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HANDBUCH DER KLASSISCHEN ALTERTUMSWISSENSCHAFT

BEGRÜNDETVON IWAN v. M Ü L L E R FORTGESETZT VON ROBERT v. PÖHLMANN

IN NEUER BEARBEITUNG HERAUSGEGEBEN

VON

DR. WALTER OTTO

ORD. PROFESSOR D Ei R ALTEN ÜF.SCHICHTE AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN

DRITTER BAND 5. ABTEILUNG

QRUNDRISS DER RÖMISCHEN GESCHICHTE NEBST QUELLENKUNDE

FÜNFTE, NEUBEARBEITETE AUFLAGE

MÜNCHEN 1923 C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG OSKAR BECK

ORUNDRISS DER RÖMISCHEN GESCHICHTE

NEBST QUELLENKUNDE

VON

BENEDICTUS NIESE

FÜNFTE AUF LAG E^

NEUBEARBEITET VON

E. HOHL

A.O. PROFESSOR DER ALTEN GESCHICHTE IN ROSTOCK

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MÜNCHEN 1923 C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG OSKAR BECK

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FrinWl in Qermany

Vorwort zur zweiten Auflage.

Dieser Abriß der römischen Geschichte erscheint hier in berichtigter und ver- mehrter Gestalt und wird, wie ich hoffe, jetzt noch besser als früher seinem Zwecke genügen und eine brauchbare kurze Zusammenfassung der wichtigsten und glaub- haft überlieferten Tatsachen bieten.

Marburg, den 1. August 1896.

Benedictus Niese.

Vorwort zur dritten AuHage.

Die neue Auflage des Grundrisses ist wiederum berichtigt und in allen Teilen nicht unerheblich vermehrt worden; eine so gedrängte Darstellung wie die vor- liegende fordert ja bei jeder neuen Bearbeitung zur Ergänzung heraus. Ganz neu sind § 50 und der letzte Abschnitt, § 55. Außerdem hätte gewiß noch manches andere hinzugefügt werden können; doch habe ich Maß gehalten, um mich nicht zu sehr ins Weite zu verlieren und dem Werke seinen ursprünglichen Charakter zu erhalten.

Marburg, den 28. August 1905. '

Benedictus Niese.

Vorwort zur vierten Auflage.

Die hier erscheinende vierte Auflage dieses Werkes ist wiederum durchgesehen und an manchen Stellen berichtigt und ergänzt worden. Neu eingelegt ist ein Ab- schnitt über die ältere römische Chronologie, der zur Orientierung vielleicht von Nutzen sein wird.

Halle a. S., den 7. Oktober 1909.

Benedictus Niese.

Vorwort zur fünften Auflage.

Nach dem Hinscheiden des Verfassers des ..Grundrisses" hatte es zunächst K. J. Neumann- Straßburg übernommen, die notwendig gewordene fünfte Auflage zu besorgen. Er war noch nicht über die ersten Anfänge dieser Arbeit hinausgediehen, als er erkrankte und mich deshalb bitten mußte, ihm die Aufgabe abzunehmen. Seiner Bitte, sowie dem Wunsch der Verlagsbuchhaadlung habe ich entsprochen, nicht eben leichten Herzens, hat es doch stets etwas Mißliches, ein fremdes Werk zu bearbeiten. Doch das Verschwinden des knappen, aber wissenschaftlich sicher fundierten Abrisses wäre bedauerlich gewesen und so habe ich mich denn redlich bemüht, das Buch lebensfähig zu erhalten. Nur für den einleitenden Abschnitt lag ein Manuskript Neumanns vor. Er hatte den Text Nieses beträchtlich erweitert; da aber der Umfang der neuen Auflage nicht anschwellen durfte, so konnte ich die Ausführungen Neumanns nicht anders verwerten wie die wenigen versti-euten Notizen seines Handexemplars. Den Grundcharakter und die Substanz des Niese- schen Buches habe ich nicht antasten wollen. Die neue Literatur ist nach Möglich- keit hineingearbeitet. Hoffentlich ist der Text lesbarer geworden. Denn Niese war zwar ein bedeutender Forscher und unbestechlicher Kritiker, aber sein Stil ist mehr als nüchtern.

Rostock i. M. den 25. Juli 1922.

E. Hohl.

Inhalt.

I. Einleitung in die römische Geschichte.

1. Geschiclitlieheb

Seite 1

II. Italische und römische Vorgeschichte.

Quellen und Cberlicforung der älteren römischen Geschichte . . . 12

2. Italien und seine Bevölkerung 10

3. Gründungsgeschichte Korns 2H

4. Die römischen Könige ........... 3U

III. Erste Periode der Geschichte Roms: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern (338 v. Chr.),

Quellen .............. 34

.■). Die Anfänge Roms ............ 35

0. Auswärtige Eintlü.sse 3*>

7. Älteste Verfassung Roms 42

8. Auswärtige Kriege 40

9. Rom und die Gallier 49

10. Fernere Ausbreitung ........... 52

11. Innere Entwicklung und Verfassungskämpfe . . . . . . 58

IV. Zweite Periode der Geschichte Roms: Bis zur Unterwerfung Italiens

(265 V. Chr.).

Quellen 67

12. Der Samniterkrieg 68

13. Weitere Kriege gegen Samniter, Etrusker und Gallier .... 72

14. Eroberung Unteritalieas . . . . . . . . . . . 75

15. Verfassungsgeschichtliches 83

16. Eintritt unter die großen Mächte 87

Chronologischer Anhang zur älteren römischen Geschichte ... 90

V. Dritte Periode der Geschichte Roms: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.).

Quellen 99

17. Der erste launische Krieg 100

18. Illyrische und gallische Ki'iege 109

19. Rom und Karthago. Zweiter illyrischer Krieg . . . . . .112

20. Der zweite punische Krieg, Erster Teil 114

21. Der zweite punische Krieg. 'Zweiter Teil . . . . . . 119

22. Kriege mit den östlichen Mächten 130

23. Ausbreitung und Befestigung der römischen Herrschaft im Westen . 148

24. Grundzüge der inneren Geschichte 151

VI. Vierte Periode der Geschichte Roms: Bis zum Untergang der Republik

(28 V, Chr,).

Quellen 156

25. Befestigung und Erweiterung der römischen Herrschaft: Spanische Kriege 158

26. Untergang Karthagos 161

27. Die Annexion Makedoniens und Griechenlands 164

28. Die Erwerbung Asiens 167

Inhalt.

VII

29. Beginn der inneren Unruhen. Die Gracchen

30. Auswärtige Kriege .........

31. Die Zeit der kinibri.schen Kriege ......

32. Das Tribunat des Livius Drusus und der Bundesgenossenkriej:

33. Der erste mithridatisehe Krieg und Sullas Diktatur

34. Unruhen nach Sullas Tod ....

35. Konsulat des Pompeius und Crassus. Zustand des Reiches

36. Mithridates und Pompeius ....

37. Innere Kämpfe. Catilinas Verschwörung

38. Caesar in Gallien 58—56 v. Chr.

39. Pompeius und Caesar

40. Der Bürgerkrieg

41. Caesars Diktatur

42. Die Parteien nach Caesars Tod. Der mutinensische Krieg

43. Das Triumvirat

Seite

169 178 183 190 195 2U7 212 216 224 231 237 244 253 256 261

VII. Fünfte Periode der Geschichte Roms: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. Quellen

44. Das Kaisertum

45. Das römische Reich unter Augustus

46. Die Julischen Kaiser nach Augustus

47. Der Bürgerkrieg und die flavischen Kaiser

48. Nerva, Traianus, Hadrianus und die Antonine

49. Septimius Severus und sein Haus .

50. Kaisertum, Reich und Provinzen

51. Auflösung und Wiederherstellung des Reiches

VIII. Sechste Periode der Geschichte Roms: Die Kaiserzeit bis zum Ende

der ostgothischen Herrschaft in Italien. Quellen

52. Diokletian und das Haus Konstantins des Großen

53. Die valentinianische Dynastie ....

54. Ende des weströmischen Kaisertums

55. Die ostgothische Herrschaft in Italien und Justinian Berichtigungen ; . .

Alphabetisches Register

276 282 292 304 324 332 343 351 369

380 385 404 409 424 435 436

Abkürzungen.

CIG = Corpus inscriptionum Graecarum.

CIL = Corpus inscriptionum Latinarum.

FHG = Fragmenta historicorum Graecorum ed. C. Müller.

IG = Inscriptiones Graecae (Griechisches Inschriftencorpus der Berliner Akademie).

ILS = Inscriptiones latinae selectae ed. H. Dessau.

PIR = Prosopographia imperii Romani.

PW == Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Be- arbeitung, begonnen von G. Wissowa, fortgesetzt von W. Kroll und K. Witte,

SIG = Sylloge inscriptionum Graecarum a Gullelmo Dittenberger condita et aucta. 3. Aufl. von Hiller von Gärtringen.

Bruns' = Fontes iuris Romani antiqui ed. C. G. Bruns. 7. Aufl. von 0. Gbadenwitz.

I. Einleitung in die römische Geschichte.

1. Geschichtliches.^) Allgemeine Hilfsmittel. Nach der Wieder- geburt (5er Wissenschaften in den Tagen des Humanismus tragen die ersten der römischen Geschichte gewidmeten Studien antiquarischen Charakter: in verdienstlichen Sammelwerken wird die Masse der Überlieferung mit ge- lehrtem Fleiß, doch ohne kritische Durchdringung registriert, so z. B. von Carolus Sigonius aus Modena (1523 84) in den Fastl consulares ac trinni- phaJes ac triumphi adi a Ronudo rege iisque ad Ti.Caesareni, Basel 1559, einer mit Benutzung der fastl CapitoUni aufgestellten Liste der Konsuln mit histori- schem Kommentar und annalistischen Notizen. Ausführlicher ist Stephanus Yinandus Pighius aus Kempen (1520 1604) in seinen Ännales magi- stratuum et provincianim S. F. Q. IL, Antwerpen 1599, Bd. 2 u. 3 unter dem Titel Annales Bomanornm hrsg. von A, Schott, ebenda 1615. Eine zu- sammenhängende Darstellung der römischen Geschichte bis auf Augustus erzielte Joh. Freinsheim (1608 60) mit seinen 1649 begonnenen Supple- menta Liviana (abgedruckt z. B. in Drakenborchs Liviusausgabe), indem er €infacl> die verlorenen Teile des Livius auf Grund einer unkritischen Samm- lung der sonstigen Zeugnisse möglichst in livianischem Stil zu ersetzen suchte. Auf geographischem Gebiet gebührt Philipp Clüver^) aus Danzig der Ruhm, mit seiner Italla antiqua (Leiden 1624) die historische Landes- kunde begründet zu haben. Das treffliche Werk ist erst durch H. Nissen (Italische Landeskunde, Berlin, I 1883, II 1902) überholt worden.

In der Histoire des empereurs von Lenain de Tillemont^) erfuhr zum erstenmal ein bedeutender Teil der römischen Geschichte, die Kaiser- zeit bis zum Tod des Anastasios (518 n. Chr.), eine eingehende wissen- schaftliche Behandlung (Originalausgabe in 6 Quartbänden, Paris 1690 1738). Ein kritischer Historiker großen Stils war der theologisch gebundene Verfasser freilich so wenig wie ein künstlerischer Gestalter; aber als zu- verlässige Stoffsammlung ist das Ergebnis seines Bienenfleißes noch heute von Nutzen. Im Gegensatz zu dem französischen Asketen, jedoch mit dessen Material schrieb der aufgeklärte Weltmann Edward Gibbon, der 'kon- tinentale Engländer', seine Histori/ of tlie decline and fall of the Roman emplre bis hinab zum Fall Konstantinopels (1453 n. Chr.). Nach Form und Inhalt gleich bedeutend, erweist Gibbons 1776 88 erschienenes Meisterwerk immer aufs neue seine unverwüstliche Lebenskraft.^) 'Gibbon, Lessing und

M Vgl. A.ScHWEGLERjEöm.Gesch. 11.30 ff.; Kaisergesch. bildet mit seinen kirchen-

€. Wachsmuth. Einleitung in. d. Studium gesch.iiiud.{Memoirespour se7-vir ärhistoire

d. alt. Gesch., Leipzig 1895, 1 ff.; K.J. Neu- i ecclesiastique r/es si.r premiers sied es) ein

MANN, Entwicklung u. Aufgaben d. alt. größeres Ganzes.

Gesch.. Straßburg 1910: E. Fueter, Gesch. ••) Neu hrsg. und mit Zusätzen versehen

d. neueren Historiographie, München 1911. von J. B. Büry, 7 Bde., London 1896—1900.

'-) J. Partsch, Ph. Clüver in Pencks Geo- Gibbon ist 1737 in Putney geboren, 1794

graph. Abhandlungen V, 2, Wien 1891. \ in London gestorben. Er "lebte lange Zeit

^) Tillemont (1637— 98) gehörte zur Jan- , in Lausanne. Vgl. J. Bernays, Ges. Abh,

senistischen Genossenschaft von Port- II, 1885, 206 ff. Nedmann a. a. O. 90 ff.

Eoyal. Vgl. Neumann a. a. 0. 86 ff. Die i

Handbucli der kla^s. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 1

2 Römisclie Geschichte.

Kant sind die drei Männer des 18. Jahrhunderts, welche unvergänglich sein werden.'^)

Hinter solchen Taten auf dem Feld der Kaiserzeit blieb die Geschichte der römischen Kepublik weit zurück. Nur äußerlich ergänzte Charles Rollin mit seiner einst so beliebten JJistoire romairie depuis la fondation de Home jusqu'ä la bataille d'Actium (16 Bde., Paris 1748) den Tillemont nach oben. Ohne wissenschaftliches Verdienst verdankt er den Erfolg nur seiner Er- zählergabe. Die Zeit stand noch ganz im Bann des Livius, der kanonische Geltung genoß. Doch gelegentlich erwachte die Kritik: so verwarf der protestantische Geistliche Samuel Bochart aus Rouen (1599 1667) die Einwanderung des Aneas in Italien-) als ungeschichtlich, wie übrigens vor ihm der mutige Clüver. Einen kraftvollen Anlauf zu destruktiver histori- scher Kritik nahm der Holländer Jacob Perizonius (1651 1715) mit seinen Animadversiones Jnstoricae (1685), in denen er Widersprüche und Irrtümer antiker Historiker aufdeckte. Aber erst im 18. Jahrhundert, im saeculum rationalisticum, rückte man der fable convenue der römischen Geschichte energisch zu Leib, so nach dem Vorgang von dePouilly^) der Hugenotte Louis de Beaufort (*}* 1795) in der aufsehenerregenden Dis- sertation sur l'incerfitude des cinq premiers siecles de l'histoire romaine (Utrecht 1738, neu hrsg. von Blot, Paris 1866). Als rein negativer Kritiker er- Aveist Beaufort die Mängel der Tradition über Roms ei'ste Jahrhunderte, i) Doch versuchte er sich später auch an politisch-antiquarischer Konstruktion : La repiibliqiie romairie ou plan general de l'ancien gouvernement de Boiiie^ 2 Bde., im Haag 1766. Tiefe und geistvolle Aper9us über römische Ge- schichte streute der geniale, aber unmethodische Neapolitaner Giambattista Vico (1670 17-i4) in seine Principi di scienza nuova d'intorno alla coinune natura delle nazione, 1725, ein.^) So erklärte er z. B. die alte römische Geschichte für eine den griechischen Sagen nachgedichtete historische Mytho- logie und erblickte in den Heroen und Königen Roms 'poetische Charak- tere', Einsichten, die ihn als Vorboten von Niebuhr und A.W. v. Schlegel, erscheinen lassen.

Ersterer, Barthold Georg Niebuhr,^) hat dem Studium der römi- schen Geschichte die wissenschaftliche Vollweihe erteilt, ja überhaupt die neuere Geschichtsforschung begründet: auf den jungen Ranke hat Nie- buhrs Römische Geschichte bestimmend gewirkt.') Niebuhr beruhigte sich nicht bei dem zersetzenden Skeptizismus der Perizonius, de Pouilly,

M So Bernäys a. a. O. 254. seit 1806 im preußischen Staatsdienst,^

2)VgLScHWEGLERa.a.O.280A.8. Bochart 1816—23 Gesandter in Rom, starb 1831

argumentierte damit, daß das Latein mit in Bonn. Siehe Lebensnachrichten über

den von ihm gesammelten Resten des B. G. Niebuhr, 3 Bde.. Hamburg 1838 SU,

Phrygischen keine ÄhnHchkeit aufweise. H. Nissen, . Allg. deutsche Biographie,

') Vgl. Wachsmdth a.a. 0. 14 f., Schweglek 23. Bd. 1886, 646 ff. Vgl. Neumanx a. a. 0.

a. a. O. I 138, R. v. Scala, Hist. Zeitschr. 8 f., 40 ff.. G. P. Gooch, Historv and histo-

108, 3. F. 12, 1912, 3. rians in the 19'' Century, London 1913^

■*) Vgl. H. Taine, Essai sur Tite-Live, M. Ritter, DieEntwickkuig der Geschichts-

Kap. 3 § 1. Wissenschaft, München und Berlin 1919,

'") Deutsch von W. E. Weber, Giamb. 314 ff. Vico, Grundzüge einer neuen Wissen- "•) K. J. Neumann, Deutsche Literatur- schaft, Leipzig 1822. zeitung 1917 Nr, 1.

^) Niebuhr, geb. 1776 in Kopenhagen, |

1. Einleitung in die römische Geschichte, («j 1.) B

Beaufort. Ihm war die Kritik nicht Selbstzweck; nicht bloß einreißen wollte er, sondern auch aufbauen. Denn 'der Historiker bedarf Positives'. Zu der kritischen Interpretation der Quellen trat das durch trefPende Analogie- beispiele geförderte Streben nach Anschaulichkeit, nach Vergegenwärtigung der geschichtlichen Vorgänge, wie der Zustände in Staat und Wirtschaft. Mit scharfem Blick und reichstem Wissen verband dieser 'Diplomat unter den Gelehrten', dieser 'Gelehrte unter den Diplomaten' nüchternen Tat- sachensinn und politisch-praktische Erfahrung. Die römische Geschichte wurde ihm zum aktuellen Erlebnis, zur realen Wirklichkeit. In der Lebens- wahrheit, die er ihr zurückgab, liegt das Neue und Dauernde der Leistung Niebuhrs. VeröflPentlicht ist der erste Band 1811, der zweite 1812, in um- gearbeiteter Auflage 1827 bezw. 1830 (Bd. I in 3. Aufl. 1828). Ein dritter Band, 1832 aus dem Nachlaß herausgegeben von J. Classen, geht bis zum Ende des ersten punischen Kriegs. Der einst geplante Anschluß an Gibbon ist also bei weitem nicht erreicht. Von den hinreißenden Vorträgen, die Niebuhr an der Universität Bonn hielt, sind diejenigen über römische Geschichte in drei Bänden von M. Isler herausgegeben (Berlin 1846 48). Sie schließen mit dem Untergang Westroms. Der Kaiserzeit wurde Niebuhr freilich nicht gerecht; schon einen Caesar verzeichnete er seltsam. Seine eigentliche Lebensarbeit galt eben dem älteren Rom, das er wie keiner ver- stand, weil er es wie keiner liebte.

In Niebuhrs Geist, jedoch mit voller Selbständigkeit schrieb der Tübinger Professor Albert Schwegler (1819 57) seine lichtvolle römische Ge- schichte bis zu den licinischen Gesetzen (366 v. Chr.) (Bd. I Tübingen 1853, Bd. II 1856, Bd. III 1858). Die Fortsetzung bis zum Beginn des Samniterkrieges (327 v. Chr.) von Octavius Clason (2 Bde., Berlin 1873, Halle 1876) steht nicht auf derselben Höhe. Aber auch Widerspruch gegen Niebuhr blieb nicht aus: berühmt ist die Rezension von A. W. v. Schlegel (1816, s. Sämtliche Werke XII, Leipzig 1847, 444 ff.), in der Niebuhrs Hypothese von altrömischen Heldenliedern als der Quelle der römischen Geschichtslegende abgelehnt und dafür auf den Einfluß der griechischen Historiographie hingewiesen wird. Abweichend von Niebuhr wollte Joseph Rubino (1799 1864) in seinen Untersuchungen über römische Ver- fassung und Geschichte (l.Bd., Cassel 1839) prinzipiell geschieden wüssen zwischen der außen- und der innerpolitischen Überlieferung; während er die Verfälschung der ersteren zugab, wähnte er für die Verfassungsgeschichte auf festerem Boden zu stehen.^)

Unter den Bearbeitungen einzelner Perioden der römischen Geschichte ragt die Geschichte Roms in seinem Übergänge von der republi- kanischen zur monarchischen Verfassung von Wilhelm Drumann^) hervor (6 Bde., Königsberg 1834 44); behandelt ist die Zeit des Pom- peius. Caesar und Cicero und zwar in alphabetisch nach Geschlechtern ge- ordneten Biographien der zahlreichen Akteure und Statisten dieser drama-

') K. J. Neümann in Geecke-Nordens Ein^ leitung in die Altertumswissenschaft, Bd III. 1912S 420.

-) Druniaun, geb. 1786, war von 1817 Berlin 1918, VI f., 321.

1

bis 1861 Professor der Geschichte in Königsberg. Vgl. über sein Werk Ed. Meyer, Caesars Monarchie, Stuttgart und

4 Römische Geschichte.

tiscli bewegton Ej)oclie. Die Nachteile der bizarren Auflösung der Ge- schichte in Biographien, wie die Schwächen des subjektiven Urteils werden aufgewogen durch die 'eherne Gelehrsamkoit', die diesen 'historischen Kom- mentar zu den ciceronischen Schriften' (nach der Definition von Ed. Schwartz) zu einer wahren Fundgrube macht. Eine zweite Auflage, bearbeitet von P. Groebe, ist seit 1899 im Erscheinen.

Kurz nacli Schwegler erzielte Theodor Mommsen') mit seiner Rö- mischen Geschichte, deren drei Bände bis zur Schlacht bei Thapsus {46 v.Chr.) führen (1. Aufl. 1854—56; 2. umgearbeitete Aufl. 1856 f.: dann nicht mehr beträchtlich verändert; 12. Aufl.: Bd. I u. III 1920, Bd. II 1919), einen durchschlagenden Erfolg weit hinaus über den Kreis der Fach- gelehrten. Ein vierter Band ist nie gefolgt, weil Mommsen später 'nicht mehr die Leidenschaft hatte, Caesars Tod zu schildern.'-) Dafür schenkte er der Wissenschaft im Jahr 1885 einen fünften Band mit der Geschichte der Provinzen von Caesar bis Diokletian (8. Aufl. 1919). Mommsens Werk bedeutet wissenschaftlich und künstlerisch eine Leistung großen Stils von individuellem Gepräge und zeugt bei allem Subjektivismus des politisch erregten Achtundvierzigers von sicherer Herrschaft über den Stoff. Neben den einprägsamen, freilich nicht immer treffsicheren Porträts der handelnden Personen sind die kultur- und literarhistorischen Abschnitte von besonderem Keiz. Der lebendige, für seine Zeit unerhört moderne Stil sichert dem Autor einen Platz unter den Klassikern deutscher Prosa. Der fünfte Band konnte nicht so in die Breite wirken wie der kühne Jugendwurf, obwohl oder vielmehr weil das wissenschaftliche Verdienst noch stärker ist. Hat doch hier der fast Siebzigjährige gezeigt, wie man die Steine zum Reden bringt, wo die literarischen Texte schweigen: ohne die Inschriften wäre das satte Bild der Provinzen unter der Kaiserherrschaft unmöglich gewesen. In den Römischen Forschungen (2 Bde., Berlin 1864. 1879) hat Mommsen eine Reihe von Aufsätzen vereinigt, die mustergültig sind durch scharfe Quellen- kritik und exakte Formulierung staatsrechtlicher Begriffe. Jurist, Philolog und Historiker in einer Person, gebot Mommsen wie ein Herrscher über alle Provinzen der römischen Altertumswissenschaft. Ihm flössen alle Quellen der Überlieferung, die literarischen wie die monumentalen. Bis an sein Ende unermüdlich, hat er überall, wo es Not tat, selbst Hand angelegt. Außer der römischen Geschichte hat er das Recht, das Münzwesen, die Chronologie Roms in bahnbrechenden Werken systematisch behandelt, hat einzelne Autoren wie den Solinus, die Chroniken des ausgehenden Alter- tums und die Rechtsquellen ediert und insbesondere die Sammlung der

') Geb. am 30. November 1817 zu Gar- ' ganzen Kulturwelt. Vgl. L. M. Hartmann,

ding in Schleswig. Die Lehr- und Wander- ' Th. Mommsen. Gotha 1908. Neumann a. a. 0.

jähre 1844 1847 führten ihn nach Italien , 63 ff. Eine chronologische Bibliographie

und Frankreich. 1848 wurde er Professor j der Schriften geben Zangemeister-Jacobs,

in Leipzig. Wegen politischer Betätigung j Th. M. als Schriftsteller, Berlin l'.tOö.

abgesetzt, wandte er sich nach der Schweiz [ ^) Nach seinem Geständnis an 0. Hirsch-

und erhielt 1852 eine Professur in Zürich, j feld, s. dessen Kleine Schrilten, Bei'lin

von wo er 1854 nach Breslau und von i 1913, 947. Vgl. U. v. Wilamowitz, Th. M.,

da vier Jahre später an die Universität ! Warum hat er den 4. Band der Eöm.

Berlin übersiedelte. Sein Tod am 1. No- Gesch. nicht geschrieben? Internationale

vember 1903 erregte die Teilnahme der j Monatsschrift, 12, 1918, 205 ff.

1. Einleitung in die römische Geschichte. (§1.) 5

lateinischen Inschriften durchgesetzt, ein Riesenwerk, dessen Hauptlast er auf die eigenen Schultern nahm. Die über 1000 Abhandlungen, die er juristischen, historischen, philologischen und epigraphisch -numismatischen Themen widmete, werden seit 1905 in den Gesammelten Schriften (bis jetzt acht Bände) neu herausgegeben.')

Kein Wunder, daß die Folgezeit nichts der römischen Geschichte Momm- sens Ebenbürtiges hervorbrachte, wenngleich der Widerspruch nicht aus- blieb. So stehen im Gegensatz zu Mommsen Carl Peter und Wilhelm Ihne, die sich ihrerseits an Niebuhr und Schwegler anlehnen. Peters Geschichte Roms erstreckt sich in drei Bänden (3. Aufl., Halle 1870 f.) bis zum Ende Mark Aureis, während Ihne seine Römische Geschichte (8 Bde., 1868—90: Bd. I und II in 2. Aufl. 1893. 1896) mit Kleopatras Tod und Oktavians Rückkehr aus Ägypten nach Rom schließt. 2) Gegen Mommsen kehrte sich auch K, W. Nitzsch, einst der kundigste Rezensent von Mommsens römischer Geschichte;^) in seiner Römischen Annalist ik (Berlin 1873) legte Nitzsch seine abweichenden Ansichten nieder. Nitzsch ist erklärter Niebuhrianer, zugleich Schüler Rankes. Vom Mittelalter her übertrug er in verkehrter Analogie das sog. Einc[uellenprinzip auf die anders gearteten Verhältnisse der antiken Geschichtschreibung. Als Geschichte der römischen Republik (2 Bde., Leipzig 1884 f.) gab Georg Thouret Vorlesungen von Nitzsch nach dessen Tod heraus. Naturgemäß wurde die ältere Zeit Roms mit ihrer problematischen Übei'lieferung besonders umstritten. So hat Sir G. C. Lewis in seinen Untersuchungen über die Glaubwürdigkeit der altrömischen Geschichte, deutsch von F. Lieb recht, 2 Bde., Hannover 1858, die Tradition ähnlich wie Beaufort mit berechtigter Skepsis behandelt, während Victor Duruy in seiner Histoire des Bomams (bis zum Tod Theodosius' des Großen 395 n. Chr., 7 Bde., Paris 1879 85) einen viel konservativeren Standpunkt einnahm.*) In seiner universalen Geschichte des Altertums hat Eduard Meyer die Geschichte Roms bislang erst bis zum Kelteneinfall im 4. Jahrhundert V. Chr. geführt (Bd. 2 bis 5, Stuttgart und Berlin 1893— 1902).^) Auf die Spitze getrieben wird das Mißtrauen gegen die Überlieferung von Ettore Pais in seiner Storia critica di Roma durante i prbni cmqne secoli,^) die kürzlich zum Abschluß gelangt ist. Wie schon Schwegler, kritisiert auch Pais die Quellenberichte eingehend. Von der Tradition über die ältere Zeit läßt er nicht viel bestehen ; dafür gewährt er den eigenen Hypothesen freies Spiel. Aber auch wer den hyperkritischen Radikalismus ablehnt, kann doch

^ In den populär gehaltenen Reden ' ^) Den letzten Teil (die Kaiserzeit) hat

und Aufsätzen (Berlin 1905) finden sich G. F. Hertzberg ins Deutsche übertragen,

wahre Kabinettstücke der historischen '•') Die innere Geschichte Roms von 66

Kunst Mommsens. Über Mommsen und bis 44 v. Chr. hat Ed. Meyer kürzlich in

die Forschung seit M. vgl. A. Rosenberg, einem besonderen Werk dargestellt (Cae-

Einleitung und Quellenkunde zur röm. sars Monarchie und das Principat

Gesch., Berlin 1921. 292 flf. des Pompejus, Stuttgart und Berlin

■') Einen Teil des 7. und den 8. Band 1918, 2. Aufl. 1919).

hat Ihne nach einem von A. W. Zümpt 1 ^) Zuerst erschienen als zweiter Teil

hinterlassenen Manuskript gearbeitet. : seiner Storia d'Italia unter dem Titel Storia

^) Siehe Fleckeisens Neue Jahrbücher i di Roma. Bd. I. 1 und 2, Turin 1898 f., in

für class. Piniol. 73 (1856) 716 ff. und 77 neuer Bearbeitung als Storia critica di

(1858) 409 flf., 593 ff. ^ Roma, 4 Bde., Rom 1913—20.

Q Römische Geschichte.

viel von Pais lernen. i) Weit gemäßigter verfährt Gaetano de Sancti.s in seiner Storia dei Romani.^) Hier wird im Gegensatz zu Pais der jüngeren Tradition, besonders der livianischen, mehr Resjoekt gezollt. Die Ergeb- nisse der Ausgrabungen ihrer Landsleute für die Prähistorie Italiens haben beide Forscher, Pais und de Sanctis, berücksichtigt. Von deutscher Seite hat sich K, J. Neumann am Aufbau der altrömischen Geschichte versucht. 3) Originell und anregend wirkte seine Ansicht über den Zusammenhang der inneren Politik Roms in der Frühzeit mit der wirtschaftlichen Entwicklung, wie er sie hypothetisch erschließt. Für die späteren Perioden hat Neumann die römische mit der hellenistischen Geschichte zu verflechten gewußt und so den einseitig „romazentrischen" Standpunkt Mommsens überwunden.'*) In den Rahmen seiner Weltgeschichte hat der greise Leopold v. Ranke auch die römische Entwicklung eingefügt. Kann auch der geniale Historiker auf diesem Gebiet die Kompetenz des Spezialisten nicht beanspruchen, so bleibt es „auf jeden Fall vom höchsten Interesse, wie in Rankes reichem Geiste sich das Altertum gespiegelt hat".^) Besonderen Hinweis verdienen die seiner Weltgeschichte beigefügten Kritischen Analekten.

Wenn die ältere römische Geschichte zurzeit durchaus der scharfen Um- risse entbehrt und an verschieden beurteilten Problemen und ungelösten Rätseln reicher ist als an gesicherten Tatsachen, so ist um so erfreulicher die Vermehrung und Vertiefung positiver Kenntnisse durch das Studium der auf die Nachwelt gelangten Originaldokumente antiken Lebens, der Inschriften und Münzen. Die betreffenden Hilfsdisziplinen der Geschichte. Epigraphik und Numismatik, erhielten kräftige Impulse durch den Grafen Bartolomeo Borghesi (1781 1860), dessen verstreute Schriften auf Ver- anlassung Napoleons III. gesammelt wurden. '') Borghesi galt in epigraphi- schen Dingen als die Autorität; von dem „Alten vom Berge", der seit 1821 in dem Felsennest San Marino hauste, erbat sich 18-15 auch der junge Mommsen für die ihm vorschwebende Sammlung der lateinischen Inschriften Rat und Hilfe. Seine 1852 erschienenen Inscriptiones Regni Neapolitani Lat'mae hat Mommsen Borghesi 'magistro, patrono, amico' gewidmet. Mit dieser Arbeit bot Mommsen ein Musterbeispiel, unter dessen Eindruck sich die Berliner Akademie entschloß, das von ihr geplante Corpus inscriptionum Latinaruni seiner Leitung zu unterstellen. Lateinische Inschriften aus re- publikanischer Zeit gibt es leider nicht viele; doch gewähren griechisch ab-

') Zur Ergänzung, als voluml di com- plemento, veröffeutlicht Pais daneben Ri- cerche sulla storia e sul diritto puhhlico di Roma, Bd. I Rom 1915, Bd. II 1916, Bd. III 1918.

2) Bd. I und II Turin 1907, Bd. III, 1

Fachmann allerhand zu bieten (Neumann nahe steht L.M. Hartmann in seiner popu- lären Weltgeschichte, Bd. III, Gotha 1919).

*) Dasselbe Ziel steckt sich E. Cavaignac in seiner ungefügen Histoii-e de l'antiquite

1916, III, 2 1917 (bis zum Ende des 2. puni- Bd. III La Macedoine, Carthaqe et Rome

sehen Kriegs). (330—107), Paris 1914.

^) Die hellenistischen Staaten '") K. J. Neumann a.a.O. 58 f.

und die römische Republik in Bd. I 1 «) Oeuvres complHes, 10 Bde., Paris 1862

der Weltgeschichte desUllsteinschßnVer- | 97 (Bd. 1 und 2 numismatische, Bd. 3— 5

lags, hrsg. von J. v. Pflugk - Harttung, epigraphische Schi'iften, Bd. 6 8 Briefe,

Berlin o.J. (1909). Für ein größeres Publi- Bd. 9 und 10 Fasten- und Präfekten-

kum bestimmt und deshalb ohne gelehr- listen), ten Apparat, hat dies Werk gerade dem

1. Einleitung in die römische Geschichte. (§1.) 7

gefaßte epigraphische Texte einen Ersatz. Dagegen für die Kaiserzeit sind die lateinischen Inschriften qualitativ wie quantitativ von Bedeutung. Über vieles, was die Schriftsteller kaum oder gar nicht berühren, geben die In- schriften als unmittelbare, vielfach auch offizielle Zeugen Aufschluß, so über die Organisation von Verwaltung und HeerAvesen, die Gliederung der Be- amtenschaft, die Keligionen und den Kultus. Auch auf die sozialen Zu- stände, wie überhaupt auf die Kultur der Antike fällt manches Streiflicht.') Das gewaltige Sammelbecken der lateinischen Inschriften ist das seinem Abschlufa nahe Corpus iuscriptionum Latinarum der Berliner Akademie in 15 Bänden. 2) Von diesen enthält der erste, zum Teil in 2. Auflage (I, 1^ 1893, I, 2, 12 1918) erschienen, sämtliche Inscriptiones antiquissimae bis zum Tod Caesars, sowie die Kaiendarien, die fasti consulares und die acta triumphorum. Auf die übrigen Bände sind die Inschriften nach geographi- schem Prinzip verteilt entsprechend den einzelnen Provinzen, denen sie entstammen. Der 6. Band gilt den zahlreichen Inschriften der Stadt Rom. Neu hinzutretendes Material wird vor der Aufnahme in die Supplementa der Corpusbände zunächst in der Epliemeris epiyraphica (seit 1872) publi- ziert; dort finden sich auch selbständige Aufsätze über einsclilägige Themen. Die neuen, auf das römische Altertum bezüglichen Inschriftentexte registriert alljährlich die von R. Cagnat und M. Besnier herausgegebene Annee epi- f/rapJnque (beigegeben der Revue archeologique).^) Von Zeitschriften, die Neufunde veröflPentlichen oder behandeln, seien genannt das Jahrbuch des deutschen archäologischen Instituts samt den Mitteilungen der römischen und athenischen Abteilung, die Westdeutsche Zeit- schrift für Geschichte und Kunst, die Bonner Jahrbücher, die Archäologisch-epigraphischen Mitteilungen aus Osterreich, das BuUett'mo della commissione archeologica comunale di Roma, das JjuUetm de correspo7ulance hellenique, das Journal of hellenic studies und das Journal of roman studies. Eine sachkundige Auswahl der wichtigsten Inschriften hat H. Dessau {Inscriptiones latinae selectae, 3 Bde., Berlin 1892 1916) getroffen. Dadurch sind die älteren Hilfsmittel dieser Art von Orelli- Henzen und Wilmanns überholt. In der Osthälfte des Imperiums über- wiegen bei weitem die Inschriften in griechischer Sprache.^) Sie sind im Auftrag der Berliner Akademie gesammelt von A. Böckh, J. Franz, E. Curtius und A. Kirchhoff in den vier Bänden des Corpus inscrip- tionum Graecarum (Berlin 1828 77). Dazu kam als Ergänzung das leider unvollendete V7erk von Ph. Le Bas und W. H. V^-^addington, Voijage archeologique en Grece et en Äsie mineure, Bd. II und III, Paris 1817 flp. Das Böckhsche Corpus veraltete rasch, die Textgestaltung man hatte auf Autopsie verzichtet genügte nicht, die Zahl der Inschriften war um ein Vielfaches gestiegen, und so nahm denn die Berliner Akademie als neues Unternehmen das Riesenwerk der Inscriptiones Graecae in Angriff.

*) Vgl. über die lateinische Epigraphik für die gesamte griechische und latei-

das vortreffliche Handbuch von R. Cagnat, nische Epigraphik des Altertums die Bevue

Cours d'epig)-aphie latine, Paris 1914*. epigraphique.

2) Siehe 0. Hirschfeld, Sitzungs- j ■*) Vgl. W. Larfeld. Griechische Epi-

berichte der Berl. Akad. 1917, 45 ff. ' graphik 1,5 dieses Handbuches, 1914^

^) Seit 1913 erscheint in Paris als Organ |

g Römische Geschichte.

Der 14., von G. Kaibol 1890 vollendete Band bringt die griechischen In- schriften aus Sizilien und Italien und dem übrigen Westen. Weiter sind zu erwähnen die Inscriptiones antiquae ante septentrionalis Ponti Euxini rjraecae et latinae von B. Latyschev (Bd. 1, 2 und 4, Petersburg 1885 1901) und The collection of ancient Greek inscriptions in the British Museum von C. T. Newton u. a., 4 Bde., Oxford 1874 93. Eine Auswahl wertvoller grie- chischer Inschriften, die teilweise auch für die römische Geschichte in Be- tracht kommen, bieten E. L. Hicks und G. F. Hill, Ä manual of Greek historical inscriptions, Oxford 1901 2, und insbesondere W. Dittenberger, Sylloge inscriptionum graecarum (3. Aufl. besorgt von Hiller v. Gaert ringen, Leipzig 1915 ff.), und Orientis graeci inscriptiones selectae, 2 Bde., Leipzig 1903. 1905, sowie Ch. Michel, Eecueil d'lnscriptions grecques, Brüssel 1900, Suppl. fasc. 1 1912. Von den nützlichen Inscriptiones Graecae ad res lio- manas pertinentes, die R. Cagnat mit andern herausgibt, ist Bd. I (Paris 1911) und Bd. III (1906) fertig.

Eine ganz neue Welt erschlossen der Altertumswissenschaft die massen- haft in Ägypten gefundenen Papyri und Ostraka, zumeist in griechischer, selten in lateinischer 1) Schrift und Sprache. Wenn es auch nicht ganz an lateinischen literarischen Texten auf Papyrus 2) gebricht, so handelt es sich doch in der Hauptsache um griechische Urkunden und Dokumente des öffentlichen und privaten Lebens. Besonders befruchtet wurde durch die Funde die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, 3) wobei man sich allerdings vor Verallgemeinerungen hüten muß: denn das für Ägypten gewonnene Bild darf nicht als Schablone auf die übrigen Provinzen des Römerreichs übertragen werden. Für die junge, aber kraftvoll sich entwickelnde Diszi- plin hat U. Wilcken ein Zentralorgan geschaffen in dem Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete. Im Verein mit dem Juristen L. Mitteis gewährt derselbe Gelehrte eine unübertreffliche Ein- führung in das Studium der Papyrologie (mit ausgewählten Texten).^)

Zu Epigraphik und Papyrologie gesellt sich als weitere historische Hilfs- disziplin die Münzkunde, die Numismatik. Besonders für die Kaiserzeit sind die Münzen unschätzbare authentische Quellen.^) Die wissenschaftliche Behandlung und Verwertung des numismatischen Bestandes hat der Jesuiten- pater Joseph Eckhel in seiner vorbildlichen JJoctrina nuniorum veterum, 8 Bde., Wien 1792 ff\ angebahnt. Den römischen Münzen gelten die Bände 5 8. Neue Wege hat auch auf diesem Gebiet Th. Mommsen gewiesen

^) Lateinisch geschriebene Papyri zählt auf A. Stein, Untersuchungen zur Geschichte und Verwaltung Ägyp- tens unter römischer Herrschaft, Stuttgart 1915, 207 ff.

2) Vgl. W. ScHUBÄRT, Einführung in die Papyrus künde, Berlin 1918, 481.

Nubien, 2 Bde., Leipzig 1899.

'') L. Mitteis und U. Wilcken, Grund- züge und Chrestomathie der Pa- pyrus k u n d e , 2 Bde., Leipzig-Berlin 1912. Bd. I, 1 p. XXV flf. verzeichnet die zahl- reichen Papyruseditionen; über Neu- erscheinungen unterriclitet das Archiv.

Besonders hervorzuheben ist die Livius- j Vgl. auch das A. 2 genannte Buch von epitome von Oxyrhynchos, hrsg. von j Sohubakt, sowie P. JVI. Meyer, Juri-

E. KoRNEMANN, IvHo, 2. Beiheft 1904, der Text auch in 7. Lhi Periorhae, ed. 0. Ross- BACH, Leipzig 1910.

^) Grundlegend U. Wilcken, Grie- chische Ostraka aus Ägypten und

stische Papyri, Berlin 1920.

^) Vgl. E. A. Stückelberg, Die römi- schen K a i s e r m ü n z e n als Ge- schichtsquellen, 2. Aufl., Basel 1915.

1. Einleitung in die römische Geschichte. 1.) 9

mit seiner Geschichte des römischen Münzwesens, BerHn 1860, deren französische Übersetzung durch den duc de Blacas (4 Bde., Paris 1865 bis 1875) Verbesserungen und Zusätze des Verfassers brachte. Außerdem sind zu nennen E. Babelon, Description historique et chronologique des mon- naies de la repuhlique romaine, 2 Bde., Paris 1885 f., G. F. Hill, Historical roman coins froin the earliesf fiines to the reign of Augiistus, London 1909 und H. Cohen, Description historique des monnaies frappees sotis l'empire romain, 8 Bde., 2. Aufl., Paris 1880 92, i) dazu die Münzkataloge des Bri- tischen Museums {British Museum Catalogue of roman coins. Coins of the roman republic, 3 Bde. von H.A. Grueber; Catalogue of Greek coins, 27 Bde.). Über die griechischen Prägungen orientiert Barclay V. Head, Historia nnmorum, a manual of Greck numismatics, 2. Aufl., Oxford 1911. Mit einer umfassenden Registrierung des antiken Münzbestandes hat die Berliner Aka- demie den Anfang gemacht: Die antiken Münzen Nordgriechenlands, Bd. I Dacien und Moesien von B. Pick und K. Regling, 1. Halbbd., Berlin 1898, 2. Halbbd., 1. Abth., 1910; Bd. II Thrakien von F. Münzer und M. L. Strack (im Erscheinen), Bd. III, 1. Abt. Makeclonia und Paionia von H. Gaebler, 1906.

Hinsichtlich der Zeitrechnung ist namentlich für die älteren Epochen Roms sowohl der chronologische Ansatz der Ereignisse als auch der Gang des römischen Kalenders Gegenstand vieler Untersuchungen geworden, die meist sehr subjektiv ausfielen. Ludwig Idelers Handbuch der mathe- matischen und technischen Chronologie ist jetzt ersetzt durch das gleichnamige Werk von F. K. Ginzel, dessen zweiter Band (Leipzig 1911) unter anderem der Zeitrechnung der Römer gewidmet ist. 1858 veröftentlichte Th. Mommsen seine Römische Chronologie bis auf Caesar (2. Aufl., Berlin 1859); Mommsens Ansichten blieben unbestritten, bis G. F. Unger 1879 Widerspruch erhob; es folgten die sämtlich Römische Chrono- logie betitelten Bücher von H. Matzat, 2 Bde., Berlin 1883 f., L. Holz- apfel, Leipzig 1885, W. Soltau, Freiburg i. B. 1889, sowie der Beitrag Ungers zu diesem Handbuch Bd. I, 2. Aufl. 1892, S. 779 ff. 2) Die Er- gebnisse dieser Arbeiten gingen weit auseinander und führten dadurch zu einer Stagnation der Forschung, die erst neuerdings überwunden wird. So machte O. Leuze in seiner Römischen Jahrzählung, Tübingen 1909, einen mutigen „Versuch, deren geschichtliche Entwicklung zu ermitteln", ohne dieses Problem mit den Hypothesen über den altrömischen Kalender zu verquicken. 3) Auch in Italien ist die chronologische Forschung neuer- dings in Fluß gekommen. Tabellen für die antike Chronologie stellte auf H. F. Clinton, Fasti HeUenici^ tJie civil and Uterary chronology from the earliest times to the death of Augustus, 3 Bde., Oxford 1834 51. Jeder

') Von Spezialarbeiten sind anzuführen E. J. Häberlin, Aes grace. Das Schwer- geld Roms und Mittelitaliens, Bd.I, Frankfurt a. M. 1910 und H. Willees, Ge- schichte der römischen Kupfer- prägung vom Bunde sgenossen- krieg bis auf Kaiser Claudius, Leipzig und Berlin 1909. Hingewiesen

sei auf die Zeitschrift für Numis- matik (Berlin) und auf die Numisma- tische Zeitschrift (Wien).

-) lieber die historisch wichtigsten Fra- gen vgl. den „chronologischen Anhang" unten S. 90 flf.

') Vgl. L. Holzapfel, Zur römischen Chronologie, Klio XII (1912) 83 ff.

2Q Römische Geschichte.

Band gibt clironologische Tafeln, denen mehr oder minder ausführliche chronologische Abhandlungen folgen. Für die römische Geschichte kommt besonders der dritte Band in Betracht. Ergänzt werden die Fasti Hellenici durch die Fasti liomani desselben Verfassers, 2 Bde., Oxford 1845 und 1850; der erste Band bringt Tabellen vom Jahr 15 578 n. Chr., der zweite chronologische und historische Untersuchungen. Für die Zeit der Republik sind veraltet, doch noch nicht ersetzt die Römischen Zeittafeln von Roms Gründung bis auf Augustus' Tod von E. W. Fischer, Altona 1846. Für die Kaiserzeit leistet G. Goyau, Chronologie de l'empire roniain, Paris 1891, wenigstens vorläufige Dienste.

Das Bestreben der modernen Altertumswissenschaft, das antike Leben in allen seinen Äußerungen zu erfassen, ist auch den sog. Antiquitäten zugute gekommen, diesem Nachbargebiet der eigentlichen Geschichte; voran- steht — in Erneuerung des großen Becker-Marquardtschen Werkes das Handbuch der römischen Alterthümer von J. Marquardt und Th. Mommsen (Bd. I III, Mommsen, Römisches Staatsrecht, Bd. I imd II, 3. Aufl., Leipzig 1887; Bd. III 1887 '88;i) Bd. IV— VI Marquardt, Römische Staatsverwaltung, davon 1. Bd., 3. Aufl., Leipzig 1884; 2. Bd., 2. Aufl. von H. Dessau und A. v. Domaszewski, 1884, 3. Bd., 2. Aufl. von G. Wissowa 1885). Vor allem Mommsens Staatsrecht ist eine um- fassende und eigenartige Schöpfung, fast aus dem Nichts heraus, hat doch erst Mommsen ein eigentliches System des römischen Staatsrechts auf- gestellt und damit eine Lücke geschlossen, die in der antiken Überlieferung klaffte. 2) „Als ergänzende Fortsetzung" seines Staatsrechts betrachtete Mommsen selbst sein Römisches Strafrecht, mit dem er als Greis die Wissenschaft beschenkte (in K. Bindings Systemat. Handbuch der deutschen Rechtswissenschaft, I.Abt., 4. Teil, Leipzig 1899). Ludwig Lange (Römische Altertümer, Bd. I und II, 3. Aufl., Berlin 1876. 1879; Bd. III, 2. Aufl., 1876) und Ernst Herzog (Geschichte und System der römischen Staatsverfassung, Bd. I, Leipzig 1884; Bd. II, 1, 1887; Bd. II, 2, 1891) lassen dem systematischen Teil eine geschichtliche Darstellung voraufgehen. Als Gegner Mommsens schrieb der Däne J. N. Madvig seine Verfassung und Verwaltung des römischen Staates, 2 Bde., Leipzig 1881 f. Das Buch von P. Willems, Le droit public romaiN, hat in 7. Aufl. der Sohn des Verfassers, J. Willems, herausgegeben (Löwen 1910). Wie die Erforschung der Personal- und Familiengeschichte (die sog. Prosopographie) sich zu tieferem Verständnis des Wesens der oligarchisch-aristokratischen Staatsform des republikanischen Rom auswerten läßt, hat F. Münz er (Rö- mische Adelsparteien und Adelsfamilien, Stuttgart 1920) aufs glück- lichste gezeigt. Für die Städtekunde des Altertums sind wichtig die Pom- pejanischen Studien von Heinrich Nissen, Leipzig 1877. Derselben Feder verdanken wir die Italische Landeskunde (2 Bde., Berlin 1883. 1902), eine ausgezeichnete Schilderung von Land und Leuten des alten

') Einen Abriß des römischen Staatsrechts verf afste Mommsen für Bin- dings Systemat. Handbuch derdeut-

zig 1893. Darin wird auch noch die „Staats- ordnung seit Diocietian" knapp gewürdigt. 2) Vgl. E. Täübler, Hist. Zeit sehr.

sehen Rechtswissenschaft 1,3, Leip- j 120, 3. F. 24, 1919, 189 ff.

1. Einleitung in die römische Geschichte. (§1.) 11

It-alien, bei der nur leid<3r die monumentalen Zeugnisse vernachlässigt sind.*) Religion und Kultus der Römer hat unter diesem Titel G. Wisse wa in Bd. V, 4 dieses Handbuchs (1912 -) meisterhaft dargestellt.

Den gesamten Stoff der Altertumskunde läßt in al^jhabetischer Reihe Revue passieren Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertums- wissenschaft, in neuer Bearbeitung herausgegeben von G. Wissowa, dann von W. Kroll, Stuttgart 1894 ff. 2) (Bescheideneren Zwecken als dies uni- versale Nachschlagewerk dient F. Liibkers zur ersten Orientierung nütz- liches Real-Lexikon des klassischen Altertums, vollständig um- gearbeitet herausgegeben von J. Geffcken und E. Ziebarth, Leipzig-Berlin 1914^.) Weiter kommen in Betracht das Dictioniialre des antiqidtes grec- ques et romaines von Ch. Daremberg und E. Saglio (Paris 1877 ff.) und das Dizionario epigrafico dt antichitä 7'omane von E. de Ruggiero (Rom 1886 ff'.). Eine Bibliograßa delV lialia aiitica hat G. F. Gamurrini be- gonnen (1. Bd., Arezzo 1905).

Die fortschreitende Arbeit des Tages findet ihren Niederschlag haupt- sächlich in den gelehrten Zeitschriften. Speziell der alten Geschichte dienen folgende Organe: Klio (Beiträge zur alten Geschichte) heraus- gegeben von C. F. Lehmann-Haupt und E. Kornemann (Leipzig 1901 ff.), Quellen und Forschungen zur alten Geschichte und Geographie herausgegeben von W. Sieglin (Berlin 1901 ff.), Studi di storia antica heraus- gegeben von Beloch (Rom 1891 ff.), sowie die Stndi storici per Votitichita classka herausgegeben von E. Pais (Pisa 1908 ff.).^)

Wenn die Altertumswissenschaft der Gegenwart unter dem Zeichen der Monumente, vor allem der Inschriften und Papyri, steht, so darf über diesen ertragreichen Studien die eindringliche Interpretation der literarischen Texte nicht verabsäumt werden. Ist doch auch hier noch viel zu erreichen durch verfeinerte Analyse und methodische Quellenkritik, die nicht so sehr auf Autorennamen Jagd macht, als vielmehr die Eigenart der benutzten Vorlagen als das Wesentliche zu bestimmen sucht. Noch immer von Nutzen sind die Kritischen Untersuchungen über die Quellen der 4. und 5. Dekade des Livius von Heinrich Nissen (Berlin 1863). Aber Nissen verallgemeinerte im Sinne seines Lehrers K. W. Nitzsch das in dem Einzel- fall richtig beobachtete Verhältnis des Livius zu seiner Quelle Polybios und so hat seine von den mittelalterlichen Chroniken auf die Antike über- tragene Einquellentheorie, also die Anschauung, als ob der antike Historiker sich jeweils einer Hauptquelle anvertraue, viel Unheil angerichtet. Vor

') Vgl. die Kritik von F. von Dühn, Deutsche Literaturzeitung 1903, 223 if.

^) Bd. XI bis 'Komödie' erschien 1921. Von der zweiten Reihe (R— Z), hrsg. von W. Kroll und K. Witte wurde ein erster Band (Bd. IA) (Ra— Sarmathon) 1920 ab-

bücher für das klassische Alter- tum, Philologus, Rheinisches Mu- seum, Wiener Studien, (Bürsians) Jahresbericht über die Fort- schritte der klassischen Alter- tumswissenschaft, Revue de pli Uologie,

geschlossen. Überdies sind bis jetzt drei ' Revue des etudes anciennes, Jotcrnal of philo-

Supplementbände herausgekommen. i logy, Rivista di ßlologia cJassica, Histo-

^) Außerdem sind zu berücksichtigen | rische Zeitschrift, Jahresberichte

die Zeitschriften, die sich mit Altertums- i der Geschichtswissenschaft, Revue

Wissenschaft bezw. Geschichte überhaupt historique, Revue des questions historiques,

befassen, so Hermes, Neue Jahr- \ The english historical review u. a. m.

12 Römisclie Geschichte.

der mechanischen Anwendung dieses sog. Nissenschen Gesetzes hat A. v. Gut- schmid schon im Jahr 1877 gewarnt.^) Dann hat Ivo Bruns^) an der ver- schiedenen Behandhmg der Persönhchkeit die Technik der antiken Historio- graphie klargelegt und gezeigt, dafj sich zwei Gruppen von Historikern, nämlich die direkt und die indirekt charakterisierenden, unterscheiden lassen. Zu jenen ist Polybios, zu diesen Livius zu zählen. Dagegen blieb dem außer- ordentlichen Scharfsinn, mit dem R. Laqueur (Polybius, Leipzig-Berlin 1913) an dem Text des Polybios, wie wir ihn heute lesen, die Spuren von nicht weniger als fünf verschiedenen Auflagen nachzuweisen suchte, ein überzeugendes Ergebnis versagt; das philologische Problem, das ein Ge- schichtsAverk als literarisches Erzeugnis bietet, sollte nie isoliert werden; es bedarf vielmehr beständig der Ergänzung durch historische und quellen- kritische Gesichtspunkte. Nur die Vereinigung historischer und philologi- scher Methode kann zum Ziele führen.^)

IL Italische und römische Vorgeschichte.

Quellen und Überlieferung der älteren römischen Geschichte.

Die Anfänge einer schriftlich fixierten, den Ereignissen gleichzeitigen histori- schen Überlieferung in Rom liegen im Dunkel. Doch läßt sich erkennen, daß es die Liste der Konsuln oder sonstiger eponymer Beamter, nach denen die einzelnen Jahre benannt und nach denen datiert wurde, gewesen sein muß, die das unent- behrliche chronologische Rückgrat bildete: indem man unter den betreffenden .Jahren die wichtigsten Ereignisse kurz notierte, entstanden ganz von selbst primitive Chro- niken oder Annalen, d. h. Jahrbücher.

Daß nun die Namen von Konsuln und anderen Eponymen schon vor alters in Rom zur Aufzeichnung gelangten, entsprach den Bedürfnissen des täglichen Lebens, da ja nach diesen Eponymen datiert werden mußte. Was freilich von Magistrats- verzeichnissen {libri magistratuum) und Linnenl:)üchern {librl lintei), die im Tempel der Juno Moneta vorhanden gewesen sein sollen, berichtet wird, ist ohne sichere Gewähr.^) Die nach ihrem heutigen Aufbewahrungsort auf dem Kapitel sog. fasti Capitolini,'") die noch erhaltenen Reste des inschriftlichen Verzeichnisses der Kon- suln (Diktatoren und Zensoren), das sich einst an den Marmorwänden der Regia, des Amtslokals des Pontifex maximus auf dem Forum befand, sind erst um 36 v. Chr. und später auf Veranlassung des Augustus abgefaßt. Wir haben es also mit einem Produkt anticjuarischer Gelehrsamkeit, nicht mit einer authentischen Urkunde zu tun. Ein Gleiches gilt von dem ebenfalls unter Augustus der Konsulliste an dem- selben Ort hinzugefügten Verzeichnis der Triumphe;®) es ist für die ältere Epoche

*) In seiner Jenenser Antrittsrede, s. \ ■*) Mommsen, Rom. Chronologie 94 f., 208 f.

Kl. Schriften, Bd. I, Leipzig 1889, 1 ff . 1 '") 0. Hirschfeld, Kl. Schriften. Berlin ■') Die Persönlichkeit in der Ge- [ 1913, 33U ff., Mommsen, Rom. Forschungen

Schichtschreibung der Alten, Berlin II 58 ff., Cichorius, De fastis consularibus

antic[uissimis, Leipziger Studien IX 171 ff., ScHöxN, PW VI 2027 ff. Die Reste der fasti Capitolini sind ediert CIL I- p. 1 ff.; über die hinzugekommenen neuen Funde vgl. A. Stein. Bursians Jahresbericht 144, 163 ff.

1898.

^) A. Rosenberg, Einleitung und Quellenkunde zur römischen Ge- schichte, Berlin 1921, behandelt die Primärquellen (Akten, Inschriften, Mün- zen, Papyri, archäologisches Material, Re- den. Briefe, Memoiren, Flugschriften) und ] ^) CIL I- p. 43 ff'. Sonderausgabe von G. die Werke der Historiker, wobei die Stil- Schön, Das capitolinische Verzeichnis der gattungen nach Gebühr auseinander- röm. Triumphe (Abhandl. des archäol.- gehalten werden.

2. Italische und römische Vorgeschichte. (Quellen.) 13

aus der jungen annalistischen Literatur zusammengeklittert und wird erst mit der im helleren Licht der Geschichte liegenden Zeit zuverlässig.

In Anlehnung an die Beamtenliste und den Kalender also müssen die ersten chronikartigen Aufzeichnungen, die ältesten Anualen entstanden sein. Speziell für den Pontifex maximus wird bezeugt, daß in seinem Amtslokal alljährlich eine Tafel {tabula, griechisch zilra^) aufgestellt wurde,') auf der die Namen der Magistrate und die ihm wichtig dünkenden Ereignisse von ihm zu verzeichnen waren, eine alte, primitive Sitte, mit der erst P. Mucius Scaevola, der im Jahr 133 v. Chr. Konsul gewesen war, in seinem Pontifikat gebrochen hat.-) Vielleicht durch denselben Mann wurden nun die sämtlichen noch vorhandenen tabulae redigiert und unter dem Titel annales maximi in 80 Büchern herausgegeben als 'archivalische Publikation'.^) Es muf3 jedoch, wie die Einheitlichkeit der Tradition über die älteste Geschichte bei den ersten Historikern, die noch vor jener Veröffentlichung schrieben, beweist, schon eine ältere Redaktion solcher Pontifikalannalen gegeben haben, ^) Für das Einzelne ist jedoch über Hypothesen nicht hinauszukommen. Als chronologisches Gerüste dienten, wie gesagt, die Konsulnamen, die Fasten, vom ersten Jahr der Republik an. Aber für die älteren Zeiten sind diese Fasten, wenn nicht ganz gefälscht, so doch zum mindesten stark verfälscht. Schon äußerlich nötigte der trümmerhafte Zustand der überlieferten Daten man denke nur an die Vernichtung wertvollen Materials durch die Gallierkatastrophe zu Konstruktionen und Rekonstruktionen. Zugleich bot sich hier Gelegenheit, einzelnen inzwischen zu Ansehen gelangten plebeischen Geschlechtern zu vornehmen Ahnen zu verhelfen. Fälschungen solcher Art scheinen in großem Umfang zur Zeit des Zensors vom Jahr 310 v. Chr. Appius Claudius, und zwar vermutlich durch dessen literarischen Handlanger Cn. Flavius begangen worden zu sein. Gleich der erdichtete erste Konsul der Republik L. Junius Brutus bietet für jene Tendenz ein klassisches Beispiel;^) denn da die Junii ein plebeisches Ge- schlecht sind, können sie unmöglich den ersten Konsul gestellt haben. Eine zu- sammenfassende kritische Behandlung des Fastenproblems ist dringend geboten.^)

Einen anderen Charakter als die Pontifikalannalen trugen die commeiita^-ü der Pontifices und anderer Priester- und Beamtenkollegien. Sie enthielten Ritual- und Amtsvorschriften, die sich insofern der Geschichtschreibung näherten, als darin außer Protokollen über Amtshandlungen auch Riten, Formeln und Rechtsbräuche an erdichteten Beispielen aus der Vergangenheit in erzählender Form unter be- stimmten Namen exemplifiziert wurden. Derartige Elemente scheinen schon früh- zeitig auch in die Annalen eingedrungen zu sein; denn vielleicht enthielt schon deren Frühform bedeutsame exempla (besonders für die Königszeit). Nach Niebuhrs Vorgang räumte man auch alten Haus- oder Familienchroniken einen nicht geringen Einfluß auf die uns erhaltene Überlieferung in maiorem gloriam einzelner Ge- schlechter ein. Besonders K. W. Nitzsch hat mit dieser Hypothese bei seiner Quellen- kritik von Livius und Dionysios gearbeitet. Doch ist das Vorhandensein solcher privater Aufzeichnungen unerweislich und für das illiterate Rom der 1. Jahrhunderte nicht eben wahrscheinlich. Erst die gelehrten Antiquare zu Ende der Republik und zu Beginn der Kaiserzeit stellten derartige Familiengeschichten zusammen, ver-

epigr. Seminars der L'nivers. Wien IX), i E. Korne mann. Der Priestercodex in der

VS^ien 1893, ! Regia, Tübingen 1912,

') Cato bei Gellius, Noctes atticae 2, I ^) K, J, Neumann, L. Junius Brutus, der

28, 6, Dionys, Hai. I 74, 3 (aus Polybiosj i erste Consul, in der Festschrift zur 46.

mit Niebuhrs Konjektur. Servius ad Aen. 1 Philologenversammlung, Straßburg 19U1,

I 373. I 309 ff.

^) Cicero de orat. 2, 52. ^) G, Costa, I fasti consolari Romani.

ä) Fe, Leo, Gesch, der röm, Lit, I, 1913, I, 1 und 2. Mailand 1910, hat das Problem

2, auf breiter Basis in Angriff genommen. A. Enmann, Rhein. Mus. 57, 1902, 517 ff.

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14 Römische Geschichte.

mutlich mit Benutzung der Annalfn.') Gelegentlich gingen Amtsakten in den Privat- besitz ehemaliger Magistrate über und vererbten sich dann wohl weiter.^) Aber das sind keine historischen Aufzeichnungen, sondern Erzeugnisse der Praxis, die in der Überlieferung keine sichtbaren Spuren hinterließen. Eher könnte man, wie es geschehen ist, den Stanimbaunien [imaf/itmm tituli) vornehmer Familien und den Leichenreden {laudutiones) eine Wirkung auf die gesohichtlicho Erzählung zutrauen. Dabei bleibt freilich zu bedenken, daß auch die Alten hierüber nur Vermutungen anstellten ') und daß man erst im letzten Jahrhundert der Republik Reden zu publi- zieren begann. Für die älteste Zeit kommen solche Einflüsse ohnehin noch nicht in Frage. Nicht so sehr dem Glanz einzelner Häuser, als vielmehr dem Ruhm des Gesamtvolkes sollte die Verfälschung der älteren Geschichte dienen.

Von historischen Poesien („Heldenliedern'") aus alter Zeit, die Niebühr und in anderer Form Nitzsch, neuerdings auch wieder de Sanctis ^) annehmen, ist nichts Sicheres bekannt.^) Auch der Einfluß der römischen Nationaltragödie, der fahula praetexta, auf die historische Darstellung darf nicht überschätzt werden, wie es be- sonders W. SoLTAu getan hat.'')

Zu urkundliclien Aufzeichnungen ist man in Rom schon früh geschritten, wurde doch das Alphabet und damit die Schreibkunst bereits vor der Etrusker- herrschaft in Latium rezipiert. Die älteste erhaltene Inschrift in lateinischer Sprache scheint in den ersten Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. hinaufzureichen.") Mag auch die Schrift zunächst nur spärlich verwendet worden sein, so muß es doch aus den ersten Jahrhunderten der Republik historisch bedeutsame Denkmäler wie Weih- geschenke mit Inschriften, Urkunden u. dgl. gegeben haben, wovon sich freilich nur Weniges in die eigentlich literarische Zeit hinüberrettete. L'berhaupt widmeten die Römer, anders als die griechische Welt, dem öff"entlichen Schrift- und Urkunden- wesen nur geringe Sorgfalt.^) Selbst Senatsprotokolle, abgesehen von den Senats- beschlüssen, wurden, wie es scheint, auch noch in späterer Zeit lediglich privatim angefertigt, bis sie im Jahr 59 v. Chr. auf Anordnung Caesars, der damals Konsul war, zusammen mit den sonstigen städtischen Nachrichten in den acta senattis poindique Romani, der Staatszeitung, dem Publikum vorgelegt wurden. Diese acta behaupteten sich bis tief in die Kaiserzeit, wurden aber seit Augustus, soweit sie zur Ver- öffentlichung kamen, auf die städtischen Angelegenheiten beschränkt. Die Senats- beschlüsse wurden schon früher aufgezeichnet, aber nur mangelhaft und wahr- scheinlich nicht lange aufbewahrt. Von den Beamten sind anfänglich nur die Eponymen (Konsuln und Konsulartribunen) eigens registriert worden; die übrigen wurden nur gelegentlich berücksichtigt, so daß es für sie vollständige, authentische Listen aus älterer Zeit nicht gab. Nur Gesetze, soweit sie schriftlich fixiert wurden, und Verträge mit fremden Staaten wurden auf dauerhaftem Material aufgezeichnet und gewissenhafter behütet. Erhalten hat sich aber auch davon aus alten Zeiten nicht viel;^) am bekanntesten sind die von Polybios 3, 22 ff. wiedergegebenen Ver- träge mit Karthago.

^) Die frühesten Beispiele sind die von | =) Leo, Gesch. der röm. Lit. I 18 f. Atticus verfertigten Familiengeschichten, ^) Die Anfänge der römischen Geschicht-

Nepos, Atticus 18. Schreibung, Leipzig 1909.

-) Plinius h. n. 35, 7. Man beachte, daß I ')Diese, auf der goldenen Fibula von Prä-

es sich an dieser Stelle um die Etymologie von tablinum handelt.

") Cicero Brut. 61. Liv. 8, 40, 4 vitiatam memoriam funebrihiis laudibus reor faJslsque imagimim tifidis; Liv. 4, 16, 4. Liv. 22, 31 trifft gerade die als gefälscht bezeichnete Ueberlieferung das Richtige.

■») Storia dei Romani I 22 flf.

neste, setzt E. Lommatzsch um 600 v. Chr. an, den Forumscippus um 100 Jahre später. In weitem Abstand folgt die Duenos- inschrift, die in die Mitte des 4. Jahr- hunderts gehören mag. Siehe CIL I 2, 1, 2. Aufl. 1918, p. 367 ff".

^) Cicero de legibus 3, 46.

^) ScHWEGLEE, Rom. Gescli. I 18 ff. gibt

2. Italische und römische Vorgeschichte. (Quellen.) 15

Die älteren Überlieferungen hat wohl als erster der früheste römische Historiker, von dem wir wissen, Q. Fabius Pictor, in literarischen Umlauf gebracht. Pictor lebte zur Zeit des zweiten punischen Krieges ^) und schrieb in griechischer Sprache wahrscheinlich nach 201 v. Chr. die Geschichte der beiden punischen Kriege, der er eine Darstellung der gesamten Geschichte Roms seit der Gründung vorausschickte, offenbar in annalistischer Form. Uns ist diese ältere Überlieferung in ihrer reinsten Gestalt zunächst in einigen Abschnitten des Polybios erhalten, vollständiger und zusammenhängender in dem Abriß der "Weltgeschichte (ßtß/uoO/jy.t) loiooiy.i'i), den um 30 V. Chr. Diodoros aus Agyrion auf Sizilien herausgab, der die ganze Geschichte des Altertums in synchronistischer und annalistischer Gruppierung von Anfang an bis zum Jahr 54 v. Chr. umfalBte.'-) Diodor ist nichts als ein unselbständiger Kom- pilator und der schwankende Wert seines Machwerks wird allein bestimmt durch die jeweils benutzten Quellen. Seine ältere römische Geschichte zeichnet sich durch unverfälschte Echtheit aus. Daß sie aus Fabius geschöpft sei, haben nach dem Vor- gang NiEBüHKs MoMMSEN u. a. vemiutet; wenn auch nicht mit Sicherheit zu erweisen, so bleibt diese Hypothese doch noch immer die wahrscheinlichste.^) Späterhin ist die Tradition über die ältere Zeit unter dem Einfluß der griechischen Literatur und in römisch-chauvinistischer Tendenz mannigfach rhetorisch aufgeputzt und erweitert worden, zumal gegen Ende der Republik, zuerst in der gracchischen und sullani- sehen Zeit, dann durch die Arbeiten der ciceronischen und augusteischen Epoche,, vor allem durch die antiquarischen Studien eines Varro und seiner Zeitgenossen und Nachfolger. Der Wert der jüngeren Annalistik, die sich für uns in den AVerken des Livius und des Dionysios von Halikarnaß spiegelt, ist gering, da der Zuwachs an eigentlich historischem Material, den sie im Verlauf des literarischen Prozesses erfuhr, nur dürftig ist. Vielmehr sind die ältesten knappen Nachrichten allmählich durch willkürliche Zusätze der verschiedensten Art ausgestaltet und weitergebildet worden. Die späteren Annalen bieten demnach nur zu einem kleinen Teil echte Überlieferung und sind im übrigen ein Produkt von Pseudohistorikern, die sich kein Gewissen daraus machten, mit den Hilfsmitteln der Phantasie den spärlichen Stoff zu mehren und ihn nach dem Muster der hellenistischen Geschichtschreibung zu formen, geleitet nur von dem Bestreben, ihrem Volke eine möglichst glorreiche Vergangenheit zu verschaffen.

Die frühesten römischen Historiker, nach Abkunft und Stand vornehme Männer., hatten in griechischer Sprache geschrieben, weil sie von der griechischen Kultur- welt beachtet sein wollten. Aber auch die Griechen selbst widmeten sich der Ge- schichtschreibung Roms, als bedeutendster Polybios, der Sohn des Lykortas, aus Megalopolis in Achaia. Geboren um 200 v. Chr. wurde Polybios mit zahlreichen Leidensgenossen im Jahr 167 als politische Geisel nach Rom verbracht, wo er zu- nächst bis 150 V. Chr. lebte. Seine Freundschaft mit Scipio Aemilianus und anderen römischen Großen erschloß dem Griechen den Sinn für römisches Wesen und römische Politik : in dem Wunsch, seinen eigenen Landsleuten die Genesis der römischen

ein Verzeichnis. Vgl. auch die Angaben I 11 bis 20 (die Jahre 4ö0 302 v. Chr.) er- bei Plinius h. n. 34, 20 ff. halten, vom übrigen nur einzelne Auszüge.

M Vgl. Leo. Geschichte der röm. Lit. j ^) Vgl. Ed. Schwaktz, PW V 063ff. Über I 85 ff'. Wenig später als Fabius verfaßte ] die römische Quelle Diodors handelt G. L. Cincius Alimentus ebenfalls in l Sigwaet, Klio VI, 1906. 269 ff., 341 ff., der griechischer Sprache eine römische Ge- \ einen Mittelsmann zwischen Fabius uiid schichte, von der wir nur unsichere Kunde haben. Vgl. Münzee und Cichokiüs, PW III 2556 f.

"^) Von den 40 Büchern der Bibliothek sind nur 1 bis 5 (die altorientalische Ge- schichte und die mythische Vorzeit) und

Diodor annimmt, während O. Leoze, Die röm. Jahrzählung, Tübingen 1909, in Fa- bius die unmittelbare Vorlage Diodors erblickt. Gegen diese Auffassung wendet sich E. KoKNEMASN, Priestercodex S. 32 f.

Römische Geschichte.

Weltherrschaft und die gesdiiclitliche Mission Roms klar zu machen, griff er zur Feder. Als Einleitung hat er in den beiden ersten Büchern .seines Geschichtswerks <lie Ereignisse im "Westen und in Griechenland seit 264 v. Chr. skizziert. Die breitere Darstellung setzt erst im dritten Buch mit dem zweiten punischen Krieg (220 v. Chr.) ■ein und reicht bis 144 v. Chr. und zwar in synchronistischer Anordnung, wobei die Olympiadenrechnung das Gerüste abgibt. Wo Polybios nicht aus Eigenem schöpfen konnte, arbeitete er nach älteren historischen Werken mit Sorgfalt und Kritik, flocht auch mitunter persönliche Informationen und authentische Urkunden ein. Einen besonderen Exkurs, das sechste Buch, widmet er der römischen Verfassung als dem Schlüssel zum Verständnis der Größe Roms. Von im ganzen 40 Büchern liegen bloß die ersten fünf vollständig vor; das Übrige ist nur in Exzerpten und einzelnen Frag- menten, sowie bei den späteren Ausschreibern erhalten. Für die folgende Periode gingen als Nachfolger und Fortsetzer Poseidonios und Strabon ähnliche Wege. Mit solchen Leistungen der griechischen Historiographie kann die lateinische sich nicht messen. Der Schöpfer einer historischen Prosa in lateinischer Sprache ist der eigenwillige M. Porcius Cato, der in den letzten zwei Jahrzehnten seines inhaltreichen, politisch bewegten Lebens er starb 149 v. Chr. seine Origines schrieb als die Geschichte nicht nur Roms, sondern der Italiker überhaupt bis auf die eigene Zeit, ein höchst originelles Werk nach allem, was man davon weiß.') Der lateinischen Sprache bedienten sich in der Folge auch die Annalisten wie L. Cassius Hemina, L. Calpurnius Piso (Konsul 133 v.Chr.), Cn. Gellius: es folgten in sullanischer Zeit Valerius Antias, Q. Claudius Quadrigarius, C. Licinius Macer (Prätor 68 v. Chr.), später Q. Aelius Tubero, ein Zeitgenosse Ciceros, durchweg also Vertreter der nach Amtsjaliren gliedernden Annalistik.^) Bei allem Nationalismus erlagen diese vornehmen Dilettanten doch dem Einfluß der hellenistischen Erzählertechnik; nicht so sehr Historiker, als schriftstellernde Poli- tiker genossen sie nur geringen Kredit, den geringsten die berüchtigten Schwindler ■der sog. sullanischen Annalistik, Valerius Antias, Claudius Quadrigarius und Licinius Macer. Höher standen die Verfasser von Monographien, meist zeitgeschichtlichen Inhalts,') an ihrer Spitze L. Coelius Antipater, der Historiker des Hannibal- krieges. Gegen Ausgang der Republik glänzten in dieser Gattung Caesar und Sallust. Der große Redner und Publizist Cicero hat in seinen zahlreichen Schriften -die ältere Zeit oft berührt und ist dadurch, ohne selbst Historiker zu sein, für die Entwicklungsgeschichte der Tradition von Bedeutung. Besonders wichtig sind seine nur zum Teil erhaltenen Bücher de repuhllca (verfaßt 54 v. Chr. ff'.), in denen Poly- bios benutzt ist und die vielfach eine ältere Phase der Überlieferung widerspiegeln. Unter Ciceros Zeitgenossen nahmen die antiquarischen, der gesamten Vergangen- heit Roms geltenden Studien großen Aufschwung. Auf diesem Forschungsgebiet betätigte sich Cornelius Nepos,^) Ciceros Freund T. Pomponius Atticus, unter dem Diktator Caesar Verfasser einer viel gebrauchten Chronik [über annalls) und nachmals gelehrter Berater Oktavians,'') und namentlich M. Terentius Varro. In einem langen Gelehrtenleben (116 27 v. Chr.) erwies sich Varro als äußerst pro-

') Vgl. Leo a. a. O. 290 ff". sieht zu Abschnitt VI.

') Als Individualitäten sind mit vm- ^) Außer seinem biographischen Sammel- seren Mitteln die Annalisten kaum faßbar, werk de riris illiistribtts sind hier zu er- Die früher beliebte Quellenforschung, die wähnen seine Chronik (in 3 Büchern) den annalistischen Stoff" des Livius an und die exempla (beides verloren). Die bestimmte Quellen aufteilen wollte, trieb exempla dienten den Sammlungen des einen unnützen Sport und führte sich Valerius Maximus als Vorbild. Nepos er- selbst ad absurdum. Nicht die Namen, lebte noch die ersten Jahre des Prinzipats sondern die Traditionen gilt es zu schei- j des Augustus. den. Vgl. Ed. Schwaktz, PW V 948 f. '") Nepos, Attic. 20.

^) Für das Einzelne s. die Quellenüber- |

2. Italische und römische Vorgeschichte. (Quellen.) 17

duktiv. In seinem unter Caesar abgefafsten Hauptwerk antiquitates reruyn humanariim et divinarum hat er das weite Feld der römischen Altertümer durchgeackert. Schon die Titel einiger seiner vielen Schriften, wie annaJes, de vita popidl Romani, aetia (=: aiTia) bezeichnen die Richtung seines wissenschaftlichen Interesses. Bald nach ihm, unter Augustus, wirkten Verrius Flaccus, dessen großes Werk de verhorum sign/ficatu dem teilweise noch erhaltenen Lexikon des Festus zugrunde liegt und aus dem auch Plinius in der historia naturalis schöpfte, und der etwas jüngere Fenestella. Auch der gelehrten Dichtung sei in diesem Zusammenhang gedacht; der Elegiker Propertius (im 4. Buch seiner Gedichte), Ovidius in den fasti und der eigentliche Nationaldichter und epische Herold Roms, Vergil in der Aeneis, führten, ein jeder auf seine Art, Roms Anfänge und Vergangenheit im Schimmer poetisch-patriotischer Verklärung ihren Landsleuten vor.

Zu Beginn der Kaiserzeit fühlte sich die römische Geschichtschreibung der gleich- zeitigen griechischen ebenbürtig. So wagte sich der Rhetor T. Livius aus Patavium (Padua) an die gewaltige Aufgabe, die ganze römische Geschichte von Urbeginn bis auf die eigenen Tage darzustellen. Bald nach der Aufrichtung der augusteischen Verfassung (27 v. Chr.) ging er an die Arbeit, die er unermüdlich bis zu seinem Tode (17 n. Chr.) fortsetzte. In seinen 142 Büchern ah 'iirbe condita führte er die Geschichte Roms von der Gründung der Stadt bis zum Jahr 9 v. Chr. Das brauch- barste historische Material verdankte Livius seinen griechischen Vorgängern. Wo er römischen Autoren folgt, ist sein Wert weit geringer. Livius ist beseelt von dem Bewußtsein der Größe der römischen Republik, hat sich aber mit dem Regiment des Augustus loyal abgefunden. Als Schriftsteller verfügt er über hohe künstlerische Qualitäten. So gewann seine die republikanische Annalistik abschließende Leistung kanonisches Ansehen als die Geschichte der Republik ; die frühere Annalistik, durch Livius ersetzt und überholt, geriet in Vergessenheit. Auf die Nachwelt kamen außer versprengten Bruchstücken die Bücher 1 10 (bis 293 v. Chr.) und 21 4.5 (218 167 V. Chr.). Für das Verlorene bieten einen, freilich ungenügenden Ersatz die Epitome ') {periochae) und die späteren, von Livius abhängigen Kompilatoren Florus, Eutro- pius, das anonyme Büchlein de viris illustribtis, sowie Orosius.

Ein Zeitgenosse des Livius ist der griechische Rhetor und Literat Dionysios von Halikarnaß, der im Jahr 7 v. Chr. in Rom seine griechisch geschriebene Römische Archäologie, nämlich die Geschichte Roms bis zum Ausbruch des ersten punischen Krieges herausgab. Erhalten sind die ersten elf Bücher (das elfte lückenhaft), von den übrigen neun nur Auszüge. Benutzt ist u. a. Varro, schwerlich Livius.^) Dionysios ist ein unselbständiger Kopf^) und geht ganz in der Rhetorik auf. Verwandter Art waren zwei andere griechische Geschichtswerke, die (kurze) römische Geschichte Jubas IL, des königlichen Polyhistors, der erst Numidien, dann Mauretanien regierte, und die römischen Partien der Universalgeschichte des Niko- laos von Da maskos, der ebenfalls unter Augustus schrieb, seit dem Tod Herodes' des Großen von Judäa (4 v. Chr.) in Rom lebte und bereits den Dionysios benutzte. Ebenfalls in die augusteische Zeit gehören die historiae PhiUppicae (44 Bücher) des Pomp eins Trogus, eine Universalgeschichte mit Ninus beginnend, uns nur er- halten in den Inhaltsangaben (prologi) und in dem ungleichmäßigen Auszug des Justinus. Rom taucht hier erst auf, seitdem es ein Faktor (und bald die Domi- nante) in der Politik der außeritalischen Mächte geworden war; seine frühere Ge-

') Über die neue Liviusepitome aus Oxyrhynchos in Ägypten (B. 37—40, 48 55) s. o. S. 8 A. 2.

Lehrer Niese anschloß. Dagegen Ed. ScHWÄRTZ, PW V 946 ff. und E. Pais. Ri- cerche I, 1915, A. 1.

■'') Benutzung des Livius behauptete ^) Vgl. E. Bux, Das Probuleuma bei

A. VoLKMÄR, De aunalibtcs Roman is quae- \ Dionys von Halikarnaß, Leipziger Diss.,

stiones, Diss. Marburg 1890, dem sich sein j Weida 1915.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft, III, 5. 5. Aufl. 2

\Q Römische Geschichte.

schichte wird zum Schluß (im 48. Buch) nachgetragen. Einen Abriß der | Welt- geschichte bis zum .Jahr 30 n. Chr. bietet Velleius Paterculus in zwei Büchern, von denen das erste unvollständig überliefert ist. Nach Art der Chronographien hat dieser dilettierende Offizier a. D. nur das "Wichtigste zusammengestellt, um erst ausführlicher zu werden, wo er sich der eigenen Zeit nähert, in deren Schilderung er einen fast memoirenhaften Zug hineinträgt. Der vielseitige und menschlich an- ziehende Plutarchos aus Chaironeia in Boiotien (rund 50 120 n. Chr.) hat in den römischen Stücken seiner berühmten griechisch-römischen Parallelbiographien, wie Romulus, Numa, Poj^licola, Coriolanus, Camillus, wertvolle Teile des von Varro und dessen Nachfolgern, wie Juba, zusammengetragenen antiquarischen Materials für uns gerettet. Auch den Livius hat er gelegentlich benutzt. In einer besonderen Schrift, ui'na 'Pcofiai'xä, befaßt er sich mit Fragen der römischen Altertumskunde. Unter Antoninus Pius schrieb Appianos aus Alexandrien eine vorzugsweise nach ethnograi:)hischem Gesichtspunkt und nach Kriegsschauplätzen eingeteilte römische Geschichte, von der uns nur einige Bücher, die spanischen, hannibalischen, kartha- gischen, illyrischen, syrischen, mithridatischen Kämpfe, sowie die Bürgerkriege (e/n- cpvXia) (133 35 V. Chr.) erhalten sind.^) Von den übrigen Büchern, besonders den der ältesten Geschichte gewidmeten, gibt es nur späte Exzerpte, die lehren, daß Api^ian für die genannte Periode nicht dem Livius folgte, dagegen sich mit Dio- nysios von Halikarnaß zwar berührte, jedoch nicht deckte. Eine Zusammenfassung erfuhr die gesamte römische Geschichte in griechischer Sprache noch einmal durch Cassius Dio Cocceianus unter Severus Alexander.-)

Obwohl nicht zur eigentlichen historischen Literatur gehörig, sind hier noch Sammelwerke zu erwähnen, deren Verfasser aus Historikern geschöpft haben, wie Valeri US Maximus, der seine neun Bücher factorum et dictorum memorabilium dem Tiberius widmete, ferner Sex. Julius Frontinus (um 40 103 n. Chr.) mit seinen Strategemata und endlich A. Gellius, in dessen etwa unter Marc Aurel verfaßten noctes Atticae sich auch historisch interessante Bruchstücke aus der älteren Literatur finden.

Dieser rasche Überblick lehrt, daß die uns vorliegende Überlieferung der älteren römischen Geschichte jung vnid verfälscht ist; nur die aus guten alten Quellen ge- schöpften Nachrichten haben Anspruch auf ernsthafte Berücksichtigung,^) mag auch ihr letzter Ursprung dunkel bleiben. Auch das Verzeichnis der Konsuln und sonstigen eponymen Beamten ist für die älteren Zeiten nur von relativer Zuverlässigkeit, da es von Fälschungen und Konstruktionen keineswegs frei blieb. Die jüngeren Zutateia zur geschichtlichen Überlieferung, sofern sie nicht das Ergebnis wissenschaftlicher For- schung bilden, sind ohne jeden Wert. Dieser Satz hat auch für die Verfassungs- geschichte zu gelten; denn der Glaube Eübinos und Mommsens, als sei die Verfassungs- geschichte dank der Kontinuität und Konstanz der staatsrechtlichen Tradition besser beglaubigt, hat sich als irrig herausgestellt. In Wirklichkeit hat die allgemeine Ver- fälschung auch vor der Verfassungsgesehichte nicht haltgemacht. Das Staatsrecht ist im Lauf der Zeit starken Veränderungen unterworfen worden vuid mit Vorliebe haben die Historiker die zu ihrer Zeit gültigen Normen in die Vergangenheit zurück- gespiegelt. ■•) In diesem Sinn haben die Antiquare der ciceronischen Zeit auch die Verfassungsgeschichte umgestaltet und teilweise ganz neu konstruiert.

Soviel im allgemeinen. Was die nächstfolgenden Abschnitte anbelangt, so sind für die Gründung. Eoms und die Königszeit, außer einigen Stücken aus Polybios

') Vgl. unten S. 279. der nachweist, daß der Annalist, dem 2) S. unten S. 279. I Dionysios von Halikarnaß V 53 flf. folgt, ') Vgl. die Analysen Mommsens, Eöm. j zum J. 500 v. Chr. ein erfundenes Seiten- Forschungren II 113 ff. I stück zur catilinarischen Verschwörung ■*) Vgl. Ed. Schwartz, Notae de Romano- ' erzählt und sogar das sog. senafus consuifwn riim fO(H«/<6?(.';,Univ.-Progr. Göttingen 1903, ultimum schon damals gefaßt werden läßt.

3. Italische und römische Vorgeschichte. 2.) 19

und Diodor, das erste Buch des Livius und Cicero {de republica II) Hauptquclle. Ihre verhältnismälMg einfache Darstellung ist stark erweitert i>ei Dionysios von Halikarnals und bei Plutarch im Romulus und Numa, wo Juba benutzt ist.') Auch die antiquarischen Dichtungen des Properz und Ovids Fasti, sowie Vergils Aeneis sind als Reflexe der gelehrten Anschauung von Interesse. Ein Machwerk des aus- gehenden Altertums (5. oder 6. Jahrh. n. Chr.) ist die origo gentis Romanae, eine mit Sehwindelzitaten ausstaffierte Urgeschichte Roms und z. B. von Niebuhr, wenn auch mit Unrecht, als Humanistenfälschung abgetan.

Nachrichten zur Geschichte der italischen Stämme verdanken wir den grie- chischen Geographen und Historikern, besonders den sizilischen, deren ältester, Antiochos von Syrakus, wahrscheinlich zwischen 424 und 415 v. Chr. die Ge- schichte Siziliens und Italiens bis auf seine Zeit darstellte. Sein Werk wurde be- arbeitet und bis 363 v. Chr. fortgesetzt von seinem Landsmann Philistos, dem Zeitgenossen der beiden Dionyse. Die Geschichte des Tyrannen Agathokles schrieb sein Parteigänger Kallias: aber weit namhafter war zur selben Zeit Timaios von Tauromenion, ein Gegner jenes Tyrannen. Timaios verfaßte eine umfangreiche Sizilische Geschichte bis zum Tod des Agathokles (289 v. Chr.), berücksichtigte später noch die Zeit des Pyrrhos und zog überhaupt die westlichen Mittelmeerländer in den Bereich seiner Darstellung.*) Das älteste uns erhaltene geographische Stück ist die Schrift des sog. Skylax, die um 338 v. Chr. verfaßt ist, aber stellenweise ältere Zeiten spiegelt. Nicht ohne Wert ist, trotz ihrer Kürze, die (um 100 v. Chr.) entstandene iambische Periegese des sog. Skymnos, die viel aus Ephoros entlehnt hat. Die wichtigsten Stücke der älteren geographischen Literatur sind verwertet von Strabon im 5. und 6. Buch seiner rscoyoaffiy.ä, geschrieben unter Tiberius 18 19 n. Chr. Dürftiger sind die Nachrichten des älteren Plinius im 3. Buch der naturalis histon'a. Der erste römische Historiker, der die Anfänge {origines) der italischen Völker zu schildern suchte, war M. Porcius Cato, der wohl aus griechischen Quellen schöpfte; denn einheimische Berichte sind nur bei den Etruskern nachweisbar;^) im übrigen beruht die Kunde vom alten Italien auf griechischer Vermittlung.

Literatur über die Quellen: Niebuhr, Römische Geschichte I 283, II 1 17. ScHWEGLER, Röm. Gescli, I 7 ff., II 1 ff. Historicorum Romanorum reliquiae ed. H. Peter I^ Leipzig 1914, II 1906. Historicorum Romanorum fragmenta ed. H. Peter, Leipzig 1883. C.Müller, Fragmenta historicorum Gi-aecoriim. Bd. III IV, und Geog)-aphi Graeci minores, Bd. I. K. W. Nitzsch, Die römische Annalistik von ihren ersten Anfängen bis auf Valerius Antias, Berlin 1873, K. Peter, Zur Kritik der Quellen der älteren römischen Geschichte, Halle a S. 1879. C. Wachsmutii, Einleitung in das Studium der alten Geschichte, Leipzig 1895, 588 ff. B. Niese, De annalibus Romanis ohserra- tiones, Univ.-Progr. Marburg 1886. 1888. W. Soltau, Die Anfänge der römischen Geschichtschreibung, Leipzig 1909. F. Leo, Gesch. der röm. Lit. I, Berlin 1913. A. Rosenberg, Einleitung und Quellenkunde zur römischen Geschichte, Berlin 1921. Vgl. W. S. Teuffels Geschichte der römischen Literatur, bearb. von W. Kroll und F. Skutsch, I", Leipzig-Berlin 1916, sowie in diesem Handbuch die Geschichte der röm. Lit. von M. Schanz, die der griechischen von Chkist-Schmid.

2. Italien und seine Bevölkerung. Die Appenninenhalbinsel der Name Italien hat sich erst anmähHch von der Südspitze aus über die ganze Halbinsel erstreckt ist durch Lage, Klima und Bodenbeschaffenheit vor vielen anderen Ländern begünstigt. Italien vereinigt die Vorzüge der heißeren und der kälteren Zone, des Gebirges und der Ebene. Bei den Hellenen war das Land in älterer Zeit berühmt durch sein Getreide; aber es eignet sich nicht

') Und zwar nicht so sehr Jubas rö- j 1892. mische Geschichte, als dessen •o,ao<oT>;T£e, ^) Der Kaiser Claudivis schrieb ri'po?;r<;;a

vgl. F. Jacoby, PW IX 2393. I und zitiert in einer Rede tuskische An-

^) J. Geffcken, Timaios' Geographie des nalen. Sueton, Claud. 42, 2. ILS I 212, 19.

Westens (Philol. Unters., 13. Heft), Berlin j

20 Römische Geschichte.

minder für die Viehzucht Italia bedeutet vielleiclit 'Kälberhmd' , für den Weinbau luid für die Kultur des aus dem Osten eingeführten Ölbaums. Die dicht bewaldeten Gebirge liefern treffliches Bauholz in Menge. Die gestreckte Gestalt des sclnualen Landes gibt ihm eine lange Küstenlinie, und wie das Meer von allen Punkten aus leicht erreicht werden kann, so ist Italien fast überall der Schiffahrt und dem überseeischen Verkehr zu- gänglich. Allerdings bestehen zwischen den einzelnen Gebieten beträcht- liche Unterschiede. Während Unteritalien sich nach Gestalt und Bau seiner Küsten mehr gen Osten und Süden kehrt, öffnet sich der nördliche Teil der Halbinsel nach Westen.

Das Land mit seinen glücklichen Lebensbedingungen ist bereits in der Steinzeit von Menschen bewohnt gewesen, wie die prähistorische Wissen- schaft aus Funden von primitiven Steinwaffen und -geraten schließt. ') Der Bronzezeit gehören an die sog. Terremare, d, h. Pfahldörfer auf festem Boden, die besonders zahlreich in der Poebene, vereinzelt auch weiter süd- lich aufgedeckt wurden. 2) Diese auffallende Siedlungsform läßt auf Be- wohner schließen, die aus einer Seengegend, wo der Pfahlrost, Avie z. B. in der Schweiz, seinen guten Sinn hatte, eingewandert waren. Die Eisen- zeit wird durch die Villanovakultur vertreten, so benannt nach dem Haupt- fundort, einem Gräberfeld bei Bologna. Daß die Handelswaren des Ostens, namentlich der kretisch -minoischen Kultur, schon früh ihren Weg nach Italien fanden, lehren Gräberfunde. 3) Als Vermittler orientalischen Imports kommen vornehmlich die Phöniker in Betracht, die ältesten Seefahrer des Mittelmeers. Von phönikischen Siedlungen oder Faktoreien auf Italien gibt es allerdings keine sichere Spur; die Ableitung italischer Ortsnamen aus dem Phönikischen*) ist ein längst aufgegebener Sport; der j)hönikische Handel, der Italien frühzeitig berührt haben mag, hat wohl bis ins 5. Jahrhundert gedauert;^) außerdem gehören Handelsbeziehungen mit Karthago zu den sicheren Tatsachen der älteren Geschichte der Etrusker wüe Koms und der Latiner.

Nicht die Phöniker, sondern erst die Griechen haben das Land Italien in die Geschichte eingeführt. Denn den Griechen verdanken die Italiker, auch die Etrusker, die Gaben höherer Zivilisation. Lange vor dem Beginn der historischen Nachrichten muß zwischen Griechenland und dem Westen Handelsverkehr bestanden haben; das beweisen sowohl die Gräberfunde auf italischem Boden, ^) als auch das homerische Epos; sind doch schon der Odyssee Sizilien und einzelne Teile Italiens bekannt.'^) In der Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. l^eginnt dann der große Strom der griechischen Aus- wanderung: die Küsten Unteritaliens und Siziliens werden von hellenischen

') Durch Funde aus dem Paläolithicuni A)onial of tlie British schooi at Athens XIII

ist die einst von Mommsen im 2. Kapitel 405 ff.

der römischen Geschichte geäufserte An- *) Olshausen, Rhein. Mus. VIII, 1852,

sieht, daß ItaHen erst zur Zeit des 321 ff.

„Schmelzens der Metalle", also in der j ^) U. Kahrstedt, Klio XII. 1912, 461 ff.

Bronzezeit besiedelt wurde, widerlegt. j ^) Helbig, Das homer. Ei^os- 82. Ridge-

^) Das lehrreichste Beispiel einer solchen | way, ThemearJy age of Greece, 1. Kap.

Terramara liefert Castellazzo di Fonta- ^) Sikeler und Sikaner Odyss. XX 383.

nellato bei Parma. XXIV 211. 307. 366. 389. Temese in Ita-

^) W. Helbig, Das homer. Epos* 29. ^ lien Odyss. I 184.

2. Italische und römische Vorgeschichte. 2.) 21

Kolonisten besiedelt und so entstand geradezu ein neues Hellas, Groß- griechenland. Auf Sizilien faßten Chalkidier und Dorier Fuß. Zuerst, um 735 V. Chr., wurde das chalkidische Naxos gegründet, dann folgten Syrakus, Gela, Akragas, Selinus, Zankle, Himera u. a. Die Phöniker, die sich schon vor den Hellenen auf Sizilien festgesetzt hatten, wurden zurückgedrängt, vermochten aber einige Plätze im Westen und Nordwesten der Insel im Bund mit dem dort ansässigen Stamm der Elymer zu behaupten. Die an- deren einheimischen Stämme, Sikeler im Osten und weiter westlich Sikaner, wurden von den griechischen Ankömmlingen unterworfen und im Lauf der Zeit völlig hellenisiert. Im Zusammenhang mit dieser Kolonisation Siziliens stand die Gründung griechischer Städte in Italien. Die ersten Kolonisten waren auch hier die Chalkidier, die sich, wir wissen nicht genau wann,^) vielleicht noch vor Gründung der frühesten Kolonien auf Sizilien, in Kyme (Cumae) in Kampanien, nahe dem Golf von Neapel, ansiedelten und von dort aus später Dikaiarcheia und Neapolis anlegten. Die Siedler stießen hier auf das Volk der Opiker {'0:rTixoi, lat. Opsci, Osci), zu denen die Ausoner (lat. Äurunci) gehörten, warfen sich zu Herren auf und erstreckten ihren kulturellen und politischen Einfluß weit über Mittelitalien. 2) In Unteritalien war es die Ostküste, die zuerst von mehreren griechischen Stämmen be- setzt wurde. Die älteste Kolonie ist das chalkidische Khegion an der Meer- enge; weitere Kolonien wurden Ende des 8. oder Anfang des 7. Jahr- hunderts V. Chr. angelegt, zunächst von den Lokrern, dann von den Achäern (Kroton, Sybaris, Siris, Metapontion) und endlich von den Spartanern (Taras oder Tarent). Die Westküste kam erst später an die Reihe, hier war nach- mals Elea (Hyele) oder Velia, um 540 v. Chr. von den ionischen Phokäern nach ihrer Vertreibung aus Korsika an der oinotrischen Küste angelegt, die ansehnlichste Gemeinde. Nach dem Volk der Italer {^haloi) erhielt zuerst die Südspitze der Appenninenhalbinsel den Namen Italia ('/raAta), eine Be- zeichnung, die zur Zeit Herodots und noch später die Küste bis Tarent einschließlich umfaßte ^) und vornehmlich an der Ostküste haftete. Neben den Italern tritt der Stamm der Oinotrer {Oivcorgoi) hervor. Das davon abgeleitete Oinotria bezeichnet vorzugsweise die Westküste, kommt aber auch als weiterer, die Italer mit einbeziehender Begriff vor.-*) In diesem Gebiet hausten kleinere, Ackerbau treibende Stämme, die in politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von den griechischen Städten gerieten. Sie waren vermutlich mit den Sikelern nahe verwandt, wie man denn die Sikeler vom Festland auf die Insel hinübergewandert sein ließ. Daß übrigens Sizilien einst mit Italien unmittelbar zusammenhing und erst verhältnismäßig spät, wenngleich noch in prähistorischer Zeit, durch das eindringende Meer ab- geschnürt wurde, lehrt die Geologie.

') MoNTELiüs, Die vorklassische Chrono- VII 3. Nach Justin. 20, 1. 13 ist nicht logie Italiens, Stockholm 1912, setzt die nur Nola und AbeUa, sondern auch Fa- Besiedlung ins 11. Jahrhundert vor Chr. lerii eine Kolonie der Chalkidier. und folgt damit dem unbeglaubigten Da- ^) Herodot I 24. Vgl. E. Heisterbergk, tum des Eusebios-Hieronynius (1052, bezw. Über den Namen Italien, Freiburg 1881. 1050 v. Chr.). Dafs Kyme vor Zankle be- *) Antiochos bei Strabo VI 254 f. An- stand, ergibt sich aus Thukvd. VI 4, 5. stoteles polit. IV 10 p. 1329b. Sophokles

'■) Strabo V 242 f. Dionvs' Halic. Ant. ' bei Dionvs. Halic. I 12.

22

Römische Geschichte.

Von den übrigen Italikern deutlich geschieden sind die Japyger CJuTiuyeg), eine größere Gruppe, die wieder in drei Stämme zerfiel, die Daunier (Apuli), Peuketier {Foediculi) und Messapi er {Sallentini), von denen sich später die Kalabrer^) abzweigten. Die Messapier waren Nachbarn der Tarentiner, mit denen sie häufig in Fehde lagen, denen sie sich aber kulturell so stark anglichen, daß sie für halbe Hellenen galten und von Kretern hergeleitet wurden, die nach dem Tod des Minos auf der Heimkehr von Sizilien in- folge Schift'bruclis an die unteritalische Küste verschlagen worden seien. ^) Sie besaßen schon frühzeitig eigene Städte, die zu einer politischen Einheit zusammengefaßt waren. Gegen die Tarentiner wußten sie nicht nur ilire Un- abhängigkeit zu bewahren, sondern trotz aller Hellenisierung auch ihre eigene Sprache, von der einige Reste durch Inschriften auf uns gekommen sind.

Wie die Japyger nehmen auch die Etrusker^) {Tvooip'oi, Tvoo}]v<>i) eine Sonderstellung innerhalb der italischen Welt ein. Bis heute ist die Zu- teilung der Etrusker zu einer bestimmten Sprachen- oder Völkerfamilie problematisch.^) Griechen wie Römer hatten ihnen gegenüber das Gefühl völliger Stammesfremdheit. In der eigenen Sprache nannten sich die Etrusker Rasenna.^) Herodot läßt sie aus Lydien in das damals umbrische Mittelitalien einwandern, Hellanikos macht sie zu Pelasgern, die aus Thes- salien übers Meer gekommen seien.'') Die unwahrscheinliche Ansicht, daß

') KalaßQol zuerst bei Polyb. X 1, 3.

2) Herodot VII 170. StraboVI282. Thuk. VII 33.

3) Vgl. K. O. MüLLEK, Die Etrusker, 2. Aufl. besorgt von W. Deecke, Stuttgart 1876 f.: Dennis, Citiefi and cemeteries of Efruria, London 1883 ^

■•) Über ihre Sprache vgl. Corssen, Über die Sprache der Etrusker, 2 Bde., Leipzig 1874 f. ; Deecke und Pauli, Etruskische Forschungen und Studien. F. Skutsch, PW VI 770 ff. Die etruskischen Inschriften werden seit 1893 in dem Corpus inscrip- tionum Etruscantm von Pauli, Danielsson, Herbig und Torp gesammelt.

^) 'Paohra nach Dionys. Halic. I 30.

«) Herod. I 94. Dionys. Halic. I 27 ff. Slrabo V220. Heute stehen sich im wesent- lichen zwei Hypothesen gegenüber: Ein- wanderung von Norden her auf dem Land- weg und Einwanderung aus dem Osten zur See. Die erstere Hypothese geht auf NiEBUHK zurück, der RG 1 125 ff. die Etrus- ker für Pelasger erklärte, die \o\\ den Easenna, einem von Norden her zuge- wanderten Volk, unterjocht seien. Aller- dings haben sich im Norden Italiens, in den rätischen Alpen, etruskische In- schriften gefunden, die jedoch verhältnis- mäfsig jung sind und nur beweisen, was wir ohnehin von antiken Autoren hören, daß nämlich Etrusker der Poebene unter dem Druck der Gallier in die Berge aus- wichen. Damit verliert die von Helbig, Nissen (Ital. Landeskunde I 498) ange- nommene, von Niese gebilligte Hypothese

einer Einwanderung von Norden her ihre Stütze. Nach K. O. Müller, Etrusker I' 70 ff., wären tyrsenische Pelasger von den Küsten und Inseln des ägäischen Meeres am Gestade Südetruriens gelandet, hätten Agylla und Tarquinii gegründet und von hier aus das übrige Etrurien samt der Polandschaft unterworfen, um dann mit den über die Alpen nach Italien gelangten Rasenna zu einer neuen Nation zu ver- schmelzen. Diese Auffassung hat G. Körte, PW VI 730 ff. insofern modifiziert, als er die Pelasger, die M. als Griechen ansprach, ausschaltete und die von M. angenommene Gleichung der Rasenna mit den Rätern preisgab, während er an der Einwanderung der sicher ungriechischen Etrusker aus dem Osten festhielt. Ob aber, wie K. meint, diese Einwanderung erst im 8. Jahr- hundert V. Chr. geschah, ist sehr zweifel- haft. Man wird mit viel früheren Daten zu rechnen haben. Für die Herkunft der Etrusker aus dem Osten könnte auch die umstrittene, auf Lemnos gefundene vorgriechische Inschrift sprechen, wenn anders sie wirklich ans Etruskische an- klingt (C. Pauli, Eine vorgriechische In- schrift auf Lemnos, Leipzig 1886. 1894. Ed. Meyer, Forschungen zur alten Gesch. I 26 f.). Solange aber das Rätsel der etrus- kischen Sprache selbst noch nicht gelöst ist, läßt sich darüber keine sichere Ent- scheidung treffen. Für Vorderasien als Heimat der Etrusker entschied sich F. Hommel, Grundriß der Geogi-aphie und Geschichte des alten Orients, München

2. Italische und römische Vorgeschichte. 2.)

23

die Etrusker nach Italien nicht eingewandert, sondern dort autochthon seien, vertritt nur Dionys von Halikarnaß.') Als die Etrusker in den Gesichts- kreis der Hellenen traten,-) waren sie das mächtigste Volk im nördlichen Italien. Ihr Gebiet erstreckte sich an der Küste des nach ihnen benannten tyrrhenischen Meeres vom Tiber bis Pisa und bis zum Macrafluß, im Norden weit ins Etschtal hinein. Die Ebene und das Mündungsgebiet des Po war in ihrer Hand, so daß ihre Herrschaft von Meer zu Meer reichte. Nördlich des Appennin besaßen sie eine Reihe von Städten, zu denen Felsina (das spätere Bononia), Melpum und Mantua gehörten.^) An der Küste der Adria hatten sie einzelne Plätze, wie Cupra (maritima), noch über Ancona hinaus nach Süden. Frühzeitig kamen die Hellenen zu ihnen; nach einem guten Zeugnis'*) zuerst die Phokäer, denen andere loner folgten; aber schon vorher müssen che Chalkidier aus Kyme mit ihnen in Berührung gekommen sein. Der Verkehr von Griechen mit Etruskern geschah sowohl am adriatischen Meer, wo in Spina und Atria seit alters Hellenen saßen, wie von Westen her, w^o Caere (oder, wie die Griechen mit Vorliebe sagen, Agylla) einst das wichtigste Emporium gewesen zu sein scheint; es verdient Beachtung, daß die Agylläer in Delphi ihr eigenes Schatzhaus hatten.'^) In Kunst und Hand- werk erfuhren die Etrusker den griechischen Einfluß; das Alphabet rezi- pierten sie von den Chalkidiern; schon früh liegannen sie nach griechischem Muster Münzen zu schlagen. Die Nekropolen Etruriens sind die Fundstätten der attischen Vasen, wie denn das Athen des 5. Jahrhunderts enge Be- ziehungen zu den Etruskern unterhielt.*^) Diese erwiesen sich als gelehrige Schüler der Griechen, schufen eine bedeutende eigene Industrie und er- reichten in der Kunstübung eine sichere Technik. Die Etrusker ihrerseits wirkten kulturell wieder stark auf die übrigen Italiker. Politisch bildeten

1904% 63 ff. Daß die Etrusker -Tyrseuer mit den Tursa, die nach ägyj^tischen Nach- richten im 13. und 12. Jahrhundert v.Chr. zusammen mit anderen „Nord-" oder „See- völkern" das Nilland heimsuchten, iden- tisch sein können, ist nicht zu bezweifeln (vgl. Ed. Meyer, Gesch. des Altert. I 2' (1913) § ,524. Die Etrusker dürften also damals ihre Sitze noch im Gebiet des ägäischen Meeres gehabt haben {Ttiscos Asia sibi vindicat sagt Seneca dial. XII 7, 2). Von dort aus mögen die verwegenen Piraten allmählich in wiederholten Schü- ben in Italien Fuß gefaßt haben, nicht ohne sich in dem eroberten Land mit der unterworfenen Schicht der Einheimi- schen zu amalgamieren. Erst durch Blut- mischung wäre also der italische Etrusker- typus entstanden. Hoffentlich bringen die Fortschritte der Sjjrachwissenschaft weitere Aufklärung (vgl. G. Heebig, Klein- asiatisch-etrusk. Namengleichungen (Sitz.- Ber. der Bayer. Ak. 1914, 2. Abh.). Lydi- sches Inschriftenmaterial zeigt Ähnlich- keit mit dem etruskischen (E. Littmann, Lydian inscriptions = Sardis Bd. VI, 1, Leiden 1916). Die Entscheidung scheint sich zugunsten der Hypothese einer Ein-

wanderung der nichtindogermanischen Etrusker aus dem Osten zu neigen. Vgl. R. v. ScALA, Hist. Zeitschr. 108. 3. F. 12, 1912, 1 ff., der in den Etruskern einen der ursprünglich ,.minoisclien" Stämme mit dem Kulturzentrum Kreta erblicken möchte. Mit v. Scala setzt sich auseinan- der E. Pais, Stiidi sforici per Vantichitä classica V, 1912. 181 ff. Die von 1894 bis 1907 erschienene Literatur verzeichnet G. Herbig, Bursians Jahresbericht 140. Bd., 1908, 79 ff". Eine knappe, aber sehr lehr- reiche Erörterung des Problems gibt K. Kretschmer beiGERCKE-NoRDEN, Einleitung in die Altertumswiss. I, 1910', 176 ff.

^ ) Neuerdings verficht C. Schuchhardt, Alteuropa. Straßburg und Berlin 1919, 192 ff'. 317 das Autochthonentum der Etrusker.

-) Zuersterwähnt bei Hesiod, Theog.1016.

') Bedeutende Reste einer kleinen Etrus- kerstadt sind aufgedeckt worden südlich von Bologna am oberen Reno beim heu- tigen Marzabotto, Momimenti antichi 1 249 ff.

*) Herodot I 163.

■') Strabo V 220; vgl. Herodot 1 163. 167.

^) H. Droysen, Athen und der Westen, Berlin 1882.

24 Römische Geschichte.

die Etrusker, soweit wir sie kennen, keine geschlossene Einheit. Zwischen den einzelnen Stadtgemeinden, von denen man im eigentlichen Etrurien (in der heutigen Toskana) zwölf und ebensoviel nördlich des Appennin zählte,') kann höchstens eine lockere Vereinigung bestanden haben, die sich im wesentlichen auf gemeinsame Gottesdienste l)eschränkt haben mag, wie solche sogar noch in der Kaiserzeit vorkommen. 2) Nur zeitweilig scheinen sich mehrere Städte etwa zu kriegerischen Zwecken enger verbündet zu haben. 3) Die Etrusker erwarben sich grofjen Reichtum; wenn in späterer Zeit die ohesi Etrusci wegen ihrer üppigen Lebenshaltung und ungehemmten Sinn- lichkeit berüchtigt waren,^) so mögen sie in der Tat allmählich der er- schlaffenden Wirkung einer raffinierten Zivilisation erlegen sein. Aber von Haus aus gebrach es dem verwegenen Volk keineswegs an kriegerischer Energie. Früh gelangten die Etrusker zu einer Seemacht und im Bund mit Karthago vermochten sie um 540 v. Chr. die Phokäer aus Alalia auf Korsika zu verdrängen, Korsika verblieb seitdem lange in etruskischem Besitz. Eine Zeitlang gebot das etruskische Herrenvolk sogar über Latium und Kampanien.ö) Auch das kampanische Kyme wollten sie bezwingen; nach einem ersten Versuch von der Landseite her (um 524 v. Chr.) griffen sie die Stadt 474/3 v. Chr. zur See an, wurden jedoch von den Syraku- sanern unter Hieron geschlagen. ß) Seit jener unglücklichen Schlacht bei Kyme ging es mit ihrer Macht bergab und bestand Feindschaft zwischen ihnen und den Syrakusanern, die auch später noch (453/2 v. Chr.) erfolg- reiche Züge an ihre Küsten ausführten.') Auch der Tyrann Dionysios von Syrakus griff die Etrusker an und verheerte ihre Küsten (384/3 v. Chr.);^) um jene Zeit besiedelten Syrakusaner mit der Gründung von Ancon (Ancona) die beste Hafenbucht an der Adria, wodurch auch in diesen Gewässern die Macht der Etrusker eingeschränkt wurde. Aber wenn die Etrusker auch

') Vgl. Diodor XIV 113. Strabo V 219. E. Bormann, Archäol.-epigr. Mittheil, aus Oesterr.-Ungarn XI, 1887. 103 ff. hat die Na-

deten die Etrusker auch in Kampanien zwölf Städte, deren Haupt Capua gewesen sei. Die früher gehegten Zweifel an einer

men der in derKaiserzeit am gemeinsamen | etruskischen Herrschaft in Kampanien Gottesdienst beteiligten Städte ermittelt. : (F.voNDuHN,Verhandl. derPhilolog.-Vers., Es sind Arretium, Caere, Clusium, Cor- ; Trier 1879, 114 f.) sind durch den in Capua

tona, Perusia, Populonia, Rusellae, Tar- quinii, Vetulonia, Volaterrae, Volci, Vol- sinii. Hier fehlen jedoch einige, z. B. Faesulae und Veji. Die Zwölfzahl kann daher nicht verbürgt werden.

*) Die Nachrichten bei Livius I 8, 3.

gemachten Fund einer etruskischen In- schrift (F. BücHELER, Rhein. Mus. 55, 1900, 1 tf.) erledigt. Unter den Etruskern blie- ben die Osker im Land. Nach Cato fr. 69 (bei Velleius Paterc. I 7, 2) haben die Etrusker Capua (vnid demnächst Nola)

II 44, 8. V 1, 3 f. von einem etruskischen | gegründet und zwar etwa 2(50 Jahre vor

König, von gemeinsamen Zusammen- der Einnahme der Stadt durch die Römer,

künften und Gottesdiensten aller Etrusker Velleius versteht unter der Einnahme den

verdienen kein Vertrauen. Fall Capuas vom J. 211 v.Chr.; Cato wird

3) Thukyd. VI 88, 6. aber den Anschlufs an Rom vom J. 338

•*) Theopomp fr. 222 (FHG 1 315) gibt eine v. Chr. gemeint haben, so dafs nach seiner

drastische Schilderung ihrer „sexuellen Ansicht Capua um 000 v. Chr. entstanden

Schlaraffia" (so R. v. Pöhlmann, Gesch. der wäre. Vgl. Hülsen, PW III 1555 f., F. Mün-

sozialen Frage und des Sozialismus in zer, Hermes 49, 1914, 196 f.

der antiken Welt IL München 19122, 366). j 6) p^s Weihgeschenk der Sieger an

Strabo V 216. Zur Korrektur dieser Auf- j Olympia, ein Bronzehelm mit Inschrift,

fassung vgl. F. Weege, Etrusk. Malerei, ; ist erhalten: SIG I'* Nr. 35 B.

Halle a/S. 1921, 61. ■) Dionys. Halic. VII 3 f. Diodor. XI 51.

5) Polyb. II 17: Strabo V 242. Müller- 88 f.

Deecke, Etrusker 1 162. Nach Strabo grün- ^) Diodor. XV 14.

2. Italische und römische Vorgeschichte. 2.) 25

der syrakusaniseheii Flotte nicht gewachsen waren, so bildeten sie doch als Seeräuber noch lange genug den Schrecken des adriatischen und tyr- rhenischen Meeres, ja sogar der Agäis. ') Ihr Name, der übrigens auch auf andere Bewohner Italiens überging, wurde geradezu zum Gattungsbegriff des Piraten.

Gegen Nordwesten hin grenzen die Etrusker an die Ligurer {Aiyveg)^ die den nördlichen Appennin und die Westalpen bewohnten und der Küste entlang sich bis an die Pyrenäen erstreckten, ein in viele kleine Stämme zersplittertes, ethnographisch wie sprachlich nicht sicher bestimmtes Volk.^) Im Nordosten, in Oberitalien, sind den Etruskern die Veneter {'Evstoi) be- nachbart, ein illyrischer Stamm, ^) der mannigfachen etruskischen Einflufe erfuhr.^)

Mit Ausnahme der Japyger, Etrusker, Ligurer und Veneter sind die übrigen Bewohner Italiens unter sich nahe verwandt und werden deshalb von der Wissenschaft unter dem Namen „Italiker" zusammengefaßt. Sprachlich gliedern sich diese Italiker in zwei Gruppen, eine gröFaere, die umbrisch- sabellische, und eine kleinere, die latinisch-faliskische. Die Umbrer COjußQixoi) sind ein altes Volk, das am Gestade der Adria im Podelta und weiter südlich hauste; unter dem Druck der Etrusker und später besonders der Gallier räumten sie die Küste und wichen ins Gebirge zurück.^) W^eit ausgedehnt ist das Gebiet der sabellischen Völkerschaften, die ihren Ur- sprung von den Sabin i herleiten, deren Name Aviederum identisch ist mit den Samnites {^^awliai); beide Namen sind nur verschiedene Formen der- selben Bezeichnung, die im Oskischen Safineis lautete.*^) In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. drangen sie aus dem gebirgigen Binnen- land gegen die Küsten vor. Im Jahr 438 v. Chr. (ol. 85, 3) ') drangen Sam- niter in das Land der Opiker ein, eroberten Capua und Umgebung und bildeten fortan ein besonderes Volk, das sich nach der Stadt Capua Kam- paner {KciTiTravoi auf ihren Münzen) nannte.*) 421 v. Chr. (ol. 89, 4) 9) fiel ihnen Kyme zur Beute, das dann allmählich zu einer oskischen Stadt wurde. Das benachbarte Nola, sowie die Gegend von Nuceria und weiterhin das

') BoECKH, Seeurkunden 457 ff. 1 sprünglich Umbrer gewohnt.

■^^ H. d'Akbois de Jubainville, Les pre- \ ^) Strabo V 228. 250. Der Sanmitername

iniers hahäants de TEurope II, 1894:'^, erklärt | hat eine weitere und eine engere Be-

sie für Indogermanen. Dem widerspricht i deutung: in älterer Zeit wird er allgemein

aus sprachlichen Gründen G. Hekbig in [ zur Bezeichnung der sabellischen Stämme

Hoops' Reallexikon der german. Altertums- l gebraucht, so gelegentlich noch vonPoly-

kunde III 157 if., während M. Niedermann, 46. Jahrb. des Vereins Schweizer. Gym- nasiallehrer, Aarau 1919, für indogerma- nische Abkunft eintritt. Vgl. auch C. JuLLiAN, Histoire de la Gaule I, Paris 1909, 110 if. und K. MüLLENHOFF, Deutsche Alter-

bios (IX 5, 8); später beschränkt er sich auf denjenigen Teil, der den Römern am längsten trotzte. Sabeller wird synonym mit Samniter gebraucht. Strabo V 250, Liv. X 19, 20.

■) DiodorXIISl. Liv. IV 37 erzählt da-

tumskuixle I 86, III 173 ff. von unter dem J. 423 v. Chr.

'■'') Herodot I 196. 1 ^) Mit dem lateinischen campus hat der

*) Pauli, Altitalische Studien, 3. Bd. Name der Kampaner nichts zu tun; im

^) Ravenna, obwohl wahrscheinlich eine strengen Sinn bezeichnet er nur die Be-

etruskische Gründung, ist in historischer \ wohner von Capua und Umgebung, so

Zeit von Umbrern bewohnt. (Vgl. Rosen- dafs z. B. die Nolaner nicht einbegriffen

BEEG, PWIA300f.) Mitten durch Etru- rien liiefst der in das tyrrhenische Meer mündende Umbro; also haben hier ur-

sind. Vgl. Hülsen, PW III 1437.

9) Diodor XII 76: nach Liv. IV 44: 420 V. Chr., vgl. Strabo V 243.

Römische Geschichte.

liebiet bis zum SilarusHulä fiol gloichtalL^ don v^amnitorn anhoiin. Pio Kiii- heimischou wurdou toils. wie ilio Opikor. von ilon Kiiulriny:lini<:oi\ absorlnort. toils bohauptoton sio, wie dio Auruiikor (Ausonor) u!\d Siiliziiior. ihro Kiiloiiait.

Etwa gltMohzoitig mit ilor Kroborm\g Kampaiuons ilraiiyon aiuloro sam- nitisn*he Scharon nach Uutoritalioiv vor. wo sio ilio oinotrisohon Stjimmo ülH^rwültigtou und ein nouos Volk, liio Lukanor (.Ifixcno/. auf Miinzon auch .Irxzaivx, lat. Loucaui) biUloton. Dioso worden iiOo v. Chr. zuerst In- stimmt orwilhnt und l>aUl war ganz Siiditahen vom Sihirus bis zur (Tienze Japvgiens in ihrem Besitz.^) Die kleineren Grioolienstiidto der Wostkiiste erlagen ihnen mit Ausnahme von Elea, aber auoh die größeren Gemeindon der C>stküsto hatten einen sohweron Stand. Die Widerstandskraft der Italioten, d. h. der griei'hischen Howohner Italiens, wurde gelähmt duroh Kämpfe gegen den Tyrannen Dionvsviivs von Synikus, der die Lukaner imtor- stützte und ihnoii ihre Maoht begründen half. Als dann Dion gegen die Tyrannis des Dionysii>* 11 auftrat, sonderte sich (.'i"H> ö v. Ohr.) der südliche Teil der Lukaner ab. um einen eigenen Stamm, den der Brettier (auch Brittier ixler Bruttier) zu bilden, der den Grioehon nicht weniger gefährlich wei\ien sollte.-) Auch am adriatisohen Meer dominierten die Samniter. denen Picenter (Picentiner) und Frentaner (Frentraner) angehören und die selbst ins norvlwoistliche Apulien vonlringen. So sind denn die Samniter die maß- gebende Nation in Unteritalien, von wo aus sie. und zwar besonders die Kamjvmer. als Söldner der sizilischen Griechen und der Karthager nach Sizilien hinübergriften. um auch dort eine Rolle zu spielen. Viele wui-den dort setähaft und in dem Chat>s. das auf ilen Sturz des jüngeren Dionysios folgte und von 356 346 v. Chr. währte, gewann es fast den Anschein. als sei es um den griechischen Charakter der Insel geschehen.')

Alle diese Si\bellischen Stämme redeten eine Sprache, die man naeii dem Zentrum ihrer Kultur in dem Opiker- oder Oskerland Kampanien die oskisohe nennt.*) Die Si'hrift entlehnten sie von den Etruskern: nur die südlichen Stämme bedienten sich des griechischen Alphabets. Besonders die Kampaner und Lukaner wußten sich die Segnungen der griechisc*hen Kultur, die sie in den benachbarten Kolonien kennen und schätzen lernten, zu eigen zu machen. Während sich so vor allem in Kampanien städtisches Leben nach griechischem Muster entf;Utete, blieben die binnenländischen Sabeller noch lange der schlichten heimischen Art treu. Das Bergland begünstigte deren Zersplitterung in viele kleine Stämme; außer den Sabinern, Picentern. Frentanem und den Samnitern im engeren Sinn bildeten die Marser. Päligner und Marruciner besondere Kantone mit ländlicher Verfassung. Städtisches Leben entwickelte sich bei ihnen erst \"iel später, unter der römischen Herr- schaft: jede Zusiuumenfassung zu einer größeren |x>litischen Einheit fehlte, wie sie denn überhaupt nie ein eigentliches Staatswesen gebildet haben. Aber sie waren wehrhaft und krieserisoh und in fremdem Dienst, besonders

') IHodor XIV yi. Skylax § 1-J f. ( = (»Vo- 4fnipki (trafci minores ed. CMcLLER I lV<f.l.

»> I>i\>dor XVI 15. StraW VI 2'm.

'i Plato epist. S p. 353 E, Plutarch. Timol. 1.

*) Th. Mom msex. Unteritalische Dialekt«»,

Leipzii.' 1S54>. J. Zvetajkff. St/Ilofjf ittscrip- tionHt» oscariii»!. Petersburg l!>7& und In- scriptionfs Italiat inffr. diaifcficae, Moskau lSt>6. R. S. CoxwAY, The Italic dialfrt*, 2 Bde.. Cambridge lt>i*7.

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2. Italische und römische Vorgeschichte. 2.)

bei don siziliseheii Maohthahorn. wurden viele von ihnen mit hellenischer Kriegskunst vertraut.

Von den Sabellern uud Etruskern werden die Latiner iunsohlos.sen. deren Sprache mit der umbrisch-oskisclien verwandt ist. so beträchtlich die Unterschiede z^^^schen den beiden Dialektgruppen sind. Die Latiner be- wohnten den westlichen Küstenstrich, der sich nach Süden hin an die Tiber- mündung anschlietät. Nach dem Binnenland zu waren sie von drei kleineren Völkern begrenzt: im Süden saßen die Volsker^) {^OXaoi bei Skylax §9), die ihrerseits südwärts an die Aurunker und östlich über den Liris hinaus an die Samniter stietsen. im Nordosten die Aequer.^l deren Gel)iet östlich bis an den Fucinersee reichte, imd endlich zwischen Aequern und Volskern im Tal des Trerus bei Anagnia und Frusino die Herniker. Ob diese drei Stämme den Sabellern oder den Latinern zuzurechnen sind, ist bis jetzt nicht entschieden: von den Latinern aufgesogen, haben sie ihr Volkstum verhältnismäfsig früh eingebüfjt. An der Küste erstreckt sich Latium ur- sprünglich vom Tiber bis zum waldigen Vorgebirge Circei (bei Tarracina). beschränkt sich also auf die Landschaft am linken Ufer des unteren Tiber mit dem vulkanischen Albanergebirge als Mittelpunkt. Doch mag auch noch das rechte Tiberufer zu Latium gehört haben: wenigstens sind die Falisker. die im südlichen Etrurien mitten imter Etruskern Falerii bewohnten, den Latinern nächstverwandt, wie der Befund der Sprachreste beweist.

Ohne Zweifel sind die Italiker als Mitglieder der indogermanischen Völker- familie in grauer Vorzeit in die Appenninenhalbinsel eingewandert wie die Griechen in den Balkan.^) Die erwähnten prähistorischen Siedlungen in den Terremare der Foebene wollte W. Heibig auf die noch ungetrennten Italiker zurückführen, die von Xorden zu Land gekommen wären, mn dann weiter nach Süden vorzudringen. Diese Ansicht ist heute aufgegeben, aber die Ethno- graphie jener tenamaricoli bleibt kontrovers. De Sanctis hat sie sogar für Etrusker erklärt, während andere von Ligurern reden. Die Japyger sind nach einer Vermutung Helbigs^) über die Adria von Epirus oder Illyrien aus nach Italien gekommen, wohin sie als Verwandte der ältesten Hellenen bereits eine gewisse Kultur mitgebracht hätten. Andere Gelehrte denken sich die Japyger als Einwanderer auf dem Landweg aus dem nörd- lichen Illyrien. Obschon die Ligurer in historischer Zeit auf die Gegenden des nördlichen Appennin und der angrenzenden Alpen beschränkt waren, scheinen sie doch ursprünglich einen weit größeren Teil Italiens bewohnt zu haben. Wenigstens tinden sich in Nord- und Süditalien, in Sizilien und Ligurien ähnlich klingende Ortsnamen. Wenn die Alten von Ligurem im Zusanunenhang mit der Besiedelung Siziliens sprechen.'! so beweist das nicht

*) U. V. WiLAMOwrrz. Hermes 83, ISV^. 524 f. hat im Ansohhiß an eine antike Tntdition vermutet, dat die Volsker aus Illyrien eingewanderte Eroberer seien.

