Leibes sich Beziehende erwähnt werden musste, sind nun Fig. 17. Querschnitt durch den Primitivstreifen eines 2 Tage bei 26° C. bebrüte- ten Hühnereies, 117mal vergr. ^ic Achsenplatte oder Primitivstreifen, dessen tieferer Teil die Anlage des Mesoderms ist; EciEktoderm; Eni Entoderm. Kölliker, Grundriss. 2. Aufl. 3 34 Entwickeluns der Leibesform. Fig. 18. Querschnitt durch einen Teil des Blastoderms eines 4 Tage bei 30" C. bebrüteten Hühnereies, 7Smal vergr. Ap Area pellticida ; Ao Area opaca; Ect Eiito- derm; Eni Entoderm ; Ax Achsenplatte; Ax' tieferer Teil derselben, der mit dem in Bildung begrififenen Mesoderm mes zusammenhängt; wies' Rand des Mesoderms; Kiü Keimwulst des Entoderms; Pw Primitivwülste; Pr Primilivrinne. Fig. 19. Querschnitt durch den Primitivstreiten und einen Teil des Blastoderms eines U Stunden bebrüteten Hühnerembryo. Vergr. 66mal. Buchstaben wie in Fig. iS. /( w) Keimwall. Erste Gestaltung des Embryo. 35 die primitiven morphologischen Gestaltungen des Blastoderms ausftlhr- licher zu beschreiben. In den ersten Stunden der Bebrütung zeigt die Keimhaut außer einem einfachen Flächenwachstume nichts Besonderes und erscheint wie im unbebrüteten Zustande in zwei kreisförmig begrenzte Zonen ge- schieden, den hellen und dunklen Fruchthof. Zwischen der 8. — 10. Stunde tritt in dem größer werdenden hellen Fruchthofe eine Trübung auf, die, obschon kreisförmig begrenzt, doch exzentrisch und zwar mehr nach der Seite gelegen ist, in welcher später die hinteren Teile des Embryo sich bilden, und ihren Grund in der um diese Zeit beginnenden Verdickung des Ektoderms hat. Zwischen der 10. und 14. Stunde er- scheint dann der oben schon erwähnte Primitivstreifen oder die Primitiv- , , streifen. Achsenplatte (Remak) in demnunbirnf örmiggewordenen hellenFrucht- hofe als ein wenig scharf begrenzter, etwa 1 mm langer und 0,2 mm breiter Streifen (Fig. 13), der dem hinteren Ende des genannten Hofes näher liegt als dem vorderen und bald nach seinem ersten Auftreten deutlich als ein schwach leistenförmig vortretender Teil des Blasto- derms erscheint, der in seiner Mitte eine seichte Rinne, die Primitiv- Piimitivriune. rinne, trägt, die von zwei leicht vortretenden Wülsten, den Primitiv- P"'"iti^'f*i'en. falten, begrenzt wird. In der Gegend des späteren Kopfendes des Embryo , welchem der breitere Teil der Area pellucida entspricht, gehen die Primitivfalten bogenförmig ineinander über, wogegen sie hinten ebenso wie die Rinne unmerklich und ohne scharfe Abgrenzung; sich verlieren. Die erste Anlage des Primitivstreifens ist ein kleiner, manchmal ganz am hinteren Ende der Area pellucida gelegener Wulst, oft mit seit- lichen, sich zuspitzenden Ausläufern (Sichel und Sichelknopf, Koller), von dem aus der Primilivstreifen nach vorn zu sich entwickelt, aber nicht durch Längenwachstum des im Knopfe entstehenden Mesoderms (Koller), sondern dadurch, dass die Mesodermbildung vomEktoderm aus auf immer weiter nach vorn gelegene Teile übergeht. Eine Rinne auf der Sichel (Sichelrinne Koller) ist eine nicht beständige Erscheinung. Die Bildung des Primitivstreifens beruht, wie Schnitte lehren und wie im vorigen Paragi'aphen ausführlich auseinandergesetzt wurde, auf nichts anderem als auf einer axialen linearen Wucherung des Ektoderms, welche als die erste F^inleitung zur Bildung des mittleren Keimblattes erscheint. Zugleich hat dieselbe aber auch eine wichtige morphologische Bedeutung, indem der Primitivstreifen die Uranlage darstellt, aus wel- cher nach und nach die wichtigen Achsengebilde des Embryo, das zentrale Nervensystem , die Chorda dorsalis und die Urwirbel sich hervorbilden. Ist der Primitivstreifen einmal angelegt, so verdichtet sich bald der 3* 36 Entwickelune der Leibesform, denselben umgebende Teil der Area pellucida, während zugleich der Streifen in die Länge, aber nur unbedeutend in die Breite wächst. Diese Verdickung erscheint als ein trüber, den Streifen umgebender breiter Hof, der im allgemeinen den Umrissen des hellen Fruchthofes folgt und somit am Kopfende des Primitivstreifens breiter ist als am entgegen- Fig. 20. Fig. 21. gesetzten Ende. Bemerkenswert ist ferner, dass diese Randzone oder Eamizone des Parictalzone des Primitivstreifens, wie ich sie heiße, auch am Primitivstrei- ^^ i ■, r~i • f »i ^ • t r^ ^ j fens. vorderen Lnde des Streitens ausgeprägter ist als am hinteren h,nde, und hier entwickelt sich dann um die 15. — 20. Brütstunde in ihrer Mitte ein dichterer Gewebszug, der wie ein vorderer Anhang des Primitivstreifens Kopffortsatz des erscheint und der Kopffortsatz desselben heißen soll (Fig. 20 p r'), ""fenl! ^^^' Dieser Fortsatz samt dem ihn umgebenden Teile der Randzone stellen die erste Anlage des Kopfes dar. An diesen Kopffortsatz knüpft nun zunächst die weitere Entwicke- lung an, wie sie Fig. 21 darstellt. Indem derselbe länger wird, eut- Fig. 20, Heller Fruchthof und Embryonalanlage eines Hühnerembryo vom Ende des ersten Tages. Vergr. fast 1 4mal. aoArea opaca; innerster Teil; ap Area pellucida, pr Primitivslreifen ; pr' Kopffortsatz desselben ; e mittlere dickere Teile der Area pel- lucida oder Embryonalanlage, zu denen auch k, die Anlage des Kopfes, gehört. Fig. 21. Area pellucida und Embryonalanlage eines 27 Stunden bebrületen Eies, etwa 20mal vergr. Länge des Embryo 3 mm, der Area peUiicida 3,8 mm. Pz Parie- talzone \ &tz Staramzone; Rw Rückenwülste mit der Rückenfurche zwischen densel- Erste Gestaltung des Embryo. 37 wickelt er an seiner Oberfläche eine Furche, die im allgemeinen in der Verlängerung der Priniitivrinne liegt, jedoch häufig etwas asymmetrisch und zwar auf der rechten Seite derselben steht und von zwei je länger, um so deutlicher vortretenden Wülsten begrenzt wird. Diese Furche und Wulste sind , wie die weiteren Vorgänge deutlich machen , die Rückenfurche und die Rückeuwülste ißw) des Kopfes in ihrer g'i«!^en<''"7'je- ^ ' '■ Ruckenwulste. ersten Anlage und bilden sieh schon am Ende des ersten oder am An- fange des zw^eiten Brüttages so aus, wie Fig. 21 zeigt, so dass ihre Bedeutung klar ersichtlich wird. Schon vorher aber hat das vordere Ende des Kopffortsatzes samt dem ihn umgebenden Teile der Parietal- zone über die Ebene der Area pellucida sich etwas erhoben (Fig. 21) und zugleich sich nach unten und hinten umgeschlagen und begrenzt sich nun, vom Rücken her betrachtet, durch eine bogenförmige Linie, die vordere Keimfalte [vKf) von His, gegen den Fruchthof, während von ^'^^^^l^^f^'^'^' der Bauchseite her ein schmaler »Umschlagsrand« sichtbar wird. Unterhalb und vor dieser Kopferhebung ist eine in früheren Stadien sehr seichte, später etwas tiefer werdende Grube, vor welcher eine zweite, der vorderen Keimfalte parallel laufende schwache Falte, die vordere Außenfalte von His (vAf), ihre Lage hat. Eine Embryonalanlage aus dieser Zeit besteht somit erstens aus einem Achsengebilde, welches hinten vom Primitivstreifen mit der Primitivrinne und vorn von der Rückenfurche mit den Rückenwülsten gebildet wird, von denen die Furche in der Tiefe die Anlage der Chorda enthält, und zweitens aus einer das Ganze umgebendenRandzone,W'elche, im Umkreise leierförmig, im ganzen eine mäßig dicke Platte bildet und am Kopfende etwas über die Fläche der Äi^ea pellucida erhoben und am Rande nach unten umgeschlagen ist. Abgesehen von dieser Stelle geht die ganze Embryonalanlage mit ihren drei Blättern ganz unmerklich in die entsprechenden Lagen des hellen Fruchthofes über mit Ausnahme des Kopfendes, vor welchem der helle Fruchthof eines mittleren Keimblattes entbehrt. Nachdem der Kopfteil der Embryonalanlage eine Länge von 1.3 — 1,5 mm und die ganze Anlage eine solche von 3,0 — 3,3 mm er- langt hat, tritt etwas vor der Mitte des Ganzen die erste Spur des Halses und der späteren Gliederung des Rumpfes in Gestalt der sogenannten Ur wir bei oder Ursegmente (Somiten) auf. Gehen wir behufs eines besseren Verständnisses von einer Eml)ryo- ben ; Riv' hinteres Ende des rectalen Rückenwulstes, rechts vom Primitivstreifen gelegen; Pr Primitivstreifen; P r' vorderes Ende desselben, etwas nach links gebo- gen ; Ap Area pellucida ; S Kf seitliche Keimfalte, die Grenze des Embryo bezeichnend ; vÄ^/" vordere Keimfalte, die Grenze des Kopfes bezeichnend; rJ/" vordere Außen- falte (His . 38 Entwickelune der Leibesform. Urwirtel. nalanlage aus, die diese Gliederung schon deutlich zeigt, wie sie Fig. 22 darstellt, so finden wir hier in einer noch immer birnförmigen Area pellucida die Embryonalanlage in Gestalt einer 3,52 mm langen, bis zu \ mm breiten biskuitförmigen Platte, deren Kopfende A' schon stark sich erhoben hat und wie eine selbständige Spitze von 0,3 mm Länge und 0,4 mm Breite vortritt, während die Seiten nur durch eine seichte Furche von der Ebene des hellen Fruchthofes geschieden sind und hinten eine schärfere Abgrenzung vollkommen fehlt. Die Embryo- nalanlage zerfällt der Breite nach in zwei Zonen, die ich mitHis Stamm- zone {Stz) und Parietalzone [Pz) heißen will. Die erste zeigt am Kopfe vorn in der Mitte die tiefe, 0,085 bis 0,1 14 mm breite Rückenfurche (/?/"), begrenzt von den stark erhobe- nen , etwas hinter dem freien Kopf- ende einander am meisten genäherten Rückenwülsten [Riv), deren Dicke aus den zwei sie begrenzenden Linien ersehen werden kann und die am Kopfe bogenförmig ineinander über- gehen. Weiter nach hinten wird die Rückenfurche immer seichter und brei- ter und die Wülste niedriger, bis endlich die letzteren etwas vor den Urwirbeln kaum mehr merkliche Er- höhungen bilden. Dann folgt eine Gegend, die erste Anlage des Halses, in welcher die etwas eingeschnürte Stammzone zu beiden Seiten 2 oder 3 ziemlich gut abgegrenzte rechteckige Zellenmassen, die ersten Ur wirb el {Uiv), zeigt, und hinter diesen er- scheint in der Mitte der Stammzone der Primitivstreifen [Pr) mit der Primitivrinne, welcher leicht ge- schlängelt bis zum hinteren Ende der Embryonalanlage verläuft und 1,79 mm in der größten Längenerstreckuug misst. Das vordere Ende des Primitivstreifens ist hier nicht mehr scharf begrenzt wie früher, son- dern geht unmerklich in den Boden der noch hinter den Urwirbeln vor- Fie. 22. Fig. 22. Area pellucida Ap und Embryonalanlage mit 3 — 4 Urwirbeln eines Hüh- nerembryo am .\nfange des 2. Tages (30 Stunden), 20mal vergr. Rf Rückenfurche; Rio Rückenwülste; A' Kopfanlage, vortretender Teil ; Stz Stammzone; Pz Parietal- zone; Lhü Urwirbel ; Pr Primitivstreifen. Erste Gestaltung des Embryo. 39 handenen breiten und seichten Rückenfurche aus. Die den Priniiliv- streifen Ijegrenzeude Stamnizone ist in der Gegend des vorderen Endes des Streifens am breitesten, verschmälert sich nach hinten rasch und ist an der hinteren Hälfte des Streifens nur noch als schmaler Saum vor- handen, der an dem allerletzten Ende desselben undeutlich wird. Die Parietalzone der Embryonalanlage (Fig. 22, Pz) ist der Rest der frühereu Raudzone des Primitivstreifens, der nicht in die Rildung der Slammzone aufging. Am vorderen Kopfende schmal, wird dieselbe bald breit und zieht dann fast in gleicher Rreite und nur in der Gegend der Urwirbel etwas eingeschnürt nach hinten , um erst in der Region der hinteren Hälfte des Primitivstreifens sich allmählich zu verschmälern. Ganz hinten reicht diese Parietalzone ebensoweit , wie das hier scharf begrenzte Ende des Primitivstreifens, und stehen beide nur um eine ge- ringe Größe von dem Rande der Area peUucida ab, während vorn der Abstand mehr beträgt. Betrachtet man einen solchen Embryo von der unteren oder Bauch- seite, so erscheint der nun ganz deutliche Umschlagsrand am Kopfende, der eine Länge von 0,2 mm besitzt. Dieser Rand deckt schon in diesem Stadium eine Grube oder kleine Höhle, welche nichts anderes ist als die erste Anlage des Vorderdarmes, und der noch weite Eingang in vorderda™. dieselbe ist der sogenannte vordere Darmeingang oder die vordere Darmpforte, nicht zu verwechseln mit der später an einem sanz Vordere Dam •^ ' ' <- pforte. andern Orte entstehenden MundöfFnung. Fragen wir nun, wie der in Fig. 22 dargestellte Zustand aus dem in Fig. 20 gezeichneten sich entwickelt, so ergibt sich fol- gendes. Während der Primitivstreifen im ganzen anfangs sich nicht wesentlich verkleinert, vergrößert sich im Verlaufe der weiteren Ent- wickelung der gesamte Kopfteil der Embryonalanlage ganz erheblich und erreicht nach und nach, zusammen mit dem an ihn sich anschließenden vordersten Halsteile, der nun auch in die Erscheinung tritt, die Länge eines Dritteiis des Ganzen und darüber. Im Zusammenhange damit bildet sich der vordere Teil der Embryonalanlage auch in seiner Mitte und an seinem vorderen Ende immer mehr aus. Hier wird der Um- schlagsrand immer größer und die vordere Keimfalte schärfer, während das Kopfende selbst, das anfangs sehr breit ist, nach und nach als ein besonderer Anhang auftritt. Dort gestaltet sich die Rückenfurche immer breiter und erheben sich allmählich ihre Ränder in der Nähe des freien Kopfendes. Zugleich mit diesen Veränderungen w ird am vorderen Teile eine Stammzone und eine Parietalzone deutlich, und in ersterer zeigen sich dann die ersten Spuren der Urwirbel. Das erste, was man von diesen erkennt, ist eine Lockerung des Zusammenhanges der Elemente 40 Entwickelung der Leibesform. in der Querrichtung in einer Gegend, die etwa 0,14 mm vor dem Primitivstreifen gelegen ist , welche Lockerung bald zu einer die seit- lichen Teile der Stammzone scheinbar trennenden Spalte führt, die je- doch, w^ie Längsschnitte lehren, nur im mittleren Keimblatte ihre Lage hat. Zu dieser ersten Spalte der rechten und linken Seite gesellt sich vd - -3«, m^ — av Fig. 23. bald eine zweite, weiter nach hinten gelegene, die ebenfalls um etw-a 0^14 — 0,19 mm vom Primitivstreifen entfernt ist, was beweist, dass während der Bildung der Urwirbel eine Verschiebung des Primitiv- streifens nach hinten statthat. Mit der Ausbildung der ersten und zweiten Spalte ist die Anlage eines Urwirbels gegeben, der jedoch nicht der vorderste ist, indem bald vor der ersten Spalte noch eine solche entsteht. Der so auftretende, der Zeit nach zweite Urwirbel ist der vorderste von allen , indem von nun an alle neuen Spalten und Urwirbel hinter der Fig. 23. Embryonalanlage von 3,5 mm Länge eines 36 Stunden bebrüteten Hüh- nerembryo. Vergr. U,3 mal. Av Area vasculosa, nur in ihrem dichteren Randteile av' (der Anlage der Vena terminalis) schattiert; av" selten vorkommende Einbiegung der Area vasculosa in der Gegend des Primitivstreifens ; dp Areapellucida; p r Primitiv- streifen mit Primitivrinne, am hinteren Ende mit querstehender Verbreiterung (Sichel, Koller); sts Stammzone der Embryonalanlage mit 5 Urwirbeln ; p;:^ Parietalzone ; mp Medullarplatte; A" abgeschnürtes Kopfende; vaf vordere Amnionfalte; ph Parie- talhöhle am Kopfe; vd vordere Darmpforte. Erste Stadien des Gehirns. 41 zweitersten Spalte und dem zuerst auftretenden Urwirbel sich bilden. Noch sei bemerkt, dass die zuerst auftretenden Urwirbel anfangs sehr breit sind und am Rande ohne scharfe Grenze sich verHeren. Später ziehen sie sich medianwärts zusammen, verdicken sich und erscheinen dann schmäler und schärfer begrenzt. Wir gehen nun weiter in der Betrachtung der Embryonalanlagen von der Fläche und finden bei einer solchen aus der 36. Stunde, die je- doch'nur 3.5 mm Länge besaß (Fig. 23), folgende Verhältnisse : Die ganze Embryonalanlage ist schmäler und länger geworden und beruht das Längenwachstum vor allem auf einer Zunahme des Kopfleiles und der zwischen dem ersten Urwirbel und dem vorderen Ende des Primitivstrei- fens gelegenen Teile, während dieser nach und nach an Länge abnimmt. Von den einzelnen Teilen tritt nun der Kopf länger und schärfer hervor und ist die Rückenfurche etwas hinter dem vordersten Ende des- selben durch Vereinigung der Rückenwülste bereits geschlossen , so je- doch, dass die Schlussnaht der Medullarplatte {3Ip] noch deutlich erkannt wird. Am vordersten Ende des Kopfes {K) besteht jedoch die Rücken- furche noch als eine weite Rinne und ebenso öffnet sich dieselbe von der Mitte des Kopfes an wieder und wird bald so breit wie die Stammzone, in welchem Zustande sie dann bis in die Gegend der Urwirbel und noch w'eiter sich erhält, indem sie zugleich immer mehr sich abflacht. Hinten zwischen den Buchstaben stz und pz^ geht die Rückenfurche sich ver- schmälernd in die Primitivrinne über und diese zieht wie früher bis zum hintersten Ende des Primitivstreifens. Die Urwirbel sind bei diesem Embryo schärfer gezeichnet als früher, vier an der Zahl, mit einem in Bildung begriffenen fünften V^''irbel. Hinter den Urwirbeln zieht sich die Stammzone bis zum Anfange des Primitivstreifens sich verbreiternd fort, um von da an bald wieder ab- zunehmen und schließlich ganz schmal auszulaufen. Die Parietalzone ist schmäler und in den meisten Gegenden nicht schärfer begrenzt als früher, mit Ausnahme des Kopfes, wo dem anders ist. Von der Bauch- seite aus (Fig. 24) sieht man den Umschlagsrand des vorderen Kopfendes viel weiter nach hinten gerückt und so im Kopfe eine schon ansehnliche Höhlung als Anlage des Vorderdarmes gebildet, die noch immer einzig und allein von der vorderen Darmpforte (vd) her zugängig ist. Der Rand, der diese Öffnung begrenzt, setzt sich nach wie vor in das Blastoderm der Ä}'ea peUucida fort, doch zeigt sich jetzt das Neue, dass in der Dicke des Umschlages, der den Vorderdarm seitlich begrenzt, jederseits eine Spalte, die Parietalhöhle (p/(), in der das Herz sich bildet, entstanden ist, so dass der Umschlag des Kopfes nun an zw^ei Punkten in die Keimhaut sich fortsetzt. Die vordere Verbindungsstelle sieht man an Fig. 23 42 Entwickelun" der Leibesform. Gehirn. Vordertirn. JVIittelhirn. Hinterhiru. Fie. 24. Tenae otnplialo mesentericae. Arcus aortae. bei vaf lind ist dieselbe nichts als die spätere vordere Amnionfalte^ während die hintere von v d oder dem Rande der vorderen Darmpforte ausgeht. Die Bedeutung aller dieser Teile kann erst später näher er- örtert werden , doch gebe ich zur vorläufigen Orientierung noch einen Hinweis auf Fig. 37. Ich schildere nun noch einen Embryo von 40 — 42 Stunden (Fig. 25, 26) und hebe nur die Verhältnisse hervor, die einen Fortschritt gegen- über dem Embryo der Fig. 23 beurkunden. Der Embryo besitzt eine Gesamtlänge von 4,2 mm, von der 1,45 mm auf den Kopf, 0.80 mm auf die Gegend der Urwirbel und 1,95 mm auf das hin- tere Leibesende kommen, von denen 0,85 mm dem Primitivstreifen angehören. Am Kopfe ist nun die Rückenfurche ganz geschlossen, mit Ausnahme des allervordersten Endes, wo dieselbe noch ein wenig offen steht, und ist mit dem Schlüsse der Furche nun auch das Gehirn angelegt, welches aus der die Furche zunächst begrenzenden Sub- stanzlage, der sogenannten Medullär platte, entsteht. An der Gehirnanlage sind um diese Zeit bereits drei Teile zu unterscheiden, welche Vord erhirn (F/;), Mi ttelhirn (i)//?) undHin- terhirn [Hh] oder 1., 2. und 3. Hirnblase heißen, von welchen das Vorderhirn den breitesten Teil darstellt. Im übrigen ist der Kopf stär- ker abgeschnürt als früher, der Umschlagsrand an der Bauchseite länger und somit auch der Vorderdarm besser entwickelt. Zugleich zeigt sich als neues Gebilde in der Spaltungslücke der vorderen Wand des Vor- derdarmes das Herz [H] in seiner nahezu primitivsten Form eines geraden Kanals, der nach hinten mit den Anlagen zweier Venen, der Venae omphalo-mesenter icae [om), verbunden ist und vorn zwei Aorten- bogen abgibt. In der Halsgegend des Embryo erkennt man sieben deutlichabgegrenzte Urwirbel , und findet sich auch hier die Rückenfurche bis hinter dem 2. Urwirbel geschlossen und somit das Medullarrohr auch hier angelegt. Weiter rückwärts tritt die Furche wieder auf (bei om?'), ist jedoch im Bereiche der Urwirbel eng , um erst hinter denselben rasch sich zu er- weitern und dann in der Gegend des vorderen Endes des Primitivstrei- fens allmählich sich zu verlieren. Fig. 24. Der Embryo der Fig. 23 von der Bauchseite: vd vordere Darmpforte; ch Chorda, hinten in der Gegend des vorderen Endes des Primitivstreifens beginnend, in ihrem vorderen Ende wegen etwas schiefer Lagerung der Teile nicht sichtbar. Erste Stadien des Gehirns. 43 Die Parietalzone, die Im Holzschnitte nicht besonders bezeichnet ist, ist am Kopfe schmal, etwas breiter in der Gegend der Urwirbel und am breitesten am hinteren Leibesende. Vh r/i H Fig. 25. Fie. 26. Die Keimhaut des zuletzt geschilderten Embryo zeigt eine schmale und leierförmige Ar^ea pellucida. Die Area vasculosa hat in der Breite 4,5 mm und in der Länge 6 mm und lässt, obschon noch keine Gefäße sichtbar sind, die Anlage der Randvene deutlich erkennen. Fig. 23. Embryo von 4,2 mm Länge vom zweiten Brüttage mit der Area pellucida und vasculosa von der Rückseite, etwas über 1 5mal vergr. A o Gefässhof, durch die Anlage der Randvene begrenzt, im äußeren Teile nicht schattiert. (Die Anlagen der Blutgefäße sind nicht dargestellt.) Ap Area pellucida; Vh Vorderhirn; MIi Mittel- hirn; Hh Hinterhirn; omr Stelle, wo das Medullarrohr sich ötfnet; Rw Rücken- wülste; 7?/" Rückenfurche, weit offen; Utv Urwirbel; Pr Primitivstreifen; rd vordere Darmpforte; oni Venae omphalo-mesentericae (Anlage); vAf yordere Amnionfalte. Fig. 26. Vorderer Teil desselben Embryo von der Bauchseite. Buchstaben wie vorhin. Außerdem: H Herzanlage als gerader Schlauch, dessen vorderes Ende nicht deutlich genug vom durchschimmernden Vorderhirn abgesetzt erscheint; mr Medul- larrohr. 44 Entwickelung der Leibesform. Über den Gefäßhof hinaus reicht noch als breiter Rand der nicht dargestellte Dotterhof mit kreisrunder Begrenzung, in dem der innere Teil dunkler erscheint als der äußere. § 7. Verhalten junger Embryonalanlagen auf Querschnitten. Nach Schilderung der Art und Weise, wie die ersten Embryonal- anlagen im Flächenbilde auftreten , ist es nun an der Zeit , auch einen Blick auf den inneren Bau derselben zu werfen, wie er aus Querschnitten sich ergibt. v?n Embryonen Als Beispiel Wähle ich einen älteren Embryo von beiläufig dem vom 2. Tage, j^^iqy dcs in Fig. 25 dargestellten, weil an einem solchen nicht nur ältere, sondern auch, am hinteren Leibesende, junge und jüngste Zu- stände zusammen vorkommen und die Beziehungen derselben zu ein- ander nicht unschwer sich erkennen lassen. Beginnen wir mit der Untersuchung von Querschnitten der hinter den Urwirbeln gelegenen Gegend, da, wo die Rückenfurche noch weit ist, so finden wir folgende Verhältnisse (Fig. 27). Die Embryonalanlage rf rw besteht aus drei gut getrennten Lagen, von denen die innere, das Darm- drüsenblatt (Remak) oder das Entoderm (rfrf), keinerlei Eigentümlich- keiten darbietet, außer dass sie überall von gleicher mäßiger Dicke ist, während im Mesoderm oder mittleren Keimblatte in der Mitte als be- sonderes Organ die Chorda [ch] erscheint und das äußere Keimblatt oder das Ektoderm die tiefe Rückenfurche {rf) zeigt. Fig. 27. Querschnitt eines Hülinerembryo, bez. N. XI, von der 2. Hälfte des 2. Tages aus der Gegend hinter den Urwirbeln, wo die Rückenfurche weit offen ist. Vergr. 83mal. ?•/■ Rückenfurche, von der Medullarplatte ausgekleidet; r tu Rücken- wülste; h Hornblatt, seitlicher Teil des Ektoderms; ch Chorda; iiw Urwirbelplatten (Remak) ; sp Seitenplatten (Remak) ; dd Darmdrüsenblatt (Entoderm). Querschnitte junger Embryonen. 45' Genauer bezeichuel zerfällt das Ektoderm in zwei Teile. Der dickere mediale Teil ist die Medullarplatle vonREMAK, die, 37 — 43 jx dick, Meduiiarpiatte. eine 0,15 mm tiefe und bis zu 0,19 mm breite Furche, die Rückenfurche ()•/■), auskleidet, welche durch stark vortretende Wülste, die Rücken- Rückemvüiste. Wülste oder Medullarwülste [ric], begrenzt wird. An diesen geht die Medullarplatte scharf sich umbiegend in einen dünnen Teil des Ekto- derms, das sogenannte, Hornblatt (/?) von Remak, über, das erst der Hornblatt. Medullarplatte genau anliegt, bald jedoch von derselben sich abhebt und dünner werdend als Rekleidung des Mesoderms weiter läuft. Dem Raue nach bestehen die Medullarplatte und die dickeren Teile des Hornblattes aus zwei bis drei Lagen senkrecht stehender schmälerer Zellen, die dünneren Teile aus nur einer Zellenschicht, welche bald die Natur eines gewöhnlichen Pflasterepitheliums annimmt. Im Mesoderm lenkt die Chorda dorsalis oder Rückensaite {ch) cimda dorsaUs. das Hauptaugenmerk auf sich, ein beiläufig kreisrunder, unterhalb der Mitte der Medullarplatte gelegener Körper von 97 tx Rreite und 81 jx Dicke, an dem starke Vergrößerungen eine Zusammensetzung aus runden kernhaltigen Zellen , aber keine besondere Umhüllungsmembran nach- weisen. Scharf geschieden von diesem Strange, der als Vorläufer der Wirbelkörpersäule aufzufassen ist, sind die seitlichen Teile des Meso- derms, deren dickere mediale Teile [u ic] im Rereiche der Stammzone der Embryonalanlage mit Remak die U r w i r b e 1 p 1 a 1 1 e n heißen, welche ^^atten^' sich dann ohne Grenze in die dünneren Seitenteile [s p) oder die Seiten- seitenpiatten. platten (Remak) fortsetzen, welche so weit reichen als die Parietalzone der Flächenbilder und dann unmittelbar in das noch dünnere Mesoderm der Area peUucida übergehen. Vom Rande dieses Fruchthofes aus erstreckt sich dann das Meso- derm jederseits noch beiläufig auf 1,5 mm Rreite in die Randteile des Rlastoderms hinein und begrenzt sich mit einer Verdickung, der Anlage der Randvene des späteren ersten Gefäßsystems. Das ganze Mesoderm besteht aus rundlichen Zellen und zeigt die ersten Andeutungen der Gefäßbildung, von denen später im Zusammenhange gehandelt wer- den soll. Das Entoderm (dd) endlich besteht in der Gegend der Embryo- Entoaerm. nalanlage aus einer einfachen Schicht platter Pflasterzellen. Gegen den Rand der Area peUucida zu werden diese Zellen allmählich höher und mehr cylindrisch und gehen in der Area vasculosa in große, zum Teil mehr- schichtige, zum Teil einschichtige Elemente über, die im Gefäßhofe eine Lage von 54 — 64 jx Dicke und im Dotterhofe anfangs eine solche von 108 — 130 jx Mächtigkeit, den von mir sogenannten Keimwulst, bilden Keiimvuist. (Fig. 10, 16, 19). Im Dolterhofe verschmächtigt sich dann übrigens das 46 Entwickeluns der Leibesform. Entoderm nach und nach und läuft schließlich mit dem Ektoderm zu- sammen ganz dtlnn aus. Wir wenden uns nun zu einer vorderen Gegend, die ioimer noch hinter den Urwirbeln, aber dicht an denselben liegt (Fig. 28). Hier T u- r,f Fig. 28. finden wir die beiden äußeren Keimblätter in wesentlich andern Zu- ständen. Im äußeren Keimblatte ist die Rückenfurche tiefer und der Eingang zu derselben spaltenförmig geworden, indem die Rückenwülste einander sich genähert haben. So ist nun die Medullarplatte aus der Gestalt einer Halbrinne nahezu in die eines Rohres übergegangen, und erkennt man deutlich in demselben die Anlage des Medullarrohres. Im Mesoderm ist die Chorda dünner als früher und etwas abgeplattet, die Urvvirbelplatten dagegen dicker und auch in der Form anders gestaltet. Als Novum tritt nun ein Gefäßlumen an der Grenze zwischen Ur- wirbelplatten und Seitenplatten unmittelbar am Entoderm auf, welches nichts anderes ist als die Aorta descendens, und andere Gefäßschnitte können auch noch weiter nach außen in den tiefsten Teilen des Meso- derms sichtbar sein. Außerdem verdient Beachtung eine dünne Spalte in den Seitenplatten [p], die Peritonealspalte, welche als die erste Andeutung der großen visceralen Leibeshöhle anzusehen ist. Aus der Gegend der Urwirbel stammt Fig. 29, die die mittleren Teile des Blastoderms eines 42 stundigen Embryo darstellt. Dieselbe jüeduiiarrohr. zeigt das Modullarrohr ganz geschlossen und vom Hornblatte abge- schnürt. Ferner sind nun die Urwirbel deutlich als große, rundlich viei'eckige Massen {mv) zu erkennen, wenn auch von den Seitenplatten (sp) nicht vollkommen abgeschnüi't. Da, wo die Seitenplatten an die Ur- wirbel angrenzen, liegt eine von den ersteren abgeschnürte Zellenmasse uriiierengang. [ung), die uichts anderes ist als die ei-ste Anlage des Urnierenganges, Fig. 28. Querschnitt von demselben Hülinerembryo, No. XI, wie Fig. 26, etwas weiter vorn. Vergr. 83mal. Buchstaben dieselben. Außerdem: ao Aorta descendens ; uwp Urwirbelplatte; p Spalte in den Seitenplatten, erste Andeutung der Pleuroperi- tonealhöhle. Aorta. Peritoneal- spalte. Querschnitte junger Embryonen. 47 Weiter nach vorn zeigen nur noch wenige Schnitte den Urnieren- gang, worauf derselbe dann in der Gegend der vordersten Urwirbel fehlt. Die übrigen Veränderungen in der Urwirbelgegend, die Fig. 29 zu erkennen gibt, lassen sich dahin bezeichnen, dass die Aorten näher zusammenrücken, Urwirbel, Mark und Chorda dicker werden und die Seitenplatten nun deutlich die Peritonealspalte (Coelomspalte) p zeigen , und in eine obere Lage hp, die Hautplatte, Remak (Somatopleura, Hautplatte. FosTER und Balfolr), und eine untere Schicht df'p, die Darmfaser- ^'^^tte'"^' platte, Remak (Splanchuopleura, F., B.), gespalten sind. ^ fr Eni II /ny .-. , •^ t'li 11 Fig. 30. Fig. 29. Querschnitt eines Hühnerenibryo von 4 2 Std., aus der Gegend der Ur- wirbel. Vergr. Syst. IV. Ocul. 3, langer Tubus eines großen Hartnaci<. Buchstaben wie bei Fig. 27 und 28. Außerdem : in r Meduilarrohr ; u ng Urnierengang ; u w Urwir- bel; hp Hautplatte ; dfp Darmfaserplatte; gg Gefäße. Fig. 30. Querschnitt durch die Herzgegend eines Hühnerembryo von i Tage und ■15 Stunden, ungefähr von demselben Alter wie der, dem die Schnitte 26, 27, 28 und 29 entnommen wurden. Vergr. 61 mal. m Medulla oblongata ; /; Hornblatt; h' ver- dickter Teil des Hornblattes in der Gegend, wo später die Gehörgruben entstehen; 48 Ent\sickelung der Leibesform. Die Gegend vor den Urwirbeln zeigt bei Embryonen dieses Alters in langer Ausdehnung den Vorderdarm angelegt und an seiner vorderen Wand anliegend das Herz (s. auch den Längsschnitt Fig. 60). Als Bei- spiel wähle ich eine Gegend, in der das Herz sichtbar ist, und gebe einfach eine Beschreibung des Querschnittes (Fig. 30), ohne auf die Ge- schichte der Entstehung des Herzens einzugehen , die weiter unten im Zusammenhange geschildert werden soll. Der Schnitt zeigt im Leibe des Embryo selbst in der Mitte die Chorda dorsalis und das Medullarrohr (m), d. h. die 3. Hirnblase. Die Vorderdam. große cjuere Spalte vor diesen Teilen [ph] ist die Höhle des Vorder- darmes, dessen Epithel an gewissen Stellen auffallend dick, an andern wiederum sehr dünn ist. Mit seinen seitlichen Teilen ist der Vorder- darm stark nach hinten gebogen und hier umfasst er die zwischen ihm und dem Medullarrohre gelegenen Aortae descendentes (a) . Eine dritte Biegung abwärts zeigt derselbe an der vorderen Wand in der Mitte, da, wo außen das Herz ansitzt. Alle Zellenmassen, die das Medullarrohr, die Aorten und die Chorda umgeben, gehören dem Mesoderm an und entsprechen der Stammzone desselben, die am Rumpfe die Urwirbel er- ürwirteipiatten 2eue't , wcshalb man die entsprechenden Teile am Kopfe Ur wir bei- des Kopfes. ^ ' platten des Kopfes nennen kann (Remak). Am Rande des Darmes gehen diese Platten unmittelbar einmal in die Hautplatte [J)p) und zweitens in die Darmfaserplatte über. Letztere, deren Bezeichnung vergessen wurde, setzt sich wieder fort in die äußere Wand des Herzschlauches [hzp], und diese bildet an der unteren Seite des Herzens in der Mittel- ^°*etoöfe"^" 1^°^® das Untere Herzgekröse {uhg), welches das Herz mit einer dünnen Haut verbindet, die von vorn die große Höhle [hh] schließt, die ParietaihöMe. dyg ^erz enthält, die man am besten mit His Parietalhöhle (Halshöhle, Remak) nennen kann. Diese Wand oder die vordere H a 1 s w a n d be- steht aus einer Fortsetzung der Darmfaserplatte, d. h. der äußeren Herz- wand, dfp', und dem unter dieser gelegenen inneren Keimblatte [Ent). Im Herzen ist die innere Herzhaut [ihh] oder das Endothel sichtbar, das um diese Zeit noch einen doppelten Schlauch mit einem Septum (s) bildet. Die seitlichen Teile des Holzschnittes beim Buchstaben g ge- hören dem innersten Teile der Area opaca an. Endlich beschreibe ich noch einen stärker vergrößerten Quer- schnitt durch den Kopf des Embryo, von dem Fig. 27 und 28 stammen. Derselbe (Fig. 31) zeigt als interessanteste Eigentümlichkeit bei m die a Aorta descendens ; ph Pharynx (Vordei'darm) ; hp Hautplatte ; hzp Herzplatte (äußere Herzwand) ; uhg unteres Herzgekröse, übergetiend in dfp', die Darmfaserplatte, die mit dem Entoderm den vorderen Teil der Wand der Parietalhöhle hh bildet; ihh in- nere Herzhaut mit dem Septum (Endothelialrohr) ; g Gefäße der Area opaca. Querschnitte junger Embryonen. 49 Mundbucht vom Ektoderni oder Hornblalte bekleidet, welches hier an Mundbuciit. das Entoderm {ent.) des Pharynx (/)/() angrenzt. An dieser Steile tritt später ein Durchbruch auf, nachdem die Mundbucht sich noch mehr ver- tieft hat, wodurch der Dann eine vordere Ausmündung erhält, während aus der Mundbucht die primitive Mundhöhle hervorgeht. Außerdem zeigt der Schnitt in der vorderen Schlundwand die aufsteigenden Aorten (a) und hinter dem Pharynx die absteigenden Teile dieser Gefäße (a') und vom Gehirn die 2. Hirnblase oder das Mittelhirn. -jy /■ / eet \ Fig. 31. Nach Verfolgung der Schnitte dieses Embryo nach dem Kopfe zu und nach Würdigung der hier allmählich auftretenden Differenzierungen wollen wir nun auch die einfacheren, am hinteren Leibesende stattfin- denden Verhältnisse ins Auge fassen und zwar an der Hand der Fig. 32 und 33, die alle demselben Embryo angehören, dessen vordere Quer- schnitte eben beschrieben wurden. Diese Serie lasst folgende Verhältnisse erkennen. Zuerst verschmel- zen in einer Gegend, in der die Rückenfurche noch sehr deutlich ist, die Medullarplatte und die Chorda miteinander, doch sind dieselben an- fänglich noch von den Urwirbelplatten getrennt. Dann wird die Kücken- furche schmäler, die Medullarplatte und Chorda verschwinden als deut- Fig. 31. Querschnitt durch den Kopf des Hühnerembryo No. XI, 101 mal vergr. //Mittelhirn; ch Chorda; a Aorta ascendens ; a' Aorta descendens; ph Schlund; m Mundbucht; ect Ektoderm; ent Entoderm; mes Mesoderm oder Kopfplatlen. Kolli ke r, Grundriss. 2. Aufl. 4 50 Entwickelung der Leibesform. lieh unterscheidbare Bildungen und gehen seitlich ohne Grenze in das mittlere Keimblatt über; doch ist bemerkenswert, dass an den Rücken- wülsten das Hornblatt bis an den Eingang der Furche deutlich ist (Fig. 32). Endlich tritt (Fig. 33) eine echte Achsenplatte oder ein Primitiv- streifen auf. Die Primitivrinne (/>?•) ist die Fortsetzung der Rückenfurche ■w rf l ^ '^ .fi VI fi (^dL Fig. 32. Fig. 33. (Fig. 32 rf] und die Primitivfalten [\)f) die der Rückenwülste (Fig. 32 rtü), und sind beide diese Bildungen anfanglich noch besser ausgepriigt als später (Fig. 33), wo ihre Verhältnisse ganz an die primitiven jüngsten Embryonalanlagen erinnern, nur dass das Mesoderm dicker ist. Fig. 32. Querschnitt des liinteren Leibesendes des Embryo No. XI, 83mal vergr. Rüclienfurche enger. Medullarplatte, Cliorda und mittleres Keimblatt nicht geson- dert, /i Hornblatt; m\i Medullarplatte; /•/'Rückenfurche; rw Riickenwülste ; dd Darmdrüsenblatt; mU mittleres Keimblatt. Fig. 33. Querschnitt des Embryo der Fig. 32 und 31 aus der Gegend des Primi- livstreifens. Vergr. 83mal. /; Hornblatt; mfc mittleres Keimblatt; rfd Darmdrüsen- blatt; fr Primitivrinne; ^j/" Primitivfallen ; a Achsenplatte oder Primilivstreifen. Flächenbilder von Hühnerembrvonen. 51 § 8- Weitere Umbildungen des Hühnerembryo bis zum Auftreten der Leibeskrümmungen. Wir verließen den Hühnerembryo auf der durch Fig. 23 S. 43 wiedergegebeuen Stufe und gehen nun zur Besprechung der weiteren Stadien über, indem wir Fig. 34 und 35 als Grundlage nehmen. Werfen wir zuerst einen Bl ick au f den Em- bryo als Ganzes, so er- gibt sich, dass der- selbe, während er lang- sam an Größe zunimmt, vor allem eine Ver- längerung der mittleren Zone mit den ürwirbeln erfährt, mit der eine Verkürzung des hinte- ren Leibesendes und des Primitivstreifens Hand in Hand geht, so dass bei einem Embryo mit 13 ürwirbeln (Fig. 34) nur noch eine schwache Andeutung des Primitivstreifens vorhanden ist. Am Kopfe tritt ebenfalls eine Verlängerung ein, doch macht sich dieselbe weniger bemerklich, weil dieser Teil bald nach der Bauchseite sich zu krümmen beginnt und somit in der Ansicht von oben nicht in seiner vollen Länge zu Tage tritt. Fig. 34. Embryo des Huhnes vom Ende des 2. Tages von 4,27 mm Länge mit beiden Fruchthöfen , deren Gefäße nicht dargestellt sind, etwas über lümal vergr. Ao Area vasculosa; Ap Area peUucida ; Vli Vorderhirn; Mh Mittelhirn; Hh Hinter- hirn ; ^ 6 Augenblasen ; 7/ Herz; 0 m Vena omphalo-mesenterica ; f/w L'rvvirbel ; Mr Medullarrohr; St:: Slammzone; Pz Parietalzone ; A w Achsen- oder Endwulst. 4* 52 Entwickeluns der Leibesform. Gleichzeitig mit diesen Yeiänderuugen hebt sich der ganze Embryo schärfer von der Ai'ea pellucida ab , begrenzt sich deutlicher in seiner Stammzone und Parietalzone und wird nicht nur relativ, sondern selbst absolut schmäler. Einzelheiten anlangend, so fallen in der Rückenansicht besonders die Veränderungen am Med uUarrohre auf. Während wir dasselbe im finiheren Stadium (Fig. 25) selbst vorn noch nicht ganz zu und hinten Fig. 35. Embryo vom Ende des -2. Tages mit 17 Urwirbeln , der Area pellucida und der Area vasculosa mit der Randvene, etwa 9mal vergr. Länge des Embryo 5,61 mm, Durchmesser der Area vasculosa 9,5 mm. Die Gefäße waren überall gut entwickelt, sind jedoch nur in der Area pellucida dargestellt, v Af vordere Amnion- falte, den Kopf schon etwas bedeckend (Kopfscheide); Ap Area pellucida; Sp Spal- tungslücke im mittleren Keimblatte, die die Halshöhle oder Parietaihöhle (His) ist und das Herz enthält; A o Arteriae omphalo-mesenterieae ; o Ohrgrübchen ; w wirbel- ähnliche Masse dicht hinter demselben ; /(Herz; /t^/' hintere Amnionfalte ; t'ß An- lage der vorderen Bauchwand am hinteren Leibesende oder hinterer Umschlagsrand ; E Endwulst der Achsengebilde, in dem noch das Medullarrohr zum Teil sichtbar ist. Flächenbildcr von Hühnerembrvonen. 53 vom 3. Urwirbel an noch ollen im Zustande einer immer mehr sieh ver- breiternden Rinne verließen, so finden wir nun, dass dieses Organ vorn bald ganz verwächst und auch am hinteren Ende langsam sich schließt. Im Zusammenhange hiermit verliert auch die Stammzone am hin- teren Ende ihre lanzettförmige Gestalt und schwindet endlich der Pri- mitivstreifen ganz. Am vordersten Teile des Medullarrohres oder dem Vorderhirne treten in dieser Zeit als wichtigste Veränderung zwei Auswüchse an der unteren Seite auf (Fig. 34 Ab), welche nichts anderes sind als die ersten Anlagen des nervösen Apparates der Augen oder die primitiven Augenblasen. Am Schlüsse dieser Periode erscheinen auch bei Embryonen mit 45 — 17 Urwirbeln neben dem Hinterhirne die ersten Spuren der Gehör- organe in Gestalt von Einbuchtungen des Hornblattes, die primitiven Gehörgrubeu (Fig. 35 o). Im mittleren Teile der Embryonalanlagen vermehren sich die Ur- wirbel langsam, indem die Urwirbel platten, die jetzt sehr deutlich neben dem Medullarrohre zur Erscheinung kommen (Fig. 34 bei Stz], von vorn nach hinten sich gliedern. Hinter den Urwirbeln zeigt sich in der Mitte das mehr oder weniger geschlossene Medullarrohr , zu beiden Seiten desselben im Bereiche der Stammzone die Urwirbelplatten und nach außen an diesen die immer schärfer sich l)egrenzende Parietalzone (Fig. 34 Pz). Eigentümlich ist bei älteren Embryonen mit nahezu oder ganz geschlossenem Medullar- rohre das hinterste Ende der Stammzone, indem hier das Medullarrohr allmählich kolbig sich verdickt und dann mit der Chorda und den Ur- wirbelplatten in eine solide Masse, den Endwulst oder Achsenwulst verschmilzt (Fig. 34 «to, Fig. 35), welcher dann, wie wir oben schon sahen, in den letzten Rest des Primitivstreifens sich fortsetzt. Die Bauchseite von Embryonen, wie Fig. 34 und 35 sie dar- stellen, enthält im Bereiche des Kopfes einen Teil des Darmes, der im engeren Sinne Vorderdarm heißen kann, und zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie an der ventralen Seite der Darmwand eine große, über den Bereich des Embryo hinausgehende Höhle enthält, die die Hals höhle heißt und das Herz umschließt (Fig. 30), dessen erste Ent- wickelung im folgenden des näheren zu besprechen ist. Ich beginne mit der Schilderung der Art und Weise, wie der hin- tere Teil des Kopfes seine seitlichen Wandungen und die vordere (ven- trale) Wand erhält, und verweise zu dem Ende vor allem auf Fig. 37. Während ganz vorn am Kopfe die genannten Wandungen einfach durch einen Umschlag aller drei Keimblätter des vordersten Teiles der Vorderhirn. Primitive Au- genblasen. Primitive Ge- hörgrnben. Urwirbel. Endwulst. Vorderdarm. Halshöh'e. 54 Entwickelung der Leibesform. vä Embryonalanlage entstehen (Fig. 36), entwickeln sich dieselben mehr nach hinten, da, wo später das Herz seine Lage hat. ganz in derselben Weise wie am Rumpfe (s. § 10) dadurch, dass die Parietalzone der Kopfanlage von den Seiten nach der Mittellinie der Bauchfläche sich umbiegt. Hierbei spaltet sieh, wie Fig. 37 lehrt, das mittlere Keimblatt der Parietalzone ^^ oder die Seitenplatten des Kopfes in zwei % Blätter, eine Hautplatte h]! und eine Darmfaserplatte (//"p, von denen die er- stere mit dem Hornblatte (/?), die letztere mit dem Entoderm [e] sich vereint, und tritt zwischen diesen Blättern jederseils eineHöhlungauf (pp), die Leibeshöhle des ■>11?^SC.^'"^'^'* ' ^■.'.'-'J^ Kopfes oder die Halshöhle (Parietalhöhle, Fig. 36. His) , in welcher später das Herz seine Lage hat und die mit der Pleuroperito- nealhöhle am Rumpfe zusammenhängt. Das erste Stadium dieser Vorgänge zeigt Fig. 37, in welcher die ventrale Wand des Vorderdarmes, bestehend M^Ä Fie. 37. Fig. 36. Kopf eines Hühnerembryo mit 2 Urwirbeln von der Bauchseife stärker vergrößert. ?< Umschiagsrand des vorderen Endes des Kopfes; vd vordere Darm- pforte; m Medullarrohr in Bildung begriffen. Fig. 37. Querschnitt durch den hinteren Teil des Kopfes eines Hühnerembryo vom 2. Tage (Osmiumpräparat bez. F. 9), 'I13mal vergr. mw Naht des MeduUar- rohres; uio Urwirbelplatten des Kopfes (Kopfplatten), dazwischen die Chorda; W verdicktes Hornblatt da, wo später die Gehörgruben entstehen ; h Hornblatt in der Parietalzone des Embryo; e Entoderm an der hinteren Schlundwand; e' dickeres Entoderm, das später zum Epithel der vorderen Schlundwand wird; dfp Darm- faserplatte der in Bildung begriffenen unleren Schlundwand oder Schlundplatte; df-p' Darmfaserplatte der späteren Vorderwand der Pleuroperitonealhühle (Halshöhle). Entslehuns des Herzens. 55 aus der Darmfaserplatfe [afp) und dem Entoderm (e'), im Verschluss be- griffen ist, während die Leibeswände [hp^ h) einfach abwärts geneigt sind , aber noch keine Neigung zum Verwachsen zeigen und zugleich durch eine große Spaltungslüeke ])p von der ventralen Schlundwand geschieden sind. Während der Dann zum Verschlusse kommt, und nach- dem dies geschehen ist, tritt auch schon die erste Spur des Herzens in Gestalt zweier der Länge nach verlaufender Spaltungslückeu seitwärts von den Buchstaben e der Fig. 37 auf, die zwischen den Darmfaser- piatten des Vorderdarmes und dem Entoderm dieser Gegend oder dem späteren Darmepithel entstehen, in welchen auch gleichzeitig mit ihrem Auftreten eine zarte Zellenauskleidung, das spätere Endothel des Herzens, sichtbar wird. Diese zwei Lücken mit ihren Endothelschläuchen sind anfangs ganz gesondert (ich verweise hier auf die weiter unten bei den Säugetieren gegebenen Abbildungen von derEntwickelüng desKaninchen- herzens), in weiterer Entwickelung rücken jedoch die zwei Herzanlagen einander entgegen (Fig. 38] und verschmelzen schließlich miteinander, und zwar gilt dies sowohl von der endothelialen Auskleidung der Herz- anlage als von den diese umgebenden Teilen der Darmfaserplatten. So entsteht dann ein Zustand, wie ihn Fig. 38 und 39 darstellen, der leicht auf den früheren zurückgeführt werden kann. Das Herz bildet jetzt einen im Querschnitte annähernd kreisförmigen Schlauch, an dessen äußerer, von der Darmfaserplatte des Vorderdarmes oder Schlundes Fig. 38. Querschnitt durch die Herzgegend eines Hühnerembryo von 36 Stunden. Vergr. lOOmal. Buchstaben wie bei Fig. 37, außerdem m MeduUa oblongata; ph Pha- rynx; hzp Darmfaserplatte der Herzanlage (äußere Herzhaut, Herzplalte) ; uhcj Um- biegungsstelle derselben in afp' die Darmfaserplatte der Halshöhlenwand oder An- lage des unteren Herzgekröses; e/if Entoderm der Vorderwand der Halshöhle A/i; ihh Endothelschläuche der zwei Herzanlagen (Anlage der späteren inneren Herzhaut). 56 Entwickelung der Leibesform. nere Herzhaut Jepfum cordis. Jnteres Herz- gekröse. (der Schlundplatte , Remak) abstammenden Wand, die die äußere Herz wand oder die Herzplalte [hzp] heißen kann, die Bildung aus zwei Hälften noch deutlich erkennbar ist, während das im Innern be- findliche Endothelrohr oder die innere Herzhaut [ihh] diese Zu- sammensetzung noch viel bestimmter durch ein in der Mitte befindliches Septiim (s) anzeigt. An der Ventralseite hängt das Herz durch das sogenannte untere Herzgekröse [uhg] mit der Darmfaserplatte der . t -— '. "^fP F.TV-t ^ .ÄÄ Fig. 39. ventralen Wand der Parietalhöhle zusammen, welches Gekröse ursprüng- lich aus zwei Lamellen besteht, und zugleich erkennt man auch schon den Teil, der später oberes Herzgekröse genannt wird, in seiner ersten Anlage , an den einspringenden Falten , da, wo die Herzplatten und die Schlundplatten sich verbinden. Diese Falten treten später ein- ander bis zur Berührung entgegen und verdrängen das Endothelrohr von seiner Berührung mit dem Darmepithel, wodurch dann auch das Herz eine größere Selbständigkeit gewinnt. Verfolgt man das Herz , nachdem seine beiden Hälften in eine sich vereinigt haben , nach vorn und nach hinten , so findet man , dass das- selbe an beiden Seiten in zwei Kanäle ausläuft, die dieselben Beziehungen zum Vorderdarme zeigen wie die zwei Herzanlagen. Es sind dies die bei- den primitiven Aorten oder Aortenbogen und die Venae omphalo-mesen- tericae, die das Blut zum Herzen leiten und von demselben abführen, sobald einmal der Kreislauf im Gane;e ist. Fig. 39. Querschnitt durch die Herzgegend eines Hühnerembryo von 1 Tage und 15 Stunden, ungefähr von demselben Alter wie der, dem Fig. 26 — 29 ent- nommen wurden. Vergr. 61 mal. Buchstaben wie in Fig. 38. Außerdem /;' ver- dickter Teil des Hornblattes in der Gegend, wo später die Gehörgruben entstehen ; a Aorta descendens ; s Septum der verschmolzenen Endothelschläuche ihh des Her- zens; g Gefäße der innersten Teile der Area opaca. Entstehuri" des Herzens. 0/ Von den späteren Zuständen des Herzens erwähneich, dass bald nach seinem Auftreten das ventrale und dann auch das dorsale Herz- gekröse in der ganzen Länge des Herzens schwindet, so dass dieses mit Ausnahme des Venen- und Arterienendes frei in seiner Höhle liegt. Im Zusammenhange mit diesem Vergehen der beiden Herzgekröse wird auch der Hohlraum, der das Herz umgibt, welcher anfänglich doppelt ist, einfach, steht jedoch nach wie vor hinten mit beiden Pleuro- peritonealhöhlen in Zusammen- hang. Zum vollen Verständnisse der Entwickelung des Herzens ist es unumgänglich nötig , auch noch Längsschnitte ins Auge zu fassen. In Fig. 40 sieht man, dass die ven- trale Wand des Vorderdarmes vd — vd', der schon eine bedeuten- dere Länge besitzt, aus einem dün- nen vorderen und einem dicken hinteren Abschnitte besteht. Er- sterer ist wesentlich die soge- nannte Rachen haut, die später im Zusammenhange mit der Bil- dung der Mundöffnung einreißt ' und vergeht. Der dicke Abschnitt enthält das jetzt schon S förmig gebogene Herz in einer Spaltungs- lUcke ph der Darmfaserplatte der Bauch wand des Vorderdarmes. An diesem Organe unterscheidet man das Endothelrohr und die von der Darmfaserplatte abstam- mende Faserwand oder die Herz- platle, welche jedoch in diesem Fig. 40. Längsschnitt durch den Kopfteil eines 38 Stunden alten Hühnerembryo neben der Mittellinie und zum Teil in derselben. Vergr. 69mal. viv erster Urwirbel ; uw' urwirbelähnliches Segment hinter der Gehörgrube g ; uw" urwirbelähnlicher Körper vor der Gehörgrube, der von einem Ganglion und zwei Nerven gebildet wird (G. Acustici?); ch Chorda; mr Medullahrrohr ; vd vorderes Ende des Vorderdarmes (Schlund); vd' vordere Darmpforte, Eingang in den eigentlichen Vorderdarm ; ent Entoderm des Vorderdarmes, übergehend in ent' das Entoderm der Kopfkappe frA-, an der hier keine Lage des mittleren Keimblattes vorhanden ist; ecfEKtoderm am Rachenhaut. 58 Entwickelung der Leibesform. Stadium nur an der vorderen Seite frei ist, gegen den! Darm zu da- gegen mit der Darmfaserplatte des Vorderdarmes dfp verl)unden er- scheint. Ebenso haftet das Herz am Venenende und vorn, wo die Aorta beginnt, an der Wand des Vorderdarmes. Die Platte, welche die Hals- Herzkappe, höhle von unten schließt (s. auch Fig. 38 und 39), ist die Herz- kappe von Remak, welche aus zwei Schichten besteht, einmal aus einer Fortsetzung des Darmepithels ent und zweitens aus dem beim Ver- schlusse des Vorderdarmes abgeschnürten Teile der Darmfaserplatte dfp' . Von diesen beiden Schichten geht nur das Darmepithel bei cnt' io eine Falte der tieferen Teile des Blastoderms über, welche den Kopf teilweise bedeckt und den Xamen Kopf kappe [kk) erhalten hat, und setzt sich überhaupt das mittlere Keimblatt am Kopfe, soweit derselbe abgeschnürt ist, nicht in das Blastoderm fort. Es besteht daher hier auch die Kopf- scheide des Amnion vaf xwxt aus dem Ektoderm. § 9. Gefässe, Blut. Gleichzeitig mit dem Herzen entwickeln sieh auch die ersten Ge- fäße, welche den sogenannten Kreislauf im Fruchthofe vermitteln. Am Ende des zweiten Tages trifft man Herz und Gefäße alle ange- legt, das rote Blut gebildet und den Kreislauf in regelmäßigem Gange, so dass nun die Keimhaut ganz entschieden in Gefäßhof und Dotter- hof zerfällt, zu welchem ersteren auch die ^1 rea joe//uc/fia gezählt wer- den kann, indem dieselbe mit Ausnahme ihres vordersten Teiles auch Gefäße entwickelt. Erste Gefässe im Die ersten Gefäße liegen in einfacher Schicht im Gefäßhofe und Fruchthofe. "^ stellen ein weitmaschiges Netz weiter Röhren dar, das von den zwei Arteriae omphalo-mesentericae sein Blut erhält und dasselbe durch zwei Venae omphalo-mesentericae dem Herzen wieder zusendet. Die Arteriae omphalo-mesentericae sind starke Seitenäste der Aortae descendentes, die gegenüber den letzten Urwirbeln aus dem Embryo in den Fruchthof treten (Fig. 35 ao) und schließlich in eine Randvene, Vena s. Sinus terniinalis, münden, die, den ganzen Gefäßhof umkreisend, dem Kopf- ende des Embryo gegenüber jederseits demselben sich zubiegt und Kopfe in vAf die vordere Amnionfalte übergehend, die nur aus dem Hornblalte be- steht; p/i Parietalhühle (Halshühle), die das Herz enthält; ba vordere und hintere Begrenzung des Bulbus aortae ; A: Herziiammer, zweimal angeschnitten; dfp Darm- faserplatte des Vorderdarmes ; dfp' Darmfaserplatte der vorderen (unteren) Wand der Parietalhöhle. Gefäße des Fruchthofes. 59 entweder uur mit einem Stamme, der Vena vitellina anterior, in die linke Ve7ia omphalo-mesenterica übergeht oder mit zwei getrennten Stäm- men in die beiden Venen dieses Namens sich ergießt. Die Verästelungen der Arteriae omphalo-mesentericae sind so, dass dieselben mehr die mitt- lere und hintere Region des Gefäßhofes einnehmen und hier zum Teil in ein weitmaschiges Netzwerk sich auflösen, zum Teil mit starken Asten in die Handvene übergehen. Diese bezieht, abgesehen von diesen Asten, hinten und seitlich überall eine Menge Wurzeln aus dem allgemeinen Gefäßnetze des Blastoderms, und außerdem sind die Randvene und die Vena vitellina anterior vorn auch unmittelbar durch zahlreiche weite Anastomosen verbuijdeu, so dass der vordere Teil des Gefäßhofes eigent- lich nur Venen zeigt. Durchaus gefäßlos ist um diese Zeit einzig und allein eine kleine Stelle des Gefäßhofes unmittelbar unter dem vordersten Kopfende und vor demselben zwischen den beiden Venae vitellinae anteriores, welche Stelle der Kopfscheide des Amnion anliegt. Im Embryo entsendet das nunmehr S-förmig gebogene Herz aus seinem vorderen Ende zwei Aortenbogen, welche, um das vordere Ende des Darmes sich herumbiegend, in zwei Aortae descendentes übergehen, die zwischen Urwirbel, Seitenplatten und Entoderm verlaufen (Fig. 29) und im hinteren Ende des Embryo sich verlieren, während sie seitlich die schon besprochenen Äste in den Fruchthof abgeben. Später tritt hinter den genannten Aortenbogen noch ein zweites und dann ein drittes Paar auf, welche letzteren, vom Anfange oder dem sogenannten Bulbus der Aorta aus an den Seitenwänden des Vorderdarmes dahinziehend, in die Aortae descendentes sich einsenken. Feinere Gefäße finden sich zur Zeit der ersten Ausbildung der Gefäße im Embryo keine, doch treten dieselben schon sehr früh am Ende des zweiten und am Anfange des dritten Tages auf. Die Blutbeweaiune in diesem ersten Systeme von Gefäßen, welches Erste Biutbe- wegung. Gefäßsystem des Fruchthofes heißt, geht, da das Herz ein ein- facher Kanal ist, der hinten die Venen aufnimmt und vorn die Arterien entsendet, natürlich in der allereinfachsten Weise vor sich und zeigt nur insofern Abänderungen, als das Herz, dessen Bewegungen um die 36. Stunde beginnen (Preyer), anfangs langsamer (40 — 60mal) und später schneller (100 — 140mal) pulsiert. Die wichtigste physiologische Thatsache ist die, dass das Herz schon zu einer Zeit pulsiert, in welcher dasselbe noch keine Spur von Muskelfasern zeigt, sondern in seinen beiden Lagen noch ganz und gar aus einfachen Zellen besteht, eins der schlagendsten und auch seit langem verwerteten Beispiele einer Kon- traktilität von Zellen. 6Q Entwickelung der Leibesform. Schon am dritten Tage bilden sich die oben beschriebenen Gefäße weiter um, und zeichnen sich solche Gefäßhöfe dadurch aus, dass in ihnen da, wo die Art. omphalo-mesentericae sich verästeln, an vielen Stellen die Gefäße in zwei Schichten tibereinander liegen in der Art, dass die Arterien die tiefere , die Venen die oberflächlichere Lage ein- nehmen. Die Venen bestehen in dieser Zeit 1) aus einer Vena terminalis, die wie früher den Gefäßhof abschließt,- 2) aus einer oder zwei vor- deren Dottervenen, Venae vitellinae miteriores . die, wo nur eine Vene da ist, in die linke Vena omphalo-mesenterica und sonst in beide diese Venen einmünden, 3) aus einer hinteren linken Dotter- vene, V. vitellina -posterior^ die hinten aus dem Sinus terminalis ent- springt und über der linken Arteria omphalo-mesenterica nach vorn ver- laufend in die linke Vena omphalo-7nesenterica übersieht, und 4) aus zwei Venae vitellinae laterales, die die Stämme der großen Arterien be- gleiten. Links fließt diese Vene mit der V. vitellina posterior zusammen, während dieselbe rechts mit der V. vit. anterior oder, wenn diese fehlt, für sich allein den Stamm der V. omphalo-mesenterica dextra erzeugt. In betreff der Lage und des Teiles des Blastoderms. in welchem die SS'Ge- ersten Gefäße sich entwickeln, so ergibt sich, dass die erste Keimstätle fäße. jg^. Gefäße einzig und allein die Area vasculosa und die angrenzenden Gegenden der seitlichen und hinteren Teile der Area pellucida sind. Die Schicht des Keimes ferner, in welcher die Blutkanäle sich bilden, ist kein besonderes Gefäßblatt, keine besondere Lage des Keimes, sondern einfach das Mesoderm, und zwar ist es überall die tiefere Lage des- selben, welche diese Rolle übernimmt, oder die Schicht, welche im Be- reiche des Embryo und der Area pellucida die Darmfaserplatte heißt. Die gefäßbildende Lage ist jedoch am Rande der Area vasculosa so dick, dass man sagen kann, dass hier das ganze Mesoderm bei diesen Vor- gängen beteiligt sei, während weiter einwärts gegen den Embryo zu die betreffende Schicht immer dünner wird und endlich als Darmfaserplatte Bildungsstätte ganz vou der oberen Lage sich sondert. Was endlich die erste Blut- bildung betrifft, so fällt diese fast ausschließlich auf die Area vasculosa und kommt außerdem nur noch in beschränktem Maße in den hinteren Teilen der Area pellucida vor. Bau der ersten Die Bildung der Gefäße und des Blutes leitet sich schon im letzten Gefäße. ° . t, j» Viertel des ersten Brüttages ein, doch werden erst am zweiten Tage die Gefäße deutlich als Röhren und das Blut mit roter Farbe sichtbar. Die eben entstandenen Gefäße bilden ein dichtes Netz mit engen Maschen (Fig. 41), an welchem kein Unterschied von Stämmen undÄsten sichtbar ist , und erstrecken sich in einfacher Schicht von der Rand- vene aus über die Grenze der Area vasculosa und den gefäßhaltigen Teil Bau der ersten Gefäße. 61 der Area pellucida bis zu den Anlagen der Venae und Arteriae omphalo- mesentericae. Ausgezeichnet ist dieses Netz durch das Vorkommen von rot gefärbten Stellen in der ganzen Area vasculosa und im hinteren Teile der Area pellucida, ^m^A-^^ T%:^mg?^TT\^tm^^, ""mZunku""' J)S^ ,',.^-c#^*i-,^ fwT welche sogenannten B ] u t i n s e 1 n oder Bl utpunkte teils in rundlicher, teils in länglicher Form, teils auch gegen den Rand der Area vascidosa zu wie in ästigen, ja selbst netzförmig verbundenen Strän- gen auftreten. Zu einer gewissen Zeit erscheint selbst die Anlage der Randvene als ein einziger rot gefärbter Strang, von dessen Innenrande die erwähnten Netze ab- gehen. Alle diese gefärbten Stellen be- stehen aus mehr oder weniger gefärbten Anhäufungen rundlicher Zellen, welche teils einseitig an der Wand schon wegsamer Gefäße ansitzen, teils in der Verlängerung von wegsamen Gefäßen liegen und wie die unmittelbaren Fortsetzungen solcher bilden. Die eben wegsam gewor- denen Gefäße selbst sind dünne weite Röhren, deren Wand aus einer einzigen bage polygonaler Zellen besteht, die gegen das Gefäßlumen zu mehr oder weniger bauchig vortreten. Da diese Wand unmittelbar in die endotheliale Auskleidung des Herzens übergeht und später zur Inneohaut der Gefäße des Dottersacks wird, so bezeichnen w^ir die Gefäße des Fruchthofes auch einfach als Endothelröhren. Wie entstehen nun diese Endothelröhren und wie das Blut ? Was erstens die Endothelröhren des Gefäßhofes anlans;!, so legen Entstehung der "- _ Gefäße und des- sich dieselben als solide Zellenstränge an. Als zweites Stadium Blutes. \ Fis. 41. Fig. 41 . Gefäßanlagen aus der Area vasculosa eines 40 Stunden alten Blastoderms des Hühnchens, 26mal vergr. vt Vena terminalis ; ps Blutpunkte. 62 Entwickelung der Leibesform. treten Hohlgebilde auf, die an ihrer Wand reichliehe Zellenmassen ent- halten, welche letzteren nach und nach eine immer entschiedener gelbe und dann rote Farbe annehmen und nichts anderes als die oben er- wähnten Blutinseln oder Blutpunkte sind. Solche eben wegsam wer- dende Gefäße sind äußerst unregelmäßig gebildet (Fig. 41), mit schma- len und weiten, ohne Gesetz abwechselnden Stellen und mit Knoten- punkten oder Verdickungen der mannigfachsten Form, welche eben die" Blutpunkte sind. Im weiteren Verlaufe werden dann die Zellen, die diese Blutpunkte bilden, alle zu roten Blutzellen, lockern sich und treten alle in die Gefäßröhren ein, die schon vorher ein helles Plasma ent- halten, bis am Ende alle Blutpunkte verschwunden und alle Gefäße mit rotem Blute versehen sind. In dieser Weise findet in der gesamten A}-ea vasculosa die Bildung von Gefäßen und von Blut statt, und erweist sieh somit dieser Teil des Mesoderms als ein sehr bedeutungsvoller, um so mehr, als sonst in keinem andern Teile des Blastoderms, mit einziger Ausnahme der hin- tersten Gegend der Area pellucida, und auch im Embryo selbst nicht Blutzellen gebildet werden. Es ist jedoch nicht nur die erste Blutbildung, sondern auch die erste Gefäßbildung auf die Ai'ea vasculosa und einen kleinen Teil der Area pellucida beschränkt, indem sonst nirgends und vor allem auch in der Embryonalanlage nicht selbständige Gefäße auftreten. Vielmehr sind die hier erscheinenden Gefäße alle nichts anderes. als Sprossen der pri- mitiven Gefäße, die von der Area vasculosa aus nach und nach gegen den Embryo hin und schließlich in diesen hinein sich bilden. HoWwerden der Anmerkung. Beleuchten wir die eben berührten Vorgänge noch et- fäßaniagen. was näher, so lässt sich in betreif des Hohlwerdens der primitiven Gefäßan- lagen thalsächlich nichts weiter vorbringen, und bleibt somit für jede Hypothese freier Spielraum. Immerhin kann man an andere Hohlraum- luid Spaltbil- dungen erinnern, vor allem an diejenigen, welche bei der Entwickelung von Drüsen (GR.VAFSche Follikel, Drüsen der \hnü u. s. w.) und von serösen Höhlungen (Bauchhöhle, Höhlen im Gehörlabyrinth, stattfinden, und erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass hier wie dort eine Flüssigkeitsausscheidung oder -ansammlung zwischen kompakten Zellenmassen die Ursache der Kanali- sierung sei. Diese Flüssigkeitsbildung nun geht so vor sich, dass die Zellen- stränge, die wir als Gefäßanlagen kennen gelernt haben, nicht alle in der Mitte, sondern zum Teil mehr exzentrisch ihre Höhlungen erhalten, und so bleiben dann an gewissen Stellen größere Zellenanhäufungen stehen, die wie Verdickungen der Wand erscheinen, Bildungen, die nichts anderes als die Bildungsherde des Blutes sind. Es sind somit die sogenannten Blutinseln oder Blutpunkte integrierende Teile der Gefäße, und denkt man sich dieselben am besten als verschiedengestaltige, meist rundliche, länglichrunde oder strangförmige Verdickungen der Gefäßwand. Bei der Umwandlung der Zellen der Blutpunkte in rote Blutzellen färben Bildung der Blutzellen. 63 sich zuerst die mittleren Zellen derselben, dann auch diejenigen, die gegen das Lumen des Gefäßes zugewendet sind, und hier beginnt dann auch die Lösung der Zellen und ihre allmähliche Beimengung zum Blutstrome; bis am Ende alle Zellen mit Ausnahme der äußersten Schicht sich c r trennen, welche letzleren f als spätere Gefäßwand m^fW^^^^m^^:/ . '^mmm sich erhalten. ■; .00 ^?o?^- Die Bildung der Tr ,, -^ ■ ' ^1'^?"?,*'"' ° ; ■;•-.■. Blutzellen. Blutzellen selbst geht k: j in ungemein einfacher rj: Weise vor sich. Anfangs ^.v ^ den übrigen Zellen der ■^^i^^ ä ,.--,<. '■'■ y Gefäßanlagen ganz gleich, 4 ' : " l^j fiy*' " '• rund, kernhaltig, mit ;v |^|;- 1 dunklen Körnchen, 9 — ;•:' f^^- •: 1 1 [X groß , werden die- *^; '':0-:_ ■^• selben erst blässer und r 'U^, -W-jv^ -Sä. : dann intensiver gefärbt, % ^äji> "^^ ' '' .■•Shk'.' :\ wobei sie nach und nach die Körnchen verlieren. c Hierbei werden dieselben Fig. 42. zugleich länglich rund und zeigen dann auch, wie ich mit Remak bestätigen kann, eine leicht nachzu- weisende Vermehrung durch Teilung in der Art, dass erst die Kerne durch Karyokinese sich teilen und dann die Zellen der Quere nach zerfallen. Das erste Auftreten roter Blutzellen fällt in der Regel in die erste Hälfte des zweiten Brüttages, bald etwas früher, bald etwas später, je nach der Brüt- temperatur und andern äußeren Verhältnissen , und verdient alle Beachtung, dass die Blutzellenbildung beginnt, bevor noch die Zirkulation eingeleitet ist, und manchmal selbst vor der Anlage des Herzens in ihren ersten Spuren zu er- kennen ist. Im übrigen sind der äußere Teil der Jrea vasculosa und vor allem die Anlage der Randvene und die mit ihr zusammenhängenden Gefäßstränge die Hauptsitze der Blutzellenbildung, und werden weiter einwärts die Blutinseln kleiner und nehmen je länger je mehr die Gestalt von begrenzten rundlichen Herden an, so dass die allerkleinsten in der Area pellucida und zwar im vor- dersten Teile des Abschnittes derselben liegen, die überhaupt Blutherde enthält. Sobald die ersten Gefäßanlagen hohl geworden sind, erscheinen an den- selben feine sekundäre Gefäßanlagen, die teils zwischen den primitiven Sekundäre öe- K--1 • 1 1 -1 1 . -1 • .. / • ■ , ^ 1 fäßaulagen. analen sich bilden, teils, wie His zuerst gezeigt hat, als Sprossen der am weitesten gegen den Embryo zu gelegenen Gefäße 'erscheinen und von hier aus immer weiter medianwärts wachsen, bis sie endlich in den Embryo selbst eindringen, der alle seine primitiven Gefäße, d. h. deren Endothel- röhren, in dieser Weise erhält und, abgesehen von der äußeren Herzwand, Fig. 42. Gefäße der Area peUucida von einem Hühnerembryo von 2 Tagen. Vergr. 4 0mal. a Gefäße, b Interstitien derselben (Substanzinseln der Autoren aus ein- facher Bindesubstanz, d. h. sternforniig anastoniosierenden Zellen gebildet), cl31ut- herde. 54 Entwickelung der Leibesform. keinen Teil seines Gefäßsystems selbständig erzeugt. Diese Gefäßsprossen sind solide dünne Stränge von eckigen oder von spindelförmigen Zellen, zum Teil von nicht mehr als 4 — 8 jx Breite, die zu Netzen sich zusamraenordnen und von den primitiven Gefäßen aus hohl werden. Indem die zuerst gebildeten sekundären Gefäße immer neue Sprossen treiben, wachsen dieselben gegen den Embryo heran und treten endlich zwischen dem Entoderm und der Darm- faserplatte in der Gegend des Stammes der Vena omphalo-mesenterica in den- selben hinein. Von hier aus dringen die Gefäßsprossen in die beiden Herz-- anlagen und weiter, um die Endothelschläuche dieses Organs und der Aorten zu bilden. An der Gestaltung der Aortae descendentes beteiligen sich übrigens auch viele hinter den Venae omphalo-mesentericae unter rechten Winkeln in den Embryo eindringende Gefäßsprossen (Entw. 2. Aufl. S. M\), welche selb- ständige Entstehung der Aorten neulich auch J. Türstig (Unt. ü. d. Entw. d. primit. Aorten, Dorpat 1884) in noch ausgedehnterem Maße als ich vertritt. — Später als diese sekundären Gefäßanlagen wuchern auch in der Hautplatte Gefäßsprossen in den Embryo hinein, welche vor allem zu Venen sich gestallen. Nicht alle Autoren betrachten das mittlere Keimblatt als die Bildungsstätte der ersten Gefäße und des Blutes, sondern schreiben dem Keimwulste desEnto- derms einen größeren oder geringeren Anteil an der Entstehung der genannten Teile und namentlich des Blutes zu. In dieser Beziehung ist es von der größten Wichtigkeit, dass nach Strahl bei den Eidechsen, die auch einen Keimwulst am Entoderm besitzen, die ersten Gefäße und das Blut in der Area pellucida weit weg von der Area opaca entstehen (Arch. v. His 1 88 4, Taf. III Fig. 4, 5). § ^0. Ausbildung der Leibesform von dem Eintreten der Krümmungen an, Amnion, allgemeine Kappe, AUantois. Während der Kopf, in dessen Bereich auch das Herz gehört, nach den in § 6 gegebenen Schilderungen früh sich anlegt, tritt eine ent- sprechende Ausbildung des Rumpfes viel später ein, und ist hier selbst am zweiten Tage von einer vorderen Leibeswand und von seitlichen Wan- dungen kaum mehr als die erste Andeutung zu sehen. Erst am 3. Brüt- tage entsteht am hinteren Ende der Embryonalanlage in ähnlicher Weise wie vorn durch einen Umschlagsrand eine kleine Höhle, die Becken- Beckendarm- T lll.ll», T-> • 11» J- höhle. darmhöhle mit dem hinteren Dar mein gange, und beginnen die "ein^gang!'™ Ränder der Seitenplatten auch in der Mitte des Rumpfes sich nach unten zu biegen, um dann nach und nach auch die Bauchwand der mittleren Teile zu erzeugen. Die hierbei vorkommenden, etwas schwieriger aufzu- fassenden Einzelverhältnisse erläutert man am besten an Durchschnitten. Fig. 55 auf S. 81 zeigt den Querschnitt der Mitte des Rumpfes eines Embryo von 36 Stunden , bei dem, obschon von einer Krümmung der Seitenplatten noch nichts zu sehen ist, doch schon ein Vorgang sich eingeleitet hat, der mit der Bildung der Peritonealhöhle zusammenhängt. Spaltung der Seitenplatten. 65 Darmfaser- platte. nämlich die Spaltung der Seitenplalten in eine mit dem Hornblatte h ^^^^^^\l^l^ verbunden bleibende Haut platte hpl und eine mit dem üarmdriisen- Hautplatte. blatte d sich vereinigende Darm- faserplatte df. Beide diese Platten gehen nach außen ver- schmelzend in das mittlere Keim- blatt des Fruchthofes über, nach innen dagegen hängen sie bogen- 0 l förmig unter sich zusammen, wel- -~- '^ ; eher Verbindungsteil die Mittel- ^ iiitteipiatte. platte [mp] heißt, und grenzen g hier an dieUrwirbel [iiw] und an ~^ f die zwischen beiden Teilen gele- . * r< genen Urnierengänge [ung] und f absteigenden Aorten [ao). Die % zwischen den genannten Blättern ^ i=^ befindlichen Lücken erstrecken | sich kanalartig durch die Parietal- f^ , Zone des Embryo. Hinten finden sie sich noch deutlich zu beiden s Seilen der hintersten Leibesachse und gehen bogenförmig von einer e Seite auf die andere über, wäh- rend sie nach vorn in die anfangs s^, doppelte und später einfache Spal- tungslücke auslaufen, in der das Herz seine Lage hat. Ein weiteres Stadium zeigt Fig. 43, einen Querschnitt durch den mittleren Rumpfteil eines Embryo vom An- fange des 3; Tages darstellend. Hier haben sich die Hautplat- ten hp mit dem ihnen anliegen- den Hornblatte h schon stark bo- Fig. 43. Quersctinitt durcli ein liinteres Unvirbelpaar eines Hühner- embryo vom Anfange des 3. Taktes. Vergr. 135mal. mrMeduilarrolir; /(Hornblatt; uw Urwirbel ; ung Urnierengang ; ch Cti.orda ; hp Hautpiatte ; mp Mittel- platte; df Darmfaserpiatte; p Bauch- höhle ; ao Aorta ; dd Darmdrüsenblatt. =■» '-' -C^ Kölliker, üruudriss. 2 Aufl. k 66 Entwickeluns der Leibesform. Darmrinne. genförmig gekrümmt und zugleich ist der Spaltungsprozess im mittleren Keimblalte über den Bereich des Embryo hinaus eine Strecke weit in den Fruehthof oder den peripherischen Teil der Keimhaut vorgeschritten und hat sich die Fortsetzung der Hautplatten samt dem Hornblatte etwas erho- ben, welche Erhebung die erste Spur der Amnionfalte ist, welche in Fig. 44 schon viel weiter gediehen bei af sichtbar ist. Nach innen gehen in Fig. 43 die Hautplatten bogenförmig durch die Mittelplatten [mp] in die Darmfaserplatten (//"über, doch zieht an der Umbiegungs- stelle eine Fortsetzung beider und vor allem der Darmfaserplatte, die Aorten teilweise umgebend, näher an die Mittelh'nie heran, eine Lage, die als erste Andeutung des Gekröses erscheint. Die Bauchseite des Embryo ist noch wenig vertieft, doch bemerkt man eine vom Entoderm [dd] ausgekleidete Furche in der Mittellinie, die Darmrinne. Fi". 44. Im weiteren Verlaufe biegen sich nun, wie Fig. 44 zeigt, die Hautplatten hp stark nach unten und gegen die Mittellinie zu, während zugleich die Amnionfalte af gegen den Bücken sich erhebt. Das Darm- faserblatt ist mächtiger und namentlich an der Umbiegungsstelle in die Hautplalte unterhalb der einander näher gerückten Aorten verdickt, welcher Teil nun schon eher den Namen Gekrösplatten oder Mittel- platten (Remak) verdient. Es ist jedoch das Entoderm dd in der Mitte der tiefer gewordenen Darmrinne [dr) noch immer nicht von einer Fort- setzung der Darmfaserplatten bekleidet, sondern grenzt nach wie vor an die Chorda c/?, nur dass es jetzt durch die vortretenden Aorten etwas mehr von derselben getrennt ist als früher. Fig. 44. Querschnitt eines Hühnerembryo vom Anfange des 3. Tages, 90 bis lOOmal vergr. Buchstaben wie in Fig. 43. Außerdem: m« Urniere; ?h Musicelplatte ; uwh Urwirbelhöhle ; vc Vena cardinaUs ; dr Darmrinne; a/ Amnionfalte. Gekröse, Nabel. 67 Gekröse. Fig. 45 endlich stellt ein Stadium dar, in welchem der Ver- schluss der Bauchhöhle und des Darmes fast zur Vollendung gediehen ist. Die Bauchhöhle ist durch eine dünne Haut, die primitive Bauch-PnmitiveBanch- wand hh. die aus der Hautplatte und dem Hornblatte besteht und in das Amnion am sich fortsetzt, fast ganz geschlossen, und innerhalb der- selben liegt der stark rinnenförmige Darmkanal, der mit seinen beiden Häuten, der Darmfaserplatte dfuwA dem Darmdrüsenblatte d, in die entsprechenden Haute des Blastoderms übergehl, welche nun schon den Dotter fast ganz umwachsen haben und die Anlage des Dotter- sack es darstellen. Befestigt wird der Darm durch ein deutliches Gekröse, das von einer vor der Chorda und der Anlage der Wirbelsäule gelegenen Schicht des mitt- leren Keimblattes ausgeht, welche die nicht dargestellten WoLFFSchen Körper, die jetzt unpaare Aorta [sa) und die Kardinal venen(vc) einschließt und nichts anderes ist als die nach innen gewucherte und zu einer unpaaren Masse verschmolzene ursprüngliche Umbiegungs- stelle der Hautplatten in die Darmfaserplatten oder die Mittelplatten, aus w-elcher Wucherung auch das Gekröse selbst hervorgeht. Schließlich verwachsen die primitiven Bauchwandungen von allen Seiten her (von vorn und hinten her) gegen die Mitte des Bauches vor- schreitend miteinander, mit Ausnahme einer noch länger offen bleibenden Fig. 45. Querschnitt durcli den Rumpf eines Stägigen Embryo in der Nabel- gegend. Nacli Remak. sh Sclieide der Chorda; h Hornblatt; am Amnion, fast ge- schlossen; sa sekundäre Aorta; vc Venae cardinales ; mu Muskelplatte; g Spinal- ganglion; V vordere Nervenwurzel; hp Hautplatte; up Fortsetzung der ürwirbel in die Bauchwand (Urwirbelplatte, Rejiak , Visceralplatte, Reichert); bh primitive Bauchwand, aus der Hautplatte und dem Hornblatte bestehend; r//" Darmfaserplatte ; d Darmdrüsenblatt, beide hier, wo der Darm im Verschlusse begriffen ist, verdickt. Die Masse um die Chorda ist der in Bildung begrifTene Wirbelkorper, die vor den Gefäßen enthält in den seitlichen Wülsten die Urnieren und setzt sich in der Mitte ins Gekröse fort. 68 Enhvickelung der Leibesform. Hautnabei. Stelle, wclche DJchts andcrcs isl als dei" Sogenannte H autn abe 1 oderLei- besnabel, an welchem nach wie vor die primitive Leibeswand in die zwei Lagen des Amnion sich fortsetzt. In ähnlicher Weise schließt sich gleich- zeitig mit dem Leibe auch der Darm durch die sogenannte Darmnaht unter Erhaltung einer dem Hautnabel entsprechenden offenen Stelle, Darmnabel, des sogenannten Darm nabeis, an dem die Darmwände durch einen Dottergang, engen Gang, den Dottergang, Ductus ritello- intestinalis s. omphalo- Dottersack. mese7iteticus , mit dem Dottersacke, Saccus viteUinus, sich verbinden. Man vergleiche hier die in § 15 beigegebene fai'bige Tafel. Während so der Leib und der Darm sich schließen, entsteht auch Amnion, Schaf- das Amnion oder Schafhäutchen, eine zarte , durchsichtige Blase, häutchen. ' ' ^ ^ ' welche am 4. Tage den Embryo des Hühnchens dicht umgibt und von den jeweiligen Rändern des Bauchnabels ausgeht (Fig. 46). Die erste Andeutung dieses Häulchens tritt beim Hühnerembryo sehr früh auf, gleichzeitig mit der ersten Erhebung des Kopfes und der Bildung eines vorderen Umschlagsrandes, und ist nichts anderes als die in mehrfachen Figuren (Fig. 13 und 15) dargesteJtte Außenfalte oder vordere Amnionfalte. Rasch wächst nun diese Falte weiter und Kopfscheide, dcckt schou am Ende des 2. Brüttages als Kopf scheide den vordersten Teil des Kopfes zu (Fig. 35 af). Viel langsamer bilden sich dann auch seitlich und hinten und somit schließlich in dem ganzen den Embryo umgebenden Teile der Area pellucida solche Falten, seitliche und hintere Amnionfalten, und noch länger dauert es, bis diese Falten so sich erheben, dass sie auch in diesen Gegenden den Leib des Embryo sfheideii einzuscheidcu beginnen, worauf sie dann den Namen Seitenschei- ^sohliTe^ den und Schwanz scheide annehmen. Von der letzteren zeigen Fig. 35 ha f und 49 af die erste Spur, und die ersteren stellen die vor- hin gegebenen Fig. 44 und 45 dar. Diese Amnionfalten entstehen da- durch, dass rings um den Embryo herum, mit Ausnahme der Kopfgegend, die Fortsetzung des mittleren Keimblattes oder die Seitenplatten in ähn- licher Weise in zwei Blätter sich spalten, wie dies im Bereiche des Em- bryo selbst geschieht. Indem diese Amnionspalten sich vergrößern, erheben sich die von der Rückseite her dieselben begrenzenden Haut- platten samt dem Hornblatte zur Bildung der Amnionscheiden. während die Darmfaserplatte mit dem Enloderm an dieser Erhebung zwar auch Anteil nimmt, aber nie zu einer vollständigen Umhüllung des Embryo gelangt^ wie dies sofort des näheren dargelegt werden soll. Der Verschluss des Amnion geschieht beim Hühnchen in einer eigen- tümlichen Weise. Nachdem die Kopfscheide in einer gewissen Länge als Umschlagsrand sich gebildet hat, treten die Seitenscheiden gegen die Mitte vor (Fig. 45) und verwachsen in einer linienförmigen Naht, der Amnion. 69 Amnionnaht, die man, auch nachdem sie gebildet ist, noch leicht er- Amnionnaht. kennt, weil in ihr die Substanzlage dicker ist und oft selbst eine Art Wulst darstellt. Diese Amnionnaht verwächst von vorn nach hinten, bis sie am hintersten Ende des Embryo mit der nie ein gewisses geringes Maß überschreitenden Schwanzscheide zusammenstößt. Als letzte Spur des noch nicht ganz geschlossenen Amnion lindet sicii dann hier eine Fis. 4 6 A. hlh sh an sli um Fi2. 