■) Aequi oder Ae<.iuiculi. griechisch Aixoi, AtxtxXcH^ Aixawi, AixiM.awi. Pt?r Xame steckt im heutigen Cicolano (d. h. Ae«:iui- culum).

') Ep. Meyer. Gesch. des Altertums I. 2' § •">♦>> läßt die indogermanischen Italiker

von Illyrien aus über die Adria ein- gewandert sein.

*) Hermes XI. ISTti. :57 ff.

*) Per Historiker Philistos nannte das in Sizilien unter Fühnuig des SLkelos einwandernde Volk, die spdteren Sikeler. Ligurer. die ihrerseits von Umbrern imd Pelaseeru vertrieben worden seien. Dionys. Hai. I 22. Thukyd. ^^ 2. Ste- phanus Byz. s. v. 2:ucsÄj,ix. Vgl. A. PitfAjnou

Römische Geschichte.

Gebiet bis zum Silarusflufs fiel gleichfalls den Samnitern anheim. Die Ein- heimischen wurden teils, wie die Opiker, von den Eindringlingen absorbiert, teils behaupteten sie, wie die Aurunker (Ausoner) und Sidiziner, ihre Eigenart.

Etwa gleichzeitig mit der Eroberung Kampaniens drangen andere sam- nitische Scharen nach Unteritalien vor, wo sie die oinotrischen Stämme überwältigten und ein neues Volk, die Lukaner {Aevy.rxvoi, auf Münzen auch Avyuavol, lat. Loucani) bildeten. Diese werden 393 v. Chr. zuerst be- stimmt erwähnt und bald war ganz Süditalien vom Silarus bis zur Grenze Japygiens in ihrem Besitz, i) Die kleineren Griechenstädte der Westküste erlagen ihnen mit Ausnahme von Elea, aber auch die größeren Gemeinden der Ostküste hatten einen schweren Stand. Die Widerstandskraft der Italioten, d. h. der griechischen Bewohner Italiens, wurde gelähmt durch Kämpfe gegen den Tyrannen Dionysios von Syrakus, der die Lukaner unter- stützte und ihnen ihre Macht begründen half. Als dann Dion gegen die Tyrannis des Dionysios II auftrat, sonderte sich (356 5 v. Chr.) der südliche Teil der Lukaner ab, um einen eigenen Stamm, den der Brettier (auch Brittier oder Bruttier) zu bilden, der den Griechen nicht weniger gefährlich w^erden sollte.-) Auch am adriatischen Meer dominierten die Samniter. denen Picenter (Picentiner) und Frentaner (Frentraner) angehören und die selbst ins nordwestliche Apulien vordringen. So sind denn die Samniter die maß- gebende Nation in Unteritalien, von wo aus sie, und zwar besonders die Kampaner, als Söldner der sizilischen Griechen und der Karthager nach Sizilien hinübergriffen, um auch dort eine Rolle zu spielen. Viele wurden dort seßhaft und in dem Chaos, das auf den Sturz des jüngeren Dionysios folgte und von 356 346 v. Chr. währte, gewann es fast den Anschein, als sei es um den griechischen Charakter der Insel geschehen. 3)

Alle diese sabellischen Stämme redeten eine Sprache, die man nach dem Zentrum ihrer Kultur in dem 0]3iker- oder Oskerland Kampanien die oskische nennt.^) Die Schrift entlehnten sie von den Etruskern: nur die südlichen Stämme bedienten sich des griechischen Alphabets. Besonders die Kampaner und Lukaner wußten sich die Segnungen der griechischen Kultur, die sie in den benachbarten Kolonien kennen und schätzen lernten, zu eigen zu machen. Während sich so vor allem in Kampanien städtisches Leben nach griechischem Muster entfaltete, blieben die binnenländischen Sabeller noch lange der schlichten heimischen Art treu. Das Bergland begünstigte deren Zersplitterung in viele kleine Stämme; außer den Sabinern, Picentern, Frentanern und den Samnitern im engeren Sinn bildeten die Marser, Päligner und Marruciner besondere Kantone mit. ländlicher Verfassung. Städtisches Leben entwickelte sich bei ihnen erst viel später, unter der römischen Herr- schaft; jede Zusammenfassung zu einer größeren politischen Einheit fehlte, wie sie denn überhaupt nie ein eigentliches Staatswesen gebildet haben. Aber sie waren wehrhaft und kriegerisch und in fremdem Dienst, besonders

') DiodorXIV91. Skylax §12f. (= G^o- Leipzig 1850. J.Zxetajbff, Siflloge inscnp-

graphi graeci minores ed. C. Müller 1 19 f.). iionum oscarnm, Petersburg 1878 und In-

*) Diodor XVI 15. Strabo VI 2-55. scrlptiones Italiae infer. dialecficae, Moskau

3) Plato epist. 8 p. 358 E. Plutarch, 1886. K. S. Coxway. The Italic dialects,

Timol. 1. 2 Bde., Cambridge 1897.

•') Th. MoMMSEN, Unteritalische Dialekte,

2. Italische und römische Vorgeschichte. 2.) 27

bei den sizilischen Machthaber n, wurden viele von ihnen mit hellenischer Kriegskunst vertraut.

Von den Sabellern uud Etruskern werden die Latiner umschlossen, deren Spraclie mit der umbrisch-oskischen verwandt ist, so beträchtlich die Unterschiede zwischen den beiden Dialektgruppen sind. Die Latiner be- wohnten den westlichen Küstenstrich, der sich nach Süden hin an die Tiber- mündung anschließt. Nach dem Binnenland zu waren sie von drei kleineren Völkern begrenzt; im Süden saßen die Volsker^) {^0?.ooi bei Skylax §9), die ihrerseits südwärts an die Aurunker und östlich über den Liris hinaus an die Samniter stießen, im Nordosten die Aequer,^) deren Gebiet östlich bis an den Fucinersee reichte, und endlich zwischen Aequern und Volskern im Tal des Trerus bei Anagnia und Frusino die Herniker. Ob diese drei Stämme den Sabellern oder den Latinern zuzurechnen sind, ist bis jetzt nicht entschieden; von den Latinern aufgesogen, haben sie ihr Volkstum verhältnismäßig früh eingebüßt. An der Küste erstreckt sich Latium ur- sprünglich vom Tiber bis zum waldigen Vorgebirge Circei (bei Tarracina), beschränkt sich also auf die Landschaft am linken Ufer des unteren Tiber mit dem vulkanischen Albanergebirge als Mittelj^unkt. Doch mag auch noch das rechte Tiberufer zu Latium gehört haben: wenigstens sind die Falisker, die im südlichen Etrurien mitten unter Etruskern Falerii bewohnten, den Latinern nächstverwandt, wie der Befund der Sprachreste beweist.

Ohne Zweifel sind die Italiker als Mitglieder der indogermanischen Völker- familie in grauer Vorzeit in die Appenninenhalbinsel eingewandert wie die Griechen in den Balkan. 3) Die erwähnten prähistorischen Siedlungen in den Terremai'e der Poebene wollte W. Heibig auf die noch ungetrennten Italiker zurückführen, die von Norden zu Land gekommen wären, um dann weiter nach Süden vorzudringen. Diese Ansicht ist heute aufgegeben, aber die Ethno- graphie jener terramaricoU bleibt kontrovers. De Sanctis hat sie sogar für Etrusker erklärt, während andere von Ligurern reden. Die Jajjyger sind nach einer Vermutung Helbigs'*) über die Adria von Epirus oder Illyrien aus nach Italien gekommen, wohin sie als Verwandte der ältesten Hellenen bereits eine gewisse Kultur mitgebracht hätten. Andere Gelehrte denken sich die Japyger als Einwanderer auf dem Landweg aus dem nörd- lichen Illyrien. Obsehon die Ligurer in historischer Zeit auf die Gegenden des nördlichen Appennin und der angrenzenden Alpen beschränkt waren, scheinen sie doch ursprünglich einen weit größeren Teil Italiens bewohnt zu haben. Wenigstens finden sich in Nord- und Süditalien, in Sizilien und Ligurien ähnlich klingende Ortsnamen. Wenn die Alten von Ligurern im Zusammenhang mit der Besiedelung Siziliens sprechen,^) so beweist das nicht

') U. V. WiLAMOwiTz. Hernips 33, 1898, [ von Illyrien aus über die Adria ein-

524 f. hat im Anschluß an eine antike t gewandert sein.

Tradition vermutet, dals die Volsker aus '■ *) Hermes XI. 1876, 257 ff.

Illyrien eingewanderte Eroberer seien. ^) Der Historiker Philistos nannte das

■'') Aequi oder Aequiculi, griechisch in Sizilien unter Führung des Sikelos

Aly.ot, Al'xiy.loi, Aty.aroi, AixolaroL Der Name einwandernde Volk, die späteren Sikeler,

steckt im heutigen Cicolano (d. h. Aequi- Ligurer, die ihrerseits von Umbi-ern

culum). und Pelasgern vertrieben worden seien.

^) Ed. Meyer, Gesch. des Altertums I, 2*- i Dionys. Hai. I 22. Thukyd. YI 2. Ste-

§ 565 läfat die indogermanischen Italiker \ phanus Byz. s. v. Ziy.e).ta. Vgl. A. Piganiol,

28 Römische Geschichte.

viel, da schon die wechselnde Gestalt der betreffenden Nachrichten lehrt, daß ihnen keine bestimmten historischen Erinnerungen zugrunde liegen. Aber auch das prähistorische Material, das die modernen Ausgrabungen ge- liefert haben, läf.H meist verschiedene Deutung zu. So glänzend sich die Ausgrabungstechnik der Italiener unter der Führung von Gelehrten wie L. Pigorini, P. Orsi u. a. entwickelt hat, so ist doch die prähistorische Wissenschaft an Problemen reicher als an sicheren Resultaten.

Über die Völker Italiens vgl. H. Nissen, Italische Landeskunde, 2 Bde., Berlin LS83. 1902, ders., Das Templum 101 ff. A. Holm, Gesch. Siziliens im Altertum I, Leipzig 1879. E. A. Fkeeman, Histonj of Sicily, deutsch von B. Lupus, I, Leipzig 1895.

E. Pais, Storia d'Italia I, 1. Th. Mommsen, Die unteritalischen Dialekte, Leipzig 1850. J. Beloch, Campanien, Breslau 1890^. W. Abeken, Mittelitalien vor den Zeiten der römischen Herrschaft nach seinen Denkmälern dargestellt, Stuttgart 1843.

K. 0. Müller, Die Etrusker, 2. Aufl. von W. Deecke, Stuttgart 1876 f. W. Helbig, Die Italiker in der Poebene, Leipzig 1879. Zur Orientierung über die ethnographi- schen und prähistorischen Forschungen vgl. Ed. Meyek, Geschichte des Altertums II § 310 ff. F. VON DuHN, Neue Heidelberger Jahrbücher IV (1894) 143 flf. VI (189G) 19 ff., ders.. Das voretruskische und etruskische Bologna (Besprechung von A. Grenier, Bologne Vülanovlenne et ('trusque, Paris 1912), Prähist. Zeitschr. V, 1913, 472 flf. G. de Sanctis, Storia dei Romanl I 50 ff., sowie die Spezialwerke: B. Modestov, Introduction d Vhistoire romaine (aus dem Russischen), Paris 1907. O. Montelius, La civilisation prhnitive en Italie depuis V introduction des mHaux, Stockholm 1895 ff., ders., Die vor- klassische Chronologie Italiens, Stockholm 1912. T. E. Peet, The stone and hrome ages in Itali/ and Sici'Ii/, Oxford 190!). Seit 1875 erscheint das Bidlettino di paletnoJogia italiana.

3. Gründungsgeschichte Roms. Die bekannte Legende gibt Rom zwei Gründer, 1) die Zwillingsbrüder Romulus und Remus, die Söhne einer Königs- tochter aus Alba Longa und des Gottes Mars. Nach der Geburt ausgesetzt, werden sie von einer Wölfin gesäugt, dann von Hirten gefunden und auf- gezogen, um schließlich, als Fürstensöhne erkannt, in Wahrnehmung ihrer Rechte nach Alba Longa zurückzukehren, von wo aus sie Rom gründeten. Man hat es hier mit einer Fabel zu tun, wie sie ähnlich schon früher vom griechischen Drama gestaltet worden war. Die ältesten Zeugnisse dieser Gründungssage sind auf italischem Boden römisch-kampanische Mlinzen (Di- drachmen) 2) mit dem Bild der Wölfin samt den Zwillingen, geprägt in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. und in Rom selbst das Bronze- standbild der Wölfin auf dem Kapitol (heute im Konservatorenpalast), ein Werk, dessen Stil auf einen in Italien ansässigen griechischen Künstler des 6. oder 5. Jahrhunderts v. Chr. schließen läfst.^) Ein ähnliches, nicht mehr erhaltenes Standbild stellten die Gebrüder Ogulnii im Jahr 29(3 v. Chr. unter der flcus Ruminalis (dem heiligen Feiligenbaum beim Lupercal) auf.*) Als Stifter der römischen Gemeinde {pojmlus) mit ihren wichtigsten Organen

Essai sicr les origines de Bonie, BiU. des sprechende Spuren an der erhaltenen

-ecoles frani;. d'Äthenes et de Borne, fasc. 110, Statue sichern die Identität. Petersen

Paris 1917, 9 f. läßt die Statue gleich nach dem Sturz

^) In dieser Zweizahl der Gründer sieht | des Königtums als Symbol des befreiten

Mommsen eine Rückspiegelung des Doppel- Gemeinwesens gestiftet sein. Aber wer

regiments der Konsuln (Ges. Sehr. IV, 1 ff. weiß, wann und wie das Werk nach Rom

22 flf.). gelangte und ob ihm von Anfang an

•') Head, Historia numorum^ %2. menschlicheSäuglinge beigegeben waren?

^) W. Helbig, Führer durch die Samm- Für eine etruskische Arbeit des Ü. Jahr- lungen in Rom I'', 1912. Nr. 983. E. Peter- huuderts v. Chr. erklärt sich F. Weege, sen, Lupa capItoJina, Klio VIII 440 ff., IX Etrusk. Malerei, Halle a/S. 1921, 9. 29 ff. Die kapitolinische Wölfin wurde im ••) Liv. X 23, 12. J. 65 V. Chr. vom Blitz getroffen; ent-

2. Italische und römische Vorgeschichte. 3.) 29

erscheint Eomulus allein: neben ihm kommt Kemus nicht zur Geltung. Romulus gilt als der Eponym der Stadt Rom.') Aber seine wunderbare Geschichte ist nur ein Seitentrieb der üpjoig wuchernden Sagenpoesie der Griechen. Denn wie so viele Städte Italiens betrachtete man auch Rom als eine Gründung der nach dem Fall Troias versprengten griechischen oder troianischen Helden, über deren Schicksale es die mannigfaltigsten Er- zählungen gab. Die älteste, die schon um 400 v. Chr. bei Hellanikos und Damastes, später bei Aristoteles auftaucht, läßt die Stadt von Aeneas und Odysseus gegründet und nach einer Frau, der Troerin Rhome, benannt sein, auf deren Rat die gefangenen Frauen die Schiffe anzünden, um die Weiter- fahrt unmöglich zu machen. Nach einer anderen Version soll ein Sohn des Odysseus und der Kirke, Rhomos, der Stadt den Namen gegeben haben. Solche Legenden, 2) die verschiedenen Zeiten angehören, dienen dem Zweck, den Ursprung Roms mit Griechenland und seiner Poesie in Verbindung zu bringen. Sie sind insofern lehrreich, als sich das wachsende Ansehen Roms in ihnen zu spiegeln scheint. Offiziell rezipiert wurde in Rom derjenige Mythus, der den Ursprung Roms auf Aeneas zurückfuhrt, zu dessen Sohn oder Nachkommen Romulus gestempelt wird. Zur Zeit des zweiten make- donischen Kriegs ist diese Version die herrschende. Eine moderne Hypo- these, die aber in die antiken Erzählungen erst künstlich hineininterpretiert werden muß, wollte dem Aeneas noch die weitere Funktion zuweisen, als Sohn der Aphrodite den Kult seiner göttlichen Mutter zu vertreten und in seinen Wanderungen dessen Verbreitung darzustellen.^) Damit wird der Sage eine ihr fremde Nebenabsicht zugeschoben. Richtig ist dagegen, daß die Geschichte des Aeneas nachträglich benutzt wurde, um den Ursprung von Heiligtümern und Institutionen ätiologisch zu erklären; denn einmal eingebürgert, lockte die Dichtung zu weiterer Ausgestaltung. Während in den älteren Versionen Aeneas unmittelbar der Vater des Stadtgründers von Rom ist, schaltete man sjDäter mit Rücksieht auf die griechische Chrono- logie,'*) die schon dem Cato bekannt war, Zwischen Aeneas und dem Rhomos oder Romulus eine Reihe erdichteter Könige von Alba ein. Als dies ge- schah,^) muß die Tradition über die Dauer der römischen Königszeit bereits festgestanden haben.

Aber in dem Bestreben, die Ursprünge Roms zu glorifizieren, griff man noch über Aeneas und die Helden des troianischen Kriegs hinaus. Man ließ nämlich der Landung des Aeneas in Italien die Einwanderung des

]) P. Kketschmee, Glotta I, 1909, 288 fF. [ Rom. Gesch. 1 279 ff. J. Rubino, Beiträge

zeigt, daß Griechen als Eponym den Rho- | zur Vorgeschichte Italiens, Leipzig 1868,

mos erfanden, den die Römer durch Remus : 84 ff. Nissen, Die Aeneassage, N. Jahrb.

ersetzten, der sich dann, als Romulus hin- f. Philol. 91, 375 f.

zuerfunden war, als dessen Bruder be- hauptete.

-) Dionj-s. Hai. I 72 f. Plutarch, Romu- lus 1. Festus s. V. Romam. Solinus I 1 ff. Vgl. ScHWEGLER, Rom. Gesch. I 384 ff.

B. Niese, Hist. Zeitschr. N. F. 23, 481 ff,

C. Triebek, Rhein. Mus. 43, 569 und be- sonders A. Rosenbekg, PW ja 1074 ff.

') R. H. Klausen, Aeneas und die Pe- naten, 2 Bde., Hamburg 1839. Schwegler,

■•) Nach der kanonischen Rechnung des Eratosthenes entsi^richt das Jahr der Zer- störung Troias dem J. 1184,3 v.Chr., wäh- rend Roms Gründung um 750 v. Chr. an- gesetzt wird.

'") MoMMSEN, Rom. Chronologie 156, meint, Alexander Polyhistor, ein Zeitgenosse Sullas, sei der Schöpfer der albanischen Königsliste. Vgl. C. Tbieber. Hermes 29, 1894, 124 ff.

30 Römische Geschichte.

Arkaders Euandron von l^iUantion voraufgehen, der nach seiner Vaterstadt den Palatinhügel und das Palatium benannt haben soll. Diese Erzählung ist zuerst bei Polybios ^) sicher nachweisbar, muß aber älter sein und ur- sprünglich eine selbständige Gründungsgeschichte gebildet haben. ^) Auch Herakles soll die Stätte Roms berührt haben, als er mit den Rindern des Geryoneus aus dem Westen heimkehrte; damit hatte man eine Ätiologie gewonnen für den in Rom wie in ganz Italien seit alters gepflegten Her- kuleskult, den der Heros einst selbst in Rom auf der ara maxima gestiftet habe. Zu diesen Mythen kamen noch die landläufigen griechischen Erzählungen von Wanderungen hellenischer oder vorhellenischer Völker, wie derPelasger, von denen man die Etrusker ableitete, aus denen man zugleich die unter- italischen Stämme hervorgehen ließ, und der Sikeler, die nach der herr- schenden Anschauung aus dem Festland Italiens nach Sizilien eingewandert waren und vorher in Latium gehaust haben sollen. 3) Diese verschiedenen Elemente hat Dionys von Halikarnaß im Anfang seiner Archäologie zu einer pragmatisch und chronologisch zusammenhängenden Darstellung ver- einigt, ein Beweis für die besondere Sorgfalt, die man diesen fabulosen Urgeschichten widmete.*)

4. Die römischen Könige. Nach der Gründung, so lautet die Über- lieferung, herrschten in Rom Könige, sieben an Zahl: Romulus (37 Jahre), Numa Pompilius (41 oder 43 Jahre), Tullus Hostilius (32 Jahre), Ancus Marcius (23 oder 24 Jahre), L. Tarquinius Priscus (38 Jahre), Servius TuUius (44 Jahre), L. Tarquinius Superbus (25 Jahre). Die Gesamtdauer dieser Königs- herrschaft wird in der Regel mit 244 Jahren gerechnet.^) Die legendäre Geschichte dieser Könige ist keine echte, volkstümliche Sage, sondern dient als gelehrtes Machwerk ätiologischen Zwecken. Geschichtliche Aufzeich- nungen liegen dieser abstrakten Dichtung nicht zugrunde, höchstens hie und da die letzten Reste einer verblaßten Erinnerung. '') Wie die Gründungs- geschichte, so ist auch die Königsgeschichte unter der Einwirkung griechi- scher Literatur und griechischen Geistes entstanden. Sie verfolgt den Zweck, die Entstehung der Gemeinde Rom und ihrer Institutionen zu erklären. Einrichtungen oder Zustände, die man für ursprünglich hielt, wurden ganz willkürlich der Königszeit zugeschrieben. Die Gründung der Gemeinde und ihrer Verfassung, die Gliederung der Bürgerschaft, die Bildung des römi- schen Territoriums {ager Bomanus) im ältesten erinnerlichen Umfang, die Einverleibung der umliegenden Ortschaften, die Ummauerung der Stadt, der Bau der ersten öffentlichen Gebäude, die Unterwerfung der Latiner, all das galt als Leistung der Königszeit.

') Polyb.VI 11''* 1 (Fragment bei Dionys. j kanischen Zeit bezeugt. Siehe 0. Leuze,

Hai. I 32). Die röm. Jahrzählung, Tübingen 1909, 83t}\

-) Als solche erscheint sie noch bei I **) Gelegentlich hat man vermutet, dal3

Strabo V 230. in der Ivönigsgeschichte alte einheimische,

') Die letztere nach Antiochos von Syra- besonders religiöse Traditionen durch-

kus fr. 3 (FHGI181) bei Dionys. Hal.I 12. schimmern, so A.Enmaxn, Zur röm.Königs-

•*) Dionys. Hai. I 11 ff., 17 ff' geschichte, Jahresber. der reformierten

^) Die kapitolinische Fastentafel gibt nur Kirchenschule St. Petersburg 1892. E.Pais

243 Jahre. Nach Mommsen, Rom. Chrono- logie 137 hätte der ursprüngliche Ansatz sich auf 240 Jahre belaufen, aber diese Zahl ist für keinen Autor der republi-

wollte früher sogar die Tarquinier mit dem GottTarpeius identifiziex-en, hat aber diesen Einfall jetzt aufgegeben.

2. Italische und römische Vorgeschichte. 4.) 31

Die Namen der Könige, besonders die etruskischen Vornamen ') Numa, Tullus, Ancus klingen recht altertümlich; die gens Romilia oder Romulia ist ein früh ausgestorbenes, durch die Fasten für die erste Hälfte des 5. Jahr- hunderts bezeugtes Patriziergeschlecht, das ein Beweis für seine einstige Bedeutung einer der römischen Tribus den Namen gegeben hat. 2) Die Tarquinier sind ein etruskisches Adelsgeschlecht. Inwieweit nun freilich mit diesen an sich unverdächtigen Namen bestimmte historische Persönlich- keiten bezeichnet werden, ist nicht zu ermitteln. Die Marcii z. B. sind in republikanischer Zeit auffallenderweise Plebeier und so lag es nahe, in dem König dieses Namens lediglich eine nachträgliche Fiktion zu sehen, durch die man dem inzwischen zu Ansehen gelangten Haus zu einem erlauchten Ahnen verhalf.^)

Der erste König Romulus, der Gründer der Stadt, soll die sozusagen integrierenden politischen Einrichtungen getroffen haben, ohne die man sich das römische Gemeinwesen nicht vorzustellen vermochte. Er hat also den Senat der hundert patres und die Bürgerschaft {populiis), sowie den Standes- unterschied zwischen patres und plebs geschaffen und die Gesamtheit in dreißig Kurien gegliedert. Auch das Fußheer mit den Rittercenturien der Tities, Ramnes und Luceres gilt als sein Werk. In ihm, als ihrem Urbild, verkörpert sich die Magistratur mit ihrer Kompetenz. Auch die ersten glück- lichen Kriege führt Romulus und erobert Antemnae, Caenina und Nomentum, Auf Romulus folgt Numa Pompilius als Schöpfer des Sakralwesens, der Gottesdienste und ihrer Ausstattung, der Priesterschaften, der alten Kol- legien und Zünfte. Wie der griechische Mythus den Gesetzen eines Minos oder Lykurg die Weihe göttlicher Inspiration lieh, so soll auch Numa von einer Göttin, der Quellnymphe Egeria, die seine Geliebte oder seine Gattin wurde, beraten Avorden sein. Tullus Hostilius erobert vuid zerstört Alba Longa und verleibt die Albaner der römischen Bürgerschaft ein. Ancus Marcius bezwingt die Latiner, erwirbt die römischen Gebietsteile am rechten Tiberufer, wo er die Salinen einrichtet,^) überbrückt den Fluß und befestigt den Janiculus. An der Tibermündung gründet er mit den Latinern den Hafenort Ostia, zieht den Landgraben (die fossa Quiritiuni) und tut damit den ersten Schritt zur Befestigung der Stadt. L. Tarquinius, Sohn des Korinthers Demaratos und aus dem etruskischen Tarquinii eingewandert, erbaut die Hallen am Forum, den Zirkus und den Abzugskanal, die sog. cloaca. Auch beginnt er die Stadtmauer und legt den Grund zum kapito- linischen Tempel, den dann der jüngere Tarquinius vollendet. Er führt

') W. Soltau. Die Anfänge der röm. ' konnte, ist mit F. Münzek, Rom. Adels-

Geschichtschreibung, Leipzig 1909, 143 ff. , parteien, Stuttgart 1920, 80 f., vgl. 409,

^) L. Holzapfel, Bursians Jahresbericht ; wohl nur dadurch zu erklären, daß die Mar-

Bd. 1(58, 1914, 161 f. i cier „nicht Plebeier schlechthin"' waren,

^) Soltau a. a. O. 146 f., K. J. Neumann j sondern dem Patriziat besonders nahe- in der Weltgeschichte des Ullsteinverlags ' standen. Sollten da die Marcier nicht I 362, 398. Aber es gibt doch zu den- doch ein ehemals königliches Geschlecht ken, daß nach Liv. 27, 6, 16 im J. 210 v.Chr. gewesen sein?

ein M. Marcius als r<'.rsftc;-or(f>» verstorben j *) Die spätere Fassung der Königs- ist, also mit einer geistlichen Würde be- ' geschichte führt diesen Erwerb schon auf kleidet, die zu allen Zeiten den Patriziern Romulus zurück. Dionys. Hai. II 55, 5, vorbehalten war. Daß ein Plebeier aus- Plutarch, Romul. 25. Vgl. Plin. h. ,n. nahmsweise zu diesem Amt gelangen ! XXXI 89.

32 Römische Geschichte.

Krieg mit Latinern und Etruskern und verdoppelt den Senat durch Zu- lassung neuer Geschlechter, der patres minoriim f/oitkitn^) und die Ritter- schaft durch die neuen Centurien der Titienses, liamnejises und Luccres seciindi. Sein Nachfolger Servius Tullius, der im Haus des Tarquinius geborene und aufgewachsene Sohn einer latinischen oder etruskischen Kriegs- gefangenen, also einer Sklavin, 2) gliedert die Bürgerschaft zum Zweck der Abstimmung nach Klassen und Centurien auf (irund des Census, womit zugleich die Heereseinteilung gegeben ist. Auch die Tribus, zunächst die vier städtischen, werden auf ihn zurückgeführt; zu den übrigen (den länd- lichen) scheint ihm die Üljerlieferung jedenfalls die Ansätze beizulegen. Überliaupt gilt Servius Tullius als der Organisator der Bürgerschaft, indem er die Abteilungen einrichtet, in denen später die politischen Funktionen ausgeübt werden. Auch die Stadtmauer soll Servius Tullius vollendet haben. Auf ihn folgt Tarquinius Superbus, nach der älteren Tradition der Sohn des Priscus, als der letzte König. Seine Legende mufs also den Umsturz, den Übergang von der Monarchie zur Republik verständlich machen und zu dem Behuf wird Tarquinius Suj)erbus zum Tyrannen gestempelt, dessen brutale Willkür die Katastrophe des Königtums heraufbeschwört. Als den Anstoß zu seiner und seines Geschlechtes Vertreibung bezeichnet die Sage die Entehrung der Lucretia, der Gattin des L. Tarquinius Collatinus, durch einen der Königssöhne, Der König, so wird erzählt, lag mit dem Heer vor dem belagerten Ardea, als infolge jener Untat in Rom unter Führung des L. Junius Brutus ein Aufstand gegen die herrschende Dynastie aus- brach, dem sich auch das Heer anschloß. Das Königtum wurde abgeschafft; an Stelle des Königs traten zwei alljährlich zu wählende Konsuln; vom ersten Konsulnpaar war Brutus der eine. 3) Der gestürzte König mußte mit seinen Söhnen nach Caere in die Verbannung,'^) wie überhaupt das ganze Geschlecht des Landes verwiesen wurde, ^) Wiederholte Restaurationsver- suche der Emigranten, die mit Hilfe von Etruskern oder Latinern nach Rom zurückkehren wollten, scheiterten. Zuletzt sollen die Tarquinier in Kyme beim Tyrannen Aristodemos Malakos ein Asyl gefunden haben, '^)

Daß es in Rom ursprünglich eine Monarchie gegeben hat, läßt sich so wenig bezweifeln wie die Wertlosigkeit der traditionellen Legende über die Königszeit.'') Von den überlieferten Herrschernamen ist am besten beglaubigt

*) Für diesen „Pairscluib" wird teil- weise erst Brutus verantwortlieh gemacht. Tacit. ann. XI 25. Vgl. Liv. IV 4, 7.

2) Der Name Sei-vi'ns, der etruskischen Ursprungs ist, wird so durch falsches Etymologisieren von serviis abgeleitet und durch die Legende erklärt,

^) Als Kollegen des Brutus nennen die jüngeren Annalen den Gatten der Lu

*) Liv, I 60, Die Familie Tarcna, deren Grab in Caere, dem heutigen Cervetri, auf- gedeckt wurde, hat mit den Tarquinii nichts zu tun. Vgl, G, Körte, Jahrbuch des archäol. Instituts XII, 1897, 76.

^) Vgl, F, Münzer, Rom, Adelsparteien 52, 6) Liv, 1121,5. Dionys. Halic.V21. VII 3 ff. Eutrop. I 11, 2 läßt den Tarquinius in Tusculum sein Leben beschliefsen.

cretia, L. Tarquinius Collatinus; die ur- i ') Um 300 v.Chr. scheint die Königs-

sprüngliche Fassung lautete gewiß anders, j legende entstanden zu sein. Im .J. 290 v.Chr.

Leider fehlt uns das Zeugnis Diodors. wurden die Sabiner in den römischen

Aber nach der ältesten uns erreichbaren Bürgerverband aufgenommen, ein staats-

Nachrieht, die bei Polyb. III 22 vorliegt, rechtlicher Vorgang, der in der Fabel von

sind die ersten Konsuln L. .Tunius Brutus 1 Titus Tatius, dem schemenhaften sabini-

und M. Horatius. Den Iloratius kennt sehen Mitregenten des Romulus, seinen

z. B. Liv. II 8, 4 nur als consuJ suffecfus. 1 symbolischen Ausdruck fand (Mommsen,

2. Italische und römische Vorgeschichte. 4.) 33

der etruskische des Tarquinius, des letzten in der Reihe.') Was freilich im einzelnen über die Herkunft des Tarquiniergeschlechtes aus Tarquinii 2) und seine Abstammung von einem Korinther berichtet wird, besitzt keine höhere Gewähr als der sentimentale Lucretiaroman. Mit den Tarquiniern war eine fremde, eine etruskische Dynastie in Rom zur Herrschaft gelangt. Die Erzählung von ihrem Sturz wird durch Analogien aus der griechischen Tyrannengeschichte ^) keineswegs empfohlen; sie ist konventionelle Mache. In Wirklichkeit dürfte es sich zugleich um eine nationale Reaktion gegen die stammfremden Herren gehandelt haben. Das Königtum als solches ist schwerlich durch einen einmaligen revolutionären Akt beseitigt, sondern eher auf dem Weg der Evolution allmählich abgebaut worden.^) Wenn näm- lich in der Tradition noch eine letzte Erinnerung an eine Art Samtherrschaft des etruskischen Geschlechtes durchschimmert, so deutet dieser Zug bereits auf eine Abschwächung der von Haus aus absoluten Monarchie.^)

Noch ein Wort über Servius TuUius, den schon die Antike auf Grund tuskischer Überlieferungen mit dem Etrusker Mastarna glich, der zunächst den tuskischen Kriegsmann Caelius Vivenna (oder Vibenna) begleitet habe, dann nach wechselvollem Geschick, als das Heer des Vivenna sich aufgelöst hatte, nach Rom wanderte, wo er sich auf dem mons Caelius, den er nach seinem alten Führer benannte,^) ansiedelte. Daß diese beiden Persönlich- keiten in der Tat in der mehr oder weniger mythischen Geschichte der Etrusker ihren Platz hatten, beweist ein etruskisches Wandgemälde (aus dem 4. Jahrhundert v. Chr.), das von A. Fran^ois in einem Grabgemach bei V^ulci im Jahr 1857 entdeckt wurde.") Die durch Kaiser Claudius bezeugte Gleichsetzung des Mastarna mit Servius Tullius hatten sich schon vor jenem Fund Niebuh r und K. 0. Müller zueigen gemacht, denen sich mit wei- teren Hypothesen W. Soltau und V. Gardthausen anschlössen.^) Aber

Ges. Sehr. IV 22 ff.). Offenbar stand die ! in der authentischen Senatsrede auf der

Öiebenzahl der Könige damals bereits fest Lyoner Bronzetafel, ILS I 212, CIL XIII

und so konnte der Vertreter der Sabiner 1668, Bkuns, Fontes iuris Romani ' Nr. 52.

nicht als achter eingereiht werden, son- ') Das Fresko stellt die Befreiung des

dern mußte sich mit der Lückenbüßer- Caile Vipinas durch Macstrna und dessen

Stellung eines Mitregenten begnügen (K. Genossen aus der Haft von Wächtern dar,

J. Nedmann, in der Weltgeschichte des ' deren als Cneve TarcJni Rumach (d. h. Cu.

LHlsteinverlags I 398 ; vgl. A. Rosenberg, l Tarquinius Romamis) bezeichneter Führer

PW I A 714). getötet wird. Vgl. W. Helbig, Führer durch

') Für die Identität des Tarquinius Pris- die Sammlungen in Rom I', 1912, Nr. 523.

cus mit Tarquinius Superbus treten so- G. Körte, .lahrb. des archäol. Instituts XII,

wohl DE Sanctis als Pais ein. ! 1897, 57 if. Körte verlegt den Schauplatz

-) Daß Rom zeitweise unter etruskischer der dramatischen Handlung nach Rom, Oberhoheit stand, hat auch Niese zu- das Mastarna mit stürmender Hand ge- gegeben. Er wies jedoch darauf hin, daß nommen habe, wobei König Tarquinius der etruskische Eroberer Roms, Porsenna, den Tod fand. Aber Tarchu-Tarquinius nicht aus Tarquinii, sondern aus Clusium ist nicht als König gekennzeichnet und kam und daß der etruskische Einfluß auf die Szene darf nicht ohne weiteres, in Rom eher von Caere (Agylla) als von Tar- ! Rom lokalisiert werden. So läßt sich aus

quinii ausgegangen sein mag.

ä) Aristot. Politik V 8, 9 ff.

■*) So fassen sowohl de Sanctis wie dessen Gegenpol Pais die Entwicklung auf.

'") F. Münzer, Rom. Adelsparteien 46. 52. 409.

^) So Kaiser Claudius, dessen Stecken- pferd die etruskische Altertumskunde war.

der umstrittenen Deutung des Gemäldes kein sicherer Gewinn für die Geschichte ziehen. Vgl. F. Münzer, Rhein. Mus. 5-3, 1898, 596 ff. E. Petersen, .Jahrb. des arch. Instituts XIV, 1899, 43 ff. G. de Sanctis, Klio II, 1902, 96 ff. A. Rosenberg, PW I a 704 f. ^) Niebühr, Rom. Gesch. I 422. K. O. Müller, Etrusker I^ 112 ff". W. Soltaü,

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl.

34 Römische Geschichte.

es macht bedenklich, daß die ältere Version der Königsgeschichte von jener angeblichen Identität nichts weiß: es handelt sich also nur um eine bereits antike, auf etruskischer Heldensage aufgebaute Konstruktion, die schwerlich das Richtige trifft; nach anderen Zeugen hätte sich übrigens der Etrusker Caelius oder Caele (Vibenna) bereits unter einem der früheren Könige (Ro- mulus oder Tarquinius Priscus) in Rom ansässig gemachte)

Xach einer zuerst von K. W. Nitzsch^) geäußerten Vermutung dürfte Servius Tullius der jüngste unter den römischen Königen sein, d. h. seine Gestalt ist erst erfunden worden, um nachträglich zwischen die beiden Tar- quinier, Vater und Sohn, eingeschoben zu werden. Servius ist von allen Königen der schattenhafteste, am meisten abstrakt gehaltene. Er ist das Geschöpf seiner Schöpfung, der sog. servianischen Stimmordnung; denn nur um diese zu erklären, ist er geschaffen. Da diese Stimmordnung sofort nach dem Sturz des Königtums in Kraft treten soll, mußte .sie noch in der Königs- zeit eingeführt sein. Aber der verfehmte letzte König, der Tyrann, durfte der Stifter nicht sein. So wurde denn dem Servius als dem Urheber dieser Ordnung der vorletzte Platz in der Königsreihe aflgewiesen.^)

III. Erste Periode der Geschichte Roms: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern (338 v. Chr.).

Quellen dieser Periode sind die erhaltenen Bearbeitungen der römischen Annalen, die am reinsten vorliegen bei Diodor im 11. 16. Buch:*) mit ihm haben die wenigen Nach- richten Ciceros {de repuhl., Buch 2) die meiste Verwandtschaft. Ausführlicher sind die Erzählungen des Livius, Dionysios von Halikarnaß und Plutarch mit den Bruchstücken des Appianos und Cassius Dio. Über die Würdigung dieser Schrift- steller vgl. oben S. 15 ff.

Über Entstehung und Zusammensetzung und die Bürgerschaft aus seinem Heer

der altrömischen Volksversammlungen, neu gebildet habe. Damit soll der Census

Berlin 1S80, 449 ff. V. Gaedthaüsex, Ma- und die Klassen- und Centurienverfassung

starna oder Servius Tullius. Leipzig 1882. des Servius erklärt werden.

K. O. Müller nimmt eine längere etrus- ') Varro de liiigua lat. V 46. Dionys.

kische Herrschaft über Rom an. die von Halic. II 36. Tacit. ann.IV6.5. Festusp. 44

Tarquinii ausgegangen sei. Tarquinii habe und 3-55 Müllek.

die Vormacht im südlichen Etrurien er- -) In Paülys RealencyelopädieVI (1852)

langt und sie dann auch auf Rom aus- 1104 ff.

gedehnt, das zum Bollwerk gegen Süden ^) Niese hatte hier die Möglichkeit in

ausgebaut worden sei. Dies sei in der Erwägung gezogen, daß die kurz vor dem

Zeit geschehen, die der Herrschaft der zweiten punischen Krieg durchgeführte

Tarquinierdynastie in der römischen Tra- Reform der Stimmordnung ..den äußeren

dition entspreche. Unterbrochen werde Anstoß bot, der alten Einrichtung in der

diese Herrschaft durch Mastarna-Servius Gestalt dieses Königs ein Denkmal zu

Tullius, der zwar selbst Etrusker, aber setzen-'. Aber die Legende von Servius

Gegner der Tarquinier sei. Letztere kehren Tullius muß schon früher entstanden

jedoch zurück, um schließlich durch den sein und wenn die ihm zugeschriebenen

gesteigerten Druck ihres Regiments ihren Censussätze nach dem um die Zeit des

Sturz herbeizuführen. Die Vertreibung ersten punischen Krieges eingeführten

der Tarquinier bedeute zugleich das Ende Münzfuß normiert sind, so liegt eben eine

der Hegemonie Tarquiniis über Etrurien, Umrechnung vor.

die vielleicht von Porsenna gebrochen *) Ausgabe von A. B. Dkachmann, Dio-

worden sei. W. Soltac hält den Servius dors römische Annalen bis 302 a. Chr.^

Tullius für einen etruskischen Kriegs- in Lietzma>->-s Kl. Texten, Heft 97, Bonn

herrn, der den römischen Thron usurpiert 1912.

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 5.) ;^5

5. Die Anfänge Roms. In Italien hat sich städtisches Wesen und Leben, das für die politische Entwicklung eines Volkes von entscheidender Bedeutung ist, zuerst nur in den Küstenlandschaften gebildet, die dem Meer und dem auswärtigen, besonders dem griechischen Einfluß geöffnet waren, in lapygien, Kampanien, Etrurien. Ebenso geschah es in Latium und bei den Latinern. Diese wohnten in einer Anzahl von Städten, für deren mythisches Haupt Alba Longa galt, und unter diesen Städten war die größte, solange unsere Kunde reicht, Roma, an der etruskischen Grenze am linken Ufer des Tiberis gelegen, etwa 25 km vom Meer entfernt. Dort erheben sich mehrere Hügel von mäßiger Höhe, der ntons Ave)itinus, Pala- finiis und Capitolinus, hinter denen weiter landeinwärts, andere Höhen an- steigen und in der Landschaft verlaufen. Der Tiber, ein wasserreicher, reißender Strom, ist dort schiffbar; bei Hochwasser überschwemmt er nicht selten die Niederungen am Fuß der Hügel. An dieser Stätte wurde Rom, wie die Sage will, als Kolonie Alba Longas angelegt.

Die ältesten Bewohner Roms und Latiums waren nach der Gründungs- fabel die Aboriginer,') zu denen Aeneas gekommen sein soll und die von den antiken Antiquaren wohl von Pelasgern aus Griechenland abgeleitet werden. Gewiß war der Boden des späteren Roms seit unvordenklicher Zeit von Menschen bewohnt. Wir finden ihre Spuren in Grabstätten auf dem Boden der Stadt wie ringsumher in der Landschaft Latium.^) Aber wann und wie Rom erbaut wurde, wissen wir nicht. Die von den Gelehrten dafür berechnete Zeit (etwa 750 v. Chr.) ist ohne Gewähr.'')

Das älteste Rom, die lioina quadrata, die Stadt des Romulus, erhob sich auf dem Palatinus. Dieser Teil war am frühesten durch eine Ring- mauer befestigt, deren Zug sich noch heute feststellen läßt.*) Die Stadt selbst, d. h. der Wohnsitz der Römer, hat sich wohl niemals auf den pala- tinischen Hügel beschränkt. Schon die ältesten Heiligtümer und die von der Gründungssage berührten Orte liegen vielfach außerhalb. Die Burg, das CapitoUiUH, hatte von jeher eine besondere Befestigung und trug das vornehmste Heiligtum der Stadt, den Tempel des Juppiter Capitolinus, dessen Bau und Weihe (508/7 v. Chr.) das erste zeitlich fest bestimmte Ei'eignis der römischen Geschichte zu sein scheint.'^) Die früheste Bevölke-

') Dieses Volk wird zuerst in einem gebildeten Gründungsgesehiohte (Dionys.

Fragnaent des Kallias erwähnt (Dionys. Hai. I 9) gehen übrigens den Aboriginern

Hai. I 72), auch Cato kannte sie (fr. 6); Sikeler voran.

der Dichter Lykophron Alex. 1253 nennt -) Vgl. G. Pinza, Monument l antichi XV,

sie BoQsiyovoi, vermutlich nach Timaios, 1905 inid im BuUetttno della commissione

und diese Form wird von einigen Ge- archeolof/ica comunale di Roma 4:0,1912,1b ff.

lehrten für die ursprüngliche, echte an- gesehen. Nach der Auffassung der Alten sind die Aboriginer die ältere Bezeichnung der Latiner und sonst von diesen nicht verschieden. Unter den Erklärungen des

Ueber die alten Gräber bei Alba Longa Nissen, It. Landeskunde I 252 f.

^) Das älteste Datum (Timaios bei Dionys. Hai. I 74) geht noch höher hinauf und setzt Roms Gründung 814 v. Chr.

Namens hat diejenige, welche in den gleichzeitig mit der Gründung Karthagos. Aborigines eine lateinische Uebertragung i •*) Die termini des ältesten Pomerium

des griechischen uvjöxOoveg sieht, immer noch viel für sich. Andere Versuche bei CicHORius, PW I 106 f. J. Geffcken, Ti- maios' Geographie des Westens (Bei'lin 1892) 42. Nach der § 3 erwähnten aus-

bei Tacit. ann. XII 24, vgl. Schwegler I 442, 1 und Jordan -Hülsen, Topographie der Stadt Rom I. 3, 1907, 37 A. 17. s) Polyb. III 22.

3^

36 Römisclie Geschichte.

ruug denken wir uns als bäuerlich; von ihrer Teilung in niontani und payani hat sich noch in sakralen Instituten (z. B. im Septimontium, dem Fest der sieben montes) bis in die spätere Zeit hinein eine Spur erhalten, aucli als die Stadt das umliegende Land in sich aufgenommen hatte. Zwischen dem ältesten Rom auf dem Palatinus und dem späteren Umfang der sog. ser- vianischen Mauer hat man einige Mittelglieder zu erkennen geglaubt. Eine erste Erweiterung habe die Stadtteile umfaßt, die später das Fest des Septi- montium feierten ; in einer zweiten Vergrößerung habe Rom die vier alten Stadtbezirke enthalten, in denen sich die Kapellen der Argeer befanden, i) Bei dem Stande unseres Wissens müssen wir uns begnügen, auf dem Wege mehr oder weniger unsicherer Vermutung von der Entwicklung der Stadt uns einen Begriff zu machen.

Es ist eine verbreitete Ansicht, daß Rom aus einer Vereinigung dreier Stämme oder Gemeinden erwachsen sei. 2) Zwei derselben sollen Latiner und Sabiner sein; als dritten nennt man ebenfalls Latiner oder auch Etrusker. So schließt man aus der Nachricht, daß die Bürgerschaft Roms sich ur- sprünglich in drei Tribus teilte, die Tities oder Titienses, Jiamnes oder Ram- nenses und Luceres. Nach der Legende beteiligten sich an der Gründung der Stadt auch die Sabiner, die unter ihrem König Titus Tatius heranzogen, um den Raub ihrer Jungfrauen an Romulus und seinen Leuten zu rächen, sich aber mit ihnen verständigten und zu einer Gemeinde vereinten. Schon die Alten glaubten, das Volk des Romulus bedeute die Raumes, während die Leute des Titus Tatius die Tities darstellten. Den dritten Teil, die Luceres, sollen die später von Tullus Hostilius (oder Ancus Marcius) nach Rom verpflanzten Latiner ausmachen. Tatsächlich wurden nun noch in späterer Zeit sabinische Gottheiten, wie Sancus, in Rom verehrt. Überdies soll der zweite König, Numa Pompilius, Sabiner gewesen sein. Allein die Hypothese, daß Rom aus drei Gemeinden zusammengewachsen sei, ist schwer- lich richtig und läßt sich durch die Annahme nicht stützen, daß in der Gründungslegende ein Kern historischer Erinnerung steckt. Denn aus der Erzählung, daß gleich Romulus alle drei Tribus auf einmal eingerichtet habe, geht doch hervor, daß man von einem nachträglichen Hinzutritt der Luceres nichts wußte. Sabinische Gottesdienste und Riten in Rom beweisen eine Teilnahme der Sabiner an der Gründung sowenig wie die dort seit alters geübten griechischen Kulte (z. B. der des Herkules) die Mitwirkung von Griechen. Aus der Dreizahl der Tribus ist nicht zu folgern, daß die Stadt von drei Völkerschaften gebildet sei. Vielmehr hat die Tribus, wie

') Varro de fing. lat. V 45 f. Ueber die I vereinigt habe, und daß sich aus der

Argeer, die man vielfach (wahrscheinlich doppelten Dreiheit, die in den römischen

irrig) von dem griechischen 'AoyeToi ab- \ Institutionen (z. B. bei den Yestalinnen,

leitet, vgl. neuerdings G. Wissowa, PW Militärtribunen, Reitercenturien) mehr-

II 689. fach begegnende Sechszahl erkläre. Schon

^) Auch Th. Mommsen ist dieser Meinung Niebdhr (Rom. Gesch. I 317) hatte ganz (Rom. Gesch. I 43 ff., Staatsrecht III 95). ähnlich die Vereinigung zweier Städte Er vermutet, tribus bedeute ursprünglicli Rom und Quirium vermutet. Dagegen die Gemeinde, das Ganze, und nimmt an, Niese, der es nicht wahrscheinlich fand, daß eine aus drei Einheiten zusammen- daß zwei Städte in unmittelbarer Nach- gewachsene Gemeinde sich mit einer j barschaft bestanden, und davon über- zweiten, ähnlichen, auf dem Quirinalis j zeugt war, daß es hier immer nur eine angesiedelten zur späteren Stadt Rom I Gemeinde, nämlich Rom, gegeben habe.

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. (§5.) 37

die griechische Phyle, ein Ganzes schon zur Voraussetzung und kann erst geschaffen sein, als die Gemeinde bereits bestand. Man hat sogar beweif'elt, daß die Tities, Raumes und Luceres als eigentliche Tribus zu gelten haben; denn nach der für uns durch Livius ^) vertretenen Tradition schafft Romulus nicht drei Tribus, sondern drei Reite rcenturien mit den betreffenden Namen, und diese Nachricht entspricht der späteren Bedeutung der Namen, wo- nach sie die Centurien der Ritterschaft bezeichnen ; dagegen fehlt von ihrer Betätigung als Tribus, d. h. als politischer Gliederung der Gesamtbürger- schaft jede Spur. Erst Varro und seinesgleichen legten ihnen auf Grund einer Etymologie sie leiteten tribus von tres ab die Funktion der Tribus bei.-) Die dem Romulus zugeschriebene älteste Einteilung des Volkes hatte zu ihrem Prinzip nicht die drei Tribus, sondern die dreißig Kurien; für einen Zusammenhang dieser Kurien mit den drei Rittercenturien gibt es kein sicheres Zeugnis. Ob man nun an der Realität der alten drei Tribus festhält oder sie preisgibt,^) so ist doch auf jeden Fall die Hypothese, daß Rom sich aus drei zunächst selbständigen Gemeinden zusammengesetzt habe, nicht genügend begründet und keineswegs wahrscheinlich. Vielmehr ist an- zunehmen, daß die Stadt von jeher eine Einheit bildete, wie es sich auch die Alten nicht anders dachten.

Die Römer hießen seit alters Quirites, ein Name, der sich bis in die späteste Zeit in gewissen Formeln sowie in der Anrede an die Bürgerschaft behauptete. Man wollte das Wort schon im Altertum von dem sabinischen qiiiris (curis), das 'Lanze' bedeutet, ableiten oder auch von curla;*) das Richtige scheint Madvig^) zu treffen, der in den Quinten den alten eigent- lichen Volks- oder Gaunamen der Römer erblickt, der dann dem von der Stadt Roma abgeleiteten {Romani) weichen mußte.

Die ganze römische Bürgerschaft war nach der Überlieferung ursprüng- lich in dreißig Kurien*^) eingeteilt; diese bestanden noch bis ans Ende der Republik, wenn sie auch jede politische Bedeutung eingebüßt hatten. Der Umfang des städtischen Gebiets war ursprünglich sehr bescheiden. Nach Osten bezeichnet der Ort Festi ^) zwischen dem vierten und fünften Meilen- stein die alte Grenze, wie sie noch später beim Ambarvalienfest im Flur- umgang mit den Opfertieren eingehalten wurde. Schon vor dem Beginn

') Liv. I 13. 36. eine erst von Varro aufgebrachte Hypo-

'-) Vgl. Niese, CTÖtt. gel. Anz. 1888, 957 f. these" erklären möchte. Nach einem

E. Bormann im EranosVindobonensis 1893, Zeugnis bei Varro de ling. lat. V 55 sind

345 ff. Die römischen Antiquare haben die Namen etruskisch, und zwar, nach

die Einteilung nach dem Muster der athe- ' W. Schulze, Zur Geschichte lateinischer

nischen Vorgeschichte ausgesponnen. Jede i Eigennamen, Abh. Gott. Ges. der Wiss.

der drei Tribus bekam also ihre zehn j V, 5, 1904, 581, als Gentilnamen kenntlich.

Kurien, jede Kurie wieder zehn Dekurien ■*) Vgl. Mommsen, Rom. Staatsrecht III, 5;

mit den zugehörigen Vorständen. Dionvs. ' Schwegler I 494; L. Lange, Rom. Altert.

Hai. II 7. " : I 90 ff.

^) Gegen die von Bokmann (s. Anm. 2) ^) .1. N. Madvig, Die Verfassung etc. 1 14.

näher begründete Ansicht NiESES erklärten Eine Analogie bieten die Rutuler, das

sieh L. Holzapfel, Klio I 228 ff. und Ed. , Volk von Ardea oder der Kauton der

Meyer, Gesch. des Altert. II 830, sowie j Laurentes mit dem Hauptort Lavinium.

Kl. Schriften (1910) 362, 1. Vgl. O.Hirsch- ß) Cnrin bedeutet vielleicht das Haus.

FELD, Kl. Schriften (1913) 248, der die Exi- ! SoLTAU,Entstehung und Zusammensetzung

stenz jener Tribus „nicht für unbedingt j der altröm. Volksversamml. 52.

erwiesen" hält, sie aber auch „nicht für i ') <Pr/oToi. Strabo V 230.

38 Römische Geschichte.

sicherer historischer Kunde wurde dies Gebiet durch Einverleibung der benachbarten kleinen latinischen Ortschaften erweitert, deren Eroberung den Königen, besonders Romulus und Ancus Marcius, zugeschrieben wird. Antemnae, Caenina, Crustumerium u. a., selbst Alba Longa, nach der Sage der Vorort der Latiner, gingen in Rom auf. Ferner wurde an beiden Tiber- ufern ein Landstrich bis zum Meer hinab gewonnen und an der Mündung des Flusses Ostia als Hafenort, angeblich von Ancus Marcius, angelegt. Damit beherrschten die Römer den ganzen unteren Tiberlauf und den Aus- gang zur See. In dieser Gegend lagen die Salinen, die sich im Besitz der Ge- meinde befanden und deren Ertrag zu den ältesten Einnahmequellen gehörte.

In engen, doch keineswegs nur freundlichen Beziehungen stand Rom seit alters zu den übrigen Latinern. In Sprache, Sitte, Tracht, Kultur und Ver- fassung ging man zusammen und gemeinsam waren auch die Kulte des Juppiter Latiaris auf dem Albanerberg und der Diana auf dem Aventin. Ursprünglich besaß der latinische Stamm eine große Zahl, gegen 65, kleinere Orte, von denen viele schon früh verschwanden und nur als Teilnehmer am latinischen Fest ein Scheindasein fristeten,') wurden sie doch teils von Rom aufgesogen, teils mit anderen latinischen Städten vereinigt. Die typische Zahl der Bundesstädte, wie sie z. B. in der Aeneassage vorkommt, ist dreißig. Man hat einen älteren und einen jüngeren Latinerbund zu unterscheiden: 2) der ältere war gegründet im 6. Jahrhundert v. Chr. von Tibur, Tusculum, Aricia u. a. und stand unter der Leitung eines dictator Latmits.^) Dieser altlatinische Bund wollte dem Vordringen der römischen Rivalen, die auf eigene Faust die latinische Landschaft zu einigen strebten, einen Riegel vorschieben; im 5. Jahrhundert scheint Rom selbst beigetreten zu sein. Im 4. Jahrhundert vermochte dann das erstarkte Rom eine Veränderung der Bundesverfassung durchzusetzen und sich das unbedingte Übergewicht in dem neuen politisch von Rom abhängigen Gebilde zu verschaffen. Im ersten karthagisch-römischen Handelsvertrag*) erscheinen die latinischen Küsten- städte von Ardea bis Tarracina bereits als Untertanen Roms.

Nach der Geschichtslegende wurden die Latiner bereits von den Königen unterworfen, um sich dann mit dem verjagten letzten König, Tarquinius, gegen Rom zu verbünden. In einer sagenhaften Schlacht am See Regillus wollen die Römer den Sieg davongetragen haben. °) Kurz darauf soll Konsul Sp. Cassius 493 v. Chr. ein Bündnis zu gleichem Recht {foedus aequiim) zwischen Rom und dem Latinerbund geschlossen haben mit der Vereinbarung gegenseitigen Rechtsschutzes {commercium) und wahrscheinlich auch der Ehe- gemeinschaft (cotuibium) zwischen Rom auf der einen und den latinischen Städten auf der anderen Seite. Die Kriegführung sollte gemeinsam ge- schehen, die erzielte Beute zu gleichen Teilen an Rom und Latium fallen.^)

')Diodorfr.YII5,9. Dionys. Hai. IV49. ^j 499 v. Chr. nach Livius II 19: 496

V 61. Plinius h. n. III 61 f. 68 f. nach Dionys. Hal.VI 3 und denTriumphal-

^) Vgl. A. Rosenberg, Hermes 54, 1919. j fasten.

113 ff. ' 6) Cicero pro Balbo 53. Dionys. Hai.

') Cato orig. fr. 58 Petek (nach der Weih- VI 95 gibt den Inhalt des Vertrags, Festus

inschrift des Altars der Diana von Aricia). p. 241 M. (s. v. praetor ad porfam) zwei

'') Polybios datiert ihn nach den ersten privatrechtliche Klauseln. L.M. Hartmann,

Konsuln, setzt ihn also ins erste Jahr der j Wiener Studien 34. 1912, 265 ft'. datiert

Republik. Vgl. unten 8. 102. \ den Vertrag ins J. 358 v. Chr. und sieht

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. (§6.) 39

In der Folge, angeblich 486 v. Chr., traten auch die Herniker bei.') Als Urkunde des Latinerbündnisses galt eine noch von Cicero auf dem Forum hinter der Rednerbühne gesehene Inschrift auf einer Bronzesäule. Indes den Text einer Inschrift aus dem frühesten 5. Jahrhundert einwandfrei fest- zustellen, wären die Römer des 1. Jahrhunderts sicher außerstande gewesen. Jenes Dokument dürfte erheblich jünger sein und Sp. Cassius, wenn anders sein Name in der Urkunde vorkam, hat mit dem angeblichen dreimaligen Konsul der Jahre 502, 498, 486 v. Chr. nichts zu tun.

Allgemeine Literatur: Schwegler, Rom. Gesch. l.Bd. L. Lange. Römische Alter- tümer I^ 76 ff. R. PöHLMANN. Die Anfänge Roms, Erlangen 1881. Th. Mommsen, Rom. Staatsrecht III 1. Ed. Meyer, Gesch. des Altertums II 510 ff. J. Binder, Die Plebs, Leipzig 1909. Stadtgeschichte: H. Jordan, Topographie der Stadt Rom im Altertum, Bd. 2. 0. Gilbert, Geschichte und Topographie der Stadt Rom im Alter- tum. Leipzig 1883. 1885. 0. Richter, Topographie der Stadt Rom (Bd. III 3b dieses Handbuchs) 30 ff., 2. Aufl. - H. Nissen. Ital. Landeskunde II 2. 488 ff'. G. Pinza in •den Moyinmenfi anticlii XV 1905. Älteste Einteilung: Mommsen, Die römische Tribus in administrativer Beziehung S. 16 f.; Rom. Staatsrecht III. Soltaü, Über Entstehung und Zusammensetzung der römischen Volksversammlung S. 46 f. Vol- <}cardsen, Rhein. Mus. N. F. 33, 538 f. Holzapfel, Klio I 228 ff". Der Latinische Bund: M. Zöller, Latium und Rom, Leipzig 1878. J. Beloch, Der Italische Bund unter Roms He2;emonie. Leipzig 1880, S. 177 ff. O. Seeck. im Rhein. Museum. N. F. .37 (1882) 1 ft\ 598 ff. Mommsen, Ges. Schriften II 69 ff.

6. Auswärtige Einflüsse. Frühzeitig sind Rom und Latium mit den Griechen in Berührung gekommen, und zwar wohl zuerst mit Chalkidiern, die sich in Kyme niedergelassen hatten. Der Römer nannte den Hellenen Graiiis oder Graecus, mit einem Namen, dessen Ursprung nicht bekannt ist, der aber vielleicht ursprünglich den Chalkidier bezeichnen soll.^) Der griechische Einfluß, dem Rom sehr viel verdankt, nimmt zu, je mehr Rom wächst, und hat während der ganzen Dauer der römischen Geschichte ge- wirkt. Sein erstes Denkmal ist das lateinische Alphabet, das wie das etrus- kische von dem chalkidischen abgeleitet ist, und zwar unmittelbar, nicht Avie das umbrische und oskische durch Vermittlung des etruskischen. Es hat sogar eine Zeitlang die Entwicklung des griechischen Alphabets noch mitgemacht, ehe es seine eigenen Wege ging. Schon sehr früh, sicherlich bereits im 6. Jahrhunderts v. Chr., müssen die Römer und Latiner im Besitz der Schrift gewesen sein. 2) Werke griechischer Kvmst sind früh nach Latium gelangt. Seit unvordenklichen Zeiten genossen griechische Gottheiten, Her- kules, Kastor und Pollux,"*) Ceres, Liber und Liberal) in Rom gött- liche Verehrung, und gewiß waren schon in alten Zeiten Griechen in Rom ansässig. Eine griechische Orakelsammlung, anscheinend kymäischen Ur- sprungs, die der Sibylle, war in Rom, wie es heißt vom letzten Tarquinius erv/orben, von Staats wegen in Gebrauch. Ein besonderer Platz auf dem Forum, die Graecostasis, war für griechische Gesandtschaften bestimmt.

in Sp. Cassius den amtierenden Fetialen. dessen Konto also offenbar beide Bünd-

Vgl.W. Soltaü, ebda. 35, 1913, 258ff.E.TÄuB- j nisse gesetzt werden sollen!

LER, Imperium Romanum I, 1913, 276 ff". | '^) Er erinnert an FoaTa und die Fgaiy.!],

verwirft die Angaben des Dionysios über j die Landschaft von Oropos, Eretria gegen-

deii Inhalt des Vertrags als unecht. Dem- über. Vgl. Niese, Hermes 12, 1877, 409 ff.

gegenüber zieht A. Rosenberg. Hermes 55, ') Die ältesten erhaltenen Inschriften

1920, 337 ff. eine Parallele mit hellenisti- [ gehören etwa dem 5. Jahrhundert v. Chr.

sehen Isopolitieverträgen und gewinnt als an. Oben S. 14 A. 7.

Datum die Zeit zwischen 287 und 268 v.Chr. *) Seit 499 v. Chr. Liv. II 20.

') Im 3. Konsulat des Sp. Cassius, auf , '••) Seit 496 v. Chr. Tacit. ann. II 49.

40 Römische Geschichte.

Neben den Chalkidiern haben die sizilischen Dorier auf Rom vielfältig und andauernd gewirkt. Ihnen verdanken die Römer ihr Münz- und Ge- wichtssystem. Auf3erdem stehen die Massalioten, Kolonisten von Phokäa, in alten freundschaftlichen Beziehungen zu Rom. Die Diana auf dem Aven- tinus war dem Artemisbild in Massalia nachgebildet, und das Weihgeschenk, das die Römer nach Vejis Eroberung 396 v. Chr. nach Delphi stifteten, kam in das Schatzhaus der Massalioten. i) Auch mit den ebenfalls phokäi- schen Eleaten stand Rom, wie es scheint, in alter Freundschaft ; 2) andere Beziehungen weisen nach Thurii.^*) Ob zwischen Athen und Rom in alter Zeit direkter Verkehr stattfand, wissen wir nicht; nach den späteren Annalen^) sollen für die Dezemviralgesetzgebung die attischen Gesetze aus Athen ge- holt sein. Auch ist festgestellt, daß der spätere römische Fuß dem attischen genau entspricht, aber dadurch ist eine unmittelbare Entlehnung freilich nicht bewiesen. Auch die Verwaltung und Einrichtung des Gemeinwesens verdankt wahrscheinlich griechischer Anregung manches in Amtern, Amts- insignien, Amtsgebäuden; der Census ist nach griechischem Beispiel ein- gerichtet, das römische Heerwesen ist offenbar griechischen Ordnungen nach- gebildet, und überhaupt entspricht in allen wesentlichen Punkten die römische Gemeindeverfassung der griechischen. Endlich zeugt eine Anzahl alter grie- chischer Lehnworte, zu denen selbst vinuni zu gehören scheint, für die starke Wirkung, die Griechenland in kultureller Hinsicht auf Rom ausgeübt hat.

Aber daneben war seit alters der Einfluß der Etrusker auf Rom höchst wirksam. Sie besaßen einstmals die Herrschaft im nördlichen Italien (S. 23) und waren den Römern und Latinern gewiß nicht nur an äußerer Macht überlegen, sondern auch in der Gesittung, hatten sie sich doch schon früh griechisches Kulturgut angeeignet. Das benachbarte Rom mag gerade seiner Lage als Grenzstadt einen Teil seines Aufschwungs verdankt haben. Wir hören von einzelnen Etruskern, die, wie Caelius Vibenna, nach Rom über- siedelten;^) ja es gibt bestimmte, durchaus glaubwürdige Überlieferungen, die von der Unterwerfung Roms und Latiums durch den Etrusker Por- senna, den König von Clusium, berichten. Nach der populären Erzählung ß) erschien er in der Absicht, den stammverwandten Emigranten Tarcjuinius zurückzuführen, vor Rom, das er belagerte (508/07 v. Chr.). Beweise römi- schen Heldenmuts sollen ihn dann veranlaßt haben, gegen Abtretung einiger Gebietsteile und Stellung von Geiseln Frieden zu schheßen. Aber nach einer wohl älteren und für Rom noch weniger günstigen Tradition hat der Etruskerkönig Rom erobert und den Römern demütigende Bedingungen auferlegt, so daß sie eine Zeitlang den Etruskern zinsen mußten.') Es steht

>) Diodor XIV 93. dieser Erzählung beruht auch die Zeit-

2) Cicero pro Balbo 55. bestimmung bald nach Vertreibung der

3) Tacit. ann. XIV 21. I Könige, die annähernd richtig sein kann, ■•) Liv. III 31 f. wenn sie auch nicht gerade gut beglau-

5) Über ihn und Mastarna vgl, oben bigt ist. Das angebliche Grabmal Por- S. 33 f. Sogar eine etruskische Dynastie, sennas bei Clusium berschreibt Plinius die der Tarquinier, hat ja in Rom ge- h. n. XXXVI 91 flf.

herrscht und der Sturz der Könige wird ') Tacitus hist. III 72. Plinius hist. nat.

zugleich eine nationale Erhebung gegen , XXXIV 139. Plut. quaest. Rom. 18, wo ge-

die Fremdherrschaft gewesen sein. sagt wird, daß Herakles die von denEtrus-

6) Livius II 9 f. Dionys. Halic. V 21. Auf kern mit einem Zehnten belegten Römer

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. (§6.) 41

also außer Zweifel, daß Kom und auch Latium^) einmal von den Etruskern unterworfen und beherrscht waren und zwar etwa im Lauf des 6. Jahr- hunderts und noch späterhin. Diese Abhängigkeit Eoms von Etrurien macht es begreiflich, daß die Griechen gelegentlich auch Römer und Latiner zu den Etruskern (wie übrigens mit nicht größerem Recht auch zu den Opikern) rechneten. Eine förmliche Etruskerstadt ist Rom aber nie gewesen und vollends nicht eine etruskische Gründung, obwohl der Name Rom von einem etruskisehen Personennamen stammt. Denn die Stadt bestand bereits, als die Etrusker kamen und ihr statt des ursprünglichen latinischen Namens den neuen etruskisehen beilegten, den sie für alle Zeiten fuhren sollte. 2)

Auch nachdem die Etrusker ihr Übergewicht verloren hatten (ihre Macht ist seit der Mitte des 5. Jahrhunderts erheblich geschwächt), bheben den- noch Rom und Latium noch lange Zeit unter ihrem Einfluß.^) Manche o^riechischen Kulturgüter sind durch Vermittlung der Etrusker dorthin ge- langt. Die Etruskerstadt Caere, von den Griechen Agylla genannt, war den Römern benachbart und befreundet. Als wichtiges Emporium stand sie auch bei den Griechen in Ansehen 4) und ihre geographische Lage machte sie für den Warenaustausch zwischen Griechen, Etruskern und Latinern ge- eignet. Von dem Wesen und den Sitten der Etrusker ging gleichfalls man- ches auf Rom über: die Insignien der Magistrate sollen von ihnen, und zwar schon durch König Tarciuinius entlehnt sein. 5) Auch die Gladiatorenspiele wurden aus Etrurien eingeführt, wo sie sich großer Beliebtheit erfreuten. Die etruskische Theologie, Opferschau, Haruspizin u. a. fand in Rom Ein- gang und eifrige Pflege.

Auch mit den sabellischen Nachbarn haben Römer und Latiner wahr- scheinlich schon in alter Zeit in Verkehr gestanden. Besonders folgenreich erwies sich später die Berührung mit den halb griechischen Kampanern, die den Römern und Latinern wiederum viel Griechisches vermittelten. Endlich gehören zu den Völkern, die schon in früher Zeit mit den Römern in Verkehr traten, die Karthager. Wir kennen noch die Verträge, die zwischen ihnen und den Römern geschlossen wurden, wie sie dann ähn-

befreit habe, was zwar der bekannten Erzählung von der Befreiung Thebens durch Herakles nachgebildet ist, aber doch auf dieselbe Tradition hinweist. >) Vgl. Cato orig. fr. 62 P.

2) Grundlegend sind die Studien von ' charakter bewahrt

auch F. Leo, Gesch. der röm. Lit. 1 10, 1. Es gibt zu denken, daß die älteste, in Korn gefundene Inschrift, der Forums- cippus (s. o. S. 14) lateinisch abgefaßt ist. Rom hat stets seinen latinischen Grund-

W. Schulze (Zur Geschichte lateinischer Eigennamen, Abhandl. d. Göttinger Ges. d. Wiss. N. F. V, 5, 1904). Ausgehend von der Beobachtung, daß viele Ortsnamen von Personen- oder Familiennamen ab- geleitet sind, hat Schulze in Italien auch außerhalb Etruriens bis nach Apulien hinein nach etruskisehen Gentilnamen benannte Orte nachgewiesen. Zu diesen Namen gehört auch Borna (etr. Ruma), als Individualcognomen = 'Breitbrust' ge- deutet von G. Hekbig, Berl. philol. Wochen- schr. 1916, 1440 £f. 1472 if. Aber Schulze

geht zu weit, wenn er Rom nun auch ' Berlin 1913, 84 fif als etruskische Gründung anspricht. Vgl. [

, Das Bild des kapitolinischen Juppiter war nach Plin. h. n. XXXV 157 von einem Etrusker gearbeitet.

*) Strabo V 220.

'") S. über das etruskische Vorbild bes. Diodor V 40. In der sog. 'tomba del Lit- tore' der Etruskerstadt Vetulonia hat sich eine Doppelaxt, von 6 Stäben umgeben, gefunden, also ein Instrument, das genau dem W^ahrzeichen des römischen Im- periums, den fasces, entspricht, s. die Abb. in Notizie degJl scarl 1898, S. 157. Vgl. A. RosENBEKG, Der Staat der alten Italiker,

42 Römische Geschichte,

liehe Verträge mit den Etruskern liatten;^) doch scheinen Spuren eines

stärkeren karthagischen Einflusses kaum vorhanden zu sein.

V. IIehn, Die Kulturpflanzou und Haustiere in ihrem L'bergang aus Asien nach Griechenland und Italion. S. Aufl.. hrsg. von O. Schrader, Berlin litll. A. Kir(h- HOFF, Studien zur Geschichte des griechischen Alphabets, 4. Aufl., Gütersloh 1887, 128 ff. Saalfeld, Der Hellenismus in Lutium, Wolfenbüttel 188>i; ders., Ten- saurus Italo-Graecus, Wien 1884. Weise, Die griechischen Wörter im Lateinischen (Abh. der Jablonowskischen Gesellschaft XXXIII i, Leipzig 1882; ders. im Rhein. Mus. N. F. 88. r,4(» ff. E. Pais. Shuii sfnrici II (1893) 145 ft'.

7. Älteste Verfassung Roms. Anfänglich wurde Rom von Königen beherrscht, die nach der Tradition von den Kurien gewählt wurden und sämtliche magistratische Befugnisse für die Zeit ihres Lebens in sich ver- einigten. Diese Überlieferung setzt den späteren Begriff der Magistratur und die politischen und sozialen Verhältnisse, wie sie sich nachmals ge- stalteten, schon für die Anfänge voraus und ist daher im wörtlichen Sinn ohne historischen Wert. In Wahrheit läßt sich über diese Königszeit nichts Bestimmtes wissen. Wenn wir aus der Analogie anderer Völker, besonders der Hellenen, und aus den sonstigen Zuständen des alten Roms Rückschlüsse ziehen dürfen, so war das Königtum eine mehr patriarchalische Institution, der König selbst ein Mitglied des Adels. Die Erzählung läßt das König- tum von einem Geschlecht zum andern übergehen, und diese Geschlechter sind zum Teil noch später nachweislich. Mit dem Jahr 510 oder 509, oder nach älterer Rechnung 508 oder 507 v. Chr., mit dem Jahr nämlich der Weihe des kapitolinischen Tempels beginnt die Liste der Konsuln, und danach wird das Jahr der Vertreibung der Könige bestimmt; ob sie wirklich in diese Zeit fällt, wissen wir nicht, um so weniger, als das Königtum nicht eigentlich abgeschafft, vielmehr, wie auch auf griechischem Boden, seiner Macht allmählich entkleidet wnirde. Ein Rudiment, ein survival der Königs- würde hat sich in dem lebenslänglichen Priesteramt des rex sacrorum er- halten, wie auch das Amtslokal des Priesterkollegiums stets die Begia (die Königsburg) hieß. Wie schon bemerkt, hat das Königtum wohl nicht durcli einen einmaligen revolutionären Akt, sondern im Lauf der Entwicklung seine politische Bedeutung eingebüßt. Der jähe Übergang von absoluter Königsherrschaft zur freien Republik, wie ihn die traditionelle Legende schildert, ist unhistorisch. 2) An die Stelle der geschwächten Monarchie trat vielmehr ein oligarchisches Adelsregiment.

Nach der Überlieferung zerfielen seit Entstehung der Stadt die freien Biirger in die beiden Stände, den regierenden der Patrizier und den re- gierten der plebs oder Plebejer; als dritte Klasse werden die abhängigen

') Polyb. III 22. Aristot. Polit. III i), 1280 a 36.

2) Vgl. oben S.33. Niese bezweifelt eine Vertreibung des königlichen Geschlechts der Tarquinier auf Grund der von ihm selbst (S. 62 der 4. Aufl.) als „rätselhaft"

sowenig der Bericht in den Einzelheiten taugen mag, so ist diese Interpretation doch der Vorstellung, als seien 260 männ- liche Angehörige des nach anderen Angaben aus Rom längst ausgewiesenen Tarquiniergeschlechtes exekutiert wor-

bezeichneten Notiz bei Diodor XVI 45, 8, den, vorzuziehen. E. Steix, Wiener Stu-

wonach noch im Jahr 354 v. Chr. 260 Tag- dien 38, 1916, 363 f., schloß sogar, daß die

y.vvioi ävögeg auf dem Forum in Rom hin- Geschichte der tarquinischen Könige erst

gerichtet worden seien. Aber nach Livius in Anlehnung an jene Ausrottung der

VII 19, 2 handelt es sich um kriegs- vornehmen Familie erfunden sei.

gefangene Einwohner von Tarquinii und ,

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Eampanern. (§7.) 43

clieuti'S genannt. Die Patrizier oder patres machen den ursprünglichen Senat aus, so daß also der Eintritt in den Senat zugleich die Aufnahme in den Patriziat bedeutet; Patrizier sind demnach die Mitglieder der Ratsgeschlechter, die erblichen Anspruch auf den Sitz im Senat haben, und diesen Sinn be- hält der Begriff; patres bezeichnet die Gesamtheit, patricius den einzelnen. Es ist der alte Adel, der anfänglich allein den Zutritt zu den Gemeinde- ämtern und Priesterwürden hat, wie er auch in griechischen Städten häufig dominierte. Die annalistische Überlieferung weist den Patriziern die Rolle der späteren Nobilität, von der sie sich jedoch wesentlich unterscheiden, zu und hat dadurch Verwirrung gestiftet. In den Händen des Königs und dieser patrizischen Geschlecliter. deren jedes über eine ergebene Klientel verfügte, lag wahrscheinlich in ältester Zeit die Regierung der Gemeinde. Die Patrizier teilten sich in ältere und jüngere Geschlechter [patres niaiorum und inhiorii»! gentium): albanische Familien sollen nach der Zerstörung Alba Longas durch den König Tullus Hostilius Aufnahme in den römischen Adel gefunden haben; eine .andere Nachricht weiß von der Zuwanderung der gens Claudia aus dem Sabinerlaud.^) Der Patriziat mufa also wiederholt Zuwachs erhalten haben und kann nicht, wie es später bis zum Ende der Republik der Fall war, geschlossen gewesen sein. Wahrscheinlich ist erst infolge der Ständekämpfe und der Fortschritte der demokratischen Be- wegung eine Erweiterung des Kreises der patrizischen Geschlechter unter- sagt worden.

Die Patrizier teilen sich nach Geschlechtern, und das Geschlecht [gens] hat im älteren Rom eine große politische und soziale Bedeutung: das Band der Geschlechter erwies sich oft als stärker als das der Gemeinde. Diese Bedeutung des Geschlechts spiegelt sich schon in der römischen Namen- gebung, die den Geschlechtsnamen dem Eigennamen regelmäßig beifügt, was zu einer Verkümmerung der Eigennamen führte.^) Nach Geschlechtern ist auch die große Mehrzahl der alten Tribus benannt. Von jeher gab es Geschlechtsgottesdienste, deren manche auf die ganze Gemeinde übergingen.. So gehört den Geschlechtern der Potitier und Pinarier ursprünglich der Dienst des Herkules an der ara maxima, und die Fabier und Quinktilier hatten besonderen Anteil am Fest der Luperkalien. Man erkennt die Be- deutung des Geschlechtsverbandes noch später in der legitimen und üblichen Berücksichtigung der Verwandtschaft in der Gemeindeverwaltung. Einzelne Geschlechter kamen zuweilen zu außerordentlicher Macht; ein Beweis aus alter Zeit sind vielleicht die Fabier, deren Haus nach den Fasten sieben Jahre lang ohne Unterbrechung (485 479 v. Chr.) stets den einen der beiden Konsuln stellte. 3) Ahnliches beobachtet man auch später. Die ältere Ent- wicklung der römischen Verfassung bestellt zum guten Teil darin, daß all-

')Liv. II35. SuetonTib. 1. Tacit. aiinal. ist meist das Cognomen in den Yorder-

XI 24. Die Zeit der Einwanderung wird grund gerückt,

verschieden angegeben. ^) Vgl. F. Münzek, Eöm. Adelsparteien,

*) Der ursprüngliche Eigenname ist das I Stuttgart 1920. 53, 409. Pais, Storia critica

spätere Pränomen, wie Gaius und Publius; [ di Roma II, 160 f. glaubt wohl im allge-

in den ältesten Denkmälern und nament- i meinen an eine Vorherrschaft einzelner

lieh bei Polybios ist dieser Gebrauch noch Geschlechter, aber nicht unbedingt an die

erhalten. In der späteren klassischen Zeit sieben Konsulate der Fabier.

44

Römische Geschichte.

mählich die Gemeinde über die Geschlechter das Übergewicht erhält, so dafj der Bürger nicht mehr diesen, sondern jener in erster Reihe angehört.

Die imtergeordneten Mitglieder der Geschlechter sind die dienfes, Schutz- befohlene, vielleicht auch Gefolgsleute; denn auch das älteste Heer dürfen wir uns nach Geschlechtern geordnet denken. Wie ihr Herr sie schützt, (SO sind auch sie ihm zur Hilfe in jeder Not verpflichtet, und dieses Pietäts- verhältnis zwischen Klienten und Patronen hat sich bis an das Ende der Republik in Rom behauptet.')

Die Plebs oder die Plebejer waren die nichtpatrizischen, d. h. minder berechtigten Bürger, die an der Verwaltung des Gemeinwesens keinen An- teil hatten, es sind die Freien, zum größten Teil Landbewohner und Acker- bauer, dazu die städtische, Handel und Gewerbe treibende Bevölkerung. Von den Patriziern sind sie durch eine tiefe Kluft geschieden; zwischen den beiden Ständen bestand keine Ehegemeinschaft (conubiuni)/^) Wie die Plebejer entstanden, ob aus den Klienten, ob aus einer unterworfenen Be- völkerung oder aus zugewanderten Latinern, wissen wir nicht. Es gibt dariiber viele Vermutungen, von denen jede einen Teil der Wahrheit treffen kann, von denen jedoch keine gut begründet oder auch nur notwendig ist; denn der Unterschied der Stände ist so alt wie Rom selbst, wie denn auch dem Romulus die Stiftung der Plebs zugeschrieben wird, und die von Nie- buh r geäußerte, auch von Th. Mommsen geteilte Meinung, daß die Patrizier die Altbürger seien, daß also die römische Bürgerschaft einst nur aus Patriziern bestanden habe, ist sicherlich irrig, da der Patrizier den Plebejer voraussetzt und sich weder dieser ohne jenen, noch jener ohne diesen denken läßt.^) Dunkel ist besonders das ursprüngliche Verhältnis der Plebejer zu den Klienten; in der Ursprungsgeschichte fallen sie beide zusammen und ist die plebs in der Klientel der patres, aber später, als die Plebejer etwas bedeuten, haben sie gleich den Patriziern Geschlechter und Klienten. Damals bezeichnet das Wort cliens ganz allgemein das Verhältnis zum patronus, gleichviel ob derselbe Patrizier oder Plebejer ist. Es ist noch zu bemerken, daß einige Geschlechter patrizische und plebeische Mitglieder zählten, wie z. B. die Klaudier.

Vorsteher des Gemeinwesens waren nach Beseitigung des Königtums in der historischen Zeit zwei jährlich wechselnde Magistrate, consides oder praetores, die von der Gesamtheit der Bürger gewählt wurden. Nur in Zeiten dringender Kriegsgefahr wurde einem einzigen Magistrat, dem Dik- tator, oder, wie er ursprünglich hieß, dem maf/isfer popiili, der höchstens

') Dionys. Hai. II 9. Vgl. Mommsen, Rom. Staatsrecht III hi ff. v. Premerstein, PW IV 23 f.

') Hierfür gibt es griechische Ana- logien. Bei der Revolution auf Samos 412 v.Chr. wurde das connbnim zwischen Demos

Sparta gab es nichts, was den römischen Plebejern entsprochen hätte. Mit der im Text geäußerten Ansicht stimmt Ed.Meyer, C4esch. d. Altertums II ölO ff. wesentlich überein. Die neueren Theorien über die Entstehung der Plebs bespricht G. Bloch,

und Geomoren aufgehoben. Thukydides i??^. /^/s^o/-/^«^, 1917, 106, 241 ff. und 107, 1 ff.

VIII 21. Als zugewanderte Latiner, hauptsächlich

3) NiEBüHR, Rom. Gesch. I 364 ff. Momm- Kaufleute, betrachtet A. Rosenberg, Her-

SEN, Rom. Staatsrecht III 1. Der von Nie- mes 48, 1913, 359 ff. die Plebejer, die einen

buhr herangezogene Vergleich der Patri- 'Staat im Staat' bilden,

zier mit den Spartiaten paßt nicht. In ;

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 7.) 45

sechs Monate im Amt sein durfte, der Oberbefehl übertragen; ein Reiter- führer, magister equitum, wurde ihm beigegeben. i) Der Eat der Gemeinde ist der seuatus. Nach der ersten Ordnung des Romulus soll es 100 Sena- toren {patres) gegeben haben; die spätere Normalzahl, 300, rührt angeblich von Tarquinius Priscus her (oben S. 32) und wird nach Vertreibung der Könige durch Aufnahme plebeischer Mitglieder (der sog. conscripti) wieder- hergestellt. 2) Seit dieser Zeit würde also der Senat auch den Plebejern zugänglich gewesen sein. 3) Der Volksgemeinde wird das Wahlrecht und das Recht, Gesetze und Verträge zu genehmigen, von Anfang an beigelegt. Aber ihre Beschlüsse und Wahlen bedürfen der Bestätigung [auctoritas) des patrizischen Senates, der patres. Die Versammlungen, in denen sie das Recht ausübt, sind die comitia, die sich nur unter Leitung eines dazu befugten Beamten versammeln dürfen. Die Abstimmung erfolgt in frühester Zeit unter den Königen und vielleicht auch noch später nach Kurien. Ein Rest dieses Rechts der Kurien blieb bis ans Ende der Republik in der lex curiota, durch welche den schon gewählten Beamten das imperium verliehen wurde. Später ist Volk und Volksversammlung nach Vermögen, Alter und Wehr- pflicht in fünf Klassen [classes] und 193 Centurien eingeteilt, die vom König Servius Tullius eingerichtet sein sollen. Diese comitia centuriata geben den eigentlich vollgültigen Ausdruck des Volkswillens. Die Grundlage der Ver- waltung für Aushebung und Steuern sind die Tribus, deren es zuerst 21 gab, 4 städtische und 17 ländliche. Angeblich sind sie 495 v. Chr. gestiftet.'*) Sie nehmen in politischer Hinsicht die Stelle der alten Kurien ein und ver- drängen diese vollständig. Sie sind zugleich Stimmabteilungen, nach denen das Volk in gewissen Fällen in Tributkomitien [comitia trihuta) abstimmte. Das älteste bekannte Rom stellt sich als ein größeres Gebiet dar mit der Stadt, dem Wohnsitz des regierenden und begüterten Standes, im Mittel- punkt. Die Hauptmasse der Bevölkerung ist bäuerlich und ländlich, ein zäher und kriegstüchtiger Menschenschlag mit derben egoistischen Instinkten. Die Wirtschaft hat man sich in ihren Anfängen als primitiv zu denken; leider ist nichts Näheres bekannt, weder über die Verteilung des Grund-

') Angeblich wui-de die Diktatui-, diese „Einfügung der monarchischen Königs- gewalt in eine republikanische Staats- ordnung", gleich in den ersten Jahren der Republik, 501 oder 499 oder 498 v. Chr. notwendig. Die Überlieferung schwankt (Liv. II 18, 4). Die Latiner kennen eine Jahresdiktatur, die auf etruskisches Vorbild zurückgehen mag. Vgl. A. Rosen- berg. Der Staat der alten Italiker, Berlin 1913; 71 ff.

-) Allerdings wird dem Tarquinius nur die Verdoppelung des romulischen Senats zugeschrieben. Unsere Überlieferung ist unvollständig und hat den Übergang von den 100 ursprünglichen patres zu den 300 späteren nicht gefunden. Mommsen, Röni. Sjtaatsrecht III 845. tJbrigens ist nicht zu verschweigen, daß nach dem abweichen- den Bericht des Tacitus (ann. XI 25) nicht die Plebejer, sondern die patres minorum

gentium nach der Vertreibung der Könige von Brutus in den Senat aufgenommen sein sollen. Oben S. 32 A. 1.

2) F. Hofmann, Der röm. Senat, Berlin 1847; P. Willems, Le se>wt de la rt'puhlique Romaine, 1. Bd. 2. Ausg. Löwen 1885, 2. Bd. 1883; G. Bloch, Les origines du sniat Ro- main, Paris 1883.

^) Die Stiftung der Ti-ibus ist jeden- falls älter als 387 v. Chr., wo die erste Vermehrung erfolgte. Mommsen will sie 471 V. Chr. ansetzen. Von den ländlichen Tribus sind 16 gentilizisch, d. h. sie führen die Namen ijatrizischer Geschlechter, nur eine, die Crustumina, ist nach dem Ort Crustumerium benannt; man vermutet daher, sie sei später hinzugefügt, um die Zahl 21 voll zu machen. Doch sind die Tribus wohl von jeher von ungerader Zahl gewesen. Mommsen, Staatsr. III 16G ff.

46 Römische Geschichte.

besitze« noch über das Verhältnis der Kleineren zu den Größeren, i) Auch Handel-) und Gevverbfleifs kann nicht gefehlt haben. Die Kollegien der Handwerker werden schon auf Numa zurückgeführt, gelten also für uralt. 2) Eigenes Geld fehlt; der älteste Wertmesser war das Vieh, wovon das Geld pecunia seinen Namen hat. Als Tauschmittel diente sodann das Kupfer, das gewogen wurde {aes nu/c), wie es sich im sakralen Gebrauch noch lange erhielt. Erst später schlug man Kupfermünzen mit Wertzeichen und Gepräge; die ältesten, deren Gepräge bereits eine vollendete Kunst der Plastik voraussetzt, können nicht älter sein als etwa 350 v. Chr. Übrigens hatte man schon früh- zeitig Edelmetalle und bediente sich außerdem gelegentlich fremder Münzen.-*) Der Gemeindehaushalt war einfach. Die Einkünfte, aus denen die regelmäßigen Bedürfnisse bestritten wurden, bestanden wohl aus dem Ertrag des öffentlichen Eigentums an Grund und Boden, Gebäuden usw. und den damit verbundenen nutzbaren Rechten, wozu man den Ertrag der Salinen rechnen kann.

Bemerkenswert ist die religiöse Gebundenheit bei den Römern wie im übrigen Italien; jede Handlung schien ihm von Göttern und Dämonen re- giert, und mit Eifer suchte er daher ihren Willen aus Vorzeichen zu er- kennen und sich ihrer Huld zu versichern. Bei alledem ist der Einfluß von Priestern, selbst von denen der Hauptgottheiten, in der Gemeinde nicht zu bemerken. Der Gottesdienst und seine Organe standen, soviel war wissen, von jeher im Dienst der Gemeinde; die Aufsicht über die Religionsübung hatte das Kollegium der poufifices, eine Behörde von halb priesterlichem, halb magistratischem Charakter, die vornehmlich Gutachten abzugeben hatte. Ein anderes Kollegium, die Augurn, besorgte das wichtige Gebiet der offiziellen Mantik. Beide standen in enger Fühlung mit den Magistraten und dem Senat und sorgten dafür, daß die Religionsübung mit den politi- schen Bedürfnissen stets im Einklang blieb.

F. Beknhöft, Staat und Recht der römischen Königszeit im Verhältnis zu anderen Rechten, Stuttgart 1882. H. Jordan, Die Könige im alten Italien, Berlin 1887. MoMMSEN, Römische Forschungen I 69 ff. 355 ff. ; Staatsr. III 3 ff. Genz, Das patri- zische Rom, Berlin 1878. W. Soltau, Die Entstehung und Zusammensetzung etc., 625 ff. J. BiNDEK, Die Plebs, Leipzig 1909.

8. Auswärtige Kriege. Zu Beginn der geschichtlichen Erinnerung steht Rom unter der Oberherrlichkeit der Etrusker. Wie lange diese dauerte,

\) MoMMSEN vermutet (Rom. Gesch. I* [ quia agrorum partes attribuercmt tenuioribiis 187: Rom. Forschungen I 306), Ursprung- ac si Jlheris proprUs ist ohne Wert, weil lieh sei aller Grund und Boden in den hier offenbar aus dem Gleichklang von Händen der Patrizier und ihrer Geschlech- patres und partes eine Etymologie erstrebt ter gewesen und von ihnen nach dem wird, wie überhaupt bei der Rekonstruk- System der Feldgemeinschaft bestellt tion der ältesten Zustände mit falschen worden; die Plebejer hätten als unter- Etymologien ein bedenkliches Spiel ge- geordnete Glieder der Geschlechter ihren trieben wird.

Anteil am Lande von den Patriziern zur j ^) Ein alter Handelsartikel ist das in Nutzniefsung erhalten, seien also von den römischen Salinen gewonnene Salz,

diesen ganz abhängig gewesen. K. J. Neu- ; das von hier ins Binnenland ging. Die

MANN (Die Grundherrschaft der röm. Repu- j via Salaria hat davon ihren Namen,

blik, die Bauernbefreiung und die Ent- \ ') Plut. Numa 17.

stehung der servian. Verfassung, Akadem. : *) Mommsen, Geschichte des römischen Rede, Sti-aßburg 1900) hat diese Gedanken Münzwesens, 169 ft'. K. Samwer, Ge- weiter ausgeführt. Aber die Beweise sind schichte des älteren römischen Münz- nur schwach. Das Zeugnis des Festus wesens bis ca. 20l> v. Chi'., hrsg. von M.

p. 247 M. patres senatores ideo appeUati sunt, ! Bahkfeldt, Wien 1883.

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. «.) 47

ist nicht bekannt; die Befreiung, die spätestens zu Anfang des 5. Jahr- hunderts V. Chr. geschehen sein muß, ist nach einer glaubhchen Überliefe- rung mit Hilfe der Chalkidier in Kyme erfolgt.') Erst jetzt war die selb- ständige Entwicklung und Erweiterung der römischen Maclit möglich, deren Voraussetzung und Grundlage das Bündnis mit den Latinern und Hernikern ist, wie es nach den Annalen 493 und 486 v. Chr. geschlossen sein soll. Vielleicht ist gerade die Befreiung von der etruskischen Herrschaft Anlaß des Bündnisses geworden. Doch war es nicht nur gegen Etrusker gerichtet, sondern auch gegen andere feindliche Nachbarn, vor allem die Aequer und Volsker, unruhige und streitbare Stämme, die oft das latinische Gebiet mit Raubzügen heimsuchten und gegen die Eom an der Spitze der Latiner lange Krieg zu führen hatte. Die Überlieferung über diese Kriege in der älteren Gestalt bei Diodor^) läßt, so dürftig sie auch ist, dennoch die Grundzüge der Ereignisse wenigstens in schwachen Umrissen mit genügender Deutlich- keit erkennen.

Zu Anfang kann man eine gewisse Überlegenheit der Aequer und Volsker bemerken ; einzelne latinische Städte, wie Tuskulum, Labici, Velitrae, machen anscheinend mit den Feinden gemeinsame Sache; die Aequer besetzen Tus- kulum, die Volsker Vehtrae und vielleicht sogar Antium. Von Siegen der Volsker spricht die verhältnismäßig alte Sage von dem römischen Verbannten Cn. Marcius Coriolanus,^) der an der Spitze eines volskischen Heerhaufens unaufhaltsam gegen Rom vorrückt und erst auf Bitten seiner Mutter vor den Toren umkehrt."*) In den nächsten Jahren sind die Römer durchweg

') Unter Führung des späteren Tyrannen rührt wurden. Pais hält an seiner von

Aristodemos Malakos, Plut. mul. virt. 2(5. , Niese abgelehnten Hypothese einer „sa-

Vgl. Diouysios Hai. VII 5. Liv. II 14, die binischen Invasion" gegen Mitte des

dasEreignis508 v.Chr. setzen. Fais {Storia 5. .Jahrh. v. Chr. fest, vgl. seine Rlcerche

di Roma 1 1. 623 flf.) läfst die etruskische sulla storia e sul diritto pubblico di Roma

Herrschaft bis in die Mitte des ö. Jahrh. I, 1915, 347 ff.

v. Chr. dauern und danach um 440 v. Chr., i -) Diodor XI 37. 40; XII 30. 34. 64 ; XIII

gleichzeitig mit der Eroberung Kam- 6. 42; XIV 10. 11. 34. Bei Livius und Dio-

paniens durch die Samniten, eine sabini- | nysios werden diese auswärtigen Kriege

sehe Invasion und Herrschaft über Rom oft mit den politischen Kämpfen der rö-

luid Latium folgen, die in der Sagenpoesie mischen Bürgerschaft in Verbindung ge-

durch die Personen der Sabiner Titus bracht. Dies ist eine spätere Ausmalung,

Tatius und Numa Pompilius verkörpert von der sich in der älteren Überlieferung-

worden sei. Pais will also den Fall der ! nichts findet.

etruskischen Macht in Kampanien und I ^) Schon Fabius Pictor (fr. 17) erzählte

Latium gleichzeitig setzen, und wirklich I seine Geschichte. Doch sei dazu bemerkt,

könnte man es vielleicht für unwahr- daß der Beiname Coriolanus wahrschein-

scheinlich halten, daß die Etrusker ihre lieh erst der späteren Bearbeitung der

Herrschaft über Rom verloren hätten, Sage angehört. In der älteren Form der

ehe sie aus Kampanien vertrieben waren. ; Überlieferung pflegen die Cognomina zu

Aber in Wahrheit ist dies sehr wohl mög- i fehlen; erst im Laufe des 2. Jahrh. v.Chr.

lieh. Die Etrusker waren kein Einheits- j werden sie häufiger und kommen erst

Staat, sondern bestanden aus lauter selb- gegen Ende des Jahrhunderts in amtlichen

ständigen Städten, die keineswegs fest , Gebrauch. Mommsex, Rom. Forsch. I 47.

zusammenhielten, und auch die auswar- Wo also aus älterer Zeit ein Cognomen

tigen Erobervuigen waren sicherlich mehr erscheint, muß in der Regel jüngere Uber-

Sache der einzelnen als des Ganzen. Eine 1 lieferung oder Bearbeitung angenommen

größere Macht, wie sie etwa Porsenna ver- i werden.

einigte, konnte leicht wieder auseinander- ■*) Angeblich 489 und 488 v. Chr. Corio-

fallen, bei welcher Gelegenheit einzelne I lanus wird als Optimat geschildert, der

Unterworfene sich befreien mochten, ohne 1 die 494 v. Chr. durch die Sezession er-

daß die Etrusker als Ganzes davon be- I worbenen Rechte der Plebs einzuschrän-

j.<^ Römische Geschichte.

siegreich; doch bleiben ihre Siege ohne nachhaltige Wirkung, auch handelt es sich offenbar nicht etwa um große Schlachten, sondern um kleinere Ge- fechte. 485 V. Chr. wurden nach den Berichten die Volsker besiegt, im Jahre danach die Aequer. Berühmt ist die Schlacht, in welcher der Diktator L. Quinctius (Cincinnatus) die Aequer schlug und dadurch ein römisches Heer aus der feindlichen Umzingelung befreite. Die Zeit dieser sagenhaften Be- gebenheit kann jedoch nicht verbürgt werden.') Es tritt dann gegen die Aequer eine Zeitlang Ruhe ein. Über die Volsker wurde 446 v. Chr. ein Sieg erfochten, und vielleicht steht mit dem Volskerkrieg die Kolonie in Zu- sammenhang, die 442 v. Chr. 2) von den Römern nach Ardea geschickt wurde. Gegen die Aequer brach 432 v. Chr.^) der Krieg wieder aus. Der Diktator A. Postumius (Tubertus) erfocht einen namhaften Sieg über sie. Weitere Erfolge werden aus den Jahren 418 und 414 v. Chr. berichtet; die Römer dringen im feindlichen Lande vor und besetzen einzelne Plätze. Ebenso l)e- merkt man gegen die Volsker ein beständiges, wenn auch langsames Fort- schreiten. Der latinische Küstenstrich wird gegen die feindlichen Angriffe behauptet und schliefalich durch einen bedeutenden Erfolg, die Eroberung Anxurs (406 v. Chr.), gesichert. Die Grenzstadt Velitrae hatte damals eine römische Besatzung oder Kolonie, die bald danach (404 v. Chr.) verstärkt wurde. Mit ihren etruskischen Nachbarn standen die Römer seit alters in Berührung. Unter den beiden nächstgelegenen etruskischen Städten ist Caere, solange wir wissen, mit Rom befreundet, dagegen die nördliche Nachbarin Veji gehört zu den regelmäßigen Feinden. Es war eine große, feste Stadt, nicht kleiner als Rom selber.'*) Mit Veji pflegt die nördlich vom Anio gelegene latinische Stadt Fidenae^) verbündet zu sein. Schon Romulus soll beide Städte besiegt haben; die historischen Kämpfe mit ihnen dauern mit wechselndem Erfolg mehr als 80 Jahre. Berühmt ist eine Niederlage, welche die Römer 477 v. Chr. von den Vejentern am Flüßchen Cremera erlitten. Mit dieser Niederlage wird in der Überliefe- rung ein sagenhaftes Ereignis verbunden, der Heldentod von 306 Fa- biern, Gliedern des fabischen Geschlechtes, die in einen Hinterhalt der Etrusker gefallen sein sollen. "5) Aus dem Kampf mit Fidenae sind uns eben- falls noch einige ältere Nachrichten erhalten. Noch zur Zeit des Augustus gab es als Trophäe aus diesem Krieg die spolia opiina, die der römische Feldherr A. Cornelius (Cossus) dem von ihm erschlagenen Führer der Fide- naten abgenommen hatte, vielleicht in seinem Konsulat 428 v. Chr.'^) Aus

ken suchte und daher in die Verbannung 1 Landeskunde II 604 f.

gehen mußte. Seine Gestalt ist dem ^) Diodor XI 53. Liv. II 50. Dionys.

Tliemistokles nachgebildet. Vgl. Mommsen, IX 19. Ovid. fasti II 197. Vgl. E. Pais,

Köm. Forschungen I 113 f. Storia critica dl Roma II 32, 1. Eine ähn-

') 458 V. Chr. nach Livius III 26 f. Vgl. liehe Begebenheit erzählt Livius VII 15

zur Entstehung der Tradition O.Hirsch- j (358 v.Chr.) aus dem Kriege mit Tarquinii.

FELD, Kl. Sehr., 246 f. j 307 römische Gefangene unter einem Fa-

■■') Liv. IV 11; Diodor XII 34. ! bius sollen damals von den Tarquinien-

3) 431 V. Chr. nach Liv. IV 26 und den ftisfi triumphaJes.

■*) Beim heutigen Isola Farnese, etwa 18 km von Rom entfernt.

'") Beim heutigen Castel Giubbileo, etwa 8 km von Rom entfernt. Nissen, Ital.

sern getötet worden sein. E. Stein, Wiener Studien 38, 1916, 362 sieht in der Cremera- katastrophe eine Dublette des letzteren „wahrscheinlich historischen Vorfalls".

') Liv. IV 20. Festus p. 189 M. Nach anderer Version (Propert. V 10, 23) wur-

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanera. 9.) 49

dem Jahre 426 v. Chr. wird von einer unentschiedenen Schlacht vor den Mauern von Fidenae berichtet;^) später, zu unbestimmter Zeit, muß die Stadt erobert und zerstört worden sein. 2) Gegen Ende des Jahrhunderts erhalten wir genauere Kunde. Es brach ein langer, elfjähriger Krieg zwischen Veji und Rom aus (406 396 v.Chr.); 3) zuletzt wurde Veji nach längerer, wechsel- voller Belagerung von dem Konsul M. Furius (Camillus) durch einen Minen- gang erobert und zerstört. Die Bewohner der eroberten Stadt wurden ver- kauft, das Gebiet eingezogen, um bald danach an römische Bürger und Latiner aufgeteilt zu werden.*) Das war eine bedeutende Erweiterung des römischen Gebiets, die sich bald den Nachbarn fühlbar machte. Schon 395 V. Chr. kam es zum Krieg mit den Faliskern, der im nächsten Jahre durch einen Frieden beendet wurde,-'') vielleicht weil die Aequer und Volsker da- mals sich von neuem rührten. Gegen die Aequer wurde 394 392 v. Chr. mit Glück Krieg geführt, der letzte und entscheidende Sieg (392 v. Chr.) in Rom durch Spiele gefeiert.'') Inzwischen waren 393 v. Chr. Velitrae und Satricum zu den Volskern abgefallen, obwohl jenes noch kurz vorher von neuem mit römischen Kolonisten beschickt worden war. Die Römer sandten damals (393 v. Chr.) eine Kolonie nach Circeji und scheinen die abgefallenen Städte bald wieder erobert zu haben, wenn auch die Annalen nichts darüber berichten.^) In Etrurien kam es, im Verfolg des Sieges über Veji, im Jahre 391 v. Chr. zu einem Krieg mit Volsinii,^) in dem die Volsiniten eine Niederlage erlitten. Immer weiter dringen die Römer in Etrurien vor.

Über Coriolanus: Mommsen, Rom. Forsch. II 11.3 ff. Die Fabier an der Cremera: O. Richter, Hermes 17, 425. Der Fidenatenkrieg: Mommsen, Rom. Forsch. II 231 ff. Niese, Hermes 13, 412. Beaufort, Sur rhicertitnde, 50.

9. Rom und die Gallier. Quellen. Die gallische Katastrophe gewinnt da- durch ein besonderes Interesse, dafs sie zu denjenigen Stücken der älteren Geschichte gehört, die verhältnismäßig frühzeitig eine ausführlichere Behandlung erfahren haben. Der älteste, kurze Bericht ist der des Polybios (16. II 18. 22, 4 f.). Ihm am näch- sten kommt die Erzählung Diodors (XIV 113 f.), die schon manche Spuren poeti- scher wie antiquarischer Bearbeitung aufweist. Bezeichnend ist, daß danach Camillus den Galliern das erbeutete Gold später wieder abnimmt.*^) Die dritte Stufe der Über- lieferung ist erhalten bei Livius (V 32 f.), Plutarch (Camill. 13 f.) und den Ex- zerpten aus Dionysios, Appian und CassiusDio. Diesen späteren Bearbeitungen liegt im wesentlichen die Erzählung in der Gestalt, wie sie Diodor gibt, zugrunde, ist jedoch bei ihnen durch stärkeren Chauvinismus und durch allerlei Beiwerk entstellt.

den die Spolien vor Veji dem Vejenter- ; sollten. Cicero Phil. 9 § 4. Liv. IV 17.

könig Lars Tolumnius abgewonnen. Über j Schweglee, Rom. Gesch. III 196.

die Inschrift auf der erbeuteten Rüstung ' ^) Die späteren Annalen haben den Krieg

vgl. E. Pais, Storia critica di Roma II 308 f. nach dem Vorbild des trojanischen auf

559, O. Hirschfeld, Kl. Sehr. 398 f., E. ; zehn Jahre eingeschränkt und zugleich

Täubler, Untersuchgg. zur Gesch. des aus der trojanischen Sage verschiedene

Decenivirats und der Zwölftafeln, Bei'lin Züge eingefügt. Schwegler, Rom. Gesch.

1921, 133 ff. III 209. 217.

1) Diodor XII 80. ') Diodor XIV 16. 43. 93. 102.

"-) Macrob. III 9,. 13. Ein Denkmal aus ^) Diodor XIV 96. 98.

dem Krieg mit Fidenae waren auf dem rö- [ ^) Diodor XIV 98. 102. 106.

mischen Forum die Statuen von vier römi- j ') Diodor XIV 34. 102.

sehen Gesandten, die von den Fidenaten j ^) Das heutige Orvieto.

oder nach anderer Version vom Vejenter J ^) Was bei Strabo V 220 den Caeriten

Lars Tolumnius in Fidenae ermordet sein ; zugeschrieben wird.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 4

50 Römische Geschichte.

In solcher Ausbreitung ihrer Macht wurden die Römer (und wahrschein- lich auch die Latiner) unvermutet von den Kelten, oder wie die Römer die Eindringlinge nannten, den Galliern heimgesucht. Dieses mächtige, viel- köpfige Volk bewohnte damals einen großen Teil von Nord- und West- europa; nördlich von den Alpen waren die Donaulandschaften, das heutige Süddeutschland bis zum Thüringerwald in ihrem Besitz. Sie waren tief in die Alpen eingedrungen, dann über die Alpen gezogen und hatten die Po- ebene besetzt. Herodot, der in den ersten Jahren des peloponnesischen Krieges schrieb, kennt sie dort noch nicht; erst im Periplus des sog. Skylax (c. 18) erscheinen sie an der Küste, neben ihnen aber noch die Etrusker. Gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. scheint sich also das Ereignis voll- zogen zu haben.

Die vulgäre, aber jüngere und durchaus mythische Erzählung^) läßt die Kelten aus ihrem späteren Hauptsitz Gallien von Nordwesten her über die kottischen oder grajischen Alpen in Italien einwandern, und dies ist noch heute eine weitverbreitete Ansicht.^) Aber nach der älteren Über- lieferung 3) waren die Kelten schon früher mit den Etruskern in Berührung gekommen, überfielen sie plötzlich, verjagten und unterwarfen sie und ließen sich zu beiden Seiten des Po nieder. Diese Nachricht macht es wahrschein- lich, daß sie von Norden her aus dem Donaugebiet in Italien einbrachen; denn die Berührung muß im Etschtal und in der Richtung des Brenner erfolgt sein, wo die Etrusker noch hoch hinauf wohnten. Nicht allein die Etrusker wurden nun bis auf einige Reste allmählich verdrängt, auch die Um- brer mußten das adriatische Küstenland räumen. Die Gallier besetzten das gewonnene Land bis Ancona und darüber hinaus und machten sich auch die Nachbarn Untertan. Zugleich wurden die Ligurer zurückgedrängt, so daß die Kelten nunmehr den größten Teil der oberitalischen Ebenen ein- nahmen; nur die Veneter behaupteten sich in ihrem Lande. Es waren acht gallische Stämme, die einwanderten; am linken, nördlichen Ufer des Po waren die Insubrer (um Mailand) und östlich von diesen die Cenomanen (oder Genomanen),^) am rechten die Bojer und Senonen die namhaftesten, die Bojer in der heutigen Romagna und Emilia, die Senonen weiter süd- wärts bis Ancona. In weitem Umkreis setzten sie den Nachbarn, zunächst den Etruskern, zu und schon die früheren Etruskerkriege der Römer mögen durch den gleichzeitigen Druck der Gallier erleichtert worden sein.^) Doch auch nach dem übrigen Italien, bis nach Apulien hinein erstreckten sich die gallischen Beutezüge. Der kriegerische Ruhm der Gallier verbreitete

') Livius V 31. Dionys. XIII 10 f. Plut. Genumana salicfa sagt der Dichter Cinna

Cam. 15. Vgl. Niese, Zeitschr. f. deutsch. ' bei Gellius NA XIX 13, 5.

Altertum 42 (1898) 129 ff. Die liviauische ■') Nach Corn. Nepos bei Plin. h. n. III 125

Erzählung geht von den späteren Zu- wurde in Oberitalien die Stadt Melpum

ständen aus und ist erst nach der Erobe- I (unbekannter Lage) von den Insubrern,

rung Galliens durch Caesar entstanden. | Bojern und Senonen an dem nämlichen

2) Auch Camille Jüllian, Histoire de la Tage zerstört, an dem Camillus Yeji

Gaule I 289 folgt ihr. | eroberte, also 396 v. Chr. Eine sagenhafte

5) Polyb. II 17. Diodor (XIV 113) ist j Nachricht, die Niebuhr (Rom. Gesch. II

neutral; vgl. Justin XX 5. 580 ff.) und seine Nachfolger zu Unrecht

*) Fwofiävoi bei Polyb. II 17, 4. 23, 2. zur Grundlage chronologischer Berech-

24, 7. 32, 4. revofiävoi bei Strabo V 216. | nung machten.

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 9.) 51

sich und sie waren als Söldner geschätzt. So nahm Dionysios I von Syrakus Gallier in Dienst, um sie 368 und 367 v. Chr. den Sj)artanern nach Griechen- land zu Hilfe zu senden; bei dieser Gelegenheit machten die Hellenen mit ihnen Bekanntschaft. ')

Im Jahr 390 v. Chr. (nach späterer römischer Rechnung) kam ein galli- scher Schwärm über den Appennin nach Etrurien, wo erClusium belagerte.^) Es wird erzählt, daß eine römische Gesandtschaft, die sich dorthin begab, um die" ungebetenen Gäste in Augenschein zu nehmen, sich verleiten ließ, wider das Völkerrecht am Kampf teilzunehmen. Da die Auslieferung der Schuldigen verweigert wurde, wandten sich die Kelten gegen Rom. Die Römer rückten ihnen mit ihren Bundesgenossen entgegen, erlitten aber eine schwere Niederlage. 3) Trümmer des Heeres retteten sich nach Veji, Rom selbst wurde preisgegeben vmd drei Tage nach der Schlacht ohne Gegen- wehr von den Galliern genommen, woraus sich schließen läßt, daß die Stadt damals noch keinen festen Mauerring besaß; nur das Kapitol ließ sich be- haupten. Die Einwohner hatten sich in die Nachbarstädte zerstreut, in Caere barg man die wertvollsten Heiligtümer,'^) während Rom größtenteils von den Eindringlingen durch Feuer zerstört wurde. Sieben Monate^) hielten die Gallier die Stadt besetzt und belagerten das Kapitol; dann schlössen sie mit den Belagerten einen Vertrag und zogen gegen Zahlung von tausend Pfund Gold *^) wieder ab. Es war nach Polybios ') ein Angriff der Veneter, der sie in die Heimat zurückrief.

Diese Eroberung Roms durch die Gallier erregte die Aufmerksamkeit auch der griechischen Welt. Theopomp erwähnte das Ereignis, ebenso Aristoteles und Herakleides ; s) diesem Interesse verdanken wir wahrscheinlich die Mög-

1) Xenophon Hellen. VII 1, 20. 31. Justin. XX5; vgl. Aristoteles eth.Nicom. p. 1115b 27. eth. Eudem. p. 1229b 28.

'■') Über die Herkunft dieser Kelten ist nichts bekannt, der Stamm wird nicht bezeichnet. Nach Polyb. II 22, 3 müssen es Transalpiner gewesen sein, also nicht Angehörige der in Oberitalien schon an- sässigen Stämme, sondern wanderndes Kriegsvolk. Vgl. Diodor V 32, 5. Nach den späteren Berichten hätte es sich um Senonen gehandelt (Diodor XV 1 13, 3. Liv. V 35, 3. Strabo V 212. Plin. h. n. III 116. Tac. ann. XV 41).

^) Nach der später eingebürgerten, von Livius u. a. vertretenen Tradition fand die Schlacht an der Allia statt, also nörd- lich von Fidenae auf dem linken Ufer des Tiber, in den die Allia mündet. Dagegen suchte MoMMSEN (Rom. Forschungen II 310 ff.) zu erweisen, daß nach dem älteren bei Diodor XIV 114 zugrunde liegenden Bericht die Schlacht auf dem rechten Tiberufer, also gegenüber der Mündung der Allia in den Tiber geschlagen sei. Allerdings sei Diodors Darstellung zwie- spältig, insofern ihr erster Teil auf das rechte, ihr zweiter auf das linke Ufer führe. Indes hat R. Laqueuk, Philolog.

Wochenschr. 1921, 861 ff., einer scharfen Interpretation des Wortlauts bei Diodor die Erkenntnis abgewonnen, daß dort durchgehends das rechte Flußufer gemeint ist. Dadurch ist der A^ersuch von J. Kro- MAYER. Abh. der Sachs. Akad. der Wiss. 34, 5, 1921, 28 ff., das Schlachtfeld auf dem linken Tiberufer topographisch zu be- stimmen, hinfällig geworden. Es ist viel- mehr auf dem rechten Ufer zu suchen, für das sich schon Chr. Hülsen u. P. Lindner, Die Alliaschlacht, Rom 1890, sowie Ed. Meyer im Apophoreton zur 47. Philol.- Vers. 1903, 137 ff. erklärt hatten. A.ls Da.- tum, als dies ÄJliensis, gilt der 18. Juli, ein Unglückstag {dies religiosus) des römi- schen Kalenders. Der Name des Führers, Brennus, ist sekundär und einfach der Erzählung vom Angriff der Gallier auf Delphi (279 v. Chr.) "entlehnt.

■«) Strabo V 220. Valer. Max. 1 1, 10. Gel- lius XVI 13, 7. Nach Strabo werden die abziehenden Gallier von den Caeriten ge- schlagen.

=) Polyb. II 22, 5.

«) Diodor XIV 116, 7.

') II 18, 3.

s) Plut. Cam. 22. Plin. h. n. III 57.

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52

Römisce Geschichte

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lichkeit, den Gallierbrand nach t datieren. Polybios setzt ihn in V. Chr. (Ol. 98, 2), ebenso Diodor. md diese! einer anderen griechischen Chronil Chronographien, das für uns al^ lieferung beruhende zu gelte! es die Fehler der herkömmlil der das Ereignis auf 890 v. Ch Niebuhr die Eroberung R( übereinstimmend G. F. Uul sieht beruht auf fehlerhafte j V. Chr.) weit vorzuziehen ist.-J Der gallische Angriff hat sil Gallier waren mit anderen DinI ihrer eigenen nördlichen Stanl facher Bewegung begriffen, ihi das sie den Etruskern bereitet zu sammeln und besser zu rüstj

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Kelten. Leipzig 1861. Unger in demie. philos.-philolog.-hist. Klasse 1^ Rom. Forsch. II 297 ff. Niese, Hei baud d. N. Jahrb. für Phil. (1880) XI | Meyee, Gesch. des Alterturas V 151.

10. Die gallische Katastrophe Gewiß bedurfte es einiger Zeit, dauernden Abbruch hat der ZwisJ Im Gegenteil; das Unglück wirkte laßte, ihre Kraft straffer zusammJ

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"^) Dionys. Halic. I 74 setzt den Zg^ {etpodo^) der Kelten, bei dem Rom erobrt wurde, auf Ol. 98, 1 = 388;7 v. Chr. Datum bezieht Xiebuhk auf das EinrücWi der Gallier in Oberitalien, das er nd^ der oben S. 50 Anm. 5 erwähnten Xafr rieht des Corn. Nepos gleichzeitig mit Tag Eroberung setzt. Da nun Yeji 6 .Jahre w Roms Eroberung fiel, so würde alsc wahre Zeit des Gallierbrands 382 v. Gl sein. Aber Dionys meint mit seinem tum die Eroberung Roms selbst, ni anderes. Auch die übrigen Gliederi Rechnung sind sehr unsicher; vi die Nachricht des Nepos über Melpums ist chronologisch ganz ' bar. Hingegen das chronographij von Polybios wiedergegebeue ruht wahrscheinlich auf glt Überlieferung und kann am Philistos zurückgeführt werd^ wir wissen, daß er in der Ge

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3. Erste Periode : Bis zur Verein Roms mit den Kampanern. 10.) 53

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^) 0. Seeck, Rhein, glaubt bei Cato fr. 58 un? der latinischen Städte bei 68 f. Spuren eines gegen Rci latinischen Gegenbundes aus zu erkennen. Aber die Spureii^ schwach.

') Liv. VI 26. Die Erzählung ist lieh recht verdächtig, und vielleicht Tusculum erst 338 v. Chr. mit Rom v^ einigt worden.

g2 Römische Geschichte.

lichkeit, den Gallierbrand nach einem Ereignis der griecliisclien Geschichte zu datieren. Polybios setzt ihn in das Jahr des antalkidischen Friedens 387/6 V. Chr. (OL 98, 2), ebenso Diodor, und dieselbe Überlieferung findet sich in einer anderen griechischen Chronik. i) Es ist also das Datum der griechischen Chronographien, das für uns als das wahre, auf annähernd gleichzeitiger Über- lieferung beruhende zu gelten hat und dadurch besonders wichtig ist, daß es die Fehler der herkömmlichen römischen Chronologie kennen lehrt, in der das Ereignis auf 390 v. Chr. (= 364 der Stadt) fällt. Abweichend setzte Niebuhr die Eroberung Roms ins Jahr 382 v.Chr. und mit ihm wesentlich übereinstimmend G. F. Unger und neuerdings Ed. Meyer. Aber diese An- sicht beruht auf fehlerhaften Schlüssen, denen das überlieferte Datum (387/6 V. Chr.) weit vorzuziehen ist. 2)

Der gallische Angriff hat sich zunächst nicht erneuert. Die oberitalischen Gallier waren mit anderen Dingen beschäftigt-'^) und hatten sich namentlich ihrer eigenen nördlichen Stammesgenossen zu erwehren, die, in mannig- facher Bewegung begriffen, ihnen dasselbe Schicksal zu bereiten drohten, das sie den Etruskern bereitet hatten. So gaben sie den Römern Zeit, sich zu sammeln und besser zu rüsten.

ScHWEGLER III 324 ff. NiEBUHR II 575 ft'. L. CoNTZEX, Die Wanderungen der Kelten, Leipzig 1861. Unger in den Sitzungsberichten der k. bayerischen Aka- demie, philos.-philolog.-hist. Klasse 1875, 5-31 ff. Hermes XIV, 1879, 77 ff. Mommsen, Rom. Forsch. II 297 ff. Niese, Hermes XIII, 1878, 401 ff. Thouket. Supplement- baud d. N. Jahrb. für Phil. (1880) XI 93 ff. Matzat, Köm. Chronologie I 82 ff. Ed. Meyer, Gesch. des Altertums V 151. E. Pais, Storia critica di Roma III 35 ff. 377 ff.

10. Die gallische Katastrophe war ein Sturm, der rasch vorüberbrauste. Gewiß bedurfte es einiger Zeit, bis die Stadt wiederhergestellt war; aber dauernden Abbruch hat der Zwischenfall der römischen Macht nicht getan. Im Gegenteil; das Unglück wirkte erzieherisch, indem es die Römer veran- lagte, ihre Kraft straffer zusammenzufassen. Die Stadt wurde also in Eile

') Polyb. 16. Diodor XIV 110. O.Jahn, beiden Dionyse auch Italien zu berühren

Griech. Bilderchroniken S. 77, IG XIV Gelegenheit hatte und wirklich berührt

nr. 1294. hat. Die sizilisohen Tyrannen hatten mit

'^) Dionys. Halic. I 74 setzt den Zug den Italikern wie mit den Galliern man- {ecpodng) der Kelten, bei dem Eom erobert cherlei Beziehungen, und so mag die Nach- wurde, auf Ol. 98, 1 = 388/7 v. Chr. Dies rieht von Roms Fall durch Philistos in die Datum bezieht Niebohr auf das Einrücken Litei-atur gekommen sein. Dazu stimmt, der Gallier in Oberitalien, das er nach dafs bei Polybios wie bei Diodor die Kata- der oben S. 50 Anm. 5 erwähnten Nach- strophe mit einem Ereignis aus der Ge- richt des Corn.Nepos gleichzeitig mit Vejis schichte des Dionysios, der Belagerung Eroberung setzt. Da nun Veji 6 Jahre vor Rhegions, gleichzeitig gesetzt wird. Die Roms Eroberung fiel, so würde also die Niebuhrsche Rechnung rückt überdies den wahre Zeit des Gallierbrands 382 v. Chr. Zug gegen Rom viel zu nahe an das Ein- sein. Aber Dionj^s meint mit seinem Da- dringen der Kelten in Oberitalien heran, tum die Ei'oberung Roms selbst, nichts Aus Polybios II 17 f., der allein in Be- anderes. Auch die übrigen Glieder dieser tracht kommt und einen wirklichen, wenn Rechnung sind sehr unsicher; vor allem auch kurzen Bericht gibt, geht deutlich die Nachricht des Nepos über den Fall hervor, dafs die Gallier zuerst Oberitalien Melpums ist chronologisch ganz unbrauch- erobei'ten, sich in acht Stämmen nieder- bar. Hingegen das chronographische, auch ließen und ausbreiteten, was nicht in von Polybios wiedergegebene Datum be- Kürze geschehen sein kann, sondern eine ruht wahrscheinlich auf gleichzeitiger Reihe von Jahren erfordert haben muß. Überlieferung und kann am ehesten auf Erst dann erfolgte der Zug gegen Rom. Philistos zurückgeführt werden, von dem ^) Kriege mit Etruskern und Umbreru wir wissen, daß er in der Geschichte der erwähnt Strabo V 216.

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 10.) 53

wiefler aufgebaut i) und jetzt auch befestigt. Das Übergewicht Roms über die Latiner wurde erneuert. Es gelang Rom nicht nur sich zu behaupten, sondern auch sich auszudehnen. 2) Gewiß werden auch die Nachbarn von dem galhschen Raubzug in Mitleidenschaft gezogen worden sein, und die Gefahr mag manchen bewogen haben, sich an Rom einen Rückhalt zu suchen. Andererseits hielten auch die Feinde Roms ihre Stunde für ge- kommen. So fielen gleich nach dem Gallierbrand, nach der älteren Er- zählung sogar noch im nämlichen Jahr, Aequer, Volsker und Etrusker in römisches Gebiet ein, wurden jedoch von M. Furius (Camillus) geschlagen, die Volsker bei Markion, die Aecjuer bei Bola, die Etrusker bei Sutrium.^) Die nächsten Jahre brachten die Fortsetzung der Kämjjfe gegen die Volsker, die schließlich so geschwächt wurden, dafa sie als politischer Faktor nicht mehr zählten; viel Gebiet, besonders das pomptinische Gefilde, muß ihnen abgenommen worden sein. Für die Römer war es von Wichtigkeit, daß sie die Früchte ihrer früheren etruskischen Siege nunmehr bergen konnten. Bald nach Abzug der Gallier wurde der südetruskische Boden völlig ein- verleibt, die erste namhafte Erweiterung des römischen Territoriums. Im Jahr 387 v. Chr. wurden dort vier neue Tribus eingerichtet, Stellatina, Tro- mentina, Sabatina und Arnensis mit Namen, und 383 v. Chr. wurde die latinische Kolonie Sutrium angelegt, zehn Jahre darauf Nepet.'^) Auf vols- kischem Boden wurden um diese Zeit Satricum (385 v. Chr.) und Setia (382) gegründet und römische Bürger mit Landbesitz ausgestattet, so daß dann (358 V. Chr.) zwei neue Tribus, Publilia und Pomptina, nötig wurden. Auch in Latium kam es zu kriegerischen Verwicklungen,^) über die aber nichts Näheres bekannt ist.'') Eine Erhebung aller Lcitiner hat schwerlich statt- gefunden; wenn die jüngere Überlieferung Vertrauen verdient, ist eine der ansehnlichsten latinischen Städte, Tusculum, schon 380 v. Chr. in die rö- mische Bürgerschaft aufgegangen.'') Gut bezeugt ist ein Sieg der Römer

') Nach Livius V 50, 8 hätten die Volks- tribunen für die Preisgabe Eoms und die Übersiedelung nach Veji agitiert, wogegen sich Camillus in einer Rede (V 51 54) wendet, welche die Unersetzliehkeit Roms verficht. Livius bekämpft hiei", wie Horaz carm. III. 3, den dein Caesar zugeschrie- benen Plan einer Verlegung der Haupt- stadt, einer Dekapitalisierung Roms. Vgl. WiLAMOwiTz bei MoMMSEN, Reden u. Aufs. 175 f. Über den Aufbau vgl. Diodor XIV 116, 8, der von der beabsichtigten Um- siedlung nichts weif3.

2) Eine zwar sehr kurze, aber beachtens- werte Übersicht über die folgenden Er- eignisse gibt Polybios I 6.

3) Diodor XIV 117, wo ohne Zweifel die Ereignisse aus einer Reihe von Jahren zusammengestellt sind. In der Tat ver- teilt Livius diese Kriege, die er noch vex*- mehrt, auf 389 386 v. Chr. Das ist aber sicherlich eine nachträgliche Bearbeitung der älteren diodorischen Fassung, die auch hier die ursjirüngliche, wenn auch fehler- hafte Überlieferuns' wiedergibt.

'') Velleius I 14, 2. Sutrium wird frei- lich bei Diodor XIV 117, 4 schon 390 v. Chr. als Kolonie vorausgesetzt. Unter 386 v.Chr. erwähnt Diodor XV 27 die Entsendung von 500 Kolonisten nach Sardonia. In diesem Namen steckt vielleicht Sutrium. Andere haben, jedoch mit Unrecht, an die Insel Sardinien gedacht. Nepets Grün- dung wird von Liv. VI 21, 4 schon 383 V. Chi", erwähnt, wie denn überhaupt die Daten der Koloniegründungen vielfach schwanken.

5) Polyb. I 6. 3.

«) 0. Seeck, Rhein. Mus. 37, 1882, 15 fp. glaubt bei Cato fr. 58 vmd im Verzeichnis der latinischen Städte bei Plinius h. n.III 68 f. Spuren eines gegen Rom gerichteten latinischen Gegenbundes aus dieser Zeit zu erkennen. Aber die Spuren sind zu schwach.

') Liv. VI 26. Die Erzählung ist frei- lich recht verdächtig, und vielleicht ist Tusculum erst 338 v. Chr. mit Rom ver- einigt worden.

54 Römische Geschichte.

über die Praenestiner für das Jahr 382 v. Chr.; da nun zum Jahr 354 v. Clir. eine Waffenruhe mit Praeneste verzeichnet wird, so muß der Krieg längere Zeit gedauert haben oder aber wiederholt worden sein.^) Inzwischen waren 860 V. Chr. die Gallier wieder mit einem Heer bei Alba erschienen ; die unvorbereiteten Römer wagten damals nicht, sie anzugreifen. Vielleicht hat eben diese Gefahr zur Ordnung der latinischen Verhältnisse beigetragen; denn 358 v. Chr. soll der latinische Bund erneuert worden sein, und nach dem Waffenstillstand mit Praeneste scheint in Latium die Ruhe wiederher- gestellt.-) Den latinischen Unruhen folgte sodann ein neuer Krieg gegen Falisker und Etrusker (357 354 v. Chr.) ohne größere Unternehmungen und nicht ohne Niederlagen der Römer. ^) Auch das benachbarte und sonst befreundete Caere soll sich auf kurze Zeit an diesem Krieg beteiligt haben."*) In diesen Etruskerkrieg darf man vielleicht das von Theophrast^) erwähnte erste Seeunternehmen der Römer setzen; sie fuhren mit 25 Schiffen nach der in etruskischem Besitz befindlichen Insel Korsika, wo sie eine Stadt zu gründen versuchten. Den etruskischen Krieg beendete im Jahr 351 v. Chr. eine Waffenruhe mit Falerii und Tarquinii; Falerii trat bald danach (343 V. Chr.) in die römische Bundesgenossenschaft ein.*^)

Ein sehr wichtiges Ereignis ist das kurz vorher (354 v. Chr.) mit den Samnitern ') geschlossene Bündnis, das vielleicht zunächst gegen die Gallier gerichtet war, unter denen auch die Samniter gelitten haben müssen. Aber auch in anderer Hinsicht scheint es bedeutende Wirkungen gehabt zu haben. Die Samniter waren damals der mächtigste Stamm im südlichen Italien, ein kriegerisches Volk, von dem die Römer manches gelernt liaben,^) mit dem sie vieles gemeinsam hatten. Die beiden mächtigen Völker erhielten durch ihre Verbindung ein entschiedenes Übergewicht über alle Nachbarn.

Als die Gallier im Jahr 348 v. Chr. 9) aufs neue anrückten, gingen ihnen die Römer mit ihren Bundesgenossen, darunter vielleicht auch Samniter, wohlgerüstet entgegen, und die Gallier, auch unter sich uneins, zogen in fluchtähnlicher Eile ab. Das war ein großer Erfolg, der vielleicht auch

') Diodor XV 47. XVI 45, 8. Auf den canum hrsg. von H. v. Arnim, Hermes Krieg mit Praeneste bezog man ein später XXVII, 1892, 121, jetzt auch in A. B. noch erhaltenes Denkmal, eine vom Dik- Dkachmanns Ausg. von Diodors röm. An- tator T. Quinctius von den Praenestinern nalen, Bonn 1012, S. 69, Z. 17 flf. erbeutete Statue des Juppiter Imperator. ^) Die Zeit nach Polyb. II 18, 7. Dagegen Liv. VI 29, 9. Livius VII 25 setzt diesen gallischen An- 2) Liv. VI 12, 7. griff ein .Jahr früher. Er und andere Au- ') Diodor XVI 31. 36. 45. Liv.VII16f. toren verbinden damit den siegreichen •*) Was Livius VII 20 darüber erzählt, Zweikampf des A^alerius Corvus(Corvinus) ist aus verschiedenen Gründen verdächtig mit dem Gallier (vgl. Gellius IX 11). Uber- und ist wohl bestimmt, die spätere Ver- haupt sind diese gallischen Kriege von gewaltigungCaeres zu entschuldigen. Vgl. der späteren Annalistik vielfältig ver- Cass. Dio fr. 33, Bd. I 138 ed. Boissevain; mehrt und ausgeschmückt worden, und Strabo V 220 und unten S. 82. nicht nur unter 360, sondern auch 361 '■') Hist. plant.V8, 2 {angeblich geschrie- und 867 v. Chr. werden Gallierkriege er- ben 31413 V. Chr.). wähnt, 361 v. Chr. erzählt Livius den Zwei- ^) Liv. VII 22. 38. kämpf eines anderen Römers. Manlius ') Welche Teile der Samniter damit ge- ! Torquatus, den andere 367 v. Chr. setzen, meint sind, können wir nicht sagen. j vgl. Liv. VI 42. VII 9. Gellius IX 13. Cass. **) z. B. sollen die Römer die Organi- Dio fr. 31. Zonaras VII 24 und Niese, Her- sation ihrer Reiterei von den Samnitern mes XIII, 1878, 401 f, entlehnt haben. Vgl. das Ineditum Vati- \

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 10.) 55

in Hellas Beachtung fand.') Die Gallier hielten jetzt längere Zeit Ruhe und schlössen 334 v. Chr. mit den Römern einen förmlichen Frieden ab. Zwischen ihnen und den Römern wurden friedlicher Verkehr und freund- liche Beziehungen angebahnt. Auch von den Galliern haben sich die Römer, vornehmlich auf dem Gebiet des Kriegswesens, mancherlei angeeignet.

In dasselbe Jahr mit dem ersten gallischen Erfolg (348 v, Chr.) fallt der erste von den Annalen erwähnte Handelsvertrag der Römer mit Karthago. 2) Er zeugt von der Ausbreitung des römischen und latinischen Handels. Die Waldungen besonders bei Circeji, die weithin berühmt waren, 3) lieferten den Latinern treffliches Schiffsbauholz, und die latinischen Küstenstädte müssen lebhafte Seefahrt getrieben haben; besonders Antiuni'^) wird uns genannt. Neben dem Handel ging freilich der Seeraub einher, wie bei den Etruskern; in den karthagischen Handelsverträgen erscheint er als legitimes Gewerbe. Der etruskische Seeräuber Postumius, der um 339 v. Chr. mit zwölf Schiffen in Syrakus einlief und von Timoleon ergriffen w^urde,^) trägt einen römischen oder latinischen Namen. Hier möge die von Livius^) über- lieferte, für uns rätselhafte Nachricht erwähnt werden, daß 349 v, Chr. im Zusammenhang mit einem gallischen Angriff eine griechische Flotte Latiums Küsten heimsuchte.')

Das römisch-samnitische Bündnis wurde zuerst den schwächeren Völkern verderblich, die nun in der Mitte zwischen den beiden größeren Mächten zerrieben wurden.*) Jetzt wurden die Volsker von den Römern vollends unterjocht,^) und die Samniter haben vielleicht dabei geholfen; denn ein Teil des volskischen Gebietes, das Land am oberen Liris bei Fregellae, fiel ihnen zu. Auch die Kampaner wurden von den Samnitern bedrängt, und diese scheinen ihre Angriffe selbst gegen die Latiner gerichtet zu haben; wenigstens haben wir Nachrichten, daß sie bis nach Arclea verwüstend vor- drangen, ^o) Ahnlich war die Lage der zwischen Latium und Kampanien wohnhaften Aurunker (Ausoner) und Sidiciner (bei Teanum). Während die Aurunker von den Römern bezwungen wurden (345 v. Chr.), fielen die Sidi- ciner den Samnitern zu. Freilich ist in der späteren Überlieferung die Ge- meinschaft der Samniter und Römer nicht nur fast ganz verwischt, sondern sogar ein durch große Siege ausgezeichneter Krieg der Römer gegen die Samniter eingelegt,!^) der sog. erste Samniterkrieg (343 341 v. Chr.), angeblich von den Sidicinern und Kampanern veranlaßt, die sich gegen die

') Hierauf bezieht sich, wie Niebuhr i Gesch. III 99 f. hat an die Expedition

vermutet hat, die von Aristoteles gegebene ! des Archidamos gedacht, Holzapfel, Rom.

Nachricht, daß Rom von einein Lucius ; Chronologie 124, an Söldner des jüngeren

errettet sei, womit wohl L. Furius Ca- i Dionysios ; ähnlich Pais, Stndi storici II 429.

millus gemeint ist (Plutarch Cam. 22).

2) Diodor XVI 69, 1. Vielleicht ist es in Wahrheit der zweite. Unten § 17.

^) Theophrast. hist. plant. V 8.

*) Strabo V 232.

ä) Diodor XVI 82. 339 v. Chr. bei Diodor entspricht dem Jahr 342 v. Chr. nach ge- wöhnlicher römischer Zeitrechnung.

«) VII 26, 13 fr.

'') Livius vermutet, die Flotte habe den sizilischen Tyrannen gehört. NiEBüHB,Eöm.

8) Nissen, Ital. Landeskunde I 51.

") Livius VII 27. VIII 1 verzeichnet 34.5 und 341 V. Chr. einen Volskerkrieg.

'») Strabo V 249. 232. Doch kann dies auch in die Zeit des grofsen Samniter- krieges gehören.

»') Liv.VII24. Dionys.Hal.XV3. Appian. Samn. 1. Vgl. Niebuhr, Rom. Gesch. III 127 f. O. Clason, Rom. Gesch. II 128 f. MoMMSEN, Rom. Gesch. I 358 Aum.

56 Römische Geschichte.

Samniter nicht mehr behaupten konnten und sich zuletzt, um die Hilfe der Römer zu gewinnen, diesen zu eigen ergaben. Da die Samniter sich weigern, von den Kampanern abzulassen, so kommt es zum Krieg, in dem die Sam- niter dreimal geschlagen werden, am Berge Gaurus, in den kaudinischen Pässen und bei Suessula (343 v. Chr.). Das nächste Jahr (342 v. Chr.) wird durch eine Meuterei der römischen Soldaten in Kampanien ausgefüllt. Nach- dem die Ruhe wieder hergestellt ist, wenden sich die Römer 341 v. Chr. wieder gegen die Samniter, aber diese bitten nunmehr um P'rieden und er- halten ihn ; die Sidiciner werden ihnen überlassen. Daß dieser Hergang im- möglich ist, beweisen schon die Friedensbedingungen, und mit Recht hat Mommsen nach Niebuhrs Vorgang den Krieg für erdichtet erklärt. Die ältere Überlieferung Diodors weiß nichts von ihm.') Die Wahrheit scheint zu sein, daß damals Samniter und Römer gegen die Schwächeren gemein- same Sache machten, und daß die Samniter den Römern auch gegen die Latiner halfen.

Daraus wird sich erklären, was die Überlieferung unerklärt läßt, näm- lich daß sich bald danach 340 v. Chr. die Latiner erhoben und sich mit den Kampanern gegen Rom verbündeten. Vielleicht nahmen auch die Au- runker und Sidiciner am Bunde teil, der sich zugleich gegen die Samniter gerichtet haben mag. ^y Nach den jüngeren Annalen^) leisteten die Samniter den Römern Hilfe. An der Grenze zwischen Latium und Kam23anien bei Sinuessa lieferten die Verbündeten den Römern eine Schlacht und wurden geschlagen. Der Sieger, der Konsul T. Manlius, feierte einen Triumph, die Besiegten wurden unterworfen, und ein Teil ihres Ackers eingezogen,*) Die völlige Unterwerfung der Latiner soll noch einige weitere Kämpfe erfordert haben, an denen sich vornehmlich Antium beteiligte, und erst 338 v. Chr. beendet worden sein.°) Der Bund der latinischen Städte miteinander hörte jetzt auf und beschränkte sich fortan auf die sakrale Gemeinschaft, die bis in die spätesten Zeiten im latinischen Fest [feriae Latinae) weiterlebte; dagegen blieb die Verbindung mit Rom. Die auf dem alten Bunde be-

') E. Pais, Ston'n critica dl Roma III 152, '. nicht. Der Schlacht bei Sinuessa schickt

A. 1 wendet sich gegen dies argumentum ! Livius ferner eine andere am Fuß des

ex silentio und gegen die „radikale" An- Vesuv nicht weit vom Veseris voraus, in

sieht NiESEs, gibt aber die militärischen welcher der Konsul P. Decius Mus den

und politischen Unstimmigkeiten im Be- Opfertod (durch devotio) erleidet. Diese

rieht des Livius zu, vgl. a. a. O. S. 169 ff. ausführlich erzählte Schlacht wird be-

Die vorausgegangene deditio der Kam- nutzt, um die römische Manipularordnung

paner im Jahr 343 v. Chr. erklärt Pais darzustellen; sie ist eine antiquarische

als reine Erfindung, a. a. O. S. 382 ff. Musterschlacht und ohne Zweifel er-

*) Dies würde noch wahi'scheinlicher dichtet. Außerdem soll das Wesen und

sein, wenn die Nachricht des Livius VII 38 das Ritual der devotio vorgeführt werden

von einem Kriege der Latiner gegen die ' (E. Kornemann, Der Priestercodex in der

Päligner (343 v. Chr,) beglaubigt wäre. j Regia, Tübingen 1912, 26). Über das topo-

^) Liv.VIII 6. 8, eine Nachricht, die einen j graphische Problem s. E. Pais, Sforia critica

guten Kern haben kann. 1 di Roma III 179, 1. Die zweite, historische

*)DiodorXVI90,2. Livius (VIII 3 f.) hat [ Schlacht benennt Livius nach Trifanum, zunächst den Anlaß des Latinerkrieges einem Ort zwischen Sinuessa und Min- weiter ausgemalt; danach fordern die La- turnae (Livius VIII 8, 19, 11, 12). tiner Anteil am Konsulat in Rom, was ^) Die Erzählung des Liv, VIII 11 ff. ist ohne Zweifel gefälscht und den Anfängen widerspruchsvoll und ohne Zusammen- des Bundesgenossenkrieges entlehnt ist; hang; es ist unmöglich zu sagen, welcher in unsere Zeit paßt eine solche Forderung historische Kern ihr zugrunde liegt.

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 10.) 57

ruhenden Rechte der latinischen Gesamtheit wurden aufgehoben. Die meisten der aufständischen Städte scheinen ihre Selbständigkeit und Teile ihres Ge- biets verloren zu haben und in Rom einverleibt worden zu sein. Nur Tibur und Praeneste blieben selbständig und schlössen mit den Römern ein neues Bündnis. Es läßt sich vermuten, daß sie entweder gar nicht, oder doch nicht bis zu Ende an dem letzten Kriege teilgenommen haben.')

Die Unterwerfung der Volsker und Aurunker lag in diesen Erfolgen mit eingeschlossen. Die Volsker wurden vollends bezwungen und Untertan. Es scheint, daß mit der Einnahme von Privernum (329 v. Chr.) der letzte Wider- stand gebrochen war. Fregellae und das volskische Land nördlich vom Liris scheint den Samnitern zugefallen zu sein, vielleicht auch die Sicliciner.^) Auf dem eroberten volskischen Gebiet ließen sich römische Bürger nieder, aus denen 332 v. Chr. die neuen Tribus Maecia und Scaptia gebildet wurden. Die Aurunker hatten ein ähnliches Schicksal wie die Volsker, auch hier zogen die Römer einen gi-oßen Teil des Landes ein. Nach den Annalen wurden schon 338 v. Chr. die Aurunkerstädte Fundi und Formiae römische Untertanen {cives shie suffragio). Bald darauf wurdo Cales latinische Kolonie (334 v. Chr.), später auch Suessa. Von größter Bedeutung war es, daß sich nunmehr nach dem Latinerkrieg Capua und die Kampaner, die mit den Latinern verbiindet gewesen waren, an Rom anschlössen, und zwar trat Capua in ein Verhältnis zu Rom, das dem latinischen Bunde ähnlich war. Beide Städte haben miteinander fortan Rechts- und Ehegemeinschaft.-'') Dabei behielt Capua seine innere Autonomie, eigene Beamte und Heer- führer, bildete aber nach außen hin mit Rom gleichsam eine Einheit, die den Namen Roms führte. Die Kampaner setzten daher von jetzt an den Namen der Römer auf ihre Münzen. Ihre Truppen, wie die römischen in Legionen geteilt, standen im Dienste Roms; wertv^oU war vor allem ihre Reiterei. Diese Vereinigung erfolgte 338 oder 334 v. Chr. gleichzeitig mit der Unterwerfung der Latiner. Auch die Nachbarn Capuas, wie z. B. Kyme, Acerrae, ferner Teile der Samniter, traten zu Rom in das gleiche Verhältnis.^)

') Nach Liv. YIII 14 ist eiu großer Teil der aufständischen Latiner in die römische Bürgerschaft auf"enommen worden. Dies

vertretene Ansicht, daß Capua eine Kate- gorie der Munizipien im späteren Sinn gewesen sei. Mäkquaedt, Eöm. Staatsvei'-

ist schwerlich richtig; andere Zeugnisse waltung 128 f.; vgl. Rudert, Leipziger Stu-

(Festus p. 127 M.) stehendem entgegen. dien z. klass. Phil.IITSf.: Mommsen, Gesch.

Fällt in diese Zeit die von Macrobius III d. röm. Münzwesens 167 f. Aber das ist irre-

9,13 erwähnte Zerstörung von Gabii? führend. Das Wesentliche ist, daß Capua

2) Hierüber läßt sich nichts Bestimmtes ; ein eigenes Gemeinwesen blieb und inner- sagen. Später ist Teanuni, die Stadt der halb der durch das Bündnis gezogenen Sidiciner, föderiert, also nicht Untertan, Grenzen seine Autonomie behielt. Die auch keine Kolonie: die Sidiciner haben Legion, die 280 v. Chr. Rhegion besetzte, also Grund und Boden behalten und sind wird als römisch bezeichnet, bestand aber nicht durch gewaltsame Unterwerfung, . aus Kampanern unter einem kampani- sondern durch Vertrag römische Bundes- sehen Führer Decius. Dieser war also von genossen geN^^orden. 1 den Kampanern bestellt. Polyb. I 6, 8.

*) Man kann daher die Kampaner als i 7, 7. Vgl. Niese, Götting. gel. Anz. 1888

römische Bürger sine suffragio bezeichnen ; , S. 962. Pais, Storia critica cU Roma III 383 f.

der in Rom lebende Kampaner war außer ■") Liv. VIII 14, 10 f. 17, 12. Velleius I

dem Stimmrecht dem Römer gleich ge- | 14, 3. Velleius gibt das Datum 334 v. Chr.,

achtet, und ebenso der Römer in Capua und nennt die Samniter, worunter etwa

dem Kampaner. Darauf beruht die von \ Nola oder Nviceria zu verstehen sind, die

den Antiquaren der augusteischen Zeit nicht zu den eigentlichen Kampanern

58 Römische Geschichte.

Diese Verbrüderung der Römer und Kampaner hat in der Sage, daß Rom und Capua von einem gemeinsamen Gründer, dem Kbmos, herstammten, ihren diehterisclien Niedersclilag gefunden.') Roms Macht wurde durch den Ansclilufä der reiclien kampanischen Landschaften mit ilirer höheren Kultur nahezu verdoppelt; zugleich war dadurch mit den kampanischen Hellenen eine unmittelbare Berührung hergestellt.

Gleichzeitig mit dci* Herrschaft, die nunmehr bereits einen ansehnlichen Umfang erreicht hatte, waren auch Stadtgebiet und Bürgerschaft entsprechend vermehrt Avorden. Der latinische Bund, die princi Latini. ging zugrunde und die einzelnen latinischen Städte wurden meist in Rom einverleibt, zuerst als Untertanen, dann als Bürger. Aber die latinische Nation lebte weiter; sie setzte sich außerhalb des alten Latium fort in den latinischen Kolonien, die Rom zur Behauptung des eroberten oder unterworfenen Landes nach allen Seiten auszusenden pflegte. Zunächst wurde die volskische und aurunkische Landschaft latinisch, so daß sich in der Folgezeit der Begriff Latium an der Küste bis Sinuessa ausdehnte.^)

11. Innere Entwicklung und Verfassungskämpfe. Quellen. Die Über- lieferung der römischen Verfassungsgeschichte ist womöglich noch dürftiger und noch mehr verfälscht als die der kriegerischen Ereignisse; kein Wunder, da das Zuständliche überhaupt in der älteren Überlieferung kaum Berücksichtigung findet, und die spätere Rekonstruktion die eigenen Zustände zurückzuspiegeln pflegt. Die ältere Form ist in spärlichen Notizen des Polybios und bei Diodor erhalten. Sie läßt die Hauptstücke der späteren Verfassung auf einmal im Anschluß an das Decem- virat entstanden sein. Sie ist nicht eigentlich urkundlich, gibt aber das wieder, was man über die Entstehung der späteren Gemeindeordnung in Rom in älterer Zeit ermittelt hatte und glaubte. Die spätere Form, die in Anfängen schon bei Cicero, besonders aber bei Livius und Dionysios vorliegt, ist eine stark rhe- torische und antiquarische Bearbeitung und erzählt die politischen Kämpfe der älteren Zeit nach Art der späteren nachgracchischen mit Benutzung griechischer Beispiele und in eintöniger Wiederholung der gleichen Motive. Sie bringt Dinge hinein wie die Agrargesetze, die in die ältere Zeit nicht gehören. Die sonstigen Notizen bei anderen Historikern und Antiquaren, z. B. bei Tacitus und im Handbuch des Pom- ponius,") weichen von den livianischen nicht selten erheblich ab und zeigen, wie unsicher gerade die Verfassungsgeschichte überliefert ist.

Während Rom nach außen zunahm, vollzog sich auch im Innern eine Umgestaltung. Etwa um dieselbe Zeit, da in Hellas die Demokratie auf- kam, entstand auch in Rom eine demokratische Bewegung. Die Plebejer entrissen unter harten Kämpfen den Patriziern den ausschließlichen Besitz der Amter und zwangen sie, ihnen den gleichen Anteil an der Gemeinde- verwaltung einzuräumen. Das Ergebnis dieser Kämpfe, die man als Stände- kämpfe bezeichnet, war, daß aus der Gemeinschaft der Geschlechter die Gemeinde entstand, an der alle Bürger mit wesentlich gleichen Rechten teilnahmen. Zu diesem Ergebnis haben ohne Zweifel die Kriege und die Erweiterung des Gebietes das meiste beigetragen. Wie anderswo, so hat auch in Rom der Druck der äußeren Feinde und kriegerische Betätigung der

gehörten. 332 v. Chr. folgte Acerrae dem ^^ g^rabo V 231.

Beispiel Capuas. Liv. VIII 17, 12. ') Digest. I 2.

') Dionys. Halte. I 73. j

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 11.) 59

demokratischen Bewegung starke Impulse gegeben. Sah man sich doch ge- nötigt, die Wehrpflicht auf die gesamte Bürgerschaft auszudelmen, was zur Folge hatte, daß die Wehrpflichtigen die entsprechenden politischen Rechte und Anteil an der Gemeindeverwaltung verlangten, worüber dann Kämpfe mit den bisher alleinigen Inhabern dieser Privilegien, den Patriziern, ent- brannten. Die politischen Bewegungen bestehen jedoch niclit nur aus Kämpfen um Rechte, sondern es handelt sich zugleich um einen organischen Ent- wicklungsprozeß entsprechend den Bedürfnissen einer wachsenden Stadt- gemeinde. Die Stadt und ihr Gebiet vergrößerten sich, die Bevölkerung wuchs, neben der Landwirtschaft entfalteten sich Handel und Gewerbe; für den Handel zeigten die Römer frühzeitig Neigung und Geschick. Die Ge- meinde organisierte sich zweckmäßiger und die Amter mußten bei dem wachsenden Umfang der Geschäfte vermehrt werden. So erhielt das poli- tische Leben immer bewegteren Rhythmus.

An der Spitze der verfassungsgeschichtlichen Nachrichten steht (angeblich 495 V. Chr.) die Einrichtung der 21 Tribus, örtlicher Bezirke, als Grund- lage sowohl des Kriegs- wie des Steuerwesens, i) In den Tribus finden die Plebejer den Rahmen ihrer politischen Betätigung und erlangen hier zuerst das Übergewicht. Die nächsten Bemühungen des Plebs sind auf gesetzlichen Schutz gegen die Macht und Willkür der patrizischen Magistrate gerichtet. Diesem Zweck dient die Provokation, d. h. das Recht, vom Spruch des Magistrates in schweren, peinlichen Fällen an die Volksversammlung Be- rufung einzulegen, ein Recht, das nach der Tradition schon unter den Königen oder gleich nach deren Vertreibung der Bürgerschaft zuteil ge- worden wäre, 2) das aber vermutlich, wie auch das Stimmrecht, zu den Er- rungenschaften der Ständekämpfe gehört. Von großer Tragweite war die Neuerung, daß die Plebs sich eigene Beamte und Vertreter setzte, die Volkstribunen, 2) die nach der älteren Überlieferung zuerst 471 v. Chr. vier an der Zahl gewählt wurden.^) In diesen Beamten erhielt nunmehr die Plebs legitime Führer und Organe. Sie wurden von den Plebejern aus ihrer Mitte in Tributkomitien gewählt;'^) sie waren rein städtisch und bürgerlich. An der Heerführung waren sie nicht beteiligt. Sie hatten zunächst die Auf- gabe, die Plebs gegen Willkürakte der patrizischen Magistrate zu schützen ; zu dem Behuf war ihre eigene Person heilig und unverletzlich. Ein zweites plebeisches Amt bildeten die zwei jährlichen Adilen (aediles plebi), die bald nach dem Tribunat ursprünglich vielleicht zur Unterstützung der Tribunen eingesetzt wurden, dann aber vornehmlich die Polizei versahen. In die

') Die überlieferte Zeitbestimmung ist j habe, und zwar in der Zahl zwei oder schwerlich zuverlässig. Oben S. 45 Anm. 4. ! fünf. Diese Version ist aber nicht ge-

-) Cicero de rep. II 53 f. Dionys. V 19.

^) tribuni plebis. Der griechische Name dZ/fiag/oi scheint aus Neapolis zu stammen, wo die höchsten Magistrate diesen Titel führten. Mommsen, Rom. Staatsr. III 646.

■') Diodor XI 68. Die jüngeren Berichte (Liv. II 33. Asconius in Cornel. p. 16) lassen die Tribunen sclion 494 v. Chr. eingesetzt sein. Sie erzählen, daß die Plebs damals durch die Auswanderung {secessio) auf den heiligen Berg ihre Einsetzung erzwungen

nügend bezeugt. Vgl. Niese, De (oiHalibns Bowan/s (Index lect. Marburg Sommer 1886) p. 11 ; Ed. Meyer, Kl. Schriften 351 ff. ; Mommsen, Rom. Staatsr. 11^ 274. A. Volk- MAR, De annalibtis Roiimnis (Diss., Marburg 1890) 54 ff.

^) Nach den Annalen sind die Tribut- komitien gleichzeitig mit den Tribunen eingesetzt woi'den, durch die lex Publilia des Tribunen Publilius Volero. Liv. II 56.

ßQ Komische Geschichte.

gleiche Zeit setzt man zwei populäre Gesetze, die vom Volkstribimen Icilius 456 V. Chr. eingebrachte lex de Aventino publicando, durch die der Aventinus den ärmeren Bürgern zur Wohnstätte angewiesen wurde, und die lex Tdrix'ia Aternia (454 v. Chr.), welche die Strafgewalt der Konsuln schärfer umriß. i) Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des Gemeinwesens war der Beschluß, das bis dahin gültige Gewohnheitsrecht aufzuzeichnen; denn schriftlich aufgezeichnete gesetzliche Bestimmungen gab es vorher noch nicht; die den Königen zugeschriebenen sog. leges regiae sind viel späteren Ursprungs. Im Jahr 451 v. Chr. wurden zur Abfassung und Aufzeichnung der Gesetze zehn Männer [decemviri legibus scribundls) gewählt und mit der höchsten Gewalt bekleidet; Konsulat und Volkstribunat wurden suspendiert. Von diesen Decemvirn, so lautet der älteste Bericht Diodors, wurden zehn Gesetztafeln ausgearbeitet. Was noch übrig war, fiel ihren Nachfolgern zu, dem Kollegium des nächsten Jahres (450 v. Chr.), die jedoch das Werk nicht vollenden konnten. Da einer von ihnen, so wird weiter erzählt, gegen eine edle Jungfrau eine empörende Gewalttat beging, 2) so rückte das Kriegs- heer, das auf dem Berg Algidus im Felde stand, auf den Ruf des be- leidigten Vaters nach Rom auf den Aventin. Ein Bürgerkrieg schien bevor- zustehen; denn die Decemvirn rüsteten sich zur Gegenwehr, aber durch die Vermittlung angesehener Leute gelang schließlich eine friedliche Bei- legung. Die Decemvirn wurden beseitigt und Volkstribunat und Konsulat wiederhergestellt. Es wurde festgesetzt, dafs fortan jährlich zehn Volks- tribunen^) erwählt werden sollten, die, in der Stadt mit höchster Gewalt bekleidet, über die bürgerliche Freiheit zu wachen hatten."*) Das Amt wurde mit neuen Rechten ausgestattet und hat wahrscheinlich erst jetzt seine volle Bedeutung und den sakrosankten Charakter erhalten. Regelmäßige Wahl und ununterbrochene Fortdauer des Amtes sicherten strenge Strafandrohungen. Diodors Bericht besagt ferner, daß zugleich bestimmt wurde, wenigstens einer der beiden Konsuln solle jeweils ein Plebejer sein. Die jüngere Tradition bei Livius weiß davon nichts, fügt aber hinzu, daß das Recht der Provo- kation aufs neue eingeschärft und die Wahl von inappellablen Beamten {sine provocatione) verpönt wurde. ^) Auch der Rechtssatz, daß die Beschlüsse der

') Liv. III 31, 1. 32, 7. Dionys. Hai. X 31. 50. Cicero de rep. II 60. Jedoch sind die überlieferten Daten dieser Gesetze nicht

über ihr Amtsjahr hinaus behalten, was auf die Chronologie wirkte, insofern man nunmehr ein drittes Decemviratsjahr rech-

sicher. Die lex de Äventmo gehört vielleicht nete, wie es zwar nicht in den Kapito-

erst in die nächste Periode. Unten S. 86. linischen Fasten, wohl aber bei Cicero,

^) Es ist die bekannte Geschichte von 1 Livius und Dionysios geschieht (Cic. de

der Virginia und dem Decemvir Appius : rep. II 62. Liv. III 38 ff. Diouys. X 59 ff.).

Claudius, die wiederum an griechische Vgl. Niese, De annalibxis Romanis (Mar-

Tyranneugeschichten, auch an die Er- j bürg 1886) VI f. A. Volkmar, De annalibus

Zählung von der Lucretia (oben S. 32) i^owonis S. 3 f.). Eingehend anal j-siert wird

erinnert. Die ältere Diodorische Fassung die Überlieferung von E. Täublek, L'nter-

nennt dabei noch keine Nanien; solche suchungen zur Geschichte des Decem-

sind erst später (Cicero de rep. II 63. Liv. virats und der Zwölftafeln, Berlin 1921.

III 44 ff. Dionys. XI 28 ff.) hinzugekommen. ^) Nach Livius 11130,5 soll die Zahl

In dieser jüngeren Fassung ist noch man- 1 der Tribunen schon 457 v. Chr. auf zehn

ches andere hinzugedichtet, um das zweite erhöht worden sein. Dies hält Niese für

Deceravirnkollegiuin als tyrannisch zu eine jüngere Erfindung,

charakterisieren, z. B. die Ermordung des *) Diodor XII 24 flf.

Plebejers L. Siccius. Man liefs die Decem- ^) Liv. III 55.

virn ferner ihi'e Gewalt widerrechtlich I

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 11.) ßl

Plebs fiir die Gesamtgemeinde bindend sein sollten, ') ist nach Livius damals aufgestellt worden. Von Diodor weicht Livius außer mannigfacher Aus- malung auch darin ab, daß er alle diese Bestimmungen als Gesetze [Uges] im späteren Sinne nimmt, als solche beantragt von den Konsuln M. Horatius und L. Valerius, indes sie bei Diodor als feierlich beschworener Friedens- vertrag zweier streitender Parteien erscheinen. Auch hier gibt Diodor das Ursprüngliche; denn nicht um Gesetze handelt es sich bei diesen Bestim- mungen, sondern um die ungeschriebenen Grundsätze der Verfassung, die auf den Vertrag nach dem Sturz der Decemvirn zurückgeführt wurden. 2) Ob das freilich alles auf einmal erreicht wurde, wie die ältere Überlieferung, von der man ausgehen muß, es darstellt, 3) darf man füglich bezweifeln; zum mindesten der Satz, daß stets ein Plebejer Konsul sein müsse, ist da- mals noch nicht in Kraft getreten. Die Gesetzgebung führten die neuen Kon- suln M. Horatius und L.A'^alerius (149 v. Chr.) zu Ende; zu den zehn schon vorhandenen Tafeln kamen zwei weitere; auf zwölf ehernen Tafeln wurde das Ganze am Eathaus öffentlich ausgestellt. Soweit die Überlieferung.

Aber nicht etwa eine Verfassungsurkunde, eine magna charta, bedeu- teten diese zwölf Tafeln; vielmehr enthielten sie in der Hauptsache das Privatrecht, dazu Bestimmungen über das Gerichtsverfahren sowie polizei- liche Vorschriften, alles ohne Systematik und unvollständig.'*) Über den tat- sächlichen Inhalt bestanden und bestehen mancherlei Zweifel,^) zumal da das ziemlich früh zugrunde gegangene Original der späteren literarischen Zeit nicht mehr vorlag. Es ist sogar wahrscheinlich, daß die zwölf Tafeln nicht das Ergebnis eines einmaligen gesetzgeberischen Aktes darstellen, daß vielmehr das ursprüngliche Werk der Decemvirn im Lauf der Rechts- entwicklung durch spätere Zusätze vermehrt und erweitert wurde.'')

') ut qnod irlhutini j^lebs hississet populum i zität des Decemvirats, und zwar sieht

teneret. Vgl. Dien. Hai. XI 45. [ Pais in den XII Tafeln „das langsame

^) Eine Analogie gewährt der in Athen und säkulare Produkt" amtlicher juristi-

geschlossene Amnestievertrag vom J. 403 scher Praxis und in den decemdri legibus

v. Chr. nach dem Sturz der Dreißig. j scribundts nur eine willkürliche Rück-

^) Auch Polyb. VI 11 führt die spätere l Spiegelung der decemvir! stlitibus iiidican-

Verfassung auf den Ausgang des Decem- dis. Als Schlußredaktor vermutet er den

virats zurück, wie mit Eecht Ed. Meyer, Cn. Flavius, den Ädilen von 304 v. Chr. ;

Ehein. Mus. N. F. 37, 001 f., bemerkt. er habe die Tafeln auf dem Forum publi-

•*) Den Inhalt wird man sich am besten ' ziert. Noch weit radikaler gebärdet sich

nachder Analogie der griechischen Gesetz- j der Jurist Lambert, gegen dessen Bundes-

gebungen denken; vgl. z. B. die Tafeln genossenschaft sich Pais nachdrücklich

von Gortyn auf Kreta (Kohler-Ziebarth, ! verwahrt. Nach L. sind die XII Tafeln

Das Stadtrecht von G., 1912). | überhaupt kein Werk offizieller Kodifi-

Ob z.B. ein Kalender (Macrob. 113, 21) i kation, sondern ein literarisches Prodvikt

beigefügt war, ist höchst zweifelhaft. Auch die Einführung des gemünzten Geldes ge- hört schwerlich hierher; vgl. Mommsen,

des Juristen Sex. Aelius Paetus Catus (Konsul 198 v. Chr.), von dem bezeugt ist, daß er das Zwölftafelrecht kommentierte.

Rom. Münzwesen 174. Gesammelt sind die j „Ein gutes Teil Berechtigung" gestand

Fragmente der XII Tafeln von R. Scholl, Niese diesen Zweifeln zu. Es sei uns ge-

Legis XII tabiilariim reJl., Leipz. 1866. wiß nur wenig Echtes erhalten und man-

, ^) E. Pais (vgl. bes. Ricerche I 1 flf.) und ches verrate deutlich ein späteres Zeit-

E. Lambert [La question de rauthenticite des alter. Das beweise aber nichts gegen die

XII fahles et les annales maximi in Nouvelle Überlieferung, daß damals durch die

repue historiqiie de droit 1902, sowie L'hi- Decemvirn die erste Aufzeichnung des

stoire traditionelle des XII tables in Melanges ! bürgerlichen Rechts stattgefunden habe,

Appleton, Lyon 1903) leugnen die Histori- | auf der die spätere Rechtsentwicklung

62

Römische Geschichte.

Nach der jüngeren Tradition hat die Gesetzgebung unter griechischem Einfluß gestanden. So berichtet Livius,^) daß drei Männer nach Griechen- land, vornehniHch nach Athen gesandt worden seien zum Studium der solonischen und anderer griechischer Gesetze. Nach einer anderen Version hat Hermodoros aus Ephesos, Herakhts Freund, den Römern „gewisse Ge- setze aufgeschrieben" bzw. den Decemvirn bei ihrer Arbeit geholfen.^) Wenn auch die Reise der Studienkommission, wie schon Vico erkannte und vollends der Anteil des Hermodoros auf Erfindung beruht, so ist doch griechisclier Einfluß auf das Gesetzgebungswerk nicht zu bezweifeln; gerade um jene Zeit hat sich auch Griechenland mit analogen Aufgaben befaßt. Ob aber in Rom griechische Vorbilder unmittelbar wirkten, also die Kodifikation durch die Decemvirn sich nicht auf die schriftliche Fixierung des geltenden Gewohnheitsrechts beschränkte, sondern darüber hinaus neues Recht schuf, läßt sich nicht mehr entscheiden.^)

Man hat vermutet, daß die Decemvirn außer jener Kodifikation noch andere Aufgaben zu lösen hatten. Niebuhr glaubt, daß sie als dauernde Behörde gedacht waren, die außer der Abfassung der Gesetze den Ausgleich der Stände anbahnen sollte. Nach Mommsen hätte dasVolkstribunat durch die Aufzeichnung der Gesetze entbehrlich gemacht werden sollen."*) Aus der Erzählung vom Sturz der Decemvirn könnte man, wenn sie glaub- würdiger wäre,°) schließen, daß ihnen der Oberbefehl über das Heer nicht zustand; da ihnen aber andererseits die Überlieferung die höchste diskretionäre Amtsgewalt beilegt,^) so ist eine militärische Kompetenz nicht undenkbar.

zum guten Teil beruhe. Es sei mit den XII Tafeln gegangen, wie z. B. mit den solonischen Gesetzen. Wie sich unter deren Namen manches zusammengefun- den habe, was erst später entstanden sei, ohne dafs die Tatsache der Gesetzgebung in Zweifel gesetzt würde, so habe in Rom das Werk der Decemvirn den Kern ge- bildet, an den sieh spätere Gesetze an- kristallisierten. Man brauche daher nicht zu glauben, daß alle 12 Tafeln von den Decemvirn herrühren. Übrigens sei der Inhalt der Tafeln späterer Verfälschung um so mehr ausgesetzt gewesen, als die Originale frühzeitig verschwunden sein müssen, wenn auch nicht bei Gelegen- heit der Gallierkatastrophe. Doch lasse schon Diodors Wortlaut XII 26 erraten, daß die Tafeln zur Zeit, da sein Quellen- bericht entstand, nicht mehr vorhanden gewesen seien. Die Überlieferung der Gesetze sei daher schon im 2. Jahrh. v. Chr. der juristischen Tradition mit allen ihren Zufälligkeiten undWillkürlichkeiten über- lassen gewesen, weshalb scharfe Kritik an den erhaltenen Fragmenten des XII Tafelrechts vollauf berechtigt sei. Aber die Tatsache der Gesetzgebung werde da- durch so wenig berührt wie durch Aus- malungen und Fälschungen der jüngeren Berichte. Die Annalen in ihrer ältesten

Fassung, auch Folybios im VI. Buch, wo- raus Cicero de rep. II 36, 61 ff. schöpfte, bezeugen den Decemvirat und betrachten ihn als Ausgangspunkt der späteren Verfassungsentwicklung. E. Täubler, Unters, zur Gesch. des Decemvii-ats und der Zwölftafeln, Berl. 1921, hält an der Tatsache des Decemvirats im 5. Jahrh. fest, gibt aber das genaue Jahr und die Namen der Decemvirn preis.

') Liv. III 31, 8. Vgl. Dionys. Hai. X 51, 5.

") Strabo XIV 642. Plin. n. h. 34, 21. Pomponius dig. I 2, 2, 4. Vgl. Münzer, FW VIII 859 ff.

^) Über den griech. Einfluß: F. Bosch, De tabula?v(m XII lege a Grctecis i^etifa, Diss., Göttingen 1893; Leo, Gesch. der röm. Lit. 18; Pais, Ricerche ll^h&. (gegen Bosch).

■•) Niebuhr, RG. II 348. 366 f., Schwegler, RG. III 16 f.. Mommsen, StR.II^ 272 Anm.; weitere, sehr unsichere Vermutungen bei W. Soltau, Über Entstehung und Zu- sammensetzung der röm. Volksversamm- lung 361 ff.

^) „In Wirklichkeit mögen die Decem- virn nach Vollendung ihrer Aufgabe eben so friedlich zurückgetreten sein wie Solon nach Abschluß seiner Gesetzgebung", Ed. Meyer, Kl. Sehr. 376, vgl. Täubler a. a. 0.125.

«=) Darüber Täubler a. a. O. 20 f. Als Analogiebeispiel hat man die dreißig

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Roms mit den Kampanern. 11.) ßß

mag auch die Amtsbezeichnung ledighch auf die gesetzgeberische Funktion hinweisen. Bei dem Stand unseres Wissens ist über vage Vermutungen nicht hinauszukommen.

Die Aufzeichnung des geltenden Rechts befriedigte zwar einen Wunsch der Plebejer, aber zu dauerndem Frieden hat sie nicht geführt. Der Kampf der Parteien, der Stände, setzte sich fort und brachte den Plebejern neue Erfolge. So sollen sie schon 445 v. Chr. durch die lex Canuleia die Ehe- gemeinschaft mit den Patriziern, die in den zwölf Tafeln noch nicht an- erkannt war, erwirkt haben, i) Das Hauptbestreben der Plebs zielte auf die Beseitigung des Konsulats oder auf Beteiligung an diesem Amt, wie sie ja nach dem älteren Bericht bereits garantiert war. Schon kurz nach dem Decemvirat wurde das Konsulat zeitweilig abgeschafft und zuerst 444 v. Chr. durch das Amt der Kriegstribunen, tribiiitl miUtum consulari potestate, er- setzt. Dieses Amt war auch Plebejern zugänglich. Schon der Titel kenn- zeichnet diese Tribunen als militärische Ergänzung der Volkstribunen; auch mit den griechischen Strategen lassen sie sich vergleichen. Anfänglich wechseln diese Tribunen als Präsidenten der Republik mit den Konsuln ab, um diese schließlich für längere Frist ganz zu verdrängen.^) Die Zahl der Tribunen bleibt nicht konstant: es kommen drei, viei-, am häufigsten sechs vor.-^) Angesichts einer solchen Zuweisung der höchsten Gewalt an ein größeres Kollegium öffnete sich ])ei gefährlichen Lagen in der Diktatur ein Ausweg, den man in jenen Zeiten mehr als einmal betrat.

Über die sicher mannigfachen Kämpfe, unter denen die Verfassung all- mählich umgestaltet wurde, gibt es keine zuverlässigen Nachrichten. Schon ISTiebuhr hat vermutet, daß die Bewegung der Plebs durch Gegensätze unter den Patriziern noch gesteigert wurde. Wie in Griechenland der Sturz der Aristokratie oft durch Spaltungen im eigenen Lager herbeigeführt Avurde, so mögen auch in Rom manche patrizischen Geschlechter auf die Seite der Plebs getreten sein und ihr die Führer gestellt haben. Wir hören ferner von Verbannten, als deren Typus der schon erwähnte Coriolanus gelten kann, der mit den feindlichen Volskern gegen sein Vaterland zog (oben S. 47). ■^) Mehrmals versuchte der Ehrgeiz einzelner monarchische Gewalt zu usurpieren, so 485 v. Chr. Spurius Cassius, derselbe, unter dessen Namen das latinische Bündnis geht, später (439 v.Chr.) Spurius Maelius; beide büßten ihr Unterfangen mit dem Tod.^)

Als nach der gallischen Katastrophe die erste Verwirrung überwunden war, erneuerte die Demokratie ihre Bestrebungen; die rasche Zunahme der

Tyrannen in Athen herangezogen, die zu- j Kapitolinischen Fasten zum J. 380 v. Chr. nächst zur Neuordnung von Gesetz und (Hülsen, Klio II, 1902, 248 ff.) sucht F. Mün- Verfassung bestellt wurden. j zer, Hermes 57, 1922, 134 ff. zu erklären. ') Cic. de rep. II 63. Liv. IV 1. ! •*) Liv. III 15, 5 ff", berichtet zum .Jahr -) In den 55 Jahren von 444—390 v.Chr. ! 460 v.Chr. von dem Sabiner Appius Her- gibt es 29 Konsulate und 26 Tribunate; i donius, der an der Spitze einer Schar von von 390—367 kommen nur Tribunate vor. Verbannten und Sklaven das Kapitol zu

') Das beste Verzeichnis bei Diodor. MoMMSEN. RF. II 224 ff. Nach Mommsen, Hermes 38, 1903, 116 ff. ist 6 die Höchst- zahl, während die von Niese verteidigte Achtzahl nur durch Einbeziehung der Zen- soren entstand. Die singulare Neunzahl der

überrumpeln suchte.

s) Diodor XI 37, 7. XII 37. Vgl. Mommsen, EF. II 153 ff. Die spätere Überlieferung zeichnet diese Männer, ebenso wie den M. Ma-nlius als Demagogen nach Art der Gracchen, woran etwas Richtiges sein mag.

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Römische Geschichte.

Bürgerschaft führte ihr frische Kräfte zu. Heftige politische Kämpfe er- scliütterten den inneren Frieden. Abermals strebte ein vornehmer Kömer, M. Manlius (Capitolinus) nach der Tyrannis, wurde aber überwältigt und getötet, 384 v.Chr.') Besonderen Einfluß besaß damals M. Furius (Camillus), der Sieger von Veji. Er soll nach einem Sieg über Volsker und Etrusker (oben S. 53) mit den Volkstribunen in Konflikt geraten sein; nach einer Variante bei Diodor wurde er zwei Jahre später vom Volk in eine hohe Geldbuße genommen.^) Einige Jahre darauf, nachdem das Konsulat längere Zeit in Wegfall gekommen war, erhob sich heftiger Streit über die Frage, ob das Konsulat wiederhergestellt oder das Konsulartribunat beibehalten werden sollte. Einen Teil des Jahres konnten einmal (377 v. Chr.) über- haupt keine Beamten gewählt werden ; zwei Jahre später (375 v. Chr.) dehnte sich die Anarchie auf ein volles Jahr aus^) und erst vier Jahre nachher wurde dieser Kampf durch ein Kompromiß beigelegt: man stellte das Kon- sulat wieder her und nun wurde erstmalig ein Plebejer Konsul. Damit war der Zutritt der Plebejer zum höchsten Staatsamt praktisch durchgeführt (366 V. Chr.),"*) nachdem er längst theoretisch zugestanden war. Gleichzeitig mit dieser Wiederherstellung des Konsulats und der Zulassung der Plebejer (366 V. Chr.) wurde nach der Überlieferung ein neues Amt, die Prätur, ge- schaffen. Dessen Inhaber, der Prätor, hat die Zivilgerichtsbarkeit zu leiten; doch ist er im Bedarfsfall neben den Konsuln, denen er als collega minor zur Seite steht, auch im Krieg tätig. In demselben Jahr trat zu den zwei Adilen ein weiteres Paar, die aediles cundes, die in einem zwischen patrizischen und plebeischen Anwärtern jährlich wechselnden Turnus gewählt wurden.-^)

>) Diod. XV 3.5, 8.

•'') Diod. XIV 117, 6 (wohl aus „nach- sullanischer" Nebenquelle). Die Überliefe- rung der „sullanisclien" Annalistik (Liv. V 32, 7; Plutarch, Camill. 12) setzt diesen Vorfall vor die gallische Katastrophe und läßt den Camillus in die Verbannung gehen, aus der er zurückkehrt, um Rom von den Galliern zu befreien. Nach E. Täubler, Klio XII, 1912, 219 fP. hat Sulla der legendären Darstellung des Camillus als Vorbild gedient.

=*) Diod. XV 61. 75. Die Jahre 877 und 375 V. Chr. sind nach gewöhnlicher Zäh- lung gegeben. Nach älterer Chronologie fallen sie bei Liv. mit 373, bezw. 871, bei Diod. mit 369, bezw. 367 v.Chr. zusammen. Vgl. unten S. 93.

•*) Von der älteren hier zugrunde ge- legten diodorischen Überlieferung weicht Liv. VI 34 f. stark ab. Nach Liv. setzen die Volkstribunen L. Licinius Stolo und L. Sextius in zehnjährigen Kämpfen (376 867 v. Chr.) den Zutritt der Plebejer zum Konsulat durch in Verbindung mit einem Ackergesetz, durch welches das zulässige Höchstmafa des Besitzes an Ge- meindeland auf 500 Jugera normiert wird, und mit einem weiteren Antrag, der die Schuldenlast der verarmten Plebs min-

dert {Ie</('s Liciniae Sextiae). Die beiden Tri- bunen werden jahraus jahrein wieder- gewählt, bis endlich ihre Anträge durch- gehen. Der Widerstand ist so heftig, daß fünf Jahre lang (875 371 v. Chr.) keine patrizischen Magistrate gewählt wurden und also Anarchie herrschte. Dieser im einzelnen um anekdotische Züge be- i'eicherten Darstellung gegenüber verdient Diodor den Vorzug (vgl. Ed. Meyer, Rhein. Mus. 37, 1882, 610 ff.). Das Ackergesetz ist ohne Zweifel aus weit späterer Zeit zu- rückgespiegelt; es kann nicht älter sein als der zweite punische Krieg (vgl. Niese, Hermes 23, 1888, 410 ff.). K. J. Neumann sucht das Originalgesetz ins Jahr 196 V. Chr. zu datieren (in Ullsteins Welt- gesch. 1 424 mit Begründung seiner Hyjjo- these bei Gercke- Norden, Einl. in die Altertumswiss. III' 424 ff.). Gegen Niese: K. Schwarze, Beiträge zur Gesch. altröm. Agrarprobleme, Diss. Halle a S. 1912, der das Ackergesetz von 367 v. Chr. für histo- risch erklärt.

^) Die Geschichte ihrer Einsetzung bei Liv. VI 42, 12 ff. ist legendenhaft. Ur- sprünglich mag das Amt rein patrizisch gewesen sein. Jedenfalls stand die kuru- lische Ädilität stets in höherem Ansehen als die plebeische.

3. Erste Periode: Bis zur Vereinigung Korns mit den Kampanern. 11.) 65

Beendet waren die Kämpfe der beiden Stände damit keineswegs und es währte noch einige Zeit, bis die Plebs die volle politische Gleichberechti- gung mit den Patriziern errang. Noch immer kamen rein patrizische Konsul- paare vor und erst seit etwa 340 v. Chr. wird der Anspruch der Plebejer auf mindestens eine der Konsulnstellen regelmäßig befriedigt.^) Unter dem Jahr 342 v.Chr. berichtet die jüngere Tradition^) von revoltierenden Soldaten, die damals, zur Zeit des sog. ersten Samniterkriegs (oben S. 55f.) in Kam- panien standen. Die Eebellen marschierten gegen Rom, konnten aber unter- wegs von ihrem Vorhaben abgebracht werden. Den Wünschen der zur Ver- nunft gekommenen Soldaten trugen einige militärische Gesetze Rechnung; nach anderen Berichten wurden außerdem durch Anträge des Volkstribunen L. Genucius^) die Bedingungen für die Bekleidung von Staatsämtern modi- fiziert und die Rechte der Plebejer erweitert.*) Wie erwähnt, mögen die auswärtigen Kriege, die damit verbundene Entwicklung des Militärsystems sowie das Anwachsen der Bürgerschaft den Fortschritt der Plebs nicht wenig gefördert haben. Es ist bezeichnend, daß dem Bürgerheer schon am Sturz der Decemvirn und dem darauffolgenden Ausgleich von der Überlieferung ein starker Anteil zugeschrieben wird. Daß das Heer mitunter in den Streit der Parteien energisch eingriff, ist nicht unmöglich.

Überhaupt gewinnt das Heerwesen immer größere Wichtigkeit inner- halb des Staats und wird zur zentralen Angelegenheit der ganzen Ver- waltung. Die Kriege erforderten die Bewaffnung und Ausbildung der Bürger- schaft in möglichst weitem Umfang. Dabei ruhte die Wehrpflicht, wie zu- meist auch in Griechenland, auf der Grundlage des Census, durch den die Bürger nach Maßgabe ihres Besitzes in fünf Klassen geteilt waren; clas^is bedeutet das Aufgebot.^) Nach dem Census richtete sich die Wehrpflicht und das Maß der politischen Rechte; die Besitzlosen waren vom Kriegs- dienst befreit und hatten nur nominelles Stimmrecht. Die militärische Glie- derung umfaßte das ganze Volk und wurde auf die Volksversammlung über- tragen. Die zum Dienst als Fußvolk verpflichtete Mannschaft zerfiel in zwei Altersstufen, die iuniore» und die seniores, wobei das 46. Lebensjahr die Grenze bildete. Die Junioren sind felddienstpflichtig, die Senioren (bis zum 60. Lebensjahr) werden nur zu Verteidigungszwecken verwendet. Jede Klasse hatte eine bestimmte Zahl von Abteilungen [centuriae), die oberen verhältnismäßig mehr als die unteren; auf die Junioren und die Senioren waren diese Centurien gleichmäßig verteilt.^) Nach Centurien stimmte die Volksversammlung, wobei je eine Centurie eine Stimme bedeutete. Nicht

^) Das letzte rein patrizische Konsulat I nur vermutungsweise in jenem Jahr unter- fällt in das Jahr 343 v. Chr. Bei Liv.VIlI | gebracht.

12, 16 erscheint die Bestimmung, daß auch : =) Die früher beliebte Ableitung von do-

von den Zensoren der eine Plebejer sein risch x/.äoig ist aufgegeben; vgl. A.Walde,

müsse, als eine der Uges Piibliliae vom | Lat. etymol. Wörterbuch, 1910'^,. 167.

Jahr 339 v. Chr. | '^) Nach der gewöhnlichen Überliefe-

^) Liv. VII 38 fif. : rung hatte die erste Klasse 80 Centurien,

') Liv. VII 42. die vier anderen zusammen 90; von diesen

^) Die ganze Erzählung ist schlecht be- j 170 Centurien des Fußvolks kamen 85 auf

glaubigt; Liv. selbst führt Varianten an. die Junioren, und ebensoviel auf die

Die Gesetze sind wohl echt, aber ihre i Senioren.

Zeit ist ungewiß und so hat man sie wohl |

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. HI, 5. 5. Aufl. 5

ß(3 Römische Geschichte.

in die Klassen einbezogen ist die Keiterei oder vielmehr die berittene Ho- plitenschar, •) eine ständige Spezialtruppe mit ursprünglich drei, dann sechs, schließlich 18 Centiirien. Wie in Griechenland wurden die Reiter für Be- schaffung und Unterhalt ihrer Pferde aus der Staatskasse entschädigt. Bei den Komitien stimmten sie an bevorzugter Stelle und besonders ab. Die als Heer geordnete Gemeinde der Wehrpflichtigen {'■oniifia centuridta) ver- fügte über die höchste gesetzgebende und richtez'liche Gewalt und wählte auch die obersten Gemeindebeamten, die Heerführer. Die Censusgeschäfte, Einschätzung des Vermögens, Gliederung der Bürgerschaft, Musterung der Heerespflichtigen, gewannen hohe Bedeutung. So wurde denn eine eigene kollegiale Magistratur, die Zensur, bald nach dem Decemvirat 443 v. Chr. oder nach Mommsens Vermutung 435 v. Chr. geschaffen. 2) Von Zeit zu Zeit, erst später regelmäßig alle fünf Jahre wurden zwei Zensoren auf 18 Monate bestellt. Vielleicht fällt mit dem Beginn der Zensur die Ein- führung des Census und der Klassenordnung überhaupt zusammen, die von der Tradition auf den König Servius Tullius (oben S. 32 ff'.) zurückgeführt wird. Auf dem Census beruht auch die direkte Besteuerung, die notwendig wurde, weil die Ausdehnung der Wehrpflicht die Ausgaben vermehrte. Der Staat mußte sich entschließen, den Truppen Sold zu zahlen, was 406 v. Chr. in dem langwierigen Vejenterkrieg erstmals geschehen sein soll.^) Doch gilt die direkte Steuer, das frifjutuin, stets als außerordentliche, nur im Bedarfs- fall erhobene Umlage. Da die siegreichen Kriege Beute und neue Einkünfte brachten, so konnte ein Staatsschatz gebildet werden, dessen Verwaltung einer neuen Magistratur, den Quästoren, anvertraut wurde. Die ersten zwei vom Volk gewählten Quästoren hatten die Feldherren ins Feld zu begleiten; später wurden zwei weitere Quästoren für die Stadt eingesetzt."*) Die mannig- fache Erweiterung des Staatswesens stellte die Verwaltung vor neue Aufgaben. Gewitzigt durch die gallische Katastrophe, wird Rom die Verbesserung des Heerwesens mit gesteigertem Eifer betrieben haben, J) und zwar lernte man bereitwillig von Freund und Feind, von Etruskern, Galliern und Sani- nitern, besonders aber von den Griechen.") Auf Sizilien hatte der Tyrann Dionysios I (gestorben 367 v. Chr.) das Kriegswesen auf eine hohe Stufe gehoben. Er unterhielt ein stehendes Heer, in dem viele Italiker dienten. Das sizilische Beispiel blieb gewiß nicht ohne Wirkung auf das italische Heerwesen.

') Vgl. W. Helbig, Zur Gesch. des röm. ! ") 447 u. 421 v. Chr. nach Tacit. ann. XI 22,

Equitatus, Abh. Münch. Akad. 2-3, 2. Abt., 1 was Niese der abweichenden Version bei

1905, 267 ff. Liv. IV 43, 8 ff. vorzog. Die Quästoren

*) MoMMSEN, Rom. Chronol. 95 f. Vgl. sollen schon lange existiert haben und

Liv. IV 8, 2 ff. ScHWEGLER (III 114 f.) und j von den Königen und Konsuln ernannt.

DE Book (Fasti censorii 36 f.) setzen die ! worden sein. Diese Nachricht kann hier

Einführung der Zensur gleichzeitig mit ebensowenig erörtert werden, wie die

den ersten Konsulartribunen 444 v. Chr. Vgl. auch SoLTAu, Über Entstehung und Zus.setzg der röm. Volksvers. 585 f. O. Leuze, Zur Gesch. der röm. Zensur, Halle a/S. 1912, widerlegt die von Mommsen be- hauptete Ursprünglichkeit eines festen Normalintervalls.

Stellung zu den qnaestores parricidti.

'•') Dem M. Furius Camillus werden Ver- besserungen der Bewaffnung 'zugeschrie- ben (Flut. Cam. 40), schwerlich mit Recht, wie aus Polyb. II 33, 4 hervorgeht.

®) Vgl. das von H. v. Arnim entdeckte Ineditnm Vafiramim 3 in Drächmanks Ausg.

=*) Diod. XIV 16, 5. Liv. IV 59, 11. V 7, 12. , von Diodors röm. Annalen (1912).

4. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). ((Quellen.) 67

Auch die Bildung des Senats, wie er später sich darstellt, dürfte in diese Periode gehören. Er entstand dadurch, daß zu den patres, dem patrizischen Uradel, plebeische Mitglieder, die co>iscriijfi hinzukamen. In der Anrede an den Senat mit patres coiiscripti hat diese seine Zusammensetzung bleibenden Ausdruck gefunden. Allerdings wären nach der communis opinio Plebejer alsbald nach dem Sturz der Könige in den Senat gelangt;') aber wahr- scheinlich ist dieses Ziel erst in den Tagen des Ständekampfs erreicht worden. Der Senat tritt nicht an die Stelle der patres, die in seinem Schoß als ge- schlossene Körperschaft ihre alten Privilegien bewahrten, sondern hat nur die Befugnisse einer beratenden Versammlung. Seine Zusammensetzung wurde durch das plehisc'dum Orinium den Zensoren übertragen; -) vielleicht sollte auf diese Weise eine regelmäßige, periodische Neubildung des Senats oder doch seines plebeischen Elements erzielt werden. Allein die plebeischen conscripti glichen sich den patres an und Lebenslänglichkeit der Funktion wurde für sämtliche Senatsmitglieder zur Regel.

Im letzten Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. ist Rom eine bedeutende Gemeinde, von der auch die Griechen wissen, wie sich aus Erwähnungen in der damaligen griechischen Literatur ergibt.^) Die Heimsuchung durch die Gallier hat den Aufschwung Roms nur auf kurze Zeit gehemmt. In der Folge wuchs die Stadt um so rascher und erhielt durch die Aufteilung des eroberten Landes ein immer größeres Gebiet. Der Zuwachs kam nament- lich der bäuerlichen Bevölkerung mittleren Besitzes zugut, also derjenigen Schicht, die das Rückgrat des kriegerischen Gemeinwesens bildete; unter diesen Umständen ließ sich die ausschließliche Herrschaft der alten Ge- schlechter nicht aufrecht erhalten; den Plebejern mußte Gleichberechtigung zugestanden werden. Nicht wenige plebeische Familien gelangten zu Reich- tum und Ansehen und assimilierten sich allmählich den älteren patrizischen. Der äußere Sieg des demokratischen Gedankens förderte den Gemeinsinn, insofern nunmehr jeder Bürger das Gemeinwesen als das seinige ansehen durfte. An dem ausgeprägt aristokratischen Grundcharakter des Regiments hat sich jedoch auch im patrizisch-plebeischen Staat nichts geändert."*)

IV. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.).

Quellen: Über den großen Samniterkrieg und die anschließenden Ereignisse vermittelt den ältesten und besten Bericht Diodor im 19. und 20. Buch. Es ist dies das erste zusammenhängende Stück genauerer römischer Geschichte, das brauchbar überliefert

') Liv. II 1, 11. Plut., Popl. 11. Festus keler, Sikelos, aus Rom einwandern, offen-

p. 251 M. Auf eine abweichende Über- bar auf Grund der Tatsache, dafs gerade

lieferung deutet Tacit. anu. XI 25 hin. Rom zu seiner Zeit nördlich von Kam-

Oben S. 45. panien die namhafteste Stadt war, die eine

-') Festus s. \. 2)raeteriti p. 246 M. Die \ größere Landschaft vertrat. Es liegt auf Zeit dieses Plebiszits ist unbekannt. Die derselben Linie, wenn bereits Hellanikos erste durch die Zensoren vorgenommene und Damastes eine hellenische Grün- Bildung des Senats, von der wir wissen, dungssage Roms mitzuteilen in der Lage

geschah durch Appius Claudius 310 v. Chr., MoMMSEN, Rom. StR. III 836. 856.

^) Antiochos von Syrakus fr.7 bei Dionys. Hai. I 73, 4 f. läßt den Eponymen der Si-

waren. Oben S. 29.

•*) F. Münzer. Rom. Adelsparteien und Adelsfamilien, Stuttg. 1920, 409 ff.

68 Römisclie Geschichte.

ist. Diodor setzt jedocli erst mit 318 v. Chr. ein, da sein 17. und 18. Bucli nidits Römisches bieten, und reicht nur bis zum Jahr 302 v. Chr. Von da ab sind nur einzelne Auszüge aus Diodor erhalten.

Über die gallisch-etruskischen Kriege unterrichtet am besten Polybios (II 19, ff.), der, wie man glaubt, aus Fabius Pictor geschöpft hat.

Der Krieg gegen Pyrrhos ist das erste Ereignis der römischen Geschichte, das von gleichzeitigen Griechen dargestellt wurde, von Pyrrhos selbst in seinen Denkwürdigkeiten, von Hieronymos von Kardia, vielleicht auch von Duris von Samos, ferner von dem Epiroten Proxenos und von Timaios, der die Schilderung dieses Krieges seiner Geschichte der Griechen im Westen (Sizilien und Italien) als Anhang nachfolgen liefs. Auf diesen Quellen, von denen wir nur wenige direkte Fragmente besitzen, beruht die echte Überlieferung, die verhältnismäfsig am reinsten im Auszug des Justinus aus Pompeius Trogus (Buch 18 und 23) und in den geringen Exzerpten Diodors vorliegt.

Die römischen Annalen, wie sie uns erhalten sind, haben auch diese Periode einer durchgreifenden nationalistischen Glorifizierung unterzogen. Livius gibt für den ersten Samniterkrieg nur eine Bearbeitung der bei Diodor reiner vorliegenden Überlieferung. Mit dem Schlufs des 10. Buches (293 v. Chr.) bricht Livius für uns ab. Von da an sind wir auf die Auszüge aus Livius (nebst Florus, Eutropius und Oro- sius) und auf die Reste des Dionysios von Halikarnaß, des Appianos und Cas- sius Dio angewiesen. Auch die Geschichte des Pyrrhoskrieges ist bei diesen Au- toren stark entstellt, und die echte griechische Überlieferung hat nur schwache Spuren hinterlassen. Für den Pyrrhoskrieg besitzen wir überdies Plutarchs Bio- graphie des Pyrrhos. Für den italischen Krieg ist Plutarch besonders von Dionysios beeinflußt, hat jedoch auch einzelnes aus älteren Historikern übernommen.

Vgl. die am Schluß von §§ 12 und 14 aufgeführte Literatur; über die Historiker des Pyrrhoskrieges besonders R. Schubert, N. Jahrb. für Philologie, Suppl.bd. IX und Geschichte des Pyrrhos S. 1 ff., ferner Niese, Hermes 31, 1896, 481 ff.

12. Der Samniterkrieg. Nachdem die Eömer durch das Biindnis mit den Kampanern unmittelbare Nachbarn der Samniter geworden waren, ging die bisherige Freundschaft der beiden Völker in die Brüche; denn die Sam- niter mochten nicht auf ihren Einfluß in Kampanien,^ der ihnen die lebens- wichtige Verbindung mit der See vermittelte, verzichten. So entzündete sich an der kampanischen Reibungsfläche ein langwieriger Krieg zwischen Rom und Samnium, der 22 Jahre 6 Monate dauerte, von 328—304 v. Chr. 2) Kriegsschauplatz sind zumeist die strittigen Gebiete in Kampanien, am Liris und später in Apulien, während weder Latium noch das eigentliche Sam- nium im späteren Sinn in stärkere Mitleidenschaft gezogen wurde; den Kampfpreis bildete die Herrschaft über die Stämme Mittelitaliens. Den Rö- mern sicherte die straffe Konzentrierung ihrer staatlichen Kräfte die Über-

') Da keine Nachricht einen Widerstand ' Niebuhr, RG III 181 ff., De Sanctis, Sfor. der Samniter gegen den Anschluß Kam- c/ei Romani II 293 ff. paniens an Rom vermeldet, so liegt die 2) pjo^ XX 101. 5. Die .Jahre v. Chr. 324

Vermutung nahe, daß sie durch Alexander den Molosser, der 334 bis 331 v. Chr. auf italischem Boden stand, festgehalten wur- den; denn Alexander kämpfte gegen sie und schloß mit Rom ein Bündnis (unten

(430 der Stadt) und 309 (445 der Stadt) werden dabei nicht gerechnet; es sind zwei nachträglich eingeschobene Dik- tatorenjahre. Scheidet man sie aus, so wird der Anfang des Krieges auf 325,

S. 75). Die Zeit stimmt; 334 v. Chr., dem | sein Ende auf 303 v. Chr. fallen. Diod wahrscheinlichen Datum von Alexanders XIX 10 wird das Kriegsjahr 318 v. Chr.

Landung in Unteritalien, entspricht in der römischen Chronologie dem Jahr des kampanischen Bündnisses 338 v. Chr. Vgl.

als neuntes bezeichnet; daraus ergäbe sich als erstes das Jahr 326 v. Chr.

4. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). 12.) 69

legenheit, während die tapferen und kriegerischen Samniter der festen Or- ganisation und der einheithchen Leitung entbehrten. Mehrere ihrer Stämme scheinen den Römern verbiindet gewesen zu sein, andere traten im Ver- lauf des Krieges zu Rom über. Erwähnenswert ist, daß einige Jahre vor dem Krieg um 334 v. Chr. die Römer mit den Galliern förmlich Frieden und Freundschaft schlössen (S. 55), wodurch sie nach dieser Seite hin ge- deckt waren.

Den Anstoß zum Krieg bot die Griechenstadt Neapolis, der wichtigste Handelsplatz Kampaniens, Nach der Erzählung der Annalen hatten die Nea- politen ihre kampanischen Nachbarn, römische Bundesgenossen, angegriffen und wurden deshalb von den Römern belagert (327 v. Chr.). Eine sam- nitische Besatzung half bei der Verteidigung, aber die Römer gewannen Neapolis durch den Verrat ihrer Parteigänger innerhalb der Bürgerschaft (326 V. Chr.).i) Jedenfalls ist die Stadt durch friedliche Übereinkunft ge- wonnen worden, da sie auch als Bundesgenossin Roms volle Autonomie behielt und ihren griechischen Charakter bewahrte. Der Anschluß von Neapolis, das seitdem treu zu Rom hielt, war ein höchst wertvoller Gewinn, entfesselte aber den Krieg gegen die Samniter. Vielleicht haben die Sam- niter schon die Besetzung Fregellaes am Liris, welchen Platz die Römer 328 V. Chr. besiedelten, als Übergriff betrachtet.

In den ersten Jahren des Krieges wurde auf beiden Seiten mit statt- lichem Aufgebot gekämpft, offenbar ohne Entscheidung. Zuverlässige Nach- richten fehlen. 2) Nur von einem großen Unglück, das 321 v.Chr. die Römer betraf, haben wir Kunde; als nämlich das römische Heer in Samnium ein- dringen wollte, wurde es nach einer verlorenen Schlacht (?) von den Sam- nitern in den kaudinischen Pässen eingeschlossen und zur Kapitulation ge- zwungen.^) Die Römer mußten Geiseln stellen und ein Abkommen schließen,

1) Liv.VIII 22, 5 f., Dionys. Hai. 15, 5 f. crit. dl Roma IV, 132 u. A. 1). Diese Berichte sind wenig zuverlässig. I ') Rübino, Unters, über röni. Verfassung So beruht gleich die Erwähnung des mit ! u. Gesch. I 274. J. Kromayer, Abh. der

Neapolis eng verbündeten Palaepolis auf Erdichtung (Mommsen, CIL X 1, p. 170). Die weiterhin erzählte Hilfeleistung der Tarentiner an Neapel wird ebenfalls er- funden sein. Niese, Gesch. der griech. u. niaked. Staaten I 478 f. Aber Pais, Stovia critica dl Borna IV 457 ff. verficht gegen Mommsen und Beloch die Existenz von Palaepolis.

Sachs. Akad. d. Wiss. 34, 5, 1921, 60 ff. Die Forche Candlne liegen an der späteren Heerstraße von Capua nach Benevent. Entgegen der durch H. Nissen, Rhein. Mus. 25, 1870, 1 ff. fast kanonisch gewordenen Ansicht, daß die Ebene von Caudium selbst bei dem heutigen Montesarchio der Schauplatz der Katastrophe gewesen sei, entscheidet sich Kr. aus topographischen

') Diodors Bericht (B. 19 u. 20) beginnt I und militärischen Gründen wieder für

erst mit dem Jahr 318 v. Chr., der des ! die Enge von Arpaja, an der noch im

Livius ist minderwertig; so klingen in \ MitielaMer der 'Nnine der furoilae Caudlnae

der Erzählung des J. 325 v. Chr. bei Liv. \ haftete. Unsere späten und zugestutzten

VIII, 29 f. bekannte Motive an. Besonders '] Tendenzberiehte suchen dem schmäh-

der Streit des Diktators L. Papirius Cursor j liehen Vorfall eine für Rom möglichst

mit dem magister equitumQ.Fabius Maxi- | ehrenvolle Seite abzugewinnen. Ob, wie

mus (Rullianus) ist dem Konflikt des Fa- Niebuhr annahm, der Kapitulation eine

bius Maximus mit M. Minucius vom J. 217 i verlorene Schlacht vorausging, oder ob,

V. Chr. nachgebildet. Nach Beloch sind j wie Nissen es sich dachte, erst mehrere

die Namen der samni tischen Feld- Durchbruchsversuehe gescheitert waren,

herren dem Bundesgenossenkrieg ent- [ ist nicht zu ermitteln. Über den Vertrag

lehnt (vgl. bei Gercke-Noeden, Einl. in die vgl. E. Täubler, Inq). Rom. I 140 flf.

Altertumswiss. III', 187 f. Pais, Storla \

70

Römische Geschichte.

das vielleicht den Verzicht auf das eroberte Gebiet enthielt. Dieses Ab- kommen, das nach einer Nachricht i) von den Konsuln und den Volks- tribunen beschworen wurde, trat wahrscheinlich für einige Zeit in Kraft; wenn später Fregellae und Umgebung wieder als samnitischer Besitz er- scheint, so ist es denkbar, dafa diese Gegend damals von den Eömern ab- getreten werden mußte. Bald entbrannte der Krieg aufs neue. In seinem Verlauf gelang es den Eömern zu ihrem Glück, in Apulien und bei den Lukanern Bundesgenossen zu gewinnen; jetzt konnten sie also den Gegner auch von Osten her angreifen, von welcher Seite Samnium leichter zugäng- lich war. Schon 318 v. Chr. wurde Canusium in Apulien erworben und 316 V. Clir. machten die Römer hier weitere Fortscliritte. Der Krieg wurde in diesen Jahren in der Form von Plünderungen und Raubzügen mit kleineren Scharen geführt, nahm aber bald wieder größeren Umfang an.

Im Jahr 315 v. Chr. waren zunächst die Samniter mit Erfolg tätig. Sie gewannen vor allem Sora am Liris, das die Bewohner ihnen übergaben. Indes drangen die Römer von Kampanien aus nach Samnium vor und be- lagerten Saticula,^) das sie nach ihrem Sieg über ein samnitisches Entsatz- heer auch eroberten. Nun aber holten die Samniter zu einem grofsen Schlag aus: mit versammelter Macht marschierten sie auf Latium. Angesichts der Gefahr bestellten die Römer in Q. Fabius einen Diktator, der an der Landes- grenze bei Lautulae unweit Tarracinas dem Feind sich entgegenstellte. Aber die Römer wurden geschlagen, der Reiterführer Q. Aulius, der den Rückzug zu decken suchte, fand dabei den Heldentod. Der Sieg der Samniter machte großen Eindruck; Capua, wo bald darauf die samnitische Partei die Ober- hand gewann, drohte abzufallen. So mußten denn die Römer ihre Truppen aus Apulien abberufen; um aber ihre Stellung dort nicht zu verlieren, sandten sie eine latinische Kolonie nach Luceria, welcher Platz sich dann als wichtige Stütze ihrer Herrschaft erweisen sollte. Überhaupt waren die Römer so wenig entmutigt, daß sie im folgenden Jahr (314: v. Chr.) zwei Heere ins Feld stellten, das eine gegen die Samniter, das andere gegen das abtrünnige Capua. Bei Kinna ') erfochten sie über die Samniter einen großen Sieg. Infolgedessen verzichteten die Kampaner auf ihre Abfalls- gelüste, lieferten die Häupter der samnitischen Partei aus und kehrten zum Bündnis mit Rom zurück. In den nächsten Jahren machten die Römer weitere Fortschritte: Fregellae und Nola fielen ihnen in die Hände (313 v. Chr.); gegen die Marrucinerstadt Pollitium zogen sie im Jahr 312 v. Chr. mit starkem Aufgebot zu Fuß und zu Pferd. Im selben Jahr wurde am Liris die Kolonie Interamna gegründet. Damit hatten die Römer in Mittelitalien die Ober- hand gewonnen und konnten nun, im Jahr 311 v. Chr., auch wieder in Apu- lien mit einem größeren Heer operieren und beträchtliche Vorteile erzielen.

Aber ein neuer Krieg zog sie von diesem Schauplatz ab. Eine Anzahl Etruskerstädte *) vereinigte sich, vielleicht im Einvernehmen mit den Sam-

') Cic. de off. 3, 109. Vgl. Liv. IX 8, 13 ff.

^) Wie man annimmt, beim lieutigen Sant' Agata clei Goti. Nissen, Ital. Landes- kunde II 809.

') Unbekannter Lage. Burger und nach ihm De Sanctis denken an Tarracina.

NiESEs Vermutung, daß bei Diod. XIX 76, 2 vielleicht Pinna gemeint sei, wird von Drachmann empfohlen.

■*) Genannt werden die ansehnlichsten Plätze, Cortona, Arretium, Perusia und Tarquinii.

4. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). 12.) 71

nitern, zu einem Angriff auf das ehemals etruskische, nunmehr latinische Sutrium. Die Eömer" mußten der belagerten Stadt zu Hilfe kommen und ihre Heere aus Apulien zurückziehen; es gelang, die Etrusker auf ihr Lager bei Sutrium zurückzuwerfen und so die bedrängte Stadt selbst zu entsetzen. Doch die inzwischen von den Samnitern in Apuhen gemachten Fortschritte zwangen die Römer, ihre Macht zu teilen; so ging der eine Konsul nach Kampanien, um durch einen Angriff auf Samnium die Feinde von Apulien abzuziehen. Jetzt waren die Etrusker, die Verstärkungen erhalten hatten, den Eömern anscheinend überlegen, und konnten Sutrium erneut bedrohen. Aber Konsul Q. Fabius machte durch das Gebiet der Umbrer, die offenbar zu Rom hielten, einen unerwarteten Vorstoß nach Nordetrurien, das er gründlich verheerte. Dadurch wurde das etruskische Heer gezwungen, die Belagerung von Sutrium aufzuheben und seinen von Fabius besiegten Lands- leuten Hilfe zu bringen. Im folgenden Jahr (308 v. Chr.) ') schlugen die Römer einen samnitischen" Angriff auf die verbündeten Marser siegreich zurück und zogen dann abermals durch das umbrische Land nach Nordetrurien. Nachdem dann ein Waffenstillstand, zu dem sich die Etrusker gezwungen sahen, dieser Fehde ein Ende gemacht hatte, konnten die Römer ihre ganze Kraft wieder gegen die Samniter einsetzen. Allerdings eroberten die Sam- niter auf dem westlichen Kriegsschauplatz 306 v. Chr. die Städte Sora und Calatia; aber in Apulien siegten die Römer entscheidend bei Silvium, drangen in Samnium selbst ein und verheerten das Land fünf Monate lang. Eine Empörung Anagnias und anderer Städte der Herniker fand rasche Unter- drückung und strenge Sühne. 2) Im nächsten Jahr 305 v. Chr. wurden die Paeligner unterworfen; in Kampanien errangen die Römer einen Doppel- sieg über das samnitische Heer und eroberten die Städte Sora, Arpinum und Aesernia.3) Diese römischen Waffentaten nötigten die Samniter encUich 304 v. Chr. zum Friedensschluß, dessen Bedingungen unbekannt sind. Kam- panien und die übrigen Eroberungen mußten sie den Römern überlassen. Das bedeutete für Samnium eine starke Einschränkung und den fast völligen Abschluß vom Meer.

Noch im nämlichen Jahr 304 eröffneten die Römer einen Angriff aut die Aequer. Der Konsul P. Sempronius fiel in deren Land ein, nahm zahl- reiche Ortschaften und zwang den ganzen Stamm zur Unterwerfung.^) Das Gebiet wurde zum Teil an römische Bürger vergeben, auch wurden zwei neue Kolonien, Alba Fucens (303 v. Chr.) und Carsioli (298 v. Chr.) angelegt. Marser, Marruciner, Paeligner und Frentaner, also die streitbaren Völker Mittelitaliens samnitischen Stammes, wurden gleich nach dem samnitischen Frieden 304 v. Chr. Bundesgenossen der Römer; ihnen folgten bald die

^■7^09^^hr. ist Diktatorenjahr (vgl. \ obert (vgl. Liv. X 1, 3). Anagiiia wurde

g ßg r)\ l später zur civitas sine snffragio.

■•^) Hier offenbart sich wieder die Un- \ ') So wird nach Glareaküs und Clüveb

Sicherheit der lungeren Überlieferung. 1 sowohl bei Diod. XX 90, 4 (tur J-fe^rm,-) als

Nach Hin. h. n. 34, 23 hätte Konsul Q. Mar- | auc;h bei Li.^ IX 44^6 zu lesen sem Vgl.

cius Anagnia erobert, wovon Liv. IX 43, H. Philipp, Philol. Wochenschr. 1921. 647

dem zufolge die Hei'niker, ohne erheb- I . ;) Diod. XX 101, 5 Die ^^^l'^^J^f^^^

liehen Widerstand zu leisten, klein bei- ist unbekannt; auch Liy. IX 4o, o tt. nat

gäen, nichts weiß. Nach der klteren Tra- ! darüber nichtsWesentliches beizubringen,

dition (Diod. XX 80, 4) wird Frusino er- |

72 Römische Geschichte.

Vestiner und vielleicht die Picenter.^) Über die Umbrer fehlt es an glaub- würdigen Nachrichten. Sie bildeten nur eine lockere Einheit, und oft trieben die einzelnen Gemeinden ihre Sonderpolitik. Im ganzen scheinen sich die Umbrer um ihrer Feindschaft mit den Etruskern '') willen während des Krieges mehr den Römern zugeneigt zu haben. In der Folge wird sich dann ihr An- schluß an die römische Bundesgenossenschaft angebahnt haben. Einer ihrer südlichen Grenzorte, Nec[uinum am Nar, kam in den Besitz der Römer, und wurde unter dem Namen Narnia latinische Kolonie (299 v. Chr.). 3)

Noch während des Krieges und bald nachher wurde dem Anwachsen der römischen Bürgerschaft Rechnung getragen; so wurden 318 v. Chr. die Tribus Falerna und Oufentina auf kampanischem und volskischem Boden geschaffen; 313 v. Chr. wurden in Kampanien weitere römische Kolonisten angesiedelt; 299 v. Chr. entstanden wiederum zwei neue Tribus, Aniensis und Teretina. Parallel damit lief die Gründung neuer latinischer Städte mitten im Krieg auf erobertem feindlichem Gebiet. Zu den genannten, Lu- ceria, Interamna am Liris, Alba (Fucens), Carsioli und Narnia kommen noch Suessa im Aurunkergebiet und Saticula, beide angeblich im Jahr 313 V. Chr. So legte Rom um sein Gebiet einen Gürtel von befestigten Städten und gewährte zugleich der latinischen Nation eine dem Wachstum der römi- schen Bürgerschaft entsprechende Ausdehnung. In dem großen Ringen mit Samnium waren die Latiner die Waffenbrüder Roms und ohne Zweifel hat vor allem die gemeinsam bestandene Kriegsgefahr die jüngst Besiegten mit den Siegern zur völkischen Einheit zusammengeschweißt. In den Samniter- krieg gehören nach den Annalen auch die Anfänge einer römischen Kriegs- flotte; für den Bau und die Ausrüstung von Schiffen wurde 311 v. Chr. eine eigene Behörde, die duoviri navales, bestellt.^) In diesem Zusammen- hang ist auch die Gründung einer römischen Kolonie auf der Insel Pontia zu erwähnen, die wohl dem Schutz der latinischen Küste galt. Offenbar sind neben dem Landkrieg auch Operationen zur See vorgekommen.

J. Käekst, Jahrbb. für Phil., Suppl. XIII (1884) 725 ff. C. P. Bükgee, De hello cum Samnitihus secundo, Haarlem 1884. P. Binnebössel, Untersuchungen über Quellen und Geschichte des 2. 8amniterkrieges, Diss. Halle 1893. C. P. Bue&er, Der Kampf zwischen Rom und Samnium, Verhandl. d. Akad. Amsterdam, Letterkunde. X. F. II 1898. Pais, Storia crifica di Roma 1\ .

13. Weitere Kriege gegen Samniter, Etrusker und Gallier. Bald nach dem Ende des Samniterkriegs beteiligten sich die Römer als Verbündete der Lukaner an dem Krieg gegen die Tarentiner, die einen spartanischen Condottier, den Prinzen Kleonymos, zur Hilfeleistung aufgeboten hatten. Kleonymos brachte ein so starkes hellenisches Söldnerheer zusammen, daß

') Liv. X 10, 12. Vgl. jedoch S. 74. 81. und die Art, wie Nequinum von den Rö-

2) Strabo V 216. mern erobert sein soll (Liv. X 9. 8if.).

3) Liv. IX 37. 39. 41 (310. 308 v. Chr.) er- *) Liv. IX 30, 4. Ob den Duovirn auch zählt, daß die Umbrer den Etruskern zu der Oberbefehl über die Flotte zugedacht Hilfe kamen, dann von den Römern ge- war, ist zweifelhaft. Das Amt hatte keine schlagen wurden und sich bedingungslos große Zukunft und scheint um die Mitte unterwarfen außer Ocriculum, das einen des 2. Jahrhunderts v. Chr. ganz ein- Sondervertrag schloß. Diese Stadt wird gegangen zu sein. Von einer eigentlichen also ihr eigenes foedus mit Rom gehabt Kriegsflotte kann übrigens zur Zeit seiner haben. Das übrige ist Erfindung. Nicht Einführung noch nicht die Rede sein, minder verdächtig ist ein späterer um- . Vgl. Niebühr, Rom. Gesch. III 282. brischer Krieg bei Liv. X 1, 4 (303 v. Chr.) ,

4. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). 13.) 73

die Lukaner klein beigaben und Frieden machten (303 v. Chr.).i) In der Folgezeit neigten sich die Lukaner den Samnitern zu, und die veränderte Konstellation führte 299 oder 298 v. Chr. zu einem Krieg Roms mit diesen beiden Völkerschaften. 2) Es war kaum Zufall, daß auch die Gallier um die- selbe Zeit sich wieder regten; 299 v. Chr. gelangte nämlich ein Schwärm von Transalpinem, vereinigt mit Etruskern, bis in römisches Gebiet und führte eine beträchtliche Beute hinweg. 3) Der Samniterkrieg begann mit einem römischen Angriff auf Samnium und Lukanien, wo der Konsul von 298 v. Ciir., L. Cornelius Scipio Barbatus nach dem Ausweis der Inschrift auf seinem uns erhaltenen Sarkophag mit Erfolg sich betätigte.*) Kritisch gestaltete sich Roms Lage erst, als sich die Samniter mit Galliern und Etruskern ver- bündeten. Die Heere der drei Stämme vereinigten sich 295 v. Chr. in Um- brien und zogen gen Rom. Zuerst erlitten die Römer im Gebiet der Camertor (bei dem nachmaligen Camerinum) ^) eine Niederlage, schlugen aber wenige Tage später mit ihrer ganzen Streitmacht die Gegner in der gewaltigen Schlacht bei Sentinum, in der nach dem zeitgenössischen Historiker Duris von Samos auf der feindlichen Seite 100000 Mann geblieben sein sollen. •5) Mit diesem Sieg war die eigentliche Gefahr gebrochen, wenngleich sich der Krieg gegen die römerfeindliche Koalition mit wechselndem Glück noch etliche Jahre hinzog. Ein Treffen bei Luceria 291 v. Chr. blieb unentschieden. Im nächsten Jahr erfocht der Konsul Sp. Carvilius einen stattlichen Sieg über die Samniter.') Einen weiteren Fortschritt der Römer bezeichnet die 291 V. Chr. erfolgte Gründung von Venusia auf samnitischem Boden mit an- geblich 20000 Kolonisten. Der Ruhm, den Krieg schließlich beendet zu haben, gebührt den Konsuln von 290 v. Chr., P. Cornelius (Rufinus) und M'. Curius (Dentatus). Sie zwangen den Feind, sich unter beträchtlicher Einbuße zum Frieden zu bequemen. M'. Curius ist die erste einigermaßen greifbare Persönlichkeit der älteren römischen Geschichte.^) Er hat vor allem den letzten Akt des Krieges zum guten Ende geführt, die Unterwerfung der Sabiner, die mit den blutsverwandten Samnitern gemeinsame Sache gegen Rom gemacht haben müssen. M'. Curius durchzog unter Verheerungen ihr Land und das benachbarte Picenum bis zur Adria. Zahlreiche Gefangene wurden gemacht und ein großer Teil des Landes von den Römern in Besitz

')Diod.XX104; 302v.Chr.nachLiv.X2. und durch seinen Opfertod den Römern ■^) Bianca Bruno, La terza guerra san- den Sieg gewann. Der .Opfertod eines nitica {Studi di storia antica puhbl. da Giulio ' Konsuls P. Decius wird uns auch von Beloch, fasc. 6), Rom 1906. j den Schlachten am Vesuv (340 v. Chr.) 3) Polyb. II 19, 2. ' (S. 56, 4) und bei Ausculum (279 v. Chr.) ■*) CIL I- 6. 7. ILS nr. 1. Ganz anders j berichtet. Von diesen drei Decierdevo- lautet der Bericht des Liv. X 12, 3 ff., 1 tiouen hat nur einer Anspruch auf Histori- dessen Verfälschung durch die Inschrift zität. Vgl. E. Kornemann, Der Priester- erwiesen wird. Vgl. Niese im Index lec- 1 codex in der Regia, Tübingen 1912, 26, 2, tlonum, Marburg, Sommer 18ö6, 4. ; der sich für die mittlere entscheidet.

^) Nach Liv. X 25, 11 bei Clusium, das \ ') Plin. n. h. 34, 43, während nach Liv.

früher Camars geheißen habe. Niese folgt ; X 38 sein Kollege L. Papirius (Cursor) der

hier mit Niebühr dem Polyb. II 19, 5. Ob \ Sieger war. Mit dem Jahr 293 v. Chr.

Clusium wirklich je den Namen Camars I schließt die erste Dekade des Livius.

führte, sei mehr als zweifelhaft. ^)Plutarch,Catomaior 3. Populär machte

«) Diod. fr. XXI 6. Liv. X 2S f. erzählt, ihn besonders Cato. Vgl. Münzer, PW IV

daß in dieser Schlacht der Konsul P. De- 1844 f. cius Mus sich den Unterirdischen weihte

74 Römische Geschichte.

genommen.') Was von den Sabinern noch ül)rig blieb, trat in die römische Bundesgenossenschaft ein.'-*) Auch die Picenter mußten sich unterwerfen und wahrscheinlich ein Stück ihres Gebietes abtreten; denn schon zum nächsten Jahr 289 v. Chr. wird die Anlage der latinischen Kolonie Hadria an ihrer Küste berichtet. Die Herrschaft Koms in Mittelitalien war jetzt entschieden. Der Gewinn, den Rom aus diesem Kriege zog, war sehr beträchtlich: nach der Unterwerfung der Sabina haben die Römer laut Fabius Pictor „zuerst das Reichsein verschmeckt ".3) Die Verteilung von sabinischem Grund und Boden an römische Bürger doch blieben weite Strecken vorläufig noch CKier puUlnis leitete M'. Curius, der auch den See Velinus in den Nar ableitete und dadurch das fruchtbare Becken von Reate trocken legte und der Kultur gewann.^) Bald war die Sabina völlig latinisiert; schon 268 v, Chr. wurden die wichtigsten Städte in das römische Vollbürgerrecht aufgenommen. &) In den Samniterkrieg hatten, besonders seit 295 v. Chr., auch die Etrusker als Gegner Roms eingegriffen; mit ihnen hatten die Römer noch mehrere Jahre zu kämpfen bis zur schließlichen Unterwerfung. In den Jahren 298 bis 294 v. Chr. werden in unserer Überlieferung Kriege gegen die Etrusker erwähnt, etwas s^Däter ein Krieg gegen Volsinii;*^) doch sind die Nachrichten im einzelnen wenig zuverlässig. Es handelt sich nicht etwa um einen Krieg gegen den gesamten etruskischen Stamm. Vielmehr scheinen sich die etrus- kischen Städte auf zwei Parteien verteilt zu haben; während einige wie Caere und vielleicht auch Clusium mit Rom befreundet oder verbündet waren, suchten andere an den Samnitern und namentlich an den benachbarten Galliern ihren Rückhalt. Uneins unter sich und in die Mitte zwischen Gallier und Römer gestellt, vermochten die Etrusker ihre Selbständigkeit nicht zu behaupten. Die Entscheidung fiel 285 v. Chr. Vielleicht von einem Teil der Etrusker gerufen, überschritten die Gallier aufs neue den Appennin und griffen Arretium an: die Römer wollten Hilfe bringen, wurden aber unter erheblichen Verlusten an Toten und Gefangenen geschlagen. Als sich nun die Gallier auch noch an römischen Gesandten vergriffen, da boten die Römer ihre ganze Macht auf und wandten sich gegen den gallischen Stamm der Senonen, die bis zu jener Verletzung des Gesandtenrechts als römische Bundesgenossen gegolten hatten. Die Senonen wurden verjagt und ihr Ge- biet, den ager Galllctis, nahm Rom in Besitz. Als Bürgerkolonie wurde Sena Gallica an der adriatischen Küste gegründet. Durch diese römische Ex- pansion fühlten sich die gallischen Boier, die Nachbarn der Senonen, be- droht: sie sammelten ein großes Heer und zogen, vereint mit ihren etrus- kischen Bundesgenossen, gegen Rom. Am vadimonisclien See {Vadimonis lacii.s), nicht weit vom Tiber, traten die Römer den Feinden entgegen und besiegten sie in einer großen Schlacht. Nach einer erneuten Niederlage im nächsten Jahr (284 v. Chr.), vielleicht bei Populonia, ließen sich die Boier zum Frieden herbei. Am meisten gelitten hatten in der Schlacht am vadimonischen See die Etrusker; ihr Widerstand ist gebrochen und so beugen

1) Aurelius Victor de vir. ill. 33. Florus =>) Strabo V 228.

I 10. Niese, Hist. Zeitsehr. N. F. 23, 503. ") Cicero ad Att. IV 15, 5.

2) Die Sabiner werden als Bundes- *) Vell. Patere. I 14, 7. Vgl. aber unten genossen Roms zuletzt um 225 v. Chr. S. 86, 1.

erwähnt. Polyb. II 24, 5. ] *) Müllee-Deecke, Etrusker I 120.

4. Zweite Periode: Bis zui* Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). 14.) 75

sie sich unter die römische Oberhoheit. Ihre Städte schlössen, eine jede für sich, mit den Siegern einen Bündnisvertrag. Nur Volsinii und Volci be- haupteten sich noch bis 280 v. Chr., in welchem Jahr auch sie Frieden machten. *)

14. Eroberung Unteritaliens. In Unteritahen standen seit langem die griechischen Städte unter dem Druck von Brettiern undLukanern; die an der Westküste liegenden aufser Elea (Velia) waren bereits erlegen und nur die größeren Gemeinden an der Ostküste vermochten sich zu behaupten. Bei weitem die mächtigste von allen war Tarent,^) eine große, reiche Stadt mit lebhaftem Handel und ansehnlichem Territorium. Tarent beanspruchte eine Art Hegemonie über die benachbarten Hellenen. Mit Messapiern und Lukanern lag Tarent des öfteren in Fehde. Zu ihrer Verteidigung nahm die Stadt wiederholt griechische Söldner und Heerführer in ihren Dienst, zuerst den König Archidamos III. von Sparta, der 338 v. Chr. in einer Schlacht gegen die Messapier für Tarent sein Leben ließ, dann Alexander den Molosser, den König von Epirus und Oheim und Schwager Alexanders des Großen. Der Molosser setzte wahrscheinlich im Jahre 334 v. Chr. nach Italien über, wo er anfänglich gegen Lukaner, Apuler und Samniter Er- folge erzielte und eine Reihe von festen Plätzen eroberte. Er zeigte sich auch im tyrrhenischen Meer und landete bei Poseidonia, wo er Samniter und Lukaner besiegte. Seine Feindschaft gegen die Samniter brachte ihn in Fühlung mit Rom und die Interessengemeinschaft verdichtete sich zu einem Bündnis. 3) Sein letztes Ziel soll die Gründung eines großen Westreichs ge- wesen sein,^) eines Gegenstückes zu dem Ostreich Alexanders des Großen. Aber dem Wirken des Molossers wurde bald ein Ende bereitet. Er über- warf sich mit den Tarentinern, die ihn seinem Schicksal überließen. Nur Metapont und Thurii hielten noch zu ihm. Von den Lukanern mit über- legenen Streitkräften unerwartet angegriffen, wurde der Molosser geschlagen und getötet, wahrscheinlich im Herbst 331 v. Chr.^)

Während des großen Samniterkriegs herrschte in Unteritalien, so viel wir wissen, Ruhe.*') Aber gleich darauf erneuerten die Lukaner, jetzt mit den Römern verbündet, ihre Angriffe auf Tarent; damals nahmen die Tarentiner den Spartaner Kleonymos in ihren Sold, der den Lukanern

^) Eine zuverlässige Überlieferung der handl. der Münch. Akad. XV 173.

letzten Ereignisse und ihrer Zeit bietet I -) Strabo VI 280. R. Lorentz, Disquisitio

allein Polyb. II 19 f. Die späteren, meist de civitate vetenim Tarent inortmi, Naumburg

von Liv. abhängigen und vielfach ent- 1838; Dohle, Gesch. Tarents bis auf seine

stellten Erzählungen setzen den Krieg 2 Jahre später. 283 und 282 v. Chr., zeigen jedoch noch Spuren der polybianisclien Chronologie. Die Verschiebung geschah, wie die spätere Überlieferung selbst an- deutet, wahrscheinlich zu dem Behuf, den Krieg der Tarentiner und des Pyrrhos mit dem gallischen in unmittelbaren Zu-

Unterwerfung unter Rom, Progr., Strafs- burg i. E. 1877.

3) Vgl. oben S. 68, 1.

*) Justin XII 2, 1.

'->) Niese, Gesch. d. griech. u. maked. Staaten I 476 f. Über die Zeit seines Todes vgl. Arrian, Anab. III 6, 7. Aeschin. in Ctesiph. 242. Ungek, Griech. -röm. Syn-

sammenhang zu bringen. Mommsen läßt chronismen, SB. Münch. Akad. 1876, 571 f. gegen alle Tradition den Krieg 3 Jahre, , und in diesem Handbuch I. 1892, 816. von 284—282, währen. Unger sucht den j «) Liv. VIII 25, 7; 27, 4; 1X14 berichtet Polyb. mit den jüngeren römischen Be- zwar, daß die Tarentiner zu einer Ein- richten auszugleichen. Niese, Herm.XIII mischung zugunsten der Samniter neigten. 401 ff. ; Mommsen, RF II 352 ff.; Unger, Aber das kann Erfindung sein. Vgl. oben Herm. XIV 77 ff.; Piniol. 39, 69 ff.; Ab- | S. 69, 1.

76

Rfioaisciio «schichte.

durch seine Küstungen so schlössen (S. 73), der auci V. Chr.). Wie der Molosser . eigene Herrschaft zu gründen, zu besetzen, doch verlor ov dem Festland. Wenige Jahre .-^ von Syrakiis den Tarentinern - hat er betreten. ) Diese o^nbar vor das Jahr _ »weiten großen samnistisehen K Berührung kam. ist zv Denn wir wissen. daS 1\ sieh auch über die Anfange K weilig die Brettier und Herrschaft bis Kroton fürst, aber mit seinem Tod (:2"^ Beschütze rrolle. die Sy ' - hatte, war es vorbei. A - Karthager konnten im Tr; AngriUen der I wo damals die Ix k€>fmten die Thurier Hilfe hatten sie " V

zu denen v

übernahm ihren Schutz. Das ir. von Konsul C. Fabricius v - sicherte die Stadt. Aber d. - Tarent. Es gab nämlich ein A v.Chr. in den Tagen ^ - '" römische Knegsschiffe . fahren dürfen.*) Als nun em Golf von Tarent einlief. ^: '^ gegriffen, die vier Schiffe ^ mit Hilfe einer befreundeten - für die römische Besatzun:z durch eine Gesandtschaft wurden von dem zügellosen F'jL»rri. Krieg erklären.

Die Macht der Tarentiner war : d^k sie 3O0^><3 Mann za F

^) Strabo VI eS<> : Arist. mirat exe. TXT S f. Er verweilte in (ArpiL

-) Konvs. Halle. I 72. _

'• yaeh.' Strabo TI ^^- --- - von den Lukanem er Tarenüner wieiier beirr-; der ä^jnstizen Überlieieran -

■*'• » ir kennen diese '•

äat5 sie mit Tarent einen Frieden ■.uit einbegriffen haben wird (303 .h Kleonymos sich in Italien eine .g ihm, von Italien aus Korkyra wioderbringlieh seine Stellung auf

I nach 300 v. Chr., kam Agathokles Lukaner zu Hilfe. Auch Apulien

ntion des sizilischen Tyrannen fallt

in die Zeit, da die Kömer den

.reu. Daß Agathokles mit ihnen in

•' ' '• immerhin wahrscheinlich.

■";^ - ilgeschichte des Agathokles

i^ert hat.*) Agathokles hatte zeit-

. Städte an ihrer Küste, wo seine

:en: er war ein gewaltiger Kriegs-

v.t zerfiel sein Reich, und mit der

- :u Städten gegenüber gespielt

allgemeine Verwirrung und die

in Italien kam es bald zu neuen

der von Sizilien noch von Hellas,

- n Machthaber idle Kräfte fesselten,

II an die Tarentiner anzusehließen,

-1 sie sich denn an die Römer,

_ :i angeknüpft waren, und Rom

Beiagerungsheer wurde 2S2 v. Chr.

Mrhlagen. Eine römische Garnison

reu Roms führte zum Konfliß^t mit

. das möghcherweise im Jahre 303

getroffen worden war, demzufolge

vLnische Vorgebirge sollten hinaus-

Geschwader von Thurii aus in den

lötzlieh von den Tarentinern an-

nes kaperten. Dann wurde Thurii

r. den Tarentinern gewonnen und

eiben mehr. Die Römer forderten

von Tarent; aber die Gesandten

*öultiert. So mußte denn Rom den

At nnbedentend; es wird behauptet^ ' *> zu Pferd aufbringen konnten;*)

- erst aus einer späteren Quelle -n. Samnit. 7y 1> und aus dem Zu-

;^ L^t-nhang gerissen, in dem sie ge- standen haben ninJ§. I>er Vertrag wxrd - .1-, -irtdere ergänzende Artikel enthalten Es ist zu beachten, daß wir

_ -rn betrejf^enden Vorgängen nur aus "unseren r'5mis4:-hen Quellen wissen.

5,-strab^j\T:-2S<).

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yg Römische Geschichte.

durch seine Rüstungen so imponierte, data sie mit Tarent einen Frieden schlössen (S. 73), der auch die Römer mit einbegriffen haben wird (808 V. Chr.). Wie der Molosser versuchte auch Kleonymos sich in Itahen eine eigene Herrschaft zu gründen. Es gelang ihm, von Italien aus Korkyra zu besetzen, doch verlor er darüber unwiederbringlich seine Stellung auf dem Festland. Wenige Jahre später, bald nach 8(J0 v. Chr., kam Agatliokles von Syrakus den Tarentinern gegen die Lukaner zu Hilfe. Auch Apulien hat er betreten.') Diese italische Intervention des sizilischen Tyrannen fällt offenbar vor das Jahr 295 v. Chr., also in die Zeit, da die Römer den zweiten großen samnistischen Krieg führten. Daß Agathokles mit ihnen in Berührung kam, ist zwar nicht überliefert, aber immerhin wahrscheinlich. Denn wir wissen, dafs Kallias in seiner Spezialgeschichte des Agathokles sich auch über die Anfänge Roms geäußert hat.^) Agathokles hatte zeit- weilig die Brettier und die griechischen Städte an ihrer Küste, wo seine Herrschaft bis Kroton reichte, unterworfen; er war ein gewaltiger Kriegs- fürst, aber mit seinem Tod (289 v. Chr.) zerfiel sein Reich, und mit der Beschützerrolle, die Syrakus den griechischen Städten gegenüber gespielt hatte, war es vorbei. Auf Sizihen entstand allgemeine Verwirrung und die Karthager konnten im Trüben fischen; in Italien kam es bald zu neuen Angriffen der Lukaner auf Thurii.^*) Weder von Sizilien noch von Hellas, wo damals die Kämpfe der makedonischen Machthaber alle Kräfte fesselten, konnten die Thurier Hilfe erwarten; sich an die Tarentiner anzuschließen, hatten sie offenbar keine Lust. So wandten sie sich denn an die Römer, zu denen vielleicht schon früher Beziehungen angeknüpft waren, und Rom übernahm ihren Schutz. Das lukanische Belagerungsheer wurde 282 v, Chr. von Konsul C. Fabricius vor Thurii geschlagen. Eine römische Garnison sicherte die Stadt. Aber dieses Eingreifen Roms führte zum Konfliß;t mit Tarent. Es gab nämlich ein Abkommen, das möglicherweise im Jahre 803 V. Chr. in den Tagen des Kleonymos getroffen worden war, demzufolge römische Kriegsschiffe nicht über das lakinische Vorgebirge sollten hinaus- fahren dürfen.*) Als nun ein römisches Geschwader von Thurii aus in den Golf von Tarent einlief, sah es sich plötzlich von den Tarentinern an- gegriffen, die vier Schiffe vernichteten, eines kaperten. Dann wurde Thurii mit Hilfe einer befreundeten Partei von den Tarentinern gewonnen und für die römische Besatzung war kein Bleiben mehr. Die Römer forderten durch eine Gesandtschaft Genugtuung von Tarent; aber die Gesandten wurden von dem zügellosen Pöbel insultiert. So mußte denn Rom den Krieg erklären.

Die Macht der Tarentiner war nicht unbedeutend; es wird behauptet, daß sie 30000 Mann zu Fuß und 3000 zu Pferd aufbringen konnten ;=)

') StraboVI280; Arist.mirab.llO; Diod. mung erst aus einer späteren Quelle

exe. XXI 3 f. Er verweilte in Argyrippa (Appiaii. Samnit. 7, 1) und aus dem Zu-

(Arpi). sammenhang gerissen, in dem sie ge-

2) Dionys. Halic. I 72. standen haben muß. Der Vertrag wird

3) Nach Strabo VI 263 ist Thurii sogar noch andere ergänzende Artikel enthalten von den Lukanern erobert und durch die haben. Es ist zu beachten, daß wir Tarentiner wieder befreit worden, was zu von den betreffenden Vorgängen nur aus der sonstigen Überlieferung nicht stimmt, j jüngeren römischen Quellen wissen.

■•) "Wir kennen diese Vertragsbestim- | =) Strabo VI 280.

4. Zweite Periode : Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). 14.)

/ i

überdies Avaren seit einiger Zeit die Messapier aus Feinden zai Bundes- genossen geworden; es gelang auch, die benachbarten Itahker gegen Rom aufzuhetzen. Außer den Lukanern schlössen sich den Tarentinern die kürz- lich besiegten Samniter, vielleicht auch die Brettier an.^) Indes den Römern mit ihrer zahlreichen und streitbaren mittelitalischen Gefolgschaft war Tarent imd sein bereits geschwächter Anhang denn doch nicht gewachsen. Auch traten keineswegs alle Griechengemeinden Unteritaliens der antirömischen Koalition bei; Rhegion und Locri wenigstens neigten sich eher den Römern zu, ein Beweis, daß sie mit ihnen bereits in freundschaftlichem Verkehr standen. Gleich im ersten Kriegsjahr (281 v. Chr.) wurden die Tarentiner und ihre Bundesgenossen von den Römern aus dem Feld geschlagen und ihre Ländereien verheert. Wie früher suchten sie auch in dieser Not aus- wärtige Hilfe und zwar diesmal bei Pyrrhos, dem Sohn des Aiakides, und Neffen Alexanders des Molossers. Seit 295 v. Chr. war Pyrrhos König von Epirus.-) Tarent stand in Beziehungen zu Pyrrhos und war ihm früher einmal nützlich gewesen. Pyrrhos, einer der gefeiertsten Heerführer seiner Zeit, versagte sich dem Rufe nicht. Man hatte ihm aus Italien angeblich 350000 Mann zu Fuß, 20000 zu Pferd in Aussicht gestellt. Vor kurzem war Pyrrhos von seinem Rivalen Lysimachos aus Makedonien verdrängt worden; nun hoffte er sich in Italien eine neue Macht auf breiterer Basis zu schaffen. Schon damals sollen seine Absichten auch auf Sizilien gegangen sein, wo er als früherer Gatte der Lanassa, der Tochter des Agathokles, Ansprüche erheben konnte.

Nach den vorbereitenden, von dem Thessaler Kineas geführten Unter- handlungen setzte Pyrrhos 280 v. Chr. frühzeitig nach Italien über, unter- stützt von den drei damals um Makedonien streitenden Fürsten Ptolemaios Keraunos, Antiochos Soter und Antigonos Gonatas, begleitet von seinen Söhnen Alexander, dem Enkel des Agathokles, und Helenos. Außer Tarent schloß sich nur ein Teil der Griechen Italiens ihm an, andere Gemeinden warteten zunächst ab, ja Rhegion vind Locri erbaten sich sogar eine römische Besatzung. Den Kern des Heeres des Pyrrhos bildeten seine 20000 Pha- langiten und 3000 thessalische Reiter; auch Elefanten, ein Novum für Italien, brachte er mit. Die Kampagne des -Jahres 280 eröffneten die Römer im Frühjahr mit einem Einfall ins feindliche Gebiet, zu dessen Schutz Pyrrhos ins Feld rückte, verstärkt durch das tarentinische Aufgebot. Noch ehe Pyrrhos seine italischen Hilfstruppen hatte an sich ziehen können, sah er sich von Konsul P. Valerius (Laevinus) in der Ebene am Siris, zwischen Herakleia und Pandosia angegriffen. Nach hartem Kampf erlitten die Römer eine schwere Niederlage, Sogar ihr Lager büßten sie ein ; aber auch Pyrrhos, der selbst verwundet wurde, hatte ernste Verluste. Die Entscheidung der Schlacht war vor allem der thessalischen Kavallerie und den Kriegselefanten zu danken. Die Folgen des Sieges waren erheblich; die Römer mußten Unteritalien ganz aufgeben; wer bisher geschwankt hatte, trat jetzt auf die Seite des Siegers; Locri lieferte dem Pyrrhos die römische Garnison aus.

leicht sind sie erst später auf des Pyrrhos Seite getreten. 2) Velleius I 14, 6.

^) Die Stellung der Brettier ist nicht ganz sicher. Plutarch erwähnt sie nicht unter den Bundesgenossen Tarents; viel-

78 Römische Geschichte.

Die Truppe in Rhegion, eine römisch-kampanische Legion unter dem Kani- paner Decius befürchtete einen ähnhchen Verrat. Um dem zuvorzukommen, überfielen die Soldaten die Bürger, töteten oder verjagten sie und nahmen die Stadt in eigenen Besitz. Sie ahmten damit das Beispiel ihrer Lands- leute, der Mamertiner, nach. Die Mamertiner waren ehemalige Söldner des Agathokles und hatten bald nach dessen Tod (289 v. Chr.), als sie Sizilien verlassen sollten, sich mit derselben Brutalität auf der anderen Seite der Meerenge Messanas bemächtigt. Fortan machten die neuen Sol- datenrepubliken Messana und Rhegion gemeinsame Sache. Das Band mit Rom war in Rhegion zerschnitten.

Pyrrhos beherrschte das Feld; verstärkt durch Samniter und Lukaner, zog er, ohne auf Widerstand zu stoßen, über Samnium und Kampanien bis nach Latium; schon näherte er sich der Stadt Rom; bis Praeneste oder Anagnia soll er gekommen sein. Aber dann kehrte er wieder um; denn inzwischen sammelten die Römer stärkere Kräfte; der zweite Konsul schloß in Etrurien Frieden und kam zu Hilfe; Pyrrhos aber ging auf Tarent zurück, ohne in Mittelitalien etwas ausgerichtet zu haben; denn ein Versuch, Capua und Neapolis zu gewinnen, war fehlgeschlagen. Im nächsten Jahr (279 V. Clir.) drang Pyrrhos in Apulien ein, um die Römer aus ihren dortigen Besitzungen zu vertreiben, und eroberte mehrere Städte. Bei Ausculum kam es zur Schlacht mit den Römern. Sie währte zwei Tage. Der erste Tag war unentschieden geblieben, am zweiten wurden die Römer abermals be- siegt; ihr Feldherr, Konsul P. Decius fiel.i) Doch war den Pyrrhos sein Sieg teuer zu stehen gekommen. Aber er hatte aufs neue seine taktische Überlegenheit erwiesen und so scheint es, daß die Römer das Feld räumten. Trotzdem war es dem König erwünscht, dem Krieg ein Ende zu machen, waren doch in Makedonien inzwischen durch einen Kelteneinfall und durch den Tod des Ptolemaios Keraunos (280 v. Chr.) große Veränderungen ein- getreten, die ihn zur Rückkehr einluden; andererseits rief man auch auf Sizilien nach ihm. Als daher die Römer durch C. Fabricius Verhandlungen anknüpften, bot Pyrrhos bereitwillig die Hand zum Frieden. 2) Offenbar kam mit dem römischen Unterhändler ein vorläufiges Abkommen, in das natürlich auch Tarent samt den übrigen italischen Parteigängern des Epiroten einbezogen wurde, zustande; sogar ein Bündnis zwischen Rom und Pyrrhos scheint ventiliert worden zu sein. 3) Als Vertreter seines Königs begab sich Kineas nach Rom, um den Frieden zu ratifizieren. Aber hier trat ein Um- schwung ein: der Senat lehnte jetzt einen Frieden mit Pyrrhos ab; es wird

^) Vgl. über den Tod des Decius oben älteren Berichte, Justin 18, 2, 6, Diodor S. 73, 6. j exe. 22. 6 und Cic. de seueet. 16 datieren

'^) Von der livianisehen, früher als kano- die Unterhandlungen auf 279 v. Chr., wo- nisch geltenden Überlieferung werden für auch spricht, clafa andernfalls die Zeit die Unterhandlungen des Fabricius mit von der Schlacht bei Ausculum bis zur Pyrrhos und die Sendung des Kineas nach Fahrt nach Sizilien ereignislos verliefe. Eom ein .Jahr früher, nach der Schlacht ^) Vgl. Niese. Hermes 31. Iö96. 49-1 ff. bei Herakleia, angesetzt, ebenso im I)i- Über die vorgeschlagenen Bedingungen editum Vaticanum 2 (hrsg. von H. v. Arnim, läßt sich vermuten, daß die Kömer mit Hermes 27, 1892, 120 und in Drachmanns den Verbündeten des Pyrrhos Frieden Ausg. von Diodors röm. Annalen, Bonn schließen und in territorialer Hinsicht den 1912). Dadurch soll der römische Herois- sfatiis quo ante bel/nni anerkennen sollten, mus noch stärker akzentuiert werden. Die

4. Zweite Periode: Bis zm- Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). 14.) 79

erzählt, daß der blinde Greis Appius Claudius (Caecus) durch eine markige Rede die dem Frieden zuneigenden Senatoren umgestimmt habe.') Vor allem aber waren es die Karthager, die den Stimmungsumschlag mit herbeiführten. Karthago sah seine Herrschaft auf Sizilien gefährdet, falls Pyrrhos durch Verständigung mit Rom die Hände frei bekam. Der karthagische Admiral Mago erschien mit einer Flotte vor Ostia und bot dann in Rom die Hilfe seiner Regierung an. ^) Auf diese Weise gedachte Karthago den Frieden in Italien zu hintertreiben, um den Pyrrhos dort festzuhalten. Denn bereits hatten die sizilischen Städte, besonders Syrakus und Akragas, unter dem dreifachen Druck ihrer Tyrannen, der Karthager und der Mamertiner um den Beistand des Pyrrhos, der sich nicht lange bitten ließ, nachgesucht. Angesichts der ver- änderten Lage verwarfen die Römer den Friedensgedanken, um nunmehr mit Karthago in Fühlung zu treten; in einem Vertrag verpflichteten sich die beiden Mächte, keinerlei Sonderbündnis mit Pyrrhos einzugehen, während sie sich für den Krieg gegenseitige Unterstützung in Aussicht stellten. 3)

Aber Pyrrhos ließ sich durch diese römisch-karthagische 'entente' nicht beirren. Nach Abschluß der Verhandlungen mit den Sikelioten setzte er im Sommer 278 v. Chr.'*) nach Sizilien über, wo er bei Tauromenion landete und alsbald große Erfolge erzielte. Obwohl zur See überlegen, hatten die Karthager doch die Überfahrt des Pyrrhos nicht verhindern können. Die schon eingeleitete Belagerung von Syrakus hoben sie schleunigst auf. In die befreite Stadt hielt Pyrrhos seinen Einzug und versöhnte die beiden rivalisierenden Machthaber Thoinon und Sosistratos. Alle Sikelioten traten auf seine Seite; sie schlössen einen Bund und wählten den Epiroten ein- hellig zu ihrem Feldherrn. °) An der Spitze eines stattlichen Aufgebots drängte Pyrrhos die Mamertiner zurück und gewann alle karthagischen Plätze bis auf Lilybaeum, das er zu belagern begann. Die Karthager boten Frieden und waren bereit, ihm seinen Gewinn zu bestätigen und sich mit Lilybaeum zu begnügen: aber dies Angebot fand keine Gegenliebe. Da jedoch Lilybaeum sich energisch zur Wehr setzte, so beschloß Pyrrhos, die Karthager in Afrika selbst anzugreifen, zu welchem Behuf er eine große Flotte ausrüstete. Aber das Blatt wandte sich. Denn durch Gewalttaten und Erpressungen verscherzte sich der fremde König die Sympathien der sizilischen Griechen. Sein einflußreichster Bundesgenosse, Sosistratos, den er zu beseitigen versuchte, sagte sich von ihm los, worauf es mit der Macht des Pyrrhos rasch bergab ging. Die sizilischen Städte verständigten sich mit Karthago oder mit den Mamertinern, so daß sich PyrYhos auf seine Basis Syrakus beschränkt sah. Da zugleich aus Italien dringende Bitten

') Das hat schon der Dichter Ennius genau genommen 281/0 v. Chr. Olymp,

poetisch behandelt (Cic.de senect. 16). Den 124, 4. Vgl. II 41, 11. Doch scheint er

Anfang der Rede und den Gedankengang damit nur einen Approximativwert zu

gibt Plut. Pyrrh. 19, vgl. Lieditum Vati geben. Vgl. Niese, Hermes 31. 1896, 496, 1

canuin 2 (s. S. 78 A. 2). Die Blindheit des und über weitere damit verbundene Kon-

Ap. Claudius hat Mommsen in Zweifel ge- troverseu Meltzer, Gesch. der Karth. II

zogen, Rom. Forsch. I 301 ff. 227. 545.

-) Justin. 18. 2. i ■•) 2 Jahre 4 Monate nach der Ankunft

==) Polyb. III 25. Diod. XXII 7, 5. Liv. in Italien. Diod. 22, 8.

perioch. 13. Polyb. setzt den Vertrag mit =) Polyb. VII 4, 5.

Karthago ^arä zijv llvuoov dcäßuaiv, d. h. ,

g() Römische Geschichte.

um Hilfe bei Pyrrhos einliefen, so kehrte er »Sizilien den Rücken (um 275 V. Chr.). Er erreichte zwar mit seinem Heer Italien; aber seine Kriegs- flotte, 110 Segel stark, wurde in einer großen Seeschlacht von den Kar- thagern fast ganz vernichtet; Pyrrhos hatte viele seiner Besten zu beklagen.

In der Zwischenzeit scheinen die Wafien in Italien fürs erste geruht zu haben. Unsere dürftigen Nachrichten verzeichnen erst für 277 v. Chr. einige Kämpfe, die sich mit wechselndem Glück in Samnium, Lukanien und Brettien abspielten. 1) Den Krieg großen Stils hatte ja Pyrrhos nach Sizilien verlegt; wäre es ihm vergönnt gewesen, seine dortigen Anfangserfolge sicher zu stellen, so wäre die RückAvirkung auf Italien nicht ausgeblieben. Da aber Pyrrhos einen Teil seiner Besatzungen aus Italien nach Sizilien zog,^) so hatten die Römer gegen die unteritalischen Städte freies Spiel. So eroberten sie mit Hilfe einer ihnen ergebenen Partei zuerst Kroton, dann Locri^) und auch über Samniter und Lukaner müssen sie gesiegt haben: überhaupt ge- rieten alle Bundesgenossen des Pyrrhos arg ins Gedränge. Erst die Wieder- kunft des Königs bot den Römern Paroli. Pyrrhos unternahm zunächst einen vergeblichen Angriff auf Rhegion; beim Abzug hatte er ein hitziges Gefecht mit den Mamertinern zu bestehen. Dann gewann er Locri zurück und betrieb neue Rüstungen, zu denen seine italischen Freunde kräftig beisteuern mußten. Von Tarent aus kehrte er seine Waffen gegen den Kon- sul M". Curius (Dentatus), der in Samnium oder Lukanien stand. Aber der Angriff auf das römische Heer führte zu einer Niederlage,*) in deren Folge Pyrrhos nach Tarent zurückgehen mußte.

Um den Krieg, wie es seiner ursprünglichen Absicht entsprach, fort- setzen zu können, hätte Pyrrhos bedeutender Verstärkungen bedurft. Er ersuchte also den Antigonos Gonatas, der jüngst Makedonien erobert hatte, um Unterstützung. Dieser lehnte ab und so beschloß Pyrrhos, mit ihm ab- zurechnen. In Italien ließ er Besatzungen zurück unter seinem Sohn Hele- nes und dem Feldherrn Milon. Er selbst versprach zurückzukehren. Als er aber bald darauf fast ganz Makedonien erobert hatte und im Begriff stand, den Antigonos auch aus Griechenland zu verdrängen, berief er seine beiden Vertreter, den Sohn und den Vertrauten, aus Italien ab (274 v. Chr.).^) Damit war das italische Unternehmen aufgegeben. Seine dortigen Bundes- genossen setzten den Krieg wohl noch eine Weile fort, sahen sich aber bald genötigt, mit den Römern Frieden zu machen und sich ihrer Führung zu

') Zonaras VIII 6 und die Triumphal- geht hervor, daß Pyrrhos keine seiner

fasten. CIL I^ p. 46. Schlachten förmlich verlor, daß also auch

'-) In Locri hatte er anfänglich seinen diese, die sog. Schlacht bei Beneventum, Sohn Alexandros zurückgelassen (.Justin. rein taktisch unentschieden blieb. Strate- 18, 2, 12). Später scheint er ihn nach gisch hatte Pyrrhos den Kürzeren ge- Sizilien gerufen zu haben. zogen. Unsicher wie der Verlauf ist auch

ä) Nach Zonaras VIII 6 im J. 277 v. Chr. der Ort des Kampfes. Nach Plut. Pyrrh. 2.")

durch den Konsul P. Cornelius Rufinus. stand M.' Curius bei Beneventum. das

Doch ist die Einnahme möglicherweise damals noch Maleventum geheißen haben

erst 276 v. Chr. geschehen, nachdem die soll. Nach der livianischen Tradition (Flo-

Lage auf Sizilien sich ungünstig für Pyr- rus I 13, 11. Oros. IV 2, 3) war die Wal-

rhos gestaltet hatte. statt in Arnsiiiis ranipis in Lukanien. Vgl.

•*) Der ausführliche Schlaehtenbericht Frontin. strateg. 4, 1, 14. Hülsen, PW II

bei Dionys. Halic. 20, 12 und Plut. Pyrrh. 22 1493. III 274. ist stark verfälscht. Aus Polyb. 18, 28, 11 , '^) Justin 25, 3, 6; vgl. Plut. Pyrrh. 33 f.

4. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v.Chr.). 14.) 81

unterwerfen. Genaueres ist nicht bekannt. Die Lukaner und Samniter ver- loren Teile ihres Gebietes und stellten Geiseln, das lukanische Pästum (Poseidonia) erhielt eine Kolonie römischer Bürger.') Die mit Pyrrhos früher verbündeten griechischen Städte Unteritaliens traten unter Wahrung ihrer Autonomie in die römische Bundesgenossenschaft ein, vor allem Tarent samt dem eng verbundenen Herakleia.^) Bald folgten die benachbarten Messapier (Sallentiner),^) ebenso die Brettier.^) Elea wird schon vorher sein Bündnis mit Rom geschlossen haben; ob es überhaupt zu Pyrrhos hielt und sich am Krieg gegen Rom beteiligte, ist sehr zweifelhaft. Zuletzt geschah die Unter- werfung Rhegions, das von der abtrünnigen römisch-kampanischen Legion in Besitz genommen war. Die Stadt konnte erst erobert werden, nachdem die Mamertiner in Messana bewogen worden waren, ihre Hand von ihr ab- zuziehen. Nach längerer Belagerung wurde Rhegion (angeblich 270 v. Chr.) erstürmt.^) Die 300 überlebenden Gefangenen wurden nach Rom geführt und dort nach römischer Sitte gestäupt und enthauptet; die Stadt fiel an die früheren Besitzer zurück,^) sie behielt ihre Selbständigkeit ungeschmälert und gehört fortan zu den sichersten Bundesgenossen Roms.

Nachdem so Unteritalien sich den Römern unterworfen oder angeschlossen hatte, blieb zur völligen Eroberung Italiens nur wenig zu tun übrig.'') Es wird von einem Aufstande im Samnium berichtet (269 v. Chr.), ferner von einem Krieg gegen die Picenter, die in einer blutigen Schlacht besiegt wurden (268 v.Chr.); ihre Stadt Asculum wurde erobert. 266 v. Chr. kam es zu Kämpfen mit den Sarsinaten, einer umbrischen Gemeinde, die auch später noch eine Sonderstellung einnahm. In diese Zeit dürfte auch die Unterwerfung des von alters her befreundeten Caere gehören. Aus un- bekannter Ursache war die Gemeinde mit Rom in Konflikt geraten. An- gesichts der römischen Kriegsdrohung gab sie klein bei und erkaufte den

^) 273 V. Chr. Vell. I 14, 7. Dies Datum nommen und verliert Mauern und Schiffe,

wird als das Jahr der Unterwerfung Lu- Dies alles ist unmöglich; denn Milon war

kaniens anzusehen sein. Hierauf bezieht nach dem besseren Bericht längst ab-

sich vielleicht, was Aristoxenos bei Athen. berufen, und wir wissen, daß Tarent

XIV 632 A über die Barbarisierung Posei- donias berichtet.