46 B. kleine birnförmige, länglichrunde und zuletzt rundliche Lücke dicht über dem Schwanzende des Embryo. Vor dem Kopfende des Embryo, woselbst in der Area pelhicida eine Fig. 46. Zwei Querschnitte durch den Rumpf eines Hühnchens von 3 Tagen 6 Stunden zur Darstellung der Bildung des .\mnion, der serösen Hülle und der allge- meinen Kappe. Geringe Vergrößerung. A Amnion noch offen, B Amnion zu. am Amnion; aiv Wulst an der Umbiegung desselben in sh, die seröse Hülle; an Amnion- naht; 5 A- Seitenkappe, bestehend aus der Darmfaserplatte und dem Enloderm ; 6;Bla- stoderm, aus allen drei Keimblättern bestehend; jj Bauchhöhle mit blh, derHöhledes Blastoderms, in zu weit ofTen dargestellter Verbindung; dr Darmrinne. 7Q EntWickelung der Leibesform. Fortsetzung des mittleren Keimblattes des Embryo fehlt, besteht die Amnionscheide ursprünglich nur aus dem llornblatte (s. Fig. 40), doch wäre es möglich, dass hier später auch eine Mesodermlage aufträte, wie dies auch bei der Kopfkappe der Fall zu sein scheint (s. St. 107). Die vorhin geschilderte Amnionnaht erhält sieh nicht lange, sondern löst sich später in der Art, dass der äußere Teil der Amnionscheiden sich abtrennt und eine zusammenhängende Haut darstellt, die v. Baek die Seröse Hülle, seröse Hülle genannt hat. Von dem Momente dieser Lösung anist auch das Amnion eine ganz selbständige Blase , die nur mit dem Nabel des Embryo zusammenhängt. In Fig. 46 sind die Verhältnisse beider dieser Hüllen im Quer- schnitte dargestellt und erkennt man, dass zwischen dem Amnion am, der serösen Hülle s und dem Dottersacke ein Baum sich befindet blh, Höhle des Biasto-(jgjj ^jp ^jg Höhle dos Blastoderms bezeichnen wollen und der jeder- derms. seits, wenn die Teile in ihrer natürlichen Lage sind, durch eine enge Spalte mit der Pleuroperitonealhöhle in Verbindung steht. In dieselbe Zeit wie die Entstehung des Amnion fällt auch die Bil- Kafpfv^BAEB. düng der sogenannten allgemeinen Kappe (v. Baer) oder des ^^^Sn.^)"^™" falschen Amnion von Wolff, deren Verhältnisse schon v. Baer tref- fend geschildert hat. Löst man ein Blastoderm von der zweiten Hälfte des 3. Brüttages oder vom 4. Tage mit dem Embryo ab und betrachtet man dasselbe von der Bauchseite, so sieht man keinen Teil des Embryo mehr mit Ausnahme der mehr oder weniger geschlossenen Darmrinne, und erscheinen der Kopf, die Seitenteile und das Schwanzende von einer gefäßhaltigen Haut bedeckt, welche von den Gesamträndern der Darm- rinne ausgeht und in ihren einzelnen Abschnitten die Namen Kopf- kappe, Schwanzkappe, Seitenkappen erhalten hat. Besichtigt man einen solchen Embryo von der Rückseite, so findet man, dass diese allgemeine gefäßhaltige Kappe bis in die Höhe des Rückens des Embryo sich erhebt, jedoch die Mitte des Rückens breit frei lässt, in welcher Gegend unter dem Mikroskope leicht oberflächlich die seröse Hülle und tiefer das Amnion mit der Amnionnaht und einer bald größeren, bald kleineren, noch nicht geschlossenen Lücke dieser Haut erkannt wird. Untersucht man ferner die Gefäße dieser allgemeinen Kappe, so ergibt sich, dass dieselben nichts anderes sind als die Stämme der Arterien und Venen des Gefäßhofes samt der Verästelung derselben, die am 2. Tage rings um den Embryo in einer Ebene mit demselben sich be- fanden, woraus hervorgeht, dass die genannte Kappe nichts anderes ist als ein Teil der tieferen Lage des Blastoderms des Fruchthofes, bestehend aus der Darmfaserplatte und dem Entoderra, welche jetzt faltenartig den Embryo umgibt. Noch besser erkennt man diese Verhältnisse aus Allgemeine Kappe. Allantois. 71 Querschnitten und Längsschnitten, und zeigen solche (Fig. 46, 47), dass der Embryo schon vor der Schließung des Amnion wie in eine Grube des Blastoderms eingesunken ist. sk ujuh m^ VC ny i ■-. ■ Fig. 47. Die Bildung der eben geschilderten allgemeinen Kappe hängt mit der Gestaltung des Amnion zusammen und beginnt gleichzeitig mit der Entstehung dieser Haut. Verfolgt man die Verhältnisse näher, so erhält man den Eindruck, als ob die Amnionfalten bei ihrer Entstehung die tieferen Lagen des Blastoderms mitzögen (Fig. 47). Später werden die Amnionfalten, zugleich mit der Entstehung und Vergrößerung der Am- nionspalte im mittleren Keimblatte, selbständig und wuchern dann für sich über den Rücken des Embryo hin, während die Kappen zurück- bleiben und eine gewisse Grenze nicht überschreiten (Fig. 46). Hat sich dann endlich das Amnion ganz geschlossen und von der serösen Hülle getrennt, so bildet sich auch nach und nach die Kappe zurück, ihre Falten schwinden, und liegt am 5. Tage der Embryo nur von der serösen Hülle und dem Amnion bedeckt auf dem Blastoderm oder dem sich ent- wickelnden Dottersacke. Ein sehr wichtiges Organ ist die fast gleichzeitig mit dem Amnion Aiuntois. auftretende Allantois oder der Harnsack, welche das Sekret der Urnieren oder der WoLFFSchen Körper aufnimmt und somit ihren Namen mit Recht trägt. Später wird jedoch diese Blase beim Hühner- Fig. 47. Querschnitt durch den mittleren Teil eines Hühnerembryo vom 3. Tage mit offenem Amnion. Yergr. 40mal. «/' Amnionfalte ; sfc Seite n kappe ; mp Muskel- platte; VC Vena cardinalis ; tvg WoLFFScher Gang; wk WoLFFSche Drüse; p Peri- tonealhöhle; /( Hornblatt; p/i Hautplatte ; drf. Darmdrüsenblatt ; dfp Darmfaserplatte; uivh Rest der Urwirbelhöhle. 72 EntNvickeluns der Leibesform. Urachus. embryo wesentlich als Respirationsorgan verwendet, während sie beim Säugetierembryo vor allem zur Herstellung einer Verbindung zwischen Mutter und Frucht dient und ganz besondere Schicksale erleidet, wes- halb auch hier nicht mehr als nötig von den Verhältnissen der Allantois der Vögel die Rede sein kann. Die eben gebildete Allantois des Hühnerembryo (Fig. 49) ist ein birnförmiges Bläschen, das mit einem hohlen Stiele, dem Harngange, Urachus, aus der unteren Wand des Hinterdarmes entspringt und selbst außerhalb des Leibes des Embryo dicht vor der Beckenbuchl und unter- halb der hinteren Darmpforte auf der rechten Seite seine Lage hat. Dieses Gebilde besteht aus zwei Schichten, einer inneren dünnen Epi- thelialauskleidung, welche die Fortsetzung des Darmepithels ist, und einer äußeren dickeren, Gefäße führenden Lage, welche mit der Darm- faserplatte des Hinterdarmes verbunden erscheint. Die Gefäße stammen von dem Teile der primitiven Aorten, welcher, neben der Allantois um den Rand der Beckenbucht sich lierumschlagend, in den Fruchthof aus- strahlt, und heißen, wenn sie größer geworden sind, die Nabel - Arteriaenmhiii- piTiev'xen^ Art. umbiUcules. Die Venen gehen zu den Venen der seit- cales. y««a«Mm6j7jca- liehen Bauchwände und stellen später die zwei Nabelvenen, Ve7}ae lunbilicales, dar. '\ \ all ~di e^ Fig. 48. Erste Bildung der Allantois. Die erste Entwickelung der Allantois ist an Längsschnitten leicht zu verstehen. Fig. 48 zeigt einen Längsschnitt durch das hinterste Ende Fig. 48. Längsschnitt durch das hintere Ende eines Hühnerembryo vom 3. Tage, 60mal vergr. ed Enddarmanlage; 5 Schwanzende des Embryo; aH Allantoisanlage ; a/" Amnionfalte, /i Hornblatt derselben , Zip ? Hautplatte derselben; ri6 Damidrüseii- blatl; dff Darmfaserplatte, welche beide in die tieferen Lagendes Blastoderras hin- ter dem Embryo übergehen, die später zum Dottersacke sich umwandeln ; sjj Spalte im Mesoderm des Blastoderms. Allantois, Harnsack. 73 eines Embryo von der zweiten Hälfte des zweiten Tages, s ist der schon früher beschriebene Endwulsl, in welchem Chorda und Medullar- rohr, miteinander verschmelzend, in eine zusammenhängende Masse übergehen, an der auch das Ektoderm undeutlich ist und die somit auf dem Standpunkte der früheren Achsenplatte sich befindet. An der Bauch- fläche dieses Endwulstes oder der Anlage des Schwanzendes liegt vorn eine kleine Vertiefung ed, die erste Andeutung des Enddarmes, und hinten eine größere enge Bucht [all) von 0,28 mm Tiefe, die nichts anderes als die erste Spur der Allantois ist. Hinter dem iMidwulste geht der Embryo in das Blastoderm der Area pellucida über, an welchem das Mesoderm wie weiter vorn in eine Hautplatfe [hpl] und eine Darmfaser- platte [afp] gespalten ist, die durch eine Spalte sp voneinander ge- sondert erscheinen. Ein weiteres Stadium zeigt Fig. 49, aus der sich ergibt, dass die Allantoisanlage allmählich nach vorn geschoben wird, indem einerseits der sie von hinten begrenzende Wulst oder Umbiegungsrand der tieferen Lagen des Blastoderms, der nichts als ein Teil der späteren vorderen Darmwand ist, sich nach vorn umbiegt, anderseits der Endwulst oben und nach hinten in einem Fortsatz auswächst, in dem man leicht die Anlage des Schwanzfortsatzes erkennt. Hat die Allantois die in uw / c/i Fig. 49 dargestellte Entwicke- lung erreicht, so sind ihre Beziehungen zum Enddarme hinreichend klar, und be- merke ich nur, dass die Wand der Blase nun zu dem Allan- toishöcker (Gasser) verdickt ist. Die sich entwickelnde Allantois ist dem Gesagten zufolge in allen Stadien hohl, ja es ist eigentlich die Höh- lung, mit andern Worten ein vom Entoderra ausgekleideter kleiner Blindsack, das erste, Fig. 49. Längsschnitt durcli das hintere Ende eines Embryo von 2 Tagen und 16 Stunden. Vergr. 33mal. d hintere Darmpforte; d' Ende des Hinterdarmes; al Höhle der Allantois; al' AUantoishöcker; dg Wand des späteren Dotterganges, d. h. Übergang der DarmNsand in die tieferen Lagen des Blastoderms , die später den Dottersack liefern; am Ursprung des Amnion am hinteren Ende der Allantoisanlage. In der Tiefe der Spalte zwischen Amnion und dem Schwanzende s bildet sich später der After; cl Kloakenhöcker; ch Chorda; mr Medullarrohr ; uw Urwirbel. 74 Entwickelung der Leibesform. was man von dem Organe wahrnimmt. Zu diesem Blindsacke kommt dann in zweiter Linie eine vom mittleren Keimblatte abstammende äußere Lage . die Faserhaut der Allanfois, welche jedoch erst später so von den benachbarten Teilen sich abgrenzt, dass die Allantois auch von außen als ein besonderes Organ erscheint. Diese äußere Hülle stammt, in ihrer vorderen (oberen) Wand, die zuerst als hintere Begrenzung erscheint, von der Übergangsstelle zwischen der Hautplatle und der Darmfaserplatte am hinteren Ende des Embryo oder einem Teile des mittleren Keimblattes, den man auch hier Mittelplatte nennen könnte. Die hinlere (untere) Wand dagegen, die anfangs die vordere Begrenzung der Allantoisanlage bildet, ist eine mittelbare Fortsetzung der Wand des Hinterdarmes. Die Hohle, in die die Allantois sich hineinentwickelt, ist eine Spaltungslücke im mittleren Keimblatte, Fortsetzung der Lücke, die bei der Bildung des Amnion rings um den Embryo auftritt, und ge- staltet sich auch hier die obere Wand der Lücke (am) zum Amnion und zur serösen Hülle, die untere {dg) zur Wand des Dottersackes. (Siehe die farbige Tafel in § 15.) Eine besondere Beachtung verdient nun übrigens noch die Art und Weise, wie der Enddarm und die Beckenhöhle ihre vorderen Wan- dungen erlangen, indem hier ganz andere Vorgänge Platz greifen als am vorderen Leibesende. Dort bilden einfach alle drei Keimblätter miteinander einen Umschlagsrand, und legen sich somit die vordere Darmw^and und die vordere Leibes wand gleichzeitig an. Anders am hin- teren Leibesende, woselbst vor der Bildung der betreffenden vorderen Wandungen das mittlere Keimblatt in zwei Lagen sich spaltet und die tiefere Lage, bestehend aus der Darmfaserplatte und dem Darmdrüsen- blatte, zuerst allein vorwächst und eine vordere Darmwand bildet. Der hinterste Teil dieser vorderen Darmwand ist die Allantoisanlage, und erst nachdem diese eine bedeutende Entwickelung erlangt hat, erkennt man, dass die hinter ihr gelegene Zone, von der die Amnionfalte aus- geht, nach und nach zur vorderen Beckenwand sich gestaltet (Fig. 50, 51), während zugleich die Allantois von ihrer Verbindung mit der Am- nionfalte sich trennt. Bevor dies geschehen ist, scheint die Allantois einen Teil der vor- deren Beckenwand zu bilden und hängt auch in der That mit derselben zusammen, wie Fig. 51 und '62 dies zeigen. Betrachtet man die Allantois von der Fläche, so erscheint dieselbe in früheren Stadien so, wie Fig. 52 dies zeigt, und hebe ich den bis- herigen Angaben gegenüber hervor, dass dieselbe schon sehr früh eine schiefe Stellung mehr nach rechts darbietet, auch anfänglich mehr kegel- förmig ist, wie dies schon v. Baer hervorhebt. Allantois. 75 Ist die Allantois weiter entwickelt, so erscheint sie kugelförmig und zieht sich bald in einen deutlichen Stiel, den Urachus, Ilarngang, aus. Zugleich legt sie sich entschieden auf die rechte Seite des Embryo und wird bald zu einer großen gefäßreichen Blase, die ihre Lage zwischen Amnion, Dotiersack und seröser Hülle hat und deren weitere Schicksale hier nicht geschildert werden können. Der Stiel der Allantois zeigt vom 8. Tage an eine anfangs zweihörnige, später einfach spindelförmige Er- weiterung, Andeutung einer Harnblase, die nach der 3. Woche nach dem Auskriechen, wie der Stiel überhaupt, spurlos schwindet (J. Bldge; . Fi2. 50. Fis. 51. Fig. 30. Querschnitt durch die Beckengegend und Allantois eines Hühnerembryo mit eben hervorsprossenden hinteren Extremitäten (vom 3. Tage), etwa 30mal vergr. ch, Chorda; m Meduilarrohr; ao hintere Aorten (Schwanzteil), die in die Art. iimbili- caies sich fortsetzen ; v c Venae cardinales ; t/nUrnieren; v»p Muskelplatte, etwas in die Extremitätenanlage sich hineinerstreckend; np Hautplatte des Rückens; h Horn- blatt; h' stark verdickte Stelle desselben an der Spitze des Extremitätenstummels; a Amnion (nicht ausgezeichnet) mit seinen beiden Lagen, dem Hornbiatte und der Hautplatte; d Höhle des Hinterdarmes; dd Darmdrüsenblatt oder Epithel; rf/" Darm- faserplatte, an der außen schon die Serosa deutlich ist, den Darm nicht ganz um- gebend; p Peritonealhöhle; s^ seitliche Leibeswand in vb, die vordere Bauchwand, übergehend; al Allantois, mit der Bauchwand noch verbunden und von einer dünne- ren Fortsetzung des Darradrüsenblattes ausgekleidet. Fig. 51. Hinteres Ende eines Hühnerembryo vom Ende des 3. Tages mit abge- löstem Amnion und getrennter Verbindung des Darmes mit dem Blastoderm. Vergr. 20mal. a Allantois; s Schwanzende ; rf/- Darmrinne ; da- Darmwand; /irfe hinterer Darmeingang; hd Hinterdarm; Itv seilliche Leibeswand; he Anlage der hinteren Extremität. 76 Entwickelung der Leibesform. § 1^- Krümmungen des Leibes, Mund, After, Kiemenbogen und -spalten, höhere Sinnesorgane, Extremitäten. Gleichzeitig mit der Ausbildung von Amnion und Allantois ent- wickelt der Leib des Hühnerembryo eigentümliche Krümmungen , die als Drehungen um die Querachse und solche um die Längsachse ])e- Drehungen um zeichnet Werden können. Die Drehungen um die Querachse ee- die Querachse. '-' "- schehen so, dass der Leib nach der Bauchseite sich zusammenkrümmt und schließlich so stark sich biegt, dass Kopf und Schwanz sich nahezu berühren. Diese Krümmungen beginnen am Kopfe schon am 2. Tage (Fig. 35), werden jedoch erst am Anfange des 3. Tages stärker, und Vordere Kopf- stellt sich ictzt die sogenannte vordere Kopfkrümmung ein (Fig. 52). kruramung. •' '-' '■ o \ u / ' indem der vordere Kopfteil unter rechtem Winkel sich umbiegt, so dass die Gegend des Mittelhirns den erhabensten Teil des Kopfes bildet. Zu die- sciieiteihöcker. ser Vorderen Kopfkrümmung mit dem sogenannten Scheitelhöcker (s) Hintere Kopf- gesellt sich in der zweiten Hälfte des 3. und am 4, Tage eine hintere krümmung. ^ '-' Kopfkrümmung an der Grenze des verlängerten Markes und des Nackenhöoker. Rückenmarkes mit dem Nackenhöcker (Fig. 5.3). In ähnlicher Weise Sciiwanzkrüm- tritt schou am 3. Tase hinten eine Schwanzkrümmung (Fig. 49, 51) mung. '- o \ u / / auf, zu der dann auch noch eine Krümmung in der Rückengegend sich Prellungen um oesellt. Vou dcu Drehungen um die Längsachse erwähnen wir vom iie Längsachse. '-' o o Hühnchen eine sehr auffallende Drehung am 3. Tage in der Art, dass, wäh- rend der Rumpf mit seiner Bauchfläche gegen den Dotter schaut, der Kopf so sich dreht, dass er seine linke Seite bauchwärts kehrt (Fig. 52). Beiderlei Drehungen, sowohl die um die Längsachse als die um die Querachse, sind am ausgeprägtesten am 4. und 5. Tage. Von da an streckt sich der Embryo immer mehr gerade und dreht sich auf, so dass vom 6. Tage an die Leibesachse wieder fast gerade verläuft und die Bauchwand immer mehr an Länge gewinnt. Während die beschriebenen Veränderungen in der Stellung des Leibes vor sich gehen, entwickelt sich nicht nur der Kopf immer mehr, sondern es bildet sich allmählich auch der Hals aus, wobei sehr bemer- kenswerte Phänomene sich ergeben. Es treten nämlich in der seitlichen Halswand am 3. Brüttage Spalten auf, welche von außen gegen den Schlund und von innen gegen die äußere Oberfläche dringen. Bei den niederen Wirbeltieren brechen diese Spalten durch, setzen den Schlund mit der äußeren Oberfläche des Halses in Verbindung und heißen Kie- Kiemenspaiten. men-, Visceral- oder Schlundspalten {Fissurae branchiales). Bis vor kurzem glaubte man , dass solche durchdringende Spalten auch den Vö- Kiemenspalteri, Kieinenbogen. 77 ^ — k- \ ft ha- -SU/' geln uud Saugern zukoiiiinen, nun zeigt sich aber, dass dem nicht so ist, dass vielmehr bei diesen Tieren alle Spalten durch zarte, an den dünn- sten Stellen nur aus dem Ektoderm und ^ dem Entoderm des Schlundes gebildete ^Äfe,, Hüutchen geschlossen sind. Hier gibt es dahereigentlichnur äußere und innere . Schlund- oder Kiemen furchen oder ! ,- > Kiemenfurchen. -taschen, doch kann der Name Kie- m e n sj)a 1 len auch bei den höheren Wir- beltieren immer noch gebraucht werden, da die genannten Bildungen den Wert von solchen haben. Solcher Spalten oder Furchen treten erst jederseits nur drei auf. welche von vorn nach hinten gezahlt werden (Fig. 54). Am Ende des 3. Tages gesellt sich zu denselben noch eine vierte Spalte. Anmerkung. His hat ^o^ kurzem das Vorkommen durcligehender KiemenspaUen bei Vögeln und Säugern in Zweifel gezogen (seinArch.tSSI S. 319), ohne mit voller Be- stimmtheit sich zu äußern, und später schloß Born sich ihm an (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 22 S.275). Ich habe an Schnittreihen von 5Hüh- nerembryonen des 3., 4. und 5. Tages quer auf die Kiemenspalten und an gleichen Serien von drei Kaninchenembryonen des 10. Ta- ges diese Frage geprüft und die Überzeu- gung gewonnen, dass His recht hat. Täu- schungen sind leicht möglich, einmal, weil die zarten Membranae obturatoriae der Kiemen- furchen, vor allen die der 2. Furche, leicht reißen , und zweitens , weil die 1 . und 2 . äußere Furche an ihrem ventralen Ende sehr tief eindringen und so offene Spalten vortäuschen. In pathologischen Fällen kann vielleicht auch ein wirklicher Durchbruch entstehen, doch ist wohl noch Fig. 52. Hühnerembryo von 7,4 t mm Länge von 2 Tagen und 8 Stunden von der Rückseite. Vergr. 'l4'/2mal. Das Amnion ist an dem ganzen vorderen Teile abgelöst und außerdem das Herz bloßgelegt, a ein Rest des geschlossenen Teiles des Amnion ; xa/" Seitenfalten des Amnion; /( a/' hintere Amnionfalte, beide hier noch eine große Lücke begrenzend; pz Parietalzone des Embryo; stz Stammzone; r Vorhof; Ä" Kam- mer; ba Bulbus Aortae ; z Zotten am Venenende des Herzens (Remak S. 64 Taf. IV, Fig. 36, 37 z) ; m Mundbucht; /.-«]/ erste Kiemenfurche, hinter welcher noch zwei solche sichtbar sind ; k' erster, /c'" dritter Kiemenbogen ; (j Gehörgrube, über dem zweiten Kiemenbogen gelegen ; .9 Scheitelhöcker. sfx—^ \kaf Fig. 52. 78 Entwickelun» der Leibesform. »/?, nh ■o7i X '31* -ms— \_ „^1, Fi". 53. - nh -7is"' S' hh. Mi zu untersuchen , ob bei der Fistula colli cogenita die Fistelgänge nicht in der Regel blind enden. Mit der Bildung dieser Furchen am Halse nun geht das Auftreten der soge- nannten »Ki am an- bogen« oder »Vis- ceralbogan« [Arcus brnnchiales) Hand in Hand. Es verdickt sich nämlich , von hintan nach vorn vor- rückend, die zwi- schen den Furchen gelegene Masse dar Schlundwand und bildet dicke Streifen, die man eben mit dem Namen der Kie- menbogeu bezeichnet und deren beim Hühnerembryo vier sich finden. Der erste dieser Kiemenbogen (Fig. 52//) liegt zwischen der Mundöffnung und der ersten Furche , der zweite zwischen der ersten und zweiten Furche, der dritte zwischen der zweiten und dritten und der vierte zwi- schen der dritten und vierten Furche. Von diesen Kiemenbogen nun sind beim Hühnchen dar erste und zweite anfangs am vorderen Ende kolbig angeschwollen (Fig. 52), so jedoch, dass sie in der Mitte zusammenhän- gen, später jedoch verschmelzen dieselben so miteinander, dass keine Trennungslinie mehr wahrzunehmen ist. Etwas verschieden hiervon laufen der dritte und vierte Bogen einfach verdünnt und ohne Grenz- marke in die ursprüngliche untere Schlundwand aus. In den inneren Teilen dieser Kiemenbogen laufen die primitiven vier vorderen Aorten- bogen, während der 5. hinter der 4. Kiemanspalta seine Lage hat. Der erste Kiemenbogen zeigt ferner einen kleinen Ausläufer, welcher von Fig. 53. Vorderer Teil eines Hiihnerembryo des 3. Tages, 25mal vergr. vh Vorderhirngegend; z Zwischenhirngegend ; «lÄ Mittelhirngegend, Scheitelliöcker ; hh Hinterhirngegend; nh Nachhirngegend , Nackenhöcker; a Auge mit Augenspalte, hohler Linse mit noch offener Linsengrube ; o Ohrbläschen, birnförmig, nach oben noch offen ; ks', ks", ks'" 1., 2., 3. Kiemenfurche ; m Gegend der Mundöffnung; k' erster Kiemenbogen (Unterkiefergegend) ; ? 3 unterscheiden, die den Randteil der bisher so genannten Embryoualaulage oder des frühereu Embryonal- fleckes bildete. Im Flächenbilde sah man die Rückenfurche {rf) deutlich, welche in der Urwirbelgegend und hinter derselben am breitesten war, Fig. 74, Area vasculosa und Embryonalfleciv (Embryonalanlage) eines Raninchen- eies von 7 Tagen, 28mal vergr. o Gefäßhof (Area opaca) von 0,äO mm, seitlich 0,57 mm, hinten 1,71 mm breit; ar/ Embryonalfleck oder Embryonalanlage; jjr Primitivstreifen ; ;■/' Rückenfurche. Fig. 75. Embryonalfleck oder Embryonalanlage eines Kanincheneies von S Ta- gen und 4 Stunden, 20mal vergr. r/ Rückenfurche ; pr Primitivstreifen, Fruchthöfe des Kaninchenembrvo. 95 HWliiii,» \~h pr vorn dagegen um das Doppelte sich verschmälerle, und außerdem fand sich in der Parietalzone zu beiden Seiten der Kopfgegend eine dunklere Stelle am Rande, /;, welche nichts anderes als die erste schwache An- deutung der beiden Herz anlagen ist, wie später gezeigt werden soll. Herzanlagen. Die nun folgenden Stadien sind . wenn man bereits mit der Entwickelung des Hühn- chens vertraut ist, leicht verständlich. Bei dem Embryo der Fig. 77 besass die Stamm- zone (5fj3) dieselben Umrisse wie die Em- bryonalanlage und war ringsherum scharf ge- zeichnet, vor allem vorn, vor den Urwirbeln, woselbst ihre Begrenzung mit dem Rande der Medullarplatte mp zusam- menfiel und eigentlich von den noch wenig vortretenden Rückenwiilsten dargestellt wurde. Dieser Kopfteil der Stammzone zerfiel in einen vorderen breiteren Abschnitt, dieAnlagedes Vorderhirnes, und in einen schmäleren hinteren Teil, die Anlage l ii;. T(i. von Mittelhirn und Hinterhirn. Mitten über den ganzen Kopfteil zog sich eine Furche, die Rücken- furche, deren tiefster Teil allein im Flächenbilde sichtbar war, wo- gegen Querschnitte lehrten, dass die Rückeufurche und ebenso die Me- dullarplatte die ganze Länge und Breite der Stammzone am Kopfe ein- nahmen. Im Vergleiche mit dem Hühnchen fällt besonders die scharfe vordere Begrenzung der Medullarplatte auf, und lässt sieh überhaupt sagen, dass bei Säugetieren schon in diesem früheren Stadium die An- lage des Gehirnes viel bestimmter gezeichnet auftritt. Von der Parie- talzone ist nur das zu erwähnen," dass dieselbe vorn am Kopfteile nahe am Rande jederseits ein röhrenförmiges Gebilde zeigt [hz], welches die nun deutliche erste Anlage je einer Herzhälfte ist. Die vom Mesoderm eingenommene FUiche um den Embryo herum kann nun Gefäßhof [ao] heißen, denn es zeigte dieselbe bereits un- deutliche Gefäßanlagen in Gestalt solider und hohler Zellenstränge und alsNovum einen hellen Fruchthof, Area pellucida, in Form eines am Area peiiwcida. Kopfe schmalen, nach hinten sich verbreiternden hellen Saumes, der dadurch in die Erscheinung tritt, dass nun dasBlastoderm in der nächsten Fig. 76. Embryonalanlage eines andern Eies desselben Ivaninchens, von dem Fig. 74 stammt. Vergr. 20mal. r/" Rückenfurche ; jj )• Rest des Primitivstreifens ; sfs Stammzone mit 2 Urwirbeln; pz Parietalzone; /) erste Andeutung der Herzan- lagen. 96 Entwickelung der Leibesform. Nähe der Embryonalanlage dünner ist als weiter nach außen. Während jedoch beim Hühnchen in dei" Area opaca das Entoderm sich verdickt, ist es beim Kaninchen gerade umgekehrt das Ekloderm, das in einer gewissen Entfernung vom Embryo mächtiger wird. rf £i; I /T -'im' P r— % \ \ %. Fig. 77. Einen weiter vorgerückten Embryo mit acht deutlichen Urwirbeln zeigen die Fig. 78 und 79, an dem vor allem die II erzanla'gen er- wähnenswei't sind. Die beiden Ilerzhälften bilden seitlich am Kopfe wie zwei henkelartige, ganz fremdartige Ansätze, deren laterale Begrenzungen um 1,31 mm voneinander abstehen. An jeder Anlage unterscheidet man jetzt deutlich den eigentlichen Herzschlauch (/?) und eine Spaltlücke oder Höhle, die das Herz umschließt (/>/*), die Halshöhle oder Parietal- F'ig. 77. Area opaca [vasculosa) und Embryonalaniage eines Kaninchens von 8 Tagen lind 9 Stunden mit 5 Urwirbeln. Länge des Embryo 3, 13 mm. Vergr. nahezu ISmal. ao Area vasculosa s. opaca; ap Area pellucida; mp Meduilarplatte am Kopfe; A'Gegend des späteren Vorderliirnes ; /i"Gegend des späteren Miltelhirnes; r/"Rüciien- furche; Ji z Herzanlage; stz Slammzone; pz Parietalzone ; pr Primitivstreifen. Doppelle Heizanlagen. 97 höhle (His . Am Ilerzschlauehe erkennt man hinten die aus dem liellen Fruchthofe kommende Vena ompha/o-mesenterica {v o) , dann einen spindel- förniiiien mittleren Teil (7/1, die Kanuner, endlich einen vorderen median- wärts "eboGienen Abschnitt «, das Aortenende mit dem Anfanue der "/' rtx Fig. 7i Fig. 79. Aorta. Die Begrenzung der Parie- talhöhle, die das Herz umschließt, ist besonders laterälwärts sehr deutlich, aber auch an der andern Seite nicht zu verkennen. Nach hinten geht die seitliche Begren- zung dieser Höhle in eine Falte af über, welche den Kopf bogenför- mig umgibt und als erste Andeu- tung der Kopfscheide des Amnion und der Kopfkappe betrachtet wer- den kann. In zweiter Linie verdient bei diesem Embryo die Medulla rplat te und die Rückenfurche alle Beachtung. Die Furche ist noch in ihrer ganzen Länge offen, nichts- destoweniger zeigt dieselbe vorn am Kopfe ganz deutlich drei Abtei- lungen. Von diesen ist die hinterste hh, dem späteren Hinterhirne entsprechende die längste, kürzer die Anlagen des Mittelhirnes mh und Vorderhirues r/?, von welchen das letztere schon jetzt die Augenblasen Fig. 78. Heller Fiuchthof und Embryonalanlage eines Kaninchenembryo von 8 Tagen und \K Stunden und 3,65 mm Länge nach Erhärtung in Osmiumsäure. Vergr. 24mal. ap Area pellucida; af vordere Außenfalte; st:: Stammzone; p z Parietal- zone; /•/' Rückenfurche ; « i/; Urwirbel ; hh Hinterhirn; mh Mittelhirn; vh Vorder- hirn; ab Anlage der Augenblasen; /( Herzkammer; ro Vena omphalo-mesenterica; a Aortenende des Herzens; ph Parietalhöhle oder Halshöhle ; vd durchschimmernder Rand der vorderen Darmpforte. Fig. 79. Kopf desselben Embryo von der Bauchseite in Umrissen. Buchstaben und Vergrößerung wie vorhin. KOlli ke r, Grundriss. 2. Aufl. 7 98 Entwickelung der Leibesform. a b als zwei seilliehe, na eh oben o ffeu e Ausbachlungen erkennen lässt. Der vorderste Teil der Gehirnanlage ist übrigens etwas nach der Bauchseite gekrümmt, und zeigt der Kopf jetzt auch einen deutlichen vorderen Um- schlagsrand der Parielalzone mit der Anlage des Vorderdarmes (vd). Von besonderem Interesse erscheint beim Säugetierembryo die Bil- dung des Herzens, da dieselbe in so manchem von derjenigen der Vögel abweicht, und gebe ich daher in Fig. 80 und 81 noch zwei weitere Ab- bildungen, die die allmähliche Verschmelzung der Ilerzhälften illustrieren. Fig. 80 stellt einen Embryo von 8 Tagen und 18 Stunden dar, der in Osmium erhärtet etwa 3 mm maß. Derselbe zeigt die beiden Herz- hälften einander so genähert, dass sie nicht mehr weit von der Mitlel- linie der vorderen Brustwand ihre Lage haben, welche nun auch eine viel größere Länge besitzt, so dass die vordere Darmpforte nicht mehr weit von der Gegend des ersten Urwirbels absteht. Außerdem verdient Erwähnung, dass jede Herzhälfle stark gekrümmt und mit einer kon- kaven Seite der andern zugewendet ist, ferner dass dieselben — und dies ist wohl noch wichtiger — schon die drei Abschnitte des späteren verschmolzenen Herzens erkennen lassen, den Bulbus aortae, die Kammer und das Venenende. — Außer dem Herzen sind auch die dasselbe um- schließenden Parietalhöhlen sehr deutlich, welche, wie Querschnitte lehren, um diese Zeit noch ganz getrennt sind. Auffallend ist an diesem Embryo sonst noch der bedeutende ven- trale Umschlag am hinteren Leibesende, der nun eine ganz deutliche hintere Darmpforte begrenzt. In der Ansicht vom Rücken her er- kannte man auch, dass die Kopfscheide und Schwanzscheide des Amnion schon ziemlich gut entwickelt waren und ferner das Medullarrohr bis in die Gegend der letzten Urwirbel geschlossen erschien, Fig. 81 endlich zeigt einen 9 Tage und 2 Stunden alten Embryo, bei dem nun die beiden Herzhälfteu vereinigt sind und als letzte Spur der früheren Trennung ein Septum (sc) im Innern aller drei Herzab- schnitte erscheint. Ein Herz aus diesem Stadium ist sehr verschieden von dem primitiven Herzen eines Hühuerembryo, was einfach darin be- gründet ist, dass, wie bemerkt, bei Säugetieren schon vor der Ver- schmelzung der beiden Herzhälften die drei Herzabschuitte angelegt sind. Doch nimmt das Herz bald, indem es sich in die Länge zieht, eine S-förmige Gestalt an, wie sie beim Hühnchen vorkommt und wie sie auch vom Säugelierembryo schon längst durch Bischoff bekannt geworden ist. Die übrigen Verhältnisse dieses Embryo sind folgende. Derselbe war schon erheblich der Länge nach gekrümmt und zeigte außerdem auch die vordere Kopfkrümmung ganz gut ausgeprägt, so dass von der Bauchseile her das Vorderhirn i'h in seinen beiden Hälften mit den Doppelte Heizanlagen. 99 Augenblasen sichtbar war. Die hinter dein Vorderhirne vor der Aus- gangsstelle der vorderen Aninionfalte {vuf) gelegene leichte Vertiefung mit den zwei seitliehen Wülsten sind die ei'sten Anlagen der ersten Kiemenbogen und der Mundüifnung. Am Kopfe und Schwanzende fanden «ich gut ausgebildete Umhüllungen vom Amnion [am^ '''«/j; und außer- dem waren auch die Seilenfalten dieser Haut selbst von der Bauchseite her deutlich zu sehen [saf). Immerhin war an diesem Endu'vo noch ein großes Stück des Rückens unbedeckt, welche Stelle in Fig. 81 zum ,,jjj|jj|[||i|lii|!llflllip«l| saf- jiz - ~^' Fig. 80. caf - k af Fig. SO. Embryo des Kanincliens von 8 Tagen und 18 Stunden. Vergr. 24 mal. In der vorderen Leibeswand am Kopfe die beiden Herzanlagen, an deren EndoUiel- schläuchen das Venenende, der Kammerteil und das Arlerienende deutlich zu unter- scheiden sind. Wirbel sind 10 da und am hinteren Ende ist ein Umschlagsrand mit - 0 , welcher an die untere Fläche des Vorderkopfes sich anlegt , und in Fig. 84. Embryo eines Hundes von 23 Tagen, 5mal vergr. Nach Bischoff. rt Vorderhirn; fc Zwischenhirn ; c Milteihirn ; d dritte Hirnblase ; e Auge ; / Gehör- bläschen ; (/ L'nterkieferfortsatz ; /; Oberkioferfortsalz des ersten Kiemenbogens, zwi- schen beiden derMund ; i zweiter Kiemenbogen, davor die erste Kiemenfurche; k rechtes Herzohr; l rechte, m linke Kammer; n Aorta; o Herzbeutel; p Leber; q. Darm; r Dottergang mit den Vusa omphalo-mesenterica ; 5 Dottersack ; < AUantois; u Amnion; v vordere, x hintere Extremität ; z Riechgrube. Kiemenfurchen und Kiemenbogen. 103 einen lungeren U n t e r k i e fe r f o r t s a t z u , der einen provisorischen ünterkieferfort- Unterkiefer darstellt, jedoch anfangs vorn kolbig angeschwollen endet und mit der andern Seite nicht zusammenhängt. , Zwischen diesen Teilen ,, £^" , Mundöflnnng. findet sich die primitive große \ i 1 1 ! M u n d ö f f n u n g m von rau- -s^--- tenförmigerGestalt, anderen ^„^ Stelle während der Ausbil- dung der Kiemenbogen erst ^^ ^ eine dünnellaul, die Rachen- 0"' < ^ _y haut, sich findet (Fig. 107 /), t ' die dann später vergeht. Zwi- «v , ' ' -- sehen dem ersten und zwei- / am ten Kiemenbogen findet sich ^'/' - ."^ die erste Kiemenfuin-he, |^ " die auch bei Säugetieren sehr _ l'^f^/'"' '''" gut ausgeprägt ist (Fig. 82 bis ^ ^ ./ 84). Ebenso istauch der zweite . .1 .'y*' Kiemenbogen stark entwickelt ^^ und vorn ebenfalls abgerun- p- „> •- rig. öo. det (Fig. 85, k") , wogegen der dritte Bogen (Fig. 82, 85 /."') erheblich kürzer ist und ein vierter Bo- gen als besonders abgegrenztes Gebilde bei Säugetieren sich nicht nach- weisen lässt. Dagegen sind eine dritte (Fig. 82) und vierte Kiemenfurche auch beim Kaninchen ganz deutlich, nur kleiner als die vorderen Furchen. Alle Kiemenbogen entstehen in der primitiven Schlundwand als Wucherungen , die von den Seitenteilen der Schädelbasis, nach der Bauchseite zu wachsen, und sind die Homologa der am Rumpfe vorkom- menden Bauchplatten. Die höheren Sinnesorgane treten, was ihre äußere Erschei- HöiiereSiuues- , , . Organe. nung anlangt, beim Kaninchen wesentlich in derselben Weise auf wie beim Hühnchen, und verweise ich daher mit Bezug auf diese Organe auf die im zweiten Hauptabschnitte folgenden speziellen Schilderungen. Fig. 85. Embryo eines Rindes, ämal vergr. ö» Geruclisgrübchen ; fc' erster Kie- menbogen mit dem Ober- und Unterl Kaninchen; 111 Embryonalanlage der Primiti\ streifen hervortritt, beginnen die Zellen des bleibenden Ektodernis in der oben angegebenen Weise in die Tiefe zu wuchern und stellen eben dadurch den Primitivslreifen dar, wie dies Ff rf N.St.. Pr ,<^»:-» ect .s Fig. 91. Fig. 72 und 91 erkennen lassen. Diese Wucherung des äuße- ren Keimblattes ist, wie beim Hühnchen, nichts anderes als die erste Anlage des Me sode r ms, dessen eigentümliche Weiler- entwickelung schon oben geschildert wurde. In diesem Blatte oder dem Mesoderm entwickeln sich die ersten Gefäße, und bezeichnet die Größe ///ly I I P7J rA Fisr. 92. ^ y Fig. 9t. Priniitivstreifen oder Achsenplatte eines Kaninchenenibryo von 8 Tagen und 9 Stunden, der noch i^eine Rückenfurclie und keine Ur\virbel besaß, quer durch- schnitten. Vergr. 220mal. ax Priniitivstreifen oder Achsenpiatte ; jjc Primitivrinne ; j)/' Primilivfalten ; ect Ektoderm ; mes Mesoderm ; enl Entoderm. Fig. 92. Querschnitt durch die mittlere Rumpfgegend eines Kaninchenembryo von 9 Tagen und 2 Stunden. Vergr. 158mal. dr Darmrinne, von Entoderm aus- gekleidet; c/t Chorda; ao Aortae descendentes ; mjü Urwirbel mit Höhle ; m r MeduUar- rohr; ung Urnierengang ; dfb Darmfaserplatte ; g Gefäße in den tiefeien Teilen die- ser Platte ; hp Hautplalte ; /( tlornblatt ; pp Peritonealhöhle. 1 12 Eiitwickelung der Leibesform. des Gefäßhofes oder der Area opaca auch diejenige des mittleren Keim- blattes, welcher Gefaßhof anfänglich als schmaler Saum den Embryo umgibt und zuletzt die innere Lamelle der Keimblase ganz umvvuchert und mit ihr den Dottersack bildet. (Vergl. in betreff des speziellen Ver- haltens des Dotiersackes des Kaninchens die Monographie von Bischoff und meine Entvvickelungsgeschichte, 2. Aufl.) Vor der Anlage der Ge- fäße an Fruchthöfen, wie sie Fig. 74 darstellt, ist das Mesoderm am Rande ganz dünn und überhaupt nur im Bereiche der Embryonalanlage dicker. Später jedoch zeigt der Rand eine wulstige Verdickung, die Anlage des Sinus termmalis, und gewinnen die peripherischen Teile des Mesoderms überhaupt an Mächtigkeit. Entstehung der jcjj wcudc mich uuu zur Darstellung des Verhaltens der ersten 'rimitivovgane. Organbildungen an Querschnitten und glaube ich dieselben am besten klar machen zu können , wenn ich von einem etwas älteren Embryo ausgehe, bei welchem die Primitivorgane schon alle angelegt sind. Fig. 92 zeigt einen Querschnitt durch die Urwirbelgegend eines Embryo von 9 Tagen und 2 Stunden, welcher keinerlei Leibeskrümmung besaß, und lehrt, dass in diesem Stadium, abgesehen von den Größenverhält- nissen, die Verhältnisse der Säugetierembryonen denen des Hühnchens so ähnlich sind, dass eine weitere Besprechung des Bildes ganz über- flüssig erscheint. Geht man von diesem Stadium rückwärts, so bleiben anfangs die Bilder leicht verständlich, dann aber treten zur Zeit der ersten Bildung der Rückenfurche Gestaltungen auf, die ganz eigener Art zu sein scheinen und zum Glauben veranlassen könnten, dass die Chorda dorsalis aus dem Entoderm hervorgehe. Es haben jedoch genaue Untersuchungen von chordaMicUmg. Lieberkühn beim Meerschweinchen und beim Maulwurf und von mir beim Kaninchen gezeigt, dass auch bei den Säugetieren die Chorda aus dem mittleren Keimblatte entsteht. Über die hierbei stattfindenden Ver- hältnisse sei nur so viel erwähnt, dass die im Mesoderm entstehende Chorda zu einer gewissen Zeit eine Höhle enthält. Dann bricht diese Höhle an der Entodermseite durch und bildet die Chorda wie einen Teil des Entoderms, welches an die Ränder des nun platten Organes sich anlegt. Endlich wächst das Ento<.lerm unter der Chorda durch und lässt dieselbe so wiederum als Bestandteil des Mesoderms erscheinen. Zur Versinnlichung dieser Vorgänge verweise ich auf Fig. 93. An älteren Kauinchenembryonen wurde eine Chordahöhle nicht mehr wahr- genommen , nichtsdestoweniger waren die Beziehungen der Chorda dieselben, in dem sie hinten als Teil des Mesoderms auftrat (Fig. 94) und weiter vor wie dem Entoderm eingeschaltet erschien (Fig. 95, 96). Die feine Linie ent\ die in den letzteren Figuren unter der Chorda durdi- Piimitivorgane, Chorda. 113 zieht, vermag ich nach diesen neuen Erfahrungen nicht mehr mit Sicher- heil als Entoderm und auch sonst nicht bestimmt zu deuten. Die neben der Chorda sonst noch auftretenden Primitivorgane, die Medullarplatte, Urwirbel und Seilenplalten, stimmen in allen wesent- r^ ent clili ed I Fi2. 93 A. clv cid Fi2. 93 B. rwp Fis. 94. Fig. 93. Querschnitte durch einen Kaninchenembryo von 2,5 mm Länge mit Rückenfurche und Primitiv streifen, aber ohne Urwirbel, zur Demonstration der Chor- dahöhle und ihrer Erötfnung. ecl Ektoderm ; mes Urwirbelplatten ; ch Ciiorda ; ent Entoderm. A. Chorda mit einer Höhle chh. B. Chordahöhle an der ventralen Seite eröffnet und am Rande der ÖfTnung das Entoderm der Chordasubstanz anliegend. Stärkere Vergr. Fig. 94. Querschnitt durch einen Kaninchenembryo von 9 Tagen hinter den Ur- wirbein , 208mal vergr. ch Chorda; ent Entoderm; ent' dünnere Lage desselben unter der Chorda ; Mwp Urwirbelplatten ; /) Hornblatt; )•?<,' Rückenwülste ; »-/"Rücken- furche ; mp Medullarplatte. Kölliker, Grundriss. 2. Aufl. g 114 Entwickelung der Leibesform. liehen Verhältnissen mit denen des Hühnchens so sehr überein, dass eine spezielle Schilderung derselben wohl unterbleiben kann. Ich ver- weise daher einfach auf die in diesem Paragraphen gegebenen Figuren, aus denen die erste Entstehung dieser Organe klar hervorgeht. Behufs der Schilderung der späteren Umgestaltungen der Embryo- nen des Kaninchens im inneren Baue wollen wir den Rumpf und den Kopf für sich betrachten. Den ersteren anlangend, so finden wir für die mittlere Rumpfgegend, dass das schon besprochene Stadium der Fig. 92, ebenso wie es in seiner Entstehung mit den Verhältnissen beim Fig. 95. Quersclinilt durcli den Kaninchenembryo der Fig. 94 nahe am letzten Ur- wirbel. Vergr. 283mal. Buchstaben wie dort, außerdem: ao Aorta descendens ; ent' feine Grenzlinie zweifelhafter Bedeutung unter der Chorda. Fig. 96. Querschnitt durch denselben Kaninchenembryo am letzten Urwirbel., Vergr. 222mal. Buchstaben wie früher, außerdem: ao Aorten; wng- Anlage des Ur- nierenganges ; uw Urwii'bel ; m Mittelplatte; d/" üarmfaserplatte ; /ip Haulplatte ; p Peritonealhöhle. Entwickelung des Rumpfes. 115 Hühnchen übereinstimmt, so auch in seinen weiteren Umwandlungen nicht wesentlich von demselben abweicht, und zeigt Fig. 97 von einem 10 Tage alten Fötus, wie der flache Kaninchenembryo im Laufe der Entwickelung in seineu Achsenteilen an Masse zunimmt und zugleich utv ..^fT' y/ Fia. 97. mit den Seitenteilen nach der Ventralseite sich krümmt und auch der Darm rinnenförmig sich gestaltet. Eine Vergleichung dieser Figur mit den Fig. 44 und 47 vom Hühnchen macht jede weitere Schilderung überflüssio;. •^ Fis. 98. Ein weiteres Stadium desselben Embryo ist in Fig. 98 darge- stellt, welche einen Schnitt dicht hinter der hinteren Darmpforte wieder- Fig. 97. Querschnitt durch den mittleren Rumpfteil eines Kaninchenembryo von 10 Tagen. Vergr. Simal. am Amnion ; c/( Chorda; uw Urwirbel ; hp Hautplatte; df Darmfaserplatte; m Mittelplatte; iv WoLFFScher Gang; u Vena umbilicaUs, im Rand- wulste der Hautplatte gelegen; medianwärts davon die Bauchhöhle; a Aorta ; dr Darmrinne. Fig. 98. Querschnitt durch den Rumpf des Embryo Fig. 97, dicht hinter der vorderen Darmpforte. Vergr. 8t mal. Buchstaben wie bei Fig. 97. Außerdem: df Darmfaserplatte der späteren vorderen Wand des Vorderdarmes; e' Epithel des Vor- derdarmes; e Entoderm; om Vena omphalo-mesenferica. \IQ Enhvickelung der Leibesform. gibt. Derselbe zeigt die tiefe Darmrinne dr, die spätere vordere Darm- waud bei df und die seitliclie Leibeswand bei h p mit der Vena umbi- licalis u in dem Randwulste der Hautplatte. Dieser Randwulst ist auch mit der Darmfaserplatte df des Blastoderms verschmolzen, wodurch die Peritonealhöhle p in dieser Gegend zu einer ganz geschlossenen Höhle wird, während sie weiter hinten (Fig. 97) einfach durch die Aneinander- lagerung der Hautplatte und Darmfaserplatte verlegt wird. Bei noch vorgerückteren Embryonen, wie sie zum Teil schon am 10., sicherer am 11. Tage der Trächtigkeit gefunden werden, sind die wesentlichsten gegen früher eingetretenen Veränderungen am mittleren Rumpfteile folgende : Vor allem bilden sich die Achsengebilde in der Art weiter aus, dass einmal die Urwirbel in eine Muskelplatte und in den eigentlichen Ur- wirbel zerfallen. Letzterer umwächst dann nach und nach die Chorda von beiden Seiten her und sendet auch Verlängerungen nach oben, die das Rückenmark umhüllen [Membrana reuniens superior). Schon am 10. Tage fand ich bei dem Embryo Fig. 83 in der Gegend der vor- deren Extremitäten die Chorda ganz von den ürwirbeln umschlossen und die Anlagen der Wirbelsäule gebildet. Die Ausläufer der Urwirbel nach oben waren bis zum Rücken herauf dick, mit Ausnahme der dor- salen Mittellinie, an welcher das Mark nur von dem sehr dünnen Horn- blatte und einer ebenso dünnen Schicht des Mesoderms bedeckt war. Gut entwickelt war die M u s k e 1 p 1 a 1 1 e, die übrigens auch bei jüngeren Embryonen schon gefunden wurde, und zog sich dieselbe deutlich eine kleine Strecke weil in die Extremitätenanlage hinein. Einwärts von dieser erkannte man in gewissen Schnitten auch bestimmt die Anlage der Spinalganglien in Gestalt länglichrunder, neben dem Marke gelegener Massen an jeder Seite, von denen aus ein spitzer Ausläufer, die hintere Nervenwurzel, zum dorsalen Teile des Markes ging. Von einer vorde- ren Nervenwurzel war dagegen nichts wahrzunehmen. Die E X t r e m i t ä t e n a n 1 a g e n waren so beschaffen wie junge An- lagen hinterer Extremitäten des Hühnchens und auch ebenso gelagert. Abgesehen von der wenig weit in sie hineinreichenden Muskelplatte, be- standen dieselben aus einer mächtigen Zentralmasse von gleichmäßigen rundlichen Zellen, die durch eine zarte Membran (Hessens Membrana prima?) gegen das bekleidende Hornblatt sich abgrenzten. Von den Gebilden der ventralen Seite fallen besonders die große, nun einfache Äoiia descendens in die Augen, daun die stai'ken Uro- genitalw ül ste an der hinteren Bauchwand mit den Urnierenanlagen und der Vena cardinalis, endlich der geschlossene Darm mit einem kur- zen dicken Gekröse und einer mächtigen Arterie und einer ebensolchen \ Entwickelung des Rumpfes. 117 Vene in den vorderen Teilen seiner Faserwand [Art. und Vena omphalo- mesenterica . Außerdem fanden sich an der Unibiegungsstelle der seit- lichen LeibesNvand in die vordere Bauchwand zwei Nabelvenen, die stärker waren als die Venac omphulo-inesentcricae. Fi2. 99. In der hinteren Rumpfseeend (Fie. 99 und 100) ist vor allem Hintere Rnmpf- I .^ o \ ci ... gegend. bemerkenswert die eigentümliche Stellung der seitlichen Leibeswände oder^ der Hautplatten ;;/( und die Beschaffenheit des Amnion, dessen Hautplatte an dem an die Leibeswand angrenzenden Teile von mäch- au-\ Fis. 100. Fig. 99. Querschnitt durch die hintere Darmpforte eines Kaninchenembryo von 9 Tagen (bez. VIIT. A'ergr. IlSmal. uiv Urwirbel; am Amnion ; j)h Hautplatte der seitlichen Leibeswand; ed Enddarm; e Entoderm desselben; df Darmfaserplatte der vorderen Wand des Enddarmes, mit Gefäßlücken; a Aorta; d/' Darmfaserplatte des Blastoderms ; e' Entoderm desselben; ch Chorda. Fig. 100. Querschnitt durch den vorderen Teil der AUantoisaniage des Embryo Fig. 98. Vergr. Ilämal. Buchstaben wie dort. Außerdem: rt«' Allantoiswulst ; mr ofTenes MeduUarrohr ; ax Achsenplatte; hp' dicke Hautplatte am Ausgangspunkte des Amnion. 118 Entwickelung der Leibesform. tiger Dicke ist. Dickwandig und reichlich mit Gefäßen versehen ist auch die vordere Wand [elf") des Enddarmes et/, während derselbe hinten einer besonderen Wand entbehrt und sein Epithel, das Entoderm (ee), unmittelbar an die Enden der Aortae descendentes {ao), die Urwirbel {uiü] und die Chorda (c/i) angrenzt. Von Urnieren und Urnierengängen w-ar nichts zu sehen, doch sind die letzteren in vorderen Schnitten dieses Embryo vorhanden und vielleicht auch die Anlagen der ersteren da. Von demselben Embryo und nur drei Schnitte weiter rückwärts stammt der Querschnitt Fig. 1 00, der als wichtigstes Novum einen frühen Zustand der Allan toi s zeigt, in welchem dieselbe, wie aus den fol- genden Längsschnitten Fig. iOI und 102 hervorgeht, anfänglich einen dicken Wulst am hintersten Ende des Embryo darstellt. Diese Allantois- -atv /,,/ Jf Fig. 101. anläge ist, wie schon Flächenbilder (Fig. 173 meiner Entwickelungs- geschichte) lehren, in einem frühen Stadium doppelt, wenigstens am vorderen Ende in zwei Höcker auslaufend, und diese zeigt auch der Querschnitt ganz deutlich bei a rt' , aw. Bemerkenswert ist ferner an dieser Figur der Zustand der Achsengebilde. Einmal ist das Medullar- rohr hier noch offen oder der primitive Zustand der Rückenfurche da, und zweitens findet sich auch keine Chorda mehr und an der Stelle der- selben eine Zellenmasse, die einerseits mit den Teilen zusammenhängt, die weiter vorn die Urwirbel darstellen, anderseits aber auch ohne Grenze in die tieferen Zellen der Medullarplalte übergeht. Somit ist Fig. 101. Längsschnitt des hinteren Leibesendes eines Kaninchenembryo von 9 Tagen. Vergr. 76maL erf Enddarm; hd hintere Darmpforte; al Ailantoishöhle; aw Allantoiswulst; dd Darmdrüsenbiatt des Mitteldarmes ; c/i Chorda, in das mitt- lere Keimblatt auslaufend; m Medullarrohr, nach hinten auslaufend; h Hornblatt; «Schwänzende des Embryo; h-p Hautplatte des Amnion am; v vordere Wand des Enddarmes, Umbiegungsstelle in das Blastoderm, das aus der Darmfaserplatte d*" und dem Entoderm e besteht. Entwickelung der Allantois. 119 dd^ hier lieini Kaninchenembryo ein ähnlicher Zustand vorhanden, wie er in früheren Zeiten bei der Achsenplatle oder dem Primitivstreifen sich findet (siehe oben Fig. 91), oder, noch genauer angegeben, dasselbe Ver- hältnis, das der Endwulst beim Hühnchen und auch beim Kaninchen zeigt (Fig. 191 meiner Entw. -Gesch.), in welchem ebenfalls die Chorda, MeduUarplatte und Urwirbelplatten in eine Zellenmasse sich vereinen. Sehr wichtige Auf- h ^ Schlüsse über die Allan- tois des Kaninchens geben Längsschnitte, wie sie Fig. 101 und 102 dar- stellen, Fig. 101 zeigt, dass die Allantois in erster Linie eine Wucherung des hintersten Teiles der Pa- rietalzone des Embryo ist, nahe an der Stelle , wo dieselbe, von der Stamm- zone ausgehend, den Um- schlagsrand zu bilden be- ginnt, der zur Entstehung des Enddarmes und der vorderen Beckenwand führt. Diese Wuche- rung aw ist so gelagert, dass anfänglich die hintere Amnionfalte von ihr ausgeht, im weiteren Verlaufe jedoch rückt die AHantoislage mehr und mehr auf die ventrale Beckenwand über, von welchem Vorgange Fig. 102 ein Zwischenstadium zeigt. Die ganze AUantoisanlage ist eine Wucherung des Mesoderms in einer Gegend, wo die Hautplatte der Pa- rietalhöhle am hinteren Ende des Embryo an die Darmfaserplatte an- grenzt, und ließe sich somit auch der Mittelplatte am hinteren Ende de's Embryo zurechnen, von welchen Verhältnissen, wenigstens was die pri- mitiven Zustände angeht, die beim Hühnchen gegebene Fig. 48 eine gute ul .Fis. 102. Vorstellung gibt. Der eben angelegte Allantoiswulst aio enthält im In- nern eine kleine Ausstülpung des Enddarmes al und besteht durch und durch aus Zellen, wie sie das Mesoderm charakterisiren, d. h. teils rund- liehen, teils sternförmigen Elementen, zwischen denen sehr früh zahl- reiche Gefäße auftreten, die bald dem ganzen Wulst einen entschieden schwammigen Charakter verleihen. Wie die Allantoishöhle und der Allantoiswulst, die anfänglich ganz nach hinten stehen, nach und nach an die ventrale Seite der hinteren Fig. 102. Längsschnitt des hinteren Leibesendes eines Kaninchenembryo von 9 Tagen. Vergr. 78mal. Buchstaben wie in Fig. 101. 120 En(wickelun" der Leibesform. Leibeswand zu liegen kommen, zeigt deutlich Fig. 102. und ergibt sich zugleich , dass in dieser Beziehung die Verhältnisse beim Kaninchen ebenso sind wie beim Hühnchen. Fig. 103. m£s h ilih Fie. 104. Kopf. Zum Kopfe übergehend, ist vor allem zu bemerken, dass derselbe bei jüngeren Embryonen des Kaninchens durch die Entstehung des Herzens aus zwei getrennten , weit voneinander abstehenden Hälften ein ganz besonderes Gepräge erhält. Was schon im Flächenbilde iesHeSens.^ (s. Fig. 78 und 80) SO Sehr auffallend schien, ergibt sich an Querschnitten noch viel fremdartigei-, und verweise ich vor allem auf Fig. 103 und 104, welche Querschnitte von dem Embryo Fig. 78 stammen, zur Darlegung dieser Verhältnisse. Fig. 103 gibt eine Totalansicht der Herzgegend des Kopfes und zeigt die Stellung der beiden Herzanlagen h, und /?' zur mittleren Region , in welcher das Medullarrohr noch weit offen ist, deutlich. Die genaueren Beziehungen der einzelnen Teile zu einander erkennt man jedoch erst aus Fig. 104. Hier zeigt die Mitte Fig. 103. Quersclinitt durch den Kopf eines Kaninchenembryo von 8 Tagen und 14 Stunden mit den angrenzenden Teilen des Blastoderms. Vergr. 4Smal. /(//An- lagen des Herzens; sr Schlundrinne. Fig. 104. Ein Teil der vorigen Figur, 152mal vergr. )•/■ Rückenfurche; rw Rückenwülste; mp Medullarplatte, Anlage des Gehirns ; h Hornblatt; /jp Hautplatte; d/"p Darmfaserplatte, sich fortsetzend in die äußere Herzhaut a/t/i ; ihh innere Herz- haut (Endothelrohr) ; p/i Parietalhöhle, die das Herz umschließt; mes mittleres un- geteiltes Keimblatt jenseits der Herzanlage; da Darmdrüsenbiatt; Ad' scheinbare Verdickung des Darmdrüsenblattes, aus der Chorda und einem Teil des Entoderms bestehend; sio Seitenwand des sich entwickelnden Schlundes. Herz des Kaninchens. 121 die dicke Medullarplatfe mp in Gestalt eines weit oflenen Halbkanals (rf), oder die Anlage des Gehirns, an welcher die Ränder oder die Rückenwülste (?'«•) dicker sind als der Roden. Unter der Medullar- platte zeigt das Entoderm scheinbar eine Verdickung dd, welche nichts anderes ist als die platte Chorda. Seitlieh davon und größtenteils unter der 3Iedullar])latte gelegen finden sich die Urwirb el platten des Kopfes und diese gehen dann ohne Abgrenzung in die Seitenplatten {sp) über, welche in ihrem äußeren, ungemein verdickten und abwärts gekrümmten Teile die Herzanlage tragen. Prüft mau diese letztere Gegend genauer, so ergibt sich folgendes. Erstens findet sich hier inner- halb des Mesoderms eine Spalte {ph), die der Parietalhöhle oder primi- tiven Perikardialhöhle des Hühnchens entspricht, welche das Herz um- schließt, mit dem großen Unterschiede jedoch, dass die Parietalhöhlen des Kaninchens anfänglich weit voneinander getrennt sind. Die Begrenzun- gen dieser Parietalhöhle sind einerseits eine düune Ilautplatte (hp) und eine dickere Darmfaserplatte [dfp), von welchen die letztere in eine besondere Beziehung zur Herzanlage oder dem Endothelrohre des Herzens (ihh) tritt, indem sie eine besondere Hülle für dasselbe, die äußere Herzhaut (a/ih), erzeugt, Reide diese Teile müssen zusammen als Herzanlage aufgefasst werden , und da die äußere Herzhaut wie durch einen Stiel mit der Darmfaserplatte verbunden ist, so kann man auch sagen, dass jede der beiden Anlagen bereits ein Mesocardium besitzt. Mesocardium. welches dem Mesocardium posterius des Hühnchens entspricht. An der lateralen Seite der Parietalhöhle vereinigen sich die Haut- platte und die hier dünnere Darmfaserplalte und ziehen als ungeteiltes Mesoderm in den Fruchthof, welcher jedoch hier sehr dünn ist und erst weiter nach außen eine etwas größere Dicke annimmt. Ja in gewissen Fällen wird selbst eine Verbindung der Wände der Parietalhöhle mit dem Mesoderm des Fruchthofes ganz vermisst. Reide Parietalhöhlen der Herzgegend oder die primitiven Perikardial- Weitere Ent- ^ ^ i Wickelung; der höhlen stehen nach rückwärts jede mit einer der Spalten in den Seiten- p"'?;'*^^?i, •' '■ Perikardial- platten, die die erste Andeutung der Leibeshöhlen oder des Goeloms iiöhieu. darstellen, in unmittelbarer Verbindung, und diese erhält sich auch, nach- dem, zugleich mit der Verschmelzung der beiden Herzen, auch die Peri- kardialhöhlen in eine einzige zusammengeflossen sind, wie Fig. 105 dies zeigt. Im weiteren Verlaufe nun wird diese einfache primitive Perikardialhöhle, die natürlich nach hinten mit den beiden Leibes- höhlen sich verbindet, in einen unpaaren größeren venti-aleu Teil und zwei kleinere dorsale Abschnitte geschieden , von denen der erstere, ganz geschlossene als sekundäre oder bleibende Perikardialhöhle Bleibende Peri- kardialhölile. das Herz enthält, die letzteren dagegen immer noch mit den Eingeweide- 122 Entwickelunc der Leibesform. höhlen in Verbindung stehen und, da sie zur Aufnahme der Lungen be- rrimitive stimmt slud. die prim itiven Pleurahöhlen (hintere Parietalhöhlen, Pleurahöhlen. ' ' ^ ' ich) heißen mögen. Diese Scheidung kommt durch die Entwickelung pieuroperiicar- zvveier Vertikaler Plalten, der Pleuroperikardialplatten (F. ScHMmT. dialplatten. ' ' r \ UsKow) , zustande , die von der seitlichen Leibeswand aus zur lateralen Herzwand sich begeben und nichts anderes sind als der von mir (Entw. Mesocardium 2. Aufl.'i 31 cso c Q v cl ium laterale genannte Teil plus dem sogenannten laterale. ' d i o Septum transversum von His. Mit dem ersten Namen habe ich (s. Fig. 106) eine mesoderma- tische Brücke beschrie- ben, die von der seit- lichen Leibeswand zu den Seiten des Vorhofes des Herzens führt und zurÜberleitungder Fena jugularis und der Vena cardinalis , resp. des Ductus Cuvieri oder des Vorläufers der oberen Hohlvenen dient (siehe unten bei den Gefäßen) . Verfolgt man diese Verbindungsbrücke ab- wärts, so ergibt sich, dass ihre unteren Teile die Vena omphalo-mesenterica enthalten (Fig. 107) und dass dieselbe endlich sich löst, nachdem die genannte Vena die annoch kleinere Umbilicalis aufgenommen hat (Fig. 98). Diese Gegend entspricht dem Seitenrande der vorderen Darmpforte, und geht hier, indem die einfache bleibende Perikardialhöhle ihr Ende er- reicht, die primitive Pleurahöhle in die Leibeshöhle über. — Mit dem Namen Septum transversum bezeichnet His, w^enn ich ihn recht verstehe, den Teil der Darmfaserplatte des Vorderdarmes , der die Vena omphalo- mesenterica trägt und die primitive Perikardialhöhle an der distalen und dorsalen Seite begrenzt. Die seitlichen Teile dieses Septum transver- sum, das His auch primäres Zwerchfell nennt, und mein Mesocar- dium laterale hängen zusammen und bilden die ventrale Begrenzung der primitiven Pleurahöhle. Fig. 103. Querschnitt durcli die Herzgegend eines Kaninchenembr\o von 10 Ta- gen,. \ \ 9mal vergr. p h Ptiarynx ; a o Aorta descendens ; df Darmfaserplatte des Sclilun- des ; mp Mesocardium posterius ; ha Bulbus aortae ; ah, «7i äußere und innere Haut desselben; cZ/" Darmfaserplatte dervorderen Wand der Parietalhühle;^; eHjEntoderm derselben; h Hautplatte; ect Ektoderm. Fig. 105. Perikardial- und Pleurahöhle. 123 Der Abschluss der primitiven Pleurahöhle gegen die Leibeshöhle zwerchfeii. kommt viel später als die bisher gemeldeten Vorgange zustande, und zeigt noch Fig. 119 bei einem menschliehen Embryo des 2. Monates Lungen, die mit ihren Spitzen neben dem Magen in die Bauchhöhle hin- Fie:. 106. Fig. -107. FSg. 106. Querschnitt No. 19 durch die Herzgegend eines Kaninchenembryo von 10 Tagen. Vergr. SOmal. Buchstaben wie in Fig. 106. Außerdem: hp hintere, vp vordere Parietalhöhle ; a Vorhof; r Ventrikel; bl Blastoderm; j Venajugularis. Fig. 107. Querschnitt Nr. 22 durch den hintersten Teil der Parietalhöhle des Halses eines Kaninchenembryo von 10 Tagen. Vergr. SOmal. Buchstaben wie in Fig. 107. Außerdem : om Vena omphalo-mesenterica. 124 Entwickelung der Leibesform. einragen. Die Art und ^Yeise, wie dieser Abschluss sich macht, ist trotz der verdienstvollen Bemühungen von His und Uskow nicht nach allen Seiten klar, doch ist so viel sicher, dass derselbe mit der Bildung der Leber und des Diaphragma in innigstem Verbände steht. Die Leber entwickelt sich, wie ich gezeigt habe, durch die Vereinigung eines epi- thelialen, voni Darme aus sich bildenden »Leberganges« und einer Wucherung der Darmfaserplatte in der Gegend der Einmündung der Venae omphalo-mesenterlcae oder des Septum transversum vonHis. welche • Wucherung Fig. 107, 257 und 258 zeigen und die ich Leberwulst nannte (Vorleber, His) . Dieser Leberwulst, der dem Gesagten zufolge an der Bildung der distalen Wand der Perikardialhöhle Anteil nimmt , ist schon sehr früh in der ganzen Breite der Bauchhöhle vorhanden und ent-- wickelt sich rasch auch dorsalwärts , um schließlich rechts und links vom Darm mit der hinteren Bauchwand sich zu verbinden und die Lungen von der Coelomhöhle abzuschließen. Bei diesem Vorgange ist auch die Verbindung der Cava inferior mit der Umbilikalvene [Ductus venosus Aruntü) mitbeteiligt und vielleicht ein Vorwachsen der Muskel- fasern des Diaphragma von der seitlichen Leibeswand gegen die Mitte zu im Zusammenhange mit der Bildung der definitiven Brustwand. — Der vorhin genannte Leberwulst geht im weiteren Verlaufe größtenteils in die Bildung der Leber ein, doch entwickelt sich aus demselben auch das Lig. Suspensorium und coronarium hepatis , während aus seinen proximalen Teilen ein Teil des parietalen Perikards und die Pleura diaphragmatica sich gestalten. Die oben genannten Pleuroperikardialplatten, in denen der Nervus phrenicus verläuft, sondern sich später in die Laminae mediastini , die Pleura cardiaca und die Seitenteile des parietalen Perikards, wobei ihr oberster Band , mein Mesocardium laterale, zur Substanzbrücke w ird, die hoch oben im Thorax jederseits die oberen Hohlvenen (die fi'üheren 'Zwerciifeii- Ductus Cuvieri) zum Herzen leitet. Wie der Zwerchfellmuskel eut- muskel. Steht, ist noch gänzlich im Dunkeln, doch halte ich es aus vergleichend- anatomischen und andern Thatsachen für wahrscheinlich, dass derselbe mit zwei Hälften in eine vorgebildete bindegewebige Scheidewand der Brust- und Bauchhöhle einwächst. Man beachte jedoch, dass das doppelte Diaphragma der Vögel, das nur die Lungen deckt, und das Zwerchfell der Säuger sehr verschiedene Bildungen sind. Nach dieser Auseinandersetzung über die Gesamtvorgänge bei der Scheidung der primitiven Leibeshöhlen in die bleibende Perikardial- und Peritonealhöhle und in die sekundären Pleurahöhlen gebe ich nun noch folgende Ergänzungen : Nachdem Herz und Kopf in der oben beschriebenen Weise angelegt I Yerschmclzun" der zwei Heizanlaeen. 125 siud , werden dieselben im Laufe des 9. Tages ihrer Vollendung ent- gegengeführt. In betreif des Verschlusses des Medullarrohres und Schlundes und der Ausbildung des Gehirns findet sich nicht viel vom Hühnchen Abweichendes, mit Ausnahme einiger weiter unten noch zu erwähnender Verhältnisse, dagegen zeigen sich beim Herzen gewisse Eigentümlichkeiten, die im folgenden noch zu erörtern sind. In erster Linie hebe ich hervor, dass beim Kaninchen auch nach der Bildung und dem vollkommenen Verschlusse des Schlundes die beiden Herzhälften noch eine Zeit lang getrennt bleiben, und dass überhaupt die Vereinigung der beiden Herzhälflen in etwas anderer Weise sich macht yei-eimgumg der als beim Hühnchen. Geht man von dem Stadium der Fig. 104 aus. beiden Herzen. so findet sich zunächst eine Reihe von Stufen , die den Schlund in ver- schiedenen Graden des Verschlusses und die Herzhälflen entsprechend Weiter 'J 'Cf ^.J genähert zeigen folgt dann ein Zustand, in dem der Schlund be- \ reits geschlossen , da- gegen die Herzhälften sich noch nicht vereinigt haben, wie ihn Fig. 108 vertritt. In diesem Quer- U ; / schnitte finden sich noch n zwei vollkommen ge- ^7, trennte Parietalhöhlen p ^7^" und Endothelschläuche df ih, dagegen sind die bei- Pj„ ^qs den äußeren Herzhäute (a/?), die von der Darmfaserplatte abstammen, im Begriffe, miteinander zu verschmelzen, und hat eine Vereinigung beim Entoderm wirklich statt- gefunden. Somit wird die Scheidewand zwischen beiden Parietalhöhlen gebildet erstens von einem Reste des Entoderms e' und zweitens von dem Teile der äußeren Herzhaut, die in die Darmfaserplatte sich umbiegt. Weiter verschmelzen dann die beiden Parietalhöhlen miteinander und w-erden zugleich mit dem Größerwerden des Herzens geräumiger. Während dies geschieht, vereinigen sich auch die beiden Herzanlageu Fig. 1 08. Querschnitt durcli die Herzgegend eines KaninclienemJjryo von 9 Tagen. Vergr. SOmal. ih innere Herzliaut (EndotlieJrolir) ; ah äußere Herzliaut, üljergeliend in df, dieDarmfaserpiatte desSclilundes p/), und fi/', dieDarmfaserplaltederspäteren vorderen Wand der Parietalhötile p\ ao Aorta ; j Vena jugularis; e' Fortsetzung des Entoderms des Schlundes und der vorderen Wand der Parietalhöhle in die Scheide- wand zwischen beiden Herzhälften; hl Blastoderm, bestehend aus ent, dem Ento- derm, und ect, dem Ektoderm ; hp Hautplatte der seitlichen Leibeswand. hK 126 Entwickelung der Leibesforra. in der Art, dass ihreEndothelschläuche zusammenfließen und die äußeren Herzhäute an der ventralen Seite untereinander verwachsen und von ^...— ^ der Darmfaserplatte sich lösen. So wird das Herz an seiner ven- tralen Seite ganz frei, ohne jemals ein ausgesprochenes Me- socardium inferius gehabt zu haben, und entsteht eine selb- ständige vordere Wand der nun einfachen Parietalhöhle, die wie beim Hühnchen aus der Darm- faserplatte und dem Entoderm besteht. Diese Wand setzt sich laleralwärts in das Blastoderm fort und verhält sich schließlich wie beim Hühnchen (s. Fig. 40). An der dorsalen Seite erhält sich dagegen die Verbindung des Her- zens mit der Darmfaserplatte des Schlundes längere Zeit, und gibt Pcl ^ Fig. 105 eine deutliche Anschau- s ung des hier befindlichen hinte- ren Herzgekröses [mp). Pi„ ^09. 2ur Vervollständigung der Schilderung der Verhältnisse des Herzens des Säugetierembryo auf Querschnitten gebe ich nun noch in Fig. 109 einen Längsschnitt des Kopfes und Herzens eines Kaninchenembryo von 9 Tagen und 2 Stunden, dessen Verhältnisse ohne weitere Beschrei- bung klar sind. Nur möchte ich betonen, dass auch beim Säugetiere das mittlere Keimblatt nicht in die Kopfscheide des Amnion [ks] und in die Kopfkappe [kh] übergeht. Dasselbe zeigen die vorhin geschilderten Quer- schnitte Fig. 106, 107, indem auch bei diesen der an den Embryo gren- zende Teil desBlastoderms nur aus dem Ektoderm und Entoderm besteht. Fig. 109. Längsschnitt durch Kopf und Herz eines Kaninchenembryo von 9 Tagen und 2 Stunden, ph Schlund; vd vordere Darmpforte; r Rachenhaut; f Parietal- höhle; hk vordere Wand derselben (Herzkappe, Remak), aus dem Entoderm und der Darmfaserplatte bestehend; a Vorhof; v Kammer; ha Bulbus aortae ; kk Kopfkappe, aus dem Entoderm allein bestehend; ks Kopfscheide des Amnion, aus dem Ekto- derm allein bestehend; mr Medullarrohr; r/i Vorderhirn ; m/i Mittelhirn ; hh Hin- terhirn; 5 Scheitelhöcker; ms mittlerer Schädelbalken Rathkes; c/j vorderstes Ende der Chorda , an das Ektoderm anstoßend; /i leichte Einbiegung des Ektoderms, aus welcher später die Hypophysis sich bildet. Amphioxus. 1 27 In betreff' der übrigen Verhältnisse des Kopfes, soweit sie auf die Sinnesorgane, das Geliirn und die Bildung des Gesichtes sich beziehen, verweise ich auf die später folgenden ausführlichen Beschreibungen bei den betreffenden Organen. Anmerkung. Am Schlüsse der Darstellung der Entwickelung der Vöeel Grun4^J'=f'^ö'' und Säugetiere angelangt, sollen nun noch in Kürze die bei derselben ob- der Wirbeltiere, waltenden Vorgänge mit denjenigen der niederen Wirbeltiere verglichen werden. 1. Bei dem einfachsten Fische Amphio\us bildet sich nach der totalen AmpMoxns. Furchung eine einschichtige Blase (Blastula, Hackel). Dann stülpt sich die eine Hälfte der Blase in die andere ein, und schnürt sich die eingestülpte Blase (Gastrula, Hackel) allmählich so ab, dass zuletzt nur noch ein enges Loch, der Blastoporus oder Urmund, in die Gastrulahöhle führt, während die primitive Höhle der Blastula oder die Furchungshöhle längst geschwunden ist. An der länglicher gewordenen Gastrula stellt nun die äußere Zellenlage denEktoblasten und die innere den Entoblasten dar, während die Gastrulahöhle die Anlage des Urdarmes ist. An der ganzen Dorsalseite des Embryo bildet sich hierauf bis zum Blastoporus, der dem hinteren Ende entspricht, eine MeduUarfurche, welche dann von hinten nach vorn so sich schließt, dass die MeduUarwülste den Blastoporus von hinten umgeben und einschließen, der so in das Medullar- rohr zu liegen kommt und vom Boden desselben in den Urdarm führt, welche Verbindung Canalis neurentericus genannt wird. Unterbrochen wird die Ver- bindung des MeduUarrohres mit dem Darme, wenn die Schwanzflosse er- scheint und der After entsteht, der vor dem ventralen Ende des Canalis neurentericus am letzten Ende des Darmes sich bildet. Der Mesoblast des Amphioxus entsteht aus dem Entoblasten in Gestalt zweier von der dorsalen Seite des Urdarmes sich entwickelnder Längsfalten. Diese trennen sich in hintereinander liegende, Urwirbeln ähnliche Segmente, die noch eine Zeitlang mit dem Urdarme in otfener Verbindung stehen, dann aber von demselben sich lösen. Diese Ursegmente, die den Urwirbeln und Seitenplatten der höheren Tiere entsprechen, wachsen als Hohlgebilde ventral- wärts zwischen Ektoblast und Urdarm herum und vereinigen sich endlich an der ventralen Seite des Darmes. Anfänglich enthalten die Ursegmente nach ihrer Entstehung jedes eine gesonderte Höhle, später aber fließen die Höhlen aller dieser Segmente an ihrer ventralen Hälfte zusammen und stellen die Leibeshöhle dar. Die Chorda ist eine Abschnürung des Eatoblasts des Urdarmes. Der ganze Körper des Amphioxus entsteht vor dem Blastoporus und differenziert sich von vorn nach hinten, in der Art, dass das ungegliederte Material für die Bildung der Ursegmente und die Chorda unmittelbar vor dem Canalis neurentericus liegt und wohl auch der Darm und das MeduUarrohr hier ihre größte Wachstumsintensität haben. Ist einmal der Canalis neurentericus geschlossen, so wächst das MeduUarrohr an seinem hinteren verdickten Ende selbständig weiter, und dasselbe gilt von den Mesoblastfalten des Entoblasts, deren hinterster Teil zuletzt vom Darme sich ablöst und für sich weiter wuchert. 2. Kein anderer Fisch oder Wirbeltier zeigt gleiche Verhältnisse wie der Cykiostomen, Amphioxus, dagegen kommt ein mit der Gastrula desselben zu vergleichendes Amuen, ürode- Stadium vor bei den Cykiostomen, bei Aci penser und bei den Aniphi- ''^"• bien (Anuren und Urodelen), wahrscheinlich auch bei Lepidosteus. Bei allen 128 Entwickelung der Wirbeltiere. diesen ist die Furcliung total und inäqual, in der Art, dass der Teil des Dotters, aus dem die Embryonalanlage entsteht, rascher sich zerklüftet als der andere. Die aus der Furchung hervorgehende Blase (Blastula) ist an der embryonalen kleinzelligen Seite dünn, an der andern Seite sehr dick und die Furchungshöhle im allgemeinen halbmondförmig (s. 0. Hertwig, Älittleres Keimblatt, Triton Taf. II Fig. ]). Dann stülpt sich in einer Gegend, welche dem hinteren Ende des Embryo entspricht, der großzellige Teil der Blastula in den andern ein und wird nach und nach von demselben umwachsen, während zugleich die ursprüngliche Höhle des Blastulastadiums verschwindet. Die durch die Einstülpung gebildete Hohle ist die Darmhöhle und der primitive Zugang zu derselben der Blastoporus, der mit dem Fortschreiten der Einstülpung immer enger wird. Vor dem Blastoporus entwickelt sich der Embryo, indem, ohne dass ein Primitivstreifen auftritt (bei Triton beschreibt Kupffer einen Primitivstreifen, ebenso Gasser bei Alytes, bei dem der Blastoporus zum After werden soll), hier sofort die Rückenfurche imd die Anlage des zentralen Nervensystems entsteht. Gleichzeitig erscheint auch die erste Andeutung eines Canalis neuren- tericus, da die Rückenfurche um die vordere Blastoporuslippe herum mit dem noch rinnenförmigen Darmrohre sich verbindet. Beim Verschlusse des Me- dnllarrohres umfassen dann die hintersten Teile der Rückenwülste den ver- kleinerten Blastoporus, so dass derselbe am geschlossenen Medullarrohre vom Boden desselben aus in den hintersten Teil des Darmes führt. Der Leib des Embryo entsteht so (man vergl. 0. Hertwig Triton Taf. I Fig. 4 — 12, Frosch Taf. V Fig. 5, 6; Salenskv Aclpenser Taf. V Fig. 39, 40, 41, 42), dass erst nur der Kopf (wohl eigentlich nur die vorderste Kopf- gegend) auftritt, an welchen sich dann Stück um Stück des Rumpfes ansetzt, in der Art, dass die Neuangliederung in der Gegend der Vorderlippe des Blastoporus geschieht, welche somit die eigentliche Wachstumszone darstellt. Die inneren Vorgänge anlangend, so scheint mir 0. Hertwig in seiner schönen Arbeit über das mittlere Keimblatt im wesentlichen das Richtige ge- trofTen zu haben , wenn er, gestützt auf seine Erfahrungen beim Frosche (S. 67 fg.), das Bildungsmaterial für das mittlere Keimblatt luid die Chorda vom Ektoblasten in der vorderen Blastoporuslippe herleitet. Diesem zufolge würde hier der Ektoblast zunächst eine zusammenhängende Platte erzeugen, die dana aber sofort in drei Teile sich scheidet und zwar in die Anlage der Chorda in der Mitte und je einen Mesoblaststreifen oder eine Mesoblastplatte seitlich. An der Blastoporuslippe ist in der Gegend der wuchernden Ektoblast- zone eine besondere Entoblastlage nicht zu unterscheiden, weiter nach vorn dagegen findet sich eine solche unter den Mesoblastplatten, fehlt dagegen in der Mitte, wenn man nicht die Chorda als Teil des Entoblasts ansehen will, was jedoch nach 0. Hertwig nicht angeht, obschon dieselbe bei gewissen Ge- schöpfen wie ein vom Entoblasten sich abschnürender Teil sich ausnimmt. Warum nichtsdestoweniger das Bildungsmaterial der Chorda von 0. Hertwig »Chordaentoblast« genannt wird, ist mir nicht klar und werde ich dasselbe als Chordamesoblast bezeichnen oder als Chordablastem. Die Mesoblastplatten der hier besprochenen Tiere entwickeln sich somit bei keinem derselben aus dem Entoblasten wie beim Amphioxus und sind auch niemals von Anfang an hohl oder doppelt. Nichtsdestoweniger kann man dieselben mit 0. Hertwig als den Entoblastausstülpungen des Amphioxus Elasmobranchier, TeleosUer. 129 gleichwertig erachten und die später in denselben auftretenden Höhlungen als Coehim oder LeibesliÖhlc bezeichnen, nur nuiss man in dem Versuche, Über- einstimmungen nachzuweisen, wo keine sind, nicht zu weit gehen. Mir scheint der Nachweis, dass zwei in der Mittelschicht der Embryonaianlage gelegene Platten, die von der einen oder andern der primitiven epithelialen Lagen des Keimes abstammen, von Hause aus die Leibeshöhle in sich enthalten oder die- selbe später in sich entwickeln, genügend, um die Gleichwertigkeit dieser Bildungen für den Aufbau des Leibes darzuthun. Beim Frosche Hndet sich auch eine von der hinteren Blastoporuslippe ausgehende Mesodermbildung in Form einer unpaaren Platte, in welcher später der Anus durchbricht 0. Hertwig Taf. YIII, Fig. 5, 6, 7). .3. An die genannten Geschöpfe schließen sich zunächst die Elasmo- Eiasmobran- branchier und Teleostier an. Die Furchung ist hier partiell und ein ver- "^ '^süer. *°" schieden entwickelter Nahrungsdotter vorhanden. Bei den Elasmobran- chiern, deren Verhältnisse am genauesten untersucht sind, ist nach der Furchung das Blastoderm scheibenförmig und, wenn gut ausgebildet, aus zwei Zellenschichten gebildet, die eine F'urchungshöhle zwischen sich einschließen. Der eine Rand des Blastoderms ist dicker als der andere und bezeichnet die Stelle, wo der Embryo sich bildet. Hier entsteht auch, bevor der Embryo auftritt, eine Art Einstülpung, d. h. es scheint der Blastodcrmrand nach der ventralen Seite sich umzuschlagen. Ist der Embryo dann in der Anlage be- griffen und eine Rückenfurche vorhanden , so führt diese Furche um den Blastodermrand herum in eine an der ventralen Seite des Blastoderms befind- liche Halbrinne, die so weit nach vorn sich erstreckt als die Embryonalanlage an der dorsalen Seite. Diese Rinne ist die erste Anlage des Darmrohres, doch besitzt dasselbe anfänglich keine ventrale Wand und ist hier nur vom Dotier begrenzt, in dem jedoch oberflächlich eine Menge Kerne sich finden, die wahrscheinlich von den Kernen der ersten Furchungssegmente abstammen, später mit Dottermasse sich umhüllen und die ventrale Darmwand mit bil- den helfen. Verglichen mit Amphioxus und den andern bisher besprochenen Ge- schöpfen lässt sich den Elasmobranchiern allenfalls ein Blastulastadium zu- schreiben (s. Balfour, Elasmobr. Fishes, PI. HI, Fig. I, 5), dagegen fehlt deiiselben auf jeden Fall ein gut ausgeprägtes Gastrulastadium, d. h. die Ein- stülpung eines Teiles der Blast ula in den andern. Nichtsdestoweniger sind die Andeutungen einer Gastrulabildung nicht zu verkennen, um so mehr, als später ein vollkommener neurenterischer Kanal und eine Art Blastoporus sich aus- bilden. Es umwächst nämlich das Blastoderm nach und nach den Bildungs- dotter und umfasst sehr früh dicht hinter der Embryonalanlage die vorhin er- wähnte EinstülpungsöCfnung , sodass dieselbe wie ein typischer Blastoporus aussieht und auch wie ein solcher vom hintersten Teile der Medullarwülste umschlossen wird und so schließlich an den Boden des Medullarrohres gelangt und von hier aus zum Enddarme führt. Hinter dieser Stelle verwachsen die Blastodermränder mit einer linearen Naht, die jedoch nur langsam sich voll- endet (s. Balfour 1. c. PI. VIII) . Der Embryo der Elasmobranchier entsteht vom Rande des Blastoderms aus in der Gegend, wo der eben besprochene Blastoporus sich bildet, nach denselben Gesetzen, wie bei den sub 2 aufgeführten Geschöpfen in der Art, dass zuerst der Kopf und dann nach und nach die hinteren Leibesteile sich Köllik er, Grundriss. 2. Aufl. q 130 Entwickelung der Wirbeltiere. diH'erenzieren und der Wachstunispunkt in der Gegend unmittelbar vor deni Blastoporus sich befindet. In betreff der Entstehung des Mesoblasls und der Chorda ziehe ich aus den Angaben Balfours ganz dieselben Schlüsse wie 0. Hertwig (I. c.) und nehme in allem Wesentlichen eine Übereinstimmung der Elasmobranchier mit den Anuren an. Im Gegensatze zu dem eben Bemerkten haben His und Räuber zu zeigen versucht, dass die Embryonen der Elasmobranchier und Teleostier durch ein Verwachsen anfänghch getrennter paariger Teile , nämlich der zwei Hälften des Keimscheibenrandes, entstehen. Ich thide mit Kupffer und B a lf our , dass keine Thatsachen zu einer solchen Annahme zwingen, gewisse Fakta aber derselben bestimmt widersprechen. Die Teleostier scheinen nach dem, was über sie bekannt ist, in den wesentlichsten Verhältnissen mit den Elasmobranchiern übereinzustimmen. Doch fehlt hier eine Einstülpung, die mit der Bildung des Darmkanals in Ver- bindung stände, sowie ein neurenterischer Kanal, letzterer um so mehr, als bei diesen Geschöpfen das Rückenmark nicht als Halbrinne, sondern als ur- sprünglich solider Strang sich anlegt. In einer Mitteilung der neuesten Zeit (Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abth. 4 884) beschreibt Kupffer bei dieser Gruppe als Blastoporus und Primitivrinne Bildungen, die andere, wie mir scheint, mit Recht, mit der Bildung des Nervensystems in Verbindung bringen. Dagegen ist möglicherweise die von demselben Autor schon längst beschriebene sogenannte AUantois der Fische (1. c. S. 18, Taf. I, Fig. 1, 2, 3) als leise Andeutung einer Blastulaeinstülpung zu betrachten. Reptilien. 