^) Nach Cicero pro Balbo 50 schloß Hera- kleia unter dem Konsul C. Fabricius (278 V. Chr.) mit Rom das Bündnis. Aber diese Nachricht lautet ganz unbestimmt und kann nicht richtig sein: denn es ist un- denkbar, daß sich damals, als Pyrrhos' Macht auf der Höhe stand, Herakleia den Römern angeschlossen haben sollte. Wahr- scheinlich hat es sich zugleich mit Tarent ergeben. Nach der sj^äteren Überlieferung

Mauern und Schiffe behielt, sowie seine Autonomie. Auch die Zeit ist keineswegs beglaubigt. Man scheint absichtlich den Fall Tarents mit dem Tod des Pyrrhos gleichzeitig gesetzt zu haben. Vgl. Niese, Hermes 31, 1896, 503 f.

^) Deren Unterwerfung nach der römi- schen Überlieferung erst 267 und 260 v.Chr. geschehen sein soll, was Bedenken erregt. Eutrop. II 17. Flor. I 15. Zonaras VIII 7.

^) Nach Dionys. Halic. XX 15 mußten sie die Hälfte des holzreichen Silawaldes

(Liv. perioch. 14. Oros. IV 3. 1 ; 5, 2. Fron- j an die Römer abtreten.

tin strateg. III 3, 1. Zonaras VIII 6; vgl. ; '-) Nach Cassius Dio (Zonaras VIII 6, 14)

die Triumphalfasten) werden die Lukaner hat Hieron von Syrakus den Römern

und Samniter 273 und 272 bekriegt und dabei geholfen.

erfolgt die Unterwerfung Tarents 272 «) Polyb. I 7, 10 ff. Zonaras VIII 6. CIL

V. Chr. nach Pyrrhos' Tod. Tarent wird I^ p. 52.

belagert, vergebens kommt eine kartha- ') Die sehr ungenügenden Nachrichten

gische Flotte zu Hilfe; die Stadt wird j finden sich in den Auszügen des Livius,

durch den Verrat Milons, der sie immer bei Zonaras VIII 7 und in den Triumphal-

noch behauptet, von den Römern ge- ! fasten.

Handbuch der klacs. Altertnmswissonschaft. III, 5. 5. Anfl. 6

82 Römische Geschichte.

Frieden durch Gebietsabtretung (etwa 273 v.Chr.).') Zuletzt von allen unter- warf sich der römischen Herrschaft Volsinii in Etrurien, wo nach der Über- lieferung die Optimaten in die Gewalt ihrer Knechte gelangt waren und nun die Römer zu Hilfe riefen. Erst nach langem Widerstand wurde die feste Stadt von den liöniern erobert und zerstört. An anderer Stelle wurde ein neues Volsinii gebaut^) und den alten Herren übergeben (265 v. Chr.). Auch jetzt legten die Römer auf dem Gebiet der Unterworfenen Kolonien an: in Samnium am Wege zwischen Capua und Tarent Beneventum (268 v.Chr.) und bald danach (263 v. Chr.) Aesernia; bei den Picentern Firnium (264 V. Chr.)3) und an der gallischen Grenze das wichtige Ariminum (268 v. Chr.).

Nunmehr war ganz Italien mit Ausnahme der Gallier unterworfen und bildete eine Bundesgenossenschaft, deren Führer die Römer waren. Zum erstenmal war so die ganze Appenninenhalbinsel politisch geeinigt; der Name Italia, mit dem die Griechen Unteritalien bezeichneten, ging jetzt auf das Ganze über und wurde von den Römern akzeptiert. In der Bundes- genossenschaft überwog das römische Element, sowohl was die Kopfzahl wie was den Gebietsumfang anbelangt; denn über ganz Mittelitalion bis ans adriatische Meer saßen römische Bürger in mehr oder weniger zusammen- hängenden Siedlungen. Bei weitem der größte Teil der Bürgerschaft wohnt also weit zerstreut auf dem Lande; die hier vorhandenen Ortschaften oder Marktplätze habmi aber nur untergeordnete Bedeutung; denn die einzige Stadt ist Rom und innerhalb des römischen Gebiets kann es andere Städte nicht geben. Die Walirnehmung der Rechtspflege in den entlegeneren Teilen des Stadtgebiets lag den pracfecfl iure dicundo ob, die vom römischen Prätor ernannt, zum Teil auch von der Bürgerschaft gewählt wurden. Die Orte, wo sie residierten, wurden daher Präfekturen genannt.^) Außerdem waren dem Stadtgebiet eine Anzahl früher selbständiger Gemeinden einverleibt, die als Untertanen behandelt wurden ; ohne in die Bürgerschaft einzutreten und ohne politische Rechte nahmen sie doch an allen Pflichten und Lasten der römischen Bürger teil als sog. cives sine suffraglo. Dies sind die Munizipien im älteren Sinn, als deren Typus Caere gilt. Diese Untertanen haben kein eigenes Gemeinwesen mehr, sondern gehören zum Gebiet der Stadt Rom; im Lauf der Zeit sind sie allmählich in die Bürgerschaft aufgenommen worden.

Die übrigen Italiker sind Roms Bundesgenossen; ihr Verhältnis zur führenden Gemeinde, das auf einem Vertrag beruhte, war nach den Um- ständen, vinter denen das Bündnis zustande gekommen war, verschieden, glich sich aber allmählich aus. Alle waren innerhalb gewisser Grenzen selbständig. Den Römern waren sie vor allem zur Heeresfolge verpflichtet;

') Cassius Dio fr. 33 vol. I p. 1.38 Boiss. I Landesk. II 337 ff. Ob Volsinii untertänig Die Behandlung der Caeriten zog den wurde, läßt sich nicht bestimmt erkennen. Römern den Vorwurf der Undankbarkeit s) ^^ch die Gründung der Bürgerkolonie

zu (Strabo V 220), daher sind, um diesen Vorwurf zu mildern, bei Livius die Be- ziehungen zu Caere wohl absichtlich ent- stellt. Oben S. 54 Anm. 4.

Castrum wird von Velleius 114, <S ins Jahr 2G4 V. Chr. gesetzt, von Livius 283 v. Chr ••) Festus s. v.pracfecfHrae p.233 M. Momm SEN, Rom. Staatsrecht III 581 f. Daß die

2) Das alte Volsinii entspricht wahr- ! Präfekten ursprünglich nur für die Halb

scheinlich dem heutigen Orvieto, das 1 bürgergemeinden oder Munizipien be

neuere trägt noch heute den alten Namen stimmt gewesen seien, wie Mommsen meint

Bolsena am lago di Bolsena. Nissen, Ital. j läßt sich nicht erweisen

4. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.}. 15.) 83

Rom setzte das zu stellende Truppenkontingent fest, das von jeder Ge- meinde selbst ausgehoben und besoldet wurde und unter römischem Ober- befehl einheimische Führer hatte. Tribut wurde nicht geleistet. Den Römern am nächsten standen die stammverwandten Latiner, die nach Aufhebung des alten latinischen Bundes in den zahlreichen Kolonien über einen großen Teil Italiens ihre Nationalität verbreiteten. Sie besaßen Rechts- und Ehe- gemeinschaft {conuhium und commercium) mit dem Vorort Rom. Die Kolonisten sind gewiß zum guten Teil aus der römischen Bürgerschaft hervorgegangen, aber die Städte bildeten jede für sich eine besondere, selbständige Gemeinde und kommen dem griechischen Begriff der Kolonie am nächsten.') Sie sind eine wichtige Stütze der römischen Herrschaft. Die übrigen Bundesgenossen hatten meist erhebliche Teile ihres Gebietes an die römischen und latinischen Kolonisten abtreten müssen; manche Städte mußten römische Bürger als Ansiedler und Besatzung aufnehmen; im übrigen behielten sie ihre alte Verfassung, die bei vielen, besonders den binnenländischen Sabellern, eine Stammesverfassung war. Städte sind dort erst spät unter der römischen Herrschaft entstanden. Gelegentlich hatten Parteiungen die römische Er- oberung gefördert; 2) die Römer wußten dann dafür zu sorgen, daß ihre Freunde ans Ruder kamen. Diese Föderierten hatten dieselben Bundes- pflichten wie die Latiner. Die griechischen Seestädte und wahrscheinlich auch die Brettier hatten später^) die besondere Verpflichtung, Schiffe und Schiffsmannschaften zu stellen; Mannschaften zum Landheer müssen die hellenischen Bundesgenossen nicht aufbieten; sie waren die socii nnvales.

Mit auswärtigen Staaten oder Gemeinden durften die Italiker Bünd- nisse nicht mehr eingehen;*) auch die früher oft geübte Reisläuferei mußte allmählich aufhören. Im einzelnen sind die Leistungen der Bundesgenossen, namentlich im Hinblick auf den Kriegsdienst, im Lauf der Zeit genauer fest- gelegt und einander angeglichen worden. Die Italiker mußten die Entwicklung des römischen Kriegswesens mitmachen; die Römer sorgten für einheitliche Wehr Verfassung, Bewaffnvmg und Ausbildung, und die Selbständigkeit der Kontingente wurde mehr und mehr eingeschränkt.

Literatur über den Pyrrhoskrieg: K. v. Scala, Der pyrrhische Krieg, Berlin und Leipzig 1884. R. Schubert, Geschichte des Pyrrhos, Königsberg 1894. Niese, Hermes XXXI, 1896, 481 ff. Geschichte der griech. u. makedonischen Staaten II 26 If. J. Beloch, Griechische Geschichte III 556 ff. Über den italischen Bund : Mommsen, Rom. Staatsrecht III 645 ff.; Makquardt, Rom. Staatsverw. I 44 f.; J. Beloch, Der ita- lische Bund unter Roms Hegemonie, Leipzig 1880.

15. Verfassungsgeschichtliches. In dieser Periode ist die Verfassung in den einmal betretenen demokratischen Bahnen weiter fortgeschritten. Die Struktur der römischen Bürgerschaft wurde durch die Erweiterung des Ge- biets nicht unwesentlich verändert; denn viele latinische und auch sam- nitische Elemente fanden Eingang, und naturgemäß verstärkten solche Neu- bürger vor allem die Reihen der Plebejer. Wenn auch die Patrizier die

') Daher die Griechen, wie Polybios, I Marine gab.

sie ganz richtig als Kolonien der Römer bezeichnen.

^) Es wird davon bei den Paelignern berichtet. Diodor XX 90, 3.

^) Seitdem es nämlich eine römische

*) Freundschaftsverhältnisse, soweit sie das Bündnis mit Rom nicht alterierten, blieben den Italikern auch fernerhin ge- stattet.

g4 Römische Geschichte.

bisher errungene Gleichberechtigung der PleVjcjer nocli ininier anfochten, so konnten diese doch ihre Stellung beluiupten. Sclion stehen unter den namhaften Heerführern der Zeit zwei Sühne der Plebs, M'. Curius (Dentatus) und C. Fabricius in vorderster Linie, ersterer zugleich ein eifriger Vorkämpfer für die Kechte seiner Standesgenossen.') Dabei l)ehielten die Patrizier auch jetzt noch wiclitige Privilegien. Noch lange Zeit besetzten sie tatsächlich immer eines der beiden Konsulate, was bei ihrer viel geringeren Zahl eine starke Begünstigung vor den plebeischen Mitbewerbern bedeutete. Dauernd blieben ihnen diejenigen Pcclite, welche durch die Religion geheiligt waren. Diese wurden nicht abgeschafft, aber unwirksam gemacht. Ausschließlich besetzten sie nach wie vor die vornehmsten alten Priestertümer;^) aber die politisch wichtigen, die Kollegien der Pontißces und Augures, wurden 300 v.Chr. durch das Gesetz der Volkstribunen Q. und Cn.Ogulnius den Plebejern gleichmäßig zugänglich gemacht, die Zahl der Mitglieder der Kollegien wurde da/AI verdoppelt. Nocli immer bestand die patntm aiictoritab; die Genehmi- gung der Patrizier für die Gesetze und Wahlen, jedoch nun mit der Be- stimmung, daß sie im voraus ausgesprochen werden mußte, ^) wodurch sie ihre entscheidende Bedeutung verlor. Noch einmal, um 287 v. Chr., kam es zu politischen Unruhen, zu einer Auswanderung der bewaffneten Plebs auf den Janiculus, als deren Ursache Zwietracht und Verschuldung an- gegeben wird; vielleicht hatte auch die Verteilung der im Sabinerkriege er- oberten Ländereien Anteil daran. Ein Diktator, Q. Hortensius, schlichtete den Streit. Das Ergebnis war die le.r IJorfensia, durch welche die Beschlüsse der nach Tribus abstimmenden Plebs, die plehiscita, als für die Gemeinde bindend und den Besclilüssen der Centuriatkomitien gleiclibedeutend erklärt wurden.'*) Hierdurch hob sich die Bedeutung der Volkstribunen, der Vertreter der Plebs, beträchtlich. Den Tributkomitien fiel fortan der größte Teil der Gesetzgebung wie der Wahlen zu. Nur die höchsten Magistrate, Konsuln, Prätoren und Zensoren wurden immer von den Centurien gewählt.

Eine besondere Erwähnung verdient die j)opuläre Zensur des Appius Claudius^) während des großen Samniterkrieges (310 v. Chr.).*^) Sein Werk

') Cicero Brut. 55 und die Schrift de 1 stimmt worden sein. Die Zeit des Ge-

vir. ill. 33, 10. I setzes scheint also unsicher. Mommsen

'-) Das jüngere Kollegium der decemviri \ gibt den drei Gesetzen verschiedene Be-

sacri.s facintid/.'i war vielleicht von Anfang deutung und will in ihnen drei Stufen

an den Plebejern zugänglich. Nach Livius der plebeischen Entwicklung erkennen

VI 42, 2 wird es schon 367 v. Chr. unter (Rom. Forsch. I 131 ff.), aber die Über-

beide Stände gleichmäfsig geteilt. Aller- lieferung kennt ebensowenig die von

dings nimmt die Überlieferung an, daß Mommsen angenommene Bedeutungs-

es vorher rein i^atrizische duoviri ge- Verschiedenheit wie die Unterscheidung

geben habe. | zwischen patrizisch-plebeischen und rein

^) Durch eine le.r PnhWia angeblich a. d. plebeischen Tributkomitien. Es gab wahr-

J. 339 (Liv. VIII 12, 1.5) und eine spätere /«.r scheinlich nur eine Art.

J/«('/i/rt unbestimmter Zeit (Cicero Brut.55). j ^) Mommsen, Rom. Forschungen 1301 ff.;

^) Die Nachrichten über diese Unruhen Staatsrecht II 402 f. III 435 f.; Soltau, Ent- sind dürftig und unzuverlässig. Liv. stehung und Zusammensetzung der röm. perioch. 11. Cass. Dio fr. 37, 2 (I 110 ff. Volksvers. 475 ff.: Sieke, Ap. Claudius Cae- Boiss.). cf. Diodor XXII 18, 2. Was das cus Censor i. J. 310 v. Chr., Marburg 1890. Hortensische Gesetz vorschreibt, soll nach Münzer, PW III 2681 ff. E.Täubler, Unters, unseren Annalen früher schon zweimal, z. Gesch. des Decemvirats, Berl. 1921, 91. durch die lex Valeria Horatia 449 v.Chr. •') Diodor XX 36. 312 v. Chr. nach Livius und durch die lex Puhlilia 339 v. Chr. be- j IX 29, 5 f. und Frontinus de aquis 1, 5.

4. Zweite Periode: Bis ziir Unterwerfung Italiens (265 v.Chr.). 15.) 85

war die erste große Wasserleitung {<(qii(i Appia) und die Heerstraße {via Appia) von Rom nach Capua. Er wird uns fast als Tyrann geschildert, der im Einverständnis mit seinem Kollegen C. Plautius Venox eigenmächtig die Einkünfte der Gemeinde auf seine Bauten verwendete.') Bei der Er- gänzung des Senats nahm er Söhne von Freigelassenen auf, und erlaubte ferner jedem Bürger, sich beim Census schätzen zu lassen, wo, d. h. in welcher Tribus er wollte. Dabei stieß er im Senat und bei der Nobilität auf heftigen Widerstand, und die Konsuln erkannten den von ihm ge- bildeten Senat nicht an.^) Aber die Bürgerschaft stand auf seiner Seite. Ihm zu Gefallen und dem Adel zum Tort wurde damals der Sohn eines Freigelassenen, also eines ehemaligen Sklaven, Cn. Flavius, zum kurulischen Ädil gewählt, als der erste mit Namen bekannte Ädil der römischen Ge- schichte. Mit einer Weitherzigkeit, die den damaligen Hellenen fremd war, gaben die Römer auch den Freigelassenen das Bürgerrecht, wenn es auch zunächst beschränkt war.^^) Flavius hat das Verzeichnis der dies fasti, der Geschäftstage des Kalenders, in Rom auf dem Forum öffentlich anbringen lassen und des weiteren die Klagformeln {legis actiones) zusammengestellt und publiziert. Beide Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit der Reform- t(ätigkeit seines Herrn und Meisters Ap. Claudius; es sind Vorstöße gegen das patrizisch-pontifikale Monopol der Rechtskenntnis.'*)

Überhaupt trägt diese Zeit einen gewissen demokratischen Zug, den die vielen und schweren auswärtigen Kriege begünstigt haben; denn ohne eifrige Mitwirkung der ganzen Bürgerschaft konnten sie nicht geführt werden. Durch die Volkswahlen kamen ehrgeizige und tüchtige Männer empor, und die Volkstribunen gewannen auf die auswärtige Politik bedeutenden Einfluß. Und so nimmt auch das ganze Volk an den Früchten der Siege teil, wie

') Vielleicht wurden die Kosten aus ] hatte, vermutete K. W, Nitzsch, Flavius

der Kriegsbeute bestritten. j habe die ersten Annalen veröffentlicht.

2) Anders stellt es Livius dar. Nach ^ Pais stempelt ihn zum Urheber der sog. 12

ihm (IX 4(>, 14) wurde die niedere städ- ; Tafeln. Vgl. oben S. 61 A. 6. Mommsen, Rom,

tische Bevölkerung von Apj^ius in alle \ Chronologie 198. 210 f. Nitzsch, Die röm.

Tribus verteilt, aber später (304 v. Chr.) | Annalistik 232 ff. Matzat, Röm. Chronol.

von den Zensoren Q, Fabius und P, De- , I 266. 0. Seeck,, Die Kalendertafel der

cius in die vier städtischen Tribus zu- [ Pontifices 1 ff". E. Lambert, L'hist. tradi-

sammengedrängt. Da sich diese Notiz I tioneUe des XII fahles 49. Besonders be-

auch später (bei der Zensur von 220 v.Chr., j liebt ist die Hypothese, dafs Flavius die

Liv. perioch. 20) wiederholt, so ist ihre Zu- älteste Redaktion der Konsulliste vor-

verlässigkeit sehr zweifelhaft. Unten § 24.

^) Siehe den Brief Philipps V. an die Larisäer. SIC II' nr. 543, Z. 31 ff.

•*) Über Cn. Flavius handeln Diodor XX 36. Cicero p. Mur. 25 f. de orat. I 186. ad Attic. VI 1, 8. Piso fr. 27. Liv. IX 46. Plinius h. n. XXXIII 17 ff. Macrob. 1 15, 9. Pompon. Dig. I 2, 7. Diodor verbindet die Ädilität des Cn. Flavius init der Zensur

genommen und dabei eine Reihe von Fälschungen begangen habe. Vgl, z. B. K, J. Neumann bei Gercke-Noeden, Einl. in die Altertumswiss. III' 427. Dagegen: O. Leüze, Die röm. Jahrzählung, Tübingen 1909, 278 f. Aus der Ädilität des Flavius gab es (nach Plin. a. a. O.) ein Denkmal, eine Kapelle der Concordia, aus Straf- geldern errichtet laut Inschrift 204 Jahre

des Ap. Claudius, und dies ist gewiß die nach der Weihung des kapitolinischen

ursprüngliche Überliefex-ung. Livius setzt Tempels, die also in diesem Fall als Ära

die Ädilität des Flavius ins J. 304 v. Chr. dient (unten S. 91). Vgl. über Flavius

In neuerer Zeit haben sich weittragende noch Münzer bei PW VI 2526 ff. und über

Hypothesen an den Mann und sein Werk seine literarische Arbeit F. Leo, Gesch.

angesetzt. Nachdem Mommsen ihm die i der röm. Lit. I 41 f.

Herausgabe der Konsulliste zugeschrieben j

86 Römische Geschichte.

die Verteilung des eroberten Ijandes an die Bürger, insonderheit die Soldaten zeigt. Sechs neue Tribus wurden in dieser Periode geschaffen; von den Ver- bündeten und Untertanen, selbst von den Besiegten müssen viele ins volle Bürgerrecht aufgenommen worden sein.') Ein Teil des eroberten Gebiets wurde Gemeindeland-) und bildete, der Nutznießung der Bürger überlassen, einen wichtigen Teil der öffentlichen Einkünfte. Dem wachsenden Umfang der römischen Bürgerschaft entsprach die Vergrößerung der Stadt, ■^) Ver- besserung der städtischen Einrichtungen und Vermehrung der Beamten.^) Vier neue Quästuren wurden nach Unterwerfung Italiens (2(57 v. Chr.) zur Wahrnehmung der römischen Rechte und Sicherung der Einkünfte bei den Bundesgenossen eingesetzt.^)

Aber alle Erfolge der Plebejer machten liom doch nicht zu einer Demo- kratie nach griechischer Art. Die leitenden Magistrate, die Feldherren, hatten nicht nur im Feld, sondern auch in der Stadt große Macht, das Volk war gewohnt, ihnen Gehorsam und Ehrerbietung zu erweisen. Unverbrüchlich blieb der Grundsatz, daß die Volksversammlung nur unter Leitung und auf Antrag eines dazu berechtigten Magistrats Beschlüsse fassen konnte, so daß eine von der Magistratur unabhängige Demagogie unmöglich war. Dazu kam, daß bei weitem die Mehrzahl der Bürgerschaft auf dem Land weit zerstreut wohnte und nicht leicht in die Stadt kam, daß hingegen die städtische Menge geringeres politisches Gewicht besaß; sie sah sich bald auf die vier städtischen Tribus beschränkt und konnte nie eine Mehrheit bilden. So nahm denn Rom aus der j^atrizischen Zeit seinen aristokratischen Cha- rakter mit herüber. Vielfach blieb in der veränderten A^erfassung das Alte, wenn auch zur bloßen Form versteinert, doch bis ans Ende der Republik erhalten. Die Patrizier behaupteten sich noch längere Zeit als eine mächtige Klasse, und ihr Gegensatz zu den Plebejern war, wie gesagt, noch immer nicht verschwunden. Aber allmählich verschmolzen sie mit den angesehenen plebeischen Familien zu einem neuen Adel, der Nobilität,") die zwar nicht, wie der patrizisclie Uradel, mit gesetzlichen Privilegien ausgestattet war, aber durch Reichtum und Ansehen ein wichtiger Faktor wurde und sich beständig durch neue Familien ergänzte. Ihr Organ war der Senat, in welchen neben den patres, den Mitgliedern des älteren Gemeinderats, auch die con- f^-ipti, die dazu berufenen Plebejer, Eingang gefunden hatten (oben S. 67). Die Bedeutung dieser Körperschaft wuchs mit dem Umfang des Gemeinwesens, wie auch die Macht der vornehmen Familien, die in ihr saßen, durch die zahlreichen Klientelen in den unterworfenen und verbündeten Landschaften

') Nach Velleius Pat. I 14, 7 ist den Sa- Für unecht erklärt es E. Täubleb. Unters,

binern schon 268 v.Chr. das volle Bürger- zur Gesch. des Decemvirats, Berlin 1921,

recht verliehen worden. Aber diese Nach- 11,133.)

rieht ist bedenklich, da es noch 22.5 v. Chr. ^) Hierher gehören die angeblich 289

verbündete Sabiner gab (Polyb. II 24, 5); j v. Chr. (oder nach Pomponius Dig. 1 2, 2, 29

es kann sich also höchstens um einen Teil . erst nach dem ersten panischen Krieg)

des Volkes handeln. | eingesetzten tres viri capitales, die Polizei-

■-) Dies gilt besonders von dem Sabiner- meister Roms. Mommsen, Rom. Staatsrecht

land und dem ager GalUcns. II-' 594 ff.

^) Die oben S. 60 A. 1 erwähnte lex Idlla \ '") Mommsen a. a. O. 570' ff.

über den Aventinus gehört vielleicht erst «) Ihr Wesen hat aufgehellt M. Gelzer,

in diese Zeit. (Vgl. über dieses Gesetz Die Nobilität der röm. Republik, Leipzig-

A. RosENBEKG, Heruics 48, 1913. 359 if. j Berlin 1912.

4. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). (§16.) 87

zunahm. Berühmt ist das Wort des Kineas, daß ihm der Senat von Rom wie eine Versammlung von Königen erschienen sei. Die tatsächliche Lebens- länglichkeit der Mitglieder verstärkte die konservativ-aristokratische Grund- tendenz des Senates. So kam es, daß den griechischen Theoretikern die römische Staatsverfassung als eine glückliche Mischung von Monarchie, Aristokratie und Demokratie erscheinen konnte.^)

Das Rückgrat des Staates bilden nach wie vor Kriegsverfassung und Heerwesen, das sich in dieser Zeit entsprechend dem wachsenden Umfang des Gebietes und den erweiterten Aufgaben der Politik und Kriegführung entwickelt haben muß, wenn auch Nachrichten darüber fast ganz fehlen. Die Zunahme des Heeres spiegelt sich in der Zahl der Kriegstribunen, deren zuerst 362 v.Chr. sechs gewählt sein sollen; 311 v.Chr. stieg ihre Zahl auf zwölf und später waren es deren vierundzwanzig. Sie haben als vom Volke gesetzte Gehilfen und Berater der Konsuln eine sehr wichtige Aufgabe. Die Einheit des Fußvolkes ist die Legion^) von etwa -1000 Mann, aus Leicht- und Schwerbewaffneten bestehend, in Manipeln und Centurien eingeteilt; je zwei Legionen machten ein konsularisches Heer aus; beide konsularischen Heere, vier Legionen, waren das übliche Aufgebot für einen größeren Krieg. Neben den römischen Legionen erscheinen die Hilfstruppen der Bundes- genossen, den Römern an Zahl mindestens gleich. Ihre Kontingente setzen sich aus kleineren Einheiten, Kohorten, zusammen. Für die Reiterei be- stehen bei Römern wie bei Bundesgenossen besondere Formationen.

Die Römer sind ein rauhes, kriegerisches, eroberungslustiges Volk, das sich nicht begnügt, die Feinde zu unterwerfen; ein großer Teil der Be- siegten wurde vielmehr vernichtet oder vertrieben, und römische Bürger auf ihrem Lande angesiedelt. So verbreiterten sie das Fundament ihrer Vor- machtstellung. Der Erfolg steigerte ihr Selbstvertrauen und ihre Unter- nehmungslust. 2) In den Kriegen gegen die Samniter und Gallier und gegen Pyrrhos machten sie eine gute Schule durch, aus der sie als Meister der Kriegskunst hervorgingen. Es liegt ein tiefer Sinn darin, wenn die Legende die Gründer der Stadt zu Söhnen des Kriegsgottes Mars gemacht hat.

16. Eintritt unter die großen Mächte. Der Sieg über Pyrrhos führte Rom in den Kreis der großen Mächte ein. Es war die Zeit, da die Eroberungs- politik Alexanders des Großen dem makedonisch-griechischen Element den Orient erschloß und damit der griechischen Kultur ein neues Wirkungs- gebiet. Aus dem langen Streit der Nachfolger Alexanders waren nach ver- geblichen Versuchen, das Erbe Alexanders als Einheit zu bewahren, schließ- lich drei größere, selbständige Monarchien hervorgegangen und so ein Staatensystem entstanden, das sich unter wechselvollen Kämpfen in einem gewissen Gleichgewicht erhielt. Das reichste und einheitlichste, das best- vervvaltete war das Reich der Ptolemäer in Ägypten, das zugleich das benachbarte Kyrene und südliche Syrien umfaßte, dazu die Insel Kypros, und seine Besitzungen bis ins ägäische Meer und an die thrakischen und

') Polyb. VI 11. kommt anscheinend auch bei den Marsern

^) Die antiquarische Tradition läfst die i vor. Zvetaieff, In.<icr. Ital. mediae dialect.

Legion und ihre Einteilung von Romulus (Leipzig 1884) S. 37, nr. 43.

ausgehen. Plutarch, Rom.7. 13. Der Name | ^) Polyb. I 37, 7.

88 Römisclie Geschichte.

kleinasiatischen Küsten vorschob. Weitaus das größte Gebiet, Asien, er- warben die Seleukiden, aber der Zusammenhang dieser Ländermasse war wegen der Selbständigkeit vieler Teile nur locker. Schon früh lösten sich einzelne Landschaften los, in Vorderasien Bithynien, die beiden Kappadokien und der kleine Staat um Pergamon. Die dritte Macht, Makedonien, hatte sich nach langen äufäeren und inneren Unruhen, nach den Kämpfen mit den einbrechenden Kelten (280 und 279 v. Chr.) und gegen Pyrrhos unter Antigenes Gonatas,i) dem Sohn des Demetrios Poliorketes, aufs neue kon- solidiert. Wenn Makedonien auch von dem Umfang der Herrschaft, wie sie Philipp) und Alexander hergestellt hatten, viel aufgeben mußte, so waren ihm doch außerhalb des Stammlandes noch wertvolle Besitzungen in Hellas geblieben. Zwischen den großen Monarchien in der Mitte standen die freien Hellenen, die in den Kriegen der Nachfolger Alexanders ihre Freiheit gerettet oder zurückgewonnen hatten, teils im eigentlichen Hellas, wo der ätolische Stamm verband und später der acliäische sich zu Macht und Bedeutung erhoben, teils im Kolonialgebiet. Mehrere ansehnliche Gemeinden erfreuten sich anerkannter Unabhängigkeit, wie Chios, Kyzikos, Byzanz, Herakleia am Pontes, Sinope, zeitweilig auch Athen, vor allem die Insel- gemeinde Rhodos, die Handelsrej^ublik großen Stils. Obwohl die Freiheit der Hellenen durch Verträge gesichert schien, wurde sie doch oft genug von den Monarchen angefochten; namentlich die makedonischen Könige be- mühten sich, Hellas möglichst zu unterwerfen, während die Ptolemäer in ihrem Bestreben, Makedonien und die Seleukiden im Schach zu halten, sich der hellenischen Freiheit annahmen. Das politische Intrigenspiel und die fortdauernden Kämpfe erzeugten fast unversöhnliche Gegensätze.

Unberührt von dem wechselvollen politischen Getriebe blieb die Ein- heit der allgemeinen griechischen Kultur, die seit Alexander in ein neues Stadium einzutreten begann, das wir seit J. G. Droysen als Hellenismus bezeichnen. Dieser Hellenismus erlebte seine Blüte in den Hauptstädten der Monarchien, ganz besonders in Alexandrien unter der verständnisvollen Pflege der Ptolemäer. Für sein Wesen charakteristisch ist die Fermentierung des griechischen Elements mit orientalischen Kulturbestandteilen. In dieser neuen Form hat das Griechentum seinen Eroberungszug angetreten und ist über alle politischen Schranken hinweg weit nach Osten zu den Barbaren vorgedrungen, um schließlich auch den Westen kulturell zu unterwerfen.

Die Umwälzungen und Zuckungen im Osten blieben auch auf den Westen nicht ohne Nachwirkung. Wie griechische Heerführer in Italien und Sizilien auftauchten, so griff umgekehrt Agathokles von Sizilien aus zeitweilig in die Kämpfe um die Vorherrschaft in Griechenland ein. Er stand mit De- metrios Poliorketes und später mit Ägypten in Freundschaft und Bündnis. Und was die Römer anbetrifft, so kamen sie den Kreisen der hellenischen Mächte um so näher, je weiter sie in Unteritalien vordrangen. Sie müssen mit den griechischen Mächten in gelegentlichen Verkehr getreten sein. 2)

') Regierte von 276—239 v. Chr. | schein Werte. Niebukk III 664 denkt an

^) Eine Gesandtschaft der Apolloniaten ein Hilfsgesuch der Apolloniaten gegen

in Illyrien um 266 v. Chr. erwähnt Cass. j Alexander von Epirus, den Sohn des

Dio fr. 42 I p. 141 Boiss. Aber es ist nur ; Pyrrhos.

ein exemplum von zweifelhaftem histori- 1

4. Zweite Periode: Bis zur Unterwerfung Italiens (265 v. Chr.). 10.) 89

Alexander der Molosser schloß mit ihnen ein Bündnis (oben S. 75), Alexander der Grofäe und Demetrios Poliorketes sollen mit ihnen in diplomatischen Verkehr getreten sein.^) Daß die Römer ihrerseits Alexander in Babylon (323 V. Chr.) durch Gesandte gehuldigt hätten, ist spätere Erfindung; denn nach den glaubwürdigen Berichten sind wohl die Etrusker, Lukaner und Bret- tier vor Alexander erschienen, aber nicht die Römer. 2) An sich würde eine römische Gesandtschaft, Avenn sie nur gut bezeugt wäre, nichts Befremd- liches haben. Bald danach, um 300 v. Chr. 3) traten die Römer mit den Rho- diern in eine Freundschaft, die lange gewährt und für Romern gute Früchte getragen hat. Nach dem Ende des Pyrrhoskrieges wurden zwischen Rom und Ptolemaios II von Ägypten in gegenseitigen Gesandtschaften Beziehungen angeknüpft.*)

Wenn also die Hellenen schon seit längerer Zeit Rom recht wohl kannten, so wandten sie nach der Vertreibung des Pyrrhos der so rasch aufgestiegenen Macht ihre Aufmerksamkeit in wachsendem Maße zu; die verschiedenen Gründungssagen der Stadt, die sie mit der hellenischen Sagenwelt verknüpfen sollen, können dafür Zeugnis ablegen (oben S. 29). In der Tat war Rom durch den Eintritt der italischen Griechen in das römische Bündnis zu einer halb hellenischen Macht geworden; schon Herakleides Pontikos, der Zeit- genosse des Aristoteles, nannte Rom eine hellenische Stadt, ^) eine Über- treibung, durch die er seine geringe Kenntnis der tatsächlichen Zustände verrät. Etwas später erläuterte Eratosthenes seine These, daß die Scheidung der Menschheit in Hellenen und Barbaren unbillig sei, mit dem Hinweis auf Karthago und Rom. '^) Auch das Verhalten mancher unteritalischer Städte zu den Römern beweist, daß man sie nicht als fremdes Element ansah, ihnen vielmehr Vertrauen entgegenbrachte. Mit dem Bündnis übernahm Rom zu- gleich die Handelsverbindungen der italischen Griechen und schickte sich an, in den Welthandel einzutreten. Italien war ja der berufene Vermittler zwischen dem Orient und dem ferneren Westen.'^) Und der Eintritt in den Weltverkehr brachte noch eine andere, wichtige Neuerung mit sich: Rom degradierte damals (269 v. Chr.)^) sein bisheriges Kupfergeld zur Scheidemünze

') Strabo V 233. Es handelt sich beide dann von den Römern erwidert wurde.

Male um gefangene Seeräuber aus Antium, Doch kann weder die Zeit, noch das Drum

die den Römern zur Bestrafung zuge- j und Dran dieser Gesandtschaft verbürgt

schickt werden. Demetrios war von 293 werden. Vielleicht fällt sie erst später und

—287 V. Chr. König von Makedonien. ist Hiei-on II von Syrakus Vermittler

2) Arrian anab. VII 16, 4. Erst Kleit- zwischen Rom und Ägypten geworden,

archos (tr. 23) u. a. von Arrian a. a. O. ge- Vgl. Niese, Gesch. d. griech. u. makedon.

nannte Autoren wuTsten von den Römern Staaten II, 196 f. J. N. Sboronos, Tu rofu'a-

zu berichten. Jedenfalls mufs Kleitarchos //«ro tov xoÜTovg töjv IlToAfuakov, 117 f. ver-

die Römer zu den namhaftesten Völkern mutet, daß Rom und Ägypten 273 v. Chr

des Westens gezählt haben, was für seine eine Münzkonvention geschlossen hätten

Zeit (er schrieb um 250 v. Chr.) nicht zu | Aber diese Vermutung entbehrt der

verwundern ist. Vgl. Niese, Hist. Zeitschr. N. F. 43, 41.

ä) Polyb. XXX 5, 6.

^) Nach der livianischen Überlieferung

tigen Begründung. "•) Plut. Camill. 22. «) Strabo I 66.

cf. Euthydem bei Athenäus III 116 C.

(Liv. per. 15. Eutrop. II 15, vgl. Justin. ' Plutarch. Arat. 12.

XVIII 2, 9. Dionys. Hai. XX 14. Cass. Dio ») O. Leuze, Das Datum der ersten Silber-

fr. 41 vol. I p. 139 Boiss.) >hat schon 273 v. Chr. Ptolemaios II von Ägypten eine Gesandtschaft nach Rom geschickt, die

prägung in Rom, Zeitschr. f. Numismatik 82, 1915, 15 ff.

90 Römische Geschichte.

und begann eigenes Silbergeld zu prägen, und zwar nach dem attischen Fuß, der seit Alexander dem Großen in den meisten Teilen der griechischen Welt zur Geltung gelangt war; die griechische Drachme wurde dem De- narius gleichgesetzt; die alte Einheit, der schwere Kupferas, ging über in den Sestertius, dessen Wert den vierten Teil der Drachme ausmachte.')

Die engere Berührung mit der griechischen Welt hatte zur natürlichen Folge, daß die griechische Kultur mit vermehrter Wucht in Rom eindrang; gerne haben die Römer vom Ausland gelernt, ohne darum ihre nationale Eigentümlichkeit preiszugeben. Ohne Zweifel waren viele Griechen in Rom ansäßig, wie sich umgekehrt Römer in den unteritalischen Städten nieder- ließen. Die Kenntnis der griechischen Sprache verbreitete sich; sie war für den Staatsmann unentbehrlich, und die vornehmen Römer werden sie meist beherrscht haben. Kunst und Literatur drangen ebenso immer tiefer ein. Einheimische Künstler arbeiten ganz in griechischer Weise, ähnlich wie in Kampanien, w;ie denn auch das Hellenische nicht selten durch die Vermitt- lung der Kampaner und Etrusker nach Rom und Latium gelangte. 2) Be- sonders von den politisch so eng verbundenen Kampanern wurde manches übernommen. Der Einfluß der griechischen Literatur zeigt sich deutlich im Aufbau der römischen Königsgeschichte, die jetzt ihre Gestalt erhalten haben mag. Die griechische Mythologie wurde ziemlich allgemein bekannt. Gerade auf religiösem Gebiet entlehnte man von den Griechen, deren Götter man als überlegen ansah, wie denn auch in Rom das delphische Orakel seit alters hohes Ansehen genoß ;3) ein eigenes zehnköpfiges Priesterkollegium, die deceinviri mcris faciundls wurde für den Kult der griechischen Gott- heiten eingesetzt."*) Zu den schon in älterer Zeit rezipierten Götterkulten kamen neue hinzu. Schon 291 v, Chr. soll der Dienst des Aesculapius aus Epidauros geholt worden sein. Der Einfluß der fremden Kultur gab dann, wie es überhaupt zu geschehen pflegt, die Anregung zu eigener Arbeit, zur Ausbildung und Schulung auch der lateinischen Sprache. In die Zeit der Unterwerfung Italiens fallen die ersten lateinischen Grabgedichte in satur- nischem Versmaß; ein ursprünglich griechischer Brauch ist dabei der römi- schen Eigenart angepaßt.^)

Chronologischer Anhang

zur älteren römischen Geschichte.

Die Zeitrechnung der älteren römischen Geschichte beruht wie alle derartigen Systeme auf gelehrter Arbeit, die erst in späterer Zeit geleistet wurde. Von einem

') HuLTSCH, Griechische und römische : die populäre Komödie der Atellanen er- Metrologie 254 f., 2. Aufl.; Mommsen, Ge- wähnt werden, die aus Atella in Kam- schichte des röm. Münzwesens, S. 281f.; panien stammte und sich in Rom völlig NissE\ in diesem Handbuch 1887. einbürgerte.

-) Zu den erhaltenen Kunstwerken ge- ^) Plinius h. n. XXXIV 26. Schon er- hört die in Praeneste gefundene sog. Fico- wähnt ist das römische Weihgeschenk ronische Cista mit der Aufschrift Novios an den delphischen Apollon nach Vejis Plautios med Eomai fecid. siehe CIL I. 2, 1^ Eroberung. Oben S. 40. nr.561, ILS nr. 8562. Ephemer, cpigraph. ^) Vgl. oben S. 84 A. 2. I 12. Über kampanische Kunst in Rom ^) Vgl. F. Leo, Gesch. der röm. Lit. I, s. Gamürrini, Mitteil, des deutsch, arch. 1913, 45 f. Inst., Röm. Abteil. II 221 f. Hier kann

Chronologisclier Anhang zur älteren römischen Geschichte.

91

bestimmten Punkte der Gegenwart oder näheren Vergangenheit aus hat man rück- Avärts die Zeit der Vergangenheit ausgemessen, danach die Anfänge der Stadt be- rechnet und zugleich die römische Geschichte an die damals schon fertige griechische Chronologie angeschlossen, die sich bekanntlich der Olympiaden zu bedienen pflegte.') Das Ergebnis dieser Arbeit liegt uns in der Jahrreihe vor, wie sie mehr oder weniger vollständig teils mit den Annalen bei den Historikern teils in besonderen Verzeich- nissen erhalten ist.') Und zwar besteht sie aus zwei Teilen, aus dem Verzeichnis der eponymen .Jahresbeamten, der Konsuln, Decemvirn und Konsulartribunen bis zum Anfang der Eepublik, der mit der Einweihung des kapitolinischen Tempels zu- sammenfällt, und aus den Königsjahren. Während letztere imaginär sind, ist die Liste der Eponymen bei allen Unsicherheiten im einzelnen doch in den Grundzügen ohne Zweifel echt und verhältnismäßig alt. Sie scheint schon am Ende des 4. Jahr- hunderts V. Chr. vorhanden gewesen zu sein, da ihr Anfangspunkt, die Einweihung des kapitolinischen Tempels, damals in einem Denkmal des Ädilen Cn. Flavius als Ära diente.^)

Die Jahrreihe besteht also in ihrem historischen Teil aus Amtsjahren; aber diese haben sich im Lauf der Zeit durch Verschiebung der Antrittstage der Beamten ge- ändert, sind also nicht konstant. Der spätere Jahresanfang, 1. Januar, besteht erst seit 153 v.Chr.; vorher fing man mit dem 15. März an, und in älterer Zeit soll nach unseren freilich dürftigen Nachrichten darin des öfteren ein Wechsel eingetreten sein.^) Auf diese Verschiedenheit wird jedoch in der Jahrreihe keine Rücksicht ge- nommen, sondern die späteren römischen Kalenderjahre, die ja auch die unseren geworden sind, werden antizipiert. Von den griechischen Olympiaden- und Archonten- jahren sind die römischen Amtsjahre verschieden; denn da jene zur Zeit des Mitt- sommers ihren Anfang nehmen, so decken sich die beiden Jahre immer nur zur Hälfte. Jedoch hat man, nachdem die Berührungspunkte der beiden Jahrreihen durch die Synchronismen einmal gefunden waren, den verschiedenen Jahresanfang nicht in Rechnung gezogen, sondern Jahr gleich Jahr sein lassen, wie es das prak- tische Bedürfnis der Liste, in der jedes Jahr gleichsam eine unteilbare Einheit bildet, mit sich brachte. Es gab jedoch zwei Möglichkeiten, die römischen Jahre mit den griechischen auszugleichen: die Konsuln werden entweder in das Olympiadenjahr gesetzt, in dem sie ihr Amt antraten, oder in das, in dem sie abgingen. Der L^nter- schied läßt sich durch folgendes Schema verdeutlichen:

Römisch 221 v

Chr.

Olymp. 189,4

220 .. ..

140.1

219 ,. ..

140.2

218 .. ..

140.3

217 .. ..

140,4

216 .. , ..

141,1

') Als erste Olympias zählte man die Olympien von 776 v. Chr.

'•') MoMMSEN, Rom. Chronol. 110. Cicho- Riüs, De fastis Romanonim antiquissimis, Leipziger Studien IX.

^) Oben S. 85 A. 4. Ein Weihgeschenk des Ädilen war nach der Inschrift gestiftet 204 Jahre post [aedem) Capitolinam dedi-

catam. Plin. h. n. XXXIII 19. Dies würde, die ältere Chronologie der Annalen voraus- gesetzt, auf 303/2 V. Chr. führen, und dem entspricht das Datum des Livius IX 46. Vgl. über das Datum O. Leuze, Die röm. Jahrzählung. Tübingen 1909, 160 tf. '') MoiiMSEX, Rom. Chronol. 80 ff.

92

Römische Geschichte.

Setzt man die griechischen und römischen Jalire einander gleich, so ist

entweder 220 V. Chr. = Olymp. 139,4 219 V. Chr. = Olymp. 140,1 218 V. Chr. = Olymp. 140,2 217 V. Chr. = Olymp. 140,3 216 V. Chr. = Olymp. 140,4

oder 220 V. Chr. = Olymp. 140,1 219 V. Chr. = Olymp. 140,2 218 V. Chr. = Olymp. 140,3 217 V. Chr. = Olymp. 140,4 216 V. Chr. = Olymp. 141,1

Die erste Gleichung ist die ältere; sie herrscht z, B. bei Diodor,') und nach ihr kommt also die Schlacht bei Cannä 216 v. Chr. auf Olymp. 140, 4. Die andere ist später mehr üblich; folgt man ihr, so fällt die Schlacht auf Olymp. 141, 1. Zugleich wird, wie sich von selbst versteht, in der ganzen Jahresreihe der Synchronismus um ein Jahr ver- schoben und die griechischen Daten römischer Ereignisse rücken um ein .Jahr tiefer.

Nach diesen Bemerkungen sei die Jahrreihe selbst kurz analysiert. Sie ist uns, wie gesagt, in den Annalen und in besonderen Listen erhalten und zwar mit starken Verschiedenheiten, aus denen sich wiederum Abweichungen in der Datierung der Ereignisse ergeben. Diese abweichende Überlieferung bildet ein viel erörtertes Pro- blem, zu dessen Lösung der Leser hier angeleitet wefden soll. Jedoch kann nur das Wichtigste hervorgehoben werden, unwesentliche Dinge oder chronologische Einzelfragen gehören nicht an diesen Ort. Ebenso muß auf eine Erörterung strittiger Punkte oder eine Widerlegung anderer Meinungen verzichtet werden. 2)

Es kann als zugestanden angesehen werden, daß seit dem Pyrrhoskriege, seit- dem die römische Geschichte durch die gleichzeitige griechische Geschichtschreibung überliefert wurde, die römische Jahrreihe feststeht und die Zeitrechnung in allen wesentlichen Punkten gesichert ist.') Die großen chronologischen Schwierigkeiten liegen alle in der älteren Zeit. Ausgangspunkt unserer Übersicht und Erörterung sei also das erste Jahr des Pyrrhoskrieges, das nach der griechischen Überlieferung auf Olymp. 124,4, d. i. 281/0 v. Chr. fällt. Blicken Avir von hier auf die uns vorliegende römische Jahrreihe bis zur Gründung der Stadt zurück, so sehen wir, daß zwei ver- schiedene Tabellen, eine ältere und eine jüngere, zu unterscheiden sind. Die ältere haben wir in annähernder Vollständigkeit in den Annalen Diodors, des Livius und Dionysios, von denen uns Livius am vollständigsten erhalten ist. Nicht als ob die Genannten in allen Stücken übereinstimmten; vielmehr weicht Diodor in Bestand und Anordnung der Liste sehr bedeutend von den beiden anderen ab und vertritt darin wahrscheinlich eine ältere Überlieferung, während Livius und Dionj'sios eng zusammenstehen; nur in einem, unwesentlichen Punkte geht Dionysios seine eigenen Wege. Aber trotz den Abweichungen Diodors gehen die drei und ihre Verwandten in einem Kardinalpunkt zusammen und bilden die ältere Kechnung. Diese zählt vom ersten Jahre des Pyrrhoskrieges, also Olymp. 124, 4 oder 281/0 v. Chr., bis zur Gründung der Stadt 470 Jahre, legt also die Gründung in Olymp. 7, 2 = 751,0 v. Chr. Dieses Grüudungsjahr findet sich nicht nur bei Diodor,^) sondern auch bei anderen,^)

») Nach Diodor fr. XXXVII 2, 2 fallen die Konsuln von 91 v. Chr. auf Olymp. 172, l._ Vgl. Gott. Gel. Anz. 1887 S. 832.

2) Die wichtigsten chronol. Werke sind oben S. 9 f. angeführt. Hier betont Niese, daß er seinen Vorgängern, namentlich Th. Mommsen, viel verdanke, aber in einigen wichtigen Fragen von ihm abweiche. Dio- dors Chronologie sie war für Niese maßgebend sei von Mommsen nicht richtig gewürdigt; hierin habe z.B.Matzat vielfach besser geurteilt.

') Womit nicht gesagt werden soll, daß von da ab in unserer meist sehr jungen

Überlieferung nun auch chronologisch alles in Ordnung ist. S. 106 A. 1.

") fr.VII 5 bei Euseb. chron. I 283 ff. Diese Angabe über das Gründungsdatum ist jedoch nach Leuze a. a. O. 40 nur eine gelegentliche Notiz, während Diod. im eigentlichen Zusammenhang der römi- schen Geschichte Olymp. 8, 1 als Grün- dungsdatum betrachtet habe. Für Livius sei bemerkt, daß er griechische Datie- rungen (nach Olympiaden) und Syn- chronismen meidet und überhaupt für Chronologie kein Verständnis zeigt.

*) Vgl. Mommsen, Rom. Chronol. 143.

Chronologischer Anhang zur älteren römischen Geschichte.

93

namentlich bei Cornelius Nepos, Cicero ') und Polybios.^) und zwar hat es Polybios, wie er selbst sagte, der Pontifikaltafel entlehnt, woraus folgt, dafs schon diese ^-om Pyrrhoskriege bis zur Gründung Roms 470 Jahre zählte. Diese Rechnung war also in der älteren literarischen Epoche Roms, im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. verbreitet und kann als die damalige Vulgata angesehen werden.

Den genannten Zeitraum von 470 Jahren wird man am besten in drei Abschnitte gliedern. Der erste geht vom Anfang des Pyrrhoskrieges bis zum gallischen Brand, der zweite von da bis zum ersten Jahr der Republik, der dritte umfafat die König- zeit bis zur Gründung. Jeder dieser Abschnitte erfordert eine besondere Betrach- tung, aber die Avichtigsten chronologischen Probleme liegen im ersten, in der Zeit vom Anfang des. Pyrrhoskrieges bis zur Eroberung Roms durch die Gallier.

Diese Zeit bestimmen die diodorischen, livianischen und dionysischen Annalen bei aller Abweichung im einzelnen auf 106 Jahre, und da der Pyrrhoskrieg Olymp. 124, 4 = 281/0 V. Chr. beginnt, so fällt demnach der gallische Brand auf Olymp. 98, 2 = 387/6 V. Chr.,^) welches Datum wiederum genau der griechischen chronographi- schen Überlieferung entspricht, wonach das Ereignis in dasselbe Jahr mit dem antal- kidischen Frieden fällt (oben S. 52). Polybios I 6 berichtet dies als eine anerkannte chronologische Tatsache, womit es wiederum vollkommen im Einklang steht, daß er an einer anderen wichtigen Stelle, in der Übersicht der gallischen Kriege*) eben- falls zwischen dem Anfange des Pyrrhoskrieges und der Gallierkatastrophe 106 Jahre gezählt haben muß.^)

Diese 106 Jahre sind aber nicht alle gleichwertig. Schon längst haben die Chrono- logen bemerkt, daß sich darunter fünf leere Stellen befinden. Bei Livius nämlich liegt 15 Jahre nach dem gallischen Brand eine fünfjährige Anarchie, soh'tudo magistra- ttno», fünf Jahre also, in denen es keine eponymen Magistrate gab.") Man ist dar- über mit Recht ziemlich einig, daß diese fünfjährige Anarchie nicht historisch sei, sondern eine Fiktion, deren Zweck es war, die Jahrreihe um fünf Stellen zu ver- längern. Aber auch Diodor hat etwas ähnliches, wenn auch keine fünfjährige Anarchie, so doch eine einjährige, die offenbar historisch ist (oben S. 64);') aber er wieder- holt unmittelbar nach dem Jahr des gallischen Brandes (387/6 v. Chr.) die fünf vorher- gehenden Magistratskollegien der Jahre Olymp. 97, 2—98, 2 (391—387 v.Chr.).«) Dies sind gleichfalls leere, ereignislose Jahre, die offenbar demselben Zweck dienen und dasselbe leisten wie die fünfjährige Anarchie des Livius, aber auf einem anderen Weg.^) Denn die 23 Jahre, die zwischen dem gallischen Brand und dem ersten plebeischen Konsulat (den Konsuln L. Aemilius und L. Sextius) liegen, sind

bei Diodor 5 wiederholte Kollegien 14 Amtsjahre 1 Jahr Anarchie 8 Amtsjahre

bei Livius 13 Amtsjahre 1«) 5 Anarchiejahre 5 Amtsjahre

>) de rep. II 18.

2) fr. VI 11 a 2 bei Dionys. Halic. I 74.

») Diodor XIV 110 ff.

*) Polyb. II 18 ff.

-) Vgl. Niese. Hermes XIII, 1878, 401 ff.

*) Liv. VI 35, 10.

') Gegen die Historizität der einjährigen Anarchie erklärt sich Leuze a. a. O. 27 ff. Dagegen betrachtet er die fünfjährige sog. „Anarchie" oder besser ein Inter- regnum von dieser ungefähren Dauer als im Kern geschichtlich (a. a. O. 316fF.)

im Gegensatz zu Niebuhr, Mommsen u. a.

«) Wie BoRGHESi, Oeuvres VII 215 f. und Niebuhr, Rom. Gesch. II 630 erkannt haben.

^) Diese Ansicht weicht von der herr- schenden Ansicht, z. B. Mommsens (Rom. Chronol. 126) erheblich ab. Vgl. Gott. Gel. Anz. 1887 S. 8.34.

'") Wobei Niese mit Mommsen, Rom. Chronol. 119 annimmt, daß das bei Livius fehlende Kollegium von 378 der Stadt nur aus Versehen ausgelassen ist.

94 Römische Geschichte.

und OS ist dadurch geschehen, daß bei Diodor und Livius die Eponymen und die zugehörigen historischen Nachrichten für die ersten 18 Jahre nach dem gallischen Brand durchweg um fünf Jahre differieren, um erst nachher wieder zusammen- zutreffen. Aber trotz der starken Abweichung ist doc-h das chronologische Ergebnis, die Erhöhung der Jalu-essummc um fünf, bei beiden gleich und daher sicherlich aus älteren Quellen entlehnt. In der Tat hat schon Polybios an derselben Stelle, nämlich in den ersten 30 Jahren nach dem gallischen Brand, jene fünf Jahre mitgerechnet.') Sie bilden überhaupt einen wesentlichen Teil der römischen Zeitrechnung und müssen, wie oben angedeutet, in irgendeiner Form schon in der Pontifikaltafel vor- handen gewesen sein.

Es versteht sich von selbst, dafj man diese fünf leeren Jalire in einer ganz be- stimmten Absicht eingeschaltet hat. Wohin die Absicht ging, wird sich am besten aus der erzielten Wirkung entnehmen lassen. Man brachte dadurch den gallischen Brand auf das Jahr, das ihm die griechische Chronographie zuwies, nämlich auf Olymp, 98, 2 387,6 v. Chr., und eben dies wird man gewollt haben."'') Daraus folgt erstens, daß man das Datum der griechischen Chronographie kannte, zweitens, daß in der römischen Jahrreihe fünf Jahre fehlten, daß die Liste der Eponymen vom ersten Jahr des Pyrrhoskrieges bis zum gallischen Brand nur 101 Stellen hatte, also zu kurz war. Woher das Minus kam, wissen wir nicht. Daß die Verschiebung der Antrittstage oder die Interregnen es verschuldet hätten, wie man wohl gedacht hat, ist kaum glaublich; derartiges kann nicht so bedeutende chronologische Wirkung gehabt haben. Dagegen ist nicht unwahrscheinlich, daß unmittelbar nach dem gal- lischen Unglück, da ja die Bürgei-schaft vertrieben und die Stadt sieben Monate in den Händen des Feindes war, .bis zur leidlichen Wiederherstellung des Gemeinwesens die Verfassung aufgehoben war und die regelmäßige Folge der Jahresbeamten eine Unterbrechung erlitt, daß also auch hier Diodor eine bessere Überlieferung vertritt, insofern er mit den eingeschalteten Jahren die richtige Stelle trifft. Damit soll nun nicht behauptet sein, daß der Ausnahmezustand ganze fünf Jahre gedauert habe; denn auch andere Umstände, namentlich die heftigen politischen Kämpfe der folgenden Zeit mögen dazu beigetragen haben, die Fehler der Beamteuliste zu vergrößern.

Der zweite Abschnitt, die Zeit vom gallischen Brand bis zum ersten Jahr der Republik wird in den Annalen sowohl bei Diodor wie bei Livius und Diony- sios auf 120 Jahre berechnet. Mit dieser Übereinstimmung in der Summe sind wie- derum erhebliche Unterschiede zwischen Diodor und den beiden anderen verbunden, namentlich fehlen bei Diodor die fünf Jahreskollegien, die Livius und Dionysios zwischen Olymp. 91, 1 und 2 aufführen. Diodor muß diesen Ausfall weiter aufwärts in den uns verlorenen Teilen, zwischen Olymp. 75, 1 und 68, 2 wieder ersetzt haben. Natürlich hat sich die zeitliche Lage der Ereignisse in einer dieser Umsetzung ent- sprechenden Weise verschoben. 3) Zu erwähnen ist ferner, daß Livius und Dionysios

') Wenn er II 18, 6 vom ersten bis zum gallischen Eroberung festzustellen und

zweiten Erscheinen der Gallier 30 Jahre danach den Fehler dos Beamtenverzeich-

zählt, so müssen ihm die fünf leeren Jahre nisses zu berichtigen. Man kann dabei

schon vorgelegen haben. Ob er wie Diodor an die jährliche Nageleinschlagung am

oder wie Livius zählte, wissen wir nicht. kapitolinischen Tempel denken. Liv. VII

^) Dies ist die wahrscheinlichste Er- I 3, 5 ff. Mommsen, Köm. Chronol. 176. Wie

klärung der vorliegenden Erscheinung. es sich aber damit in Wirklichkeit ver-

(Vgl. Leuze a. a. 0. 16 If. und 21 ff', über hält, ist ganz dunkel,

die mutmaßliche Arbeitsweise Diodors.) ■') Es liegt hier wohl keine Nachlässigkeit

Möglich ist ja, daß die Römer auch von Diodors vor, sondern eine abweichende

sich aus Mittel hatten, die wirkliche Zahl Überlieferung. Vgl. Matzat, Rom. Chronol.

der Jahre zwischen Pyrrhos und der , I 197 f. 243 f.

Chronologischer Anhang zur älteren römischen Geschichte. 95

den Deeemvirn drei Jahre geben, nicht wie Diodor zwei, und daf3 demnach ihre Eponymenliste eine Stelle weniger gehabt haben muß als die diodoi-ische.')

Die Königszeit hat in den Annalen übereinstimmend 244 Jahi'e. Die Summe der Jahre von der Gründung der Stadt bis zum gallischen Brand beträgt also zu- sammen 364, und diese Zahl muß, wie das Gründungsdatum andeutet, schon der Pontifikaltafel eigen gewesen sein.

So viel über die ältere Rechnung. Die jüngere, zu der jetzt überzugehen ist, liegt vollständiger nur vor in den kapitolinischen Fasten und den gleichartigen Epo- nymenverzeichnissen; annalistische Geschieh ts werke, die auf sie gestellt wären, sind nur in geringen Bruchstücken auf uns gekommen. Ihr Urheber scheint Atticus zu sein, in dessen über annalls, erschienen zwischen 51 und 46 v. Chr., sie zuerst vorkommt. Von da entlehnt sie Cicero ;2) auch Varro hat sie übei-nommen und weiter ausgeführt.''') Auch die kapitolinischen Fasten werden von Atticus abhängen;'') Octavianus, der sie veranlaßt hat (oben S. 12, 16), war mit Atticus befreundet und ließ sich in historischen Dingen von ihm beraten.

Die Jahrreihe des Atticus stimmt für die Zeit von der Gründung der Stadt bis zum gallischen Brand in der Gesamtzahl mit der älteren überein, nur daß die kapito- linischen Fasten für sich allein die Königszeit auf 243 und durch den Ausfall des dritten Decemviratsjahres den folgenden Abschnitt auf 119 Jahre berechnen;^) sie geht ferner durchweg mit Livius und Dionysios gegen Diodor. Der wesentliche Unterschied liegt erst später zwischen dem gallischen Brand und dem Pyrrhoskrieg. Zwar gehen auch hier, was den Bestand im einzelnen anbelangt, die jüngeren Listen durchweg mit Livius und haben namentlich die füntjährige Anarchie wie dieser, aber sie haben die Jahrsumme um vier Stellen vermehrt und von 106 auf 110 ge- bracht durch Einfügung der Diktatorenjahre, die an vier verschiedenen Stellen als jährige Diktaturen eingelegt worden sind und den Jahreia 333, 324, 309, 301 v. Chr. unserer üblichen Zeitrechnung entsprechen.'') Die notwendige Folge ist, daß alle Ereignisse, die vor 333 v. Chr. liegen, um vier Jahre hinaufgerückt wurden, also der gallische Brand von Olymp. 98, 2 (387,6 v. Chr.) auf Olymp. 97, 2 (391/0 v. Chr.), das erste Jahr der Republik von Olymp. 68, 2 (.507/6 v. Chr.) auf Olymp. 67, 2 (511/10 V. Chr.), endlich das Jahr der Gründung von Olymp. 7, 2 (751/0 v. Chr.) auf Olymp. 6, 2 (755,4 V. Chr.). Diese vier Jahre verringerten sich jedoch auf drei durch die (oben S. 92) erwähnte anderweitige Ausgleichung der römischen Jahre mit den griechischen. Dadurch kam das erste Jahr des Pyrrhoskrieges (280 v. Chr.) auf Olymp. 125, 1, das Jahr der gallischen Katastrophe (390 v. Chr.) auf Olymp. 97, 3 und endlich das Grün- dungsjahr auf Olymp. 6, 3 (754 v.Chr.); in dieses Jahr, Olymp. 6, 3, hatten Atticus und Varro die Gründung der Stadt gesetzt.')

Zu welchem Zweck die vier Diktatorenjahre von Atticus eingeschoben wurden, ist völlig unbekannt und nicht leicht zu verstehen. •*) Dagegen kann es wohl keinem

') Deren oberster Teil bekanntlich nicht erhalten ist. ■') Brutus 72. ^) Solinus 1, 27.

114 fif. 145 ff., daß dies mit Rücksicht auf den griechischen Synchronismus ge- schehen sei, bewährt sich nicht: der Syn- chronismus wurde dadurch vielmehr zer-

••) So auch Leüze a. a. 0. 256. i stört. Jährige Diktaturen hat erst der ") Vielleicht nur infolge eines Versehens i Diktator Caesar geschaffen, und da die des Redaktors. Diktatorenjahre der caesarischen Zeit ent- ^) Livivis berichtet in den vorhergehen- stammen, so ließe sich vermuten, daß den Jahren 334, 325, 310, 302 v. Chr. die damit ein verfassungsgeschichtliehes Prä- Ernennung von Diktatoren, die aber ver- cedenz für die jährigen Diktaturen Caesars fassungsmäßig innerhalb ihres Konsulats- geschaffen werden sollte. Vgl. Matzat, Jahres bleiben. Rom. Chronol. I 345. Leüze a. a. O. 240 &. ") Vgl. Leüze a. a. O. 210 f. sucht gegen Mommsen zu beweisen, daß ") Die Erklärung MoMMSENs,Röm.Chronol. Atticus mit seiner Chronologie von Varro

96 Römische Geschichte.

Zweifel unterliegen, dafj wir es hierin mit einer willkürlichen Neuerung zu tun haben, durch die nun die ältere Chronologie ganz verdrängt worden ist: denn die von Atticus (oder von Varro) entworfene, verlängerte, von den kapitolinischen Fasten übernommene Jahrreihe drang in Kom allgemein durch.') Auch wir haben sie über- nommen, nur daf3 wir nicht 754, sondern 753 v. Chr. als' Gründungsjahr der Stadt anzusehen pflegen, indem wir mit den kapitolinischen Fasten zwischen dem gallischen Brand und dem ersten Jahre der Republik statt 120 nur 119 Jahre rechnen, und dadurch das letztere auf 509 v. Chr., die Gründung auf 753 v. Chr. bringen. Nach dieser Ära pflegen wir die Jahre der Stadt zu beziffern. Sie hat nur einen kon- ventionellen Wert und trägt den Namen der varronischen Ära mit Unrecht; denn Varros Gründungsjahr ist 754 v. Chr.

Nun seien noch einige zerstreute und vereinzelte Zeitangaben erwähnt, die von der älteren wie von der jüngeren Rechnung abweichen, ohne daß uns ihr Zusammen- hang und ihre Begründung bekannt wäre. Dies letztere gilt sogar von Dionysios von Halikarnaß. Er stimmt in der Jahrsumme mit der älteren Rechnung überein, vor allem mit Livius, zählt also vom Anfang des Pyrrhoskrieges bis zur Gründung 470 Jahre; aber er setzt nun den gallischen Brand auf Olymp. 98, 1 = 388/7 v.Chr. und behauptet in offenem Widerspruch mit der älteren Überlieferung, daß dies die herrschende Annahme sei. 2) Demnach setzt er das erste Jahr der Republik auf Olymp. 68, 1 = 508 V. Chr. und die Gründung der Stadt auf Olymp. 7, 1 = 752/1 v. Chr., ferner den Anfang des ersten punischen Krieges auf Olymp. 128, 3 = 266/5 v. Chr.^) und muß also für den Beginn des Pyrrhoskrieges auf Olymp. 124, 3 = 282/1 v. Chr. gekommen sein. Wie er zu dieser Rechnung gelangte '') und wie er sich mit den abweichenden Überlieferungen abfand, ist völlig unbekannt. Sein Gründungsjahr stimmt mit dem catonischen überein.") Etwas abweichend setzte Fabius Pictor Roms Gründung auf Olymp. 8, 1 748 v. Chr. Man nimmt an, daß er die Königszeit nur auf 240 Jahre bere'^'hnet habe.^) Fabius würde dann, wie Dionysios, das erste Jahr der Republik auf Olymp. 68, 1 = 508 v. Chr. gesetzt haben.') Damit kann man ferner verbinden, daß Polybios (III 22, 2) dasselbe Datum gibt. Mit der sonstigen Rechnung des Poly- bios, namentlich mit seinem Gründungsjahr (oben S. 93) läßt sich dies nur unter der Voraussetzung in Einklang bringen, daß er vom gallischen Brand bis dahin 121 und für die Königszeit 243 Jahre zählte, was beides in den älteren Systemen nicht vorkommt.**)

abhängt und nicht umgekehrt Varro von | gesetzt. Das erste Konsulat fiele dann in

Atticus.

') Auch Velleius I 8, 4 und der anonyme Abriß bei Gellius XVII 12 folgen ihr.

-) I 74 f., wo er seine ganze Rechnung entwickelt. Mommsen, Rom. Chronol. 121.

Olymp. 69, 1 (504 v. Chr.

'') Nach einem Zitat des Gellius noct. Att. V 4, 3, hat Fabius Pictor, und zwar der lateinische, vom gallischen Brand bis zum ersten plebeischen Konsulat (L. Aemilius

Die Chronologie des Dionys. behandelt und L. Sextius) nur 22 (bezw. IS) Jahre

Leuze a. a. O. 177ff.; als Quelle ist Piso gerechnet, Peter, 7//.>*/. i?ow;. rtV/. 1 110, und

zu vermuten. \ hieraus schließt Matzat, Rom. Chronol. I

^) Antiq. I 8. | 1,52 ff. auf eine dreijährige Anarchie statt

•*) Als Möglichkeit läßt sich erwähnen, ! der fünfjährigen. Das Fragment ist zu

daß er die Gründung der Stadt mit dem unsicher, als daß es sich verwenden ließe.

Anfange des zehnjährigen Archontats in Athen zusammenfallen lassen wollte.

Cato hat zwar die Olymi^iade nicht

Vgl. aber Leuze a. a. O. 48 ff., wo das Frag- ment eingehend behandelt ist. Über das fabische Datum des ersten Konsulats vgl.

gesetzt, berechnet aber die Gründung auf ; oben A. 6. 4.32 Jahre nach Troias Fall, 1184 v. Chr. «) Anders Leuze a. a. O. 146 ff., der 244 '■) Mommsen, Rom. Chronol. 138. DieZiffer Jahre Königszeit auch für Polybios an- kommt, wenn auch nicht ganz bestimmt, nimmt, obwohl Cic. de rep. II 52 für ihn bei Cicero de rep. II 52 und Solinus 1, 31 | 240 Jahre bezeugt. (Gegen L.: W. Aly, vor. Nach Leuze a. a. O, 81 f. hätte auch Gott. gel. Anz. 1911, 391 f.) Fabius die Königszeit mit 244 Jahren an-

Chronologischer Anhang zur älteren römischen Geschichte. 97

Völlig außerhalb der übrigen Systeme liegt das Gründungsjahr des Cincius Alimentus, Olymp. 12, 4 = 729,28 v. Chr., und des Timaios, der Rom in willkür- lichem Synchronismus gleichzeitig mit Karthago 814 v. Chr. gegründet sein ließ.') Letzteres Datum ist wahrscheinlich nur für Karthago berechnet und daher nur für dieses von Wert. Jedenfalls zeigt es, daß Timaios die spätere römische Rechnung noch nicht kannte.

Nachdem das Gründungsjahr der Stadt bestimmt war, empfand man das be- greifliche Bedürfnis, an der Hand der griechischen Chronologie nunmehr auch den leeren Raum zwischen der Gründung Roms und dem Falle Trojas (1184 v. Chr.) aus- zufüllen und damit eine ununterbrochene Verbindung zwischen Aeneas und Romulus herzustellen. Dies geschah durch die Reihe der Könige von Alba Longa, Silvier genannt, die von dem Sohne des Aeneas, Askanios, bis zu Numitor und Amulius herabführten. Wann und durch wen diese Liste entstanden ist, wissen wir nicht. Am Ende der Republik ist sie da; alle unsere Historiker, Diodor, Livius und Diony- sios kennen sie vind haben sie bereits in ihren Quellen vorgefunden.'^) Die albani- schen Könige sind im übrigen historisch wertlose Phantasiegeschöpfe.

Aus dem Gesagten ergeben sich die praktischen Folgerungen für die Chrono- logie von selbst. Unsere herkömmliche Datierung der altrömischen Geschichte be- ruht auf einer späteren, wahrscheinlich willkürlichen Herrichtung, dem Einschub der vier Diktatorenjahre. Viel besser beglaubigt ist die ältere Rechnung, die man zunächst durch Ausscheidung jener vier Jahre gewinnen kann. Die Jahresziffern vor 333 V. Chr. werden alsdann um vier verkürzt, 338 300 v. Chr. bilden einen Über- gang, wo sich die Verkürzung stufenweise vermindert, bis mit 300 v. Chr. der Aus- gleich zwischen alter und neuer Rechnung erfolgt ist.^) Doch versteht es sich von selbst, daß damit nicht alles erledigt ist; die starken Unterschiede innerhalb der älteren Gruppe, namentlich zwischen Diodor und Livius werden dadurch nicht berühi't, bilden vielmehr ein Problem für sich. Die ältere Rechnung gibt nichts weniger als eine überall gesicherte Zeitrechnung. Für den ersten Abschnitt ist die .Jahresreihe zuverlässig erst seit der Wiederherstellung des Konsulats, den Kon- suln L. Aemilius und L. Sextius (366 v. Chr. nach der vulgären, 362 v. Chr. nach der besseren Zählung). Von da an bis zum gallischen Brand, dessen Jahr durch das griechische Datum festliegt, ist eine sichere Datierung der,^ Ereignisse nicht möglich; immerhin wird auch hier Diodor der Wahrheit näher kommen als Livius und die Späteren. Was endlich die ersten 120 Jahre der Republik anbetrifft, so gehen die Daten vor 418 v. Chr. in unseren Quellen ganz auseinander, und erst für die letzten 28 Jahre vor der gallischen Katastrophe steht die Reihe der Epo- nymen hinreichend fest, so daß z. B. die Zeit des großen Vejenterkrieges als gut beglaubigt gelten kann.

Die nachfolgende Tabelle wird zur Darstellung der verschiedenen Rechnungen und zur Erläuterung ihres Verhältnisses dienen können. Neben den Olympiaden sind nur die Jahre unserer, der christlichen Ära beigesetzt, nicht die Jahre ab urbe con- ilita, da diese wegen ihres wechselnden Anfangs^junktes die Verschiedenheit der Rech- nung nicht hervortreten lassen.^)

') Dion. Hai. Antiq. I 74. Leuze a. a. 0. 96, 289 f.

^) MoMMSEN, Rom. Chronol. 1.5.5. Trieber,

') Umgekehrt natürlich, wenn man nach Jahren der Stadt rechnet; die Differenz tritt hier erst nach den Diktatorenjahren

Hermes 29, 1894, 124 if. Nach Mommsen ein; also erst von 301 v.Chr. abwärts

ist Alexander Polyhistor, ein Zeitgenosse sind die Ziffern um vier zu verkürzen.

Sullas, ihr LTrheber; sie kann aber recht *) Bis 334 v. Chr. haben Diodor, Livius

wohl älter sein. Vgl. oben S. 29. Ebenso und Varro dieselben Stadtjahre.

Leuze a. a. O. 88 ff. j

Handbuch dor klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 7

98

Römische Geschichte.

Ältoro Tvochimni

Polybios Diodor i Livius I Dionysios

Jüngere Rechnung

Varro

Fasti Capitol.

Gründung der Stadt

Ol. 7, 2 751/0 v.Chr,

Erstes .Jahr der Repu- Öl. 68, 1 blik (Einweihungdes|508/7 v.Chr, kapitol. Tempels)

Ende des Sp. Cassius

Niederlage an der Cre- mera

Einsetzung der Volks- tribunen (lex Publi- lia)

1. Decemviratsjahr

Konsulat des Valerius und Horatius

Usurpationsversuch des Sp. Maelius

Aequerkrieg des Po-

stumius Tubertus Aequerkrieg

Veji fällt

RomsEroberungdurch die Gallier

Usurpationsversuch

des M. Manlius Jahr der Anarchie

Wiederherstellung des Konsulats (L. Aemi lius, L. Sextius)

Dritter gallischer An- griff

Sieg über Latiner und Kampaner

Friede mit den Gal- liern

Ol. 98, 2 387/6 v.Chr.

01.8, 1 748/7 v.Chr. (vereinzelt

Ol. 1, 2 751/Ov.Chr.) Ol. 69, 1 ^ 504,3 v.Chr.

~OLy572~ 479/8 v.Chr.

I Ol 77, 1 472/1 v.Chr. j' Ol. 78, 3~ 466/5 v.Chr.

Anfang des Samniter- kriegs

Kaudinische Nieder- lage

Schlacht bei Lautulae

Etruskischer Krieg, erstes Jahr

Friede mit den Sam- nitern

Ol. 108, 4 345/4 v.Chr,

Ol. 112, 2 331/0 v.Chr,

Ol. 84, 1 444/3 v.Chr.

Ol. 84, 3 442/1 v.Chr.

oir87, r~

432/1 v.Chr.

01:88,4" 425/4 v.Chr.

01791,2^ 415/4 v^h^.

Ol.' 96, 4 393/2 v.Chr.

Ol. 98, 2

387/6 v.Chr.

Ol. 100, 4~

377/6 v.Chr.

Oh 103, 2

367/6 v.Chn

Ol. 10472"

363/2 v.Chr.

750 v.Chr,

506 v.Chr;

482\^Chr: 474 v.Chr. 468^Clir.

448 v.Chr.

Ol. 7, 1 754 V. Chr. 752 v. Chr. 752,1 V. Chr.

Ol. 68, 1 508/7 V. Chr.

Ol. 74, 1 484,3 v.Chr.

Ol. 76, 1 476/5 V. Chr. " Ol. 77, 3 470,69 V. Chr.

510 V. Chr.

486 V. Chr.

509 V. Chr.

485 V. Chr.

478 V. Chr. 477 v. Chr.

472 v.Chr. 471 v.Chr.

445 v.Chr

435 v.Chr

427 v.Chr,

414 v.Chr 392v:Ch^

386 v.Chr.

Ol. 110, 4 367/6 v.Chr.

381 v.Chr.

01.82,3 452 v.Chr. '450/49 v.Chr.!

01.83,2 447/6 V. Chr.

Ol. 98, 1 388/7 V. Chr.

451 V. Chr.

449 V. Chr. | 449 v. Chr.

439 V.Chr. 1439 v.Chr.

431 V. Chr. ! 431 v. Chr.

418 V. Chr. 418 v. Chr.

396 V. Chr. i 396 v. Chi-.

390 V. Chr. 390 v. Chr.

385 V. Chr. 385 v. Chr.

362 v.Chr.

386 v.Chr

824 v.Chr,

319 v.Chr,

Erstes Jahr des Pyr- rhoskrieges

Ol. 116, 3 314/3 v.Chr.

Ol. 1177T

309/8 v.Chr.

Ol. 1197T

1304/3 v.Chr.

308 v.Chr.

Ol. 124, 4 281/0 v.Chr.

313 v.Chr.

303 v.Chr.

366 v.Chr. 366 v.Chr

340 v.Chr. 340 v.Chr

327 V. Chr.

280 v.Chr.

321 V. Chr.

315 V. Chr.

310 V. Chr.

304 V. Chr.

327. v.Chr.

321 V. Chr.

315 V. Chr. SiFvrChr;

304 V. Chr.

280 V. Chr. 280 v. Chr.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaf t (167 v. Chr.). (<^>ucllen.) 99

V. Dritte Periode: Bis zur Er] angung der Weltherrschaft

(167 V. Chr.).

Quellen:

Mit dieser Periode beginnt die allgemeine Geschichte des P o 1 y b i o s , dessen eigentliche, ausführliche, synchronistisch geordnete Darstellung im 3. Buch mit Olymp. 140, 1 = 220/19 V. Chr. anhebt und mit Olymp. 138, 4 = 145 4 v. Chr. schliefat. Das Frühere, der erste punische Krieg und was folgt, ist im 1. und 2. Buch in einer kürzeren einleitenden Übersicht vorangeschickt. Der erste punische Krieg wurde zuerst, soviel wir wissen, von dem Zeitgenossen Philinos von Akragas erzählt, einem Freunde Karthagos, sj)äter von dem Römer Q. Fabius Pictoi*. Polybios scheint mehr dem Eömer als dem Philinos zu folgen, hat aber wohl noch andere Werke gekannt. Seine Erzählung bildet die Grundlage unserer Kenntnis, ist aber leider stark verkürzt, trägt alle die Mängel an sich, die eine solche Verkürzung mit sich bringt, und muEt daher aus den sonst erhaltenen glaubwürdigen Berichten er- gänzt werden.') Auch der zweite punische Krieg und die nachfolgenden Ereig- nisse wurden von griechischen Autoren in einer Reihe besonderer Werke dargestellt.^) Erhalten sind daraus nur dürftige Fragmente; in neuerer Zeit oft genannt ist Silenos von Kaiakte, Zeitgerlosse und Begleiter Hannibals, der eine offenbar stark rhetorische Geschichte des hannibalischen Krieges schrieb. Das gleiche gilt von Sosylos, von dessen Werk neuerdings ein kleines Bruchstück auf Papyrus entdeckt worden ist.^) Jene früheren Einzelschritten^) sind in Polybios aufgegangen und früh in Vergessen- heit geraten. Polybios ist vom zweiten punischen Krieg an von der Nachwelt fast ausschließlich benutzt worden und daher im Altertum wie für uns einzige Quelle dieser ganzen Zeit geworden. Leider ist er nur bis zum 5. Buche (216 v. Chr.) vollständig erhalten: im übrigen haben wir von ihm nur noch Auszüge verschiedener Herkunft.

Unter den späteren Schriftstellern hat Diodoros, von dem Auszüge erhalten sind, für den ersten punischen Krieg (Buch 22 24) wahrscheinlich den Philinos be- nutzt, gibt ihn aber nicht rein wieder und hat jedenfalls daneben aus Polybios ge- schöpft. Für den zweiten punischen Krieg scheint er eine spätere Bearbeitung des Polybios benutzt zu haben, nicht den Polybios selbst, den er dagegen für die fol- genden Ereignisse ausschliefälich zugrunde gelegt und exzerpiert hat. Auch Trogus Pomp ei US (im Auszuge Justins) geht letzten Endes auf Polybios zurück.

In lateinischer Sprache stellte L. Coelius Antipater den zweiten punischen Krieg in einer Monographie dar (im letzten Viertel des 2. Jahrhunderts v. Chr.). Er ließ in Silenos den Hauptvertreter der karthagischen Überlieferung zu Wort kommen. Im übrigen ist Polybios benutzt und nach den Grundsätzen der rhetorischen Ge- schichtschreibung bearbeitet. Ein Ähnliches gilt auch von den lateinischen Anna- listen, wie Valerius Antias, deren historischer Wert äußerst gering ist (oben S. 16). Nicht ganz ohne Bedeutung sind die kurzen Beiträge, die Cornelius Nepos in seinen vltae (Hamilkar, Hannibal und Cato) zur Geschichte dieser Zeit bietet.

Weit wichtiger ist Livius. Für den ersten punischen Krieg liegen nur kurze Auszüge aus ihm vor; vollständig erhalten sind die Bücher 21 45 für die Jahre 218 bis 167 v. Chr. Für diesen ganzen Abschnitt ist Polybios benutzt, aber in ver-

^) J. Neuling, De belli Punici ^»'iini scn'p- forum fontihus, Diss. Göttingen 1873. 0. GoRTziTZA, Krit. Sichtung der Quellen zum ersten punischen Kriege, Strasburg i. Westpr. 1883, Progr. C. Davin, Bei- träge zur Kritik der Quellen des ersten punischen Krieges, Progr. Schwerin 1889.

^) Die Historiker und ihre Bruchstücke

bei C. Müller, FHG III 99 ff.

3) U. WiLCKEN, Hermes 41 (1906) 108 ff. und 42 (1907) 510 ff.

*) Die beiden Griechen schrieben vom karthagischen Standpunkt aus, was H. Dessau, Hermes 51, 1916, 355 ff', ver- geblich zu bestreiten suchte.

XOO Römische Geschichte.

schiedener Weise. Für die sizilischen und griechisch-makedonischen Ereignisse wird Polybios zwar verkürzt, aber in der Hauptsache rein wiedergegeben, hier ist also Livius im ganzen zuverUlssig und höchst wertvoll. Dagegen für den Westen, für Rom, Italien, Spanien und Afrika hat Livius die polybianische Erzählung mit minder- wertigen lateinischen Historikern zusammengeklittert und dabei vieles selbständig hinzugetan, verfälscht und verändert. Das Gesagte gilt auch für die dritte Dekade (Buch 21 30); nur daß hier bei dem Vorwiegen der westlichen Ereignisse die rein polybianischen Stücke viel geringer sind. Für diesen Teil ist Livius daher äußerst unzuverlässig, und es ist nicht leicht, da wo uns Polybios nicht erhalten i.st, aus dem Wust der Fälschungen die wirkliche Überlieferung aus ihm herauszuschälen. Seine lateinischen Autoren sind für die dritte Dekade in erster Linie Coelius Anti- pater, außerdem Valerius Antias und andere jüngere Annalisten.')

Plutarch schöpft für den zweiten punischen Krieg (in den Biographien des Fabius und Marcellus) aus einer mit Livius nahe verwandten, aber nicht iden- tischen Darstellung, vielleicht aus Juba. Weit brauchbarer ist er im älteren Cato, Titus, Philopoimen und Aemilius Paullus, wo er wesentlich polybianische Tradition wiedergibt.

Appians Geschichte (im Hannibalischen, Iberischen, Libyschen, Illyrischen, Syrischen Buch xmd den Resten des Sizilischen und Makedonischen) ist für den zweiten punischen Krieg ebenfalls nicht aus Polybios selbst entlehnt, steht aber diesem in vieler Hinsicht näher als Livius und ist daher nicht ohne eigenen Wert. In der späteren Zeit ist er überwiegend polybianisch; doch ist möglicherweise Poly- bios durch Vermittlung eines anderen benutzt. Cassius Dio ist in Exzerpten und im Auszuge des Zonaras erhalten. Er scheint hauptsächlich dem Livius zu folgen; eine gelegentliche Benutzung auch des Polybios ist nicht ausgeschlossen; daß er ältere Werke, wie Fabius Pictor, benutzt habe, bleibt höchst unwahrscheinlich. In der Ge- schichte des ersten punischen Krieges ist er verhältnismäßig reichhaltig und daher wertvoll, gelegentlich zeigt er hier eine bemerkenswerte Verwandtschaft mit Diodor.

Manche Beiträge, besonders zur Geschichte des achäischen Krieges liefert der Perieget Pausanias, der jedoch wegen seiner Willkür und Ungenauigkeit nur mit Vorsicht zu verwerten ist.

Für den ersten punischen Krieg sind die Triumphalfasten besonders gut und vollständig erhalten und haben den Gelehrten mancherlei Material für die Chronologie geboten, sind aber eine trügerische Stütze. Sie haben nicht etwa den Wert gleichzeitiger, authentischer Zeugnisse, sondern vertreten eine jüngere, minder- wertige Überlieferung. Oben S. 12 f.

17. Der erste punische Krieg. Einige Jahre nachdem Rom in Italien die Hegemonie erlangt liatte, bot sich Gelegenheit, auf das benachbarte Sizilien überzugreifen, was den ersten Krieg gegen die Karthager, den größten Krieg, den Italien je allein gefiihrt hat, heraufbeschwor. Karthago war eine Macht, die mit Rom insofern eine gewisse Ähnlichkeit aufwies,^)

') Die Frage nach den Quellen des ges, Leipzig 1880; Soltau, Livius' Quellen Livius in der 3. Dekade wird sehr ver- in der 3. Dekade, Berlin 1894; Henry schieden beantwortet. Manche Gelehrte A. Sanders, Die Quellenkontamination im leugnen eine direkte Benutzung des Püly- 21. und 22. Buch des Livius, Berlin 1898. bios, die aber namentlich von Hessel- Zur i. und 5. Dekade vgl. H. Nissen, Krit, BARTH (Histor. krit. Untersuchungen zur Unters, über die Quellen der 4. u. 5. Dek., 3. Dekade des Livius, Halle 1889) nach- Berl. 1863 und U. Kahbstedt, Die Anna- gewiesen ist. Vgl. K.Böttcher, Neue Jahrb. listik von Liv. B. 31— 4-5, Berl. 1913; A. für Philol. 5. Supplem., 352 ff.; C.Peter, Klotz, Hermes 50, 1915, 481 ff. (abweichend Über die Quellen des 21. und 22. Buches von Kahrstedt).

des Livius, Pforta 1863; Zielinski, Die ^) W. Böttichee, Geschichte der Kar-

letzten Jahre des zweiten punischen Krie- j thager, Berlin 1827; 0. Meltzer, Gescliichte

5, Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v.Chr.). 17.) 101

als auch in seinem Fall eine Stadtgemeinde sich ein weites Herrschafts- gebiet erobert hatte. Der Nationalität nach sind die Karthager Phöniker, und werden daher von den Eömern Punier (Foeni) genannt. Gegründet von den Tyriern etwa 800 v. Chr.,^) hat sich Karthago seit Beginn des 5. Jahr hunderts v. Chr. zu einer Großmacht entwickelt. Die benachbarten libyschen Stämme, denen man früher tributpflichtig gewesen war, teils Ackerbauer, teils Nomaden (Numider),-) wurden nun ihrerseits unterworfen und mittel- bar oder unmittelbar beherrscht. Karthago hat ihnen allen den Stempel seiner Eigenart aufgeprägt und über sämtliche Phöniker des Westens in Nordafrika, Südspanien, auf Sizilien und anderen Inseln die Vorherrschaft erlangt. Auf Sizilien machten die Karthager nach dem vergeblichen Ver- such von -180 V. Chr. in mehreren großen Kriegszügen (409 40-1 v. Chr.) bedeutende Eroberungen und ließen sich trotz allen Anstrengungen der Hellenen aus ihrer Stellung nicht mehr vertreiben. Der westliche Teil der Insel blieb ihnen dauernd unterworfen oder verbündet. Nach dem Abzug des Pyrrhos beherrschten die Karthager die Küstenlandschaft Nordafrikas von der Grenze der Kyrenaika bis über die Straße von Gibraltar hinaus, Südspanien, Sardinien, Korsika, die Pithyusen (Ebusos) und vielleicht auch die Balearen. Auf Sizilien besaßen sie alles was westlich vom Flusse Haly- kos lag und einen guten Teil der Nordseite, auch Akragas war eng mit ihnen verbündet; in Unabhängigkeit behaupteten sich nur Syrakus mit seiner Bundesgenossenschaft und die Mamertiner in Messana. Auf Sizilien traten die Punier mit den Hellenen in nahe Berührung und eigneten sich viel von dem griechischen Wesen und seiner Kultur an. Zugleich standen sie damals mit den hellenistischen Staaten des Ostens, namenthch mit dem benachbarten Ägypten und Kyrene in freundschaftlichem Verkehr.

Karthago war ein großer Handelstaat, der seine Bundesgenossen und Untertanen schonungslos auszubeuten pflegte. Selbst die phönizischen Stamm- verwandten in Afrika, die sogenannten Libyphöniker besaßen keine oder nur geringe Selbständigkeit, und bloß die sizilischen Bundesgenossen waren freier gestellt. Die Verfassung der Stadt war aristokratisch oder timokratisch ; unter den mächtigen Familien der Stadt stehen sich schon früh zwei sich bekämpfende Faktionen oder Richtungen gegenüber. Anders als die Römer, unterließen es die Karthager, mit der Ausbreitung ihrer Herrschaft auch den Umfang von Stadt und Bürgerschaft zu vergrößern. Sie wurden im eigenen Lande nicht heimisch, sondern blieben auswärtige Eroberer, die über fremde Untertanen herrschten. Der karthagischen Bürgerschaft gebrach es durchaus nicht an kriegerischem Geist und kriegerischer Erfahrung; aber sie konnte nur einen kleinen Teil der Kriegsmacht stellen, die man für die weit gedehnte Machtsphäre brauchte. Die Masse der Heere machten die afrikanischen Untertanen, dazu fremde Söldner, Iberer, Ligurer, Gallier, Italiker und auch Griechen aus. Große Sorgfalt wandte Karthago seiner

der Karthager, 1. Band (bis Agathokles) | Rechnung des Timaios (fr. 21 FHG I 197),

BerUn 1877 ; 2. Band (bis 218 v. Chr.) Berlin derzufolge Karthago 814 v. Chr. gegründet

1896; 3. Band von 218— 146 von U. Kahr- 1 wurde.

STEDT. Berlin 1913. ! '^) Das lateinische Xuniidae ist aus dem

') Am besten beglaubigt scheint die i griechischen Nofiäds^ entstanden.

102 Römische Geschichte.

Marine 7a\, und damals, nach der Vertreibung des Pyrrhos, beherrschte die karthagische Flotte die westlichen Meere.

Mit den Römern, wie mit anderen italischen Völkern, standen die Kar- thager seit alter Zeit in Freundschaft und Handelsverkehr. Noch jetzt sind die Verträge, die zwischen Rom und Karthago geschlossen wurden, bei Polybios') erhalten. Es sind deren drei: den ersten setzt Polybios in das Jahr der ersten Konsuln (508 v. Chr.), der zweite ist nicht datiert, der dritte ist das gegen Pyrrhos gerichtete Abkommen von 279 v. Chr. (oben S. 79). Jedoch wird die von Polybios gegebene Datierung des ersten Vertrages be- stritten; nach dem Zeugnis Diodors,^) der unter dem Jahre 348 v. Chr. den Abschluß des ersten Vertrages mit Karthago erwähnt, hat Mommsen das wahre Datum des ersten polybianischen Vertrages auf dieses Jahr bestimmt, während Nissen dem Polybios folgt. Einen anderen Vertrag erwähnt ferner Livius-^) unter dem Jahre 306 v. Chr., so daß, wenn man alles zusammen- zählt, vier Verträge herauskommen, von 508, 348, 306 und 279 v. Chr., und auf diese Jahre werden die erhaltenen Verträge von den modernen Forschern verschieden verteilt. Indes sind nach dem bestimmten Zeugnis des Polybios vor dem ersten punischen Kriege jedenfalls nur drei Verträge anzunehmen.*) Der zweite ist kaum jünger als 348 v. Chr., dagegen der erste schwerlich schon 508 v. Chr. geschlossen, sondern viel später, etwa 400 v. Chr. an- zusetzen. Der angebliche Vertrag von 306 v. Chr. ist nicht genügend be- glaubigt. In diesen Verträgen schließen die beiden Gemeinden Freundschaft und versprechen sich Schutz für den gegenseitigen Verkehr, der für die Römer wesentlich auf die Stadt Karthago und ihre sizilischen Besitzungen beschränkt wird. Waffengemeinschaft wird nur in dem letzten, gegen Pyrrhos gerichteten Bündnis verabredet, und jede der beiden Mächte tat dann das Ihrige, um das Unternehmen des Pyrrhos zum Scheitern zu bringen. Der Abzug des Pyrrhos gab den Karthagern auf Sizilien das Übergewicht, aber doch nicht die alleinige Herrschaft; ein ansehnlicher Teil der Bewohner blieb unabhängig, darunter die Mamertiner, und diese letzteren waren es, die den Römern den Zugang zu der reichen und fruchtbaren Insel öffneten.

Dort hatte nämlich nach dem Abzug des Pyrrhos aufs neue der Kampf zwischen Syrakus und den Mamertinern begonnen, durch den in Syrakus ein tapferer Heerführer, Hieron, Sohn des Hierokles, zur monarchischen Gewalt gelangte (269 v. Chr.). Er errang einen großen Sieg über die

') III 22 ff. Über die karthagischen Ver- 6. Jahrhunderts v. Chr. als Zeit des ersten

träge vgl. Mommsen, Eöm. Chronol. 320 f. ; Vertrags findet noch immer namhafte

Nissen, N. Jahrb. für Philol. 1867 S.321 f.; i Verfechter.

G. F.Ungek, Rhein. Mus. 37, 153 f.; Matzat, ■') XVI 69. Livius VII 27.

Rom. Chronol. I 296; Holzapfel, Rom. ^) 1X43,26.

Chronol.84.5;SoLTAu, Philol.48,131f. 276f.; ; •«) Auch Cato fr. 84 scheint nur dreie

E. Täubler, Imperhun Romamuni, Leipz.- 1 gekannt zu haben; er zählt bis zum

Berl. 1913, 254 ff., der erkannt hat, daß zweiten punischen Kriege offenbar sechs;

nicht das römische, sondern das kartha- die drei übrigen sind die Verträge von

gische Vertragsschema zugrunde liegt und 241, 238 und 226 v.Chr. Aber, wie schon

sich für die Jahre 348 (Vertragserneuerung I Mommsen bemerkte, spricht Cato nur von

343?, zu welchem Jahr Liv. VII 38, 2 das einer sechsmaligen Vertragsverletzung,

Eintreffen einer karthagischen Gesandt- also nicht von der Zahl der geschlossenen

Schaft in Rom berichtet), 306 u. 279 v.Chr. Verträge, entscheidet. Aber auch das Ende des

5. Dritte Periode : Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 1 7.) lOB

Maniertiner und wurde darauf von den Syrakusanern und den verbündeten Griechen Siziliens zum König ausgerufen.^ Die Mamertiner schwer bedrängt, ia mit Vernichtung bedroht, hatten zunächst karthagische Hdfstruppen auf- genommen (denn die Karthager wollten die Stadt nicht m Hierons Hand fallen lassen), entschieden sich aber später in ihrer Mehrheit dafür, die dinen, den Oskern, stammverwandten Römer um Schutz zu bitten. Der römische Senat schwankte angesichts eines so verantwortungsvollen Entschlusses, aber das Volk in den Zenturiatkomitien war in der Hoffnung auf materiellen Gewinn für die Intervention auf Sizilien, und so ging denn Rom mit den Mamertinern ein Bündnis ein.^) Die karthagische Garnison in Messana wurde von den Mamertinern zum Abzug veranlafat. Um die römische Einmischung zu hindern, taten sich nunmehr die Karthager mit Hieron zusammen, und beide erschienen mit Heeresmacht vor Messana. Jedoch gelang es dem Kon- sul Appius Claudius nach fruchtlosen Unterhandlungen mit den Karthagern im Sommer 264 v. Chr. trotz der karthagischen Flotte von Rhegion aus über die Meerenge zu setzen. Er besiegte hierauf erst die Syrakusaner, dann die Karthager und drang siegreich bis nahe an Symkus vor, das er eine Zeitlang belagerte. Viele Städte wurden gewonnen. 3) Für die Romer wurde es von entscheidender Wichtigkeit, daß sich im nächsten Jahr [Zbö V Chr ) Hieron nach neuen römischen Erfolgen mit ihnen auf lo Jahre ver- bündete. Er lieferte ihnen die Kriegsgefangenen aus, zahlte eine bunnne von 100 Talenten^) und wurde als König von Syrakus und den Nachbar- Städten anerkannt. Das Bündnis bewährte sich zuerst bei der Be agerung von Akragas, das die Karthager zur Operationsbasis gegen Syrakus und Messana gemacht hatten. Unter eifriger Mitwirkung Hierons fiel diese Stadt nach sechsmonatlichen schwierigen Kämpfen 262 v. Chr. den Römern m die Hände.^) Nach diesem Erfolg steckten die Römer ihre Ziele weiter und beschlossen, die Karthager ganz aus Sizihen zu vertreiben Aber die Aut- gäbe war schwierig; denn die Karthager waren fast unangreifbar. Als Herren des Meeres konnten sie die Küsten Italiens heimsuchen; mehrere Seestädte Siziliens traten zu ihnen über; Segesta, das sich 263 v. Chr. mit Rom ver-

') Polyb. I 8. VII 8. Justin. XXIII 4. Pausan. VI 12, 2. Vgl. Meltzek, Gesch. der Karthager II 244. 550 f. A. Gercke, Ehern

Tarent, wodurch die Verträge verletzt worden seien. Vorausgesetzt wird dabei der von Philinos berichtete Vertrag, wo-

Musl^^ JB..O0H Her„es28 läS; nlch sich Karthago verpülchlete. nicht

fsH. Itrltüg itt.'Tnn hS:Ö„ in Syrakus | auf Italien üb.rzugrrifen d,e Ron,er mcl,

^„.•TTprr^chaftkam ob schon 275/4 v. Chr., : auf Sizihen (Polyb. III 26, d t. , ein > ei

wTe Me zer a'rmmt oder erst 270,69 1 ^^'^'Jl'f'Y^'^^l^^S:'^.

V Chv wie Gercke und Beloch glauben. ') Nach der Erzählung des Fliilinos, aie

N^E^Ed^riräTer hier und auch in seiner Polyb. I 15 mitteilt und widerlegt, sind

Gesch d c. ech u maked. Staaten II 179 die Römer sowohl von den Syrakusanern

deii^teren Ansicht gefolgt war, hat wie von den Karthagern zuiaickgeschlagen

ä'ch TpitrzurzWeS bekehrt, wenn- worden. Dieser Version sd.lieM sich Be-

gleich damit nicht alle Schwierigkeiten .och ^fl^^^;^^^^^, Zahlung,

"^tt^daTverfahren der Römer vom kein jährlicher Tribut von dem nur d^^^

Rechtsstandpunkt aus sehr bedenklich jüngeren B^richterstattei (Zonaia^VIll

war, so haben die jüngeren Annalen das IM) etwas wissen, Polyb. 1 16, 4 it. Uiodor

Bestreben, einen Rechtsgrund zu schaffen -^^^^^^^ *• TT4e+r>r;=-.>iATnnoffraDhie

und die Karthager ins Unrecht zu setzen. ") J. Schübring, Historische! opogiapme

Dazu dieit die"obenS.81 A. 2 erwähnte von Akragas, mit Karte, Leipzig 18.0. angebhche karthagische Einmischung in

104 Römische Geschichte.

bündet hatte, wurde von ihnen belagert. Nur mit Hilfe einer starken Kriegs- flotte konnten die Eömer ihr Kriegsziel erreichen, und so beschlossen sie denn, eine Flotte zu bauen, i) Sie hatten schon früher gelegentlich Kriegs- schifPe besessen, aber über eine Seerüstung von Bedeutung verfügten sie nicht; selbst für die Überfahrt nach Sizilien behalfen sie sich mit geliehenen Fahrzeugen.^) Jetzt bauten sie 120 große Kriegschiffe und stachen mit ihnen 2(50 v. Chr. in See. Nach einem ersten Mißgeschick erfochten sie bei Mylae unter dem Konsul CDuilius über den karthagischen Admiral Hannibal einen großen Sieg, der hauptsächlich durch die Enterbrücken ermögliclit wurde, eine technische Neuerung, durch welche sich die Überlegenheit der römischen Fußtruppen auch für den Schiff'skampf zur Geltung bringen und die nautische Geschicklichkeit der Karthager ausgleichen ließ.^) So konnten in den Jahren 259 und 258 v. Chr. auch Korsika und Sardinien zur See angegriffen werden; Korsika wurde 259 v. Chr. erobert, aber Sardinien ver- blieb nach mannigfaltigen Kämpfen den Karthagern.^)

Inzwischen zog sich der Landkrieg auf Sizilien mit wechselndem Glück hin, meist in Belagerungen und kleineren Treffen; wenn auch im ganzen die Römer die Oberhand hatten, so erlitten sie doch mancherlei Nieder- lagen und Verluste, und eine Entscheidung war nicht zu erzielen; denn die Karthager nahmen keine große Schlacht an, sondern suchten den Gegner zu ermüden. Um also die Karthager zum Frieden zu zwingen, unternahmen schließlich die Römer mit starkem Aufgebot einen Angriff auf Afrika. Durch eine gewaltige Seeschlacht beim Vorgebirge Eknomos an der Süd- küste Siziliens erzwangen sie im Jahr 256 v. Chr. die Überfahrt: gegen 700 Kriegschiflfe und 300000 Mann kämpften hier, auf beiden Seiten ungefähr gleichmäßig verteilt, gegeneinander. Die Römer landeten bei Clupea (Aspis), besetzten diesen Platz und ließen den Konsul M. Atilius (Regulus) mit einem ansehnlichen Heer in Afrika, w\ährend das Gros zurückfuhr. Der Konsul schlug das ungeschickt geführte karthagische Heer, das ihm entgegentrat, verwüstete das Land, nahm Tunes und brachte viele Libyer und Numider zum Abfall von der karthagischen Herrschaft, worauf die Karthager durch eine Gesandtschaft bei ihm um Frieden baten. Aber Regulus stellte so harte Bedingungen, daß sie es vorzogen, das Kriegsglück wieder zu versuchen. Als nun griechische Soldtruppen eintrafen, mit ihnen der Lazedämonier Xanthippos, ein erfahrener Kriegsmann, bildeten die Karthager ein neues, tüchtiges Heer, das sie dem Xanthippos unterstellten, der sie namentlich den richtigen Gebrauch der Kriegselefanten lehrte. Die Römer wurden zum Kampf in einem Gelände gezwungen, in dem die Karthager ihre überlegene Reiterei und ihre Elefanterie aufs wirkungsvollste einsetzen konnten; die

') Über die Flotten des ersten punischen lins (Sitzungsber. d. Münch. Akad. d. Wiss.

Kriegers vgl. W. W. Tarn, Jonrn. of hell. 1889, I 293 f.), die Echtheit gegen Ritschl

stnd. 27, 1907, 37 ff. und Mommsen zu erweisen, ist nicht über-

^) Polyb. I 20, 13 f. zeugend.

3) Polyb. I 22. Die noch erhaltene In- •*) Vgl. 0. Leuze. Klio X, 1910, 406 ff. und

schritt für Duilius (CIL I 2, 1^ nr. 25, besonders dessen Interpretation der Grab-

ILS nr. 65) gehört der Zeit des Augustus schritt des Eroberers von Korsika, des

an; sie ist nicht etwa die Kopie eines Konsuls L. Cornelius Scipio (CIL I 2, 1^

älteren Originals, sondern ein Produkt nr. 9, ILS nr. 3) und des Polyb. I 24, 5 ff. späterer Antiquare. Der Versuch E. Wölff-

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v.Chr.). 17.) 105

Römer wurden völlig geschlagen, der Konsul gefangen; nur zweitausend Römer entkamen nach Clupea. Jetzt gaben die Römer das afrikanische Unternehmen auf, um es, von Plünderungszügen abgesehen, in diesem Krieg nicht zu wiederholen. Sie räumten Clupea und sandten zu dem Behuf 255 V. Chr. aufs neue ihre Flotte, die nunmehr nach einem Seesieg über die Karthager die belagerte Besatzung an Bord nahm. Auf der Heimkehr fuhr die Flotte die Südküste Siziliens entlang, wobei sie durch einen Sturm überrascht wurde, der fast alle Schiffe kostete. Doch rüstete Rom sogleich eine neue Flotte aus, um zur Eroberung der Städte des sizilischen Nord- gestades zu schreiten; zuerst fiel Kephaloidion, dann (254 v. Chr.) das wichtige Panormos,') später Solus, Tyndaris und Therma^^auch die Insel- stadt Lipara wurde 252 v. Chr. gewonnen. Parallel damit liefen andere Unternehmungen. Die Römer erlebten dabei das Mißgeschick, daß ein großer Teil ihrer Flotte 253 v. Chr. auf der Heimfahrt von Panormos quer über die See nach Rom in einem Sturm zugrunde ging; sie waren zunächst nicht imstande, den schweren Verlust zu ersetzen, und schränkten in den folgenden Jahren ihre Seemacht auf das Notwendigste ein. Inzwischen hatten die Karthager nach der Niederlage des Regulus ihr Heer auf Sizilien erheblich verstärkt und dominierten unter Hasdrubal im Westen der Insel. Selbst Akragas fiel ihnen auf einige Zeit wieder zu. Hasdrubal versuchte dann bei günstiger Gelegenheit Panormos anzugreifen, erlitt aber durch den Konsul L. Caecilius (Metellus) eine große Niederlage (251 v. Chr.), durch die das Übergewicht der Römer auf Sizilien entschieden und die letzte Phase des erbitterten Ringens eingeleitet wurde.

Die Karthager räumten jetzt alle Plätze Siziliens und beschränkten sich auf die Behauptung der westlichen, Lilybaion und Drepana; letzterer Ort, 259 v. Chr. gegründet, war ursprünglich das Emporium von Eryx. Mit aller Macht schritten die Römer und ihre Bundesgenossen zum Angriff auf Lily- baeum, das stärkste Bollwerk der Karthager. 2) Wiederum rüsteten sie eine große Kriegsflotte aus. Lilybaeum'') wurde von etwa 100 000 Mann zu Wasser und zu Lande eingeschlossen, und es entspannen sich gewaltige Kämpfe; doch die Karthager, unterstützt durch die Besatzung von Drepana, wider- standen erfolgreich; das Belagerungsheer litt Mangel an Lebensmitteln und konnte sich nur mit Mühe behaupten. Im Jahr 250 (nach derVulgata 249)

1) Vgl. Schubring, Progr. des Lübecker 1 Vgl. Appian Lib. 4. Sicil. 2, 1, der die Ge- Katharineums 1870. sandtschaft nach Rom erst ans Ende des

2) Nach den jüngeren Quellen (Livius j Krieges setzt. Die Geschichte des Re- per. 18. Gros. IV 10, 1. Cass. Dio fr. 43 gulus ist legendär; wohl beglaubigt ist vol. I p. 165 Boissevain, vgl. Tuditanus bei dagegen eine andere von der Mifahand- Gellius N. A. VII 4, 1. Cicero de off. I 39) lung karthagischer Gefangener in Rom sind vorher Unterhandlungen über den (Diodor exe. XXIV, 12). Diese hat wahr- Frieden oder über Auslieferung der Kriegs- scheinlich zu jener Legende den Anstoß gefangeneu geführt worden, die ohne Er- , gegeben. Vgl. .1. Palmerius, Exercitatlones gebnis verliefen. Daß damals Karthago ' in opfimos fere auctores Graecos (Utrecht kriegsmüde war, ist wohl möglich, aber die 1694) 151 f. ; Niebuhk, Rom. Gesch. III 704 ff". Beglaubigung der Nachricht ist schwach. ' Weitere Literatur bei Haltaus, Gesch. Es wird daran die bekannte Erzählung Roms S. 342. 0. Jagee, M. Atilius Regulus, von der Gesandlschaft des gefangenen Progr. Köln 1878. Klebs, PW II 2086 ff. Regulus nach Rom angeknüpft, der den =) Zur Belagerung Lilybaeums vgl. Römern den Frieden abzulehnen rät und | Schubring, Philologus 24, 62 ff". dadurch sein qualvolles Ende herbeiführt. |

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Römische Geschichte.

V. Chr. übernahm der Konsul P. Clodius das Kommando und begann den Krieg mit neuem Eifer; er griff die kartliagische Flotte unter Adherbal (Atarbas) in Drepana an, erlitt jedoch eine vernichtende Niederlage, wes- halb ihn seine Landsleute zur Rechenschaft zogen und hart bestraften. Unter seinem Nachfolger, dem Konsul L. Junius (Pullus) ereignete sich ein neues Unglück; eine große Expedition, die den Belagerern Lilybaeums Verstärkung bringen sollte, ging an der Südküste Siziliens bei Phintias zugrunde, wobei die karthagische Flotte und die Elemente sich in das Verniclitungswerk teilten.^) Zur See hatte jetzt Karthago die Vorhand, so dafa die Kömer die Belagerung Lilybaeums aufheben mu&ten. Unter diesen Umständen war ihnen der Beistand Hierons, der schon vor Lilybaeum wichtige Dienste ge- leistet hatte, von besonderem Wert; das Bündnis mit ihm wurde 248 v. Chr. erneuert. Aber auch der Landkrieg nahm für die Karthager eine günstigere Wendung, als im Jahr 247 v. Chr. ein ausgezeichneter Feldherr, Hamilkar Barkas, den Oberbefehl übernahm. Er organisierte das Heer, dessen Moral er hob, und unternahm 24(3 v. Chr. einen Zug gegen die brettische Küste; dann besetzte er nahe bei Panormos einen festen Punkt, die Heirkte,^) von wo er mit den Römern tägliche Kämpfe zu bestehen hatte. Von hier aus unternahm er zu Land weit nach Sizilien hinein, und zur See an die Küsten Italiens seine kühnen Streifzüge. Fast drei Jahre behauptete er sich auf der Heirkte, dann gelang es ihm, die Stadt Eryx zu besetzen außer dem Tempel auf der Höhe, den gallische Söldner in römischen Diensten ver- teidigten. Von den Feinden fast ganz umschlossen, hielt er sie doch be- ständig in Atem, während er mit der offenen See und mit Karthago über Drepana in Verbindung blieb. Jahrelang zog sich so der Krieg ohne Ent- scheidung hin und erschöpfte die Kräfte der Streitenden; der römische Staat war nicht mehr imstande, eine neue Kriegsrüstung aufzubringen. In dieser Not taten sich die angesehensten Bürger zusammen, um aus privaten Mitteln den Bau einer Flotte zu bestreiten. Im Jahr 242 v. Chr. stachen 200 Penteren unter dem Konsul C. Lutatius in See und blockierten Lily- baeum und Drepana. Auch die Karthager waren am Ende ihrer Kraft: gleichzeitig mit dem Krieg auf Sizilien hatten sie in Afrika mit Libyern und Numidern zu schaffen, wobei sie unter Hannons Oberbefehl ihre Herr- schaft nach Süden ausbreiteten und Hekatompylos eroberten (zwischen 247 und 241 V. Chr.). 3) Sie boten nun gegen Lutatius ihre letzten Mittel auf und rüsteten eine Flotte aus, um den feindlichen Gürtel um Lilybaeum und Drepana zu sprengen und dem Hamilkar die unentbehrlichen Ver-

') Niese folgt dem Polybios, der hier eine andere Konsulliste und daher auch eine andere Anordnung der Ereignisse hat als die jüngeren Autoren. Er über- geht die Konsuln von 252 v. Chr., C. Au- relius und P. Servilius, macht aber dafür den L. Junius nicht zum Kollegen, son- dern zum Nachfolger des P. Clodius, wie richtig Seipt (vgl. S. 107 A. 3) 31 ff. er- kannt hat. Nach Nieses Überzeugung ver- tritt Polybios die echte Überlieferung.

'•') Die früher übliche Gleichung der

Heirkte mit dem Monte Pellegrino bei Palermo ist durch J. Kromayer, Antike Schlachtfelder III, 1, 1912, 4 ff. widerlegt. K. lokalisiert die Heirkte einwandfrei am Monte Castellaccio nordwestlich von Pa- lermo und nahe dem Meer.

••') Polyb. 1 73, 1. DiodorlVlS. exe. XXIV 10. Man pflegte Hekatompylos früher mit Cajjsa zu identifizieren, seitMovERS, Phöni- zier III 2, 519 mit Theveste (heute The- bessa). CIL VIII p. 215.

5. Dritte Periode : Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). (S !"•) 107

Stärkungen und Vorräte zuzuführen. Als diese Flotte schwer beladen von den ägatischen Inseln gen Drepana fuhr, wurde sie von den Römern an- gegriffen, geschlagen und grofsenteils zerstört (242 v. Chr.).') * "^ Nunmehr konnte sich Hamilkar nicht mehr behaupten und die Kar- thager ließen sich zum Frieden herbei, den Hamilkar mit dem Konsul ab- schroß. Sie verpflichteten sich den Römern Sizilien abzutreten, die Kriegs- gefangenen auszuliefern und in 20 Jahresraten im ganzen 2200 attische Talente (gegen 10400000 Goldmark) zu zahlen. Jedoch verwarf das römische Volk diese Präliminarien und schickte zur weiteren Unterhandlung zehn Senats- kommissäre nach Sizilien ; diese fugten noch 1000 Talente Kriegskosten und die Verpflichtung hinzu, die zwischen Italien und Sizilien liegenden Inseln abzutreten.2) Auf dieser Grundlage kam der Friede zustande (241 v. Chr.), Hamilkar und sein Heer zogen ab. Die ehemals karthagischen Besitzungen auf Sizilien fielen also an Rom. Unabhängig bheb dagegen der südöstliche Teil der Insel, das Gebiet Hierons, das vielleicht einige Erweiterungen erfuhr. 3) Den Römern und Italikern hatte der 24jährige Krieg schwere Opfer an Gut und Blut auferlegt; vor allem die Küsten und Städte Unteritaliens hatten viel zu leiden gehabt. Zu Unruhen ist es während der Kriegsdauer in Italien, soweit wir wissen, nicht gekommen.^) Indes unmittelbar nach Schiufa des Krieges empörten sich aus unbekannten Ursachen die Fahsker in Falerii. Der Aufstand konnte in wenigen Tagen mit der Unterwerfung und Zerstörung der Stadt beendigt werden. Gleich nach dem Krieg (241 V. Chr.) erweiterte Rom seinen Bürgerverband durch Einrichtung der beiden TribusVelina und Quirina, deren Bezirke im Sabinerland lagen; mit den nunmehr 35 Tribus Avar die politische Gliederung des Bürgergebietes zum Abschluß gebracht.

') Nach Eutrop. II 27, 2 am 10. März (TT. Id. Mart.). Aber dieses Datum kann nicht .stimmen, wenn mau nicht eine ge- waltige Verschiebung des römischen Ka- lenders annehmen will.

2) Über den Friedensvertrag s. E. Täub- LER. Impcrimn Eomanum I, 1913, 188 ff. und dens., Vorgeschichte des 2. pun. Kriegs, Berl. 1921,^108 t¥.

•^) Hier zum Ende des ersten puni- schen Krieges sei noch bemerkt, dafs seine Chronologie mancherlei noch ungelöste Schwierigkeiten bietet. Vgl. Matzat, Rom. Chronologie II 207 ff. ; A. Fkänkel, Studien zur röm. Geschichte 1 11 f. : O. Seipt, De Po- lyhii oJi/Dipiachim ratione quaestiones chrono- Jogicae, 28 ff. ; Soltau, Röm. Chronologie 207 ff.; P. Varese, // calendario Romano all' etä della prima guerra Punica (Giül. Be- LOCH, Sfndi dl storia antica fascic. 3) und danach Belooh, Gr. Geschichte III 2, 231. Die Frage nach dem damaligen Gang des römischen Kalenders und dem Antritts- tag der Konsuln, als den man für diese Zeit allgemein den 1. Mai ansieht, spielt dabei eine wichtige Rolle. Als gegeben hat zu gelten, dafs der Anfang des Krieges in die Zeit der 129. Olympiade fällt, d. h.

Sommer 264 v. Chr. (Polyb. I 5. 1), und daß er 24 Jahre dauerte (Polyb. I 63 und andere Zeugnisse). Varese und mit ihm Beloch lassen davon abweichend den Krieg erst im Sommer 263 v. Chr. anfangen, und setzen die Schlacht bei den ägatischen Inseln 241 v. Chr. Varese hat übrigens die nächstfolgenden Jahre in seine Unter- suchung miteinbezogen mit dem Ergebnis, daß z. B. der erste illyrische Krieg nicht 229, sondern 228 v. Chr. geführt worden sei. Er stützt sich hauptsächlich auf die Daten der Triumphalfasten, und dies ist der Hauptgrund, weshalb seine Unter- suchung vollständig in die Irre ging; denn die Triumphalfasten sind eine Quelle sehr zweifelhaften Werts. Eine erschöpfende Untersuchung über die Chronologie des ersten punischen Krieges ist sehr zu wünschen. (Vgl. Varese, Cronologia Ro- mana I, Rom 1908).

••) Während des Krieges selbst, im Jahre 260 v. Chr. wird auf Sizilien ein Konflikt zwischen den Römern und ihren Bundes- genossen erwähnt, der zu einer Trennung und infolgedessen zu einer römischen Niederlage führte. Polyb. I 24, 3 f.

108 Römische Geschichte.

Die Karthager traf gleich nach dem Frieden ein neuer Schlag, ein be- drolilicher Aufstand ihrer Söldner, die, nach dem Abzug aus Sizilien in Karthago behufs ihrer Entlassung versammelt, hohe Geldforderungen stellten, die bei der Ebbe in der Staatskasse schwer zu erfüllen waren. Ungeschickte halbe Maßnahmen der Regierung verschärften die Lage, die vor allem da- durch gefährlich wurde, daß die von den Kriegslasten fast erdrückten Libyer und Libyphöniker ebenfalls revoltierten und die Söldner, mit denen sie ge- meinsame Sache machten, in ihren Dienst nahmen. Der Kampaner Spendios, der Gallier Autaritos und der Libyer Mathos spielten die Führer; fast alle punischen Städte, selbst Utica, beteiligten sich an der Empörung; Karthago geriet an den Rand des Verderbens. Erst nach langen, wechselreichen Kämpfen wurde der Aufstand nach einer Dauer von drei Jahren vier Monaten') be- sonders durch das Verdienst des Hamilkar Barkas unter Mitwirkung Hannons gedämpft (238 v. Chr.). Auch die karthagischen Söldner, die auf Sardinien lagen, hatten gemeutert und die Insel den Römern angetragen, ein Angebot, das abgelehnt wurde; erst als die Karthager zum Verdruß Roms die Em- pörung in Afrika bemeisterten und sich nun nach Beendigung des „Söldner- krieges" zur Wiedereroberung Sardiniens anschickten, beschlossen die Römer, ihnen zuvorzukommen. Sie erklärten den Karthagern den Krieg, und da die Karthager an einen neuen Krieg mit Rom damals nicht denken konnten, mußten sie einen neuen Frieden erbitten und sich dazu verstehen die Insel abzutreten und überdies 1200 Talente (etwa 5650000 Goldmark) zu ent- richten. Die römische Herrschaft auf Sardinien und Korsika beschränkte sich, wie früher die karthagische, noch lange auf die Küstengegenden; gegen die wilden Völker des Innern wurden häufig grausame Kolonialkriege geführt.

Sizilien und Sardinien mit Korsika sind die ersten außeritalischen, über- seeischen Besitzungen der Römer. Sizilien, ganz hellenisch, bestand aus Stadtgemeinden, die mit Ausnahme von Lilybaeum, Eiyx und Drepana schon vor dem Frieden den Römern zugefallen waren. Das Verhältnis der ein- zelnen war verschieden je nach den Umständen, unter denen sie an Rom ge- kommen waren, nach den Verträgen, die Rom mit ihnen geschlossen hatte. Ein Teil wurde Untertan und abgabenpflichtig, andere blieben frei und autonom. 2) In den ersten Jahren der Herrschaft scheint die Insel, wie Italien, unmittelbar von Rom regiert zu sein. Dann setzte man einen besonderen Jahresbeamten, einen Prätor, der in die Reihe der ordentlichen Magistraturen eintritt, zurA^erwaltung der Insel ein (227 v. Chr.). Sizilien wurde Provinz; die Städte behielten ihre Verfassung; das Abgaben wesen wurde im Lauf der Zeit für den römischen Teil der Insel, wie es scheint, nach dem Muster der hieronischen Herrschaft einheitlich geregelt. Um dieselbe Zeit wie Sizilien erhielt auch Sardinien seinen eigenen Prätor.

') Polyb. I, 88, 7. Diodor XXV 6 gibt Antiken Schlachtfeldern 111,2, 1912, 521 ff.

vier Jahre vier Monate, was nur ein -) Vgl. Marquardt, Rom. Staatsverwalt. Schreibfehler ist; denn Diodor hat hier i I^ 242. Die erste Einrichtung Siziliens ist

aus Polybios geschöpft. Anders O. Gil- nur unsicher bekannt. Nähere Kenntnis

BERT, Rom und Karthago in ihren gegen- haben wir erst aus späterer Zeit durch

seifigen Beziehungen 513 536 a. u. c. (241 Ciceros Verinnen. und zwischen diesen

21S V. Chr.). Leipzig 1876. Vgl. über den und der ersten Ordnung liegen der zweite

„Söldnerkrieg" G. Veith in Kromayers punische Krieg und die Sklavenkriege.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 18.)

109

Allo-emeine Literatur: L. 0. Bröcker, Geschichte des ersten punischen Krieges, Tübino-en 1841. K. Haltaus, Geschichte Roms im Zeitalter der punischen Kriege, Leipzig 1846. C. Neumann, Das Zeitalter der punischen Kriege, hrsg. und ergänzt von G Faltin, Breslau 1883. 0. Meltzer, Geschichte der Karthager II 252 flf. Niese. Geschichte der griech. und maked. Staaten II 174 ff. Beloch, Gnecliische Geschichte III 1, G64 ft'.

18. Illyrische und gallische Kriege. 0 An der illyrischen Küste hatte sich unter König Agron, dem Sohn des Pleuratos, ein ansehnliches Reich gebildet, das im Süden bis an Epirus reichte, im Norden vielleicht noch die Dalmater einschloß und sich in lockerem Gefüge aus dem Gebiet ab- hängiger Städte, Stämme und Fürsten zusammensetzte. Agron griff als Ver- bündeter des Königs Demetrios von Makedonien (reg. 239—229 v. Chr.) in dessen griechische Kämpfe ein, bedrohte Epirus und die griechischen Städte am ionischen Meer und brandschatzte die griechischen Küsten, wodurch der illyrische Seeraub seinen Aktionsradius erweiterte. Auch italische Kaufleute wurden davon betroffen, besonders im Jahr 230 v. Chr., als eine illyrische Flotte vor der epirotischen Bundesstadt Phoinike lag und die Vorbeifahrenden plünderte. Nun nahm sich der Senat der geschädigten Italiker an und verlangte Genugtuung.'^) Aber die Königin Teuta, seit 231 v. Chr. Nach- folgerin ihres Gemahls Agron, gab eine ausweichende Antwort; ja einem der römischen Gesandten, der eine sehr freimütige und energische Sprache geführt hatte, schickte sie Häscher nach, die ihn töten sollten. 3) Im näch- sten Jahr (229 v. Chr.) wurden daher die beiden Konsuln Cn. Fulvius und L. Postumius mit Heer und Flotte über die Adria gesandt. Damit griffen die Eömer in den Bereich Makedoniens über: aber Makedonien mußte den Über- grifft dulden, da gerade um diese Zeit der König Demetrios mit Hinter- lassung eines unmündigen Sohnes starb und im Königreich Unruhen aus- brachen, die der Regent Antigonos Doson erst nach einiger Zeit nieder- werfen konnte. Andererseits machten die Römer bei dieser Gelegenheit gemeinschaftliche Sache mit den Aetolern und Achäern, die mit Makedonien in Krieg lagen.

TVlit überlegener Macht, mit 200 Kriegschiffen und einem Landheer von 22 000 Mann setzten die Römer nach Illyrien über. Kurz vor ihrer An- kunft hatten die Illyrier Korkyra erobert, nachdem die kleine achäisch- ätolische Flotte, die den Korkyräern zu Hilfe kam, geschlagen worden war. Aber die Insel wurde den Römern durch den Beauftragten der Teuta, den Dynasten Demetrios von Pharos, sogleich übergeben, und die übrigen hellenischen Städte stellten sich in den Schutz der Römer, die jetzt zum Angriff' vorrückten. Die Illyrier konnten sich nirgends behaupten; Teuta

1) Polybios II 1 ff. kommt allein als ! reich XVIII (1895) 133 ff., wo versucht

Quelle iii Betracht. Die übrigen Berichte j wird, namentlich Appians Darstellung zu

gehen auf eine stark verderbte Überliefe- \ verwerten. Vgl. Niese, Gescluchte der

rung zurück; namentlich gilt dies von griech. u. maked. Staaten II 281 ff.

den Resten des Livius und Cassius Dio : ^) Nach Appian Illyr. 7 ruft das von

(Zonaras) mit ihren vielen, fast alljähr- den Illyriern belagerte Issa den Schutz

liehen Kriegen, aber auch Appians Illyrike der Römer an. Aber damals war Issa

ist nicht einwandfrei. Eine Darstellung schwerlich schon mit Rom verbündet,

des illvrischen Krieges bei-G. Zipfel, Die | ') Polyb. II 8, 12. Appian Illyr. 7. Mit

Tömische Herrschaft in Illyrien bis auf ; starker Übertreibung Cassius Dio^ ti\ 49

Augustus, Leipzig 1877, und bei Bauer, vol. I p. 180 Boiss. Vgl. Plin.h.n. XXXIV 24.