4. Mit den Reptilien gelangen wir zu Tierformen, bei denen die Ent- wickelung so abweichend von der des Amphioxus und der niederen Wirbel- tiere verläuft, dass es schwer hält, sichere Anknüpfungspunkte zu finden. Die partielle Furchung der mit viel Nahrungsdotter versehenen Eier führt zunächst zur Bildung einer doppeltblätterigen Scheibe, in welcher keine Furchungs- höhle sich findet und die daher nur uneigentlich als Blastula (Discoblastula bezeichnet w^erden kann. Wie bei den Anamnien eischeint dann an dem Blastoderm eine begrenzte Stelle, von welcher die Bildung des Mesoderms ausgeht, doch liegt dieser Wachstumspunkt nicht am Rande der Keimhaut, sondern ziemlich in der Mitte derselben und geht auch nicht von den Rändern einer Einstülpungsöffnung aus, die anfangs nicht da ist. Diese Stelle lässt sich, ihre Bedeutung für die Bildung des Mesoderms anlangend, mit dem Primitiv- streifen der Vögel vergleichen, obschon ihre rundliche Gestalt, geringe Längenentwickelung und der Mangel einer Primitivrinne scheinbar gegen eine solche Deutung sprechen. Nachdem dieser Primitivstreifen oder Primitivwulst kurze Zeit als solcher bestanden hat, bildet sich an demselben, nach Balfour und Weldon am vorderen Ende, nach Strahl auf seiner Mitte, eine Ein- stülpung, die nach und nach in schiefer Richtung nach vorn den ganzen Wulst durchsetzt und an der ventralen Seite des Blastoderms ausmündet und somit mit dem Canalis neurenlericus der niederen Wirbeltiere übereinzustimmen scheint. Erwägt man alle auf diese Frage bezüglichen Verhältnisse, so ergibt sich folgendes : Obgleich die Furchungssegmente der Reptilien keine runde Blase (Blastula) bilden, so lässt sich doch das primitive zweiblätterige Blasto- derm als eine solche auffassen und z. B. dem Stadium des Amphioxuseies ver- gleichen, in welchem die eine Wand der Blastula an die andere sich angelegt hat (s. KowALENSKY und Hatschek Fig. 2 4). Und in der That lässt sich ja Reptilien. Vögel. 131 Iciclit begreifen, dass der große Nahrungsdoller die Enlwickeliing einer Blastula aus den Furchungskugeln unmöglich macht und die Masse derselben sofort in die Form einer melirblUtterigen Scheibe zwingt, welche somit auch einer eben eingestülpten Blastula oder beginnenden Gastrula verglichen werden könnte, was um so eher zulässig erscheint, als an dem Blastoderm der Reptilien die eine Lamelle dem Ektoblasten, die andere dem Entoblasten angehört. Bei dieser Auffassung würde die Gastrula der Reptilien um so vollkommener wer- den, je mehr ihr Blastoderm den Nahrungsdotter umwächst, und als Urmund die Stelle zu bezeichnen sein, an welcher zuletzt der Doltersack sich schließt. Im Gegensatze zu diesen Deutungen betrachtet Kupffer die Öffnung auf dem Primilivstreifen der Reptilien als ürmund und den Canalis ncurenterkus als sicheren Beweis einer auch hier vorkommenden Gastrulation , während Strahl in seinen vorzüglichen Arbeiten über die Entwickelung von Lacerta eine solche Annahme nicht für zulässig hält. Ich teile vollkonunen diese Be- denken, denn erstens durchsetzt der Kanal die ganze scheibenförmige Blastula und stülpt sie nicht bloß ein, zweitens ist derselbe nicht vom Entoblasten aus- gekleidet, wie die Höhle einer Gastrula, drittens entsteht das Mesoderm früher als der Eingang des Kanals, viertens hat der Kanal keinen wesentlichen Anteil an der Bildung des Darmes und fünftens wird sein Eingang oder der vermeint- liche ßlastoporus auch nicht von den Rückenwülsten umwachsen, vielmehr schließen sich diese gleichzeitig mit dem Kanäle vor demselben (Strahl) . Trotz aller dieser Bedenken und der Unmöglichkeit, den neurenterischen Kanal der Reptilien einfach demjenigen der Anamnien gleichzusetzen, muss doch meiner Meinung zufolge eine gewisse beschränkte Homologie beider Teile zu- gegeben werdeli, die sich, wie mir scheint, am besten auf eine Vererbung nicht der Gesamtvorgänge, die bei den Anamnien zur Gastrulation führen, son- dern einzig und allein der Verbindung des Darm- und Nervenrohres beschränkt. Diese Verbindung ist in der That, wie auch ich mit Kupffer finde, zu be- deutungsvoll, als dass man nicht versuchen sollte, dieselbe überall, wo sie sich findet, auf einen einheitlichen Vorgang zurückzuführen. Mit Bezug auf die Wachstumsgesetze des embryonalen Leibes, die Bildung des Mesoblasts und der Chorda stimmen die Reptilien, wie ich mit 0. Hert- wiG, gestützt auf die Untersuchungen Strahls, annehme, im wesentlichen mit den Anamnien überein und ist auch hier der Ektoblast des Primitivstreifens die Lage, von der das Mesoderm ausgeht. Doch möchte ich besonders hervor- heben, dass der Knotenpunkt, der hier den Mesoblasten entwickelt, nicht nur nach der Kopfseite wuchert, wie die vordere Blastoporuslippe der niederen Tiere, sondern nach allen Seiten und, wie es scheint (s. Strahl, Lacerta agilis, 1883, Tab. XIV), in erster Linie in besonders reichlichem Maße nach der aboralen Seite. Einen gewissen Anklang an diese Verhältnisse bietet der Frosch, der nach 0. Hertwig (Mittl. Keimblatt) auch von der hinteren Blasto- poruslippe aus Mesoblast erzeugt. 5. Die Vögel, deren vergleichende Entwickelungsgeschichte durch Braun Vögei. und vor allem durch C. K. Hoffman.v schöne Bereicherungen erfahren hat, schließen sich durch die Bildung ihres Blastoderms vollkommen an die Repti- lien an und kann somit ihre Keimhaul ebenfalls in gewissem Sinne als eine zusammengedrückte Blastula und später, wenn dieselbe den Dotter umwachsen hat, als Gastrula und die Verschlussstelle des Dottersackes als Blastoporus be- zeichnet werden. 132 Entwickelung der "Wirbeltiere. Wie bei den Reptilien entsteht ferner aiicii bei den Vögeln die erste An- lage des Embryo nicht am Rande der Keinihaut^ sondern, wenn auch exzentrisch, doch mehr in der Mitte. Durch eine Wucherung des Ektoderms des hintersten Endes der Ai'ea pellucida oder der angrenzenden Teile der Area opaca ent- steht ein Wulst, den ich mit einer für die Säugetiere gebrauchten Bezeichnung Endwulst des Primitivstreifens nennen will. Nach und nach be- teiligen sich an der Kopfseite dieses Endwulstes immer neue Teile des Ekto- derms an der genannten Wucherung und entsteht so der Primitivst rei fen , der somit nichts als eine von hinten nach vorn fortschreitende Wucherung oder Verdickung des Ektoderms ist. Während nun auf dem Primilivstreifen eine seichte Rinne auftritt, wuchern die tieferen Teile desselben selbständig nach allen Seiten über den Primitivstreifen zwischen Ektoderm und Entoderm hinein und bilden das mittlere Keimblatt, doch ist die Mesodermbildung am Kopfende insofern eigentümlich, als hier in der Achse der Embryonalanlage ein besonderer P'ortsatz, der Kopffortsatz, erscheint, von dessen Seiten aus das Älesoderm in Gestalt zweier selbständiger Platten langsam nach vorn wächst. Der Körper des Embryo legt sich in erster Linie vor dem Primitivstreifen an, imd lange Zeit hindurch ist der Knotenpunkt des Wachstums am vorderen Ende des Primitivstreifens gelegen, welcher successive von vorn nach hinten in Teile des Embryo sich ditTerenziert, wobei der Streifen selbst immer mehr sich verkürzt und scheinbar vom Kopfe wegrückt. Endlich wird auch das letzte Stück des Primitivstreifens in den Leib des Embryo aufgenommen und zur Bildung des Schwanzendes verwendet. Hier ist nun weiter beizufügen, dass nach der Entdeckung von Gasser, die Braun und später Hoffmann bestätigten, auch bei den Vögeln Verbindun- gen zwischen dem Medullarrohre und dem Darmrohre vorkommen, die an den neurenterischen Kanal der niederstehenden Wirbeltiere erinnern, jedoch in keiner Beziehung zur Ektodermoberfläche stehen und somit den Embryo nicht ganz durchsetzen. Braun unterscheidet dreierlei solche Verbindungen. Die erste vorderste tritt vor dem Endwulste am hinteren Ende der Embryonalan- lage auf und kann das Rückenmark noch während ihres Bestehens über sie hinaus verlängert sein. Große Beachtung verdient, dass der Kanal die Chorda durchbohrt und somit hier seitlich von der Chorda begrenzt wird. Dasselbe gilt für die zweite weiter nach hinten gelegene Verbindung, hinter welcher sogar noch Chorda vorhanden sein kann. Diese beiden Kanäle treten nicht bei ganz jungen Embryonalanlagen auf, sondern bei solchen, die schon 6 — 8 Ur- wirbel und mehr haben. Nachdem diese Kanäle einige Zeit bestanden haben, vergehen sie und dann tritt nach Brauns Entdeckung gleichzeitig mit dem Ver- brauche des letzten Restes des Primitivstreifens beim Wellenpapagei von 9 — \\ mm, der Ente von 11 — 16 mm und dem Hühnchen vom 3. Brüttage noch eine dritte Verbindung des hintersten Endes des MeduUarrohres um das hintere Chordaende herum mit dem Schwanzdarme auf^ die ebenfalls nach kurzem Bestehen mit dem Eingehen des Schwanzdarmes verschwindet. Ganz anderer Art als diese Kanäle ist eine Spalte oder ein Gang, der nach KuPFFER bei einem Hühnerembryo mit 32 Urwirbeln in der Gegend des Endwulstes die Ektodermseile mit der Entodermfläche verbindet (s. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abt. 1882, Taf. IX, Fig. 15). Dieser Gang ist nichts anderes als die erste Allantoisanlage plus einer Verbindung derselben mit der Vögel. 133 Rückenfläche des Embryo, welche letztere KufFrEii neu beschreibt und die bis jetzt noch der Bestätigung harrt. Versuchen wir nun noch die erste Anlage des Vogelenibryo mit der- jenigen der niederen Wirbeltiere zu vergleichen, so verdient vor allem der Primitivstreifen Beachtung. Schon Rauber und Balfour liaben denselben und die Primilivrinne dem Blastoporus anderer Embryonalaniagen an die Seite gesetzt und diese Bildungen einem Hnienförmig ausgezogenen und verwachsenen ürmunde verglichen, und seit man weiß, dass vom Blastoporus aus das Meso- derui entsteht, ebenso m ie vom Primitivstreifen, hat diese Vergleichung noch mehr an Gewicht gewonnen. Erwägen wir nun aber die einzelnen auf diese Frage bezüglichen Thatsachen, so linden wir folgendes. In erster Linie ist zu bemerken, dass die Primitivrinne auf keinen Fall einen typischen Blastoporus darstellt, denn dieselbe hat mit der Bildung der Gastrula, wenn wir bei den Vögeln eine solche annehmen wollen, nichts zu thun. Es kann sich somit nur darum handeln, ob dieselbe etwa durch Ver- erbung von einem echten Blastoporus sich ableiten lässt. Nun sind aber Ge- schöpfe mit einem solchen Urmunde nicht bekannt und bliebe also, wenn man die Vergleichung aufrecht erhalten wollte, nichts übrig, als hypothetisch die Existenz derselben anzunehmen. In diesem Falle hätte man davon auszugehen, dass bei solchen Geschöpfen im Beginne des Gastrulastadiums der vordere Teil des noch großen Blastoporus hinter dem Canalis neureutericus linienförmig wurde und zur Verwachsung kam, während der hintere Teil desselben wie gewöhnlich sich schloss. So käme dann der vordere Teil des Blastoporus und der von demselben aus sich entwickelnde Embryo in die Rlitte der Keinihaut zu liegen und ließe sich das Vorkommen des Primitivstreifens mitten im Blasto- derm bei den Reptilien und Vögeln als Übertragung eines Teiles der ge- schilderten Vorgänge durch Vererbung erklären, bei welcher Deutung auch die hier und da an der Area opaca hinler dem Priniitivstreifen beobachtete Randkerbe und die sehr seltenen Beobachtungen von Primitivstreifen, die bis zum hinteren Rande der.4reaojjacaverliefen,eine entsprechende Deutung fänden. In diesem Sinne ungefähr haben sich Raub er und Balfour über die Bedeutung der Primitivrinne der Vögel geäußert. Raub er nennt dieselbe »Embryonalteil desUrmundeingangeswund B a lf o ur vergleicht sie mit den bei Selachiern hinter dem Embryo linear sich vereinigenden Lippen des Blasto- porus (M. V. die bekannte Figur der Vergl. Embryologie, II, 138, 258). Beiden diesen Autoren haben sich 0. Hertwig und L. Gerlacii ange- schlossen und bezeichnet letzterer die Primilivrinne als embryonalen Blastoporus, die Verschlussstelle des Dottersackes als D o 1 1 e r b 1 a s t o p o r u s. Diesen scheinbar zusagenden Darstellungen gegenüber erheben sich je- doch eine Anzahl von Bedenken, die zum Teil schwer ins Gewicht fallen und folgendermaßen sich formulieren lassen. \) Die Primilivrinne ist nicht das erste am Priniitivstreifen, wie zu er- wartenwäre, wenn dieselbe einem Teile des Blastoporus entspräche, und entsteht der Primilivstreifen zuerst. Diese Schwierigkeit ließe sich jedoch beseitigen, wenn man die Primitivrinne nicht auf den Blastoporus beziehen, sondern anders deuten und etwa mit der Bildung des Mesoblasts in Beziehung bringen wollte. 2) Der Primitivstreifen entwickelt sich von hin t en nach vorn, der hypothetisch angenommene embryonale Blastoporus aber müsste sich von vorn nach hinten schließen. 134 Entwickelung der Wirbeltiere. 3) Der Primitivstreifen der Vögel und Amphibien entwickelt nach allen Seiten Mesoderm, auch nach hinten, während ein echter Blastoporus — so- viel man weiß, mit einziger Ausnahme des Frosches — nur von seiner vorderen Lippe aus mittleres Keimblatt bildet. 4) Der Primitivstreifen der Vogel wird ganz und gar in den Leib des Embryo aufgenommen und geht in demselben unter, wie ich mit andern (Rauber, Braun , Gasser) gegen L. Gerlach behaupten muss, dieBlasto- poruslippen hinter dem Canalis ncurentericus dagegen haben an der Bildung des Embryo nicht den geringsten Anteil. Von diesen Bedenken wiegen Nr. 2 und 4 so schwer, dass ich mich nicht entschließen kann, die Hypothese von Rauber und Bälfour einfach anzu- nehmen. Ich bin vielmehr der Meinung, dass ein embryonaler Blastoporus bei den Vögeln gar nicht vorhanden ist und dass der Primitivstreifen der wuchern- den Zone entspricht, die in der vorderen Blastoporuslippe niederer Wirbeltiere sich findet. Diese Zone wuchert einmal in der Richtung von hinten nach vorn und zweitens zerfällt dieselbe nach den übereinstimmenden Angaben von 0. Hertwig und Strahl in zwei Abschnitte, einen hinteren, in dem die Mitte und die Seitenteile zusammenhängen und eine einzige Achsenplattebilden, und einen vorderen Abschnitt, der das Ektoderm, die Chordaanlage und die Mesodermplatten gesondert zeigt. Dem hinteren Abschnitte vergleiche ich den Primitivstreifen und das aus demselben hervorwachsende Mesoderm, dem vor- deren den Kopffortsatz und die vorderen selbständigen Mesodermplatten. Auch bei dieser Deutung bedarf die zentrale Lage des Embryo auf dem Blastoporus einer Erklärung und lässt sich eine solche in der nämlichen Weise geben, wie sie Balfour annimmt; nur würde nach meiner Auffassung die Annahme einer Verwachsung der Blastoporusränder von keiner größeren Be- deutung für die Vergleichung sein und mit dem Primitivstreifen nichts zu thun haben. Die Canales neurenterici der Vögel fasse ich in ähnlicher Weise auf wie den entsprechenden Kanal der Reptilien und vermag ich denselben keine Be- deutung für die Gastrulabildung zuzumessen, mit welcher Auffassung auch 0. Hertwig, Braun und L. Gerlach einverstanden sind. 6. Wenden wir uns schließlich noch zu den Säugetieren, so finden wir hier Entwickelungsformen, die noch niemand auf diejenigen der tiefer stehenden Wirbeltiere zurückzuführen vermocht hat, weshalb es in keiner Weise gerechtfertigt ist, hier von einer Gastrula und einem Blastoporus zu sprechen. Die aus der totalen Furchung hervorgehende Keimblase, die aus einer ganz geschlossenen Blase des primitiven Ektoderms und den an einer Stelle ihr anliegenden Scheiben oder kreisförmigen Blättern des bleibenden Ektoderms und des Entoderms besteht, lässt meiner Meinung nach nur eine A'ergleichung zu, nämlich mit der Keimhaut eines Vogeleies, an der das Ekto- derm lange vor dem Enloderm den Dotter umwachsen hätte. Diese rasche Ausbildung der äußeren Keimschicht könnte auf den Mangel des Nahrungs- dotters zurückgeführt werden und würde das Auftreten derselben um so weniger belangreich erscheinen, als auch beim Säugetier das bleibende Ekto- derm in derselben Gestalt auftritt wie beim Hühnchen. Diesem zufolge ließe sich auch beim Säugetier eine Andeutung einer Discoblastula und einer Disco- gastrula finden, ein Blastoporus wäre jedoch nur beim Entoderm vorhanden und nicht beim Ektoderm. Säuger mit Umkehrung der Keimblätter. 135 Die Anlage des Embryo ist bei den Säugetieren dadurch ausgezeichnet, dass das, was zum Embryo wird, bereits vor der Bildung des Mesoderms und des Primitivstreifens deutlich als schildförmige Verdickung des Ektoderms aus- gesprochen ist und von nun an scharf begrenzt sicli erhält, ganz anders als dies beim Vogel sich findet. Am hinteren Ende dieses Embryonalschildes ent- steht der Primitivstreifen als knopfförmige Verdickung, wächst von hier aus nach vorn und erlangt erst in zweiter Linie eine Rinne an seiner freien Fläche. Das Mesoderm entsteht einzig und allein vom Primitivstreifen aus, wächst erst nach hinten, dann allmählich auch nach vorn und bildet hier einen Kopffort- satz und zwei seitliche Platten, die vor dem Kopfe untereinander sich ver- einigen. Der Embryo entsteht nach denselben Gesetzen wie beim Hühnchen, nur ist hier noch unzweifelhafter, dass der ganze Primitivstreifen in dem Leibe des Embryo aufgeht, da der ganze Embryonalschild zum Embryo wird, und empfehle ich diese Thatsache denen zur Würdigung, die über die Beziehungen des Primitivstreifens zum Embryo noch Zweifel haben. Andeutungen der Canalcs neiirentcrici beim Hühnchen ergeben sich in dem von Lieberkühn und mir in der Chorda der Säuger gefundenen Kanäle und dessen Eröffnung nach der Entodermseite , sowie in der von mir nachgewiesenen Pars jjost- analis intestini. Einen wirklichen Kanal wollen H e a p e bei Talpa (Quart. Journ. of micr. sc, 18 83, S. 612) und v. Bonnet beim Schafe gefunden haben. Fassen wir noch einmal alles über die, Bildung des Mesoblasts und der ..^"^™®'J'®^. Chorda Bekannte zusammen, so ergibt sich mit Bezug auf den ersteren ein An- und ChordaWl- schluss an Hertwig in derselben Weise, wie dies oben für die Amphibien '"°^" auseinandergesetzt wurde. Und wenn auch bei den Amnioten die zwei Meso- blastplatten bei ihrem ersten Entstehen keine so scharf begrenzten Bildungen sind wie bei den Anamnien, so ist nichtsdestoweniger an deren Existenz kein Zweifel möglich. Und was die Chorda anlangt, von der auch ich eine Zeit- lang glaubte, dass dieselbe bei den einen Geschöpfen aus dem Entoblasten, bei den andern aus dem Ektoblasten entstehe, so wird nun durch die schönen Beobachtungen von 0. Hertwig bei niederen Wirbeltieren und dann durch die Erfahrungen von Lieberkühn und mir bei Säugern klar, dass dieselbe überall aus dem Mesoblasten hervorgeht und nur infolge des Mangels oder der Verkümmerung des Entoblasts in der ventralen Mittellinie in eine Ebene mit dem seitlichen Entoblasten kommt und scheinbar als Teil desselben er- scheint. Von dieser Verkümmerung des Entoblasts in der Mittellinie haben vielleicht auch meine Erfahrungen beim Kaninchen (Keimblätter, S. 22, 23, Fig. 2 4, 25) die ersten Spuren nachgewiesen. Es erübrigt nun noch, von abweichenden Entwickelungsformen bei den Säugetiere mit Säugetieren zu handeln, wie sie seit Bischoffs glänzender Entdeckung über Keimblätter' das Meerschweinchen bei einer größeren Zahl von Nagetieren (Feldmaus, Haus- maus^ Waldmaus, Wanderratte) aufgefunden worden sind, welche außer durch Bischoff und Reichert auch von Hensen, Schäffer, Fräser, Kupffer und Selenka eine eingehende Bearbeitung erfahren haben. Bei allen diesen Tieren ist die Embryonalanlage gegen die AmnionhÖhle zu konkav und an der Entodermseite konvex, auch liegt der Embryo mit seinem Amnion wie im Innern der Keimblase, so dass es den Anschein gewinnt, als ob das Entoderm oberflächlich und das Ektoderm nach innen gelegen sei, was man als eine Ura- kehrung der Keimblätter bezeichnet hat. In der That ist nun aber eine solche 136 Entwickelung der Wirbeltiere. Umkehrung nicht vorhanden, viehnehr ist einfach die Emhryonalanlage in das Innere der Keimblase eingestülpt oder eingewuchert und so deren Entoderin- tläche konvex nach innen vorspringend geworden. Die einfachsten Verhält- ryicolaarvaüs. nisse zeigt nach Ki'i'FFER Arvicola arvalis, die Feldmaus. Hier wird an einer typisclien Keimblase der zapfenförmig in das Innere vorspringende Rest der Furchungskugeln, während er membranartig sich abflacht und in das bleibende Ektoderm und das Entoderm zerfällt, durch eine zapfenförmige Wucherung der RAUBERSchen Deckschicht noch weiter in das Innere der Keim- blase gestülpt. Indem dieser Vorgang, wie ich annehme, durch selbständige Wucherung der eingestülpten zwei Lagen weiter sich ausbildet,, zieht sich der Zapfen der RvcBERSchen Zellen wieder zurück und zeigt nun die Keimblase eine längliche Form und folgende Abteilungen: 1) eine äußere doppelt- blätterige Lage, bestehend aus denselben Lagen, die die Keimblase des Kaninchens vor der Entwickelung ihrer Mesodermlage zeigt, nämlich dem Ekto- derm und dem Entoderm, 2) einen von der äußeren Lage umschlossenen Zapfen mit einer inneren Höhlung, bestehend aus dem eingestülpten bleibenden Ekto- derm innen und dem Entoderm außen gegen die Höhle der Keimblase zu. Von diesem Zapfen entwickelt der seinem freien Ende nähere Teil den Embryo, dessen konkave Dorsalseite gegen die Höhlung des Zapfens schaut, ein darauf folgender Abschnitt liefert in typischer Weise durch verwachsende Falten das Amnion. Infolge dessen werden die Basalteile des Zapfens zur serösen Hülle oder dem falschen Amnion von Panoer (man beachte , dass ich in diesem Werke S. 70 nach C. Fr. Wollf die allgemeine Leibeskappe von Baers als falsches Amnion bezeichne), zwischen welchem und dem Zapfen der Raiber- schen Zellen, der immer noch die Einstülpung schließt, Selenka eine Höhlung annimmt, die er Höhle des falschen Amnion nennt, während er die Rauber- schen Deckzellen an der Bildung der Placenta sich beteiligen lässt. (M. vergl. Kupffer in Münchener Akad. Sitzungsber. vom 4. Nov. 1882 und Selexka, Studien z. Entw., I, \ 883 ; IV, 1884, bes. Taf. XVI! . Denkt man sich nun bei diesem Ei die Wucherung der RAUBERSchen Zellen nicht vorhanden und die Embryonalanlage so ausgestülpt, dass sie in die Ebene der Keimblase zu liegen käme^ so wären die Verhältnisse genau wie beim Kaninchen, und beruht somit die Ab\^eicliung in der Einstülpung der Keimstelle in das Innere der Keimblase. Einen weit verwickeiteren Fall bietet das Meerschweinchen. Hier ist zwar anfangs auch eine typische Keimblase mit einer inneren kugelförmigen Masse von Furchungskugeln vorhanden , allein diese Masse plattet sich nicht ab und wird nicht eingestülpt, vielmehr wächst dieselbe als Zapfen in das Innere der sich verlängernden Keimblase und scheidet sich zugleich in eine Kernmasse von Ektodermzellen und eine Hülle von Entoderm, welche mit einer Verdickung der RAUBERschen Lage in Verbindung bleibt oder an dieselbe angrenzt. Später wächst das Entoderm in einen hohlen Stiel aus, der an seinem freien Ende den soliden Ektodermkern mitführt, und wenn dieser Vorgang den letzteren an den distalen Pol der langgestreckten Keimblase geführt hat, so entwickelt der Ektodermkern eine Höhle, vergrößert sich und gestaltet sich einmal zum Ektoderm des Embryo und zweitens zu demjenigen des Anmion, welche beide zusammen fertig aus dem Ektodermkern hervorgehen, dessen Höhle mithin die sogenannte Markamnionhöhle ist, d. h. die AmnionhÖhle, und die Rückenfurche oder mehr oder weniger geschlossene Höhle des zentralen Nervenystems. Diesem zufolge entwickelt das Meerschweinchen keine seröse Säuser mit Umkehruni' der Keimblätter. 137 Hülle wie das Kaninchen, doch kann das Ektoderm der Keirablase mehr den RAUBERSchen Zellen als solche bezeichnet werden , in welchen letzteren Se- LENKA einen Holilraum sich entwickeln lUsst, den er wiederum Hohle des falschen Amnion nennt, obschon dieselbe etwas ganz anderes ist als bei Arvi- cola. Eine die Keimblasc auskleidende Entodermblase besitzt das Meer- scii weinchen nicht und somit auch keinen Dottersack. Ein gewisses Verständnis dieser auffallenden Vorgänge beim Meerschwein- chen eröffnet sich, wenn man die Enlwickelung der Hausmaus, der Ratte und Waldmaus heranzieht. Hier entwickeln sich nach Selexka anfänglich auch solide, von Entoderm bekleidete Ektodermzapfen in die Keimblase hinein, bestehend aus einer Verbindung der Rai BEUschen Deckzellen mit den bleiben- den Ektodermzellen. Später hohlen sich dieselben jedoch in totn aus auch im Bereiche der RAUBERSchen Zellen, und entwickeln sich dann diese hohlen Zapfen wie bei Arvicola weiter und lassen sich auch einer in die Keimblase einge- stülpten Embryonalanlage des Kaninchens vergleichen, obgleich eine solche Einstülpung eigentlich nicht vorhanden ist. Beim Meerschweinchen nun löst sich der Ektodermkern von den RAVBERSchen Zellen und ist die in ihm auf- tretende Höhle nur Markamnionhöhle und nicht mehr gleichsam ein Teil der freien Oberfläche der Keimblase. Große Beachtung verdient in dieser Be- ziehung, dass nach Selenka auch die Ratte und Hausmaus in ihrem Ektoderm- kern anfangs geschlossene Markamnionhöhlen entwickeln (I. c. Taf. XVI, Fig. 56, 57, 63), die dann aber später mit Höhlungen im Zapfen der Deck- zellen zusammenfließen , worauf dann die Amnionbildung in gewohnter Weise folgt. Für das, was Se lenka bei diesen Nagern Hohle des falschen Am- nion nennt, gibt es beim Kaninchen kein Homologen, wie ich entgegen Selexka behaupten muss (s. auch Hensen im Archiv v.His, 1883, S. 72), und ist sein Schema der Hüllen des Kaninchens (IV Taf. XVI, Fig. 48) insofern unrichtig, als die äußerste Linie wegzufallen hat und ein Hohlraum f nicht da ist. Mesoderm und Chorda scheinen bei diesen Nagern wesentlich wie beim Kaninchen sich zu entwickeln. Die AUantois dagegen ist lange Zeit ohne Höhlung einfachein Mesodermwulst. Beim Meerschweinchen zeigen erst Em- bryonen von \1 — 18 Tagen die Anlage einer Harnblase (Lieberküu.x). Die Ursache der eigentümlichen Enlwickelung der hier besprochenen Nager scheint mir mit Selenka wesentlich in dem frühen Verwachsen der Keimblasen derselben mit dem Uterus zu liegen, infolge dessen die forma- tiven Vorgänge in erster Linie eine Wucherung der Keimblasenelemente nach innen und weniger eine Flächenzunahme derselben bedingen. Anders das Kaninchenei, das frei im Uterus gelegen bis zu 4 — 5 mm sich vergrößert, bevor es sich festsetzt. Ich vermag jedoch den RAVBERSchen Deckzellen keine so hohe Bedeutung beizumessen wie Selenka, und lehren vor allem Arvicola und das Meerschweinchen, dass auch ohne wesentliche Beteiligung dieser Elemente das bleibende Ektoderm und das Entoderm allein imstande sind, die Inversion der Schichten zu erzielen. Unzweifelhaft werden weiter ausgedehnte Untersuchungen in der Ab- teilung der Säuger vor allem bei den niederen Formen (Edentaten, Beutel- tieren etc.) noch viele Eigentümlichkeiten und Abweichungen hervortreten lassen, und lehren schon die bisherigen Untersuchungen v'on v. Baer, BiscHOFF (Reh). Heape (Maulwurf), Bonnet (Schaf), dass hier noch viel Hausmaus, Waldmaus, Ratte. 138 Entwickelung der Leibesform. Jüngste mensch- liche Embryo- nen. Eier der 2. Woche. Ei von Kei- CHEKT. Wichtiges zu finden ist. Erwähnenswert ist jetzt schon das kolossale und rasche Längenwachstum der Keimblase bei den Wiederkäuern und Schweinen (Boxnet), die von Heape gefundene vorübergehende Verdickung der Rauber- schen Schicht beim Maulwurf, die an die Verhältnisse der Nager mit Inversion der Embryonalanlage erinnert. Wichtig wäre auch, wenn die obenerwähnten Angaben von He ape bei Talpa und Boxnet beim Schafe über einen Canalis neurentericus sich bestätigten und ebenso das von Bonnet behauptete Wachs- tum des Primilivstreifens des Schafes von vorn nach hinten. Erste Entwickelung des Menschen. Die Beobachtungen über die ersten Gestaltungen des Menschen sind so spärlich, dass nicht von fern daran gedacht werden kann, dieselben in ähnlicher Weise zu entwickeln, wie dies beim Hühnchen und bei den Säugetieren geschehen ist. Aus der ersten Woche der Schwangerschaft, während welcher das Ei den Eileiter durchwandert und hier unzweifelhaft einen totalen Furchungsprozess durchmacht, besitzen wir kein« zuverlässige Beobach- tung. Dagegen liegen aus der zweiten W'oche einige Angaben vor, die Erwähnung verdienen , obschon vielleicht auch keine derselben auf eine ganz normale Frucht sich bezieht. Das jüngste bis jetzt beobachtete Ei wurde vor einigen Jahren von Beichert beschrieben, und schätzt er das Alter desselben auf 12 — 13 oder 13 — 14 Tage. Dasselbe wurde im Uterus einer Selbstmörderin in situ beobachtet und bestand aus einem blasenförmigen Gebilde von Fig. 110. Fig. ^\^. Linsenform von 5,5:3,3 mm, das etwa 4mal vergrößert in Fig. 110 von der Fläche und in Fig. 111 von der Seite dargestellt ist. Die Bandzone dieses Bläschens trug einen reichen Besatz von Zöttchen , von denen die Fig. 11 0 und \\\. Menschliches befruchtetes Ei (bläschenförmige Frucht, Rei- chert) von 12 — 13 Tagen, von der Fläche und von der Seite etwa 4mal vergr. An der Flächenansicht ist das zu sehen, was Reichert für den Embryonalfleck hält. Entwickelung des Menschen. 139 entwickeltsten 0,2 mm maßen und auch zum Teil kurze Nebenästchen trugen. Von hier aus zogen sich die Zöttchen mit abnehmender Größe eine Strecke weit auf die Uterinfläche des Bläschens fort , ließen jedoch hier eine kreisförmige Fläche von 2,5 mm frei, die in der Mitte einen ebenfalls kreisförmigen trüben Fleck zeigte. An der entgegengesetzten Fläche des Bläschens, die etwas gewölbter war. fehlten dagegen die Zöttchen ganz und gar. Bezüglich auf den Bau dieser ^^bläschenförmigen Frucht« ermittelte Reichert folgendes. Nirgends, weder äußerlich noch im Innern, war die geringste Spur einer embryonalen Bildung, etwa einer Primitivrinne oder der Rückenfurche oder gar eines deutlichen Embryo mit einem Gefäßhofe zu entdecken. Vielmehr bestand das betreffende Ei einfach aus einer zarten Membran von epithelialer Beschaffenheit, von welcher die ebenso beschaffenen Zöttchen ausgingen. Nur in der Gegend des trüben Fleckes an der Uterinfläche des Eies fand sich innen an der ge- nannten Lage eine dünne Schicht kleinerer, feinkörniger, kernhaltiger, polyedrischer Zellen. Von einer Zo7ia pelhicida war nichts zu sehen. Da- gegen war das Innere mit faserig-häutigen Bildungen erfüllt, welche Reichert als Gerinnsel ansieht. Diesen Thatsachen zufolge deutet Reichert das fragliche Ei als Keimblase und die doppeltblätterige Stelle desselben als Fruchthof oder Embryonalfleck, eine Auffassung, deren Richtigkeit kaum zu bean- standen ist, wenn man die innere Lage als Entoderm deutet. Eine andere Frage dagegen ist, ob das betreffende Ei ein vollkommen norma- les war, und hebe ich vor allem hervor, dass das Vorkommen von Zotten bei einem befruchteten Eie ohne Embryonalanlage und ohne Amnion Bedenken erregt. Bei allen Säugetieren, bei denen bis jetzt Zotten an den Eihüllen gefunden wurden, treten dieselben erst nach der Bildung des Amnion an der äußeren Lamelle der Keimblase auf, die die seröse Hülle heisst, niemals vorher. Da jedoch die Möglichkeit nicht bestritten werden kann, dass die Keimblase schon früher Zotten entwickle, und so^ar beim Kaninchen, wie ich fand, der zottenbildende Teil der Keim- blase schon sehr bald sich verdickt und als von mir so genannter Ekto- dermwulst auftritt, so scheint es mir doch gewagt , der REicHERTSchen Beobachtung nach dieser Seite Bedenken entgegenzustellen, und bin ich für mich bereit, dieselbe für einmal und so lange, als nicht bestimmte Erfahrungen anderes lehren, nicht anzuzweifeln. In diesem Falle hätte man dann anzunehmen , dass der Embryo auf der zottenfreien Mitte der Uterinfläche der Keimblase auftritt und dass hier, nach der Bildung des Amnion und der serösen Hülle, später auch Zotten entstehen, ebenso wie auf der ^eeenüberliegenden zottenfreien Stelle, indem nicht zu be- 140 Entwickelung der Leibesform. zweifeln ist, dass alle etwas älteren menschlichen Keimblasen oder Eier, wie man dieselben hier nennt, ringsherum mit Zotten besetzt sind. Und zwar finden sich solche Zotten schon vor der Bildung des Nabelstranges und der Allantois, wie die gleich zu schildernden Eier von Thomsox leh- ren, die in dieser Beziehung jetzt erst verständlich werden. Außer dieser Erfahrung von Reichert besitzen wir noch mehrere andere über menschliche Eier, die noch keinen Embryo enthielten. Dieselben waren alle kugelrunde kleine Bläschen, von denen die von Wharton Joxes und Brelss eine einzige zottenfreie Stelle zeigten . die andern ringsherum mit Zotten besetzt waren. Gewisse der letzteren, von denen auch ich eins untersuchte , zeigten innerhalb einer epithe- lialen, die Zotten tragenden Lage eine bindegewebige Schicht , die nur von der Allantois oder dem Amnion abstammen kann, weshalb anzuneh- men ist, dass in densell)en der Embryo zwar angelegt wurde , aber nachher zerfiel. Nun folgen Beobachtungen von Allex Thomson über Eier mit Embryo- nen, die auf einem relativ großen Dottersacke aufliegen und von denen man bisher annahm, dass sie keine Allantois und keinen Nabelstrang besitzen (Fig. i 11 — 1 1 3) . Nun hat aber His den Satz aufgestellt, dass der menschliche Embryo niemals eine freie Allantois habe, sondern von An- fang an durch dieses Gebilde, das er Bauchstiel nennt, mit der serösen Hülle oder dem Choriou verbunden sei, und hält sich aus diesem Grunde zu der Vermutung berechtigt, dass in den Fällen von Thomson die Allan- tois oder der Bauchstiel übersehen worden sei. Meiner Meinung zufolge ist jedoch obige Annahme nicht nur nicht bewiesen, sondern auch angesichts aller sonst bekannten Thatsachen sehr unwahrscheinlich, und scheint es mir daher geraten, vorläufig die Beobachtungen von Thomson im An- ErstesEivon schlussc au das bisher Ermittelte zu deuten. Ein erstes Ei von Thomson Thomson. (Fig. 111) von 12 — 13 Tagen und 6,6 mm Größe zeigte im Innern des mit kleinen Zotten besetzten Chorion einen großen Dottersack von circa 4,0 mm und auf diesem einen Embryo von 2,2 mm Länge, der mit sei- nem vorderen und hinteren Ende schon etwas vom Dottersacke abge- schnürt war, mit seinem mittleren Teile dagegen unmittelbar auf dem- selben auflag und mit seinen Rändern in denselben sich jfortsetzte, somit noch keinen Darm besaß. Aus dem von Thomson angegebenen Umstände, dass der Embryo mit seinem Rücken an die äußere Eihaut festgeheftet war, lässt sich vermuten, dass auch das Amnion schon da war, in wel- chem Falle die äußere Eihaut als seröse Hülle zu deuten wäre. Dagegen finde ich in den Angaben von Thomson und auch in der von His wieder- gegebenen Originalzeichnung desselben (s. Anat. menschl. Embryonen, H, 55, AT. 1; keinen Grund zur Annahme, dass dieser Embrvo bereits Junge menschliche Embryonen. 141 eine mit der serösen Hülle verbundene Allantois (Bauchstiel, His) besessen habe, um so mehr, als die Verbindung dieses Embryo mit dem Chorion nicht am hintersten Leibesende, wie sonst überall beim AUantoisstiele, sondern am hinteren Dritteile des Rückens statthatte. Die zweite Beobachtung von Thomson bezieht sich auf ein Ei von zweites ei voi> '-' Thomson. 13,2 mm Größe (Fig. 112, 113), das wahrscheinlich jünger ist als das Fiff. 112. Fig. 113. Fig. 114. vorige, jedoch durch eine abnorm große Eihaut sich auszeichnet. Im Innern der zottentragenden Eihaut fand sich Flüssigkeit und eine kleine Blase von 2,2 mm Größe, welche die Anlage eines 2,5 mm großen Em- bryo zeigte , der eine sehr deutliche , in der Mitte schon im Schließen begriffene Rückenfurche und starke Rückenwülste und an der Bauchseite das Herz erkennen ließ. Auch von diesem Embryo gibt übrigens Thomson wieder an , dass er mit dem Rücken am Chorion festsaß, und liegen so- mit mit Bezug auf die Deutung der äußeren Eihaut die Verhältnisse wie in dem vorigen Falle. Aus dem Umstände, dass, wie die Originalzeich- nung von Thomson lehrt, dieser Embryo am hinteren Ende verletzt war (Eis 1. c. S. 35), leitet His wiederum die Vermutung ab, dass derselbe einen Bauchstiel gehabt habe, eine Möglichkeit, der gegenüber die An- nahme, dass die Allantois noch nicht da war, gewiss nicht minder be- rechtigt ist. Fig. 112. Menschliches Ei von 12 — 13 Tagen, nach Thomson. 1. Nicht geöffnet in natürlicher Größe, 2. geöffnet und vergrößert. Fig. 113. Menschliches Ei von 15 Tagen, nach Thomsox, in natürlicher Größe ge- öffnet, um den großen Innenraum und den kleinen Embryo zu zeigen. Fig. 114. Embryo dieses Eies vergrößert, a Dottersack; ?y Nackengegend , wo die Rückenfurche schon geschlossen ist; c Kopfteil des Embryo mit noch offener Rückenfurche; d hinteres Ende, wo dasselbe der Fall ist; e 'hautartiger Anhang, vielleicht ein Teil des Amnion. 142 Entwickelung der Leibesform. Eier der :3. Woche. Wir gehen nun zu Eiern über, bei denen der Embryo ein Amnion, einen Dottersack und einen AUantoisstrang zeigt. In erster Linie sind hier Embryonen zu erwähnen , die einen weiten ungestielten Dottersack, besitzen und noch keine Extremitätenanlagen zeigen , wie wir schon seit langem durch Coste einen kennen und wie auch His einige beschrie- ''-^^^^llililftW^^ Fia. 115. ben hat (1. c. Embryo 5 R, E und L). Das Ei von Coste, dessen Aller er auf 15 — 18 Tage schätzt, war 13,2 mm groß und rings mit kürzeren, leicht ästigen Zöttchen besetzt. Im Innern befand sich ein ziemlich großer Raum und an einer Stelle der Embryo mit Amnion und Dotter- Fig. 115. Menschlicher Embryo mit Dottersack, Amnion und Nabelstrang von 15 — 18 Tagen, nach Coste, vergr. dargestellt. 6 Aorta ; cHerz; d Rand der weiten BauchöfTnung; e Oesaphagus; /" Kiemenbogen ; i Hinterdarm; m Jrteria omphalo- mesenterica ; n Vena omphalo-mesenterica ; o Dottersack, dessen Gefäße nicht aus- gezeichnet sind; m Stiel der Allantois [Urachus); a Allantois mit deutlichen Gefäßen, als kurzer Nabelstrang zum Chorion ch gehend; v Amnion; ah Amnionhöhle. Fig. 116. Derselbe Embryo von vorn stärker vergrößert , mit geöffnetem und größtenteils entferntem Dottersacke, a Allantois, hier schon Nabelstrang; u Urachus oder Stiel desselben ; i Hinterdarm ; v Amnion ; o Dotiersack oder Nabelblase ; g pri- mitive Aorten, unter den Urwirbeln gelegen; die weiße Linie ist die Trennungs- linie zwischen beiden Gefäßen ; x Ausmündung des Vorderdarmes in dem Dotter- sack; h Stelle, wo die Vena umbilicalis und die Venae omphalo-mesenteiicae n zu- sammentreffen, um ins Herz einzumünden; p Perikardialhöhle; c Herz; b Aorta; t Stirnfortsatz. I Junge menschliche Embryonen. J43 sack durch einen kurzen Allantoisstrana; an das Choriou befestigt (Fig. 115). Der Embryo von 4,4 mm Länge (Fig. 115, 116) war leicht nach dem Rücken zu gekrümmt mit abgeschnürtem vorderem und hinterem Ende, von denen jedoch ersteres, wenigstens in dem eigentlichen Kopt- teile, nur wenig verdickt sich zeigte, wogegen die Gegend, wo das S-för- mige Herz seine Lage hatte, stärker vortrat und der massigste Teil des En)bryo war. Am Herzen selbst erkennt man die dasselbe umschließende Parietalhöhle und den Bulbus aortae (Fig. 1166), dagegen sind die Vor- kammern und Kammern (bei c) noch kaum voneinander zu unterschei- den. Am Kopfe zeigen sich Andeutungen von Kiemenbogen und Kie- menspalten (Fig. Whf) ziemlich weit vorn, doch sind die letzteren nicht durchgebrochen. Bei der Ansicht von unten (Fig. 116) sieht man ferner am Kopfe vor den ersten Kiemenbogen, die ziemlich deutlich sind, einen konischen unpaaren Fortsatz ganz nach vorn zu, den Stirnfortsatz, und zwischen diesem Fortsatze und den vordersten Kiemenbogen eine Grube, die in der Richtung begriffene Einstülpung, die später zur Mund- höhle wird. Der Bauch des Embryo ist weit offen, und steht der unge- stielte, 2,75 mm große Dottersack (in Fig. 116 geöffnet dargestellt) in großer Ausdehnung in offener Verbindung mit dem Darme, von dem nur der Anfangsdarm, dessen Ausmündung in den Mitteldarm in Fig. 115 bei X zu sehen ist, und der Enddarm i entwickelt sind. Am hinteren Leibesende findet sich die Allantois [a) in Form eines Stranges, der durch einen breiten Stiel (w), den späteren ürachus, mit dem Enddarme und, wie es scheint, auch noch mit der vorderen Beckenwand zusammen- hängt und dann in die äußere Eihaut, die jetzt Chorion heißen kann, sich verliert, dessen innere Lamelle sie bildet. Wieweit die Höhle der Allantois und die epitheliale innere Lamelle derselben sich erstreckte, darüber hat Goste nichts mitgeteilt. Am Dottersacke und der Allantois sind Gefäße bemerklich. Am Dottersacke zwei Arteriae omphalo-mesen- tericae rechts und links ziemlich in der Mitte (Fig. 115w) und zwei Venae omphalo-mesentericae mehr nach vorn (Fig. 115w); ebenso sieht man Gefäße an der Allantois, welche auch in die hautartige Ausbreitung derselben am Chorion übergehen, hier jedoch nur mit dem Mikroskope wahrzunehmen sind. Das Amnion geht von den Rändern der großen Bauchhöhle aus, umhüllt ziemlich genau die untere Seite des Kopfes, steht aber vom Rücken sowie vom hinteren Leibesende weit ab und bildet mit seinem hintersten Teile auch eine unvollkommene Scheide für die hinlere Seite des Stieles der Allantois. Von Extremitäten, Augen- und Gehörbläschen ist an diesem Embryo noch keine Spur zu sehen, ebenso meldet Goste nichts von WoLFFSchen ICörpern, welche jedoch sehr wahrscheinlich angelegt waren; dagegen will er zwei ziemlich große 144 Entwickelun" der Leibesform. Fig. M7. Aorten (Fig. 116^) zu beiden Seiten der mittleren Teile des Leibes ge- sehen haben, die aber nicht besonders deutlich hervortraten. Das Chorion dieses Eies besitzt eine gefäßhaltige innere Lamelle, welche ich mit CosTE als Ausbreitung der Allantois auffasse; die äußere Lamelle ist epithe- lialer Natur und trägt hohle, leicht ver- ästelte Zotten, in welche die gefäßhal- tige Lage noch nicht eingeht. Embryonen ohne Extremitäten, aber mit gestieltem Dottersacke und mit vor- derer Kopfkrümmung finden sich außer- dem beschrieben durch Allen Thomson und vor allen durch His (1. c. Embryo- nen Lg, Ls, Seh, M, BB). Am genauesten wurde der Embryo M (TaL I 5, 6) von 2,6 mm Länge (Ei in Spiritus 7,5—8,0 mm, Dottersack 2,6 : 1,7 mm, Dottergang 0,6 mm) untersucht und nach einer Querschnittsserie auf Taf. VII in den inneren Teilen konstruiert, auf welche Konstruktion noch öfter zurückzukommen sein wird. ^""EnZder "^ Gcgcu dcu Schluss derS.Wocho treten sehr namhafte Veränderungen 3. Wociie. jep Embryonen auf (Fig. 117). In der äußeren Leibesform fällt vor allem die Krümmung des Kopfes und Leibes, das erste Auftreten der Extremitäten und eines Schwanzes und die gute Ausbildung des Kiemen- bogen und Kiemeufurchen auf, die beide in der vollen Zahl 4 vorhanden sind. Ferner unterscheidet man jetzt auch die primitiven Nasengrüb- chen und die ersten Anlagen der Augen und Gehörgruben. Von inneren Organen ist jetzt die Leber angelegt und der WoLFFSche Körper deutlich, ferner der Darm vom Doltersacke abgeschnürt und das Herz mit seinen Hauptabteilungen erkennbar. Die EihülJen anlangend, so ist das Chorion überall gefäßhaltig, und gehen die Gefäße nun auch in die Zotten ein ; der Allantoisstrang ist kurz mit zwei Arterien und zwei Venen, der Dottersack groß und breitgestielt, das Amnion dem Embryo dicht anliegend. Hierher zähle ich 1) den Embryo von Coste (PI. II, a) von 20 — 21 Fig. -117. Embryo eines menschiictien Eies vom Ende der dritten oder Anfang der vierten Woche nacli A. Thomson, vergrößert, a Amnion; b Dottersacli.; c erster Kiemenbogen, Unterkieferfortsatz; d Oberkieferfortsatz desselben Bogens; e zweiter Kiemenbogen, hinter dem noch zwei kleinere sichtbar sind. Spalten sind drei deut- lich, zwischen dem 1. und 2., 2. und 3. und 3. und 4. Bogen; f Anlage der vorderen Extremität; g primitives Ohrbläschen ; h Auge ; i Herz. Junge menschliche Embryonen. 145 Tagen (s. d. Tafelerklärung), mit einer Reflexablase von 4,2 :3,0 cm und einem Chorion von 2,7 cm; 2) den hier abgebildeten Embryo von Thom- son, Größe des Eies [CJwn'on] 2,7 cm, des Embryo 4,5 mm, des Dotier- sackes 3,3 mm; 3) einen Embryo von His (Embryo 4 mm lang, Ei 2^5—3^0 cm, üottersack 2,7 : 3,0 mm), der auf Tafel VIU dargestellt und nach Schnitten konstruiert ist; 4) einen Embryo von Hensen (Arch. V. His, 1877) von 4,5 mm; 5) einen Embryo von Ecker (Arch. v. His, 1880, S. 403) von 4 mm, Größe des Eies 8 mm. Die noch offene Rücken- furche dieses Embryo ist nicht als normal anzusehen ; 6) einen Embryo von Fol von 5,6 mm (Revue medic. de la Suisse romande, No. 4, 1884, PI. I. 11), der nach Schnitten von 0,02 mm rekonstruiert wurde und in- teressante Resultate ergab. Embrvonen der 4. Woche besitzen noch einfache Geruchsgrübchen, Embryonen der J ~ ' 4. Woche. dagegen bilden sich die Kiemenfurchen nach und nach auf zwei und die Kiemenbogen auf drei zurück. Die Extremitäten sind größer, schaufei- förmig, aber ohne Gliederung, die Schwanzspitze deutlich. Die Leber ist größer und bewirkt einen deutlichen Vorsprung am Rauche ; der Darm ist geschlossen und bildet eine kleine Schleife, von welcher der Gang des nun deutlich gestielten Dottersackes, der Ductus omphalo-mesen- tericiis, ausgeht. Der Dottersack liegt meist auf der rechten Seite des Embryo und die Schwanzspitze links vom Nabelstrang. Außer den schon genannten inneren Organen sind nun auch die Lungen und der Magen deutlich, deren erste Anlagen schon das vorige Stadium zeigt (s. His Embrjo a Fig. 3, 4). Jüngere Embryonen dieser Zeit schildern 1) Goste (PI. 111), Chorion 17,3 mm, Embryo 9,25 mm, Dottersack 5,8 mm; 2) Waldeyer (Stud. d. phys. Inst, zu Rreslau, H. III), Chorion ohne Zotten gemessen 19,0 mm, Embryo 8,0 mm; 3) A.Thomson (m. Entwickelungsgesch., 2. Aufl., Fig. 232), Embryo in der Krümmung gemessen 11,0 mm; 4) A. Ecker (Taf. XXVI, Fig. I), Embryo 9,0 mm; 5) His, Embryonen von 7,0 und 7,5 mm, auf Taf. I und III sehr schön dargestellt und aus Schnitten kon- struiert; 6) KöLLiKER, Embryonen von 8,0 und 8,5 mm, erslerer mit einem Dottersack von 3,6 mm (Entw. d. Auges und Geruchsorgans menschl. Embryonen, 1883). Rei beiden Embryonen lag die Schwanzspilze an der rechten Seite des Xabelstranges, ebenso der Dottersack bei dem einen links, wie auch bei dem Embryo Fig. 118, Vom Schlüsse der 4. Woche stammt 1) meine Fig. 118, Embryo 13 mm, Dottersack 9,0 mm; 2) Coste PL III a. Der zweite Monat ist durch wichtise äußere Veränderungen aus- Embryonen des "^ ° 2. Monates. gezeichnet. Anfangs noch stark gekrümmt, beginnt der Embryo vor allem am Rumpfe sich zu strecken. Das Gesicht entwickelt sich durch Köll ike r, Grundriss. 2. Aufl. ,| q 146 EntWickelung der Leibesform. Bildung der Xasenfurche, Vortreten der Slirnfortsätze, Ver\yachsen der Oberkieferfortsätze mit den äußeren und inneren Nasenforlsätzeu , doeli bleibt die äußere Nase noch platt. Die Kiemenfurchen und die hinteren Kiemenbogen vergehen, doch erhält sich der dorsale Teil der ersten Furche als Anlage der äußeren Ohrmtindung. Die Extremitäten ferner gliedern sich deutlich, und erscheinen am i Ende dieses Monats auch die Finger- und Zehenanlagen. Herz- und Lebergegend schwellen an und der Kopf tritt stärker vor. Die Schwanzspitze vergeht nach und nach. Die Geschlechtsöffnung erscheint und die ersten Spuren der äußeren Geni- talien. Von inneren Organen legen sich in '^ diesem Monate an : Zunge, Kehlkopf, Thy- ' reoidea, Thymus, Pankreas, Niereu. Xebeii- 2 ^ nieren, Geschlechtsdrüsen. Das Chorion ist rings mit Zotten be- nv ^' setzt, der Nabelstrang kurz und dick und "^jiFT^^ nicht gewunden. Derselbe enthält eine ^"'-{- 4 oder mehrere Dünndarmschlingen . ferner ,t ( ' \l die epitheliale Blase der Allantois und im ^"' "0 0 ~^ Anfange dieses Monates auch zwei Nabel- ^ '^ \v ' jf "^^ venen. Der Dottersack ist groß, der Dotler- \^^J/ gangund seine Gefäße deutlich, das Amnion rt > weiter. 5. wociie. Fig. H8. Die einzelnen W^ochen dieses Monates sind schwer zu unterscheiden. In die 5. Woche fällt das erste Auftreten der Nasenfurche, die Anlage der Zunge und der beginnende Verschluss der ersten Kiemenfurche (Fig. 119), die scharfe Abgliederung von Hand und Fuss, das erste Deutlichwerden von Knie und Ellbogen , das Auftreten der Kloakenmündung. Kiemen- Fig. 118. Menschlicher Embryo von vier Wochen und -13 mm Länge, vergr. \ . In der Seitenansicht. Das Nabelbläschen, das einen ganz kurzen Stiel hatte, -/^ der Größe des Embryo besaß und auf der linken Seite seine Lage hatte, ist nicht dar- gestellt. 9. Kopf desselben Embryo von unten. aAuge; « Nasengriibchen ; o Ober- kieferfort^atz ; « Unterkieferfortsatz des ersten Kiemenbogens ; b leichte Erhebung, die die Stelle des Labyrinthes andeutet ; v rechte Vorkammer ; AKammer; /Leber; 1 vordere, 2 hintere Extremität; s schwanzartiges Leibesende ; m Mundspalte; 2 A- zweiter, 3k dritter Kiemenbogen ; wf untere Vereinigungshaut, hier als Bekleidung des Herzens erscheinend, das abgeschnitten ist; a in Fig. 2 Aorta; rMark, etwas verzerrt. Die Gegend zwischen den letztgenannten zwei Teilen in 2 nicht ausgezeich- net, weil hier eine Nadel zu Fixirung durchgestoßen war. Junge menschliche Embryonen. 147 bogen sind noch zwei vorhanden. Der stark gekrümmte Embryo Fig. 119 misst 8.5 mm, der Dottersack 4,5 mm. In dieselbe Zeit gehören die Abbildungen von Ecker Taf. XXVI, Fig. III, IV, V, VII, VIII, IX und X, deren Größen mit Ausnahme der Fig. IV und X auf 9, 12, 8, 10 und 11 mm angegeben sind, und die Embryonen LXXIII, X, LXXIV und XXIX von llis von der Länge von 1 1 —1 2 mm, Nabelbläschen von 4,5 : 5, 5 mm, Ghorion von 3,0: 2,5 — 2,7 mm. ^T^ *»„■ ■ Fia. 119. Fia. 120. Die erste Kiemenfurche ist bis auf die äußere OhröfFnung zu, an der Hand werden die Fingeranlagen sichtbar, die Nasenfurche verwächst und die Mundö(fnung gestaltet sich zu einer großen queren Spalte , in der die Zungenspitze frei sichtbar ist; die Genitalwülste treten auf, die Kiemenbogen sind verschwunden. Freies Schwanzende noch vorhanden. Einen solchen Embryo von 16 mm Länge von 35 Tagen stellt nach CosTE Fig. 241 dar, andere von 13 und 14 mm die Fig. XI und XII der Tafel XXVI und Fig. V auf Taf. XXVII von Ecker, ferner die Taf. Va von CosTE (Embryo von 17 mm und 40 Tagen) und dessen Taf. Vc, meine Fig. 127 (Embryo von 15 mm und 40 Tagen. Durchmesser der Reflexa- blase 47 mm, des Chorion mit den Zotten 33 mm, des Dottersackes €,3 mm, des Amnion 20,0 mm; Länge des Xabelstranges 12,5 mm, des freien Teiles des Dotterganges 22,0 mm) ; ferner meine Fig. 120. Von Fig. 119. Sehr stark gekrümmter Embryo der 5. Woche, 4mal vergr: Äußerer Nasenfortsatz und Oberkieferfortsatz sind fast ganz verschmolzen. Nasengrube und Mundspalte durch die Nasenfurche verbunden. An der ersten Kiemenfurche der hin- lere Teil als Ohrotrnung sichtbar, der vordere Teil zu. Fig. 1-20, Embryo der 6. Woche von 13,3 mm Länge, 3mal vergrüssert. Nabei- bläschen n nicht ganz 5 mm groß, Thränenfurche noch deutlich, a Amnion ; ns Na- bclstrang. 10* 6. Woclie. 148 Entwickelung der Leibesform. den Embryonen von His £;ehören hierher Fig. XXXV (Embryo 12,5, Na- belblase 6:5, Chorion 4,0— 3,2cm), Fig. XL V (Embryo 13,6, Nabelblase 6:4,5, Chorion 3,5:2,8 cm), Fig. XLVI (Embryo 13,8) und Fig. XXIV (Embryo 14,2). 7. u. 8. Wociie. Iq ^qy ^^ m^(j g Wochc wächst der Embryo bis zu 20 mm und streckt sich mehr. An den Extremitäten treten die ersten zwei Ab- schnitte deutlich hervor, die Finger trennen sich, am Fuße erscheinen die Zehenanlagen; das äußere Ohr ist noch spaltenföi'mig, tritt aber mehr vor und bekommt einen Rand, die Augenlider bilden sich, lassen aber das Auge noch weit unbedeckt, an dem das Pigment des Corjms ciliare mit bloßem Auge zu sehen ist. Das Gesicht ist angelegt, aber die Nase noch kaum vorspringend, die Lippen treten wenig vor, der Gaumen ist noch gespalten. Hierher zählt meine Fig. 121 (Embryo von 19,3 mm Länge und 8 Wochen), Eckers Fig. XIII auf Taf. XXVI (Em- Embryonen des 3. Monates. Fig. 121. Fig. 122. Fig. 123. bryo von 7 Wochen und 21 mm, Amnion von 26 mm, Dottersack von 6,5 mm), desselben Autors Fig. VI auf Taf, XXVII (Embryo von 7^2 Wochen und 16,1 mm) und Figur VIII (Embryo von 8 Wochen und 20,9 mm) ; ferner die Embryonen von His XXXVI (Embryo 15, Nabelblase 5,5:4^5, Chorion 3,5 : 28), XLI (Embryo 15,5) und XCIX. Embryonen des 3. Monates charakterisiren sich durch die gute Aus- bildung der Extremitäten, vor allen von Hand und Fuss, an denen das Nagelbett deutlich zu werden beginnt. Der Kopf streckt sich und tritt der Hals hervor, so dass die Schulter bald nicht mehr dem Unterkiefer anliegt, wie am Anfange dieses Monates. Am Auge schließen sich schon in der ersten Hälfte dieses Monates die Lider, die Nase tritt vor, die Ohrmuschel bildet ihre Hauptabteilungen. Brust und Bauch ragen we- Fig. 121. Menschlictier Embryo der 8, Woche 2mal vergr. Fig. 122. Menschlictier Embryo der 9. Woche in natürlicher Größe. Fig. 123. Menschlicher Embryo der 1 0. Woche in natürlicher Größe. Zwischen Bein und Steiß ist der Penis siclilbar. Menschliche Embryonen des 3. Monates. 149 uiger hervor als früher. Die Kloakenmündung trennt sich in der 9. und 1 0.Woche in Geschlechts- und Dannöffnung, und sind in der zweiten Hälfte dieses Monates die äußeren Geschlechtsorgane deutlich als männliche oder weibliche zu erkennen , indem die Rinne an der unteren Seite des Penis sich schließt und die Skrotalfalten verwachsen. Am Chorion bil- det sich der Unterschied zwischen Chorion frondosiim und Chorion laeve aus. Der Nabelstrang wird länger, windet sich und ziehen sich die Darmschlingen aus ihm heraus. Fig. 122 stellt einen Embryo der 9. Woche von 21 mm dar, der noch in Vielem an die Embryonen des 2. Monates erinnert; ebenso der Embryo von His LXXVII (Lg. 23, Chorion 5,5:5 cm), den derselbe noch zum 2. Monate rechnet. Schon abweichender ist der Embryo der 10. Woche Fig. 123 mit einer Länge von 3,8 cm, und in Fig. 170 ist ein Embryo der 12. Woche von 5,4 cm Rumpflänge dargestellt. Gute Ab- bildungen dreimonatlicher Embryonen haben auch Ecker (Taf. XXVII, Fig. IX) und Erdl (Tab. XI) mit Längen von 5,5, 4,4 und 5,0 cm. Der Embryo zeigt in seinem Äußeren wesentlich dieselben Ver- 4. Monat. hältnisse wie im 3. Monate, nur dass alle Teile größer werden. An den männlichen Geschlechtsorganen erscheint die erste Spur des Prae- putium in Form eines ringförmigen Wulstes hinter der Glans: bei weib- lichen Embryonen treten die großen Schamlippen mehr hervor und neh- men die Clitoris zwischen sich. In diesen Monaten ist das Auffallendste dieEntwickelung der Haut. 5. unde.Mouat. Die Wollhaare, Lcmugo, brechen gegen das Ende des 5. Monates zuerst au den Augenbrauen und an der Stirn durch, und bis zum Ende des 6. Monates ist der ganze Körper mit denselben bedeckt. Zugleich be- ginntauch die Ril düng der Fruchtschmiere, Vernix caseosa, in schwachen Anfängen. Die Nägel werden härter und die Hautdrüsen entwickeln sich. Im Anfange des 5. Monates bei Embryonen von 10 — 11 cm Rumpflänge bildet sich das Praeputium vollständig aus. Die Clitoris steckt nun ganz zwischen den Labia majora, die Nymphen sind noch klein, das Hymen schmal, tief im Grunde des Vorhofes verborgen. Mit dem Reginne des 6. Monates erscheinen die ersten Rewegungen des Embryo. Der Embryo ist noch kaum lebensfähig, die Haut roth, mit Vernix 7. Monat. caseosa bedeckt. An den weiblichen Genitalien treten die Nymphen stark hervor und erscheinen wie zwei von den Labia majora unbedeckte Klappen, die von einer Kommissur zur andern reichen und am oberen Ende unmittelbar in das Frenuhim und Praeputium der ganz verborge- nen kleinen Glans clitoridis übergehen. Das Hymen ist größer, aber noch Im Vorhofe verborgen. Die Hoden treten in den Leistenkanal. Die Vernix caseosa nimmt zu, an der Nase und um den Mund finden s., 9., lo. Monat. 150 Entwickelung der Leibesform. sich den Komedonen und dem Milium ähnliche Zustände der Talgdrüsen (s. Küstner, Arch. f. Gynaek., Bd. XII), das Kopfhaar vermehrt sich, ein Teil der Lanugo stößt sich ab. Die Augenlider lösen sich, die Pupil- larhaut schwindet, die Hoden steigen ins Scrotum. An den weiblichen Genitalien wird das Hymen größer und treten die immer noch sehr langen (hohen) Nymphen etwas in die Tiefe. Anmerkung. In betrefTdes Schwanzes menschlicher Embryonen haben Ecker und His folgende Sätze vereinbart (His, Archiv, 1880) : 1) Schwanz ist der die Cloake überragende Teil des Rumpfendes. %) Bei Embryonen von circa 8 — 15 mm Länge ist der Schwanz nach vorn und oben umgebogen. 3) Der- selbe besteht aus einem vorderen wirbelhaltigen Abschnitte und einem hinteren Teile, der Chorda und Medullarrohr allein führt. 4) Nur das letzte Stück fällt einer Verkümmerimg anheim, indem die Chorda zu einem Knötchen sich ent- wickelt und der Rest schwindet. 5) Der wirbelhaltige Teil erscheint noch lange als Steißhöcker und verschwindet dann langsam unter der Oberfläche. Tabelle über Größe und Gewicht der Embryonen in verschiedenen Altern.*} R u m p f 1 inge Gesamtlänge Gewicht in Gent imetern. in Grammen. 1. Monat. 3. Woche 0,45 4. Woche 0,8- -1,1 2. Monat. 5. Woche 0,85- -1,28 6. Woche 1,3- -1,7 "i .8. Woche 1,6- -2,1 3. Monat. 2,1- -6,8 6 — 1 1 Ecker, 7 — 9 Hecker, 1 1 Hecker. 3—13 ich. 4. Monat. 6,9- -9,0 14—16 E. 10—17 H. 57 Hecker. 25-50 ich. 5. Monat. 9,^- -14,7 19—28 E, 18—27 H. 284 H. 72—256 ich. 6. Monat. 15,0- -18,7 26-37 E. 28—34 H. 634 H. 265—489 ich. 7. Monat. 18,0- -22,8 35—38 H. E. 1218 H. 517—860 ich. 8. Monat. 24- -27,5 41—42 E. 39—41 H. 1569 H. 9. Monat, 27- -30 42—65 H. 42—64 E. 1971 H. 10. Monat. 30- -37 45-67 H. 2334 H. *) Obschon es gebräuchlich ist, bei Embryonen die gesamte Länge vom Scheitel bis zur Sohle anzugeben, so ist doch unzweifelhaft die Messung der Rumpflänge (bei jüngsten Embryonen die Messung der entferntesten Körferpunkte) richtiger, weil bei Reifer Fötus und Neuseborener. 151 Aninerkune. Ich füee nun noch einige Bemerkungen über den reifen Reifer Fötus ° ° o o ^„(1 Nenge- Fötus und den Neugeborenen bei, hauptsächlich mit Rücksicht auf die Bedürf- bnrener. nisse des Arztes, indem zu einer ausführlichen anatomischen Schilderung dieses Lebensalters hier nicht der Ort ist und auch manches, was die Geburtslehre behandelt, wie die Durchmesser des Kindkopfes, die Fontanellen u. s. w., nicht besprochen werden kann. 1 . Skelett. Zur Zeit der Geburt sind von ganzen Knochen noch knor- Skelett. pelig der 2. — 4. Steißbeinwirbel, seltener auch der erste, alle Stücke des Carpus, die Patella, die Fußwurzelstücke mit Ausnahme des Calcaneus und Astragalus und manchmal auch des Cuboideum. Ferner fehlen Neben- und Epiphysenkerne am ganzen Skelette mit einziger Ausnahme des unteren Epi- physenkernes im Feniur, der in der großen Mehrzahl der Fälle vor der Geburt sich bildet und im Mittel 0,-5 cm misst. Häutig hat auch die Tibia in der oberen Epiphyse einen Ossitikationspunkt, selten der Humcrus oben (Toldt) . Bei den Knochen, die aus mehreren Hauptabschnitten sich bilden, w ie den Wirbeln, ge- wissen Schädelknochen, dem Brustbeine, sind zur Zeit der Geburt einmal ge- wisse Gegenden noch knorpelig, wie (i\eLamina perjjendicularis des Siebbeines, der Processus ensiformis des Slernum und der Arcus anterior atlantis, und zweitens die bereits verknöcherten Teile noch alle unvereinigt, mit Ausnahme des Keilbeines, bei dem nur noch die Alae inarjnae getrennt sind, und des Brustbeines, bei dem inkonstante Verschmelzungen der Kerne des Körpers vor- kommen. Von sonstigen Eigentümlichkeiten des Skelettes des Neugeborenen erwähne ich den Mangel einer bestimmten Form oder Krümmung der Wirbelsäule, die geringe Weite der Brusthöhle und der Beckenhöhle, welche letztere bei beiden Geschlechtern sich gleich verhält, das Überwiegen des Schädels über das Ge- sicht, die geringe Ausbildung [Sinus ethmoidalis, maxillaris) oder den Mangel [Sinus frontalis, sphenoidcdis) der Nebenhöhlen der Nase, den unvollkommenen Zustand des Felsenbeines [Annulus tympanicus, Mangel des Processus mastoideus, unvollkommene Ausbildung der Hauptkanäle) , die besondere Gestaltung der Kieler an ihren Rändern und im Innern, die Größe der Orbita, die gute Aus- bildung des Labyrinthes im Ohre. 2. Nervensvstem und Sinnesorgane. Das Rückenmark hat seine Nervensystem. Embryonen des 1. und 2. Monates nur diese sich messen lässt und auch im 3. und 4. Monate die Beine nicht leicht gestreckt werden können. Ich habe übrigens auch die Gesamtlängen nach Ecker (Arch. f. Anthr., Bd. 3) und Hecker (Monatsschr. f. Ge- burtsk., Bd. 27) beigegeben. Die Gewichte sind nach Hecker (Mittelzahleu der Ge- wichte frischer Fötus) und eigenen Beobachtungen (Bestimmungen an Spiritusprä- paraten) niitgetheilt, und erklären sich die bedeutenden unterschiede der beiderlei Bestimmungen zum Teil aus den Verschiedenheiten des Beobachtungsmateriales (Embryonen nehmen in Spiritus, je nach der Stärke desselben, um 3 — 50/o im Mittel, 1 — 140/q in den Extremen ab) , zum Teil aus den abweichenden Schätzungen des Al- ters. In dieser Beziehung fehlen übrigens genaue, auf sicheres statistisches Material gegründete Angaben ganz und gar. Die besten Kriterien sind gewisse Entwickelungs- zustände, wie das erste Hervorsprossen der Haare, die Bedeckung des ganzen Körpers mit Wolliiaaren u. s. w., die bei den einzelnen Monaten nach sorgfältiger Prüfung zu Grunde gelegt wurden. Man vergl. auch Toldt in Prag. med. Woch., 1879. \ 52 Entwickelung der Leibesform. Spitze im 3, Lendenwirbel, und reicht auch der Sack der Dura im Kreuzbeine bis zum 4. Wirbel. Das Gehirn ist so entwickeU, dass dasselbe alle Hauptwinrlungen und auch viele Nebenwindungen zeigt und schwer zu sagen ist, inwieweit dasselbe etwa noch von dem des Erwachsenen verschieden ist. Die Hirnhöhlen sind relativ weit, die Adergeflechle groß. Gewicht des Gehirns 3 85 grm. Auge. Das Auge ist beim Neugeborenen relativ groß und beträgt dem Gewichte nach etwa ^/:^ — Y4 desjenigen des Erwachsenen. Die Sclera ist dünn, die Hornhaut dicker als beim Erwachsenen, die Aderhaut sehr dünn und ohne Lamina fusca. In der Pupille können Reste der Membrana pupillaris vor- kommen. An der Netzhaut fehlt der gelbe Fleck. Die Linse besitzt gewölbtere Flächen als später, der Linsenstern ist dreistralilig. Vom Geru chs Organ e erwähne ich nur die Enge der Nasenhöhle und vor allem ihren geringen vertikalen Durchmesser , ferner die deutliche Aus- prägung des Organon Jacobsonii und des Canalis nasopalatimis. Beim Gehörorgane verdient die Kürze des Gehörganges und die fast horizontale Stellung des Trommelfelles Beachtung, ferner die Enge der Höhlen im mittleren Ohre, die erst nach der Geburt durch Schwinden der Gallert- schicht der Mucosa sich erweitern. Das knöcherne Labyrinth und die Ossicula auditus sind der Größe nach vollkommen ausgebildet. Die Haut des Neugeborenen ist meist von einer dicken Lage Vernix caseosa bedeckt und röter als später. Die Komedonen und Milium ähnlichen Bildungen im Gesichte sind noch vorhanden. Von Hautorganen erwähne ich nur die Milchdrüsen beider Geschlechter, die bei allen größeren Neuge- borenen von 3,5 — 4,0 Kilo und darüber als heller oder dunkler rote Organe scharf gegen das umliegende Gewebe sich abgrenzen. Die Warze ist entweder noch nicht gebildet oder nur sehr schwach angedeutet und die spätere Areola ungefärbt. Die Nägel, besonders der Finger, haben einen mehr oder weniger langen freien Rand, der, wenn gut ausgebildet, dem Nagel des 6. Monates entspricht und später sich abstößt. 3. Muskelsystem. Ich hebe hier Aor allem die noch unvollkommene Ausbildung der vorderen Bauchwand hervor, indem die Recti über dem Nabel \ — 2 cm und mehr voneinander abstehen. Als fernere Eigentümlichkeiten, die jedoch durchaus nicht immer zutreffen, werden angegeben: die Stärke der Inscriptiones der Recti ahdominis , der Mangel einer Zwischensehne am Omo-hyoideus, die relative Größe der Pyramidales. Die Ossa sesamoidea sind angelegt, aber noch knorpelig. Darmkanai. 4. Darmsystem. a. Darmkanal. Die Lippen zeigen eine scharfe Grenzlinie zwischen der Schleimhaut und der äußeren Haut und am Saume der ersteren mehrere Reihen hervorragender Papillen, die am Mundwinkel am dichtesten stehen (Klein), Verhältnisse, die schon bei älteren Embryonen sichtbar sind. Am Zahnfleische finden sich in der Gegend der späteren Eckzähne eigentümliche platte, dreieckige, jedoch nicht immer gut entwickelte Fortsätze der J/ucosa (Robin und Magitot) , die vielleicht beim Saugen mit- helfen und um den 3. — 4. Monat undeutlich werden. Die Kiefer enthalten alle 20 Milchzähne und den ersten großen bleibenden Backzahn in Ossifikation begriffen. Von den bleibenden Zähnen sind die Säckchen der Schneide- zähne und Eckzähne meist beim Neugeborenen zu erkennen, die andern nicht, Reifer Fötus und Neugeborener. 153 mit welchem Ausspruche über das erste Auftreten der Anlagen dieser Säck- chen nichts ausgesagt sein soll. Die Zunge zeigt die PapiUae circumvallatac auffallend deutlich und lässt häufig auch die Papilla foiiata als ein gut abgegrenztes Gebilde erkennen. Die Papulae filiformes sind klein, die fungiformes gut ausgebildet und besonders an der Zungenspitze mächtig entwickelt. Am Rande der Zunge erscheinen die späteren Querleisten als zierliche Reihen kleiner Papillen, die noch auf die untere Fläche übergehen und dann scharf sich abgrenzen. Am Boden der Mundhöhle ist der Kamm, der die Ausmündungen der kleineren Speicheldrüsen trägt [Crista salivalis inferior mihi), ungemein entwickelt, weniger derjenige der Zungendrüse an der Zunge [Crista salivalis superior] . Die Glandulae sublin- guales bedingen einen starken Wulst am Boden der Mundhöhle. Am harten Gaumen finden sich am vorderen Teile gut entwickelte Ouerfalten und eine deutliche Gaumenpapille (Gegenbaur). Im Pharynx erscheinen die Tonsillen meist in Form senkrecht stehender Taschen mit zahlreichen Öffnungen in der Tiefe, die von vorn her wie durch eine Falte teilweise bedeckt werden. Der weiche Gaumen steht mehr hori- zontal, und zeigt die Zäpfchenspitze meist noch eine deutliche Spaltung. Die Tubenmündung ist mehr spaltenförmig und etwas tiefer gelegen als der Boden der Nasenhöhle (Kuxkel). Das Schlundkopfgewölbe ist wenig gewölbt und die Recessus pharyngis kaum angedeutet, dagegen die Tonsilla pharyngca in Gestalt einer Gruppe sagittal stehender, bogenförmig gekrümmter Spalten und die Balg- drüsen der Zungenwurzel gut entwickelt. Am Magen fällt die geringe Entwickelung des Blindsackes auf, die jedoch mannigfach variiert. Der Dünndarm misst beim Neugeborenen 2,93 m, der Dickdarm 0,448 m; Verhältnis 6^2 • ^- D'^ Valvulae Kerkringii sind niedrig. Die Valvula Bauhini ist nichts als das in Form einer kurzen Röhre in den Dick- darm vortretende Ileum. Das Coecum steht hoch, in gewissen Fällen selbst noch im rechten Hypochondrium, ist klein, mehr kegelförmig und geht unmittel- bar in den langen Wurmfortsatz über, an dem die Klappe fehlt. Dickdarm im oberen Teile häufig nicht viel weiter als der Dünndarm, im unteren Ab- schnitte durch Meconium ausgedehnt. Haustra und Taeniae von außen sicht- bar. Innen fehlen gut ausgebildete Valvulae sigmoideae, dagegen finden sich viele zum Teil netzförmig verbundene Längsfalten. Mastdarm weit, meist mit zwei oder drei gut ausgesprochenen, je den halben Umfang des Darmes einnehmenden Ringfalten in 3 — i cm Entfernung vom Anus und einer Ver- dickung der Ringmuskulatur an dieser Stelle. Unterhalb dieser Falten findet man oft vier stärkere und vier schwächere Längsfalten, die in die schon deut- lichen Columnae Morgagnii auslaufen. Das Bauchfell zeigt den Netzbeutel weit olfen, und lässt sich das Omen- Peritonaeitm. tum majus in seiner ganzen Ausdehnung nach unten und bis in seine äußersten Ränder, das Ligamentum plcurocolicum und das Omentum colicum Halleri auf- blasen. Das erstgenannte Ligament ies gesehen haben wollen, ebenso Bischoff wenigstens in Andeutung, oder ein Ei mit zwei Keimbläschen, wie ich sie beim Menschen gesehen (Gewebel., .5. Aufl., Fig. 400 ö). Aus solchen Eiern könnten möglicherweise zwei Keimblasen und zwei Chorion innerhalb einer Zojia pellucida entstehen und müsste dann noch eine Verschmelzung der beiden Chorion angenommen werden. Noch zusagender aber scheint mir die Vor- stellung, dass in diesen Fällen die Entwickelung mit zwei Fruchthöfen in einer gewissen Entfernung voneinander auf einer Keimblase begann. Dies gäbe zwei Amnion, aber nur eine seröse Hülle, und würde dann notwendig eine Verschmelzung der beiden AUantois und ihrer Gefäße bei ihrer Ausbreitung innen an der serösen Hülle eintreten müssen. Der Dottersack müsste einfach sein mit zwei Dottergängen. Solche Eier mit einem Dottersacke, zwei Dotter- gängen, zwei Amnion und zwei AUantois haben ich beim Hühnchen und Dr. M. Braun bei Eidechsen gesehen (Braun in Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXVII), und Panum beschreibt wenigstens getrennte Fruchthöfe auf einem Dotter. 4. Wie bei 3, nur ist auch das Amnion einfach. Ein sehr seltener Fall, der nur eine Keimblase mit zwei getrennten Em- bryonen auf einem Fruchthofe als Ausgangspunkt gehabt haben kann, wie sie C. ¥. Wolff {Ovum simplex gemelliferum in Novi Coniment. Ac. Petro- poL, Tom. XIV, 4770) und Allen Thomson {Edinb. Monthly medical Journ. ■1844) vom Hühnchen beschrieben haben, und den nächsten Übergang zu den Doppelmissbildungen darstellt. Bei Drillingen hat man den Fall 3 mit einem Chorion gesehen, aber Dniungs- 1 . / > ™ /»T \ w . schwaiiger- auch getrennte Chorion (Nr. 2), ja selbst getrennte Reflexen (Nr. 1 j. In einem schaftea. Falle war ein Ei selbständig, die andern beiden nach dem Typus 3 vereinigt. Von Fünflingen ist ein Fall bekannt, in dem 3 Embryonen eine Placenta 180 Entwickelung der Leibesform. i;nd ein Amnion hatten und die andern zwei sich ebenso verhielten {Bihlioth. Med., XIX, 374). § 20. Entwickelung der menschlichen Eihüllen. der mensch-^' Nachdem die Eihäute des Menschen aus der Mitte der Sehwanger- iichen Eihüllen. gßtjgft ujjfj ^yg späterer Zeit geschildert worden sind, wenden wir uns zur Frage nach ihrer Entstehung. Das Chorion ist bei allen Säugetieren aus zwei Bestandteilen zu- sammengesetzt, und zwar 1) aus einer Epithelialschicht nach außen, welche auch die Zotten überzieht, und 2) aus einer Bindegewebsschicht mit Gefäßen nach innen. Die Epithelialschicht ist, wie alle bisher ange- stellten Beobachtungen unzweifelhaft darthun, nichts anderes als die seröse Hülle, deren Entwickelung mit der Bildung des Amnion in nahem Zusammenhange steht (s. die farbige Tafel). Die Bindegewebsschicht des Chorion stammt bei den meisten Tieren von der Allantois, es kann jedoch, wie bei den Nagern, auch der Dottersack Gefäße an die äußere Eihülle abgeben und sich so an der Bildung des Choriou beteiligen. Es ist nun die Frage, wie die Verhältnisse in dieser Beziehung beim Menschen sich gestalten, ob wir berechtigt sind, die bei Tieren geltenden Gesetze auch auf denselben überzutragen, oder ob wir für ihn besondere spe^ zifische Verhältnisse anzunehmen haben. Vor allem ist zu betonen, dass unsere Kenntnisse über die ersten Zustände menschlicher befruchteter Eier äußerst mangelhaft sind und dass sich daher über das erste Auf- treten des Chorion nichts ganz Bestimmtes sagen lässt. Während man bis vor kurzem annehmen durfte, dass Zotten auf dem menschlichen Eie erst auftreten, nachdem das Amnion gebildet ist, und auch die zwei Fälle von Thomsox (Fig. 112, 114) einer solchen Deutung nicht gerade entgegen wai'en , sind wir in dieser Beziehung durch den oben be- schriebenen Fall von Beichert (Fig. 110, 111) wieder in Zweifel geraten, die flu* einmal sich nicht lösen lassen. Doch lässt sich immerhin so viel sagen, dass, wenn das Ei von Reichert ein normales gewesen sein sollte, dannzumal eine Bildung der Zotten auf dem Ektoderm der Keimblase anzunehmen wäre, noch bevor dasselbe in Amnion und seröse Hülle sich gesondert hat und bevor der Embryo angelegt ist. Ist dem Gesagten zufolge wenigstens so viel mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Epithelschicht des Chorion von dem Ektoderm der Keimblase abstammt, so lässt sich auf der andern Seite mit Sicherheit festsetzen, dass die innere Lage des Chorion einer Umbildung der Allan- Entwickelung der menschlichen Eihüllen. 181 tois ihren Ursprung verdankt, denn es ist dieselbe, wie Coste zuerst be- wiesen hat, in frühester Zeit (im 1. und im Anfange des 2. Monates) in ihrem ganzen Umkreise gefäßhaltig und wird von den Nabelgefäßen versorgt. Fragen wir nun, in welcher Weise sich die Allantois an der Bildung der erwähnten gefäßhaltigen Schicht des Chorion beteiligt, so ergibt sich nach meinen Erfahrungen und Anschauungen folgendes als das Wahrscheinlichste. Die Allantois bildet beim Menschen keine größere Blase und besteht überhaupt als freies Gebilde nur kurze Zeit. Schon in der zweiten Woche legt sich dieselbe an die seröse Hülle an und wuchert hierauf ohne Beteiligung ihres Epithelialrohres mit ihrer Binde- gewebsschicht und den Blutgefäßen rasch an der ganzen inneren Ober- fläche der serösen Hülle weiter und bildet mit derselben zusammen das Chorion. Ist dies geschehen, so erhält sich das Epithelialrohr der Allan- tois in dem außerhalb des Embryo gelegenen Teile derselben noch eine Zeitlang, verschwindet dann später, ohne eine weitere Bedeutung zu erlangen, und ist alles, was von der ursprünglichen Blase übrig bleibt, die Harnblase mit dem bis zum Nabel sich erhaltenden Urachus, von denen später die Rede sein wird. Dieser Auffassung zufolge würde so- mit beim Menschen die Allantois als Blase an der Bildung des Chorion keinen Anteil nehmen und als solche nur eine vorübergehende Existenz haben, dagegen ihre bindegewebige äußere Haut mit den Nabelgefäßen mächtig sich entwickeln, an der Innenfläche der serösen Hülle herum wuchern und so das eigentliche bindegewebige Chorion darstellen, von welchem aus dann in zweiter Linie, wie sich von selbst versteht, später Wucherungen in die hohlen Zotten sich hineinbildeU; durch welche das Chorion erst ganz zur Vollendung kommt. Diese meine Darstellung der Verhältnisse der menschlichen Allan- tois steht, wie wir oben schon andeuteten, nicht im Einklänge mit den neuen Annahmen von His, denen zufolge hier niemals eine freie Allantois vorkommt, vielmehr der Embryo vom ersten Anfange an mit der serösen Hülle oder dem Chorion durch einen Stiel verbunden ist (Bauchstiel. His) , der später die Allantoisgefäße trägt und auch das Epithelialrohr der- selben enthält. Da diese Hypothese von His nicht auf eine zusanmien- hängende Reihe von Beobachtungen sich stützt, da ferner die Erfahrungen von TeoMsox, auf welchen dieselbe wesentlich fußt, eine verschiedene Deutung zulassen (siehe oben), endlich die bisher bekannten Verhältnisse der Säugetiere in einem andern Sinne sprechen, so wird es gestattet sein, vorläufig an einer Darstellung festzuhalten , die weniger Ab- weichungen voraussetzt. Und da eine figürliche Darstellung inuner ein- dringlicher wirkt als Worte, so stelle ich dem Schema von His (1. c. I, 182 Entwickelung der Leibesform. m z Fig. I26A. 171) ein anderes entgegen. In Fig. 126.4 ist alles, was den Embryo, die Amnionfalten und die Wand des Doltersackes betrifft bis zu den Buchstaben a, a, a' natur- " -n^ getreue Kopie eines Kanin- chenembryo von neun Ta- gen und drei Stunden, mit einziger Ausnahme der durch Striche angedeute- ten Zotten des äußeren Blattes der Amnionfalten und des Ektoderms der Keimblase. Von et! bis a" wurde der distale T.eil der Keimblase ergänzt und auch hier dem Ektoderm schematisch Zotten gege- ben. Die Allantoisanlage liegt am hinteren Ende des Embryo in einem Spal- tungsraume des mittleren Keimblattes. Nehmen wir nun an, dieselbe wachse in diesem Zustande eines dicken Wulstes meso- dermatischen gefäßreichen Gewebes mit engem, kurzem Epithelial röhre rasch an die seröse Htille heran, ohne vorher eine größere Epithelblase in sich zu entwickeln, so erhalten wir den Zustand der Fig. 126 5, in der der Embryo durch einen kurzen Allantoisstrang oder Bauchstiel mit der serösen Hülle verbunden ist. Und nehmen wir außerdem an, es sei um diese Zeit das Amnion zu , die seröse Hülle gebildet und der Dottersack ent- wickelt, so steht nichts der Annahme im Wege, dass nun auch die Allantoisgefäße samt dem sie begleitenden Bindegewebe an der ganzen Innenseite der serösen Hülle und des Ektoderms herum wuchern und auch in die hohlen epithelialen Zotten derselben sich hineinbilden, um so das bleibende Chorion zu erzeugen. Bei dieser Darstellung sind wir von der Annahme ausgegangen, Fig. 126A. HalbsclietDatische Figur zur Darstellung der Bildung des AUantois- stranges. Das Mesoderm ist schwarz, das Entoderm gefächelt, das Ektoderm punk- tiert dargestellt. Der Embryo ist eine treue Kopie eines sagittal durchschnittenen Ka- ninchenembryo zur Zeit der Allantoisbildung. ks Kopfscheide des Amnion, in ihrem äußeren Blatte aus allen drei Keimblättern gebildet, im inneren nur aus Ektoderm und Entoderm ; ss Schwanzscheide des Amnion, aus Mesoderm und Ektoderm bestehend ; A-6 dreiblätteriger Teil der Keimblase ; kh' zweiblätleriger Teil derselben; s Zotten des Ektoderms. Entwickelung der menschlichen Bihüllen. 