Archäolog. epigraph. Mitteil, aus Öster- |

IXQ Römische Geschichte.

mußte nach Rhizon (Golf von Cattaro) entweichen, die Parthiner und Atin- tanen, letztere an der Grenze von Epirus wohnhaft, schlössen sich den Römern an. Der Sieg der Römer war so vollständig, daß das Gros ihres Aufgebots heimkehren konnte, und im nächsten Jahr (228 v. Chr.) bequemte sich Teuta zum PVieden. Sie verpflichtete sich, höchstens zwei Schiffe nach Süden über Lissos (heute Alessio) hinaus segeln zu lassen, verzichtete auf den größten Teil ihres Gebietes und versprach Tributzahlung. Der Haupt- bestand des ihr abgenommenen Gebiets kam an Demetrios von Pharos. Korkyra, ApoUonia, Epidamnos, die Inselstadt Issa (heute Lissa), die Atin- tanen und Parthiner traten in die römische Bundesgenossenschaft ein. Der Konsul Postumius ließ den Friedensvertrag den Aetolern und Achäern noti- fizieren, was diese beifällig aufnahmen; die Römer Avaren den Hellenen damals willlcommene Helfer gegen den Druck der Makedonen. Bald darauf ging eine römische Gesandtschaft, die erste, die in Hellas erschien, nach Korinth und Athen ; die Korinther, damals Mitglieder des achäischen Bundes, bewilligten den Römern Zutritt zu den isthmischen Spielen, womit die Römer gewissermaßen als Hellenen anerkannt wurden.

Um diese Zeit sah sieh Rom durch die Kelten in Oberitalien aufs neue belästigt. Die dortigen Kelten w^aren ein wohlhabender, tapferer, volkreicher Stamm, seit langem seßhaft und nicht mehr so unruhig wie ehedem. Die Römer müssen lange Zeit mit ihnen in Freundschaft gelebt haben; während der ganzen Dauer des punischen Krieges haben die Gallier sich nicht ge- rührt. Aber hinter den Cisalpinern standen die kriegerischen Transalpiner, die leicht ihre südlichen Stammesbrüder in Bewegung bringen konnten. 238 V. Chr. drang ein transalpinisches Heer vor, riß einen Teil der Bojer mit sich, kam aber nur bis Ariminum. Die Kelten gerieten in Zwietracht und rieben sich untereinander auf. ^) Doch mußten sich die Römer auf ähn- liche keltische Überraschungen gefaßt machen.

Im Jahr 232 v. Chr. wurde auf Antrag des volksfreundlichen Tribunen C. Flaminius das gallische Grenzland, der sog. aqer Galücus,^) zur Verteilung an das römische Volk, zur Ansiedlung römischer Bürger bestimmt. Wie es nun kam, daß die Gallier, besonders die benachbarten Bojer, dadurch in Erregung versetzt wurden, da das Land doch schon 285 v. Chr. erobert war, ist nicht klar. Jedenfalls sahen sich die Gallier in ihrer Existenz bedroht, die Bojer taten sich mit den Insubrern zusammen und rüsteten zum Krieg, für dessen Zweck sie ein großes Heer transalpinischer Kriegsleute, sog. Gäsaten, zusammenbrachten und in ihren Sold nahmen. s) Mit Besorgnis sah man in Rom den Angriff kommen und traf Abwehrmaf3nahmen. Die Bundes- genossen mußten Listen ihrer wafPenfähigen Mannschaft einreichen, deren Inhalt uns am besten bei Polybios*) erhalten ist. Es ergab sich eine Summe

') Polyb. II 21, 5. Bei Zonaras VIII 18, 2 Polyb. II 22. 1. Pollux onom. VII 156.

(Cass. Dio I p. 174 Boiss.) ist daraus ein | *) Polyb. II 24. Es fehlen darin die socü

Krieg gegen die Bojer (und Ligurer) ge- ' navahs, zu denen vielleicht auch die Bret-

worden, der drei Jahre (238 236 v. Chr.) ' tier gehören. Vgl. Mommsen, Rom. Forsch,

währt. II 382 ff.; J. Beloch, Rhein. Mus. XXXII

2) Polyb. II 21, 7 ff . Cic. Brut. 57. 245; Herzog in den commentationes Momm-

3) ruiaäroi bedeutet berufsmäßige, um 1 senianae 124 f. Sold dienende Krieger, ymoor ist der Speer. |

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chi-.). 18.) Hl

von 700000 Heerespflichtigen, darunter gegen 70000 Reiter. Willig folgten die Italiker dem Aufruf Roms gegen den gemeinsamen Feind; denn als solchen sah man die heranrückenden Völkerschwärme an. Auch gelang es den Römern, einen der gallischen Stämme, die Cenomanen, und ebenso die Veneter zu Bundesgenossen zu gewinnen.

Nach mehrjährigen ausgedehnten Werbungen war das Heer der Gäsaten beisammen, gegen 50000 Mann zu Fuß, gegen 20000 zu Roß und Wagen; geführt von den Königen Aneroestos und Konkolitanos erschienen sie 225 V. Chr. südlich der Alpen und setzten sich, verstärkt durch Taurisker^) mit den Insubrern und Bojern nach Süden in Bewegung. Die Römer stellten in erster Linie zwei Heere auf, bei Ariminum den Konsul L. Aemilius (Papus), in Etrurien bundesgenössische Aufgebote, zusammen 149 200 Mann zu Fuß und 7600 Reiter. Der andere Konsul C. Atilius (Regulus) war nach Sardinien geschickt, von wo er schleunigst zurückberufen wurde. Die Feinde wandten sich nicht gegen Ariminum, sondern drangen über den Appennin in Etrurien bis Clusium vor und schlugen das dort stehende Heer. Als jedoch Aemilius von Ariminum heranzog, gingen sie zurück, um zunächst die reiche Beute in Sicherheit zu bringen. Aemilius folgte, und da gleichzeitig Atilius bei Pisa gelandet war und südwärts heranzog, wurden die Gallier in die Mitte genommen und in einer großen Doppelschlacht bei Telamon durch die über- legen geführten und besser bewaffneten Römer geschlagen und vernichtet. Nur ihre Reiterei entkam. Konkolitanos wurde gefangen, Aneroestos tötete sich selbst, auf römischer Seite fiel der Konsul Atilius. Ein Einfall in das Gebiet der Bojer schloß sich an den großen Sieg an. 2)

Nunmehr gedachten die Römer, die Gallier ganz aus Oberitalien zu verdrängen; sie erzwangen 224 v. Chr. durch einen kraftvollen Angriff die Unterwerfung der Bojer. Weitere Erfolge wurden durch die Ungunst der Witterung verhindert. Erst im nächsten Jahr (223 v. Chr.) gingen die Römer an der Mündung des Addua im Einvernehmen mit den dort ansässigen Anaren über den Po gegen die Insubrer vor, erlitten aber eine Niederlage und mußten wieder zurück. Sie überschritten nun den Strom weiter ab- wärts, gingen über den Clusiusfluß,^) vereinigten sich mit den verbündeten Cenomanen, rückten von Osten ins feindliche Gebiet ein und schlugen unter dem Konsul C. Flaminius die Insubrer. Die Besiegten baten jetzt um Frieden, allein der Senat wollte den Krieg fortsetzen. Die Insubrer nahmen aufs neue 30000 Gäsaten in Dienst und gingen offensiv über den Po vor. Nach längeren, schwierigen Kämpfen um Acerrae und Clastidium (wo der Konsul M. Claudius Marcellus den gallischen Feldherrn Virdumarus tötete und die spoUa opima gewann),^) wurde endlich der befestigte Hauptort der Insubrer,

^) Unter diesen Tauriskeru sind nicht ; *) Plut. Marc. 6. Propertius V 10, 39. etwa, wie z. B. Nissen, Ital. Landeskunde ! Nach den Triumphalfasten hat später Mar- II 163 glaubt, die Tauriner (beim heutigen cellus über die Go-mani triumphiert, wo-

Turin) zu verstehen ; diese waren Ligurer.

'^) Der Bericht des Polybios über den Gallierkrieg geht auf Fabius Pictor zurück, vgl. E. Norden, Ennius u. Vergilius, Leipz.- Berl. 1915, 107, 1; 112 f.

3) Vgl. MoMMSEN, CIL V p. 4:13 u. Nissen, Ital. Landeskunde II 196, 2.

mit die Gäsaten gemeint sein müssen. Die Germanen sind von den Antiquaren der augusteischen Zeit hier eingesetzt worden, wie denn auch Properz die Feinde vom Rhein her gekommen sein läfst. Müllen- HOFF, Deutsche Altertumskunde II 194.

^»«-^•w

I

»1^

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung dr !therrschaft (167 v. Chr.). (§20.) 115

iefür bildete das den Römern von

ichtigen Stützpunkt. Die Massaliotei

arthager an der spanischen Küste. -

nterhielten Verbindungen mit den spn

•h des Ebro. ') Den Angriff auf Atn

ongus, der sich mit Heer und Flot

ierons die Überfahrt vorbereitete. -\

e Leitung. Er gedachte sich die st

ittelbaren Angriff' auf Italien zu siel:

-bald (noch 219 v. Chr.) mit den ji

orbindung: unr^ nachdem er sich ili

h von der Möglichkeit des Untern

j Ausführung.*) In Erwartung seiii'

ir 219 v. Clir. in Oberitalien ein en

•lohen die dem Scipio bestimmten

s her befreundete Massalia einen iren seit langer Zeit Rivalen der itten dort eigene Besitzungen und en Völkerschaften, zunächst nörd- eitete der Konsul Ti. Sempronius ich Sizilien begab und mit Hilfe :arthagischer Seite hatte Hannibal fgische Vorhand durch einen un- In dieser Absicht setzte er sich t besiegten italischen Kelten in Hilfsbereitschaft versichert, auch 3ns überzeugt hatte, ging er an Angriffs entstand schon im Früh- eicher Aufstand der Bojer, durch ippen festgehalten und der Ab-

irsch nach Spanien verzögert wurde, knnibal selbst sorgte während des inters für die Verteidigung Spanion md Afrikas, ließ seinen Bruder isdrubal in Spanien zurück und brach ii Frühjahr 218 v. Chr. mit großem er aus Neukarthago auf, unterwarf da- -and zwischen Ebro und Pyrenäen,

lg über das Gebirge,^) bahnte sich < og und erreichte die Rhone etwas Hergang über den Strom vollzog sii n die Gallier, die das jenseitige L t mn ging der Vormarsch am linkt

iih die Gallier Südfrankreichs einen dialb der Durance-Mündung. Der ngestört in einigen Tagen, nach- osetzt liatten, vertrieben waren. ^) ier des Stromes hinauf über die

aa (Isere), weiter durch das Gebiet d-' Allobroger^) und von hier in die

Ljen Widerstand zu brechen galt, bemeistert und die Feinde ge- die Anwohner seiner Straße zu-

rsches lichteten die Reihen. Nach

pen hinein, wobei es zu Anfang i chdem Hannibal die Schwierigkin htigt hatte, verhielten sich im üln r ist friedlich, aber die Strapazen dc- »erwindung aller Hindernisse kam li.mibal mit einem Heer von 20 (MX) nn zu Fuß und 60(K) Reitern im Hd)st 218 v. Chr. in Oberitalien bei ii Insubrern an, fünf Monate nacli i Ausmarsch aus Neukarthago. Auf welchem Weg Hannibal die .\.|n überschritt, ist eine seit langer it strittige Frage. Es gibt hauj)tsächi zwei Ansichten. Die eine gründet \ auf Polvbios und nimmt den Pa

\ De Luc, später von Wickham ebuhr, Mommsen u. a. geteilt.

I Niese, Geschichte der griech. und kedon. Staaten I 489 f. I Polyb. III 34. 4 ff. Die von Livius XXI ., neuerdings z. B. von Konr. Lehmann tretene Meinung, daß schon Hamilkar von Hannibal ausgefühi-ten Angriff ItaHen geplant habe, ist unbegründet, uilkar war nicht in der Lage, ein hes Unternehmen ernstlich ins Auge assen. Desjardins, Geographie de la Gaule 'line II 2Ö9 ff. Die Übergangsstelle war vier Tage-

s kleinen St. Bernhard an. Sie ist ' 'ramer begründet und wird von I' andere Meinung, der sich auch

fsche von der Küste entfernt (Polyb.

12, 1), vielleicht beim heutigen Roque-

n-e: doch ist die Topographie um-

tten. Vgl. Camille Jullian, llistoire de

iaidc I 404.

Die AUobroger reichten hier südwärts iit bis an die Isere, sondern nach dem

u-gang über diesen Flufs kam Hannibal lachst zu einem anderen gallischen mm, bei dem er Unterstützung fand.

AUobroger waren ihm feindlich. IJu-e -.^0 wird durch das spätere Yienna be- zchnet. Polyb. III 49, 5 f.

Ii

112 Römische Geschichte.

Mediolanium, durch den Konsul Cn. Cornelius (Scipio) genommen und der Stamm vmterworfen. Bqjer und Insubrer mußten den Römern Geiseln stellen und Tribut zahlen. Auf dem bojischen Gebiet wurde sogleich die Kolonie Mutina angelegt, auch wurden ringsum römische Bürger angesiedelt; durch zwei andere Kolonien, Placentia und Cremona, sollte die Polinie für Rom gesichert werden.

Ihre ursprüngliche Absicht, die Vernichtung der Gallier, haben die Römer freilich nicht verwirklicht; sie hatten in dem Krieg selbst beträchtliche Ver- luste und wurden mit den Transpadanern nicht ohne Hilfe verbündeter gallischer Stämme fertig.

19. Rom und Karthago.') Zweiter illyrischer Krieg. Auf den galli- schen Krieg folgt ein neuer Krieg mit dem gedemütigten und durch den Raub Sardiniens erbitterten Karthago, der zweite punische. Gleich nach dem Söldnerkriege war Hamilkar Barkas nach Spanien gegangen 2) und hatte die kartliagische Herrschaft, die sich bis dahin nur auf die Südküste er- streckte, konsolidiert und ausgebaut. Auch die Numider in Afrika hielt er von hier aus im Schach. Die karthagischen Feldherren seines Schlags haben eine fast königliche Stellung und vertreten mit großer Selbständigkeit ihren Staat; die karthagischen Bürger im Heer bilden eine Art beschlußfähiger Volksversammlung, Mitglieder des Rates und der Gerusia begleiten den Feldherrn als amtliche Berater (ovreögoi).^) Hamilkar unterwarf in sieg- reichem Krieg eine Reihe iberischer Völkerschaften; er fiel bei einer Be- lagerung^) nach neunjähriger Tätigkeit 229 v. Chr. durch einen feindlichen Überfall, worauf das Heer in Spanien zum Nachfolger seinen Schwiegersohn Hasdrubal wählte. Hasdrubal rächte Hamilkars Tod und wußte dann nament- lich durch Verträge mit den Iberern die karthagische Herrschaft bedeutend zu vei'größern. An der Mittelmeerküste schuf er den großen Waffenplatz Neukarthago {Kaivi] :n6hg). Die Römer hatten anfangs die karthagischen Fortschritte in Spanien außer Acht gelassen, um nun mit Besorgnis dieser Erfolge gewahr zu werden, aber die Gallier banden ihre Kräfte an Italien. Zur Zeit, da der gallische Angriff drohte, lag es im römischen Interesse, sich gegen Karthago zu sichern, und Rom schloß daher 226 v. Chr. mit Hasdrubal einen Vertrag, in dem sich dieser verpflichtete, den Ebro in

') Polybios II 1, 13, 36; III 13. Diodor Sagunti qnaesfiones chronoJogicae, Königs- XXV 8 ff. Livius gibt eine ganz verkehrte berg 1886; Oehler, N. Jahrb. f. Philol. Chronologie. Da er sowohl die spanischen Bd. 143 (1891) 421 f. (über Sagunt) ; Thiaü- Kriege Hannibals von 220 als auch die court, Lc.s- caiisies et Vorigine de Ja seconde Eroberung Sagunts von 219 ins Jahr 218 guerre punique, Paris 1893. V. Chr. setzt, so hat sich demgemäfs die -) Über die spanischen Kriege der Kar- Ankunft Hamilkars in Spanien auf 236, thager haben wir außer Polybios einige sein Tod auf 227 und Hasdrubals Tod auf Fragmente aus Diodor XXV. Vor der 220 V. Chr. verschoben. Mit Unrecht wird jüngeren römischen Überlieferung, hier diese Chronologie von einigen Gelehrten durch die Fragmente des Cassius Dio ver- verteidigt. Neuere Literatur: Hennebert, treten, ist wiederum zu warnen. Hisfoh-e d'Annibal I 29.3. O. Gilbert, Rom *) Vgl. den Vertrag Hannibals mit Phi- und Karthago usw. ; O. Meltzer, Geschichte lippos bei Polyb. VII 9. der Karthager II 393 f.; G. Egelhaaf, Hist. ■•) Die belagerte Stadt wird von Diodor Zeitschr. N. F. XVII 431 ; W. Sieolin, Die XXV 10, 3 Hehke genannt, vielleicht Ilici, Chronologie der Belagerung von Sagunt, j das heutige Elche bei Alicante. Meltzer Leipzig 1878; J. Büzello, De oppugnatione \ a. a. O. 403.

5. Dritte Periode : Bis ziir Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). (§19.) 113

kriegerischer Absicht nicht zu überschreiten. Was südHch vom Flusse lag, war damit offenbar als karthagische Interessensphäre anerkannt.')

Nach achtjährigem Kommando endete Hasdrubal 221 v.Clir.. durch Mord; ihm folgte, ebenfalls als Erwählter des Heeres und des karthagischen Volkes, sein Schwager, Hamilkars Sohn Hannibal, ein junger Mann von 26 Jahren. Er vollendete das Werk seiner Vorgänger; 221 v. Chr. bezwang er die aufständischen Olkaden, im nächsten Jahr besiegte er die keltiberi- schen Vaccäer und eroberte ihre Städte, darunter Salmantica (Salamanca). Auf der Rückkehr schlug er ein großes Heer der Karpetaner mit dem Er- folg, daß südlich vom Ebro kein Widerstand mehr sich regte. Nur Saguntum (Zdxarda), eine volkreiche Stadt, weit südlich vom Ebro, sieben Stadien vom Meer entfernt, 2) behauptete noch die Unabhängigkeit, und Hannibal bereitete sich zum Angriff auf diese Stadt vor, die ihm durch ihre feind- selige Haltung Anlaß zum Kriege bot. Vor kurzem hatten nun die Römer mit Sagunt ein Bündnis geschlossen, nach anfänglichem Zögern, 3) und so- bald der gallische Krieg beendet war, beschlossen sie die weitere Aus- breitung der karthagischen Macht zu hindern. Sagunt sollte ihnen dabei als Stützpunkt dienen; sie ließen daher durch eine Gesandtschaft (Herbst 220 V. Chr.) den Hannibal vor Feindseligkeiten gegen die Stadt warnen. Der Karthager wies sie ab und begann im Frühjahr 219 v. Chr. den An- griff auf Sagunt. Er war entschlossen, eine römische Einmischung südlich des Ebro nicht zu dulden, selbst auf die Gefahr eines Krieges. Nachdem die Wegnahme Sardiniens die Karthager darüber belehrt hatte, was von den Römern zu ei'warten stand, war bei den leitenden Männern, vor allem bei Hamilkar und seinem Haus ein glühender Haß gegen Rom entstanden. Man wich jetzt dem Krieg nicht mehr aus; Hannibal sah ihm wohlgerüstet und mit Zuversicht entgegen; er befand sich dabei in vollem Einverständnis mit der Regierung in Karthago.

Um diese Zeit mußten die Römer abermals in Illyrien einschreiten, da ihr dortiger Besitz bedroht war. Denn es machte sich der Einfluß Make- doniens geltend, das unter Antigonos Doson zu neuer Macht gelangt war, war doch fast der ganze Peloponnes, besonders der achäische Bund, durch

^) Gegen die Anwendbarkeit dieses aus ^) Im Jahr 226 v. Chr. kann Sagunt dem modernen Kolonialreeht stammen- noch nicht unter römischem Schutz ge- den Begriffs wendet sich allerdings E. standen haben, sonst hätte der Vertrag Täubler, Vorgeschichte des 2. pun. Kriegs, mit Hasdrubal nicht geschlossen werden Berl. 1921, 61, nach dessen Ansicht poli- können, der, wenn auch nicht ausdrück- tische Verbindungen der Römer südlich lieh, so doch dem Sinn nach alles, was des Ebro durch das Abkommen sowenig südlich des Ebro lag, den Karthagern ausgeschlossen worden wären, wie solche überHeß. Allerdings war Sagunt in dem von Seiten Karthagos im Norden. Daß | Vertrag, wie wir bestimmt wissen, nicht aber mit diesem .,Notbehelf" keine be-' erwähnt. Vgl. G. Egelhaaf a. a. O. Über friedigende Situation geschaffen war, muß den Ursprung des Kriegs und die Händel T. zugeben. mit Sagunt vgl. Ed. Meyek, SB. Berl. Ak.

-) Die Nachricht, daß Saguntum eine 1913, 688 ff. E. Täubler, Die Vorgeschichte

Kolonie von Zakynthos sei und von Ardea des 2. pun. Kriegs, Berl. 1921, sucht nach-

in Latium Kolonisten empfangen habe zuweisen, daß der römische Vertrag mit (Appian. Iber. 7. Liv. XXI 7, 2), ist eine aus i Sagunt älter als das Ebroabkommen sei

der Namensähnlichkeit abgeleitete Fabel. und mit diesem nicht im Widerspruch

Die griechische Namensform Zäy.arOa stehe (vgl. oben A. 1). Dagegen Eu. Meyer,

spricht sehr dagegen. Saguntum war eine Hannibal und Scipio in „Meister der Poli-

iberische Stadt. ' tik" I, 1922, 81, 1.

Handbnch der klass. Altertuniswissenscliaft. III, 5. 5. Aufl. 8

114

Römische Geschichte.

den kleomenischen Krieg und den Sieg bei Sellasia (222 v. Chr.) unter die makedonische Hegemonie geraten. Demetrios von Pharos hatte sich den Römern entfremdet und an Antigonos angeschlossen. Als nunmehr der Krieg mit Karthago drohte, brach er ganz mit Rom, griff die Städte der illyrischen Küste an und erschien 220 v. Chr. mit seinen Raubschiflfen in den griechischen Gewässern. Die Römer beschlossen daher, ehe sie in den Krieg mit Karthago eintraten, mit Demetrios abzurechnen. Auch jetzt waren die Umstände ihnen günstig; soeben M^ar Antigonos Doson gestorben und sein Nachfolger Philippos, der Sohn des Dometrios, wurde kurz darauf (220 v.Chr.) in einen dreijährigen Krieg gegen die Aetoler und ihre Verbündeten, in den sog. Bundesgenossenkrieg, verwickelt. Rasch glückte es dem Konsul L. Aemilius (Paulus), mit überlegener Macht den Demetrios niederzuwerfen. Dessen stärkste Plätze, Dimallos am Festland und Pharos auf der gleich- namigen Insel, wurden bald erobert, Demetrios floh zu Philippos, seine Unter- tanen und Verbündeten unterwarfen sich dem Sieger, Pharos und Dimallos wurden von den Römern in eigenen Besitz genommen und sonst in Illyrien befreundete Dynasten gefördert und der römische Einfluß möglichst befestigt, i) Die Römer hatten gehoflPt, daß Sagunt den Karthagern längeren Wider- stand leisten könne, allein nach achtmonatlicher, mühevoller Belagerung wurde die Stadt mit reicher Beute von Hannibal erobert. 2) Die Römer ver- langten darauf in Karthago die Auslieferung des Hannibal und seiner kartha- gischen Berater; dies schmachvolle Ansinnen mußte verweigert werden, und Karthago nahm den ihm angebotenen Krieg an.^)

20. Der zweite punische Krieg. Erster Teil.^) Die Römer hegten den Plan, das karthagische Gebiet zugleich in Afrika und Spanien anzugreifen. Für den Krieg in Spanien wurde der Konsul P. Cornelius Scipio bestimmt ;^)

') G. ZipPEL, Die röm. Herrschaft in Illyrien S. 54 f. Niese, Geschichte der griech. u. maked. Staaten II 417, 436 f.

^) Die bekannte Erzählung von der Be- lagerung und dem heroischen Untergang Sagunts und seiner Bewohner bei Diodor XXV 15. Liv. XXI 7 f. Appian Iber. 12 ist ein wertloses rhetorisches Effektstück. Die Stadt bestand weiter und wurde neu be- völkert. G. Jung, Beiträge zur Charak- teristik des Livius (Diss. Marburg 1903) 45 f.

^) Die Meinung, daß der zweite pvuiische Krieg von Hamilkar ßarkas oder Has- drubal aus eigennützigen Motiven gewollt sei, ist bald nach dem Krieg entstanden; schon Fabius Pictor beschuldigt den Has- drubal (Polyb. III 8), spätere Historiker übertragen die Beschuldigung auf Hamil- kar (Appian Iber. 4 f. Hannib. 2), sie ist aber nicht begründet. Daß es in Karthago zwei große Parteien gab, daß Hamilkar und Hannon Widersacher waren, daß end- lich Hamilkar und seine Familie die trei- bende Kraft des Krieges war, ist gewiß, aber die überwiegende Mehrheit in Kar- thago stand auf ihrer Seite (Polyb. III 9, 6 ff'.), und zwar bis zum Ende des Krie-

ges, und ob Hannon wirklich gegen den Krieg mit Rom gewirkt und Nachgiebig- keit befürwortet hat, ist sehr zweifelhaft. Bekanntlich läßt ihn Livius XXI 10 gegen den Krieg reden, aber seine Rede ist ein Phantasieprodukt des Livius. Erst nach dem Ende des Krieges gelangen die Gegner der Barkiden in Karthago zu Einfluß.

•*) Vgl. L. v. ViNCKE, Der zweite punische Krieg und der Kriegsplan der Karthager, Berlin 1841 : Rospatt, Feldzüge Hannibals in Italien, Münster 1864; Hennebekt, ///- stoire d'Annibal, 3 Bde., Paris 1870,1878,1891; C. Neumann, Geschichte Roms im Zeitalter der punischen Kriege, Breslau 1873; W. Streit, Zur Geschichte des zweiten puni- schen Krieges (Berliner Studien zur klass. Phil. u. Archäologie VI 2), Berlin 1887.

^) Eine von der Überlieferung- ab- weichende Ansicht über den römischen Kriegsplan suchen zu begründen J. Fuchs (der zweite pun. Krieg und seine Quellen, Wiener Neustadt 1894) und H. Delbrück (Geschichte der Kriegskunst I'^ 317 ff.). Vgl. dazu Nieses Bemerkungen in den Gott. gel. Anz. 1901 S. 616 ff.

5. Dritte Periode : Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v.Chr.). (§20.) 115

hiefür bildete das den Römern von alters her befreundete Massalia einen wichtigen Stützpunkt. Die Massalioten waren seit langer Zeit Rivalen der Karthager an der spanischen Küste, sie hatten dort eigene BesitzAingen und unterhielten Verbindungen mit den spanischen Völkerschaften, zunächst nörd- lich des Ebro. ') Den Angriff auf Afrika leitete der Konsul Ti. Sempronius Longus, der sich mit Heer und Flotte nach Sizilien begab und mit Hilfe Hierons die Überfahrt vorbereitete. Auf karthagischer Seite hatte Hannibal die Leitung. Er gedachte sich die strategische Vorhand durch einen un- mittelbaren Angriff auf Italien zu sichern. In dieser Absicht setzte er sich alsbald (noch 219 v. Chr.) mit den jüngst besiegten italischen Kelten in Verbindung; un(^ nachdem er sich ihrer Hilfsbereitschaft versichert, auch sich von der Möglichkeit des Unternehmens überzeugt hatte, ging er an die Ausführung. 2) In Erwartung seines Angriffs entstand schon im Früh- jahr 219 V. Chr. in Oberitalien ein erfolgreicher Aufstand der Bojer, durch welchen die dem Scipio bestimmten Truppen festgehalten und der Ab- marsch nach Spanien verzögert wurde. Hannibal selbst sorgte während des Winters für die Verteidigung Spaniens und Afrikas, ließ seinen Bruder Hasdrubal in Spanien zurück und brach im Frühjahr 218 v. Chr. mit großem Heer aus Neukarthago auf, unterwarf das Land zwischen Ebro und Pyrenäen, ging über das Gebirge,^) bahnte sich durch die Gallier Südfrankreichs einen Weg und erreichte die Rhone etwas oberhalb der Durance-Mündung. Der Übergang über den Strom vollzog sich ungestört in einigen Tagen, nach- dem die Gallier, die das jenseitige Ufer besetzt hatten, vertrieben waren.-*) Dann ging der Vormarsch am linken Ufer des Stromes hinauf über die Isara (Isere), weiter durch das Gebiet der Allobroger^) und von hier in die Alpen hinein, wobei es zu Anfang heftigen Widerstand zu brechen galt. Nachdem Hannibal die Schwierigkeiten bemeistert und die Feinde ge- züchtigt hatte, verhielten sich im übrigen die Anwohner seiner Strafe zu- meist friedlich, aber die Strapazen des Marsches lichteten die Reihen. Nach Überwindung aller Hindernisse kam Hannibal mit einem Heer von 20000 Mann zu Fuß und 6000 Reitern im Herbst 218 v. Chr. in Oberitalien bei den Insubrern an, fünf Monate nach dem Ausmarsch aus Neukarthago.

Auf welchem Weg Hannibal die Alpen überschritt, ist eine seit langer Zeit strittige Frage. Es gibt hauptsächlich zwei Ansichten. Die eine gründet sich auf Polybios und nimmt den Paß des kleinen St. Bernhard an. Sie ist von De Luc, später von W ick h am und Cramer begründet und wird von Niebuhr, Mommsen u. a. geteilt. Die andere Meinung, der sich auch

1) Niese, Geschichte der griech. und märsche von der Küste entfernt (Polyb. makedon. Staaten I 489 f. III 42, 1), vielleicht beim heutigen Roque-

maure; doch ist die Topographie um- stritten. Vgl. Camille Jullian, Histoire de la Gaule 1 464.

s) Die Allobroger reichten hier südwärts nicht bis an die Isere, sondern nach dem Übergang über diesen Flufs kam Hannibal

Polyb. III 34, 4 ff. Die von Livius XXI 2, 2, neuerdings z. B. von Konk. Lehmann vertretene Meinung, daß schon Hamilkar den von Hannibal ausgeführten Angriff auf Italien geplant habe, ist unbegründet.

Hamilkar war nicht in der Lage, ein ^, ^ .

solches Unternehmen ernstlich ins Auge j zunächst zu einem anderen gallischen zu fassen. ! Stamm, bei dem er Unterstützung fand.

') Desjakdins, Geographie de Ja Gaule Romaine II 259 ff.

■*) Die Übergangsstelle war vier Tage-

Die Allobroger waren ihm feindlich. Ihre Lage wird durch das spätere Vienna be- zeichnet. Polyb. III 49, 5 f.

110

Römische Geschichte.

Napoleon I. anschloß, stützt sich auf Livius, bei dem Hannihal unterwegs an den Druentia^ (Durance) kommt und in Italien bei den Taurinern an- langt,') und läßt die Karthager über den Paß des Mont Genevre oder auch des Mont Cenis marscliieren. Endlich fehlt es auch nicht an vermittelnden Theorien. Für die Entscheidung kann nur Polybios maßgebend sein, dem- zufolge Hannibal, ehe er das Gebirge erreichte, eine Zeitlang durch das Land der Allobroger die Rhone hinaufging, 2) ferner den befreundeten In- subrern zuzog, was auf einen nördlicheren Weg, d. h. den kleinen St. Bern- hard hinführt.-'') Der Bericht des Livius ist wertlos, da er nur eine willkür- liche, modernisierende Bearbeitung des Polybios bietet. Er läßt den Hanni- bal Italien bei den Taurinern erreichen, weil mit diesen Hannibal zuerst in feindliche Berührung kam. Es versteht sich aber von selbst, daß die Karthager nicht bei ihren Feinden, sondern bei ihren Freunden ankommen mußten und wollten, da sie zunächst der Hilfe bedurften. Außerdem ist es zweifelhaft, ob es über den Mont Genevre damals schon eine fahrbare Straße gab.*)

P. Cornelius Scipio, dessen Abfahrt sich infolge des gallischen Aufstandes verzögerte, erfuhr auf dem Weg nach Spanien an der Ehonemündung von Hannibals Anmarsch, kam aber zu spät, um ihn aufzuhalten. Nur seine Eeiter drangen nach einem glücklichen Gefecht mit der karthagischen

') Ebenso Strabo IV 209.

2) Was auch Livius XXI 31, 4 f. dem Polybios nacherzählt.

') Wenn Hannibal den Taurinern zu- gesti-ebt hätte, so würde er nicht bis etwa Vienna gegangen sein.

•*) Über den Alpenübcrgang Hannibals gibt es aus älterer und neuerer Zeit eine umfangreiche Literatur, und sämtliche Alpenpässe vom Monte Viso bis zum St. Gotthard sind bereits in Vorschlag ge- kommen. Vgl. Hennebert, Hi.stoire (fÄDiu'- bal II43ff. und dieLiteraturübersicht eben- das. S. 555 ff. Genannt seien hier de Luc, Histolre du jmssage des Alpes 2>(^>' Annibal, Paris 1825. Wickham u. Gramer, A disser- tation OH tJie passaqe of Hannibal over ihe Alps, 2d ed. London 1828 (deutsch von Fkrd. Heinr. Müller, Berlin 1830). Momm- sen, CIL V 7(i5, Linke, Die Kontroverse über Hannibals Alpenübergang, Breslau 1873. Nissen, Ital. Landeskunde I 155 ff. Desjardins, Grographie de la GauJe Romaine 1 81 ff. J. Fuchs, Hannibals Alponüber- gang, Wien 1897. W. Osiander, Der Hanni- balweg, Berlin 1900. Colin, AnnibaJ en Gaule. Paris 1904. Ivonk. Lehmann. Die Angriffe der drei Barkiden auf Italien, Leipzig 1905. Camille Jullian, Histolre de la Gaule I 451. Vgl. Jahresberichte des philol. Vereins in Berlin (Zeitschrift für Gymnasialwesen) 1898 S. 21 ff., 1899 S. 28 ff.. 1901 S. 41 f., 1903 S. 22 f.. 1905 S. 49 f., 1909 S. 21 ff. Von den in letzter Zeit verfoch- tenen Ansichten sei hier angeführt, daß Neumann und Hennebert den Hannibal

am linken Ufer der Isere etwa bis Gre- noble, dann den Drac hinauf ins Tal der Durance nach Embrun hinübergehen lassen und von hier zum Paß des Mont Genevre. Nach Osiander und Camille Jullian haben die Karthager den Lauf der Isere bis zur Mündung des Are ver- folgt und durch das Tal dieses Neben- flusses, die heutige Maurienne, den Paß des Mont Cenis erstiegen: den Are hält Osiander für den Druentias des Livivis. KoNR. Lehmann vermutet, Hannibal sei ganz die Isere hinaufgezogen bis nahe an die Quellen und dann über den Paß des kleinen St. Bernhard gegangen. Alle diese Wege sind übrigens schon von älteren Forschern in Erwägung gezogen worden. Mit Hecht betont V. Kahrstedt (Meltzers Gesch. der Karthager III, 1913, 181 ff.), daß das Problem literarhistorisch (oder vielmehr quellenkiätisch) und nicht topographisch sei; denn dem „Buch der Natur", wie Osiander sagt, sind angesichts der allgemeinen topographischen Angaben der Alten nur solche Zeugnisse abzu- gewinnen, die für jede Alpenroute passen. Deshalb ist die Analyse der Tradition von entscheidender Wichtigkeit; vgl. O. Viede- BANTT, Hermes 54, 1919, 337 ff., der sich auf Grund seiner quellenkritischen Unter- suchung für den Kl. St. Bernhard (das Creninnis luguni des Coelius Antipater nach Liv. XXI 38, 6) entscheidet. Kahrstedt und Ed. Meyer halten den Mont Genevre, Kromayer und Camille Jullian den Mont Cenis für den wahrscheinlichsten Weg.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 20.) 117

Kavallerie bis zum panischen Lager vor, nachdem Hannibal die Rhone be- reits überschritten hatte. Scipio machte sich sofort gegen den Feind auf, bekam ihn jedoch nicht mehr zu fassen und kehrte jetzt, nur von seinem Stab begleitet, nach Itahen zurück, während er seinen Bruder Gnaeus mit Heer und Flotte nach Spanien schickte. Sein Kollege im Konsulat Ti. Sempronius wurde nach Hannibals Eintreffen in Italien mit seinem Heer sofort von Lilybaeum zurückberufen, der Angriff auf Afrika also eingestellt.

Hannibal hatte inzwischen seinen erschöpften Truppen die nötige Er- holung gegönnt und sich durch gallische Bundesgenossen verstärkt. Die ligurisdien Tauriner, die sieh feindhch zeigten, wurden rasch bezwungen, ihre Hauptstadt erstürmt. Scipio suchte an der Spitze der zwei in Ober- italien stehenden Legionen den Feind sogleich bei den Insubrern auf, erlitt jedoch westlich vom Ticinusfluß nahe dem Po mit seinen Reitern und leichten Truppen eine Niederlage und sah sich genötigt, über den Po auf Placentia zurückzugehen. Hannibal überschritt den Strom und ging westlich von Placentia" den Römern gegenüber in Stellung. Nachdem sich hier Sempronius mit Scipio am Trebiaflufe vereinigt und einen kleineren Erfolg davongetragen hatte, beschlossen die Römer, den Hannibal anzugreifen, wurden aber völlig geschlagen (um die Zeit des Wintersolstiz, also Ende 218 v. Chr.j.') Nur die beiden Pofestungen Placentia und Cremona, die gleich nach dem Ausbruch des Krieges in Eile angelegt und mit einer starken Kolonistenbesatzung versehen waren, sollen sich den ganzen Krieg über behauptet haben; 2) sonst hei das galhsche Gebiet Oberitaliens ganz an Hannibal und Rom mußte eines Angriffs auf Mittelitalien gewärtig sein, zu dessen Abwehr zwei Heere ins Feld gestellt wurden; der eine Konsul, C. Flaminius, ein Mann von Namen, nahm bei Arretium in Etrurien Stellung, der andere, Cn. Servilius, bei Ariminum; auch Hieron von Syrakus schickte Hilfstruppen.

Im Frühjahr 217 v. Chr. brach Hannibal unerwartet auf einem kürzeren aber beschwerlichen Weg durch sumpfiges Gelände, bei Faesulae in Etrurien ein^) und durchzog verwüstend das Land. Noch ehe das zweite römische Heer herankam, wurde C. Flaminius, der den Karthagern unvorsichtig folgte, am trasimenischen See zwischen Cortona und Perusia auf dem Marsch über- fallen und vernichtend geschlagen. Wenige Tage später fiel die gesamte Reiterei des zweiten Heeres, die dem Flaminius zur Hilfe eilte, 4000 Mann unter C. Centenius, dem Hannibal in die Hände und wurde ebenfalls auf- gerieben, für die Römer ein schwerer Verlust, weil die schon früher vor- handene Überlegenheit der karthagischen Reiterei dadurch noch empfind-

"i^Polyb. III 73. 3. J. Kromayer, Antike ^) Über die Marschroute Hannibals, die

Schlachtfelder III 1, 1912, 47 ff., hat das ihn 4 Tage und 3 Nächte durch Sümpte

linke Trebiaufer als den Kampfplatz ge- führte, vgl. J. Kromayekj Antike Schlacht-

siehert. Gegen Kr. und Polybios: K. J. fehler III, 1, 104 ff., wo die Literatur bis

Beloch, Hist. Zeitschr. 114, 3. F. 18, 1915, zum Jahr 1909 berücksichtigt ist. Die

1 ff., der wieder im Anschluß au Liv. für „Sümpfe" müssen im Arnogebiet (nach

das rechte Ufer eintritt. Über die Ereig- Kr. in der Ebene von Pistoia und Florenz)

nisse des Winters vgl. O. Seeck, Hermes i liegen und waren durch Frühjahrsüber-

A^III 152; Matzat, Rom. Zeitrechnung sehwemmungen gebildet. Kromayers Re-

S. 112; Thoüeet, Rhein. Mus. XLII 426. konstruktion der Route findet im wesent-

•^) Wie unwahrscheinlich diese Tradition liehen Zustimmung bei Kahkstedt in

des Liv. ist, zeigt Kahrstedt in Meltzeks 1 Meltzers Gesch. d. Karth. III 408, 1.

Gesch. der Karthager III 400, Anm. \

218 Römische Geschichte.

lieber wurde, i) Hannibal, der nunmehr das Feld beherrschte, schlug sofort unter Verheerung des römischen Gebiets den Weg nach Unteritalien ein.^) Nach einer Rast in Picenum wandte er sich nach Apulien. Er spekulierte auf den Abfall der römischen Bundesgenossen, denen er die Kriegs- gefangenen wiederholt ohne Lösegeld heimgesandt hatte, um sich Sym- pathien zu erwerben.

In Rom, wo die Niederlage des Flaminius und namentlich des Centenius einen erschütternden Eindruck machte, wählte das Volk einen Diktator, den Q. Fabius mit dem Beinamen Maximus, der sich mit ergänzter Heeresmacht vorsichtig, ohne eine Schlacht anzunehmen, dem Hannibal zur Seite hielt. Dieser durchzog Samnium, drang weiter in Kampanien ein und plünderte das Falernergebiet aus; als die Karthager mit großem Train von da wieder nach Samnium abzogen, versuchte Fabius, ihnen die mitgeführte Beute ab- zujagen, wurde aber empfindlich geschlagen. Hannibal bezog nun in Geru- nium in Apulien Winterquartiere und sammelte Vorräte. In Rom war man mit der vorsichtigen Kriegführung des Fabius nicht zufrieden und drängte auf eine baldige Entscheidung; als daher der Reiterführer M. Minucius bei gelegentlicher Abwesenheit des Diktators über Hannibal einen Vorteil er- focht, wählte man ihn gegen alles Herkommen neben Fabius zum zweiten Diktator. 3) Jedoch Minucius erlitt bald darauf eine Niederlage durch Hannibal und entging dem Verderben nur durch des Fabius Hilfe; so rechtfertigte sich die Zaudertaktik des Fabius, der als 'Ermattungsstrateg' (Cunctator) die Niederwerfungsstrategie des im Feld überlegenen Gegners lahm legen wollte, zumal da die Zeit für Rom und gegen Hannibal arbeitete.

Für den nächsten Feldzug (216 v. Chr.) brachten die Römer ihr Heer auf die ungewöhnliche Zahl von acht Legionen. Als dann im Frühjahr Hannibal aus den Winterquartieren aufbrach und in Apulien den Krieg wieder eröffnete, sahen sich die Römer im Interesse ihrer hilfeheischenden Bundesgenossen zu einer entscheidenden Schlacht genötigt, und die Kon- suln L. Aemilius (Paullus) und C. Terentius (Varro) gingen mit Zustimmung des Senats nach Apulien ab, um den Oberbefehl zu übernehmen. Bald darauf, etwa im Juni, nach späterem römischen Datum am 2. Sextilis,^) kam es bei Cannae auf dem rechten Ufer des Aufidus zu einer der größten und blutigsten Schlachten der römischen Geschichte. Die Römer, mit Bundes- genossen gegen 80U00 Mann stark, wurden trotz ihrer Überzahl beinahe ganz vernichtet, hauptsächlich durch die an Qualität wie an Zahl überlegene Reiterei der Karthager.^) Aber auch das karthagische schwere Fußvolk, seit

') Über die Schlacht am Trasimenvissee ^) Die Kondiktatur des Minucius. eine

abschließend Kromayer a. a. 0. 148 ff. Über staatsrechtliche Abnormität, wird von

die Niederlage des Centenius s. Polyb. III Polybios (III 103, 3 f.) überliefert und

86, 8. Einen abweichenden Bericht bietet durch eine Weihinschrift des Minucius

Appian Hann. 9, wo der heute ausgetrock- selbst (CIL I 1503. ILS nr. 11) bestätigt.

nete See von Plestia in Umbrien genannt wird. Kbomayer a. a. O. stützt sich für seine Lokalisierung auf Ajjj^ian; dagegen Kahrsteut a. a. 0. 413, 3.

Den späteren Antiquaren war sie anstöfsij und wurde daher durch die Fiktion der Prodiktatur ersetzt. Liv. XXII 31, 8 ff. ■•) Nach Kahrstedt, Meltzers Gesch. d.

'-) Hannibal dachte nicht daran, direkt Karth. III 434 Anfang Jvnii. allenfalls Ende

Rom anzugreifen. Die Nachricht von Mai, nach K. J. Beloch, Klio XV, 1918,

seinem gescheiterten Sturm auf Spoletium j 400,418 erst Ende Juli.

ist erfunden (Liv. XXII 9, 1 f.). , '•>) Hannibal brachte mit Cannae den

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 21.) 119

der Schlacht am Trasimenus zum Teil römisch bewaffnet, hat einen hervor- ragenden Anteil an diesem großen Sieg. Noch in demselben Unglücksjahr fiel eine nach Oberitalien gesandte Legion in einen Hmterhalt und wurde von den Galliern aufgerieben.

Die morahsche Wirkung des karthagischen Sieges blieb nicht aus; Unter- italien wo ihre Bundesgenossen abzufallen begannen, wurde von den Römern fast c'anz aufgegeben. Zuerst trat Arpi in Apulien in Verbindung mit Hannlbal der jetzt seine Macht teilte; während er selbst nach Kampanien gin- sandte er Mago mit einem Teil der Truppen zu den Brettiern, die sich 'mit Karthago verbündeten. In Kampanien schlössen sich vor allem Capua und seine^ Nachbarn dem Karthager an; weiterhin wurde Casilmum am Volturnus an der via Appia nach langem Widerstand im Winter 216,5 V Chr. erobert; hingegen Nola und die Seestädte, besonders Neapohs, hielten nach wie vor zu Rom; viel gefeiert, aber sehr zweifelhaft über- hefert ist der glückliche Widerstand, den zuerst vor Nola M. Claudius Marcellus dem Hannibal leistete, i) In Unteritahen fielen Kroton, Locn und Peteha letzteres nach heroischer Abwehr, den Karthagern in die Hände (215 v.'chr.^. Rhegion und Elea blieben römisch, wie denn überhaupt die Griechenstädte sich zumeist den Karthagern versagten. Tarent und Um- gegend blieb durch eine Besatzung und durch Geiseln an die römische Sache gebunden Vor allem aber hielt die Elite der mittehtahschen Bundesgenossen an den Römern fest, und darum konnte Hannibal auch den gefürchteten Angriff auf Rom selbst nicht wagen.

21. Der zweite punische Krieg. Zweiter Teil. Trotz den erlittenen Niederlagen verzagten die Römer nicht, sondern verdoppelten ihre An- strengungen, wie auch die Karthager alle Kräfte anspannten. Der Krieg griff über Italien und Spanien hinaus und wuchs zu einem Weltbrand, der auch die hellenischen Staaten erfaßte. In Italien hielten die Römer sich in der Defensive. Sie vermieden jedes entscheidende Treffen mit den Truppen Hannibals, dessen Überlegenheit sie anerkannten. Aber schrittweise suchten sie ihm das Eroberte wieder abzunehmen, ihm die Hilfsmittel abzuschneiden und Verstärkungen zu hindern. Das Hauptgewicht hatte sich auf den Krieg außerhalb Italiens, besonders den spanischen verschoben; denn Spanien war als das große militärische Reservoir Karthagos von besonderer Wichtigkeit, weshalb die Römer auf diesem Schauplatz offensiv auftraten, um schheß- hch hier mit ihrem immer besser geschulten Heer den Krieg im Prmzip zu

schon an der Trebia kenntlichen Typus ! Kommando auf ,f l^f ^h^^" ^^^|J? f ^^5|j

der Einkreisung des Gegners durch dessen - am Tag der Schlacht CTerentius. ihn

SifisäntvoS beiden Flügeln zu klas- machen die späteren Quellen zum Sunden-

S?cheAVendung. Der nfcht ganzer- i bock, der - ein übler Emporkommhng -

reichte Zweck war die völHge Vernich- 1 sich durch demagogische Mittel die Gunst

tuni Vgl vor allem J.Kromayer, Antike der Menge erschlichen habe Liv XXII

Sch?;chtLderIILl,278ff.,demsichK.HK- \ 25 f., 34). Das f'^^^-^^ffll^t^,

STEDT a.a.O. 428 flf. in der Hauptsache an- leumdungen des C. Flammius, gehässige

schliefst (gegen H. Delbrück, Gesch. der j Erfindung.

Krieo-skunst I^ 321 ff., der mit dem aut ') Livius XXIII 15 f. 44 tt. AAi\ i/.

dnetaXgische Quelle (Silenos) zu- 1 Plut.Marc.il. ^g^^™ "\f^^J l'/,',^

rückgehenden Bericht des Polybios III A. 4 genannten Schrift ^- ^"|^ ^^.^«^

HO ff. sehr willkürlich umspringt). Das ; stedtiuMeltzers Gesch. d.Kaith.I11448,l.

120 Römische Geschichte.

ihren Gunsten zu entscheiden. Auf karthagischer Seite ist Hannibal die treibende Kraft, die Seele des ganzen Krieges; er hat auch den außer- italischen Kriegsschauplätzen seine Fürsorge zugewandt. ^) Den Römern kam es sehr zustatten, dala sie die Überlegenheit zur See behaupteten, obwohl der Seekrieg diesmal viel geringere Bedeutung besaß als im ersten punischen Krieg. Doch kreuzten auf beiden Seiten an den Küsten von Sizilien, Italien, Sardinien und auch Spanien ansehnliche Flotten. Die Kar- thager haben nicht ernstlich versucht, die Seeherrschaft zu gewinnen, was anscheinend über ihre Kräfte gegangen wäre.

Zunächst trat Sizilien in den Krieg ein. Es war für die Römer ein Glück, daß ihnen die wertvolle Insel mehr als ein Jahr nach der Schlacht bei Cannae unbestritten verblieben war. Erst nachdem, etwa im Frühjahr 215 v. Chr., Hieron in hohem Alter verstorben war, begann es auf Sizilien zu gären. Hierons Enkel und Nachfolger Hieronymos löste Syrakus bald vom römischen Bündnis, um sich mit Hannibal in Verbindung zu setzen. Hippokrates und Epikydes, zwei Offiziere Hannibals von syrakusanischer Abkunft, gewannen auf Hieronymos Einfluß; so schloß er denn einen Ver- trag mit den Karthagern, in dem er sich ansehnliche Gebietserweiterung zusichern ließ. Von Rom aus schickte man den Konsul M. Claudius Mar- cellus nach Sizilien. Doch blieb fürs erste der Friede noch erhalten. Als dann Hieronymos den Angriff auf römisches Gebiet eröffnen wollte, wurde er in Leontini nach einer Herrschaft von dreizehn Monaten ermordet (21-1 V. Chr.). Mit ihm fiel in Syrakus auch die Monarchie. Eine aristo- kratische, römische Partei gelangte ans Ruder, man erneuerte den Bund mit Rom, und ein etwas später unternommener Versuch, die Tyrannis zu restaurieren, endete mit der Ausrottung der Familie Hierons. Aber bald folgte ein Rückschlag. Das gestürzte Herrscherhaus hatte noch viele An- hänger, Hippokrates und Epikydes waren in Syrakus geblieben, und unter ihrem Einfluß empörte sich zuerst ein Teil des syrakusanischen Heeres in Leontini, worauf die Römer die Stadt erstürmten und schwer heimsuchten, ein Eingriff, der auch die übrigen syrakusanischen, in der Mehrheit ohne- hin karthagisch gesonnenen Truppen zur Erhebung veranlaßte. Sie schlössen sich dem Hipjjokrates an, bemächtigten sich der Stadt Syrakus, stürzten die Regierung, übertrugen die Gewalt dem Hippokrates und Epikydes und verbündeten sich wieder mit den Karthagern. Daraufhin zog Marcellus zu Wasser und zu Land vor die Stadt und begann sie zu belagern (213 v. Chr.). 2)

Aber Syrakus, die starke und wohlausgerüstete Festung, w^urde durch das technische Genie des Archimedes so überlegen verteidigt, daß die Römer nach acht Monaten den Angriff einstellten und sich auf die Blockade be- schränkten. Um jene Zeit landete ein karthagisches Heer, besetzte Akragas und kam von hier den Syrakusanern zu Hilfe: auch eine karthagische Flotte erschien vor der Stadt. Marcellus hatte zeitweilig einen schweren

') Polyb. IX 22. XI 19. [ übrigen vgl. Niese, Geschichte d. griech.

^) Giüs. Tuzr in d. Shidi di storia antlca u. makedon. Staaten II -505 ff. und über die

piibhJ. da GiüL. Beloch I 81 f. hat erwiesen, ; Chronologie daselbst S. 543 Anm. 2. Vgl.

daß die Belagerung von Syrakus erst im auch Kahrstedt in Meltzers Gesch. der

Frühjahr 213 v. Chr. angefangen hat. Im j Karth. III 471, 1.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). (S 21.) 121

Stand, zumal da eine größere Anzahl sizilisclier Städte sich von den Römern lossiigte, zur Behauptung der Freiheit einen Bund schloß und mit Syrakus und den Karthagern gemeinsame Sache machte. Aber Marcellus ließ sich nicht beirren, und 212 v. Chr. gelang es ihm, bei Gelegenheit eines Festes durch einen Handstreich Epipolae, den westlichen Stadtteil von Syrakus, zu nehmen. Ein neuer, von Akragas aus unternommener Entsatzversuch der Karthager unter Hippokrates schlug fehl, und nun begannen die sizilischen Griechen mit Marcellus über den Frieden in Unterhandlung zu treten. Über der Friedensfrage brach in dem belagerten Syrakus ein schwerer Konflikt zwischen der Bürgerschaft und den Söldnern, die sich preisgegeben glaubten, aus. Nachdem ein verräterischer Iberer die Inselburg Ortygia den Römern in die Hände gespielt hatte, konnte sich auch die Altstadt Achradina nicht mehr behaupten, sondern mußte sich ergeben. Das unglückliche Syrakus wurde als eroberte Stadt behandelt und der Plünderung preisgegeben, wobei auch Archimedes sein Ende fand. Die Römer machten eine gewaltige Beute, deren Ertrag ihren zerrütteten Finanzen zugute kam; viele Werke griechi- scher Kvmst wurden vom Sieger Marcellus nach Rom entführt, das erste, später oft wiederholte Beispiel dieser gewaltsamen Art römischer Kunst- pflege. Die Syrakusaner behielten ihre persönliche Freiheit, aber ihre Stadt wurde abhängig und abgabenpflichtig. Die übrigen sizilischen Griechen machten ebenfalls in der Mehrzahl ihren Frieden mit Rom. Doch hielt eine Anzahl noch immer an den Karthagern fest, die von Akragas aus den Krieg fortsetzten und auf deren Seite sich besonders der Libyphöniker Myttones (Muttines), den Hannibal an Stelle des gefallenen Hippokrates gesandt hatte, als geschickter Führer auszeichnete. Marcellus wie sein Nach- folger, M.Valerius (Laevinus), Konsul von 210 v. Chr., hatte mit ihm zu kämpfen. Aber der karthagische Oberbefehlshaber Hannon war auf Myttones eifersüchtig und fügte ihm eine schwere Kränkung zu, wofür sich der Zurück- gesetzte durch Übertritt zu den Römern, denen er Akragas überlieferte, rächte (210 v. Chr.).') Jetzt räumten die Karthager die Insel, die Valerius völlig unterwarf und beruhigte.

Auch auf Sardinien versuchten nach der Schlacht bei Cannae die Karthager sich mit einheimischer Hilfe wieder festzusetzen, doch behaupteten in den dortigen Kämpfen die Römer das Übergewicht (215 v. Chr.).

Ein Ereignis von besonderer Tragweite bildete der Eintritt Makedoniens in den Krieg. ^) Gleich nach der Schlacht am Trasimenus hatte in Hellas Philipp den Bundesgenossenkrieg durch den Frieden von Naupaktos be- endigt, um gegen die Römer freie Hand zu haben (217 v.Chr.); er begann sofort Illyrien anzugreifen; denn die Vertreibung der Römer aus Illyrien war für Makedonien von höchster Bedeutung, ja eine Lebensfrage. Doch der erste Versuch Philipps endete kläglich, und nach der Schlacht bei Cannae

') Myttones erhielt zur Belohnung das rol vlol aviov Jlo.-rhog Fmog Mdagnog Koivrog römische Bürgerrecht und nahm den Ge- j 'PcofiaToc. SIG II' nr. 585, Z. 87 ff.

schlechtsnamen seines Patrons Valerius ■') Fr. A. Scott, Makedonien und Rom

an. Er beteiligte sich später mit seinen während des hannibalischen Krieges (221

Söhnen am zweiten makedonischen Krieg 211), Leipzig 1873, Niese, Geschichte der

und erscheint unter den Ehrenbürgern griech, und makedon. Staaten II 465 ff, Delphis als Mäagxog 'Oa/J^iog 6 Moziövtjg aal

]^22 Römische Geschichte.

schloß er daher mit llannibal einen Vertrag, worin sich beide Kontrahenten Hilfe gegen die Römer zwar nicht unbedingt zusagten, aber in Aussicht stellten, und worin ferner bestimmt war, dafj die Römer ihre illyrischen Besitzungen verlieren sollten (216/15 v. Chr.). ^) Nunmehr begann sogleich der Krieg um Illyrien, dessen Schutz der Prätor M. Valerius (Laevinus) mit einer Flottenabteilung übernahm.

In Italien, dessen Kriegsgeschichte für uns mit dem Versiegen der besten Quelle, des Polybios, sehr unsicher wird, begannen die Römer langsam wieder Boden zu gewinnen; in Apulien und Kampanien hielten sie den Hannibal, der genötigt war, seine Macht zu teilen, in Atem. Freilich blieben neue Verluste und Niederlagen nicht aus. So geriet 213 v. Chr. der Konsul Ti. Sempronius Gracchus in einen Hinterhalt und fand den Tod.^) Unter- italien ging den Römern einstweilen fast ganz verloren, da es dem Hannibal gelang, im Einverständnis mit tarentinischen Freunden Tarent zu über- rumpeln (Winter 213/12 v. Chr.), und bald darauf auch Metapontion, Hera- kleia und Thurii in seine Gewalt fielen; nur auf der Akropolis von Tarent hielt sich eine römische Garnison. 214 v. Chr. gewannen die Römer Casilinum zurück, im nächsten Jahr Arpi in Apulien, und 212 v. Chr. konnte Capua ringsum eingeschlossen und belagert werden. Im Vertrauen auf die zugesagte Hilfe Hannibals lehnte die Stadt die Unterwerfung ab und hielt den Winter über die Belagerung aus. Im Frühjahr 211 v. Chr. erschien auch Hannibal zum Entsatz, aber er vermochte die Römer, die sich befestigt hatten, nicht zur Aufhebung der Belagerung zu zwingen. Damals unternahm Hannibal eine Entlastungsoffensive für Capua durch eine Demonstration gegen Rom;^) sein unerwartetes Erscheinen vor den Toren der Hauptstadt verursachte großen Schrecken; aber er fand die Stadt im Verteidigungszustand und ver- fehlte seinen Zweck, das römische Belagerungsheer von Capua zum Schutz Roms abzuziehen. Capua erlag schließlich dem Hunger und wurde streng bestraft; die Stadt büßte ihre Eigenschaft als Gemeinde ein; ihr Gebiet ging in den Besitz des römischen Volkes über. Auch die übrigen abtrünnigen Städte Kampaniens fielen an die Römer zurück. Capuas Fall machte in Italien Eindruck, Hannibals übrige Bundesgenossen wurden schwankend, und nicht wenige warteten nur auf die Gelegenheit, an die Seite Roms zurückzutreten.

Besonderes Augenmerk verdient das spanische Kriegstheater.'*) Schon 218 V. Chr. setzten sich die Römer unter Cn. Scipio nördlich des Ebro fest und behaupteten sich, besonders nachdem sie unterstützt von den Massalioten

') Die Vertragsurkunde bei Polybios ist verfälscht, aber auch die sonstigen

VII 9. Die Fassung bei Livius XXIII 33 Berichte weichen stark von Polybios ab.

ist gefälsclit und ohne Wert. Vgl. Egel- Über das Quellenverhältnis vgl. H. Haupt

haap, Hist. Zeitschr. N. F. XVII 456. in d. Melcon/es Graux 1884, 23 ff., über den

Die Zeit nach Polyb. VIII 85, 1. Livius Marsch J. Kkomayer, Gott. gel. Anz. 1917,

XXV 16 gibt das J. 212 v. Chr.; so auch Kahrstedt in Meltzers Gesch. d. Karth. III 472.

^) Hannibal marschierte auf einem Um- weg durch samnitisches Gebiet nach Rom,

469 f. (gegen Kahrstedt).

*] H. Genzken, De rebus a P. et Cn. Cor- neliis Scip. in Hispcoiia gestis, Göttingen 1879; J. Fkentz, Die Kriege der Scipionen in Spanien, München 1883; Soltau, Hermes

das er über den Anio erreichte. Polyb. j 26, 408; J. .Tumpektz, Der röm.-karthag. IX 5 f. Der Bericht des Livius XXVI 8 ff. | Krieg in Spanien 211-206, Diss.Leipz. 1892.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 21.) 123

an der Mündung des Ebro 217 v. Chr. einen Seesieg erfochten hatten.') Ihr Stützpunkt war Tarraco. Als in demselben Jahr Verstärkungen unter dem Bruder des Cn., P. Scipio, eintrafen, überschritten die Römer den Ebro und knüpften mit den spanischen Untertanen der Karthager Verbindungen an. Hier waren jedoch die Karthager mächtiger; erst als sich Hasdrubal 215 Y. Chr. durch einen Aufstand des numidischen Königs Syphax genötigt sah, nach Afrika hinüberzugehen, machten die römischen Trupjjen größere Fort- schritte. 21-1: V. Chr. eroberten sie Sagunt und gewannen bis ins südliche Spanien hinein Bundesgenossen. Als aber der Aufstand in Afrika unter- drückt war und Hasdrubal mit seinen Truppen zurückkehrte, wurden die Scipionen mit überlegener Macht angegrifPen. Sie mußten, um sich zu be- haupten, spanische Söldner einstellen, die ihnen aber untreu wurden. Die beiden Brüder hatten sich getrennt und wurden beide nacheinander von Hasdrubal und Mago besiegt 2) und getötet, zuerst Publius, dann Gnaeus (211 v.Chr.); alle Eroberungen südlich des Ebro gingen den Römern ver- loren. Aber nördlich behaupteten sie sich, und der Fall Capuas befähigte sie, neue Truppen nach Spanien zu werfen unter zwei neuen Feldherren, P. Cornelius Scipio, dem gleichnamigen Sohne des gefallenen, und M. Junius (Silanus). Die eigentliche Leitung fiel dem Scipio zu, einem noch jungen Mann (geb. um 235 v. Chr.), der, damals ein unerprobter Anfänger, das poli- tische Erbe seines Vaters und seines Hauses in Spanien anzutreten sich an- schickte.^) Wachsend mit seinen höheren Zwecken, stieg der geniale und hochgebildete Mann allmählich auf zum größten Römer seiner Zeit; kein Wunder, daß man ihn mit Alexander dem Großen verglich und ihn wie diesen mit einem überirdischen Nimbus umwob,^) 210 v. Chr. ging Scipio nach Spanien ab, wo er die Lage geschickt ausnutzte. Die Karthager hatten nämlich nach ihrem Sieg durch Härte und Grausamkeit gegen die Unter- worfenen viel Haß gesät; Hasdrubal vertrug sich nicht mit den ihm bei- geordneten Kollegen; die vernachlässigte Flotte überließ der römischen die See. So glückte es dem Scipio schon 209 v. Chr., während die drei kartha- gischen Heere sich voneinander getrennt hatten und weit entfernt standen, mit Hilfe der Flotte unter C. Laelius das schwach besetzte Neu-Karthago zu erobern, den Hauptwaffenplatz der Karthager, mit dem große Vorräte jeglicher Art und zugleich alle spanischen Geiseln in seine Gewalt kamen. ^) Besonders emjDfindlich war für die karthagischen Finanzen der Verlust der Silberminen. Bereits in der nächsten Zeit trat eine Anzahl iberischer und keltiberischer Völker zu den Römern, die damit in Spanien eine feste Basis gewannen, über. So überwanden die Römer allmählich die Krisis; dank ihrer zähen Tat- kraft hatte der Krieg kulminiert, die Wagschale sich zu ihren Gunsten ge-

') In diesen Zusammenhang scheint das 1068 ff.

kleine Sosylosfragmeut auf Papyrus (vgl. ! *) Die supranaturalistischen Züge der

oben S. 99 A. 8) zu gehören. i landläufigen Tradition, den Götterapparat

2) Polyb. IX 22, 2 f. ' und die Visionen Scipios, hat Polybios

^) MoMMSEN hat sein Bild ganz ver- rationalisiert (cf. X 2) und so den großen

zeichnet. Eine gerechte Würdigung hat i Mann für vuiser Gefühl unversehens zum

erst U. Kahestedt in Meltzers Gesch. d. j Charlatau gestempelt.

Karth. III .502 ff. angebahnt und Ed. Meyer j ^) Vgl. die Analyse des polybianischen

auf Grund einer Analyse des Polvbios 1 Berichts durch R. Laqüeur, Hermes 56,

glänzend durchgeführt, SB. Berl.Ak. 1916, \ 1921, 131 ff.

124

Römische Geschichte.

neigt. Aber auch die Karthager haben Großes geleistet, nur da ihre Bürger- schaft kleiner, ihre Herrschaft nicht so konsolidiert war: ach mögen die leitenden Kreise im Durchschnitt an ausdauerndem und pferfreudigem Siegerwillen den Römern, die über die besseren Nerven vctügten, nach- gestanden haben. Doch noch waren diese nicht über alle brge; im Jahr 210 V. Chr. verschlimmerte sich ihre Lage durch eine große lungersnot in Italien; eine römische Gesandtschaft mußte sich von Ptoleu^ios IV ägyp- tisches Korn erbitten.') Aber ein starker Aktivposten war ditünterwerfuno- Siziliens, die 210 v. Chr. durchgeführt wurde. Auch in Italiei erzielte Rom stetige Fortschritte, Hannibal sah sich immer mehr eingeent. 210 v. Chr. stand der Krieg hauptsächlich in Apulien, wo Cn. Fulvius Oentumalus)^) Herdonea belagerte und dabei von Hannibal geschlagen wuro. Der Punier drang sogar nochmals in Kampanien ein und verpflanzte voi dort die Be- wohner des ihm treu gebliebenen Atella nach Thurii.-'') Doc im nächsten Jahre (209 v. Chr.) wurde Tarent von Q. Fabius Maximus angegrfen; während nun Hannibal sich gegen eine von Sizilien aus herübergewonne Truppen- schar nach Süden zu den Brettiern wenden und von Tarent ent3rnen mußte, fiel diese Stadt durch Verrat an die Römer und erfuhr ein ähnlihes Schicksal wie Syrakus; denn auch Tarent wurde geplündert und mute seine bis- herige Autonomie gegen ein Untertanenverhältnis vertauschen blieb jedoch auch nach diesem Schlag die angeseliene Griechenstadt.

Im Feld waren dem Hannibal auch jetzt noch taktisch« Erfolge be- schieden; im Jahr 208 v. Chr. fiel gegen ihn in Lukaniender Konsul M. Marcellus. Hannibal hatte des öfteren aus Karthago Versirkungen er- halten; aber um sich in Italien zu behaupten, bedurfte er dnchgreifender Hilfe. Diese ihm zu bringen, brach im Jahr 208 v.Chr. sein Bruor Hasdrubal mit einem Heer aus Spanien auf, und hier kombiniert sicli'ler italische Krieg mit dem spanischen. Bei Baecula am Baetis in der Näh von Castulo trat ihm Scipio in den Weg und errang zwar einen bedeutendn taktischen Sieg,^) konnte jedoch den Durchbruch Hasdrubals nicht vcjindern. Im nächsten Jahr erreichte Hasdrubal über die Alpen^) Italien. wo er sich durch gallische Hilfstruppen auf einige 30000 Mann'') verstärke Seine An- kunft machte den Römern schwere Sorgen. Von allen Seite, auch aus Spanien und Griechenland wurden die verfügbaren Streitkraft» aufgeboten. Gegen Hasdrubal entsandte man den Konsul M. Livius (Sahnair), während dessen Kollege C. Claudius (Nero) in Defensivstellung im Süden on Hannibal beobachtete. Als aber Hasdrubal heranzog, beschloß Claudius, einem Kol-

1) Polyb. IX 11 a (44). Ganz anders Li- vius XXVII 4, 10.

2) Der Konsul des Vorjahres (211 v. Chr.). Im Jahr 212 v. Chr. war ein anderer Ful- vier, der Prätor Cn. Fu l viiis (Flaccus), eben- falls bei Herdonea von Hannibal schimpf- lich besiegt worden. Kahrstedt in Melt- ZERS Gesch. d. Karth. III 500, 1 erklärt die Schlacht von 210 für eine bloße Dublette zu dem Ereignis von 212.

3) Appian Hann. 49. dessen Bericht vor Livius XXVI 34. XXVII .3 den Vorzug

verdient.

*) Hyperkritik erklärte le doch von Polyb. überlieferte Schlacl für unhisto- risch, weil Scipio sein stno2;isches End- ziel verfehlte. Enthusiastis: wird Scipios Strategie von Kahrstedt in >jltzeks Gesch. d. Karth. III 518 ff. beurtei.

^) Wohl über den Mont renevre (vgl. Kahrstedt a. a. O. 521, 2 ud Viedebantt, Hermes 54, 1919. 870 ff.).

•^) Nach der Schätzung Kwiayeks, Aut. Schlachtf. III. 1. 491 ff'.

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5. Dritte Periode: Bis z- Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 21.) 125

legen mit einem Teil -ines Heeres zu Hilfe zu kommen. So traten d

le ngling am Metaurus, bei Sena Gallica mit über- Hasdrubal wollte die Sehlaclit vermeiden und ! -ichieren, wurde aber gestellt und völlig geschlagen; ') Hannibal, der seinem Bruder nach Apulien keine sichere Kunde von ihm hatte, kehrte jetzt 'riick, auf dessen Behauptung er sich fortan be- ' 'taurus brachte den Krieg zur Entscheidung, se- ien; denn auch liier konnten die Kartliager sich it Scipios nicht mehr behaupten. Im Jahr 206 r bei Ilipa (etwas oberhalb von Sevilla) einen südliche Spanien erschlof^. Sie stielten zwar in -ionders in Astapa auf Widerstand; aber .schließlich ift'n. Die Karthager gaben den Kampf auf: ihr /.weiter Briidei'. räumte zuletzt die Insolstadt (Jades en Resten von Heer und Flotte nach Italien cinzu- ruine hatte eingehen lassen, so konnte er die Ab- -. die alte phcinizi-sehe Kolonie, öffnete den Kömern I ihnen ein Bündnis. So waren denn die Karthager Zuletzt iiatte Scipio noch mit einigen hartnäckigen nnigen Bundesgenossen, auch mit einer Meuterei im ;: er begnügte sich mit einer vorläufigen Beruhigung lach Rom; noch 20() v.Chr. fuhr er von Tarraco /.uorst nach den Balearen, ül)er\vinterte dort und rien, um von hier aus, von den Galliern unterstüzt, i2()5v. riir.).

Nach den KrtiM_ auf Sizilien, in Spanien und Italien faßte man in Rom den Entschlul.i nnmehr zum Angriff auf Karthago überzugehen und den Scipio, der sici. uter allen Heerführern am meisten l)e\vidirt hatte, mit diesem Unterntiuiii zu betrauen: ihm war das Konsulat für 200 v.Chr. zugedacht. Schon von Spanien aus war Scipio nach Afrika hinübergefahren und hatte den Nuhhdc Syphax, der schon mit seinen Vorgängei-n P. und Cn. Scipio in Verl»iii<ing getreten war, für Rom gewonnen (20() v. Clir.). Nach Antritt des Ixusulats in Rom begab sich Scipio nach Sizilien, um mit Hochdruck di' . iidung in Afrika vorzubereiten: ])ei den sizilischen Griechen, deren Zih ;uug er gewann, fand er Unterstützung. Von Sizilien aus hatte er Geleutnoit, dem Hannibal Locri zu entreißen.

Noch ehe der .; uriff auf Afrika zur Ausfülirung gelangte, fand der Krieg gegen Philipp on Makedonien, der erste makedonische, sein Ende.-) Mangels einer ein nii tigen Flotte hatte Philipp in Illyrien gegen die Römer

beiden Konsuln dei legenen Kräften t i an den Römern vorbc er kam selbst uni- entgegen gerückt ^\ ins brettische Gebier schränkte. Der Sic wohl in Italien ah gegen die wachsen V. Chr. erfochten ' Sieg, der ihnen .i den dortigen Städtin mußte sich alles i Feldherr Mago, Hai (Gadeira), um sicii im schiffen; da Scipio fahrt niciit hindern die Tore und scliloi aus Spanien verdränj Widersachern und al. eigenen Heer zu sc h ' des Landes und i i dorthin. Mago se^i' landete darauf in l.n den Kriet; fortzu>« ;

') Pulyb,X37. XI 1 letzte Feldzug des I '• u. d. Schlacht am M. für klass. Philo), u. .\ i Berlin 1S<)7. Konk. I der drei Barkiden >> graphie: Kkomayek ;i von Kahrstkdt ;i.

.' . R, Oehler, Der ciden Hasdrubal irus (Berl. Stud. '.logieN. F. III), vNN, Die Angriße Über die Topo- ■124 ff., abgelohnt 1.

') W. ScHORN, Gesch.Griechenlands, Bonn 183:^, S. 178f.; IIertzbero, (»esrh.Grieclien- lands unter den Körnern I 21 f.; Gics, Clementi in den Studi di storia antUa puhhl. da GiuL. Beloch I 49 f. Vise. Costanzi bei E. Pais, Stndi storici 1 (1908) ;^1 f. Niese, (tesch. der griech. u. makodon. Staaten I II 475 ff.

124: Römische Geschichte.

neigt. Aber auch die Karthager haben Großes geleistet, nur daß ihre Bürger- schaft kleiner, ihre Herrschaft nicht so konsolidiert war; auch mögen die leitenden Kreise im Durchschnitt an ausdauerndem und opferfreudigem Siegerwillen den Kömern, die über die besseren Nerven verfügten, nach- gestanden haben. Doch noch waren diese nicht über alle Berge; im Jahr 210 V. Chr. verschlimmerte sich ihre Lage durch eine große Hungersnot in Italien; eine römisclie Gesandtschaft mußte sich von Ptolemaios IV ägyp- tisches Korn erbitten.') Aber ein starker Aktivposten war die Unterwerfung Siziliens, die 210 v. Chr. durchgeführt wurde. Auch in Italien erzielte ßom stetige Fortschritte, Hannibal sah sich immer mehr eingeengt. 210 v. Chr. stand der Krieg hauptsächlich in Apulien, wo Cn. Fulvius {Centumalus)^) Herdonea belagerte und dabei von Hannibal geschlagen wurde. Der Punier drang sogar nochmals in Kampanien ein und verpflanzte von dort die Be- wohner des ihm treu gebliebenen Atella nach Thurii.^) Doch im nächsten Jahre (209 v. Chr.) wurde Tarent von Q. Fabius Maximus angegriffen; während nun Hannibal sich gegen eine von Sizilien aus herübergeworfene Truppen- schar nach Süden zu den Brettiern wenden und von Tarent entfernen mußte, fiel diese Stadt durch Verrat an die Römer und erfuhr ein ähnliches Schicksal wie Syrakus; denn auch Tarent wurde geplündert und mußte seine bis- herige Autonomie gegen ein Untertanenverhältnis vertauschen, blieb jedoch auch nach diesem Schlag die angesehene Griechenstadt.

Im Feld waren dem Hannibal auch jetzt noch taktische Erfolge be- schieden; im Jahr 208 v. Chr. fiel gegen ihn in Lukanien der Konsul M. Marcellus. Hannibal hatte des öfteren aus Karthago Verstärkungen er- halten; aber um sich in Italien zu behaupten, bedurfte er durchgreifender Hilfe. Diese ihm zu bringen, brach im Jahr 208 v.Chr. sein Bruder Hasdrubal mit einem Heer aus Spanien auf, und hier kombiniert sich der italische Krieg mit dem spanischen. Bei Baecula am Baetis in der Nähe von Castulo trat ihm Scipio in den Weg und errang zwar einen bedeutenden taktischen Sieg,^) konnte jedoch den Durchbruch Hasdrubals nicht verhindern. Im nächsten Jahr erreichte Hasdrubal über die Alpen ^) Italien, wo er sich durch gallische Hilfstruppen auf einige 30000 Mann'') verstärkte. Seine An- kunft machte den Römern schwere Sorgen. Von allen Seiten, auch aus Spanien und Griechenland wurden die verfügbaren Streitkräfte aufgeboten. Gegen Hasdrubal entsandte man den Konsul M. Livius (Salinator), während dessen Kollege C. Claudius (Nero) in Defensivstellung im Süden den Hannibal beobachtete. Als aber Hasdrubal heranzog, beschloß Claudius, seinem Kol-

1) Polyb. IX 11 a (44). Ganz anders Li- verdient,

vius XXVII 4, 10. ^) Hyperkritik erklärte die doch von

^) Der Konsul des Vorjahres (211 v. Chr.). Polyb. überlieferte Schlacht für unhisto- Ini Jahr "212 v. Chr. war ein anderer Ful- risch, weil Scipio sein strategisches End- vier, der Prätor Cn. Fulvius (Flaccus), eben- ziel verfehlte. Enthusiastisch wird Scipios falls bei Herdonea von Hannibal scliimpf- Strategie von Kahrstedt in Meltzers Gesch. lieh besiegt worden. Kahrstedt in Melt- d. Karth. III 518 tf. beurteilt. ZERS Gesch. d. Karth. III 500, 1 erklärt die '") Wohl über den Mont Genevre (vgl. Schlacht von 210 für eine bloße Dublette Kahrstedt a. a. O. 521, 2 und Viedebantt, zu dem Ereignis von 212. Hermes 54, 1919. 370 ff.).

^) Appian Hann. 49. dessen Bericht vor ^) Nach der Schätzung Kkomayers, Aut. Livius XXVI 34. XXVII 3 den Vorzug ; Schlachtf. III, 1, 491 ff.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 21.) 125

legen mit einem Teil seines Heeres zu Hilfe zu kommen. So traten die beiden Konsuln dem Eindringling am Metaurus, bei Sena Gallica mit über- legenen Kräften entgegen. Hasdrubal wollte die Schlacht vermeiden und an den Römern vorbeimarschieren, wurde aber gestellt und völlig geschlagen; er kam selbst ums Leben. i) Hannibal, der seinem Bruder nach Apulien entgegen gerückt war, aber keine sichere Kunde von ihm hatte, kehrte jetzt ins brettische Gebiet zurück, auf dessen Behauptung er sich fortan be- schränkte. Der Sieg am Metaurus brachte den Krieg zur Entscheidung, so- wohl in Italien als in Spanien; denn auch hier konnten die Karthagersich gegen die wachsende Macht Scipios nicht mehr behaupten. Im Jahr 206 \. Chr. erfochten die Römer bei Ilipa (etwas oberhalb von Sevilla) einen Sieg, der ihnen auch das südliche Spanien erschloß. Sie stießen zwar in den dortigen Städten, besonders in Astapa auf Widerstand; aber schließlich mußte sich alles unterwerfen. Die Karthager gaben den Kampf auf; ihr Feldherr Mago, Hannibals zweiter Bruder, räumte zuletzt die Inselstadt Gades (Gadeira), um sich mit den Resten von Heer und Flotte nach Italien einzu- schiffen; da Scipio seine Marine hatte eingehen lassen, so konnte er die Ab- fahrt nicht hindern. Gades, die alte phönizische Kolonie, öffnete den Römern die Tore und schloß mit ihnen ein Bündnis. So waren denn die Karthager aus Spanien verdrängt. Zuletzt hatte Scipio noch mit einigen hartnäckigen Widersachern und abtrünnigen Bundesgenossen, auch mit einer Meuterei im eigenen Heer zu schaffen; er begnügte sich mit einer vorläufigen Beruhigung des Landes und eilte nach Rom; noch 206 v. Chr. fuhr er von Tarraco dorthin. Mago segelte zuerst nach den Balearen, überwinterte dort und landete darauf in Ligurien, um von hier aus, von den Galliern unterstüzt, den Krieg fortzusetzen (205 v. Chr.).

Nach den Erfolgen auf Sizilien, in Spanien und Italien faßte man in Rom den Entschluß, nunmehr zum Angriff' auf Karthago überzugehen und den Scipio, der sich unter allen Heerführern am meisten bewährt hatte, mit diesem Unternehmen zu betrauen ; ihm war das Konsulat für 205 v. Chr. zugedacht. Schon von Spanien aus war Scipio nach Afrika hinübergefahren imd hatte den Numider Syphax, der schon mit seinen Vorgängern P. und Cn. Scipio in Verbindung getreten war, für Rom gewonnen (206 v. Chr.). Nach Antritt des Konsulats in Rom begab sich Scipio nach Sizilien, um mit Hochdruck die Landung in Afrika vorzubereiten; bei den sizilischen Griechen, deren Zuneigung er gewann, fand er Unterstützung. Von Sizilien aus hatte er Gelegenheit, dem Hannibal Locri zu entreißen.

Noch ehe der Angriff auf Afi'ika zur Ausführung gelangte, fand der Krieg gegen Philipp von Makedonien, der erste makedonische, sein Ende.^) Mangels einer ebenbürtigen Flotte hatte Philipp in Illyrien gegen die Römer

') Polyb. X 37. XI 1, 2 ff. R. Oeblee, Der 1 ^) W.8cHOEN,Gesch.Griechenlands,Bonn letzte Feldzug des Barkideii Hasdrubal 1 1833. 8. 178 f.; Hertzberg, Gesch. Griechen- 11. d. Schlacht am Metaurus (Berl. Stud. j lands unter den Römern I 21 f.; Gitjs.

für klass. Philol. u. Archäologie N. F. II 1), Berlin 1897. Kokk. Lehmann, Die Angriffe der drei Barkiden S. 190. Über die Topo- graphie: Keomater a.a. 0.424 ff., abgelehnt von Kahrstedt a. a. 0. 527, 1.

Clementi in den Stndi di storla antica pubbl. da GiuL. Beloch I 49 f. Vinc. Costanzi bei E. Pais, Sfiidi stor/ci 1 (1908) 31 f. Niese, Gesch. der griech. u. makedon. Staaten II 475 £f.

126 Römische Geschichte.

unter M. Valerius Lacvinus zunächst wenig Erfolg gehabt. Ein Handstreich auf Korkyra schlug fehl, und vor Apollonia, das er belagerte, erlitt er eine Niederlage (214 v. Chr.). Aber 213 v. Chr. eroberte er Lissos und Dimallos und machte bedrohliche Fortschritte. Um so vorteilhafter war es für die Könicr, daß sie bald nach der Eroberung von Syrakus im Herbst 212 v. Chr. den ätolischen Bund zur Teilnahme am Krieg gegen Makedonien gewannen und so den Schauplatz von Illyrien nach Griechenland verlegten. In einem Ver- trag von Naupaktos verpflichteten sich die Römer, die Aetoler mit 25 Krieg- schiffen zu unterstützen und ihr Territorium zu erweitern; von den eroberten Städten sollte die bewegliche Habe den Kömern, der Grund und Boden den Aetolern zufallen; die Kontrahenten verpflichteten sich, nur in gegenseitigem Einverständnis Frieden mit Philipp zu schließen. Schon im nächsten Jahr (211/10 V. Chr.) traten noch andere griechische Staaten, Elis, Messene und Sparta, in den Kampf gegen Philipp ein; dazu gesellten sich die nördlichen Feinde Makedoniens, Dardaner und Illyrier, sowie König Attalos von Perga- mon, während dessen Nachbar, Prusias von Bithynien, und besonders die Achäer sich zu Makedonien hielten. Philij^p, der sich von allen Seiten be- droht sah, leistete zwar energischen Widerstand, mußte aber, was für Rom das Wichtigste war, auf seine illyrischen Pläne vorläufig verzichten.

Der Krieg in Griechenland berührte die verschiedensten Teile des Landes. Die Römer beteiligten sich mit ihrer Flotte und Seesoldaten, zuerst unter M. Valerius, seit 211 v. Chr. unter dem Konsul P. Sulpicius (Galba). 212 v. Chr. eroberten sie Zakynthos und Oiniadai in Akarnanien, im nächsten Jahr Antikyra, 210 v. Chr. Dyme in Achaia und die Insel Aegina. Die Ereignisse kulminierten 208 v. Chr., als auch Attalos eingriff und seine Flotte sich im ägäischen Meere mit der römischen vereinigte, während dem Makedonen- könig karthagische Schiffe zu Hilfe kamen. Damals eroberten die Römer mit Attalos zusammen das euböische Oreos, konnten sich aber nicht halten ; denn durch einen Angriff des Prusias wurde Attalos zur Rückkehr in sein Land gezwungen und die römische Flotte verließ das ägäische Meer, um im nächsten Jahr, als Hasdrubals Anmarsch die Römer zur Konzentrierung in Italien veranlaßte, ganz auszubleiben. Makedonien erlangte das Über- gewicht. Die Aetoler wurden durch einen Einfall Philipps im eigenen Land heimgesucht, der achäische Bund unter Philopoimens Führung verbesserte sein Kriegswesen, Machanidas, der Herrscher Spartas, wurde bei Mantineia von Philopoimen geschlagen und getötet (207 v. Chr.). Unter diesen Um- ständen neigten die Aetoler zum Frieden. Schon mehrmals hatten die neu- tralen Mächte, Ägypten, die Republik Rhodos und andere Freistädte, denen die römische Einmischung Unbehagen schuf, dem verderblichen Krieg ein Ende zu setzen gesucht. Jetzt war ihre Vermittlung erfolgreich. Die Aetoler sagten sich von den Römern los und machten mit Philipp Frieden (206 V. Chr.), womit der Krieg sich wieder nach Illyrien, von wo er ausgegangen war, zog. Doch sollte er angesichts des Umschwungs der Lage nicht mehr lange währen ; schon 205 v. Chr. schlössen die Römer und Philipp unter epirotischer Vermittlung zu Phoinike in Epirus Frieden. Die Römer be- haupteten ihre wichtigsten ill3a'ischen Posten, die griechischen Städte, nur einen Teil ihrer festländischen Besitzungen mußten sie in den Händen

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der "Weltherrschaft (167 v. Chr.). 21.) 127

Philipps belassen. 1) Jetzt konnten sie sich mit voller Wucht auf Kar- thago werfen.

Nach Abschluß der Eüstungen setzte Scipio mit einer zahlreichen Flotte 204 V. Chr. nach Afrika über und begann sogleich Utica zu belagern. 2) Die Expedition war nicht gefahrlos; denn auf die Hilfe des Syphax war nicht mehr zu rechnen, da der unzuverlässige Numider sich inzwischen den Karthagern zur Verfügung gestellt hatte. Dafür warf sich dessen Rivale, der numidische Abenteurer Masinissa,^) der nach ausgezeichneten, den Karthagern in Spanien geleisteten Diensten von Syphax (um 205 v. Chr.) aus seinem Stammland vertrieben worden war, den Römern in die Arme.^) Aber Masinissa war nur ein machtloser Prätendent und Scipio sah sich einem überlegenen feindlichen Heer gegenüber; er mußte die Belagerung Uticas aufgeben, und seine Lage gestaltete sich noch schwieriger, als die Karthager auch eine Flotte ausrüsteten. Sie kampierten unter Syphax und Hasdrubal in zwei Lagern ihm gegenüber. Es kam unter Vermittlung des Syphax im Winter 204/3 v. Chr. zu Friedensverhandlungen, wobei die Räu- mung Italiens durch Karthago, diejenige Afrikas durch Rom ventiliert wurde. Aber Scipio brach die von seiner Seite nicht ernst gemeinten Unterhand- lungen ab und überraschte durch einen nächtlichen Überfall die ahnungs- losen Gegner, deren Lager in Brand gesetzt und deren Heere zersprengt wurden. Nach kurzer Verfolgung nahm Scipio die Belagerung Uticas wieder auf. Die Karthager, inzwischen durch iberische Söldner verstärkt, erschienen mit Syphax aufs neue im Feld, wurden aber auf den „großen Feldern" {ueydXn jiföia) abermals geschlagen;^) im Anschluß an diesen Sieg konnte Masinissa mit römischen Truppen unter dem Kommando des C. Laelius in Numidien eindringen; Syphax wurde von Masinissa besiegt"^) und gefangen, seine Hauptstadt Cirta erobert, sein Land in Besitz genommen. In Masi- nissa besaßen die Römer von nun an einen äußerst brauchbaren Bundes- genossen. Von solchen Schlägen getroffen, baten die Karthager um Frieden. Scipio bewilligte einen Waffenstillstand, dessen Bedingung die Räumung Italiens durch Mago und Hannibal bildete. Zugleich wurden die Friedens- präliminarien mit dem karthagischen Verzicht auf Spanien aufgesetzt. Die karthagischen Heere wurden also aus Italien abberufen.^) Hannibal, zuletzt

') Liv. XXIX 12. 13 f. E. Täubler, Imp. 10 ff. Liv. XXIX 29 ff. Bekannt ist die

Rom. 1 214 ff. Erzählung von der Gattin des Syphax, der

'-)ZiELiNSKi, Die letzten Jahre des zweiten Karthagerin Sophoniba, die den Syphax

pun. Krieges, Leipzig 1880. Konead Leh- I auf karthagischer Seite festhielt. Sie war

MANN, Der letzte Feldzug des hannibali- nach der Erzählung ursprünglich dem

sehen Krieges (N. Jahrb. f. Phil., Suppl. Masinissa bestimmt und fand, von diesem

21, 527 f.), Leipzig 1894. Matzat, Rom. Zeit- aufs neue begehrt, als Opfer der römi-

rechn. S. 160 ff. G. Veith in Kromayers ' sehen Politik das bekannte tragische Ende.

Ant. Schlachtfeldern III, 2 (1912), 575 ff. Liv. XXX 12 ff. Appian Lib. 26 flf. Diodor

Kahrstedt in Meltzers Gesch. d. Karth. XXVII7. Vgl.Polyb.XIVl,4. 7,6. G.Jung,

III 542 ff. Beiträge S. 24.

^) Die griechische zeitgenössische Na- mensform ist Maaavväoag . Er war Sohn des Gaia, wofür die Handschriften des Li- vius irrig Gala schreiben. SIG 11^ nr. 652.

■*) Die Vorgeschichte Masinissas ist na

'") Gegen die topographische Fixierung von Veith a. a. 0. 589 ff. : Kahrstedt a. a. O. 551, 1.

6) Nach späterem römischen Datum am 23. Juni (F7//. l-al. Julias). Ovid.fast.VI 769.

mentlich bei Livius großenteils fabulos. ' ') Nach Livius XXX 18, 5 starb Mago Polyb. XXI 21, 2. Appian Iber. 37. Lib. auf der Überfahrt nach Afrika. Nach Nepos

]^28 Römische Geschichte.

auf Kroton, Thurii und Umgegend beschränkt, gab unbesiegt seine letzten Positionen auf und verließ Kroton, in dessen Nachbarschaft, im Heratempel auf dem lakinischen Vorgebirge er seinen Tatenbericht in Bronze hatte ver- ewigen lassen.^) p]r landete bei Leptis an der kleinen Syrte, wo er den Winter (203/2 v. Chr.) zubrachte.

Indes der Waffenstillstand, während dessen Dauer Senat und Volk von Rom die Friedensbedingungen genehmigten, wurde durch einen Übergriff der Karthager, denen die Rückkehr Hannibals Mut gemacht hatte, verletzt. Sie brachten nämlich eine römische Proviantflotte auf, und als Scipio sich in Karthago beschweren ließ, kam es sogar zu einem Angriff auf seine zurückkehrenden Gesandten. Sogleich eröffnete Scipio den Krieg aufs neue und brach verheerend in das karthagische Gebiet ein. Hannibal eilte von Hadrumetum (heute Susa) herbei und traf den Gegner nicht weit von Zama, fünf Tagemärsche westlich von Karthago. Ehe es z.ur Schlacht kam, hatten die beiden Feldherren eine Zusammenkunft, in der Hannibal vergebens den Frieden auf die früheren Bedingungen zu erlangen suchte. Nun hatten die Waffen das Wort. Scipio nahm, verstärkt durch Masinissa, der kurz vor jener Konferenz aus Numidien mit seinen Reiterscharen zu ihm gestoßen war, die Schlacht an, die mit der völligen Niederlage der Karthager endete (202 V. Chr.). Die Entscheidung gab, wie einst bei Cannae, so auch hier die Reiterei, diesmal freilich zuungunsten Hannibals, den Scipio mit der ihm selbst abgelauschten Taktik schlug.^)

Nach dieser Niederlage gab Karthago den Widerstand auf: auch Hannibal soll nachdrücklich für den Frieden gewirkt haben, der im nächsten Jahr (201 V. Chr.) unter weit ungünstigeren Bedingungen ratifiziert wuirde. Karthago sah sich auf Afrika beschränkt, wo es zwar sein eigentliches Gebiet, seine „Terrafirma" behielt, aber seine weitere Herrschaft einbüßte. Die früher abhängigen und verbündeten Numider wurden selbständig und großenteils dem Masinissa zugewiesen; unter diesem tatkräftigen und einsichtigen Fürsten wuchsen sie bald zu einem ansehnlichen Staat zusammen. 3) Karthago mußte sich verpflichten, außerhalb Afrikas überhaupt keinen Krieg zu führen, in Afrika selbst nur mit Roms Zustimmung, 10000 Talente (etwa 47 150000 Gold- mark) zu zahlen, Geiseln zu stellen, sämtliche Elefanten, sowie die Krieg- schiffe bis auf 10 Trieren auszuliefern.^) Scipio führte sein Heer aus Afrika

{Hannib.8) hätte Mago aber noch 190 v.Chr. iiannt, bei Liv. XXX 29, 9 narcara, bezw. in

gelebt. Über seinen Tod gab es verschie- einer Handschrift naraggaj-a. Der Mode-

dene Erzählungen. Th. Friedrich, Bio- name ..Schlacht bei Naraggara" hat dem-

graphie des Barkiden Mago, Wien 1880. nach an der Überlieferung die denkbar

') Diese Inschrift hat Polvb. benutzt (III 33, 18; 50, 4).

Das topographische Problem erörtert

schwächste Stütze. Gegen ihn und gegen dieTopographieVEiTHS erklären sichlvAHR- STEDT a. a. O. 563, 1 und Ed. Meyer, SB.

ausführlieh Yeith in Keomayers Ant. Berl. Ak. 1915, 942 f.

Schlachtf. III, 2, 599 ff. Da es in Nord- ^) Ein packendes Bild von Masiuissas

afrika zwei Städte des Namens Zama sab, Wirken für Einheit und Kultur des Nu-

so ist die Bestimmung des Schlachtfeldes miderreichs entwirft Kahrstedt in Melt-

vmistritten. Der numidische Ort Xarag- zers Gesch. d. Karth. III 578 flf. (Vgl. aber

gara, an den sich die Kombinationen von die Einwände von Kromayer, Gott. gel.

K.Lehmann, H.Delbrück und insbeson- Anz. 1917, 475 ff.)

dere Veith knüpfen, bliebe besser aus dem ■•) Polyb. XV 18. Vgl. H. Nissen, De pace

Spiel. Bei Polyb. XV 5, 14 ist als Ort der anno 201 a.Clu-. Carthagim'ensibusciata.Mar-

Schlacht das unbekannte Mügyaoo^' ge- bürg 1870. Täubler, Imp. Born. I 190 tf.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 21.) 129

zurück und zog im Triumph in Kom ein; seine großen Taten verbreiteten seinen Ruhm in der ganzen Welt; er war in Rom der Held des Tages, und man legte ihm den Ehrennamen Africanus bei; er ist der erste Römer, der durch einen solchen Siegernamen ausgezeichnet wurde.

Der siegreich beendete Kampf mit Hannibal hat nicht nur die äußere Machtstellung Roms durch den Gebietszuwachs in Spanien und Sizihen und die gesteigerten Einkünfte gehoben, sondern auch die innere Entwicklung und die Verfassung während seines Verlaufs und in seiner Wirkung be- einflufst. Das Heerwesen der Römer wurde in Bewaffnung und Taktik auf die Höhe gebracht,') zugleich die Abhängigkeit der itahschen Bundesgenossen vergrößert, das Übergewiclit Roms verstärkt und das Gebiet der Bürger- schaft vermehrt. Die Kriegführung auf mehreren Schauplätzen hatte vor neue Aufgaben gestellt. Es wurden mehr Feldherren notwendig, als die Ver- fassung vorsah; so mußten mitunter außerordentliche Kommanden geschaffen werden, wie in Spanien, oder man behalf sich mit der Prorogation, der Verlängerung des Feldherrnamtes auf zwei oder mehr Jahre, wie es künftig zur Regel wird. Römern wie Italikern hat der lange Krieg schwere Opfer an Gut und Blut auferlegt; viele Städte waren zerstört, ganze Landschaften verwüstet. Doch ist Mittelitalien und das eigentliche römische Gebiet nur vorübergehend in Mitleidenschaft gezogen worden, so daß der Krieg hier kaum tiefere Spuren hinterließ. Anders in Unteritalien, das lange das Kampf- objekt bildete, in Apulien, Lukanien und bei den Brettiern. In diesen Gegenden, namenthch an der griechischen Küste, leitet der hannibalische Krieg die Verödung und den Verfall ein.

Der itahsche Bund hatte die Belastungsprobe glänzend bestanden; mit wenigen Ausnahmen sind die Itahker nur notgedrungen zu Hannibal über- gegangen, und über Kampanien hinaus hat der Abfall, so viel wir wissen, sich nicht erstreckt. Was sonst von Gärung und Unruhen verlautet, scheint unerheblich geblieben zu sein. 2) Die Abtrünnigen haben zumeist noch während des Krieges ihren Frieden mit Rom gemacht, wohl nicht ohne die verdiente Minderung an Selbständigkeit und Besitz. Doch hat man diesen Elementen die Rückkehr zu Rom nicht über Gebühr erschwert. Dagegen über diejenigen, die bis zuletzt bei der karthagischen Sache ausharrten, erging das strengste Gericht; sie wurden zu rechtlosen Untertanen hinabgedrückt. Dies Los traf außer den Kampanern die Picentiner am tyrrhenischen Meere südlich von Kampanien und die Brettier.^^) Das Gebiet von Capua und Nachbarschaft wurde eingezogen und für Rechnung des römischen Ärars verpachtet, an

') Aus den spanischen Kriegen brach- Magos. Liv. XXVII 21. 24. XXIX 36, 10. ten die Römer das gefürchtete spanische | Plut. Marc. 28; dazu vielleicht Polyb.fr. 171 Schwert mit. Polyb.A^I 23,6 u. fr. 179 (96). (183). Über Ursachen, Umfang und Ver- Auch das pihtm scheint von den Spaniern ! lauf dieser Unruhen fehlt es, wie über- (Iberern) entlehnt zu sein; vgl. A. Schui.- haupt über die Vorgänge innerhalb der TEN, Rhein. Mus. 66, 1911, 573 ff. römischen Bundesgenossenschaft, an zu-

-) Die Erzählung von der Verweigerung verlässigen Nachrichten, der Heeresfolge durch zwölf Kolonien 209 1 '') Die Brettier und Picentiner wurden v. Chr. bei Livius XXVII 9 ff. XXIX 15 ! nicht mehr zum Heer ausgehoben, son- ist legendär. Für das J. 208 hören wir dern nur zu untergeordneten Dienst- von Abfallsgelüsten in etruskischen Städ- j leistungen verwendet. Vgl. Gellius N. A. ten, namentlich Arretium, und noch- X 3, 19; Strabo V 251; Appian, Hanmb.61. mals für das J. 204 nach der Landung

Handbuch <\m- klass. Altertnmswisspinschaft. TU, 5. 5. Aufl. "

j^3Ö Römische Geschichte.

der Küste in Liternuni, Volturnuin und Dikaiarcheia wurden römische Kolo- nisten angesiedelt. Besonders die letztere Stadt kam dadurch rasch in Blüte. Sie entwickelte sich, als römische Kolonie in Puteoli umgenannt, zu einem bedeutenden Handelsplatz; bei der mangelhaften Anlage Ostias gab Puteoli den eigentlichen Hafen Roms am tyrrhenischen Meer ab, wie Brundisium am adriatischen. Weiterhin wurde im Land der Picentiner Salernum an- gelegt, in Unteritalien erhielten Sipontum, Kroton, Pyxus (Buxentum) und Temesa römische Bürgeransiedlungen, Thurii und Hipponion (Vibo) wurden als latinische Städte neu gegründet und umbenannt, ersteres in Copia, Vibo in Valentia.') Doch brachten es diese Gründungen nicht zu größerer Be- deutung. Unsere Nachrichten lassen erkennen, daß die Römer überhaupt nach dem großen Krieg und vielleicht schon während seiner Dauer sich bestrebten, die Verluste an Menschenleben durch bevölkerungspolitische Maß- nahmen, wie Verstärkung der vorhandenen Kolonien und Ansiedlung von Veteranen möglichst auszugleichen.-) Sie blieben damit in den Bahnen ihrer von früher bewährten Politik.

22. Kriege mit den östlichen Mäctiten. Die Römer haben die Ent- scheidung des Krieges in Afrika beschleunigt, um Aktionsfreiheit im Osten zu gewinnen, von wo man besonders gegen Makedonien ihren Beistand anrief.') Der König Philippos hatte nach dem Frieden von Phoinike nach allen Seiten um sich gegriffen und zunächst in Illyrien und Thrakien Eroberungen gemacht. Weitere Unternehmungen verwickelten ihn in einen Krieg mit seinen Nachbarn. Den Anlaß bot der Tod des Ptolemaios IV Philopator von Ägypten, der unter Hinterlassung eines unmündigen Sohnes, Ptole- maios V Epiphanes, 204 v. Chr. verstarb. Der Hof gab das Ableben des Königs erst über ein Jahr später (203 v. Chr.) offiziell bekannt. Über den inneren Wirren Ägyptens und dem beständigen Wechsel der Vormundschafts- regierung geriet die äußere Machtstellung des Lagidenreichs in Verfall. So war die Gelegenheit zu einer Beraubung Ägyptens günstiger denn je. In dieser Absicht verständigte sich Philipp von Makedonien mit Antiochos III dem Großen. Dieser hatte inzwischen in den Jahren 216 204 v. Chr. in mehreren glücklichen Kriegen das Reich des Seleukos im ursprünglichen Umfang fast ganz wiederhergestellt. Während nun Antiochos in Cölesyrien einrückte (201 v. Chr.), in der Schlacht bei Paneion das ptolemäische Heer schlug (200 V. Chr.) und sodann das ganze Land bis zur ägyptischen Grenze eroberte, griff Philipp nach den ptolemäischen Besitzungen am Hellespont und ägäischen Meer und begann 202 v.Chr. mit der Eroberung Lysimacheias, Kalchedons und anderer hellespontischer Städte, wobei er an Prusias von Bithynien einen Helfer fand; auch Thasos fiel ihm zu. Jetzt erklärten ihm die Rhodier den Krieg, da sie sich als Beschützer der hellenischen freien Städte betrachteten und nicht dulden wollten, daß der Hellespont, eine

») Nach Liv. XXXII 29. XXXIV 45. 53. Cales Liv. XXXI 49, 6. XXXII 2, 6. 7, 3.

XXXV 40 erstrecken sich diese Grün düngen auf die J. 197—192 v. Chr. Vgl. Strabo V 245. 251. 256. 263. Niese, Gesch. d. griech. u. makedon. Staaten II 555 ff.

'■') Überliefert wird die Aussendung neuer Kolonien nach Venusia, Narnia, Cosa und

Plut. Tit. 1. CIL 12 ij. 200 nr. XXXII. Vgl. Liv. XXXI 4. 49, 4. XXXII 6, 6. 7, 3.

^) Vgl. Niese, Gesch. der griech. und makedon. Staaten II 562 ff. Weitere Lite- ratur unten S. 148.

5. Dritte Periode: Bis zvir Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 22.) 131

der wichtigsten Handelsstraßen, in die Gewalt Philipps gerate, mit dem sie schon früher /Aisammengestoßen waren. Mit Rhodos vereinigte sich Attalos I von Pergamon. Dessenungeachtet errang Philipp weitere Erfolge, eroberte Samos und griff Pergamon an; er wurde zwar von den vereinigten Gegnern bei Chios geschlagen, erfocht aber bei Lade über die Rhodier einen Sieg und eroberte die rhodischen und ptolemäischen Besitzungen in Karien (201 V. Chr.). Im Winter kehrte er von da in sein Stammland zurück, um im nächsten Jahr (200 v. Chr.) die ptolemäischen Plätze in Thrakien anzugreifen, Maroneia, Ainos und die Städte des Chersones, die er der Reihe nach be- zwang. Von hier ging er nach Asien hinüber und belagerte Abydos, das erst nach erbitterter Gegenwehr kapitulierte (200 v. Chr.).

Damals wußte Philipp bereits, daß er eine römische Intervention zu ge- wärtigen habe. Die Ägypter hatten sich an Rom gewandt, ebenso Attalos und die Rhodier, endhch auch die Athener, die aus besonderer Ursache mit Philipp in Konflikt gerieten. Zwar hatten die Römer keinen Anlaß zum Krieg gegen Philipp, ') aber sie gedachten die Konjunktur zu benutzen, um Makedonien zurückzudrängen und ihren Einfluß auf Griechenland aus- zudehnen. Nachdem der Friede in Afrika geschlossen war, mischten sie sich alsbald ein. Der Zeitpunkt war günstig, da Philipp durch den Krieg be- deutende Verluste erlitten hatte. Roms Gesandte triifen den König 200 v.Chr. vor Abydos und verlangten Einstellung der Feindseligkeiten gegen die Griechen und Rückgabe der ägyptischen Besitzungen. Den Streit mit Attalos und den Rhodiern sollte ein Schiedsgericht schlichten. Als Phihpp diese Forderungen ablehnte, erklärte ihm Rom den Krieg.^) Noch im selben Jahr (200 v. Chr.) fuhr ein römisches Heer unter dem Konsul P. Sulpicius (Galba) nach Apollonia hinüber und eröffnete die Operationen durch einen Streif- zug ins benachbarte lUyrien. Zugleich kam es vor Athen, das von römi- schen, rhodischen und pergamenischen Streitkräften geschützt wurde, zu Kämpfen. Die verbündeten Gegner Philipps überrumpelten von Athen aus die makedonische Festung Chalkis auf Euboea, wo sie übel hausten, ohne sich auf die Dauer halten zu können. Philipp rächte sich durch barbarische Verwüstung Attikas und wandte sich dann zu den Achäern, um deren aktive Beteiligung am Krieg er sich vergeblich bemühte.

Die Römer führten den Krieg im Verein mit Attalos und den Rhodiern und suchten vor allem in Hellas Bundesgenossen zu werben, da sonst keine Aussicht auf Erfolg bestand. Vorläufig schloß sich ihnen nur Amynandros,

1) Erst die späteren Historiker be- 1 gedrungen an die überseeischen Unter-

haupten, daß Philipp dem Haunibal nach i nehmungen herangegangen sei, ist mit

Afrika Truppen geschickt und römische den Tatsachen nicht vereinbar.

Bundesgenossen befehdet habe (Liv. XXX i ^) Die Kriegserklärung kann nicht, wie

26, 2 f. 42, 4 f. XXXI 1, 10). Aber dies ist Livius XXXI 6 f. erzählt, zu Anfang des

Erfindung. Im übrigen gehörte weder Konsulatsjahres 200 v. Chr. erfolgt sein

Ehodos, noch Athen, noch Ägypten da- (die Konsuln traten damals am 15. März

mals zu den römischen Bundesgenossen, an), sondern erst nach der Begegnung

sondern höchstens Attalos, der jedoch der römischen Gesandten mit Philipp vor

selbst die Offensive gegen Philipp eröflnet Abydos. Polyb. XVI 34. Livius berichtet

hatte. Auch haben die Römer damals dazu, die Komitien hätten den Knegs-

nicht erklärt, daß sie zur Verteidigung antrag des Konsuls zuerst abgelehnt und

ihrer Bundesgenossen das Schwert zogen. erst nach ernster Vermahnung in zweiter

Die Ansicht Mommsens, daß Eom nur not- Abstimmung angenommen.

9*

132 Römische Geschichte.

der Fürst der Athamanen, an, während die Aetoler zuwarteten. Da den Römern ihr Interesse gebot, Makedonien zu isoheren und vor allem den syrischen König Antiochos fernzuhalten, so vertraten sie Syrien gegenüber die ägyptische Sache mit geringem Eifer. Ein Eingreifen des Antiochos zu- gunsten Philipps unterblieb, war doch die Rivalität der beiden Herrscher stärker als ihre opportunistische Freundschaft. Von Anfang an auf Roms Seite stellten sich, als alte Feinde Makedoniens, der illyrische Fürst Pleu- ratos und die Dardaner.

Im Sommer 199 v. Chr. fiel P. Sulpicius durch lUyrien ins obere Make- donien ein, das er durchzog; am längsten verweilte er in der Lynkestis. Philipp vermied eine entscheidende Schlacht mit dem stärkeren Gegner, doch kam es zu einigen größeren Gefechten, in denen sich die Römer dank ihrer schwereren und besseren Bewaffnung als die Überlegenen erwiesen.^) Sulpicius kehrte noch vor Ablauf des Sonnners an die illyrische Küste zu- rück, wo sein Nachfolger, der Konsul P. Villius (TajDpulus), den Oberbefehl übernahm. Philipp hatte den Römern in Makedonien zuletzt das Feld über- lassen müssen, um sich gegen die Angriffe der Illyrier, Dardaner und Aetoler zu verteidigen. Denn die Aetoler hatten nach den ersten Erfolgen der Römer ihre anfängliche Zurückhaltung aufgegeben, um am Kampf gegen Philipp teilzunehmen; sie waren in Thessalien eingedrungen. Gleichzeitig hatte sich die römische Flotte im ägäischen Meer mit Attalos und den Rhodiern vereinigt, die makedonische Küste angegriffen und außer einigen Inseln auch Oreos auf Euboea erobert.

Die unmittelbaren Ergebnisse des ersten Feldzuges waren recht dürftig; nur die Oresten (am See von Kastoria) hatten sich in Makedonien dem Sulpicius ergeben, und es hatte sich herausgestellt, daß Philipp von Illyrien her schwer anzugreifen war. Aber ein Gewinn für Rom war der Eintritt der Aetoler in die antimakedonische Koalition; und so konnten die Römer daran denken, im nächsten Jahr in Hellas einzudringen, um von dieser Basis aus zu- sammen mit den Aetolern den Gegner zu packen. Doch Philipp kam ihnen zuvor und verlegte ilnien im Frülijahr 198 v. Chr. in einer befestigten Stellung an den Engpässen des Aoos den Weg. 2) P. Villius lag ihm hier untätig gegenüber, und auch sein Nachfolger, der Konsul T. Quinctius (Fla- mininus), ein jüngerer, sehr befähigter Mann, konnte nichts ausrichten. Friedensverhandlungen, die damals eingeleitet wurden, scheiterten, da Rom, in der Rolle eines Protektors der Freiheit der Hellenen, von Philipp den Verzicht auf alle griechischen Besitzungen forderte. Es gelang dann dem Konsul mit Hilfe epirotischer Freunde, die makedonische Stellung zu um- gehen und den Philipp durch einen unerwarteten Angriff zu vertreiben. Dieser zog sicli auf den Tempepaß zurück, die Römer folgten, drangen durch Epirus in Thessalien ein, reichten ihren griechischen Bundesgenossen die Hand und wandten sich weiter gegen Philipps Besatzungen und Bundes- genossen in Hellas, besonders die Phoker und Lokrer, während die ver- bündete Flotte die euböischen Städte Eretria und Karystos eroberte und hierauf Korinth, den wichtigsten Waffenplatz Makedoniens, angriff. Unter

') Kromayer, Ant. Sehlaohtf. II 9 ff. hat ' -) Über die Örtlichkeit vgl. J. Kromayer, den Feldzug zu rekonstruieren versucht, t Ant. Schlachtf. in Griechenland II 36 ff.

5. Dritte Periode : Bis ziir Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). (§22.) 133

dem Druck der Lage und nicht leichten Herzens brach nunmehr der achäische Bund die Beziehungen zu Makedonien ab und trat der Koahtion gegen Phihpp bei. Die Achäer beteiligten sich alsbald an der Belagerung Korinths, die indessen erfolglos verlief.

Im Hinblick auf seine verschlechterte Lage wünschte Philipp zum Frieden zu kommen. Zu Beginn des Winters hatte er zu dem Behuf eine Zusammen- kunft mit Flamininus und den Alliierten Roms bei Nikaia am malischen Golf. Sie führte zu keinem Resultat, da Philipp sich seines griechischen Besitzes nicht entäußern mochte. Eine Waffenruhe von zwei Monaten zum Zweck neuer Unterhandlungen in Rom war alles, was Philipp erreichte. Aber der Senat machte sich die Forderungen des Flamininus zu eigen, wo- nach Philipp ganz Griechenland mitsamt den großen Festungen Korinth, Chalkis und Demetrias, den makedonischen „Fesseln Griechenlands", auf- geben sollte. Ehe er sich so tief demütigte, wollte Philipp doch noch ein- mal das Glück der Waffen versuchen. Er umwarb den Gegner der Achäer, den spartanischen König Nabis^) (seit 206 v.Chr. Nachfolger des Machanidas), dem er als Köder Argos überließ. Trotzdem schloß sich Nabis den Römern an, und selbst die Böoter, bisher mit Makedonien eng befreundet, traten, halb gezwungen, zu ihnen über. Flamininus bot alles auf, um den Krieg rasch zu beenden; er fürchtete, es möchte ihm sonst von Rom aus ein Nach- folger geschickt werden. Aber auch Philipp suchte eine Entscheidung, da seine Kräfte zur Neige gingen. So kam es denn bald nach Eröffnung des nächsten Feldzuges im Sommer 197 v. Chr. in Thessalien bei Skotussa auf der Hügelkette Kynoskephalai zur entscheidenden Schlacht. -) Völlig besiegt, mußte Philipp Thessalien räumen. Gleichzeitig waren auch vor Korinth, ferner in Akarnanien und der rhodischen Peräa die Waffen der Römer und ihrer Verbündeten siegreich.

Fast unmittelbar nach der Schlacht kam der Friede zustande. Philipp ging aller Eroberungen aus den letzten Kriegen verlustig; aus Griechenland mußte er ganz weichen. Er hatte an Rom Geiseln zu stellen, darunter seinen Sohn Demetrios, und mußte Kriegskosten zahlen und den Hauptbestandteil seiner Flotte ausliefern.^) Die Einzelheiten regelte eine zehnköpfige Senats- kommission im Einvernehmen mit Flamininus. Wie Rom die Räumung der Griechenstädte Kleinasiens durch die makedonischen Garnisonen erwirkt hatte, so erklärte diese neue Schutzmacht Griechenlands auch die bisher von Makedonien abhängigen Hellenen Europas für frei und autonom; die feierliche Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Flamininus bei der Isthmien- feier 196 v. Chr. wurde mit stürmischem Jubel aufgenommen. Die wichtigen Plätze Korinth, Demetrias und Chalkis hatte der Senat bis auf weiteres für Rom zu behalten gedacht; aber auf Drängen der Aetoler wurden sie

^) Nabis wird amtlich als König be- | leuderverschiebung setzt P.Varese [Crono-

zeichnet; er betrachtete sich als legitimen [ Jogia Romana I 1908) die Schlacht ein Jahr

Herrscher. Wolters, Athen. Mitteil. XXII j später, in den Juni 196: dagegen K. J.Be-

(1897) 139 ff. Niese, Gesch. d. griech. u. ' loch, Klio 15, 1918, 382 ff". Über den makedon. Staaten II 563 f. Vgl. L. Homo Feldzug und die Schlacht s. Kkomayer, in den Melanges Cagnat, Paris 1912. 31 E. Aut. Schlachtf. II 57 ff".

undinderiiVwe';»s/oW2«t'121,1916,241ff.; \ ^) Polyb. XVIII 44. Vgl. E. Täubler,

122, 1916, 1 ff". ' Imperium Rom. I 228 ff. 432 ff.

^) Auf Grund seiner Theorie der Ka- \

J^;J4 Römische Geschichte.

schließlich doch freigegeben. Den Aetolern wurde ihre Einbuße im ersten makedonischen Krieg größtenteils zurückerstattet; die Achäer erhielten im Peloponncs Heräa und Tripliylien, der Fürst Pleuratos die illyrischen Be- sitzungen Philipps. Von einer Entscliüdigung der Ägypter war nicht die Eede,

Ein Nachspiel bildete (195 v. Chr.) der Krieg gegen Nabis von Sparta, der sich weigerte, Argos den Achäern zurückzugeben. Von den Römern, Acliäern, Rhodiern und Pergamenern zu Wasser und zu Land angegriffen, mußte er sich nach tapferer Gegenwehr fügen. Er wurde zwar in seiner Herrschaft belassen, erlitt aber empfindlichen Gebietsverlust; die meisten der am Meer gelegenen lazedämonischen Periökenstädte wurden von Sparta getrennt und den Achäern zugewiesen. Damit war der Krieg zu Ende, 194 V. Chr. räumte das römische Heer Griechenland, T. Quinctius Elamininus feierte in Rom einen pomphaften Triumph. Die Griechen hatten ihrem Be- freier sogar göttliche Ehren erwiesen.')

Ihre ganze griechische Politik führten die Römer nicht ohne mißtrauischen Seitenblick auf Antiochos, der bedrohliche Fortschritte gemacht hatte. Er hatte 198 v. Chr. Cölesyrien vollständig okkupiert und sich darüber mit Ägypten verständigt. Im nächsten Jahr rückte er mit Heer und Flotte gen Westen vor und eroberte die ägyptischen Plätze an der Südküste Klein- asiens. Die Rhodier fürchteten ein Zusammengehen des Antiochos mit Philipp und erhoben Vorstellungen, aber nach der Schlacht bei Kynoskephalai wurden sie anderen Sinnes und einigten sich mit Antiochos; sie benutzten nun die Gelegenheit, die ptolemäischen Besitzungen in ihrer Nachbarschaft teils zu befreien, teils zu annektieren. Antiochos erwarb damals vor allem EjDhesos, auch Abydos, ging 196 v. Chr. über den Hellespont, baute Lysimacheia wieder auf, das nach dem Abzug der Makedonen von den Thrakern zerstört worden war, und nahm die früher ägyptischen, zuletzt von Philipp eroberten thra- kischen Küstenstädte in Besitz, über welche die Römer im letzten Frieden bereits verfügt hatten. Auch hier ging sein Streben auf Wiederherstellung der Seleukidenherrschaft im früheren Umfang.

Darüber geriet er in Konflikt mit Rom, als dessen Freund er sich bisher betrachtet hatte. Überdies wurde die römische Hilfe von den Städten Lam- psakos,-) Alexandreia in Troas und Smj'rna angerufen, die gegen Antiochos ihre Freiheit wahren wollten. In Lysimacheia unterhandelten die Römer zuerst mit dem König (196 v. Chr.) ; sie beschwerten sich über seinen Über- griff nach Europa; umgekehrt verbat sich Antiochos jede Einmischung der Römer in Asien. Auf die Nachricht vom Tod des jungen PtolemaiosV hin brach Antiochos die Besprechungen ab und stach schleunigst in See in der Hoffnung, den vakanten ägyptischen Thron besteigen zu können. Als er auf der Fahrt erfuhr, daß die Todesbotschaft sich nicht bestätigte, gedachte er sich für diese Enttäuschung an Kypros schadlos zu halten; aber ein Sturm, der seine Flotte zerstörte, vereitelte diesen Plan. Die ausgesprochene Expansionspolitik des Antiochos verfehlte nicht, bei den griechischen Frei- städten, besonders aber in Pergamon Besorgnis zu erregen. Gerade um diese Zeit (197 V. Chr.) war Attalos I von Pergamon, von jeher ein Freund des

*) Vgl. 0. Hirschfeld, Kl. Sehr. 475.

^) Vgl. die lampsakeuische Inschrift SIG 11^ ur. 591.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 22., 135

Seleukiden, verstorben, i) Sein Sohn und Nachfolger Eumenes II (197 158 V. Chr.) Avollte von Antiochos nichts wissen und suchte seinen Rückhalt an den Körnern, die er gerne in Krieg mit Syrien verwickelt hätte. Aber wie Antiochos hielten sich auch die Römer noch zurück, war doch ein solcher Kampf für beide Parteien ein Wagnis. Zudem waren die Römer zur Stunde mit der Unterwerfvmg der oberitalischen Gallier^) und mit einem Aufstand in Spanien beschäftigt; so begnügte man sich mit ergebnislosen diplomati- schen Verhandlungen, die in Rom (Winter 194,93 v. Chr.) und später bei Antiochos geführt wurden. 3) Die Römer waren bereit, dem König in Asien freie Hand zu lassen, forderten aber von ihm den Verzicht auf Europa. Statt dessen hat Antiochos in einem zweiten Feldzug (194 v. Chr.) seine thrakischen Besitzungen noch vermehrt. So rückte der Krieg immer näher; der nächste Anstoß mußte ihn zum Ausbruch bringen.

Er kam von Griechenland, wo sich die Lage kritisch zugespitzt hatte. Denn die Aetoler, die geradezu die Vernichtung Makedoniens angestrebt hatten, fühlten sich von Rom enttäuscht und zurückgesetzt; den beanspruchten Gebietszuwachs konnten sie trotz langwierigen Verhandlungen mit dem Senat nicht erwirken. Gleich bei den ersten Besprechungen nach dem Sieg, an dem sie erheblichen Anteil hatten, war ihr Gegensatz zu den Römern, be- sonders zu Flamininus, zutage getreten, um sich mehr und mehr zu ver- schärfen; die Aetoler mußten erkennen, daß Griechenland nur den Herren gewechselt hatte, die Römer wiederum wollten den ätolischen Bund nicht zu mächtig werden lassen. Die Aetoler suchten nun ganz Hellas gegen Rom aufzuwiegeln und vor allem den Antiochos in den Krieg zu treiben. Von ihnen angestiftet, schlug zunächst 192 v. Chr. Nabis los, um sich der lazedämo- nischen Küstenstädte wieder zu bemächtigen; dann beschlossen die Aetoler, Antiochos zum Schutz der hellenischen Freiheit herbeizurufen und ihn zum Generalissimus ihres Bundes zu erwählen. Schon war es ihnen gelungen, das wichtige Demetrias zu besetzen, während ihr Anschlag auf Chalkis und Sparta keinen Erfolg gehabt hatte. In Sparta war inzwischen Nabis den Achäern unter Philopoimen erlegen; er wurde kurz darauf von Aetolern, die ihm als Hilfstruppen zugesandt waren, ermordet und Sparta überfallen. Die Mörder wurden alsbald von den Spartanern vertrieben, Philopoimen eilte herbei und gliederte Spai'ta dem achäischen Bund ein. Von Rom aus erschienen T. Quinctius Flamininus und andere Gesandte, darunter M. Porcius Cato; unterstützt von einer Flottenabteilung, wirkten . sie den Umtrieben der Aetoler entgegen.

Antiochos war unvorsichtig genug, sich durch das Vorgehen der Aetoler zu verfrühtem Eintritt in den Krieg hinreißen zu lassen. Seit 196 v. Chr. weilte Hannibal, von seinen einheimischen Gegnern aus Karthago zur Flucht

') Die Nachricht des Livius XXXII 8, 9. | 15, 1913, 1 if. Auch P. Scipio Africanus

27, 1, daß Antiochos 199 v.Chr. den Attalos soll an einer der Gesandtschaften teil-

angegx-ifFen habe, ist erfunden. Niese, genommen haben (Liv. XXXV 14, 5 zum

Gesch. der griech. und niaked. Staaten 11 ; J. 193; vgl. Appian, Syr.9). Daranknüpft

607,4. Vgl. M. HoLLEAUX, Klio 8, 1908, 279. i sich die Anekdote seines Zusammen-

2) S. unten S. 149. i treffens mit Hannibal in Ephesos. Vgl.

^) Über dieVerhandlungen seit 200 v.Chr. { Holleaux, Hermes 48, 1918, 75 ff.

M. Holleaux, Revue des etudes anciennes \

136 Römische Geschichte.

genötigt, bei ihm.^) Er riet dem König, die Römer mit überlegener Macht in Italien anzugreifen, sich zu dem Behuf mit Makedonien 7a\ verbünden und dann auch Karthago mithineinzuziehen. Aber Hannibals Einfluß wurde durch Anwandlungen von Eifersucht und Argwohn beim König und seinen Ratgebern beeinträchtigt. So folgte denn Antiochos dem Ruf der Aetoler und fuhr mit verhältnismäßig kleiner Macht und unzulänglich gerüstet nach Griechenland hinüber (192 v.Chr.); nach der Landung bei Demetrias ver- einigte er sich mit den Aetolern und eröffnete mit dem Überfall auf eine römische Abteilung bei Delion die Feindseligkeiten gegen Rom. Aber der erhoffte Zulauf blieb aus; nur die Aetoler mit ihrem Verbündeten Amy- nandros gingen mit ihm zusammen. Es gelang ihm zwar, Chalkis und ganz Euböa zu gewinnen, auch die Böoter und im Peloponnes Elis und Messene auf seine Seite zu ziehen, ferner die meisten thessalischen Städte und, nach- dem er in Chalkis überwintert hatte, im Frühjahr 191 v. Chr. einen Teil Akarnaniens zu erobern, aber Athen und der Peiraieus hielten zu Rom, und die Achäer hatten ihm gleich nach seiner Landung den Krieg erklärt; ja sogar Philipp von Makedonien entsagte völlig der syrischen Freundschaft und stellte sich den Römern zur Verfügung, die ihm als Gegenleistung den Rest der Kontribution erließen, die Geiseln zurückgaben und territoriale Vorteile verhießen. An einen Angriff auf Italien konnte Antiochos unter diesen Umständen nicht mehr denken, zumal da er mit seinen Rüstungen im Rückstand war und die Leistungen der Aetoler seinen Erwartungen nicht entsprachen. Die Römer dagegen konnten außer ihren griechischen und makedonischen Bundesgenossen auf die Karthager und Numider, auf Eumenes und die Rhodier rechnen; denn auch die letzteren schlössen sich wieder an. Ein konsularisches Heer sollte nach Griechenland geworfen werden; im übrigen rechnete Rom mit einem Angriff des Antiochos auf Italien, weshalb die Flotte unter dem Prätor C. Livius zunächst zurückblieb. Als 191 V. Chr. ein römisches Heer unter dem Konsul M.' Acilius (Glabrio) zusammen mit den Makedonen gegen Hellas anrückte, mußte Antiochos Thessalien räumen und zog sich an die Thermopylen zurück; hier wurde er von den Römern angegriffen und völlig geschlagen.^) M. Porcius Cato nahm als Kriegstribun an der Schlacht hervorragenden Anteil. Antiochos floh nach Chalkis und ging von hier nach Ephesos zurück; seine helleni- schen Bundesgenossen unterwarfen sich. Nur die Aetoler mit Araynandros verharrten im Widerstand. Aber nach dem Fall des wichtigen Ilerakleia am Oeta baten sie um Frieden, umsonst, da sie sich nicht, wie die Römer verlangten, auf Gnade und Ungnade ergeben wollten; so rückte denn der Konsul durch Aetolien gegen den Hauptwaffenplatz Naupaktos vor; aber diese feste Stadt erwehrte sich mit Ausdauer der römischen Belagerung,

') Appian Syr. 4. Nepos Hann. 7, 6. \ Li v. XXXIII 47; vgl. a. a. O. 584, 1). Für Justin XXXI 1, 7 ff. Die Entwicklung in ! das livianische Datum (195) tritt auch Karthago seit Friedensschluß und Hanni- M. Holleaux ein, Hermes 43, 1908, 296 ff., bals politische Haltung dabei sucht Kahr- ; 48, 1913, 82, 2. Niese, der es verwirft, er- STEDT inMELTZERsGesch. d.Karth. III581 ff. klärt es aus der willkürlichen Absicht zu pragmatisiei-en. Hannibals Sturz, an des Livius, den Hannibal als den wahren dem Rom nicht luibeteiligt gewesen zu Anstifter des Krieges mit Antiochos hin- sein scheint, und seine Flucht aus der zustellen. Heimat setzt K. in das J. 195 v. Chr. (nach [ '^) Vgl. Kromayer, Ant. Schlachtf. II 134 ff.