183 sh Fig. 126B. dass die Keimblase des Menschen im wesentlichen wie beim Hühnchen und den Säugern sich entwickele. Nun wäre aber zu bemerken, dass nach der Vermutung von His der Dottersack des Menschen aus einer soliden Zellen- wucherung des Entoderms hervorgeht. Thatsaehen , die für eine so abweichende Ent- stehung dieses Organes spre- chen , werden keine ange- führt, und so finde ich, ange- sichts des Embryo von Thom- son Fig. 112, dessen Dotter- sack nicht viel kleiner war als die seröse Hülle, und in betracht der Verhältnisse der Säuger keinen Grund, von der gäng und gäben Annahme abzugehen, dass auch beim Menschen der Saccus vüellinus primitiv' als Blase auftritt und dieselben Verhältnisse zum Mesoderm und Entoderm zeigt wie bei Säugern. Die späteren Schicksale des Chorion sind größtenteils geschildert und habe ich nur weniges noch beizufügen. Haben sich einmal in der dritten und vierten V^oche die Umbilikalgefäße im ganzen Chorion samt dem sie tragenden Bindegewebe in die hohlen Zotten der serösen Hülle hineingebildet, so wächst das Chorion eine Zeitlang in allen seinen Tei- len gleichmäßig fort , bis gegen das Ende des zweiten Monates. Dann erst und im dritten Monate beginnt die fötale Placenta sich zu bilden, indem an der Stelle, mit welcher das Ei der Uteruswand anliegt, die Zotten immer weiter wuchern, während dieselben an den übrigen Stel- len im Wachstume zurückbleiben und ihre Gefäße atrophisch werden. So bildet sich nach und nach der Unterschied zwischen einem zotten- reichen und zottenarmen, zwischen dem gefäßhaltigen und gefäßlosen Teile des Chorion aus. Von dem Nabe Istrange habe ich noch zu bemerken, dass seine Fig. I26B. Ganz schematische Figur, die Bildung des Allantoisstranges bei etwas stärlierer Vergrößerung als in Fig. A darstellend, e Embryo ; am Amnion ; sh seröse Hülle, deren Mesodermlage zum Teil von der Hautplalte, zum Teil, wie bei sh', von der Allantois [aU) herrührt; ed Eingang in den Enddarm und die Allantoisblase ; ds Dottersack; s Zotten der serösen Hülle, in die bei z' das Allantoismesoderm bereits eingewachsen ist. 184 Entwickelung der Leibesform. Biudegewebsschicht oder die WHARToxsche Sülze offenbar zum größten Teile von der Allantois abstammt , einem geringen Teile nach mag die- selbe auch von dem Bindegewebe herrühren , das dem Dottergange und den Dottersackgefaßen angehört. Der von der Allantois herstammende Teil oder der Allantoisstrang (Bauchstiel, His) und der Stiel des Dolter- sackes sind in sehr frühen Zeiten als besondere Gebilde deutlich zu unterscheiden, und liegt letzterer Teil wie in einer Furche des ersteren, später aber umwächst der zur Allantois gehörige Teil vollständig den Dottergang und seine Annexa, und bildet sich so unter Mitbeteiligung der immer enger werdenden Nabelstrangscheide des Amnion ein ein- facher cylindrischer Strang, an dem man keine Spur der ursprünglichen Verhältnisse mehr erkennt. rlütterliche Ei- liiillen. Fig. -127. Ich wende mich nun zur Eutwickelungsgeschichte der müt- terlichen Eihüllen und erwähne zunächst die wichtige Thatsache, Fig. 127. Schwangerer Uterus von etwa 40 Tagen, um die Hälfte verkleinert. Nach CosTE. Der Uterus ist von vorn geöfTnet und sieht man an seiner hinteren Wand und am Grunde die das Ei umschließende Reflexa und an der Seite derselben eine Tubamündung. Die Reflexa ist mit Gefäßen besät, die mit denen der "Vera zusam- menhängen, mit Ausnahme einer Stelle, an der wie eine Narbe sich findet. Entwickeluns der menschlichen Eihüllen. 185 dass die Decidua reflexu bei jüngeren Eiern Gefäße enthält und Dedduareflexa. zwar um so mehr, je jünger dieselbe ist, mit einziger Ausnahme einer narbenähnlichen Stelle in der Mitte. Außer diesen Gefäßen, die man im zweiten Monate deutlich erkennt, zeigt die Reflexa ebenfalls mit Aus- schluß ihrer Mitte in frühen Stadion fast überall D r ü s e n m ü n d u n g e n oder jene Löcher, die schon früher von der Decidua rem beschrieben wurden. Über die Entstehung dieser Haut hatte man früher ganz unrichtige Vorstellungen, weil man von der falschen Ansicht ausging, dass die Öff- nungen der Tuben durch die als Exsudat aufgefaßte Decidua vera ver- schlossen seien. Von dieser Voraussetzung ausgehend behauptete man, das Ei schiebe, wenn es aus dem Eileiter in den Uterus gelange, diese Membran vor sich her, stülpe sie ein und dehne sie dann durch sein Fig. \ 28. Der Uterus der Fig. 127 mit geöffnetem Sacke der Reflexa. Vergr. V2™al- Nach CosTE. Ein Lappen der Reflexa ist nach unten geschlagen und zeigt derselbe eine grubige innere Oberfläche, in welcher Chorionzotten stecken. Ahnliche und tiefere Gruben zeigte auch die Placentarstelle, nachdem das Ei herausgenommen war. Das Chorion ist durch einen Kreuzschnitt geöffnet, so dass der Embryo mit seinem Amnion, dem Nabelstrang und dem Dottersack zwischen Amnion und Chorion sicht- bar wird. 1§6 Enhvickelung der Leibesform. eigenes Wachstum zu einer besonderen Umhüllung aus, die ihrer Bil- dungsweise halber den Namen Decidua reßexa erhielt. Mit der Erkennt- nis , dass die Decidua vera nichts als die umgewandelte Schleimhaut des Uterus sei, trat auch in der Geschichte der Reflexa ein Wendepunkt ein, und folgt man jetzt allgemein der zuerst von Sharpey aufgestellten Hy}30these. Dieser Forscher nimmt an, dass das Ei, nachdem es in die Höhlung des Uterus eingetreten , sich in eine Falte der gewulsteten Schleimhaut oder der Decidua vera einbette, worauf dann diese über das Ei herüberwuchere und es vollständig einschließe. Die Möglichkeit solcher Vorgänge ist nicht zu leugnen, immerhin soll nicht verschwiegen werden, dass es noch niemand gelungen ist, ein Ei im Momente der Bildung der Reflexa zu sehen, mit andern Worten, eine noch nicht vollkommen geschlossene Reflexa zu beobachten, wenn auch jene früher schon erwähnte nai'benähnliche Stelle auf der Mitte der Reflexa in hohem Maße für die Theorie von Sharpey spricht. Hat sich die Uterusschleimhaut als Reflexa um das Ei zu einem Sacke geschlossen , so findet man anfangs das rings mit Zotten besetzte Ei noch ganz frei und kann man dasselbe noch in der vierten Woche leicht aus seinem Behälter herausnehmen , ja selbst im zweiten Monate ist die Trennung meist ganz leicht; am Ende des zweiten Monates aber bilden sich die Zotten auf der Placentarseite mehr aus, und im dritten Monate wird die Verbindung des Eies mit dem Uterus immer ausge- sprochener. Die innige Vereinigung des Eies und der Uteriuschleimhaut kommt dadurch zustande , dass zuerst die ganze dem Eie zugekehrte Fläche der letzteren, mithin auch die Inneufläche der Reflexa und nicht bloß die Stelle der späteren Placenta uterina grubig wird und ein ma- schiges, bienenwabenähnliches Ansehen annimmt. Diese Gruben ver- schw'inden später an der Reflexa, an dem Teile dagegen, der zum Mutterkuchen sich gestaltet, werden dieselben immer größer, indem die Schleimhaut den Chorionzotten entgegen wuchert und dieselben immer inniger umschließt. Meiner Überzeugung nach darf man es als sicher betrachten, dass die Chorionzotten beim Menschen nicht in Uterindrüsen hineinwuchern. Meinen Erfahrungen zufolge verschwinden nämlich die Drüsenmündungen in der Placenta uterina in der kürzesten Zeit und sind am Ende des ersten Monates zu einer Zeit, wo das Ei noch gar keine Verbindung mit dem Uterus eingegangen ist, nicht mehr nachzuweisen, obschon in der Tiefe dieser Lage noch Drüsenreste sich finden (s. oben) . Der Mensch schließt sich somit an die Geschöpfe an, bei denen die Ute- rinschleimhaut mit ihrer gesamten Oberfläche den Chorionzotten ent- gegenwuchert und dieselben umfasst. Im dritten und vierten Monate ist die Vereinigung schon sehr innig geworden, und geht um diese Zeit das Entwickelung der menschlichen EihüHen. Ig7 Gewebe der Placenta uterina., reichlich wuchernd und weite dünnwandige Blutgefiiße in großer Zahl in sich entwickelnd, weit gegen das Chorion hin und kann selbst die Stämme der Zotten an ihrem Aus- gangspunkte erreichen. Im weiteren Verlaufe hält jedoch das Uteringewebe der Placenta im Wachstum mit den Ghorionzotten nicht gleichen Schritt, und erhalten sich schließlich nur die oben beschriebenen Reste in den Sepia und an der Membrana citorii. Am schwierigsten ist die Beantwortung der Frage, wie es dazu kommt, dass das mütterliche Placentargewebe , das doch unzweifelhaft ursprünglich ein geschlossenes Gefäßsystem mit Kapillaren besitzt, später jene eigentümliche Anordnung darbietet, die oben beschrieben wurde, wonach sowohl Arterien als Venen schließlich in wandungslose Räume zwischen den Zotten auslaufen. Da direkte Beobachtungen in dieser Beziehung bis jetzt keine Auskunft geben, so bleibt nichts anderes übrig, als die Lücke durch eine Hypothese zu ergänzen, und da scheint mir die Vorstellung am meisten für sich zu haben, dass die wuchernden Ghorion- zotten das mütterliche Placentargewebe von allen Seiten anfressen und teilweise zerstören und so eine Eröffnung der Gefäße desselben herbei- führen, die naturgemäß zu einem allmählichen Eindringen des mütter- lichen Blutes in die intervillösen Räume führen muss. Aoch zusagender wäre freilich, wenigstens vom vergleichend anatomischen Gesichtspunkte aus, eine andere Hypothese, und zwar die, dass anfänglich alle Ghorion- zotten von Scheiden mütterlichen Gewebes mit Blutgefäßen umhüllt sind, welche Scheiden sogar einfach als endotheliale Gefäßröhrchen aufgefasst werden könnten, ähnlich den kleinen Venen der Milz. Nähme man dann ferner an, dass an diesen Scheiden später das Endothel verloren geht, so würden aus den zartwandigen mütterlichen Gefäßen einfache Sinus entstehen und die so auffallenden Verhältnisse der Placenta gegeben sein. Da jedoch bis jetzt solche Umhüllungen der Ghorionzotten durch mütterliches Gewebe zu keiner Zeit der Schwangerschaft zur Beobach- tung kamen, so wird diese Hypothese auch keine Ansprüche auf Geltung zu erheben imstande sein, während für die erste Auffassung vor allem der Umstand spricht, dass, wie längst bekannt, ein Hineinwachsen von Ghorionzotten in mütterliche Gefäßkanäle selbst an älteren Placenten noch zu beobachten ist. Zweiter Hauptabschnitt. Ton der Entwickeluiig der Organe und Systeme. I. Eutwickelimg des Kuoclieusystemes. § 21. Das Knoehensystem entwickelt sich aus dem mittleren Keimblatte verhältnismäßig spät, indem die ersten Knochenpunkte nicht vor dem Ende des zweiten und dem Anfange des dritten Fötalmonates erscheinen; dagegen treten gewisse Vorläufer derselben, wie die Chorda dorsalis und die Urwirbel, schon in den allerersten Zeiten der Organbildung auf, und ebenso erscheinen auch zahlreiche knorpelige Gebilde vor der Yerknö- cherung. Alles zusammengenommen lassen sich drei Skelettformen auf- stellen, das häutige, das knorpelige und das knöcherne Skelett, von welchen das erstere das am wenigsten ausgedehnte und am mindesten scharf begrenzte ist. Zum häutigen Skelette zählen die Chorda dorsalis, die häutige Wirbelsäule und der häutige Schädel, zum Knorpelskelette alle ossifizierenden Knorpel und gewisse bleibende und vergängliche Knorpelgebilde, zum knöchernen Skelette endlich alle Knochen und die bekannten Knorpel. § 22. Wirbelsäule, Rippen, Brustbein. er"wirteisL"fe Wie Wir in früheren Paragraphen sahen, geht der Bildung der W i rb el s äul e und desSkelettes überhauptdie Entstehung der Rü ck e n- 'horda dorsalis. gälte odcr der Chorda dorsalis voraus, eines im allgemeinen spindel- förmigen Stranges, welcher, in der Achse des Embryo gelegen, vorn im Kopfe zugespitzt endigt und am hinteren Ende so lange ohne scharfe Ab- grenzung ausgeht; als die erste Anlage der Wirbelsäule noch nicht vollendet ist, und, sobald dies der Fall ist, ebenfalls spitz aufhört. Die Chorda dorsalis besteht ursprünglich aus einem einfachen Zellenstrange, EntWickelung der Wirbel. 189 in zweiler Linie erhalt dieselbe eine strukturlose Scheide, die eigent- liche oder i n n e r e C h 0 r d a s ch e i d e , die nach und nach etwas dicker wird und an einer ausgebildeten Chorda als ein glashelles, dünnes Um- hüllungsgebilde erscheint, während das ganze Organ ebenfalls an Breite zunimmt und auch seine Elemente etwas sich vergrößern und zu poly- gonalen, allem Anscheine nach mit Membranen versehenen Zellen mit hellerem Inhalte sich umgestalten. Die Chorda dorsalis, die als eine Art Knorpelstrang gedeutet werden kann, ist der Vorläufer der Wirbelsäule, und bildet sich diese aus den zu beiden Seiten derselben gelegenen Urwirbeln in einer Weise hervor, die in einem früheren Paragraphen vom Hühnehen ausführlich dargestellt wurde. Es ergab sich, dass die tieferen und an das Rückenmark angrenzenden Teile der Urwirbel oder die eigentlichen Urwirbel in ihrer Haupt- masse zur Umhüllung 'der Chorda und des Rückenmarkes verwendet werden und hierbei alle in eine zusammenhängende Masse verschmel- zen, die den Namen der häutigen Wirbelsäule erhalten hat. An dieser ist \) ein Achsengebilde in Form eines dicken ungegliederten Stranges, der Vorläufer der Wirbelkörpersäule , zu unterscheiden , das ^^"^^slni^"^*^" in seiner ganzen Länge die Chorda dorsalis enthält , und 2) unmittelbar mit demselben zusammenhängende häutige'Ausläufer nach oben, die so- genannte Membrana reuniens superior oder die häutigen Wirbelbo- gen, welche eine vollständige Scheide um das Rückenmark darstellen, die nur da unterbrochen ist , wo in der Gegend der späteren Foramina intervertebralia die großen Spinalganglien ihre Lage haben. Ganz ähn- liche Verhältnisse finden sich auch bei den Säugetieren , und stellt Fig. 249 meiner Entwickelungsgeschichte, 2. Aufl., einen früheren Zu- stand der Wirbelsäule des Kaninchens dar. Nachdem die häutige Wirbelsäule eine kurze Zeit bestanden hat, wandelt sich dieselbe in die knorpelige Wirbelsäule um, in wel- ^"^^'gP^^'^s® ^^'"' eher zum ersten Male die Anlagen der bleibenden Wirbel als besondere Organe auftreten. Diese Umwandlung geschieht so (Fig. 129), dass in dem die Chorda dorsalis umgebenden Achsengebilde von Stelle zu Stelle durch histologische Differenzierung rings um die Chorda herum Knorpel- gewebe auftritt; welches Gewebe dann auch eine Strecke weit in die häutigen Bogen hinein sich entwickelt. So entstehen wie aus einem Gusse geformte zahlreiche Anlagen knorpeliger Wirbelkörper mit dazu gehörenden knorpeligen Wirbelbogen, welche letzteren jedoch anfangs an der Dorsalseite nicht vereinigt sind , sondern das Rückenmark in großer Breite unbedeckt lassen (Fig. 131). Anmerkung. Eine eigentümliche Darstellung der Entwlckelung des knorpeligen Wirbels gibt Fuoriep vom Hühnchen (Arch. v. His u. ßR.\Ui\E, jgQ Entwickelung des Knochensystemes. I 8 83). Die knorpeligen Wirbelbogen entstehen am Ende des fünften Brüttages und verbinden sich unter der Chorda durch durch eine hypochordale Knorpel- spange. An der kaudalen Seite dieser Spange tritt um dieselbe Zeit und, wie es scheint, selbständig der knorpelige Wirbelkörper auf als ein unpaares, unter der Chorda gelegenes Stück. Später verschmilzt der Körper und die hypo- chordale Spange, die sich allmählich zurückbildet, der Körper umwächst die Chorda und vereint sich mit den Bogen. An den knorpeligen Halswirbeln des Menschen fand auch ich besondere Entwickelungsvorgänge, über die an einem andern Orte berichtet werden soll. Der nicht zu den knorpeligen Wirbelanlagen sich umbildende Teil der häutigen Wirbelsäule gestallet sich zu den Ligamenta interverlehraUa und den übrigen Wirbelbändern, doch geht die Umwandlung in diese Teile zum Teil sehr langsam vor sich, und erhält sich z. B. die ur- sprüngliche Membrana reuniens siiperior noch lange Zeit als Verschluss des Wirbelkanales. Beachtung verdient ferner, dass die Zwischenwirbel- bänder anfangs den knorpeligen Wir])elkörpern im Baue sehr nahe stehen und auch später, wenn das Bindegewebe in ihnen schon ent- schiedener auftritt, neben denselben reichliches Knorpelgewebe ent- wickeln, Verhältnisse, die im Hinblicke auf die Wirbelsäulen der niede- ren Wirbeltiere nicht ohne Interesse sind. Beziehungen jÜt, Hiusicht auf die Beziehungen der knorpeligen Wirbel zu den ler Urwirbel zu 'bair) prävertebralen Abschnitt bezeichnen wollen. Um die hierbei statlfindenden Vorgänge richtig würdigen zu können, werfen wir in erster Linie einen Blick auf Fig. 40. In diesem Zeitpunkte ist der Kopf noch fast ganz gerade und besteht sozusagen nur aus dem chordaführenden Abschnitte, der von dem Punkte iiiv' hinter den Ge- hörgruben (/, allwo der Kopf beginnt, bis zu einem Punkte in der Höhe der Buchstaben ect unmittelbar vor dem blinden Ende des Vorder- darmes sich erstreckt , während der choi'dafreie Teil des Schädels nur durch die kurze Gegend dargestellt wird, die in der Höhe der Buchstaben /, /.• liegt. Auch nachdem die Kopfkrümmung begonnen hat, ändert sich dieses Verhältnis anfänglich noch nicht, wie Fig. 109 darthut, in welcher das dem Buchstaben h entsprechende Stück der Schädelbasis den ganzen späteren Spheno-ethmoidalteil darstellt ; doch zeigt diese Figur eine andere wichtige Umgestaltung gegen früher, nämlich die Bildung einer Leiste an der inneren Fläche der Schädelbasis bei ms. welchen soge- nannten mittleren Schädelbalken Rathkes ich als den vorderen Schädelbalken oder die primitive Sa 1 1 eil e hn e bezeichnen will. Während nun der Kopf immer mehr sich krümmt und zugleich der vorderste Teil desselben, entsprechend der mächtigen Vergrößerung des Vorderhirnes und Zwischenhirnes oder der früheren ersten Hirnblase, ansehnlich zunimmt, wächst auch der Spheno-ethmoidalleil rasch und gestaltet sich je länger je mehr zu einem ansehnlichen Abschnitte des Schädels. Ein solches Zwischenstadium zeigt Fig. 133, in welcher alles, was vor dem Buchstaben p gelegen ist, den vergrößerten Spheno- ethmoidalteil darstellt. Zugleich ergibt diese Figur, dass, gleichzeitig mit der Ausdehnung der Schädelbasis nach vorn, auch der vordere Schädelbalken / mächtig sich erhebt , während zugleich noch andere Fortsätze an der inneren Oberfläche des Schädels dazutreten, die die Schädelhöhle in Unterabteilungen für die einzelnen Abschnitte des Ge- hirnes sondern. In diesem Stadium ist nun übrigens der Spheno-ethmoi- dalteil noch sehr dünn und auch mit dem Spheno-occipitalteil der Schädelbasis scheinbar außer aller Verbindung, was daher rührt, dass um diese Zeit eine Ausstülpung der Schlundhöhle (bei ]>] durch die 200 Entwickelung des Knochensystemes. Schädelbassis statthat, welche zur Bildung eines Teiles der Hyjjophysis in Beziehung steht. Doch sind diese Verhältnisse nur von kurzer Dauei", indem die Lücke in der Basis cranii rasch sich schließt und der vor der- selben gelegene Teil bald mächtig sich verdickt und auch, beim Menschen langsamer, bei Tieren rascher, sich verlängert. Fig. 134 zeigt von einem acht Wochen alten menschlichen Embryo den Spheno-ethmoidalteil bereits recht gut entwickelt und in ununterbrochener Ver- bindung mit dem hinleren Teile der Schä- delbasis, an welcher außer dem stark ent- wickelten vorderen Schädelbalken noch ein von mir verjähren schon beschriebener hin- terer Fortsatz (4) sichtbar ist , den ich den hinteren Schädelbalken nenne. Noch deutlicher sind diese Verhältnisse an dem Schädel eines Tieres (Fig. 135), bei welchem nun freilich der Ethmoi- dalteil der Basis deutlich als Schnauze vortritt. Der im Vorigen beschriebene Schädel mit Ausnahme der zwei zu- letzt geschilderten Kranien ist nichts anderes als das sogenannte häutige Primordialkranium, doch ist zu betonen, dass eigentlich nur ein Teil desselben zur Bildung des späteren Schädels verwendet wird. Abgesehen nämlich von einer Schicht, die zu den äußeren Bedeckungen und den Deckknochen des späteren knöchernen Schädels sich gestaltet und jetzt noch nicht deutlich unterscheidbar ist, enthält das häutige Kranium auch die Anlagen aller Hirnhäute in sich, und sind namentlich die an demselben beschriebenen Fortsätze nach innen nichts Fig. 133. Schädel eines vier Wochen alten menschlichen Embryo, senkrecht durchschnitten, von innen und vergrößert dargestellt, a unbestimmt durchschim- merndes Auge; no hohler platter Nervus opticus; v, s, m, h, n Gruben der Schädel- höhle, die das Vorderhirn, Zwischenhirn, Mitlelhirn , Hinterhirn und Nachhirn enthalten; t mittlerer Schädelbalken oder vorderer Teil des Tentorium cerebelli; V seitlicher und hinterer Teil des Tentorium, jetzt noch zwischen Mittelhirn und Zwischenhirn gelegen ; p Ausstülpung der Schlundhöhle, die Rathke zuerst mit der Bildung der Hypophysis in Zusammenhang gebracht hat; o primitives Gehörbläschen mit einem oberen spitzen Anhange durchschimmernd. Fig. -134. Senkrechter Durchschnitt durch den Schädel eines acht Wochen alten menschlichen Embryo in natürlicher Größe. Die Schädelbasis erhebt sich in der Gegend der späteren Sattellehne in einen großen, mittleren, am Ursprünge im Innern knorpeligen, sonst häutigen Fortsatz, welcher der mittlere Schädelbalken Rathkes ist. Von diesem zieht sich bis zu 2 eine Falte der harten Hirnhaut, das Tentorium cereheUi, zu dem auch der häutige Teil des erwähnten Fortsatzes gehört. Die kleine Grube vor dem Tentorium unmittelbar über dem Fortsatze ist für das Mittelhirn Primordialschädel . 201 als vergängliche oder bleibende Teile der Dura und Pia mater. Auch kann man schon in diesem Stadium an vielen Stellen den Anteil der einen und der andern Bildungen ganz deutlich unterscheiden, vor allein an der Schädelbasis, wod\e Meniux vasculosa durch eine kolossale Ent- wickelung sich auszeichnet. Der vordere und der hintere Schädel- balken bestehen in ihrer ganzen Dicke aus einem lockeren gefäß- reichen Gallertgewebe, das später fast ganz Pia mater wird, und ein ähnliches Gewebe zieht sich auch von einem Balken zum andern längs der Schädelbasis hin und er- streckt sich abwärts vom hinteren Balken bei Säugetieren längs der /' / j f i , iiinr-^'m w-^t^^ ganzen hinteren Fläche der Wirbel- säule herab (Fig. 130 5m). In die- Fig. iSö. sem Gallertgewebe der Schädelba- sis verläuft die Arteria basilaris und ihre ÄstC; und hebe ich besonders hervor, dass dieses Gefäß den vorderen Schädelbalken in seiner ganzen Höhe durchläuft und erst an dessen oberem Rande in seine Äste sich teilt. Sieht mau von diesen Teilen ab, die zu den Hirnhäuten und zur äußeren Haut sich gestalten , so bleibt als häutiges Kranium immer (Vierhügel), die größere Grube zwischen 2 und 3 für das Cerebellum. Bei 3 ist eine Falte der Hirnhaut, die zwischen Cerebellum und Medulla oblongata sich ein- senkt, für welche letztere die Grube hinter dieser Falte bei 4 bestimmt ist. In diese erhebt sich noch eine kleine Kante der Basis, die unmittelbar hinter dem Pons liegt und dem hintersten Teil der Schädelbasis entspricht. Der größere Raum der Schädelhöhle vor dem großen Basilarfortsatze wird nochmals durch eine seitliche Hirnhautfalte hei 1 in zwei Räume geschieden, von denen der vordere das große Hirn, der hintere den Sehhügel mit den entsprechenden Basalteilen (Tuber cinereum, Hypophysis etc.) enthält. Der vorderste höhere Teil der Schädelbasis ist das Siebbein und der Na.senteil derselben. — Zur besseren Orientierung vergleiche man die spätere Zeichnung des Gehirnes eines Embryo aus dem 3. Monate. Fig. 135. Kopf eines Schafembryo von 3,6 cm Länge (Kopflänge ■1,46 cm), sagittal in der Medianebene durchschnitten, 3mal vergr. w Unterkiefer ; s Zunge ; s Septum narium; ob Occipitale basUare ; tlio Thalamus opticus; vt Decke des Ventriculus ter- tius; cp Commissura posterior; inh Mittelhirn mit einer zufällig entstandenen Falte; ms der mittlere Schädelbalken v. Rathke (vorderer Schädelbalken, ich); hs hin- terer Schädelbalken; f Falxcerebri; f Schlussplatte des Vorderhirnes; fm in der Verlängerung dieser Linie das Foramen Monroi , von welchem aus eine Rinne rück- wärts und abwärts zum Sehnerven zieht, der hohl ist; t Tentorium cerebelli ; cl Cerebellum; pl Plexus chorioideus ventriculi IV. 202 Enhvickelung des Knochensystemes. noch eine ganz geschlossene Kapsel übrig, die, abgesehen von den Durchtrittsstellen der Nerven und Gefäße, nur an einer Stelle eine vor- übergehende Unterbrechung oder Lücke zeigt, da nämlich, wo der vor- dere Lappen des Hirnanhanges als eine Ausstülpung ^aus der Schlund- höhle sich bildet, welche Gegend der späteren Sella turcica entspricht. Es schließt sich jedoch auch diese Gegend bald wieder, und kann daher nur vorübergehend von einer Unvollständigkeit des häutigen Kranium die Rede sein. Ebensowenig wie diese erste Schädelanlage erhebliche Lücken darbietet, zeigt sie auch auffallende Verschiedenheiten mit Hin- sicht auf die Dicke ihrer einzelnen Gegenden mit Ausnahme dessen, dass der Spheno-occipitalteil der Basis der dickste Teil des Ganzen ist, in welcher Beziehung jedoch auch noch zu bemerken ist, dass im Anfange in keiner Weise sich unterscheiden lässt, wieviel auf Rechnung der Hirnhäute, wieviel auf die eigentliche Anlage des Schädels kommt. Die Verknorpelung des Schädels beginnt beim Menschen im zweiten Monate und führt bald einen bedeutenden Teil des häutigen Kranium in einen festeren Zustand über, während der übrige Teil häutig bleibt (Fig. 136). Zu diesem letzteren gehört das ganze Schädeldach und ein erheblicher Teil der Seitenteile, während die Basis fast ganz knorpelig wird. Genauer bezeichnet ist ganz und gar knorpelig das spätere Hinterhauptsbein , die Pars petrosa und mastoidea des Felsenbeines, das Keilbein mit den großen und kleinen Flügeln, das Siebbein und die äußere Nase, doch verdienen folgende Punkte als von den Verhältnissen der späteren Zeit abweichend besondere Erwähnung. Er- stens ist, gewisse kleine Knorpel am unteren Rande des Septum narium ausgenommen (s. unten), die ganze Knorpelmasse zusammenhängend und wie aus einem Gusse, so dass, wenn man von gewissen Teilen der Schä- delbasis absieht, die später noch berührt werden sollen, keinerlei Gren- zen entsprechend den späteren Trennungen der Knochen sich finden und z. B. auch die knorpelige Nase (Septum und Nasenflügelknorpel) mit den Fig. 136. Primordialschädel eines drei Monate alten mensciilichen Embryo von oben, a obere Hälfte der Squama ossis occipüis ; b unlere Hälfte derselben; c knor- pelige Parietalpiatte; d Pars condyloidea ossis occipitis; e Pars basilaris; f Pars pe- trosa mit dem Meatus aiiditorius internus ; g Sattellehne, davor zwei Kerne des hinteren Keilbeinkorpers; h Kerne in den Processus cUnoidei anteriores; i größtenteils knö- cherne Ala magna; k Äla parva; l Crista galli; m Labyrinth des Siebbeines; n knor- pelige Nase ; o Knorpelstreif zwischen der Parietalpiatte und dem Keilbeine ; p Fron- talplatle oder knorpeliger Verbindungsstreif zwischen der Ala parva und den Lamina cribrosa [Commissura orbito-ethmoidea, Decker); q Foramen opticum. Cliondrokranium. 203 entsprechenden Teilen des knorpeligen Siebbeines unmitteibiir verbunden sind und ebenso die Cartikujo petrosa mit der knorpeligen Schädelbasis und den knorpeligen Seitenteilen. Zweitens ist der knorpelige Schädel ausgedehnter als die entsprechenden gleichgenannten knöchernen Teile, in welcher Beziehung besonders auf folgendes aufmerksam zu machen ist. Einmal hängen die Labyrinthe des Siebknorpels mit den Alae par- vae und dem vorderen Keilbeine durch die Frontalplatte Spüxdli ; Orbi- talplatle, Dlrsy; Fig. 136;)], zusammen, so jedoch, dass zwischen bei- den Teilen eine Lücke, das Foramen spheno-frontale (Spöndli), übrig bleibt. Zweitens verbreitert sich die knorpelige Pars mastoklea so weit nach oben in die Parietalgegend hinein, dass füglich von einem Parietal- knorpel oder einer knorpeligen Parietalplatte gesprochen werden kann (Fig. 136 c). Endlich hängt diese Parietalplatte auch lateralwärts von der Cartilago petrosa mit der .I/o magna und dem hinteren Keilbeinkör- per zusammen, so dass auch eine Art rudimentärer knorpeliger Squama temporalis hergestellt wird. Hannover, dem wir eine vorzügliche Arbeit über den menschlichen Primordialschädel verdanken (Primordialbrusken etc., Kopenhagen 1880), sowie zwei schöne Abbildungen desselben (Tab.I, Fig. 2 u. 3) konnte diese Verbindung mit der Ala magna nicht finden. Viel \ vollständiger als beim Menschen sind die knorpeligen Kranien gewisser Säugetiere', wie z, B. des Schweines und der Maus. (Man vgl. m. Entw. 2. Aufl. und die sorgfältige Arbeit von Decker iZeitschr. f. w. Zool.,Bd.38). Die erste Entstehung des knorpeligen Kranium oder Chondrokra- Entstehung des "^ ^ *- _ knorpeligen nium habe ich bei Kaninchenembrvonen genau untersucht. Die Verknor- Primordiai- "-^ kranium. pelung beginnt am 14. und 15. Tage des Fötallebens und ist am 16. Tage der knorpelige Primordialschädel bereits fast ganz angelegt. Das wich- tigste Ergebnis meiner Untersuchungen ist, dass die Knorpelbildung an • der gesamten Schädelbasis und den unteren Seitenteilen des Schädels, sowie ferner im Septum narium und den Seitenteilen der Ethmoidal- und jNasengegend gleichzeitig beginnt und somit das Ghondrokranium auf einmal und wie aus einem Gusse entsteht, genau in derselben ^Yeise, wie auch jeder Wirbel mit einem Teile seines Bogens als ein einheitliches Gebilde sich entwickelt. Als selbständig auftretende Bil- dungen des Ghondrokranium erscheinen der Steigbügel, der Amboß und der Hammer mit dem MECKELSchen Knorpel. Das einmal angelegte knorpelige Primordialkranium wächst nicht nur nach allen Richtungen, sondern ändert auch seine Form, setzt neue Teile an und verliert andere. An der Schädelbasis zeigt sich besonders eine einfache Vergrößerung der einmal angelegten Teile, die im Län- gen- und Höhenwachstume der Nasenscheidewand und in der Vergröße- rung der Cartilago petrosa ihren beredtesten Ausdruck findet. Doch 204 Entwickelung des Knochensystemes. zeigen sich auch hier neue Teile, wie vor allem die Sattellehne, die bei der ersten Verknorpelung kaum augelegt ist. Auffallender sind die Veränderungen der seitlichen Khorpelteile , von denen die Labyrinthe des Siebbeines und die seitlichen iS'asengegenden die weitgehendsten Umbildungen zeigen (Fig. 137). Fi2. 137. Dieselben bestehen in lokalen Wuche- rungen, infolge welcher die Muscheln entstehen und die Nebenhöhlen der Nase. Erstere treten ganz bestimmt als lo- kale , in bestimmten Richtungen vor sich gehende Wucherungen ^ der knorpeligen Seiten- wand der Nase auf, mit denen die Schleimhaut stets gleichen Schritt hält. Von den Neben- höhlen der Nase hat DiRsy zuerst gezeigt, dass dieselben alle in erster Linie als von Knorpel umgebene Ausbuch- tungen der Schleimhaut entstehen und anfangs knöcherner Hüllen ganz entbehren. So stellen die primitiven Sinus sphenoidales anfangs nichts anderes dar als die hintersten Enden der Labyrinthe des Ethmoidalknor- pels und liegen einfach neben dem knorpeligen vorderen Keilbeinkörper, ohne die geringsten Beziehungen zu demselben zu zeigen. In derselben Weise besitzen die Knorpelkapseln des Sinns maxiUaris anfangs keine Berührungspunkte mit dem Oberkiefer u. s. w. Als weitere Beispiele von Umgestaltungen des Chondrokranium hebe ich hervor, dass in der Hinterhaupts- und Parietalgegend der Knor- pel anfangs nicht über die unteren Seitenteile hervorgeht uncl erst später langsam gegen die obere Mittellinie heranwächst, so dass beim Occipi- tale schließlich auch eine Vereinigung der Gelenkteile durch eine Sqiiama carfilaginca und weiter vorn knorpelige Parietalplatten ähnlich wie beim Schweine sich bilden. Diese letztgenannten Vorgänge erschei- nen von besonderem Interesse, weil sie eineÜbereinstimmuns des Schä- Fig. 137. Frontalschnitt durch die Nasenhöhlen eines menschlichen Embryo von fünf Monaten in der Gegend des Antrum Highmori. Zur Seite die Augenhöhlen, unten die Mundhöhle. Vergr. 4mal. cg Crista galli; er Foramina cribrosa; cl seitliche Nasenknorpel ; es Knorpel des Sinus maxiUaris; a Antrum Highmori; cm Coneha me- dia; ei Coneha inferior; ms Maxilla superior ; s Septiim cartUagineum. Ghondrokraniuni. 205 dels mit den Wirbeln in der Entwickelung herstellen, welche letzteren bei der ersten Knorpelanlage auch gleich mit dem Körper einen Teil der Bogen bilden, den Schlussteil dieser jedoch mit den Dornen erst später ansetzen. Es erübrigt nun noch, das Verhalten der Chorda doj'salis in der ^horda^inder Schädelbasis zu schildern. Wir wir schon oben sahen, reicht die Chorda Schädelbasis. niemals bis zum vordersten Schädelende, wie Dursy behauptet, endet vielmehr etwas hinter demselben in einer Gegend, die später, noch vor dem Eintritte der Kopfkrümmung, als dem hintersten Teile des Vorder- hirnes entsprechend zu erkennen ist. Sowie die Kopfkrümmung sich ein- stellt, krümmt sich die Chorda mit dem ganzen Kopfe und endet, das blinde Ende des Vorderdarmes umkreisend, am Ektoderm der Schädel- basis unmittelbar vor der Stelle , wo später die Rachenhaut durch- bricht, und hinter dem Punkte, wo dasselbe Ektoderm die oben schon berührte Hypophysisausstülpung bildet (Fig. 109). Die weitere Ent- wickelung der Chorda in der Schädelbasis ist bei Vögeln und Säugetie- ren etwas verschieden, und erwähne ich hier nur, dass dieselbe bei den letzteren Geschöpfen aus dem Zahn des Drehers in das Ligamentum Suspen- sorium dentis und von hier aus von oben her in den Spheno-occipital- knorpel eintritt. In diesem verläuft sie erst bogenförmig ventralwärts und kann selbst wie beim Kaninchen (ich) und dem Menschen (Froriep) aus dem Knorpel heraus in das Perichondrium treten , um dann zuletzt wieder gegen die Sella turcica aufwärts zu steigen und hier zu enden. Fig. 138. Sagittaler Schnitt durch den hinteren Teil der Schädelbasis eines Schweineembryo von 3,2 cm, 13,3 mal vergr. e Zahn des Epistropheus ; at Atlas; a Anschwellung der Chorda zwischen dem Körper und dem Zahne des Epistropheus; b Anschwellung der Chorda im Lirjam. Suspensorium dentis; c Anschwellung der Chorda im hinteren Teile des Occipitale hasilare ; c' kleine Chordaverbreiterung da- vor; h Hypophysis mit einer Höhle und einigen Läppchen, darunter Gefäßgetlechte; pi Processus infundibuU des Gehirnes; s Sattellehne. 206 Entwickelung des Knochensystemes. Bei einem Embryo von 8 Wochen trat die Chorda aus demPerichondrium unter der Sattellehne ganz steil aufsteigend in den Keilbeinknorpel bis zum dorsalen Viertel desselben, bildete eine Anschwellung und endete mit zwei Ausläufern, von denen der kürzere nach vorn ging, ohne den Sattel zu erreichen , der andere steil abwärts verlief und im Periehon- drium der Schädelbasis des Sattels endete. Beachtung verdient, dass die Schädelchorda später eigentümliche Anschwellungen zeigt, wie in den Intervertel)ralgegenden der Wirbelsäule, und an gewissen Stellen lange sich verhält, wie Fig. 138 dies zum Teil versinnlicht. § 24. Verknöcherung des Schädels. Umbildung des Der knorpelige Primordialschädel, dessen Entwickelung im vorigen Primordialscliä- i ^ <• i i t-it • deis in den biei- Paraeraphen seschildert wurde, wandelt sich in folgender weise in den benden Sclädel. O t ^ ' , . o. i i i bleibenden Schädel um. Erstens geht ein Teil des knorpeligen Schädels un- mittelbar in Knochen über und zwar in derselben Weise wie überall da, wo knorpelig vorgebildete Teile ossifizieren. Bildungen, die ich die pri- mären oder primordialen Knochen heiße, nicht weil sie immer früher als die andern entstehen, sondern weil sie dem primordialen Skelette ihren Ursprung verdanken. Zweitens erhält sich ein Teil des Primordialkranium im Knorpelzuslande und bildet die auch beim Er- wachsenen vorkommenden knorpeligen Teile. Drittens verschwindet ein nicht gerade bedeutender Teil des primordialen Knorpels durch Atrophie. Viertens endlich bilden sieh an der Außenseite des knorpelig häutigen Kranium besondere Deck- oder Belegkn oehen, wie man dieselben nennen kann, die später zum Teil untereinander und mit denjenigen Knochen verschmelzen, welche aus dem Primordialschädel selbst her- vorgehen . Ossifikation des Betrachten wir zunächst die Veränderungen des eigentlichen pri- Choiidro- D «j i kranium. niordialeu Knorpels, so finden wir, dass aus demselben fast das ganze Hinterhauptsbein, das hintere und vordere Keilbein und das Siebbein samt den unteren Muscheln hervorgehen. Dazu kommen dann noch die Pars petrosa und mostoidea des Felsenbeines, deren Entwickelung jedoch erst später beim Gehörorgane vollständig besprochen werden kann. Osoccipitts. Anmerkung. 1, Das Hinterhauptsbein verknöchert im Anfange des 3. Monates und zwar mit einem Knochenpunkte in der Pars basilaris Fig. 139e, je einem in den Partes condyloideae {d) und zwei bald verschmel- zenden in der knorpeligen Squama (a) . Zu diesen Knochenkernen gesellt sich dann noch ein anderes, aus zwei Kernen entstehendes Stück [a], welches außerhalb des Chondrokranium als Deckknochen sich entwickelt und den oberen Verknöchei'ung des Schädels. 207 Teil der Schuppe bildet. Dasselbe verschmilzt später mit dem unteren pri- mordialen Schuppenstückc vollstlhidig, so jedoch, dass eine Fissur rechts und links am Rande der Squama in der Höhe der Protuberantia externa längere Zeit hindurch die Vereinigungsstelle andeutet und meist noch bei Neugeborenen sichtbar ist. Die im Knorpel entstandenen vier Knochenkerne kommen in der zweiten Hälfte des Embryonallebens unter allmählicher Verdrängung des Knorpels einander immer näher, sind jedoch noch bei Neugeborenen durch Fi2. 139. cv: A.V. Fig. UO. dünne Knorpelreste getrennt. Ihre endliche Vereinigung zu einem Knochen beginnt im ersten oder zweiten Jahre zwischen dem Gelenkteile und dem Schuppenteile, allwo dieselbe von außen nach innen (gegen das Foi-. occipitale magnum) fortschreitet. Später erst, im dritten und vierten Jahre, verbinden sich auch, und zwar vom Foramen magnum aus, die Gelenkteile und die Pars basilaris, so dass im 5. oder 6. Jahre alle Teile zu einem Knochen ver- schmolzen sind. 2. Das hintere Keilb ei n , Os sphenoidale posterius, entwickelt sich im 3. Monate a) aus zAvei Knochenkernen in der Gegend des Türkensattels (Fig. 136), welche bald zu einem Kerne verschmelzen (Fig. 139, 1 iO), Fig. i 39. Schädelbasis eines fünf Monate alten Embryo von innen, a obere Hälfte der Squama ossis occipitis ; b untere Hälfte derselben ; c Parietalplatte; d Pars rondy- loidea ossis occipitis; e Pars basilaris; f Pars petrosa mit dem Meatus auditorius inter- nus; k Ala parva mit Kernen in den Processus clinoidei anteriores; i größtenteils knöcherne Ala magna; 0 Knorpelstreifen zwischen der Parietalplatte und dem Keil- beine; d Frontalplatte oder Verbindungsstreifen zwischen der Ala parva und der La- mina cribrosa; q Foramen opticuni; z Kerne des vorderen Keilbeinkörpers; p' Schei- telbein ; f Stirnbein, Fig. UO. Senkrechter Durchschnitt durch den Kopf eines vier Mona'te alten Em- bryo. iV Nasenbein mit P, dem Perioste unter demselben; F Stirnbein; p Scheitel- bein; Sr^ Schuppe des Schläfenbeines; 3/5 Oberkiefer; 3/ «Unterkiefer; TPflugschar; s Kern im hinteren Keilbeinkörper; H Zungenbeinkörper; Th Schildknorpel; Cr Ringknorpel; C T Wirbelkörper mit Kernen; .4 K Wirbelbogen; a obere Hälfte der Sphenoidale Posterius. 208 Entwickelung des Knocliensystemes. b) aus zwei seitlichen Punkten in der Gegend des Sulcus caroticus und der Li- gula, c) zwei Knochenkernen in der Ala magna (Fig. 139, 140 ij , welche auch die Lainina externa processus pterygoidei liefern, endlich d) zwei Ossifi- kationspnnkten an der Stelle der nicht knorpelig vorgebildeten inneren Lamelle der Fliigelfortsätze, welche aus dem Oberkieferfortsatze des ersten Kiemen- bogens hervorzugehen scheinen, wie dies noch später angegeben werden soll. In der zweiten Hälfte des Fötallebens vereinen sich 1 ) die innere Lamelle des FUigfelfortsatzes mit der an der Ala magna sitzenden äußeren Lamelle und 2) der Körper und die seitlichen Kerne. Ebenso verbindet sich noch vor der Geburt das hintere Keilbein mit dem vorderen, so dass bei Neugeborenen nur noch die Alae magnac, an denen die Fliigelfortsätze haften, als gel rennte Stücke sich finden, welche jedoch bereits im Laufe des ersten .Jahres mit dem Reste ver- wachsen. Bemerkenswert ist übrigens, dass bei der Geburt noch der größte Teil der Sattellehne knorpelig ist und dass der Knorpel auch noch über den Clivus bis zur Sijnchondrosis spheno-occipüalis sich hinzieht (Virchow) . Diese Synchondrose erhält sich bei manchen Individuen zeitlebens, in der Regel je- doch vergeht dieselbe vom 13. Jahre an von innen nach außen, so dass bei Vollendung des Wachstumes das Hinterhaupts- und das Keilbein zum Grund- beine synoslosiert sind. 3. Das vordere Keilbein, Os sphenoidale anterius, entsteht ebenfalls im dritten Monate aus zwei Knochenkernen in den Alae parvae nach außen vom Foramen opticum (Fig. 139 s), dazu kommen etwas später zwei Kerne im Körper (Fig. 139), welche vier Kerne nach dem 6. Monate untereinander und vor der Geburt auch mit dem hinteren Keilbeine verschmelzen. Nach ViRcnows Untersuchungen ist jedoch um diese Zeit der intersphenoidale Knor- pel noch keineswegs verschwunden, vielmehr an der unteren Seite noch in erheblichem Grade erhalten und mit dem knorpeligen Rostrum sphenoidale in Verbindung, welches seinerseits ununterbrochen mit dem knorpeligen Septum narium zusammenhängt. Dieser Teil der Synchondrose vergeht auch nur lang- sam, so dass noch im 13. Jahre Reste derselben mitten im Knochen vor- kommen können. Die Cornua sphenoidalia sind keine Teile des Keilbeines, da dieselben als Belegknochen der hintersten Enden des Siebbeinlabyrinthes sich entwickeln, d. h. des Teiles, der die primitiven, von Knorpel umgebenen Keilbeinhöhlen bildet. Dieselben entstehen schon in der Fötalperiode bei Em- bryonen von 8 cm Länge und sind bei solchen von 20 cm schon recht gut ausgebildet, einfach oder doppelt. Zur Zeit der Pubertät verschmelzen die- selben mit dem Keilbeine. Os ethmoidenm. 4. Das sehr zierliche knorpelige Siebbein, dessen Labyrinthe allerdings den knöchernen wenig gleichen, aus umgerollten Knorpellamellen bestehen und auch die untere Muschel in sich begreifen, verknöchert in der Mitte des F'ötallebens zuerst in der Lamina jiapyracea und dann in den Muscheln. Bei der Geburt besteht der Knochen aus den zwei Labyrinthen und den zwei da- von getrennten unteren Muscheln, während der Rest noch knorpelig ist. Im ersten Jahre beginnt die Ossifikation in der Lamina perpendicularis und Crista galli, während die Verknöcherung von den Labyrinthen aus auch auf die La- Squama ossis occipitis ; b untere Hälfte derselben; c Parietalplatte; d Pars condyloidea ossis occipitis ; e Pars hasilaris; darüber die Pars petrosa mit dem Meatus auditorius internus; i größtenteils knöcherne Ala magna. Verknöcherung des Schädels. 209 mina cribrosa fortschreitet. Endlich im 5. und 6. Jahre verschmelzen die drei Stücke untereinander, wobei jedoch zu bemerken ist, dass ein Teil des Knorpels, der unter den Nasenbeinen liegt, durch Resorption verloren geht. Ich füge nun noch einige Bemerkungen über die knorpelig vorgebildeten Teile des Felsenbeines, die Pyramide und den Zitzenteil, bei. Man war früher geneigt, diese Teile als ganz sui generis zu betrachten, es ist jedoch unzweifel- haft, dass dieselben ebenso gut zum Primordialkranium geboren wie das Sieb- bein und die ganze Nasengegend und einfach Anpassungen des Schädels an das Gehörorgan ihren Ursprung verdanken. Bei den höheren Wirbeitieren hängen auch die Cartilagines petrosae et mastoideae mit dem übrigen Chondro- kranium zusammen, wie dies oben schon angegeben wurde. Die Verknöcherung dieser Teile wird später beim Gehörorgane geschildert werden. Was zweitens die Deck- oder Belegknochen des Schadeis an-j^«^^;«^^^^^®^- langl, so gehören zu denselben außer den schon erwähnten inneren La- schadeis. mellen der Processus pterygoidei und den oberen Teilen der Schuppe des Hinterhauptbeines noch die Scheitelbeine, Stirnbeine und Nasenbeine, die Schuppe des Schläfenbeines und der Paukenring, Anmilus tympani- cus, ein kleines Knöchelchen von der Gestalt eines oben offenen Ringes, aus w^elchem der äußere Gehörgang entsteht, endlich die Thränenbeine, das Pflugscharbein und die Zwischenkiefer. Alle diese Deckknocheu gehören, wie neuere Untersuchungen es wahrscheinlich machen, der Haut des Kopfes oder der Schleimhaut des Anfangsdarmes an, auf jeden Fall aber ist ganz sicher, dass nicht eine und dieselbe embryonale Schicht das knorpelig häutige Primordialkranium und die Deckknochen liefert, vielmehr die letzteren aus einem Blatte hervorgehen, welches dem Primordialkranium von außen aufliegt. Keiner von den Deck- oder Be- legknochen ist knorpelig vorgebildet, und findet sich kein knorpeliges Stirnbein oder ein knorpeliges Scheitelbein, wie man z. B. bei jungen Embryonen ein knorpeliges Hinterhauptsbein oder ein knorpeliges Keil- bein wahrnimmt. Die Deckknochen sind aber auch nicht im weichen oder häutigen Zustande präformiert, sondern entwickeln sich von kleinen Anfängen aus in einer weichen, allerdings meist hautartigen, aber mor- phologisch nicht bestimmten, d. h. nicht deutlich begrenzten Grundlage, Die Zeit des ersten Auftretens der Deckknochen fällt im allgemeinen an das Ende des zweiten und den Anfang des dritten Fötalmonates. Die richtige Auffassung dieser Verhältnisse, die Unterscheidung von zweierlei Knochen, einmal von primordialen Knochen, die aus dem Primordial- kranium entstehen, und zweitens von Deck- oder Belegknochen, ist von großer Wichtigkeit, jedoch weniger in histologischer Beziehung, da wir seit H. Müller wissen, dass das echte Knochengewebe auch bei den knorpelig vorgebildeten Knochen nicht unmittelbar aus dem Knorpel- gewebe entsteht, als mit Hinsicht auf die Morphologie, und hat unstreitig K ö 1 1 i k e r , Gruudriis. 2. Aufl. | 4 210 Entwickelung des Knochensyslemes. Jacobson, der zum ersten Male diese Unterscheidung aufstellte (Müll. Arch,, 1844), durch dieselbe ein großes Verdienst sich erworben. Erst seitdem diese Unterscheidung besteht, sind wir zu einer richtigen Deu- tung der Schädelknochen der verschiedenen Wirbeltiere gelangt, erst seit dieser Zeit konnte der Satz ausgesprochen werden, dass alle Schädel- knochen im ganzen Tierreiche in zwei besondere und scharf getrennte Gruppen zerfallen, sowie dass vom morphologischen Gesichtspunkte aus nur Deckknochen mit Deckknochen und primordiale Knochen mit solchen in Vergleichung zu ziehen sind. Von diesem Standpunkte aus sind weder die Funktionen noch die Lagerung der Knochen das Maßgebende, sondern einzig und allein ihre Entwickelung, Wir haben nun noch von denjenigen Teilen des Chondrokranium zu handeln, welche am fertigen Schädel sich erhalten, und von denen, welche schwinden. Zu den ersteren gehören die äußeren Nasenknorpel und der Nasenscheidewandknorpel , von welchem hervorzuheben ist, dass er durch einen langen, vom Vomer umfassten Fortsalz, den von mir so genannten Processus sphenoidalis septi cartilaginei (s, m. Abh, über die JACOBsoNSchen Organe des Menschen in der Festschrift vouRinecker, 1877), mit dem Rostrum sphenoidale verbunden ist , ferner die JACOBsoNschen Knorpel am unteren Rande des Septum cartilagineum (1. c), die, wie mein Sohn gezeigt hat, Ausläufer des Septum sind (Theodob Kölliker, Über das Os intermaxillare des Menschen, Halle 1882, Tab. VII, Fig. 43). Was die Teile des Chondrokranium anlangt, die im Laufe der Ent- wickelung schwinden, so sind es folgende: 1) die Knorpellage unter den Nasenbeinen, 2) die Frontalplatte, Spöndli (Orbitalplatte, Dursy), 3) die Parietalplatte, 4) die Verbindung dieser mit der Ala magna, 5) die Knorpelkapseln der Sinus sphenoidales , maxillares , frontales, 6) Teile der Muscheln vor der Ossifikation derselben , 7) die Cartilago Meckelii zum Teil, 8) ein Teil des zweiten Kiemenbogens, der zum Lig. stylo- hyoideum sich gestaltet. Anmerkung. Wenn auch die weiche erste Schädelanlage oder der häutige Primordialschädel nur in gewissen Fällen Andeutungen von Segmen- tierungen oder Urvvirbeln zeigt, folgt derselbe doch in seinem hinteren spheno- occipitalen oder chordalen Teile dem Wirbeltypus. In ersterer Beziehung sei nur kurz folgendes erwähnt: 1 . Beim Huhn ch en kennt man schon lange Urwirbehi ähnliche Bildungen in der Occipitalgegend hinter der Gehörblase (s. m. Entw. S. 458) und in neuester Zeil hat Froriep in dieser Gegend vier Urwirbel und Muskelplatten beschrieben, die freilich bei der Verknorpelung des Schädels keine getrennten Stücke liefern (Zur Entw. d. Wirbelsäule, im Arch. v. His, undBRAixE, 1 H83'. 2. Auch bei Säugetieren hat Froriep in der Occipitalgegend Andeu- Verknöcherung des Schädels. 211 tungen von dreiUrwirbeln gefunden und schließt hieraus auf eine Zusammen- setzung dieses Schädelteiles aus mindestens drei Wirbeln (Ibid. 1 882, S. 279). 3. Bei Bomb Ina tor igneus zeigt nach GÖtte der Kopf vier deutliche Urwirbel (Segmente/ Götte) . 4. Die Plagiostomen besitzen nach v. Wijhe, der die Entdeckungen von Balfour und Milnes Maushall über Segmente des Kopfes bestätigt und wesentlich erweitert hat (Über die Mesodermsegmente u, d. Entw. d. Nerven d. Selachier- Kopfes, Amsterdam 1882), am Kopfe 9 Paar hohle Urwirbel (Somite), von denen jeder später in eine Muskelplatte (Myotom, v. Wliue) und den an der SchUdelbildung beteiligten eigentlichen Urwirbel (Skierotom, v. Wijhe) zerfällt, welche letzteren aber sofort, lange vor der Yerknorpelung des Schädels, untereinander verschmelzen. An der ventralen Seite stehen die Hohlen der Urwirbel anfangs mit der Eingeweidekavität in den Seilenplatten des Kopfes in olfener Verbindung, welche Kavität später, im Zusammenhange mit der Ent- wickelung der Kiementaschen, in ihren Seitenteilen in einzelne spaltenförmige Räume in den einzelnen Kiemenbogen (Visceralbogenhühlen, v. Wuiie) zerfällt. Zu jedem typisch ausgebildeten Urwirbel des Kopfes gehört eine Visceralbogen- höhle und eine Kiementasche, außerdem zwei Nerven, ein ventraler motorischer und ein dorsaler gemischter. Die ersteren versorgen die Muskeln, die aus den Urwirbeln entstehen, die letzteren haben außer sensiblen Zweigen auch moto- rische zu den Muskeln der Seitenplatten des Kopfes. Das erste Somit ist präoral (in der Oberkiefergegend) gelegen und ent- spricht demselben, wie es scheint, keine YisceralbogenhÖhle und keine Kiemen- spalte. Aus ihm entstehen die Musculi rectus superior, internus, inferior, obliquus inferior. Sein ventraler Nerv ist der Oculomotorius, der dorsale ein Ast des Trigeminus [Ophthalmicus profundus). Das 2. Somit gehört zum Mandibularbogen, bildet den Obliquus superior, hat den liest des Trigeminus als dorsalen und den Trochlearis als ventralen Nerven. Das 3. Somit steht mit dem Hyoidbogen in Verbindung, bildet denRectus externus und hat als Nerven den Abducens und den Acustico-facialis. Das 4. Somit hat ebenfalls den Acustico-facialis zum dorsalen Nerven und Beziehungen zum Hyoidbogen, ermangelt aber eines ventralen Nerven und bildet keine Muskeln. Das 5. Somit steht mit dem ersten Kiemenbogen in Verbindung, bildet keine Muskeln und hat keinen ventralen Nerven. Sein dorsaler Nerv ist der Glossopharij7igeus . Das 6. Somit hat den 2. Kiemenbogen an seiner ventralen Seite und den Vagus als dorsalen Nerven, entbehrt eines ventralen Nerven und scheint keine Muskeln zu bilden. Das 7. und 8. Somit gehören zum 3. und 4. Kiemenbogen, haben den Vagus als dorsalen und den Hypoglossus als ventralen Nerven. Das 9. Somit hat keinen Yisceralbogen und dieselben Nerven wie 7. und 8. Alle diese drei Somite bilden Muskeln des Schultergürtels. Aus diesen sehr wichtigen Beobachtungen geht wenigstens für die Pla- giostomen eine große Übereinstimmung in der Anlage des Kopfes mit dem Rumpfe hervor, wenn auch bei der Schädelbildung selbst, abgesehen vom Visceralskelette, eine Segmentierung nicht nachzuweisen war. Bei den höheren Wirbeltieren enthält der spheno-occipitale Teil des 44* 212 Entwickelung des Knochensystemes. Schädels in seiner ganzen Länge die Rückensaite und entwickelt sich aus einem zu beiden Seiten derselben gelegenen Blasteme, den Urwirbelplatten, das auf dieselbe Keimschicht wie das Blastem der Wirbel zurückzuführen ist. Dieses Blastem umwächst die Chorda, sendet Ausläufer nach oben zur Um- hüllung des zentralen Nervensystemes und Fortsätze nach der andern Seite zur Bildung der Wände der KopfvisceralhÖhle. Bei der Verknorpelung spricht sich am Schädel sowohl in den 3 Paar Visceralbogen als in den rosenkranz- förmigen Verbreiterungen und Verschmälerungen der Chorda und in dem Auf- treten eines waliren Ligamentum intervertebrale in der Schädelbasis eine Metamerenbildung aus, die auf sechs Wirbelabschnitte hinweist, wogegen bei der Verknöcherung dieses Teiles des Schädels nie mehr als zwei Glieder, das Occipitale und Sphenoidale posterius, auftreten. Auf eine größere Zahl von Schädelmetameren, welche, wie wir oben sahen, bei den Vorfahren der höheren Vertebraten unzweifelhaft vorhanden waren, weisen nur gewisse fötale Verhältnisse der Weichteile (zahlreichere Chordaanschwellungen, Kiemen- spalten, Aortenbogen, Einschnürungen der 3. Hirnblase'?), und ist daher anzu- nehmen, dass bei diesen Geschöpfen im Laufe ihrer Stammesentwickelung eine bedeutende Reduktion früherer typischer Bildungen stattgefunden hat. Während der chordale oder vertebrale Abschnitt des Schädels in der auseinandergesetzten Weise noch den Wirbeltypus erkennen lässt, ist bei dem prächordalen oder prävertebralen (Gegenbaur) Teile desselben die Abweichung so groß, dass es nicht mehr möglich ist, in derselben Weise von Wirbeläqui- valenten zu reden wie bei dem hinteren Abschnitte. Ich fasse diesen Schädel- abschnitt, wie MniALKOvics, auf als eine Wucherung des vordersten Abschnittes der primitiven Schädelanlage, welche keinen Teil der Chorda enthält, und be- merke zur Vermeidung von Missverständnissen noch einmal, dass dieser prä- chordale Abschnitt, wenn auch anfänglich noch so klein, doch schon bei der allerersten Anlage des Schädels und vor der Sonderung der Chorda in dem vordersten Teile des von mir so genannten Kopffortsatzes (s. § 6) und später in dem vordersten Abschnitte der Urwirbelplatten gegeben ist. Diese anfäng- lich sehr kleine prächordale Schädelanlage wächst, wie Gegenbaur trell'end schildert , im Zusammenhange mit der großen Entwickelung der vorderen Abschnitte des zentralen Nervensystemes, der Augen und des Geruchsorganes und gestaltet sich so nach und nach zu dem ganzen, vor dem Türkensattel gelegenen Abschnitte des Schädels. Enthält nun auch dieser Schädelteil keine Chorda, so entsteht er doch durch eine Wucherung des Blastems, das die Chorda umgibt, und bildet sich in ähnlicher Weise wie der chordale Schädel aus seiner ersten Anlage hervor, indem auch hier das Blastem von der Basis cranii aus das Vorderhirn umwuchert. Ja selbst beim Verknorpeln und bei der Verknöcherung zeigen sich noch Übereinstimmungen genug, welche keine Schädel deutlicher erkennen lassen als die der Selachier (Gegenbaur), und er- scheint es sicherlich nicht geraten, zwischen den beiden Schädelabschnitten eine zu tiefe Kluft zu ziehen. Ich halte es daher für ganz erlaubt, das Sphenoidale anterius, die Lumina perpendicularis des Siebbeines und das Septum nariuni als das vordere Ende der Wirbelkörpersäule des Schädels anzusehen und die Alae orbitales, die Labyrinthe des Siebbeines und die Nasenflügelknorpel den Alae magnae und Occipitalia lateralia anzureihen, welche Auffassung sowohl für die knorpeligen als die knöchernen Teile zutreffend erscheint. In der bisherigen Betrachtung war mehr nur vom Primordialkranium und Visccralskelett des Kopfes. 213 den aus demselben hervorgehenden Knochen die Rede. Selbstverständlich sollten die eigentümlichen Gestaltungen , die dem Schädel durch das Vor- kommen zahlreicher Deckknochen erwachsen , nicht mit Stillschweigen über- gangen werden ; es würde jedoch der Tendenz dieses Werkes zu weit ab- liegen, wenn auch noch diese Frage ausführlich erörtert werden sollte. Es genüge daher die Bemerkung, dass auch diejenigen, welche in der Annahme von Schädelwirbeln am weitesten gingen, niemals die großen Verschieden- heiten verkannten, welche zwischen dem Schädel und der Wirbelsäule sich finden und vor allem in der Anpassung desselben an das zentrale Nerven- system, die höheren Sinnesorgane und das Visceralskelett des Kopfes be- gründet sind. Bei den Amphibien hatPii. Stüiir die wichtige Entdeckung gemacht, dass im Chondrokranium der Occipitalwirbel ganz selbständig auftritt und erst später mit den vorderen Schädelabschnitten verschmilzt. Er schließt hieraus mit Recht, dass der Schädel im Laufe seiner Entwickelung in der Tierreihe an seinem hintern Ende durch Aufnahme von Wirbeln sich vervollständigte. In demselben Sinne sprechen Angaben von Froriep, denen zufolge der Ht/po- glossus der Säuger mindestens drei Rückenraarksnerven entspricht und in seinem hintersten Abschnitte, der ein Ganglion besitzt, eine große Ähnlichkeit mit einem Spinalnerven besitzt. — Auf die Arbeiten von P. Albrecht über die Entwickelung des Schädels ist hier keine Rücksicht genommen, indem diesel- ben Thatsachen und Hypothesen in einer solchen Weise gemischt enthalten, dass sie vorläufig nicht verwendbar sind. Immerhin sei hervorgehoben, dass zu- fällige oder seltene Bildungen unmöglich zur Grundlage weit gehender Folge- rungen gemacht werden können. Das von Albrecht behauptete Vorkommen der Chorda im Septum narium des Ochsen, wenn auch nur in einem Falle, wird wohl auch vorläufig bezw^eifelt werden dürfen. § 25. Entwickelung des Visceralskelettes des Kopfes. Zur Vervollständisune der Entwickelunesseschichte des Kopfskelettes Äußere Gestalt . *" des Gesichtes. haben wir nun noch von den Gesichtsknochen zu handeln, insoweit die- selben nicht schon beim Schädel zur Besprechung kamen, und führt dies von selbst dazu, auch die äußeren Formen des Gesichtes zu berück- sichtigen, ohne deren Kenntnis ein Verständnis der Gestaltung der Knochen nicht möglich ist. Das Gesicht bildet sich aus zwei paarigen und einem unpaaren Gebilde hervor. Die erstereu sind der erste Kiemen- oder Visceralbogen mit seinem Ober- und Unterkieferfortsatze, die schon aus früheren Schilderungen bekannt sind, das unpaare Gebilde ist der Stirnfort- satz mit den äußeren und inneren Nasenfortsätzen. Um die Verhältnisse dieser verschiedenen Teile und ihre Umbildungen leichter verständlich zu machen, beginne ich mit der Hinweisung auf Fig. 141, die ein Stadium zeigt, in welchem alle genannten Teile vollkommen aus- 214 Entwickelung des Knochensystemes. prägt sind. Bei diesem menschlichen Embryo bildet der Mund, der im geöffneten Zustande dargestellt ist, eine große Querspalte, welche die schon gebildete Zunge [z] erkennen lässt. Begrenzt wird dieselbe nach hinten durch die vereinigten Unterkieferfortsätze des er- sten Kiemenbogens (5), die wie einen pri- mitiven Unterkiefer darstellen , während vor der Mundspalte seitlich die Oberkiefer- fortsätze desselben Kiemenbogens (4) und in der Mitte der Stirnfortsatz mit den Nasen- fortsätzen einen fast zusammenhängenden Oberkieferteil bilden. Der Stirnfortsatz er- scheint als eine kurze und breite Verlänge- rung der Stirn, eine Betrachtung desselben von unten und auf Durchschnitten zeigt jedoch, dass derselbe die Verlängerung nicht bloß des Schädeldaches, sondern auch der Schädelbasis ist und mit einem Worte das vordere Ende des gesamten Schädels dar- stellt. Es sind übrigens an j-e diesem Stirnfortsatze ein mittlerer Teil, der eigent- liche Stirnfortsatz, und zwei seitliche An- hänge, die äußeren Na- senfortsätze, zu unter- scheiden. Der eigentliche Fig. Hi. Fig. U2. ^ Fig. 141. Menschlicher Embryo von 35 Tagen von vorn nach Coste. 3 linker äußerer Nasenfortsalz ; 4 Oberkieferfortsatz des ersten Kiemenbogens; 5 primitiver Unterkiefer; z Zunge; h Pulbus aortae ; b' erster bleibender Aortenbogen, der zur Aorta ascendens wird ; b" zweiter Aortenbogen, der den Arcus aortae gibt; b'" dritter Aortenbogen oder Ductus Botalli; y die beiden Fäden rechts und links von diesem Buchstaben sind die eben sich entwickelnden Lungenarterien ; c' gemeinsamer Venen- sinus des Herzens; c Stamm der Cava superior und Azygos dextra; c" Stamm der Cava sup. und Azygos sinistra; o linkes Herzohr; v rechte, v' linke Kammer; ae Lun- gen ; e Magen ; j Vena omphalo-mesenterica sinistra; s Fortsetzung derselben hinter dem Pylorus, die später Stamm der Pfortader wird; x Dottergang; a Art. omphalo- mesenterica dextra; m WoLFFScher Körper; i Enddarm; n Arteria umbilicalis ; u Vena umbilicalis ; 8 Scliwanz; 9 vordere, 9' hintere Extremität. Die Leber ist entfernt. Fig. 142. Kopf eines seciis Wochen alten menschlichen Embryo von vorn und unten, vergrößert, u Stelle, wo der Unterkiefer sass; o Oberkieferfortsatz des ersten Kiemenbogens; an äußerer Nasenfortsatz; n Nasengrube; st Stirnfortsalz ; jr Aus- stülpung der Racbenschleimhaut (Hypophysistasche). Visceralskelett des Kopfes. 215 Stirnfortsatz ist nichts anderes als eine Fortsetzung der Schädelbasis, welche im Gesicht als Nasenscheidewand erscheint, anfänglich kurz, niedrig und breit (dick) auftritt und erst allmählich in die bekannte typische Form übergeht. Das vorderste Ende dieses Septum nurium erscheint im Gesicht in der späteren Zwischenkiefergegend in Gestalt eines breiten, in der Mitte eingekerbten Yorsprunges (Fig. 142 5^), der seitlich mit zwei Spitzen, den inneren Xasenfortsätzen, die äußere Na- senöffnung und eine zwischen diesem Vorsprunge und den Oberkiefer- forf Sätzen gelegene Furche, die Nasenfurche, begrenzt. Die äußeren Nasenfortsätze [an] sind die Fortsetzungen der Seitenteile des Schädels und entwickeln später in sich die knorpeligen Siebbeinlabyrinthe und das knorpelige Dach samt den Seitenteilen der vorderen Teile der Na- senhöhle. Im Stadium der Fig. 141 und 142 begrenzen die äußeren Nasenfortsätze (seitliche Stirnfortsätze von Reichert) die Nasenlöcher von außen und bilden zugleich mit dem Oberkieferfortsatze eine Furche, die von der Nasenfurche bis zum Auge verläuft und die Thränen- furche heißen mag, weil in der Gegend derselben der Thränenkanal sich entwickelt. Indem ich nun mit Bezug auf die allererste Entwickelung der äußeren Gesichtsform auf die später zu gebende Bildungsgeschichte des Geruchsorganes und des Darmkanales verweise, wende ich mich gleich zur Schilderung der wichtigsten weiteren Veränderungen, durch welche die noch sehr unvollkommene Gestallung der Fig. 141 in die bleibende übergeht. Die äußeren Teile anlangend, so ist das erste, dass Stirn- fortsatz und die Oberkieferfortsätze einerseits, anderseits aber diese letzten Fortsätze und der äußere Nasenfortsatz ganz miteinander ver- schmelzen, wodurch ein vollständiger Oberkieferrand und eine einfache, jedoch noch wenig ausgedehnte Wangengegend entsteht. Ist dies ge- schehen, so entwickelt sich der Rand der Oberkiefergebilde zur Lippe und zum Alveolarrande der Ober- und Zwischenkiefer, während äußer- lich aus dem Stirnfortsatze im weiteren Sinne ganz allmählich die Nase hervorwuchert und aus einer breiten , platten primitiven Gestalt immer mehr in die schlanke typische Form übergeht, in welcher Beziehung auf die naturgetreuen Abbildungen von Erdl und A. Ecker verwiesen wird. Während die ersten der eben erwähnten Veränderungen sich ein- Bildung des leiten, gehen auch mehr in der Tiefe namhafte Umgestaltungen vor sich. Anfangs ist die Mundhöhle eine weite Höhle, an deren Dach ganz vorn die Geruchshöhlen durch zwei kleine Löcher, die ich die inneren Nasen- öffnungen nenne, ausmünden. Bald jedoch und zwar schon vor dem Ende des zweiten Monates beginnt ein Vorgang, durch welchen schliess- lich die einfache Mundhöhle in einen unteren größeren digestiven und 216 Entwickelun" des Knochensvstemes. einen oberen engen respiratorischen Abschnitt gesondert wird. Es wuchern nämlich die Oberkieferfortsütze des ersten Kiemenbogens nicht bloß äußerlich, sondern auch innerlich in Gestalt einer Leiste oder Platte, die ich die Gaumenplatte nannte, anfänglich (Dürsy, Fleischer), in schief absteigender, später in horizontaler Richtung medianwärts, so dass sie eine immer enger werdende Spalte, die Gaumenspalte, zwi- schen sich offen lassen, deren Verhältnisse an Frontalschnitten des Ge- sichtes aus einer späteren Zeit Fig. 143 sehr deutlich zeigt. Von der achten Woche an verschmelzen dann die Gaumenplatten untereinander von vorn nach hinten , so jedoch , dass sie vorn auch mit dem unteren breiten Rande der noch ganz kurzen Nasenscheidewand sich vereinen. In der neunten Woche ist der vordere Teil des Gaumens, der dem späteren harten Gaumen entspricht, schon vollkommen geschlossen, der weiche Gaumen dagegen noch gespalten , doch bildet sich dieser von nun an rasch aus, und zeigen Embryonen der zweiten Hälfte des dritten Monates das Velum gebildet und auch die Uvula im Entstehen begriffen, die übrigens schon vor der Vereinigung der beiden Hälften des Palatum molle als eine kleine Her- vorragung an den hinteren Enden derselben zu er- kennen ist. Wir kommen nun zur Retrachtung der Hartge- bilde des Gesichtes, die einerseits im Zusammen- hange mit dem ersten Kie- menbogen, anderseits, wie dies schon im vorisenPara- Fig. 143. graphen auseinandergesetzt wurde, vom vordersten Ende des eigent- lichen Schädels sich entwickeln. Der erste Kiemenbogen besteht anfänglich aus einer weichen Rildungsmasse, welche, wie wir früher sahen (S. 77), von der Schädel- basis und zwar der Gegend des hinteren Keilbeines aus in die ursprüng- liche Rauchwand hineinwuchert in ähnlicher Weise wie am Rumpfe die Rauch- oder Visceralplatten (s. S. 85). Anfänglich voneinander ge- trennt, verschmelzen später diese beiden Rogen miteinander (Fig. 144) Fig. 143. Senkrechter Schnitt durch den Gesichtsteil eines jungen Ivalbsembryo mit Gaumenspalte, mit Weglassung des Unterkiefers und der Zunge. Ger. Vergr. a knorpelige Nasenscheidewand ; h Gaumenfortsätze des Oberkiefers mit der Gaumen- spalte; c die jungen Schmelzkeime der Backzähne des Oberkiefers; d knorpelige Decke der Nasenhöhle e; /'JAcoBSONSChe Organe samt den sie begrenzenden Knorpeln. Visceralskelett des Kopfes. 21 Fls. 144. Fi2. 145. Fig. 144. Menschlicher Embryo von vier Wochen und 13 mm Länge, vergr. ■1. In der Seitenansicht. Das Nabelbläschen, das einen ganz kurzen Stiel hatte, Va^er Größe des Embryo besaß und auf der linken Seite seine Lage hatte, ist nicht dar- gestellt. 2. Kopf desselben Embryo von unten, a Auge; n Nasengrübchen; o Ober- kieferfortsalz; «Unterkieferfortsatz des ersten Kiemenbogens; b leichte Erhebung, die die Stelle des Labyrinthes andeutet; v rechte Vorkammer; k Kammer; l Leber; 1 vordere, 2 hintere Extremität; s schwanzartiges Leibesende ; m Mundspalte; 2fc zweifer, 3 A; dritter Kiemenbogen ; mv untere Vereinigungshaut, hier als Bekleidung des Herzens erscheinend, das abgeschnitten ist; a in Fig. 2 Aorta ; rMark, etwas verzerrt. Die Gegend zwischen den letztgenannten zwei Teilen in 2 nicht ausge- zeichnet, weil hier eine Nadel zur Fixirung durchgestoßen war. Fig. 145. Kopf und Hals eines menschlichen Embryo aus dem 5. Monate (von circa 18 Wochen) vergrößert. Der Unterkiefer ist etwas gehoben, um den Meckel- schen Knorpel zu zeigen, der zum Hammer führt. Außen an demselben liegt der Nervus mylohyoideus, innen davon der Querschnitt des Pterygoideus internus und des M. mylohyoideus. Das Trommelfell ist entfernt und der Annulus tympanicus sichtbar, der mit seinem breiten vorderen Ende den MECKELSchen Knorpel deckt und dicht hinter sich den Eingang in die Tuba Eustachii zeigt. Außerdem sieht man Amboss und Steigbügel samt dem Promontorium, dahinter die knorpelige Pars mastoidea mit dem Proc. mastoideus und dem langen gebogenen Proc. styloideus, zwischen bei- den das Foramen stylo-mastoideum ; ferner den M. styloglossus, darunter das Lig. stylohyoideum zum Cornu minus ossis hyoidei, deren Cornu majus auch deutlich ist, und den abgeschnittenen M. stylohyoideus. Am Halse sind bloßgelegt der N. hypo- glossus, die Carotis, der Vagus, einige Muskeln und der Kehlkopf zum Teil. 218 Entwickelung des Knochensystemes. und treiben zugleich nahe an ihrem Ausgangspunkte an der Schädel- basis dicht hinter dem Auge den schon mehrfach erwähnten Oberkiefer- fortsatz (Fig. 144 0, Fig. 82 — 87), der im Zusammenhange mit der Bildung der Nasen- und Thränenfurche ein freies vorderes Ende erhält (m. vergl. Fig. 142 und 144). Dieser Bildungsweise zufolge sind Ober- und Unterkieferfortsatz des ersten Kiemenbogens bei ihrer ersten Bil- dung außen vom Ektoderm und innen vom Entoderm des Mundes (das eigentlich noch zum Ektoderm gehört) und demjenigen des Bachens bekleidet, während ihre inneren Teile von einer weichen Mesoderm- lage gebildet werden, die anfänglich als eine ganz zusammenhängende erscheint. Hierauf bildet sich im Unterkieferfortsatze Knorpel, während das obere Ende des ersten Kiemenbogens und sein Oberkieferfortsatz anfänglich noch weich bleiben und erst später Deckknochen entwickeln. So zerfällt dieser Bogen in zwei Hauptteile, von denen der erstere den knorpeligen Amboss und den Hammer samt dem sogenannten Meckel- sehen Knorpel oder Fortsatze, der andere das Gaumenbein und den Ober- kiefer und vielleicht auch die innere Lamelle des Processus pterygoideus liefert. cartiiago Der äußerst wichtigen, vouBeichert gemachten Entdeckung von der Entwickelung der beiden genannten Gehörknöchelchen aus dem Unter- kieferfortsatze des ersten Kiemenbogens ging die Beobachtung eines Knorpelstreifens durch J. F. Meckel voran, welcher bei Embryonen vom Hammer aus an den Unterkiefer sich erstreckt. Fig. 1 45 zeigt diesen MECKELSchen Fortsatz oder Knorpel von einem 41/2 Monate alten mensch- lichen Embryo, Derselbe tritt als ein ziemlich starker cylindrischer Küorpelstrang oben und vorn aus der noch sehr engen Paukenhöhle her- vor, gedeckt von dem verbreiterten Ende des vorderen Schenkels des um diese Zeit noch sehr zai'ten knöchernen Annubis tympcmicus. Median- wärts von der Parotis und der Carotis externa gelegen, wendet sich der- selbe gleich an die innere Seite des Unterkiefers und verläuft hier in einer bei drei- und viermonatlichen Embryonen sehr stark ausgeprägten Furche nach vorn, bis nahe an die vorderen Enden beider Unterkiefer- hälften, wo die beiden Knorpel schließlich bis zur Berührung kommen. In seiner Lage am Kiefer befindet sich der Knorpel hinten zwischen dem Knochen und dem Pterygoideus internus m\i AevaNervus Ungualis an seiner medialen und dem Nervus mylohyoideus an seiner lateralen Seite, wäh- rend der Maxillaris inferior gerade über ihm seine Lage hat. Weiter nach vorn liegt der MECKELSche Knorpel hart am Ansätze des Musculus mylohyoideus, jedoch an der Außenseite des Muskels, so dass er hier nur vom Biventer und der Glandula submaxillaris verdeckt wird und eine verhältnismäßig oberflächliche Lage hat. Ganz vorn endlich tritt der Visceralskelett des Kopfes, 219 Knorpel an die mediale (obere) Seite des Muse, mylohyoideus und be- findet sich mit seinem vordersten Ende unmittelbar unter der Schleim- haut der Mundhöhle, d.h. den Keimen der Schneidezähne. Entfernt man den Paukenring und das Trommelfell , so gewahrt man, dass der Knor- pel ungefähr so wie später der Processus Folianus mit dem Hammer sich verbindet, genauer bezeichnet vom Kopfe desselben abgeht und mit ihm eins ist. Dieser Fortsatz nun, sowie der Hammer und Amboss sind v^'ei- Hammer. ' Amboss. tere Entwickelungen des Unterkieferfortsatzes des ersten Kiemenbogens. Derselbe sondert sich, indem er im Innern knorpelig wird, welche Ver- knorpelung gleichzeitig mit derjenigen der Wirbel (beinj Menschen in der 3. und 4. Woche) vor sich geht, zuerst in zwei Abschnitte, ein klei- neres hinteres und ein größeres vorderes Stück, und dann nimmt das erstere und der hintere Teil des letzteren durch besondere Wachstums- erscheinungen nach und nach die Formen des Ambosses und des Ham- mers an, so jedoch, dass der letztere mit dem vorderen Knorpelstücke verbunden bleibt. Zugleich drängen sich Hammer und Amboss wie in einen Teil der ersten Kiemenspalte (die spätere Paukenhöhle) ein, ohne wirklich in die Höhlung derselben zu gelangen^ und setzen sich mit dem Steigbügel in Verbindung. Die weiteren Schicksale dieser Teile nun sind folgende : Hammer und Amboss, anfangs ganz knorpelig, beginnen im 4. oder 5. Monate zu verknöchern und zeigen hierbei das Eigentümliche, dass sie in erster Linie vom Perioste aus ossifizieren. Im 6. Monate sind beide Knöchelchen scheinbar ganz ausgebildet, doch ist um diese Zeit weder die äußere periostale Knochenlage ringsherum vorhanden, noch auch der innere Knorpel ganz geschwunden. Ja es behält nach neueren Untersuchungen der Hammer auch später noch sowohl an seiner Ober- fläche als im Innern (am Processus brevis und am Manuhrium) Knorpel- reste und verknöchert eigentlich nie vollständig. Der Processus longus scheint ein Deckknochen des Hammers zu sein (m. Entw., S. 486). Der MECKELSche Knorpel ist kein so vergängliches Gebilde, wie viele anzunehmen geneigt sind. Beim Menschen liegen die vorderen Enden dieser Knorpel dicht bei einander in der Gegend der späteren Siitura .maxillaris, sind jedoch in der Regel (ob immer, ist noch zu untersuchen) nicht untereinander verbunden, wie dies bei Säugetieren stets der Fall ist. Auch Hannover fand keine Verbindung und sah die distalen Enden der Knorpel hakenförmig nach dem Kieferrande zu gebogen. Mit der Ent- wickelung des UnterJiiefers halten dieselben noch eine Zeitlang Schritt, verkümmern dann aber vom 6. Monate an in dem größten Teile ihres Verlaufes mit einziger Ausnahme ihres vordersten Endes, welches schon 220 Entwickelung des Knochensystemes. sehr früh (im 3. Monate) sich verbreitert und verknöchernd mit dem vordersten Teile des Unterkiefers verschmilzt und spurlos in demselben aufgeht (m. Entw., Fig. 296). Außerdem erhält sich auch noch ein knorpeliger Rest des fraglichen Orgaues in dem" der Mundhöhle zuge- wendeten Teile der Symphyse bis nach der Geburt, ohne mit dem Unter- kiefer zu verschmelzen, welches Knorpelstüek im [ersten .Tahre bei der Vereinigung der beiden Unterkieferhäiften entweder mit dem Knochen verschmilzt oder vergeht. Aus dem hintersten jEnde des MECKELschen Knorpels, von der Ligula am Foramen alveolare bis zur Fissura petroso- tympanica, gestaltet sich, indem der Knorpel vergeht, das Ligamentum laterale internum maxillae inferioris, das somit mit Recht als ein für das Gelenk unwichtiges Band angesehen wird. Maxiila inferior. j^q (jer Außenseite des MECKELschen Fortsatzes bildet sich der Un- terkiefer, und steht dieser Knochen wesentlich in demselben Verhält- nisse zu ihm wie die Deckknochen am Schädel zum Primordialkranium. Von einem kleinen unscheinbaren Anfange an, der schon in der zweiten Hälfte des zweiten Monates, mithin sehr früh auftritt, gestaltet sich der- selbe bald zu einem länglichen, halb rinnenförmigen, an der Außenseite des MECKELschen Fortsatzes gelegenen Scherbchen und wird schon im Anfange des dritten Monates größer als dieser, während zugleich seine verschiedenen Fortsätze sich zu entwickeln beginnen und der Knochen allmählich rinnenförmig sich gestaltet, wobei er bei gewissen Tieren eine anfangs selbständige mediale Lamelle erhält (Semmer), die jedoch bald mit der Hauptmasse verschmilzt. Der Unterkiefer ist somit nicht knor- pelig angelegt, wohl aber entwickelt derselbe schon sehr früh am hin- teren Ende einen Knorpelansatz, der bald den ganzen Angulus und Kondylus bildet und auch weit ins Innere sich erstreckt (ich. Brock). Maxiiia siipe- ini Oberkicferfortsatzc des ersten Kiemenbogens entwickeln sich die rior. Palatinum. Processus ptery- Flügclbcine [Lamiua medialis processus pterijgoidei) , dieGaumenbeine und der Oberkiefer, die alle einer knorpeligen Anlage ermangeln und die Bedeutung von Belegknochen zu haben scheinen, in welcher Be- ziehung übrigens alle Beachtung verdient, dass zwei dieser Knochen an der medialen Seite des Primordialkranium, einer an seiner lateralen Fläche sieh bildet. Das letzte ist der Fall beim Oberkiefer, der an der Außenseite des Nasenflügelknorpels und unterhalb desselben entsteht, und so die Stelle eines Deckknochens dieses Knorpels vertritt, obschon die Anlage desselben unzweifelhaft auf den Oberkiefersatz des ersten Kiemenbogens führt. Verschieden hiervon liegt das Gaumenbein bei seinem ersten Auftreten an der medialen Seile des seitlichen Nasen- knorpels zwischen diesem und der knorpeligen unteren Muschel, welche Lage jedoch nur für die vorderen Teile dieses Knochens zutrifft. Visceralskelett des Kopfes. 221 indem derselbe weiter hinten an der unteren und Außenseite des Nasen- knorpels seine Lage hat. Eine ähnliche Lage hat auch das Flügelbein an der medialen Seite des knorpeligen Processus pterygoideus [Lamina late- ralis proc. pterygoidei) , und weisen diese Verhältnisse darauf hin, dass die letzten beiden Knochen »Schleimhautknochen« sind. Die genannten Knochen treten alle am Ende des zweiten Monates auf und zwar das Plerygoideum und Palatinum mit einem Kerne. Beim Oberkiefer beschreiben Ältere (Beclard, Meck. Arch., VI) und Neuere (Rambatjd und Renallt) mehrfache Kerne, da dieselben jedoch sehr früh (im 3. — 5. Fötalmonate) verschmelzen, so ist noch genauer zu unter- suchen, ob dieselben wirklich beständig sind. Auch das Wangenbein geht aus dem Oberkieferfortsatze des oseygomau- ersten Kiemenbogens hervor, ebenso wie der Oberkiefer. Seine Ver- knöcherung geschieht nach neueren Erfahrungen mit zwei Kernen. Zur Vervollständigung der gegebenen Schilderung sind nun endlich noch die sogenannten Gesichtsknochen zu erwähnen, die ganz unzwei- felhaft als Belegknochen des vordersten Teiles des Schädels sich ent- wickeln. Es sind dies die Nasenbeine, die Thränenbeine, die Pflugschar und die Zwischenkiefer. Die Nasenbeine und Thränenbeine, die T^^änenteine im Anfange des 3. Monates verknöchern, sind echte Belegknochen des knorpeligen Siebbeines. Die nämliche Stellung hat auch der Vom er Vomer. zur Nasenscheidewand, der im 3. Monate aus zv^^ei Hälften entsteht und lange Zeit hindurch die Form eines zusammengebogenen Plättchens mit einer Rinne an seiner oberen Seite hat. . Was die Zwischenkiefer anlangt, so hat mein Sohn zuerst die- Zwischenkiefer. selben mit Bestimmtheit beim Menschen nachgewiesen als zwei kleine, in der 8. — 9, W^oche auftretende Knöchelchen, die sehr bald mit dem Oberkiefer verschmelzen (1. s. c). Bei der doppelten Hasenscharte mit Wolfsrachen bleibt wegen der mangelnden Vereinigung der Oberkiefer- fortsätze und der inneren Nasenfortsätze die Verbindung der Oberkiefer und Zwischenkiefer aus, und spricht das selbständige Auftreten von Knochenstücken, welche Schneidezähne tragen, in dem von der Nasen- scheidewand getragenen Stummel, wie leicht ersichtlich, entschieden zu gunsten der Annahme einer selbständigen Entstehung des Os inter- muxülare^ welches diesem zufolge am vordersten Ende des Septum narium ungefähr dieselbe Stellung einnehmen würde wie weiter hinten der Vomer. Die Annahme Albrechts, dass jederseits zwei Zwischen- kiefer vorkommen, wird für die Säuger und den Menschen durch die Entwickelungsgeschichte widerlegt (Theodor Kölliker) . Wir wenden uns nun schließlich auch noch zur Besprechung der Zweiter und ^ "-' dritter Kieraen- Umwandlungen des zweiten und der folgenden Kiemenbogen. Nicht bloß i'ogeu. 222 Entwickelung des Knochensystemes. der erste, sondern auch der 2. und 3. Kiemenbogen gehören, wie Fig. 83 lehrt, ursprünglich zum Kopfe. Im weiteren Verlaufe, mit dem Hervortreten des eigentlichen Gesichtes, rücken jedoch die hinteren Kie- menbogen immer mehr an den Hals und hier liegt dann auch der größere Teil der bleibenden Gebilde, die aus diesen Bogen hervorgehen. Knorpel des Der z w c i t c K i c m cu b 0 s cu zeigt, sobald in ihm Skelettsebilde i.Kiemenbogens n r> ^ r- und Reichert- erkennbar w erden, auf jeder Seite einen einzigen langen schlanken Knor- scner Knorpel. ! J n O pelstab , der von der knorpeligen Gehörkapsel vor- und medianwärts vom Zitzenfortsatz unmittelbar hinter der Paukenhöhle und den Gehör- knöchelchen und lateralwärts von denselben und dem Nei^viis facialis ausgeht und bis in die vordere Halsgegend und zum Körper des Zungen- beines sich erstreckt. Dieser REicHERxsche Knorpel, wie ich ihn nennen will, ist mit dem knorpeligen Felsenbeine ohne Spur einer Grenz- linie verschmolzen und eins, dagegen hängen die beiden Knorpel vorn am Halse nie miteinander zusammen, setzen sich vielmehr, wie es scheint, gleich nach ihrem Entstehen sofort mit den Seitenteilen des Zungenbeinkörpers in Verbindung, und hier gliedern sich dann, auch bei Säugetieren, zwei kleinere Stücke auf jeder Seite ab, während das Hauptstück mit dem Schädel verbunden bleibt. Die Annahme Frä- sers, dass der Incus aus dem 2. Kiemenbogen hervorgehe (Phil. Trans., 1882), ist unrichtig und bildet Fräser selbst die von mir beschriebene Ver- bindung des REicHERTSchen Knorpels mit der knorpeligen Gehörkapsel ^zurwfbdnes.'a^^ (PI. 55, Fig. 10, 16; PI. 56, Fig. 19, 21). Verknöchernd bilden dann die genannten drei Stücke das vordere (kleine) Hörn des Zungenbeines, dessen längstes Schädelstück entweder durch Knorpel oder Bandmasse mit dem Petrosum verbunden ist. Beim Menschen sind die Verhält- nisse anfangs dieselben wie bei Säugern, nur gliedern sich keine be- sonderen Stücke vom REiCHERxschen Knorpel ab. Die späteren Schick- fui'ideum ^^^^ dagegen erscheinen insofern andere, als das mittlere Stück eines Proc. styioideus. jQ^Q^■^ Kuorpcls ZU Baudmassc sich gestaltet und das Ligamentum stylo- hyoideum darstellt , während das Schädelstück zum Processus styloideus und das Zungenbeinstück zum Cornu minus verknöchert, doch ist. wie längst bekannt, die Länge dieser drei Teile eine sehr wechselnde, und können unter Umständen der Griffel und das kleine Zungenbeinhorn so entwickelt sein, dass das Zwäschenband äußerst kurz wird oder selbst ganz fehlt. Steigbügel. Auf den zweiten Kiemenbogen hat Reichert seiner Zeit auch den Steigbügel bezogen. Es ist jedoch zu bemerken, dass eineVerbindung desselben mit dem REicuERTSchen Knorpel bis anhin sich nicht hat nach- weisen lassen. Neuere Erfahrungen an einem menschlichen Embryo von 8 Wochen machen mir es wahrscheinlich, daß der Steigbügel aus dem Visceralskelett des Kopfes. 223 ersten Kiemenbogen oder dem MECKELSchen Knorpel entsteht, denn der- selbe hängt mit dem Amboss genau in derselben Weise zusammen wie dieser mit dem Hammer, während seine Verbindung mit der Cartüago peirosa weniger innig ist. Die den Stapes um diese Zeit durchsetzende kleine Arterie, dieSALENSKV bei Säugetierembryonen von 27 cm beschreibt (Morph. Jahrb., Bd. 6) und die Fräser auch bei menschlichen Embryonen sah und von der Carotis interna ableitet, ist nach meinen Beobachtungen bei menschlichen Embryonen von acht Wochen ein Ästchen der Arteria stylomastoidea. Ohne Zweifel ist diese Arteria perforans stapedis — die bei manchen Säugern zeitlebens sich erhält (Otto, Hyrtl) — die Veran- lassung zur Entstehung der Öffnung im Steigbügel. Der Steigbügel des Menschen ist ursprünglich ein plumpes, keulenförmiges Gebilde, das nach und nach seine typische Form gewinnt. Der Steigbügel verknöchert später als die andern Gehörknöchelchen und zwar nach Rathke mit drei > Kernen. — Bei gewissen niederen Wirbeltieren scheint das den Vorhof schließende Knöchelchen nichts als ein von der Gehörkapsel beim Ver- knorpeln desselben sich abgliederndes Stück und somit kein Teil eines Kiemenbogens zu sein. Der dritte Kiemenbogen wird nur in seinen vorderen verei-nritterKiemen- , bogen. nigten Teilen knorpelig und gestaltet sich zum Zungenbeinkörper und zu den großen Hörnern , welche im Knorpelzustande beim Kaninchen anfänglich aus vier besonderen Stücken bestehen. Bei einem Rindsem- bryo von 35 mm bilden diese Teile ein einziges Stück und dasselbe finde ich beim Menschen im 3. Monate. Die Ossifikation des Zungenbei- nes beginnt gegen das Ende des Fötallebens in den großen Hörnern, und entwickelt sich der Knochen mit Inbegriff der kleinen Hörner aus fünf Stücken, die häufig un verschmolzen sich erhalten. Nach Beschreibung der Entwickelung der einzelnen Kopfknochen Wachstum des Spliädels als füge ich noch einige Bemerkungen über das Gesamlwachstum des Ganzes. knöchernen Kopfes bei. Die am meisten in die Augen fallende Erschei- nung ist, wie dies schon früher betont wurde, die, dass der Spheno- occipitalteil des Kopfes zuerst und erst in zweiter Linie auch der Spheno- ethmoidalteil desselben sich ausbildet (Fig. 133, 134). Vom zweiten Monate an entwickelt sich jedoch der vordere Kopfleil rasch, so dass er schon im 4. und 5. Monate eine nicht unbedeutende Länge besitzt und ebenso wie in der zweiten Hälfte des Embryonallebens rascher wächst als der hintere Teil. Sind einmal die Verknöcherungen einge- treten, so gewinnt der Schädel an Länge und Umfang durch Wucherungen der Knorpelreste und Nähte, welche Wucherungen überall selbständig auftreten und am Nasenteile ebenso gut wie an den Synchondrosen der Schädelbasis und an den Nähten des Schädeldaches sich zeigen. Die 224 Entwickelung des Knochensystemes. genaueren (besetze dieses Wachstums zu erörtern ist hier nicht am Platze und sei nur das bemerkt, dass Störungen desselben zu frühzeitigen Synostosen an der Schädelbasis und am Schädeldache führen, welche, je nachdem sie vereinzelt oder in größerer Verbreitung auftreten, ge- ringere oder stärkere Deformitäten bedingen. Schädel und Gehirn haben beide ihr selbständiges und unabhängiges Wachstum, doch bedingen Störungen in der Entwickelung des einen auch Abweichungen des andern Organes, in der Art jedoch, dass fehlerhafte Ausbildung des Gehirnes vor allem und zuerst das Schädeldach und viel weniger die Schädelbasis beeinflusst. • § 26. Entwickelung des Skelettes der Glieder. Eutwiekehmg Wir beginnen diesen Paragraphen mit einer kurzen Schilderung stait der Glied- der äußcreu Form der Glieder, weil dieselbe für das Verständnis der Homologien der vorderen und Ä ^''^" ^' hinteren Extremität von größ- ter Bedeutung ist. Zur Zeit, wo die Extremitäten in den f/' ersten Spuren sichtbar sind, }_ stellen dieselben wesentlich •-- - - 1 gleich beschaffene kurze — S Stummelchen dar, welche da, i /^ wo die Visceralplatten enden, seitlich vom Rumpfe abstehen _ «-;« und, wie die späteren Zu- ^ stände lehren, ihre Streck- seite dorsalwärts wenden und die spätere Radial-{Tibial-) Seite kopfwärts gerichtet oder in,--^ '^-^^^ am proximalen Rande zeigen jif. ^^ (Fig. 146). Mitzunehmendem Fig. 146. Wachstume legen sich die Glieder immer mehr ventral- Fig. 146. Embryo eines Rindes, 3mal vergr. g Geruchsgrübchen; W erster Kie- menbogen mit dem Ober- und Unterkieferfortsatze; vor dem ersteren das Auge; fc" k'" zweiter und dritter Kiemenbogen. Zwischen den drei Kiemenbogen zwei Kie- menspalten sichtbar, während der Mund zwischen den zwei Fortsätzen des ersten Bogens liegt, s Scheitelhöcker ; n Nasenhöcker; o durchschimmerndes Gehörbläs- chen mit einem oberen Anhange [recessus vestibuli) ; vp Visceralplatten oder Bauch- Entstehung der Gelenke. 225 wärts dem Leibe an und stellen sich aucli nach und nach etwas schief nach hinten, so jedoch, dass die vordere Extremität stärker geneigt ist als die hintere Gliedmaße. Gleichzeitig hiermit tritt aucli die erste Gliederung auf, indem Hand und Fuß von der übrigen Gliedniaße sich abschnüren. Nicht viel später erscheint dann auch an dem noch sehr kurzen Anfangsteile der eigentlichen Gliedmaße die erste Andeutung einer Scheidung in zwei Abschnitte dadurch , dass am Artne der Ellbogen als eine nach hinten gerichtete Konvexität und am Beine das Knie als eine leichte Wölbung nach vorn auftritt, wie solches alle besseren Abbildun- gen junger Embryonen wiedergeben. Mit diesem bereits im zweiten Monate auftretenden Unterschiede, der immer ausgesprochener wird, ist die wich- tigste Verschiedenheit beider Glieder angelegt, und kann man denselben auch so ausdrücken, dass man sagt, die vordere Extremität rotiere aus ihrer primitiven lateralen Stellung allmählich um ihre Längsachse nach der distalen Seite, während bei der hinteren Gliedmaße das Umgekehrte statthabe , was dann die weitere Folge nach sich ziehe, dass am Arme die Streckseite an die distale, am Beine an die proximale Seite zu liegen komme. Die Homologien der beiden Extremitäten müssen nach ihrer frühesten fötalen Stellung bestimmt werden, und sind daher alle Exten- sorengruppen einander gleichwertig, und ebenso alle Flexorenab- teilungen, sowie Radius und Tibia und Ulna und Fibula. Alle Teile der Extremitäten bestehen ursprünglich, abgesehen von ' den hereiusprossenden Nerven und Gefäßen , aus ganz gleichartigen Zellen mit Ausnahme derer des sie bedeckenden Ektoderms. In diesem gleichartigen Blasteme, das aus den Hautplatten sich hervorbildet ent- stehen im zweiten Fötalmonate, sowie die Extremitätenanlagen nur | etwas größer geworden sind, bei Kaninchen am 14. und 15. Tage, durch ' histologische Diflerenzierung die einzelnen Gewebe und Organe vor allem die Skelettteile, die Muskeln und die bindegewebigen Organe wie die Sehnen und Fascien, von denen hier nur die ersteren etwas näher zu besprechen sind. Nach meinen Erfahrungen entsteht das ganze Extremitätenskelett Entstehung des , . i r 1 1 r»i Extremitäten- ais eine von Antang an zusammenhangende Blastemmasse, in der vom steiettes. Rumpfe gegen die Peripherie zu Knorpel um Knorpel, Gelenkanla»e nach Gelenkanlage deutlich wird und sich differenziert, so dass jeder Knorpel vom ersten Anfange an selbständig und ohne Zusanunenhant» mit den Nachbarknorpeln sich anlegt, zugleich aber auch von seinem platten; le vordere Extremität ;/ Lebergegend ; « «Reste des Amnion ; /( Nabelstran "^. Die ßauchwand dieses Embryo besteht noch größtenteils aus der ursprünt^lichen Bauchhaut [Membrana reuniens inferior), in welcher zierliche Gefäßramifikationea sich finden. Kölliker, Grundriss. 2. Aufl. ^ 226 EntWickelung des Knochensystemes. ersten Entstehen an mit seinen Nachbarn durch die gleichzeitig mit ihm deutlich werdenden Gelenkanlagen vereinigt ist. Je mehr die Extremität wächst, um so mehr verlängert sich auch in ihrem Innern die Anlage der Skelettgebilde, indem dieselbe zugleich die den einzelnen Abschnitten entsprechende typische Gestaltung annimmt, und gleichzeitig rückt, ge- wissermaßen immer einen Schritt später, auch die histologische Differen- zierung nach. Wie man sich das Wachstum der Anlage der Skeletl- gebilde im einzelnen zu denken habe, ist eine schwer genau zu beant- wortende Frage. Entweder setzen sich an die wachsende Endzone, z. B. einer sich entwickelnden Phalaugenreihe , aus dem umliegenden Blasteme immer neue Zellen an und ordnen sich histologisch den schon vorhandenen Elementen unter, oder es wächst die erste einmal gebildete Skelettanlage durch eigene Thätigkeit ihrer Elemente weiter, etwa wie eine Drüsenanlage. Mag die eine oder die andere Vorstellung die richtige sein, so erinnert auf jeden Fall das allmähliche Deutlichwerden eines Skeleltteiles nach dem andern an das, was bei der ersten Entstehung der Urwirbel so bestimmt in die Erscheinung tritt und was auch bei der allmählichen Entstehung der Gliederung wirbelloser Tiere (Arthro- poden, Anneliden, Cestoden etc.) zu beachten ist, in welchen Fällen allen die Annahme einer wuchernden , successive sich gliedernden Blastemzone die den Verhältnissen entsprechende zu sein scheint. ntsteiiung der Hier ist der Ort, auch noch der Gelenkbildung zu gedenken. Kein Gelenke. ' Gelenk entsteht von Haus aus als das, was es später ist, und sind alle Teile des Skelettes ursprünglich durch Syndesmosis verbunden , wenn man einen Zustand so nennen darf, in welchem weiche, noch indifferente Zellenmassen die Bindeglieder darstellen. Diese Zellenmassen sind, wie schon angegeben, gleich bei der ersten Anlage des Extremitätenskelettes gegeben und anfänglich von den Elementen nicht zu unterscheiden, die die Knorpel liefern. Sowie dann aber diese Hartgebilde deutlich zu werden beginnen, fangen auch die Zwischenglieder an einen bestimmten Charakter anzunehmen in ähnlicher Weise, wie bei der Differenzierung der knorpeligen Wirbel und der Lig. intervertebralia. Anfänglich zeigen alle Gelenkanlagen in ihrer ganzen Breite so ziemlieh dieselbe Dicke und zugleich überragen dieselben die Knorpelendeu an gewissen Stellen, wie z. B. an den Finger- und Zehengelenken , so dass sie wie große »Zwischenscheiben« (Henke undREYHER) erscheinen. Nach und nach ver- ändern sich jedoch die Gelenkanlagen so, dass sie an ihren Randteilen sich verdicken und in der Mitte je zwischen den beiden Knorpeln dünner werden, was am Ende so weit geht, dass die Gelenkgegenden wie dicke Ringwülste um die Knorpelenden erscheinen, welche letzteren mittler- weile einander ganz nahe gerückt sind. Gleichzeitig hiermit wandeln Knoclien der oberen Extremität. 227 sich die Gelenkstellen in ihren äußeren Teilen je länger um so deut- licher in Fasergewebe um , worauf dann in einem gewissen Stadium auch die Gelenkhöhle in Form einer engen Spalte erscheint. Diese für die Gelenkbildung wichtigste Erscheinung ist, wie mir scheint, ein ziemlieh verwickelter Vorgang. Untersucht man die Handgelenke mensch- licher Embryonen des viei-ten Monates , so findet man , dass tiberall die Knorpelenden ohne bindegewebigen Überzug die Gelenkhöhle begren- zen, und führt dies zur Annahme, dass die einander entgegenwachsenden Knorpel die mittleren Teile der Gelenkanlagen nach den Seiten drängen, bis sie selbst zur Berührung kommen, womit dann die Gelenkhöhle ge- geben wäre. Zu diesem Voj'gange kommt dann in den peripherischen Teilen der Gelenke noch eine Solutio continui, welche vielleicht in ge- wissen Gelenken, wie denen mit Zwischenscheiben, als einziger Faktor auftritt, bei welcher Spaltbildung wohl unzweifelhaft mechanische, von den umgebenden Weichteilen [Muskel, Sehnen, Bänder) ausgehende Wir- kungen eine Hauptrolle spielen. Ob in einzelnen Fällen auch Erweichun- gen bei der Gelenkbilduug beteiligt sind, ist fraglich, und möchte ich die sogenannten Halbgelenke, bei denen so etwas sich findet, hier nicht herbeiziehen. Die erste typische Gestaltung der Gelenkflächen leite ich von Wachs- tumserscheinungen ab, indem dieselbe, wie z. B. am Tarsus, Carpus, Hüftgelenke, Ellbogengelenke u.s.w., zu einer Zeit auftritt, in welcher an einen Einfluss von Muskelwirkungen (L. Fick) unmöglich gedacht werden kann, dagegen bin ich vollkommen bereit zuzugestehen, dass die gebildeten Gelenkenden später noch mannigfach sich umgestalten und gewissermaßen sich abschleifen. In betreff der Zeit, in welcher die Gelenke sich bilden, so bemerke ich, dass dieselben bei menschlichen Embryonen 6 — 8 Wochen nach dem ersten Auftreten der betreffenden Knorpel erscheinen. So finde ich bei vier Monate alten menschlichen Embryonen an den Extremitäten alle Gelenke bis auf die der letzten Phalangen angelegt. Die Skelettleile der Extremitäten sind alle als echte hyaline Knorpel vorgebildet mit Ausnahme der Clavicula, die zwar auch präformiert ist, über aus einem Blasteme besteht, das zwischen Knorpel und zelliger Bindesubslanz die Mitte hält. Anmerkung. Die Clavicula \^t der erste Knochen, der beim Menschen ciavicuia. ossifiziert, und zwar in der 7. Woche, und erreicht rasch eine bedeutende Größe, so dass sie im 3. Monate bereits 8 — 9 mm Länge besitzt. Die Sternale Epiphyse der Clavicula entwickelt zwischen dem 15. und f8. — 20. Jahre einen Knochenkern in sich, der erst am Ende der Wachs- tumsperiode (2 2. — 2 5, Jahr) mit dem tfauptstüoke verwächst. 15* 228 Entwickelung des Knochensystemes. Scapuia. Das Schulterblatt verknöchert im Anfange des 3. Monates mit einem mitt- leren Kerne , der bald über den ganzen Knorpel sich ausdehnt mit Ausnahme des hinteren Randes, des unteren Winkels, des Processus coracoideus, der Ca- vitas glenoidea, der Spina scajmlae (Knorpelbeleg sehr dünn) und des Acro- mion, die noch beim Neugeborenen knorpelig sind und wie Epiphysen und Apophysen eines Röhrenknochens beim weiteren Wachstume sich beteihgen. Im ersten Jahre erhält der Proc. coracoideus einen besonderen Kern. Andere Kerne erscheinen erst später, so im 10. oder 1 1. Jahre ein Kern am oberen Abschnitte der Cavitas glerioidea, und zur Zeit der Pubertät: 1) zwei neue Kerne im Proc. coracoideus , einer an der Spitze und einer an der Basis nach hinten zu , 2) zwei bis drei Kerne im Acromion, 3) ein dünner scheiben- förmiger Kern in der ganzen Ausdehnung der Cavitas glenoidea, 4) ein Kern im unteren Winkel, 5) ein langer streifenförmiger Kern in der ganzen Länge der Basis und 6) ein nicht beständig vorhandener Kern in der Spina. Von allen diesen Nebenkernen verwächst zuerst der Hauptkern des Habenschuabel- fortsatzes mit dem Knochen (nach dem 16. — 17. Jahre), und bis zum 22. bis 25. Jahre hat der Knochen in der Regel alle Kerne in sich aufgenommen. Humerus. [)as Oberarmbein ossifiziert in der 8. oder 9. W^oche in der Diaphyse^ Bei der Geburt sind, seltene Ausnahmen abgerechnet, die die obere Epiphyse betreffen, die beiden Epiphysen noch vollkommen knorpelig, die Diaphyse verknöchert. Im ersten Jahre biUlen sich dann zuerst zwei Kerne in den Epi- physen, und zwar einer in der oberen Epiphyse und etwas später einer in der Eminentia capitata. Bald nachher (im 2. Jahre) erscheint ein Kern im Tuber- culum majus und etwas später einer im Tuherculum minus. Zu diesen Kernen gesellen sich dann noch solche in den Kondyien (5. — 1 O.Jahr), von denen der im Condylus internus vor dem andern auftritt, und in der Trochlca (12. Jahr,, nach ScHWEGEL im 2. — 5. Jahr), von welchen Nebenkernen die oberen früher als die unteren mit dem Haiiptepiphysenkerne sich verbinden. Zwischen dem 16. und 20. Jahre verwachsen die Epiphysen mit der Diaphyse, und zwar die untere früher als die obere. adius, uina. ßei den Vordcrarmknochen beginnt die Verknöcherung der Diaphyse im 3. Fötalmonate, doch bleiben die Epiphysen auch nach der Geburt noch lange knorpelig. Bei beiden Knochen erscheinen die unteren Epiphysenkerne vor den oberen, und zwar beim Radius früher (im 5. Jahre, Uffelmaxa) als bei der Ulna (im 6. Jahre, Uffelmann) . Der obere Kern tritt im Radius im 5. bis 7. Jahre einfach, in der Ulna, an der Endplatte des Olekranon^ doppelt auf, und zwar ein medialer größerer Kern im 1 1 . Jahre und ein lateraler kleinerer im 14. Jahre (Uffelmann). Nebenkerne, die zum Teil nicht beständig sind, kommen vor in der Tuberositas radii , im Processus coronoideus idnac (ScnwE- gel) , zwischen Olekranon und Diaphyse (Schwegel, von Uffelmann geleugnet),, in den Griffelfortsätzen von Radius und Ulna. Epiphysen und Diaphysen ver- schmelzen an den oberen Enden dieser Knochen um das 16. Jahr, an den unteren Enden im 19. — 20. Jahre. Carpus. Die knorpeligen llandwurzelstücke werden schon im 2. Fötalmonate deut- lich und bleiben in der Regel knorpelig bis zur Geburt. Die Verknöcherung findet bei allen mit einem Kerne statt (nach Rambauu und Renault beim Naviculare mit zwei Kernen), und zwar in folgender Reihenfolge und Zeit:. l) Capitatum (l. Jahr); 2) Hamatum (l. Jahr); 3) Triquetruin [S. Jahr);, Knochen der oberen Extremität. 229 4) Trupc^^iuin (5. Jahr) ; 5) Lunatum (5. Jahr) ; 6; Navicutare (O. und 7. Jahr); 7i Trcipezoideum (7. — 8. Jahr) ; 8) JPisiforme (12. Jahr). Sehr beachtenswert erscheint die Entdeckung eines 9. Handwurzelknor- Centrale carpi. pels bei jungen Embryonen durch Henkk und Reviieu und E. Rose.vbkiu;, w(>lcher otTcnbar dem bleibenden Centrale des Carpus einiger Säuger, der Heptilien und Ampliibien entspricht. Nach E. Rose.nuekg erscheint das Centrale bei Embryonen des 2. Monates, sobald die übrigen Handwurzelknorpel deut- lich sind, und erhält sich bis in den Anfang des 3. Monates, zu welcher Zeit es sich noch in einer Extremität von 0,85 cm Gesamtlänge vorfand. Von da an schwindet das Centrale von der Volarseite nach dem Handrücken zu und ist bereits bei einer Länge von Vorderarm und Hand von 1,5 cm nicht mehr da. Das normale Vorkommen eines embryonalen Centrale ist von mir bei vier 2 — 3 monatlichen Embryonen Fig. 147) und vonLEBouco an 6 8 Händen von 43 Embryonen des 2. — 3. Monates bestätigt worden. Abweichend von Rosexberg und von dem, was auch ich bei zwei Embryonen gefunden zu habeji glaubte (1. Aufl.), behauptet Leboi'co, dass das Centrale nicht schwindet, son- dern von der Vota gegen das Dorsuin manus mit dem Radiale [Naviculare] verschmelze und am distalen Ende dieses Knochens oft noch in deut- lichen Spuren zu erkennen sei , wie denn auch bekanntlich seit Grubers Untersuchungen schon ziemlich viele Fälle eines Centrale bei Erwachse- nen bekannt geworden sind. Beim Orang , der normal ein Centrale besitzt, sah L. eine Ver- schmelzung desselben mit dem Radiale. Andere Säuger, wie Hund und Katze (Flower, E. Rosen- berg), Vespertilio murinus, Sorex, Halmaturus, Didelphys (Lebovcq), besitzen als Embryonen Cen- tralia, die später mit dem Rad o-intern\edium oder Radiale verschmelzen. Die Ossa nutacarpi verknöchern in den Diaphysen schon im 4. Monate, Ossametacarpi. imd zwar nach Schwegel gewöhnlich in folgender Reihenfolge : zweiter Meta- carpus, dann dritter und erster, endlich nacheinander vierter und fünfter. In derselben Reihenfolge und um dieselbe Zeit verknöchern auch die Phalangen, und zwar die der ersten Reihe früher als die andern, in welcher Beziehung noch besonders hervorzuheben ist. dass die ersten und zweiten Phalangen von der Diaphyse aus verknöchern, die Nagelphalanx dagegen vom distalen Ende aus und zwar in erster Linie durch periostale Ablagerungen. Bei der Geburl sind alle diese Knochen fast ganz verknöchert, besitzen jedoch alle je eine große knorpelige Epiphyse, welche bei allen Phalangen und dem Metacarpus I ilas proximale, bei den andern Metacarpusknochen das distale Ende einnimmt. Fig. 14' Fig. 147. Fiächenschnitt der Hand eines menschlichen Embryo vom 3. Monate. Daumen und Carpale -primum [Multungulum majiis) nicht sichtbar. Vergr. lOmal. n Naviculare ' Radiale ; l Lunatum llntermedium^ ; t Triquetrum 'Ulnare); cc Centrale rarpi; mi Multangulum minus [Carpale secundum] ; c Capitatum Carpale tertium) ; J) Hamatum (Carpale (juarlum) ; 2 zweiter Metacarpus ; 6 fünfter Metacarpus. 230 Entwickelung des Knochensystemes. In dieser Epiphyse entstehen in den Melacarpusknochen vom zweiten, in den Phalangen vom dritten Jahre an früher oder später besondere Kerne, welche erst nach der Pubertät mit den Diaphysen sich verbinden. Nach SciiWEGi-x sollen alle Phalangen und Melacarpusknochen an beiden Enden Epiphysen- kerne besitzen, wie dies schon Albin für den Metatarsus und Metacarpus I an- gegeben halte. Allen Thomson (und Humphry) bestätigt Albixs Angabe und fand auch am 2. Metacarpus eine proximale Epiphyse, meldet jedoch nichts derartiges von den Phalangen. Dagegen sah Thomson beim Seehunde an der hinteren Extremität an den Metatarsusknochen und beim Delphine auch an den Phalangen je zwei Epiphysen. Oscoxae. Von den Knochen der unteren Extremität hat das Hüftbein als Vorläufer einen zusammenhängenden Knorpel von der Gestalt des späteren Knochens, der jedoch, wie Gegenbaur meldet (Morph. Jahrb., II, 238), nach E. Rosen- bergs Entdeckung beim Menschen ursprünglich aus zwei Stücken besteht, dem Schambeinteil und dem Darmbeinsitzbeinteil, eine Angabe, die ich bisher noch nicht zu bestätigen vermochte. Nach A. Bunge hat bei Amphibien und Repti- lien der Beckengürtel eine einheitliche knorpelige Anlage, wogegen bei Vögeln das Schambein selbständig entsteht (Entw. d. Beckengürtels, Dorpat 1880;. Die Verknöcherung beginnt mit drei Kernen, einem im Darmbeine im 3. bis 4. Monate, einem (selten zwei) im absteigenden Aste des Sitzbeines im 4. bis 5. Monate und einem (selten zwei) im horizontalen Schambeinaste im 5. bis 7. Monate. Beim Neugeborenen sind noch knorpelig der Darmbeinkamm, der ganze Pfannenrand und die Pfanne, in deren Tiefe jedoch die drei Knochen- kerne durch Knorpel getrennt der Oberfläche nahe stehen, der absteigende Schambein- und der aufsteigende Sitzbeinast, der SitzbeinhÖcker und der Sitz- beinstachel. Zwischen dem 6. — 12. — 14. Jahre entstehen drei Epiphysen- kerne da, wo die drei Knochen im Acetabulum zusammenstoßen, Ejjiphxjses acetabuU (Schwegel), deren Beständigkeit und genaueres Verhalten noch weiter zu untersuchen ist. Einer davon am Schambeine [os cohjloidien, Ram- BAüD und Renault, os acetabuU, W. Krause) erweckt besonderes Interesse, weil derselbe, wenn er, wie beim Kaninchen nach Krause, später mit dem Sitzbeine verschmilzt, das Schambein von der Pfanne ausschließt, auf welches Verhalten bei gewissen Tieren Gegenbaur die Aufmerksamkeit gelenkt hat (1. c). Um dieselbe Zeit wie diese Kerne entsteht auch ein Epiphysenkern an der Superficies auricularis des Os Hei und am Symphysenende des Os pubis (Schwegel) und Nebenknochenpunkte in der Spina anterior inferior Hei, der Crista Hei, der Ttibcrositas und Spina ischii, dem Tuberculum pubicum, der Eminentia Hiopectinea und dem Grunde der Pfanne [Apophyses jimcturae, Schwegel) . Von allen diesen Knochenpunkten vereinigen sich zuerst vom 7. oder 8. Jahre an die den Arcus pubis begrenzenden Teile der Schambeine und Sitzbeine, dagegen sind die drei Hauptstücke samt ihren im 14. — 18. Jahre mit den betreffenden Diaphysen verschmelzenden Epiphysen in der Pfanne bis zur Pubertätszeit durch einen Y-förmigen, die Knochenkerne der Apoplujses juncturae enthaltenden Knorpel geschieden, und tritt die Verschmelzung dieser Teile im 17. oder 18. Jahre ein, nachdem im Grunde der Pfanne vorher oft ein einziger Knochenkern entstanden ist, auf den der Name Os acetabuU am besten passen würde. Die Nebenkerne verschmelzen erst gegen das Ende der Wachstumsperiode mit dem übrigen Knochen. Femur. Der Oberschenkel erhält seinen Diaphysenkern am Ende des 2. Monates Primitive Hiniabteilungeii. 231 und vorkiiücliert bald in seiner Diaphyse in großer Ausdehnung. Am Ende der Fötalperiode zeigt sich ein Kern in der unteren Epiphyse und bald nach der Geburt einer im Kopfe. Dazu kommen dann noch im 3. — \ I. Jahre ein Kern im Trochanter major und im 13. — I 4. Jahre einer im Trochanter minor. In umgekehrter Reihenfolge verschmelzen dann diese Kerne mit der Diaphyse zwischen dem 17. und 2 4. Jahre, und somit der Trochanter minor zuerst, zu- letzt die untere Epiphyse. Nach Sciiwegel haben auch die Kondylen des Feniur ihre besonderen, vom 4. — 8. Jahre entslehende'n Kerne, die vom 7. — 14. Jahre mit dem Epiphysenkern sich vereinen. Die Unterschenkelknochen verknöchern von der Mitte aus im Anfange des Tibia, Fibula. 3. Monates. Bei der Geburt sind beide Enden noch knorpelig, erhalten je- doch ihre Kerne, von denen die oberen zuerst auftreten, im I. — 3. Jahre, so dass die der Fibula um ein Jahr und mehr später auftreten als die der Tihia. Um das 18. — 20. Jahr, auch wohl später, vereinen sich die Epiphysen mit den Diaphysen und zwar die unteren zuerst. Nebenkerne können vorkommen in der Tuberositas tibiae und in den Malleoli Schvvegel) . Die Kniescheibe ist schon im 2. Monate als Knorpel sichtbar, erhält jedoch ihren Kern nicht vor dem 1 . — 3. Jahre. Von' den Fußwurzelknochen verknöchern vor der Geburt meist nur der Ossapedis. Calcaneus (6. Monat) und Astragalus \1 . Monat), manchmal auch das Ciiboi- dcum. Im ersten Jahre ossifizieren das Naviculare (Schwegel; nach Quaix im 4. oder 5. Jahre) und Cunciforme I., das Cuneiforme II. im dritten und das III, im vierten Jahre. Der Calcaneus erhält' zwischen dem 6. und 10. Jahre einen Nebenkern oben am F'ersenhöcker, der nach der Pubertät mit dem Hauptknochen verschmilzt. Miltelfußknochen und Zehenglieder verhalten sich wie die der Hand, nur dass ihre Kerne und die Verschmelzungen derselben im allgemeinen etwas später auftreten als an der Hand. II. Entwickelung des Nervensystemes. § 27. Erste Entwickelung des Gehirnes, der Hirnblasen, Krümmungen des Gehirnes. Frühe Zustände des Vorderhirnes und Mittelhirnes. Aus früheren Schilderungen ist hinreichend bekannt, dass das zen- Erste Anlage des Medullarrohres. trale Nervensystem im Bereiche der Stammzoue der Embryonalanlage aus einer langen, mäßig breiten Platte, der Medullär platte, sich anlegt, welche mit dem Hornblatte ununterbrochen zusammenhängt und nach und nach zu einem Halbkanale sich umwandelt, dessen nach der Rückseite oflTeue Rinne die Rücken furche und dessen Begren- zungsränder die Rücken Wülste heißen (Fig. 26, 27). Der allmähliche Verschluss dieser Rinne am Rumpfe und am Kopfe und die Bildung eines zusammenhängenden Medullarrohres sind ebenfalls schon besprochen, 232 Entwickelung des Nervensvstemes. Primitives Vor- derhirn. A hl 3 ebenso wie die ersten Zustände des Gehirnes, das Auftreten der drei Hirnblasen und der aus dem Vorderhirne hervorsprossenden Augenbla- sen, in welcher Beziehung daran erinnert werden kann, dass bei den Säugern diese Gliederungen schon vor dem Verschlusse derRückenfurehe deutlich werden. In weiterer Entwickelung ver- ändert sich zuerst das Vorderhirn. Dasselbe besteht ursprünglich ge- wissermaßen nur aus zwei seitlichen Ausbuchtungen, den Augenblasen. Nach und nach aber wächst der zwi- schen den 'Augenblasen gelegene Teil nach vorn und oben aus (Fig. 148 Vh] -}l und kommen so die Augenblasen et- was nach hinten und unten zu liegen. Indem nun diese Vorgänge immer 7- mehr an Ausdehnung gewinnen und — — [ om ... zugleich die primitiven Augenblasen vom Vorderhirne sich abschnüren und mit einem Stiele, der Anlage des Opti- „ — Uw cus, sich versehen , sondert sich end- lich das Vorderhirn in zwei Abschnitte, jr^ in einen vorderen, das sekundäre V 0 r d e r h i r n . Mihalkovics , vor und über den Augenblasen, undeinenhin- teren, das Zwischenhirn, mit des- sen unterer Seite die Augenblasen in Verbindung stehen. Eine Sonderung in zwei Teile macht sich auch an der dritten Hirn- blase in einer gewissen Weise geltend , doch werden diese Abschnitte, ■"Nachhirn"' die H i u t c r h i r u und Nachhi rn heißen, erst von dem Zeitpunkte an bemerklich, in welchem die Anlagen des kleinen Gehirnes bestimmter auftreten, was nicht vor der Ausbildung der Hirnkrümmung geschieht. Das eben gebildete Gehirn liegt anfänglich mit allen seinen Teilen in einer Ebene, später jedoch biegt sich dasselbe gleichzeitig mit den schon früher gebildeten Kopfkrümmungen in eigentümlicher Weise. Verfolgt man die Längsachse des Gehirnes solcher Embryonen oder noch besser den Verlauf der inneren Höhlung desselben oder des Hirn- Fig. 148. Vorderer Teil eines Hühnerembryo vom Ende des zweiten Tages vom Rüclven her, 40mal vergr. Buchstaben wie in Fig. 34. il7 r' Wand der zweiten Hirnblase. Sekundäres Vor (ierhirn. Zwischenliirn. Dritte Hirn blase. Krümmungen des Geliirnes. tlg. 148. Krümmungen des Gehirnes. 233 mang. kanales, so ergibt sich eine ersle Krüminuug am Übergänge des Rücken- markes in die MediiUa oblongata, die Nacken krümmung des Gehirnes, Nackenkrüm- welche viel stärker ausgeprägt ist als die entsprechende Krümmung des Kopfes. Eine zweite noch beträchtlichere Biegung findet sich am Hinter- hirne, da, wo Hiulernhirn und Nachhirn ineinander übergehen, und r "n Fig. 149. zwar genau in der Gegend, w^o spä- ter die Varolsbrücke entsteht; ich heiße dieselbe die Brücken- k r ü m m u n g . Der vordere Schen- kel dieser Krümmung führt bis zum Mittelhirn, welches in dieser Zeit Fig. 150. den erhabensten Teil des ganzen Gehirnes darstellt (Fig. 149, 150). Am Mittelhirn beginnt dann eine letzte oder die Scheitelkrümmung, indem Zwischenhirn und Yor- derhirn wiederum nahezu unter einem rechten Winkel zum Mittelhirn und Hinterhirn gestellt und mit ihrer Längsachse nach unten gerichtet sind. Diese Krümmungen des Gehirnes entsprechen bis zu einem ge- wissen Grade den Biegungen, welche am Kopfe junger Embryonen sich l'.rückenkrüm- mung. Scheitelkrüm- mnns. Fig. 149. Zentralnervensystem eines menschiiclien Embryo von 17,6 mm Länge (7. Woche). 1. Ansicht des Embryo von iiinten mit bioßgelegtem Hirn und Mari<; und den neben demselben gelegenen Spinalganglien. 2. Ansicht des Gehirnes und oberen Teiles des Rückenmarkes von der Seite. 3. Ansicht des Gehirnes von oben, t; Vorder- hirn ; 2 Zwischenhirn ; m Mittelhirn ; h Hinterhirn ; n Nachhirn ; z' vorderes unteres Ende des Zvvischenhirnes, wo später das Tuher cinereum liegt. Die rundliche Stelle davor ist der Sehnerv. Fig. 150. Kopf eines Schafembryo von 3,6 cm Länge (Ivopflänge 1,46 cm), sagittal in der Medianebene durchschnitten, 3mal vergr. «Unterkiefer; ; Zunge ; s Septian narhan; ob Occipitale hasilare ; tho Thalamus opticus; vt Decke des Ventriculus ter- tius ; cp Commissura posterior; mh Mittelhirn mit einer zufällig entstandenen Falte; ms der mittlere Schädelbalken v. Rathke (vorderer Schädelbalken, ich); hs hin- terer Scliädelbalken; f Falx cerebri ; f Schlussplatte des Vorderhirnes; fm in der Verlängerung dieser Linie das Foramen 3/onro/, von welchem aus eine Rinne rück- värls und abwärts zum Sehnerven zieht, der hohl ist; t Tentorium cerebelli ; cl CerebeUum ; pl Plexus chorioideus ventriculi IV. 234 Ent-wickelung des Nervensystemes. finden, indem der Naekenhöcker und der Scheitelhöcker des Kopfes auch am zentralen Nervensysteme und zum Teil noch deutlicher sich bemerk- lich machen; allein dieses hat noch eine Biegung, von welcher der Kopf nichts zeigt, und diese ist die mittlere Krümmung zwischen Hinterhiru und Mittelhirn oder die Brückenkrümmung. Krümmm/en ^^ '^' uicht leicht ZU sagoH, was die Ursache der Krümmungen des des Gehirnes, zentralen Nervcnsystemes ist. Meiner Ansicht zufolge erklärt sich ein Teil der Krümmungen und zwar die Nackenkrümmung und die Scheitelkrümmung, wie dies Bathke zuerst richtig angegeben hat, aus dem in frühen Zeiten alle andern Teile übertreffenden Längen- wachstume des zentralen Nervensystemes. Dass die Biegungen gerade an diesen zwei Stellen eintreten, erklärt Rathke aus dem Umstände, dass die Achse des Skelettes an der Gi'enze zwischen Wirbelsäule und Schädel und an der Schädelbasis, da, wo die Chorda aufhört und, wie ich hinzufügen möchte, die Hypophysis sich bildet, am nachgiebig- sten ist. Wird nun auch in dieser Weise die Krümmung von Kopf und Hirn im allgemeinen ganz gut erklärt, so genügt das Aufgestellte doch nicht, um die eigenthümliche Gestalt des letzteren im einzelnen begreiflich zu machen. Es muss daher noch ein besonderes Moment bei der Gestaltung des Gehirnes im Spiele sein, und dieses finde ich in dem Auftreten der Hirnhautfortsätze, die oben als vorderer und hinterer Schädelbalken bezeichnet wurden. Von diesen sehr früh auf- tretenden Fortsätzen setzt offenbar der vordere der einfachen Biegung des Hirnrohres nach der ventralen Seite ein Hindernis und bewirkt eine viel stärkere Knickung desselben, als sie der Schädel erleidet (s. auch den Längsschnitt eines Kaninchens § 46), während der hintere Balken durch Hebung des unteren Endes des Hinterhirnes die rechtwinkelige Knickung dieses Abschnittes vervollständigen hilft. Umgestaitungeu Bevor ich weitergehe , will ich vorerst im allgemeinen ansehen, der HirnDiasen o 7 • o c 7 im allgemeinen, ^yglßjjg Teile dcs ausgebildeten Gohimes aus den fötalen Hirnabschnitten hervorgehen. Das sekundäre Vorderhirn wird zum großen Gehirn mit Inbegriff der Corpora striata, des Corpus callosum und des Fornix, wo- gegen aus dem Zwischengehirn die Sehhügel und die Teile am Boden des dritten Ventrikels sich entwickeln. Das Mittelhirn, anfangs ein großer Abschnitt, tritt später ganz zurück und gestaltet sich zu nichts anderem als zu den Vierhügeln , das Hinterhirn gibt die Varolsbrücke und das Cerebellum und das Nachhirn das verlängerte Mark. VordeAirnnnd 2u den einzelnen Hirnteilen übergehend, bespreche ich zuerst das Zwischenhirn. ° 7 r sekundäre Vorderhirn und Zwischenhirn. Das sekundäre Vorderhirn, dessen Entstehung aus dem mittleren Teile des primitiven Vorderhirnes oben schon besprochen wurde, wandelt sich bald nach seinem Auftreten Krümmungen des Gehirnes. 235 in ein paariges Gebilde um , indem die seitlichen Teile desselben nach oben und hinten sieh ausbuchten und schon im Stadium der Fig. 151 hinten durch eine starke Einbiegung vom Zwisclienhirne sich scheiden, während auch an ihrer oberen Seile eine Längsfurche sich bemerklich macht, in welche ein von der Schädelwand ausgehender sagittaler Fort- satz, die primitive große Sichel, hineinragt. Die Höhle dieser Hemi- sphärenblasen (/?/?) mündet durch je eine große Öffnung (//?), das primi- tive/*bramen i¥onro«', in einen mittleren Teil des sekundären Vor- derhirnes und durch diesen in die Höhle des Zwischenhirnes (/) ein. Diesen mittleren Teil, den Fig. 151 zeigt, betrachte ich mit Mihalkovics als Boden- oder Stammteil des sekundären Vorderhirnes. Die einmal gebildeten Hemisphärenblasen lie- gen nur kurze Zeit vor dem Zwischenhirn, und fin- det man beim Menschen, dass dieselben schon im zweiten Monate nach hinten und außen sich ver- längern, bogenförmig um den Sehhügel und Hirn- stiel herumwachsen und erst den Unterlappen und dann auch den Hinterlappen anbilden. Im dritten Monate ist der Thalamus opticus von dem mächtig heranwachsenden Großhirne schon ganz Fig. I5i. überlagert, dagegen bleibt der Vierhügel oder das Mittelhirn längere Zeit frei (Fig. 152, 153), wird jedoch im fünften Monate ebenfalls überragt, so jedoch, dass derselbe in der Ansicht von hinten anfangs noch sichtbar ist und erst im sechsten Monate ganz sich verbirgt, um welche Zeit das große Gehirn über das CerebelJum hin- ausreicht und zwar mehr, als dies später der Fall ist. Indem ich nun die genauere Schilderung der Veränderungen der äußeren Fläche der Hemisphären für einen späteren Paragraphen mir aufspare, wende ich mich zur schwierigen Darlegune; der inneren sie ^"°'"'®^^'"^'^^*- ^ "-^ "- rungen der betreffenden Vorgänge. Unter diesen fallen in erster Linie die Verenge- Hemisphären. rungen der Höhle der Hemisphärenblase, die Bildung des Streifenhü- gels, des Plexus chorioideus lateralis und die Entwickelung der sogenannten großen Hemisphärenspalte in die Augen, und erscheint es am zweck- mäßigsten, behufs Schilderung derselben von einem etwas vorgerück- teren Stadium auszugehen. Öffnet man bei einem Embryo von drei Monaten die Hemisphären Fig. ISI. Horizontalschnitt durch das Vorderhirn und Zwischenhirn eines lamm langen Schafembryo. Vergr. ISnial. /(Hemisphären des Vorderhirnes ; m Gegend des späteren Foramen Monroi ; V mittlerer Teil des Vorderhirnes; th Thala- mus opticus; 0 Ausbuchtung, die tiefer zum Opticus führt; t Höhlung des Zwischen- hirnes {Ventriculus lertiiis). 236 Ent\sickelun2 des Nervensvstemes. von oben durch einen horizontalen Schnitt (Fii^. 154). so findet man im Innern derselben eine große Höhle, die jedoch von einer rötlichen, ge- kräuselten, faltigen Masse nahezu ganz erfüllt wird, die nichts anderes pzcx?'sc7ionoi- igt alg clei- unverhältuismäßie sroße Plexus chorioidens lateralis. dens lateralis. *" *- Schneidet man denselben von der medialen Wand der Hemisphärenblase, Fis. -102. Fia. -154. Fig. 153. Fig. 152. Gehirn eines dreimonatlichen menschlichen Embryo von der Seite in natürlicher Größe, h Hemisphäre des großen Hirnes, an der schon alle Lappen und breit und kurz auch die Fossa Sylvii deutlich ist; m Mittelhirn; c Cerebellum ; m o Rest der Membrana obturatoria ventricuU IV, die als bogenförmige Leiste vom kleinen Hirn auf die Medidla oblongata übergeht. Fig. 153. Gehirn und Mark eines vier Monate alten Embryo des Menschen in natürlicher Größe. /(Hemisphären des großen Hirnes; v Vierhügel; c kleines Gehirn, dessen scheinbar hinterste Windung nichts anderes ist als die Membrana obturatoria ventricuU; mo verlängertes Mark. Fig. 154. Gehirn eines dreimonatlichen menschlichen Embryo in natürlicher Größe. 1. Von oben mit abgetragenen Hemisphären und geöffnetem Mittelhirne, /■vorderer Teil des abgeschnittenen Randbogens des großen Hirnes; f hinterer Teil des Randbogens, der einen Vorsprung nach innen, das .•\mmonshorn bedingt; est Corpus strialum, davor eine starke, nach innen vortretendeEinbiegung der Hemi- sphärenwand , die später vergeht; tho Thalamus opticus. 9. Dasselbe Gehirn von unten, to Tractus opticus, noch querstehend; cm Corpora mamillaria, eine einfache Masse bildend; p Pons Varoli; mo Rest der Membrana obturatoria ventricuU IV. Außerdem sieht man noch das Tuber cinereum und die abgeschnittenen zwei Nervi optici und am Vorderlappen die beiden Bulbi und Tractus olfactorü. Großes Hirn, 2o7 von welcher er ausgeht, ab, so findet man unter demselben eine läng- liche kolbenförmige Erhabenheit, das Corpus striatum, welches corpus stiiatum. Ucich außen und vor dem Zvvischenhirne oder Sehhügel betindlich tief unter demselben liegt und durch eine tiefe enge Spalte von ihm getrennt erscheint; in Wahrheit aber doch in seinen hinteren zwei Dritteilen mit dem Thalamus verschmolzen ist. Eine noch engere, aber weniger tiefe Spalte scheidet den Streifenhügel auch von der äußeren Wand der Hemisphärenblase, die hier etwas dicker ist als an den benachbarten Stellen und sowohl nach außen als nach innen leicht konvex vorspringt. Die Hemisphärenblasen sind in diesem Stadium an der ganzen oberen Seite und vorn durch eine tiefe Spalte voneinander geschieden und ganz ohne alle Verbindung, wogegen sie vorn und nach unten zu zwar durch eine Fortsetzung der eben erwähnten Spalte getrennt erscheinen, je- doch im Grunde der Spalte untereinander zusammenhängen. Diese Verbindungsplatte oder Schluss platte ist eine weitere Ent- ,^"|li"s?i''f>'' ^ i ^ derHemispuarea \vickelung des ursprünglichen Mittelstückes zwischen beiden Hemisphä-^'^^'/!*'^^"'^*^®"'" renblasen (Fig, 151 bei t') und läuft an der unteren Seite des Gehirnes bis zur Gegend des Ghiasma der Sehnerven, In der großen Hirnspalte liest die nun gut entwickelte primitive Sichel, welche jedoch um Primitive ° ^ '■ 11 Sichel. diese Zeit beim Mangel eines Balkens und des Gewölbes bis zur Ober- fläche des Sehhügels reicht und zum Teil zwischen diesem und den He- misphären zur Schädelbasis herabzieht (Fig, 1551, zum Teil in das Binde- gewebe der Tela chorioidea superior und der seitlichen Adergeflechte sich fortsetzt, wie dies später genauer auseinandergesetzt werden wird, Noch bemerke ich, dass die Höhle der Hemisphären zwischen dem vorderen Ende des Sehhügels und der Schlussplatte beider Hemisphären durch ein spaltenförmiges , aber immer noch ziemlich weites Furamen Monrui mit dem engen dritten Ventrikel zwischen beiden Sehhügeln sich ver- bindet. Versuchen wir nun die eben geschilderten Verhältnisse aus den einfachen Anfängen der Fig, 151 abzuleiten, so ist es am zweckmäßig- sten, eine Reihe von Schnitten früherer Zustände zu Grunde zu legen. Fig, 155 zeigt einen Horizontalabschnitt der oberen Teile beider He- misphären eines Kaninchenembryo iiber den Adergeflechten, \on welch letzteren jedoch der oberste Teil, obschon nicht angeschnitten, bei pl sichtbar ist, und läßt die große Höhle sv im Innern der Hirnblasen erkennen, deren Wandungen an der lateralen Seite stärker sind als an der medialen, die dem Thalamus opticus zugewendet erscheint. Au diesem [Iho] erkennt man die dicken Seitenteile, den engen dritten Ven- trikel und vorn eine dünne Decke oder Deckplatte tho', aus der ^«''^p^^tte des 3. Ventrikels. später das Epithel der Tela chorioidea superior und des Plexus chorioideus 238 Entwickelung des Nervensvstemes. ventricuU tertü sich geslaltet. Zwischen beiden Hemisphären dringt von vorn her die primitive Fulx/" ein, spaltet sich am Sehhügel in zweiBlätter, die rechts und links vom Thalamus zwischen ihm und den Hemisphären rückwärts laufen und mit den seitlichen Teilen des mittleren Schädel- balkens »IS sich verbinden. Fig. 155. Fig. 136. Ein zweiter tieferer, durch dasselbe Gehirn gelegter Schnitt (Fig. 156) zeigt in bemerkenswerter Weise abgeänderte Verhältnisse. Yorderhirn und Zwischenhirn bilden hier eine einzige zusammenhängende Masse, und sieht man nicht nur den vorn zweigeteilten Streifenhügel lest)-) mit dem Thaknuus [tho] in breiter Verbindung, sondern es strahlt auch bei cf' die Faserung des Hirnstieles aus dem einen dieser Ganglien in Fig. 153. Horizontalsclinitt des Schädels und Geliirnes eines Kaninclienembiyo von 16 Tagen über dem Streifenhügel durch den seitlichen Ventrikel, lOmal vergr. m/i Mittelhirn ; ins mittlerei" Schädelbalken ; i/io Zwischenhirn oder Thalamus opti- cus mit dem 3. Ventrikel; tho' vordere Wand des Thalamus opticus oder Deckplatte desselben; sf Höhle der Hemisphären oder seitlicher Ventrikel ; pl Plexus chorioi- deus lateralis; f Falx cerehvi primitiva und Pia; f Fortsetzung dieser Teile zwischen Sehhügel und Hemisphäre bis zum mittleren Schädelbalken ; er c Crus cerehri. Fig. 156. Horizontalschnitt durch das Gehirn und den Schädel desselben Kanin- chens wie Fig. 135 in der Gegend der Corpora striata. Vergr. fast AOmal. hc Hemi- sphäre des Gehirnes ; vh Vorderhirn ; v Schlussplatte der Hemisphären ; fm Voramina Monroi; cstr Corpus striatum; tho Thalamus opticus; er' Ausstrahlung des Hirn- stieles in beide diese Teile; vt Ventriciilus III; uh ünterhirn; ms mittlerer Schädel- balken; crc Hirnstiei; vm Velum medulläre superius ; tc Tentorium eerehelli, dahin- ter der hinterste Teil des Mittelhirnes. Zur richtigen Auffassung dieses Schnittes vergleiche man den Sngitlaischnitt Fig. 130. Großes Hirn. 239 das andere aus, und ist die Verbindung des Streifenhügels mit der äuße- ren Wand der Hemisphäre zu erkennen. Ferner hängen die Hemisphä- ren vorn durch die Schlussplatte v im Grunde der von der Sichel s aus- gefüllten vorderen Spalte miteinander zusammen, wogegen hinten noch ein Rest der zwei seitlichen Platten der Sichel sichtbar ist, die den Tha- lamus und die hinteren Teile der Großhirnblasen (uh) scheiden. Die Höiilen anlangend, so ist der dritte Ventrikel [vt) vorn durch zwei Foramina Monroi [fm] mit den Höhlen der Hemisphären verbunden, von denen hier nur bei vh der vorderste und bei uh der hinterste Teil sichtbar ist. Der Frontalschnitt (Fig. 157) zeigt den vor den Hauptmassen des Zwischenhirnes gelegenen Teil des Vorderhirnes eines Schafembryo von 27 mm aus der Gegend des Foramen Monroi. Die großen, mit einer Furche versehenen Kolben der Streiferihügel [st] bilden teils den Boden des seitlichen Ventrikels (f/J, teils begrenzen sie gemeinschaftlich mit den vordersten Teilen der Sehhügel [th) den Mittelraum des eigentlichen Vorderhirnes m, der nach unten zu in den vordersten, vordem Chiasma Fig. 137. Frontalschnitt durch das Gehirn eines Schafembryo von 2,7 cm Länge. Vergr. lOmal. st Corpus striatum; m Foramina Monroi; t Ventriculus III; pl Plexus lateralis; l Ventriculus lateralis; s Schlussplatle der Hemisphären, hier Verbindungs- platte der beiden Plexus laterales und Fortsetzung der Deckplatte des Ventrikels ; /' große Hirnspalte mit der primitiven Sichel ; th tiefster, vorderster Teil des Tha- lamus opticus; ch Chiasma; o Opticus; c Hirnstielfaserung ; /( Hemisphären mit einer in den Seitenventrikel vorspringenden Windung an ihrer medialen Wand; ]J Pha- rynx; sa Sphenoidale anterius ; a Ala parva. 240 Entwickelung des Nervensystemes. gelegenen Teil des dritten Ventrikels [t) übergeht. Als Decke des Mittel- raumes des Vorderhirnes dient wie beim Erwachsenen der vorderste Teil der Tela choriodea superior [s] , die seitlich jederseits in den Plexus chorioideus lateralis übergeht. Die bindegewebigen Teile dieser zwei Gebilde sind Fortsetzungen der primitiven Sichel , die nicht nur bei /■ in die große Längsspalle des Gehirnes eintritt, sondern auch beim 3Iangel eines Balkens und Gewölbes bis auf die Vereinigungslamelle der beiden Hemisphären und ihren Übergang in die Deckplatte des dritten Ventrikels {s) dringt und mit der letzteren zusammen die Tela superior erzeugt. Ein anderer Teil der Sichel dringt unterhalb einer eigentüm- lichen Windung h (Ammonswindung, Muialkovics) an der medialen Wand der Hemisphäre in den Plexus lateralis ein, dessen Zellenüberzug nichts anderes als eine Fortsetzung der Wand des Vorderhirnes ist. Und zwar Fig. 108. Frontalschnitt durch das Gehirn des Schafembryo der Fig. 157, drei Schnitte weiter hinten. Seitlich sieht man noch eine Spur der Pigmentschicht des Auges. Thalamus und Corpus striatum sind in der Tiefe verschmolzen, und begrenzt der unterste Teil der lateralen Oberfläche des Thalamus den Ventriculus lateralis, welche Gegend später zum lateralen Abschnitte der oberen Fläche des Thalamus wird, oder zur Zone zwischen der Stria cornea und der xVnheftungsslelle des Plexus lateralis, to Traclus opticus ; t Ventriculus HI ; d Deckplatte desselben ; th Thalamus opticus; st Corpus striatum; c Hirnstielfaserung ; c' Ausstrahlung derselben in die laterale Wand der Hemisphären; e seitlicher Ventrikel mit dem Plexus lateralis pl ; h in den Ventriculus lateralis vorspringende Windung; /; primitive Sichel; am Ala magna ; a Ala parva ; sa Sphenoidale anterius ; p Pharynx; mic MECKELScher Knorpel. Plexvis chorioidei. 241 setzt sieh die mediale Wand der Hemisphäre iu die obere ßegreuzung des Plexus fort, während die untere Zellenlage desselben in die Ver- einigUDgslamelle beider Hemisphären tibergeht. Diesem zufolge hat der ganze Plexus einen L'berzug von der Medullarplatte, und ist die Stelle, wo derselbe scheinbar in den Seitenventrikel eindringt, keine Spalte der Hemisphäre, sondern nur eine Einbuchtung der medialen Wand der- selben. In Fig. 158 ist bei demselben Schafembryo die Stelle gewählt, wo Sehhügel und Streifenhügel verschmolzen sind, und ist dieser Schnitt vortrefflich geeignet, erkennen zu lassen, wie die späteren Verhält- nisse der Plexus laterales aus den primitiven hervorgehen. Man denke sich nämlich den tiefen breiten Teil der Falx f durch den in der Gegend der Windung h aus der Hemisphärenwand hervorgewachsenen Balken und das aus dieser Wand selbst entstandene Gewölbe von dem oberen Teile, der zur bleibenden Sichel wird, getrennt, -so stellt dieser untere Teil die Tela chorioidea superior dar , w^elche da , wo sie über dem dritten Ventrikel liegt, die Deckplatte desselben als epithelähnlichen Überzug gewinnt und mit ihr zusammen auch den Plexus ventrkuli IU bildet. Weiter seitwärts sitzt die Tela der oberen Fläche des Thalamus als Pia auf und zieht sich dann von dem Punkte an, wo der Plexus late- ralis abgeht, iu das Innere desselben hinein. Der Überzug dieses Plexus ist auch jetzt noch unmittelbare Fortsetzung der Wand der Hemi- sphäre, doch geht in diesem Stadium nur noch an der oberen Seite die ganze Wand auf den Plexus über, während an der unteren Seite nur das bereits deutliche Ependyma des Bodens des Ventriculus lateralis und der unteren Seitenhälfte des Thalamus es ist, welches diese Rolle übernimmt. Tela chorioidea superior und Plexus lateralis hängen somit wohl unmit- telbar zusammen, doch sind die von der Medullarplatte herrührenden Belege beider an dieser Stelle ganz und gar getrennt und nur im Be- reiche des Foramen il/o/??'oi in Verbindung, wie ein Blick auf Fig. 157 darthut. Fassen wir nun an der Hand dieser Schnitte die wesentlichen Ver- übersieht der Veränderungen änderungen ins Aue;e, welche das sekundäre Vorderhirn nach seiner des sekundären , '' Vorderliirnes. ersten Bildung erleidet, so sind es folgende. Einmal entwickelt dieses Vorderhirn schon in früher Zeit auf jeder Seite einen selbständigen hohlen Fortsatz, der neben und über dem Zwischenhirne nach hinten und unten wuchert und niemals mit dem der andern Seite in direkte Verbindung gelangt. Während dies geschieht, trennt sich der mittlere Teil des Vorderhirnes durch eine longitudinale, von der primitiven Sichel eingenommene Spalte immer schärfer in zwei Hälften, welche jedoch im Grunde der Spalte durch eine mittlere Schluss- Kölliker, Grundriss. 2. Aufl. ^g 242 Entwickelung des Nervensystemes. oder Verbindungsplatte vereinigt bleiben, welche vor dem Thalamus beginnt und bis zum Boden des dritten Ventrikels herabläuft (Fig. 150). Ein zweiter erwähnenswerter Yoi'gang ist die Verdickung der Wandungen der Hemisphärenblasen, welche am Boden derselben be- ginnt und zur Entwickelung des bald mächtig werdenden Streifenhü- gels führt. Außerdem tritt auch schon in früher Zeit, vom Corpus stria- tuin ausgehend, eine langsame Verdickung der lateralen Wand der Großhirnblase auf. Mit der Entwickelung der Großhirnganglien geht drittens auch eine Verschmelzung dei selben mit dem Sehhügel Hand in Hand. Während anfangs die Hemisphärenblase nur mit dem vordersten Teile des hinter ihr liegenden Abschnittes in Verbindung ist (Fig. 149), vereinen sich später die Bodenteile derselben nach hinten fortschreitend immer mehr mit dem Zwischenhirne (Fig. 156), bis am Ende beide Ganglien mit den einander zugewendeten Teilen ganz verschmolzen sind (Fig. 154, 157, 158). Die Verengerung der ursprünglich so weiten Höhle der Großhirn- blasen hängt in erster Linie ab von den Verdickungen ihrer Wände bei der Bildung der Streifenhügel, doch sind außerdem auch noch von Ein- fluss die Bildung einer Falte an der medialen Wand (Fig. 158A) und die Entwickelung der Schlussplatte nach hinten, die mit dem Wachstume der Sichel in Zusammenhang steht. Durch den letztgenannten Vorgang wird vor allem das MoNROische Loch immer enger (s. Fig. 151, 156), an dessen Verkleinerung möglicherweise auch ein Wachstum der Hirn- ganglien nach vorn seinen Anteil hat. Das in Verengerung begriffene Foramen ist eine von vorn und oben nach unten und hinten gekrümmte Spalte, wie sie Fig. 150 zeigt. Endlich trägt indirekt zur Verengerung der Höhlen auch die früh erfolgende Bildung der Adergeflechte bei, welche durch eine Einstülpung der medialen Wand der Hemisphären- blase unter gleichzeitiger Bildung gefäßreicher Fortsätze der primitiven Sichel entstehen. Diese Einstülpung bildet sich in einer Linie, die vom Foramen Monroi aus längs der oberen Teile der Seitenfläche des Thala- mus rückwärts zieht und in der Höhe der Cauda des Streifenhügels en- det. In dieser Gegend ist die Hemisphärenblase nicht gespalten oder offen, wohl aber verdünnt sich im ganzen Bereiche des Plexus die Me- duUarplatte und gestaltet sich schließlich zum Ependyma desselben. Zwisclienhirn. 243 §28. Zwischenhirn, Mittelhirn, Hinterhirn. In den bisherigen Betrachtungen geschah des Z wisch enhi rn es ZwiscUeni im. mehr nur gelegentlich Erwähnung, nun ist aber dieser Hirnteil genauer in seinen Einzelheiten zu schildern. Anfanglieh eine dünnwandige Blase, wie die übrigen Abteilungen des Hirnes, verdickt sich das Zwischenhirn bald in seinen Seitenteilen und liisst sicii dann mit Reichert passend in einen Sehhügel- und einen Triebt er teil sondern. Der Sehhügelteil nimmt die oberen und f'''?^\s^'*f."*®^ vorderen Seitenteile ein und gewinnt rasch eine sehr erhebliche Dicke (Fig. 155), so dass die ursp;'ün gliche breite Höhle dieses Hirnabschnittes (Fig. 151) zu einer engen senkrechten Spalte, dem dritten Ventrikel, sich gestaltet. Den Umfang dieser Verdickung und somit auch die Gestalt des eben entstandenen Sehhügels, dem diese entspricht, ersieht man am besten aus Längsschnitten, wie Fig. 150 einen darstellt, welche ergibt, dass die Sehhügelregion die vorderen und oberen Teile des Zwischen- hirnes einnimmt und durch eine Furche, den Sidcus Monroi^ Reichert, von der Trichterregion des Zwischenhirnes geschieden ist. Nach oben wird der dritte Ventrikel durch eine Deckplatte S^" ^'^ veütrikefr schlössen, deren Verhältnisse aus den Fig. 155, 157, 158 hinreichend deutlich werden. Dieee Deckplatte beginnt als unmittelbare Fortsetzung der Decke des Vierhügels und zeigt hier bald eine Verdickung, die nach und nach die Form eines kleinen Umschlages annimmt (Fig. 150) und die erste Spur der hinteren Kommissur darstellt. Etwas vor die- Comnmsura 1 posterior. ser Stelle erscheint bei etwas vorgerückteren Embryonen eine kleine, nach hinten gerichtete Ausbuchtung, die erste Spur der Zirbel, Glan- zirbei. dula pin ealis. Weiter nach vorn wird die Deckplatte des dritten Ventrikels immer schmäler (Fig. 158), um jedoch, dicht über dem MoNROischen Loche, wiederum sich zu verbreitern (Fig. 155) und dann unmittelbar in die Schlussplatte oder Vereinigungsplalte der Hemisphären sich fortzusetzen (Fig. 155, 156r). Diesen Übergang stellt Fig. 150 am klarsten dar, indem hier die Deckplatte des dritten Ventrikels cp und vt längs des Randes der Sichel /' in ihrer Fortsetzung in die Schlussplatte der Hemisphären /' in ihrer ganzen Ausdehnung dargestellt ist. Die Trichterregion des Zwischenhirnes zerfällt in einen Triihterregion. hinteren und einen unteren Abschnitt. Der erstere geht aus dem Boden des Mittelhirnes hervor und steigt an der vorderen Seite des mittleren Schädelbalkens bei jungen Embryonen (Fig. 150) ganz steil herab bis 46* 24-4 Entvsickelung des Nervensystemes. zum lufundibulum und zur Gegend des Sattels. Hier biegt die Trichter- region wie unter rechtem Winicel um, zeigt bald darauf seitlich eine Öffnung, den Anfang des Nervus opticus, und endet vor dieser Stelle Lannnatcrmi- jjiin^l durch die Laminci ter ininalis geschlossen, welche, in Fie. 150 unter dem Buchstaben f gelegen, als das Ende der Schlussplatte der Hemisphären angesehen werden kann. Anlaugend die Beschaffenheit der Wandungen der Trichterregion, so ist der Boden derselben nur hinten vor der Spitze des mittleren Schädelbalkens dick, welche Gegend noch an der Bildung der Hirnstiele sich beteiligt, weiter vorn dagegen ist die Trichterregion unten nur durch eine dünne Lamelle geschlossen, die die önm(ipiatte(ierQpun(^lplat,te heißen kann und in früherer Zeit, ohne weitere Diffe- Inchterregion. i " renzierungen zu zeigen, in die Lamina terminalis übergeht. Bald jedoch entwickelt sich in ihr in der Gegend zwischen beiden Sehnerven (Seh- chiasma. nervcuplatte, MiHALKovics) das Chiasma und ein Teil des Tractus opti- Tuher einer ewn. CHS , ferner am Infundibulum eine stärkere Hervorwölbung, das Tuber cinereum, und hinter diesem eine unpaare Wucherung, die Anlage der Corpora ma- Corvorci mamillaria (Fig 154, 2 , während zugleich die dicke Hirnstiel- anläge seitlich etwas mehr hervortritt und paarig wird, von welchem Zeitpunkte an der Boden der Trichterregion nicht mehr weit von den bleibenden Verhältnissen verschieden ist. Die untere Trichterregion ist das eigentliche Ende des primitiven Gehirnes oder des ursprünglichen Vorderhirnes, und betrachte ich an ihr als den vordersten Teil nicht die Gegend des Trichters, sondern die der Sehnervenursprünge samt der vor diesen gelegenen Lamina terminaliSy weil am primitiven Gehirn die hohlen Sehnerven oder die Abgangstellen der primitiv^en Augenblasen die allervordersten Teile einnehmen. Es erübrigt nun noch, von dem Hirn an hange und der Zirbel im einzelnen zu handeln. mjpophijsis ce- Der Ilirnauhang, Hupophysis cerehri, ist ein Gebilde, das rthn. ^ I ner zeigen dieselben bei ihrem ei'sten Auftreten keine Spur von zelligen Elementen, sondern ,,.„ ,„, ^ ° ' Flg. 174.. bestehen einzig und allein aus feinsten und kernlosen Fäserchen, die später zu den Achsencylinderu ihrer Fasern sich gestalten (Fig. 174). Aus diesen Thatsachen folgt unzweifelhaft, dass diese Nerven aus dem zentralen Nervensysteme hervorsprossen, und erscheint in anbe- tracht der bekannten Ursprungsverhältnisse der Nervenfasern die An- nahme berechtigt, dass die Fasern der primitiven motorischen Nerven nichts als Ausläufer gewisser Fortsätze der zentralen Nervenzellen sind. Fig. 174. Zwei Bündel aus dem Querschnitte der hinteren Wurzel eines Nervus spinaUs eines menschlichen Embryo von 8,5 mm , stark vergr. m mesodermatische Nervenscheide; a kernloses Bündel von Achsencylindern. 266 Enhvickelung des Nervensystemes. Von den sensiblen Nerven und deren Ganglien galt bis vor nicht langer Zeit die Lehre von Remak, dass dieselben selbständige Erzeugnisse des mittleren Keimblattes und zwar der Urwirbel seien, sehr allgemein als gut begründet, obgleich schon seit 1868 His die gangliösen Kopf- nerven und die Spinalganglien von dem an die Medullarplatte stoßenden Teile des Ektoderms, den er Zwischenslra n g nannte, ableitete. Vor einigen Jahren traten dann Balfolr und sein Schüler Milnes Mar- shall mit der neuen Lehre auf, dass bei den Plagiostomen und dem Hühnchen alle diese gangliösen Nerven aus dem Gehirn und Mark her- vorwuchern, und hat sich nun durch diese Untersuchungen und weitere Erfahrungen von Hensen, mir, His, Sagemehl (Unters, ü. d.Entw. d. Spinalnerven, Dorpat 1882) und Bedot (Rech. s. le devel. des nerfs spinaux chez les Tritons in Recueil zool. Suisse, 2, 1884) auf jeden Fall so viel feststellen lassen, dass es das Ektoderm ist, das auch diesem Teile des Nervensystemes den Uisprung gibt, mag es nun die Medullarplatte selbst sein (Balfolr, Hensen, ich, Sagemehl, Bedot) oder der unmittelbar an dieselbe angrenzende Teil des Ektoderms (M. Marshall) oder der weiter absiehende Zwischenstrang von IIis, der hierbei beteiligt ist. Die ersten Anfänge der betreffenden Ganglien und Wurzeln be- stehen in einer Längsleiste auf jeder Seite (neural ridge, M. Marshall), die, mag sie so oder so entstanden sein, auf jeden Fall später von der dorsalen Fläche des zentralen Nervensystemes ausgeht, wobei Marshall und zum Teil auch His eine Verbindung der Leisten beider Seilen an- nehmen, Sagemehl und Bedot eine solche leugnen. Diese »Ganglienleiste« (Sagemehl) oder Nervenleiste besteht jederseits aus einem vorderen Ab- schnitte, der den Trigeminus, Facialis-Acusticns und nach Marshall beim Hühnchen auch den Olfactorius erzeugt, und aus einem hinteren Teile, aus welchem der Glossophanjngeus und Vagus und alle sensiblen Wurzeln der Nervi spinales mit ihren Ganglien hervorgehen. Nachdem diese Nervenleisten, die Fig. 175 in der Längsansicht, Fig. 176, 177 im Querschnitte zeigen, eine Zeitlang bestanden haben, zerfallen dieselben in noch nicht genau ermittelter Weise in die einzelnen Nerven, welche nach und nach mehr zur Seite und, wie beim Gehirn, selbst an die ven- trale Fläche rücken. Jeder dieser Nerven besitzt anfangs scheinbar die Natur eines Ganglion und besteht ganz und gar aus zelligen Elementen, die denen des zentralen Nervenrohres so angelagert sind, dass sie keine Abgrenzung gegen dasselbe zeigen. Später entwickelt sich an der Ver- bindungsstelle die Wurzel des betreffenden Nerven, und wenn dies ge- schehen ist, treibt auch das Ganglion an der entgegengesetzten Seite den Nervenstamm hervor, der dann zuletzt beim Trigeminus und den Spinalnerven mit der motorischen Wurzel sich vereint. His und Sage- Entwickelung der peripherischen Nerven. 267 MEHL sind der Meinung, dass die Ganglien dieser Nerven nach ihrem ersten Auftreten eine Zeitlang ohne Verbindung mit dem zentralen Nervenrohre bestehen, ich dagegen glaube wie Hense.v und neuerdings auch Bedot aus meinen Erfahrungen an den Kopfnerven der Säuger den Schluss ableiten zu dürfen, dass dem nicht so ist und die Ganglien nie- mals vom Gehirn und Mark sich lösen. Jedenfalls aber werden die sen- siblen Wurzeln spater als die Ganglien sichtbar und entstehen wahr- scheinlich durch einen doppelten Vorgang, einmal dadurch, dass Nerven- fasern aus dem Zentralorgane in die Ganglien und durch dieselben hindurch in die Stämme der betreffenden Nerven hineinwachsen, und zweitens, indem auch von den Ganglien aus Nervenfasern in das Mark sich hineinbilden. Fis. 173 .\. Fig. 175B. Über die frühen Zustände der Nerven menschlicher Embryonen be- sitzen wir einige Angaben vonHis, die sich jedoch nicht aufdas erste Auf- treten derselben beziehen. Embryonen der vierten Woche von 7,0 — 7,5 mm zeigen die Anlagen der fünf gangliösen Kopfnerven, des V., VII., VIII., Fig. 175. Zwei aufeinanderfolgende Frontalschnitte durch den hinteren Teil des Markes, die Nervenleiste und zum Teil die Spinalgangiien eines menschlichen Em- bryo von 8,3 mm Länge, geringe Vergr. A. oberflächlicherer, B. der darauffolgende Schnitt, m Rückenmark; nZ Nervenleiste; ])en erwähnten menschlichen I']mbryoneu der vierten Woche ; ergaben erstens das Xovum. r dass auch hier eine zusam- l menhängende Nervenleiste sich findet, die, soviel ich wahrnahm, noch alle Spinal- ganglien untereinander verband (s. Fig. 1 75) . Zweitens fand ich au den- selben ganz bestimmt sensible Nervenwurzeln und zwar auch in den hin- teren Teilen des Markes. Drittens entsprangen die vorderen Wurzeln breit Fig. 176. Querschnitt durch das Mark und die angrenzenden Teile eines Hüh- nerembryo vom Ende des z.weiten Tages. Yergr. 255mal. uw ürwirbel; /i Hornblatt : h' verdünntes Hornblatt über dem Marke ; 5 Anlage der sensiblen Wurzel. Fig. 177. Querschnitt durch das Hinterhirn und die angrenzenden Teile eines Hühnerembryo von 44 Stunden in der Gegend der Gehörblase. Vergr. 222ma!. 0 offene Gehörblase; /; Ektoderm über dem Hinterhirn; hh Hinterhirn; a Anlage des gangliösen Nervus acusticus. ?\s. 177, Sympalhicus des Menschen. 2G9 und eiue au die andere austoßend aus dem Mark. Viertens endlich zeigten die Kopfnerven die von His beschriei)enen Verhältnisse, nur fand ich am Trigeminus ein dicht am G. Gassen' anliegendes Ganglion ciliare. Eine Ausnahme von dem hier Vorgetragenen würde sich ergeben, wenn es richtig wäre, dass der Seitennerv der Fische und Amphibien , der zu den Sinnesorganen der Seitenlinie geht, aus dem Ektoderm ent- steht, wie GöTTE, Semper, v. Wijhe und Hüffmann behaupten. Eshat jedoch schon Balfour, allerdings mehr aus theoretischen Gründen, die Meinung vertreten, dass dieser Nerv aus dem Vagus hervorwachse, und neulich hat J. Beard bei Salmo fario dies durch die direkte Beobachtung erhärtet. Wenn dem Angegebenen zufolge die Ganglien der Spinal- und Kopfnerven aus dem zentralen Nervensysteme hervorwuchern und somit ebenso gut wie die Netzhaut und der Bulbus olfactorius unmittelbare Ab- kömmlinge des Medullarrohres sind, so liegt es nahe anzunehmen, dass überhaupt alle Ganglien, auch die des Sympathicus ^ diesen Ursprung nehmen. Die Thatsachen sind nun allerdings noch nicht so weit, dass dieser Satz als vollkommen erwiesen sich ansehen ließe, immerhin sprechen eine Anzahl Wahrnehmungen von mir und andern (Schenks Mitteilungen, H. 3) so laut, dass wir allen Grund haben, für einmal an dieser Annahme festzuhalten. Demzufolge hätte man sich zu denken, dass die sympathischen Ganglien aus den Spinal- und gewissen Hirn- nervenganglien und alle kleineren solchen Organe aus den größeren hervorwachsen und dann nach und nach durch zwischen ihnen auf- tretende Kommissuren sich sondern. In betreff der Zeit des Auftretens der peripherischen Nerven be-E/stesAuftreteia ^ "^ der peripherea merke ich folgendes : Beim Hühnchen treten die ersten Spuren der gang- J^erven. liösen Kopfnerven am zweiten Tage bei Embryonen mit acht L'rwirbeln auf, bei denen eben das Medullarrohr sich schließt. Dasselbe gilt auch von den Spinalganglien mit dem Bemerken, dass dieselben von vorn nach hinten sich bilden und immer um die Zeit des Schlusses des Markes auf- treten. Beim Kaninchen zeigen sich die gangliösenNerven am neunten Tage. Die motorischen Wurzeln erscheinen bei Säugern und Vögeln später als die Ganglien, aber früher als die sensiblen Wurzeln. Der Sgmpathicus erscheint um ein Geraumes später als die cerebrospinalen Ganglien. Beim Menschen sah ich den Grenzstran«; des Si/mpathicus bestimmt Sijwpaüncns: ■- "^ -• des MeuscUen- bei 17 — 19 mm langen Embryonen, doch wird derselbe erst am Ende des zweiten und im dritten Monate deutlicher. Die Ganglien desselben liegen von Anfang an dicht an den knorpeligen Wirbelk*örpern. Anfänglich ohne Zwischenstränge, eins dicht am andern gelegen, entwickeln sich nachher solche Fäden zwischen ihnen, doch geht es hiermit sehr langsam vorwärts, wie nachstehende Fig. 178 zeigt, die den Grenzstrang eines 270 Entwickelung des Nervensyslemes. Embryo aus dem vierten Monate darstellt, in welchem die Brustganglien noch gar nicht geschieden sind und die Lendenganglien eben anfangen sich zu trennen, während auffallenderweise die Sakral- und Halsknoten schon Verbindungsstränge besitzen. Über die Entwickelung der peripherischen Geflechte des Sympathicus des Menschen und der Säugetiere wissen wir fast nichts. Den Plexus coeliacus sah ich schon bei Embryo- nen des dritten Monates von der neunten Woche an, zu wel- cher Zeit auch die Spkmchnici majores schon deutlich sind. Auffallend war mir, dass bei solchen Embryoneu aus dem dritten Monate der ganze Raum zwischen den Nebennieren, y, Nieren und Geschlechtsdrüsen von einem Nervengeflechte mit ''^^)j|; zahlreichen größeren Ganglien eingenommen war, das ziem- r. \) lieh deutlich zwei Hälften erkennen ließ, und erinnerte das- (] selbe lebhaft an die von Remak beschriebenen Geschlechts- •s-'Wi nerven des Hühnchens. Ja es ereaben sich selbst einige y Thatsachen , die für eine Beziehung dieser Geflechte zu den F" -178 Nebennieren sprechen. So sah ich bei einem dreimonat- lichen Embryo die Nebennieren vor der Aorta durch eine Quermasse verbunden, in welche der Splancknicus sich verlor und die offenbar zu dem erwähnten Nervengeflechte gehörte, und kann bei dieser Gelegenheit daran erinnert werden, dass schon Valemix und Meckel die Nebennieren ursprünglich als zusammenhängend beschreiben. Unter- suchungen ferner an Kalbsembryonen haben ergeben , dass auf jeden Fall dasselbe Blastem, das den erwähnten Nervenplexus liefert, mit sei- nem oberen Teile die Nebennieren erzeugt, die keinerlei genetischen Zu- sammenhang weder mit den WoLFFSchen Körpern noch mit den bleiben- den Nieren haben, doch ist es bisher noch nicht gelungen nachzuweisen, ob dieselben wirklich in einem innigeren Verbände mit den sympathi- schen Plexus vor der Aorta stehen oder nicht. Histologische Über die Entwickeluns: der Elemente des peripherischen Nerven- Entwickelung . . ^ .' ^ der Nerven, systcmcs berichte ich in Kürze folgendes. Die Stämme der sensiblen und motorischen Nerven treten ohne Ausnahme in erster Linie als Bün- del feinster paralleler Fäserchen auf, zwischen denen keine Kerne und keine Zellen sich befinden. Von dieser fundamentalen Thatsache ist es leicht bei Kaninchenerabryonen am Trigeminus und Oculomotoi-ius, so- wie an den Nerven der hervorsprossenden Extremitäten sich zu über- Fig. 178. Grenzstrang des Sympathicus eines viermonatlichen Embryo von 4" 4^2'" Länge in natürlicher Größe. 1. 2. 3. Ganglia cervicalia ; 4. letztes Ganglion thoracicum; c Ganglia lumbalia ; 5. Ganglia sacralia; e Ganglion cocjygeum; sp Splancknicus major. Sympathicus des Menschen. 