5. Dritte Periode: Bis ziir Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 22.) 137

bis unter Vermittking des T. Quinctius Flamininus eine Waffenruhe zustande kam; es folgten Friedensverhandlungen, abermals ohne Erfolg, da der Senat unbedingte Ergebung verlangte. Gleichzeitig mit diesen Ereignissen hatte Philipp in Thessalien eine Reihe von Städten erobert, besonders Demetrias und die Landschaft Magnesia, und auch einige ätolische Landschaften okkujjiert.

Auch zur See waren die Römer erfolgreich. Nach der Schlacht an den Thermopylen segelte die römische Flotte unter C. Livius ins ägäische Meer und setzte auf die asiatische Seite über. Es war von Wert, daß außer den Rhodiern die großen Inselgemeinden, Samos, Chios und Lesbos, sich den Römern zur Verfügung stellten und der Flotte die nötigen Stützpunkte boten. Vereinigt mit der pergamenischen Flotte und an Stärke der Schiffe überlegen, 1) erfocht Livius bei Korykos der Insel Chios gegenüber einen bedeutenden Sieg über Polyxenidas, den Admiral des Antiochos. Mehrere der griechischen Städte des asiatischen Festlandes fielen gleich darauf von Antiochos ab und die Gegner des Antiochos beherrschten die See.

In Rom herrschte über den Seesieg berechtigter Jubel. Nunmehr konnte der Krieg nach Asien verlegt werden ; mit der Leitung betraute Rom seinen besten Feldherrn, den P. Scipio Africanus. Da aber Scipio erst 191 v. Chr. Konsul gewesen war, so hätte seine Wiederwahl nach so kurzer Frist gegen die Verfassung verstoßen. Man half sich aus der Verlegenheit, indem man seinen älteren Bruder, den unbedeutenden L. Cornelius Scipio, für 190 v.Chr. zum Konsul wählte und ihm in außerordentlichem Auftrag als eigentlichen Oberbefehlshaber den Publius mit gleicher konsularischer Gewalt, mit der Bezeichnung Prokonsul an die Seite setzte. 2) Das Flottenkommando erhielt der Prätor L. Aemilius (Regillus). Die neuen Befehlshaber nahmen be- deutende Verstärkungen mit.

Es war Scipios Absicht, den Krieg gegen Antiochos durch einen Angriff auf Asien rasch zur Entscheidung zu bringen. Als er zunächst in Griechen- land erschien, fand er dort die Kämpfe mit den Aetolern wieder im Gange. M.' Acilius hatte Lamia erobert und belagerte Amphissa, aber Scipio wünschte Ruhe in Griechenland. Ein endgültiger Friede wurde zwar nicht erreicht, aber unter athenischer Vermittlung nahmen die Aetoler behufs neuer Unter- handlungen einen sechsmonatlichen Waffenstillstand an, und Scipio hatte also den Rücken gedeckt und konnte sein Heer auf dem Landweg durch Makedonien und Thrakien sofort gegen Asien in Marsch setzen. Auch von den Achäern gingen Truppen hinüber; Flamininus hatte zwischen ihnen und den Eleern und Messeniern einen Frieden vermittelt und den Eintritt dieser beiden Stämme in den achäischen Bund veranlaßt; dadurch wurden die achäischen Streitkräfte für römische Zwecke frei.

Der Übergang nach Asien war vorbereitet durch die Tätigkeit der ver- bündeten Flotte, zu der die seetüchtigen Rhodier ein starkes und regsames Kontingent gestellt hatten. Als Stützpunkt diente den Verbündeten Samos,

') KiioMAYER a. a. 0. 157, 4. ' (Polyb.XXI 8), wird vonPolyb.XXI 10,11

^) Nach Livius ist P. Scipio Legat seines als ävdvnatog bezeichnet und nennt sich

Bruders; dies entspricht der späteren selbst auf einer Dedikation auf Delos or^a-

staatsrechtlichen Auffassung. In Wirklich- i D^yog vjiaxog. SIG 11^ 588, Z. 102.

keit ist er gleichberechtigter Befehlshaber j

J3g Römische Geschichte.

von wo die feindliche Flotte in Ephesos überwacht wurde. Von hier aus nahm man zunächst Sestos am Hellespont. Inzwischen hatte Antiochos seine Marine bedeutend verstärkt, auch glückten ihm einzelne Unternehmungen; aber das Übergewicht zur See blieb auf römischer Seite. Eine syrische Hilfs- flotte, die Hannibal von Phönizier! nach Ephesos führen sollte, wurde fernab vom Ziel an der pamphylischen Küste von den Rhodiern besiegt. Als dann Antiochos trotz der ausgebliebenen Verstärkung eine Seeschlacht wagte, erlitt er bei Myonnesos zwischen Ephesos und Kolophon eine vollständige Niederlage.

Auch in Vorderasien war Antiochos nicht unbestritten Herr; seine An- griife auf Eumenes und die Stadt Pergamon scheiterten, und sein Freimd Prusias von Bithynien ließ sich von den Römern zur Neutralität bestimmen. Immerhin hatte der Seleukide inzwischen aus allen Provinzen seines Reiches ein großes Heer aufgeboten, wozu ihm auch seine vorderasiatischen Bundes- genossen, die Galater, Paphlagonen, der lykische Bund und Ariarathes von Kappadokien Zuzug leisteten. Er zog nur die Konsequenz aus seiner mari- timen Schwächung, wenn er alle Kraft für die bevorstehende Entscheidung auf asiatischem Boden konzentrierte, und auch Lysimacheia als nutzlos ge- wordenen Außenposten aufgab.^) Ungehindert gelangten die Römer über den Hellespont. Antiochos, der sich auf sein eigenes Gebiet nach Lydien zurückgezogen hatte, knüpfte Unterhandlungen an; er erbot sich, den um- strittenen Seestädten die Freiheit zu belassen und Europa aufzugeben; allein die anspruchsvoller gewordenen Römer verlangten jetzt Abtretung aller syrischen Besitzungen diesseits des Tauros, d. h. der vorderasiatischen Land- schaften. Auf solche Forderungen konnte Antiochos nur mit den Waffen antworten. Am Fluß Phrygios, nicht weit von Thyateira und Magnesia am Sipylos kam es im Spätherbst 190 v. Chr. zu einer Schlacht, in der auf römischer Seite Cn. Domitius an Stelle des erkrankten P. Scipio den Befehl führte. Das große, aber bunt zusammengewürfelte Heer des Antiochos wurde besiegt, seine Kerntruppe, die 16000 Mann starke Phalanx aufgerieben, ohne überhaupt zum Angriff vorgegangen zu sein. 2) Entscheidenden Anteil am Sieg bei Magnesia hatten die leichten Truppen und besonders die römisch- pergamenische Kavallerie, die Eumenes führte. Unter dem frischen Eindruck des Sieges öffneten die großen vorderasiatischen Städte, Ephesos, Sardes, Magnesia u. a., den Römern ihre Tore. Antiochos verzichtete auf weiteren Widerstand und verstand sich zu den nunmehr verschärften Bedingungen, die Rom ihm stellte. Der König mußte über den Tauros zurückweichen (an der Küste bis über Pamphylien hinaus), 15000 Talente (70731000 Gold- mark) in zwölf Jahresraten zahlen und sich verpflichten, nur zehn größere Kriegschiffe und keine Kriegselefanten mehr zu halten. Auch mußte er ver- sprechen, hervorragende Römerfeinde, darunter den Hannibal, auszuliefern. Diese Bedingungen wurden in Rom unter Anhörung der römischen Bundes- genossen im Sommer 189 v. Chr. vom Senat näher bestimmt. Im Frühsoramer

1) Erst Kromayer, Ant. Schlachtf. II j ^) Über die Schlacht bei Magnesia s. Liv.

160 ff. hat die Kichtigkeit dieses von an- | XXXVII 38 ft"., AppiauSyr. 31 ft'., beide aus

tikeu und modernen Kritikern als kopflos | Polybios; vgl.KR0MAYERa.a.0.II15.iff.und

verurteilten Entschlusses erkannt. | über die Quellen im besonderen S. 213 ff.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 22.) 139

des nächsten Jahres kam der Friede zur Ratifizierung.^) Die von Antiochos abgetretenen Landschaften, besonders Lydien, Phrygien und Karien, der thrakische Chersones, zum Teil auch Pamphylien, fielen an Eumenes von Pergamon, der damit den Löwenanteil davontrug; Karien südwärts vom Mäander und Lykien kamen an Rhodos; die hellenischen Städte wurden großenteils für frei erklärt, einige, vor allem Ephesos und mehrere helles- pontische Plätze, erhielt Eumenes. Vor dem Friedensschluß hatte der Nach- folger der Scipionen, Cn. Manlius (Vulso) mit pergamenischen Hilfstruppen noch eine Expedition durch die Kibyratis und Pamphylien und von hier nordwärts gegen die Galater unternommen. Die durchzogenen Landschaften wurden gebrandschatzt, die Galater in zwei Schlachten geschlagen. 2) Sie, wie die anderen Bundesgenossen des Antiochos, Ariarathes IV von Kappa- dokien und die Paphlagonen, sahen sich genötigt, um Frieden zu bitten, der ihnen bald danach in Ephesos gewährt wurde. Alle behielten ihre Ge- biete im wesentlichen ungeschmälert. Ariarathes schloß sich auf Gedeih und Verderb an Rom und Eumenes, seinen künftigen Eidam, an; die Galater wurden der Aufsicht von Pergamon unterstellt. Nachdem alles geordnet war, kehrte (188 v. Chr.) Manlius auf dem Landwege durch Thrakien und Makedonien zurück. Unterwegs erlitt das beutebeladene römische Heer durch thrakische Überfälle ziemliche Verluste.

Um dieselbe Zeit (190/89 v. Chr.) hatten in Griechenland die Aetoler die Waffenruhe mit Rom benutzt, um den Makedonen einen Teil ihrer letzten Eroberungen wieder zu entreißen und den vertriebenen Amynandros von Athamanien in sein Land zurückzuführen. Vergebens bemühten sie sich dann nach der Schlacht bei Magnesia um einen günstigeren Bescheid des römischen Senats, der jedoch auf bedingungsloser Unterwerfung bestand; so begann der Krieg im nächsten Jahr (189 v. Chr.) von neuem. Der Konsul M. Fulvius Nobilior rückte mit Heer und Flotte vor Ambrakia, gleichzeitig griffen die Makedonen und andere römische Bimdesgenossen das ätolische Gebiet von mehreren Seiten an. Da sich aber Ambrakia gegen alle römi- schen Angriffe zu halten vermochte, und überdies Rhodos und Athen ein gutes Wort einlegten, so gewährte Nobilior den Bitten der Aetoler ge- neigteres Gehör. Gegen Übergabe Ambrakias wurde auf unbedingte Er- gebung verzichtet und ein Friede verabredet, der auch die Billigung des Senates fand. Die Aetoler mußten auf alles, was ihrem Bund seit 192 v. Chr. an Land und Leuten entfremdet war, verzichten, eine beträchtliche Kon- tribution zahlen, Geiseln stellen und die Oberhoheit Roms anerkennen. 3) Aus Ambrakia, der einstigen Residenz des Pyrrhos, wurden von Nobilior viele Kunstwerke nach Rom entführt und auf Italien verteilt. "*) Der letzte Akt des Krieges spielte auf Kephallenia, von wo aus die römischen See- transporte des öfteren beunruhigt worden waren. Die Insel war vom äto- lischen Frieden ausdrücklich ausgenommen. Auf die Landung des M. Fulvius hin ergaben sich die Städte bis auf Same, das erst nach längerer Belage-

1) Polyb. XXI 17. 45. Über den Frieden mit Antiochos vgl. Mommsen, Rom. Forsch. II 511 ff.; Ed. Meyer, Rhein. Mus. N. F. 36, 1881, 120 ff. Niese, Gesch. der griech. u. maked. Staaten II 745 ff., 757 ff.

^) F. Stähelin, Gesch. d. kleinasiatischen Galater, Leipzig 1907^, 50 ff.

3) Polyb. XXI 32. Livius XXXVIII 11.

*) Livius XXXVIII 9, 13. CIL I^ 615 f. ILS 16 f.

140 Römische Geschichte.

rung fiel. Die Insel wurde, wie kurz vorher Zakynthos, von den Römern in Besitz genommen, als nicht unwichtiger Posten an den griechischen Küsten. Das Ergebnis der beiden letzten Kriege war die Herstellung der Hege- monie Roms im griechischen Osten. Die Überlegenheit der römischen Waffen galt als unbestreitbare Tatsache. Die Römer fühlten sich als die Herren der Welt, denen nichts zu widerstehen vermochte. Die Machtverhältnisse der hellenistischen Staaten hatten sich völlig verschoben. Makedonien war aus Hellas fast ganz verdrängt, die Seleukiden aus Vorderasien, Äg3^pten, Roms Freund, hatte beinahe alle auswärtigen Besitzungen verloren außer Kypros und Kyrene. Waren so die großen Staaten geschwächt, so wurden die kleineren, besonders die Freistädte, vermehrt und vergrößert und fanden an Rom einen Schutzherrn gegen ihre Bedränger, aber auch einen rück- sichtslosen Gegner, sobald ihr Ehrgeiz zu hoch griff oder sie sich von Rom nicht gängeln lassen mochten. Denn die Römer erhoben den Anspruch, daß in dieser Umwelt nichts von Belang ohne ihr Zutun oder ihre Sanktion geschähe, und ihre Staatskunst gipfelte in dem Bestreben, keine Macht zu groß werden zu lassen und die Bildung von Koalitionen hintanzuhalten. Diese Politik wurde durch die Betroffenen selbst erleichtert. Den Gedanken, sich gegen Rom zusammenzuschließen, durchkreuzte der Widerstreit der Inter- essen, allseitiges Mißtrauen und das Gefühl der Schwäche. Die hellenistischen Staaten der Seleukiden und Ptolemäer entbehrten zudem der nationalen Einheit und Geschlossenheit; auch das junge Königreich von Pergamon war nicht fest gefügt. Nur die Militärmacht Makedonien hatte noch immer einen gesunden Kern.

In Griechenland umfaßte der achäische Bund, der im letzten Krieg treu zu Rom gehalten hatte, jetzt den ganzen Pelojionnes. Aber er lag in be- ständiger Fehde mit Messene und Sparta, die ihm beide nur widerwillig angehörten; fast Jahr für Jahr beschäftigten diese Händel den römischen Senat. In Sparta und Messene tobten Partei- und Verfassungskämpfe, die Römer wurden angerufen und schenkten auch den Gegnern der Achäer Gehör. Von Rom aus ermutigt, sagte sich Messene von den Achäern los, worauf diese zu den Waffen griffen. Damals fiel ihr siebzigjähriger Strateg Philopoimen in die Hände der Messenier, die ihn im Gefängnis vergiften ließen (183 v.Chr.), in demselben Jahr, in dem auch Hannibal und Scipio Africanus endeten. Die Achäer unternahmen einen Rachezug gegen Messenien, wurden aber schließlich nach langen Unterhandlungen trotz allem Widerstreben von Rom gezwungen, die in Sparta und Messene gegen ihre Gegner getroffenen Maß- nahmen aufzuheben oder zu mildern (178 v. Chr.). In diesem und in ähn- lichen Fällen, so bei den Zwistigkeiten innerhalb des ätolischen Bundes, spielten stets die Römer den Schiedsrichter. Es gab ja allenthalben in Griechenland ehrgeizige Streber, die mit römischer Hilfe ihre politischen Feinde zu beseitigen und selbst ans Ruder zu kommen hofften; diese ge- wissenlosen Elemente waren den Römern in allem zu Willen. Im achäischen Bund ist Kallikrates der Typus eines solchen Römlings.

Vorderasien war in eine Anzahl Staaten von etwa gleicher Stärke ge- teilt, die sich vielfach befeindeten. Schon 186/85 v. Chr. kam es zum Krieg zwischen Eumenes von Pergamon und seinem Nachbar Prusias von Bithy-

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 22.) 141

nien, in dessen Diensten damals Hannibal stand. Am Seleukidenhof infolge des römischen Auslieferungsverlangens unmöglich geworden, hatte sich Hannibal zunächst für einige Zeit nach Kreta begeben i) und von dort nach Bithynien, wo er im Krieg gegen Pergamon in einer Seeschlacht seinen letzten Sieg erfocht. Die Römer stifteten um 184 v. Chr. Frieden; bald da- nach kam Flamininus in diplomatischer Mission zu Prusias und benutzte die Gelegenheit, -die Auslieferung Hannibals zu verlangen; Prusias bewilligte sie, worauf sich der Sieger von Cannae der Gefangennahme durch Selbst- mord entzog (183 V. Chr.). 2) Langwieriger und bedeutsamer als der Krieg gegen Prusias war ein Krieg des Eumenes und Ariarathes von Kappadokien gegen Pharnakes, den König des pontischen Kappadokien, und seine Ver- bündeten, dessen Anlaß in Galatien zu liegen scheint, wo sich Pharnakes, der sich außerdem durch Überfall der freien Stadt Sinope bemächtigt hatte {183 V. Chr.), einmischte. Auch die Pontusstädte, Armenien und die nörd- lichen Anwohner des schwarzen Meeres wurden in den Kampf verwickelt; selbst Seleukos IV von Syrien, der Nachfolger des Antiochos, machte An- stalten, sich zugunsten des Pharnakes zu beteiligen. Wiederholt intervenierte der Senat, aber mehr hemmend als fördernd; denn es lag nicht im römi- schen Interesse, daß Eumenes zu mächtig wurde. Erst 179 v. Chr. wurde der Kampf durch einen energischen Angriff des Ariarathes und Eumenes zum Nachteil des Pharnakes beendigt und der Friede erzwungen. 3)

Das Reich der Seleukiden hatte zwar noch immer großen Gebietsumfang, entbehrte aber der Konsolidierung auseinanderstrebender Teile. Das An- sehen der Krone hatte durch die Niederlage im Ringen mit Rom sehr ge- litten, die Provinzen östlich von Medien gingen wieder verloren, die Finanzen des Reichs waren durch die römische Kriegskontribution schwer belastet. Nicht lange nach dem Frieden, schon 187 v. Chr., wurde Antiochos III von Aufständischen in der Elymais erschlagen. Ihm folgte sein Sohn Seleukos IV Philopator (187 175 v. Chr.), ein schwacher Fürst, dem Schwierigkeiten im Innern und nach außen ein Konflikt mit Ägypten zu schaffen machten. Die Römer beobachteten die Seleukiden beständig mit Mißtrauen und taten alles, um das Reich noch mehr zu schwächen, eine Politik, die durch Streitig- keiten im Schoß der königlichen Familie erleichtert wurde.

Da zeigte Makedonien denn doch eine festere Struktur und auf diesen Staat hatten die Römer ein besonders wachsames Auge. Denn der Bestand Makedoniens bedeutete eine dauernde Gefahr für Roms Hegemonie in Griechenland. Zum Dank für die gegen Antiochos geleisteten Dienste durfte Philipp sein Gebiet besonders auf Kosten der Aetoler erweitern. Er nahm Demetrias und eine größere Anzahl thessalischer Plätze, ferner das Land der Doloper, mehrere Inseln und an der thrakischen Küste Ainos und

') Auch soll er für Artaxias von Groß- Der Verdacht, dafs mit absichtlichem Syn-

ai-menien den Plan der neuen Hauptstadt chronismus der Tod der drei Feldherrn in

Artaxata entworfen haben. Vgl. Ed. Meyer, das nämliche Jahr gesetzt wurde, liegt

Ursprung und Anfänge des Christentums : nahe, weshalb z.B. Lenschau.PW VII 2349 f.

II, 1921, 217, 2. I das angebliche Datum des Polyb. (182)

2) Nach Liv. XXXIX 50, 11 und Atticus | bezorziigt.

bei Nepos Hannib. 13, 1 starb Hannibal ^) Polyb. XXV 2 gibt den Friedens-

183 V. Chr., nach Polyb., wie wenigstens vertrag.

Nepos a. a. O. behauptet, erst 182 v. Chr. |

1^2 Römische Geschichte.

Maroneia. Aber die Römer duldeten diese Entwicklung nur mit Unbehagen und wenn sie 189 v. Chr. den Aetolern glimpflichere Bedingungen gewährten, so geschah es, um weitere Eroberungen Philipps zu unterbinden. Als dann von den griechischen Feinden Philipps und von Eumenes Klagen gegen ihn erhoben wurden, da zwangen die Römer den Makedonen in demüti- genden Verhandlungen, einen Teil seiner griechischen Erwerbungen und die thrakischen Küstenplätze zu räumen (185 188 v. Chr.). Philipp sträubte sich lange, und sein Gegensatz zu Rom trat deutlich in die Erscheinung; beinahe wäre es zum Krieg gekommen. Doch gelang es dem Philipp, den Senat durch eine Gesandtschaft seines Sohnes Demetrios zu beschwichtigen. Diesen Prinzen begünstigten die Römer nicht ohne Hintergedanken; sie machten ihm Hoffnung auf die Nachfolge. Diese römisclien Intrigen be- schworen eine Tragödie herauf: der ältere Bruder Perseus machte den Demetrios, den er als Thronrivalen haßte, unschädlich (181 v. Chr.). Der Vater Philipp hatte in dem erfolgreichen Bestreben, sein Land auf einen neuen Krieg vorzubereiten, kein Mittel gescheut. Da ihm Griechenland ver- schlossen war, so wandte er sich nach Thrakien; er erwarb hier in mehr- jährigen, glücklichen Kämpfen eine bedeutende Macht und verbündete sich weiter mit den Kelten jenseits der Donau, namentlich mit den Bastarnern. Man schreibt ihm den Plan zu, durch einen keltischen Angriff die Römer in Italien zu beschäftigen, um dann die Hegemonie in Hellas wieder zu er- obern. Als er 179 v. Chr. starb, hinterließ er seinem Erben Perseus einen festgefügten Staat mit geordneten Finanzen und einem schlagfertigen Heer.') Perseus erneuerte zunächst seine Freundschaft mit Rom, schlug aber dann andere Wege ein als sein Vater. Er suchte die Beziehungen zu den Hellenen neu anzuknüpfen, und bald wirkte sich sein Einfluß um so stärker aus, je lästiger man die Bevormundung durch das allmählich bestgehaßte Rom empfand. Nach allen Seiten hin spann die Politik des Perseus ihre Fäden. Er war verschwägert mit Prusias von Bithynien, Seleukos IV vermählte ihm seine Tochter, selbst die Rhodier bekundeten ihre freundliche Gesinnung. Bald nach seinem Regierungsantritt war, noch von Philipp veranlaßt, ein bastarnisches Heer in Thrakien erschienen, um die Dardaner, die alten Feinde Makedoniens, die Freunde Roms, zu vernichten, doch blieb dem Vor- stoß der gewünschte Erfolg versagt. Die geängstigten Dardaner baten in Rom um Hilfe und beschwerten sich über Perseus (176/75 v. Chr.). Auch aus Illyrien und von den Thessalern und Aetolern kamen Klagen über makedonische Umtriebe. 174 v.Chr. empörten sich dieDoloper, makedonische Untertanen; Perseus unterwarf sie mit Waffengewalt und erschien bei dieser Gelegenheit mit seinen Truppen in Delphi (er war seit einiger Zeit Mit- glied der delphischen Amphiktionie), überall auf dem Durchmarsch freudig begrüßt. Bei den Böotern waren seine Freunde in der Mehrheit; auch der achäische Bund wurde von ihm umworben; wenn ihn auch das offizielle Achaia abwies, so gewann er doch beim Volk Sympathien. Alle P^einde Roms fanden an Perseus ihren Rückhalt und so ging durch ganz Griechen- land die Spaltung in makedonische und römische Parteien; dabei hielten

') Niese, Gesch. der griech. u. makedon. Staaten III 19 ff.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangimg der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 22.) 143

die Oligarchen zu Eoni, die Demokraten zu Makedonien. In vielen Städten tobten Parteikämpfe politischer oder sozialer Natur. Die Abneigung gegen Kom zeigte sich in der Feindschaft gegen den Römerfreund Eumenes von Pergamon, die sich bei den Achäorn, aber auch bei den kleinasiatischen Hellenen bemerkbar machte. Durch solche Symptome über die Krisis be- lehrt, in die ihre Hegemonie über Griechenland durch Perseus geriet, be- schlossen die Römer, der Selbständigkeit Makedoniens ein Ende zu machen. König Eumenes, der sich durch Perseus nicht minder bedroht fühlte, brachte durch einen Besuch in Rom 172 v. Chr. diesen Entschluß zur Reife. Ein Vorwand zu dem Krieg, den man wollte, war bald gefunden. Der thrakische Dynast Abrupolis, von Perseus zur Strafe für einen Übergriff auf makedonisches Gebiet aus seiner Herrschaft verjagt, hatte an den römi- schen Senat appelliert, der sich nun nachträglich seiner annahm. Auch an einem Attentat, dem Eumenes auf der Heimreise in Delphi beinahe zum Opfer gefallen wäre, maß man in Rom die Schuld dem Perseus bei. Da aber die Römer im Unterschied von Perseus zum Krieg noch nicht gerüstet waren, so ließen sie, um Zeit zu gewinnen, den diplomatischen Apparat spielen. Perseus ging in dem Wunsch, den Krieg zu vermeiden, auf die Verhandlungen ein, zu jedem Entgegenkommen bereit, sofern nur seine Selbständigkeit unangetastet bliebe. Die Waffenruhe, zu der er sich durch den schlauen Unterhändler Q. Marcius Philippus bestimmen ließ, benutzten die Römer, um den bereits für Makedonien gewonnenen böotischen Bund zu sprengen, die Mehrzahl der böotischen Städte auf ihre Seite zu ziehen, wie überhaupt die Griechen zu umgarnen. In Rom wurde der Friedens- schritt des Perseus endgültig abgewiesen und 171 v. Chr. der Krieg eröffnet; der Konsul P. Licinius (Crassus) setzte nach Makedonien über. Rom hatte die Übermacht; alle früheren Bundesgenossen, vor allem Pergamon, aber auch Rhodos und die Achäer stellten sich zur Verfügung. Perseus war fast ganz isoliert und mußte den Römern die See völlig überlassen. Trotzdem ging er nicht ohne Zuversicht in den Kampf. Die ersten Treffen waren für ihn günstig; in einer großen Reiterschlacht bei Sykyrion in Thessalien wurden die Römer besiegt; allenthalben brach die Sympathie für Perseus hervor. Aber er wagte seine Erfolge nicht auszunutzen, suchte vielmehr erneut um Frieden nach, den ihm Rom nur bei bedingungsloser Ergebung gewähren wollte. Nach mehreren kleineren Gefechten räumte er Thessalien, wo die Römer dann einige seiner Städte eroberten. Währenddessen lag die römische Flotte vmter C. Lucretius in Chalkis, und von hier aus wurden die zu Makedonien haltenden böotischen Städte Haliartos, Thisbe und Koroneia erobert und zerstört. Aber auch Chalkis hatte zu leiden, wie denn überhauj^t die Römer durch schlechte Disziplin der Truppen, Habgier der Führer und unnötige Härte bei ihren griechischen Bundesgenossen Mißstände schufen, die der Senat später abzustellen suchte.') Die Hellenen wurden mit Argwohn be- handelt, ihren Kontingenten schrieb man die Schuld an der Niederlage bei Sykyrion zu und einige Aetoler wurden zur Bestrafung nach Rom de- portiert. Auf die weitere Hilfe der griechischen Bundesgenossen verzichteten

') Liv. XLIII 17, 2. Polyb. XXVIII 3, 3. Vgl. den Senatsbeschlufs für Thisbe SIG 11^ nr. 646.

144 Römische Geschichte.

die Kcimer; nur Eumenes und Prusias blieben aktiv beteiligt. Eumenes griff Makedonien von Osten her an und fesselte dadurch einen Teil der feindlichen Streitkräfte.

Der nächste Feldzug (170 v.Chr.) hatte keinen besseren Erfolg. Vergebens versuchte der Konsul A. Hostilius zweimal in Makedonien einzudringen, auch die Flotte unter L. Hortensius richtete außer der Eroberung Abderas nichts Wesentliches aus. Dagegen drang Perseus, zu dem der epi rotische Stamm der Molosser übergetreten war, in Illyrien vor und knüpfte mit dem König Genthios, dem Sohn des Pleuratos, Verbindungen an, die im nächsten Jahr zum Bündnis führten. Aus Epirus wurden die Römer vertrieben. Eine starke makedonische Partei gab es auch bei den Aetolern, und beinahe wäre es dem Perseus durch einen überraschenden Marsch gegen Stratos geglückt, das ganze Volk auf seine Seite zu ziehen (Winter 170/69 v.Chr.). Erst der Nachfolger des Hostilius, der Konsul Q. Marcius Philippus, entschloß sich zu einem energischen Vorstoß, der ihn von Thessalien her über den Olymp') nach Makedonien führte (169 v.Chr.); damit kombiniert war eine Aktion der vereinigten römisch-pergamenisch-bithynischen Flotte, die an der make- donischen Küste landete und sogar Thessalonike, Kassandreia und Demetrias angriff. Aber bald kamen die Römer in Makedonien wieder zum Stehen; Perseus behauptete sich in einer festen Stellung am Fluß Elpeios, und im nächsten Winter (169/68 V. Chr.) konnte er sein Bündnis mit Genthios zum Abschluß bringen. Der Illyrier sagte sich von Rom los, nahm eine römische Gesandtschaft an seinem Hofe fest und rüstete sich zum Angriff auf die römischen Besitzungen in Illyrien. Auch bei den Kelten jenseits der Donau hatte Perseus mit dem Ergebnis werben lassen, daß ein großes Keltenheer, besonders von Bastarnern, unter Klondikos den Strom überschritt und seine Dienste anbot. Aber da Perseus in falscher Sparsamkeit am Sold herunter- handelte, so kehrten die Barbaren schließlich wieder um. Noch schnöder verfuhr Perseus mit Genthios, den er fast um den ganzen ihm versprochenen Subsidienbetrag prellte.

Wenn sich auch Perseus die wertvolle Hilfe der Kelten hatte entgehen lassen, so war doch die Lage Roms nicht die beste. Unerwartet erschien im Frühjahr 168 v. Chr. eine makedonische Flotte im ägäischen Meer und tat den Feinden mancherlei Abbruch. Auch fand Perseus mit seinen wieder- holten Hilfs- und Vermittlungsgesuchen bei einigen Staaten Gehör; er wandte sich an Antiochos Epiphanes, an Ägypten und an Rhodos, selbst bei Eumenes scheint er sondiert zu haben. Die Ägypter waren nahe daran, ihm zu willfahren,-) und jetzt (Anfang 168 v. Chr.) ließen sich die Rhodier auf An- regung des Konsuls Q. Marcius Philippus wirklich dazu bestimmen, die Friedensvermittlung zu übernehmen, nachdem sie schon vor Ausbruch des Krieges (172 v. Chr.) im Gegensatz zu Eumenes für den Frieden zu wirken versucht hatten. Die Römer boten noch einmal allem auf, um den Krieg rasch zu beenden; sie sandten einen tüchtigen Feldherrn, den Konsul L. Aemilius Paullus, ein Mitglied des Scipionenkreises und vornehmlich in

^) Diesen Zug machte Polybios mit ^) Niese, Gesch. der griech. u. makedon.

(XXVIII 12). Vgl. über den Ofympüber- Staaten III 145. gang J. IvROMAYER, Ant. Schlachtf. II 267 ff.

5. Dritte Periode : Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v.Chr.). (§22.) 145

den spanischen Kärnj^fen bewährt, mit ansehnhchen Verstärkungen nach Makedonien ab. Mit der von ihm gründhch reorganisierten Armee zwang Aemihus Paulhis durch eine glückhche Umgehung den Perseus, seine feste Stelkmg aufzugeben und sich bei Pydna zur Entscheidungsschlacht zu stellen. Der Tag ist durch eine voraufgehende Mondfinsternis astronomisch genau fixiert (22. Juni 168 v. Chr.).') Perseus' stolzes Heer wurde völlig geschlagen, die bewegliche Manipulartaktik siegte über die starre Phalanx, das römische Schwert über die makedonische Lanze. 2) Der König rettete sich in eiliger Flucht nach Samothrake, wo er sich bald darauf dem Flottenprätor Cn. Octavius mit zweien seiner Söhne ergab. Makedonien wurde in wenigen Tagen von den Römern erobert, Widerstand fast nicht geleistet.

Schon vorher, in demselben Jahr hatte der Prätor L. Anicius den Krieg gegen Genthios in dreißig Tagen glücklich beendigt. Der Illyrier wurde geschlagen und in seine Hauptstadt Skodra zurückgedrängt; von vielen seiner Untertanen im Stich gelassen, kapitulierte er vor den Römern.

Durch solche Siege wurde die letzte HoflPnung der Römerfeinde zunichte. Behufs Neuordnung der Verhältnisse wurde dem Konsul eine Senatskommission von zehn Mitgliedern beigegeben, die in Amphipolis ihre Maßnahmen traf. Das Königreich Makedonien wurde aufgehoben und das Land in vier Teile zer- schlagen, deren jeder einen Freistaat für sich bilden sollte; der politische Zu- sammenhang dieser Distrikte untereinander wurde gelöst, die Hälfte der bisher an den König zu entrichtenden Abgaben fiel als Tribut an die Römer. Das Land wurde entwaffnet und in seiner wirtschaftlichen Freiheit eingeschränkt, viele der angesehensten Makedonen mußten nach Italien übersiedeln. Auch das illyrische Reich des Genthios wurde auseinandergerissen, und zwar in drei Teile. Die griechischen Besitzungen des Perseus erhielten zum Teil Autonomie. Die Inseln Lemnos. Imbros und Skyros und die böotische Stadt Haliartos, ebenso Delos wurden den Athenern überwiesen. Zugleich erging über die Hellenen, deren feindliche Gesinnung sich während des Krieges gezeigt hatte, ein strenges Strafgericht. Hellas behielt zwar dem Namen nach seine Freiheit, wurde aber in Wirklichkeit seiner Selbständigkeit be- raubt und stark umgestaltet. Nicht nur die notorischen Römerfeinde wurden bestraft und verfolgt, sondern auch die Verdächtigen und alle, welche ihr Rückgrat vor Rom nicht beugen mochten. Bei der Auswahl ließen sich die Römer von ihren eigenen Parteigängern, den politischen und persönlichen Gegnern der Angeschuldigten leiten. Niemand wagte sich zu widersetzen oder die Verfolgten zu schützen. Wohl am härtesten wurden die Aetoler betroffen, bei denen Einheimische im Einvernehmen mit Rom die Exekution ihrer makedonisch gesinnten Landsleute übernahmen; auch Deportationen nach Rom fanden statt. Der ätolische Bund verlor einen großen Teil seines damals noch ansehnlichen Bestandes und wurde im wesentlichen auf den ursi^rünglichen Umfang beschränkt; die Akarnanen mußten Leukas abtreten.

') Liv. XLIV 37, 5. Plutarch Aemil. 17. I tember. DieFinsterniserwähntauchPolyb.

Justin. XXXIII 1,7. F. K. Ginzel, Spe- ! XXIX 16 [6], dessen Zeugnis durch Beloch,

zieller Kanon der Sonnen- u. Mondfinster- j Klio XV, 1918, 413 nicht entkräftet ist.

nisse, Berl. 1899, 192. Das julianische Da- I ^) Über den Verlauf der Schlacht s. Kko-

tuni entspricht nach dem damaligen rö- t mayek, Ant. Schlachtf. II 310 fF. und Ed.

mischen Kalender angeblich dem 4. Sep- | Meyer, SB. d. Berl. Ak. 1909, 780 ff.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 10

;[46 Römische Geschichte.

Aus fast allen griechischen Staaten wurden Verdächtige nach Rom verbracht, die Achäer nicht ausgenommen. Dem achäischen Bund muteten die Römer sogar ein generelles Todesurteil gegen die nicht einmal namhaft gemachten Anhänger des Perseus zu, welch summarisches Blankoverfahren denn doch abgelehnt wurde; schließlich wurden etwa tausend angesehene Achäer nach Rom überführt, angeblich um sich dort zu rechtfertigen. Unter ihnen be- fand sich Polybios, der Sohn des Lykortas, der spätere Historiker. Ohne weitere Untersuchung wurden diese Achäer gleich den übrigen Unglück- lichen aus Griechenland in den Städten Italiens interniert.

Zum Abschluß seiner Tätigkeit veranstaltete Aemilius Paullus in Amphi- polis große Siegesfeste, zu denen er die griechischen Gemeinden in Europa und Asien, sowie die befreundeten Herrscher einlud. Dann kehrten Heer und Flotte, mit ungeheurer Beute beladen, nach Italien zurück (167 v. Chr.). Auf dem Heimweg vollzog der Konsul bei den Molossern, die Anicius im Vorjahr unterworfen hatte, das Werk der Vernichtung; es wurden siebzig Städte zerstört und 150000 Einwohner in die Sklaverei verkauft. In Rom feierten die siegreichen Feldherren prächtige Triumphe, zuerst Anicius, dann Cn. Octavius, zuletzt Aemilius Paullus. Die eingebrachte Beute, darunter der königliche Schatz Makedoniens, war so groß, daß das tributum, die direkte Steuer, für die Bürger fortan auf lange Zeit in Wegfall kam.*) Perseus, im Triumph mit aufgeführt, starb einige Zeit später (165 v. Chr.) in Alba am Fucinersee, wo er mit seiner Familie in unwürdiger Gefangen- schaft gehalten worden war.

Roms Rache an den Freunden Makedoniens beschränkte sich nicht auf das griechische Festland, sondern griff auf die Inselwelt über. Die Delier, die sich makedonischer Gesinnung verdächtig gemacht hatten, wurden aus ihrer Heimat vertrieben, ihre Insel kam an Athen als Freihafen, der, zur Stütze und Förderung des römischen Handels bestimmt, bald große Be- deutung erlangte. Die Seerepublik Rhodos, Roms alte treue Bundesgenossin, die sich auch an diesem Krieg beteiligt hatte, mußte für die makedonische Gesinnung vieler ihrer Bürger und für den unwillkommenen offiziellen Friedensschritt schwer büßen. Man hetzte in Rom sogar zum Krieg gegen Rhodos. Schließlich gelang es, die Römer zu beschwichtigen; aber Rhodos büßte den größten Teil seiner festländischen Besitzungen ein und geriet in Abhängigkeit von Rom. 2) Der rhodische Seehandel litt sehr unter der Konkurrenz des neuen Freihafens auf Delos. Da die Römer nicht ganz ohne Grund argwöhnten, Eumenes habe sich hinter ihrem Rücken mit Per- seus verständigen wollen, so rechneten sie auch mit ihm ab. Sie versagten ihm jede Belohnung für seine Hilfeleistung und brüskierten ihn durch Ab- lehnung seines Besuches in Rom; sie suchten seinen Bruder Attalos gegen ihn auszuspielen und sogar die Untertanen aufzuwiegeln. Unmittelbar nach der Schlacht bei Pydna geriet Eumenes in Krieg mit den Galatern, die von Rom offen begünstigt Avurden. Zwar Avurden sie bald geschlagen (166 v.Chr.), konnten aber dank der römischen Intervention ihre Unabhängigkeit behaupten.

^) Plut. Aemil. Pauli. 38. Marquardt, \ sich bis 166 v. Chr. hin. M. Porcius Cato Rom. Staatsverwalt. 11^ 178. nahm sich der Rhodier in einer Rede an.

^) Die rhodische Angelegenheit zieht | Cato orig. fr. 95.

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v.Chr.). (§22.) 147

Während des makedonischen Kriegs war im Orient zwischen Ägypten und Syrien ein Streit ausgebrochen. Auf dem ägyptischen Thron saß (seit 180 V. Chr.) der unmündige Ptolemaios VI Philometor. Die Vormundschafts- regierung erneuerte nun den ägyptischen Anspruch auf Coelesyrien, worüber es zum Krieg gegen Antiochos IV Epiphanes, den Bruder und Nachfolger des Seleukos IV kam. Antiochos IV (175 164 v. Chr.) war ein energischer Fürst, der die seleukidische Macht wieder zu Ansehen zu bringen wußte, ein Freund der Hellenen und hellenischer Kultur, zugleich ein Bewunderer Roms, wo er eine Reihe von Jahren als Geisel zugebracht hatte. Auch im Krieg gegen Perseus hat er sich als dienstwilliger Freund der Römer ge- zeigt. In dem Krieg mit Ägypten war die Überlegenheit auf seiner Seite; er drang 169 v. Chr. siegreich in Ägypten ein und zwang den inzwischen für mündig erklärten, aber nunmehr von ihm bevormundeten König zur Nachgiebigkeit. Indes die Alexandriner revoltierten und so rückte Antiochos 168 V. Chr. ein zweites Mal in Ägypten ein und marschierte gegen Alexan- drien. Der Hilferuf der Ägypter veranlagte den römischen Senat zur Ein- mischung; man wollte den Seleukiden nicht zu mächtig werden lassen, und der Sieg bei Pydna gab dem römischen Einspruch das nötige Relief. Erst nach dieser Entscheidung erschien der römische Gesandte C. Popilius Laenas in der Nähe von Alexandrien vor Antiochos, den er mit verblüffender Schroff- heit zwang, Ägypten zu räumen und von dem ebenfalls erfolgreich be- gonnenen Angriff auf Kypros abzulassen. Doch blieb Coelesyrien nach wie vor im Besitz des Antiochos. Der einmal wachgerufene Argwohn der Römer gegen den König wurde durch dessen Freundschaft mit Eumenes noch ge- steigert; die Römer befürchteten eine Koalition der beiden. So atmete Rom auf, als Antiochos 164 v. Chr. in Persis starb. Sein unmündiger Sohn An- tiochos V Eupator mußte sich fügen, als die Römer durch eine Gesandt- schaft die Einschränkung der seleukidischen Kriegsmacht verlangten. Aber die Wut des Volks fand in der Ermordung des anmaßenden römischen Ge- sandten Cn. Octavius ihren blutigen Ausdruck (163 2 v. Chr.). Bald darauf (162 V. Chr.) wurde Antiochos Euj)ator durch seinen aus römischer Geisel- haft geflüchteten Vetter Demetrios, den Sohn des Seleukos IV, gestürzt. Mit Demetrios bestieg ein tatkräftiger Fürst den syrischen Thron. Er wußte den noch immer recht bedeutenden Rest des Reiches zusammenzuhalten und griff sogar nach Vorderasien über. Von ihm unterstützt, vertrieb 158 v. Chr. der kappadokische Prätendent Orophernes seinen Bruder Ariarathes V und bemächtigte sich Kappadokiens, wo er sich freilich nur zwei Jahre behaupten konnte. Aber mochte sich Demetrios auch um die Gunst der Römer be- mühen, er wurde doch als Feind betrachtet; von Rom ermutigt, bildete sich eine Koalition seiner Nachbarn, der Ägypter und der Pergamener, der Demetrios 150 v. Chr. erlag. Ein angeblicher Sohn des Antiochos Epiphanes, Alexander Balas, wurde auf den Thron geführt, und damit beginnt für das unglückliche Syrien eine Epoche von Thronwirren, die seine Macht unter- gruben. Die Ägypter griffen zu und versuchten, sich im südlichen Syrien festzusetzen, die östlichen Provinzen bis an den Euphrat fielen meist den Parthern anheim, in Syrien errangen die großen Städte und einzelne Dy- nasten, darunter die fürstlichen Hohenpriester der Juden aus der Familie

10*

248 Römische Geschichte.

der Hasmonäer in Jerusalem, immer größere Selbständigkeit. Die Römer haben durch wiederholte Einmischung den Niedergang des seleukidischen Königshauses tunlichst beschleunigt.

Ägypten war durch den Krieg mit Antiochos EpijDhanes zunächst stark geschwächt. Dazu kam (seit 164 v. Chr.) der Zwist der feindlichen Brüder Ptolemaios VI Philometor und Ptolemaios VIII Euergetes mit dem Über- namen Pliyskon (d. h. Wanst), die seit der ersten Invasion des Antiochos Epiphanes (170 v. Chr.) gemeinsam regierten. Philometor wurde vertrieben, kehrte aber, von Rom protegiert, wieder zurück; auf Grund eines Teilungs- vertrages wurde dem Physkon Kyrene überwiesen. Damit noch nicht zu- frieden, verlangte er auch Kypros, und die Römer unterstützten sein Be- gehr, um Ägypten noch mehr zu schwächen. Da sich aber Philometor dem widersetzte, so blieb es bei dem ursprünglichen Abkommen, und Physkon sah sich auf Kyrene beschränkt. Erst nach Philometors Tod (145 v. Chr.) fiel auch Ägypten mit Kypros wieder an Physkon, in dessen Hand also der ganze ptolemäische Besitz noch einmal zusammengefaßt war. Ägypten war dank seiner territorialen Geschlossenheit, seiner fein organisierten Verwaltung und der günstigen Finanzlage auch damals noch eine ansehnliche Macht.

Wenn Rom auch über den hellenistischen Osten nicht unmittelbar gebot und hier nicht alles nach Wunsch ging, so war doch das Hauptziel seiner Politik erreicht: in der unbestrittenen Rolle eines wachsamen obersten Schiedsrichters konnte Rom das Entstehen eines kräftigen Staatsgebildes im Keim ersticken und in seinem Interesse die Schwächung und Zersplitte- rung der vorhandenen Gewalten befördern.

Wichtige Beiträge bei H. Nissen, Kritische Untersuchungen über die Quellen der 4. und 5. Dekade des Livius, Berlin 1863. Die griechisch -orientalische Geschichte bei W. Schorn, Geschichte Griechenlands von der Entstehung des ätoli- schen Bundes etc. G. Hertzberg, Die Geschichte Griechenlands unter der Herr- schaft der Römer I. Flathe, Geschichte Makedoniens 2. Bd., Leipzig 1834. Niese, Geschichte der griech. und makedon. Staaten, Bd. II und III. G. Colin, Rome et la Grece de 200 a HO, Paris 1905, 53 ff. Die Seleukiden: Bevan, The honse of Seleucus, vol. II, London 1902. E. Schürer, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi I' 165 ff. Die Ptolemäer: Mahaffy, The empire of the Ptolem/efi, London 1895. M. L. Strack, Die Dynastie der Ptolemäer, Leipzig 1897. A. Bouche-Leclercq, Histoire des Lagides, vol. I IV, Paris 1903 1907. Zur Kriegsgeschichte: J. Kromayer, Antike Schlachtfelder, 2. Bd., Berlin 1907.

23. Während die Römer im Osten die Hegemonie errangen, ohne eine direkte Herrschaft auszuüben, blieb der Westen das eigentliche Fundament ihrer Macht, das sie nach dem hannibalischen Krieg in vielen Kämpfen befestigten und verbreiterten. Zunächst hatten sie mit den Galliern Ober- italiens abzurechnen, vornehmlich den Bojern und Insubrern, die während der ganzen Dauer des zweiten punischen Krieges auf Hannibals Seite unter Waffen gestanden hatten. i) Die römischen Besitzungen, angeblich außer Placentia und Cremona, müssen alle verloren gegangen sein. Genauere Nach- richten fehlen; doch ist anscheinend noch im letzten Abschnitt des hanni- balischen Krieges vielleicht im Anschluß an den Feldzug Magos (204 203 V. Chr.) hier gefochten worden. Neue Kämpfe begannen während des zweiten makedonischen Krieges mit einem gallischen Angriff, dem wie es scheint

') Lauterbach, Unterss. zur Gesch. der LTnterwerfung von Oberitalien durch die Römer, Diss. Breslau 1905.

5. Dritte Periode: Bis ziir Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 23.) 149

Placentia zum Opfer fiel (198 v. Chr.).*) Dies gab den Anlaß zur völligen Unterwerfung der gallischen Stämme, die übrigens zum Teil mit Rom ver- bündet waren. 197 v. Chr. waren beide Konsuln hier tätig, und schon im nächsten Jahr wurden die Insubrer bezwungen. 2) Mit den Bojern wurde man erst nach längeren Kämpfen etwa 191 v. Chr. fertig; sie wurden zum großen Teil ausgerottet oder vertrieben.^) Auf dem freigewordenen Gebiet wurden zahlreiche römische und latinische Kolonisten angesiedelt und neue Städte gegründet, 189 v.Chr. die latinische Kolonie Bononia, 183 v.Chr. die römischen Bürgerkolonien Parma und Mutina, dazu viele kleinere Nieder- lassungen. Oberitalien, zunächst die Landschaft südlich vom Po, wurde in kurzer Zeit ganz römisch und latinisch; die eingewanderte Bevölkerung ver- mehrte sich rasch und bildet fortan einen wichtigen Bestandteil der römi- schen Bürgerschaft, bezw. der latinischen Bevölkerung Italiens, während in Unteritalien die oskischen und griechischen Elemente das römisch-latinische überwiegen. Durch große Straßenbauten wurde das neue Gebiet mit Rom und dem übrigen Italien verbunden. Bereits 220 v. Chr. hatte C. Flaminius als Zensor die nach ihm benannte Flaminische Straße von Rom über den Appennin nach Ariminum angelegt,^) die nun von M. Aemilius Lepidus, Konsul 187 v. Chr., als via Aemilia bis Placentia weitergeführt wurde. Eine weitere Verbindung durch Etrurien wurde durch die via Cassia her- gestellt (171 v. Chr.). Nördlich vom Po erhielten sich gallische Stämme, neben den Insubrern die seit langer Zeit den Römern befreundeten Ceno- manen, ferner die Veneter. Aber auch hier war die latinische Bevölkerung in raschem Vordringen, und das Keltentum wich an den Fuß der Alpen zurück. Als äußerster Vorposten wurde im Nordosten Italiens, an der Grenze der Veneter die Kolonie Aquileia gegründet (181 v. Chr.).^) Auch die be- nachbarten illyrischen Stämme machten den Römern zu schaffen; so mußte 178 und 177 v. Chr. gegen die Istrer, 156 und 155 gegen die räuberischen Dalmater gekämpft werden. An der illyrischen Küste entstanden schon früh latinische Ansiedlungen, im Anschluß an die früheren hellenischen. Die friedlichen Beziehungen, die zu den Alpenvölkern bestanden zu haben scheinen, ermöglichten es dem italischen Kaufmann und Händler, tief in ihr Gebiet einzudringen.

^) Polvb. XVIII 11 f. Nach Livius be- triebenen Bojer an der Donau an, was

ginnen die Kämpfe schon 201 v. Chr. mit nach Nieses Ansicht nicht deshalb be-

einem gallischen Angriff auf Placentia zweifelt werden sollte, weil Livius davon

und Cremona und setzen sich mit wech- schweigt. Vgl. Niese, Zeitschr. f. deutsches

selndem Glück in den beiden nächsten Altertum XLII (1898) 149.

Jahren fort. Ein Punier Hamilkar ist j *) Liv. per. 20. Nach Strabo V 217 hätte

dabei beteiligt. Das J. 198 v. Chr. verläuft erst der gleichnamige Sohn des Zensors,

ruhig. Vgl. Livius XXXI 2, 5. 10,21. 47,4; ' C. Flaminius, der Kollege des M. Aemilius

XXXII 7, 5. 8, 3. Vgl. XXXII 29 f. Diese Lepidus, Konsul 187 v. Chr., die via Fla-

Nachrichten, wie die verwandten bei Cas- minia angelegt, welche Nachricht Niese

siusDio(Zonaras), sind ganz unzuverlässig. akzeptierte. Vielleicht hat der Sohn das

-) Es verdient hervorgehoben zu wer- Werk des Vaters renoviert; vgl. Münzer,

den, daß die Insubrer wie die Cenomanen PW VI 2502. Über die Straßenbauten der

zu Eom seitdem in einem durch Vertrag beiden Konsuln von 187 v. Chr. s. Liv.

ifoedus) bestimmten Verhältnis standen. XXXIX 2, 6 u. 10.

Cic. 13. Balbo 32. : ^) Ob die Gründung der Kolonie mit den

'') Polyb. II 35, 4. Strabo V 213. Nach | oben S. 142 erwähnten Plänen des Königs

Strabo siedeln sich die aus Italien ver- Philip]) zusammenhängt, ist zweifelhaft.

250 Römische Geschichte.

Zum Teil gleichzeitig mit den Bojern und Insubrern wurden die Ligurer unterworfen, zunächst die den Appennin bewohnenden nördlichen Nachbarn der Etrusker. Zu erwähnen sind ferner die Feldzüge von 1(S7, von 186 und 180 V. Chr. Im letzteren Jahr wurde der Stamm der Apuaner von P. Cornelius Cethegus und M. Baebius (Konsuln von 181 v. Chr.) überwunden und nach Samnium in die Umgegend von Beneventum verpflanzt.') Bis an den Ma-fcrae wurde das Land unterworfen; Pisa erhielt eine römische Kolonie (180 v. Chr.) und bald darauf auch Luna (177 v. Chr.). Die west- lichen Ligurer, die Ingauner u. a., fielen als Piraten lästig und störten den Verkehr mit den spanischen Provinzen. Sie wurden vom Konsul L. Aemilius Paullus empfindlich gezüchtigt (182 181 v. Chr.). Gegen die Statellaten 2) focht M. Popillius 173 und 172 v.Chr. So wurden die Küstenbewohner bis zum Massaliotischen Gebiet hin allmählich befriedet. Auf Sardinien blieb das Innere noch lange unbezwungen, und mit den dort hausenden Völker- schaften stand Rom dauernd auf Kriegsfuß ; die Sarden plünderten mitunter sogar die nächstgelegenen Küsten Italiens. Ein größerer Feldzug nach Sar- dinien (177/6 v.Chr.), den man auch als Sklavenjagd bezeichnen kann, brachte viele Gefangene ein und scheint fürs erste Ruhe geschaffen zu haben. 3) Ahnlich lagen die Dinge auf Korsika, wo 173 v. Chr. ein Krieg nötig wurde.

Auf der spanischen Pyrenäenhalbinsel war Roms Herrschaft zunächst erst im Süden, in Turdetanien und den Küstenstrichen des Mittelmeeres, gesichert; Tarraco, Sagunt, Neukarthago sowie das verbündete Gades waren die Stützpunkte. Da die von P. Scipio Africanus getroffenen Maßnahmen nur provisorisch waren, so bereiteten schon seinen unmittelbaren Nachfolgern die neuen Untertanen und auch die verbündeten iberischen Könige, die man für die Hilfe gegen Karthago mit Gebietserweiterung hatte belohnen müssen, manche Sorge. Ernste Kämpfe verursachten die binnenländischen Stämme, besonders die Keltiberer, die zunächst meist noch unabhängig waren. ^) An- fangs scheint Spanien von den Römern nach dem Vorbild der Karthager verwaltet worden zu sein. Von ihnen übernahmen die Römer auch den Betrieb der ergiebigen Silberminen nicht weit von Neukarthago. Erst 197 V. Chr. richtete man eine regelmäßige Verwaltung ein, wobei Spanien in zwei Provinzen, die diesseitige und die jenseitige, geteilt wurde. Die Grenze bildete der saltiis Costidonensis (Sierra Morena), so daß Neukarthago noch zum diesseitigen Spanien gehörte. Für jede Provinz wurde eine neue Prätur geschaffen. Die normale Amtsdauer der spanischen Prätoren, die konsula- rische Befugnis hatten, belief sich auf zwei Jahre. Nicht selten mußten in kritischen Lagen die Konsuln die Kriegführung übernehmen.

Die erste Zeit nach dem zweiten punischen Krieg brachte keine größeren Kämpfe. Aber dann erhob sich im Jahr 196 v. Chr. in der diesseitigen

^) Ihre Gemeinde trug noch in späterer : den Krieg geführt hat, muß nach Polyb

Zeit den Namen der Ligures Baehiani et Cornelianl. Plin. h. n. III 105. Nissen, Ital. Landeskunde II 814 f.

^) Deren Lage durch das spätere Aquae

XXV 4, Plut. Cato mai. 12 als zweifelhaft erscheinen. Vgl. Strabo V 22-5.

■•) Die spanischen Verhältnisse sind vor allem wegen der Unzuverlässigkeit der

Statiellae, heute Acqui in Piemont be- livianischen Nachrichten ziemlich dunkel,

zeichnet wird. Der ursprüngliche Umfang der römischen

') Liv. XLI 6. 8. 12. 17. Ob freilich, wie Herrschaft ist schwer festzustellen.

Livius angibt, Ti. Sempronius Gracchus ,

5. Dritte Periode : Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v.Chr.). (§24.) 151

Provinz ein so bedeutender Aufstand, daß für das nächste Jahr der Konsul M. Porcius Cato dorthin entsandt werden mußte. Er schlug die Aufständi- schen mit Hilfe keltiberischer Söldner und beruhigte rasch die ganze Provinz. Als praktischer Mann sorgte Cato in erster Linie für seine Soldaten, doch kam die persönliche Uneigennützigkeit seiner Verwaltung auch der Provinz zugute. 1) Zur Zeit des Krieges mit Antiochos entstanden in der jenseitigen Provinz größere Unruhen, die der Prätor L. Aemilius Paullus 191 189 v. Chr. erfolgreich niederschlug; er siegte in zwei Schlachten und soll 250 Städte unterworfen haben. ^) Im diesseitigen Spanien erhoben sich 181 v. Chr. die Keltiberer in der Gegend von Complega. Ti. Sempronius Gracchus warf den Aufstand nieder (179 und 178 v. Chr.) und bahnte durch neue Abmachungen mit den spanischen Stämmen ein freundlicheres Verhältnis an, so daß längere Zeit Ruhe herrschte. Früh setzt die Latinisierung Spaniens ein, die auf dem altphönikischen Kulturboden des Südens am raschesten Wurzel schlug. Schon Scipio Africanus hatte hier mit Soldaten seines Heeres Italica (bei Sevilla) gegründet. Später (171 v.Chr.) kam es zu einer ähnlichen Gründung in Carteia (bei Gibraltar). Der römische Handel erschloß sich alsbald das neue spanische Absatzgebiet.

24. Grundzüge der inneren Geschichte. Im Gegensatz zu den Kriegen und der äußeren Ausbreitung Roms ist über die gleichzeitige innere Ent- wicklung von Staat und Volk nur wenig bekannt. Die zeitgenössische Über- lieferung ist bis auf wenige Reste untergegangen, die spätere Geschicht- schreibung ist unzuverlässig und anachronistisch und verschweigt die wich- tigsten Dinge. Aber es versteht sich von selbst, daß der Aufschwung des römischen Staats, die durch die großen Kriege ermöglichte Aufrichtung einer auswärtigen Herrschaft neben der italischen Bundesgenossenschaft nicht ohne innerpolitische Wirkung bleiben konnte.

Der Ausdehnung der Herrschaft entsprach ein Anwachsen der römischen Bürgerschaft. Bis zur Eroberung Italiens waren beide Kurven parallel ver- laufen; viele Bürger siedelten sich auf erobertem Gebiet an, und mit Er- teilung des Bürgerrechts wurde nicht gekargt. Diese Politik wurde zunächst fortgesetzt. Gleich nach dem Ende des ersten punischen Krieges richtete man die beiden neuen Tribus Velina und Quirina auf sabinischem Gebiet ein (241 v. Chr.), womit die Zahl der Tribus auf 35, die nicht mehr über- schrittene Höchstzahl (S. 107), stieg. Bald darauf wurde der ager Galliens an die Bürger aufgeteilt (233 v. Chr.). Als der zweite punische Krieg be- endet war, wurden wieder viele Ansiedlungen geschaffen, teilweise in ünter- italien (oben S. 130), besonders aber im gallischen Gebiet Oberitaliens, wohin latinische und römische Einwanderer in Massen strömten (S. 149); diese Siedlungspolitik sollte die Menschenverluste der Kriege möglichst rasch er-

') Die Berichte über Catos spanisches ' catonischen Heeres erwähnt auch Liv. Kommando lauten sehr verschieden und XXXIV 43, 8, während er von dem spani-

illustrieren so die Unzuverlässigkeit der jüngeren Überlieferung. Vgl. Plut. Cato mai.lOf. NeposCato2. Appian. Iber. 39f. Liv. XXXIV 8 ff. Nach Plut. soll Scipio

sehen Kommando des Scipio nichts weiß.

Niese behandelte es trotzdem als Tatsache.

-) Plut. Aemil. 4, der aus Polvbios schöpft.

Was Li vi US (XXXVI 2, 6; XXXVII 2, IL

Africanus den von ihm verdrängten Cato 46, 7) berichtet, weicht stark davon ab. auf kurze Zeit in Spanien ersetzt haben. Aus der Prätur des Aemilius Paullus Einen Senatsbeschlufs auf Auflösung des stammt die Inschrift ILS nr. 15.

152 Römische Geschichte.

setzen helfen. Dazu kam der allmähliche Aufstieg der Untertanen {cives sine suffrar/io) zu römischen Vollbürgern, i) ein Prozeß, der freilich das städtische Territorium nicht erweiterte. Durch die Verträge mit den Bundesgenossen hatten sich die liömer selbst die Grenzen des in Italien für ihre Zwecke verfügbaren Gebietes gesteckt, so daß eine weitere Ausdehnung des Bürger- landes hier ausgeschlossen war. In den Pi'ovinzen kommen nur ausnahms- weise auf Sizilien (in Akragas) und in Spanien römische oder latinische Ansiedlungen vor. Wohl aber hatten sich als Nutznießer der römischen Herrschaft viele einzelne Bürger zu Handels- oder Gewerbezwecken dauernd in den Provinzen und bei den Bundesgenossen ansässig gemacht, wodurch ihnen die Ausübung ihrer politischen Rechte und Pflichten in Rom faktisch unmöglich wurde.

Als Zentrum des werdenden Reiches ist auch die Stadt Rom rasch ge- wachsen, besonders wohl nach dem Sieg über Hannibal. So erscheint Rom am Ausgang unserer Periode, bald nach 167 v. Chr., als Großstadt mit viel- stöckigen Häusern und hohen Mietpreisen. 2) Die Kriegsbeute und die ge- steigerten Einkünfte gewährten die Mittel, das Stadtbild zu verschönern und für die Bequemlichkeit der Einwohner zu sorgen. Schon bald nach den gallischen Kriegen wurde der Circus Flaminijfyus gebaut,^) eine Generation später entstehen eine Reihe von öffentlichen Gebäuden, wie die Basilica Porcia, ^) in derselben Zeit wurde die Straßenpflasterung in weiterem Umfang durchgeführt, die von der Legende dem älteren Tarquinius zugeschriebene große Kloake angelegt, die Hafenanlagen erweitert, eine steinerne Brücke über den Tiber geführt;^) auch geschah viel für den Schmuck der Tempel vnid der öffentlichen Plätze, wo die aus Griechenland entführten Kunstwerke Aufstellung fanden. '') Auch an die großen Straßenbauten in Italien sei in diesem Zusammenhang nochmals erinnert; zu den schon oben (S. 149) ge- nannten kommt noch hinzu die Fortsetzung der appischen Straße über Capua nach Brundisium und Tarent.

An der Verfassung Roms hat sich während der großen Kriege in der Form wenig verändert. Natürlich erforderte die Ausdehnung des Staats und der Geschäfte einen größeren Beamtenapparat. Gegen Ende des ersten puni- schen Krieges (um 242 v. Chr.) wurde ein zweiter Prätor notwendig für die Jurisdiktion zwischen Römern und Nichtrömern, es folgten die Provinzial- prätoren für Sizilien, Sardinien (227 v. Chr.) und die beiden spanischen Pro- vinzen (197 V. Chr.), so daß es nunmehr sechs Prätoren gab. Dazu traten Präfekten, die als Vertreter des Prätors in entfernteren Teilen des städti- schen Gebietes, namentlich in Kampanien die Jurisdiktion besorgten (S. 82). Auch die Zahl der Hilfs- und Unterbeamten, die, den Magistraten und Kol- legien beigegeben, als besoldete, im Amt verbleibende Gehilfen der jälirlich wechselnden Vorgesetzten erhebliche Bedeutung gewannen, schwoll an. Da

*) Überliefert wird uns ein derartiger : ■•) 184 v. Chr. von M. Porcius Cato in

Fall, die Erteilung des Stimmrechtes an die Orte Formiae, Fundi und Arpinum 188 V. Chr. Liv. XXXVIII 36, 7 ff.

2) Diodor XXXI 18, 2.

') Angeblich von C. Flaminius in seiner Zensur 220/19 v. Chr. Liv. per. 20.

seiner Zensur errichtet. Liv. XXXIX 44, 7.

^) Der jt>o/(.s AemiUus, Liv. XL 51, 4 zum J. 179 V. Chr. Vgl. XLI 27.

'^) 0. Richter, Topographie der Stadt Rom 48 f.

5. Dritte Periode : Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). (§24.) 153

Rom nicht zu sparen brauchte, so gab man der ganzen staatlichen Organi- sation einen Zug ins Große.

Während aber die Form des Staatslebens in der Hauptsache unverändert blieb, haben sich Wesen und Inhalt gewandelt. Zu Anfang der Periode bis zum zweiten punischen Krieg ist nicht der Senat, sondern das Volk, die kriegerisch gesinnte, auf Expansion bedachte Bürgerschaft, der Träger auch der auswärtigen Politik. Insofern mag man von einer Demokratie sprechen, die einen besonders angesehenen Führer in C. Flaminius fand, dem Konsul von 223 und 217, dem Zensor von 220 v. Chr. Dieser Mann hatte bedeu- tenden Anteil an den gallischen Kriegen. Er hatte als Volkstribun (232 v. Chr.) die Aufteilung des ager GalUcus gegen den Willen des Senats durch- gesetzt (oben S. 110). In seine Zeit gehört die demokratische Umgestaltung der älteren servianischen Stimmordnung, wodurch die Centurien mit den Tribus verschmolzen wurden und die Censusklassen gleiche Stimmen- oder Centurienzahl (je 70) erhielten. Damit mag eine Ausdehnung der Dienst- pflicht auf die minderbemittelten Klassen der Bürgerschaft') gemäß den wachsenden militärischen Aufgaben zusammenhängen. Durch die Reform der Stimmordnung wurde das Übergewicht der begüterten Klassen ein- geschränkt. -) Das besitzlose hauptstädtische Proletariat und die Freigelassenen, die auch nicht wehrpflichtig waren, erhielten zwar Stimmrecht, durften es aber nur innerhalb der vier städtischen Tribus ausüben,^) wodurch sie prak- tisch bedeutungslos blieben. Der timokratische Grundzug Roms war also gewährt. Den Ausschlag gab der Besitz.

In der Bedrängnis des zweiten punischen Krieges kam die demokratische Bewegung zum Stillstand. Maßgebend wurde der Senat, dessen Autorität sich sowohl die Komitien wie die vom Volk gewählten obersten Beamten zu beugen lernten. Diese Entwicklung war bedingt durch die zunehmenden Schwierigkeiten, die das Regieren eines großen Staatswesens bereiten mußte und denen die Volksversammlung je länger je weniger gewachsen war; so wurde an Stelle des Volkes der Senat das Organ, das über die auswärtigen Angelegenheiten und die Provinzialverwaltung bestimmte; aus dem Schoß des Senats gingen die Beamten hervor, in ihn kehi'ten sie zurück. Dieser Körperschaft verdankt Rom die Stetigkeit seiner Außenpolitik und die Energie eines zähen Machtwillens. Nach innen wirkte der Senat als kon- servatives Element und verhinderte jähe Änderungen und unvermittelte Übergänge in der Verfassung. Im Senat saß die Nobilität, d.h. der Amts- adel, der Träger stolzer Traditionen und reicher praktischer Erfahrung, ein auch mit irdischen Gütern gesegneter Stand, der sich aus der Bürgerschaft mitunter neues Blut zuführte. Der Mut, die Energie, die Geschäftskenntnis

') Wie es Polybios VI 19 darstellt. ' *) Diese Beschränkung, die aber ver- ^) Die Reform der Centurienverfassung mutlich zunächst nicht als solche beab- kann erst nach AbschlufB der Tribuszahl sichtigt war, wird zuerst den Zensoren (241 v.Chr.) stattgefunden haben; vgl. j von 304 v. Chr., Q. Fabius und P. Decius MoMMSEN, Die röm. Tribus 113 f. Mommsen, zugeschrieben, was unbeglaubigt ist (Liv. Staatsr. II 281 schrieb sie später den Zen- IX 46, 14), dann wahrscheinlich den Zen- soren von 220 v. Chr. zu, L. Aemilius und soren von 220 (Liv. per. 20). endlich denen C. Flaminius; das kann richtig sein, ist i von 168 v.Chr. (Liv. XLV 15). Vgl. Mommsen, aber nicht zu erweisen. i Röm. Staatsr. I 434 f. Oben S. 85 A. 2. 86.

154

Rörtsche Geschichte.

dieses regierenden Adels hatte lEom in erster Linie den Sieg verschafft. Nachdem die Weltherrschaft eiämpft war, zeigten sich freilich auch die Schattenseiten dieser Regierunt die herrschende Schicht hielt sich nicht frei von Auswüchsen des Eigenutzes und der Habsucht.^) Innerhalb Nobilität bestanden heftige Gegosätze und Rivalitäten, i es eine demokratische Richtung.! Die Komitien haben n; Rechte eingebüßt; ihnen steht nach wie vor die Wahl Genehmigung der Gesetze und "ertrage und die oberst( Aber es fehlt ihnen der unmiislbare Einfluß auf ( Senat und den Magistraten üb. lassen bleiben. Die

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kein großes Ziel, kein werbenes Lebensfragen der Nation; man^trij Amter, die an Bedeutung gewane Gefahren gebannt waren, regtesi] Stellung des P. Scipio African? großen Kriege siegreich beendet atj war M. Porcius Cato. Besondei zeptionelle Beteiligung des P. H auf die Scipionen und ihren einer eigentlichen Anklage ist Hannibalsieger veranlaßt, Rom kehren; er starb 183 v. Chr. i sich gegen Sitte und Recht 184 v.Chr. mit L.Valerius Fkd gezogen und bestraft. Bald L.Villius [lex Yillia awialis) durch Festsetzung bestimmter regelte^) und damit dem Ehri Folge war, daß die unteren höchsten galten und dementsj ermüdlicher und rücksichtslos^ aristokratischen Beamten; s er als homo novus in den Sen£

1) Polyb. XVIII 35, 2 ff.

2) Plutarch. Tit. 18. ^) Über die sog. Scipionenprozel

MoMMSEN, Köm. Forsch. II 417ff. ;| De annalibiis Rom. observ. alterae (ine Marburg Sommersem. 1888) p. IV f. LiNi, Rivisfa di storia antica 3 (1898) MüuzER, PW IV, 1475 ff. P. Feaccarc storici IV, 1911, 217 ff. Unsere KeJ davon beruht allein auf einigen Notizen des Polybios XXIII 1^ übrige, was Livius XXXVIII 50] andere Annalisten bieten, ist späte malimg oder Erfindung.

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154 Römische Geschichte.

dieses regierenden Adels hatten Koni in erster Linie den Sieg verschafft. Nachdem die Weltlierrschaft erkämpft war, zeigten sich freilicli auch die Schattenseiten dieser Regierung; die herrscliende Schicht hielt sich nicht frei von Auswüchsen des Eigennutzes und der Habsucht.') Innerhalb der Nobilität bestanden heftige Gegensätze und Rivalitäten, und auch jetzt gab es eine demokratische Richtung. 2) Die Komitien haben nicht etwa ihre alten Rechte eingebüßt; ihnen steht nach wie vor die Wahl der Beamten, die Genehmigung der Gesetze und Verträge und die oberste Gerichtsbarkeit zu. Aber es fehlt ihnen der unmittelbare Einfluß auf die Geschäfte, die dem Senat und den Magistraten überlassen bleiben. Die Demokratie aber hatte kein großes Ziel, kein werbendes Programm; der Kampf ging nicht um Lebensfragen der Nation; man stritt nur in persönlichem Ehrgeiz um die Ämter, die an Bedeutung gewannen. Nachdem die von außen drohenden Gefahren gebannt waren, regte sich Mißstimmung gegen die überragende Stellung des P. Scipio Africanus und seiner Freunde, deren Tatkraft die großen Kriege siegreich beendet hatte. Der namhafteste unter Scipios Gegnern war M. Porcius Cato. Besonders der Krieg gegen Antiochos und die ex- zeptionelle Beteiligung des P. Scipio an diesem Krieg scheint zu Angriffen auf die Scipionen und ihren Anhang Anlaß gegeben zu haben. Zwar zu einer eigentlichen Anklage ist es nicht gekommen, wohl aber sah sich der Hannibalsieger veranlaßt, Rom und dem öffentlichen Leben den Rücken zu kehren; er starb 183 v. Chr. in Liternum.^) Mehrere seiner Freunde, die sich gegen Sitte und Recht vergangen hatten, wurden von Cato, als er 184 V. Chr. mit L.Valerius Flaccus die Zensur führte, zur Verantwortung gezogen und bestraft. Bald darauf (180 v. Chr.) gelangte das Gesetz des L.Villius {lex Villia aimalis) zur Annahme, das die öffentliche Laufbahn durch Festsetzung bestimmter Altersgrenzen und der Reihenfolge der Amter regelte^) und damit dem Ehrgeiz eine Schranke zog. Die unausbleibliche Folge war, daß die unteren Amter nur noch als Durchgangsstufe zu den höchsten galten und dementsprechend geringer bewertet wurden. Als un- ermüdlicher und rücksichtsloser Kämpe stritt Cato gegen die Willkür der aristokratischen Beamten; aus der Gegend von Tusculum stammend, war er als liomo noviis in den Senat eingetreten und für seine Person der selbst-

1) Polyb. XVIII 35, 2 ff.

2) Plutarch. Tit. 18.

^) Über die sog. Scipionenprozesse vgl.

der nicht Prätor gewesen war, und daß zur Priitur nur zugelassen werden solle, wer die Quästur verwaltet hatte. Viel-

MoMMSEN, Rom. Forsch. II 417 ff. ; Niese, leicht waren auch zehn Dienstjahre {sti-

De annalihus Rom. observ. alterae (index lecf., pend/'a) als unerläßliche Vorbedingung für

Marburg Sommersem. 1888) p. IV f. Nicco- die Bekleidung einer Magistratur fest-

him, Eivista dt storiaanticaS (1898) S. 28 ff. gesetzt. Polyb. VI 19, 4. Vgl. Nipperdey,

Münzer, PW IV, 1475 ff. P.FnAccAno, Sind i Abhandl. d. k. Sachs. Gesellsch. d. Wiss.

storici IV, 1911, 217 ff. Unsere Kenntnis phil.hist. Kl. V (1865). Mommsen, Rom.

davon beruht allein auf einigen kurzen Staatsrecht I 505 f. In früherer Zeit gab

Notizen des Polybios XXIII 14, alles es derartige gesetzliche Beschränkungen

übrige, was Livius XXXVIII 50 f. und der Volkswahl nicht. Cicero Phil. V 47,

andere Annalisten bieten, ist spätere Aus- Tacit. ann. XI 22. Über die Verschlechte-

malung oder Erfindung. rung der Aussichten der patrizischen Be-

*) Bestimmte Angaben über den Inhalt werber durch die lex Villia atumlis s. F.

des wichtigen Gesetzes fehlen. Wahr- Münzek, Rom. Adelsparteien und Adels- scheinlich war bestimmt, daß niemand | familien, Stuttgart 1920, 151, 207 f. sich um das Konsulat bewerben dürfe, |

5. Dritte Periode: Bis zur Erlangung der Weltherrschaft (167 v. Chr.). 24.) 155

bewußte Plebejer geblieben, der die Privilegien der Geburt nicht anerkennen wollte; er starb 149 v.Chr.*) Einen Demokraten darf man ihn nur nennen, sofern man sich bewußt ist, daß der römische öTj/iog, der die Komitien und die Gerichte bildete, in dieser Zeit an sozialer Geltung etwa dem späteren Ritterstand glich.

Die siegreichen Kriege hatten den Römern große Kapitalien zugeführt und neue Einnahmequellen erschlossen; das Geld- und Bankwesen des griechischen Ostens kam in Aufnahme; der römische Handel florierte. In den Provinzen sowie bei den verbündeten und abhängigen Staaten genossen die römischen Bürger vielfach Steuerfreiheit und andere Vorzugsrechte und bei ihrem Talent für den Handel 2) wurden sie im Verein mit den Italikern auf den fremden Märkten und Absatzgebieten rasch heimisch. Zum Teil in friedlichem Wettbewerb mit den Griechen erschließen sie sich Spanien und Numidien; bald tauchen römische Geschäftsleute auch im Osten, in Athen, Argos und besonders auf Delos auf; ja bis hinüber nach Ägypten arbeitete römisches Kapital, Die Hafenorte, welche den Verkehr mit Rom vermittelten, Dikaiarcheia (Puteoli) und Brundisium, gewinnen große Bedeutung. Die römische Bürgerschaft verliert ihren vorwiegend bäuerlichen Charakter; der Bauer tritt zurück hinter dem neuen Typus des Unternehmers und Ge- schäftsmanns der verschiedensten Kategorien; als Steuerpächter {pnblicani) zu Gesellschaften zusammengeschlossen, übernehmen römische Kapitalisten die Erhebung der Gefälle. Alle diese Geschäfte blieben dem Bürgertum vorbehalten; dem Senator war der Großhandel und die Beteiligung an den Pachtgesellschaften gesetzlich verboten. 3)

Die nähere Bekanntschaft mit dem Griechentum führte zu einer fort- schreitenden Hellenisierung Roms auf allen Kulturgebieten, in Literatur, Kunst, Philosophie, Religion, selbst im Recht. ^) Die Graecia capto, die nach Horaz (epist. II, 1, 156 f.) den römischen Sieger ihrerseits überwand, ist in Wirklichkeit der Hellenismus, der seine Hauptzentren in Athen, Pergamon, Rhodos und Alexandrien hatte und nun durch unzählige Kanäle das römische Wesen infiltrierte. Und wenn sich im Hellenismus bereits die Amalgamie- rung des Griechentums mit orientalischen Kulturelementen vollzogen hatte, so folgte in Rom auf die Rezeption griechischer Gottheiten der Einzug der orientalischen; den Reigen eröffnet die phrygische Göttermutter, die durch Vermittlung der Pergamener nach Rom kam.^) Eine Fülle von Schöpfungen griechischer Kunst fand mit der Kriegsbeute den Weg nach Rom und Italien; griechische Literaten, Musiker, Schauspieler, Künstler jeder Art verdienten hier ihr Brot. Griechische Literaturwerke werden ins Lateinische übertragen. Livius Andronicus übersetzt die Odyssee und bringt griechische Tragödien in lateinischer Sprache zur Aufführung, Plautus und später

') Sein Leben beschreiben Plutarch und j ^) So wurde das rhodische Seerecht {lex

Cornelius Nepos. ] Rhodia) von Eom übernommen. Däreste,

^) Wir hören z. B., daß im zweiten make- Revue de phüologie 29 (1905) 1 ff.

donischen Krieg beurlaubte Soldaten Ge- ^) Wissowa, Religion und Kultus der

Schäftsreisen machten. Liv. XXXIII 29, 4. Römer, 1912^, 317 ff. Das von Livius XXIX

^) Durch eine lex Claudia, die angeblich 14, 13 gegebene Jahr der Einführung, 205

um 220 V. Chr. mit Unterstützung des C. [ v. Chr., erklärt Niese für „stark verfrüht".

Flaminius regiert wurde. Liv. XXI 63. |

156 Römische Geschichte.

Terentius bearbeiten griechische Komödien, Accius und Pacuvius Tragödien. Und zugleich wagt man sich an eigene lateinische Dichtungen; der Kampaner Naevius besingt den ersten punischen Krieg, und Q. Ennius, der Schützling des Fulvius Nobilior, ein Halbgrieche aus dem messapischen Kudiae, stellt als erster im Epos die ganze römische Geschichte in Hexametern dar.

Naturgemäß waren es die oberen Schichten der Gesellschaft, die von der hellenischen Bildung am stärksten gepackt wurden.') Die römischen Großen sind durchweg Philhellenen, Scipio Af'ricanus, Quinctius Flamininus, Fulvius Nobilior, Aemilius Paullus und viele andere haben es durch die Tat bewiesen, durch Stiftungen an griechische Heiligtümer und Teilnahme an den griechischen Festen. 2) Mancher vornehme Römer hat sich selbst in griechischer Literatur versucht. Im Gefolge der verfeinerten hellenistischen Kultur hielten aber auch, als Zivilisationslaster, lockere Sitten, Luxus und Verschwendung bei den Römern ihren Einzug; die Griechen, mit denen man in Berührung kam, entpujDpten sich häufig als unwürdige Epigonen, und so ist es verständlich, daß der Philhellenismus, wie er in der besten römi- schen Gesellschaft Mode wurde, eine Reaktion des Römertums hervorrief, das sich politisch den Graeculi weit überlegen fühlte. Der Wortführer dieser nationalen Bewegung war der eigenwillige M. Porcius Cato, ein wirkungs- voller Redner er hat als erster Reden literarisch publiziert und der Schöpfer der lateinischen Prosaliteratur. Mit der griechischen Literatur war er keineswegs unbekannt; für seine Origines (oben S. 16, 19) benutzte er griechische Vorbilder und Quellen; aber mit berechtigtem Nationalstolz be- tonte er den Ruhm der römischen Vergangenheit; sein Beispiel hat gewirkt. Bei aller Empfänglichkeit für die hellenistische Kultur waren die Römer doch nicht gewillt, ganz in ihr aufzugehen. Die übertriebene Graecomanie wurde bald überwunden. Und wenn der Hellenismus auch auf das Staats- und Rechtsleben Einfluß gewann, so nahm er doch römische Formen an und das fremde Element assimilierte sich dem römischen Erbgut.

VI. Vierte Periode der Geschichte Roms: Bis zum Untergang der Repubhk (28. y. Chr.).

Quellen^) der Geschichte dieser Zeit sind zunächst die "Werke des Polybios, die Historien, die bis 145/4 v. Chr. reichen, und ihr Anhang, die Geschichte des numantinischen Krieges. Polybios hat zwei Fortsetzer gefunden, den Poseidonios und den Strabon. Von ihnen scheint der ältere, Poseidonios, mindestens bis zur Diktatur Sullas gekommen zu sein.*) Strabon, der unter Augustus in Rom lebte, dürfte etwa mit

') Wie sich das große Publikum zu grie- er noch überlebt. Die jüngsten Fragmente

chischen Kunstgenüssen verhielt, zeigt die jener Fortsetzung des Polybios bezielien

Beschreibung der Siegesfeier des Anicius sich auf den ersten mithridatischen Krieg.

167 v.Chr. bei Polyb. XXX 22. Dafs Poseidonios noch ein besonderes Werk

^) XiESE, Gesch. der griech. u. makedon. über Pompeius folgen liefj, wollte man

Staaten III 11. aus Strabo XI 492 schließen, wozu auch

^) Vgl. oben S. 15 ff., 99 f. Niese neigte: vgl. aber C.Wachsmuth, Einl.

■*) Poseidonios, der große Gelehrte und in das Studium der alten Gesch., 1895,

stoische Philosoph, geboren um 130 V. Chr. ü51, 4. Für die Fragmente s. C. Müllek,

im syrischen Apameia, ließ sich später FHG III 245 ff. in Rhodos nieder. Das J. 60 v. Chr. hat

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). ((Quellen.) 157

dem Jahr 30 v. Chr. abgeschlossen haben.') Die uns erhaltenen Darstellungen aus späterer Zeit mögen in der Hauptsache auf jenen zwei Werken beruhen, die ihrer- seits die ältere zeitgenössische Literatur geringeren Umfangs absorbiert hatten. Zu dieser Literatur gehörten auch einige Produkte römischer Herkunft, so die "Werke des C. Fannius, Konsuls 122 v. Chr.,"'') und des P. Rutilius Rufus, der in der Verbannung (nach 93 v. Chr.) die Geschichte seiner Zeit griechisch schrieb, die Schrift des Q. Lutatius Catulus über sein Konsulat (102 v. Chr.), und namentlich die um- fangreichen, griechisch abgefaßten Denkwüi-digkeiten des Diktators Sulla. Der mar- sische Krieg und die folgenden Bürgerkriege haben mehrere Darstellungen hervor- gerufen, wie die umfangreiche Geschichte des L. Cornelius Sisenna (Prätor 78 V. Chr.). Cicero hat die Geschichte seines Konsulats auf Griechisch geschrieben, sowie eine Geheimgeschichte der catilinarischen Verschwörung. In politischer Ab- sicht hat auch Caesar zur Feder gegriffen und in der anspruchslosen, scheinbar rein sachlichen Form der commentarü (Tagebücher) eine Selbstapologie seiner galli- schen Politik gegeben (51 v. Chr.) und in ähnlicher Weise auch den Bürgerkrieg zu behandeln begonnen. Beide Werke, das bellum Gallicum und das helhim civile, wurden nach Caesars Tod von A. Hirtius u. a. verbunden und ergänzt durch das 8. Buch des gallischen Krieges, den alexandrinischen, afrikanischen und spanischen Krieg, und so das uns erhaltene Corpus der caesarischen Schriften hergestellt. Ein Partei- gänger Caesars war Sallustius, dessen Schriften auf die Nachwelt stark wirkten. Nach Caesars Tod schrieb er zuerst zwei Monographien, nämlich die Verschwörung Catilinas und den jugurthinischen Krieg (beides erhalten), zuletzt die verlorenen Historien, Geschichte der Jahre 78—67 v. Chr., sein größtes Werk.^) Der bedeutendste Historiker war wohl C. Asinius Pollio, ein bekannter Caesarianer und namhafter Redner (gestorben 5 n. Chr.). Er stellte die Geschichte der Jahre 60 bis etwa 42 v. Chr. zusammenfassend dar und ist viel benutzt worden. Als Verfasser einer Selbstbio- graphie, die ba,ld nach 27 v. Chr. entstand, ist Kaiser Augustus zu erwähnen.

Unter den griechischen Historikern ist am bekanntesten Theophanes von Mytilene, der Freund und Klient des Pompeius; er berichtete die Geschichte seines Gönners, vornehmlich die mithridatischen Kriege. Für diese letzteren sind von Wert die Auszüge des Photios (Bibl. cod. 224) aus Memnons Geschichte des pon- tischen Herakleia. Über das nämliche Spezialthema soll dem Lexikon des Suidas zufolge ein gewisser Timagenes, der schwerlich mit dem gefeierten, ebenfalls historiographisch tätigen Literaten der augusteischen Zeit identisch ist,^) gehandelt haben. Endlich sei Nikolaos von Damaskos erwähnt wegen seiner Biographie des Augustus, deren Reste für die Zeit nach dem Tod Caesars von Interesse sind.

Unter der sonstigen Literatur sind vor allem die Schriften Ciceros wichtige historische Quellen, seine Reden und vornehmlich seine Briefe, die uns in einzig- artiger Weise in die Geschichte der Jahre 60 bis 43 v. Chr. intimen Einblick ge- währen. Zu den Reden Ciceros sind noch einige wertvolle Stücke von den Ein- leitungen und Erläuterungen des Grammatikers Q. Asconius Pedianus aus der Zeit des Tiberius erhalten. Asconius benutzte die acta senatus populiqne Roman i, eine amtliche Zeitung, die Caesar in seinem ersten Konsulat (59 v. Chr.) herausgeben ließ

') Strabo stamnite aus Amaseia im Pon- j ten, die zuletzt Maueenbkechee heraus- tus, ist etwa 63 v. Chr. geboren und hat gegeben und erläutert hat. Aus Sallust seine noch erhaltene Geographie 17 18 stammt das unbehilfliche Exzerpt des n.Chr. geschrieben. Das letzte Bruchstück Julius Exuperantius (aus dem 4. oder seiner Historien gehört dem J. 37 V. Chr. an.

^) Für die umstrittene Identifikation des Historikers mit dem Konsul ist zuletzt F. MtJNZER, Hermes 55, 1920, 427 ff. eingetreten.

^) Erhalten sind aus den Historien die Reden und Briefe nebst vielen Fragmen-

5. Jahrh. n. Chr.), das hauptsächlich den ersten Bürgerkrieg behandelt.

*) Niese hat die beiden offenbar zu- sammengeworfen. Gegen ihre Identität: O. Hirschfeld, Kl. Schriften 4 f.

156

Römische Gtchichte.

Terentius bearbeiten griechische Kon^ an, Accius und Pacuvius Tragödien. Und zugleich wagt man sich an eigene keinische Dichtungen; der Kampaner Naevius besingt den ersten punischen Irieg, und Q. Ennius, der Schützhng des Fulvius Nobilior, ein Halbgrieche as dem messapischen Rudiae, stellt als erster im Epos die ganze römisch beschichte in Hexametern dar.

Naturgemäß waren es die obereri chichten der Gesellschaft, die von der hellenischen Bildung am stärkste! gepackt wurden.') Die römischen Großen sind durchweg Philhellenen. S )io Africanus, Quinctius Flamininus, Fulvius Nobilior, Aemilius Paullus u viele andere haben es durch die Tat bewiesen, durch Stiftungen an g] ^hische Heiligtümer und Teilnahme an den griechischen Festen.-) Manch - vornehme Römer hat sich selbst in griechischer Literatur versucht. Im Gt Ige der verfeinerten hellenistischen Kultur hielten aber auch, als Zivilisat nslaster, lockere Sitten, Luxus und Verschwendung bei den Römern ihre. Einzug: die Griechen, mit denen man in Berührung kam, entpuppten ch häufig als unwürdige Epigonen, und so ist es verständlich, daß der Phill ilenismus, wie er in der besten römi- schen Gesellschaft Mode wurde, eine ijaktion des Römertums hervorrief, das sich politisch den Gn/eculi weit ühiegen fühlte. Der Wortführer dieser nationalen Bewegung war der eigenwiige M. Porcius Cato, ein wirkungs- voller Redner er hat als erster Rr n literarisch publiziert und der Schöpfer der lateinischen Prosalite rat Mit der griecliischen Literatur war er keineswegs unbekannt; für seine «k/ines (oben S. 16, 19) benutzte er griechische Vorbilder und Quellen: abe mit berechtigtem Nationalstolz be- tonte er den Ruhm der römischen Vergagenheit; sein Beispiel hat gewirkt. Bei aller Empfänglichkeit für die heJbnistische Kultur waren die Römer doch nicht gewillt, ganz in ihr aufzuLiien. Die übertriebene Graecomanie wurde bald überwunden. Und wenn Hellenismus auch auf das Staats- und Rechtsleben Einfluß gewann, so ahm er doch römische Formen an und das fremde Element assimilierte :-rh dem römischen Erbgut.

VI. Vierte Periode der Geschiclie Roms: Bis zum Untergang der Republik 28. v. Chr.).

Q u e 1 1 n 3) der Geschichte dieser Zeit sind zunächst Werke des Polybios, die Historien, die bis 145/4: v. Chr. reichen, und ihr Anhig, die Geschichte des numantinischen Krieges. Polybios hat zwei Fortsetzer gefuden, den Poseidonios und den Strabon. Von ilmen scheint der ältere, Poseidonis, mindestens bis zur Diktatur Sullas gekommen zu sein.*) Strabon, der unter .ugustus in Rom lebte, dürfte etwa mit

') Wie sich das große Publikum zu grie- chischen Kunstgenüssen verhielt, zeigt die Beschreibung der Siegesfeier des Anicius 167 V. Chr. bei Polyb. XXX 22.

2) Niese, Gesch. der griech. u. makedon. Staaten III 11.

3) Vgl. oben S. ISAF., 99 f. ■*) Poseidonios, der große Gelehrte und

stoische Philosoph, geboren um 130 v. Chr. im syrischen Apameia, ließ sich später in Rliodos nieder. Das J. 60 v. Chr. hat

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158

RftmiHrj Geschichte.

iiikI .l<r<ii VcnWl'fMlIicIiunK, wenn i- ich von AugustuH oingeschränkt wurdr;, dof}i I.JH in sfi.'iifiro /(sitoii r()rl,<J;iiJ«^rt(: (ol,. H. 14).

Uiiüii- <i(!n iiiiH «fHialtoiioii h).;.i< ü J)arstoIlung(Mi und Ilandbfh-hcrn ist am all-üHton I)i(,(l(.rH Hibliolluik, die; l.i »v.Chr. roichtf! uncJ aus der w(;rt.v(illf> I<]x- y,<T()(,(i voilicKiin. HowoiL oin Urtoil <i libt ist, hat Diodor aus Posoidonios /.illi.li foU'iii dio Fragmonlo und Azügo dos Livius, der mit dem des |)olyl)ianiHc,h(;n WorkcfH 8i<--li chcnicH drsHHon Fortsotzor I'oscidoni zu hahcn Hchc^int. Nur w(jiiiK orgHbrn uiihcjh! Poriodc dio Fraf^anontj doH NikolaoH von DaniaskoH. Ertrat'i ;hor ist trotz «(dncr Kürz^ dor (icHcliichlKührirt dos VolloiuH V:i\ culus (bis^^^l^r. K('<'üi aiiHlTdirlif hör, je in(dir or sieh dor er en Zoit n; ist vor alloin ITm- dio (j|(*H(;hi(;ht(» <1(«.s ' -ntsvon j(ldiHo.h((n Hislorikor Flavius .Ios(| ih, d(u- HaniniontndroiiH mit dtm .hidon zu spuhen ki jüdischni Kriogs {bellnm Jnäaiciim), \\ > n de romisc hon I'.iograpliion l'lutarchH, I md (;, Luciillus, (!iaHsus, I'ompoius, (ücciro, < iai dio lli.sti)ri(^n Strahons hoiiutzt zu li i i. zwar das ihcriscln', lyl)is<dio, illyrisdi ni di(5 Hinr lUi.-hnr .h«r MürKorkric^go ^;. n lldKlilil^-^K l>;irst«nunf; dor Eroiglljsso. fjiii lach v(«r\van(lt; violh^icht hat uuoli or l>rol)lcni uniNtritl(>n.') Appian iiat Koi Hon(h>rn sich niancho Al)!l,n(h«ruug koh<Ji1 or/.iildt im Zusanimonhang «h«r \\\r'u krnv.lcn, oll un^icnaucn Auszug, <hir ^M'hl. I>(iii z\v(^il(^n naclic.lirJHtliohou . auch (ir.iniuH liiiMuiaiiUH angolulr Hchichio, di*r(^n Ifoslti Hi(di auf die» Zoi schon Kri(^g(^u h(<zi(<h(Mi. V,v snh(>int Mndli.h ist ( 'assi us Dio mit öoinen A ITu- uns l.cf;innl seine vojJHiiljKligo 1 silchlich iinl' l,i\ius /,n ln-iuhou.

l>io (Ml i-ono>; ra piiio, oiui» Seh' durch das inscluiltlicii («rlialtono Hnicii <lio ^'raKm(•nl(^ Ph Ic-ons,») lUvs Fn«i| stock der chn.no^rapliischon Litoratiir die \V(>il(>ihin unt(M- d(Mi C^Jui^ihMi dor fü; noch zu erwiiiuKMi sein wirt

25. HelcsH«;imjj und Erweitel nlsclic Kriej^C) Nm-h lün.yonM- \{\\ in S[miut*M »mii bodrolilichor Aurstat (h^r röiuisohou I'\>l.lluMTtMi ^roläon 11 luslo l>(M-oitvli> und i^ino IVriodo noi

') \>!. Kl». SiMiwAiiiz. VW II L>|(; IV. '') KJ MV 1-J!»7.

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M l'Iin»» zusaminotdiani;tMid<«. (I(>r spaniscluMi Ktii>>;e i;il.( 41 tV. |)a/,u konunt«n aul'u«! Notizen dit* spjirlicht»n lCt>sJ oitug»^ Kxzor|>to aus Hiotl

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6. Vierte Periode: Bis zum Unt, «r Republik (28 v. Chr.). (8 ^T..) \'>\)

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158 Römische Geschichte.

und deren Veröffentlichung, wenn sie auch von Augustus eingeschränkt wurde, doch bis in spätere Zeiten fortdauerte (oben S. 14).

Unter den uns erhaltenen späteren Darstellungen und Handbüchern ist am ältesten Diodors Bibliothek, die bis 59 v. Chr. reichte und aus der wertvolle Ex- zerpte vorliegen. Soweit ein Urteil erlaubt ist, hat Diodor aus Poseidonios geschöpft. Zeitlich folgen die Fragmente und Auszüge des Livius, der mit dem Abbrechen des polybianischen Werkes sich ebenfalls dessen Fortsetzer Poseidonios zugewendet zu haben scheint. Nur wenig ergeben für unsere Periode die Fragmente der Historien desNikolaos von Damaskos. Ertragreicher ist trotz seiner Kürze und Flüchtigkeit der Geschichtsabriß des Velleius Paterculus (bis 30 n.Chr. geführt). Velleius wird ausführlicher, je mehr er sich der eigenen Zeit nähert. Die Epitome des Justinus ist vor allem für die Geschichte des Orients von Wichtigkeit. Dasselbe gilt von dem jüdischen Historiker Flavius Josephus, der auf die Römer anläßlich ihres Zu- sammentreffens mit den Juden zu sprechen kommt, sowohl in der Geschichte des jüdischen Kriegs {bellum Judaicum), wie in der jüdischen Archäologie. Es folgen die römischen Biographien Plutarchs, Ti. und Gaius Gracchus, Marius, Sulla, Sertorius, LucuUus, Crassus, Pompeius, Cicero, Caesar, Antonius und Brutus. Plutarch scheint die Historien Strabons benutzt zu haben. Die römische Geschichte Appians, und zwar das iberische, lybische, illyrische, mithridatische, syrische Buch und besonders die fünf Bücher der Bürgerkriege geben eine zusammenhängende, aber oft recht flüchtige Darstellung der Ereignisse. Seine Quellen sind mit denen Plutarchs viel- fach verwandt: vielleicht hat auch er den Strabon benutzt; doch ist das Quellen- problem umstritten.*) Appian hat seine Quellen nicht immer getreu reproduziert, sondern sich manche Abänderung gestattet. Die Geschichte des achäischen Krieges erzählt im Zusammenhang der Perieget Pausanias VII 12 f. in einem stark ver- kürzten, oft ungenauen Auszug, der vermutlich letzten Endes auf Polybios zurück- geht. Dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert, wie Appian und Pausanias, mag auch Granius Licinianus angehören, der Verfasser einer republikanischen Ge- schichte, deren Reste sich auf die Zeit von den cimbrischen bis zu den mithridati- schen Kriegen beziehen. Er scheint besonders den Livius ausgebeutet zu haben. Endlich istCassiusDio mit seinen Ausschreibern, namentlich Zonaraszu nennen; für uns beginnt seine vollständige Darstellung 67 v. Chr., auch er scheint haupt- sächlich auf Livius zu beruhen.

Die Chronographie, eine Schöpfung der hellenistischen Wissenschaft, wird durch das inschriftlich erhaltene Bruchstück einer griechischen Zeittafel ^) und durch die Fragmente Phlegons,^) des Freigelassenen Hadrians, vertreten. Der Haupt- stock der chronographischen Literatur liegt uns in der Chronik des Eusebios vor, die weiterhin unter den Quellen der fünften und sechsten Periode (unter VI und VII) noch zu erwähnen sein wird.

25. Befestigung und Erweiterung der römischen Herrsciiaft: Spa- nische Kriege. ^) Nach längerer Ruhe (S. 151) brach um das Jahr 154 v. Chr. m Spanien ein bedrohHcher Aufstand aus, der infolge der brutalen Methoden der römischen Feldherren großen Umfang annahm, den Römern schwere Ver- luste bereitete und eine Periode neuer Verwicklungen einleitete. Die Revolte ') Vgl. Ed. Schwaktz, PW II 216 ff. Aaszüsre aus Livius. Erwünschte Ergän-

2) IG XIV 1297.

3) FHG III (>02 ff. *} Eine zusammenhängende Darstellung

zung bietet die neu gefundene Epitome des Livius auf einem Papyrus aus Oxy- rhynchos. Kornejiann, Klio, 2. Beiheft,

der spanischen Kriege gibt Appian, Iber. 99 ff. Vgl. oben S. 8 Anm. 2. Über die 44 ff. Dazu kommen außer verstreuten Kriege Roms sresren die Kel tiberer vgl.

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Notizen die spärlichen Reste des Polybios, A. Schulten, Numantia I, München 1914. einige Exzerpte aus Diodor, endlich die

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§25.) 159

entstand bei den Lusitanern und zugleich bei den keltiberischen Stämmen der Beller (im Quellgebiet des Tajo bei Segida) und Titter, die sich mit den ebenfalls keltiberischen Arevakern (bei Numantia am Duero) verbanden. In Rom hielt man es für geboten, einen der Konsuln, Q. Fulvius Nobilior, mit der Leitung des Krieges zu betrauen. Bei dieser Gelegenheit wurde der Antrittstag der Konsuln vom 15. März auf den 1. Januar verlegt (153 v.Chr.). Nobilior holte sich vor Numantia mehrere Niederlagen, ^) und der Aufstand griff weiter um sich. Sein Nachfolger M. Claudius Marcellus (Konsul von 152 v.Chr.) konnte zwar eine Verständigung anbahnen. Aber der Senat wollte davon nichts wissen und bestimmte zur Fortsetzung des Krieges den Konsul L. Licinius Lucullus (151 v. Chr.). Bei den neuen Rüstungen zeigte sich, wie unpopulär der gefährliche Krieg war; denn die Aushebung machte Schwierig- keiten; damals erwarb sich P.Cornelius Scipio Aemilianus,^) der Sohn des Aemilius Paullus, das Verdienst, durch freiwillige Meldung seinen Mitbürgern ein aufmunterndes Beispiel zu geben, das tiefen Eindruck machte. 3) Er be- gleitete den Lucullus als Kriegstribun. Unterdessen hatte Marcellus die Arevaker und ihre Bundesgenossen wirklich zur Ergebung gebracht, jedoch der beutegierige Lucullus brach den Krieg aufs neue vom Zaun durch einen Angriff auf die bis dahin befreundeten Vaccäer, die westlichen Nachbarn der Arevaker, hatte aber geringen Erfolg und erregte auch durch seine perfide Grausamkeit neue Unruhe.

Inzwischen wurde der Krieg gegen die Lusitaner von den Prätoren des jenseitigen Spanien geführt. Den Römern brachten der feindliche Führer Punicus und seine Nachfolger des öfteren empfindliche Schlappen bei. Die jenseitige Provinz, selbst die afrikanische Küste wurde von den Lusitanern heimgesucht (151: 151 v. Chr.). Zuletzt (151 v. Chr.) wurde der Prätor Ser. Sulpicius Galba geschlagen, vereinigte sich aber im nächsten Jahr mit dem Konsul Lucullus zu gemeinsamem Angriff, der die Lusitaner zum Frieden nötigte. Viele von ihnen, welche die Waffen niedergelegt hatten, liefs er gegen sein gegebenes Wort niederhauen oder als Sklaven verkaufen. Er wurde deshalb in Rom vor das Volksgericht gestellt, aber freigesprochen, obwohl der alte Cato gegen ihn aufgetreten war (149 v. Chr.). Die Lusitaner erhoben sich bald aufs neue und nahmen ihre Plünderungen wieder auf. Der Prätor C.Vetilius^) erfocht zwar einen Sieg über sie, dann aber er- koren sie sich (1-17 v. Chr.) in der Person des Viriathus '^) einen Führer von hohen Qualitäten. Erst dessen umsichtige Leitung brachte System in den Kampf gegen Rom. Vetilius wurde geschlagen, gefangen und getötet: wieder- holt ei'lagen die Römer dem Viriathus, der sich acht Jahre lang erfolgreich zu behaupten vermochte; seit 145 v. Chr. wurde statt der Prätoren jeweils einer der Konsuln auf den gefährlichen Kriegsschauplatz entsandt, zuerst Q. Fabius Maximus Aemilianus.*^) Dessen Adoptivbruder Q. Fabius Maximus

') Die erste an den Volcanalien (23. Au- vinz verwaltet zu haben, gust) 153 V. Chr. *) A. Schulten, Viriatus, Neue Jahr-

2) E. LiNCKE, P. Cornelius Scipio Aemi- ; bücher 31», 1917, 209 ff.

lianus, Progr. Dresden 1898. Münzer, PW j ^) Die Keihenfolge der Befehlshaber im

IV 1439 ft\ ! jenseitigen Spanien ist nach Koknemann

3) Polyb. XXXV 4. ; folgende: Auf Vetilius (147,6 v. Chr.) folgt *) Er scheint 147 146 v. Chr. die Pro- | C. Plautius, hierauf ein Claudius, bei-

160

Römische Geschichte.

Servilianus schloß 140 v. Chr. Frieden mit Viriathus, der als Frend des römischen Volkes anerkannt wurde: aber sein Nachfolger Q. Serviliu Caepio, der leibliche Bruder seines Vorgängers, ließ sich vom Senat ermächtjen, den Friedensvertrag zu ignorieren. Unterstützt vom Konsul M. Popiliu Laenas, der im diesseitigen Spanien befehligte, drang Caepio siegreich in L^itanien ein, und Viriathus sah sich zur Unterwerfung genötigt. Während d' Unter- handlungen wurden von Caepio einige Verräter gedungen, die den'iriathus durch Meuchelmord beseitigten (139 v. Chr.). Empört über das an ihre: Helden begangene Verbrechen, erhoben die Lusitaner abermals die Waffen aber da sie keinen dem Viriathus ebenbürtigen Führer fanden, brach derWierstand bald zusammen. Zu einem gewissen Abschluß wurde der Krieg n-^en die Lusitaner durch den Konsul D. Junius Brutus gebracht, der (138 lo v. Chr.) mit Hilfe einer Flotte die Küste Lusitaniens unterwarf, bis an den Muus vor- drang und zuerst die Kallaiker (im heutigen Galicia) bezwang: ei mpfing den Siegernamen Callaicus. Von ihm wurde zuerst Olysipo (Lissoon) an der Mündung des Tagus befestigt. Ein dauerndes Denkmal seiner ätigkeit ist die Stadt Valentia, die er 138 v. Chr. an der Mittelmeerküste lit ehe- mahgen Kriegern des Viriathus als latinische Kolonie besiedelte.

In den lusitanischen Krieg haben auch die Prätoren der di«seitigen Provinz nicht selten eingegriffen, so C. Laelius (Sapiens) |145 v. Cht. Aber 143 v.Chr. verbündeten sich dieArevaker und andere Keltiberer mit'iriathus und entfesselten einen zweiten keltiberischen Krieg. Die Unterwermg der Arevaker durch den Konsul Q. Caecilius Metelhis (Macedonicus) ge.ng nur zum Teil (143 142 v.Chr.): Numantia und Termantia behauptein sich. Der zähe Widerstand dieser beiden Festen der Arevaker erklärt sie daraus, daß der Senat auf bedingungsloser Kapitulation bestand. Da sii sich so tapfer und erfolgreich verteidigten, so fehlte es ihnen nicht ai Unter- stützung durch die benachbarten stammverwandten Völker. Der N;hfolger des Metellus. Q. Pompeius, erlitt von den Numantinern wiederholtNieder- lagen und suchte nach seinem militärischen Fiasko die Gegner jf dem Verhandlungsweg durch vorgespiegelte Friedensaussichten zu ü Urlisten. Dem Pompeius folgte der Konsul M. Popilius Laenas, der sich zun.'hst an den letzten Kämpfen gegen Viriathus beteiligte und später die Lus-ier, die östlichen Nachbarn der Arevaker, angriff", aber geschlagen wurde (19 138 V. Chr.). 137 V. Chr. übernahm der Konsul C. Hostilius Mancinus di Ober- befehl und wandte sich wieder gegen Xumantia: er erlitt mit dem cmorali- sierten Heer mehrere Niederlagen: auf dem Rückmarsch von denS^uman- tinern eingeschlossen, verschaffte er sich freien Abzug durch einen on den römischen Offizieren eidlich bekräftigten Vertrag, der den Numantimi volle Autonomie gewährleistete.') Gegen Recht und Billigkeit verwarf d/ Senat das Abkommen und woUte zur Beschönigung dieses Vertragsbnhs den Mancinus aushefern, ein Anerbieten, von dem die geprellten Nuiantiner keinen Gebrauch machten. An Mancinus* Stelle trat dessen Kollege M.-emihus

genannt Unimammus (oder Uninianus). dann Q.Fabius Maximus Aemilianus. Kon- sul 14.5 V. Chr., hierauf ein Unbekannter, weiter L. Caecilius Metellus. Konsul 142, ferner Q.Fabius Maximus Servilianus. Kon-

sul 141. endlich Q. ServiliusCaep. Konsul 140 V. Chr. Etwas abweichend J. JCottixo, Ballett ino difilolfxpa claso. XIII, Juheft 19<J6. ') Über den Vertrag s. E. Täilbb, Im- perium Romanum I 138 ff.

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. der mit D. Junius Brutus zusammen gegen den Willen des Senates

aoäer angriff und Pallantia belagerte, aber eine schimpfliche Xieder-

-litt, worauf er abberufen und zur Verantwortung gezogen wurde.

. er Konsul Q. Calpurnius Piso ließ sich 135 v. Chr. von denVaccäern

jQ. Um das sinkende Prestige der römischen Waffen wieder zu heben,

Rom endlich seinen einzigen groFsen Feldherrn, P. Cornelius Scipio

inus, den Eroberer Karthagos, als Konsul für 134: v. Chr. nach Spanien.

rstes war, die Truppen ^^ieder an straffe Disziplin zu gewöhnen.

urden in methodischer Kriegführung mit möglichster Schonung der

die aufständischen Völker niedergeworfen und erst zuletzt Numantia

riff genommen. Da die Bewohner die bedingungslose Übergabe ab-

, so wurde ihre Stadt von Scipio durch Wall und Graben allmidilich

. on der Außenwelt abgeschlossen. Der Hunger zwang die Belagerten

zur Kapitulation (133 v. Chr.). Eine Kommission von zehn Senatoren

im Verein mit Scipio die Verhähnisse der Provinz, in der nunmehr

gere Zeit Ruhe herrschte.

■ratur: M. Hoffxa>*s, De Viriathi Xumatititiofurtiqu^ heUo, Diss. Greifswald 1S65. :f i. d. Leipziger Studien zur klass. Phil. I 65 f. E. Koesbmaxs. Klio, 2. Bei- *i ff . A. SoHULTEN. Numantia I. München 1914.

Untergang Karthagos. \| Seit 201 v. Chr. waren die Karthager Bundesgenossen und Freunde der Römer, denen sie bei allen Kriegen letzt gegen Perseus Hilfe geleistet hatten. Besonders seit dem Sturz als bewegte sich die karthagische Politik im römischen Fahrwasser, iiaftlich begann ein neuer Aufstieg der Handelsrepublik Karthago, ür die Staatsfinanzen ertragreiches Gebiet sich im Osten bis an die Kyrenes. also des ptolemäischen Reiches, erstreckte. Im Westen aber

.arthago an König Masinissa von Xumidien einen gefährlichen Xachbar.

tih der Vernichtung der makedonischen Königsmacht (1(57 v.Chr.) '^n die Römer ihre Haltung. Sie gelangten zur Überzeugung, daß

agos Blüte ihren Interessen zuwiderlaufe, und brauchten jetzt keine

cht mehr zu üben. Der neue Kurs wurde offenkundig, als Masinissa

lem auf Karthagos Kosten gehenden Expansionstrieb unter dem Vor- ilter Ansprüche -) die Emporien. das Südufer der kleinen Syrte bis

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lerkönig zu (161 v. Chr.). 3) Ahnhche Übergriffe Masinissas wieder-

^vichtigste Quelle für die folgen- isnisse sind die Bruchstücke des

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i Grund des Friedensvertrages von hr. Polyb. XV 18, 5.

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^1 Polyb. XXXII 2. der zugleich bemerkt, daß die Okkupation der Emporien durch Masinissa nicht lange vorher geschehen sei. Livius dagegen datiert XXXIY 62 diesen numidischen Vorstoß ins J. 193 v. Chr. Dieses livianische Datum ist mit dem polybianischen. das unbedingt den Vorzug verdient, unvereinbar. Es ist wolü mög- lich, daß Masinissa bereits in den neun- ziger Jahren den Karthagern begründeten Anlaß zur Beschwerde gab: aber sein An- griff auf die Emporien kann nicht vor der Mitte der sechziger Jahre stattgefunden haben. Bevor Makedonien unschädlich gemacht war, durften die Römer nicht

Aufl.

11

\Q() Römisclie Geschichte,

Servilianus schloß 140 v. Chr. Frieden mit Viriathus, der als Freund des römischen Volkes anerkannt wurde; aber sein Nachfolger Q. .Scrvilius Caepio, der leibliciie Bruder seines Vorgängers, ließ sich vom Senat ermächtigen, den Friedensvertrag zu ignorieren. Unterstützt vom Konsul M. Popilius Laenas, der im diesseitigen Spanien befehligte, drang Caepio siegreicli in Lusitanien ein, und Viriathus sah sich zur Unterwerfung genötigt. Während der Unter- handlungen wurden von Caepio einige Verräter gedungen, die den Viriathus durcli Meuchelmord beseitigten (139 v. Chr.). Empört über das an ihrem Helden begangene Verbrechen, erhoben die Lusitaner abermals die Waffen; aber da sie keinen dem Viriathus ebenbürtigen Führer fanden, brach der Widerstand bald zusammen. Zu einem gewissen Abschluß wurde der Krieg gegen die Lusitaner durch den Konsul D. Junius Brutus gebracht, der (138 136 v. Chr.) mit Hilfe einer Flotte die Küste Lusitaniens unterwarf, bis an den Minius vor- drang und zuerst die Kallaiker (im heutigen Galicia) bezwang; er empfing den Siegernamen Callaicus. Von ihm wurde zuerst Olysipo (Lissabon) an der Mündung des Tagus befestigt. Ein dauerndes Denkmal seiner Tätigkeit ist die Stadt Valentia, die er 138 v. Chr. an der Mittelmeerküste mit ehe- maligen Kriegern des Viriathus als latinische Kolonie besiedelte.

In den lusitanischen Krieg haben auch die Prätoren der diesseitigen Provinz nicht selten eingegriffen, so C. Laelius (Sapiens) (145 v. Chr.). Aber 143 v.Chr. verbündeten sich die Arevaker und andere Keltiberer mit Viriathus und entfesselten einen zweiten keltiberischen Krieg. Die Unterwerfung der Arevaker durch den Konsul Q. Caecilius Metellus (Macedonicus) gelang nur zum Teil (143 142 v.Chr.); Numantia und Termantia behaupteten sich. Der zähe Widerstand dieser beiden Festen der Arevaker erklärt sich daraus, daß der Senat auf bedingungsloser Kapitulation bestand. Da sie sich so tapfer und erfolgreich verteidigten, so fehlte es ihnen nicht an Unter- stützung durch die benachbarten stammverwandten Völker. Der Nachfolger des Metellus, Q. Pompeius, erlitt von den Numantinern wiederholte Nieder- lagen und suchte nach seinem militärischen Fiasko die Gegner auf dem Verhandlungsweg durch vorgespiegelte Friedensaussichten zu überlisten. Dem Pompeius folgte der Konsul M. Popilius Laenas, der sich zunächst an den letzten Kämpfen gegen Viriathus beteiligte und später die Lusoner, die östlichen Nachbarn der Arevaker, angriff, aber geschlagen wurde (139 138 V. Chr.). 137 V. Chr. übernahm der Konsul C. Hostilius Mancinus den Ober- befehl und wandte sich wieder gegen Numantia; er erlitt mit dem demorali- sierten Heer mehrere Niederlagen; auf dem Rückmarsch von den Numan- tinern eingeschlossen, verschaffte er sich freien Abzug durch einen von den römischen Offizieren eidlich bekräftigten Vertrag, der den Numantinern volle Autonomie gewährleistete.') Gegen Recht und Billigkeit verwarf der Senat das Abkommen und wollte zur Beschönigung dieses Vertragsbruchs den Mancinus ausliefern, ein Anerbieten, von dem die geprellten Numantiner keinen Gebrauch machten. An Mancinus' Stelle trat dessen Kollege M. Aemilius

genannt Unimammus (oder Unimanus), sul 141, endlich Q. Servilius Caepio, Konsul

dann Q.Fabius Maximus Aemilianus, Kon- 140 v.Chr. Etwas abweichend J.B.Cottino,

sul 145 V. Chr., hierauf ein Unbekannter, BoUeff hiodi filoloi/ia class. XIU,Juhheitl906.

weiter L. Caecilius Metellus, Konsul 142, ') Über den Vertraf? s. E. Täubler, Im-

ferner Q.Fabius Maximus Servilianus, Kon- , pcrium Bomanum I 1S8 ff.

. 6. Vierte Periode : Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). 26.) 161

Lepidus, der mit D. Junius Brutus zusammen gegen den Willen des Senates die Vaccäer angriff und Pallantia belagerte, aber eine schimpfliche Nieder- lage erlitt, worauf er abberufen und zur Verantwortung gezogen wurde. Auch der Konsul Q. Calpurnius Piso ließ sich 135 v.Chr. von denVaccäern schlagen. Um das sinkende Prestige der römischen Waffen wieder zu heben, schickte Rom endlich seinen einzigen großen Feldherrn, P. Cornelius S(;ipio Aemilianus, den Eroberer Karthagos, als Konsul für 134 v. Chr. nach Spanien. Sein Erstes war, die Truppen wieder an straffe Disziplin zu gewöhnen. Dann wurden in methodischer Kriegführung mit möglichster Schonung der Kräfte die aufständischen Völker niedergeworfen und erst zuletzt Numantia in Angriff genommen. Da die Bewohner die bedingungslose Übergabe ab- lehnten, so wurde ihre Stadt von Scipio durch Wall und Graben allmählich völlig von der Außenwelt abgeschlossen. Der Hunger zwang die Belagerten endlich zur Kapitulation (133 v. Chr.). Eine Kommission von zehn Senatoren ordnete im Verein mit Scipio die Verhältnisse der Provinz, in der nunmehr auf längere Zeit Ruhe herrschte.

Literatur: M. Hoffmann, De Viriathi Numantinorumque hello, Diss. Greifswald 1865. WiLSDOKF i. d. Leipziger Studien zur klass. Phil. I 65 f. E. Kornemann, Klio, 2. Bei- heft S. 96 ff. A. ScHLLTEN, Numantia I, München 1914.

26. Untergang Karthagos. i) Seit 201 v. Chr. waren die Karthager loyale Bundesgenossen und Freunde der Römer, denen sie bei allen Kriegen und zuletzt gegen Perseus Hilfe geleistet hatten. Besonders seit dem Sturz Hannibals bewegte sich die karthagische Politik im römischen Fahrwasser. Wirtschaftlich begann ein neuer Aufstieg der Handelsrepublik Karthago, deren für die Staatsfinanzen ertragreiches Gebiet sich im Osten bis an die Grenze Kyrenes, also des ptolemäischen Reiches, erstreckte. Im Westen aber hatte Karthago an König Masinissa von Numidien einen gefährlichen Nachbar.

Nach der Vernichtung der makedonischen Königsmacht (167 v. Chr.) änderten die Römer ihre Haltung. Sie gelangten zur Überzeugung, daß Karthagos Blüte ihren Interessen zuwiderlaufe, und brauchten jetzt keine Rücksicht mehr zu üben. Der neue Kurs wurde offenkundig, als Masinissa in seinem auf Karthagos Kosten gehenden Expansionstrieb unter dem Vor- wand alter Ansprüche 2) die Emporien, das Südufer der kleinen Syrte bis zur kyrenäischen Grenze, besetzte. Denn nun sprach Rom, von beiden Par- teien angerufen, das umstrittene Land nach längeren Verhandlungen dem Numiderkönig zu (161 v. Chr.). 3) Ahnliche Übergriffe Masinissas wieder-

') Die wichtigste Quelle für die folgen- den Ereignisse sind die Bruchstücke des Polybios aus dem 36.-39. Buch, ferner die aus Polybios abgeleiteten Reste des 32. Buches Diodors. Eine vollständige Er- zählung gibt Appian Lib. 67ff. ; sie ist nicht aus Polybios selbst geschöpft, son- dern aus einer jüngeren Bearbeitung. Die livianische Überlieferung (außer den Periochae 48—51 kommt auch die Oxy- rhynchos-Epitome in Betracht, oben S. 8

3) Polyb. XXXII 2, der zugleich bemerkt, daß die Okkupation der Emporien durch Masinissa nicht lange vorher geschehen sei. Livius dagegen datiert XXXIV 62 diesen numidischen Vorstoß ins J. 193 v. Chr. Dieses livianische Datum ist mit dem polybianischen, das unbedingt den Vorzug verdient, unvereinbar. Es ist wohl mög- lich, daß Masinissa bereits in den neun- ziger Jahren den Karthagern begründeten Anlaß zur Beschwerde gab; aber sein An-

A. 2) ist wiederum in mehreren Stücken 1 griff auf die Emporien kann nicht vor der

verfälscht.

^) Auf Grund des Friedensvertrages von 201 V. Chr. Polyb. XV 18, 5.

Mitte der sechziger Jahre stattgefunden haben. Bevor Makedonien unschädlich gemacht war, durften die Römer nicht

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 11

]^(32 Römische Geschichte.

holten sich zur Zeit des keltiberischen Krieges (153 152 v.Chr.) und führten wieder zu einem römischen Schiedsspruch, der abermals zum Nachteil Kar- thagos ausfiel. An der Gesandtschaft, die aus diesem Anlaß von Rom nach Karthago ging, nahm auch der alte M. Porcius Cato teil, und seitdem er mit eigenen Augen die Blüte und den Reichtum Karthagos gesehen hatte, vertrat er die Ansicht, daß die Existenz Karthagos eine Gefahr für Rom bedeute. Deshalb beantragte er unentwegt die Vernichtung Karthagos im Senat; ^) aber die Mehrheit, deren Wortführer P. Scipio Nasica^) war, wünschte vor Göttern und Menschen einen gerechten Anlaß zum Krieg und damit zur Vernichtungspolitik zu haben; und diesen Anlaß boten die Karthager selbst den Römern.

Denn in Karthago kam infolge der letzten Ereignisse eine dem Masinissa feindliche Partei ans Ruder, die zugleich Rom gegenüber die Selbständigkeit der Stadt zu wahren bemüht war. Die Schwierigkeiten Roms in Spanien mußten den Gegnern Mut machen. Die karthagischen Parteigänger Masi- nissas wurden auf ewige Zeiten verbannt, worüber es zu einem neuen An- griff des Numiderkönigs auf das karthagische Territorium kam. Aber dies- mal setzte sich Karthago zur AVehr und stellte unter Hasdrubal ein Heer ins Feld, das jedoch geschlagen wurde. Die besiegten Karthager wurden von Masinissa umzingelt und kapitulierten schließlich. Gegen den Vertrag wurden dann die abziehenden Reste der karthagischen Armee überfallen und vernichtet (150 v. Chr.). Durch den ohne Genehmigung Roms geführten Krieg hatte Karthago einen Paragraphen des Friedensinstruments vom Jahr 201 V. Chr. verletzt. Sofort benutzte Rom die ersehnte Gelegenheit, gegen Karthago, dessen Lage angesichts der Bedrohung durch Masinissa und nach dem Untergang des Heeres ganz verzweifelt war, vorzugehen. Vergebens suchte sich Karthago durch die Preisgabe Hasdrubals, der zum Tod ver- urteilt wurde, Roms Gnade zu erkaufen. Rom wollte keine Verständigung, und schon fiel Utica von Karthago zu Rom ab. Beide Konsuln von 149 V. Chr., M.' Manilius und L. Marcius Censorinus, setzten mit Heer und Flotte zunächst nach Sizilien über. Man drängte sich in Italien zur Teilnahme an diesem Krieg, den man für einen militärischen Spaziergang hielt. Jetzt faßten die Karthager den Entschluß, sich bedingungslos den Römern zu überantworten, worauf ihnen der Senat Freiheit, Land, Besitz und Ver- fassung garantierte. Sie mußten einstweilen Geiseln stellen und im übrigen die Befehle der Konsuln abwarten. Diese landeten in Utica als dem ge- gebenen Stützpunkt und ließen sich zunächst Waffen und Kriegsgeräte aus- liefern. Nach Erfüllung dieser Forderung wurde den entwaffneten Kar- thagern befohlen, ihre Stadt zu verlassen und sich an einer anderen Stelle, achtzig Stadien (fünfzehn Kilometer) von der Küste entfernt, wieder anzu- siedeln; denn die Stadt Karthago solle dem Erdboden gleich gemacht werden.

wagen, sich mit Karthago zu verfeinden, strativen Antrag auf Zerstörung Karthagos

indem sie den Raub Masinissas begün- stigten. Vgl. Kahrstedt in Meltzers Gesch. d. Karth. III 592 f.

') Dies ist das berühmte „ceterum censeo^ Catos, der im Senat bei jeder beliebigen

hinzufügte ; vgl. K. J. Neumann in der Welt- geschichte des Ullsteinverlags I 442 und Kahrstedt a. a. O. 641.

2) Dieser Nasica war ein Enkel des Cn. Scipio, der 222 v. Chr. das Konsulat be-

Abstimmvmg seinem Votum den demon- | kleidete und 211 v. Chr. in Spanien fiel

6. Vierte Periode : Bis ziim Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§26.) 163

Diese Ungeheuerlichkeit weckte in der Bürgerschaft den Mut der Verzweif- hnig. Mit Anspannung aller Kräfte wurde Karthago in Verteidigungszustand gesetzt und vor allem die unentbehrlichen Waffen hergestellt. Hasdrubal, der sich der Vollstreckung des Todesurteils durch die Flucht entzogen und inzwischen ein stattliches Freikorps zusammengebracht hatte, wurde zurück- gerufen und aufs neue zum Feldherrn gewählt. Die Konsuln, die gewonnenes Spiel zu haben glaubten, hatten sich Zeit gelassen; als sie endlich mit Heer und Flotte vor Karthago erschienen, waren sie baß erstaunt, die Stadt zur Abwehr gerüstet zu finden.

Karthago bestand aus drei besonders befestigten Teilen, der Vorstadt (Megara oder Magalia), der Altstadt mit der Burg (Byrsa) und der im Süden gelegenen Hafenstadt mit dem Kriegshafen (Kothon d. h. Becher) und dem Handelshafen. Die Stadt, durch gewaltige Mauern und an der Landseite durch mehrfache Befestigungslinien geschützt, wies die römischen Angriffe zu Wasser und zu Land erfolgreich zurück. ^) Das flache Land war größten- teils in den Händen Hasdrubals, der die karthagische Feldarmee befehligte und in Nepheris am Südufer des karthagischen Meerbusens 2) seine Basis hatte. Nur wenige Orte gingen zu den Römern über; anders als in früheren Kriegen blieb die Mehrzahl der untertänigen Städte den Karthagern treu. Selbst Masinissa sah zu dem Angriff der Römer scheel, hatte er sich doch selbst Hoffnung auf den Ervverb Karthagos gemacht. Das Belagerungsheer wurde durch Seuchen dezimiert und die meisten Unternehmungen gegen Hasdrubal schlugen fehl. Der einzige, der die römische Waffenehre rettete, war P. Cornelius Scipio Aemilianus, der als Kriegstribun unter Manilius diente. Während der Belagerung starb der neunzigjährige Masinissa, der bis zuletzt von erstaunlicher Rüstigkeit gewesen war; der Sterbende hatte seine Söhne an Sci^^io empfohlen, der nun in Cirta eintraf und als römi- scher Kommissar Masinissas Erbe unter dessen drei Söhne aufteilte und zugleich den Zuzug numidischer Kavallerie bewirkte (149 48 v. Chr.). Auch der Abfall des Reiterführers Himilko Phameas, der mit einem Teil seiner Truppe den Hasdrubal im Stich ließ und zu den -Römern überging, war das Werk Scipios. Manilius' Nachfolger L. Calpurnius Piso, Konsul von 148 V. Chr., konnte ebensowenig den Krieg bewältigen, wie sein Vorgänger. Seine Angriffe auf die libyphönikischen Städte hatten wenig Erfolg, Hippu- akra wurde längere Zeit vergebens belagert, die Karthager konnten ver- suchen mit dem Ausland, mit Makedonien und den Maurusiern Verbindungen anzuknüpfen, einige Numider gingen zu ihnen über; die Kriegspartei er- langte in der Stadt völlig die Oberhand. Hasdrubal, der bisher im Feld gestanden hatte, übernahm nach dem von ihm herbeigeführten Sturz seines Namensvetters, eines Enkels Masinissas, das Kommando in der Stadt, in der er ein strenges Regiment führte. In Rom empfand man den unbefriedi-

^) Siehe die Beschreibung bei Tissot, den Mauerring und damit das Areal der

Geographie comparee de Vancicnne Afrique, Stadt stark einzuschränken. Dagegen J.

S. 565 f. Kährstedt in Meltzeks Gesch. Kromayek, Gütt. gel. Anz. 1917, i-iO ff., V.

der Karth. III 7 ff. sucht für die Topo- Gardthausen, Klio XVII 122 ff., R. Öhler,

graphie Karthagos den archäologischen 1 PWX2150Ö".

Befund, die Lage der Nekropolen, gegen | "•') "N^gl. G. A'eith in Kkomayers Antiken

den Bericht Appians auszuspielen und ] Schlachtfeldern III 2, 7Ü5 ff.

11*

1Q4: Römische Geschichte.

genden Verlauf des mit soviel Zuversicht begonnenen Kriegs um so pein- licher, als auch andere auswärtige Verwicklungen eintraten. Die Bürger- schaft entschloß sich daher zu dem ungewöhnlichen Schritt, für das nächste Jahr (147 v. Chr.) den jungen Scipio Aemilianus, cbwolil er noch nicht das gesetzliche Alter erreicht hatte, ^) zum Konsul zu wählen. Durch besonderen Volksbeschlufa wurde er mit dem Krieg in Afrika betraut.

Mit ansehnliclien Verstärkungen aus der Bürgerschaft und von den Bundesgenossen traf Scipio vor Karthago ein ; die verbündeten Könige und Freistädte des griechischen Ostens stellten Kriegsschiffe.-) Scipio reformierte zunächst die Armee, dann schloß er im Lauf des Jalires 147 v. Chr. Kar- thago vollständig von der Außenwelt ab. Hierauf schlug er die karthagische Feldarmee vor Nepheris entscheidend (Winter 147/6 v. Chr.). Die Karthager, denen die Zufuhr ganz unterbunden war, litten immer stärker unter dem Hunger; vergebens suchte Hasdrubal Schonung der Stadt von den Römern zu erlangen. Nachdem die Vorstadt schon früher gefallen war, eröffneten die Römer im Frühjahr (14(3 v. Chr.) den Sturrii auf die Altstadt und den Kriegshafen. Die Eindringlinge arbeiteten sich unter erbitterten Straßen- kämpfen allmählich bis zur letzten feindlichen Position, bis zum Tempel des Eschmun (Asklepios) auf der Höhe der Byrsa durch. Hier behaupteten sich die letzten Verteidiger, bis sie in den Flammen umkamen. Hasdrubal hatte sich schließlich ergeben. Scipio begnadigte ihn. Die Stadt wurde ge- plündert; unter der Beute befanden sich die von den Karthagern einst aus Sizilien entführten Kunstwerke, die Scipio nunmehr den frühei-en Eigen- tümern zurückgab. 2) Eine Kommission von zehn Senatoren entschied in Gemeinschaft mit Scipio über das Schicksal der Besiegten. Karthago wurde bis auf den letzten Rest zerstört und die Stätte, die unbewohnt bleiben sollte, verflucht. Die karthagische Herrschaft wurde unter dem Namen Afrika zur römischen Provinz gemacht, ausgenommen die östlichen an Kyrene gren- zenden Stücke, die Emporien und die sjjätere Tripolis, d. h. die Städte Sabrata, Oea und Groß-Leptis, die den numidischen Königen verblieben. Den Einwohnern der Provinz wurde eine Kopfsteuer auferlegt, die wenigen Städte, welche den Karthagern bis zuletzt treu geblieben waren, erlitten dasselbe Schicksal wie die Hauptstadt. Utica, Hippo und andere libysche und libyphönikische Städte erhielten zum Lohn für ihre Dienste die Frei- heit und Teile des karthagischen Gebiets. Sehr bald siedelten sich in Afrika viele Römer an. Nachdem Scipio seinen Sieg durch Festspiele gefeiert hatte, kehrte er nach Rom zurück, wo ein glänzender Triumph seiner wartete.

27. Die Annexion Makedoniens und Grieclienlands.^) Li Makedonien und Hellas herrschten nach dem Krieg mit Perseus vielfach höchst uner- freuliche innerpolitische Zustände, die des öfteren eine Einmischung des

AufDrcängen der Bürgerschaft wur- 1 ^) Diodor XIII 90. 5; XXXII 25. Cicero den die entgegenstehenden gesetzlichen ! Verr. II 86. IG XIV 315. G. Kaibel, Her-

Vorschriften durch ein besonderes Gesetz für dies eine Jahr aufgehoben. Scipio weilte gerade in Rom, wo er sich um die Ädilität hatte bewerben wollen.

^) z. B. Mithridates V und Side in Pam- ' auf Polybios beruht. Oben S. 158 phylieu. Appian, Mithrid. 10, Lib. 123. |

mes XVIII, 1883, 156 f.

^) Quelle ist außer den Resten des Poly- bios und Livius der Bericht des Pausanias VII 12 f., der, wie es scheint, ebenfalls

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§27.) 165

Senats nötig machten. Die Römer hatten durch ihr herrisches Auftreten, durch kleinliche Rache an ihren Gegnern und ungerechte Bevorzugung ihrer Anhänger Haß und Erbitterung in der Griechenwelt erregt. Makedonien, dessen Einheit so willkürlich zerrissen war, hatte unter den heftigsten in- neren Gegensätzen zu leiden. Ein gewisser Andriskos, aus Adramytteion in Mysien gebürtig, der sich Philippos nannte und sich als Sohn des Perseus ausgab, hielt die Gelegenheit für günstig, sich zum Erben der makedoni- schen Krone aufzuwerfen. Dem Prätendenten kam seine Ähnlichkeit mit Perseus zustatten. Er versuchte sein Heil in Syrien bei Demetrios I, der jedoch den angeblichen Verwandten den Römern auslieferte, die ihn in Italien internierten. Doch der Abenteurer entkam und fand schließlich in Thrakien Anhang, von wo er mit thrakischen Hilfstruppen in Makedonien einfiel. Er besiegte das makedonische Aufgebot in zwei Treffen, und nun fiel das ganze Land ihm zu. Thessalien mußte durch die Truppen des achäischen Bundes geschützt werden. Zur Unterdrückung des Aufstandes sandten die Römer zuerst unzureichende Kräfte, eine Legion unter dem Prätor P. lu- ventius, der von Andriskos geschlagen und getötet wurde (149 v. Chr.). Dieser Sieg brachte dem Pseudophilippos neuen Anhang; er konnte jetzt auch Thessalien erobern. Nunmehr schickten die Römer ein konsularisches Heer von zwei Legionen unter dem Prätor Q. Caecilius Metellus nach Make- donien (148 V. Chr.). Mit Hilfe des Attalos II von Pergamon gelang die Überwindung des Prätendenten. Bei Pydna geschlagen und von seinen Anhängern aufgegeben, flüchtete Andriskos zu einem thrakischen Dynasten, der ihn an Metellus auslieferte. Makedonien mußte für die Usurpation büßen ; das Land ging auch des letzten Phantomes der Freiheit verlustig und wurde unter Aufhebung der vier Distrikte zur römischen Provinz gemacht (148/7 v. Chr.).i) Epirus und das südliche Illyrien mit Apollonia und Dyrrhachion wurden mit einbezogen, und so die neue Provinz bis ans ionische Meer ausgedehnt. Eine neue Heerstraße, die Via Egnatia, stellte bald darauf die Verbindung zwischen Dyrrhachion und Thessalonike, zwischen dem adria- tischen und ägäischen Meer her. Übrigens trat nicht lange nach der Nieder- lage des Andriskos abermals ein Pseudophilipp auf, dessen Umtriebe jedoch im Keim erstickt wurden.

Griechenland war im Innern durch Parteikämpfe zerrissen, wobei die Freunde Roms den Andersgesinnten allen denkbaren Abbruch taten. Auch von Gemeinde zu Gemeinde gab es Zwistigkeiten. Berühmt ist der Streit um das böotische Oropos, das die Athener, Roms besondere Günstlinge, für sich beanspruchten. Dieser Handel zog sich mehrere Jahre hin und be- schäftigte 155 V. Chr. auch den Senat, vor dem die Athener sich durch ihre gefeiertsten Philosophen und Redner, Karneades, Diogenes und Kritolaos, vertreten ließen. Diese Philosophengesandtschaft war für Rom ein Ereignis, brachte sie doch die kulturelle Bedeutung des Griechentums zum Bewußt- sein, aber freilich auch die der alten Römersitte drohende Gefahr. Schließ- lich mußten die Athener das von ihnen ausgeplünderte Oropos wieder auf- geben. Das ansehnlichste staatliche Gebilde in Griechenland war der achäische

') Mit diesem Jahr beginnt die makedonische Provinzialära. Kubitschek, PW 1 636 f.

166 Römische Geschichte.

Bund, dessen Gebiet nach 167 v. Chr., auf Kosten der Aetoler durch Hera- kleia am Oeta und Pleuren sogar erweitert worden war. Aber noch immer lastete auf den Achäern die Sorge um ihre in Italien internierten Lands- leute und sie ließen nicht ab, in Rom für deren Befreiung zu wirken. End- lich, im Jahr 150 v.Chr. erhielten die Überlebenden die Erlaubnis zur Heim- kehr, darunter auch Polybios, der Historiker, dessen persönliches Schicksal sich durch seine Seelenfreundschaft mit dem viel jüngeren P. Scipio Aemi- lianus weit erträglicher gestaltet hatte als das der übrigen Deportierten. Die römische Bevormundung, die namentlich anläßlich der ewigen Händel mit Sparta sich geltend machte, wurde den Achäern überlästig. Der spar- tanisch-achäische Gegensatz, den die alten Grenzirrungen zwischen Sparta und dem im Bund so einflußreichen Megalopolis noch verschärften, kam 149 V. Chr. aufs neue in Rom zur Verhandlung und gab den Anlaß zu schweren Verwicklungen. Neue Männer, die sich auf die Gunst der keines- wegs römerfreundlichen Menge stützten, gelangten im Bund zur Herrschaft. Ermutigt durch die römischen Schwierigkeiten in Spanien, durch den Aus- bruch des dritten punischen Kriegs und die erfolgreiche Erhebung des Pseudo- philipp, gedachten sie, sich der Aufsicht Roms zu entziehen. Ohne den Spruch des Senats abzuwarten, eröffneten die Achäer unter dem Strategen Damokritos die Feindseligkeiten mit einem Einmarsch nach Lakonien trotz den Warnungen des Metellus, der damals in Makedonien stand (148 v. Chr.). Der Senat beschloß, die Achäer für ihre Eigenmächtigkeit empfindlich zu züchtigen, indem er einige wichtige, mit Hilfe Roms nach dem zweiten make- donischen Krieg erworbene Städte vom Bund lostrennte, nämlich Sparta, Korinth, Argos, das arkadische Orchomenos und Herakleia am Oeta. Diese Maßregelung wurde den Achäern auf einer Versammlung in Korinth im Sommer 147 v. Chr. durch eine Gesandtschaft eröffnet, nachdem Makedonien bereits wieder bezwungen war. Ein Sturm der Entrüstung war die Ant- wort; die anwesenden Spartaner wurden festgenommen und dabei nicht einmal die Quartiere der römischen Gesandten, wo einige Zuflucht gesucht hatten, respektiert. Trotzdem schien noch immer eine gütliche Verständigung möglich zu sein, da die Römer in der Folge einen sehr gemäßigten Ton an- schlugen in der Hoffnung, auf diplomatischem Weg mit den Achäern fertig zu werden. Aber die achäischen Führer, namentlich Diaios und Kritolaos, die um ihre eigene Existenz kämpften, deuteten die milde Form als Schwäche, hervorgerufen durch die zweifelhafte Kriegslage in Spanien und Afrika; sie waren willens, selbst auf die Gefahr eines Krieges die römische Einmischung nicht zu dulden. Der Strateg Kritolaos brachte durch sein Auftreten die Wiederaufnahme von Verhandlungen zum Scheitern und agitierte im Winter 147/6 V. Chr. aufs lebhafteste gegen Rom. Die Böoter, Phoker, Lokrer und Euböer gingen mit den Achäern zusammen. Im Frühjahr 146 v. Chr. be- schloß die achäische Bundesversammlung den Krieg gegen Sparta (und damit den Bruch mit Rom) ungeachtet der Warnungen, die Metellus durch Ab- gesandte übermitteln ließ. Sofort griff Rom zu den Waffen : mit dem Kom- mando wurde der Konsul L. Mummius beauftragt; auch eine Flotte wurde aufgeboten, außerdem leistete Attalos II von Pergamon Zuzug. Die Achäer eröffneten den Krieg durch einen Angriff auf Herakleia am Oeta, das sich

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§28.) 167

inzwischen vom Bund losgesagt hatte. Doch schon eilte Metellus aus Make- donien der belagerten Stadt zu Hilfe. Der achäische Feldherr Kritolaos zog sich zurück, wurde aber in Lokris bei Skarpheia eingeholt und geschlagen; er endete auf der Flucht. Die übrigen Kontingente des Bundes wurden einzeln überwältigt, und ganz Mittelgriechenland bis an den Isthmos, auch Theben und Megara, von Metellus rasch unterworfen. Dann traf Mummius ein und übernahm den Oberbefehl. Die Achäer rüsteten zum Widerstand bis aufs Messer. Sogar Sklaven wurden eingestellt. Ein Friedensschritt, den Metellus kurz vor dem Eintreffen des Mummius unternommen hatte, war tumultuarisch abgelehnt worden ; die Kriegspartei dominierte. Am Isthmos bei Leukopetra kam es zur entscheidenden Schlacht. Die Achäer kämpften tapfer, erlagen aber der Übermacht, An eine Fortsetzung des Kampfes war nicht mehr zu denken. Das geschlagene Heer löste sich auf, der Strateg Diaios, der Nachfolger des Kritolaos, beging Selbstmord; ohne Schwert- streich zog das römische Heer am dritten Tag nach seinem Sieg durch die offenen Tore von Korinth ein. Die Stadt wurde geplündert.

Auf Anordnung einer Kommission von zehn Senatoren wurde der achäische Bund samt allen ähnlichen Vereinigungen der Besiegten aufgehoben und die Verbindung der einzelnen Gemeinden miteinander gelöst. Die Schuldigen wurden festgestellt und bestraft, ein strenges Gericht erging über alle Teil- nehmer am Krieg; die demokratischen Verfassungen wurden durch das timo- kratische System ersetzt; über Korinth verhängte ein besonderer Senats- beschluß das furchtbare Schicksal Karthagos: die stolze Stadt wurde völlig zerstört. Viele Kunstschätze wurden als willkommene Beute nach Italien gebracht. Bei der Ordnung der griechischen Verhältnisse erwarb sich Polybios als Vertrauensmann der römischen Kommissäre große Verdienste; er ver- mittelte im Auftrag des Senats als ehrlicher Makler zwischen Rom und seinen Landsleuten. Diejenigen Griechen, welche nicht am Krieg teil- genommen hatten, wie die Akarnanen, Aetoler, Thessaler, Athener und Spartaner blieben im früheren Bundesverhältnis zu Rom, während alle anderen zu tributären Untertanen wurden. Ganz Griechenland wurde der Aufsicht des makedonischen Statthalters unterstellt und bildete insofern einen Teil der Provinz Makedonien, i) Schon nach einigen Jahren konnten die Römer übrigens die Zügel lockern und die Strafbestimmungen mildern.

Literatur: Schorn, Geschichte Griechenlands 381 ff. Thirlwall, History ofGreece vol. VIII. Hertzberg, Gesch. Griechenlands usw. I 220 ff. Niese, Gesch. d. griech. und makedon. Staaten III 312 ff. G. Colin, Rome et Ja Grece (Paris 1905) 486 ff.

28. Die Erwerbung Asiens. 2) Auf die Eroberung von Makedonien und Afrika durch Rom folgte die Festsetzung in Kleinasien, die friedliche Ein- verleibung des pergamenischen Reichs. Als Nachfolger des Eumenes II von Pergamon hatte dessen ältester Bruder Attalos II 159 v. Chr. den Thron bestiegen ; dieser stets dienstwillige Freund Roms verstarb 188 v. Chr. ; ihm folgte sein Neffe Attalos HI, der natürliche Sohn des Eumenes II und vom

^) Siehe Marquardt, Rom. Staatsverwal- waltungsbezirk.

tung I 321 ff. Administrativ gehört also -) Außer den Auszügen aus Li vius finden

Griechenland zur Provinz Makedonien. sich die Nachrichten bei Strabo XIV 643.

Erst Augustus machte Griechenland als j Justin XXXVI 4. XXXVII 1. VelleiusII4.

Provinz Achaia zum selbständigen Ver- 1 Valer. Max. III 2, 12.

168

Römische Geschichte.

Vater legitimiert, um die Dynastie zu erlialten,') Der neue König wird als lialbverrückter Sonderling geschildert. Er starb nach nur fünfjähriger Re- gierung (Anfang 133 v.Chr.); testamentarisch hatte dieser letzte Attalide sein Königreich und seinen gesamten Besitz dem römischen Volk vermacht, jedoch den Städten, vor allem der Hauptstadt Pergamon, die Freiheit be- stimmt. Eom nahm die Erbschaft an, konnte aber nicht sofort in deren Besitz treten, weil Senat und Volk einander die Kompetenz streitig machten. Erst Ende des Jahres erschien eine Senatskommission, um die pergamenische Frage zu regeln. Aber bereits hatte sich ein anderer Erbe eingefunden, Aristonikos, ein Bastard des Eumenes und Halbbruder Attalos' IH. Von den Ephesiern in einem Seetreffen besiegt, fand der Prätendent doch im Binnenland Anhang; aus Söldnern und befreiten Sklaven, die sich Helio- politen nannten, bildete er sich ein Heer und nahm den ganzen südlichen Teil des Reiches in Besitz, auch einige der griechischen Städte fielen ihm zu, ja er griff sogar in die Nachbargebiete über. So mufaten die Römer ihre Erbschaft erst erobern. Die zunächst aufgebotenen Bundesgenossen, die be- nachbarten Fürsten Bithyniens, Paphlagoniens und beider Kappadokien richteten nichts aus. Dann wurde der Konsul des Jahres 131 v.Chr. P.Licinius Crassus (Mucianus) mit Truppen nach Asien gesandt; bei der Belagerung von Leukai von Aristonikos geschlagen, zog er der Gefangenschaft den frei- willigen Tod vor. Erst seinem Nachfolger M. Perperna gelang es, den Usur- pator zu besiegen und in Stratonikeia''') gefangen zu nehmen. Die Schätze der Attaliden sandte er nach Rom (130/29 v. Chr.). Perperna wurde in Pergamon vom Tod ereilt, noch ehe er seine Aufgabe ganz gelöst hatte. Erst sein Nachfolger M.'Aquilius, Konsul des Jahres 129 v. Chr., vollendete die Unterwerfung des Landes, das er, unterstützt von einer Senatskommis- sion, als Provinz einrichtete. Er scheint erst im Jahr 126 v. Chr., also nach längerem Wirken, heimgekehrt zu sein. Die neue Provinz, Asia genannt, umfaßte alles, was den Römern durch das Testament des Attalos und den letzten Krieg zugefallen war, nur die östlichen Teile wurden den verbün- deten Königen überlassen, Großphrygien dem Mithridates V von Pontus, Lykaonien den Söhnen des im Kampf gegen Aristonikos gebliebenen Aria- rathesV. Aber diese Bewilligungen, angeblich durch Bestechungen erkauft, wurden bald darauf rückgängig gemacht und die betreffenden Landschaften zu der römischen Provinz geschlagen. Folgenschwer für die weitere Ver- waltung wurde eine lex Sempronia des C. Gracchus vom Jahr 123 oder 122 V. Chr. ; durch dieses Gesetz wurde der Zehnte eingeführt, der wie die übrigen Gefälle von römischen Steuerpächtern erhoben werden sollte, die nun mit rücksichtslosem Egoismus die wehrlosen Provinzialen ausbeuteten (S. 176). Mit der Erwerbung des pergamenischen Reiches faßten die Römer festen Fuß auf asiatischem Boden; sie wurden unmittelbare Herren beider Ufer des ägäischen Meeres und Nachbarn der asiatischen Königreiche. Die römische Geschäfts- und Handelswelt hat zusammen mit den Gesellschaften der Steuer- pächter, der Publikanen, die Provinz Asien in wachsende Abhängigkeit von

') Nach KoEPP, dem sich Wilcken, PW II 2175 anschließt, wäre Attalos III der Sohn Attalos II; dagegen Niese, Gesch.

der griech. u. maked. Staaten III 204, 4.

^) d. h. Stratonikeia am Kaikos in My- sien, das spätere Adrianupolis.

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6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§29.) 169

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ihrem Kapital gebracht. Diese Eroberung des asiatischen Marktes durch Rom verurteilte das nicht mehr konkurrenzfähige Griechentum zu wirt- schaftlichem Siechtum und Tod.

Literatur: Waddington, Fastes des provlnces Äsiatiques I 19 f. P. Foucart, La formation de la province Romaine d'Asle (Memoires de l'institut national de France, Aca- demie des inscr. XXXVII 1 (1904) 297 ff.). Niese, Gesch. der griech. und makedon. Staaten III 364 ff. Marqüardt, Rom. Staatsverw. I 335.

29. Beginn der inneren Unruhen. Die Gracchen. Die stürmische Ex- pansion der römischen Herrschaft konnte nicht ohne Rückwirkung auf die innere Struktur von Staat und Gesellschaft bleiben; das politische und wirt- schaftliche Leben geriet in neue Bahnen. Die Reichtümer Makedoniens, Asiens, Korinths und Karthagos häuften sich in der Siegerstadt an. Die gestiegenen öffentlichen Einkünfte erlaubten die Einrichtung des Staats- wesens in großem Stil, die reichliche Ausstattung der Beamten, Feldherren, Legaten und sonstigen Funktionäre. Die Römer waren ein reiches Volk ge- worden; ihr Kapital und ihr Handel beherrschte immer weitere Gebiete. Aber aller äußerer Glanz und wirtschaftlicher Aufschwung konnte über die beginnende innere Zersetzung nicht hinwegtäuschen. Das römische Herz*en- gefühl wurde von keiner sittlichen Hemmung mehr gezügelt; skrupellos setzte sich Rom über Verträge und feierliche Abmachungen hinweg, sobald solcher Treubruch in seinem Interesse lag; für diesen Staatsmacchiavellismus bietet der spanische und der dritte punische Krieg drastische Beispiele. Wohl gab es Männer, die wie der vom Geist griechischer Humanität berührte Scipio Aemilianus auf persönliche Integrität, auf Treu und Glauben hielten. Doch das waren seltene Ausnahmen. Im allgemeinen wurde es zur Regel, die Macht, namentlich in den Provinzen, zum eigenen Vorteil zu mißbrauchen; Bestechungen, Erpressungen, Übergriffe aller Art wurden immer häufiger und so ergab sich die Notwendigkeit, die Bundesgenossen und Untertanen gegen die Mißwirtschaft, die habgierige und ungerechte Beamte übten, zu schützen. Da aber weder die Zivil- noch die Volksgerichte ausreichten, so errichtete man ständige Gerichtshöfe für die Klagen der Bundesgenossen und Untertanen gegen die Erpressungen römischer Magistrate und Senatoren, Idie erste quaestlo perpetua de pecuuiis repetuinlls, die, 149 v. Chr. durch eine vom Volkstribun L. Calpurnius Piso rogierte lex Calpurnia begründet, einen Markstein in der Geschichte des römischen Gerichtswesens bedeutet. Dies Gesetz zog bald andere nach sich.

Von den Vorteilen der Herrschaft hatte gerade diejenige Schicht der römischen Bürger, die das militärische Rückgrat des Staates bildete, keinen Genuß, nämlich die freie Bauernschaft, i) Die Bauern hatten die Hauptlast :1er Kriege zu tragen, während die Stadtbevölkerung, der wohlhabende, er- rt^erbstätige Mittelstand weniger, das von der Wehrpflicht gesetzlich befreite Proletariat samt den Freigelassenen überhaupt nicht betroffen wurde. In der Periode überseeischer Eroberungspolitik war nun jene Last weit drückender ils zuvor. Die Kriege, auch wenn sie siegreich beendet wurden, kosteten iel Blut, so zuletzt noch die Kämpfe in Spanien.'-^) So mancher bäuerliche

') Vgl. W. Fleischmann, Altgermanische

altröniische Agrarverhältnisse. Leipzig

906. Das Buch von Max Weber, Die röm.

Agrargeschichte, Stuttgart 1891, kommt

für das Tatsächliche kaum in Betracht.

-) Zählt man die bei Appian Iber. 78 ff.

168 Römische Geschichte.

Vater legitimiert, um die Dynastie zu erhalten.') Der neue König wird als halbverrückter Sonderling geschildert. Er starb nach nur fünfjähriger Re- gierung (Anfang 133 v. Chr.) ; testamentarisch hatte dieser letzte Attalide sein Königreich und seinen gesamten Besitz dem römischen Volk vermacht, jedoch den Städten, vor allem der Hauptstadt Pergamon, die Freiheit be- stimmt. Rom nahm die Erbschaft an, konnte aber nicht sofort in deren Besitz treten, weil Senat und Volk einander die Kompetenz streitig machten. Erst Ende des Jahres erschien eine Senatskommission, um die pergamenische Frage zu regeln. Aber bereits hatte sich ein anderer Erbe eingefunden, Aristonikos, ein Bastard des Eumenes und Halbbruder Attalos' HI. Von den Ephesiern in einem Seetreffen besiegt, fand der Prätendent doch im Binnenland Anhang; aus Söldnern und befreiten Sklaven, die sich Helio- politen nannten, bildete er sich ein Heer und nahm den ganzen südlichen Teil des Reiches in Besitz, auch einige der griechischen Städte fielen ihm zu, ja er griff sogar in die Nachbargebiete über. So mußten die Römer ihre Erbschaft erst erobern. Die zunächst aufgebotenen Bundesgenossen, die be- nachbarten Fürsten Bithyniens, Paphlagoniens und beider Kappadokien richteten nichts aus. Dann wurde der Konsul des Jahres 131 v. Chr. P. Licinius Crassus (Mucianus) mit Truppen nach Asien gesandt; bei der Belagerung von Leukai von Aristonikos geschlagen, zog er der Gefangenschaft den frei- willigen Tod vor. Erst seinem Nachfolger M. Perperna gelang es, den Usur- pator zu besiegen und in Stratonikeia''') gefangen zu nehmen. Die Schätze der Attaliden sandte er nach Rom (130/29 v. Chr.). Perperna wurde in Pergamon vom Tod ereilt, noch ehe er seine Aufgabe ganz gelöst hatte. Erst sein Nachfolger M.' Aquilius, Konsul des Jahres 129 v. Chr., vollendete die Unterwerfung des Landes, das er, unterstützt von einer Senatskommis- sion, als Provinz einrichtete. Er scheint erst im Jahr 126 v. Chr., also nach längerem Wirken, heimgekehrt zu sein. Die neue Provinz, Asia genannt, umfaßte alles, was den Römern durch das Testament des Attalos und den letzten Krieg zugefallen war, nur die östlichen Teile wurden den verbün- deten Königen überlassen, Großphrygien dem Mithridates V von Pontus, Lykaonien den Söhnen des im Kampf gegen Aristonikos gebliebenen Aria- rathesV. Aber diese Bewilligungen, angeblich durch Bestechungen erkauft, wurden bald darauf rückgängig gemacht und die betreffenden Landschaften zu der römischen Provinz geschlagen. Folgenschwer für die weitere Ver- waltung wurde eine lex Sempronia des C. Gracchus vom Jahr 123 oder 122 V. Chr. ; durch dieses Gesetz wurde der Zehnte eingeführt, der wie die übrigen Gefälle von römischen Steuerpächtern erhoben werden sollte, die nun mit rücksichtslosem Egoismus die wehrlosen Provinzialen ausbeuteten (S. 176). Mit der Erwerbung des pergamenischen Reiches faßten die Römer festen Fuß auf asiatischem Boden; sie wurden unmittelbare Herren beider Ufer des ägäischen Meeres und Nachbarn der asiatischen Königreiche. Die römische Geschäfts- und Handelswelt hat zusammen mit den Gesellschaften der Steuer- pächter, der Publikanen, die Provinz Asien in wachsende Abhängigkeit von

') Nach KoEPP, dem sich Wilcken, PW j der griech. u. maked. Staaten III 204, 4. II 2175 anschließt, wäre Attalos III der | ^) d. h. Stratonikeia am Kaikos in My- Sohn Attalos II; dagegen Niese, Gesch. | sien, das spätere Adrianupolis.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§29.) 169

ihrem Kapital gebracht. Diese Eroberung des asiatischen Marktes durch Rom verurteilte das nicht mehr konkurrenzfähige Griechentum zu wirt- schatthchem Siechtum und Tod.

Literatur: Waddington, Fastes des provhices Askitiques I 19 f. P Fodcart Jn formatwn de la in-mince Romaine d'Asie (Memoires de nittltut national de F^Zte Aca

StraJefinSff^^'^'M ' ^''''^ f.^ö-.) N:ksk, Gesch. der griech. und makedon

öiaaten lii öbi ti. -— Marquardt, Rom. «taatsverw. I 335.

29. Beginn der inneren Unruhen. Die Gracchen. Die stürmische Ex- pansion der römischen Herrschaft konnte nicht ohne Rückwirkung auf die innere Struktur von Staat und Gesellschaft bleiben; das politische und wirt- schaftliche Leben geriet in neue Bahnen. Die Reichtümer Makedoniens, Asiens, Korinths und Karthagos häuften sich in der Siegerstadt an. Die gestiegenen öffentlichen Einkünfte erlaubten die Einrichtung des Staats- wesens in großem Stil, die reichliche Ausstattung der Beamten, Feldherren Legaten und sonstigen Funktionäre. Die Römer waren ein reiches Volk ge- worden; ihr Kapital und ihr Handel beherrschte immer weitere Gebiete Aber aller äufserer Glanz und wirtschaftlicher Aufschwung konnte über die beginnende innere Zersetzung nicht hinwegtäuschen. Das römische Herren- gefuhl wurde von keiner sittlichen Hemmung mehr gezügelt; skrupellos sezte sich Rom über Verträge und feierliche Abmachungen hinweg, sobald solcher Treubruch in seinem Literesse lag; für diesen StaatsmacchiaveUismus bietet der spanische und der dritte punische Krieg drastische Beispiele. Wohl gab es Manner, die wie der vom Geist griechischer Humanität berührte Scipio Aemihanus auf persönliche Integrität, auf Treu und Glauben hielten. Doch das waren seltene Ausnahmen. Ln allgemeinen wurde es zur Regel die Macht, namentlich in den Provinzen, zum eigenen Vorteil zu mißbrauchen;' Bestechungen, Erpressungen, Übergriffe aller Art wurden immer häufiger und so ergab sich die Notwendigkeit, die Bundesgenossen und Untertanen gegen die Mißwirtschaft, die habgierige und ungerechte Beamte übten, zu schützen. Da aber weder die Zivil- noch die Volksgerichte ausreichten, so ernchtete man ständige Gerichtshöfe für die Klagen der Bundesgenossen und Untertanen gegen die Erpressungen römischer Magistrate und Senatoren, die erste quaesfio perpetua de peciinm repetimdls, die, 149 v. Chr. durch eine vom Volkstribun L. Calpurnius Piso rogierte lex Ccdpurnia begründet, einen Markstein in der Geschichte des römischen Gerichtswesens bedeutet. Dies Gesetz zog bald andere nach sich.

Von den Vorteilen der Herrschaft hatte gerade diejenige Schicht der romischen Bürger, die das militärische Rückgrat des Staates bildete, keinen Genuß, nämhch die freie Bauernschaft, i) Die Bauern hatten die Hauptlast der Kriege zu tragen, während die Stadtbevölkerung, der wohlhabende, er- werbstätige Mittelstand weniger, das von der Wehrpflicht gesetzlich befreite Proletariat samt den Freigelassenen überhaupt nicht betroffen wurde. In der Periode überseeischer Eroberungspolitik war nun jene Last weit drückender als zuvor. Die Kriege, auch wenn sie siegreich beendet wurden, kosteten viel Blut, so zuletzt noch die Kämpfe in Spanien.^) So mancher bäuerliche

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1 JUb. i^as Buch V on Mas V, eber, Die röm. | ^) Zählt man die bei Appian Iber. 78 ff

170 Römische Geschichte.

Soldat sah die heimische Scholle nie wieder; aber auch die Zurückkehrenden waren durch die lange Abwesenheit von Haus und Hof schwer geschädigt. Nicht so sehr durch die Konkurrenz des aus den Provinzen zu niederem Preis eingeführten Getreides,^) als vielmehr durch das einheimische, im Großgrundbesitz sich investierende Kapital wurde der Kleinbauernstand in seiner Existenz bedroht. Schon nach dem hannibalischen Krieg, der nament- lich Unteritalien auf weite Strecken verödet und den Bauernstand dezimiert hatte, war die Konjunktur für die Bildung von Großgrundbesitz günstig. Das Land war billig und das Kapital griff' zu. Anstatt des wenig rentablen Ackerbaus wurden Reben- und Olivenkulturen angelegt oder Viehzucht und Weidewirtschaft in großem Maßstab betrieben. Dem Anwachsen dieses sog. Latifundienbetriebs entsprach der Rückgang der freien Kleinbauernschaft, deren Lage immer schwieriger wurde. 2) Der Großgrundbesitz arbeitete mit den billigsten Arbeitskräften, mit Sklaven, wie sie besonders seit dem Fall von Korinth und Karthago herdenweise nach Italien gebracht wurden. Der Handel mit dieser Menschenware hatte auf Delos, der heiligen Insel Apolls, seine Zentrale. Die Sklavenmärkte wurden von Piraten, aber auch von römischen Steuer^^ächtern in Asien, die den Menschenraub in den Nachbar- gebieten der Provinz betrieben, 3) mit Ware versorgt.

Die Gefahren der Sklavenwirtschaft offenbarten sich in verschiedenen Aufständen der Unglücklichen in Italien, auch in Attika und auf Delos namentlich aber in dem großen Sklavenkrieg, der um 136 v. Chr. auf Sizilien entstand.^) Hier war das Latifundiensystem sehr verbreitet und die Aus- beutung der unfreien Landarbeiter durch ihre vielfach römischen Herren besonders schlimm. Auf den Gütern eines Großgrundbesitzers, des Damophilos, bei Henna kam es zu einer Erhebung der Sklaven, die einen ihrer Leidensgenossen, den Syrer Eunus, zum Führer wählten; dieser nannte sich Antiochos und nahm den Königstitel an. Henna wurde überrumpelt. Mit Eunus vereinigte sich eine zweite Schar, die sich unter dem Kiliker Kleon bei Akragas gebildet hatte; große Teile Siziliens waren den Plünde- rungen der Sklaven ausgesetzt. Die Empörer, deren Zahl schließlich auf 200000 angewachsen sein soll, bestanden siegreiche Kämpfe mit mehreren prätorischen Aufgeboten.^) Einige feste Städte, darunter Tauromenion, fielen in ihre Hände. So mußten sich die Römer entschließen, im Jahr 134 v.Chr. den Konsul C. Fulvius Flaccus mit Truppen nach Sizilien zu schicken, aber weder er noch sein Nachfolger L. Calpurnius Piso wurde mit den Sklaven fertig; erst P.Rupilius, der Konsul von 132 v.Chr., warf den Aufstand nieder,

in den Kriegen von 1.54—134 v. Chr. aus- ^) Vgl. J. Kromayer, Neue Jahrbücher

drücklich bezifferten Verluste der Eömer 33, 1914, 145 ff.

zusammen, so kommen 46 100 Mann heraus, wovon dann mindestens die Hälfte auf die Bundesgenossen entfällt. Dies ist aber

3) Strabo XIV 668 f. Diodor XXXVI 3, 1. *) Poseidonios fr. 15. Diodor 34 35 c.2f. Liv. per. 56. 58. 59. Oros. V 9. Florus II 7.

nur ein Teil der wirklichen Verluste. (In- Vgl. Holm, Geschichte Siziliens III 104 ff. des verdienen diese Zahlen nicht den Bücher. Die Aufstände der unfreien Ar- Glauben, den Niese ihnen schenkt. Vgl. heiter, Frankfurt a. M. 1874, 121 ff. Wilms, A. Rosenberg, Einl. und Quellenkunde zur N. Jahrb. f. Philol. 151 (1895) 209 flf. G. röm. Gesch., Berl. 1921, 208.) Bathke, De Botnanonmi bellis serrilibus capita ') Vgl. J. Kromayer in der von L. M. seh'cta, Berl. 190i. Münzer, P\VVI1143ff. Hartmann hrsg. Weltgesch. III, Gotha 1 ■') Florus II 7, 7 nennt vier besiegte 1919, 90. Prätoren.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§29.) 171

indem er Tauromenion, dann Henna eroberte und den Eunus gefangen nahm. Rupilius hat dann eine vollständige Neuordnung Siziliens durchgeführt.

Rom war nicht blind gegen die Gefahr, die in der Abnahme der freien ländlichen Bevölkerung lag. Schon begann taugliches Soldatenmaterial knapp zu werden und es ist bezeichnend, daß Scipio Aemilianus für den numan- tinischen Krieg keine neuen Rekrutierungen vornehmen durfte. Man ver- suchte dem bedrohten Kleinbauerntum aufzuhelfen durch Verordnungen über das Gemeindeland, soweit nämlich darüber verfügt werden konnte, i) Bei der Eroberung Italiens war den besiegten Feinden viel Land abgenommen worden, das entweder an einzelne Bürger oder an ganze Kolonien aufgeteilt oder verkauft bzw. verpachtet wurde. Was übrig blieb, wurde gegen eine mäßige Abgabe den Bürgern und Bundesgenossen und zwar besonders dem Kleinbesitz zur Bebauung und Nutznießung überlassen, als j)OSsessio, wie der technische Ausdruck heißt. Dieses Verfahren sollte dazu beitragen, die Zahl der freien Landbevölkerung zu vermehren. Aber auch dieser Teil des (((/er pubUcus, der Staatsdomäne, geriet größtenteils in den Besitz der Reichen. Um diese Entwicklung einzudämmen, wurde, wahrscheinlich einige Zeit nach dem zweiten punischen Krieg,-) durch Gesetz das erlaubte Maß dieser Pos- sessionen auf 500 Jugera festgesetzt. Aber das betreffende Gesetz wurde bald außer acht gelassen, da gerade die herrschenden Stände aus dem un- sozialen Treiben ihren Vorteil zogen. Unter diesen Umständen war der Rück- gang der freien Kleinbauernschaft und damit zugleich des kriegstüchtigsten Elementes der Nation unvermeidlich, während die städtische Bevölkerung Roms, und zwar sowohl der Mittelstand als auch das Proletariat, zunahm.

Im Interesse des schwer bedrohten Bauernstandes versuchte C. Laelius {Konsul 140 V. Chr.), der Freund des Scipio Aemilianus, eine Erneuerung des Ackergesetzes, wich aber dann vor der Opposition seiner Standesgenossen im Senat zurück, ein Opjaortunismus, der dem bekehrten Reformer den Bei- namen Sapiens eintrug. Doch damit war das Problem nicht aus der Welt geschafft; die senatsfeindliche Demokratie griff es auf und erzwang eine Entscheidung.

Obwohl diese Partei seit Catos Tod (149 v.Chr.) keinen namhaften Ver- treter besaß, hatte sie doch Fortschritte zu verzeichnen, so die Einführung der schriftlichen statt der mündlichen Abstimmung bei den Wahlen und den Volksgerichten durch die leges tabellariae, Gesetze der Volkstribunen Q. Gabinius (139 v. Chr.) und L. Cassius (137 v. Chr.). Demokratischen Geist atmet auch der übrigens von C. Laelius und anderen Optimaten vereitelte Versuch des Tribunen vom Jahr 145 v. Chr. C. Licinius Crassus, die Be- stellung der Priester statt der herkömmlichen Kooptation von selten der einzelnen Kollegien den Komitien zu übertragen. Aber ein Programm und einen Führer erhielt die demokratische Bewegung erst, als Ti. Sempronius

^)Appianb.civ.I7. PlutarchTi.Gracch.8. des Ullsteinverlags I 454 und bei Gekcke-

2) Über die Zeit dieses Gesetzes, das ge- j Nokden, Einl. in die Altertumswiss. III^

wohnlich zu den licinisch-sextischen vom 1 479 datiert das Gesetz ins J. 196 v. Chr.,

J. 3P>7 V. Chr. gerechnet wird (oben S. 64 j in welchem Jahr allerdings ein Licinier

A. 4), vgl. Niese, Hermes XXIII (1888) 410 if. Sie läf3t sich nur annähernd be- stimmen. K. J. Neümann in der Weltgesch.

Volkstribun war. Gegen die Hj^pothese Neümänns erklärt sich M. Gelzer, Die Nobilität der röm. Eepublik, 1912, 16.

172 Römische Geschichte.

Gracchus, für das Jahr 133 v. Chr. zum Volkstribun gewählt, sich des not- leidenden Landvolks erbarmte.

Ti. Gracchus entstammte einem der angesehensten Häuser der plebeischen Nobilität; sein gleichnamiger Vater hat zweimal, 177 und 163 v. Chr., das Konsulat bekleidet, zwei Triumphe gefeiert, die Zensur (im Jahr KiO) ver- waltet und besonders in der auswärtigen Politik eine Eolle gespielt; seine Mutter war Cornelia, die jüngste Tochter des älteren Africanus, eine der edelsten Frauengestalten Roms und die erste, in deren Seele uns einige Briefzeilen einen Blick tun lassen. Nach dem Tod des Gatten widmete sich die hochgebildete und hochgesinnte Frau, die als Witwe die Hand eines Ptolemäers (wohl des Ptolemaios VHI Physkon) ausgeschlagen haben soll, ganz der Erziehung ihrer Kinder, von denen nur drei, Tiberius, Sempronia, die nachmalige Gattin des P. Scipio Aemilianus, und Gaius zu Jahren kamen. Als Lehrer und Ratgeber ihres Altesten wirkten zwei Träger griechischer Bildung, der Rhetor Diophanes von Mytilene und der Stoiker C. Blossius von Kyme. Im Staats- und Kriegsdienst tat sich Tiberius mehrfach hervor; als Quästor des Konsuls Hostilius Mancinus hatte er den rettenden Vertrag mit den Numantinern (S. 160) vermittelt und mitbeschworen, aber dann in Rom sein Wort nicht einlösen können, eine politische und mehr noch mora- lische Niederlage, die den Bruch mit der Senatsmajorität, zu der auch sein Schwager Aemilianus gehörte, einleitete und ihm den Entschluß erleichterte, ohne Rücksicht auf seine Kaste sich der Sache des Volkes anzunehmen. Zum Volkstribun gewählt, erneuerte er, unter dem Beirat erfahrener Ge- sinnungsgenossen, nämlich seines Schwiegervaters Ap. Claudius und der beiden Brüder P. Mucius Scaevola und P. Crassus Mucianus das Gesetz, das als Höchstmaß des in Nießbrauch genommenen uger puhUcus 500 int/era (Morgen) für den einzelnen possessor bestimmte mit dem Zusatz, daß für zwei erwachsene Söhne je noch weitere 250 iugera freigegeben sein sollten, so daß also das Maximum für eine Familie 1000 iugera (über 250 ha) be- trug. Die gesetzlich zulässigen 500 bzw. 1000 iugera sollten in das volle Privateigentum der bisherigen Nutznießer übergehen, weitere Possessionen unterbleiben. Für Betriebseinrichtungen und Meliorationen, die auf dem über das Höchstmaß hinausgehenden und deshalb einzuziehenden Domanialland getroffen w^aren, scheinen zunächst Entschädigungen in Aussicht gestellt worden zu sein. Der in Kraft dieses Gesetzes zu konfiszierende Teil des ager publicus sollte an arme Bürger gegen eine geringe jährliche Abgabe als unveräußerliches Eigentum (gewissermaßen auf Erbpacht) in Parzellen zu je 30 iugera aufgeteilt werden. Mit diesem keineswegs radikalen Gesetzes- vorschlag fand Gracchus beim Volk den stärksten Anklang, stieß aber zu- gleich auf den erbitterten Widerstand der herrschenden Klasse, in deren Interesse sein Kollege M. Octavius in der Volksversammlung hartnäckigen Einspruch erhob; um trotzdem die Abstimmung zu ermöglichen, ließ Gracchus schließlich den Widerspenstigen durch das Volk seines Amtes entsetzen, worauf das Ackergesetz in verschärfter Form durchging. Mit seiner Aus- führung wurde ein alljährlich neu zu wählendes Kollegium von drei Männern, III riri agris dandis adsignandis iudicandi.s betraut. Gewählt wurden in diese Ackerkommission Tiberius, sein Bruder Gaius und sein Schwiegervater

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v.Chr.). 29.) 173

Ap. Claudius. Sie hatten die Aufgabe, den Umfang des arjer puhUcus und seine vielfach unsicheren Grenzen zu bestimmen, in Streitfällen die Juris- diktion zu üben, den gesetzwidrigen Überschuß an Domanialland einzuziehen und den Bedürftigen zuzuweisen. Man ging sofort an die Ausführung des Gesetzes, die Tiberius durch das damals an Rom fallende pergamenische Erbe (S. 168) zu fördern gedachte. Im Kampf um das Ackergesetz hatte sich der Gegensatz der Parteien sehr verschärft, besonders durch die höchst anfechtbare Amtsentsetzung des Tribunen Octavius.^) Hatte Gracchus bereits diesen Schritt mit der nicht so sehr römischen als vielmehr griechischen Tlieorie der absoluten Volkssouveränität zu rechtfertigen gesucht, so ging er auf dieser Bahn weiter, indem er dem Volk auch die Verfügung über das Vermögen des letzten pergamenischen Königs vindizierte und beantragte, daß es zu Beschaffungsbeihilfen für das nötige Inventar an die Inhaber der neuen Bauernhufen verwendet v/erde. Dieser Eingriff in die längst zum Gewohnheitsrecht gewordene Finanzverwaltung des Senats entfesselte einen Kompetenzstreit, der den Antritt der Erbschaft verzögerte (S. 168). Aber noch einen dritten bedenklichen Schritt wagte der revolutionäre Tribun; da seine Widersacher ihn sofort nach Ablauf der Amtszeit zur gerichtlichen Verantwortung zu ziehen und damit seine Agrarreform zu gefährden drohten, so bewarb er sich, um seine Person und sein Werk sicher zu stellen, auch für das nächste Jahr um das Volkstribunat, indem er zugleich weitere popu- läre Anträge verhieß. 2) Gegen die beabsichtigte unmittelbare Wiederwahl, die dem Herkommen und dem Geist der Verfassung zuwiderlief, setzten seine Feinde alle Hebel in Bewegung. Sie bezichtigten den Tiberius des Strebens nach der Monarchie und bereiteten einen Gewaltakt vor, worauf der Tribun Gegenmaßnahmen zur Verteidigung traf; da aber die Mehrzahl seiner Gefolgschaft nach Annahme des Ackergesetzes auf die ländliche Scholle zurückgekehrt war, so besaß er in Rom nicht mehr, wie zuvor, das Übergewicht. Bei der Wahlhandlung auf dem Kapitol spielten sich höchst turbulente Szenen ab und schließlich wurde Gracchus von rasenden Senatoren, an deren Spitze sich der Pontifex maximus P. Cornelius Scipio Nasica Serapio gestellt hatte, erschlagen. Gegen die Anhänger des Toten eröffneten die Konsuln des nächsten Jahres ein summarisches Ausnahmeverfahren.

Aber die Gesetze des Ti. Gracchus blieben zunächst unangetastet und die Ackerverteilung, bei der auch ein Gegner des Tribunen mithalf, 3) nahm

^) Die ahrogatio des Tribunen ist völlig j dehnung des Provokationsrechtes und verschieden beurteilt worden. Nach Nie- | Übertragung der Gerichte vom Senat auf BUHR, Vorträge über röm. Gesch. II, 1847, | die Ritter. Plut. Ti. Gracch. 16, 1. Cass. 279, handelte Ti. Gracchus „gegen den Dio fr. 83, 7. Macrob. III 14, 6 f. Nach Buchstaben, aber im Geist derVerfassung". Velleius II 2, 3 hätte Gracchus „ganz Ita- Als „Revolution gegen den Geist und 1 lien" das Vollbürgerrecht versprochen, gegen den Buchstaben der Verfassung" ^) Grenzsteine der Kommissionen haben bezeichnet Mommsen in der Röm. Gesch. \ sich erhalten. CIL I^ 689 ff. ILS nr. 24 ff. 11^ 95 den Akt, während seine spätere, In einer Inschrift des p. Popilius Laenas, imRöm. Staatsrecht 1^630 vertretene Auf- Konsuls von 132 v. Chr. (CIL I^ 638. ILS fassung sich auf die Formel „gegen den I nr. 23) rühmt sich selbst dieser Wider- Geist, aber nicht gegen den Buchstaben | sacher des Ti. Gracchus, der auch die der Verfassung" bringen läßt. Vgl. R. ; Untersuchunggegen die Gracchaner leitete

V. PöHLMANN a. S. 178 a. 0. 143 ff. und E. Stern a. S. 178 a. 0. 248 ff. ") Erwähnt werden Anträge auf Aus-

(Cicero Lael. 37) : 2)rimus fecei, ut de agro poplico aratoribus cederent imastores.

174 Römische Geschichte.

iliren freilich durch große Schwierigkeiten gehemmten Fortgang. Zu neuen Konflikten kam es, als die Triumvirn M. Fulvius Flaccus und C. Papirius Carbo im Jahre 131 v. Chr. das Ackergesetz auch auf das von den italischen Bundesgenossen okkupierte Domanialland anwenden wollten. Die Bundes- genossen fanden an Scipio Aemilianus einen Kückhait. Scipio war 132 v.Chr. aus Spanien zurückgekehrt, und obschon er gegen die Notwendigkeit von Reformen nicht blind sein mochte,') mif^billigte er doch das revolutionäre Ungestüm seines Schwagers, ja hieß sogar dessen Ermordung gut. Jetzt warf er sich zum Anwalt der in ihrem Besitz bedrohten italischen Bundes- genossen auf und erwirkte 129 v. Chr. einen Volksbeschluß, der den Triumvirn ihre wichtigste Kompetenz, die Gerichtsbarkeit über strittiges Land, entzog, die nun dem Konsul C. Sempronius Tuditanus übertragen wurde. Der neue Gerichtsherr zog bald darauf gegen die lUyrier ins Feld und so geriet die Durchführung der Ackergesetze immer mehr ins Stocken. Scipio hatte sich durch seine antidemokratische Haltung viele Feinde gemacht und als er mitten in der Konfliktszeit im Alter von 56 Jahren plötzlich verstarb, mun- kelte man von Meuchelmord; auch C. Gracchus und Fulvius Flaccus, ja sogar seine Gattin Sempronia und deren Mutter Cornelia wurden der Tat verdächtigt.^) Die Trauer um den großen Mann, den größten seiner Zeit, war allgemein und übertönte für den Augenblick den Lärm des Parteikampfes.

Die Reformbewegung zog weitere Kreise und griff auf die italischen Bundesgenossen über. Um diese zu gewinnen, machte der Gracchaner Fulvius Flaccus (Konsul 125 v.Chr.) den Vorschlag, sie in die römische Bürgerschaft aufzunehmen oder ihnen wenigstens das Recht der Provokation zu verleihen. Man dachte ferner daran, römische Bürger außerhalb Italiens anzusiedeln und mit Land zu versorgen. Flaccus mußte bald darauf Rom verlassen, um gegen die Ligurer zu kämpfen. Aber das Fiasko der Bestrebungen des demokratischen Konsuls brachte die Italiker in Wallung, Asculum (Picenum) imd Fregellae am Liris revoltierten offen gegen Rom. Das abtrünnige Fre- gellae, eine der bedeutendsten latinischen Gemeinden, wurde von dem Heer des Prätors L. Opimius zerstört. Auf dem Gebiet von Fregellae, soweit es nicht den Nachbarn zufiel, wurde im folgenden Jahr die Kolonie Fabrateria nova angelegt.

In dem Jahrzehnt seit dem Tod des Ti. Gracchus hatte im wesentlichen die Reaktion das Feld behauptet; das Blatt wandte sich, als der neun Jahre jüngere Bruder Gaius im Jahr 123 v. Chr. als Volkstribun die politische Arena betrat in dem Entschluß, Vendetta für den Mord des Bruders zu üben und dessen Werk weiterzuführen. Gaius war eine dämonische Natur, auch er nicht frei von schwärmerischer Ideologie, aber an leidenschaftlichem Macht- willen und hinreißender Beredsamkeit dem Älteren noch überlegen. Nach

*) Über seine politische Eichtung ist Münze genommen werden,

wenig bekannt; ergalt als Volksfreund i 2) ygijyiüjfzER, PWIVI458f. E.v. Stern

(Plut. Aemil.38), war aber mit der Acker- a. S. lt8 a. 0. 268, 1. Die antike Tradition

gesetzgebung nicht einverstanden. Im zieht alle Möglichkeiten in Betracht, sogar

ganzen mag er ähnlich gedacht haben den Selbstmord. Ein natürlicher Tod ist

wie Polybios. Die Aufserungen, die ihm i keineswegs ausgeschlossen, läßt sich aber

Cicero in den Büchern de re publica in sowenig beweisen, wie das Gegenteil,

den Mund legt, dürfen nicht für bare !

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§29.) 175

dem tragischen Ende des edlen Bruders hatte sich Gaius mit Rücksicht auf seine Jugend zunächst zurückhalten müssen, um erst allmählich in seine Rolle hineinzuwachsen. Zwei Jahre, 126/25 v.Chr., bekleidete er in Sardinien die Quästur. Nach seiner eigenmächtigen Rückkehr wurde er für das Jahr 123 trotz dem Widerstand der Senatspartei zum Volkstribun gewählt. Er er- öffnete seine Tätigkeit mit einem Antrag, der die auf Anregung des Senats von den Konsuln gebildeten außerordentlichen Gerichtskommissionen mit rückwirkender Kraft als ungesetzlich brandmarkte, was auf das Ausnahme- verfahren gegen die Gracchaner nach dem Tod des Tiberius gemünzt war. In einer Rede de legibus promulgatis stellte dann Gaius ein umfassendes Reformprogramm auf.^) Vorj seinen Gesetzen scheint die lex agraria eine verbesserte und ergänzende Redaktion des Ackergesetzes des Tiberius ge- bracht zu haben.-) Aber nicht nur für das Landvolk, wie sein Bruder, sondern auch für das hauptstädtische Proletariat wollte Gaius sorgen und zwar durch eine lex frumentaria, die nach griechischem Muster^) den Bürgern Brotkorn zu billigem Preis verschaffte und dadurch die Staatskasse erheb- lich belastete. Seine lex ■inilitaris beschränkte die Strafgewalt der Heerführer und gewährte den gemeinen Soldaten Erleichterungen und Vorteile, Von größter politischer Tragweite war das Richtergesetz {lex iudiciaria), das die Macht des Senats, der bisher alle wichtigeren Gerichtshöfe, besonders die für Repetundenprozesse zuständigen Quaestionen, mit seinen Mitgliedern be- setzt hatte, stark beschränkte; die senatorischen Richter hatten sich in letzter Zeit durch einige anstößige Freisprechungen hochgestellter Angeklagter dis- kreditiert, und nach heftigen Kämpfen ging der Antrag des Gracchus durch, der die senatorischen Richter zum mindesten von den Repetundenprozessen ganz ausschloß und durch Ritter ersetzte, d.h. durch die Vertreter der be- güterten Bürgerschaft, die nach der Censusordnung die achtzehn Ritter- centurien ausmachten. Vorbereitet war dieses Gesetz bereits durch ein anderes, das die Zusammensetzung der Rittercenturion modifizierte.^) Diese Ritter- centurien hatten ihre militärische Bedeutung längst eingebüßt und waren die Stimmabteilungen der höchsten und reichsten Schicht der Bürgerschaft, vor allem der Senatoren geworden. Jenes Gesetz aber entzog den Senatoren mit dem Ritterpferd auch die Zugehörigkeit zu den Rittercenturien. Da seit- dem kein Senator mehr Ritter sein durfte, so bildeten nunmehr die Ritter einen besonderen Stand im Staat, den zweiten neben dem ersten der Senatoren. Den Ritterstand als politischen Faktor gegen den Senat auszuspielen, das war die Absicht, die C. Gracchus mit dem Richtergesetz verfolgte.^)

') Die Mehrzahl der Forscher setzt diese \ Bezug. Eede erst in das zweite Tribunat; dagegen ^) Vgl. die Inschrift von Samos, ver-

E. V. Stern a. S. 178 a. 0. 274 f. Auch die i öffentlicht von U. v. Wilamowitz und Th, Verteilung der einzelnen Gesetze des C. | Wiegand, Sitz.ber. der Berl. Akad. 1904,

917 ff. H. Francotte, Mt'langes Nicole 133.

■*) Dieses Gesetz scheint nach Cicero de

rep. IV 2 bald nach 129 v. Chr. gegeben

Gracchus auf die beiden Tribunatsjahre ist kontrovers. Die antiken Zeugnisse finden sich bei Plutarch C. Gr. 5 ff. Appiau bell. civ. 121 f!L. Diodor fr. XXXIV XXXV zu sein, kann aber auch älter gewesen

20, Velleius II 6, die moderne Literatur s. unten S. 178.

^) Die lex agraria vom J. 111 v. Chr. (CIL I- nr. 585 = Brüns' nr. 11) nimmt nämlich nur auf das Gesetz des Gaius

sein (S. 173A. 2). Denkbar ist auch, daß es einen Teil des gracchischen Kichter- gesetzes ausmachte.

^) In betreff des Inhalts des Richter- gesetzes schwankt die Überlieferung. Nach

176 Römische Geschichte.

Mit Vorliebe nahm Gaius die Ausführung seiner Gesetze in eigene Regie, was seine Macht nicht wenig hob. Die Tatkraft, mit der er in die ver- schiedenen Verwaltungszweige eingriff er hat sogar Straßen gebaut und Kornspeicher errichtet imponierte auch den Gegnern im Senat, der sich zur Mitarbeit entschließen mußte. Von nachhaltiger Wirkung war das Gesetz des Gaius über die Konsularprovinzen, demzufolge der Senat bereits vor der Konsulwahl zu bestimmen hatte, welche Provinzen den zukünftigen, also noch unbekannten Konsuln als Wirkungskreis zugewiesen werden sollten. Manche der Gesetze des Tribunen machten große laufende Ausgaben not- wendig und so hat Gaius auch der Finanzgebarung sein Augenmerk zu- gewendet. Er erhöhte die Zölle und zog vor allem die Provinzen heran. In diesen Zusammenhang gehört die damals zum Abschluß gelangte Neu- ordnung der Provinz Asia.i) Wie schon bemerkt (S. 168), legte er der neuen Provinz einen Zehnten auf, der mit den übrigen Gefällen durch die römi- schen Steuerpächter erhoben werden sollte, eine Einrichtung, die in der Folge auch für andere Provinzen getroffen wurde. Der römischen Geschäfts- welt, die sich vor allem aus dem Bitterstand rekrutierte, wurden dadurch große Vorteile zugewendet; die Provinzialen aber erniedrigte das gracchische Gesetz zum Ausbeutungsobjekt der skrupellosen römischen Kapitalisten und ihrer Organe.

Der Tribun hatte eine so überragende Stellung erlangt, daß er auch für das nächste Jahr, offenbar ohne sich überhaupt beworben zu haben, wieder- gewählt wurde. Die Kontinuierung des Amtes war inzwischen durch ein Gesetz gestattet worden. 2) In seinem zweiten Tribunat befürwortete Gaius die Gründung neuer Kolonien, besonders in Capua und Tarent:^) noch wich- tiger war die Wiederaufnahme des Antrags des Fulvius Flaccus, den Italikern, namentlich den Latinern, das römische Bürgerrecht zugänglich zu machen. Zum erstenmal wurde auf Vorschlag des Tribunen Rubrius die Anlage einer außeritalischen Kolonie und zwar auf afrikanischem Boden beschlossen.^) Der Zufall des Loses betraute mit dieser Aufgabe den Gaius selbst, der die Kolonie auf der bisher verfehmten Stätte Karthagos ansiedelte und Junonia benannte. Der Senat änderte nunmehr seine Taktik; in unlauterem Wettbewerb suchte er den Tribunen zu übertrumpfen und beim Volk aus- zustechen. Ein Kollege des Gracchus, der vornehme und angesehene M.Livius

Appian hell. civ. 1 22 und Diodor fr.XXXI V/V 25 wären die Senatoren als Richter über- haupt ausgeschaltet worden. Nach Plut-

') Auf Asia bezieht sich wohl auch die lex Aufeia, gegen die C. Gracchus in einer Rede sich wandte (Gellius N. A. XI 10).

arch C. Gr. 5, 1 hätte C. Gracchus die Ge- j '^) Nach 131 v. Chr., in welchem Jahr schworenenschaft aus 300 Senatoren und i eine dahin gehende Rogation des Papirius ebensoviel Rittern gebildet, während Li- Garbo am Einspruch des Scipio Aemilianus vius per. 60 die Zahl der betreffenden gescheitert war. Cic. Lael. 1>G. Liv. per. 59. Ritter mit 600 angibt. In dem Repetunden- ^) Tarent wurde tatsächlich römische gesetz des M.' Acilius Glabrio vom J. 123 Kolonie und heifst als solche Neptunia. oder eher 122 v. Chr. (CIL I^ nr. 583 = Aufserdem wurde in Unteritalien Minervia Bruns'^ nr. 10) werden 450 Richter vor- 1 an Stelle von Skylletion (Scolacium) an- geschrieben, von denen keiner Senator gelegt. Velleius I 15, 4. Marqüakdt, Rom.

oder Sohn eines Senators sein darf. Dafs aber die Geschworenenschaft für alle Gerichte lediglich aus Rittern bestanden habe und Senatoren nirgends mehr als Richter fungierten, ist eine Übertreibung,

Staatsverw. I'^ 39.

") Nach Velleius II, 6, 3. 7, 7 hat C. Grac- chus noch weitere Kolonien außerhalb Italiens angelegt oder geplant.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§29.) 177

Drusus, gab sich zum Werkzeug dieser heuchlerischen Pohtik her und bluifte die urteilslose Menge, indem er gleich ein ganzes Dutzend Kolonien be- antragte. So wurde dem Gaius, dessen fast monarchische Machtfülle vielen ein Dorn im Auge war, die zelmwöchige Abwesenheit in Afrika zum Ver- hängnis; bei seiner Eückkehr nach Eom fand er die Lage zu seinen Un- gunsten verschoben. Auf der Tagesordnung stand die Abstimmung über die noch unerledigten Anträge,^) besonders über die Aufnahme der italischen Bundesgenossen in die Bürgerschaft, weshalb viele Italiker nach der Haupt- stadt strömten. Aber nun schlug sich ein früherer Freund des Tribunen, der Konsul C. Fannius, dem Gaius zum Konsulat verholfen hatte, auf die Seite des Senats und wies die Bundesgenossen aus, ohne daß ihr Protektor sie zu schützen vermochte; die Abstimmung wurde durch den Einspruch des Tribunen Livius Drusus vereitelt. Auch mit seinen übrigen Kollegen überwarf sich Gaius. Er wurde nicht wiedergewählt, wohl aber wurde einer seiner erbittertsten Widersacher, der ausgesprochene Reaktionär L. Opimius, Konsul. Gleich nach dessen Amtsantritt (121 v. Chr.) begannen die Opti- maten den Angriff auf einige der gracchischen Gesetze, die kassiert werden sollten; auch die Gründung von Junonia sollte rückgängig gemacht werden, wofür schlimme Zeichen den Vorwand liefern mußten. C. Gracchus und seine Anhänger, unter denen Fulvius Flaccus das treibende Element war, be- schlossen, den Kampf um Sein oder Nichtsein aufzunehmen. Aber auch Opimius rüstete. An dem zur Abstimmung über das Schicksal von Junonia festgesetzten Tag wurde ein Bürger von den Gracchanern erschlagen; unter dem Eindruck dieses blutigen Zwischenfalls übertrug der Senat dem Konsul Opimius diskretionäre Gewalt.^) Der Konsul rief die Bürgerschaft unter die Waffen. Die Gracchaner hatten den Aventin besetzt; nach ergebnislosem Parlamentieren befahl der Konsul den Sturm auf den Aventin, wobei auch kretische Bogenschützen unter D. Brutus eingesetzt wurden. Die Leute des Gracchus wurden zersprengt; er selbst, auf dessen Kopf ein Preis gesetzt war, ließ sich auf der Flucht von einem treuen Sklaven den Todesstoß geben; auch Fulvius Flaccus fand sein Ende. Die Reaktion hatte gewonnenes Spiel: an 3000 Gracchaner sollen in der Folge durch Sondergerichte zum Tod verurteilt worden sein. Die mit Bürgerblut befleckte Stadt, in der die Ruhe eines Friedhofs herrschte, wurde feierlich entsühnt und Opimius weihte der Concordia einen Tempel.

Von den Gesetzen des C. Gracchus blieben die wichtigsten, das Richter- und Ackergesetz, in Kraft. Die Kolonie Junonia wurde aufgehoben, doch beließ man den Kolonisten ihr Land; zum Ersatz für Junonia ging im Jahr 118 V. Chr. eine andere Kolonie außer Landes, in die neue gallische Provinz nach Narbo. Die Ackergesetze wurden in Bälde stark modifiziert; zuerst

') Vielleicht gehört dazu auch der nur von Sallust ad Caesarem senem de re publ. II 8, 1 erwähnte Antrag, das Vorstimm- recht der ersten Steuerklasse bei den Centuriatkomitien aufzuheben.

capiat. Dieser Senatsauftrag verlieh dik- tatorische Befugnisse; die so geschaffene Quasidiktatur entspricht etwa der Ver- hängung des Belagerungszustandes. Ge- faßt hat der Senat einen solchen Beschluß

^) Durch das sog. senatus consultum nlfi- I zum erstenmal im J. 133 gegen Ti. Grac- mum, dessen Formel ursprünglich lautet i chus, jedoch damals ohne praktische Wir- uti consules rempublicam defendant, später i kung. Vgl. G. Plaumänn, Klio XIII, 1913, videant consules ne quid respubJica detrimenti j 321 ff.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft, IH, 5. 6. Anfl. 12

178 Römische Geschichte.

kam die Unveräufscrlichkeit der durch Assignation geschaffenen Bauernhufen in Wegfall; dann wurde durch die lex Tlioria^) weitere Assignation verboten und den derzeitigen poasessorcs ihr Anteil am ar/er pxblicus als Eigentum gegen eine regelmäßige Abgabe zugesprochen. Unter Verzicht auf diese Ab- gabe erklärte schließlich ein drittes Gesetz, etwa aus dem Jahr 111 v.Chr., sowohl das assignierte wie das okkupierte Domanialland für volles Privat- eigentum.-) Dabei hatte es bis auf weiteres sein Bewenden. Indem die Gracchen den bedrohten Kleinbauernstand schützten und mehrten, haben sie in wirtschaftlicher und bevölkerungspolitischer Hinsicht .segensreich ge- wirkt.^) Jedoch ein durchschlagender und dauerhafter Erfolg blieb den vom besten Willen beseelten Brüdern versagt. Dadurch aber, daß sie ihre wohl- gemeinte Sozialreform mit revolutionären Mitteln durchzusetzen suchten, haben sie Geister gerufen, die erst nach einem Jahrhundert und nachdem Ströme von Bürgerblut geflossen waren, sich wieder bannen ließen. Es war ein verhängnisvoller Irrtum, wenn sie glaubten, die auf dem Boden der griechischen Polis gewachsene demokratische Theorie für Rom in die Praxis umsetzen zu können. Wohl hat C. Gracchus den Kitterstand in den Sattel gehoben; aber der von ihm vermittelte Bund zwischen den kapitalkräftigen Rittern und dem hauptstädtischen Proletariat mit der gemeinsamen Front gegen den Senat konnte nicht von Bestand sein. Senatoren und Ritter haben gemeinsam gegen die Gracchaner die Waffen erhoben, als Konsul Opimius sie rief. Daß dieser Konsul sofort nach Ablauf seiner Amtszeit, wenngleich ohne Erfolg, in Anklagezustand versetzt werden konnte, ist ein Beweis dafür, daß die demokratische Partei die Katastrophe ihres größten Führers überlebt hatte. In weiten Schichten der Bevölkerung blieb eine tiefe Er- bitterung zurück über das brutale Vorgehen der Reaktion gegen die Gracchen und ihren Anhang.

Literatur: K. W. Nitzsch, Die Gracchen und ihre nächsten Vorgänger, Berlin 1847. C. Neumann, Geschichte Roms während des Verfalles der Republik, hrsg. von E. GoTHEiN, I, Breslau 1881. W. G. C. Bijvanck, Studia in TL GraccJii historiam. Leiden 1879. Ed. Meyer, Untersuchungen zur Geschichte der Gracchen, Kleine Schriften. Halle a/S. 1910 [1891] 381 ff. H. Klimke, Beiträge zur Geschichte der Gracchen, Px'ogr. Sagan 1893. E. Koknemänn, Zur Geschichte der Gracchenzeit, Klio, 1. Bei- heft 1903. R. V. PöHLMANN, Tiberius Gracchus als Sozialreformer, Aus Altertum und Gegenwart, Neue Folge, München 1911. 118 ff. W. Judeich, Die Gesetze des Gaius Gracchus, Hist. Zeitschr. 111, 3. F. 15, 1913, 473 ff. E. v. Stern, Zur Beurteilung der politischen Wirksamkeit des Tiberius und Gaius Gracchus, Hermes 56, 1921, 229 tf.

30. Auswärtige Kriege. Die Kriege dieser Zeit sind zwar militärisch nicht von besonderer Bedeutung, hielten aber doch die Römer fast ohne

M Appian bell. civ. I 27. Cic. de orat. ten, die lex Thoria.

II 284. Brut. 136. Das Gesetz wird von , *) Die überlieferten Zensuszahlen zeigen

MoMMSEN ins J. 119, von C. Neumann und j zwischen 131 und 125 v. Chr. ein starkes

Kornemann ins J. 114 v. Chr. datiert. Vgl. j Anschwellen der Bürgerschaft: 136 v.Chr.

R. Maschke, Zur Theorie und Gesch. der 317933 Köpfe, 131 v.Chr. 318823. 125 v.Chr.

röm. Agrargesetze, Tübingen 1906. 84 ff. ' 394736, 115 v.Chr. 394336 (Liv. per. 56.

'-) Appian a. a. 0. Vgl. Mommsen zu CIL 59. 60. 63). Viele Tausende von bisherigen I' nr. 200 ( -^ CIL I^ nr. 585 und Bruns' I Proletariern waren durch die Assiguatio- nr. 11). sowie Ges. Sehr. I 68 ff. Die ge- neu mit Land versorgt worden und konn- nannte Inschrift gibt wahrscheinlich den [ ten also in die Censuslisten eingetragen fragmentierton Wortlaut jenes dritten Ge- werden, in denen sie bisher nicht geführt setzes (vom J. 111) wieder und nicht, wie wurden. Vgl. E. v. Stern a. unten a. 0.244 f. schon SiGONius und später Rudorff glaub-

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). {% f^^l) 179

Pause in Atem, da fast immer an irgendeiner Stelle des großen Reiches gekämpft werden mußte. In Italien gab die Nachbarschaft unabhängiger Stämme in den Alpen und im nahen Illyrien Anlaß zu wiederholten Kämpfen. Nach Norden hin scheint das Verhältnis zu den Alpenvölkern überwiegend friedlich gewesen zu sein, ein starker Verkehr muß sich in das Alpengebiet hinein erstreckt haben, i) doch kam es auch hier zu Störungen der Ruhe. 143 V. Chr. führte der Konsul Ap. Claudius Pulcher Krieg gegen die Salasser (beim heutigen Aosta im Tal der Dora Baltea), die einträgliche Gold- wäschereien besaßen, 118/17 v. Chr. Q. Marcius Rex gegen die ligurischen Stöner westlich vom Comersee, 115 v. Chr. M. Aemilius Scaurus gegen die Karner (in Kärnten), Taurisker und andere keltische Völker der Ostalpen. Für die römischen Feldherren boten diese Kriege mitunter eine willkommene Gelegenheit, Beute zu machen und billige Triumphe zu verdienen. Die Li- gurer an der italischen Seite der Alpen hatte Rom allmählich unterworfen und zu dienstpflichtigen Bundesgenossen gemacht. 2) Die Durchdringung und Erschließung des nördlichen Italiens wird durch folgende Straßenbauten illustriert: die via Postum ia, die der Konsul Sp. Postumius 1-18 v. Chr. von Genua nach Cremona, vielleicht sogar bis Aquileia führte, und die via AemiUa, die von Pisa über Genua an der Küste bis nachVada Sabatia und von da über den Appennin bis Dertona ging, ein Werk des Zensors M. Aemilius Scaurus (109 v.Chr.). 2) Kriege mußten im nördlichen Illyrien geführt werden, 129 V. Chr. gegen die Istrer, Japuden und vielleicht auch Taurisker,*) 119 117 V. Chr. gegen Japuden und Dalmater. Von den kriegerischen und un- ruhigen Nachbarn der Provinz Makedonien, von Thrakern, Illyriern und Kelten, erlitten die römischen Prätoren nicht selten ernste Niederlagen. Schon 141 v. Chr. wurde mit den Skordiskern an der Save unglücklich ge- kämpft; andere Kriege werden 135 und 117 v. Chr. erwähnt.^) Auch auf Sardinien gab es noch immer keinen dauernden Frieden, so kämpften dort z.B. die Konsuln L. Aurelius Orestes (126— 123 v. Chr.)^) und M. Caecihus Metellus (115 112 v. Chr.); nur die Küste war in sicherem Besitz der Römer. Erwähnenswert ist die Unterwerfung der Balearen durch Q. Caecilius Metellus (123 und 122 v. Chr.).') Die Inseln wurden künftig vom diesseitigen Spanien aus verwaltet und auf der größeren (Mallorca) mit römischen Kolonisten aus Spanien die Städte Palma und Pollentia gegründet.**)

1) Polybios bei Strabo IV 207 berichtet, (1908) 321 ff.

daß die norischen Taurisker eine Gold- '") Appian Illyr. 10 f. G. Zipfel, Die

miue bei Aquileia kurze Zeit gemeinsam | römische Herrschaft in Illyrien 129 f.

mit Italikern ausbeuteten, dann aber die Livius epit. Oxyrh. 54 (vgl. S. 8 A. 2). E.

Fremdlinge verjagten, um sich das Mono- KoRNEMANN,Klio, 2. Beiheft 1904, 61. 93. Aus

pol zu sichern. | dem Ehrendekret für M. Annius SIG 11^

^) Vgl. den Schiedsspruch der Minucier j nr. 700 ergibt sich, daß iui J. 117 v. Chr.

zwischen Genuaten und Veituriern von unter dem Prätor Sex. Pompeius Make-

117 V. Chr. CIL I^ 584. ILS II nr. 5946. donien von GalHern und Mädern auge-

3) Strabo V 217. CIL V 2, 827 f. griffen wurde.

■*) Durch den Konsul C. Semprouius ^) Orestes triumphiert nach den Trium-

Tuditanus. Von einer Ehreninschrift aus , phalakten am 8. Dezember 122 v. Chi'.

Aquileia, die aus diesem Anlaß dem Kon- CIL I^ p. 49. 176.

sul gesetzt wurde, sind Reste gefunden. ■") Metellus triumphiert 121 v. Chr.

A. V. Premerstein, Österr. Jahreshefte 10 j ^) Strabo III 167 f. Diodor V 17.

(1907) 264 ff. BücHELER, Ehein. Mus. 63 |

12*

]^8Q Römische Geschichte.

Folgenreicher wurde der Krieg gegen die westlichen Ligurer. Diese be- unruhigten oft das Gebiet Massalias, das die Küste etwa von Monaco bis nahe an die Pyrenäen umfaßte; sclion 154 v. Chr. hatten die Kömer zum Schutz ihrer Verbündeten einen Feldzug gegen die ligurischen Dekieten und Oxybier unternommen und sie zur Unterwerfung genötigt. Aus ähnlichem Anlaß kam es 125 v. Chr. zu einem Krieg gegen die Sallyer (Salluvier) und Vokontier, der in den Jahren 125 und 124 v. Chr. von M. Fulvius Flaccus, 128 und 122 v.Chr. von C. Sextius Calvinus geführt wurde. ^) Die Sallyer wurden zurückgedrängt; ein Teil ihres Gebiets fiel an die Massalioten. 122 v. Chr. wurde in dieser Gegend als erste römische Niederlassung das Kastell Äqnae Sextlae angelegt. Der Krieg mit den Ligurern führte zu Verwick- lungen mit den benachbarten Kelten.

Die kriegerischen und reichen Stämme der transalpinischen Kelten, 2) denen die Massalioten bereits ein gewisses Maß griechischer Zivilisation übermittelt hatten, zerfielen in zwei feindliche Gruppen. Damals hatten im südlichen und mittleren Gallien die Arverner die Vormacht, deren Klientel sich von den Pyrenäen bis an den Ozean und den Rhein erstreckte; ihnen standen die Aeduer mit ihrer Partei gegenüber. Im Verlauf des ligurischen Krieges stießen nun die Römer, wie es scheint, zuerst mit den Allobrogern, bei denen der vertriebene König der Sallyer Zuflucht fand, und hierauf mit den Arvernern zusammen. Die Aeduer dagegen schlössen als erste unter allen Transalpinem mit Rom ein für die Zukunft wichtiges Freundschaftsbündnis. Der weitere Verlauf der Ereignisse war etwa folgender: 3) Der Arverner Bituitus, Sohn des mächtigen Luerios, verwendete sich bei den Römern für den verjagten Fürsten der Sallyer, wurde aber abgewiesen, weshalb er die Allobroger gegen die Römer unterstützte; aber die vereinigten Allobroger und Arverner wurden vom Nachfolger des Sextius, von Cn. Domitius Ahenobarbus, Konsul 122 v. Chr., bei Vindalium an der Mündung des Sulgas (Sorgue) in die Rhone geschlagen. Nun bot Bituitus seine ganze Macht auf, während die Römer den Q. Fabius Maximus Aemilianus (Konsul 121 v. Chr.) mit einem neuen Heer nach Gallien schickten mit dem Auftrag, zusammen mit Domitius den Krieg fortzusetzen. Durch Fabius Maximus erlitt Bituitus mit den Allo- brogern an der Mündung der Isere eine vernichtende Niederlage (8. August 121 V. Chr.),^) worauf die Allobroger klein beigaben. Die Beendigung des Krieges fiel dem Domitius zu, der die Arverner zum Frieden zwang, den König Bituitus und dessen Sohn als Gefangene nach Rom sandte und aus den zunächst gelegenen gallischen Stämmen, den Volcae mit der Stadt Tolosa und den Allobrogern, eine neue gallische Provinz bildete; zugleich erbaute er die via Duiitifia von den Pyrenäen bis an die Rhone. Er trium^Dhierte

*) Sextius triumphiert 122 v. Chr. ganger, wie Nachfolger des Fabius Maximus

^) Zuerst hat über sie berichtet Posei- war. Mommsen (II 163) setzt die Schlacht

donios. Vgl. Poseid. fr. 23 ff. (FHGIII 259ff.). an der Isere vor die am Sulgas. Vgl. außer

DiodorV24. StraboIV 195ff. Vgl. Camille den Auszügen aus Livius 61, Oros.VlSf.,

JuLLiAN, Histoire de la Gaule vol. I— III, Eutrop. IV 22, Florus I 37 noch Strabo IV

Paris 1908 f. 185. 191. Velleius 1, 15, 4: II 10, 2. Valer.

^) Die Geschichte des folgenden Krieges Max. IX 6, 3. Diodor XXXIV/XXXV 23.

ist nur dürftig und unsicher überliefert, j Appian Keltik.l2. Steph.Byz. s.v..J/^ot'ö<o(,

Zu beachten ist, daß von den beiden rö- 'Aoöeorm, 'Paßia.

mischen Feldherren Domitius sowohl Vor- 1 ^) Plinius n. h. VII 166.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). 3U.) 181

120 V. Chr.') Schon 118 oder 117 v. Chr. wurde die alte keltische Stadt Narbo mit römischen Bürgern besiedelt, und bald ergoß sich ein Strom italischer Kaufleute und Einwanderer in die neue Provinz. Von hier aus traten die Römer auch mit den übrigen gallischen Stämmen in Verkehr; das Bündnis mit den Aeduern gab ihnen den nötigen Rückhalt.

Entscheidenden Einfluß auf die innere Politik gewann der Krieg gegen den Numider Jugurtha (111 105 v. Chr.), weil während seines Verlaufs die wachsende Korruption der herrsehenden Schicht grell beleuchtet wurde. Das Königreich Numidien umfaßte damals die Küstenlandschaften Nord- afrikas von der Grenze der Kyrenaika bis zum Fluß Muluccha mit Aus- schluß der Provinz Afrika; es war das Reich des Masinissa. Dieser Fürst hatte sich um sein Land und Volk große Verdienste erworben,^) den Acker- bau gefördert und die Einwohner seßhaft gemacht. Die Grundlage der numi- dischen Kultur war punisch, aber bereits Masinissa hatte sich auch für griechisches Wesen interessiert und Griechen und Italiker ins Land gezogen ; sein Sohn und Nachfolger Micipsa war Philhellene und ein halber Gelehrter.^) Als Micipsa 118 v.Chr. starb, hinterließ er, ähnlich wie sein Vater, das Reich zu gemeinsamer Verwaltung dreien Erben, nämlich seinen Söhnen Adherbal und Hiempsal und seinem Neffen Jugurtha, den er adoptiert hatte. Jugurtha war ehrgeizig und energisch, auch im Krieg erprobt; vor Numantia hatte er sich an der Spitze eines numidischen Hilfskorps die Sporen verdient und übrigens auch Beziehungen zur römischen Aristokratie augeknüpft. Sein Ziel war, sich die Alleinherrschaft über Numidien anzueignen. Schon bald nach dem Tode Micipsas entzweiten sich die Erben und teilten das Land in drei Teile. Bald darauf wurde Hiempsal von Jugurtha vertrieben und getötet; auch Adherbal wurde verjagt und suchte Zuflucht bei den Römern; Jugurtha nahm das ganze Reich in Besitz; seine römischen Freunde sorgten dafür, daß er straflos ausging; eine Senatskommission teilte Numidien zwischen den beiden Erben, wobei an Jugurtha die fruchtbarere, stärker bevölkerte Westhälfte fiel (117 v.Chr.). Wenige Jahre später wurde Adherbal von Jugurtha erneut angegriffen, geschlagen und trotz römischen Protesten in der Residenz Cirta belagert ; er kapitulierte schließlich gegen Zusicherung von Leben und Freiheit. Der wortbrüchige Jugurtha ließ ihn jedoch zu Tode martern. Auch die wehrhaften Bewohner von Cirta, darunter nicht wenige Italiker, mußten sterben (112 v. Chr.). Diese Bluttat entfesselte in Rom beim Volk einen Sturm der Empörung. C. Memmius, der Tribvm des nächsten Jahres, machte sich zum Wortführer der öffentlichen Meinung, unter deren Druck auch der Senat in die Kriegserklärung gegen Jugurtha willigen mußte. Konsul L. Calpurnius Bestia, ein Optimat vom reinsten Wasser, setzte im Jahr 111 V. Chr. mit einem Heer nach Afrika über. Aber Bestia und seine Legaten, besonders der einflußreiche M. Aemilius Scaurus, ließen sich be- stechen und verabredeten mit Jugurtha einen mehr als glimpflichen Frieden, ohne daß eine entscheidende Waffentat vorausgegangen wäre. Der plötzliche

*) In dasselbe Jahr etwas vorher fällt ^) Diodor XXXIV 3-5. Über Masinissas

der Triumph des Fabius Maximus. Verbindung mit Delos und Athen vgl.

^) Vgl. Kähkstedt in Meltzers Gesch. i SIG 11^ nr. 652.

der Karthager III .578 ff. ,

182 Römische Geschichte.

FriedensschluE^ erregte beim römischen Volk größtes Befremden. C.Memmius verhinderte die Ratifikation und setzte die Vorladung Jugurthas durch. Der König erschien vor der Volksversannnlung, wußte sich aVjer dem Verhör mit Hilfe eines käuflichen Tribunen zu entziehen. Jugurtha hatte sogar die Stirn, einen in Kom weilenden Enkel Masinissas, den Massiva, der als numi- discher Prätendent in Frage kam, aus dem Weg räumen zu lassen. Auf dieses neue Verbrechen hin wurde Jugurtha vom Senat aus Italien aus- gewiesen, was zugleich die Wiederaufnahme des Krieges bedeutete. Ober- befehlshaber wurde jetzt Konsul Sp. Postumius Albinus (110 v. Chr.). Die Wahlen riefen ihn aber bald vom Kriegsschauplatz nach Rom zurück, wo er lange festgehalten wurde. Sein von ihm mit dem stellvertretenden Kom- mando betrauter Bruder A. Postumius wagte mitten im Winter einen ver- geblichen Angriff auf die Feste Suthul. Auf dem Rückzug wurde er von Jugurtha überfallen und geschlagen. Aus verzweifelter Lage rettete Aulus sein Heer durch ein schmachvolles Bündnis mit Jugurtha und das Ver- sprechen, binnen zehn Tagen Numidien völlig zu räumen (109 v. Chr.).

Dieses Abkommen wurde vom Senat ohne weiteres verworfen. Der Volks- tribun C. Mamilius Limetanus hatte schon früher eine gerichtliche Unter- suchung über die Vorgänge im jugurthinischen Krieg beantragt. Jetzt wurde ein Untersuchungsausschuß gebildet, der unter anderen vornehmen An- geklagten auch den beim Volk besonders verhaßten L. 0]3imius, den Führer der ersten Senatskommission, verurteilte. Mit der Fortsetzung des Kriegs wurde Konsul Q. Caecilius Metellus beauftragt (109 v. Chr.). Metellus war wällens, dem Treiben Jugurthas ein Ende zu bereiten; in der Wahl seiner Mittel war der Römer genau so skrupellos wie sein Gegner. In zwei Feld- zügen (108 und 107 v. Chr.) hat Metellus Erfolge errungen. Die Doppel- schlacht am Muthul,') einem Nebenfluß des Bagradas, wo Jugurtha die ge- trennten römischen Streitkräfte mit Geschick angriff, aber dann doch ge- schlagen wurde, die vergebliche Belagerung von Zama (Regia), die Eroberung der Feste Thala durch die Römer bilden die Hauptereignisse. In dem zwischen den Campagnen liegenden Winter wurde unterhandelt, ohne Re- sultat, da Jugurtha die bedingungslose Übergabe ablehnte. Die Proviant- frage war für die Römer um so schwerer zu lösen, je länger der Krieg sich hinzog. Einer entscheidenden Schlacht aber wich Jugurtha aus, belästigte jedoch die Römer mit seiner überlegenen Kavallerie und den beweglichen Leichtbewaffneten. Der von seinen Landsleuten opferfreudig unterstützte Numider fand überdies 107 v. Chr. Bundesgenossen an den Gätulern und an seinem Schwiegervater Bocchus von Mauretanien, den die Gleichgültig- keit Roms gegen sein Bündnisangebot verstimmt hatte. Rom hegte den dringenden Wunsch, den Krieg zu gutem Ende zu bringen, um die in Afrika engagierten Streitkräfte frei zu bekommen. Da auch Metellus mit Jugurtha nicht fertig wurde, so gab man ihm einen Nachfolger in dem hämo uorus C. Marius. Dieser demokratisch gesinnte, aus dem Ritterstand hervorgegangene Mann hatte seine Laufbahn unter Scipio vor Numantia begonnen. Als Prätor hatte er das diesseitige Spanien verwaltet und sich

1) R. Gehler, Jahreshefte des österr. arch. lustit. XII, 1909, 327 ff., XIII 257 ff.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§31.) 183

zuletzt als Legat des Metellus im numidischen Krieg ausgezeichnet. Dem schlichten, aber ehrgeizigen Marius schenkte das Volk das Vertrauen, das sich die adligen Offiziere verscherzt hatten, und so wurde er denn trotz allen Hindernissen, die ihm die Optimaten und sein Vorgesetzter, Metellus, in den Weg legten, für 107 v. Chr. zum Konsul gewählt. Ein besonderes Gesetz übertrug ihm das Kommando in Numidien.

Marius brachte ansehnliche Verstärkungen mit. In seinem ersten Feld- zug (106 V. Chr.) verdrängte er durch methodische Operationen den Feind fast ganz aus dem Land, und als Jugurtha und Bocchus einen neuen An- griff wagten, wurden sie zweimal geschlagen (Herbst 106 v. Chr.). Diese Niederlagen machten den Bocchus geneigt, seinen Eidam preiszugeben, was Marius bisher vergeblich angestrebt hatte. Nach längeren Unterhandlungen, die im Auftrag des Marius sein Quästor L. Cornelius Sulla führte, ließ sich Bocchus bereit finden, den Jugurtha den Römern in die Hände zu spielen (Frühjahr 105 v. Chr.). Mit der Gefangennahme Jugurthas war der Krieg zu Ende; es galt nur noch, die Verhältnisse Numidiens und Afrikas neu zu ordnen, was im Lauf des Jahres 105 v. Chr. geschah. Numidien kam an einen Enkel Masinissas, Gauda, den Sohn Mastanabals; abgetrennt wurde die Landschaft der Tripolis, die zur Provinz Afrika geschlagen wurde, sowie das westliche Drittel des Königreichs, mit dem Bocchus belohnt wurde, nachdem bereits vorher Jugurtha zu dessen Gunsten darauf verzichtet hatte. Gegen Ende 105 v. Chr. kehrte Marius nach Rom zurück, wo er am 1. Januar 104 sein zweites Konsulat antrat und am selben Tag den Jugurtha, der dann im Kerker hingerichtet wurde, im Triumph aufführte.^)

31. Die Zeit der kimbrischen Kriege. Das Gebiet nördlich der Alpen, das heutige Süddeutschland und die angrenzende Donaulandschaft, war da- mals von keltischen Stämmen bewohnt, die mit Griechen und Römern schon seit langem in Handelsverkehr standen. Zwischen Main und Rhein saßen die Helvetier mit ihren vier Gauen, und weiter östlich im heutigen Böhmen und Mähren die Bojer, ebenfalls ein mächtiger Stamm mit großer Klientel. 2) Diese Gegenden wurden um die Zeit des jugurthinischen Kriegs durch ein wanderndes Kriegsvolk heimgesucht, durch die germanischen Kimbern, die vermutlich aus Nordalbingien stammten, wo es auch später noch Kimbern gab.^) Die Kimbern stießen zuerst auf die Bojer; von ihnen abgeschlagen.

') Über die Chronologie des jugurthini- Über die Wohnsitze und den Namen der sehen Kriegs vgl. Mommsen, Rom. Gesch. I Kimbern, Progr. des Luisengymnasiums, 11^ 149 Anm. G. Meinel, Zur Chronol. des Berlin 1904. Den besten Bericht über die jugurth. Krieges, Progr. Augsburg 1883. Wanderung der Kimbern gibt Strabo VII "■^) Tacitus Germ. 28. ' 293 nach Poseidonios. Vgl.Plut.Mar.il. Da ') Von der großen Literatur über die ' im späteren römischen Sprachgebrauch, kimbrische Wanderung seien genannt besonders bei Caesar, die Kimbern und Kaspar Zeuss. Die Deutsclien und ihre Teutonen stets zusammen genannt zu Nachbarstämme. Müllenhoff, Deutsche werden pflegen, so hat man ihnen auch Altertumskunde 1476 f. II 112 f. Rud.Müch, eine gemeinschaftliche Heimat gegeben. Deutsche Stammsitze (aus den Beiträgen ! Nach Müllenhoff sind die Teutonen eine zur Gesch. der deutschen Sprache und keltische Bezeichnung der Germanen an Litteratur), Halle 1892. J. F. Makcks. Bonner ; der Nordseeküste In Wahrheit werden Jahrb. 95, 32 ff. G. Zippel, Die Heimat der ! in den älteren Quellen zuerst nur Kim- Kimbern, Festschrift des kgl. Friedrichs- | bern genannt; die Teutonen sind, 'wie Kollegium, Königsberg 1892. Fr. Matthias, i auch Much ausführt, dieselben wie die

184 Römische Geschichte.

kamen sie an die Donau, zogen abwärts bis zu den Skordiskern im nördlichen Illyrien und wandten sich von hier gegen die Taurisker in Noricum, die jüngst mit den Römern Freundschaft geschlossen hatten. Der Konsul Cn. Pajjirius Carbo, der die Alpenpässe zu decken hatte, veranlagte die Ein- dringlinge zur Räumung des Gebietes der Taurisker. Die gutwillig Ab- ziehenden griff der Konsul bei Noreia treuloserweise an, holte sich aber eine schwere Niederlage. Ein Unwetter bewahrte das römische Heer vor völliger Vernichtung (113 v. Chr.).

Nach diesem Sieg hätten die Kimbern in Italien einfallen können, aber statt nach Süden wandten sie sich nach Westen; so gelangten sie zu den Helvetiern, deren zwei Gaue, die Teutonen (Toygener) und Tiguriner sich ihnen anschlössen, und zu den drei Völkern trat als viertes, wir wissen nicht wann, die Ambronen, ein keltischer oder germanischer Stamm un- bekannter Herkunft. Um 111 v. Chr. überschritten die Kimbern und ihre Genossen den Rhein, vielleicht von den Sequanern zu Hilfe gerufen,') und setzten bei den Galliern, und zwar meist jeder Stamm für sich, ihr kriege- risches Wanderleben fort. Auch im Süden Galliens, in der Nähe der römi- schen Provinz, tauchten die Kimbern auf, wobei es zu einem neuen Zu- sammenstoß mit den Römern kam. 109 v. Chr. wurde Konsul M. Junius Silanus von ihnen besiegt. Die Sieger schickten sogar Gesandte an den Senat und erbaten Land zur Besiedlung, wurden aber abschlägig beschieden, worauf der Krieg seinen Fortgang nahm. Konsul L. Cassius Longinus holte sich von den Tigurinern, denen er auf dem Rückzug unvorsichtig folgte, im Gebiet der Nitiobrogen^) an der Garonne eine Niederlage; er selbst fiel und sein Heer mußte kapitulieren (107 v. Chr.). Jetzt übernahm Q. Servilius Caepio den Krieg, ein stolzer Optimat (106 v. Chr.). Er brachte das ab- trünnige Tolosa wieder in seine Gewalt und entführte dabei die ungeheuren Schätze des keltischen Nationalheiligtums, das aurum Tolosanuin, angeblich 150000 Talente (= 707 Millionen Goldmark). 3) Im nächsten Jahr (105 v.Chr.) erschien außerdem Konsul Cn. Mallius Maximus mit frischen Truppen im Feld. Auch die vier Barbarenstämme scheinen sich wieder vereinigt zu haben. Am 6. Oktober 105 v, Chr. wurden bei Arausio die beiden römischen Heere kurz nacheinander vernichtend geschlagen. Die Römer sollen an

von Strabo IV 183 und VII 293 genannten die Poseidonios sogar mit den Kimmeriern

Toygener {TcovyEvoi), also ein Gau der Hei- zusammengebracht hatte, unter den ger-

vetier. Hierzu stimmt der bei Milten- manischen Stämmen an der Nordseeküste,

berg am Main gefundene Grenzstein mit die dem Kaiser huldigten, genannt (Strabo

der Inschrift infer Toutonos (CIL XIII 2, 1 I VII 293. Bes gestae divi Aug. p. 104 Momm-

nr. 6610), aus der sich ergibt, daß noch : sen); nach Müllenhoffs unbeweisbarer

später sich ein Rest dieses Gaues an Annahme hätten die germanischen Kim-

seinem alten Wohnsitze erhalten hatte. bern, deren Namen er für keltisch hält,

Die Identität der Toygener (Tougener) mit nicht an der Unterelbe, bezw. in Jütland,

den Teutonen vertritt auch Ed. Meyer, sondern weiter südlich an der mittleren

Sitz.ber. der Berl.Ak. 1921, 750 ff., erblickt ' Elbe gesessen.

aber in ihnen im Gegensatz zu Poseidonios ') Velleius II 8, 3. Strabo IV 192.

bei Strabo keinen helvetischen Stamm, '^) Nicht bei den Allobrogern, wie man

sondern Germanen von der friesischen früher nach einer unbeglaubigten Lesart

Nordseeküste, von wo sie wie die Kim- : bei Livius per. 65 annahm. Vgl. Mommsen,

bern und Ambronen durch verheerende Rom. Gesch. 11^ 178.

Sturmfluten vertrieben worden seien. Zur ^) Strabo IV 188. Justin. XXXII 3, 9 ff. Zeit des Augustus werden die Kimbern, |

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (*? 31.) 1^5

60000 Mann^) verloren haben. Die Hauptschuld an dieser Katastrophe trugen persönliche Antipathien, die ein Zusammenwirken der beiden Feldherren un- möglich machten. Wenn auch der befürchtete Einfall der Sieger unterblieb, so war doch die nationale Sorge in dem trauernden Italien schwer genug; sie zu bannen, wählten die Bürger gegen das Gesetz den Mann des all- gemeinen Vertrauens, den Marius, der soeben den jugurthinischen Krieg er- folgreich beendet hatte, bereits wiederum für das Jahr 104 v. Chr. zum Konsul und übertrugen ihm den Kimbernkrieg.

Marius traf umfassende Rüstungen, zu denen alle Verbündeten, auch die Könige, herangezogen wurden. Die zahlreichen Niederlagen der letzten Zeit verraten den Verfall und die Unzweckmäßigkeit des römischen Heerwesens. Schon im dritten makedonischen Krieg zeigen sich die ersten Symptome. Der kriegerische Geist der römischen Bürgerschaft war mit dem Eindringen des Hellenismus und der Veränderung der wirtschaftlichen Struktur ge- sunken, die Disziplin der Truppe hatte sich gelockert. Auch die allgemeine Dienstpflicht liefs sich nicht mehr wie früher durchführen; die besitzenden Klassen genossen eine bevorzugte Stellung, viele Bürger lebten dauernd im Ausland, und neben der Aushebung nahm der Aufruf Freiwilliger immer größeren Umfang an. Die jährliche Neubildung der Heere war bei den langen Kriegen außerhalb Italiens nicht mehr möglich, die Soldaten mußten jahrelang bei der Fahne bleiben und wurden ganz von selbst zu Berufs- kriegern. Diesen Umständen trug Marius mit seiner Heeresreform Rechnung.

Schon im jugurthinischen Krieg nahm er die Soldaten aus den untersten, unbemittelten Klassen der Bürgerschaft; -) daraus, daß der Kriegsdienst aus einer bürgerlichen Ehrenpflicht zu einem Handwerk wurde und der alt- gediente Soldat nach der Entlassung von seinem General eine Zivilversorgung beanspruchte, ergaben sich neue politische und soziale Probleme, sowie neue Versuche zu deren Lösung. Auch nach der taktischen Seite hat Marius das Kriegswesen zeitgemäß reformiert. Er wird es gewesen sein, der an Stelle der alten Manipularordnung der Legion die Kohorte zur Kampf- einheit machte, was sie bei den bundesgenössischen Kontingenten von jeher gewesen war. Marius gilt als Schöpfer der Kohortenformation, die ein beweglicheres Manövrieren auf dem Schlachtfeld ermöglichte.^) Auch die Bewaffnung hat der große römische Kriegsmeister verbessert.

Die Kimbern waren nach Spanien gezogen, die anderen Stämme werden sich in Gallien zerstreut haben. So gewann Marius Zeit in Südgallien, sein Heer auf den bevorstehenden Kampf gründlich vorzubereiten (104 und 103 V. Chr.). Da die Verbindung mit Italien zur See aufrechterhalten werden sollte, so wurde zur Erleichterung der Schiffahrt der Rhone ein neuer Mündungskanal gegraben,^) die fos^a Mariana. Die teilweise verlorenen gallischen Landschaften suchte Marius zurückzugewinnen. 5) Durch geschickte Wahlmanöver wußte er sich das Konsulat auch für das Jahr 102 v. Chr. zu

1) Diodor. XXXVI 1 ; vgl. Granius Licin. kunst I^ 435. Daß es Marius war, der die

p. 17, ed. Bonn. j Kohortentaktik einführte, ist mit großer

-) Plut. Mar. 9; vgl. Sallust. Jug. 84. j Wahrscheinlichkeit zu vei'muten.

') Marqüardt, Eöm. Staatsverwaltung j ^) Strabo IV 183.

II- 435 ff. Delbrück, Gesch. der Kriegs- | ^) Plutarch Sulla 4.

186 Römische Geschichte.

verscliaffen. Dann kehrten die Kimbern aus Spanien zurück und alle vier Barbarenstämme vereinigten sich an der Rhone mit dem Kriegsplan, ge- trennt in zwei großen Heerlinuf'en in Italien einzufallen, die Teutonen und Ambronen durch das ligurische Küstengebiet, die Kimbern und Tiguriner auf dem Umweg über Noricum. Marius eilte von Rom aus zum Heer, An der unteren Rhone schlug er ein befestigtes Lager, von wo aus er die Gegner überwachte. Sein Kollege Q. Lutatius Catulus übernahm den Schutz der Nordgrenze Italiens. Nachdem die Teutonen und Ambronen das Lager des Marius vergeblich berannt hatten, zogen sie daran vorüber, um den Vormarsch nach Italien anzutreten. Marius folgte dem Feind; bei Aquae Sextiae (Aix-les-Bains) kam es zu einem Zusammenstoß mit den Ambronen, die den Kürzeren zogen. Zwei Tage später besiegte Marius die Teutonen und die Ambronen in einer großen Schlacht und nahm auch ihr Lager; ') die Barbaren wurden getötet oder gefangen; letzteres Schicksal erlitt auch Teutobod, der König der Teutonen. Das fünfte Konsulat war der Dank des Volkes an den Sieger Marius. Inzwischen hatten im Herbst 102 v. Chr. die Kimbern unter König Boiorix Oberitalien erreicht. Catulus mußte die Abwehrstellung an der Etsch aufgeben und sich auf die Polinie zurück- ziehen. Marius begab sich nach dem Sieg bei Aquae Sextiae nach Rom und stieß dann mit seinen aus Gallien zurückgekehrten Truppen zu Catulus. Auf den raudischen Feldern bei Vercellae wurden am 30. Quinctilis (Juli) 101 V. Chr. auch die Kimbern vernichtend geschlagen. 2) Die in den Alpen zurückgebliebenen Tiguriner vereinigten sich nach der Katastrophe der Kim- bern wieder mit den übrigen Helvetiern, die bald darauf ihren früheren Wohnsitz verließen und sich in der Westschweiz zwischen Rhein und Jura festsetzten. Marius, als Retter des Vaterlandes und zweiter Romulus ge- priesen, feierte mit Catulus einen prächtigen Triumph.

Gleichzeitig mit dem Kimbernkrieg war auf Sizilien ein neuer großer Sklavenaufstand ausgebrochen. 3) Anläßlich der Rüstungen des Marius kam die skandalöse Tatsache ans Licht, daß römische Steuerpächter aus ver- bündeten Staaten Asiens viele Menschen entführt und als Sklaven verkauft hatten, wodurch die Rekrutierung der bundesgenössischen Kontingente be- einträchtigt wurde. Der Senat verfügte die Freilassung der Unglücklichen, von denen viele nach Sizilien verschleppt worden waren. Die Sklavenhalter wußten aber die weitere Ausführung des Senatsbeschlusses zu hindern, und nun rotteten sich viele Sklaven beim Heiligtum der Paliken (am lago di Maffia bei Palagonia) zusammen;^) mehrere Aufstände waren die Folge der Sklavenbewegung. Der erste im Westen der Insel nahm bald ein Ende. Eine zweite Erhebung in der Gegend von Henna gewann größere Aus- dehnung; es sammelten sich an 20000 bewaffnete Sklaven: zum Führer

') Michel Clerc, La hataille d'Aix, äudes C7-Üiques snr la campagne de Marius en Pro- vence. Paris 1906.

'-) Plutarch Mar. 25 f. Der Bericht über die Schlacht geht teilweise auf die Me- moiren des Sulla zurück, der das Ver- dienst des Catulus auf Kosten des auch sonst von der Überlieferung benachteilig- ten Marius vergröf3erte.

n Diodor XXXVI 3 f. Vgl. Holm, Gesch. Siziliens III 114 f. Auch in Kampanien entstand um dieselbe Zeit ein Sklaven- aufstand unter Führung des römischen Ritters T. Vettius. Diodor XXXVI 2.

••) Das Palikenheiligtum war für Schutz suchende Sklaven besonders bestimmt. Holm, Gesch. Siziliens I 75. Macrob. sat. V 19, 15.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§31.) 187

wurde ein gewisser Salvius gewählt, der Morgantine belagerte und den zum Entsatz heranziehenden römischen Prätor schlug, worauf er unter dem Namen Tryphon den Königstitel annahm und sieh in Triokala eine Eesidenz baute. Ein zweiter Führer, der sich bei Lilybaeum erhob, der Kiliker Athenion. ein Mann von Einsicht und Mäßigung, nannte sich ebenfalls König, ordnete sich aber dann dem Try2:>hon unter, um nach dessen Tod (102 v. Chr.) die Leitung des Aufstandes zu übernehmen. Zur Unterdrückung der Revolte ging 103 V. Chr. L. Licinius Lucullus mit ansehnlicher Macht nach Sizilien: er schlug zwar das Sklavenheer in offener Feldschlacht, konnte aber Trio- kala nicht nehmen. Noch weniger richtete sein Nachfolger C. Servilius aus: Athenion konnte ganz Sizilien durchziehen und hätte sich beinahe Messanas bemächtigt. Erst nach Beendigung des Kimbernkrieges gelang es dem Kol- legen des Marius, dem kriegskundigen Konsul M.' Aquillius, den Athenion in der Schlacht im Zweikampf zu töten und dann die Empörung nieder- zuwerfen (101/100 v. Chr.).

Die Bedrängnis Roms durch die Kimbern machte sich auch in den Pro- vinzen fühlbar, am unmittelbarsten in Spanien, das unter den Raubzügen der Barbaren jahrelang zu leiden hatte, ohne von Rom geschützt zu werden. Nur die Keltiberer vermochten die Eindringlinge zurückzuschlagen. In der Folge machten den Römern Keltiberer und Lusitaner zu schaffen. Bemerkens- wert sind die mit brutaler Grausamkeit geführten Kämpfe des Prokonsuls T. Didius gegen die Arevaker und andere Keltiberer (97 v. Chr.); auch sein Nachfolger, C. Valerius Flaccus, hatte noch mit ihnen zu tun.^) In der jenseitigen Provinz regten sich die Lusitaner; P. Licinius Crassus, Konsul 97 v.Chr., hat 93 v. Chr. über sie triumphiert. 2) Von geringer Bedeutung war ein Krieg des Konsuls L. Licinius Crassus gegen die Alpenvölker (95 V. Chr.). 3) Weit ernster waren die Angriffe, denen die Provinz Makedonien von den thrakischen und gallischen Stämmen, besonders den Skordiskern und Mädern, ausgesetzt war; auch lUyrien hatte von den Skordiskern viel zu leiden.^) Das Aufgebot der Provinz genügte nicht und so mußten die Römer des öfteren Truppen dorthin detachieren. 11-1 v. Chr. erlitt C. Por- cius Cato, als er die Skordisker in ihrem Land aufsuchte, eine schimpfliche Niederlage; erst 112 v. Chr. erzwang M. Livius Drusus durch einen sieg- reichen Angriff den Frieden.-'') Mit ähnlichem Erfolg kämpften die Kon- suln C. Caecilius Metellus in Thrakien (113 v. Chr.) und M. Minucius Rufus*^) gegen Thraker und Skordisker (110 und 109 v. Chr.). Hervorhebung ver- dient der Feldzug des T. Didius, der (um 101 v. Chr.) einige Teile Thrakiens dauernd erworben und zur Provinz geschlagen haben mufs.'') Trotzdem gab es keine Ruhe: 97 v. Chr. wurden Mäder und Dardaner bekriegt, und be- sonders heftig waren die Angriffe der Barbaren in den Jahren 92 88 V. Chr., in deren Verlauf sie sogar in Griechenland eindrangen und das

^) Appian Iber. 99 f. ^) Ein Siegesdenkmal des Minucius aus

^) Vgl. Strabo III 176.

') Cic. de invent. 11 111: in Pison. 62; Val. Max. III 7 6.

r) Strabo VII 318. 327. Vgl. oben S. 179.

'=) Er triumphierte am I.Mai 110 v.Chr. CIL 12 49. 177.

Delphi SIGII^nr, 710. Minucius hat trium- phiert. Vell. Pat. II 8. 3.

') F. Münzer, PW V 407 f. Dazu eine delphische Inschrift, von der in den Comptes rendus de Vacademie des hiso-. vom 7. Oktober 1904 p. 5-32 f. berichtet wird.

188 Römische Geschichte.

Zeusheiligtum von Dodona') plünderten. Nur mit Mühe erwehrte sich ihrer der Prätor C. Sentius Saturninus.^) Im Osten machten sich seit längerem die Seeräuber lästig. Sie waren im Taurosgebiet beheimatet, im westlichen Kilikien und im benachbarten Pisidien und I^imphylien, Landschaften, die einst zum pergamenischen Reich gehört und dann von Rom die Freiheit erhalten hatten. Die Piraten verlegten sich vor allem auf den höchst ein- träglichen Menschenraub, fanden sie doch auf dem Sklavenmarkt in Delos stets Absatz für die von den Römern begehrte Ware.-^) 102 v. Chr. wurde der Prätor M. Antonius beauftragt, gegen die Seeräuberplage einzuschreiten; er züchtigte die Piraten; seine Eroberungen bildeten den Grundstock der späteren Provinz Cilicia.^)

Die unfähigen und gewissenlosen Feldherren, deren Schuldkonto der jugurthinische und der kimbrische Krieg so schwer belastete, waren durch- weg aus den Reihen der Optimaten, der Gegner der gracchischen Partei, hervorgegangen. Da war es kein Wunder, wenn das Ansehen der herr- schenden Aristokratie sank, während die Popularpartei sich erholte; dals der Retter Roms, Marius, ihr angehörte, steigerte ihre politische Stofekraft. In zahlreichen Prozessen wurden die Feldherren, die im jugurthinischen, kimbrischen und sizilischen Krieg versagt hatten, zur Rechenschaft gezogen. Die heftigsten Angriffe richteten sich gegen Q. Servilius Caepio, der als eifriger Optimat in seinem Konsulat (106 v. Chr.) ein für den Senat vorteil- haftes Richtergesetz durchgebracht hatte. Nach der Niederlage bei Arausio, an der er die Hauptschuld trug, wurde er durch Volksbeschluß zunächst aus dem Kommando, später auch aus dem Senat entfernt. Als dritter Schlag traf ihn eine Anklage auf Unterschlagung des tolosanischen Goldes; das Urteil in diesem Sensationsprozeß lautete auf Verbannung und Ver- mögenskonfiskation (103 V. Chr.).^) Mehrere optimatenfeindliche Gesetze wurden angenommen, so die eben auf Caepio gemünzte lex Cassia, laut deren ein vom Volk verurteilter oder abgesetzter Beamter für immer seines Senatssitzes verlustig ging (104 v. Chr.), und die lex Doinifia, durch welche für die Pontifices und Augures an Stelle der bisher üblichen Kooptation die Volkswahl trat.*') Der Antragsteller, Cn. Domitius, wurde selbst der erste gewählte Pontifex maximus. Als Wortführer der Popularpartei tat sich L. Appuleius Saturninus hervor, ein ebenso beredter, wie gewalttätiger Demagog, der schon in seinem ersten Volkstribunat 103 v. Chr. die Wieder- wahl des Marius betrieben hatte. '^) Als dann dieser sein Parteifreund nach Rom zurückkehrte und für das Jahr 100 v. Chr. sein sechstes Konsulat er- hielt,^) kam es zu Unruhen. Man erwartete von Marius wichtige Reformen.

') Cass. Dio fr. 101, 2 (I p. 344: ed. Boiss.). '') G. ZippEL, Illyrien unter röm. Herr- schaft S. 142 f.

familien, Stuttgart 1920, 288 ff.

«) Ascon. p. 78. 81. Velleius II 12, B, vgl. oben S. 171.

') Strabo XIV 668. ') F. von der Muehll, De L. Appuleio

■*) Liv. per. 68. Auf die Seeräuber be- zieht sich die S. 187 Anm. 7 erwähnte delphische Inschrift, ein Senatsbeschluß aus dem sechsten Konsulat des Marius 100 V. Chr.

Satitrnino tr. pl., Diss. Basel 1906. F. W. Robinson, Marius Saturninus u. Glaucia, Jenaer bist. Arbeiten III. Bonn 1912. Ne- ben den Berichten der Historiker kommt Ciceros Eede pro Rahirio § 18 1X. als Quelle

'"•) MoMMSEN, Rom. Gesch. II 182 Anm.; in Betracht F. Münzer, Röm. Adelsparteien u. Adels- \ >*) E.Bapdey, Das 6. Konsulat des Marius,

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§31.) 189

Saturninus, der abermals für Marius agitiert hatte, wurde ebenfalls für das Jahr 100 v. Chr. zum Volkstribun gewählt, nachdem einer seiner Mitbewerber im Wahlkampf erschlagen worden war. Sein gleichgesinnter Genosse C. Ser- vilius Glaucia wurde Prätor. Im Einvernehmen mit dem politischen Neu- ling Marius brachte Saturninus eine Reihe von Anträgen ein, in denen er die gracchischen Gesetze kopierte, so ein Getreide- und ein Ackergesetz; M letzteres verfügte naiverweise über das von den Kimbern vorübergehend überflutete Gebiet freier gallischer Stämme, das zwar von Marius gesäubert, aber keineswegs erobert war; avifaerdem waren Kolonien in Sizilien, Achaia und Makedonien in Aussicht genommen. Der eigentliche Zweck dieser An- träge war die Versorgung der Veteranen des Marius; neben den Bürgern sollten auch die Bundesgenossen berücksichtigt werden. Die besitzenden Schichten der Bürgerschaft, vor allem die Ritter, bildeten diesmal mit dem Senat und den Optimaten eine gemeinsame Front gegen die demagogischen Uto]3ien des Saturninus. Aber da die Radikalen um Appuleius, vor allem die Veteranen des Marius, mit ihren Fäusten die Volksversammlung be- herrschten, so gingen die Gesetze, wenn auch auf höchst tumultuarische Weise, durch. Das Ackergesetz enthielt eine heimtückische Klausel, der- zufolge jeder Senator auf dieses Gesetz vereidigt werden sollte. Nur Q. Cae- cilius Metellus (Numidicus) hatte die Zivilkurage, diesen Schwur zu ver- weigern, worauf er verbannt wurde. Appuleius wurde seinem Wunsch gemäfs auch für das folgende Jahr wiedergewählt; sein KumjDan Glaucia kandidierte für das Konsulat; beim Wahlakt wurde sein Rivale C. Mem- mius kurzerhand erschlagen. Dieser Terrorismus veranlagte den Senat, durch das solutus consultum ultinnim den Belagerungszustand zu verhängen. Jetzt mu&te Marius als Vertreter der Regierungsautorität gegen seine Partei- freunde die ordnungsliebenden Elemente der Bürgerschaft zu den Waffen rufen. Saturninus und Glaucia wurden mit ihrer extremen Gefolgschaft nach einer förmlichen Schlacht auf dem Forum auf das Kapitol zurückgeworfen, zur Ergebung genötigt und schließlich von fanatischen Gegnern gelyncht (10. Dezember 100 v. Chr.). Marius hatte seine Freunde nicht retten können. Die Gesetze des Saturninus, von denen nur ein Bruchteil zur Ausführung gelangt war, wurden kassiert;^) die Wiederaufnahme der Ackergesetze durch Sex. Titius, den Tribunen des Jahres 99, blieb ohne Wirkung. Gegen die Anhänger des Saturninus wurde in der Folge ein Prozeßkrieg eröffnet; sogar die Verurteilung Caepios suchte die Reaktion zu rächen. Metellus wurde durch Volksbeschluß aus dem Exil zurückgerufen (99 v. Chr.). 3) Der als Politiker unmöglich gewordene Marius entzog sich der peinlichen Lage

EostockerDiss., Brandenburg 1884, betont, 18. Jahrh. gefundenen Bronzetafel von

daß die Tradition über die Unruhen des ! Bantia (CIL I^ nr. 582 = Bruns^ S. 53 ff.),

J. 100 zu Ungunsten der Populären gefärbt i was viel für sich hat. Vgl. A. Rosenberg,

ist. Aber daß Saturninus und Glaucia Ge- ' Einleitung und Quellenkunde zur röni.

walt anwandten und sich dadvu'ch viele ihrer Anhänger entfremdeten, bleibt be- stehen.

') R. Masohke, Zur Theorie u. Gesch. der röm. Agrargesetze 1906, 105 ff. identi- fiziert die lex agraria des Saturninus mit ' bell. civ. I 33 dem lateinischen Teil der gegen Ende des

Geschichte 30. 33.

2) Vielleicht ist die Gründung der Ko- lonie Eporedia, modern Ivrea (100 v. Chr., Vell. I 15, 5), durch sie vei'anlaßt.

3) Diodor fr. XXXVI 16; vgl. Appian

190 Römische Geschichte.

durch eine Gesandtschaftsreise nach Asien, wo er besonders mit Mithridates

zu unterhandeln hatte. Die Optimaten hatten auf der ganzen Linie gesiegt.

32. Das Tribunal des Livius Drusus und der Bundesgenossenkrieg.

Der ]>lock, don Senat und iiitterstand gegen das revolutionäre Treiben des Saturninus gebildet hatten, zerschellte an dem Widerstreit der Interessen. Die Ritter trieben nämlich mit dem Richtoramt nicht weniger egoistischen Mißbrauch als zuvor die Senatoren; dadurch, daß diese parteiischen Richter sich stets auf die Seite ihrer Standesgenossen, der Steuerpächter, schlugen, wurden die senatorischen Statthalter so eingeschüchtert, daß sie zu der Be- drückung der Provinzialen schweigen lernten. Am skandalösesten offen- barte sich die Parteilichkeit der Rittergerichte in dem Fall des Konsulars P. Rutilius Rufus, der als Legat seines Freundes Q. Scaevola sich in Asien der Provinzialen angenommen hatte. ^) Die Steuerpächter rächten sich durch eine grundlose Anklage gegen Rutilius wegen angeblichen Unterschleifs, und trotz notorischer Unschuld wurde der verdiente Mann verurteilt (92 V. Chr.); er ging ins Exil nach Smyrna, wo er die Geschichte seiner Zeit schrieb. Sein Neffe, der schwerreiche M. Livius Drusus, 2) der für das Jahr 91 V, Chr. zum Volkstribunen gewählt war, wagte einen energischen Vor- stoß gegen die Rittergerichte, die von Q. Servilius Caepio, dem Sohn des bei Arausio geschlagenen Prokonsuls, und L. Marcius Philippus verteidigt wurden. Livius Drusus schlug vor, die Gerichtsbarkeit dem Senat zurück- zugeben, diesen aber durch die Aufnahme von 300 Rittern auf die Normal- zahl von 600 Mitgliedern zu ergänzen. Ein zweiter Antrag stellte die Be- stechlichkeit der Richter unter Strafe und forderte für die einschlägigen Fälle einen besonderen Gerichtshof (quaestio). Um sich für seine Entwürfe die Stimmen der unteren Klassen zu sichern, beantragte der Tribun in agitatorischer Absicht außerdem ein Getreide-, ein Acker- und ein Kolonie- gesetz. Überdies verbündete er sich mit den italischen Bundesgenossen, die ja seit der Gracchenzeit mehrfach in die innerpolitischen Kämpfe Roms mitverwickelt worden waren. Sie waren vor einigen Jahren (95 v. Chr.) durch ein Gesetz der Konsuln L. Licinius Crassus und Q. Mucius Scaevola [lex Llcinla Mucia de civihus reginidis)^) betroffen, das vielen von ihnen das römische Bürgerrecht verschloß und eine Reihe von Prozessen hervorrief. Mit Ausnahme der Umbrer und Etrusker verbanden sich die Italiker auf Gedeih und Verderb in eidlich bekräftigtem Freundschaftsvertrag mit Drusus.^) Der Tribun verhieß ihnen das Bürgerrecht und fügte diesen Antrag den übrigen hinzu. Unter harten Kämpfen setzte er seine Vorschläge durch; er vereinigte nämlich die verschiedenen Anträge, was gesetzlich verboten war, zu einem Gesetzesstrauß, über den en bloc {per saiurain) abgestimmt wurde. Den Widerstand der Gegner brach er mit Gewalt. Aber die Mehr- heit des Senats unter Führung des Konsuls L. Marcius Philippus, und unter- stützt von anderen Tribunen, wandte sich gegen ihn. Seine Gesetze wurden

') Diodor XXXVII 5. ■•) Ihr Eid bei Diodor XXXVII 11. Die

') Sein Vater war der oben S. 176 f. ge- i von Mommsen bezweifelte Echtheit der nannte Gegner des C. Gracchus. Konsul ; Formel wird von W. Steehl, M. Livius

I

112, Zensor 109 v. Chr. Vgl. F. Münzer, Rom. Adelsparteien 299.

') Asconius p. 67. Cicero pro Balbo 48.

Drusus, Diss. Marburg 1887, 31 ff. und 0. HmscHFELD, Kl. Sehr. 288 ff. verteidigt.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). 32.) 191

vom Senat für ungültig erklärt, er selbst, der letzte der großen Tribunen, endete noch vor Ablauf seines Amtsjahres durch Meuchelmord.^) Auf An- trag des Tribunen Q. Varius ging man gegen die unruhigen Bundesgenossen und ihre Freunde in Rom mit Untersuchungen und Strafen vor. Der Tod ihres Anwalts Drusus gab den Italikern das Signal zum Abfall: der Bundes- genossenkrieg brach los.^)

Auch abgesehen von den Staatsverträgen standen die Italiker zu Rom und seinen Bürgern in den mannigfachsten Beziehungen ideeller wie materieller Natur. Man hatte zusammen gekämpft und Geschäfte gemacht, Freund- schaften und Heiraten geschlossen. Wie sich viele Bundesgenossen in Rom ansiedelten, so wohnten in italischen Städten römische Bürger. Von den Gemeinden der Italiker standen nicht wenige in Blüte; man partizipierte an den wirtschaftlichen Vorteilen der Weltherrschaft; italische Kaufleute, mit den Römern zusammen als Italici bezeichnet, machten sich in den aus- wärtigen Handelsplätzen, auf Delos, in Asien usw. heimisch und genossen dieselben Vorrechte wie die römischen Bürger. Rascher als die Römer er- schlossen sich die Italiker griechischer Sitte auch im öffentlichen Leben, und mit griechischen Gemeinden bestand freundschaftlicher Verkehr. In politischer Hinsicht waren sie freilich den Römern gegenüber im Nachteil. Sie mußten das größere Kontingent zu den Heeren stellen und wurden bei der Verteilung der Beute nicht dementsprechend berücksichtigt; der Löwenanteil an den Früchten der Weltherrschaft blieb den cives Romanl vorbehalten. Unter der Willkür römischer Beamter hatten die Italiker gelegentlich zu leiden ; ^) doch waren sie solchen Übergriffen nicht schutzlos preisgegeben; denn sie fanden einen Rückhalt an dem persönlichen Ver- hältnis der Gastfreundschaft und Klientel, in dem viele angesehene Fami- lien zu vornehmen Häusern Roms standen.

Durch die gracchischen Agrargesetze wurden die Bundesgenossen in die innere Politik Roms hineingezogen, zuerst von Scipio Aemilianus (oben S. 174); etwas später hatten Fulvius Flaccus und C. Gracchus die ernst- liche Absicht, ihnen ganz oder teilweise den Zutritt zum römischen Bürger- recht zu eröffnen oder doch zu erleichtern. Ihre alte und feste Verbindung mit den Römern gab ihnen politischen Einfluß auf die Bürgerschaft, und sie fanden sich daher bei wichtigen Abstimmungen mitunter zur Mitwirkung ein. Auch die Optimaten bedienten sich ihrer Hilfe;'*) denn die Bestrebungen der Bundesgenossen deckten sich keineswegs mit dem Programm der römi- schen Popularpartei; die Ausführung der Ackergesetze drohte sie eher zu benachteiligen, und wenn sie die Agrarpläne des Drusus unterstützten, so geschah es nur in der Hoffnung auf das ersehnte Bürgerrecht. Aber weite Kreise der römischen Bürger wollten von einer Gleichstellung der Italiker

') Die mangelhafte Überlieferung er- Dazu komzneu wichtige Auszüge aus Dio-

schwert das Urteil über Charakter, Mo- j dor, die Beste der livianischen Erzählung,

tive und Ziele des Livius Drusus. Vgl. Velleius und einzelne Beiträge in Plutarchs

P. A. Seymour, Erujl. liistorical revieio 24, i Biographien, außer gelegentlichen Notizen.

1914. 417 ö'. Vgl. oben S. 158.

-) Die einzige erhaltene Darstellung des : ^) Beispiele aus einer Rede des C. Grac-

Bundesgenossenkrieges im Zusammen- chus bei Gellius N. A. X 3.

hang findet sich bei Appian b. civ. I 39 ff. | *) Sallust Jug. 40, 2.

192 Römische Geschichte.

nichts wissen. Als nun der Tod des Drusus jene Hoffnung vernichtet hatte und auf Grund des Varischen Gesetzes die Untersuchungen in den italischen Gemeinden begannen, verständigten sich die Italiker über eine gemeinsame, mit den Waffen zu führende Gegenaktion. Der eigentliche Aufstand be- gann mit der Ermordung eines römischen Untersuchungsbeamten in Asculum Picenum. Die wehrhaften und volkreichen Stämme Mittelitaliens, Marser, Picenter und Paeligner fielen zuerst ab, und die Marser haben dem nun- mehr beginnenden Krieg, dem bellum Marsiciini, den Namen gegeben; auch Unteritalien schloß sich an. Die Aufständischen forderten zunächst vom Senat das Bürgerrecht; als dies abgelehnt wurde, erklärten sie den Abfall und richteten sich einen Bundesstaat ein, zu dessen Mittelpunkt Corfinium, eine Stadt im Land der Paeligner, bestimmt wurde. Die Geschäfte leitete ein Senat von Fünfhundert, aus dem wiederum ein Ausschuß gebildet wurde; als Jahresbeamte fungierten zwei Konsuln oder Imperatoren und zwölf Prä- toren. Diese Verfassung, die an griechische Vorbilder, wie den ätolischen oder böotischen Bund, erinnert, gibt für Italien das erste Beispiel eines Repräsentativsystems, da in dem Senat Vertreter aller von Rom abgefallenen Gemeinden saßen. Die Italiker schlugen Münzen nach römischem Fuß mit lateinischer oder oskischer Aufschrift.^) Fast ganz Mittel- und Unteritalien befand sich im Aufstand, besonders das Gebiet der sabellischen Stämme. Es war ein Glück für Rom, daß die latinischen Städte im ganzen treu blieben, ebenso die griechischen Städte Unteritaliens und der gesamte Norden, sowohl das ehemals gallische, jetzt römische oder latinische Gebiet, als auch Etiairien und Umbrien.