271 zeugen, und l)eweist dieselbe wohl unzweifelhaft, dass die Nervenfasern nicht in loco aus peripheren Zellen sich bilden, sondern aus den Zenlral- organen (Gehirn, Mark, Ganglien) hervorsprossen. In zweiter Linie ordnen sich die die Nerven umgebenden Mesodermelemenle zu einer zelligen Scheide (Fig. 174), und in dritter Linie wuchern diese Zellen anfangs spärlich und dann immer reichlicher in das Innere der Nervenstämme herein und umhüllen schließlich die einzelnen Achsencylinder als ScHWANNSche Scheiden, welche demzufolge sekundäre, der Nervenfaser, d. h. dem zuerst allein vorhandenen Achsencylinder ursprünglich fremde, vom Mesoderm abstammende Bildungen sind. Diese Zellen der Schwanx- schen Scheiden, die ich RANViERSsche Zellen nennen will, sind an- fänglich kurz, und dem entsprechend sind auch die RANViERsschen Seg- mente bei Embryonen viel kürzer als bei Erwachsenen. Doch genügt das Längenwachstum der Segmente eines einmal gebildeten Nerven nicht, um das Gesamtlängenwachstum derselben zu erklären, vielmehr konunt nach ViGN AL (Arch. d. Phys., 1883, S. 536) auch eine Bildung neuer Segmente zwischen den alten dazu, dadurch dass neue RANViERssche Zellen aus dem umgebenden Gewebe an die Einschnürungstellen sich anlegen, welche hierauf zu einem neuen Segmente auswachsen. Das Nerven mark wird am besten als eine Ablagerung aus dem Blute auf die Achsencylinder aufgefasst, bei welcher wahrscheinlich die Ranviers- schen Zellen mit beteiligt sind. Bei den Nervenendigungen von Em- bryonen, wie z. B. der Froschlarven, deute ich die von mir vor Jahren beschriebenen kernhaltigen verästelten Fäden, in denen dunkelrandige Fasern zu einer oder mehreren sich bilden (s. meine Abh. in An. d. sc. nat., 1846), als Nervenscheiden miteingeschlossenen Achsencylindern, und im Gehirn und Rückenmark, dessen Elementen ScHWANNsche Schei- den fehlen, sind die Zellen der Stützsubstanz die Vertreter derselben in anatomischer und in physiologischer Beziehung. Über die Bildung der eigentümlichen Olfactoriusfasern siehe unten beim Geruchsorgane. III. Entwickelimg der Sinnesorgane. A. Auge. §32. Erste Entwickelung des Auges, Anlage seiner Hauptteüe. Die Entwickelung der Augen beginnt beim Hühnchen und beim . Primitive '-' o ij Augenblasen. Säugetiere mit dem Auftreten zweier seitlicher Ausstülpungen des primi- 272 Entwickeluns der Sinnesort:ane. Angenlilaseu- stiel. J hl Umwandlungen der primitiven Augenblasen im allgemeinen tiven Vorderhirues, der primitiven Au gen blasen, von denen in früheren Paragraphen schon die Rede war und die His auch bei drei menschlichen Embryonen von 2,4, 2,6 und 4 mm gesehen hat. Einmal gebildet, schnürt sich die primitive Augenblase allmählich vom Vorderhirne ab, so dass sie wie einen Stiel bekommt, der nichts anderes ist als die Bahn, in welcher spater die Fasern des Nervus opticus sich ent- wickeln, und zugleich rückt die ganze Augenanlage nach und nach an die untere Seite des Vorderhirues in die Gegend, die späterZwischenhirn heißt. Auf dieser Stufe angelangt, gehen die Augenblasenstiele von der Basis des Zwischenhirnes aus, während die Blasen selbst so gelagert sind, dass sie mit der oberen und proximalen Seite dem Vorderhirne zugewendet erschei- nen, mit der unteren dagegen, sowie mit der dem Stiele entgegengesetzten (distalen) Polfläche gegen die äußeren Bedeckungen gerichtet sind. Die äußere Bedeckung der Augenblase wird beim Hühnchen nur von dem Hornblatte [Ektoderm] gebildet, wäh- rend bei den Säugetieren eine dünne Mesodermlage zwischen der Augen- blase und dem Hornblatte sich hindurchzieht. In betreff der weiteren Veränderungen der primitiven Augenblasen gebe ich nun zunächst zur Erleichterung des Verständnisses der etwas schwierigen Verhältnisse folgende übersichtliche Schilderung. Die pri- mitive Augenblase wird nicht als solche zum späteren Bulbus, vielmehr bildet sich dieser 1) aus der primitiven Blase, 2) aus einer dieselbe einstülpenden Wucherung des Mesoderms und des Hornblattes, die man kurzweg als der äußeren Haut angehörig bezeichnen kann, aus welcher die Linse, der Glaskörper und bei Säugern die Tunica vasculosa lentis -Uw Fi". 179. Vorderer Teil des Eml^ryo eines Hühnchens vom Ende des zweiten Ta^es vom Rücken lier. 40mal vergr, F/i Vorderliirn ; Mh Mittelhirn; 7//« Hinter- hirn; ^&« Augenblasen; //Herz; L'w Urwirbel ; J/c Medullarrohr; J/r' Wand der zweiten Hirnblase; Vom Vena omphalo-mesenterica. Piimitive Ausenblasen. 273 entsteht, und 3) aus einer vom mittleren Keimblatte oder den sogenann- ten Kopfplallen abstanuiienden äußeren Umhüllung, welche die Sclera und Cornea samt der Aderhaut und Iris mit Ausnahme des Pigmentum nif/nwi erzeugt. Sobald nämlich die primitive Augenblase ihre bleibende Stellung eingenonunen hat (Fig. 180], wird dieselbe am distalen Pole durch eine Wucherung des Hornblattes, die zur Linse sich abschnürt, so eingestülpt, dass ihre vordere Wand an die hintere Wand sich anlegt, wodurch die primitive Blase als solche ganz verschwindet und nun ein doppeltblätteriges becherförmiges Gebilde darstellt, das mit seinem vor- Liiise. .9 Fig. 180. Fia. 181. deren Rande die Linse umfasst Fig. ISl). Gleichzeitig mit dieser Ein- stülpung und unmittelbar nachher wuchert aber auch die Cutis (d. h. die an das Ehtoderut angrenzenden Mesodermlagen) medianwärts von der Linse und unterhalb derselben gegen die primitive Blase und ihren Fig. 180. Sclinitt durch den Vorderivopf eines Kanincliens von 10 Tagen. Vergr. 40mal. a6 Augenblasen i0,26 mm hocti) ; « s Augenblasenstiel (Lumen 83 a weit); V Vorderhirn; m Mitteiiiirn ; i Infundibulum ; ch durchschimmernde Chorda; V Venen; g verdicivtes Hornblatt in der Gegend der späteren Geruchsgrübchen; mes Mesoderm. Fig. 181. Frontalschnitt durch die Anlage des Auges eines Hühnerembryo vom Ende des zweiten Tages, so dass der Stiel der primären Augenblase sichtbar ist. Mit punktierten Linien sind die Konturen eines Schnittes angegeben , der neben dem Augenstiele durchgehen würde. Vergr. etwa lOOmal. rA Holde des Vorderhirnes ; s Stiel der primären Augenblase; ^ja primäre Augenblase, vorn schon etwas einge- stülpt; r vordere Wand derselben, die später zur Retina Avird; p hintere Wand der- .selben, Anlage des Pigmention nigrum ; h Hornblatt vor der Augenblase; l Linsenan- lage, eine verdickte Stelle des Hornblattes mit einer Grube, der Linsengrube. Kö llik er, tirundriss. 2 Aufl. \^ 274 Entwickelung des Au^es. /. Stiel oder den späteren Sehnerven und treibt die untere Wand der Blase gegen die obere. Hierdurch entsteht unter und hinter der Linse ein Glaskörper. ])esonderer Raum, der die neue Wucherung oder die Anlage des Glas- körpers enthält, und gewinnt so die primitive Augenblase eine eigen- tümliche Haubenform, welche Fig. 182 deutlich macht. Der Augen- blasenstiel wird infolge dieser Wu- cherung bei Säugetieren von einem hohlen Cyliuder, der er bis dahin war, zu einem abgeplatteten Ge- bilde, und schließlich biegt sich derselbe noch so um, dass er nach der Ventralseite zu eine Halbrinne enthält, während zugleich der frü- here innere Hohlraum inmier mehr schwindet. Denkt man sich Linse und Glaskörperanlage , sowie die Einstülpung in den Stiel der primi- tiven Augenblase weg , so würde die letztere nun wie ein gestielter doppeltblätteriger Becher erschei- nen, an dessen einer Seite eine breite Spalte sich fände. Die Höh- lung, zu der die erwähnte Spalte führt, ist natürlich nicht die ur- sprüngliche Höhlung der primitiven Blase, die mit der Hirnhöhle in Verbindung steht, sondern ein neues, an der Außenseite der ursprüng- lichen Blase entstandenes Cavum, für welches nun auch ein neuer Name, der der Höhle des Augapfels, nötig wird, während die eingestülpte Augenblase, primitive Blase die »sekundäre Augeublase« heißt (Fig. 182.) Im Fig. 182. Senkrechter Längsschnitt durch das Auge eines vier Wochen alten menschlichen Fötus in zwei Ansichten, die durch verschiedene Einstellung gewon- nen wurden. 1. Ansicht der Schnittfläche selbst, die neben dem Eintritte des Seh- nerven und der Augenspalte angelegt wurde. 2. Scheinbare Schnittfläche in der Ge- gend der Augenspalte, o untere Wand des platten, aber noch mit einer Höhlung co versehenen Nervus opticus, die in 2 mit«, der inneren Lamelle der sekundären Augen- blase oder der Retina, in Verbindung steht, in -1 dagegen mit der äußeren Lamelle a derselben verbunden erscheint; o' obere Wand des Setinerven ; p Stelle der äußeren Lamelle der sekundären Augenblase, wo die Bildung des schwarzen Pigmentes schon begonnen hat; l Linse, deren Höhlung nicht dargestellt ist; g Glaskörper; g' Stelle, wo der Glaskörper durch die Augenspalte mit der in das Auge eindringenden Cutis- lage zusammenhängt. Vergr. 100. Fig. 1 Hülile des Aug- apfels Linse. 275 weileieü Yerltiufe nun verwächst die Spalte der sekundären Augenljlase und des Augenblasenstieles oder die fötale Au gen spalte, und er- ^•^•''^J^^l^'^seu- scheint dann die vorhin erwähnte Wucherung des Mesodernis als isolier- tes Corpus vitreum und als bindegewebige Achse mit den Vasa centralia im Sehnerven. Die vordere Öffnung der sekundären Blase, in der die Linse Hegt, wird bei den Vögeln von Anfang an nur von dem llornblatte verschlossen, wogegen bei den Säugern auch eine dünne Mesodermlage vor der Linse vorbeigeht, die mit einer ähnlichen, die hinteren Teile der Linse umfassenden Lage zusammenhängt, welche Umhüllung der Linse von der uranfänglich zwischen der primitiven Augenblase und dem Ek- toderm gelegenen Mesodermschicht abstaunnt, mit dem primitiven Glas- körper untrennbar zusammenhängt und mit demselben zusammen die Anlage der später zu beschreibenden gefäßhalligen Kapsel der Linse darstellt. Aus den die sekundäre Augenblase von außen umschließen- den Mesodermlagen, die bei Säugern mit der gefäßreichen Kapsel der Linse zusammenhängen, differenziert sich nach und nach eine besondere Faserhaut heraus, die später in Aderhaut und Sclera zerfällt, jedoch noch bevor diese letzte Sonderung vollendet ist, aus ^ihrem vorderen Teile^die Hauptmasse der Cornea und die Iris hervortreibt. §33. Linse, Glaskörper. Bei den Vögeln ist die Linsenbildung leicht zu verfolgen, und Linse der vögei. zeigt Fig. 181 nahezu den frühesten Zustand des Organes, in welchem dasselbe eine 0,026 nun dicke Stelle des Ektoderms darstellt, die in der Mitte eine leichte Einsenkung, die Linsengrube, besitzt. Diese Linsen- anlage, die der Stellung der Kerne zufolge wie mehrschichtig erscheint und an der freien Fläche ebenso wie das Ektoderm eine einfache Lage ganz platter Schüppchen besitzt, wandelt sich nach und nach in eine Blase um, indem der Rand der Grube sich zusammenzieht, welchem Sladium Fig. 183 entnommen ist. Endlich schließt sich am dritten Tage die Öffnung, die in die Linsengrube führt, von welcher Fig. 183 noch den letzten, etwas exzentrisch gelagerten Rest zeigt, so dass dann die Linse eine fast gleichmäßig dicke rundliche Blase darstellt (Fig. 184). Die weitere Entwickeluug der Linse des Hühnchens ist anfangs ebenso wie bei den Säugetieren (s. unten'. Auffallend und eigentümlich ist an dieser Linse später nur die Dicke der seillichen Wand der Linsen- blase, welche mit einer besonderen Bildung der fertigen Linse des Vogels in Zusammenhang steht. 18* 276 Entwickeluna des Auses. LinsederSäuge tiere. Bei den Säugetieren entwickelt sich die Linse wesentlich wie beim Hühnchen, und zeigt Fig. 185 eine offene Linsengrube. Am zwölften Tage schnürt sich beim Kaninchen die Linse ab and erscheint dann auf kurze Zeit als eine überall gleich dicke Blase, wie Fig. 188 A ■i Fig. 183. Fig. 184. eine solche vom Menschen zeigt. In weiterer Entwickelung wuchern die Zellen der hinleren Wand der Linsenblase und nimmt die Linse die Fornf> an, welche Fig. i86 wiedergibt. Noch später zeigt die Linse die Verhältnisse der Fig. 187, und lässt sich aus diesen Figuren mit Leich- tigkeit das Bildungsgesetz der fötalen Linse nachweisen. Es bilden sich nämlich die Zellen der hinteren Wand der fötalen Linsenblase alle in Fasern um in der Art, dass die mittleren Zellen am raschesten, die seit- lichen weniger schnell wachsen, wodurch bewirkt wird, dass die ganze hintere Wand der Linsenblase in Gestalt einer kugeligen Warze sich Fig. 1 83. Flächenschnitt durch die Augenanlage eines Hühnerembryo vom dritten Tage (Osmiumpräparat). Vergr. 1 43mal. a Linsengrube ; 6 W'^and der Linsenblase ; f Zusammenhang derselben mit dem HornblaUe ; de sekundäre Augenblase ; e vor- dere Hälfte derselben (Retina) ; cI hintere Hälfte derselben (Pigment) ; m Wand des. Vorderhirnes. — Die warzenartige \Völbung an beiden Blättern der sekundären Augen- blase scheint W'lrkung des Reagens zu sein. Fig. 184. Horizonlalschnitt durch das Auge eines Hühnchens vom dritten Tage. Yergr. 106mal. m Mesoderm ; e Ektoderm; / Linse (im Diam. antero-posterior dick 0,1 ö6 mm) ; r Retina, dick 0,07 mm; p i*igment; g Glaskörper. Linse. erhebt, welche immer mehr in die Höhle der Blase vorspringt und schließlich dicht au die vordere Wand heranrückt, so dass dann die Höhle bis auf eine schmale Spalte versehwunden ist. Hierbei zeigen die aus den Epithelzellen der Linsenblase hervorgehenden Linsenfasern // n / Fic. -180. Fis. 186. ganz bestimmte Anordnungen, und zwar verlaufen die in der Achse ge- legenen Fasern ganz gerade nach vorn, während die seillichen immer mehr sich krümmen in der Art, dass sie ihre Konkavität dem Äquator der Linse zuwenden. Diese Bogenfasern werden gegen den Linsenrand immer kürzer und gehen dann ganz allmählich wesentlich in derselben Fig. 183. Horizonlalschnitt durch das Auge eines Kaninchens von 12 Tagen und 6 Stunden. Yergr. VOmal. o Stiel der Augenblasc mit weiter Höhlung; ä' Rest der Höhlung der primären Augenblase; p proximale Lamelle der sekundären Blase (Pigmentum niorum'; r distale Lamelle (Retina) ; g Glaskörper; l Linsenblase, bei ol weit offen, im Grunde bei l' wie mit einer warzenförmigen Auflagerung ; w Meso- derm mit v, einem Ringgefäße am vorderen Rande der sekundären Blase ; e Ekto- derm. Fig. 18G. Auge eines Kaninchens von 14 Tagen und 0,76 mm Breite im Horizon- talschnitte. Vergr. 63 mal. o Opticus; p Pigmentum nigrum ; r Retina; g' Glaskörper. Zwischen beiden Teilen ein durch Schrumpfen des Glaskörpers entstandener Zwi- schenraum; / hintere dicke "Wand der Linsenblase oder Anlage der Linse; le vor- dere dünne Wand der Linsenblase oder Epithel der Linsenkapsel; zwischen beiden der Rest der Höhlung der Linsenblase; m Mesoderm um die sekundäre Augenblase herum, noch ohne Andeutung von Sdera und Chorioidea ; m' Stelle, wo dieses Meso- derm mit der mesodermatischen Umhüllung der hinteren Wand der Linse oder dem Glaskörper zusammenhängt; m" dünne Mesodermlage vor der Linse, Anlage der Pupillarhaut und zum Teil auch der Cornea. Das Epithel vor dem Auge (späteres Konjunktivalepithel) ist bis auf einen kleinen Rest bei e abgefallen. 278 Entwickeluii" des Auges. / 3- »71 P -l tn/p Weise in die Zellen der vorderen Wand der Linsenblase über, wie ich dies von Erwachsenen vor langer Zeit abgebildet habe (Mikr. Anat., Fig. 426). Die fötale, gut ausgebildete Linse unterscheidet sich sehr wesentlich von dem fertigen Organe einmal dadurch, dass alle Linsenfasern Kerne besitzen, und zweitens '-^■'■' • durch den Verlauf der Fasern, die der Achse des Organes mehr oder weniger parallel von der hinteren zur vorde- ren Flache ziehen. Der spätere konzentrisch blätterige Bau kommt dadurch zustande, dass nach und nach die jungen, neu sich anlagernden Fasern der Oberfläche der Linse parallel sich krümmen und die erstgebildeten Fasern überwuchern, so dass zuletzt die fötale Linse zum Kerne des ferti- gen Organes wird. Hierbei tritt dann auch die Bildung der Lin- sensterne ein, die unter der Voraussetzung, dass alle Linsenfasern eine gleiche Wachstumsgröße besitzen und gleich lang sind, im allgemeinen leicht verständlich ist, wenn auch auf die Erklärung der besonderen Form der Sterne für einmal verzichtet w^erden muss. Während dieser Umgestaltungen der Gesamtlinse ändern sich auch die Verhältnisse der Kerne der Linsenfasern. Anfangs sind dieselben, wie schon bemerkt, Fig. 187. Horizontalschnitt durch das Auge eines 18 Tage alten Kaninchens. Vergr. 30raal, o Opticus; ap Ala parva; in, m Musculi recti ; oi Ouliq. inferior; p Pigmentum nigrum ; r Retina; /"Anlage der Sclera und Chorioidea; rc Pars ciliar is retinae ; p' vorderer Rand der sekundären Augenblase oder Anlage des Irispigmentes ; g Glaskörper, durch Schrumpfen von der Retina abgehoben, außer hinten, wo die Art. capsularis als Fortsetzung dev Art, centralis retinae erscheint; i Iris; mp Mem- brana pupillaris ; c Cornea mit Epithel e; pa Palpehra superior ; pp Palpebra inferior; l Linse, 1,45 mm breit; l' Linsenepithel, /" Fig. 187. Linse. Glaskörper. 279 in allen Fasern vorhanden und liegen in der eben gebildeten J.inse so, dass sie eine besondere Zone bilden, deren Gestalt aus den Figuren 186 und 187 deutlich hervorgeht. Später verkümmern die zentralen Kerne, so dass die fertige Linse nur noch in ihren Randschichten solche zeigt. Die strukturlose Linsenkapsel ist entweder eine Kutikularbildung Linsenkapsel. und wird von den Linsenzellen abgesondert oder es stammt dieselbe vom mittleren Keimblatte und stellt die äußerste Begreuzungslage des- selben gegen die epidermoidale Linse dar. Von den ersten Zuständen der Linse r. z Linse des iien- y / sehen. des Menschen sind beobachtet: 1)eine — — -^ offene Linsengrube bei Embryo- tf^ ' nen der dritten und vierten Woche von Kessler und mir (Würzb. Festschrift zum Züricher Jubiläum) , 2) eben a b ge- / ; - schnürte hohle Linsen, von 0,13 bis 0,16 mm (Hls, Bamkeke, ich) bei Em- ^"^Uisb„ jrA'^^'" "-/. bryonen der vierten Woche, 3) hohle /^ y Linsen von 0.35 mm mit beginnender Pj„ ,gg Verdickung der hinteren Wand bei einem Embryo von 15 mm der fünften bis sechsten Woche. Bei Embryo- nen der achten Woche ist die Linse schon gut angelegt, ohne Spur der früheren Höhlung, 0,43 — 0,54 mm groß. Die Linse des älteren menschlichen Fötus vom fünften Monate an und die des Neugeborenen hat einen dreistrahligen Linsenstern. Die Linsen- kapsel misst beim Neugeborenen an ihrer vorderen Wand 7,6 — 8,1 ix. Zu derselben Zeit, in welcher die Linse sich anlegt, erscheinen Bildung des auch die ersten Spuren des Glaskörpers. Während nämlich von vorn *^ ''^^^^'" her die Linse sich gegen die primitive Augenblase heranbildet, geschieht dies nahezu gleichzeitig auch von unten her durch einen Fortsatz oder eine Wucherung des Mesoderms, die man nicht unrichtig als der Cutis und dem subkutanen Gewebe angehörig bezeichnen kann, wenn aucli das mittlere Keimblatt um diese Zeit am Kopfe noch gar keine Unter- abteilungen zeigt. Anfänglich erscheint dieser Fortsatz in Gestalt einer Fig. 188. Vordere Hälfte eines frontal durchschnittenen Auges eines vier Wochen alten menschlichen Embryo, von der Schnittfläche aus gesehen, lOOmal vergr. l Linse mit einer zentralen Höhle; g Glaskörper, durch einen Stiel g', der durch die Augenspalte hindurchdringt, mit der Haut unterhalb des Auges verbunden; v Ge- fäßschlinge, die in diesem Stiele in das Innere des Glaskörpers eindringt und hinter der Linse liegt; i innere Lamelle der sekundären Augenblase oder Retina; a äußere Lamelle derselben, die bei a' schon Pigment in ihren Zellen enthält und zur Pi-menl- lage der Chorioidea sich gestaltet; h Zwischenraum zwischen beiden Lamellen oder Rest der Höhle der primitiven xVugenblase. 280 Entwickeluns des Auses. Glaskörper des Meuschen. kurzen und schmalen Leiste, welche unmittelbar hinter und unter der Linse die untere Wand der primitiven Blase gegen die obere drängt, bald aber wuchert dieser Fortsatz, mit Ausnahme seiner Abgangsstelle vom Mesoderm, zu einem massigeren Gebilde heran, welches im allge- meinen die Form einer mehr oder weniger dicken, vorn und unten offenen Kugelschale besitzt, mit andern Worten, in seiner Gestalt derjenigen der Höhlung der sekundären Augenblase entspricht, wenn man den Raum abzieht, den die Linse erfüllt. Mit dem äußeren Mesoderm hängt der Glaskörper so lange zusammen, als der enge Zugang zur Höhlung der sekun- dären Augenblase, der die fö- tale Augenspalte heißt, offen ist. Sobald jedoch diese sich ge- schlossen hat, erscheint die se- kundäre Augenblase als ein Becher, der in seinem Innern den Glaskörper und an seiner Mündung die Linse enthält. Von diesen Vorgängen kann man sieh sowohl bei den Vögeln als bei den Säugetieren überzeugen, doch ergeben sich zwischen diesen beiden Tierabteilungen insofern bemerkenswerte Un- terschiede, als einmal bei den Säugetieren auch der Sehnerv in ansehn- licher Länge eingestülpt wird , während bei den Vögeln ein solcher Vorgang nur an der Eintrittsstelle desselben ins Auge statthat, und zweitens der eben gebildete Glaskörper der Säuger zellige Elemente enthält, die demjenigen der Vögel ganz fehlen. Von den Vögeln ist noch zu bemerken, dass die Augenblasenspalte auch von außen am Auge zu bemerken ist, wie Fig. 53 zeigt. In betreff des Menschen sind ältere und neuere (1. s.c.) Erfahrungen von mir auch jetzt noch die einzig vorliegenden. Bei einem vier Wochen alten Embryo war an Frontalschnitten (Fig. 190) die Einstülpung der primitiven Augenblase hinter der Linse und der von außen eindringende Mesodermfortsatz deutlich zu sehen. Dasselbe zeigt auch Fig. 188. welche den vorderen Abschnitt desselben Auges von der hinteren Seite aesehen zugleich mit der Linse wiedergibt. In beiden Figuren stellt / \ Fig. 189. Frontalschnilt durcli den Ivopf eines Hühnerembryo von drei Tagen und sechs Stunden in der Augengegend, etwa 40mal vergr. o Augenblasenstiel am Zwischenhirn; p proximale, d distale Wand der sekundären Augenblase ; l Linse; g Glaskörper. Glaskörper. 281 die innei'e dickere und (i die äußere dünnere Lamelle der eingestülpten primitiven Blase dar, die au der Augenspalte ineinander übergehen. Der Glasköri)er j^ erscheint im Umkreise kreisrund, von etwa 0,17 mm Durchmesser und steht durch einen am voj-deren Segmente breiteren, am hinteren schmäleren Stiel g oder besser durch eine Leiste mit der das Auge von unten her begrenzenden Me- „, sodermlage im Zusammenhang. Im verde- ' reu Segmente drang durch diesen Stiel ein Gefäß in den Glaskörper ein und endete im unteren Dritteile desselben mit einer ^ Schlinge, eine Bildung , die kaum anders denn als erste Andeutung der Glaskörper- gefäße zu deuten ist. Der Glaskörper selbst sah bei schwächeren Vergrößerungen körnig, bei stärkeren wie aus kleinen Zellen zu- sammengesetzt aus. Zur Vervollständigung dieser Erfahrungen können die in Fig. 182 dargestellten sagittalen Durchschnitte des andern Auges desselben menschlichen Embryo dienen, die, wenn sie auch von Säugetieraugen desselben Stadiums durch die Größe des Glaskörperraumes abweichen und wahrscheinlich etwas ver- ändert sind, doch als die einzigen, die wir vom Menschen haben, von Werl sind und die Ilauptverhältnisse deutlich erkennen lassen. Fig. i 82 / ist leicht verständlich und zeigt einfach die eingestülpte primitive Augen- blase mit Linse und Glaskörper so, wie sie erscheinen, wenn der Schnitt neben der Augenspalte und dem Sehnerven durchgeht. Fig. 1 82 ^dagegen stellt einen Schnitt mitten durch denSehnerven und die Augenspalte dar, an welchem somit eine untere Begrenzung der sekundären Augenblase fehlt, indem der Glaskörper hier unmittelbar in das mittlere Keimblatt übergeht. Neue Erfahrungen haben mir ergeben, dass der Glaskörper von unten und vorn in das Auge sich hineinbildet und reichlich mit Zellen versehen ist. Wie in dem geschilderten Embryo war derselbe auch bei zwei andern Embryonen der vierten Woche noch nicht abgeschnürt. In keinem dieser Fälle waren die am Opticus eindringenden Gefäße des Organes bereits mit denen vor dem Auge in Verbindung. Ich wende mich nun zur Schilderung der Gefäße des Glaskörpers ^^»nea rascK- ,,,. iiriMi T 1.1 1^. ^<'*" lentis. und der Linse oder den Bddungen, die man bisher als Tunica vascvlosa Fig. 190. Hinlere Hälfte des senkreciit durchschnittenen Augos eines vier Wochen alten menschlichen Embryo (desselben Auges, das in Fig. 48S dargestellt ist), bei auf- fallendem Lichte von vorn betrachtet, 64mal vergr. «äußere Lamelle der sekundären Augenblase (Pigmentschicht); i innere Lamelle derselben ;Retina); g Glaskörper; [/' Stiel desselben in der Augenspalte; h Rest der Höhle der primitiven Augenblase. 282 Entwickeluns; des Auees. Membrana tapsrilcais. lentis bezeichnet hat, welche Gefäße für das menschliche und Säuge- tierauge bezeichnend und offenbar für die Bildung des Glaskörpers und der Linse von großer Wichtigkeit sind , während sie bei den Vögeln fehlen. Nehmen wir als Ausgangspunkt für die Schilderung der Tunica vasculosa lentis eine spätere Zeit, in der alle Teile derselben gut aus- geprägt sind, so finden wir folgendes. Die große und so dicht an der Hornhaut anliegende Liuse, dass von einer vorderen Augenkammer eigentlich noch keine Rede sein kann, ist nach außen von ihrer Mem- brana propria [l] von einer dichten Gefäßschicht umschlossen, welche als Membrana capsular is sich eng an die hintere Fläche des Organes Fis. 191, anschließt (v], dann am Rande der Linse auf die vordere Fläche umbiegt jVembrmmcup- IJUembrana capsiilo-pupillaris) und schließlich als Membrana ^[Taiaris pup ill'^f'^is zwischen Iris und Linse, die ebenfalls dicht beisammen liegen, bis zum Irisrande nach vorn verläuft (cp), woselbst sie mit der Iris zusammenhängt und der Cornea dicht anliegend das Sehloch ver- schließt [p). Die Gefäße der Tunica vasculosa lentis zeigen folgendes Verhalten: Die Arteria centralis retinae gibt beim Eintritte in den Bulbus eine kleine Arterie, die Art. hyaloidea s. capsularis ab, welche in dem soge- nannten Canalis hyaloideus, der mit der Area Martegiani beginnt, durch den Glaskörper gegen die Linse verläuft. Etwas hinter der letzteren und gewöhnlich nicht ganz in der Mitte, sondern der unteren Seite näher s})altet sich dieselbe pinselförmig in Aste, welche an der hinteren Gefäße der Tu- nica vacnlosa lentis. Fig. 191. Vorderer Teil des halbierten, 10,3 mm großen Auges eines Kalbserobryo, vergr. l strukturlose Linsenkapsel ; v hinterer Teil der gefäßhaltigen Kapsel der Linse; cp Membrana capsiilo-pupillaris ; p Membrana papillaris; h M. hyaloidea und Fortsetzung derselben in die Zonula linnii , die mit der M. capsulo-pupillaris sich ver- eint. Die hintere Wand des PETixsclien Kanales wurde nicht gesehen und ist daher nicht gezeichnet; ;• Retina; sc Sclerotica und Chorioidea ; i Iris; c Cornea, ohne Con- junctiva dargestellt. — Alle Zwischenräume zwischen der Linse und ihrer gefäß- reichen Kapsel, sowie zwischen dieser und der Iris und Cornea und zwisciien diesen beiden Teilen selbst sind in natura nicht da und mussten der Deutlichkeit wegen ge- zeichnet werden. Tunica vasculosa lentis. 283 Wand der Linse hautartig sich ausbreiten, Nach allen Seiten strahlen hier unter spitzwinkeligen Teilungen, welche sich vielfach wiederholen, die kleinen Ästchen der Arteria capsularis aus und gehen endlich am Äquator der Linse in eine große Menge feiner paralleler Zweigelchen aus (Fig. 192). Verfolgt man diese weiter, so findet sich, dass dieselben um den Rand der Linse herum in den vorderen Teil der Gefäßhaut der Linse, d. h. in die Membrana capsjtlo-pupillaris und pupillaris über- gehen und hier mit andern Gefäßen, die von der Iris in die Pupillar- haut übergehen, sich vereinen. Von vorn gesehen erscheint das Gefäß- netz in folgender Weise (Fig. 193). An der Stelle der Pupille bemerkt Fig. 192. Fig. 193: man eine zarte durchsichtige Membran mit zahlreichen radiären Blutge- fäßen. Die feineren unter denselben, deren Zahl überwiegt, sind alle Fortsetzungen der Äste der Arteria capsularis, die gröberen dagegen stammen von den Irisgefäßen ab, bilden jedoch mit den andern überall reichliche Anastomosen, jedoch ohne wirkliche Kapillarnetze zu erzeugen, wobei die Mitte entweder von Gefäßen frei bleibt (Fig. 193) oder nicht. Manche dieser Irisgefäße der Pupillarhaut tragen sehr bestimmt den Charakter von Venen an sich, und ist wohl kaum zu bezweifeln, dass das Blut der Arteria capsularis durch die Venen der Iris abfließt, da diese Arterie, soviel man weiß, von keinen Venen begleitet wird. Die Gefäße der fötalen Linse werden als in einer besonderen Membran liegend beschrieben und das Ganze auch als selbständige Hülle Fig. 192. Ausbreitung der ^rL hyaloidea an der hinleren Kapselvvand der Linse einer neugeiiorenen Katze. Nach einer Injektion von Thiersch. Fig. 193. Gefäße des vorderen Abschnittes der gefäßreichen Membran der Linse [M. capsulo-pupillaris et pupillaris] einer neugeborenen Katze. Nach einer Injeiction; von Thiersch. 284 EntWickelung des Auges. der Linse aufgefasst, doch entspricht dies für entwickeltere fötale Augen dem wirklichen Sachverhalte nicht. Einmal ist nur bei der Membrana pupiUaris eine wirkliche Membran als Grundlage der Gefaßausbreitung vorhanden und auch mit Leichtigkeit nachzuweisen , wogegen eine Membrana capsidaris und capsulo-pupülaris , welche letztere übrigens besser nicht als besonderer Teil unterschieden wird, als solche nicht existiert und die Gefäße hier einfach von den vordersten Teilen des Glaskörpergewebes getragen werden. Es ist daher in dieser Gegend die sogenannte gefäßhaltige Kapsel nichts weniger als eine selbständige Bildung , und da die Membrana pupiUaris auch mit der Anlage der äußeren Tunica vasculosa oculi verbunden ist, so ergibt sich hieraus der wirkliche Sachverhalt, dass nämlich der Glaskörper und die Gefäße des- selben zur Linse zusammengehören und den hinteren Abschnitt einer gefäßlialtigeu Umhüllung der Linse bilden, während der vordere Ab- schnitt dieser Umhüllung oder die Membrana pupiUaris mit der das ganze Auge umhüllenden Mesodermschicht verbunden ist. Somit bildet die ganze gefäßhaltige Umhüllung der Linse und die Tunica vasculosa oculi eine höhere Einheit. Zum richtigen Verständnisse der gefäßreichen Linsenkapsel habe ich nun noch anzuführen, dass dieselbe, bevor die Iris gebildet ist. mit ihrer vorderen Wand ganz genau einerseits der Linse und anderseits der Cornea anliegt. Sowie aber die Iris hervorwächst, scheint die Pupillar- haut mehr vom Rande der Iris auszugehen , obschon sie immer noch mit dem Glaskörper zusammenhängt. Nichtsdestoweniger liegt auch nach dem Hervorsprossen der Iris die Membrana capsulo-pupiUaris und pupil- laris der Linse genau an und fehlt eine hintere Augenkammer ganz und - gar. Ja es fehlt selbst die vordere Augenkammer beim Fötus bis gegen das Ende der Schwangerschaft, zu welcher Zeit sie ganz langsam sich entwickelt, und liegt daher die Linse auch später dicht an der Cornea, nur durch die Pupillarhaut von ihr getrennt. Bedeutung der ]}[q o-efäßhallise Umhüllung der Linse hat die Aufmerksamkeit der gefäßhaltigen , •" .. ^ "^ üraMiiung. Anatomen und Arzte schon lange auf sich gezogen und ist es besonders die Pupillarmembran gewesen, welche das Interesse deshalb erregte, weil sie in gewissen Fällen beim neugeborenen Kinde noch existiert und die sogenannte angeborene Verschließung der Pupille [Atresia pupiUae congenita] bewirkt. Die praktische Seite dieser Angelegenheit führte dann zu einer genaueren Untersuchung der Pupillarhaut, sowie über- haupt der ganzen gefäßhaltigen Kapsel, in welcher Beziehung noch fol- gendes zu sagen ist. Die gefäßhaltige Kapsel erhält ihre Gefäße schon im zweiten Monate des Embryonallebens und zeigt dieselben von da an bis zum sechsten und siebenten Monate aufs zierlichste entwickelt. Von Tunica vasculosa lentis. 285 da an beginnt der Schwund derselben und in der Membrana pupillaris auch eine Resorption der sie tragenden bindegewebigen Haut, die je- doch, wenn man die Angaben aller Autoren zusammenfasst, an keine ganz bestimmte Zeit gebunden ist, so dass sich nur so viel sagen lässt, dass in der Regel beim Neugeborenen von der ganzen Bildung entweder gar nichts oder nur am Rande der Iris befindliche Reste von Gefäßen sich vorfinden. — Die physiologische Bedeutung der gefäßreichen Um- hüllung der Linse anlangend, so unterliegt es mir keinem Zweifel, dass dieselbe als eigentliches Ernährungsorgan der Linse anzusehen ist. Nach IIuscHKE (Eingeweidelehre, S. 786) wiegt die Linse beim sechzehn Wochen allen Kinde 123 mg und beim Erwachsenen nur 67 mg mehr, nämlich 190 mg, woraus hinreichend ersichtlich ist, dass nach der Geburt ihr Wachstum ein ungemein langsames ist. Die Entwickelung und anatomische Bedeutung der gefäßreichen ^^^^ ''^'^fäß °^ Kapsel der Linse betreff'end, bemerke ich folgendes. Zur Zeit, wo die ^^^*^'^^'' ^^p^*'- Linsengrube und Linsenanlage beim Embryo des Menschen und Kanin- chens sichtbar wird, befindet sich zwischen letzterer und der sich ein- stülpenden primitiven Augenblase eine dünne Mesodermschicht. Wenn nun die Linse sich abschnürt, so kommt diese Lage mit in das Innere des Auges zu liegen und schließt sich zugleich vor der Linse zu einem besonderen Blatte, und es fragt sich nun, welche Stellung diese Lagen zum Glaskörper und zur Pupillarhaut einnehmen, in welcher Beziehung sich folgendes ergibt. Die Mesodermschicht, die wir als Glaskörperanlage bezeichnen, und die von der Linse mitgenommene Lage bilden ein zusammenhängendes Blatt (Fig. 186 (/), das genau die eigentümliche Beeherform der sekun- dären Augenblase wiederholt, am Äquator der Linse bei m mit der vor der Linse befindlichen und an der Außenfläche das Auge umhüllenden Mesodermschicht m" in Verbindung steht und außerdem auch an der unteren Seite des Auges, an der sogenannten Augenspalte, mit derselben sich vereint. Sieht man von diesen Verbindungen ab, so kann man auch sagen, es bilde die Glaskörperanlage und das mit der Linse sich ab- schnürende Mesoderm eine besondere Kapsel um die Linse, und diese Auffassung ist auch in der That für die Säugetiere vollkommen begründet, indem bei ihnen anfänglich noch kein echter gallertiger Glaskörper, sondern nur eine zusammenhängende gefäßhaltige Hülle um die Linse sieh vorfindet, welche nichts anderes als die oben geschilderte Tunica vasculosa lentis ist. Zur Begründung dieser Aufstellung, welche den Glaskörper und den hinteren Teil der gefäßhaltigen Linsenkapsel (die sogenannte Membrana capsularis) als eine einheitliche zusammengehörige Bildung erklärt, diene 286 Entwickelung des Auges. folgendes. Beim Menschen und bei den Säugetieren beginnt die Glas- körperbildung mit dem Hereinwuchern einer Lage echten zelligen Meso- derms, wie dasselbe überall um die Augenanlage herum gefunden wird, und gleichzeitig entwickeln sich auch Gefäße in dieser Schicht. Bald wuchern diese von der Arteria centralis retinae abstammenden Gefäße stärker und entwickelt sich rasch ein die ganze hintere Hälfte der Linse umfassendesGefäßnetz, womit dann die Anlage der Membrana capsii- Ia)-is gegeben ist (Fig. ]di g). Am Rande der sekundären Augenblase gehen die Gefäße der Kapsularhaut in die die Linse vorn bedeckende Mesodermschicht über und geben so zur Ent- stehung der Pu])illar- haut als vorderer Er- gänzung der gefäßhal- ligen Linsenkapsel Ver- anlassung (Fig. 194 w/j). Gleichzeitig entw ickeln sich aber auch Gefäße an t '^"•** y r Fig. 194. der äußeren Fläche der sekundären Augenblase, w^elche am Rande der- selben mit denen der Pupillarhaut sich verbinden und mit der sie tragen- ^*^'| | \ und beruht seine Bil- "-^ '''' i' düng auf einer Wuche- rung der Tunicavascu- losa dicht hinter der Iris, an welcher auch die sekundäre Augenblase Anteil nimmt, indem sie mit ihren beiden Lamellen, von denen jedoch die distale sich nicht pigmentiert, entsprechend den gefäßhaltigen Fort- sätzen der Tunica vasculosa ebenfalls sich faltet. Hierdurch sondert sich am Corpus ciliare die Aderhaut ziemlich früh von der Sclera, während eine solche Trennung im hinteren Abschnitte der Haut nur sehr langsam sich entwickelt (Fig. '199). Das schwarze Augenpigment entwickelt sich, wie ich vor .lahren Pigmentum gezeigt, aus der proximalen Lamelle der sekundären Augenblase, und hat man daher vorgeschlagen, diese Lamelle ohne weiteres zur Retina zu ziehen und Retinapigment zu nennen (Babuchin). Wenn man jedoch Fig. 198. Horizontalschnitt durch das Auge eines 18 Tage alten Kaninchens. Vergr. 30mal. Erklärung bei Fig. 187. Weitere Umbil- dungen der Aderhaut. Corpus ciliare. Fig. 198. 294 Entwickelung des Auges. erwägt, welche Schicksale die verschiedenen Teile der sekundären Augenblase erleiden , so ergibt sich , dass mit so einfachen Bezeich- nungen nicht auszukommen ist. Ich teile die sekundäre Augenblase in erster Linie in zwei Teile, einen nervösen, die Retina, und einen indif- ferenten, den ich den epithelialen heißen will. Dieser letztere zerfällt a) in die pigmentierte Doppellamelle, die die Iris tiberzieht, das Irispig- ment, b) in die Doppellamelle, die die Corona ciliar is bekleidet, an der -sei Fig. 199. 3iagÄ!.r i£shftS#-^^ ein pigmentierter proximaler von einem nicht gefärbten distalen Teile, der Pars ciliaris retinae, zu unterscheiden ist, und c) in das Retinal- pigment, das dem nervösen Teile der Augenblase anliegt. Da nun dieser Teil physiologisch unstreitig zur Retina gehört, so kann man von diesem Gesichtspunkte aus die sekundäre Augenblase auch in zwei Abschnitte teilen, einen hinteren, die Retina und das Retinalpigment, der in un- mittelbarster Beziehung zum Akte des Sehens steht, und in einen vor- deren mehr untergeordneter Natur, der die Corona ciliaris und Ii'is be- Fig. 199. Ein Teil des Auges Fig. 198 123mal vergrößert, sei Sclera ; ch Chorioidea; p Pigmentum nigrum (Retinalpigment); ]7' Pigment der späteren Ciliar- fortsätze; pi Irispigment, vordere Lamelle; p i' Irispigment, hintere Lamelle; er Pars ciliaris retinae; r Retina ; g C. vitreum; g' Verbindung desselben mit /, der Irisanlage, und np, der Membrana pupillaris ; ce Epithelium corneae; l Linse; c Cornea mit zwei Schichten, von denen die hintere in die Sclera, die vordere in die Conjunctiva sclero- ticae übergeht. Die Lücken zu beiden Seiten des vorderen Randes der sekundären Augenblase sind Kunstprodukte. Die Lücke medianwäits der Irisanlage ist die vor- dere Augenkammer. Tunica vasculosa des Menschen. 295 kleidet. Dieser letzte Teil liisst sich nun aber bei der Beschreibung des Auges nicht wohl von den Teilen sondern, denen er aufliegt, und halte ich es somit für das Zweckmäßigste, den gesamten epithelialen Teil der sekundären Augenblase zusammen mit der Vasculosa oc«// zu beschreiben. In belreffderEntwickelung der Tunica vasculosa oculi des Men s ch e n '''^fosa les'^' merke ich folgendes an : Vom schwarzen Augenpigment bilden sich die ^^«"sciien. ersten Spuren zur Zeit, wo die Linse sich abschnürt, bald etwas früher, bald etwas später (Ich, Bambeke) und zwar in den vordersten Teilen der sekundären Blase. Um diesechsteWocheist die Pigmentschicht schon voll- kommen entwickelt und am Ende des zweiten Monates ist diese Lage durch ungemeine Dicke (16 — 48 [x) und geschichteten Bau ausgezeichnet (KÖLLIKER 1. c, Taf. I, II) Das Corpus ciliare und die Iris bilden sich am Ende des zweiten und im Anfange des dritten Monates und ist letztere Haut wenigstens in ihrem bindegewebigen Teile anfangs nicht gefärbt. Bei einem Embryo von 31/2 Monaten ist die Iris nicht breiter als 0,021 mm, hellbraun, die Pj-ocessus ciliares dagegen schon recht gut ausgebildet, von tiefschwarzem Pigment bedeckt und außerdem von einer hellen Zellenschicht {Pars ciliaris retinae] von 0,035 mm Dicke überzogen, die scheinbar aus 4 — 5 Zellenreihen besteht. Dann folgt sine sehr deutliche Limitans und nach innen davon eine feinfaserige Zonula^ die jedoch nicht den Eindruck einer Membran macht. Im fünften Monate misst die Iris 0,058 mm, die Corona ciliaris von der Ora serrata^n 0,50 — 0,57 mm, die Höhe der Processus ciliares 0,12 — 0,18 mm und deren Breite 0,10 — 0,12 mm, die Pars ciliaris retinae, die jetzt einschichtig mit verlänger- ten Zellen erscheint, 0,016 nun. Das Pigment ist an der Corona ciliaris schwärzer als an der Iris und hinter der Ora serrata und am dunkelsten auf den Ciliarfortsätzen. Am Ende der Schwangerschaft ist die Ader- haut noch ganz dünn, aber deutlich als besondere Membran zu erkennen, obschon sie des äußeren Pigmentes noch ganz entbehrt. Die Elastica ist ganz gut entwickelt und an den Pigmentzellen sehr leicht zu sehen, dass dieselben sehr verschieden groß und In auffallender Vermehrung begriffen sind, indem viele derselben zwei Kerne besitzen. Eine bemerkenswerte und vielbesprochene Erscheinung ist die so- genannte Chorio idealspal te. Es zeigt nämlich die Chorioidea bei jungen Embryonen aller Wirbeltiere und auch des Menschen an der unteren inneren Seite einen eigentümlichen, nicht pigmentierten Streifen, welcher vom Pupillarrande bis zum Opticuseintritte verläuft und beim Menschen in der 6. — 7. Woche, beim Hühnchen vom neunten Tage an schwindet. DieserStreifen ist, seit durch Schöler vom Hühnchen und durch mich beim Menschen die Augenblasenspalte nachgewiesen und von mir auch gezeigt worden ist, dass die äußere Lamelle der sekundären Ausen- chorioideai- spalte. 296 Entwickelung des Auges. blase die Pigmentschicht der Aderhaut liefert, leicht zu deuten und ist der- selbe, wie in der ersten Auflage meiner Entwickelungsgeschichte bereits nachgewiesen wurde , nichts anderes als eine nach dem Schlüsse der Augenblasenspalte noch eine Zeitlang bestehende Lücke der Pigment- schicht, welche später vergeht. Das heißt, es bleibt nach dem Verwachsen der Spalte, wobei die beiden Lamellen der Augenblase ebenso verwachsen wie das Medullarrohr und das Hornblatt beim Schlüsse der Rücken- furche, die Nahtstelle des äußeren Blattes noch eine Zeitlang ohne Pig- ment. Diesem zufolge besitzt die Chorioidea selbst keine Spalte, son- dern nur die Retina und die Pigmentschicht, und können die pathologi- schen Spaltbildungen der Aderhaut und Sclera nur insofern aus fötalen Bildungen erklärt werden, als ein nicht staltfindender Verschluss der fötalen Augeuspalte auch eine mangelhafte Ausbildung der Aderhaut und Sclera nach sich ziehen kann. In ähnlicher Weise können auch Irisspalten {Coloboma ir/dis) entstehen, wogegen die Irisspalte bei regel- recht stattgehabtem Verschlusse der Augenspalte eine ganz und gar pathologische Bildung ist und in der Entwickelungsgeschichte der Teile keine Erklärung findet. §35. Netzhaut. Die Netzhaut geht, wie schon zu wiederholten Malen hervorgehoben wurde, aus einem Teile der distalen (vorderen) Lamelle der sekundären Augenblase hervor. Anfangs überall ziemlich gleich dick, erleidet später ihr vorderer Teil, der dem epithelialen Abschnitte der sekundären Augenblase angehört , eine immer stärker werdende Verdünnung und gestaltet sich 1) zu der sogenannten Pars ciliar is retinae oder der farb- losen, die Corona ciliaris von der Ora serrata an überziehenden Zellen- lage und 2) zu der tiefen Pigmentlage des Irispigmentes, die anfangs, ebenso wie die Netzhaut selbst, scheinbar aus mehrfachen Zellenschich- ten besteht, später jedoch in eine einfache Zelleulage sich umbildet. Retinades Vou dcu gröberen Verhältnissen der Nctzhaut des Menschen er- wähne ich noch folgendes. Indem die Retina rascher wächst als die übrigen Augenteile, schlägt sie schon im dritten Monate nach innen Falten. Zuerst scheint eine Falte an der unteren Seite des Sehnerven aufzutreten, zu der sich dann aber bald noch zahlreiche andere gesellen, welche vorzugsweise im Grunde des Auges stehen. Gegen das Ende des embryonalen Lebens verschwinden nach und nach diese Falten wieder und beim Neugeborenen ist die Haut ganz glatt, wie beim Erwachsenen. Der.gelbe Fleck fehlt l)eim Embryo und ist selbst liei Neugeborenen noch nicht sichtbar. Sehnerv. 297 Wir wenden uns nun zur E n t \v i c k e 1 u n 2 des Sehnerven. Der Entwickeinng ~ des Sehnerven. hohle Augenblasensliel steht während der kurzen Zeit, in der nur eine schwache Linseneinstülpung, aber noch keine Glaskörperanlage sich findet, nur mit dem proximalen Teile der in erster Entwickelung be- griffenen sekundären Augenblase in Verbindung. Sowie dann aber die Glaskörperbildung beginnt und die eigentliche sekundäre Augenblase entstanden ist, (indet man. dassder Augenblasenstiel nun auch mit der distalen oder vorderen Lamelle der seliundären Blase verbunden Ist, was einfach daher rührt, dass bei der I^ntstehung der sekundären Blase nicht nur die distale Hälfte der primären Blase an die proximale, son- dern auch von der Insertion des Augenblasenstieles an nach vorn die untere Wand derselben an die obere gedrängt wird. Den so entstande- nen Zustand kann man mit Liebehkühn auch so beschreiben , dass man sagt, es hänge die obere Hälfte des Augenblasenstieles mit der proximalen und dessen untere Hälfte mit der distalen Lamelle der sekundären Augenblase zusammen, w'elchem Verhalten zufolge die Verbindung wenigstens eines Teiles des Augenblasenstieles mit der Retina eine ganz primitive ist. Während der Entstehung der sekundären Augenblase wird bei Säugetieren auch der Augenblasenstiel oder der primitive Opticus in einer gewissen Ausdehnung eingestülpt und dessen untere Wand an die obere gedrängt, so dass das Ganze einigermaßen die Form der Augen- blase wiederholt und eine nach unten offene doppeltblätterige Rinne bildet. Das eingestülpte untere Blatt dieses umgestalteten Augenblasen- stieles steht mit dem eingestülpten distalen Blatte der Augenblase in Ver- bindung, das obere mit dem proximalen pigmentierten Blatte, und die anfänglich noch vorhandene Höhlung des primitiven Opticus mündet in den Rest der Höhlung der primitiven Augenblase. Hervorgerufen wird diese Einstülpung durch das gleichzeitig mit der Glaskörperbildung auch hier in Form eines kurzen Blattes einwuchernde Mesoderm, in welchem die Arteria centralis retinae sich bildet. Auch beim Hühnchen wird, wue wir oben sahen, der primitive Opticus, jedoch nur in nächster Nähe der Augenblase, eingestülpt. Eine Arteria centralis retinae fehlt jedoch hier ganz und gar. In weiterer Umwandlung wird der primitive Opticus, der von An- fang an den Bau der Medullarplatte der Hirn wand und der Augenblase besitzt und somit aus scheinbar geschichteten, radiär gestellten Zellen besteht, sowohl in seinem eingestülpten als in dem nicht eingestülpten längeren Teile durch Wucherungen seiner Wände solid, und gleich- zeitig hiermit verbindet sich auch der Teil des Opticus, der bisher mit dem Pigmentblatte vereint war, nachdem die Höhle der primitiven 298 Entwickelung des Auges. Augenblase ganz geschwunden ist und indem die Pignientbildung am Opticus sich begrenzt, mit der Anlage der Retina, so dass nunmehr der ganze Nerv mit der distalen Wand der Augenblase zusammenhängt. Während dies geschieht, treten zugleich auch die Sehnervenfasern auf und gestalten sich, nachdem sie einmal angelegt sind, folgendermaßen (Fig. 200). Hinter und übei" dem in seinem Anfange immer noch hohlen :^ dl U Fig. 200. Opticus oder dem Augenblasenstiele tritt aus dem unteren Seitenteile eines jeden Thalamus opticus ein starkes Bündel feinster kern- und zellen- freier Nervenfasern auf, der Tractus opticus, der an der Basis des Zwischenhirnes in fast querem, nur wenig schief nach vorn gerichtetem Verlaufe dem andern entgegenzieht, in der Mittellinie mit demselben unter vollständiger Durchflechtung der Fasern sich kreuzt und sich dann zum Augenblasenstiele der andern Seite begibt. In diesen treten die Fasern des Tractus opticus (Fig. 200 io) von hinten und oben herein und Fig. 200. Horizontalschnitt durch den tiefsten Teil des dritten Ventriliels und des Chiasma opticorum von einem Schweineembryo von 33 mm, fast 4 0mal ver- größert, ch Chiasma; to aus dem Chiasma hervortretendes Ende des Tractus opticus mit Fasern ohne Zellenbeimengung; st Rest des hohlen Augenblasenstieles, der oberflächlich von den Fortsetzungen der Fasern des Tractus opticus durchzogen ist-, 0 Opticus, von einer kernhaltigen Stützsubstanz durchzogen , deren Kerne die Punk- tierung bewirken; o' Opticus der andern Seite, an welcher der Augenblasenstiel durch den etwas schief verlaufenden Schnitt entfernt ist. Unter dem Chiasma sieht man das knorpelige Sphenoidale anterius, dann folgt das Foramen opticum und rechts vom Opticus d\e Ala parva ; t Yentriculus tertius, tiefster Teil, dessen Wand hinter dem Chiasma und zum Teil auch inmitten seiner zelligen Substanz Kommissurenfasern enthält. Selinci-v. 299 erfüllen denselben, soweit er noch hohl ist, anl'angs nur in den ober- flächlichen Teilen, im weiteren Verlaufe dagegen, da, wo der Stiel solid geworden ist, auch im Innern in seiner ganzen Dicke und Breite, wel- cher Vorgang etwas spiller auch am Anfange des Augenblasenstieles ein- tritt, der nach und nach vom Auge nach der Hirnbasis fortschreitend ebenfalls seine Höhlung verliert und ganz mit Opticusfasern sich erfüllt, fst der Nervus opticus so angelegt, so zeigt er eine sehr zierliche Struktur. Derselbe besitzt erstens eine mäßig dicke äußere Hülle von konzentrisch gelagerten platten Mesodermzellen mit Zwischensubstanz und im Innern radiär gestellte zellige Elemente, welche so untereinander verbunden sind, dass sie ein zartes Fäeherwerk bilden, dessen Lücken der Länge nach verlaufen. In den Lücken dieses Fachw^erkes stecken einmal eine große Anzahl kleiner, 7 — 15 [x dicker Bündel feinster kern- und zellen- loser Opticusfasern und zweitens zahlreiche, iuLängsreiheu angeordnete Zellen, die niit den radiär gestellten Elementen zusammenhängen und das Gerüst vervollständigen helfen, welches die Nervenfasern trägt. Mit diesem Baue gelangt der Nervus opticus an den Bulbus, dringt durch die Pigmentschicht durch bis an die innere Oberfläche der Retina und strahlt von hier aus in die iSetzhaut aus, indem an der Eintrittsstelle in der Regel eine leicht trichterförmige Vertiefung, aber meinen Erfahrun- gen zufolge typisch keine größeren Faltenbildungen oder Erhebungen am Rande der Vertiefung vorhanden sind (Fig. 195). An dieser Eintritts- stelle gehen alle zeliigen F^lemente der Stützsubstanz des Nerven ])is zur inneren, an die Limitans angrenzenden Oberfläche desselben und ver- breiten sich von hier aus noch etwas über den Bereich des Durchmessers des Opticus, um dann ganz und gar zu verschwinden. Somit bleibt zur Ausstrahlung in die Netzhaut nichts übrig als die ^om Tractus opticus abstammenden Bündel kernloser feinster Fäserchen, und solche sind es nun in der That, die an der Außenseite des Glaskörpers und der Limitans primitiva als oberflächlichste Lage der Netzhaut weiter ziehen und bis zum vorderen Ende der eigentlichen Nervenhaut sich ver- folgen lassen. Den angegebenen Thatsachen zufolge wächst 1) der Nervus opticus mit kernlosen feinsten Fäserchen (Achsencylindern) aus der grauen Substanz des Zwischenhirnes bis in die Netzhaut, 2) bildet sich der fötaleAugenblasenstiel in indiflerente Stützsubstanz um. Es ist demnach der Nervus opticus fürderhin nicht mehr als ein Nerv im gewöhnlichen Sinne, sondern als ein Hirnteil zu betrachten, ebenso wie die sekundäre Augenblase und alles, was daraus hervorgeht. Ich vergleiche den Tractus opticus und das Chiasrna den Radices nervi olfactorii, den Nervus opticus dem Tractus olfactorius und die primitive Augenblase dem Bulbus 300 Entwickelung des Auges. olfactorius. Der Unterschied zwischen beiden Apparaten liegt darin, dass die Nervenfasern im Geruchsorgaue als Nervi olfactorii über den Bereich des Gehirnes in das mittlere Keimblatt hineinwachsen , beim Sehorgane dagegen nicht, indem ihre Endapparate aus der MeduUar- platte selbst sich bilden. Diese letztere Anordnung ist offenbar eine ein- fachere als die andere und darf wohl auch als eine primitivere bezeich- net werden. § 36. Nebenorgane des Auges. Die A ugenl ide r entwickeln sich, nachdem die Hornhaut sich ge- bildet hat, als Falten der den Augapfel umgebenden Haut und zwar un- gefähr in der Gegend des Äquators des Bulbus oder selbst hinter dem- selben (Fig. 194, 195, 197). Anfanglich aus gleichartigem Mesodermge- w^ebe mit einem Ektodermüberzuge bestehend, sondern sie sich langsam in eine mittlere festere und zwei oberflächliche lockerere Lagen, von denen jene später den Musculus orhicularis palpebrarum, den Tarsus und die MEiBOMSchen Drüsen in sich erzeugt, während die andern zur Haut und Bindehaut sich gestalten. Verfolgt man die Bindehaut der Augenlider auf den Augapfel, so findet man, dass dieselbe in eine lockere Mesodermschicht übergeht, die den vordersten Teil der Sclera bekleidet und dann unmittelbar in die oberflächlichsten Hornhautschich- ten sich fortsetzt, die in vielen Fällen deutlich durch eine größere Helligkeit und minder dichtes Gefüge von der Hauptmasse der Haut sich unterscheiden, w eiche letztere rückwärts mit der Sclera zusammen- hängt (Fig. 195). Ich betrachte die beiden zuletzt genannten Lagen als Conjunctiva corneae und scleroticae und nehme mit andern an der Cornea einen kutanen und einen skleralen Teil an, die jedoch nicht scharf gesondert sind. Als cJwrioidealer Teil der Cornea lässt sich die Membrana pupillaris bezeichnen, die ja ursprünglich, vor der Bildung der vorderen Augen- kammer, mit der Hornhaut untrennbar zusammenhängt. Wie man schon längst weiß, schließt sich in einem gewissen Zeit- punkte des embryonalen Lebens, beim Menschen im dritten Monate, die Augenlidspalte und tritt hierbei keine Yerklebung ein, wie man früher annahm , sondern eine wirkliche Verwachsung der Epithelien beider Augenlidränder, so dass die Hornschicht derselben ein ungeteiltes Gan- zes bildet. "Während dieser Verwachsung, der nach v. Ewetsky beim Rinde die Thränenapparat. 301 Bildung einer größeren epithelialen Schlussmembran vorausgeht (Arch. f. Augenheilk., VIII, Taf. VII, VIII), von der ich bis jetzt beim Menschen nichts sah, entwickeln sich von der Nahtstelle aus in typischer Weise die Augenwimpern und die MEiuoMschen Drüsen, und bedingt möglicher- . weise das Hervortreten der Haare aus ihren Bälgen und des Sekretes der genannten Drüsen die spätere Lösung der Lider, die beim Menschen meist vor der Geburt eintritt, doch bemerke ich, dass bei Kaninchrn von 23 Tagen an der Nahtstelle des Lides noch keine Spur solcher Bildungen wahrzunehmen ist. obschon die Haut der Lider viele Haaran- lagen besitzt. Die Thr änendrüsen entstehen nach Art der Speicheldrüsen als Thränendrusen. anfänglich solide Wucherungen des Epithels der Conjunctivae und fällt beim Menschen ihre Bildung in den dritten Monat, um welche Zeit ihre anscheinend soliden Endigungen bis zu 0,1 mm messen und bereits eine sehr deutliche mesodermatische Hülle haben. In betreff des Thränen kanals hat man früher mit Coste ange- Thränenkanai. nommen, dass derselbe in Gestalt einer Furche zwischen dem äußeren Nasenfortsatze und dem Unterkieferfortsatze^auftrete und dann in zwei- ter Linie zu einem Kanäle sich schließe, Born dagegen behauptet, dass der Gang durch Einwachsung und Abschnürung eines Epithelstreifens in der Gegend der genannten Furche sich bilde, der dann e\n Lumen he- komme und sich mit der i^asenhöhle in Verbindung setze. Von Neueren nähert sichEwEisKY mehr der älteren Auffassung, indem er bei den Säuge- tieren den Grund derThränenfurche selbst zum Thränenkanale sich ab- schnüren lässt, welche Abschnürung allerdings anfänglich ohne Höhlung sei (L s. c. Taf. IX), während Legal an Born sich anschließt. Mir scheint für die Säugetiere, Vögel und Reptilien die W^ahrheit in der Mitte zu liegen, insofern als hier erst die Thränenfurche sich schließt und dann das Epithel am Grunde der Furche selbständig wuchert und als an- fänglich solider Strang sich ablöst, während bei jden Amphibien eine einfache Epithel Wucherung in Leistenform die Hauptrolle spielt. Anmerkung. Nach Borns schönen Untersuchungen ist der Anteil, den die primitive Epithelleiste an der Bildung des Thränenganges nimmt, bei ver- schiedenen Abteilungen eine sehr verschiedene. Bei den Aniph ib i en ent- steht aus derselben der ganze Gang und beide Canaliculi lacrymales. Bei den Vögeln bildet die embryonale Leiste den Gang und das hintere Thränenröhr- chen, während das vordere als Sprosse des Ganges sich entwickelt. Eidechsen liefern aus der Epithelleiste nur einen Teil des hinteren ThränenrÖhrcheos, und sprossen aus diesem kurzen Stücke alle andern Teile hervor ; bei Schlangen endlich ist das primitive Stück des Ductus naso-lacrymalis sehr kurz, am Auge gelegen und einfach und treibt dasselbe einen einfachen, in die Mundhöhle füh- renden Gang. Beim S ch w e i n e bildet die primitive Leiste das obere Thränen- meinen. 302 Entwickelung des Gehörorganes. röhrclien und den Hauptgang, wogegen durch nachtrUgliclie Sprossung die Verbindung desselben mit der Nasenhöhle und das untere blind endende Thränenröhrchen erzeugt werden (Legal) . Beim Menschen ist der ganze t/hränenabführende Apparat bereits im zweiten Monate gut entwickelt, und hebe ich besonders hervor, dass der Thränengang im vierten Monate stark geschlängelt ist und vom zweiten Monate an eine Menge blinder Aussackungen besitzt. B. Gehörorgan. § 37. Allgemeines. Primitives Gehörbläschen und erste Umwandlungen desselben. Entwickelung Dgs Gchörorgan entwickelt sieh auf den ersten Blick ähnlich wie des Gehörorga- *- nesimaiige- j|as Augc uud findet man auch bei diesem Organe eine Anlage, die vom Ektoderm ausgeht, dann einen Teil, welchen das Nervensystem liefert, und endlich eine Mitbeteiligung des mittleren Keimblattes; es zeigen sich jedoch bei näherer Betrachtung sehr wesentliche Verschiedenheiten zwischen beiden Sinnesapparaten. Während nämlich das Auge ur- sprünglich als eine hohle Ausstülpung aus dem Medullarrohre auftritt, zeigt sich, dass der nervöse Teil des Gehörorganes [Nervus acusticus, Ganglion aciisticum) niemals die Form einer hohlen, mit dem Hirnrohre zusammenhängenden Blase besitzt, sondern wie die andern gangliösen Kopfnerven als solide Bildung aus dem Ilinterhirne hervorsprosst. Und was die vom äußeren Keimblalte herrührenden Bildungen anlangt, so stimmen dieselben zwar uranfänglich bei beiden Sinnesorganen insofern überein, als sie hier wie dort nach außen offene blasenförmige Einstül- pungen dieses Keimblattes darstellen (Linsenblase, Gehörbläschen), die später sich abschnüren und zu geschlossenen Blasen sich unibilden, da- gegen ist die weitere Gestaltung und Verwertung dieser ektodermati- scheu Bildungen eine ganz verschiedene, indem die primitive Gehörblase niemals zu einem soliden, der Linse im Auge vergleichbaren Organe sich gestaltet, vielmehr zeitlebens hohl bleibt und in Verbindung mit aufgelagerten Teilen des Mesoderms unter Eingehung mannigfacher morphologischer Umgeslaltungen alle wesentlichen Teile des Labyrin- thes, d. h. die Vorhofssäckchen, den Canalis covhlearis samt dem Canalis reimiens^ die Canales senücirculares membranacei und den Acpiaeductus vestibuli liefert. Zu diesen Teilen gesellen sich dann noch die erste Kiemenfurche, Teile der vorderen Kiemenbogen und gewisse Erzeug- nisse der Haut dieser Gegend, aus welchen das mittlere und äußere Ohr und die Gehörknöchelchen sich aufbauen. Primitives Gehörbläschen. 303 Anmerkung. J. Beaud hält das Geliörorgan der Wirbeltiere für ein den Sinnesorganen der Seitenlinie der niederen Wirbeltiere gleichwertiges Or- gan, eine Yergleichung, die auch mir in einem gewissen Sinne zulässig erscheint, nur beachte man, dass Sinnesorgane wie die der Seitenlinie bei den Fischen auch am Kopfe in bestimmter Anordnung neben dem Gehörorgane sich finden. Nach dieser übersichtliehen Schilderung wende ich mich zu einer Primitives Ge- Darlegung des ersten Auftretens des Gehörbläschens und UornerveD. ^H Fig. 201. Die erste Entwickelung des primitiven Gehörbläschens anlangend, so zeigen sich beim Hühnchen in der zweiten Hälfte des zweiten Tages zu-beiden Seiten des Kopfes, ungefähr der Mitte des Xachhirnes ent- sprechend, zwei seichte, von dem hier verdickten Ilornblatle ausge- kleidete Grübchen (Fig. 40), welche zusehends tiefer in die Kopfwand sich eingraben und am Ende des zweiten Tages schon als zwei ziemlich tiefe Gruben mit einer engeren Mündung erscheinen (Fig. 201). Im weiteren Verlaufe werden nun die Gehörgruben bald tiefer und dringen allmählich so weit in den Rücken hinein, dass ihr Grund mit den tiefsten Teilen desMedullarrohres in einerHöhe steht, während zusleich eine dünne Lage Mesoderm die beiden Teile scheidet und von oben her Fig. 201. Querschnitt durch den Hinterkopf eines Hühnerembryo der zweiten Hälfte des zweiten Tages in der Gegend der Gehörgruben (Osmiumpräparat). Vergr. S4mal. Am Amnion mit seinen zwei Lamellen ; am! Amnionnaht, nicht ganz ausge- zeichnet auf der rechten Seite des Kopfes gelegen; va Gehörgruben, weit offen; a Aortae descendentes ; c Wurzel der Vena cerebralis inferior ; hp Hautplatte der seit- lichen Leibeswand in das Amnion übergehend; ph Pharynx; dfp Darmfaserplatte des Schlundes, in die äußere Herzhaut übergehend und ein hinteres Herzgekröse dar- stellend; //Herz; ihh innere Herzhaut Endothel). 304 Entw'ickelung des Gehororganes. der aus dem Medullarrohre hervorsprosseode Acusticus von vorn an die Gehörgrube sich anlegt. Am dritten Tage, an welchem beim Hühner- embryo die Kopfkrümmung rasch sich entwickelt, erkennt man die Ohr- bläschen in der seitlichen Ansicht leicht (Fig. 202) und befinden sich ^^'- ..,==^ //// / # n/i vA, \% -"/ih ^ hh Fig. 202. dieselben in der Höhe des nun entstandenen zweiten Kiemenbogens und der zweiten Kiemenfurche. Die üflnung derselben ist immer noch deutlich eine runde, mehr nach dem Rücken zu gelegene Lücke, doch wird nun dieselbe immer enger und schließt sich am Ende dieses BrUt- tages ganz, während zugleich die Bläschen eine leicht birnförmige Gestalt mit dem breiteren Teile nach unten oder vorn annehmen. Am vierten Tage sind dieselben ganz abgeschnürt und zeigen nun außer der vom verdickten Hornblatte herrührenden Wand, die ganz und gar aus mehrschichtigen länglichen Zellen besteht, keine Spur einer andern Hülle, so dass mithin, gerade wie bei der Linse, auch hier, wenigstens beim Hühnchen, nur die äußere Lage der Haut oder das Epidermisblatt bei der Abschnürung beteiligt erscheint. Fig. 202. Vorderer Teil eines Hühnerembryo des dritten Tages, 25mal vergr. vh Vorderhirngegend; z Zwischenhirngegend ; mh Mittelhirngegend, Scheitelhöcker; /(/t Hinterhirngegend ; nh Nachhirngegend, Nackenhocker; « Auge mit Augenspalte, hohler Linse mit noch offener Linsengrube; o Ohrbläschen, birnförmig, nach oben noch offen; ks' , ks" , ks'" erste, zweite, dritte Kiemenfurche; ms Gegend der Mund- offnung ; k' erster Kiemenbogen lUnterkiefergegend) ; uw Urwirbel; vj Vena jugn- laris ; h Herz; hh Schnittrand der entfernten, das Herz bedeckenden vorderen Hals- wand (Herzkappe). Umwandlunsen des Gehörbläschens. 305 Bei den Säueetieren ist in neuerer Zeil die Entwickelung des Gehörbiäscheu "^ der Säugetiere, Gehörbläschens genau in derselben Weise gesehen worden wie beim Hühnchen (s. m. Enlw. 2. Aufl.)- Was den Menschen anlangt, so hat nun auch Ilis bei einem Em- des Menschen. bryo von 2,4 mm zum erstenmale die offene Gehörgrube gesehen (1. c), und eben abgeschnürte Gehörbläschen fand derselbe Forscher bei Em- bryonen von 2,6 und 4,0 mm. Bei diesem maß das Bläschen 0,i : 0,3 mm und die Wand 20 — 45 ij.. Fis. 203. Fia;. 204. Wir wenden uns nun zur Schilderung der weiteren Entwickelung des Gehörbläschens. Die erste Veränderung, welche das Bläschen nach seiner Schließung oder gleichzeitig mit dieser erleidet, ist die, dass es eine deutlich birnförmige oder keulenförmige Gestalt annimmt und dann in zwei Teile, einen unteren, mehr rundlichen und einen oberen läng- lichen Abschnitt, der wie ein Anhang des ersteren erscheint, sich schei- det (Fig. 203), von denen der letztere nichts anderes ist als der sogenannte Anhang des Labyrinthes [Recessus labyrinthi s. vestibuU) von Reiss.ner, Fig. 203. Schädel eines vier Wochen alten menschlichen Embryo , senkrecht durchschnitten, von innen und vergrößert dargestellt, a unbestimmt durchschim- merndes Auge; no hohler platter Nervus opticus; v, 2, m, h, n Gruben der Schädel- höhle, die das Vorderhirn, Zwischenhirn, Mittelhirn, Hinteihirn und Nachhirn ent- liielten ; ( mittlerer Schädelbalken oder vorderer Teil des TeiHorium cerebelli; t' seit- licher und hinterer Teil des Tentorium, jetzt noch zwischen Mittelhirn und Zwischen- hirn gelegen ; p Ausstülpung der Schlundhöhle, die mit der Bildung der Hypophysis in Zusammenhang steht; 0 primitives Gehörbläschen mit einem oberen spitzen An- hange, durchschimmernd. Fig. 20 4. Primitives Gehörbläschen eines vier Wochen alten menschlichen Embryo von der rechten Seite, durch Präparation isoliert und vergrößert dargestellt, A von hinten, B von der Seite und von außen, v primitives Vorhofssäckchen ; rv Recessus vestibuU sive labyrinthi; es, es Anlagen des äußeren halbkreisförmigen Ka- nales und des Sacculus rotundus ; cc Spitze und vorderer oberer Teil der Schnecken- anlage; a obere Ausbuchtung am Vestibulum, Anlage des vertikalen Can. semicir- cularis. Länge des Recessus vestibuU 0,29 mm. Breite am breifesten Teile ebenso- viel; Länge des Vestibulum primitivum samt Cochlea 0,81 mm. Kölliker, Grundriss. 2. Aufl. 20 Weitere Um- wandlnngeu des Labyrinthbläs- chens. 306 Entwickelung des Gehörorganes. während aus dem andern Teile der Schneckenkanal, der Saccuhis, Utvi- culus und die Ccm. semicirculares membranacei sich hervorbilden. Bei einem vier Wochen alten menschlichen Embryo fand ich diese Bildungen schon ganz deutlich. Fig. 204 B zeigt das Labyrinth der rechten Seite von außen; v ist das primitive Vorhofssäckchen [Saccus vestihuli piimilivi), das bei es eine rundliche Aussackung, die Anlage des äußeren halbkreisförmigen Kanales zeigt und in dieser Ansicht ohne scharfe Grenzen in den Schneckenkanal c übergeht. Nach oben und vorn ragt der bedeutende Vorhofsanhang oder der Recessus vestihuli hervor. In der Ansicht von hinten (Fig. 204 A) erscheint das Labyrinth etwas abgeplattet, mit leicht medianwärts gebogenem Reeessus vestihuli, einer deutlicher abgesetzten, mit dem Ende lateralwärts gekrümmten Schnecke, d. h. dem Canalis cochlearis, und zwei Anlagen halbkreis- förmiger Kanäle am Vorhofssäckchen. Wie ich jetzt die Verhältnisse deute, gehört die Ausbuchtung bei a dem vertikalen halbkreisförmigen Kanäle an, die laterale Ausbuchtung es ist der Canalis semicireulai is exiernus in erster Anlage und die mediale Hervorwölbung es vielleicht der Saeculus rotundus. Von vorn endlich ist die Gestalt im wesentlichen ebenso, nur erscheint die Schnecke breiter. ■ In weiterer Entwickelung wird nun das Labyrinth immer zusam- mengesetzter und sind es vor allem das primitive Vorhofssäckchen und , die halbkreisförmigen Kanäle, welche rasch in neue Gestaltungen über- gehen. Was ich vorhin primitives Vorhofssäckchen nannte, ist nicht das bleibende Vorhofssäckchen oder der Älveus communis s. Utriculus für sich allein, sondern es enthält dasselbe auch die Anlagen der häutigen halbkreisförmigen Kanäle und des Saeculus rotundus. Es bilden sich nämlich am primitiven Voihofssäckchen im weiteren Verlaufe an den Stellen der späteren Kanäle erst rundliche und dann langgestreckte, faltenartige Erweiterungen oder Aussackungen , die später in ihren mittleren Teilen verwachsen und vom Vorhofssäckchen sich abschnüren. So entstehen kurze, gerade, dem Säckcheu, das nun Alveus communis heißen kann, dicht anliegende Kanäle, welche dann durch fortschreiten- des Wachstum nach und nach eine grössere Länge, die typische Krüm- mung und ihre Ampullen gewinnen. Ein lehrreiches Stadium zeigt Fig. 205 von einem Ilühner- embryo von vier Tagen. Hier sehen wir vom weitesten Abschnitte i', welcher jetzt schon Alveus communis canalium semicircularium genannt werden kann, fünf besondere Ausbuchtungen ausgehen. Nach oben und medianwärts erhebt sich der nur auf der rechten Seile sichtbare Re- cessus vestihuli av, der nun schon Aquaeductus vestihuli genannt werden kann , dem lateralwärts der weitere Canalis semicircularis superior ss L'inwandlungen des Gehörbläschens. 307 zur Seite sieht. Unterluill) dieser größeren Aussackungen befindet sich auf der einen Seite die erste Anlage des Canalis semicircularis externus se \xnA demselben gegenüber eine Ausl)uchtung , die ich als Succulus rotundus ansehe. Ganz nach der Ventraiseite zu und medianwärts er- streckt sieh endlich die größte Abteilung des Labyrinthes, derSchnecken- kanal, an dem die eine Wand, welcher das Ganglion des Schneckennerven g c anliegt, erheblich verdickt ist. ¥\a. 205. Fi". 206. Fast ganz auf demselben Stadium findet sich das häutige Labyrinth eines i9 mm langen Rindsembryo (Fig. 2061, nur zeigt dasselbe den äußeren halbkreisförmigen Kanal se weiter entwickelt und in der Ab- schnürung begriffen, was auch vom oberen Kanäle gesagt werden kann. Der Recessus vestibuli ist enger und länger, der Sacculus rotundus größer und die Schnecke mehr abgeschnürt. Die weiteren Veränderungen des Labyrinthes habe ich nur an Säugetierembryonen verfolgt , und gibt Fig. 207 eine gute Übersicht des Labyrinthes eines Schweinsembryo von 3 cm. Hier ist einmal der Aquaeductus vestibuli a auf beiden Seiten in seiner ganzen Länge sichtbar und die eigentümliche Lagerung des oberen Endes desselben, das bis zum Sinus petrosus superior hinauf- Fig. 205. Querschnitt des Kopfes eines Hühnererabryo vom vierten Tage in der Gegend des Hinterhirnes. Vergr. 22mal. av Aquaeductus vestibuli s. Recessus laby- rinthi ; v Alveus communis can. semicircularium s. Vestibulum; se Canalis semicircu- laris externus; ss Can. semicircularis superior ; c Cochlea; gc Ganglion Nervi Coch- leae; ch Chorda; srh Sinus rhomboidalis ; vj Vena jugularis ; a Aorta descendens; ph Pharynx. Fig. 206. Querschnitt durch einen Teil des Schädels und das Labyrinth eines \ 8,7 mm langen Rindsembryo, 30mal vergr. ch Chorda in der noch weichen Scliädel- basis; sh Schädelhöhle; a Begrenzung der Höhlung in der Schädelwand, die die epitheliale Labyrinthblase 6 enthält, die an einigen Stellen etwas von der Wand ab- steht; V Vestibulum; ss oberer halbkreisförmiger Kanal; se äußerer halbkreisför- miger Kanal; r V Recessus vestibuli ; s/- Anlage des Sacc«/M5 rotundus?; c Anlage der Schnecke; c' Ende der Anlage der Schnecke der andern Seite. 20* 308 Entwickelun^ des Gehöroraanes. reicht, außerhalb der nun vorhandenen Cartilago petrosa in der Anlage der Dura mater drin nicht zu verkennen. Zweitens übersieht man sehr gut die Einmündung des Aquaeduclus in den Alveus communis und in den Sacculus rotundus s, doch erscheint diese Stelle noch nicht deutlich /f TJmhülhinpen des Labyrinthes Fig. 207. als eine gabelige Teilung, wie später. Am Sacculus s ist auf beiden Sei- ten das der Schnecke zugewendete Ende spitz ausgezogen und stellt derr Anfang des Ganalis reuniens dar. Der Canalis superior c und externus e sind bereits gut ausgebildet, und von der Schnecke und dem Miltelohre dieser Figur wird später die Rede sein. Bevor wir weilergehen, wollen wir nun auch der] Umhüllungen- des Labyrinthes gedenken. Das primitive Ohrbläschen besteht einzig: und allein aus dem Hornblatte, und ist nicht im geringsten zu bezwei- feln, dass alle bis jetzt geschilderten Veränderungen einzig und allein auf Rechnung von Wachstumserscheinungen der ursprünglichen epithe- lialen Membran dieses Bläschens kommen. Haben diese Veränderungen Fig. 207. Scliädel eines Schweinsembryo von 3 cm in der Gehürgegend hori- zontal durchschnitten, lOmal vergr. o Occipitale basilare , zu beiden Seiten die Cochlea; t Tuba; in Malleus; m' Cartilago Meckelii; i Incus ; st Stapes ; tt Tensor tjjmpani; v Nervus vestibuU? N. facialis? ; q Ventriculus IV; c Can. semicircularis an- terior; a Aquaeductus vestibuU ; s. Sacculus ; e Can. semicircularis externus ; [Facialis ; sq Scßiama cartilaginea . Auf der linken Seite ist der Sinus petrosus superior quer getroffen sichtbar. In der Cartilago petrosa sind auf beiden Seiten Blutgefäße dar- gestellt. Umhüllungen des Labyrinthes. 309 eine gewisse Stufe erreicht, so findet man das Labyrinth in allen seinen Teilen von einer zarten bindegewebigen Membran und dann von einer äußeren dickeren und festeren Masse umgeben, welche den Seitenteilen der Schädelbasis angehörend (siehe oben) später die Natur eines Knor- pels annimmt und zur Pais petrosu ossis temporum sich gestaltet. Aus dem Gesagten wird ersichtlich, dass die epitheliale Blase des primitiven Labyrinthes genau in derselben Weise wie das ebenfalls vom äußeren Keimblatle sich abschnürende Medullarrohr von dem mittleren Keimblatte eine bindegewebige und gefäßhaltige Htllle und eine äußere festere, später knorpelige Kapsel erhält. Ja es lässt sich die Verglei- chung noch weiter treiben. Vollkommen in derselben Weise wie das Medullarrohr liegt auch die epitheliale Labyrinthblase anfänglich nur locker in ihren Hüllen und schält sich verhältnismäßig leicht aus den- selben heraus. Später verbindet sich dieselbe fester mit dem inneren Teile der wuchernden bindegewebigen Hülle , während der äußere Teil derselben als inneres Perichondrium des knorpeligen Labyrinthes erscheint, und zuletzt endlich bildet sich zwischen diesen beiden Blättern der bindegewebigen Hülle ein Zwischenraum, der mit dem Labyrinth- wasser sich füllt, so dass dann das spätere häutige Labyrinth wie frei in einem Räume enthalten ist, der der Lücke zwischen Dura und Pia mater verglichen werden kann. Die Art und Weise, \\\e dieser Raum sich bildet, verdient Imeson- En^steiiun|^der dere Beachtung, indem dieselbe als Typus für viele Hohlraumbildungen ^"öcheme^n beim Menschen und bei Tieren (ünterarachnoidealraum. Höhlen der Schleimbeutel, Sehnenscheiden, freie Räume in der Schädelhöhle von Fischen, Hauträume der Batrachier u. s. w.) betrachtet w^erden darf. Mit dem Wachstume des epithelialen Teiles des Labyrinthes wuchert auch seine bindegewebige Hülle und gewinnt bald eine beträchtliche Dicke. Zugleich scheidet sich dieselbe in drei Lagen, zwei festere und dünnere außen und innen und eine mittlere weichere Masse, die, vor allen an Um- fang zunehmend , bald die andern an Mächtig- keit weit übertrifft. Untersucht man diese Lage mit starken Vergrößerungen, so erkennt manleicht, pi„ 208. dass dieselbe aus dem von mir so genannten galler- tigen Bindegewebe (Schleimgewebe, Virchüw', d.h. aus einem Netzwerk Fig. 208. Querschnitt des oberen halblcreisförmigen Kanales eines sechs Monate alten menschlichen Embryo , vergr. a bindegewebige Hülle des Tubulus membra- naceus, dessen Epithel nicht erhalten ist; b Periost des im Knorpel ausgegrabenen Kanales; c Gallertgewebe zwischen beiden; d Knorpel mit Verkalkung bei c. 310 Entwickelung des Gehörorganes. von sternförmigen anastomosierenden Zellen mit rundlichen, von Flüssig- keit erfüllten Maschen besteht. Zur besseren Versinnlichung dieser Verhältnisse kann Fig. 208 dienen, welche den Querschnitt des oberen halbkreisförmigen Kanales eines sechsmonatlichen menschlichen Embryo samt dem umgebenden Knorpel darstellt, a ist die bindegewebige Hülle des Tubidus membrcmaceus, dessen Epithel an diesem Präparate ausge- fallen war. b das Periost des Kanales im Knorpel und die mächtige helle Schicht c das Gallertgewebe. Aus diesem Gallertgewebe nun bildet sich nach und nach der Hohlraum, der später den häutigen halb- kreisförmigen Kanal umgibt in der Art, dass die Maschen desselben nach und nach größer werden und endlich zusammenfließen , wobei das Zellennetz teils gesprengt, teils nach beiden Seiten an die betreff'en- den Wandungen angepresst wird, wo es noch beim Erwachsenen oft in sehr deutlichen Überresten zu erkennen ist. § 38. Spätere Ausbildung des Labyrinthes. l'iduDg der Zur Schilderung der letzten Umwandlungen des Labyrinthes über- gehend, besprechen wir in erster Linie die Schnecke. In ihrer frühe- sten Anlage ist die Schnecke, wie wir sahen, eine einfache längliche Ausbuchtung der primitiven Labyrinthblase, die zuerst (Fig. 204) weder durch Gestalt noch Lage an die spätere Schnecke erinnert. Bald aber wächst innerhalb der noch weichen Umhüllung der Sehneckenkanal in die Länge und krümmt sich immer mehr medianwärts, bis er so hori- zontal in der Schädelbasis drin liegt, wie Fig. 206 zeigt, und somit eine Lage und Form darbietet, welche fast auf ein Haar die Verhältnisse der Vögel wiedergibt. Die vogelähnliche Schnecke der niedrigsten Säuge- tiere {Echidna, Ornithorhynchus) muss auf dieser Stufe stehen bleiben, bei den übrigen Säugern und beim Menschen dagegen wächst das Rohr weiter^ und zwar in der bekannten Spiralkrümmung, während zugleich die umgebende festere Schädelwand mitwuchert, so jedoch, dass sie immer, von außen besehen, eine einfache Kapsel um das Schneckenrohr darstellt, während Ihre Elemente im Innern gewissermaßen ausweichen und dem weichen Rohre Raum lassen. In der achten Woche hat beim menschlichen Embryo der Schneckenkanal schon eine ganze Windung, deren Ende nicht in derselben Ebene liegt wie der Anfang, und in der elften bis zwölften Woche ist das Rohr vollkommen ausgebildet. Die knorpelige Umhüllung ist in der achten Woche von außen gesehen eine kleine linsenförmige Kapsel, die durch ein dünneres Knorpelblatt mit Schnecke. 311 der Mitte der knorpeligen Schädelbasis zusaninieDliangl und nach unten leicht konvex vorspringt, während sie nach oben zum Teil schwach ver- lieft ist und hier durch eine Öffnung den Hörnerven aufnimmt. Im dritten Monate wird das ganze knorpelige Labyrinth massiger und zeigt am Ende desselben schon eine bedeutende rundliche Auftreibung da, wo die Schnecke sitzt, die nun auch nach oben vortritt (Fig. 136). Um die inneren Verände- rungen der Schnecke richtig aufzufassen, gehen wir von der in Fig. 209 wiedergegebenen Schnecke eines acht Wochen alten menschlichen Embryo aus. Hier zeigt das knorpelige Laby- rinth in der Gegend der Schnecke eine einfache Höhle, deren In- nenwand noch in keiner Weise die Gestalt des Kaum mehr als eine Windung beschreibenden Schneckenkanales wiedergibt, sondern ohne alle Vorsprünge ist. Erfüllt wird diese Höhle erstens von dem E])i- thelialrohre des Schneckenkanales, das jetzt noch im Querschnitte fast ganz rund und im Verhältnisse zur ganzen Schnecke auch sehr weit ist und an der oberen Seite, wo später die Scala tympani liegt, eine viel größere Dicke besitzt, und zweitens von einer bindegewebigen Lage, die als Umhüllung des Schneckenkanales und als Träger des Schneckennerven erscheint, dessen großes Ganglmi schon in die Aushöhlung der ersten Windung sich erstreckt. Eine solche Schnecke hat mithin weder Trep- pen noch ein Spiralblatt und auch keine knorpelige, spiralig gewundene Knorpelhülle. Fragt man, wie diese Schnecke aus der in Fig. 206 ge- zeichneten hervorgegangen ist, so ist die Antwort nicht schwer. Vor allem ist zu berücksichtigen , dass der Säugetierschuecke schon von der ersten Zeit ihrer Bildung an der Nervus Cochleae mit einem großen Ganglion , das ich Ganglion Spirale nenne, dicht anliegt. Wenn nun der Schneckenkanal anfängt spiralig auszuwachsen, folgt das Ganglion dem- selben genau und zieht sich strangförmig aus, und während dies ge- schieht, beginnt auch eine histologische Diff^erenzierung der anfangs Fig. 209. Querschnitt durch die Schneci>.' ^ Kanäle unterscheiden sich schon sehr ^^\ ■^' ^fe^^ '^"^'^ voneinander. An den letzleren "'": ll^«^ erkennt man bei älteren Embryonen y :4 '^^r ^ an der konkaven Seite höhere Cylinder- zellen (Raphe, Hasse) und auch au der '^j- " gegenüberstehenden Wand etwas <:>^^^'T^, rfv.^p^^sg^g^ä,^ jj ^, '-r. , ' dickere Pflasterzellen als an den Sei- ■^ tenwänden (Fig. 215). "■ ^" In den Ampullen tritt bei älteren Fig. 2-1 5. Querschnitt durch den Canalis semicircularis externus eines Kaninchen- Embryo von 24 Tagen, 4 '1,3 mal vergr. m Raphe tubuli membranacei, Hasse; l gegen- überstehende höhere Pflasterzellen ; g Gallertgevvebe um den Tubuhis membranaceus, ■das später schwindet; /'Periost des späteren Knochens; c Cartllago pelrosa. Mittleres und äußeres Ohr. 319 Embryonen die Membrana (ectoria, Hasse, oder CupulaterDiinalis, Laxg, als ziferliche, aber scjiwer zu erforschende Kutikularbildung auf, welche bis- her bei den Säugetieren und dem Menschen nur von Hasse und mir bei Embryonen gesehen worden ist. Der Recessus labiirinthi oder Aquaeductus vestibuli, der Canalis endo- M'tcKductus lymphaticus, Hasse, ist von Anfang an ein plattgedrückter Auslaufer des "« *"''?'w'»«- OhrbUischens und zerfallt später in einen unteren kanalartigen Gang, den Canalis s. Ductus endolymphaticus, und einen oberen, stark verbrei- terten Teil, den Saccus endolymphaticus, welcher letztere, wie Frontal- schnitte zeigen, innerhalb der Dura mater seine Lage hat und, wie Unter- suchungen der neuesten Zeit lehren, ebenso wie der Ductus im Knochen drin noch beim Erwachseneu unterhalb der Apertura aquaeductus vesti- buli in der hinteren Schädelgrube sich findet. Die Cartilaqo petrosa zeigt bei ihrer Ossifikation das Auffallende, Verknociiernng *^ ' "-^ ' des Labyrinthes. dass neben Knorpelverkalkungen und endochondralen Ossifikationen- pe- riostale Ablagerungen nicht nur an der Außenfläche des Knorpels, son- dern auch an der Gesamtoberfläche aller das Labyrinth begrenzenden inneren Räume sich finden, sowie dass selbst die in diesen Räumen enthaltene Bindesubstanz zum Teil {Modiolus , Lumina spiralis ossea, Grund des Meatus auditorius internus) einer Ossifikation unterliegt, die mit den periostalen Bildungen zusammenhängt. In ihrem gröberen Verhalten zeigt die Verknöcheruug der Cartilago petrosa beim Menschen und bei Säugetieren das Übereinstimmende, dass dieselbe mit einer größeren Zahl von Knochenpunkten auftritt, welche jedoch keine größere Selbständigkeit besitzen, vielmehr schon vor dem Ende des embryonalen Lebens miteinander verschmelzen. Die knöcherne Pyramide vereint sich dann noch vor der Geburt mit der Pars nuistoidea, in welcher selbständig zwei Knochenpunkte auftreten. § 39. Entwiekelung des mittleren und äußeren Ohres. Das mittlere und äußere Ohr entwickelt sich in seinen Höh- Aligemeines. lungen unter wesentlicher Beteiligung der ersten Kiemenfurchen. Die- selben schließen sich in ihrem äußeren und inneren Abschnitte an der ventralen Seite, erhalten sich dagegen in ihrem dorsalen Teile in der Art, dass aus der primitiven Verschlussstelle das Trommelfell sich ge- staltet. Aus der an der Außenfläche des Trommelfelles gelegenen Grube und ihren Wandungen entwickelt sich der Meatus auditorius externus und das äußere Ohr, während der mediale Rest der Kieinenfurche oder 320 Entw'ickelunt' des Gehöroraanes. der Cunalis p/Kirijnfjo-tympduicus die Paukenhöhle und die Tuba Eustachii liefert. — Die schon oben (§ 32) besprochenen und aus dem ersten und zweiten Kiemenbogen hervorgehenden Gehörknöchelchen liegen anfangs über und hinter der Paukenhöhle und konunen erst nachträglich schein- bar in die Paukenhöhle zu liegen, was auch von der Chorda tympani, dem Stapedius und den Biindern der Ossicula gilt. cavitastywpani- ^.^^ _ Djg Paukenhöhle und die Tuba Eustachii entwickeln sich unzweifelhaft aus dem medialen Teile des hinteren Abschnittes der ersten Kiemenfurche, wel- cher jedoch nicht ohne weiteres und unmittelbar zu diesen Tei- len sich umbildet , sondern in einen nach außen, oben und hinten gerichteten Fortsatz aus- wächst, der w esentlich zur Pau- kenhöhle sich gestaltet und daher Canalis (ubo-tympanicus [Suftus 1. 1., Moldenhauer) genannt wer- den kann. Während dies ge- schieht, bildet auch der anfangs ganz seichte Meatus extenius, der nicht allein durch Wucherungen seiner äußeren Umgebungen sich vertieft, einen ähnlichen entgegengesetzt gerichteten hohlen Fortsatz, und so entwickeln sich dann Verhältnisse, wie sie Fig. 216 wiedergibt. An diesem Frontalschnitte sieht man den Meatus externus horizontal bis fast zur Hälfte des Canalis pharyngo-tym- panicus eindringen, dessen oberer, über dem Hammer m gelegener Teil den Canalis tubo-tympanicus darstellt. Der Canalis pharyngo-tympanicus oder die spätere Tuba und Cavitas tympani ist in diesem Stadium schon sehr eng und zwar am engsten in dem Abschnitte, der später zur Pauken- höhle wird, es vergrößert sich jedoch nach und nach sein tympanaler Teil in der sagittalen Richtung und gestaltet sich zu einem seillich platt- gedrückten Hohlräume, während die spätere Tuba mehr kanalartig bleibt. Dagegen verengern sich die Höhlungen dieser Räume in der Fig. 216. Scliädel eines Schafembryo von 27 mm in der Gegend des Gehör- organes frontal durchschnitten und i0,5mal vergr. mo Hinterhirn; o Occipital- Icnorpel mit Chorda; c Cochlea; t Tuba; me Meatus auditorius externus; me'Ende desselben; m Mallen s mit Trommelfell; c Canalis semicircularis superior ; e C semi- circularis externus; s Sacculus; st Stapes ; [Nervus facialis; a Auricula ; v Alveus communis; av Aquaeductus vestibuli (ist durch Versehen nur mit a bezeichnet) ; sj> Sinus petrosus superior ; sq Squatna cartilayinea. Mittleres Ohr. 321 Richtung von außen nach innen je länger je mehr, und nähern sich deren Wandungen bald so, dass dieselben sieh berühren und das Lumen ganz oder nahezu ganz schwindet. Die Ausbildung dieser Verhältnisse hängt mit der Entwickelung eines eigentümlichen gallertigen Bindegewebes zusammen, welches bei Embryonen bis zur Geburt die Paukenhöhle und Tuba verschließt und auch die Gehörknöchelchen umhüllt und erst mit dem Eintritte der geatmeten Luft in die Tuba und Paukenhöhle einer gewöhnlichen Schleimhaut Platz macht, infolge welcher Veränderungen dann die Paukenhöhle sowohl an ihrer medialen Seite als nach oben und hinten an Umfang gewinnt und die Ossicula scheinbar in ihr Inneres zu liegen kommen, obschon dieselben, wie bekannt, allerwärts von der Schleimhaut bekleidet und doch eigentlich von außen in sie einge- schoben sind. Die Tuba ist bei jungen Embryonen kurz und hoch und hle'ibi Tuia Eustacini. während der ganzen Embryonalzeit im Verhältnisse zur Höhe kurz. Eigentümlich sind auch ihre große Paukenhöhlenmündung und das wenig vortretende enge Ostium pharyngeum, das lange Zeit hindurch dicht über der Wurzel des weichen Gaumens steht , sowie ihre mehr horizontale Lage. Der Knorpel der Tuba erscheint im vierten Monate als ein oben und medianwärts gelagertes Plättchen hyalinen Knorpels und scheint kein Teil des Primordialschädels zu sein. Von den Cellulae mastoideae findet sich beim Neugeborenen nur CeiMae masM- die Hauptzelle [Antrum Valsalvae) in schwacher Andeutung und bilden sich die übrigen Räume erst zur Pubertätszeit weiter aus. Das Tr o m m el f e 1 1 ist anfänglich gar nicht als solches zu erkennen, uemirana tym- und stecken bei jungen Embryonen die Gehörknöchelchen samt dem ^ Tensor tympani, Stapedius und Facialis in einer dicken bindegewebigen Platte drin, die vom Grunde der Tuba bis zu der kleinen Einsenkung der Haut sich erstreckt, welche die erste Andeutung des äußeren Ohres ist (s. Fig. 207;. Erst mit der Bildung des Canalis tubo-iympanicus und dem Einwachsen des Mealus externus in die Schädelwand entwickelt sich die die beiden Kanäle trennende Platte (Fig. 216), doch ist, auch nachdem diese Hohlräume schon weit entwickelt sind, das eigentliche Trommelfell nur in mäßiger Ausdehnung gebildet. Der untere Teil der Membran bildet sich schon vor der Geburt weiter aus, wogegen der obere Abschnitt [Membrana flaccida] erst mit der letzten Entwickelung der Paukenhöhle nach der Geburt ganz deutlich wird. Bei menschlichen Embryonen steht das Trommelfell nahezu hoi'izontal, und ist noch am Ende- der Fötalperiode diese Lage sehr ausgesprochen. Die Membrana tiimpani secundaria , die das runde Fenster Mnnirana Ujw- pani secundaria. KOllike r, Grundriss. 2. Aufl. 21 322 Entwickelung des Geruchsorganes. schließt, ist schon bei jüngeren Embryonen zu erkennen und stellt eine nicht verknorpelte Stelle der Cartilago petrosa dar. ÄuUeresOhr. Vom äußeren Ohre ist in erster Linie die äußere Ohröffuung und die Ohrmuschel zu erwähnen. Letztere entsteht durch eine Wucherung der äußeren Haut, in welcher schon früh ein vom Primordialschädel ganz unabhängiger klein- und dichtzelh'ger Knorpel erscheint, der später bei größeren Säugern und beim Menschen zu Netzknorpel sich umwandelt. Äußerer j)gj. äußcre Gehör gaug entsteht in seinem knorpeligen Teile Gehorgang. o o i o durch eine Wucherung der knorpeligen Ohrmuschel, unter Mitbeteiligung eines selbständig auftretenden Knorpelstückchens , wogegen der Meutus osseus, unter Anteilnahme der Schuppe und des Zitzenteiles, wesentlich aus einer Umbildung des schon früher erwähnten Annulus tympanicus in die Röhrenform hervorgeht, bei welcher an seiner vorderen unteren Wand anfänglich eine Lücke auftritt (im zweiten Jahre), die früher oder später, im ersten oder zweiten Dezennium , sich schließt. Der äußere Gehörgang besitzt bei Embryonen des Menschen und von Säugern keine Lichtung (Fig. 216 bei me'), und ebenso ist auch die äußere Ohröffnung geschlossen, und zwar an beiden Orten durch die stark gewucherte Epi- dermis. Glandulae ceru- Die O li r e u s c h m a 1 z d r ü s 0 u sind nach meinen Erfahrungen schon tninosae, im fünften Monate in ihren Anlagen sichtbar und entwickeln sich nach dem Typus der Schweißdrüsen, von denen später gehandelt werden wird. C. Geruchsorgau. § 40- Allgemeines. Das Gcruchsorgan entwickelt sich aus den schon früher bei Be- sprechung der jüngsten menschlichen Embryonen geschilderten Ge- ruchsgrübchen oder primitiven Riechgruben, welche in ähn- licher Weise als Einwucherung des Hornblattes entstehen wie die Ge- hörgrube und Linsengrube und über der Mundspalte am vordersten Teile des Kopfes ganz selbständig sich entwickeln [siehe Fig. 144 vom Menschen, Sil? vom Hühnchen, ferner Hisl. s. c. von einem Embryo von 4 mm, Taf. VllI, Fig. 5 — 8, und einem von 7,5 mm, Taf. I, Fig. 2, Taf. IV, Fig. 10—14, Taf. YIl, Fig. A 4, und Kölliker (Züricher Fest- schrift) von Embryonen von 8,0 und 8,5 mm, Fig. 12 und 3]. In zweiter Linie bildet sich dann eine Vereinigung der Riechgruben mit der Mund- höhle und in dritter Linie trennt sich die Mundhöhle in zwei Abschnitte, von denen der obere zum respiratorischen Abschnitte der Nasenhöhlen Umbildungen der Geruchsgrübchen. 323 wird, während aus den primitiven Riecligruben das eigentliche Labyrinth des Geruchsorganes entsteht. Die primitiven Geruchsgrübchen, die bei Säugern und Vögeln in derselben Weise auftreten wie beim Menschen , erhalten sieh nur Gernchs- grübchen. Fig. 217. Fie. 218. kurze Zeit, und findet man beim menschlichen Embryo schon in der fünften Woche eine Furche, die Nasenfurche, welche äußerlich vom iv'asenfurche unteren Ende der Grübchen zur Mundhöhle verläuft. Bald nimmt dann auch das Gesicht die schon früher beschriebene Gestalt an, die wir durch Fig. 218 hier wieder in Erinnerung bringen, und zeigt nach innen von der Nasengrube [n) und der Nasenfurche, die nicht bezeichnet ist, den Slirnfortsatz s t mit dem inneren Nasenfortsatze und nach außen da- von den äußeren Nasenfortsatz an und den Oberkieferfortsatz o. Die Nasengrube n ist in der Tiefe blind geschlossen und steht einzig und allein durch die ganz oberflächlich gelegene Nasenfurche mit der primi- tiven Mundhöhle in Verbindung. Verglichen mit dem Hühnchen ist beim Menschen der Stirnfortsatz schmäler und vor allem der Oberkiefer- fortsatz mehr quer gestellt, woher es dann kommt, dass derselbe nicht mit der Spitze, sondern mit seinem oberen Rande an den äußeren Nasen- fortsatz anstößt. In der zweiten Hälfte des zweiten Monates schließt sich die Nasenfurche (Fig. 141) und öflnet sich dann das Geruchslabyrinth durch die inneren Nasengänge (primitiven Gaumenspalten, Dursy) mit zwei engeren Öffnungen ganz vorn in die primitive Mundhöhle. Fig. 217. Frontalschnitt durch den Kopf eines Hühnerembryo von drei Tagen und sechs Stunden, 40mal vergr. h Vorderhirn und oberer hinterer Teil des Zwischen- hirnes; p Zirbelaniage; g, g Geruchsgrübchen. Fig. 218. Kopf eines sechs Wochen alten menschlichen Embryo von vorn und unten, vergrößert, u Stelle, wo der Unterkiefer sass ; o Oberkieferfortsatz des ersten Kiemenbogens ; an äußerer Nasenfortsatz; n Nasengrube; 5 ( Stirnfortsatz; (/Aus- stülpung der Rachenschleimhaut (Hypophysistasche). 21* Innere Nasengänge. 324 Entsvickelung des Geruchsorganes. Dieses Stadium hat jedoch nur kurzen Bestand, denn schon am Ende des zweiten Monates beginnt der Gaumen sich zu bilden (Fig. 219), mit dessen Vollendung dann die primitive Mundhöhle in zwei Abschnitte, ^^^gang'^'**" einen oberen respiratorischen, den ich Nasenrachen gang [Ductus naso-pharyngeus) heiße, und einen unteren digestiven, die eigentliche Mundhöhle, zerfallt. Entfernt man bei einem neun bis zehn Wochen alten Embryo, dessen Gaumen schon ge- bildet ist, denselben und betrachtet man die Nasen- höhle von unten, so findet man vorn zu beiden Seiten des noch ganz kurzen Septum und der Pflugschar die inneren Nasenlöcher oder Nasengänge deutlich in Ge- Fie "219. ^^'^^^ kurzer Spalten, die aufwärts in die Labyrinthe führen und nach vorn mit dem äußeren Nasenloche ausmünden; später aber vergeht mit dem Wachstume des Labyrinthes diese Spalte als ein besonderes, von den benachbarten Teilen scharf abgegrenztes Gebilde, und erscheint dann der Nasenrachengang mit ' dem embryonalen inneren Nasenloche zusammen als unterer Nasen- gang. Immerhin erkennt der Kundige selbst noch beim Erwachsenen das fötale innere Nasenloch in der langen engen Spalte, die zwischen der unteren Muschel und dem Septum durch aufwärts zum Labyrinthe ^"^gänge"""' führt. Die Nasengaumengänge [Ductus nasopalatini) im Canalis in- cisivus oder die SiENSONSchen Gänge , die aus der Anatomie des Er- wachsenen bekannt sind, sind ein Rest der ursprünglichen Verbindung zwischen der Mundhöhle und dem unteren respiratorischen Abschnitte der Nasenhöhle , doch ist zu bemerken, dass dieselben beim Menschen wider alles Erwarten auch bei Embryonen nie von einer größeren Weite gefunden werden. ^f'^"^Eiit- Das Labyrinth des Geruchsorganes entwickelt sich ganz und ear Wickelung des •' ~ c O Geruchs- g^g (jß^-^ q\[q fötale Ricchgrube auskleidenden Hornblatte, das wir das labynnthes. " > Riechsäckchen nennen können, unter Mitbeteiligung des vordersten Schädelendes. Während letzteres zum Stirnfortsatze und den äußeren Nasenfortsätzen hervorwächst, vergrößert sich auch das Säckchen in entsprechender Weise, und entsteht so nach und nach eine tiefer ein- dringende Grube. Der Stirnfortsatz wandelt sich dann zur knorpeligen Scheidewand der Nasengegend des Primordialschädels um, an welcher später als Deckknochen der Vomev und die Zwischenkiefer sich ausbilden^ Fig. 219. Kopf eines menschlichen Embryo aus der achten Woche von unten, vergrößert. Der Unterlviefer ist weggenommen, um die große Spalte in der Mund- rachenhöhle mr zu zeigen, welche später durch Vortreten und Verwachsen der Gau- nienfortsätze >- Talgdrüsen. Schweißdrüsen. 333 Diese Auswüchse gestalten sich zu birn- und flaschenförmigen Gebilden, in welchen dann auch eine Höhle dadurch entsteht, dass die innersten Zellen dieser Anlagen eine physiologische Fettmelamorphose erleiden. Dieses Fett wird dann als erstes Sekret oder Hauttalg in die Haarbälge, deren Haare mittlerweile durchgebrochen sind, entleert. Die weitere Entwickelung der Talgdrüsen ist leicht zu begreifen. Die Zellenmasse derselben wuchert durch solide Sprossenbildung weiter, wodurch die Drüse verästelt, traubenförmig wird, und in diesen Knospen geht dann die Bildung von Höhlungen genau ebenso vor sich wie in den ersten Anlasen. Fig. 228. Fig. 229. Die Bildungsgesetze sind mithin bei diesen Drüsen insofern im Einklänge mit dem, was wir bei den Haaren fanden, als es ebenfalls die Schleimschicht der Epidermis ist, von der ihre Entwickelung ausgeht, und die Drüsenanlagen anfänglich auch nichts als solide Massen sind, in denen dann durch Differenzierung der Elemente ein Gegensatz zwischen Wand und Innerem entsteht. Wo die Talgdrüsen selbständig vorkommen, wie z. B. an der Glans penis, entwickeln sich dieselben nach dem nämlichen Typus, aber direkt von der Epidermis aus. Die Schweißdrüsen entwickeln sich genau nach dem Typus der.seiiweißdrasen. Talgdrüsen. Die ersten Anlagen derselben, die im fünften Fötalmonate Fig. 228. Schweißdrüsenanlage von eineih fünfmonatlichen menschlichen Em- bryo, bei 330maliger Vergr. a Hornschicht der Oberhaut, 6 Schleimschicht, c Co- riiim, d Drüsenanlage ohne Lumen, aus kleinen runden Zellen bestehend. Fig. 229. A. Schweißdrüsenanlagen aus dem siebenten Monate, ömal vergr. Die Buchstaben abd wie bei Fig. 228. Das Lumen e ist durchweg vorhanden, nur reicht es nicht ganz bis ans Ende der dickeren Teile der Drüsenanlagen, die zu den Drüsen- knäueln sich gestalten. Fortsetzung der Kanäle in die Oberhaut hinein unii Schweiß- poren /sind da. B. Ein Knäuel einer Schweißdrüse aus dem achten Monate. 334 EnUvickelung der äußeren Haut. erscheinen, gleichen denen der Haarbälge sehr und sind nichts als solide flaschenförmige Auswüchse (Fig. 228) des Rete Malpighii der Oberhaut, die in die Cutis sich hineinerstrecken und von einer dünnen Hülle der letzteren umgeben sind. Im weitereu Verlaufe werden diese Auswüchse länger und gestalten sich im sechsten Monate zu leicht gewundenen schmächtigen Anhängen, deren Enden kolbig verbreitert sind, bestehen jedoch immer noch durch und dui'ch aus kleinen rundlichen Zellen, Erst im siebenten Monate zeigen die Drüsen im Innern einen Kanal, dessen Entstehung wahrscheinlich mit dem Auftreten von Flüssigkeit zwischen den zentralen Zellen der Drüsenanlagen zusammenhängt, bei welchem Vorgange vielleicht auch ein Teil dieser Zellen sich auflöst in derselben Weise, wie dies bei der Bildung der Höhlungen in den Talg- drüsen gefunden wird. Um dieselbe Zeit, wo die Lumina auftreten, zeigen auch die Enden der Drüsenanlagen ein vermehrtes Wachstum, verdicken sich und krümmen sich retortenförmig, so dass jetzt auch die Anlagen der späteren Drüsenknäuel zu erkennen sind (Fig. 229). Wäh- rend dies geschieht, brechen dann auch die Höhlen nach außen durch und entstehen die Öffnungen der Schweißkanäle, ein Vorgang, der durch Fortsetzung der Lückenbildung auf das Rete Malpighii der Oberhaut und Abschuppung der Hornschicht sich erklären lässt. In den letzten Mona- ten der Schwangerschaft bilden sich dann die Drüsen vollständig aus, so dass sie bei Neugeborenen, abgesehen von der Größe, in nichts von denen des Erwachsenen sich unterscheiden. In derselben Weise wie die Schweißdrüsen bilden sich auch die Milchdrüsen. Ich habe diese Drüsen bereits bei einem acht Wochen alten weiblichen Embryo gefunden, bei dem sie die Form der Fig, 230,1 zeigten und eine einfache solide Wucherung der Schleimschicht der Oberhaut von 0,23 mm Durchmesser mit einer mesodermatischen Hülle von 30 — 40 [X darstellten und von einem Gefäßnetze umgeben waren. Im fünften Monate besaßen diese Organe bei einem männlichen Embryo noch dieselbe Gestalt (Fig, 230, i), treiben dagegen im weiteren Verlaufe Sprossen (etwa 12 — 15), die schon im siebenten Monate deutlich sind (Fig. 230,2) und bei Neugeborenen schon eine zierliche Rosette mit kürzeren einfachen und längeren, leicht ästigen Anhängen darstellen. Eine einfachere solche Milchdrüse ist in Fig, 231 nach La>'ger dargestellt, doch sind die Drüsen der Neugeborenen meist zusammengesetzter, 0,5 — 1,0 cm groß und mit einzelnen, 1 — 2mal gabelig geteilten Aus- läufern versehen, die an den Enden 1 — 5 rundliche Knospen tragen. Jeder der in Fig. 231 gezeichneten Ausläufer ist die Anlage eines ganzen Milchdrüsenlappens, doch erreichen dieselben bekanntlich erst spät ihre volle Ausbildung, in welcher Beziehung ich auf die Unter- Milchdrüse. 335 suchungen Langers und meines Sohnes (Würzb. Verh., 1879) ver- weise. Der Gang der Entwickelung ist übrigens wie bei den Talg- drüsen, und lässt sich namentlich bei Neugeborenen, bei denen die Milchdrüse in eine Periode lebhafter Entwickelung eintritt, leicht nach- weisen, dass die Bildung der Höhlungen in den Drüsenanlagen, die Fis;. 230. Fig. 231, ebenso wie die Öffnungen an der Warze um diese Zelt auftreten, mit der Bildung fetthaltiger Zellen im Innern derselben zusammenhängt. Diese Zellen samt etwas Flüssigkeit stellen die sogenannte »Milch der Neugeborenen« dar. Bekanntermaßen tritt bei Neugeborenen beider Geschlechter eine Anschwellung der Brustdrüsen ein, und kann man durch Komprimierung derselben ein milchartiges Sekret auspressen, welches nach der Analyse von Schlossberger so ziemlich mit der Milch übereinstimmt. Diese Erscheinung wäre ganz rätselhaft, könnte man nicht nachweisen, dass dieselbe mit der Entwickelung der Hohlräume in den Anlagen der Di'üsenabteilungen zusammenhängt. Die eben erwähnte raschere Entwickelung der Milchdrüsen nach der Geburt, die einen vermehrten Blutandrang im Gefolge hat, erklärt dann auch die häutigen Fälle von Entzündungen des Organes bei Neugeborenen oder Kindern der ersten Wochen, die von kolossalen Ektasien der Drüsen- Fig. 230. Zur Entwickelung der Milchdrüse, i. Milchdrüsenanlage eines fünf- monatlichen männlichen Embryo, a Hornschicht, b Schleimschicht der Oberhaut, c Fortsatz der letzteren oder Anlage der Drüse, d Faserhülle um denselben, 2. Milch- drüse eines siebenmonatlichen weiblichen Fötus von oben, a Zentralmasse der Drüse mit größeren [b] und kleineren (c) soliden Auswüchsen, den Anlagen der großen Drüsenlappen. Fig. 231. Milchdrüsenanlage eines Neugeborenen, a Zentralmasse der Drüse, um welche sich kleinere (b) und größere Knospen finden, letztere mit noch solidem kolbenförmigem Ende c. — Nach Langer. 336 Entwickelung des Muskelsystemes. räume begleitet sind (Th. Kölliker). Die weitere Entwickelung der Milchdrüse in der nachembryonalen Zeit scheint mehr durch Wucherung hohler Endbläschen als durch Bildung anfangs solider Knospen vor sich zu gehen (Baufurth, Z. Entw. der Milchdrüse, 1882), doch sind in dieser Beziehung noch weitere Untersuchungen nötig. Die Brustwarze entsteht erst nach der Geburt durch eine lang- same Erhebung der Gegend der ersten Drüsenanlage und ihrerUmgebung. smegma anbryo- Über die Epidermis selbst ist nun nachträglich noch zu bemer- ken , dass dieselbe während des Fötallebens offenbar mehrfache De- squamationen darbietet, deren Auftreten in früheren Zeiten nicht genauer verfolgt ist, die aber vom fünften Monate an sehr energisch statthaben. Im sechsten Monate findet man die Embryonen über und über von einer klebrigen, etwas Fett enthaltenden Masse, der soge- nannten »Fruchtschmiere«, Smegma embryonum^ oder dem »Käsefirnis«, Vernix caseosa, bedeckt, welche an bestimmten Lokalitäten, namentlich an den [Beugeseiten der Gelenke (Achsel, Knie, Weichen), der Sohle, dem Handteller, dem Rücken, dem Ohre, dem Kopfe und den Genitalien in besonderer Menge angehäuft ist und mikroskopisch aus Epidermis- schüppchen und dem Sekrete der um diese Zeit in physiologische Aktion tretenden Talgdrüsen, vielleicht auch der Schweißdrüsen, besteht. Diese Masse, welche auch chemisch untersucht ist, bleibt dann bis gegen das Ende der Geburt. Bei Neugeborenen findet man eine sehr wechselnde Menge derselben vor und sind dieselben manchmal von diesem Firnisse ganz tiberzogen, welcher auch den Gebärakt zu erleichtern imstande ist. Die während des Embryonallebens abgelösten Teile des Smegma kommen natürlich in das Amnionwasser zu liegen und können dann aus diesem in den Darmkanal und schließlich in das Meconium des Embryo übergehen. V. Entwickelung des Muskelsystemes. § 42. Die Entwickelung des Muskelsystemes, lange Zeit vernachlässigt, fängt in neuerer Zeit an, größere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, doch sind wir immer noch weit entfernt, eine volle Einsicht in die wich- tigsten, auf dieselbe sich beziehenden Vorgänge zu besitzen. Primitivorgaiie Q^^t ujau auf die allererste Entwickelung der Muskeln ein, so er- des Muskel- "-" ' systemes. gjjjj ^l^.\^ (jje w'ichtige Thatsache, dass schon in früher Zeit bei den Em- bryonen aller Wirbeltiere besondere Primitivorgane sich bilden, aus Primitivorgane des Muskelsystemes. 337 denen ein großer Teil des Muskelsystemes hervorgeht. Es sind dies die früher schon mehrfach besprochenen Muskelplatten oder Rücken- Muskeipiatten. tafeln von Remak, welche bei Vögeln und Säugetieren aus dem dorsalen Teile der Urwirbel sich hervorbilden. Diese Muskelplatten stellen bei den Vögeln anfangs einfache Blätter dar, werden dann aber später, allem Anscheine nach durch Wucherungen und Umbiegungen vom dorsalen und ventralen Rande aus, doppelt (Fig. 232 am, im) und wandeln sich dann in erster Linie mit ihrer tiefereu Lage in lougitudinal verlaufende Muskelfasern um , welche ebenso wie die "Wirbel viele Segmente dar- stellen und in der auffälligsten Weise an die Muskelsegmente der nieder- sten Wirbeltiere erinnern. Embryonen des Hühnchens und von Säu- gern besitzen lange Zeit nur ^^^^^ ,^ diese fischähnlichen Muskeln, dann aber entwickeln sich scheinbar an der Außenseite derselben , möglicherweise aber aus ihnen selbst, Schicht um Schicht neue Muskella- gen. So entstehen bei den höheren Wirbeltieren aus den Muskelplatten alle dorsalen vertebralen Muskeln, d. h. alle Rückenmuskeln mit Aus- nahme der Extremitätenmus- keln [Cucullan's , Latissimus, Rhomboideus , Levator scapiclae), aber vielleicht mit Inbegriff gewisser visceraler Muskeln , wie der Levatores costarum. Ferner erzeugen die Muskelplatten aber auch, indem sie mit den Rippenanlagen und ventralen Ästen der Nerven in die seitliche und ventrale Leibeswand hineinwachsen (s, §12undFig.58), die viscerale Muskulatur von Hals, Brust und Bauch und die ventralen vertebralen Muskeln, wo solche , wie am Schwänze vieler Tiere, sich finden. Die hierher gehörigen Muskeln sind 1) alle oberflächlichen Halsmuskeln mit Ausnahme des Platysma, 2) alle visce- ralen Muskeln der Brust [Scaleni, Serrati postici, Intercostales, Triangu- läres sterni, Infracostales, Diaphragma), 3) alle Bauchmuskeln mit Inbe- griff des Qiiadratus lumborum, 4) bei Tieren mit unteren Bogen an der Schwanzwirbelsäule die ventralen äußeren Schwanzmuskeln. m. Fii ii->. Fig. 232. Frontaler Längsschnitt durch den Rüclven eines Hühnerembryo vom 3. Tage, 78mal vergr. eEktoderm; am äußere Lage der Musi;t der Gang gebildet, so wuchert derselbe wie andere Drüsengänge weiter. Gleichzeitig mit der Bildung des rechten Le- bergauges erscheinen beim Kaninchen auch die ersten soliden Lebercy- linder (Remak) an dem linken Gange, d. h. kurze solide Epithelialsprossen desselben, und zugleich bilden sich zahlreiche Ge- fäße in dem größer ge- wordenen Leberwulste^ welche ich als Sprossen der Venae o mphalo-mes en- ter icae auffasse. Schon am elften Tage glaube ich auch die Gallenblase als eine ganz kleine Sprosse des rechten Gallenganges gesehen zu haben. Am elften Tage gestaltet sich die Leber rasch weiter um und entwickelt zwei Lappen, die zusammen bogenförmig den Darm umfassen und mit scharfen Kanten gegen die Wirbelsäule gerichtet sind. In dem größeren rechten Lappen wird die Mitte von einer mächtigen Vene eingenommen, die unzweifelhaft die 0 inphalo-mesenterica ist, wäh- rend der linke Lappen ein viel kleineres Gefäß enthält, das beim Ka- ninchen, bei dem die zwei Dottersack venen viel länger sicherhalten, vielleicht als linke Omphalo-mesenterica gedeutet werden darf. Leber- Fig. 256. Querschnitt durch den Runtipf eines Kaninchens von 10 Tagen, in der Gegend der Leber und der vorderen Darmpforte, 57mal vergr. a Aorta ; c \ena car- dinalis ; u Venae umbiUcales ; oin Venae omphalo-mesentericae ; p Bauchliöhle; d Duo- denum; l Leberanlage; Iw Leberwulst; dgz Dottergangzotten; am äußere, im innere Muskelplatte; df Darmfaserplatte am Duodenum sehr dick und zwischen ihr und dem Epithel die in Bildung begriffene il/iwach- senen (s. S. 154). Die feineren Verhältnisse anlaneend, so ist die Entwickelung der innere verhäit- "- ' nisse der sicli Leber äußerst merkwürdig, und zeigt keine andere Drüse vollkommen entwickelnden '^ ' Leoer. Gleiches. Die zweigelappte kompakte Anlage der eigentlichen Leber entsteht aus den zwei beschriebenen Lebergängen durch zwei besondere Wachstumsphänomene, die mau wohl auseinander zu halten hat. Das 376 Entwickelung der größeren Darmdrüsen. eine beruht auf einer Wucherung der die primitiven Lebergänge um- hüllenden Faserscliicht , die die Fortsetzung der Faserlage des Darmes ist. Infolge dieser Wucherung vereinen sich beim Hühnchen die beiden primitiven Lebei'gänge über dem Stamme der Vena omphalo-mesenterica und wird aus denselben, gleichzeitig mit der Bil- dung zahlreicher, von der genannten Vene aus sich entwickelnder Blutgefäße, ein mächtiges zweilap])iges Organ gebildet, dessen äußere Gestalt dem Ver- halten derinnerenDrüsen- elemente auch nicht von fern entspricht. Wäh- rend nämlich die Faser- schicht der Lebergäuge in besagter Weise die äußere ^. „„„ Form des Organesbedingt. Flg. 258. ^, ^ ' entwickeln sich von dem Epithel der primitiven Le- bergänge aus aus Zellen bestehende Sprossen in die Faserschicht hinein, die Lebercylinder von Re- MAK, welche, nach Art der Anlagen traubenförmiger Drüsen weiterwuchernd, sich verästeln und zu- gleich — und dies ist der Leber eigentümlich — auch durch Anastomosen sich verbinden, in der Art, dass auch die Sprossen der beiden Lebergänge unmittelbar in Verbindung treten. Ist dieser Vorgang zu einiger Ent- wickelung gediehen, so findet man dann im Innern der beiden Leber- Fig. 257. Menschlicher Embryo von 25 — 28 Tagen nach Goste, gestreckt und von vorn dargestellt nach Entfernung der vorderen Brust- und Bauchwand und eines Teiles des Darmes, n Auge ; 3 Nasenöffnung ; 4 Oberkieferfortsatz ; 5 vereinigte Unter- kieferfortsätze des ersten Kiemenbogens oder primitiver Unterkiefer ; 6 zweiter, 6" dritter Kiemenbogen ; h Bulbus aortae ; o, o' Herzohren; r,v rechte und linke Kam- mer; « Vena wnbiUcaUs ; /Leber; eDarm; a' Arteria omphalo-mesenterica ; f Vena omphalo-mesenterica ; m WoLFFSche Körper; f Blastem der Geschlechtsdrüse; ;; Me- senterium; r Enddarm; n Arteria; 7 MastdarmölTnung oder ÖfTnung der Kloake; 8 Schwanz; 9 vordere, 9' hintere Extremität. Fig. 258. Brust- und Baucheingeweide eines zwölf Wochen alten Embryo in natürlicher Größe, v Coecum mit dem Proc. vermicitlaris, dicht an der Leber und fast in der Mittellinie gelegen. Fig. 2^ Entwickclung des Lebergewebes. 37 läppen ein schon ziemlieh entwickeltes Netzwerk von Lebercylindern. von denen eine gewisse Zahl mit den gleichfalls leicht ästig gewordenen Epithelialschläuchen der ursprünglichen Lehergänge zusammenhängt, während das Ganze von der Faserschicht umhüllt und durchzogen wird, welche im Innern als Trägerin der reichlichen Blutgefäße dient, die alle Lücken zwischen dem Netzwerk der Cylinder erfüllen. Beim Hühnchen hat die Leber am Ende des fünften und am sechsten Tage den hier ge- schilderten Bau und sind um diese Zeit alle ursprünglich dagewesenen freien Enden von Lebercylin- U. dern verschwunden , mit an- dern Worten, in der Netzbil- dung derselben aufgegangen, und wesentlich dieselben Ver- hältnisse finden sich auch bei Säugetieren und beim Men- schen. Die weitere Entwicke- lung der Leber ist im ganzen noch wenig verfolgt. Immer- hin kann ein wichtiger Satz als vollkommen gesichert hin- gestellt werden, nämlich der, dass die Leberzellen des Er- wachsenen Abkömmlinge der Zellen der primitiven Leber- cylinder und somit auch der- jenigen des Darmdrüsenblat- tes des Embryo sind. IVIit dieser Erkenntnis tritt die Leber, so eigen- tümlich auch sonst ihr Bau sein mag, doch auf jeden Fall in die Reihe der übrigen Darm- und Hautdrüsen ein, deren Drüsenzellen auch samt und sonders auf die innere und äußere epitheliale Bekleidung des Embryo zurückzuführen sind. In betreff des Näheren der Um- wandlung der primitiven Netze der Lebercylinder in die späteren ana- stomosierenden JLeberzellenbalken bemerke ich hier, auf meine Ent- wickelungsgeschichte 2. Auflage verweisend, folgendes. Die primi- tiven Lebercylinder, die wie Toldt und Zickerkaxdi. mit Recht ange- geben, immer aus mehreren Zellenreihen bestehen und enge Lumina enthalten, welche letzteren ich für gewisse Cylinder des Hühnchens be- Fig. 259. Querschnitt durch die Leber eines Hühnchens von fünf Tagen, circa 37mal vergrößert, gg Gallengang; gb Gallenblase; i) Bauchfeliüberzug der Leber; Ih Lebercylinder; g Gefäße; r Vene. Fig. 259. 378 Entwickelung der größeren Darmdrüsen. stäligen kann , erhalten sich während der ganzen Fötalzeit und sind selbst in der nachembryonalen Periode noch lange (beim Menschen bis zum fünften Jahre, T. und Z.) anzutreffen. In dieser Zeit vermehrt sich das Netz derselben offenbar wie bei ihrer ersten Entstehung durch fort- gesetzte Sprossenbildungen, deren genauere Verhältnisse tlbrigens noch zu ermitteln sind. Schließlich gehen alle Cylinder in die einfachen späteren Leberzellenl)al- ken über, wobei man an eine Dehnung derselben und Richtung ihrer Zellen (T. und Z.) und an eine Spaltung der Cylinder (Ich) denken kann. Auch könn- ten später einfache Zellen- reihen als Sprossen der mehrreihigen Cylinder ent- stehen. Gleichzeitig mit allen diesen Veränderun- genwürden dann natürlich auch die Gefäße energisch mit wuchern und von den ersten hohlen Lebergängen aus die angrenzenden Le- bercylinder Schritt für Schritt sich aushöhlen oder ausweiten und die Gallen- gänge bilden. GaHenginge. *''§• ^'^'■'- Da Ursprünglich alle Lebercylinder anastomo- sieren, beim Erwachsenen dagegen außer an gewissen Orten, w ie in der Porta hepatis, wo der Ductus hepaticus dexter et stnistcr die bekannten fei- nen Anastomosen bilden, bei den Vasa aberrantia und den Ductus inter- lohulares^ Anastomosen der Gallengänge nicht vorkommen, so bleibt nichts anderes übrig, als anzunehmen, dass später ein Teil der Lebercylinder im Bereiche der sich bildenden Gallengänge nicht w eiter sich entwickelt und Fig. 260. Querschnitt durch den Rumpf eines Kaninciienembryo von 10 Tagen, drei Schnitte weiter hinten als Fig. 256. Vergr. 52mal. aa verschmolzene Aorten; cc Venae cardinales ; uu Venae umbilicales ; oo Venae omphalo-mesentericae ; dr Darm- rinne; dgz letzter Rest der Dottergangszotten; p Pankreasanlage, den ganzen dicken hinteren Teil des iiwodenin» umfassend, etwas nach links gerichtet; 5 Bauchhöhle. Die WoLFFSchen Gänge sind in diesem Schnitte schon da, wurden aber nicht einge- zeichnet. Funktion der fötalen Leber. 379 schließlich durch Resorption verloren geht. — Dass die primitiven Leber- gänge die Ductus hepalici sind, ist aus der bisherigen Schilderung wohl schon klar geworden, und vom Ductus choledochus haben wir gesehen, dass derselbe durch ein sekundäres Hervorwuchern der Ausgangsstelle der beiden primitiven Gänge sich entwickelt. Die Gallenblase ist beim GaiienWase. Menschen schon im zweiten Monate vorhanden. Sie überragt beim Fötus nie den scharfen Rand der Leber und zeigt die Falten ihrer Schleimhaut schon im fünften Monate. Zum Schlüsse erwähne ich nun noch, dass die Leber des Fötus Physiologische Bedeutung der offenbar ein physiologisch sehr wichtiges Organ ist, wie vor allem die Leber beim tjroße Menge Blutes beweist, welche dieselbe durchfließt. Es ist jedoch ihre Bedeutung weniger darin zu suchen, dass sie Galle sezerniert, als darin, dass das Blut in ihr besondere chemische und morphologische Umwandlungen erleidet. Der letztere Punkt wird bei der Lehre vom Blute noch weiter zur Besprechung kommen, und erwähne ich daher nur noch, dass die Gallensekretion zwar schon im dritten Monate auftritt, aber während der ganzen Fötalperiode nie eine größere Intensität er- reicht. Im dritten bis fünften Monate findet sich eine gallenähnliche Materie im Dünndarme, in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft trifft man dieselbe auch im Dickdarme und zuletzt auch im Mastdarme und nennt man den grünlich braunen oder braunschwarzen Darminhalt dieser Zeit, der aus verschlucktem Liquor Amnii mit Wollharen, Epider- misschüppchen und Hauttalg, dann aus Galle, Schleim, abgelösten Epi- thelien und Cholestearinkrystallen besteht, Meconium oder Kindspech. Jiiccomwn. Die Gallenblase zeigt bis zum fünften oder sechsten Monate nur etwas Schleim als Inhalt, von da an meist hellgelbe Galle. Das Pankreas entwickelt sich beim Kaninchen als eine Aus- Panh-eas. buchtung des Epithels der dorsalen Wand des Duodenum (Fig. 260) und wuchert, da der Darm hier keine Bekleidung von der Darmfaserplatte besitzt, als ein epitheliales Rohr in die vor der Aorta gelegenen Meso- dermschichten hinein, die man als Mesenterium des Duodenum bezeich- nen kann. Die erste hohle Anlage des Organes treibt wie bei den Lungen hohle blasenförmige Sprossen, von welchen aus dann die ganze Drüse durch wiederhohe Bildung von hohlen Sprossen sich entwickelt, um welche zugleich eine bindegewebige Hülle mit Gefäßen aus dem Blasteme des Mesenterium sich ausbildet. — Beiiu Hühnchen entwickelt sich das Pankreas mit soliden Sprossen. In betreff des Pankreas des Menschen ist nur folgendes bekannt: Bei einem vier Wochen alten Embryo besehrieb ich schon vor Jahren im Pankreas einen einfachen weiten und hohlen Ausführungsgang , der an seinen Seiten und am verschmälerten Ende mit einigen (ich zählte sie- 380 Entwickelung der größeren Darmdrüsen. bell) geschlängelten Nebengängen versehen war, von denen jeder in seinem schmäleren Anfangsteile schon ein Lumen besass, dagegen am Ende in eine solide, rundlich-birn förmige Knospe ausging. Am Ende des zweiten Monates fand ich die Drüse in ihren Hauptabteilungen vollkommen angelegt und nach neuen Beobachtungen bereits mit hohlen Drüsenbläschen versehen. Über die Entstehung des Ductus pan- creaticus minor ist nichts bekannt. Im dritten und vierten Monate mündet nach Meckel der Wirsun- (jianus oben und links in die Pars descendens Duodeni, der Choledochus unten und rechts, im fünften Monate dagegen liegen beide Gänge neben- einander. Milz. Die Milz bietet mit J3ezug auf ihre Entwickelung nur geringes In- teresse dar. Dieselbe bildet sich beim Menschen im ersten Monate, nach His bei Embryonen von 7mm, im Magengekröse dicht am Magen aus einem Blasteme, das dem mittleren Keimblatte, genauer bezeichnet, den Miltelplatten angehört, und wächst, verglichen mit der Leber, nur lang- sam hervor, sodass sie in der achten Woche 0,62 : 0,31 mm und im drit- ten Monate nur etwa 1,7 mm Länge und weniger denn 1,13 mm in der Breite misst. Anfangs nur aus kleinen Zellen bestehend, entwickeln sich im dritten Monate Gefäße und Fasern in dem Organe und wird dasselbe bald sehr blutreich. Dagegen treten die MALPiGHischen Körperchen erst am Ende der Fötalperiode auf, ohne dass bis jetzt über die erste Zeit ihres Erscheinens und ihre Entwickelung, die übrigens kaum etwas Be- sonderes darbieten wird, Genaueres bekannt wäre. YII. Entwickelung des Grefäfss^^stenies. §47. Entwickelung des Herzens. Wir hallen in den früheren Paragraphen schon zu wiederholten Malen Gelegenheit gehabt, die erste Entwickelung des Herzens, des Gefäßsystemes und des Blutes zu besprechen, und erübrigt nur noch, die weitere und letzte Ausbildung der einzelnen Teile dieses Systemes zu schildern. Erste umbii- Was das Hcrz anlangt, so nehmen wir dasselbe in dem Stadium dungen des Herzeus, auf, in dem es einen vor dem Yorderdarme in der Parietalhöhle des Halses oder der Halshöhle gelegenen geraden Schlauch darstellt, der aus seinem vorderen Ende zwei Arcus cio'rtai' entsendet, während auf der Entwiokelung des Herzens. 381 andern Seile zwei Venae oinphalo-mesentericae aus dein Fruchtliofe in denselben eintreten. In diesem Stadium ist das Herz beim Menschen noch nicht gesehen, wohl aber auf dem nächstfolgenden, wo es S-förmig sich zu krümmen beginnt, in welchem Goste dasselbe bei einem 1 ö bis 18 Tage alten Embryo und His bei einem Embryo von 2,6 mm antraf (Fig. 116). Ist diese Krünunung mehr ausgebildet (Fig. 261), so erkennt m id rii ;/■ Fis. 26-2. *^' Fis. 261, Fi". 263. man zwei Hauptbiegungen, eine der arteriellen Seite, vorn und rechts unterhalb des Ursprunges der Aorta, und eine des venösen Abschnittes, hinten und links über der Einmündungsstelle der Venen. Außerdem findet sich anfangs auch eine starke Biegung am Ursj^runge der Aorta, Fig. 261. Vorderer Teil eines Hühnerembryo von 4,55 mm Länge von unten. //Herz; Aa Arcus aortae ; ///iZ Halshöhle ; Fd vordere Darmpforte; f/w Urwiibel ; Ahl Augenblasen; Vh Vorderhirn; i; .4 /■ Ausgangsstelle der vorderen Amnionfalte, welche Falte übrigens bis zur Mittellinie sich erstreckt. Fig. 262. Herz eines Kaninchenembryo, vergrößert, nach Bischoff, von hinten. a Venae omphalo-mesentericae ; drechte Kammer; e Bulbus aorlae ; /' sechs Aorten- boten ; c Vorhof; 0 Auriculae. Fig. 263. Das Herz der Fig. 262 von vorn, nach Bischofk. la Truncus arteriosus; ca Ohrkanal; l linke Kammer; ;• rechte Kammer; a Yorhof ; v Venensinus. 382 Entwickelung des Gefäßsystemes. die in Fig. 262 seiir stark ausgeprägt ist, später aber immer mehr ver- schwindet. Im weiteren Verlaufe krümmt sich nun das Herz so zusam- men, wie Fig. 262 und 263 nach Bischoff von einem Kaninehenembryo zeigen, und zugleich entwickeln sich auch besondere Ausbuchtungen und eingeschnürte Stellen. Die Krümmung anlangend, so biegt sich der Herzkanal so, dass die venöse Krümmung in die Höhe steigt, von links nach rechts gegen die Aorta rückt und selbst etwas hinter dieselbe zu liegen kommt, was dann auch die Folge hat, dass die Einmündungs- stelle der Venen ihre Lage an der dorsalen Seite der arteriellen Krüm- mung einnimmt, so dass das Herz im ganzen in verschiedenen Ebenen liegt, wie dies auch Fig. 263 einigermaßen versinnlicht. Von den ander- weitigen Veränderungen sind die bemerkenswertesten das Auftreten von zwei leichten seitlichen Ausbuchtungen (Fig. 262) an der venösen Krümmung und der Zerfall der arteriellen Krümmung in der Längsrich- tung in zwei besondere Abschnitte, so dass nun das ganze Herz aus folgenden Teilen besteht. Dicht über einem kurzen Venenstamme, der die beiden Venae omphalo - inesentericae [a] aufnimmt, erscheinen die beiden Ausbuchtungen [b], welche die Gegend der späteren Vorkammern Aitrkniae. bezeichnen, aber nicht die Atrien, sondern wesentlich nur d\e Auriculae ^'"'"'f'* ?"'■'"«- darstellen. Durch eine leichte Einschnürung, den Canalis auricularis oder den Ohrkanal der älteren Embryologen (Fig. 263 ca), von dem Vorhofe getrennt, folgen dann die beiden Auftreibungen [l und r] mit einer Zwischenfurche, die linke und rechte Kanuner und zwischen den- selben der Sulcus interventricularis. Zwischen der rechten Kammer und dem Aortenstamme (/«), der gewöhnlich als Aorteuzwiebel, Bulbus aor- tae oder Truncus arter iosus bezeichnet wird, haben die älteren Forscher auch eine verengte Stelle unter dem iXamen Fretum Halleri beschrieben, es ist jedoch zu bemerken^ dass diese Einschnürung, die in Fig. 262 in der Ansicht von hinten zu sehen ist, wenn beständig, doch sicherlich bei Säugelierembryonen bald vergeht. Während Fig. 262 und 263 nur sehr wenig an die gewöhnliche Herzform erinnern, führt das nächstfolgende Stadium, das Fig. 26i und 265 wiedergeben, gleich in ein bekanntes Gebiet. Und doch ist das Herz auch auf dieser Stufe, wie eine genauere Betrachtung auf den ersten Blick lehrt, noch sehr eigentümlich, indem dasselbe immer noch eine einzige Arterie aus der rechten Kammer entsendet und nur eine Vene aufnimmt, auch im Innern ohne alle Andeutung von Scheidewän- den ist, ganz abgesehen von den äußeren Formabweichungen, die ohne weitere Hinweisung deutlich sind. Die Art und Weise, wie diese Herz- form aus der nächslvorigen entsteht, ist einfach die, dass das Venen- ende noch mehr hinter die Aorta tritt, bis dasselbe endlich genau hinter Entwickeluns des Herzens. 3S3 ihr seine Lage hat, so dassdann bei einerweileren Vergrößerung der Herz- ühren dieselben rechts und links von der Aorta zum Vorschein kommen und wie die beiden Vorhöfe darstellen, wahrend die Arterie sell)st in eine Furche zwischen sie zu liegen kommt. Mit der Vergrößerung der llerzohren muss natürlich auch der Ohrkanal (Fig. 265 e) viel deutlicher hervortreten, der jedoch immer noch wie anfangs nur zwischen dem Venenabschnitte und^der linken Kammer seine Lage hat. Die Kammern selbst sind, verglichen mit früher, größer, die linke stärkere mehr rund, die rechte eher kolbig und der Sulcus interventriatlaris nicht schwacher, als er im jüngeren Herzen erschien. Die innere Organisation und der Bau der eben ge- schilderten embryonalen Her- zen bietet, meinen Beobach- tungen am Kaninchenembryo zufolge, manches Besondere dar. In erster Linie bemerke ich, dass die Muskulatur des Herzens bei diesem Tiere am neunten Tage auftritt, unmit- telbar nach der Verschmel- zung der beiden Herzhälften, und dass schon am zehnten Tage an der in Mo 0,054 — 0,108 mm dicken Herzwand vier Schichten sich deutlich unterscheiden und zwar von außen nach innen \) eine dünne Bindesubstanzlage, 2) eine Lage von Muskel- zellen, 3) eine endokardiale Schicht in Gestalt einer verschieden dicken Lage gallertiger Bindesubsfanz und 4) ein einschichtiges Endothel. In bezug auf die Verbreitung der Muskeln habe ich die Beobachtung gemacht, dass am zehnten und elften Tage der ganze Bulbus aortae, d.h. der ein- fache primitive Aortenstamm bis zu seiner Teilung eine deutliche Muskel- schicht besitzt, deren Faseruug vorwiegend quer geht, eine Thatsache, die angesichts des Vorkommens quergestreifter Muskelfasern am Conus arteriosus niederer Wirbeltiere [Selachier, Ganoiden und Chünaeren) ge- wiss alle Beachtung verdient. Fig. 264. Kopf eines Hundeembryo von unten gesehen, mehr vergrößert. Nach BiscHOFF. a Vorderhirn; 6 Augen ; c Mittelhirn ; d Unterkieferfortsalz ; e Oberkiefer- fortsatz der ersten Kiemenbogen ; ff'f'zv^ei bis vier Kiemenbogen ; g linkes, h rech- tes Herzohr; k rechte, i linke Kammer; l Aorla oder Truncus arteriosus mit drei Paai- Arcus aortae. Fig. 263. Herz des Embryo der Fig. 264 von hinlen gesehen, a gemeinsamer Venensinus; b linke, c rechte Auricula; g rechte, / linke Kammer; e Ohrkanal ; h Truncus arteriosus. Nach Bischoff. Bau des primi- tiven Herzens. Fig. 263. 384 Entwickelung des Gefaßsystemes. Wichtig ist ferner, dass das einkaniinerige, einfache primitive Herz bereits gut ausgebildete arterielle und venöse Klappen besitzt. Diesel- ben stellen bei Kaniuchenenibryonen an beiden Ostien paarige , halb- kugelige Verdickungen der vorhin erwähnten endokardialen Gailertsub- stanz dar, in welche die Muskulatur nicht eingeht (siehe Fig. 266). Weitere Ent- pyp f\[Q f,un folsendeu Zustände halte ich mich an das menschliche wickehiiig des "^ Herzens. Herz. Fig. 267 zeigt das 2,66 mm lange Herz des in Fig. 118 darge- stellten vier Wochen alten Embryo, das sehr nahe an die Herzforn^ Fig. 264 und 265 sich anschließt. Bemerkenswert ist neben der größe- ren Entwickelung der Herzohren die Kleinheit der rechten Kammer, ein Verhalten, das jedoch nur kurze Zeit so ausgeprägt besteht. Die Aorta oder der Truncus arteriöses, obschon wie mit einer Furche ver- sehen^ welche aber nur die durchschimmernde Intima ist, war noch ein- fach und durch die schiefe Lage ihres Anfanges, sowie durch die starke Biegung in der Gegend der Vorkammer auffallend. An dieser ist mit Hinsicht auf die nächstfolgende Zeit besonders der nahezu gleiche Um- fang der beiden Herzohren, von denen das linke selbst eher etwas größer war, zu beachten, außerdem verdient aber auch das Verhalten der ein- mündenden Venen Berücksichtigung. Statt einer großen Vene nämlich, die früher allein vorhanden war, findet sich hier das erste Stadium der Scheidung in die drei späteren Stämme und zwar ist die rechte Cava superior schon ganz getrennt, während die Cava inferior und die Cava superior sinistra noch zusammenhängen. Die weiteren Veränderungen des menschlichen Herzens, die zwi- schen die vierte bis achte Woche fallen, sind folgende. Zuerst und vor allem wird die rechte Kammer kolbenförmig und größer, während die linke Kammer etwas an Rundung verliert, ohne dass die Gesamtver- hältnisse sich ändei'n , was zu der Form führt, die Fig. 268 darstellt. Dann verlängern sich die beiden Kammern noch mehr und spitzen sich zu, während zugleich der Venenteil des Herzens und besonders die Herzohren zu einer ganz unverhältnismäßigen Größe heranwachsen. Fig. 268 zeigt nach Ecker das 3,3 mm lange Herz eines etwa sechs Wo- chen alten Embryo von vorn und Fig. 269 das 4,3 mm große Herz eines Fötus aus der achten Woche von der hinteren Seite, und überzeugt man sich an beiden Figuren leicht von der Größe der Herzohren, von denen das rechte jetzt entschieden das größere ist. In der Ansicht von hinten befinden sich übrigens die Herzohren einfach neben und über den Kammern, in der andern Ansicht dagegen erkennt man, wie dieselben einen guten Teil der Kammern decken, in welcher Beziehung jedoch zu ■ bemerken ist, dass in Fig. 268 die Auriculae nicht ganz in ihrer natür- lichen Lage, sondern etwas abgehoben gezeichnet sind. Venenmün- Herz des Menschen. 385 düngen sind jetzt ganz bestimmt drei vorhanden; von denen die der linken Cava snperior durch ihre Lage alle Beachtung verdient, wie wir dies übrigens später beim Venensysteme noch weiter zu besprechen Fig. 266. Fig. 267. Gelegenheit haben werden. Alle diese Venen münden übrigens jetzt noch in einen einfachen Raum zwischen den Herzohren, den primitiven Fig. 268. Fig. 269. Fig. 266. SagiUalschnitt durch die Herzkammer und den Vorhof eines Kanin- chenembryo von 11 Tagen, Vergr. 59mal. r Ventrikel; a Atrium; vv Valvula venosa; m Muskellage der Herzwand. Fig. 267. Herz eines vier Wochen allen, 13,5 mm langen menschlichen Embryo, 5'/2fnal vergr. 1. von vorn, 2. von hinten, 3. mit geöffneten Kammern und Vor- kammer, deren obere Hälfte entfernt ist. o' linkes, a" rechtes Herzohr; v' linke, v" rechte Kammer ; ao Truncus arteriosus ; s Septum ventriculorum in der Anlage be- griffen; cd Cava stiperior dextra ; es Cava snperior sinistra mit der Cava inferior. Bei 2. ist der Canalis auricularis sehr deutlicli. Fig. 268. Herz eines etwa sechs Wochen alten mensciilichen Embryo von 3,3 mm Länge, 4mal vergr., nach Ecker. Hinke, r rechte Kammer; la Truncus arteriosus, mit einer Furche bei af, die die Trennungsslelle der Aorta und Pulmonalis andeutet. Außerdem sieht man die beiden großen Herzohren. Fig. 269. Herz eines acht Wochen alten menschlichen Embryo von 4,3 mm Länge, etwa 3mal vergr., von hinten, a' linkes a" rechtes Herzohr; v' linke, v" rechte Kammer; cd Cava superior dextra; es Cava superior sinistra; ci Cava inferior. Kolli ker, Grundriss. 2. Aufl. 25 386 ' Entwickelung des Gcfäßsystemes. Yorhof, indem die spätere Scheidewand auch in dem Herzen Fig. 268 nur in den ersten Spuren vorhanden ist. Wesentlich verändert hal sich dagegen das Verhallen des Vorhofes zu den Kammern, denn während derselbe früher (siehe Fig. 26.5) nur mit der linken Kammer in Verbin- dung stand, ist er im Herzen F'ig. 267 auch mit der rechten Kammer schon etwas in Kommunikation, und bei dem Herzen Fig. 269 erkennt man schon von außen, dass dieser Zusammenhang ein ganz inniger sein muss, und in der That ergibt auch die innere Untersuchung eines sol- chen Herzeus, dass jede Kammer nun durch eine besondere Öffnung in den Vorhof übergeht. Von dem Triincus arteriosus endlich ist noch zu bemerken, dass derselbe bei dem jüngeren Herzen eine Furche als An- deutung seiner beginnenden Teilung zeigt (Fig. 267), welche Trennung bei dem älteren Herzen schon zum Abschlüsse gekommen ist, so dass nun zwei Arterien, die Aorta und die Pubnonalis, jede für die betreffende Kammer, vorhanden sind. Die äußeren Umwandlungen des Herzens weiter speziell zu verfolgen lohnt sich kaum der Mühe und begnüge ich mich daher mit folgendem. Die rechte Kammer wächst bald so heran, dass sie die linke an Größe erreicht oder selbst etwas übertrifft, doch findet man beide Kammern gegen das Ende des Fötallebens wieder ziemlich gleich groß und zu- sammen einen hübschen Kegel darstellend, indem der rechte Rand des Herzens wegen der größeren Dicke der rechten Kammer jetzt noch ab- gerundet ist. Die Vorhöfe und Herzohren behalten lange Zeit ihre be- deutende Größe und sind die letzteren selbst noch beim reifen Embryo (Fig. 277) verhältnismäßig größer als später, doch sind sie allerdings in dieser Zeit nur noch ein schwacher Widerschein von dem, was sie früher waren. Die Größe endlich anlangend, so ist diejenige des ganzen Herzens im Verhältnisse zu den übrigen Teilen in späteren Zeiten viel geringer. Bei einem vier Wochen alten Embryo verhält sich das Herz meiner Schätzung zufolge zum Körper wie 1:12; im zweiten und dritten Monate berechnet Meckel das Verhältnis wie 1 : 50 und beim reifen Fötus wie 1 : 120. Innere verände- Wir kommcu uuu zur Schilderung der wichtigen inneren V er- riiiißf6ii d.6S Herzens, ändcrungeu des Herzens, welche alle, abgesehen von den mehr auf den Bau der Wandungen bezüglichen, im wesentlichen darauf zielen, aus dem einfächerigen primitiven Herzen, das dem Typus des Fisch- herzens folgt, ein zweikammeriges Organ mit vollkommener Trennung der Blutströme des großen und kleinen Kreislaufes zu bilden. Hierbei zerfällt sowohl der Venenteil des primitiven Herzens als auch die ur- sprüngliche Aorta durch eine longitudinale mittlere Scheidewand in zwei Hälften, während der primitive Ventrikel durch eine Querwand in zwei Innere Veränderungen des Herzens. 3S7 Abteilunsjen sich teilt, und wird es so allerdings schwer begreiflich, wie der Veneuleil, der erst nur mit der linken Kammer in Verbindung steht, und der Truncus arteriosus , der anfänglich einzig und allein aus der rechten Kammer entspringt, in ihre späteren Verhältnisse gelangen. Zur besseren Versinnlichung gehen wir von dem in Fig. 267 wieder- gegebenen Herzen eines menschlichen Embryo aus, in dem der ein- kammerige Zustand noch fast ungetrübt besieht und die Scheidewand- bildung kaum begonnen hat, und dann wird es auch zu verstehen sein, wenn wir sagen , dass vor der vollen Ausbildung der Scheidewände durch besondere Wachstumsvorgänge einmal an der hinteren Seite des Herzens die rechte Kammer nach und nach in den Bereich des Vorhofes gezogen wird und zweitens vorn dasselbe auch bei der linken Kammer in ihrer Beziehung zur Aorta oder dem Truncus arteriosus geschieht. Mündet einmal die Vorkammer in beide Kammern und stehen diese auch beide mit dem Truncus arteriosus in Verbindung, so ist es dann nicht schwer zu begreifen, wie durch die endliche Vollendung der Septa im Innern die bekannten vier Höhlen und die bleibenden Verhältnisse der Arterien sich ausbilden. Nach diesen Vorbemerkungen schildere ich nun der Reihe nach die Vorgänge bei der Scheidewandbildung in den zwei Abschnitten des Herzens und im Truncus arteriosus zugleich mit den übrigen Verände- rungen im Innern. Die beiden Herzkammern, anfänglich ebenso dünn- wandig wie die venöse Abteilung, werden bald — beim Menschen in der dritten bis vierten Woche — zu zwei Säcken mit ungemein dicker Wand und sehr enger Höhle, deren aus der Darmfaserplatte entstehende Wände ganz und gar aus einem zierlichen Schwammgewebe sich ent- wickelnder Muskelbalken bestehen, deren Lücken überall von Aus- sackungen des Endothelrohres der Kammern ausgekleidet sind. Zugleich beginnt auch die Bildung des Septu)n, von dem Fig. 267, 3 einen sehr frühen Zustand darstellt. Dasselbe erschien als eine in der Gegend des Sulcus interventriculars vom unteren und hinteren Teile der Kammern ausgehende niedrige halbmondförmige Falte, deren Konkavität nach oben, d. h. gegen die Aorta und den Vorhof, und zugleich ein wenig nach links schaute. Mithin waren die Kammern an ihren Basalteilen noch nicht geschieden, doch hatte sich das ursprüngliche Verhältnis auch hier schon geändert, indem nun auch die rechte Kammer in etwas mit dem Vorhofe in Verbindung stand. Immerhin gehörte das Ostium venosum, dessen Ränder stark in den Vorhof vortraten, vorzüglich der linken Kammer an. Einmal angelegt, bildet sich die Scheidewand der Kannuer rasch ixus und ist dieselbe schon bei Embrvonen der siebenten Woche voll- 388 Entwickelung des Gefäßsystemes. ständig, so dass nun die Kammern mit zwei getrennten Ostien in den Vorhof ausmünden. Die Gestalt dieser primitiven venösen Mündungen ist äußerst einfach und stellen dieselben ursprünglich nichts als einfache Spalten dar, deren Lage und Gestalt beim acht Wochen alten Embryo Fig. 270 zeigt. Die beiden Lippen, welche jede Spalte begrenzen, sind VenöseKiappeu. die ersten Andeutungen derbleibenden venösen Klappen, und haben Untersuchungen derselben an Kaninchenembryonen ergeben, dass diese Anlagen anfänglich denselben Bau besitzen wie die oben geschilderten primitiven Klappen. An diese Anlagen der bleibenden Klappen setzen sich anfangs weder Muskelfasern noch Chordae tendineae an, vielmehr stehen dieselben nur an ihrem festgewachsenen Rande mit der Muskelwand der Kammer und Vorkammer in Verbindung , zwischen welchen anfänglich keine Trennung besteht. Indem nun die Muskelwaud der Kammer sich verdickt, spalten sich nach und nach an ihrer inneren Oberfläche einzelne Muskelbalken ab, so dass sie einerseits mit der Klappenbasis, anderseits mit lieferen, der Spitze näheren Teilen der Wand in Verbindung bleiben. Hierauf geht der gallertige, mit der Muskulatur nicht verbundene Teil der Klappe bis auf seine Randteile ein, welche dann, stär- ker vortretend, die bleibende Klappe bilden und die mit ihnen verbundenen Muskelbalken mitnehmen, an denen dann noch aus besonderen , zwischen den Muskelfasern Fis 270 befindlichen Elementen die Sehnenfäden sich entwickeln, von denen es nun begreiflich wird, dass sie oft Muskel- fasern enthalten. Beim Menschen bilden sich die venösen Klappen erst im dritten Monate bestimmter aus, in welcher Beziehung auf die speziellen Darstellungen von Bernays (DieEntw. d. Atrioventrikularklappen, Leipzig 1877) verwiesen wird, der auch eine Abbildung von einem 4Y2monal- lichen Embryo gibt (Fig. 3) . Die Kammerwandungen bleiben auch im drit- ten und vierten Monate noch unverhältnismäßig dick, werden dann aber im Verhältnisse zu den Herzhöhlen in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft wieder dünner, wobei jedoch zu bemerken ist, dass die rechte Kammer, obschon im Anfang dünnwandiger als die linke, doch bald dieselbe Stärke erreicht wie diese und dann auch während des ganzen Restes Feinerer Bau der (jgj. Embryoualzeit SO bleibt. Von der feineren Struktur der Herz- Aainmeru. •' ■ muskulatur bemerke ich nur folgendes. Der zierliche kavernöse oder schwammige Bau, der im zweiten Monate dem Herzfleische in seiner ganzen Dicke zukommt, ist kein länger andauernder Zustand, vielmehr wird im dritten und vierten Monate allmählich, von außen nach innen Fig. 270. Herz eines acht Woctien alten Embryo nacli Wegnahme der Vorkam- mer von oben, etwa 3mal vergr. o die beiden venösen Ostien ; ia die beiden Arte- rien ; l, r der linke und rechte Ventrikel. Innere Veränderungen des Herzens. 389 fortschreiteud. die Ilerzwand kompakter, l)is am Ende der schwammige Bau auf die innersten Lagen allein beschränkt ist. Dass das Herzfleisch aus Spindel- und sternförmigen Muskelzellen sieh aufbaut , habe ich schon Vorjahren gezeigt (llandb. d. Gewebelehre, erste Aufl., S. 607), und bilden dieselben einfach durch Aneiuanderlagerung die späteren Muskelfasern des Herzens. Gleichzeitig mit der Ausbildung des Septum ventriculorum tritt auch Teilung des 11 Truncus arte- die Teilung des primitiven Aortenstammes oder des Truncus arte- nostis. riosus in Arteria pulmonalis und bleibende ^lor/a ein, welche, obgleich scheinbar nur die Fortsetzung des Vorganges, der bei der Trennung der Kammern statthat, doch von demselben wohl zu unterscheiden ist. Während nämlich bei den Kammern die Herzmuskulatur selbst hervor- wuchert und schließlich zu einem vollständigen Septum sich umbildet, ist es bei der primitiven Aorta die mittlere Lage der Gefäßwand, welche die Trennung bewirkt. Diesem zufolge kann die Scheidung des Truncus arteriosus nicht so beschrieben werden , als ob sie durch ein Hereinwachsen des Kammer- septums geschehe, wie am deutlichsten auch daraus hervorgeht, dass bei gewissen Geschöpfen die Aorta zu einer Zeit sich teilt, in welcher die Kammer noch einfach ist. So bei der Natter nach Rathke (Entw. d. Natter, S. 165), bei der zur Zeit, wo der Truncus arteriosus in drei Ge- fäße zerfällt, die Kammer noch keine Spur eines Septum besitzt. Ebenso ist auch, wie Rathke mit Recht bemerkt, die Ursache der Trennung der primitiven Aorta in zwei Kanäle nicht mit v. Baer in gewissen Besonder- heiten der Zirkulation, in einer verschiedenen Richtung der Blutströme zu suchen, vielmehr liegt dieselbe einzig und allein in besonderen Wachstumsvorgängen der Arterienwand. — Was nun die Einzelheiten beim Menschen anlangt, so habe ich in der vierten Woche den Truncus arteriosus noch vollkommen einfach mit rundem Lumen gefunden. Quer- schnitte desselben , mikroskopisch untersucht, zeigten schon deullich drei Häute, eine dünne derbere Adventitia, eine mächtige helle Media und eine innere Zellenlage als Intima. In der fünften Woche war die Arterie ebenfalls noch einfach, doch wai' das Lumen jetzt schon in die Qnere gezogen und spaltenförmig. In der siebenten und achten Woche fand ich das Gefäß schon vollkonuuen doppelt und gelang es mir hier nicht, Zwischenstadien aufzufinden und die allmähliche Ausbildung der Teilung zu verfolgen. Glücklicher war ich bei Rindsembryonen von 15 — 18 mm Länge und fand ich hier erstens Aorten mit 8 förmigem Lu- men oder, mit andern Worten, mit zwei schwachen Leisten im Innern, welche von Wucherungen der Tunica media herrührten, und zweitens solche, die innerhalb einer gemeinsamen Adventitia zwei Lumina ent- 390 Entwickelung des Gefäßsystemes. Semilunar- klappen. hielten, die zwar jedes seine besondere Intima, aber zusammenhängende Tunicae mediae besaßen. Diesem zufolge kann nicht wohl bezweifelt werden, dass die Teilung des Truncus arteriosus wesentlich durch eine Wucherung seiner mittleren Haut zustandekommt, welcher erst später auch die Adventitia folgt, was jedoch beim Menschen sehr früh geschieht, indem schon in der achten Woche beide große Arierien alle ihre Häute für sich besitzen. Gleichzeitig mit der Teilung bilden sich auch die Semilunar- klappen, die ich an beiden Arterien schon beim sieben Wochen alten Embryo sah. Dieselben sind bei Säugetierembryonen anfänglich nichts als horizontal vortretende dicke, halbkugelförmige Wülste eines Gallert- gewebes und des Endothels, welche unmittelbar mit dem Endokard der Kammern verbunden sind, durch welche das Lumen an dieser Stelle die Gestalt eines einfachen dreizackigen Sternes mit einem langen und zwei kurzen Schenkeln erhält, indem die eine Klappe anfänglich viel kleiner ist als die andere. Zu welcher Zeit die Klappen zuerst als Taschen sicht- bar werden, habe ich beim Menschen nicht untersucht. Bei Kaninchen- embryonen geschieht dies am 16. Tage bei \,i — 1,7 cm Länge und fand ich die Semihmaves aorticae um diese Zeit 0,14 mm hoch und 0,085 mm dick. Die obenerwähnte quergestreifte Muskulatur der primitiven Aorta vergeht beim Kaninchen vom 12. Tage an von der Teilungsstelle der Aorta zu gegen das Herz, doch bleibt in der Höhe der primitiven Aorten- klappen noch bis zum 14. Tage Muskulatur bestehen, welche erst mit der Teilung der primitiven Aorta zu schwinden scheint. Später als die Kammern und der Tr. arteriosus die beschriebenen Trennungsvorgänge zeigen, erleidet auch der Venenteil des Herzens ähnliche Veränderungen. Nach meinen Erfahrungen nämlich beginnt die Bildung des Septutn atriorum erst nach der Vollendung des Septum ventriculorum in der achten Woche in Gestalt einer niedrigen halbmond- förmigen Falte, die von der Mitte der vorderen Wand der Vorkammer und" vom oberen Rande des Septum ventriculoriim ausgeht. In dieselbe Zeit und vielleicht schon etwas früher fällt auch die Entwickelung zweier anderer Falten an der hinteren Wand des Vorhofes, der Valvula Eu- yaivuia stachü und der Valvula foraminis ovalis rechts und links an der Mündung Yahniaforami-^QY Unteren Hohlveue , welche Bildungen alle im dritten Monate viel ins fir.nlio ' *--' deutlicher werden und dann schon eine bessere Scheidung der Vorhöfe bedingen, die jedoch/ wie bekannt, während der ganzen Fötalperiode unvollkommen bleibt, indem dieselben durch das große Foramen ovale verbunden sind. Dieses Loch ist nicht als eine einfache, von rechts nach links durchgehende Öffnung in der Scheidewand zu betrachten, sondern Bildung des Septum atriontm. nis ovalis Innere Veränderungen des Herzens. 391 mehr als ein die Cava inferior, die beim Embryo auch zum Teil in den linken Vorhof mündet, fortsetzender schiefer Kanal, dessen Begrenzungen die um diese Zeit sehr große EisTACiiische Klappe und die Kla[)pe des eiförmigen Loches sind, die man auch als Forlsetzungen der Wand der Vene auffassen kann. Nach der Geburt verschmilzt in der Regel die Valvula foraminis ovalis mit dem nach rechts von ihr gelegenen Septum und stellen dann beide miteinander das bleibende Septum atriorum dar, doch erhält sich bekanntlich der Verbindungskanal in vielen Fällen zeit- lebens oflen. — Die Wandungen der Vorhöfe sind beim Embryo lange Zeit ungemein dünn, verstärken sich dann an den Herzohren, an denen zu- erst Trabeculae sichtbar werden, und später auch an den übrigen Teilen, Zum Schlüsse nun noch einige Bemerkuneen über die Läse de s ."^^sedesem- "^ "- o bryonalen Her- Herzens. Unmittelbar nach seiner Entstehung liegt das Herz ent- ^^°^- schieden im Bereiche des Kopfes, wie aus vielen früheren Figuren (s. Fig. 38^40, 77, 78, 80, 109) entnommen w'erden kann, wo dasselbe vor dem ersten Urwirbel, dem Vorläufer des ersten Halswirbels, in der Höhe der zweiten und dritten Hirnblase seine Stellung hat. Zur Zeit, in welcher die Kopfkrümmungen am ausgesprochensten sind, liegt das Herz mit dem Ventrikelteil unter dem Vorderkopf und steigt die Aorta dorsalwärts längs der Kiemeuijogen herauf, um in der Gegend des dritten Bogens in ihre Äste zu zerfallen (Fig. 82, 83 und His , Taf. VH Ai und B,)^ 3Iit der größeren Entwickelung des Kopfes und Halses rückt nun aber das Herz scheinbar immer weiter zurück, so dass es nach und nach in die Halsgegend zu liegen kommt (Fig. 83, 86, 87). Hier treffen wir auch noch teilweise das Herz des vier Wochen alten menschlichen Em- bryo (s. Fig. 'M7, M8, 257), allein bald nimmt dasselbe mit der größeren Ausbildung der Halsgegend seine Stellung ganz und gar in der Brusthöhle ein, in der es während des ganzen zweiten Monates die volle Breite und Tiefe derselben erfüllt und mit seiner Längsachse gerade steht (Fig. 242). Erst von der achten Woche an beginnen die Lungen, die bisher weiter gegen das Becken zu und an der Dorsalseite der Leber lagen, neben demselben sich zu erheben, um bald ihre typische Stellung einzunehmen, und während dies geschieht, stellt sich auch das Herz mit der Spitze mehr nach links (Fig. 258), von welcher Zeit an dasselbe keine erheblichen Lageveränderungen mehr erfährt. Eieentümlich wie die Lage ist auch die Beschaffenheit der das Herz HuUendes "- '-' Herzens. umgebenden Teile. Solange das Herz seine primitive Stellung am Kopfe und Halse einnimmt, ist es in einer Spaltungslücke des mittleren Keim- blattes enthalten, deren Begrenzungen in früheren Paragraphen genau geschildert wurden. Diese Lücke hat zuerst die in Fig. 39 und 109 dar- gestellte Form, nimmt aber später die an, die Fig. 106 darstellt, und 392 Entwickelung des Gefäßsystemes. finden wir in diesem Stadium das Herz vor dem Anfangsdarme gelegen und an der Bauchseite nur von einer dünnen Haut bedeckt, welche die Membrana reuniens inferior von Rathke oder die primitive Hals- und Brustwand ist. Um diese Zeit geschieht es auch, dass das große Herz diese dünne Haut l^ruchsackartig vortreibt und scheinbar wie außerhall) des Leibes seine Lage hat (s. Fig. 35). Dieser Zustand dauert so lange, bis die Produkte der Urwirbel, Muskeln, Nerven und Knochen, in die primitive untere Leibeswand hineinwachsen und die bleibende Brust- wand bilden , mit welchem Vorgange dann erst das relativ auch kleiner gewordene Herz seine Stelle im Thorax einnimmt, was beim Menschen in der zweiten Hälfte des zweiten Monates geschieht. Herzbeutel. Über die Entwickelung des Herzbeutels ist bis jetzt nichts Sicheres bekannt, doch möchte so viel unzweifelhaft sein, dass derselbe nach Analogie des Peritoneum und der Pleura aus der Darmfaserplatte des Herzens in loco sich bildet und nichts als die äußerste Schicht der Herzanlage und die innerste Lamelle der primitiven, das Herz einschließen- den Höhle ist (siehe oben S. 121). Zu welcher Zeit derselbe beim Menschen zuerst sichtbar wird, ist nicht bekannt und kann ich nur so viel saaen. dass derselbe im zweiten Monate schon deutlich ist (s. Fig. 141). § 48. Entwickelung der Gefäße. der^rtoi^n^ ^^"' Eutwickelung der Gefäße übergehend, beginnen wir zunächst Aortenbogen, jyjj^ (jg^ Arterien, unter denen die großen Stämme in der Nähe des Herzens vor allem Beachtung verdienen. Die erste Form derselben, die gleich nach der Entstehung des Herzens und während der Dauer des Kreislaufes im Fruchthofe getroffen wird, ist die (Fig. 271, i), dass das Herz vorn einen Truncus arleriosus [ta) entsendet, der nach kurzem Ver- laufe in zwei Arcus aortae sich spaltet, die in der Wand der Kopfdarm- höhle bogenförmig nach der Gegend der späteren Schädelbasis und dann längs dieser konvergierend nach hinten laufen, um anfänglich getrennt voneinander als doppelte Aortae descendentes zu enden und später unter- einander zur unpaaren Aorta zu verschmelzen (siehe unten). Sowie die Kiemen- oder Schlundbogen hervortreten, zeigt sich, dass der Anfang der Aortenbogen in den ersten Kiemenbogen liegt (Fig. 31), sowie dass auch für die folgenden Kiemenbogen neue Aortenbogen hervortreten. Diese entstehen in der Richtung der punktierten Linien der Fig. 271, i, mithin hinter dem ersten Bogen oder, wenn man lieber will, als Quer- anastomosen seiner beiden Schenkel, und hat man beim Hühnchen leicht Gelegenheit, drei solche Bogenpaare zu sehen, wie sie Fig. 264 nach Entwickeluns der Arterien. 393 BisciioFF vom Hunde wenigstens in den Anfängen wiedergibt. Es be- schränkt sich jedoch die Zahl der Bogen nicht auf drei, vielmehr treten nach den übereinstimmenden Angaben von v. Baer und Batiike auch bei Säugetieren und nach ilis auch beim Menschen (Taf. VII, Mu), ebenso wie bei den Vögeln, der Reihe nach fünf Aortenbogen auf, in der Art jedoch, dass, während die hintersten Bogen entstehen, die vorderen schwinden und niemals fünf, ja selbst vier nur sehr selten zu gleicher Zeit vorhanden sind, wie dies in Fig. 271, 2 dargestellt sich findet, in der auch die Stelle des fünften Bogens durch eine punktierte Linie an- Fig. 271. gegeben ist Der vierte und fünfte Bogen entstehen als Queranastomosen zwischen dem Truncns arteriosiis selbst und dem hinteren Teile des ur- sprünglichen ersten Aortenbogens und liegen der vierte im vierten Kiemenbogen und der fünfte hinter der vierten Kiemenfurche. Es ent- sprechen sich mithin die Kiemenbogen und Aortenbogen ganz, mit einziger Ausnahme dessen, dass bei den höheren Wirbeltieren kein fünfter Kiemenbogen sich entwickelt, und ist klar, dass die Aortenbogen eine Wiederholung des ersten Entwickelungszustandes der Kiemengefäße der Fische und Batrachier sind. Da jedoch bei den höheren Tieren keine Kiemen sich ausbilden, so vergeht ein Teil der Aortenbogen wieder und findet auch der Abschnitt derselben, der sich erhält, eine ganz eigen- tümliche Verwendung. Fig. 271 . Schema zur Darstellung der Entwickelung der großen Arterien mit Zu- grundelegung der von Rathke gegebenen Figuren. 1. Truncns arteriosus mit ein Paar Aortenbogen und Andeutung der Stellen, wo das zweite und dritte Paar sich bildet. 2. Truncus arteriosus mit vier Paar Aortenbogen und Andeutung der Stelle des fünf- ten. 3. Truncus arteriosus mit den drei hinteren Paaren von Aortenbogen , aus denen die bleibenden Gefäße sich entwickeln, und Darstellung der oblitterierten zwei vorderen Bogen. 4. Bleibende Arterien in primitiver Form und Darstellung der ob- litterierenden Teile der Aortenbogen, ta Truncus arteriosus ; 1 — 5 erster bis fünfter Aortenbogen; a Aorta; p Pulmonalisslamm ; p' p" Äste zur Lunge; aw' bleibende Wurzel der Aorta thoracica ad; aw oblitterierende Wurzel derselben ; s' s" Subclariae; r Vertebralis; ax Axillaris; c Carotis communis; c' Carotis externa ; c" Carotis interna. 394 EntWickelung des Gefäßsystemes. Naturgetreue Abbildungen der Aortenbogen des Menschen gibt II i s in seiner oft zitierten Monographie auf Taf. VII, VIII. ""^M^^anaiungen j)]q Umwandlung der Aortenbogen in die bleibenden Gefäße Aortenbogen, schildere ich nach Rathkes sorgfälligen Untersuchungen und versinnliche dieselben durch zwei Schemata Fig. 271, 3 und 4, die mit einer geringen Modifikation nach einem von Ratfike gegebenen Schema konstruiert sind. Die bleibenden großen Arterien gehen im wesenilichen aus den drei letzten Aortenbogen hervor, doch erhält sich auch ein Teil des ersten und zweiten Bogens in der Carotis interna c" und Carotis externa c'. Von den drei letzten Bogen wird der vorderste (der dritte der ganzen Reihe) zum Anfange der Carotis interna, während die Carotis communis c aus dem Anfange des ursprünglichen ersten Arcus aortae sich entwickelt. Der zweite bleibende Aortenbogen (der vierte der ganzen Reihe) setzt sich auf beiden Seiten, nach der Trennung des Truncus arteriosus in Aorta und Art. pulmonalis, mit der Aorta in Verbindung und wird links zum eigentlichen bleibenden Arcus aortae, rechts zum Truncus anonymus und zum Anfange der Subclavia dextra s . Die Verbindung zwischen dem ersten und zweiten bleibenden Bogen (dem dritten und vierten ur- sprürglichen Bogen) vergeht. Der dritte bleibende Bogen (der fünfte der ursprünglichen Reihe) vergeht rechts vollständig, links tritt derselbe mit der Pulmonalis in Zusammenhang und bleibt auch während des ganzen Fötallebens mit dem bleibenden Arcus aortae in Verbindung, so dass das Blut der rechten Kammer in die Aorta descendens sich, entleert. Aus diesem Bogen entwickeln sich auch die beiden Lungenäste selbst, p p" , die anfänglich ein kurzes gemeinschaftliches Stämmchen haben, später aber direkt aus dem Bogen selbst entspringen. Die Verbindung zwischen dem zweiten und dritten Bogen rechts erhält sich als Fortsetzung der Subclavia in die Axillaris ax und gibt die Vertebralis v ab, dagegen Ver- geht die Fortsetzung des dritten rechten Bogens zur ursprünglichen unpaa- ren Aorta [aiv), so dass später die Aorta descendens nur mit den Gefäßen der linken Seite in Verbindung steht. Die Subclavia der linken Seite s" endlich entsteht aus dem Ende des zweiten bleibenden Aortenbogens der linken Seite. Sind einmal in der angegebenen Weise aus den ursprünglichen Aortenbogen die bleibenden Gefäße entstanden, so erreichen dieselben dann nach und nach durch besondere Wachstumserscheinungen ihre bleibenden Verhältnisse, was wohl nicht im einzelnen zu schildern sein wird, da die Gefäße Fig. 271 , 4 doch nicht so sehr von denen der späteren Zeiten abweichen, dass nicht die Umwandlungen derselben leicht be- greiflich wären. Beim älteren und reifen Embryo haben dann die meisten großen Arterien ihre bleibenden Gestaltungen angenommen und findet EntWickelung der Arterien. 395 sich nur noch das Bemerkenswerte, dass die Lungenarterie immer noch außer den Lungenästen einen starken Verbindungszvveig, den Ductus arteriosus Botalli, zur Aorta abgibt (Fig. 277), der als Fortsetzung der Pulmonalis erscheint und erst nach der Geburt obiitteriert. Von den übrigen Ar t er ien sind im ganzen nur wenige auf ili«'e d^r^eSiie""! Entwickelung untersucht, doch bieten dieselben auch nicht das Interesse Arterien. dar wie die großen Stämme am Herzen, und begnüge ich mich daher mit folgendem. Aorta thoracica und abdominalis sind anfangs doppelt, indem die ersten Aortenbogen sich nicht vereinen, sondern als soge- nannte ))primitive Aorten« vor der Wirbelsäule einander i)arallel bis zum Primitive i ' Aorten. hinteren Leibesende fortgehen. Erst am dritten Tage verschmelzen beim Hühnchen diese primitiven Aorten in ihrem vordersten, an der Wirbel- säule gelegenen Teile und von diesem Punkte rückt dann die Ver- schmelzung langsam nach hinten fort. Beim Kaninchen beginnt die Verschmelzung dieser Gefäße, die bis- her Art. vertebrales posteriores hießen , bei Embryonen von neun Tagen in der Gegend der Lungenanlagen und schreitet von da nach hinten fort, so dass am 16. Tage die unpaare Aorta gebildet ist (s. Fig. 256 und 260). Diese Verhältnisse machen es dann auch begreiflich, dass die Arte- riae omphalo-mesentericae erst Aste der primitiven Aorten und später der unpaaren Bauchaorta sind. Für die Annahme einer Entstehung der ganzen Aorta descendens durch Verschmelzung zweier Stämme beim Menschen sprechen die freilich seltenen Fälle von Aorten, die in ihrer ganzen Länge durch eine Scheidewand geteilt sind. Außerdem verdienen nun noch die Gefäße des Dotter sackes Arterien des Dottersackes. und der Allantois Erwähnung. Von den ersteren habe ich schon früher angegeben, dass die anfänglich zahlreichen Art. omphalo-mesentericae später bis auf zwei vergehen (Fig. 272 m)^ von denen schließlich auch nur die rechte sich erhält (Fig. 149 «, 257 a). Von dieser entspringt als ein anfänglich kleines Ästchen die Arteria mesenterica, welche dann aber zuletzt, da die Arterie des Dottersackes nicht wächst, als die eigentliche Fortsetzung des Stammes erscheint, der hiermit zur J/e^e/i- terica superior wird. — Die Arterien der Allantois sind ursprünglich ein- fach die Enden der primitiven Aorten (Fig. 272). Sind diese verschmol- zen und die Aorta abdominalis aus ihnen entstanden , so erscheinen die Arterien der Alkmtois , die ietzt zur Placenta gehen und Umbili- ^rüiiae *^ ■umbihcales, cales heißen, einfach als die Teilungsäste der Aorta, in derselben W'eise wie beim Erwachsenen die Iliacae communes , und diese geben dann schwache Ästchen zu den hervorsprossenden unteren Extremitäten und den Beckeneingeweiden ab. Mit der Zeit werden nun freilich diese 396 Entwickelung des Gefäß^ystemes. Repräsentanten der Arteria iliaca externa und interna stärker, da aber auch die Arteriae umbilicales während der ganzen Fötalperiode fort- wachsen , so erscheinen diese Arterien auch beim reifen Embryo immer noch als die eigentlichen Endäste der Aorta , ein Verhältnis , das erst nach der Geburt mit der Oblitteration der Nabelarterien und ihrer Um- wandlung in die Ligamenta vesicae lateralia sich ändert. Wenn ich vorhin die Arteriae umbilicales als die Endäste der em- bryonalen Aorta bezeichnete, so ist dies noch etwas näher zu erörtern. Zur Zeit, wo die Allantois hervorsprosst, sind die Arterien derselben in der That die letzten Äste der noch unverschmolzenen primitiven Aorten. Später jedoch, wenn die Verschmelzung eingetreten ist, setzt sich die unpaare Aorta eigentlich noch jenseits der Umbilikalarterien mit einem kleinen Slämmchen, das Aorta caudalis heißen kann und Vorläufer der Sacra media ist, fort und sind die Arteriae umbilicales nur Seilenäste der mittleren unpaaren Arterie. Da jedoch die Nabelarterie sehr stark und die Verlängerung der Aorta in den Schwanz nur schwach ist, so er- scheinen die ersteren auch unter diesen Verhältnissen als die eigent- lichen Enden der Aorta, und habe ich dieselben aus diesem Grunde vor- hin als solche bezeichnet. Venensystera. Zur Eutwickelung des V e n e n s y st e m e s übergehend, betreten wir unstreitig das schwierigste Gebiet in der ganzen Lehre vom Gefäß- systeme, Allgemeine Die ersten Vc u e u . die bei der Entwickelung auftreten, sind, wie übersicnt der ' ^ ' i Entwickelung schou bekannt, die zwei Venae omphalo-mesentericae , die nicht dem der Venen. ' ' Venae omphaio- Leibe dcs Embrvo selbst, sondern dem Fruchthofe ansehören und durch mesentericae. •■ ' "^ je ein kurzes Stämmchen in das Venenende des Herzens einmünden (s. Fig. 26, 90 und § 9). Mit der Ausbreitung der Gefäße des Frucht- hofes über die ganze Keimblase und der Bildung des Dottersackes wan- deln sich diese Gefäße in die des Dottersackes um, von dem anfänglich noch zwei Venen zum Herzen gelangen, die dann aber später, w^enn der Darm vom Dotiersacke sich abschnürt, auf eine einzige, scheinbar der linken Seite angehörige sich zurückbilden, die immer noch den Namen Vena oniphalo-mesenterica trägt und später auch eine kleine Vena mesen- terica vom Darme her aufnimmt. Noch bevor dies geschehen ist, treten aber auch schon zwei neue Venengebiete auf, das der Allantois und die Körpervenen des Embryo selbst. Die Venen der Allantois sind anfäng- venae lieh zwei Venae umbilicales, die in der Wand der noch weit offenen umbilicales. _ ,,,, , ■, n /t-- r^~ \ 11 • • c,-- Bauchhöhle nach vorn verlaufen (Fig. 9i Uj und dann, in ein Slämm- chen vereint, von der Ventralseite her in den Stamm der beiden Venae omphalo-mesentericae sich einsenken. Noch bevor die Leber hervor- sprosst, werden die Umbilikalvenen mächtiger und eignen den Stamm Entwickclung der Venen. 397 der Omphalo-mesentericae sich an , mit andern Worten , es erscheint derselbe jetzt als Fortsetzung der Nabelvenen , und die einzig übrig bleibende Vena omphalo-mesenterica tritt nun in das Verhältnis eines Ästchens des Nabelvenenstammes. Mit dem Hervorwachsen der Leber wird der Stamm der Nabelvenen (früher Stamm der Omphalo-mesenterica) von derselben umfasst und entwickeln sich nun zweierlei Systeme von Venenveriisteliingen in die Leber hinein. Die einen derselben, die zu- führenden Leberäste {Venae hepaticae advehentes) der Nabelvenen, l)ilden sich von der Einmündungsstelle der Vena omphalo-mesenterica in die Leber hinein und führen derselben Blut zu, die andern dagegen ent- wickeln sich weiter oben von der Leber in das Ende des Stammes der Nabelvenen und stellen die Venae hepaticae revehentes dar. Ist dies ge- schehen, so verschwindet die rechte Nabelvene, die schon früher eine geringe Entwicklung dargeboten hatte, ganz, so dass nun das Blut der Placenta nur durch eine linke Umbilikalvene, die aber nach und nach in die Mittellinie rückt, in die Leber und zum Herzen geführt wird. Um dieselbe Zeit wird auch die Omphalo-mesenterica nach und nach zu einem Aste der rechten Vena hepatica advehens der Nabelvene, obschon sie an- fangs genau an der Ursprungsstelle der Venen der beiden Seiten, jedoch mehr rechts mit derselben zusammenmündele. Später wird der Teil dieser Vene, der vom Dottersacke kommt, relativ immer kleiner, wo- gegen die Darmvenen an Mächtigkeit gewinnen, und sobald dieses Ver- halten bestimmter ausgebildet ist, muss dann das Ende der Vene, die jetzt noch Omphalo-mesenterica he'iQt, als Uena /^ortae bezeichnet werden, die somit ebenfalls in die rechte Vena hepatica advehens der Umbilikal- vene einmündet. Der Teil der Vena umbilicalis, der zwischen den beiderlei Leberästen derselben sich befindet, bleibt während der ganzen Embryo- nalzeit bestehen und ist der Ductus venosus Arantii. Gleichzeitig mit dem Auftreten der Gefäße der AUantois oder viel- leicht schon etwas früher treten auch die ersten Gefäße im Leibe des Embryo selbst auf. Die Venen sammeln sich auf jeder Seite in einen vom Kopfe herkommenden Stamm, die Vena juc/ularis (Fis;. 54 vi], und '''"«« >^"''""" * ' o u \ o j/; und caraiuales. einen vom hinteren Leibesende abstammenden, die Uena cardinalis, die in der Herzgegend zu einem queren Stamme, dem Ductus Cuvieri, ^{q\^ Drtctus cuvieri. verbinden , welche beide mit dem Ende des Stammes der Omphalo- mesenterica, später der Vena umbilicalis sich vereinigen (s. Fig. 53, wo neben der Vena jugularis die Vena cardinalis, der Ductus Cuvieri und die Vena omphalo-mesenterica ohne Bezeichnung dargestellt sind). Hat dieses paarige Körpervenensystem eine gewisse Zeit bestanden, so ent- wickelt sich rechts von der Aorta aus zwei mit den Venae cardinales verbundenen Wurzeln ein unpaarer Stamm, die Cava inferior, die über cma in/enor. 398 Entwickelung des Gefäßsvslemes. Venae omphalo-l mesentericae. Nabelgekrös- oder Dotter- sackvenen. den Venae hepaticae revehentes mit dem Stamme der Umbilikalvene zu- sammenmündet. Um diese Zeit senken sich somit alle Venen des Em- bryo gemeinschaftlich in einen kurzen Venensinus dicht am Herzen ein. später wird jedoch dieser Behälter in den Bereich des Vorhofes gezogen, so dass dann die Ductus Cuvien\ die nun obere Hohlvenen heißen, für sich und der durch Vereinigung der Cava inferior und Vena umbilicalis gebildete kurze Stamm ebenfalls als Cava inferior gesondert in den Vor- hof übergehen. Noch später vereint sich dann auch das System der linken Cava superior größtenteils mit der rechten oberen Hohlvene, wobei die Kardinalvenen zuvAzy- gos und Hemiaz-ygos werden, und erhält sich von ihr nichts als das Herzende als Vena coronaria cor- dis magna. — Hiermit sind in gro- ben Umrissen die Hauptentwicke- lungsvorgänge desVenensystemes gezeichnet und werden sich nun die Einzelheiten leichter auffas- sen lassen. Was die ersten Venae om- phalo-mesentericaehetnfft, so fin- den sich die frühesten Zustände derselben von Säugetierembryo- nen nach BiscHOFF in Fig. 82 und 90. Beim Menschen kennt man dieselben aus diesem Stadium noch nicht und ist die früheste Beobachtung die von Coste an dem in Fig. 272 dargestellten 15 — 18 Tage alten Em- bryo, an dem die genannten Venen («) die vorderen Seiten des Dottersackes einnehmen und an der Bauchfläche des Endes des Vorderdarmes in das Herz sich einsenken, woselbst sie mit dem Stamme der Venae umhilicales zusam- menmünden, in der Weise, wie dies das Schema Fig. 273,1 ergibt. Zwi- schen diesem Stadium und dem nächstfolgenden, das Fig. 141 und 257 und das Schema Fig. 273, 2 darstellen, ist eine Lücke, die bis jetzt noch niemand mit Sicherheit ausgefüllt hat. Beim vier Wochen alten Fis;. 272. Fig. 272. Menschlicher Embryo mit Dottersaciv, Amnion und Nabelstrang von '15 — 18 Tagen, nach Coste, vergr. dargestellt, b Aorta; c Herz; d Rand der weiten Bauchöffnung; e Oesophagus ; f Kiemenbogen ; i Hinterdarm ; m Art. omphalo-mesen- ierica; n Vena omphalo-mesenterica ; o Dottersack, dessen Gefäße nicht ausgezeichnet sind; u Stiel der Aliantois [Urachus] ; a Allantois mit deutlichen Gefäßen, als kurzer Nabelstrang, zum Chorion ch gehend; v Amnion ; ah Amnionhöhle. Entwickelung der Venen. 399 Embryo uüinlieh und noch später läuft die allein noch erhaltene linke Vene des Dottersackes an der linken Seite der einfachen Darmschleife und tritt dann hinter dem Pförtner und der Pars horiz-ontalis superior duodeni an die rechte Seile des Magens, um schließlich nach vorn in den Stamm der Venae umbilicales an der Leber einzumünden, Dass dieses Gefäß, das hinter dem Darme durchgeht, nicht einfach die linke Vena omphalo-mesenterica sein kann, wie allgemein angenommen wird, ist klar, da dieselbe ja ursprünglich vor dem Darme ihre Lage hat; es ist jedoch leider für einmal nicht möglich, genau zu sagen, wie dasselbe ent- steht. Immerhin scheint mir ein von Coste gegebener Fingerzeig (llist. du devel., Erklärung der PI. IV a) den einzig richtigen Weg anzubahnen. Nach Coste nämlich ist das Ende der eben geschilderten sogenannten linken Vena omphalo-mesenterica der Stannn der Nabelgekrösvene der rechten Seite. Ist dem so, und meiner Meinung nach kann dies nicht wohl bezweifelt werden, so begreift sich dann die Lage dieses Stammes an der rechten Seite des Magens und hinteren Seite des Ptjlorus, letzteres im Zusannnenhange mit der Drehung des Magens, leichf, dagegen wird allerdings noch weiter anzunehmen sein, dass das Ende des Stammes der linken Omphalo-mesenterica (Fig. 273, 2, om") vergeht und der Rest derselben mit dem rechten Stamme sieh in Verbindung setzt, welche ihrerseits am Dottersacke schwindet, was das Schema Fig. 273, 2 deut- lich machen wird. Demzufolge wäre es wohl möglich, dass die beiden Venae omphalo-mesentericae zu einer gewissen Zeit um das Duodenum herum eine Anastomose bildeten, welchen Ringsinus His bei zwei jungen menschlichen Embryonen wirklich gefunden hat (Menschl. Embr.. Taf. VII il/s, und Archiv, 1881, Taf. XI, Fig. 9 7? 5), wogegen Fol denselben nicht wahrnahm (1. s. c). Was die Beziehungen der Vena omphalo-mesenterica zur Leber und zur Vena umbilicalis und ihren Leberästen anlangt, so entwickeln sich l)eim Menschen die Umbilikalveneu sicherlich vor der Bildung der Leber, wie der Embryo Fig. 272 beweist, und erscheint daher, im Zusammen- hange mit dem raschen Wachstume dieser Venen , der ursprüngliche Stamm der beiden Venae omphalo-mesentericae, sobald die Leber auftritt, nicht mehr als die Fortsetzung der noch erhaltenen linken Vena omphalo- mesenterica, sondern als die der Nabelvenen, mit andern Worten, es hat sich, wie Fig. 273, 2 lehrt, das Verhältnis der beiden großen Venen zu einander in der Art geändert, dass, während früher die Vena omphalo- mesenterica Hauptgefäß war und der Umbilikalvenenstamm in sie ein- mündete, nun umgekehrt die Vena omphalo-mesenterica zu einem Aste der Nabelvene geworden ist. In der That fand ich auch bei einem vier Wochen alten Embryo, ähnlich wie dies Coste in seiner Tab. III, a von 400 Entwickelung des Gefäßsystemes. einer gleich alten Frucht zeichnet, bei einer noch sehr kleinen Leber eine starke Nabel vene, die eine viel kleinere Vena omphalo-mesenterica als Ast aufnahm. Bei so bewandten Umständen kann man beim Menschen nicht von Leberästen der Omphalo-mesenlerica, sondern nur von solchen der Ve7ia umbilicalis reden. Diese entwickeln sich nun allerdings zum Teil und vor allem von dem Punkte aus, wo die Vena omphalo-mesen- terica einmündet (Fig. 273,2), und bildet insonderheit der rechte Ast der Vena hepatica advehens der Umbilicalis so sich aus, dass bald die Om- phalo-mesenterica nicht mehr in den Stamm , sondern in diesen Ast sich einsenkt. So wird dann nach und nach ein Verhältnis herbeigeführt, das während der Fötalzeit Gel- tung hat und das die Schemata Fig. 273, 3 und 4 versinnlichen. Dieselben sollen außerdem auch noch zeigen, wie aus der Vena omphalo-mesenterica der Stamm und die Wurzel der Pfortader sich gestalten. Schon in früherer Zeit nimmt diese Vene Wur- zeln aus dem Darme auf, die wir als Vena mesenterica bezeichnen wollen (Fig. 273. 3). Während nun die eigentliche Vene des Doltersackes in späteren Zeiten nicht mehr wächst und schließlich vergeht, entwickelt sich die Vena mesenterica immer mehr und gesellen sich auch die an- dern Wurzeln der Pfortader dazu und wird so natürlich die Omphalo- Fig. 273. Schemata zur Darstellung der Entwickelung der Venae omphalo-mesen- tericae und umbilicales. \. Aus der Zeit des ersten Auftretens der Umbilicales und der Blüte der Omplialo-mesentericae . 2. Aus der Zeit des Auftretens der ersten Leber- äste und der Verkleinerung der Omphalo-mesenterica. 3. u. 4. Aus der Periode des vollkommen eingeleiteten Placentarkreislaufes. om in 1. Stamm der Omphalo-mesen- terica, in ä. 3. bleibende Omphalo-mesenterica, in 4. Vene des Dotiersackes allein; om', om" rechte und linke Vena omphalo-mesenterica ; u Stamm der Umbilikalvenen ; u', u" rechte und linke Vena umbilicalis ; de Ductus Cuvieri; j Jugularis ; c Cardinalis; i Leber; ha Hepaticae advehentes ; hr Hepaticae revehentes; m Mesenterica ; da Duc- tus venosus Ärantii ; et Cava inferior ; p Vena portae ; l Lienalis ; m Mesenterica superior. Fig. 273. Entwickeluns der Venen. 401 mesenterica an der Leber Stamm der Pfortader (Fig. 273, 4), der aber während der ganzen Fölalperiode trotz seiner bestandigen Zunahme docli keine überwiegende Bedeutung erlangt, indem eben die Nabelvene, die von Anfang an die mächtigere ist, in ihren Leberästen auch immer mehr an Stärke gewinnt. Erst nach der Geburt, wenn die Nabelvene ob- litteriert, wird die Pforlader die einzige zuführende Vene der Leber und eignet sich dann die früheren Aste der Umbilicalis an, so dass der An- fang des rechten Leberastes der Umbilikalvene nun zum Anfange des linken Astes der Pfortader sieh gestaltet. Mit der eben gegebe- nen Schilderung ist nun auch schon vieles bespro- chen, was zur Geschichte der Vena umhilicalis gehört, und habe ich nur noch folgendes zur Ergän- zung nachzutragen. Dass die Nabelvene ursprüng- lich paarig vorhanden ist, wie die Arterien derAllan- tois, hat für die Säugetiere Rathke schon vor langer Zeit angegeben und später haben Bischoff und Coste Fig. 274. dies bestätigt. Beim Men- schen dagegen hat wohl Coste zuerst dieses Verhalten aufgedeckt (I. c, Tab. III, a, in diesem Werke Fig. 257 uu). Wiedie Allantoisim Zusammen- hange mit der vorderen Leibeswand sich entwickelt, so sind auch die Nabelvenen ursprünglich nicht bloß Venen der Allantois, sondern auch der vorderen Bauchwand und nehmen ursprünglich, wie ebenfalls R.\.thke zuerst milgetheilt, eine große Menge kleiner Venen der besagten Wand auf (Fig. 85). Diese Zweigelchen, die nach Coste auch beim Menschen vorkommen, schwinden später — doch können selbst beim Erwachsenen und el)enso vergeht auch Vena umbilicalis. noch einzelne Reste derselben vorkommen Fig. 274. Leber eines reifen Fötus, 5/g der natürliclien Größe, von unten. Der obere Teil des SpiGELSchen Lappens, die die liniie Furche begrenzenden Teile und ein Teil des rechten Lappens sind entfernt, u Stamm der Umbilicalis ; u' Hauptast derselben zum linken Lappen ; u" Ast derselben zum rechten Lappen ; u'" kleinere Aste zum linken Lappen und zum Lobus quadrangularis ; dv Ductus renosus Arantii; p Vena porlae; ci Cava inferior an der Leber; c Stamm derselben über der Leber; h linke Lebervene; /"Gallenblase. Kö llik er, (irundriss. 2. Aufl. 2ß 402 Entwickelung des Gefaßsystemes. die eine und zwar die rechte Nabelvene ganz, während die linke Vene nach und nach in die Mittellinie rtickt. — In der Leber treibt der ge- meinschaftliche Stamm der Nabelvenen (der frühere Stamm der Om- phalo-mesentericae) bald die zwei schon besprochenen Systeme von zu- und abführenden Venen und spielt dann die Rolle der späteren Pfortader, mit dem Unterschiede jedoch, dass die Nabelvene niemals alles ihr Blut durch die Leber sendet, sondern immer einen Teil desselben durch ihren Stamm direkt dem Herzen, mit andern Worten, der Cava inferior übermittelt. Es ist jedoch zu bemerken, dass dieser Stamm später mit der Entwickelung der Leberäste nicht vollkommen gleichen Schritt hält (Fig. 274), so dass während der größten Zeit des Embryonallebens doch das meiste Blut der Nabelvene erst auf dem Umwege durch die Leber das Herz erreicht und der ursprüngliche Stamm eher als ein engerer Verbindungskanal zwischen ihr und der unteren Hohlvene erscheint, Luchtsvenostis. der nun Ductus venosus heißt (Fig. 274 dv). Dass die Venae hepaticae revehentes der Umbilikalvene die eigentlichen Lebervenen sind, wird be- reits klar geworden sein und ebenso ist auch bekannt, dass der Ductus venosus nach der Geburt oblitteriert und nur in einem vom linken Aste der Pfortader zur Cava hinziehenden Strange sich erhält. Körpervenen. Djg ersten Körpervcuen , welche im Embryo entstehen , sind die Ve7iae jugulares und cardinales von Rathke, Beim Hühnchen entstehen die Venae cardinales (siehe Fig. 44, 45, 47, 50 vc) am An- fange des dritten Tages nach den Gefäßen des Fruchthofes, aber vor der Aliantois und den Vasa umbäicalia, und so wird es sich wohl auch beim menschlichen Embryo verhalten, obschon hierüber nichts Sicheres be- kannt ist. Beim Kaninchen sah ich diese Venen am zehnten Tage hinter der Bauchhöhle neben der Aorla in ganz guter Entwickelung (Fig. 256) und vermute, dass sie schon früher vorhanden sind. Es ist dieses erste System von Körpervenen , dessen genauere Kenntnis wir vor allen Rathke, dann auch Coste verdanken, ein sehr zierliches paariges System, dessen einzelne Teile sich folgendermaßen verhalten. Die Venae jugulares (Fig. 53 vj) entspringen mit vielen Ästchen vom Kopfe be- sonders aus dem Gehirn und der Schädelhöhle, die sie durch ein Paar Löcher [Foramina temporalia) in der Schläfengegend verlassen, laufen dicht hinter den Kiemenfurchen und vor der Gegend des Gehörbläschens nach hinten bis in die Höhe des Herzens, wo sie nach innen sich biegen Ductus Cuvieri. und mit den Stämmen der Venae cardinales die Ductus Cuvieri bilden, die rechts und links von der Speiseröhre gegen das Herz verlaufen und mit einem kurzen Stämmchen gemeinschaftlich mit der Vena omphalo- mesenterica in die noch einfache Vorkammer sich einsenken. Die Venae cardinales entspringen doppelt am hinteren Leibesende, laufen hinter Entwickelung der Venen. 403 den WoLFFSchen Körpern, die Aorta zwischen sich nehmend, nach vorn, um dann, wie schon erwähnt, mit den Jugulares sich zu vereinen. Die genaueren Verhältnisse und die weiteren Entwickelungen dieser zwei Venengebiele sind nun folgende. Die Venae ju (/Klares au-yoiaejitc/uiares. langend, so liegen ihre ersten Zweige in der Schädelhühle und fließen jederseits in einem Gefäß zusammen, das als Anfang des Stammes an- gesehen werden kann und später als Sinus tra nsversus evscheiüi. DiesesGefäß verlässt jedoch die Schädelhöhle nicht durch ein Foramen jugulare, sondern durch eine be- sondere, vor der Ohrgegend gelegene Öff- nung, welche, wie Luschka gezeigt hat, auch am ausgebildeten knöchernen Schädel noch erhalten sein kann und dann am Schläfen- beine über dem Kiefergelenke liegt. Später verschließt sich diese Öffnung und wird das Blut der Schädelhöhle durch eine nahe am Ductus Cuvieri aus dem untersten Ende der primitiven Jugularis hervorgesprosste Ji/(/(^- laris interna abgeführt, so dass dann die erstere als Jugularis externa erscheint. In den Bereich desselben Yenengebietes gehö- ren auch 1) die Venae vertebrales an- teriores von Bathke , die in die Ductus Cuvieri sich entleeren und zu den bleiben- den Venae vertebrales sich gestalten, und 2) die Venae subclaviae , die in das Ende der Jugulares sich ergießen. Die Vetiae cardinales (Fig. 275 c) sind wohl in erster Linie die Venen der Urnieren , deren ganzem Verlaufe sie folgen und von denen sie viele Zweigelchen aufnehmen. Außerdem nehmen sie aber auch von der Bückenwand des Bumpfes viele Ästchen auf, die den späteren Inter- kostal- und Lumbaivenen entsprechen. Mit der Bildung der hinteren 'lumblus^f' Fi2. 275. Vertebrales anteriores. Subclaviae. Venae cardinales. Fig. 275. Scliema der großen Venen aus der Zeit des ersten Auftretens des Piacentarkreislaufes und der Körpervenen , beim Mensclien etwa aus der vierten Woclie. V gemeinscliaftliclier Venensinus; de Ductus Cuvieri; j primitive Jugularis; ji Jugularis interna; s Subclavia; c Cardinalis; h Ende derselben, spätere Hijpo- gastrica; er Criiralis; ci Cava inferior; il Iliaca communis ; om Omphalo-mesenterica ; u Umbilicalis; u' Stamm derselben an der Leber, dessen Leberäste nicht darge- stellt sind. 26^ 404 Entwickelung des Gefäßsvstemes Crtirales. Vena vertebralis posterior. Extremitäten entstehen an ihren Stämmen auch die Venae crurales. Die weiteren Umwandlungen der Kardinalvenen sind bei den Säuge- tieren und beim Menschen noch nicht hinreichend verfolgt, es scheinen jedoch nach Ratiikes Untersuchun- gen die mittleren Teile der Kar- dinalvenen später ganz zu ver- gehen. Die Venen der hinteren Extremitäten und die Schwanz- venen, die ursprünglich die En- den der Kardinalvenen sind, schließen sich dann an die mitt- lerweiie entstandenen Venae ilia- cae an (Fig. 276, i). Die Lenden- venen ferner vereinen sich teils mit der Vena cava, teils mit einem neu entstehenden Stamme , der Vena vertebralis posterior vouRatuke, der auch die hinteren Interkostal venen aufnimmt und durch das sich erhaltende obere Ende der Kardinalvenen in den Ductus Cuvieri übergeht. So ent- steht dann ein Verhalten der Gefäße, wie dasselbe in dem Schema Fig. 276, 1 dargestellt ist. Behufs der Schilderung der letzten Umwandlungen der Vetiae car- Fig. 276. Schema zur Darstellung der Bildung^der Venensysteme der Cava supe- rior und inferior. 1. Ansicht des Herzens und der Venen aus der Zeit des Bestehens zweier oberen Hohlvenen von h i nten. es Cava superiov sinistra, diemit ihrem Ende Herzvenen aufnimmt; ccls Stamm der Cardinalis sinistra; cd Cava superior dextra ; ad Anonyma dextra (ursprünglich Anfang der re chien Jugularis) ; asAnonyma sinistra (Verbindungsast zwischen beiden ursprünglichen /«^'j/to/es) ; az Azygos (ursprüng- lich Stamm der Cardinalis dextra) ; j i Jugularis interna; je Jugularis externa; s Sub- clavia; c oblitterierter mittlerer Teil der Kardinalvenen; vp stattdessen neu aufge- tretene Vertebralis posterior , die nun die Lendenvenen und Interkostalvenen zum Teil aufnimmt; ha Stamm der Hemiazygos (Verbindungsast zwischen beiden Vertebrales) ; ci Cava inferior ; iL Iliaca communis (ursprünglich Verbindungsast der Cava mit der Cardinalis); er Cruralis ; h Hypogastriea (ursprüngliches Ende der Cardinalis). 2. Ansicht des Herzens und der bleibenden Venenstämme mit Andeutung des Schwindens der Cava superior sinistra von hinten; az Azygos ; a d Anonyma dextra ; as Anonyma sinistra; je Jugularis communis ; s Subclavia; es oblitterierte Cava supe- rior sinistra; i Intercostalis suprema ; has Hemiazygos superior; hai Hemiazygos in- ferior; /la Stamm der Hemiazygos ; sc Sinus coronarius, die großen Herzvenen auf- nehmend (Ende der früheren Cava superior sinistra). Entwickeliing der Venen. 405 Cavae aiiperiores. dinales haben wir nun vor allem unsern Blick wieder auf die großen Stämme am Herzen zu richten. Wie schon angegeben, münden die Ductus Cuvieri , die Abzugskauäle der Jugular- und Kardinalvenen, anfänglich mit der Vc'?ia omphalo-mesenten'ca, deren Stelle später von der Umbilicalis und endlich der Cava inferior eingenommen wird, ge- meinschaftlich in den Vorhof des Herzens. Später wird dann der kurze gemeinschaftliche Venensinus in den Bereich der Vorkammer gezogen und dann findet man am Herzen drei große Venenmündungen, die beiden Ductus Cuvieri, die nun auch obere Hohlvenen heißen, und die Cava in- ferior. Beim Menschen erhalten sich diese zwei oberen Hohlveuen viel länger, als man bis jetzt gewusst hat, und habe ich schon früher ein Herz eines acht Wochen alten Embryo geschildert (Fig. 269), an welchem dieselben beide gleich stark waren (s. auch Fig. 276, l). Hierbei nimmt jedoch die linke Vene eine andere Stellung an als die rechte und mündet ganz unten und nach links in die Vorkammer ein, nachdem sie vorher auch die Herzvenen aufgenommen hat. Diese obere linke Hohlvene nun vergeht im dritten und vierten Monate , und bildet sich das bleibende Verhältnis der Venen des Systemes der Cava superior in folgender Weise. Erstens entsteht eine Verbindung der linken Jngularis mit der rechten durch einen kurzen queren Stamm (Fig. 276, as), der am Ende des zweiten ^fonates vorhanden ist. Zweitens löst sich der linke Ductus Cuvieri oder die linke Cava superior fast ganz auf, mit einziger Aus- nahme des Endstückes, welches zum sogenannten Simis coronarius wird, in den die Vena coronaria corclis marjna und die hinteren Herzvenen sich ergießen. Drittens endlich verbindet sich die linke hintere Verte- bralvene hinter der Aorta mit der entsprechenden Vene der rechten Seite und wird so zur Vena hemiazygos . Die rechte Vena vertebralis mit Remiazygos dem Ende der früheren Cardinalis ist nun Azygos geworden, der Ductus Azyf/os. Cuvieri clexter obere Hohlvene, das Ende der rechten Jugularis Anomjma dextra, der neue Verbindungszweig mit der Jugularis sinistra Anonyma sinistra, wie dies alles Fig. 276 versinnlicht. Das obere Ende der Vertebralis posterior dextra mit dem Reste der Cardinalis dextra erhält sich in sehr verschiedener Form als Stämmchen der oberen Interkostal- venen oder Hemiazygos superior und Intercostalis suprema. Einen dieser Fälle, wo die Hemiazygos superior eine Anastomose der Hemiazygos in- ferior und Anonyma darstellt, ist in dem Schema Fig. 276, 2 zu Grande gelegt. — Fasst man alles Bemerkte zusammen , so ergibt sich , dass dem ganz unpaarigen Systeme der Vena cava superior des Erwachsenen ein paariges Venengebiet zu Grunde liegt, und will ich bei dieser Ge- legenheit noch darauf aufmerksam machen , dass bei manchen Säuge- tieren zeitlebens zwei obere Hohlvenen sich erhalten, sowie dass auch Sinns coronarius. Anonymae. 406 EntWickelung des Gefäßsystemes. beim Menschen in seltenen Fällen eine Cava superior sinistra gefunden wird, in welch letzterer Beziehung besonders Arbeiten von Marshall (Phil. Trans., 1859) und von W. Krause (siehe Henles Anatomie) zu ver- gleichen sind. Cava inferior. Es erübrigt endlich noch die Bildung der unteren Hohlvene zu besprechen, welche von all den geschilderten primitiven Venenstämmen zuletzt entsteht. Wenn die Kardinalvenen die Venen der WoLFFschen Körper sind, so kann man die Cava inferior die Vene der Nebennieren, jSieren und inneren Geschlechtsorgane heißen. Ihre Bildung fällt beim Menschen zwischen die vierte und fünfte Woche und erscheint dieselbe als ein kürzerer Stamm zwischen den WoLPFschen Körpern und hinter der Leber, der vorn mit dem Stamme der Umbilikalvene zusammen- mündet und hinten jederseits durch einen hinter den WoLFFSchen Körpern gelegenen Ast mit den Kardinalvenen sich verbindet, da, wo dieselben von außen die kleine Extremitätenvene aufnehmen (Fig. 276). Über die erste Entstehung der Hohlvene gibt Rathke an, dass dieselbe gleichsam von der Leber aus rückwärts auswachse. Zuerst entstehe der Stamm, dann ein Paar Äste, die am inneren Rande der WoLFFSchen Körper rückwärts verlaufen und Ästchen von diesen und der Niere em- pfangen. Darauf bilde sich der Stamm über diese Äste hinaus nach hinten fort und gehe dann die erwähnte Anastomose mit den Kardinal- venen ein , während zugleich ein neuer Seitenast von den WoLFFschen Körpern und den Geschlechtsorganen her entstehe. Mit dem Schwinden der WoLFFSchen Körper und des mittleren Teiles der Kardinalvenen er- scheinen dann die Enden dieser, die Vena hypogastrica und die Schenkel- vene , als Äste der Cava, deren zwei Schenkel zu den Venae iliacae commimes sich gestalten. Zugleich wird das vordere Ende der Cava immer weiter und baldzum Hauptgefäße, in das dann das Ende der Nabel- vene oder der Ductus venosus als Ast einmündet, wobei jedoch zu be- merken ist, dass selbst noch am Ende des Fötallebens die Cava inferior eigentlich kaum stärker ist als der Ductus venosus (Fig. 274), so dass * man den kurzen Stamm der Cava über der Leber auch jetzt noch mit Recht als Ende der Umbilicalis bezeichnen könnte , insofern wenigstens, als die Lebervenen zum Bereiche der Umbilicalis gehören. Peripherische Ich füsc uuu nocli eiuise Worte über die peripherischen Ge- Gefäße. _ ^ ,. ^, V,, ,., fäße bei. Die Untersuchung junger Embryonen lehrt, dass ursprünglich in allen Organen ebenso wie anfänglich im Fruchthofe ein zusammen- hängendes Netz von Gefäßen mit einigen wenigen zu- und ableitenden größeren Kanälen vorhanden ist, welche Röhren alle ursprünglich den Bau von Kapillaren haben. So verhalten sich die Hüllen des zentralen Nervensystemes, des Auges, die Leber (s. Fig. 259 und Fig. 7 und \\ Kreislauf der Venen. 407 meiner Embryol. Mitt. iu d. Hallenser Festschrift), die eben hervor- sprossenden Extremitäten, wie ich im Hinblicke auf G. Rüge (Morph. Jahrb., 1884, S. 386) besonders betone, die Knochen, die Haut u. s. w. Erst in zweiter Linie bilden sich dann im arteriellen Gebiete selbständige Bahnen weiter aus und treten die Anastomosen in den Hintergrund, während bei den Venen die ursprünglichen Verbindungen reichlich sich erhalten. Ich stehe daher wesentlich auf der Seite von W. Krause, der die Varietäten der Arterien durch abnorme Entwickelung nor- maler Anastomosen erklärt (HENLEsAnat., 1868, Bd. 3, S.204 u.267), nur möchte ich diese Anastomosen nicht als von Hause aus arterielle bezeichnen. Nach Beschreibung der Entwickelung der Blutgefäße erscheint es Kreislauf des ^ . Fötus. nun zweckmäßig, noch mit einigen Worten des Kreislaufes im Fötus zu gedenken. Die Embryologie unterscheidet gewöhnlich zwei Formen oder Stadien des Kreislaufes im Fötus, einmal den ersten Kr ei s lauf oder den des Fruchthofes und Dotter sack es und dann den zweiten Kreislauf, der auch der PI acentarkrei slauf heißt, es ist jedoch hinreichend klar, dass zwischen diesen beiden Endgestaltungen eine ^lenge Übergänge sich finden. Es würde uns zu weit führen und auch ziemlich nutzlos sein, wollten wir diese Zwischenstufen jetzt, nachdem wir dieselben alle ausführlich anatomisch abgehandelt, auch noch vom physiologischen Standpunkte aus betrachten, und begnüge ich mich da- her, da der erste Kreislauf schon geschildert ist (s. § 9) , mit einer kurzen Darstellung des Placentar kr eislaufe s, wie er vom Anfange des dritten Monates an bis zum Ende des Fötallebens gefunden wird. Das Eigentümliche dieses Kreislaufes, verglichen mit dem Kreislaufe der nachembryonalen Zeit, liegt darin, dass bei demselben ein zweiter Kreislauf, analog dem Lungen- oder kleinen Kreislaufe, fehlt, und dass somit alle vier Abteilungen des Herzens für den Körperkreislauf nutz- bar gemacht werden. Um dieses bei der stattfindenden gleichmäßigen Ausbildung aller Abschnitte des Herzens zu ermöglichen, mussten Ein- richtungen geschaffen werden, um erstens auch dem linken Herzen, dem von den Lungen her eine kaum nennenswerte Blutmenge zukommt, eine gehörige Zufuhr zu verschaffen, und zweitens das Blut des rechten Herzens in die Körpergefäße abzuleiten. Zur Verwirklichung dieser Be- dingungen finden wir nun beim Fötus erstens eine Öffnung in der Scheide- wand der Vorkammern; das Foramen ovale, und eine solche Klappenein- richtung an der Cava inferior, dass dieselbe ihr Blut fast ganz in den linken Vorhof überführt, und zweitens eine Verbindung der Arteria pulmonalis mit der Aorta descendens durch den sogenannten Ductus Botalli, welcher den Abfluss des Blutes der rechten Kammer mit Ausnahme des wenigen, 408 Entwickelung des Gefäßsystemes. was zu den Lungen geht, in die KcJrperarterien und zwar der hinteren Rumpfteile gestattet (Fig. 277). Aus diesem Verhalten der Arterie des rechten Herzens ergibt sich nun auch, dass die Leistungen desselben für die Gesamtzirkulation ebenso groß sind wie die der linken Kammer, und erklart sich so die gleiche Muskelstärke der Kammern beim Fötus. Fernere Eigentümlichkeiten der fötalen Zirkulation liegen nun in dem Umstände, dass der Embryo im Mutterkuchen ein außerhalb seines Leibes befindliches Organ besitzt, das, man mag nun die Funktion der Placenta ansehen, wie man will, auf jeden Fall die Rolle eines Ernäh- rungsorganes im weiteren Sinne spielt. Soll der Fötus wachsen und gedeihen, so ist eine ununterbrochene freie Verbindung mit der Placenta^ eine beständige Wechselwirkung des fötalen und mütterlichen Blutes in derselben nötig. Diese Beziehungen nun werden unterhalten durch die zwei mächtigen Arteriae umbilicales , die das Fötalblut in die Placeiita hineinsenden, und durch die Vena umbilicalis, die von derselben wieder in den Embryo geht. Interessant, jedoch leider noch nicht nach allen Seiten physiologisch auf- geklärt ist nun das Verhalten dieser Vene zur Leber, indem dieselbe ihr meistes Blut in die Pig 277. Leber abgibt und so gewissermaßen eine fötale Pfortader darstellt, während nur ein geringerer Teil desselben durch den Ductus venosus direkt ins Herz abiließt. Man vermutet mit Recht, dass diese Einrichtung das Zustandekommen be- sonderer chemischer Vorgänge im Lebergewebe und im Blute der Nabel- vene selbst ermöglicht und vielleicht auch für die Blutzellenbildung von Bedeutung ist, doch fehlen annoch sichere Thatsachen, um diese Ver- mutungen in bestimmtere Worte kleiden zu können. — Da der Fötus kein eigentliches Atmungsorgan besitzt und auch die Funktionen seiner Organe lange nicht dieselben sind wie beim Erwachsenen, so mangelt demselben auch jene Verschiedenheit des Blutes in verschiedenen Be- zirken, die wir mit dem Namen arteriell und venös bezeichnen. Nichts- destoweniger \\ürde man sehr irren, wenn man das Blut des Fötus als überall gleich beschaffen ansehen wollte. Die hier vorkommenden Extreme sind einerseits das Blut der Nabelvene, das als das zur Unter- haltung des Wachstumes tauglichste erscheint, und anderseits das Fig. 277. Herz eines reifen Embryo, etwa um die Hälfte verkleinert, von vorn imd etwas von links her. es Cava superior ; a Anonyma; c Carotis sinistra; s Sub- clavia sinistra ; ao Ende des Arcus aortae ; da Ductus arteriosus Botalli ; ad Aorta thoracica; ap linke Pulmonalis ; p linke Venae pulmonales . Kreislauf des Fötus. 409 Blut der Körperveneu, vou %velchem das Eutgegeugeselzle zu sagen ist, und können wiv diese beiden Blutarten , ohne jedoch auf diese Be- nennung ein zu großes Gewicht zu legen, immerhin als Arterien- und Venenblut des Embryo bezeichnen. Verfolgen wir nun, wie bei der ge- schilderten Einrichtung des Herzens und der großen Arterien die Ver- teilung der beiden Blutarten sich macht, so finden wir, dass mit ein- ziger Ausnahme der Leber, und selbst diese nicht ganz, wenn man das Blut der kleinen Arteria hepatica und der Vena portae mit berücksichtigt, kein Teil des Körpers reines Arterien- oder Umbilikalvenenblut erhält. Denn das Blut der Nabelvene kommt nur gemengt mit dem Venenblule der unteren Hohlvene und der Pfortader ins Herz. Aber auch das so gemischte Blut kommt nicht allen Teilen des Körpers ganz gleichmäßig zu statten, vielmehr finden wir, dass dasselbe, weil es fast ganz in die linke Vorkammer übergeht, vorzugsweise durch die großen Äste der Aorta dem Kopfe und den oberen Extremitäten zu gute kommt. Der Bumpf und die unteren Extremitäten erhalten durch die Art. pulmoiialis einmal das rein venöse Blut der oberen Hohlvene und dann von ge- mischtem Blute erstens das wenige, w^as von der unteren Hohlvene nicht in die linke Kammer übergeht, und zweitens das, was durch das Ende des Bogens der Aorta vom Blute des linken Herzens für die Aorta de- scendens übrigbleibt. Somit ist die obere Körperhälfte mit Bezug auf ihre Ernährung besser daran als die untere, und erklärt man auch hieraus, dass dieselbe in den früheren Perioden in der Eutwickelung stets voran ist. Später gestalten sich nun freilich die Verhältnisse allmählich etwas günstiger für die unteren Körperteile, dadurch, dass einmal das Foramen ovale langsam enger wird und so immer mehr Blut der Cava inferior für die rechte Kammer übrigbleibt, und zweitens durch Erweiterung des Endes des eigentlichen Arcus aortae und Verengerung des Ductus BotaIh\ welche letztere mit der Zunahme der Blutzufuhr zu den Lungen in Verbindung steht. Die Umwandlung des fötalen Kreislaufes in den bleibenden ge- schieht nach der Geburt fast mit einem Schlage. Die Umbilikalvene und die Nabelarterien oblitterieren wohl vorzüglich durch Bildung von Blut- pfröpfen in denselben, was vielleicht auch vom Ductus venosus gilt. Was dagegen den Ductus Botalli und das Foramen ovale anlangt, so sind es hier besondere Wachslumsphänomene, die ich an ersterem Kanäle als eine Wucherung der Arlerienhaut nachgewiesen habe, welche zu- gleich mit der Änderung des Blutlaufes, den die Atmung bedingt, den Verschluss herbeifühi-en. Der Ductus Botalli schließt sich übrigens viel rascher als das Foramen ovale, das, wie bekannt, auch sehr häufig zeitlebens wegsam bleibt , so jedoch , dass , vermöge der Läse und 410 Entwickelung des Gefäßsystemes. Größe der Valvula foraminis ovulis, sein Offenstehen keinen Nachteil bringt. Lymphgefäße. Von der Entwickelung der Ly mph g efäße ist bis jetzt nur das Wenige bekannt, was ich von den Anfängen dieser Kanäle bei Frosch- larven mitgeteilt habe (s. Gewebel. 5. Aufl.), und hat auch dieses mehr histologisches als morphologisches Interesse. Den Ductus thoracicus fand ich vor kurzem bei menschlichen Embryonen von acht Wochen einfach in der Brusthöhle, doppelt in der Gegend des Hiatus aorticus. Von den Lymphdrüsen. Lymphdrüsen weiß man, dass sie erst um die Mitte der Fötalzeit erscheinen. Nach Breschet sind dieselben anfänglich einfache Lymph- gefäßplexus [Le Systeme lymphatique , Paris 1836, S. i85) und nach Engel gehen dieselben aus sprossentreibenden und vielfach sich win- denden Lymphgefäßen hervor (Prag. Viertel]., 1850, II, 111). Lymphgefäße Über die Lymphgefäße des Hühnchens verdanken wir A.Budge des Hühnchens. j i 0 neue Mitteilungen. Derselbe beschreibt ein lymphgefäßartiges Kanal- system im Mesoderm der ^rea opaca von Hühnerembryonen (Hisund Brau- nes Archiv, 1880,Taf. XIV), dasmit der Amnionhöhle in Verbindung stehen solle. Offenbar sind dieselben Räume gemeint, die bereits His als Lymph- räume gedeutet hat (Unters., S. 203 u.fg., Taf. VIII, IV, 2 links, Taf. IX, Fig. 8, 13, 14) und die auch meine Fig. 93 (Entw. 2. Aufl.) zeigt. Ganz dieselben Spalträume finde auch ich im Mesoderm der Area opaca junger Kaninchenembryonen, vor allem hinter dem Embryo, und lässt sich hier leicht verfolgen , dass dieselben mit der Coelomspalte zwischen Haut- und Darmfaserplatte zusammenhängen. Dasselbe gilt auch für das Hühnchen und ist eine Verbindung dieser Räume mit der vom Ektoderm ausgekleideten Amnionhöhle wohl sehr zweifelhaft, Lymphherzeu Ist ciue Dcutung diescr Lücken als Lymphräume, wenn auch mög- ' lieh, doch zweifelhaft, so gilt nicht dasselbe von den von A. Budge bei älteren Hühnerembryonen in der Allantois gefundenen Lymph- gefäßen, die ich durch die Präparate desselben kenne, an welche Beob- achtung sich die schöne Entdeckung von zwei pul sirenden Lymph- herzen der Sakralgegend von älteren Hühnerembryonen (vom zehnten Tage an) anreiht, die die Lymphgefäße der Allantois aufnehmen , später vergehen und bei erwachsenen Tieren nicht mehr zu finden sind (Zen- tralbl. L d. med. Wiss., 1881, No. 34; His und Braunes Arch., 1882, Taf. XIX) . Urniere. 411 VIII. Entwickelung der Harn- und Geschlechtsorgane. § 49. Harnorgane. Als Harnorgane treten l)elm Embryo zweierlei Apparate auf, die man als embryonale und bleibende, primäre und sekundäre bezeichnen kann. Zu den ersteren gehört die Urniere (Primordialniere oder WoLFFScher Körper) mit ihrem Ausführungsgange, dem Wolff- schen Gange, welcher in den Teil der Allantois oder des Harnsackes mündet, der, im Leibe des Embryo gelegen, anfangs den Namen Harn- gang, Urachiis, führt (s. oben S. 72). Dieser Urachus mündet in den Teil des Enddarmes, der die Kloake heißt, später jedoch in zwei Teile sich trennt, von denen der vordere unter dem Namen Canalis oder Sinus urogenüulis eine besondere Ausmündung des Harn- und Geschlechts- apparates darstellt. Die bleibende oder sekundäre Niere ent- wickelt sich aus dem Ausführungsgange der Urniere oder dem Wolff- schen Gange und ergeben sich somit die beiderlei Harnorgane als Teile eines und desselben Systemes. Im folgenden besprechen wir zunächst die Urniere, soweit als umiere. ihre Umbildungen nicht mit den Geschlechtsorganen in Beziehung stehen, und dann die bleibende Niere. Es ist im früheren schon zu wiederholten Malen von der Urniere oder dem WoLFFschen Körper des Hühner- oder Säugetierembryo die Rede gewesen und bringe ich daher hier nur die Haupterscheinungen in Erinnerung. Zuerst entsteht der Urnierengang durch die Ablösung einer Zellenmasse der Seitenplatten da, wo dieselben an die Urwirbel angrenzen (S. 46, Fig. 29; Fig. 43; Fig. 55, 57, 58 vom Hühnchen; Fig. 96 vom Kaninchen), welcher Strang anfänglich ganz und gar solid ist und erst nachträglich eine Höhlung erhält. Dieser Gang, der beim Hühnchen in der zweiten Hälfte des zweiten Tages, beim Kaninchen am Ende des achten oder am Anfange des neunten Tages auftritt, er- scheint zuerst in der Gegend der vorderen (vierten bis fünften) Urwir- bel und entwickelt sich von hier aus rasch nach hinten , so dass er beim Hühnchen schon am Ende des zweiten Tages eine ansehnliche Länge besitzt und fast bis zu den letzten nun vorhandenen Urwirbeln sich erstreckt. Im Zusammenhange mit diesem Gange bildet sich nun beim Hühnchen am dritten und vierten, beim Kaninchen am neunten und zehnten Tase eine zierliche einfache kammförmige Drüse, die in 412 Entwickelung der Harn- und Geschlechtsorgane. Fig. 278 vom Hundeembryo nach Bisciioff dargestellt ist. Dieselbe er- streckt sich von der Lebergegend bis zum hinteren Ende der Abdo- minalhöhle und besteht aus einem an der lateralen Seite gelegenen Gange, dem WoLFFSchen Gange, und vielen Querkanälchen , die auf den ersten Blick den Urwirbeln entsprechen, jedoch, wenigstens bei den Säugetieren, zahlreicher sind als diese. In dieser einfachsten Form verharrt jedoch die Drüse nicht lange, vielmehr bildet sich dieselbe bald zu einem kompakten, blutreichen, Fig. 278. rötlichen Organe um, das den wesentlichen Bau der bleibenden Niere besitzt utid nebst zahlreichen geschlängelten weiten Drüsenkanälchen, in denen Remak und ich vor Jahren bei Eidechsenembryonen Flimmeruug beobachtet haben, echte MALPiGHische Körperchen besitzt. Ein früheres Stadium dieser Umbildung zeigen vom Menschen Fig. Hl und 257. spätere mehrere bei den Geschlechtsorganen zu findende Abbildungen von Rindsembryonen und vom Menschen. Fig. 278. Hinteres Ende eines Hundeembryo mit hervorsprossender Allantois. Das sogenannte Gefäßblatt und das Darmdrüsenblatt oder die Anlage des Darmes und die benachbarten Teile des Dottersackes sind zurückgeschlagen, um die Corp. Wolfßana zu zeigen. Vergr. lOmal Nach Bischoff. a WoLFFSche Körper mit dem Ausführungsgange und den einfachen blinden Kanälchen ; b Urwirbel ; c Rücken- mark; d Eingang in die Beckendarmhöhle. Bleibende Nieren. 413 Die erste Entwickelung der Querkanälchen der Urniere anlangend, Sü entstehen dieselben unabhängig vom Urnierengange aus den Mittel- platten. Beim Kaninchen (ich, Egli), bei Reptilien (Braun) und beim Hühnchen (Füubrixger) entwickeln sich an der ventralen und medialen Seite des WoLFFSchen Ganges aus den Millelplatten oder, wie man wohl mit demselben Rechte sagen kann , aus der zelligen Auskleidung der Peritonealhöhle in erster Linie in einer Reihe hintereinander gelegene solide zapfen- oder birnförmige Gebilde, die Urnierensträn ge (Fig. \i3 — 125 m. Entw., 2. Aufl.), welche bald vom Peritonealepithel sich lösen (Fig. 43, 47) und dann eine Höhlung einhalten, in welchem Zu- stande dieselben mit Ratiike Urni erenb laschen oder mit Braun Segment a Iblä sehen heißen können. Weiter setzen sieh diese Bläs- chen und der WoLPFsche Gang in Verbindung, worauf denn die ersteren, in S-förmig gebogene Schläuche umgewandelt, in derselben Weise wie in der Niere MALPiGHische Körperchen erzeugen. Indem ferner die ein- zelnen Drüsenschläuche stark in die Länge wachsen und vielfach sich schlängeln und zugleich durch eine gemeinschaftliche mesodermatische Umhüllung alle zusammen vereinigt werden , entsteht schließlich das einheitliche Organ, das oben als Urniere beschrieben wurde. Der Urnierengang, der, wie wir oben sahen, von vorn nach hinten sich bildet, erreicht beim Kaninchen am elften Tage den Sinus wogeiiitalis und öffnet sich in denselben (Fig. 280). Hierbei liegt sein unterstes Ende jederseits in einem Vorsprunge der hinteren Bauchwand, der Plica urogenitalis von Waldeyer (Fig. "279), welcher mit der Zeit immer länger und vorstehender wird und ganz unten mit demjenigen der andern Seite verschmilzt. Außer der Urniere kommt bei den anmionlosen Wirbeltieren noch ein nierenähnliches Organ, die Vorniere (W. Müllrer) vor, von der Rudimente durch Balfour, Sedgwick und Gasser-Siemerling auch bei den Vögeln gefunden wurden. Wir verlassen nun für einmal die Urnieren, um bei den Geschlechts- organen wieder zu denselben zurückzukehren, und wenden uns zu den bleibenden Nieren. Die Niere entsteht sowohl beim Hühnchen als bei Säugetieren als Niere. eine hohle Sprosse des WoLFFSchen Ganges dicht über seiner Einmün- dung in die Kloake und zeigt Fig. 280 eine sehr junge Nierenanlage des Kaninchens. In weiterer Entwickelung wächst der Nierengang oder die Nieren- anlage in die Länge, zerfällt bald in eigentliche Niere und in Ureter, und rückt erstere immer mehr an dem WoLFFschen Gange in die Höhe, bis sie hinter den untersten Teil der Urniere zu liegen kommt, von wo aus 414 Entwickelung der Harn- und Geschlechtsorgane. sie schließlich so weit heraufrückt, dass sie am Ende dem obersten Teile der WoLFFschen Körper gleichsteht. Gleichzeitig mit diesem Vor- gange ändern sich auch die Beziehungen des Ureters zum WoLFFSchen Gange und trennen sich zuletzt beide Gange voneinander, wobei der Ureter vor den WoLFFschen Gang zu liegen kommt. Der primitive Nierenaang selbst treibt in weiterer Entwickelung zuerst einige wenige ^y— 7/r Fig. 279. (Fig. 281) und dann immer mehr hohle Sprossen, und während dies ge- schieht, treten auch an den Enden derselben die MALPiGHischen Körper- chen auf. Hierbei schlängeln sich die hohlen Endsprossen, indem sie weiter wuchern, S-förmig, und zugleich sammelt sich um diese Schlänge- lungen die mesodermatische Umhüllung der Niere in so reichlichem Maße an, dass das Ganze bei kleinen Vergrößerungen wie ein birnförmiger, ovaler oder mehr kugeliger Körper erseheint, den ich mit dem Namen Fig. 279. Teil eines Querschnittes durch das hintere Rumpfende eines Kanin- chens von 14 Tagen, 49nial vergr. a Aorta, dahinter die Chorda; c Vena cardinalis; n Teil der Nierenanlage auf der einen Seite mit zwei Ampullen; w(/ WoLFFScher Gang, jetzt noch ohne MüLLERSchen Gang in der Plica urogenitalis gelegen; / Lum- balnerv; u Arteriae umbilicales ; ur Urachns ; d Dickdarm. Niere. 415 oNierenknospe« [Pseudor/Iomeriili, Colberg) bezeichne (Fig. 282 m). An einer solchen Knospe nun wird die Endwindung dadurch zum Mal- PFGHischen Körperchen, dass sie nach und nach zu einer gekrümmten Platte von der Form einer Kugelschale sich auszieht und den Teil der zelligen Scheide, der an ihre Konkavität angrenzt, der zugleich mit- Fis. 280. Fis;. 28t. wuchert und zu einem kugeligen Gebilde sich umwandelt, umwächst. Ein solchergestalt umgebildetes Harnkanälchen, wie es Fig. 283 in den ersten Stadien darstellt, lässt sich mit einem tief ausgehöhlten doppelt- blätterigen Löffel vergleichen, der eine sehr platte, spaltförmige Höhle enthielte, dessen Stiel anfangs tief in die Höhle eingedrückt wäre und Fig. 280. Sagittalschnitt durch das tiintere Leibesende eines Kaninchenembryo von 11 Tagen und 10 Stunden, 45mal vergr. wg WoLFFScher Gang; ?i Nierengang; n' Anlage der Niere; i(g Sinus xirogenilalis ; t/r Urachusanfang ; c/ Kloake; hg Ge- gend, wo in der Medianebene, der Hinterdarm in die Kloake mündet; ed postanaler Teil des Enddarmes; a After oder Kloakenspalte; s Schwanz ; r Perinealfalte. Fig. 281. Sagittalschnitt durch die Nierengegend eines Kaninchenembryo von 14 Tagen. Vergr. 60 mal. n Anlage der Niere samt ihrer Umhüllung; u Ureter; wg WoLFFScher Gang, der mit dem Ureter zusammen in einen weiteren Kanal aus- mündet, der, wie andere Schnitte lehren, schon am 12. Tage als seillicher Anhang der Kloake erscheint und als letztes Ende des WoLFFschen Ganges anzusehen ist; w; unterster Teil der Urniere. Breite des WoLFFschen Ganges ö7 — 70 m, des Ureters 22 — 'i< fA, des beiden gemeinschaftlichen Raumes 0,14 mm. 416 Entwickelung der Harn- und Geschlechtsorgane. später mit dem Rande derselben sich verbinden würde, oder auch (Toldt) mit einer gestielten Kautschukblase, deren eine Wand an die andere angedrückt wäre. —jjL ^"^Wa^wi»» Fi". -2><-I. im Hc Fig. 283, Einmal gebildet, erhalten die MAi.piGnischen Körperchen ihre Voll- endung dadurch, dass das Ilarnkanälchen die in seiner Aushöhlung liegende Glomerulusanlage, die früh Blutgefäße erhält, immer mehr um- wächst, so dass am Ende nur noch die Zutrittsstelle der Gefäße offen Fig. 282. Sagittalschnitt der Niere eines Kaninchens von 16Tagen. Vergr. 63mal. rt hohle Endsprossen des Ureters oder Ampullen; m Anlagen der MALpiGHischen Kür- perchen. Länge der Niere 1,16 mm, Breite 0,54 mm ; Breite der Ampullen 48 — 59^. Fig. 283. Zwei Nierenknospen eines Kaninchens von 1,7 cm Länge (16. — 17. Tag), 400mal vergr. «c Harnkanälchen, das von einer Ampulle aus zur Nierenknospe geht (späterer Stiel des M. sehen Körperchens); /, m, m' Anlage des MALPiGHischen Kör- perchens; l Höhlung dieser Anlage; m Anlage des Epithels der MüLLERSchen Kapsel; in' Anlage des Epithels auf dem Glomeriilus ; gg Bindesubstanzlage, die später zum Glomerulus wird, an der linken Knospe iirthümlich als Spalte dargestellt. Niere. 417 l)leibt, während anderseits der Stiel passiv vom Rande an die Seite der Kugelschale rückt und schließlich den dem Eintritte der Gefäße gegen- überliegenden Pol erreicht. Die Harnkanälchen, die zu den eben ange- legten Glomeruli führen, sind anfänglich ungemein einfach, bald aber beginnen dieselben zu wachsen und sich zu schlängeln und liefern später die gewundenen Kanälchen beider Ordnungen und dicHExNLESchen Schleifen. Je mehr Harnkanälchen, MALPicmsche Körperchen und gewundene Kanälchen entste- hen, um so dicker wird die Rindenlage. Zu- gleich nimmt aber auch die Zahl der Sammel- röhren je länger je mehr zu und zwar dadurch, dass immer mehr peripherische Teile in deren fiereich gezogen werden. Es gehen nämlich die Harnkanälchen, die MALPiGHische Körperchen liefern, lange Zeit hindurch mit ihren Anfängen in Sammelröhren über, und so entsteht nach und nach die Marksubstanz des Organes , deren volle Ausbildung in eine spätere embryonale Zeit fällt. In betref!" der Niere des Menschen merke ich noch folgendes an. In der vierten Woche traf ich bei einem Embryo von 8 mm die Niere in demsel- ben primitiven Stadium, das in Fig. 280 vom Ka- ninchen dargestellt ist (Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 40, Taf. XI, Fig. 8). Der einfache Nierenkanal samt seiner Mesodermhülle war 0,46 mm lang und am Ende 0,21 mm breit, während das Epithelrohr am Ende 0,10 mm Breite besaß. Der Kanal scheint direkt in den 0,31 mm breiten Sinus urogenitalis zu münden, doch ist sein Ende wohl als WoLFFScher Gang zu deuten. Bei einem zweiten Embryo zwischen der sechsten und siebenten Woche war die Niere 1,83 mm groß, bohnenförmig und platt und hatte hinter dem unteren Teile der Urniere ihre Lage. In der achten Woche betrug die Ni-ere 2,5 mm in der Länge und lag noch ganz hinter der großen Fig. 284. Harn- und Gesctileclitsorgane eines acht Wochen alten menschlichen Embryo, etwa 2mal vergr. nn rechte Nebenniere ; w Urniere; wg Ausführungsgang derselben; n Niere; (/Geschlechtsdrüse, hier von etwas auffallender Gestalt ; ?» Mast- darm ; ^/i Leistenband des WoLFFschen Körpers (Gubernaculum Hunteri oder Lig. uteri rotundum) ; b Blase ; h untere Hohlvene. Fig. 285. Ein Teil der Baucheingeweide eines dreimonatliclien weiblichen menschlichen Embryo, vergr. s Nebenniere; o kleines Netz; r' Niere; l Milz; om großes Netz; c Coecum; r Lig. uteri rotundum. Außerdem sieht man Blase, Urachus, Ovarium, Tuba, Uterusanlage, Magen, Duodenum, Kolon. Kolliker, Ünmdriss. 2. Aufl. 27 Fig. 285. Niere des s Menschen."-; 418 Entwickelung der Harn- und Geschlechtsorgane, Nebenniere (Fig. 284), wogegen im dritten Monate die Niere unterhalb der Nebenniere an der hinteren Bauchwand zum Vorsehein kommt (Fig. 285) und von nun an rascher wächst als die Nebennieren. Die schon im zweiten Monate auftretenden Läppchen (ich, Toldt) bleiben während der ganzen Embryonalperiode bestehen und bilden sich immer deutlicher aus, um nach der Geburt rasch miteinander zu verschnjelzeu. Die innere Ausbildung der fötalen menschlichen Niere hat Toldt verfolgt und derjenigen der Säuger gleich gefunden , weshalb ich nur folgendes hervorhebe. Schon im zweiten Monate finden sich MALPicHische Körperchen, zum Teil von derselben Größe wie beim Erwachsenen, und haben Mark und Rinde fast gleiche Dicke. Im dritten Monate werden die Papillen deut- lich, die Marksubstanz misst 1,54 mm, die Rinde 0,82 mm. Im vierten Monate erkennt man zuerst HENLEsche Schleifen. In Entwickelung be- griffene Glomeruli fand Toldt vereinzelt noch am siebenten Tage nach der Geburt, vermisste dieselben dagegen ganz und gar bei einem Kinde von drei Monaten. Die Harnblase entsteht aus dem Urachus oder dem Stiele der Allantois. Beim Menschen entwickelt sieh derselbe schon im zweiten Monate mit seinem nahezu untersten Teile zu einem spindelförmigen Behälter, der Harnblase, die durch einen kurzen Gang mit dem Mast- darme sich vereint und an ihrem oberen Ende mit einem anfangs noch hohlen Gange, dem eigentlichen Urachus^ durch den Nabel in den Nabel- strang eintritt und in demselben mit dem Reste des Epithelialrohres der Allantois sich verbindet (s. oben S. 176, 18'!). Später verengert sich der Urachus und schließt sich zuletzt in einer noch nicht genau bestimmten Zeit, nachdem die Allantoisreste schon lange vergangen sind, und bildet das Licjümentum vesicae medium. Doch ist die Oblitteration dieses Kanales selten vollkommen, indem nach Luschka selbst noch beim Er- wachsenen Reste des Epithelialrohres des Urachus vorkommen können (ViRCHows Archiv, Bd. 23). Über die Harnblase des Neugeborenen siehe S. 155. An diesem Orte behandle ich auch die Nebenniere, von der schon früher bei Gelegenheit der Entwickelung des Sympathicus die Rede war (S. 274). Bei Säugetieren ist die Entwickelung dieses Organes in- sofern nicht schwer zu verfolgen, als sich ergibt, dass dasselbe selb- ständig ohne Beziehungen zu irgend andern Teilen in dem vor der Bauchaorta und zwischen den WoLFFschen Körpern hinter dem Mesen- terium gelegenen Blasteme entsteht. In zwei linienförmigen Zügen nimmt an genannter Stelle das Mesoderm eine besondere Struktur an. Gewisse Zellen desselben ordnen sich zu cylindrischen, netzförmg ver- Geschlechtsdrüsen. 419 bundenen Strängen und zwischen denselben entwickeln sich Blutgefiiße in massiger Zahl, so dass ein Gewebe entsteht, das in manchem an das Leberparenchyni von Embryonen erinnert, jedoch viel weniger blut- reich ist. Beim Menschen sah ich die Nebenniere in derselben Form wie bei Säugern bei einem Embryo von 15 mm Länge von etwa sechs Wochen. § -'50 . Geschlechtsorgane im allgemeinen. Geschlechtsdrüsen. Die Schilderung der Entwickelung der Geschlechtsorgane erheischt Entwjckeinng zwar kein Zurückgehen auf die allerfrühesten Zustände, doch sind es Geschiechts- auch wiederum die WoLFFSchen Körper, die als Ausgangspunkte dienen, allgemeinen. da gewisse Teile der Geschlechtsorgane in innigstem Zusammenhange mit diesen Drüsen, ja selbst aus gewissen Teilen derselben sich hervor- bilden. An der medialen vorderen Seite der WoLFFSchen Körper und in genauer Verbindung mit ihnen entsteht die Geschlechtsdrüse (Hoden oder Eierstock) , welche , soviel man weiß , bei beiden Geschlechtern anfänglich vollkommen gleich beschaffen ist, und gleichzeitig mit dieser Drüse entwickelt sich neben dem WoLFFSchen Gange noch ein zweiter Kanal, der sogenannte MüLLERSche Gang oder der Geschlechtseans, MoLLEEscher ' '^ ^ C Ö ? Gang oder der ebenfalls in das untere Ende der Harnblase oder den Sinus uroneni- Geschiechts- •^ gang. talis einmündet. Beim männlichen Geschlechte nun vergeht dieser MüLLERsche Gang später wieder bis auf geringe Überreste (den soge- nannten Uterus masculinus oder die Vesicula prostatica), dagegen tritt die Geschlechtsdrüse mit dem WoLFFSchen Gange in Verbindung , wel- cher zum Samenleiter wird und auch die Samenbläschen entwickelt. Es ergibt sich somit eine ganz merkwürdige Beteiligung der Primordial- niere an der Bildung des samenableitenden Apparates; immerhin ist zu bemerken, dass die Drüse selbst dem größten Teile nach mit dem Ge- schlechtsapparate keine Vereinigung eingeht, sondern zum Teil schwin- det, zum Teil in ganz untergeordnete und bedeutunglose Teile, wie die Vasa aberrantia testis und das Organ von Girald^s, sich umwandelt. Beim weiblichen Geschlechte sind nun umgekehrt der WoLFFsche Körper und sein Gang ohne allen größeren Belang und verschwinden, wie es scheint, bis auf den Nebeneierstock und gewisse andere Beste ganz und gar, dagegen treten hier die MüLLERSchen Gänge in ihre vollen Rechte ein und erscheinen als das, was sie in der That in der Anlage sind, als Geschlechtsgänge, indem sie mit ihren unteren verschmolzeneu Enden zum Uterus und zur Scheide und mit den oberen getrennt bleibenden Teilen zu den Eileitern sich umbilden. 27* 420 Entwickelung der Harn- und Geschlechtsorgane. GescMecMs- Nacli dieser übersichtlichen Schilderune; führe ich nun der Reihe drüsen. i i • "^ nach die einzelnen Abschnitte der Geschlechtsorgane gesondert vor und beginne mit den Gesch lechtsdrüsen. In der fünften, deutlicher in der sechsten Woche gewahrt man beim menschlichen Embryo an der inneren Seite der WoLFFSchen Körper und denselben dicht anliegend zwei weißliche Streifen (Fig. 257 t], deren weitere Verfolgung bei Em- bryonen der siebenten und achten Woche bald zeigt, dass dieselben nichts als die Anlagen der Geschlechtsdrüsen sind. Über die Entstehung dieser Streifen ist \'om Menschen nichts bekannt. Was dagegen die Säugetiere und die Vögel anlangt, so ist es bei jungen Embryonen leicht, an Querschnitten ihre Bildung zu ermitteln, und zwar ergibt sich, dass dieselben dadurch entstehen, dass das Peritonealepithel in dieser Gegend in einer linienförmigen Stelle, der Slria (jerminaUva oder Geschlechts- Keimepitiiei. leiste, sich vcrdickt und zu dem sogenannten Keim epithel von Walbeyer sich gestaltet, während zugleich das in dieser Gegend gelegene Mesoderm ebenfalls wuchert und gefäßreicher wird. Einmal angelegt, wachsen die anfänglich ganz gleich beschaffenen Anlagen der beiderlei Geschlechtsdrüsen rasch und treten ebenso wie die WüLFFSchen Körper immer mehr vor, so dass sie scheinbar in die Bauchhöhle zu liegen kommen ; zugleich erhalten beide Organe eine Art Gekröse, das von den WoLFFSchen Körpern noch nicht erwähnt wurde. An diesen Organen ist dasselbe breit und niedrig, etwa wie das Meso- colon ascendens , dagegen stellt dasselbe an ihrem oberen Ende eine kleine freie , zum Diaphragma verlaufende bogenförmige Falte mit zwei zwerchfeiisband Q^gP sclbst drei Ausläufcm dar, die ich das Zwerchfellsband der der Urniere. ""'-• ? Urniere heiße (Fig. 286, d) , und ist auch an dem Teile des Aus- führungsganges, der unterhalb der Drüse liegt, als eine kleine senkrecht stehende Platte nachzuweisen, die später von Walde yer den Namen Plica urogenitalis erhielt. Ferner geht vom WoLFFSchen Gange genau am unteren Ende der Drüse eine Bauchfellfalte zur Leistengegend, welche Leistenband der ißjj (j.,s Leisten band der Urniere nenne (Fig. 286, i], ein Gebilde, Urniere. v <_^ / / / i das wir später unter den Namen Giibernaculwn Hunteri und Ligamentum uteri rotundum treffen werden. Was die Geschlechtsdrüsen anlangt, so besitzen dieselben, sobald sie eine nur etwas bedeutendere Entwickelung erlangt haben, eine kleine Bauchfellfalle, die sie mit der Urniere ver- bindet, die je nach dem Geschlechte Hoden- oder Eierstockgekröse, Mesorckium. MesoTchium odcr Mesoarium heißt. Mesoanum. Hoden und Eierstöcke entsprechen sich ursprünglich in der Form genau (Fig. 286) , gegen das Ende des zweiten Monates wird jedoch beim Menschen das erste Organ breiter und verhältnismäßig kürzer, während der Eierstock eine gestrecktere Form beibehält. Zugleich Geschlechtsdrüsen . 421 ändert sich auch die Stellung der Geschlechtsdrüsen in der Art, dass dieselben beim weiblichen Geschlechte mehr schief sich lagern , und ist von dieser Zeit an, d. h. in der neunten bis zehnten Woche, auch von dieser Seite her die Diagnose gesichert. Die weitere Entwickelung be- sprechen wir nun bei den beiden Drüsen gesondert, doch finde ich mich nicht veranlasst, auf die äußeren Gestalt- und Größenverhältnisse noch weiter einzugehen , und will ich nur das Wesentliche dessen mitteilen, was über die inneren Strukturverhältnisse ermittelt ist. In betreff des Hodens sehen meine Erfahrungen dahin, dass, so- Entwickelung "^ ^ ' I des Hodens. lange als nicht die Geschlechtsdrüse die Anlage einer Älbuginea und ein niedriges Epithel oder im Innern deutlich gewundene oder einander parallele quere Zellenstränge zeigt, dieselbe in keiner Weise als männ- Fig. 286. Geschlechts- und Harnorgane von Rindsembryonen. 1. Von einem 11/2" langen weiblichen Embryo, einmal vergrößert. wUrniere; «; stehen sich in dieser Be- Ziehung zwei Ansichten '^-7^ diametral gegenüber, "'\ indem Bornhaupt und f^ -^ V Y.c,\A dieselben von Wucherungen des Pe- „,_ ritonealepithels in das ,^^iL, , Innere des ürganes ab- , , — ^ leiten, Waldeyer da- ^t — -''^ gegen diese Kanäle vom /^Ksf*^^ t WoLFFschen Körper aus Fig. 287. in die Hodenanlage hin- einsprossen liisst. Mei- nen Erfahrungen zu- folge muss ich für ein- mal die letztere Ansicht für die besser begrün- dete halten, ohne jedoch eine bestimmte Entschei- dung abgeben zu können. Außerdem scheint mir eine dritte Möglichkeit noch mehr für sich zu haben und zwar die, dass die Sa- menkanälchen unabhängig vom Peritonealepithel und den Urnieren im mesoder- matischen Gewebe der Gescljlechtsleiste ent- stehen. Sowie der Hoden dem Baue nach deutlich als sol- Fig. 287. Querschnitt aus der unteren Hälfte des Hodens eines menschlichen Embryo von 3 1/2 Monaten (No. -143) vergr. Länge des Hodens 1,8 mm. «intersti- tielle Zellen ; a Ji6ieseen- männlichen Geschlechte viel ausgeprägter sich hndet als beim weib- swsderOe- schlechts- lichen, nämlich der Lageveränderung der Geschlechtsdr üse oder drüsen. des Herabsteigens der Hoden und Eierstöcke, Descensus ovariorum et testiculorum. Hoden und Eierstöcke liegen anfangs in der Rauchhöhle an der ventralen und medialen Seite der Urnieren neben den Lendenwirbeln (Fig. 286), und verlaufen um diese Zeit auch ihre Gefäße einfach quer K ö 1 1 i k e r , Grundriss. 2. Aufl. 28 434 Entwickeluns der Harn- und Geschlechtsorgane. testis. von der Aorta aus und zur Vena cava herüber. Im weilereu Verlaufe nun rücken die Hoden, die wir für einmal aliein ins Auge fassen wollen, allmählich abwärts, so dass sie im dritten Monate schon die Stellung ein- nehmen, die Fig. 296 zeigt. Für die w'eitere Schilderung des Descensus ist es nun nötig, zunächst von zwei besonderen Gebilden zu handeln, die zum Teil schon besprochen wurden, nämlich dem Gubernaculum ^Huntlrifhe^ HuTiteri uud dem Processus vaginalis perilonei. Das Gubernacidum Hunteri ist ein Gebilde, das ursprünglich dem WoLFFschen Körper an- gehört (s. Fig. 286) und als Leistenband desselben von seinem Aus- führungsgange gerade abwärts zur Leistengegend sicherstreckt. Sowie der Hoden entstanden und etwas mehr entwickelt ist, besitz! derselbe, wie schon oben angegeben wurde , einen Bauchfellüberzug und ein niedriges Gekröse, Mesorchium, und von diesem aus zieht sich dann eine Verlängerung teils aufwärts (Fig. 286), teils abwärts bis zu der Stelle des Ur- nierenganges , an die sein Leistenband sich an- heftet. Mit dem Schwinden und der Metamorphose des WoLFFSchen Körpers und dem Größerwerden des Hodens schwinden die beiden Falten des Ho- dens und kommt derselbe dicht an den Wolff- schen Gang, jetzt das Vas deferens, zu liegen, und von diesem Momente an ei'scheint das Leistenband der Urniere als ein zum männlichen Geschlechtsapparate gehöriger Teil und heißt jetzt Guhernaculum Hunteri. Untersucht man nun dasselbe im dritten bis sechsten Monate genauer, so ergibt sich, dass dasselbe einmal aus einem faserigen, 3 — 8 mm langen, 2 — 4 nun breiten Strange, dem eigentlichen Gubernaculum^ und zweitens aus einer dasselbe von vorn und von den Seiten her umgebenden Bauchfellfalte wie einem Gekröse besteht. Beide diese Teile gehen bis zur Leistengegend herab und verlieren sich hier in dem sogenannten Scheidenfortsatze des Bauch- felles, Processus vaginalis peritonei. Dieser ist nichts anderes als eine Ausstülpung des Bauchfelles, welche schon im Anfange des dritten Monates ganz selbständig entsteht und allmählich zu einem die Bauch- wand durchsetzenden und bis ins Scrotum sich erstreckenden Perito- nealkanale sich sestaltet. Durch die Entwickelung dieser Ausstül- Fig.l296. Fig. 296. Harn- und Geschlechtsorgane eines menschlichen Embryo von drei Monaten in natürlicher Größe, nji Nebennieren ; uh Cava inferior; «Niere; /i Ho- den ; gh Guhernaculum Hunteri; b Harnblase. Außerdem sind der Mastdarm, die Ureteren und Samenleiter {wg) zu sehen. Hinter dem Mastdarme und zwischen den Nieren und Hoden ist eine längliche Masse, durch welche die Art. mesenterica in- ferior hervorkommt, die vielleicht zum Sympalhicus gehört. Descensus tesUculoruin et ovarioruin. 435 pung des Bauchfelles wird somit vor dem Durchtritle des Hodens der Leistenkanal gebildet und gleichzeitig entwickelt sich auch das scheinbar im Processus vagüialis, aber doch außerhalb seiner Bauchfell- auskleidung gelegene IliNTEusche Leitband bis ins Scrotum herab, wo seine Fasern sich verlieren. Sind die Teile so vorgebildet, so rückt nun der Hoden mit seinem Bauchfellüberzuge bis an den Eingang des Pro- cessus vaginalis, in den er fi-üher oder später, meist im siebenten Monate einzutreten beginnt, worauf er dann, allmählich in demselben vor- rückend, bald ganz in ihm sich verliert, um endlich aus dem Leislen- kanale, in dem er zuerst seine Lage hat, in das Scrotum herabzusteigen. Da nun, wie schon bemerkt, der Hoden seinen Bauchfellüberzug schon in den Scheidenkanal mitbringt, so erscheint lelzteier, sobald der Hoden ins Sc7''otum herabgestiegen ist, in demselben Verhältnisse zu ihm wie beiuj Erwachsenen die freie Lamelle der Vaginalis propria, während die ur- sprüngliche Bauchfellbekleidung der Di'üse die Titnica adnata darstellt, wie aus nebenstehendem Schema Fig. 297 hinreichend deutlich we;'den wird. Dasselbe lehrt zugleich auch, dass die Höhle der Vaginalis propria unmittelbar nach vollendetem Descensus durch einen Kanal, der immer noch der Scheidenkanal heißen kann, mit der Bauch- liöhle in Verbindung steht. Die Zeit der Vollendung des Descensus ist eine verschiedene , doch findet man in der Regel noch vor dem Ende des Embryonallebens beide Hoden im Scrotum, in andern Fällen vollendet sich der Descensus erst nach der Geburt. Nicht selten ist es, dass beide Seiten etwelche Verschiedenheiten zeigen, und in Ausnahmefällen bleibt der eine oder der andere Hoden im Leislenkanale oder selbst in der Bauchhöhle stehen , welcher letztere Zustand als Krgptorchidismus be- zeichnet wird. Sind die Hoden regelrecht herabgestiegen, so findet man bei rs'eugeborenen den Scheidenkanal noch offen, doch schließt sich der- selbe bald nach der Geburt, wobei jedoch ebenfalls sehr häufig Unregel- mäßigkeiten sich ergeben, so dass der Kanal auf größere oder kleinere Strecken , in seltenen Fällen selbst ganz sich offen erhält. Schließt sich derselbe regelrecht, so bleibt nicht selten ein Strang, das sogenannte Ligamentum vaginale, als Rest zurück. Vaginalii propria. P"ig. 297. Schema zur Erläuterung des Descensus testiculorum. 1. Der Hoden am Eingange des Leistenkanales; 2. der Hoden im Scrotum; h Hoden ; a Peritonealüber- zug desselben, später Adnata testis ; cv ScheideniHae umbilicales 72, -117, 396, 401. Fenae vitellinae anteriores, laterales und posterior 60. Venenende des Herzens 58. Venensystem 396. Verbindungsplatte der Hemisphären 237, 252. Vereinigungshaut des Hühnchens, obere 83, untere 85; des Kaninchens, untere 104. Vergleichende Entwickelung der Wirbel- tiere 127—138: Amphioxus 127, Cy- klostomen , Acipenser, Anuren, üro- delen 127, Elasniobranchier, Teleostier 129, Reptilien 130, Vögel 131, Säuge- tiere 134, Säugetiere mit Inversion der Keimblätter 135, Arvicola arvalis Feld- maus 136, Cavia cobaya Meerschwein- chen 136, Hausmaus, Ratte, Waldmaus 137. Verknöcherung der Rippen 196. Verknocherung der Wirbelsäule 192. Verknocherung des Brustbeines 196. Verknöcherung des Gehörlabyrinthes 31 9. Verknöcherung des Schädels 206. Verknorpelung der Wirbelsäule 189; Zeit derselben 190. Verknorpelung des Schädels 202. Vernix caseosa 336. Verschmelzung der MüLLEKSchen Gänge 426. Vesicula blastodermica des Kaninchens 87. Vesicula germinativa 1 \ ; des Säugetier- eies 13. Vesicula prostatica 425. Vesicula seminalis 419, 427. Vesicula umbilicalis 1 62 ; s. auch Dotter- sack. Vestibulum vaginae 482. Vierhügel 24 6. Visceralbogen, s. Kiemenbogen. Viscerale Leibeshöhle 46. Visceralplatten des Hühnchens 85 ; des Kaninchens 104. Visceralskelett des Kopfes 213. Visceralspalten, s. Kiemenspaltcn. Vitellus, s. Dotter. Vorderarmknochen 228. Vorderdarm des Huhnchens 39, 48, 53; des Kaninchens 98. Vordere Augenkammer 290. Vorderhirn 42,53 ; primitives 232 ; sekun- däres 232, 234, 241. Vorderstrang des Rückenmarkes 264. Vorhof des Gehörorganes 306. Vorhöfe des Herzens 390. Vorhofsblindsack des Gehörorganes 3 \ 8. Vorhofsraum 318. Vorhofssäckchen, primitives, 306. Vorkern, männlicher und weiblicher 18. Vorniere 413. W. Wachsthum des Schädels als Ganzes 223. WAoNERScher Fleck \ 1 ; des Säugetiereies 13. Wangenbein 221 . Warze der weiblichen Brust 336. Weißer Dotter 14, 15. WHARTONSche Sülze 176. Windungen des Dünndarmes 355. Windungen und Furchen des Großhirnes, primitive und sekundäre, 255, 256. Windungen und Furchen des Kleinhirnes 249. Wirbelbogen 84, 189. Wirbelköi-persäule 189. AVirbelsaite, s. Chorda dorsalis. Wirbelsäule, häutige 1 89 ; knorpelige 1 89. Verknöcherung derselben 192. Wirbelsäulenanlage des Hühnchens 84. Wirbeltheorie des Schädels 210. WoLKFscher Gang und Körper, s. Urnie- ren und Urnierengang. Wollhaare 330. Wurzelscheiden des Haares 329. Z. Zahl der Wirbelabschnitte des Schädels 210. Zähne 343 ; des Neugeborenen 152. Zahnfleisch des Fötus und Neugeborenen 152, 348. Zahnkeim 34 4. Zahnsäckchen 343, 345. i Zehen 231. Zellen im Glaskörper 280, 281. Zellkörper ig. Zirbel 243, 245. Zona peliucida 12, 88. Zonula Zinnii 289. 454 Sachregister. Zoogonie 1. Zottenepitliel der Placenta foetalis 167. Zottenhaut, primitive 106. Zunge 34 2 ; des Neugeborenen 153. Zungenbeinhörner, große und kleine 222. Zungenbeinkörper 222. Zungenpapillen 343. Zusammengesetzte Eier 12. Zwerchfell des Kaninchens 123. Zwerchfellmuskel des Kaninchens 124. Zwerchfellsband der Urniere 420. Zwillingsschwangerschaft 1 78. Zwischentlüssigkeit im gelben Dotter 15. Zwischenhirn 232, 243. Zwischenkiefer 215, 221. Zwischenscheiben der Gelenkstellen 226. Zwischenwirbelbänder der Schädelbasis 212. Zwischenwirbelbänder und Chorda 194. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. .^- *.J>i^