Die Streitkräfte der beiden Parteien, die sich jetzt in einem erbitterten und verlustreichen Kampf von gewaltigem Umfang maßen, waren annähernd gleich. Das Heerwesen in allen Einzelheiten war bei den Bundesgenossen längst nach römischem Muster geregelt. Die Römer geboten über die reicheren Mittel: die Provinzen und die auswärtigen Verbündeten standen zu ihrer Verfügung. Sie boten Gallier und Numider auf und Kriegsschiffe aus dem griechischen Osten ; ^) Rom beherrschte die See. Die Insurgenten dagegen scheinen zunächst besser vorbereitet gewesen zu sein; an kriegerischer Tüchtigkeit waren sie den Römern gewachsen und es gebrach ihnen auch nicht an erfahrenen Führern, die unter Marius das Kriegshandwerk gelernt hatten. Ihre Imperatoren, der Marser Q. Pompaedius Silo und der Samnite C. Papius Mutilus, machten sich einen großen Namen. Auf römischer Seite übernahmen neben den Konsuln Marius und die Feldherren seiner Schule die Leitung.

Im Jahr 91 v. Chr. war der Aufstand ausgebrochen; im folgenden Jahr begann der eigentliche Krieg mit Rom. Silo befehligte die Heere nördlich vmd östlich von Latium, während Mutilus im Süden kommandierte. Gegen jenen stand der Konsul P. Rutilius Lupus im Feld, unterstützt von Marius und mehreren anderen Legaten : auf dem südlichen Kriegsschauplatz operierte der Konsul L. Julius Caesar, zu dessen Legaten L. Cornelius Sulla gehörte.

n Strabo V 241. Diodor XXXVII 2, 4. \ (Kgl. Museen zu Berlin) III 1. 57. Appian b. civ. I 39 f. Über die Münzen •') S. C. de Asclepiade CIL I^ .588 =

vgl. Beschreibung der antiken Münzen { Brüns' nr. 41, Memnou p. 230 a SOBekker.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§32.) 193

Die Hauptstadt Rom war bedroht; ihre Mauern und Tore mußten besetzt werden; zum Schutz von Latium wurden zum erstenmal auch Freigelassene ausgehoben. Der Konsul Caesar versuchte von Kampanien aus Samnium und Apulien zu unterwerfen, erlitt aber in Samnium eine Niederlage und mußte sich zurückziehen. Nun schwebte Kampanien in unmittelbarer Ge- fahr, die Osthälfte der wichtigen Landschaft, Nola mit Umgebung fiel an Mutilus, der Acerrae längere Zeit belagerte und den Konsul bis nach Tea- num (Sidicinum) zurückdrängte. Der andere Konsul, Rutilius, kämpfte im Norden gleichfalls unglücklich, erlitt eine schwere Niederlage am Tolerus oder Liris und fiel selbst (11. Juni 90 v. Chr.). Die Stimmung in Rom war gedrückt; die Wahl eines neuen Konsuls an Stelle des gefallenen unter- blieb. Aber es gelang der methodischen Kriegführung des Marius, die römische Sache zu behaupten; zusammen mit Sulla erfocht er über die Marser einen bedeutenden Sieg. Gleichzeitig spielten sich an verschiedenen Punkten Kämpfe ab; mehrere den Römern treu gebliebene Städte, wie Aesernia und Pinna, wurden von den Italikern eingeschlossen und fielen nach zähem Widerstand. Von Wichtigkeit war der Krieg in Picenum, wo Cn. Pompeius Strabo nach anfänglichem Mißerfolg die Aufständischen nach Asculum trieb und dort einschloß.

Bisher waren die Umbrer und Etrusker in der Hauptsache dem Auf- stand fern geblieben, doch jetzt machten auch sie Miene, sich anzuschließen. Um die dadurch drohende Gefahr einer Abschnürung Roms von Oberitalien zu beschwören, verstand man sich zur Nachgiebigkeit. Auf Antrag des Konsuls Caesar beschloß das Volk, den bisher loyal gebliebenen Bundes- genossen das Bürgerrecht zu verleihen {lex Julia). Dann folgte (Anfang 89 V. Chr.) das Gesetz der Tribunen M. Plautius Silvanus und C. Papirius Carbo {lex Plauüa Fapiria), worin diese Vergünstigung auf alle Föderierten Italiens südlich des Po ausgedehnt wurde, sofern sie sich binnen einer Frist von sechzig Tagen meldeten. Zur Ergänzung diente das Gesetz des Cn. Pompeius Strabo, Konsuls von 89 v. Chr., das den Transpadanern zwar nicht das römische Bürgerrecht, aber die Rechte der bisherigen latinischen Gemeinden übertrug, i) Den Neubürgern sollten zunächst nicht sämtliche Tribus offenstehen; nach der einen Version hätte man sie nur in acht von den 35 Tribus aufnehmen wollen, nach der anderen, vielleicht besseren wären für sie zehn neue Tribus geschaffen worden, die dann freilich bald wieder verschwunden sein müßten.^) Die gemachten Zugeständnisse ver- hüteten den Abfall der Umbrer und Etrusker; die Widerstandskraft der Insurgenten erlahmte allmählich, und wahrscheinlich haben viele Italiker die Waffen niedergelegt. Doch nahm der Krieg seinen Fortgang und zog sich auch ins Jahr 89 hinein. Die Italiker erzielten noch immer Erfolge, der Konsul L. Porcius Cato blieb in einer Schlacht gegen die Marser. Aber

') Derselbe Cn. Pompeius Strabo hat im propagatione, Wien 1882, S. 61 f. Mommsen,

Feldlager von Asculum spanische Reiter Ges. Schr.V 262 flf. Im Anschluß an Canta-

der tiirma Salluitana für ihre Tapferkeit ldpi sucht Fereero, Größe u. Niedergang

auf Grund der lex lulia mit dem Bürger- Roms I 103 den Widerspruch zwischen

recht belohnt, ILS III 2, nr. 8888. Velleius und Appian aufzuheben durch

-) Velleius II 20, 2. Appian 149. Kubit- die Annahme, daß beide Vorschläge ge-

SCHEK, De Romanorum tribtmm origine ac macht wurden.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 13

194 Römische Geschichte.

die Bewegung hatte kulminiert: Rom gewann das Übergewicht: in Piccnum wurde Asculum von Cn. Pompeius Strabo endlich erobert, und erfolgreich kämpfte L. Sulla in Kampanien, wo er die Gegner wiederholt schlug, die meisten verlorenen Städte, wie Nuceria und Pompeji, zurückgewann und die Hirpiner unterwarf; große Teile von Samnium und Apulien fielen gleich- falls wieder an Rom. Ende 89 v. Chr. war der Aufstand in Mittelitalien fast ganz erloschen. Nur in Nola, einem Teil von Samnium, bei den Lu- kanern und Brettiern behaupteten sich noch die Aufständischen. Anfang 88 V. Chr. mußten sie den Sitz ihrer Bundesregierung von Corfinium nach Aesernia verlegen. Damals traten sie mit Mithridates in Verbindung, der ihnen nach der Eroberung Asiens Hilfe versprach, aber der Moment war verpaßt; von allen Seiten sahen sie sich angegriffen; die Marser wurden von Pompeius Strabo völlig unterworfen, in Samnium verlor Pompaedius Silo, Schlacht und Leben, Apulien wurde erobert, und Sulla, für 88 v. Chr. zum Konsul gewählt, begann mit der Belagerung von Nola. Aber ein neuer Zwischenfall, der Ausbruch des Bürgerkrieges in Rom, verzögerte diesen letzten Akt des brudermörderischen Kampfes.

Der Bundesgenossenkrieg schafft eine Zäsur in der Entwicklung Roms. Sein prinzipielles Ergebnis ist der Eintritt der Italiker in die römische Bürgerschaft, auch in die herrschenden Stände. Das bedeutet eine Aus- weitung des Organismus und eine neue Mischung seiner Säfte. War schon bisher das römische Stadtgebiet unverhältnismäßig angewachsen, so entstand jetzt ein von römischen Bürgern besiedeltes Territorium, das sich nicht als stadtrömisches Kommunalgebiet zentralistisch verwalten ließ. Noch weniger als früher war die so weit verstreute Bürgerschaft in der Lage, sich am öffentlichen Leben der Stammgemeinde Rom zu beteiligen. Die zahlreichen, teilweise bedeutenden Städte Italiens konnten nicht einfach in Rom auf- gehen und von den Beamten Roms verwaltet werden, sie mußten vielmehr ihre kommunale Selbständigkeit behalten. Ihre Einwohner sind zwar zu römischen Bürgern mit römischem Recht geworden; aber die Gemeinden bleiben autonome Körperschaften und werden als municlpia clvium liomanoruin nach römischem Muster, doch unter Schonung berechtigter Eigenart') gesetz- lich konstituiert.^) Munizipien römischer Bürger hatte es bereits gegeben innerhalb des römischen Staatsgebiets; aber jetzt wurde das Munizipal- system neu gestaltet und auf ganz Italien ausgedehnt. Fortan ist das Ge- biet der römischen Bürgerschaft ein Konglomerat einzelner Gemeinden, denen das römische Volk einen großen Teil seiner Rechte übertragen hat; Rom hat aufgehört, die einzige Stadt der römischen Bürger zu sein, und ist statt dessen zur Hauptstadt geworden. Dadurch verändert sich das Wesen des römischen Bürgerrechts. Durch die Aufnahme der italischen Stämme und Städte in die römische Bürgerschaft wird die Verschmelzung mit dem Latinertum begünstigt, durch die Aufhebung der politischen Unterschiede die Bildung eines national geschlossenen Einheitsstaates angebahnt.

') Wie z. B. Neapolis die griechische schaft von einzelnen Personen ausge-

Sprache und anderes beibehielt. arbeitet wurden, ist das tarentinische

2) MoMMSEN, Rom. Staatsrecht III 773 ff. wohl das älteste. Mommsen, Gesammelte

Unter den erhaltenen Munizipalgesetzen, Schriften 1 146 if. XLS II ur. 6086, Bkons"

die im Auftrag der römischen Bürger- j nr. 27.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). B3.) 195

Zunächst freilich hatte erst ein Teil der Italiker das Vollbürgerrecht erreicht; noch standen viele gegen Rom unter Waffen und die inzwischen mit Gewalt Bezwungenen wurden gewiß nicht mit dem Bürgerrecht be- schenkt, sondern als rechtlose Unterworfene betrachtet. Es blieb der nächsten Generation vorbehalten, die Gegensätze auszugleichen und auf der bereits betretenen Bahn bis zum Ziel, bis zur nationalen Einigung Italiens, fort- zuschreiten. Das Tempo haben die auswärtigen Kriege beschleunigt.

Literatur: W. Strehl, M. Livius Drusus, Volkstribun 91 v.Chr., Marburg 1887. J. AsBACH, Das Volkstribunat des jüngeren M. Livius Drusus, Bonn 1888. Erich Marcks, Die Überlieferung des Bundesgenossenkrieges 91 89 v. Chr., Marburg 1884. A. Kiene, Der römische Bundesgenossenkrieg, Leipzig 1845. P. H. Kaptejn, Disser- tatio piiilologico-historica de hello Marsico, I^eiden 1864. Krebs, Reliquiae Jibri XXXVII bibliothecae Diodori Siculi, Weilbui'g 1862. J. Beloch, Der italische Bund unter Roms Hegemonie, Leipzig 1880.

33. Der erste mithridatische Krieg und Sullas Diktatur. Im Orient waren nach der Einverleibung Makedoniens und Asiens mancherlei Ver- schiebungen des Gleichgewichts eingetreten, die auch für die römische Ge- schichte von Bedeutung sind. Die fortschreitende Zersetzung der hellenisti- schen Staaten beschäftigte auch die auswärtige Politik Roms.^)

In Ägypten war die Regierung des Ptolemaios VIII Physkon (oben S. 148) von Konflikten mit seiner Schwester und Mitregentin Kleopatra und von inneren Unruhen fast ganz avisgefüllt. Der Streit spielte auch nach Syrien hinüber, wo die Macht des Königtums durch unaufhörliche Thron- wirren immer tiefer sank. Alexander Balas (150 146 v. Chr.) wurde zwar von Demetrios II, einem Sohn des Demetrios I, gestürzt ; aber als Antiochos VI wurde der Sohn des Usurpators von Diodotos Tryphon, einem früheren Strategen seines Vaters, auf den Schild gehoben. Dieser Diodotos hat mehrere Jahre (145 137 v. Chr.) zuerst im Namen seines Schützlings, dann in seinem eigenen regiert, in stetem Kampf gegen Demetrios II und seinen Bruder und Nachfolger Antiochos VII. Diese Bürgerkriege in Syrien gaben den Parthern Gelegenheit, die Hände nach den östlichen Satrapien des Seleukidenreichs auszustrecken. Als Demetrios II diese Übergriffe abzu- weisen suchte, wurde er von den Parthern in Medien geschlagen und ge- fangen genommen (139 v. Chr.). , Sein Bruder Antiochos VII Sidetes hat noch einmal durch Beseitigung Tryphons (137 v. Chr.) die königliche Macht wiederhergestellt, aber er fiel 129 v. Chr. im Kampf gegen die Parther, die nunmehr ihre Herrschaft bis an den Euphrat vorschoben. Sein Bruder Demetrios II kehrte aus der Gefangenschaft auf den Thron zurück; ihm wurde alsbald von Ägypten aus ein Rivale auf den Hals gehetzt, Alexander Zabinas, der sich in Syrien bis 123/2 v. Chr. behauptete. Schon 125 v, Chr. fand Demetrios ein gewaltsames Ende, ihm folgte sein Sohn Antiochos VIII Grypos, der nach dem Sturz des Zabinas mehrere Jahre unbestritten regierte, dann aber in seinem Halbbruder Antiochos IX Kyzikenos einen Prätendenten erhielt, mit dem er fast zwanzig Jahre lang in Fehde lag. Grypos starb 96 v. Chr., im nächsten Jahr Kyzikenos; ihre Söhne setzten den Streit der Väter fort, so daß das unglückliche Land aus dem Chaos nicht herauskam.

') Über Ägypten und die Seleukiden | gides vol. IL Bevan, The house of Seleucus vgl. J. P. Mahapfy, The empire of the Ptole- i vol. IL Niese, Geschichte der griech. und mies. Bouche-Leclercq, Histoire des La- j makedon. Staaten, Bd. III.

13*

196 Römische Geschichte.

Diese ewigen Kämpfe untergruben die Autorität der Krone, und das Reich löste sich in seine Bestandteile auf. Die großen Städte erlangten die Freiheit, selbständige Herrschaften bildeten sich, unter denen im südlichen Syrien die jüdischen Hohenpriester aus der Familie der Hasmonäer^) und die Fürsten der nabatäischen Araber am bekanntesten sind. Auch das west- liche rauhe Kilikien machte sich unabhängig. Diodotos Tryphon hatte hier im Kampf gegen Demetrios II das Piratentum begünstigt,^) das künftig in den Tauroslandschaften seine breitere und sicherere Basis hatte (oben S. 188). Auch die Parther griflPen über den Euphrat nach Syrien über. Doch wurde ihre Stoßkraft durch Thronstreitigkeiten und durch die Angriffe ihrer nord- östlichen, skythischen Nachbarn gehemmt, vor allem aber durch die Er- starkung des früher von den Seleukiden, dann von. den Parthern abhängigen Armeniens. Der Aufstieg Armeniens begann mit der Regierung des Königs Tigranes (seit etwa 96 v. Chr.). 3) Tigranes einte Armenien und entzog sich der parthischen Suzeränität. Er schob die Grenzen seines Reichs gegen Mesopotamien vor, drängte die Parther vom Euphrat ab und wurde so un- mittelbarer Nachbar der Seleukiden.

In Ägypten starb 116 v. Chr. Ptolemaios VIII; sein Nachfolger wurde sein Sohn Ptolemaios X Lathyros; nur das Gebiet von Kyrene ging auf dessen Bruder, Ptolemaios Apion, über. Apion hinterließ bei seinem Tod (96 V. Chr.), wie einst Attalos III von Pei'gamon, seinen Besitz den Römern, die das Erbe annahmen, aber den griechischen Gemeinden der Kyrenaika die Freiheit gewährten; da jedoch Unruhen und Bürgerkriege ausbrachen, wurde das Land schließlich als römische Provinz eingerichtet (74 v. Chr.). Ptolemaios Lathyros war infolge von Zwistigkeiten mit seiner Mutter und Mitregentin Kleopatra und seinem Bruder aus Ägypten verjagt und durch letzteren, der als Ptolemaios XI Alexander den Lagidenthron bestieg, ersetzt worden (107 v. Chr.). Lathyros mußte sich mit der Herrschaft über Kypros begnügen, gewann aber im Jahr 88 die Pharaonenkrone zurück und regierte über das durch ihn wieder mit Kypros vereinigte Reich bis zu seinem Tod (80 V. Chr.). Die langwierigen dynastischen Kämpfe hatten das ptolemäische Königtum verhängnisvoll geschwächt; Kyrene w^ar für immer abgetrennt; bald sollte sich auch die Insel Kypros losreißen (80 v. Chr.).

Rom förderte den Zersetzungsprozeß des seleukidischen und ptolemäischen Königtums. Von den Parteien angerufen, mischten sich die Römer ein, aber nicht als ehrliche Makler, sondern lediglich auf den eigenen Vorteil bedacht. Gegen Dynasten, die ihnen unbequem wurden, begünstigten sie Rebellen und Usurpatoren.*) Berühmt ist die Gesandtschaft, auf der 139 v. Chr. Scipio Aemilianus zusammen mit Sp. Mummius und L. Caecilius Metellus den Osten bereiste, um in Äg3'pten, Syrien und anderswo Wirren beizulegen und die befreundeten Könige aufzusuchen.^) Die Römer verloren den Orient,

') Die Selbständigkeit der Juden läßt Timarchos und besonders die aufständi-

man gewöhnlich mit Simon 141 v. Chr. sehen Juden. Die erste Gesandtschaft der

beginnen; aber wirklich unabhängig wurde Juden war 161 v. Chr. zur Zeit des Judas

erst Johannes Hyrkauos (135 104 v.Chr.). Makkabaios in Rom anwesend. Niese, Ge-

2) Strabo XIV 668. schichte der griech. und makedon. Staaten

') Die Zeit nach Plutarch Luculi. 21. III 247. 254.

•*) Wie den babylonischen Satrapen ^) Über diese Gesandtschaft und ihre

6. Vierte Periode : Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). 33.) 197

WO sie SO viele Bundesgenossen besaßen und wichtige Interessen wahr- zunehmen hatten, nie aus den Augen.

Das gilt vor allem von Vorderasien, wo ihre Provinz Asia lag. Das Ge- setz des C. Gracchus hatte die bedauernswerte Provinz den römischen Steuer- pächtern überantwortet; sie litt aufs schwerste unter dem Druck des römi- schen Regiments. Viele Römer und Italiker machten sich in dem reichen Land ansässig, das sie in ihrer bevorzugten Stellung rücksichtslos ausbeuteten. Die habgierigen und brutalen Publikanen scheuten sich nicht, auch die be- nachbarten Stadtrepubliken und Fürstentümer heimzusuchen, und ihr Treiben erregte wachsende Erbitterung bei den Einheimischen. Der Bestand der vorderasiatischen Staaten war ziemlich unverändert geblieben : es gab außer den Provinzen Asien und Pamphylien die freien Städte, wie Kyzikos, Rhodos, die Inseln Lesbos, Chios, Samos, Kos und andere; auch der lykische Bund mit dem angrenzenden Gebiet von Kibyra gehört hierher; des weiteren vier Königreiche, Bithynien, Paphlagonien und die beiden Kappadokien. endlich in ihrer Mitte die Galater, eine Vereinigung dreier Stämme mit aristokratischer Stammesverfassung, sie alle mit Rom verbündet, aber unter- einander vielfach verfeindet.

Unter diesen politischen Gebilden erhob sich das nördliche, am Schwarzen Meer gelegene Kappadokien, nach späterem Sprachgebrauch Pontos genannt, zu ansehnlicher Macht. Hier regierten Fürsten, deren Selbständigkeit 281 V. Chr. beginnt und die sich wie auch andere kleinasiatische Könige auf der einen Seite von den persischen Achämeniden, auf der anderen von Seleukos ableiteten. Sie sind Orientalen, aber nicht unberührt von helleni- scher Kultur, die vornehmlich von den griechischen Städten der pontischen Küste ausstrahlte. Der erste bedeutende Regent war Pharnakes, der Sinope eroberte und mit Eumenes Krieg führte (oben S. 14:1). Dessen Sohn Mithri- dates V Euergetes, der Freund und Bundesgenosse der Römer, i) erwarb die Küstenlandschaft bis Amastris und wui'de für den gegen Aristonikos ge- leisteten Beistand mit Großphrygien belohnt. Aber als er um 120 v. Chr. ermordet wurde, zogen die Römer Phrygien wieder ein (oben S. 168). Sein Sohn und Nachfolger war Mithridates VI Eupatpr,^) der zunächst wie auch sein Bruder Mithridates Chrestos mehrere Jahre unter der Vormundschaft seiner Mutter Laodike stand. Alleinherrscher war Mithridates seit etwa 111 v. Chr. nach der Beseitigung seiner Mutter und seines Bruders. Der hochbegabte und tatkräftige Fürst war ein erklärter Philhellene; er hat die Griechen- städte begünstigt und neue angelegt.^'') Sein erstes auswärtiges Unternehmen war die Erwerbung der blühenden Stadt Chersonesos auf der taurischen Halbinsel, der Krim; von den Skythen belagert, hatte sie seine Hilfe an- gerufen. Mithridates befreite sie durch seinen Feldherrn Diophantos, und

Zeit vgl. F. Marx, Studia Luciliana 81 ff. 1 gleichzeitigen Inschriften und Münzen

Münzer, PW IV 1452 f., Nikse, Gesch^ der 1 Mi&gad(ui]g. Mithradates ist also die kor-

griech. u. maked. Staaten III 269 f. K. Ci- : rekte Form des Namens.

CHORius, Rhein. Mus. 63, 1908, 197 ff. ^} Ed. Meyer, Gesch. des Königreichs

') Er leistete nach Appian Mithr. 10 | Pontos, Leipzig 1879; Th. Reinach, il/zY/j;-/-

den Römern im dritten punischen Krieg dcite Eupator roi du Pont, Paris 1890; davon

Hilfe, muß also damals schon regiert haben. eine deutsche Übersetzung mit Berich-

'-) MidQtddiijg schreiben die Texte der tigungen und Nachträgen des Verfassers

Schriftsteller fast ohne Ausnahme, die , von A. Goetz, Leipzig 1895.

198

Römische G«chichte.

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3) Asconius in Comel. 71.

198 Römische Geschichte.

im Anschluß daran wurde auch das Königreich der Bosporaner, d. h. die Städte am Kimmerischen Bosporos mit Tlieodosia in mehreren Feldzügen unter seine Oberhoheit gezwungen (etwa 110 106 v. Chr.). Fast das ganze nördliche Pontosufer bis zur Donau, ja noch darüber hinaus wurde ihm botmäßig; von hier aus trat er neben den Skythen mit den Bastarnern und Thrakern in Freundschaft und Bündnis.') Durch die Einverleibung von Kleinarmenien und Kolchis wurde Mithridates zum eigentlichen König vonPontos, d.h. der Uferlandschaften des Schwarzen Meeres; der NamePontos ist dann später aufsein Stammland, das nördliche Kappadokien übergegangen. Das Nordufer des Pontos lag damals noch außerhalb der römischen Machtsphäre; diese wurde erst tangiert, als Mithridates seine Hand gegen die kleinasiatischen Nachbarn ausstreckte. Er versuchte, sich in dem damals erledigten paphlagonischen Königreich, sowie in Galatien festzusetzen (um 102 V. Chr.); mit besonderer Zähigkeit strebte er nach dem Erwerb von Großkappadokien, auf das schon sein Vater Ansprüche erhoben hatte. Nach- einander beseitigte er den Ariarathes VI (11.2 v. Chr.) und dessen Sohn Ariarathes VII (um 100 v. Chr.); in jene Zeit fällt die diplomatische Mission des Marius (S. 189 f.), endlich vertrieb er um 95 v. Chr. Ariarathes VIII, den letzten seines Geschlechts. Aber die Römer traten allen diesen Anschlägen entgegen und duldeten keine Eroberungen in Vorderasien, In Kappadokien wurde auf Bestimmung des Senats ein König Ariobarzanes gewählt, mit dem eine neue Dynastie beginnt. Ihn betrachtete Mithridates als seinen Feind, den er beständig bekämpfte, wobei er mit Tigranes von Armenien (oben S. 196) gemeinsame Sache machte. Als sein Verbündeter vertrieb Tigranes den Ariobarzanes und setzte einen Anhänger des Mithridates auf den kappadokischen Thron. Aber im Auftrag des Senats führte der Prätor von Pamphylien, L. Cornelius Sulla, den Ariobarzanes wieder zurück (92 V. Chr.). Bald darauf griff Mithridates in Bithynien ein. Nach dem Tod seines Widersachers, Nikomedes II, vertrieb nämlich Mithridates den neuen König Nikomedes III und führte dessen Halbbruder Sokrates mit dem Bei- namen Chrestos auf den bithynischen Thron. Da Rom damals in den italischen Bundesgenossenkrieg verwickelt war, mochte Mithridates hoffen, unbehelligt zu bleiben. Aber die Römer intervenierten doch; der König mußte sich fügen, und die beiden vertriebenen Fürsten denn auch Ariobarzanes war wiederum verjagt worden wurden in Kappadokien und Bithynien von einer römischen Gesandtschaft unter M.' Aquillius restituiert (90/89 v. Chr.). 2) Diese Gesandten veranlaßten nun den Nikomedes zu einem Raubzug ins pontische Reich und verweigerten dann jede Genugtuung für diesen Über- fall, worauf sich Mithridates zum Krieg entschloß. Er setzte sich auch mit den Aufständischen in Italien ins Benehmen (oben S. 19-1). Mithridates war besser gerüstet als die Römer; er hatte ein zahlreiches Landheer, zu dem auch Bastarner und Skythen ihre Kontingente stellten, und eine überlegene Flotte von dreihundert Kriegsschiffen; dazu verfügte er über bedeutende Einkünfte. So gelang es ihm, sich in raschem Anlauf fast ganz Vorderasiens zu bemächtigen. Seine Feldherren rückten in Kappadokien ein; er selbst

■) Niese, Ehein. Mus. N. F. XLI 559 f.

2) Über die Zeit s. Waddington, Fastes des Provinces Asiatiques, 38.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§33.) 199

wandte sich gegen Nikomedes, schlug ihn und vertrieb die von den Körnern aufgebotenen Provinziahnilizen. Er besetzte Bithynien und die Provinz Asien, wo man ihn an vielen Stellen als Retter begrüHste. Die ganze Provinz mit Ausnahme des Südens brachte er in seine Gewalt, während seine Flotte die Inselwelt des Agäischen Meeres beherrschte. Nur Rhodos widersetzte sich. Von Ephesos aus erließ Mithridates an die Satrapen der eroberten Gebiete und an die Magistrate der freien Städte den Blutbefehl, alle Italiker, deren man habhaft werden konnte, an einem und demselben Tag zu ermorden; in einem grauenhaften Pogrom, dem Tausende und Abertausende zum Opfer fielen, entlud sich der fanatische Haß der Bevölkerung gegen die fremden Bedrücker (88 v. Chr.). In den besetzten Landschaften richtete sich der König zu dauernder Herrschaft ein; Pergamon machte er, gewissermaßen -als Nachfolger der Attaliden, zur Residenz.

Durch den Haß gegen Rom, der die kleinasiatische 'Vesper' diktiert hatte, fühlte sich der pontische Halbbarbar mit dem griechischen Element ver- bunden; auch am jenseitigen Gestade des Agäischen Meeres wollte er die Rolle des Befreiers spielen. Zu dem Behuf marschierte noch im Jahr 88 V. Chr. ein Landheer, geführt von einem pontischen Prinzen, durch Thrakien gegen Makedonien und segelte eine Flotte unter Archelaos über das Agäische Meer. Noch ehe sie erschien, war Athen zu Mithridates übergetreten. Nicht lange zuvor hatte der römische Senat in die Verfassungskämpfe der Athener ■eingegriffen und die Demokratie abgeschafft; darüber erbittert, neigte die Bürgerschaft zum Anschluß an Mithridates. i) Zu Athen gehörte damals Delos, das die Römer nach dem Abfall Athens besetzten; dann eroberte Archelaos die Insel, wobei viele Bewohner, darunter die ganze römisch- italische Kolonie, hingemetzelt wurden; von dieser Katastrophe hat sich Delos nie wieder erholt. Ganz Griechenland, außer Aetolien und Thessalien, mußte sich dem Mithridates unterwerfen. Der Prätor von Makedonien C. Sentius Saturninus mit seinem Quästor Bruttius Sura war fast machtlos, zumal da auch noch Gallier und Thraker auf Veranlassung von Mithridates die Provinz heimsuchten und bis Griechenland vorstießen (89 und 88 v. Chr.) (oben S. 187 f.); überdies war das pontische Heer im Anmarsch.

Während ihnen so die asiatischen und griechischen Provinzen verloren gingen, hatten die Römer bei sich zu Haus den Bürgerkrieg. Schon während des Bundesgenossenkrieges war es zum Konflikt zwischen der Ritterpartei und dem Senat gekommen. 2) Die Beschwerden über die richterliche Praxis der Ritter verdichteten sich 89 v.Chr. zu einem Gesetz des Volkstribunen M.Plautius Silvanus, das die Richter vom Volk, fünfzehn aus jeder Tribus, wählen ließ.^) Neue Unruhen wurden durch die Geldnot hervorgerufen, die der Krieg er- zeugte. Die bedrängten Schuldner zogen alte Wuchergesetze ans Licht und bedrohten die Gläubiger mit Anklagen, worauf die Geldleute sich zusammen- rotteten und den Prätor A. Sempronius Asellio, der den Schuldnern Gehör

') Vgl. Poseidonios fr. 41 bei Athenaeus | sisch) S. 225if. Ferguson. Klio IV, 1904, 1 ff.

'V211E; Hertzberg, Gesch. Griechenlands ; -) Appian b. civ. I 54f. Livius per. 73.

unter den Eömern I 148; Wächsmuth, Die Plutarch Sulla 6 f. Marius 34 f. Velleius

Stadt Athen im Alterthum 1655 f.; Niese, i II 10 f. Diodor XXXVII 2.

Ehein. Mus. N. F. XLII 574 f. Shebeleff, ^) Asconius in Cornel. 71.

Aus der Geschichte Athens 229—31 (rus- ;

200 Römische Geschichte.

gab, erschlugen. Schlierslicli führte die auswärtige Politik, der Angriff des Mithridates, zu einer schweren Krisis. Das einträgliche Kommando in Asien wurde von mehreren Bewerbern begehrt; der Senat hatte es dem Her- kommen gemäß dem Konsul L. Cornelius Sulla bestimmt, aber Marius trat dazwischen. Bisher hatten sich die beiden ungleichen Männer vertragen; Sulla hatte sich im jugurthinischen wie im kimbrischen Krieg unter dem Oberbefehl des Marius bewährt; im Bundesgenossenkrieg wuchs freilich Sulla über den alternden Marius hinaus. Aber Marius war noch immer von brennendem Ehrgeiz erfüllt; in seiner Eifersucht gönnte er dem Sulla keine neuen Lorbeeren; er wollte sich selbst den Oberbefehl gegen Mithridates sichern. In dieser Absicht verband er sich mit dem Tribunen P. Sulpicius Rufus, einem feurigen und beredten Demagogen der Ritterpartei. Dieser stellte zunächst den Antrag, die italischen Neubürger und zugleich die Frei- gelassenen in alle Tribus gleichmäßig aufzunehmen, was er auch unter Anwendung von Gewalt gegen den Widerstand des Senats und der Kon- suln durchsetzte. Durch einen zweiten Volksbeschlufs wurde der Krieg gegen Mithridates dem Marius übertragen. Der benachteiligte Sulla fügte sich dem nicht und fand an seinem Heer, das bei Nola stand, den nötigen Rückhalt. Er marschierte mit seinen ihm ergebenen Truppen gegen Rom, das er überrumpeln konnte. Durch Beschluß von Senat und Volk wurden Sulpicius, Marius mit seinem Sohn und zehn andere der Gegner für Staatsfeinde erklärt und geächtet. Sulpicius wurde auf der Flucht ge- tötet, Marius entkam mit seinem Sohn und einigen Freunden nach Afrika, wo er schließlich in Mauretanien Aufnahme fand. Die Gesetze des Sul- picius wurden kassiert, und durch neue Gesetze beschränkte Sulla die Macht der Volkstribunen. Die Beschlüsse der Komitien wurden von der Ge- nehmigung des Senats abhängig gemacht; die gesetzgebende Gewalt wurde allein den Centuriatkomitien übertragen und vielleicht statt der reformierten Stimmordnung (oben S. 153) die alte des Servius Tullius wiederhergestellt.') Es wurde ferner beschlossen, den Senat durch dreihundert neue Mitglieder zu verstärken und den Veteranen Kolonien anzuweisen. Doch war die Bürger- schaft dem Sulla keineswegs gewogen; die ungesunden und verworrenen Zustände illustriert drastisch der Fall des Konsuls Q. Pompeius, dem das Heer des Cn. Pompeius Strabo und ein Kommando in Italien übertragen worden war. Strabo wiegelte seine Soldaten gegen den Konsul auf, der denn auch beim Antritt des Oberbefehls im Lager ermordet wurde, worauf Strabo ohne weiteres an seine Stelle trat. Sulla selbst ging nach Ablauf des Konsulates 87 v. Chr. nach Griechenland hinüber, um zunächst die pontischen Heere zu vertreiben.

Die besiegte Partei, die sich noch während Sullas Anwesenheit bemerkbar machte und die Rückberufung des Marius forderte, brachte sich nach seiner Ab- reise bald wieder zur Geltung. An ihre Spitze trat der eine der Konsuln von 87 V. Chr., L. Cornelius Cinna, der die sulpicischen Gesetze sogleich erneuerte und dadurch blutige Kämpfe in Rom hervorrief. Cinna erlag allerdings seinem Kollegen Cn. Octavius ; er verließ mit seinen Anhängern Rom, worauf er

') Appian I 59. Mommsen, Rom. Staatsrecht III 270 Aum. 1.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v.Chr.). (§33.) 201

seines Amtes entsetzt und L. Cornelius Merula statt seiner zum Konsul ge- wählt wurde. Allein die Truppen, die Nola belagerten, stellten sich hinter den Exkonsul ; so konnte Cinna die Rückkehr nach Rom vorbereiten; er berief den Marius und die übrigen Verbannten zurück; Marius landete mit einer Schar in Etrurien, sammelte Truppen um sich, vereinigte sich mit Cinna und übernahm die Leitung des neuen Bürgerkriegs. Er gewann auch den Beistand der noch aufständischen Italiker, besonders der Samniter. gegen die damals Q. Caecilius Metellus Pius kämpfte. Pius erhielt vom Senat den Auftrag, mit den Samnitern Frieden zu schließen, aber diese verlangten die Rückgabe ihrer Güter und das Bürgerrecht für sich und die bei ihnen befindlichen Überläufer, Forderungen, die dem Senat zu weit gingen. Marius dagegen erfüllte die Wünsche der Samniter, worauf Metellus Pius nach Rom zog, um bei der Verteidigung zu helfen. Auch Pompeius Strabo erschien mit seinen Truppen vor der Stadt; nach längerem Schwanken entschied er sich für die Regierung, wurde aber noch während des Krieges vom Blitz erschlagen. Der Angriff auf Rom wurde von Marius geschickt geleitet, die Verteidigung versagte. Von verschiedenen Seiten rückten die Marianer heran, die Stadt wurde von jeder Zufuhr abgeschnitten und immer enger umklammert ; Seuchen lichteten die Reihen der Verteidiger, von denen viele zu den Revolutionären überliefen. So mußte der Senat sich zur Kapi- tulation entschließen, Cinna als Konsul anerkennen und dem Marius die Rückkehr gestatten. Sullas Gesetze wurden aufgehoben, und eine blutige Rache traf die Regierungspartei. Unter den Opfern waren die Konsuln Octavius und Merula, ferner Q. Lutatius Catulus, einst der Kollege des Marius im Konsulat, und der Redner M. Antonius. Sullas Vermögen wurde eingezogen, sein Haus zerstört. Dem wilden Treiben der marianischen Banden wurde erst nach dem Tod des Marius durch Cinna und Q. Sertorius ein Ziel gesetzt. Marius trat zusammen mit Cinna aus eigener Macht- vollkommenheit am 1. Januar 86 v. Chr. sein siebentes Konsulat an, über- lebte aber die Erfüllung dieses sehnlichen Wunsches nur um wenige Tage; am 13. Januar 86 starb der Mann, der einst Rom vor den Barbaren ge- rettet hatte, zuletzt aber durch Ströme A^on Bürgerblut gewatet war. Zum Nachfolger bestellte Cinna den L. Valerius Flaccus, dem an Stelle Sullas der Krieg gegen Mithridates übertragen wurde.

Viele Optimaten flüchteten zu Sulla, der nach seiner Landung in Epirus rasche Erfolge erzielte; die meisten griechischen Gemeinden waren nur der Not gehorchend zu Mithridates übergegangen und kehrten bereitwillig zu Rom zurück. Archelaos wurde nach einer Niederlage in Böotien auf Athen und den Piraeus zurückgedrängt; nach langer Belagerung, die den ganzen Winter 87/86 v. Chr. dauerte, wurde zunächst das von Aristion verteidigte Athen erstürmt (1. März 86), hierauf der Piraeus mit Ausnahme der Burg Munichia erobert. Athen wurde verwüstet, die Akropolis geplündert; im Piraeus wurden damals die großartigen Hafenanlagen aus Athens Blütezeit zerstört, die der Stadt bei allem Verfall noch immer eine gewisse maritime Bedeutung verliehen hatten. Aber Sulla wollte den Hafen für die pon tische Flotte unbrauchbar machen. Inzwischen hatte das Landheer des Königs Makedonien erobert, war dann durch die Thermopylen nach Griechenland

202 Römische Geschichte.

vorgedrungen und hatte sich mit Archelaos, der von seinem Hauptquartier Chalkis aus die See beherrschte, vereinigt. Sulla erwartete den Feind an der Grenze von Böotien und Phokis, bei Ghaironeia, und brachte dem an Zahl weit überlegenen, aber schlecht geführten pontischen Heer eine ver- nichtende Niederlage bei.^) Solche Erfolge stärkten die Stellung Sullas seinen politischen Gegnern in der Heimat wie seinen Soldaten gegenüber. Der zur Ablösung Sullas eingetrofPene Valerius Flaccus vermochte nichts auszurichten, ja seine Vorhut ging sogar zu Sulla, der ihm ins südliche Thessalien entgegengezogen war, über. Eine Begegnung der beiden rivalisierenden Feldherren unterblieb, es ist sogar möglich, daß ein Ver- gleich zustande kam, der für Sulla um so erwünschter war, als gerade jetzt ein starkes, neues Heer des Mithridates unter Dorylaos auf Euböa landete und in Böotien eindrang. So zog ein jeder seines Wegs, Valerius Flaccus nach Norden, Sulla nach Süden gegen Dorylaos, der sich mit Archelaos vereinigte und bei Orchomenos in Böotien Stellung nahm. Er wurde von Sulla angegriffen und geschlagen. Das pontische Heer wurde aufgerieben (86 v. Chr.). 2) Damit war Griechenland zurückgewonnen. Nur Euböa nebst einigen Seeplätzen war noch in der Hand des Mithridates, der auch die Seeherrschaft behauptete; seine Kriegsschiffe hatten sogar das Ionische und Adriatische Meer unsicher gemacht und die anliegenden Küsten angegriffen. Sullas Heer überwinterte in Thessalien (86/85 v. Chr.).

Flaccus eroberte Makedonien zurück und zog unter Kämpfen mit den Thrakern an den Bosporus, wo er die Brückenköpfe Byzanz und Kalchedon besetzte. Bei der zuchtlosen Soldateska war sein Legat C. Flavius Fimbria, der ihr alles nachsah, weit beliebter. Die beiden entzweiten sich: aber die Truppe nahm für den gemaßregelten Legaten Partei. Der Konsul floh, wurde aber in Nikomedeia in Bithynien von den Häschern Fimbrias ereilt und ge- tötet. Fimbria riß den Oberbefehl an sich, schlug die pontischen Truppen bei Miletopolis an der Propontis und drang siegreich nach Süden vor, so daß ' Mithridates Pergamon räumen mußte. Fimbria führte ein wahres Schreckens- regiment in dem eroberten Land; auch Bion wurde erstürmt und geplündert.

Durch die Siege Fimbrias geriet Mithridates in eine schwierige Lage, um so mehr als es dem L. Licinius Lucullus, Sullas Quästor,^) gelungen war, bei den Seestaaten des Ostens eine ansehnliche Flotte zu requirieren, ■die 85 v. Chr. im Agäischen Meer erschien und die Inseln befreite. Auch war schon nach der Schlacht bei Chaironeia in Asien ein Stimraungs- umschwung eingetreten; Ephesos^) und mehrere andere Städte sagten sich von Mithridates los, desgleichen die Galater, wodurch sich der nervös gewordene König zu strengem Vorgehen gegen alle unsicheren Kantonisten veranlaßt sah. Unter diesen Umständen knüpfte er schon nach der Schlacht bei Orcho- menos durch Archelaos Verhandlungen mit Sulla an. Da beide Parteien den Frieden wünschten, gelangte man rasch zur Einigung. Es wurde ver-

') Vgl. Leake, Travels in Northern Greece Jahr gehört wie die Einuahnie Athens

II 194 flf. J. Kromayer, Antike Schlacht- und die Schlacht bei Chaironeia. felder II 353 ff. ■^) Lucullus war im Winter 87 86 v. Chr.

'-) Es kann keinem Zweifel unterliegen, von Athen aus in den Orient entsandt

•daß, wie Th. Eeinach richtig erkannt hat, worden, ■die Schlacht bei Orchomenos in dasselbe ■•) Vgl. SIG 11=* nr. 742.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§33.) 203

abredet, daß der König die vorderasiatischen Eroberungen dieses Krieges, nämlich Großkappadokien, Paphlagonien, Galatien, Bithynien und Asia, auf- geben, 2000 (oder 3000) Talente Kriegskosten zahlen und an Sulla von seiner Flotte siebzig oder achtzig Schiffe für die Rückkehr nach Italien ab- treten sollte. Ein Waffenstillstand trat sofort ein; Archelaos mußte dafür seine Schiffe ausliefern und die letzten pontischen Besatzungen aus Europa entfernen. Während der Verhandlungen rückte Sulla nach Makedonien und züchtigte die Skordisker, Dardaner, Mäder und andere Völkerschaften, von denen die Provinz in den letzten Jahren wiederholt belästigt worden war. Der Abschluß des Friedens verzögerte sich, weil Mithridates, in der Hoff- nung durch den Hinweis auf Fimbria günstigere Bedingungen zu erlangen, Schwierigkeiten machte. Als aber Sulla sich zum Angriff auf Asien an- schickte, gab er nach. Zu Dardanos wurde dann bei einer persönlichen Zu- sammenkunft Sullas mit dem König der Friede endgültig geschlossen (85 V. Chr.).^) Nikomedes HI und Ariobarzanes kehrten unter dem Schutz römischer Soldaten in ihre Königreiche zurück.

Der Krieg hatte noch ein kurzes Nachspiel, Sullas Abrechnung mit Fimbria, seinem politischen Widerpart, den die pontische Diplomatie gegen ihn auszuspielen gesucht hatte. Die Fimbrianer standen bei Thyateira, wo Sulla sie einschloß und zum Eintritt in sein Heer zwang. Fimbria selbst nahm sich im Tempel des Asklepios bei Pergamon das Leben. Sulla blieb längere Zeit (85/84 v. Chr.) in Asien, wo er die treu gebliebenen Städte belohnte, über die abtrünnigen strengstes Gericht hielt; 2) die ganze Provinz mußte für ihren Abfall schwer büßen und Quartierlasten und hohe Kon- tributionen (20000 Talente = 94308000 Goldmark) tragen; auch war der Tribut für 5 Jahre nachzuzahlen; um diese Summen aufzubringen, mußte sich die Provinz tief in Schulden stürzen. Aber Sulla füllte rücksichtslos seine Kassen, mußte er doch für die Rückkehr nach Italien auch in finanzieller Hinsicht mobilisieren. Im Jahr 84 v. Chr. 3) setzte Sulla nach Griechenland über, wo er überwinterte und seine Rüstungen vollendete. Griechenland hatte in dem Krieg, dessen Kosten es mit bestreiten mußte, dauernden Schaden genommen: die pontische Flotte hatte die Küsten verheert; Sulla hatte die ehrwürdigen Kultstätten in Delphi, Olympia und Epidauros ihrer Reichtümer beraubt, überall gebrandschatzt,*) Böotien und Attika ver- wüstet und entvölkert.

Inzwischen herrschte in Italien und den westlichen Provinzen die marianische Partei; sie hat den Bundesgenossenkrieg vollends beendet und den Ausgleich mit den Italikern durchgeführt. Als nun 85 v. Chr. der Friede mit Mithridates geschlossen war und Sulla in einem Schreiben an

^) Dieses Jahr ergibt sich unzweifelhaft mithridatischen Krieges vgl. Empekiüs,

aus Appian b. civ. I 76 und 77. De temporum belli MitJu-idaticl prhm ratione,

2) Nach Memnon p. 232 a 18 hat Sulla Göttingen 1829; H. Beknhakdt, Über die

versprochen, die zu Mithridat übergetre- Chronologie der mithridatischen Kriege,

tenen Städte nicht zu bestrafen, aber sein Marburg 1896. und das oben zitierte Werk Versprechen nicht gehalten. Dies ist ge- i von Th. Reinach.

wiß gute Überlieferung. Die Überwinte- ^) Ein lehrreiches Beispiel liefert eine

rung Sullas in Asien bezeugt Tacit. annal. Inschrift aus Gytheion. SIG 11^ nr. 748.

IV 56. Vgl. Asconius p. 75, 8 Scholl.

^) Über die Zeitrechnung des ersten

204 Römische Geschichte.

den Senat seine Rückkehr ankündigte, begannen die damaligen Konsuln L. Cinna und Cn. Papirius Carbo eifrige Rüstungen zu Wasser und zu Land. Die Allgemeinheit war freilich dem Kampf abgeneigt; der Senat schickte Gesandte an Sulla, und dieser lehnte einen Vergleich nicht ab; erforderte Rückkehr der Vertriebenen und seine eigene Restituierung. Allein die marianischen Parteihäupter vereitelten das Abkommen, Cinna und Carbo usurpierten ohne rechtmäßige Wahl das Konsulat für das nächste Jahr (84 V. Chr.), rüsteten weiter und planten den Übergang über die Adria, um Sulla in Makedonien aufzusuchen. Aber die Truppen meuterten und er- schlugen den Cinna. Nach seinem Tod hintertrieb Carbo die Wahl eines Ersatzmannes und blieb alleiniger Konsul. Schon begannen einzelne Partei- freunde Sullas auf eigene Faust mit Werbungen, so Q. Metellus Pius und der junge Cn. Pompeius, der Sohn Strabos, der in seiner Heimat Picenum zwei Legionen aufstellte. i) Das große Ereignis der Rückkehr Sullas warf seine Schatten voraus.

Ln Frühjahr 83 v. Chr. landete Sulla mit sechzehnliundert Schiffen und vierzigtausend Mann bei Brundisium, das ihm sofort seine Tore öfPnete.^) Metellus Pius und Cn. Pompeius stießen zu ihm. Die Italiker wurden von Sulla beruhigt; in besonderen Verträgen bestätigte er ihnen die erworbenen Rechte, besonders den schon im Jahr 87 v. Chr. bewilligten Zutritt zu allen Tribus.3) So gewann er ansehnliche Verstärkungen und konnte in Kam2:>anien eindringen. Am Berg Tifata erfocht er über den Konsul C. Norbanus den ersten Sieg; dessen Kollege L. Cornelius Scipio ließ sich auf Unterhand- lungen ein und sah sich darüber von seinem Heer verlassen, das zu Sulla überging. In Rom wurde um diese Zeit (am 6. Juli 83 v. Chr.) der kapi- tolinische Tempel ein Raub der Flammen. In der adriatischen Küsten- landschaft machten Sullas Parteigänger gleichfalls Fortschritte, besonders Pompeius und M. Licinius Crassus, welch letzterer während der Herrschaft der Marianer in Spanien ein Asyl gefunden hatte. ^) Den Marianern fehlte das Vertrauen in ihre Sache und der rechte Führer, der Abfall breitete sich aus.^) Da eine Versöhnung auch jetzt nicht zustande kam, so ging im nächsten Jahr (82 v. Chr.) der Krieg weiter. Im nördlichen Italien, am Adriatischen Meer stand der eine Konsul, Carbo, mit seinen Genossen den Legaten Sullas gegenüber, dem Metellus Pius, Pompeius, L. und M. Lucullus und anderen; auch die Flotten traten in Aktion. Nach verschiedenen kleineren Erfolgen erlangten die Sullaner durch einen Sieg des Metellus Pius bei Faventia die Oberhand. Sulla selbst drang in Latiuni ein und be- siegte den einen Konsul, den jüngeren C. Marius, in einer großen Schlacht bei Sacriportus unweit Signias. Der Übertritt einiger Kohorten zu Sulla gab die Entscheidung. Die Geschlagenen warfen sich nach Praeneste, wo sie eingeschlossen wurden. Marius mußte Rom aufgeben, nachdem er zuvor einige Optimaten, darunter Q. Mucius Scaevola, hatte hinrichten lassen.

') Plutarch Pomp. 5. Exuperant. 4. Liv. per. 84. Mommsen, Rom.

') Vgl. zum folgenden E. Linden, De. hello Staatsrecht III 179 f. civili Sidlano, Diss. Freiburg i. B. 1896. *) Plutarch Crassus 4.

^) Dieser war schon 87 v. Chr. bewilligt ' ") Plutarch Sertor. 6.

und gelangte 84 v. Chr. zur Ausführung. 1

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§33.) 205

Rom fiel an Sulla, der nun weiter gegen Carbo nach Etrurien, der Hoch- burg der Marianer, vorrückte. Carbo wurde nach mehrfachen Niederlagen von vielen seiner Anhänger verlassen und floh mit der Flotte nach Afrika. Die Reste seines Heeres in Italien vereinigten sich mit den Samnitern und Lukanern, die unter C Pontius Telesinus und M. Lamponius zunächst Praeneste zu entsetzen versuchten. Da sie den Zernierungsgürtel nicht durchbrechen konnten, versuchten sie einen Handstreich gegen Rom. Aber Sulla eilte noch rechtzeitig herbei und gewann am 1. November 82 v. Chr.') am collinischen Tor einen blutigen, für die Gegner vernichtenden Sieg, an dem M. Crassus ein hervorragendes Verdienst hatte. Praeneste mußte bald darauf kapitulieren, Marius nahm sich das Leben, und die Einwohner wurden hart bestraft. Den letzten Widerstand in Italien brachen die Legaten Sullas. Am längsten hielten sich Norba und das etruskische A^olaterrae,^) das erst nach zwei Jahren, 79 v. Chr., erobert wurde.

Nach dem Sieg in Italien fielen auch die westlichen Provinzen in die Gewalt Sullas und seiner Heerführer. Sardinien wurde noch im Jahr 82 V. Chr. besetzt. Nicht einmal in den spanischen Provinzen konnten sich die Marianer behaupten. Nach Sizilien sandte Sulla den Cn. Pompeius, der dort auf keine Gegenwehr stieß. Carbo war nach der Insel Cossura entflohen; er wurde aufgehoben und nach Lilybaeum vor Pompeius gebracht, der ihn hinrichten ließ. Von Sizilien setzte Pompeius nach Afrika über; dort hatte der Marianer Cn. Domitius Ahenobarbus im Verein mit dem numidischen Prätendenten Hiarbas eine ansehnliche Macht gesammelt. Pompeius schlug den Domitius und nahm Hiarbas gefangen; der rechtmäßige König Hiempsal erhielt sein Reich zurück. In nur vierzig Tagen war Afrika gewonnen. Von allen Gehilfen Sullas war der junge Pompeius der erfolgreichste und be- liebteste; 2) er, der überhaupt noch keine ordentliche Magistratur bekleidet hatte, der nicht einmal Senator, sondern nur Ritter war, ertrotzte von Sulla, der ihn bereits durch den Ehrennamen Magnus ausgezeichnet hatte, auch noch den Triumph über Afrika, den er am 12. März 79 abhielt. Sulla selbst hatte bereits am 27. und 28. Januar 81 unter großem Gepränge über Mithri- dates triumphiert. Durch Feste und Schauspiele, bei denen Künstler aus Griechenland auftraten, sollte die Bevölkerung Roms über die Not der Zeit hinweggetäuscht werden.

Die marianische Partei traf die Rache des Siegers, die nicht einmal vor dem Grab des Marius Halt machte und ihre Opfer in ganz Italien fand. Wer nach den Unterhandlungen mit L. Scipio (83 v. Chr.) noch die Waffen getragen hatte, wurde straffällig. Die anfängliche Milde Sullas schlug nach dem Sieg in brutale Härte um. Die prominenteren Gegner wurden in der neuen Form der Proskription geächtet, indem nämlich Sulla ihre Namen „proskribieren", d. h. durch öffentlichen Anschlag bekannt machen ließ. Diese Proskribierten hatten auf Grund eines besonderen Gesetzes nicht nur Leben und Vermögen verwirkt, sondern werden auch noch in ihren Söhnen und Enkeln bestraft, indem diese ihre Nachkommen für die Ämterlaufbahn

') Das Datum bei Velleius II 27, 1; vgl. Marquardt, Staatsverwaltung III 585. -) Strabo V 228.

^) Cn. Pompeius war geboren am 29. Sep- tember 106 V. Chr. Plin. h. n. XXXVII 13. Velleius II 53, 5. Dkumann-Groebe IV 332 f.

206

Römische Geschichte.

disqualifiziert wurden. Rund 40 Senatoren und gegen 1600 ßitter hat Sulla proskribiert; ') gerade der Ritterstand war dem Sulla besonders verhaßt. Die Gesamtzahl der Opfer war noch weit höher. Mancher Sullaner benutzte die Gelegenheit zur Befriedigung persönlicher Rachsucht und zur eigenen Bereicherung; denn Sulla ließ seine Anhänger in dieser Hinsicht gewähren. Von den Italikern erging es den Etruskern und Samnitern am schlimmsten. 2) Viele verloren ihr Leben, viele mußten in die Verbannung gehen; die ein- gezogenen Güter wurden verkauft oder verschenkt. Die großen Landstrecken, die zur Einziehung kamen, wurden zu ausgedehnten Ansiedlungen und Kolonisationen benutzt, wie sie Sulla schon früher beabsichtigt hatte. Ein gewaltiger Besitzwechsel vollzog sich. Gegen 150000 Veteranen wurden mit Land versorgt, zumeist in Samnium, Kampanien und Etrurien. Hierdurch wurde der Menschenverlust der letzten italischen Kriege wenigstens zum Teil ersetzt und zugleich die Latinisierung der Osker und Etrusker be- schleunigt, deren Nationalität vollends ausstirbt. Ein Beispiel bietet Pom- peji in Kampanien, das zu den von Sullas Veteranen besetzten Städten gehört: das Inschriftenmaterial illustriert hier den Sieg des Lateins über das Oskische. Der mit dem Bundesgenossenkrieg einsetzende Prozeß der nationalen Einigung Italiens wurde so durch Sullas Maßnahmen beschleunigt. Sulla war unumschränkter Herr im Staat; da beide Konsuln tot waren, so wurde zunächst ein Interrex ernannt, und dieser, L. Valerius Flaccus, kreierte Ende 82 v. Chr. auf Grund eines besonderen Gesetzes den Sulla auf unbestimmte Zeit zum didator relpubhcae constituendae behufs Neuord- nung der Verfassung; alle bisherigen Verfügungen Sullas wurden für gültig erklärt.^) Im Besitz dieser diskretionären Gewalt hat Sulla eine umfassende gesetzgeberische Tätigkeit entfaltet und dabei vor allem die Interessen seiner eigenen Partei, der oligarchischen, wahrgenommen; als Produkt einer sena- torischen Restaurationspolitik sind seine Gesetze bald angefochten worden. Aber darüber hinaus hat Sulla auch notwendige und längst gewünschte Re- formen und Verbesserungen der Verwaltung und Rechtspflege vorgenommen und Bestimmungen von Dauer und von normativer Bedeutung für die Zu- kunft getrofPen.*) Zunächst erneuerte Sulla die in seinem ersten Konsulat ergangenen Beschränkungen der legislativen Gewalt der Komitien und der Volkstribunen ; 5) ein anderes Gesetz verschloß den Volkstribunen den Zu- tritt zu den übrigen Magistraturen. Die Gerichte wurden dem Ritterstand entzogen und den Senatoren zurückgegeben. Zugleich wurden die Quä- stionen, d. h. die Kriminalgerichtshöfe, weiter ausgebaut. Unumgänglich war eine Vermehrung der Magistrate, deren geringe Zahl der Ausdehnung des Reichs und der Häufung der Geschäfte nicht mehr entsprach. Sulla vermehrte die Prätoren von sechs auf acht, die Quästoren brachte er auf zwanzig. Auch die Mitgliederzahl der Priesterkollegien wurde erhöht, ihre Bestellung durch

^) Appian b. civ. 1 95; die höheren Zahlen bei Appian b. civ. I 103 sind auf die Opfer des Bürgerkrieges überhaupt zu beziehen; vgl. MoMMSEN, Rom. Gesch. 11^ 344 Aum.

2) Strabo V 249.

^) Appiau b. civ. I 99.

^) Zächakiä, L. Cornelius Sulla als Ord-

ner des römischen Freistaates, Heidelberg 1834; Th. Lau, L.Cornelius Sulla, eine Bio- graphie, Hamburg 1855. J. Lengle, Unter- suchungen über die suUan. Verfassung, Diss. Freiburg i. B. 1899.

^) M. Sunden, De fribunicia potestate a L. Sulla imminiita, Uppsala 1897.

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6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§34.) 207

Volkswahl (oben S. 188) abgeschafft und die frühere Ernennung durch Ko- optation wieder hergestellt. Besonders wichtig sind Sullas Bestimmungen über die Intervallierung und Eeihenfolge der Amter und über die Provinzial- verwaltung. Er machte es zur Regel, daß die Konsuln und Prätoren wäh- rend ihres Amtsjahres in Rom blieben und erst nachher mit prorogiertem Imperium in die Provinzen gingen: wenigstens für die Prätoren gilt dies fast ausnahmslos. Der Senat wurde durch Volkswahl aus den Rittern um dreihundert Mitglieder vermehrt, also auf sechshundert gebracht, ein Pairs- ■^ü Schub, der ebenso dem erweiterten Geschäftsbereich dieser Körperschaft wie

Em dem Schwinden der durch die letzten Kriege gelichteten Aristokratie Rech-

nung trug. Die alljährliche Ergänzung des Senats regelte sich weiterhin so, daß immer die gewesenen Quästoren in ihn eintraten: die Zensoren, deren Amt überhaupt seinen Charakter geändert hatte, wurden dadurch für die Ergänzung des Senats überflüssig. Noch mehr als früher fiel die Staatsgewalt, die eigentliche Regierung, an den Senat, womit die Konsequenz gezogen war aus der bisherigen Entwicklung, aus der Vergrößerung des Reichs und aus der neuen Struktur der Bürgerschaft, die nicht mehr unmittelbar in die Geschäfte eingreifen konnte. Ein Reich von solchem Umfang konnte nicht durch die plehs iirhana in öffentlichen Versammlungen regiert werden und auch die Marianer hätten sich wohl oder übel des Senats bedienen müssen. Die Neuordnung des Gemeinwesens erforderte große Geldmittel, die von der Staatskasse nicht aufgebracht werden konnten; denn die Kriegsbeute wurde meist verschenkt oder verschleudert, wobei der Staat das Nachsehen hatte. Um die Kosten zu decken, mußte selbst Tempeleigentum verkauft werden, auch die Provinzen, die verbündeten Städte und Könige wurden herangezogen. Auch das reiche Ägypten dachte Sulla zu schröpfen. Er führte nach dem Tod des Ptolemaios Lathj^ros den jungen Ptolemaios Alexander II, der sich unter seinen Schutz gestellt hatte, ^) auf den ägyptischen Thron. Aber sein Schützling wurde schon neunzehn Tage nach der Thronbesteigung vom alexandrinischen Mob erschlagen, worauf zwei illegitime Söhne des Ptolemaios Lathyros zur Regierung kamen, der eine in Ägypten, der andere auf Kypros.

Nach Ordnung des Staates legte Sulla, der ungekrönte König, 79 v. Chr. die Diktatur freiwillig nieder. Auch als Privatmann blieb er eine Macht: im Senat dominierten seine Parteifreunde; seine Veteranen aber und die zehntausend Cornelier, die von ihm freigelassenen Sklaven der Proskribierten, verbürgten seine persönliche Sicherheit. Schon im nächsten Jahr {78 v. Chr.) erlag er im Alter von sechzig Jahren einem Blutsturz. Seinen letzten Lebens- abschnitt hatte er heiterem Daseinsgeuuß gewidmet, den dieser Vorläufer Petrons allem Machtkitzel vorzog. Er hat umfangreiche Aufzeichnungen in griechischer Sprache {vjiojnv)'juaTa) hinterlassen, von denen in den Bio- graphien Plutarchs noch Reste erhalten sind.

34. Unruhen nach Sullas Tod. Sozusagen am Scheiterhaufen des mit fürstlichen Ehren beigesetzeu Diktators entzündete sich die Fackel einer

I

1) Er war Sohn des Ptolemaios Alexan- der I (oben S. 196) und wurde auf Kos erzogen, wo er 88 v. Chr. dem Mithridates

in die Hände fiel. Später entfloh er zu Sulla. Appian Mithrid. 23; bell. civ. 102.

206 Römische Geschichte.

disqualifiziert wurden. Rund 40 Senatoren und gegen 1600 Ritter hat Sulla proskribiert; ^) gerade der Ritterstand war dem Sulla besonders verhaßt. Die Gesamtzahl der Opfer war noch weit höher. Mancher Sullaner benutzte die Gelegenheit zur Befriedigung persönlicher Rachsucht und zur eigenen Bereicherung; denn Sulla liefa seine Anhänger in dieser Hinsicht gewähren. Von den Italikern erging es den Etruskern und Samnitern am schlimmsten. 2) Viele verloren ihr Leben, viele mußten in die Verbannung gehen; die ein- gezogenen Güter wurden verkauft oder verschenkt. Die großen Landstrecken, die zur Einziehung kamen, wurden zu ausgedehnten Ansiedlungen und Kolonisationen benutzt, wie sie Sulla schon früher beabsichtigt hatte. Ein gewaltiger Besitzwechsel vollzog sich. Gegen 150000 Veteranen wurden mit Land versorgt, zumeist in Samnium, Kampanien und Etrurien. Hierdurch wurde der Menschenverlust der letzten italischen Kriege wenigstens zum Teil ersetzt und zugleich die Latinisierung der Osker und Etrusker be- schleunigt, deren Nationalität vollends ausstirbt. Ein Beispiel bietet Pom- peji in Kampanien, das zu den von Sullas Veteranen besetzten Städten gehört: das Inschriftenmaterial illustriert hier den Sieg des Lateins über das Oskische. Der mit dem Bundesgenossenkrieg einsetzende Prozeß der nationalen Einigung Italiens wurde so durch Sullas Maßnahmen beschleunigt. Svüla war unumschränkter Herr im Staat; da beide Konsuln tot waren, so wurde zunächst ein Interrex ernannt, und dieser, L. Valerius Flaccus, kreierte Ende 82 v. Chr. auf Grund eines besonderen Gesetzes den Sulla auf unbestimmte Zeit zum didator reipublicae constituendae behufs Neuord- nung der Verfassung; alle bisherigen Verfügungen Sullas wurden für gültig erklärt. 3) Im Besitz dieser diskretionären Gewalt hat Sulla eine umfassende gesetzgeberische Tätigkeit entfaltet und dabei vor allem die Interessen seiner eigenen Partei, der oligarchischen, wahrgenommen; als Produkt einer sena- torischen Restaurationspolitik sind seine Gesetze bald angefochten worden. Aber darüber hinaus hat Sulla auch notwendige und längst gewünschte Re- formen und Verbesserungen der Verwaltung und Rechtspflege vorgenommen und Bestimmungen von Dauer und von normativer Bedeutung für die Zu- kunft getroffen.*) Zunächst erneuerte Sulla die in seinem ersten Konsulat ergangenen Beschränkungen der legislativen Gewalt der Komitien und der Volkstribunen;^) ein anderes Gesetz verschloß den Volkstribunen den Zu- tritt zu den übrigen Magistraturen. Die Gerichte wurden dem Ritterstand entzogen und den Senatoren zurückgegeben. Zugleich wurden die Quä- stionen, d. h. die Kriminalgerichtshöfe, weiter ausgebaut. Unumgänglich war eine Vermehrung der Magistrate, deren geringe Zahl der Ausdehnung des Reichs und der Häufung der Geschäfte nicht mehr entsprach. Sulla vermehrte die Prätoren von sechs auf acht, die Quästoren brachte er auf zwanzig. Auch die Mitgliederzahl der Priesterkollegien wurde erhöht, ihre Bestellung durch

') Appian b. civ. 1 95 ; die höheren Zahlen | uer des römischen Freistaates, Heidelberg bei Appian b. civ. I 103 sind auf die Opfer 1834; Th. Lau, L.Cornelius Sulla, eine Blö- des Bürgerkrieges überhaupt zu beziehen; grapliie, Hamburg 1855. J. Lengle. Unter- vgl. MoMMSEN, Rom. Gesch. 11^ 344 Anm. suchungen über die sullan. Verfassung,

2) Strabo V 249. Diss. Freiburg i. B. 1899.

^) Appian b. civ. I 99. j ^) M. Sunden, De tribunicia potestate a

*) Zachariä, L. Cornelius Sulla als Ord- l L. Sulla imniinufa, Uppsala 1897.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§34.) 207

Volkswahl (oben S. 188) abgeschafft und die frühei'e Ernennung durch Ko- optation wieder hergestellt. Besonders wichtig sind Sullas Bestimmungen über die Intervallierung und Reihenfolge der Amter und über die Provinzial- verwaltung. Er machte es zur Regel, daß die Konsuln und Prätoren wäh- rend ihres Amtsjahres in Rom blieben und erst nachher mit prorogiertem Imperium in die Provinzen gingen; wenigstens für die Prätoren gilt dies fast ausnahmslos. Der Senat wurde durch Volkswahl aus den Rittern um dreihundert Mitglieder vermehrt, also auf sechshundert gebracht, ein Pairs- schub, der ebenso dem erweiterten Geschäftsbereich dieser Körperschaft wie dem Schwinden der durch die letzten Kriege gelichteten Aristokratie Rech- nung trug. Die alljährliche Ergänzung des Senats regelte sich weiterhin so, daß immer die gewesenen Quästoren in ihn eintraten: die Zensoren, deren Amt überhaupt seinen Charakter geändert hatte, wurden dadurch für die Ergänzung des Senats überflüssig. Noch mehr als früher fiel die Staatsgewalt, die eigentliche Regierung, an den Senat, womit die Konsequenz gezogen war aus der bisherigen Entwicklung, aus der Vergrößerung des Reichs und aus der neuen Struktur der Bürgerschaft, die nicht mehr unmittelbar in die Geschäfte eingreifen konnte. Ein Reich von solchem Umfang konnte nicht durch die plebs iirhana in öffentlichen Versammlungen regiert werden und auch die Marianer hätten sich wohl oder übel des Senats bedienen müssen.

Die Neuordnung des Gemeinwesens erforderte große Geldmittel, die von der Staatskasse nicht aufgebracht werden konnten; denn die Kriegsbeute wurde meist verschenkt oder verschleudert, wobei der Staat das Nachsehen hatte. Um die Kosten zu decken, mußte selbst Tempeleigentum verkauft werden, auch die Provinzen, die verbündeten Städte und Könige wurden herangezogen. Auch das reiche Ägypten dachte Sulla zu schröpfen. Er führte nach dem Tod des Ptolemaios Lathyros den jungen Ptolemaios Alexander II, der sich unter seinen Schutz gestellt hatte, ^) auf den ägyptischen Thron. Aber sein Schützling wurde schon neunzehn Tage nach der Thronbesteigung vom alexandrinischen Mob erschlagen, worauf zwei illegitime Söhne des Ptolemaios Lathyros zur Regierung kamen, der eine in Ägypten, der andere auf Kypros.

Nach Ordnung des Staates legte Sulla, der ungekrönte König, 79 v. Chr. die Diktatur freiwillig nieder. Auch als Privatmann blieb er eine Macht: im Senat dominierten seine Parteifreunde; seine Veteranen aber und die zehntausend Cornelier, die von ihm freigelassenen »Sklaven der Proskribierten, verbürgten seine persönliche Sicherheit. Schon im nächsten Jahr (78 v. Chr.) erlag er im Alter von sechzig Jahren einem Blutsturz. Seinen letzten Lebens- abschnitt hatte er heiterem Daseinsgenuß gewidmet, den dieser Vorläufer Petrons allem Machtkitzel vorzog. Er hat umfangreiche Aufzeichnungen in griechischer Sprache (vTio/uv/juaTa) hinterlassen, von denen in den Bio- graphien Plutarchs noch Reste erhalten sind.

34. Unruhen nach Sullas Tod. Sozusagen am Scheiterhaufen des mit fürstlichen Ehren beigesetzen Diktators entzündete sich die Fackel einer

^) Er war Sohn des Ptolemaios Alexan- in die Hände fiel. Später entfloh er zu der I (oben S. 196) und wurde auf Kos Sulla. Appian Mithrid. 23; bell. civ. 102. erzogen, wo er 88 v. Chr. dem Mithridates i

203 Römische Geschichte.

neuen Revolution. Alle durch Sullas Gesetze Benachteiligten drängten un- gestüm auf Änderung. Der Marianer M. Aemilius Lepidus, mit Q. Lutatius Catulus im Jahr 78 v. Chr. Konsul, rüttelte gegen den Widerstand seines Kollegen an Sullas Verordnungen. Er suchte zunächst durch ein Getreide- gesetz der hauptstädtischen Plebs wohlfeiles Brot zu verschaffen und betrieb weiter die Rückkehr der Verbannten und die Restitution der durch die sullanischen Assignationen vertriebenen Italiker. Es brachen damals Un- ruhen in Etrurien aus, zu deren Unterdrückung die Konsuln Truppen auf- boten. Schon damals wäre es zwischen Lepidus und Catulus zum Krieg gekommen, wenn nicht der Senat vermittelt hätte. Aber nach Ablauf des Amtsjahres griff Lepidus zu den Waffen. Er besetzte das ihm als Provinz bestimmte cisalpinische Gallien und rückte auf Rom los, um ein zweites Konsulat zu erzwingen; denn für 77 v. Chr. hatten die Wahlen wegen der Unruhen noch nicht stattlinden können. Der Senat erklärte den Lepidus in die Acht und beauftragte Catulus und Pompeius mit dem Krieg gegen ihn. Pompeius überwältigte die Truppen des Lepidus in Oberitalien, nahm deren Führer M. Junius Brutus i) in Mutina gefangen und ließ ihn hin- richten. Lepidus selbst wurde vor Rom auf dem Marsfeld von Catulus zurückgeschlagen, erlitt eine neue Niederlage in Etrurien und schiffte sich von Cosa nach Sardinien ein, wo er bald darauf verstarb. Die Reste seines Heeres wurden von M. Perperna nach Spanien geführt, dem einzigen Land, wo die marianische Partei unter einem hervorragenden Führer, dem Q. Ser- torius, sich behauptete.

Sertorius^) war einer der ersten und treuesten Anhänger Cinnas und der Populären; als solchem war ihm 83 v. Chr. mit der Prätur das dies- seitige Spanien als Provinz bestimmt worden. Da er bei dem Verlauf des Krieges in Italien Sullas Endsieg voraussah, so ging er schon 83 v. Chr. in seine Provinz ab, wurde aber zwei Jahre später durch die sullanischen Statthalter verdrängt; daraiif wandte er sich nach Mauretanien, das zu den Marianern hielt, trat in den Dienst eines dortigen Dynasten und machte sich durch siegreiche Kämpfe einen Namen. •^) Dann leistete der römische Exulant einem Ruf der gegen Rom rebellierenden Lusitaner mit einem Stamm römischer Truppen und mauretanischen Reitern Folge (80 v. Chr.) und schuf ein weniger für die Feldschlacht als für die Guerilla geeignetes Heer. Er fühlte sich durchaus als Römer und ließ sich nicht etwa in die Stellung eines Condottieres der Lusitaner hinabdrücken. Schon im ersten Jahr hatte er bedeutende Erfolge: er schlug den Proprätor des jenseitigen Spaniens, Fufidius, und setzte sich auch in der diesseitigen Provinz fest. Von Rom mußten Verstärkungen nach Spanien geschickt werden ; in die jenseitige Provinz, den wichtigeren Kriegsschauplatz, sandte Sulla den be- währten Q. Metellus Pius (Konsul 80 v. Chr.) ; die diesseitige übernahm M. Domitius Calvinus. Doch konnte Metellus gegen Sertorius, der sich ihm entgegenstellte, nichts ausrichten; zwar drang er in Lusitanien ein, aber

') Er ist der Vater des Caesarmörders. 90 v.Chr. verwaltete er als Quästor Ober-

2) Sertorius war in Nursia im Sabiner- Italien. Plutarch hat seine Biographie ge-

land geboren und hatte mit Auszeichnung , schrieben.

gegen die Kimbern, dann in Spanien, zu- ^) Er eroberte z. B. Tingis, das heutige

letzt im Bundesgenossenkrieg gedient; i Tanger.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). 34.) 209

sein Gegner wich einer Feldschlacht aus und nötigte das römische Heer durch seine Überlegenheit im Kleinkrieg zum Rückzug. Noch unglücklicher kämpfte in der diesseitigen Provinz Calvinus: vom Quästor des Sertorius, L. Hirtuleius, geschlagen, fand er den Tod. Metellus war gezwungen, den Statthalter des benachbarten narbonensischen Galliens, L. Manlius, zu Hilfe zu rufen. Aber auch dieser erlitt in der Ebrogegend eine Niederlage und mußte unter starken Verlusten in seine Provinz zurückkehren (78 v. Chr.). Ein großer Teil des diesseitigen Spaniens bis an den Fuß der Pyrenäen fiel an Sertorius, der auch an der Mittelmeerküste bei Dianium Fuß faßte. Sertorius wurde der in Rom herrschenden Partei namentlich dadurch gefährlich, daß er das Banner der Marianer wieder aufpflanzte und sein Lager zum Asyl für die Vertriebenen und Heimatlosen Roms machte. Er betrachtete sich als rechtmäßigen Statthalter seiner Provinz; alle Offiziers- stellen besetzte er mit Römern; römisch war auch die Verwaltung, und aus den Häuptern der Emigranten bildete er einen förmlichen Gegensenat. Die iberischen Stämme unterwarfen sich ihm teils freiwillig teils gezwungen, bei den Lusitanern, den Keltiberern und in der Ebrolandschaft lagen die starken Wurzeln seiner Macht. Die iberischen Stämme mußten ihm Geiseln stellen, Kinder aus vornehmen Häusern, die er in Osca (heute Huesca) in einer Art Ritterakademie nach römischer Weise griechisch und lateinisch unter- richten ließ. Seine Tapferkeit, Gerechtigkeit und Leutseligkeit verschafften ihm weithin Ansehen und Anhang; er wußte sich auch einen religiösen Nimbus zu verleihen. Die Befürchtung war nicht unbegründet, daß es ihm gelingen könnte, ganz Spanien zu gewinnen und von dieser Basis aus Italien anzugreifen und die sullanische Partei zu stürzen, zumal nachdem Perperna in Spanien aufgetaucht war. Um diese Gefahr zu bannen, sandte der Senat nach der Besiegung des Lepidus dem Antrag des L. Marcius Philippus gemäß den Pompeius mit prokonsularischem Imperium ins diesseitige Spanien, wo er zusammen mit Metellus Pius den Sertorius bekämpfen sollte. Ein derartiges Kommando einem Mann, der noch kein reguläres Amt bekleidet hatte, zu übertragen, war freilich ohne Beispiel. Aber Pompeius hatte die Macht, sich eine Ausnahmestellung zu erzwingen; er stand nach dem Sieg über Lepidus vor den Toren Roms, ohne sich, um die Aufforderung des Senats, sein Heer zu entlassen, zu kümmern. Der Senat mußte sich fügen. Den Durchzug durch die Alpen erkämpfte sich Pompeius mit dem Schwert; er bahnte eine neue Straße über die kottischen Alpen ^) und traf Ende 77 oder An- fang 76 v. Chr. mit etwa vierzigtausend Mann in Spanien ein, 2) wo sich alsbald einige iberische Stämme ihm zuneigten. Auf die Ankunft des Pom- peius hin wurde Perperna von seinen Truppen veranlaßt, sich dem Ober- befehl des Sertorius unterzuordnen. Noch immer hatte Sertorius das Über-

') Die seitdem viel benutzte Heerstraße, über diese und andere Streitfragen Bien-

die vom heutigen Turin über Segusio(Susa) kowski, Wien. Stud. XIII 129 f.: Mauren-

und den Mont Genevre an die Durance brecher, SalJusti hist. I 20. II 226 und die

führt. Strabo IV 179. Pompeius hat bei dort angeführte Literatur, dazu Güilelmus

dieserGelegenJieit in der narbonensischen ^ Stahl, De hello Sertoriano, Diss. Erlangen

Provinz Anordnungen getroffen. Caesar ; 1907. Drumann-Groebe IV 372 und 377, 1.

b. civ. I 3.5, 4. Auch Ciceros Rede pro Fonteio kommt für

2) Die Zeit der Ankunft ist strittig. Vgl. die Chronologie in Betracht.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5 5. Aufl. 14

210 Römische Geschichte.

gewicht; Pompeius konnte nicht einmal seine Bundesgenossen wirksam schützen, wie sich bei der Belagerung von Lauron zeigte, das Sertorius unter den Augen des Pompeius eroberte (76 v. Chr.)J) Dagegen gelang es im selben Jahr dem Metellus, den Hirtuleius, der sich zu einer Feldschlacht verleiten ließ, bei Italica gänzlich zu schlagen und dem Pompeius Hilfe zu bringen. In der Küstenlandschaft südlich vom Ebro kam es nun zu heftigen Kämpfen. Pompeius besiegte im Jahr 75 den Perperna bei Valentia, erlitt aber eine Niederlage am Sucro, als er, ohne die Ankunft des Metellus abzuwarten, dem Sertorius eine Schlacht lieferte. Nachdem dann Pompeius sich mit Metellus vereinigt hatte, wurde bei Saguntum am Turia ohne Ent- scheidung gekämpft. Trotz gelegentlichen Mißerfolgen zeigte sich Sertorius so überlegen, daß Pompeius aus dem Winterquartier dringende Bitten um Verstärkung an den Senat richtete.

Es fiel dem Senat schwer, frische Truppen nach Spanien zu senden, da gleichzeitig im Osten die Kämpfe mit Mithridates, den Thrakern und Kelten und den Seeräubern die militärischen Kräfte Roms in Anspruch nahmen. Aber der Senat mußte dem Drängen des Pompeius schließlich doch nach- geben. Denn Sertorius stand damals auf der Höhe seiner Macht, sein Ruhm ging durch die Welt. Er trat in Verbindung mit den kilikischen Piraten und auch mit Mithridates, der ihm ein Bündnisangebot gemacht hatte. Im Namen Roms, als dessen rechtmäßigen Vertreter er sich betrachtete, schloß Sertorius mit dem König einen Vertrag ab und schickte ihm Soldaten und Offiziere, deren vornehmster als Statthalter der Provinz Asien mit jji'ätori- fechen Insignien im Gefolge des Königs erschien. Unter diesen Umständen war die Niederwerfung des Sertorius eine Sache des Prestiges der römischen Regierung. Auch unterstützte der Konsul von 74 v. Chr., L. Licinius Lu- cuUus, das Gesuch des Pompeius mit Nachdruck, um den Rivalen in Spanien festzuhalten. Pompeius erhielt also die geforderten Reserven. Ohne daß entscheidende Schlachten geschlagen wurden, gewann er denn auch in den Jahren 74 und 73 v. Chr. allmählich immer mehr Boden. Um den Abfall zu verhindern, zog Sertorius die Zügel straffer an; durch die Quertreibereien seiner anmaßenden und brutalen römischen Genossen wurde die Lage ver- schärft. Aber nicht von den Einheimischen, sondern von seinen eigenen Landsleuten unter Führung des eingebildeten Perperna ging die Verschwörung aus, die im Jahr 72 v. Chr. dem Sertorius das Leben kostete. Der eigen- artige Mann, der nicht bloß Soldat, sondern auch Politiker und Kultur- pionier war und der niemals seinen Römerstolz verleugnet hatte, wurde bei einem Gastmahl feig9 ermordet, ^j Der Oberbefehl ging auf Perperna über. Dieser nahm die ihm von Pompeius angebotene Feldschlacht an, wurde aber völlig geschlagen, gefangen und getötet. Nunmehr konnte Spanien rasch beruhigt werden. Pompeius ließ Milde walten. Am längsten widerstanden

^) Plut. Sertor. 18. Noch in das J. 77 des Dianium (Artemision) gesetzt.

gehörtdieEroberung von Contrebia durch ^) Nachdem der Krieg acht Jahre ge-

Sertorius. worüber ein Liviuspalimpsest dauert hatte. Liviusper.96. Appian b. civ.

aus dem 91. Buch berichtet. Li vius vol. IV 1 108. In die zehn .lahre des Orosius V 23, 13

p. 227 Hertz. Lauron wird in die Küsten- sind die Jahre der ersten Statthalterschaft

landschaft südlich von Sucro in die Nähe ; der Sertorius mit eingerechnet.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§34.) 211

einige Plätze in der Ebrogegend, besonders Calagurris. Im Jahr 71 v. Chr. kehrte dann Pompeius mit seinem siegreichen Heer nach Italien zurlick.

Noch ehe der sertorianische Krieg zu Ende war, entstand in Italien ein gefährlicher Sklavenkrieg. ^) Sein Herd war Capua, wo viele Sklaven in Gladiatorenschulen für ihr blutiges Handwerk abgerichtet wurden, zumeist Kriegsgefangene, darunter Leute von guter Herkunft. Von hier brach 73 V. Chr. eine Schar aus, meist Gallier oder Germanen und Thraker; ihre Führer waren die Gallier Krixos und Oinomaos und der Thraker Spartacus. Sie setzten sich zuerst am Vesuv fest, ihre Zahl wuchs und nach einem Sieg über den Prätor C. Clodius Pulcher zogen sie durch Kampanien nach Lukanien und Unteritalien, wo sie viel Zulauf fanden. Ein römisches Heer unter dem Prätor P. Varinius wurde geschlagen; im Winter 73 72 v. Chr. war die Zahl der aufständischen Sklaven auf gegen 70000 angeschwollen. Sie teilten sich in zwei Heerhaufen, einen gallisch-germanischen unter Krixos und einen thrakischen unter Spartacus. Im nächsten Jahr (72 v. Chr.) mußten beide Konsuln gegen sie zu Felde ziehen, L. Gellius und Cn. Cornelius Len- tulus. Gellius schlug den Krixos in Apulien am Berge Garganus; Spartacus hatte sich nach Norden gewandt, um sich in seine Heimat durchzuschlagen. Von beiden Konsuln bedrängt, besiegte er sie nacheinander; gegen den Willen ihres Führers beschlossen die Sklaven nunmehr in Italien zu bleiben, um ihren Sieg auszubeuten, und marschierten auf Rom. Die Konsuln er- litten in Picenum nochmals eine Niederlage; doch konnte Spartacus Rom nicht erreichen, sondern ging nach Unteritalien zurück, wo er sich bei Thurii festsetzte. Für das folgende Jahr 71 v. Chr. betraute der Senat nicht die Konsuln, sondern in außerordentlichem Auftrag den M. Licinius Crassus mit dem Krieg gegen die Sklaven. Crassus hob die Disziplin seiner Truppen und drängte dann den Spartacus in den äußersten Süden Italiens, wo er ihn einschloß. Damals versuchte Spartacus, einen Teil seines Heeres nach Sizilien hinüberzuwerfen, aber die kilikischen Seeräuber, die er für den Transport angeworben hatte, ließen ihn im Stich. Doch glückte der Durch- bruch durch die Linien des Crassus; Spartacus errang nochmals über einen unvorsichtigen Unterfeldherrn des Crassus einen Erfolg; bald danach teilte sich sein Heer, und nachdem der eine Teil von Crassus in Lukanien ver- nichtet war, wurde auch der zweite schließlich in Apulien zur Schlacht gezwungen und ebenfalls besiegt; Spartacus fiel. Die Flüchtigen wurden abgefangen und vernichtet, sechstausend Gefangene ans Kreuz geheftet. Eine Abteilung von fünftausend Mann schlug sich bis Oberitalien durch, wo sie dem zurückkehrenden Pompeius in die Hände lief. Crassus hatte alles aufgeboten, um aus eigenen Kräften mit den Aufständischen fertig zu werden, damit der Ruhm, den Krieg beendet zu haben, nicht anderen zufiel; denn schon nahten Pompeius aus Spanien und M. Lucullus aus Makedonien. In sechs Monaten hat Crassus sein Ziel erreicht. Er traf nach dem Sieg zu Anfang des Winters mit Pompeius vor Rom zusammen; beide waren entschlossen, sich für die guten Dienste, die sie geleistet hatten, belohnt zu machen.

') ScHAMBÄCH, Der italische Sklavenauf- Berlin 1904. Irrig läßt Schämbach den stand 74 71 v.Chr., Berlin 1872. G.Rathke, , Sklavenkrieg schon 74 v.Chr. beginnen. De Romanonim bellt's sej-vilibus capita selecta, \

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RÖL

gewicht; Pompeius konnte nich schützen, wie sich bei der Bela^ unter den Augen des Pompeius er im selben Jahr dem Metellus, den verleiten ließ, bei Italica gänzHch zu bringen. In der Küstenlandschi heftigen Kämpfen. Pompeius besiegte erlitt aber eine Niederlage am Sucro, abzuwarten, dem Sertorius eine Schlaci sich mit Metellus vereinigt hatte, wurd« Scheidung gekämpft. Trotz gelegentlicht so überlegen, daß Pompeius aus dem y\ Verstärkung an den Senat richtete.

Es fiel dem Senat schwer, frische Trü gleichzeitig im Osten die Kämpfe mit Mitri und den Seeräubern die militärischen Käf Aber der Senat mußte dem Drängen d I geben. Denn Sertorius stand damals auf er j ging durch die Welt. Er trat in Verbinung und auch mit Mithridates, der ihm ein Bndni Namen Roms, als dessen rechtmäßigen Vrtretei Sertorius mit dem König einen Vertrag b und Offiziere, deren vornehmster als Statthabr der i 'sehen Insignien im Gefolge des Königs rschien. war die Niederwerfung des Sertorius eine^ache det Regierung. Auch unterstützte der Konsl von 74 cullus, das Gesuch des Pompeius mit NacUruck, um festzuhalten. Pompeius erhielt also die geforderten entscheidende Schlachten geschlagen wuren, gewann Jahren 74 und 73 v. Chr. allmählich imisr mehr Boe zu verhindern, zog Sertorius die Zügel stiffer an; durCi seiner anmaßenden und brutalen römiscbn Genossen a schärft. Aber nicht von den Einheimisaen, sondern \ Landsleuten unter Führung des eingebildetn Perperna ging aus, die im Jahr 72 v. Chr. dem Sertoris das Leben ko artige Mann, der nicht bloß Soldat, sodern auch Politi pionier war und der niemals seinen Römfstolz verleugnet i einem Gastmahl feig^ ermordet. 2) Der Oerbefehl ging auf Dieser nahm die ihm von Pompeius angebtene Feldschlacht völlig geschlagen, gefangen und getötet. Nunmehr konn^ beruhigt werden. Pompeius ließ Milde ^Iten. Am läi

1

^) Plut. Sertor. 18. Noch in das J. 77 gehört die Eroberung von Contrebia durch Sertorius, worüber ein Liviuspälimpsest aus dem 91. Buch berichtet. Livius vol. IV p. 227 Hertz. Lauron wird in die Küsten- landschaft südlich von Sucro in die Nähe

d aerl

J»pr«K^»— —r

6. Viert

einige Plätze kehrte dann 1 Noch ehe c gefährlicher Sk Gladiatorenschul Kriegsgefangene, V. Chr. eine Schi Führer waren die Sie setzten sich z Sieg über den Prät Lukanien und Unte unter dem Prätor P war die Zahl der au- Sie teilten sich in zwei und einen thrakischen beide Konsuln gegen s tulus. Gellius schlug d. hatte sich nach Norden Von beiden Konsuln be Willen ihres Führers besc um ihren Sieg auszubeute litten in Picenum nochma nicht erreichen, sondern gin festsetzte. Für das folgen«! Konsuln, sondern in auf.Wr mit dem Krieg gegen die Ski und drängte dann den Spai ihn einschloß. Damals versi Sizilien hinüberzuwerfen, Transport angeworben hatte brueh durch die Linien des ' unvorsichtigen Unterfeldher i sich sein Heer, und nachd. nichtet war, wurde auch gezwungen und ebenfalls abgefangen und vernicht* Eine Abteilur sie dem z\ aufgeboj damil

der Republik (28 v. Chr.).

•hr.). Ap. Claudius Pulcher (Konsul ien verwaltete, 1) hat am Rhodope- er in ihren Wohnsitzen aufgesucht. it unterwarf C. Cosconius in zwei- die aufständischen Dalmater und ludius wurde C. Scribonius Curio, 1 76 74 V. Chr.) namentlich die bis an die Donau vordrang. Ihn lus ab.") Während sein Bruder führte er 73 71 v. Chr. einen erbündeten thrakischen Stämme, hm Uscudama (Adrianopel) und r thrakischen Küste, so Apol- ebenfalls mit Mithridates im die demnach in den Rahmen och nicht zu dauernder Unter- entstand jenseits der Donau reten (oder Daker). Die ein- istas,3) dem ein Prophet De- nationale Einheitsbewegung die Donau hinüber und ge-

war durch die Seeräuber on Mithridates unterstützt Vsiens bei ihnen eine Zu- es ägäischen Meeres waren die Piraten auf der See, Sulla trieben sie ihr ein- B. Samos und das reiche den, der um 83 v. Chr. äle Kilikiens. Noch bei ■e geführt werden, mit 3rte zunächst die Städte iroße Beute. Es han- ^asten, der sich den einen Krieg gegen It Isaura und er- den Tagen Sullas ^vor Caesars Tod l. Die Vernich- Bojer durch 58 V. Chr. te mit den

tsches

2]^ 2 Römische Geschichte.

Literatur: W. Drumann, Goschichte Roms in seinem Übergange von der republi- kanischen zur monarchisclien Verfassung, Königsberg 1834—1844, in neuer Bearbeitung von P. Groebe, Bd. I, II, III, IV, V. C. Nbumann, Geschichte Roms, Bd. 2. Besonders wichtig sind die Fragmente des Sallust und ihre Ausgaben von Kritz und neuer- dings Maurenbrecher {Salhisti historiae, Leipzig 1891. 1893), der wertvolk; Beiträge zur Geschichte dieser Zeit gibt.

35. Konsulat des Pompeius und Crassus. Zustand des Reiches. Der

Sieg über Lepidus liatte die Herrscliaft des Senats gefestigt. Die Regierung war in seinen Händen, auch die Komitien standen unter seinem Einfluß. Er übte sogar das Recht, von den Gesetzen zu entbinden, ein Recht, das nicht selten zu egoistischen Zwecken mißbraucht wurde. Innerhalb des Senats, der kaum je vollzählig zusammentrat, führten einige wenige das Wort. Zu diesen Optimaten gehörten Q. Lutatius Catulus, C. Scribonius Curio, L. Licinius Lucullus und sein Bruder Marcus. Eine gewichtige Stimme hatte auch P. Cornelius Oethegus, ein ehemaliger Marianer, der rechtzeitig zu Sulla übergegangen war. Es war ein ausgesprochen oligarchisches Re- giment, dessen moralisches Ansehen durch die bedenklichen Elemente, die daran teilhatten, stark beeinträchtigt wurde. Dabei erschwerten die wach- senden Schwierigkeiten der Außenpolitik dem Senat die Abwehr des Sturms auf die sullanischen Gesetze, den einige Tribunen, wie Cn. Sicinius (76 v. Chr.), Q. Marcius (74), C. Licinius Macer (73) i) als Vertreter der senatsfeindlichen Popularpartei liefen. Es glückte diesen Vorkämpfern der demokratischen Bewegung in der Tat, Mißstände abzustellen und gehässige Privilegien zu beseitigen. Aber einen großen Erfolg erzielte die Popularpartei erst, als die bewaffnete Macht sich mit ihr verband. Das geschah im Jahr 71 v, Chr. Pompeius und Crassus lagen mit ihren Heeren vor Rom und wollten für das Konsulat kandidieren. Die Bewerbung des Pompeius vertrug sich nicht mit der Verfassung und auch Crassus stieß auf Schwierigkeiten. Um sie zu über- winden, schlössen die beiden Männer, indem sie die gegenseitige Rivalität hinter die gemeinsamen Interessen zurückstellten, einen Bund, in den die demokratische Partei mit aufgenommen wurde, Crassus tat den ersten Schritt zu dieser eigenartigen Koalition, Die beiden Feldherren versprachen die vollständige Restituierung des Volkstribunats; ihre Truppen behielten sie unter den Waffen; durch diesen Druck schüchterten sie den Senat ein und erzwangen ihre Wahl als Konsuln, Während des Amtsjahres gab es frei- lich viele Unstimmigkeiten und erst zuletzt näherten sich die Konsuln wieder einander, Ihre den Demokraten gemachten Zusagen lösten sie ein. Die sullanischen Beschränkungen des Tribunats wurden aufgehoben und durch ein Gesetz des Prätors L. Aurelius Cotta {lex AureJia) erfuhr die Besetzung der Gerichte eine Neuordnung im Sinn des demokratischen Programms; die Richter wurden fortan zu gleichen Teilen aus dem Senat, dem Ritter- stand und den tribuni aerarli bestellt; diese letzteren sind Angehörige der unmittelbar auf die Ritter folgenden Censusklasse.^) Im Konsulatsjahr des Pompeius und Crassus wurde nach längerer Pause wieder ein Census ab- gehalten, bei dem die Zensoren 64 übel beleumundete Kreaturen des Sulla

>) Dies ist der Historiker (oben S. 16). '^) Ursprünglich scheinen die tribuni

Sallust hat ihm in den Historien eine aerarli Beamte der Tribus gewesen zu

noch erhaltene Rede in den Mund gelegt. sein, die mit der Umlage und Erhebung

Sallust ed. Jordan S. 119. der direkten Abgaben befaßt waren.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§35.) 213

aus dem Senat stießen. Die erste Bresche in die sullanische Verfassung war also gelegt und zwar von denen, die sie einst hatten aufrichten helfen. Es folgte ein neuer Ansturm der marianischen Partei, die nicht eher ruhte, als bis sie die ihr mißliebigen Gesetze sämtlich abgeschafft hatte. Auch die auswärtige Politik erhielt neue, stark imperialistische Impulse durch ehr- geizige Heerführer; sie betraten die Bahn, deren Endziel die Monarchie war.

Es war eine Zeit der Krisen nach außen wie nach innen, auf militärischem und auf finanziellem Gebiet und die Regierung versagte diesen Schwierig- keiten gegenüber. Immer klarer stellte sich die Unmöglichkeit heraus, mit dem App:.rat der damaligen Verfassung die Geschicke des Weltreichs zu lenken und seinen Bestand zu sichern, i)

In Italien hatten sich die sozialen und wirtschaftlichen Nöte, die zu den gracchischen Reformen den Anlaß gaben, noch verschlimmert. Während in den Provinzen, besonders in Afrika, Spanien und Gallien infolge der Expansion der römischen Bürgerschaft und der fortschreitenden Romani- sierung neues Leben pulsierte, verkümmerte das Mutterland. Der Bundes- genossenkrieg, die Bürgerkriege und der Sklavenaufstand hatten den Wohl- stand Italiens zerstört, die freie Bevölkerung dezimiert und der Latifundien- wirtschaft mit Sklavenbetrieb Vorschub geleistet ; die von Sulla angesiedelten Veteranen waren kein vollwertiger Ersatz für die alten, an die Scholle an- hänglichen Besitzer. Gerade die Kolonisationen Sullas und außerdem die Gewaltmaßnahmen des Siegers im Bürgerkrieg hatten viele Existenzen ruiniert, die nun das hauptstädtische Proletariat vermehrten. Diese jilebs urbana schrie immer lauter nach Versorgung aus Staatsmitteln. Seitdem die Armee sich aus der unteren Schicht der Bürger ergänzt, wird sie zimi Asyl für die Armeren; an die Stelle des Demagogen tritt der Heerführer, dem seine Soldateska zu Ruhm und Macht verhilft und der als Gegenleistung ihre materielle Sicherstellung übernimmt.

Dem zunehmenden Pauperismus der Vielen entsprach der Mammonis- mus der Wenigen. Der ausgeprägteste Typus dieser neuen Plutokratie ist M. Licinius Crassus, der den Grundstock zu seinem Riesenvermögen bei Gelegenheit der sullanischen Proskriptionen gelegt hatte. Crassus verstand es, mit seinen Pfunden zu wuchern. Er organisierte einen kapitalistischen Großbetrieb und schuf sich aus intelligenten und handfertigen Sklaven einen Stab von Gehilfen. Auch machte er sich überall Freunde mit dem un- gerechten Mammon und sein Kapital wurde zum Faktor des politischen Lebens und das um so mehr, als die herrschende Aristokratie im allgemeinen in zerrütteten Vermögensverhältnissen steckte; denn der Luxus der Lebens- haltung und die Beteiligung am öffentlichen Leben verschlang Unsummen ; die Kosten der Bewerbung um die Amter stiegen mit der Vergrößerung der Bürgerschaft. Die Zeiten waren vorbei, in denen der erste Stand zu- gleich der reichste gewesen war; jetzt machte die Geschäftswelt des zweiten und dritten Standes, deren wirtschaftlicher Ehrgeiz weit größer war als der politische, das Rennen. 2)

^) H. Nissen, Der Ausbruch des Bürger- T. Pomponius Atticus (geb. 110, gest. 32

krieges 49 v. Chr. Hist. Zeitschr. 45, 409 flf. v. Chr.), den wir aus Cicero und der Bio-

2) Ein bekanntes Beispiel ist der Ritter , graphie des Cornelius Nepos kennen, ein

214

Römische Geschichte.

Groß und weit verbreitet war die Not in den römischen Provinzen; sie waren durch die Bürgerkriege und die sullanische Restauration ausnahmslos in Mitleidenschaft gezogen.') Schädlich wirkte der häufige Wechsel der Statthalter; denn fast jeder neue Statthalter war darauf bedacht, seine durch die Unkosten der Wahlkämpfe zerrütteten Finanzen zu sanieren. Wenn es auch nicht ganz an gewissenhaften Beamten fehlte,^) so überwogen doch die unerfreulichen Gegenbeispiele. Was auf dem Gebiet der Ausbeutung der Untertanen mitunter geleistet wurde, geht in drastischer Weise aus dem durch die Publizistik des Anklagevertreters Cicero berühmt gewordenen Prozeß gegen C. Verres hervor, der von 73 71 v. Clir. als Prätor die Geißel Siziliens war.^) Es wurde Sitte, daß die Provinzen ihren Statthaltern per- sönliche Zuwendungen machten. Viel böses Blut schuf das Treiben der römischen Geschäftsleute, die alle Provinzen als Steuerpächter, als Grund- besitzer, als Kaufleute und Händler überschwemmten und ausbeuteten. Sie fanden an den römischen Beamten, von denen nur wenige gegen ihre Über- griffe einzuschreiten wagten, zumeist einen sicheren Rückhalt; es kam auch vor, daß reiche Provinzialen mit den römischen Blutsaugern unter einer Decke steckten. Die Gemeinden waren tief verschuldet, namentlich in den Ländern mit entwickelter Geldwirtschaft, so besonders in der Provinz Asien. ^) Sizilien lag schon lange darnieder, und selbst der Grundbesitz war über- wiegend in römischen Händen; Griechenland hatte im mithridatischen Krieg schwer gelitten. Aber auch die verbündeten freien Städte und Königreiche waren nicht in rosiger Lage. Ihre Wünsche konnten sie in Rom nur mit Korruptionsgeldern durchsetzen und jede Einmischung der römischen Kon- trollinstanz war mit schweren Opfern verbunden. Dagegen lastete auf den Gebieten mit primitiverer Wirtschaftsform die römische Herrschaft nicht so schwer wie auf den hochzivilisierten. Ln Westen waren die Zustände im ganzen nicht so trostlos wie im Osten, auch deshalb, weil sich im Westen eine größere Zahl römischer oder latinischer Gemeinden befand.

Die militärische und materielle Hilfe der Provinzen und der Verbündeten wurde von Rom bei jedem größeren Krieg auf den verschiedensten Schau- plätzen in Anspruch genommen, wobei der griechische Osten in der Regel KriegsschiflPe stellen mußte. Diese Pflichten wurden um so drückender emp- funden, als die Römer ihrerseits ihrer Schutzpflicht nicht immer genügten. Seit langer Zeit war Makedonien, wie erwähnt, den Überfällen der kelti- schen und thrakischen Völker im Norden ausgesetzt, der Mäder und Dar- daner, der Skordisker und Bastarner. Sullas Feldzug gegen sie (oben S. 203) hatte keine nachhaltige Wirkung. Bald nach seinem Abzug fielen die Skor- disker und Mäder sogar in Griechenland ein und plünderten das delphische Heiligtum, ö) Dem L. Cornelius Scipio (Konsul 83 v. Chr.) gelang es, wenig-

Mann, der mit Angehörigen der verschie- densten Parteien Freundschaft hielt und seinen großen Reichtum gut anwendete. ') Appiau bell. civ. I 102. Plutarch com- par. Sullae et Lys. 3. Cic. de off. III 87.

2) Vgl. was Diodor XXXVII 8 von L. Asyllios (oder Syllios, vielleicht Suillius), dem Prätor Siziliens, berichtet.

3) Der Prozefs fand 70 v. Chr. statt, der

Angeklagte ging noch vor der Urteils- fällung ins Exil.

■') Vgl. die Inschrift bei Dörppeld, Troja und Ilion II 454 flf.

5) Plutarch Num. 9. Appiau lUyr. 5. Euseb. chron. II 133 Schöne (unter 82/81 V. Chr.), PoMTOw, Rhein. Mus. 51, 364 ff. Vgl. IIiLLER V. Gäektkingbn, PW IV 2577.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§35.) 215

stens die Skordisker zu züchtigen (81 v. Chr.). Ap. Claudius Pulcher (Konsul 79 V, Chr.), der seit 77 v, Chr. Makedonien verwaltete,') hat am Rhodo]3e- gebirge gekämpft, aber auch die Skordisker in ihren Wohnsitzen aufgesucht. Er starb in der Provinz. Um dieselbe Zeit unterwarf C. Cosconius in zwei- jährigem Krieg (etwa 78 und 77 v. Chr.) die aufständischen Dalmater und eroberte Salonae. Nachfolger des Ap. Claudius wurde C. Scribonius Curio, der während seiner Statthalterschaft (von 76 74 v. Chr.) namentlich die Dardaner besiegte und wie sein Vorgänger bis an die Donau vordrang. Ihn löste der Konsul M. Terentius Varro Lucullus ab.^) Während sein Bruder L. Lucullus gegen Mithridates ins Feld zog, führte er 73 71 v. Chr. einen erbitterten Krieg gegen die mit Mithridates verbündeten thrakischen Stämme, besonders gegen Besser und Mäder. Er nahm Uscudama (Adrianopel) und andere Plätze, ferner griechische Städte der thrakischen Küste, so Apol- lonia, Kaliatis, Tomi, Istros, die vermutlich ebenfalls mit Mithridates im Bunde standen. Diese thrakischen Feldzüge, die demnach in den Rahmen des mithridatischen Krieges fallen, führten jedoch nicht zu dauernder Unter- werfung oder Beruhigung Thrakiens. Damals entstand jenseits der Donau als neues politisches Gebilde das Reich der Geten (oder Daker). Die ein- zelnen getischen Stämme wurden durch ByrebistaSj^) dem ein Prophet De- kaineos zur Seite stand, geeinigt. Diese religiös nationale Einheitsbewegung hob die Stoßkraft der Geten. Sie griflPen über die Donau hinüber und ge- fährdeten Makedonien.^)

Die Sicherheit des Meeres und der Küsten war durch die Seeräuber aufgehoben; sie wurden während des Kriegs von Mithridates unterstützt und nach dem Krieg fanden viele Provinzialen Asiens bei ihnen eine Zu- flucht vor Sullas Rache. Die Inseln und Küsten des ägäischen Meeres waren ihnen preisgegeben; mit ganzen Flotten kreuzten die Piraten auf der See. Unter den Augen des noch in Asien weilenden Sulla trieben sie ihr ein- trägliches Gewerbe (85/84 v. Chr.); sie plünderten z. B. Samos und das reiche Heiligtum auf Samothrake. Tigranes von Armenien, der um 83 v. Chr. Syrien eroberte, überließ ihnen die westlichen Teile Kilikiens. Noch bei Sullas Lebzeiten mußte ein neuer Krieg gegen sie geführt werden, mit dem P. Servilius betraut wurde (78 v. Chr.). Er eroberte zunächst die Städte Phaseiis, Attaleia, Olympos und andere, und machte große Beute. Es han- delt sich um die Herrschaft des Zeniketes, eines Dynasten, der sich den Königstitel beilegte.^) Des weiteren unternahm Servilius einen Krieg gegen die Isaurer, überschritt den Tauros, erstürmte die Stadt Isaura und er-

') Wenn er mit dem bei Sallust orat. 149 f. Byrebistas kam in den Tagen Sullas

Philipp! § 21 erwähnten Interrex des Xa- empor und muß kurz vor Caesars Tod

mens aus dem Anfang 77 v. Chr. identisch (44 v. Chr.) gestorben sein. Die Yernich-

ist, so kann er erst in diesem Jahr in die tung und Vertreibung der Bojer durch

Provinz abgegangen sein. ihn geschah einige Zeit vor 58 v. Chr.;

^) Leiblicher Bruder des L. Lucullus, denn damals taten sich ihre Reste mit den

von M. Terentius Varro adoptiert. Dru- Helvetiern zusammen (Caesar bell. Gall. männ-Groebe IV 189. i I 5, 4). Vgl. Niese, Zeitschr. für deutsches

^) Die früher zweifelhafte Schreibung Altert. 42, 156 ff. Müllenhoffs Ansichten

des Namens ist durch eine Inschrift ge- über Geten, Daker usw. können nicht ge- sichert. SIG 11^ nr. 762. i billigt werden.

^) StraboVII298.303f. Jordanes Get. 67. s) Strabo XIV 671. Benndokff, Festschrift

3IiJLLENH0FF, Deutsclie Altertumskunde III zu 0. Hirschfelds 60. Geburtstage S. 83 f.

216 Römische Geschichte.

weiterte die Grenzen der Provinz Pamphylien und Kilikien. 74 v. Chr. kehrte Servilius, der den Beinamen Isauricus annahm, nach Rom zurück, i) Aber an der Wurzel hatte er das Übel nicht gepackt, tauchten doch die Seeräuber, Kiliker genannt, gleich darauf im Mittelmeergebiet, an den Säulen des Herakles, in Spanien bei Sertorius, auf Sizilien bei Verres, in Italien bei Spartacus auf. Kreta schloß mit ihnen ein Bündnis; unter geschickten und verwegenen Führern bildeten sie eine Art Gemeinwesen und fühlten sich als kriegführende Macht. Die meisten altberühmten Kultstätten Griechen- lands wurden von ihnen heimgesucht, die Inseln geplündert, angeblich vier- hundert Städte erobert. Es fehlte ihnen nicht an Sympathien, waren sie doch die einzigen, die den verhaßten Römern zu trotzen wagten und sie zum Gespötte machten. Der neue Krieg des Mithridates vergrößerte den Aktionsradius der Seeräuber. 2)

Vgl. die am Schluß des vorigen Paragraphen 34 S. 212) angeführte Literatur.

36. Mithridates und Pompeius. Der Friede von Dardanos war eigent- lich nur ein Waffenstillstand, den Sulla notgedrungen geschlossen hatte, weil er nach Italien zurückstrebte; es ist bezeichnend, daß Mithridates in Rom trotz wiederholten Bemühungen niemals die schriftliche Ausfertigung des Friedensinstruments zu erlangen vermochte;^) er konnte also über die Gesinnung der Römer nicht im Zweifel sein. Schon bald nach dem Frieden kam es zu einem neuen Krieg. Zwischen Mithridates und Ariobarzanes von Kappadokien schwebten noch Gebietsstreitigkeiten, auch rüstete Mithri- dates, um die abtrünnigen Kolcher und Bosporaner wieder zu unterwerfen. Der Nachfolger Sullas in der Provinz Asien, L. Licinius Murena, hatte also einen Vor wand, den Krieg, von dem er sich Ruhm und Beute ver- sprach, vom Zaun zu brechen. 83 v. Chr. fiel er plündernd ins pontische Gebiet ein; als er jedoch im nächsten Jahr (82 v. Chr.) trotz den Vor- stellungen des Mithridates und den Mahnungen des Senats seinen Angriff wiederholte, wurde er am Halys von den Pontikern zurückgewiesen. Auf ein Machtwort Sullas hin, bei dem sich Mithridates beschwert hatte, wurde der Friede wieder hergestellt, und auch der Konflikt mit Ariobarzanes bei- gelegt. Zu Beginn seiner Verwaltung hatte Murena die Seeräuber bekämpft und das Fürstentum Kibyra, das Moagetes als letzter Sproß eines Räuber- geschlechtes beherrschte, der Provinz Asia einverleibt bis auf die Teile, die an den lykischen Bund fielen.-*) Ein Nachspiel des von Murena provozierten Kriegs gegen Pontos war die Eroberung Mytilenes, das besonders energisch für Mithridates und gegen Rom Partei genommen hatte, ^) durch M. Minucius Thermus, den Nachfolger Murenas. Die Stadt mußte sich nach längerer Belagei'ung ergeben und verlor ihre Freiheit (80 v. Chr.).

Mithridates, der die Hände gegen die abtrünnigen Untertanen wieder frei hatte, befestigte und erweiterte seine Herrschaft am nördlichen Pontos-

^) H. Jordan, De Sallustn historiarum reliquils quae ad bellum plrat. Servil, per- tinent, Index lect. aest. Königsberg 1887.

^) Cicero de imp. Cn. Pomp. § 31 f. Plutarch Pomp. 24. Cass. Dio XXXVI 20.

') Über Mithridates und die Kriege gegen ihn vgl. die oben S. 197 A. 3 angeführte

Literatur. Dazu kommt noch Mauren- BREOHER, Sallusii histortae.

*) Strabo XIII 631.

^) Die Mytilenäer hatten dem König den Legaten M.' Aquillius und andere Römer ausgeliefert. Velleius II 18, 1.

3. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§36.) 217

ufer. Auch sein Freund Tigranes von Armenien hatte inzwischen sein Reich bedeutend vergröfaert und auf Syrien ausgedehnt. Hier hatte seit dem Tod des Antiochos Kyzikenos (oben S. 195) eine endlose Fehde der seleukidischen Thronanwärter das Land und die Städte in Parteien gespalten; Araber und Juden benutzten die Gelegenheit, um im Trüben zu fischen. Um endlich zur Ruhe zu kommen, wandten sich die großen hellenischen Stadtgemeinden Xord- syriens an Tigranes, der sich nicht lange bitten ließ. Sein Erscheinen bereitete der seleukidischen Herrschaft ein Ende (83/82 v. Chr.). Nur in wenigen Plätzen konnten sich die überlebenden Mitglieder der Dynastie behaupten. Tigranes wurde mit einigen Ausnahmen in Syrien sowie im ebenen Kilikien als Oberherr anerkannt und legte sich den Titel König der Könige bei. Bald nach Sullas Tod überzog er im Einvernehmen mitMithridates wiederum Groß-Kappadokien mit Krieg. Von hier und aus Kilikien entführte er viele Bewohner, darunter auch Griechen, und siedelte sie in seiner neuen Hauptstadt Tigranokerta an, einer großzügigen Schöpfung nach griechischem Muster, i) Auch das südliche Syrien bis zur ägyptischen Grenze bnxchte er bald darauf zur Unterwerfung.

Die Feindschaft zwischen Mithridates und den Römern wurde akut, als der König von Bithynien, Nikomedes III Philopator starb (74 v. Chr.) 2) und sein Reich den Römern vererbte. Aber Mithridates erhob im Namen eines von Philopator übergangenen Sohnes Ansprüche auf Bithynien in der Ab- sicht, den Römern die Erbschaft zu entreißen. Er war besser gerüstet als früher und die Gelegenheit erwies sich als günstig, da damals Sertorius auf der Höhe seiner Macht stand und Rom von allen Seiten mit Kriegen be- droht war. Mithridates schloß mit Sertorius ein Bündnis und versprach ihm Schiffe und Geld (oben S. 210); Sertorius sandte ihm einige höhere Offiziere und bewilligte ihm im Namen Roms Paphlagonien, Bithynien, Galatien und Groß-Kappadokien, während er die römische Provinz als unantastbar be- zeichnete. Mithridates verband sich auch mit den Piraten und mit Kreta; sein Bündnis mit den Thrakern war noch in Kraft; überdies zählte er auf Tigranes. Man stand also am Vorabend großer Ereignisse und in Rom fehlte es nicht an Kandidaten für den Oberbefehl im kommenden Krieg. Der Konsul von 74 v. Chr. L. Licinius Lucullus,^) einer der angesehensten Opti- maten, ein Freund Sullas, verschaffte sich das wichtige Kommando; be- zeichnenderweise versprach er, im Interesse der Staatskasse seine Rüstungen tunlichst zu beschränken. Lucullus erhielt die Provinzen Kilikien und Asien und den Oberbefehl gegen Mithridates, sein Kollege M. Aurelius Cotta Bithynien und das Flottenkommando. Zugleich wurde der Prätor M. An- tonius mit dem Krieg gegen die Piraten und gegen Kreta beauftragt.

Im Frühjahr 74v. Chr.^) rückte Mithridates mit seiner Hauptmacht, deren Kern bastarnische, skythische und thrakische Mannschaften bildeten, in

^) Die Lage von Tigranokerta ist viel j für 7.5 v. Chr. entschied sich Niese im Au-

umstritten; vgl. C. F. Lehmann-Haupt, Ar- Schluß an Maurenbrecher, Sal/ust. histor.

menien einst und jetzt I, Berlin 1910, 381 flf., reJiquiae II 228. Die Chronologie des Krie-

der sich gegen Kiepert, Mommsen und ges gegen Mithridates ist kontrovers; vgl.

Sachau für Farkin nordöstlich von Amida H.Bernhardt, Chronol.dermithrid. Kriege

(Diarbekr) entscheidet. und Drumann-Geoebe IV 142, 15.

-) Vgl. über das Todesjahr (74 v. Chr.) ^) Drumann-Groebe IV 1-34 ff.

Eeinach-Götz, Mithradates Eupator, Leip- ^) Nach Reinach-Götz a. a. O. 317, 1 ein

zig 1895,813,5, Dkumann-Groebe IV 139, 12; Jahr später.

218 Römische Geschichte.

Bithynien ein; die Flotte begleitete ihn. Die Freistadt Herakleia bewies ihr wohlwollende Neutralität. Cotta nahm, ehe LucuUus von Asien her zu Hilfe kommen konnte, vor Kalchedon den Kampf auf. Er wurde zu Wasser und zu Land geschlagen und in der Stadt eingeschlossen. Seine ganze Flotte hatte er eingebüßt. Andere pontische Heere besetzten Galatien und das benachbarte Phrygien und drangen bis nach Pisidien und Isaurien vor; die Flotte sollte die Verbindung mit Kreta und sogar mit Sertorius in Spanien herstellen. Mithridates rückte in die Provinz Asien ein und be- setzte namentlich die ganze hellespontische Küste; nur die stark befestigte Freistadt Kyzikos leistete ihm hartnäckigen Widerstand, der König belagerte sie von der See- und von der Landseite. Aber Lucullus eilte zum Entsatz herbei, und es gelang ihm, den Belagerern die Zufuhr zu Land abzuschneiden. Die Winterstürme (74/73 v.Chr.) erschwerten auch die Verproviantierung auf dem Seeweg und so wüteten Hunger und Seuchen unter dem grofsen pontischen Heer. Mithridates mußte die Belagerung aufheben; dem abziehenden Heer brachte Lucullus besonders beim Übergang über den Aiseposfluß schwerste Verluste bei. Mithridates wandte sich über Byzanz nach Nikoraedeia; seine Überlegenheit im Feld war gebrochen. Ein Teil Bithyniens fiel den Römern wieder in die Hände; besonders wichtig war es, daß Lucullus mit Schiffen, die er bei den griechischen Bundesgenossen requiriert hatte, in zwei See- treffen, an der troischen Küste und bei Lemnos, die pontische Flotte zu schlagen vermochte (73 v. Chr.). Dann kehrte er sich gegen Mithridates, der Bithynien nicht mehr halten konnte und sich in Nikomedeia einschiffte. Auf der Fahrt verursachte ein Seesturm neue Verluste; aber dann wurde dem König durch Verrat Herakleia in die Hände gespielt. Er ließ dort eine Garnison zurück. Die Römer besetzten ganz Bithynien und schritten zum weiteren Angriff'. Während Cotta sich zur Belagerung Herakleias anschickte, marschierte Lucullus in die pontische Küstenlandschaft ein, wo er über- winterte (73/72 V. Chr.). Die befestigten Plätze, besonders Sinope und Amisos, schlössen ihm ihre Tore, und Lucullus begann mit der Belagerung. Iva Frühjahr 72 v. Chr. stieß er von der Küste aus ins Binnenland vor und stand bei Kabera^) am Lykos dem mithridatischen Heer unter kleineren Gefechten von wechselndem Erfolg eine Zeitlang gegenüber. Die Stärke der Pontiker lag in ihrer überlegenen Kavallerie. Als diese aber bei einem größeren Unternehmen geschlagen wurde, entschloß sich Mithridates, seine Stellvmg zu räumen. Da die Römer nachsetzten, artete der Rückzug in Flucht aus; als König ohne Land rettete sich Mithridates über die armenische Grenze. Lucullus ging nun an die Unterwerfung des von seinem Herrscher aufgegebenen Reiches; das gab eine schwere und langwierige Arbeit; die Städte wurden von ihren Besatzungen, die zum Teil aus Piraten bestanden, mannhaft verteidigt und mußten von Lucullus oder seinen Legaten nach- einander erobert werden. Zuerst (71 v. Chr.) fielen Kabera und Amisos. Inzwischen war Herakleia von Cotta belagert worden, ließ sich aber erst bezwingen, nachdem die Flotte des Lucullus unter C. Triarius das ägäische Meer von den Resten der pontischen Marine gesäubert hatte. Von Cotta

') Die Form Kahera ist durch Münzen besser beglaubigt als Kabeira.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§36.) 219

gerufen, schloß Triarius Herakleia von der See ab; nun kapitulierte nach zweijähriger Gegenwehr die Garnison auf freien Abzug; die Stadt wurde von den Römern schonungslos geplündert. Nachdem Triarius auch Amastris und Tios gewonnen hatte, betrachtete Gotta seine Aufgabe als gelöst und kehrte nach Rom zurück (70 v. Chr.). Lucullus hatte im Jahr 70 endlich auch das feste Sinope erstürmen können, nachdem der Vizekönig des kim- merischen Bosporos, Machares, der die Belagerten bisher mit Proviantflotten unterstützt hatte, von seinem Vater Mithridates abgefallen und zu Lucullus übergetreten war. Bald darauf fiel auch das letzte Bollwerk des pontischen Reiches, Amaseia. Im Winter 70/69 v. Chr. weilte Lucullus in seiner Pro- vinz Asien, deren Finanzen durch die Manipulationen der römischen Gläubiger und Steuerpächter völlig zerrüttet waren. Lucullus legte diesen Wucherern das Handwerk; dank seinen Maßnahmen konnte die Provinz ihre Schulden in vier Jahren tilgen. Die Provinzialen atmeten auf; die römischen Kapi- talisten aber sannen auf Rache.

Tigranes von Armenien, in dessen Reich sich sein Schwiegervater Mithri- dates geflüchtet hatte, war bisher noch nicht in Konflikt mit Rom geraten. Als dann die Eroberung des Pontos ihrem Abschluß entgegen ging, forderte Lucullus von Tigranes, der sich in Syrien aufhielt, in schroffster Form die Auslieferung des Mithridates (71/70 v. Chr.). Nunmehr nahm sich der Ar- menier des vertriebenen Königs an;M er plante einen Einfall nach Kilikien und Lykaonien. Aber Lucullus kam dem zuvor. 2) Nach der Unterwerfung des Pontos ging er 69 v. Chr. bei Melitene über den Euphrat, marschierte auf Tigranokerta, warf die ihm entgegengesandten Truppen zurück und schloß die Stadt ein. Tigranes zog mit einem großen Heer zum Entsatz herbei, wurde aber von der weit geringeren Macht des Lucullus am 6. Oktober 69 v. Chr. völlig geschlagen. Tigranokerta wurde mit großer Beute erobert. Eine Folge des Sieges war die Losreißung Syriens von Armenien. 3) Der Seleukide Antiochos XIII, mit dem Beinamen Asiatikos,*) konnte zurück- kehren und ließ sich von Lucullus als König bestätigen. Lucullus über- winterte in Gordyene; er trat in Unterhandlung mit dem Partherkönig Phraates, als er aber merkte, daß der Parther sich auch mit Tigranes ver- ständigte, gedachte er ihn ebenfalls zu bekriegen, zu welchem Behuf er die im Pontos stehenden Truppen an sich ziehen wollte. An deren Gehorsams- verweigerung scheiterte der Plan des Partherzugs. Im nächsten Jahr (68 V. Chr.) drang Lucullus von Süden her in Armenien ein: sein Ziel war Artaxata. Er erfocht am Arsanias einen Pyrrhussieg über Tigranes und Mithridates; als die Strapazen des Vormarsches bei Beginn der schlechten Jahreszeit in dem unwirtlichen Gebirgsland immer größer wurden, erzwangen die Soldaten die Umkehr. Ohne Artaxata erreicht zu haben, mußte Lucullus

^) Mithridates hat nach Memuonp. 238 b 5 Diese Zahl ist besser beglaubigt als die

ein Jahr acht Monate nach seiner Flucht siebzehn Jahre des Justinus (XL 1, 4), die

ganz zurückgezogen gelebt. vielleicht nur ein Schreibfehler (X TT/ für

-) K. Eckhardt. Die armenischen Feld- XIIII) sind.

Züge des Lukullus, Klio IX (1909), 400 flf. ■*) Ein Sohn des Antiochos X Eusebes,

X 72 if. 192 ff. der wiederum Sohn und Nachfolger des

') Tigranes hat Syrien nach Appiau Antiochos IX Kyzikenos war, oben S. 195. (Syr. 70) vierzehn Jahre lang beherrscht.

220 Römische Geschichte.

nach Mesopotamien zurück. Er eroberte hier Nisibis und bezog dann Winter- quartiere (68/67 V. Chr.). Aber die Tage seines Kommandos waren gezählt. An eine dauernde Behauptung seiner Eroberungen war nicht zu denken; sein Heer, dessen Kern die Legionen Fimbrias (S. 208) bildeten, hatte er nicht mehr in der Hand; die Soldaten, durch unzufriedene Offiziere verhetzt,') begehrten nach Hause.''') Lucullus war nie populär gewesen, weil er die Soldateska in Zucht hielt vmd keine Ausschreitungen gegen die friedliche Bevölkerung dul- dete. Auch der neue demokratische Kurs in Kom (oben S. 212 f.) wurde ihm, dem ausgesprochenen Optimaten, verhängnisvoll. Von der Provinz Asien aus intrigierten die von Lucullus in ihren schmutzigen Geschäften gestörten Kapi- talisten. In Rom wurde behauj)tet, daß Lucullus den Krieg über Gebühr ausdehne und so wurde denn im Jahr 67 v. Chr. Konsul M'. Acilius Glabrio zu seinem Nachfolger bestellt. Lucullus wurde angewiesen, die altgedienten Leute zu entlassen, die übrige Mannschaft dem Glabrio zu übergeben.

Mithridates war nicht müßig geblieben. Nach der Schlacht am Arsanias hatte er die Wiedereroberung seines pontischen Reiches versucht. Daher ging Lucullus 67 v. Chr. wieder in den Pontos, aber noch ehe er eintraf, wurde sein Legat C. Triarius bei Zela von Mithridates geschlagen. Zwar wich der König vor Lucullus zurück, aber der römische Feldherr konnte weder ihm folgen noch das benachbarte Kappadokien gegen Tigranes ver- teidigen. Seine Soldaten verweigerten jede Offensive und verstanden sich nur dazu, an Ort und Stelle zu bleiben, um das Land nicht ohne Schutz zu lassen. Mithridates behauptete sich im östlichen Teil des Pontos, Tigranes fiel plündernd in Groia-Kappadokien ein, und als der Sommer zu Ende war, löste sich das Heer des Lucullus zum größten Teil auf.

Während des mithridatischen Krieges hatte das Unwesen der Piraten weiter um sich gegriffen. Sie setzten sich zeitweilig auf Sizilien fest und machten sich selbst in Italien bemerklich. M. Antonius, dem der Krieg gegen sie 74 V. Chr. übertragen war, richtete wenig aus.^) Er erlitt durch die mit den Seeräubern verbündeten Kreter eine Niederlage und schloß mit ihnen einen förmlichen Friedensvertrag, der aber in Rom verworfen wurde; der Senat bestand auf bedingungsloser Übergabe.^) Antonius starb während des Krieges auf Kreta. Besser bewährte sich sein Nachfolger Q. Caecilius Metellus (Creticus), dem es in den Jahren 69/67 v. Chr. gelang, die Kreter nach tapferem Widerstand zu unterwerfen und ihre Führer Lasthenes und Panares gefangen zu nehmen. Auf die Piraten machte der Fall Kretas keinen Ein- druck. Sie wagten sogar in Kampanien zu landen und Menschen aufzu- greifen und fuhren selbst in den Hafen von Ostia ein, wo sie plünderten und die Schiffe zerstörten. Der ganze Seehandel war gelähmt und die Ge- treidezufuhr Roms geriet ins Stocken ; eine Teurung war die unausbleibliche Folge. In dieser Bedrängnis richteten sich die Blicke auf Pompeius.

') Der Haupthetzer war des Lucullus Athenodoi'os die Insel Delos. Triarius be- Schwager, P. Clodius. festigte dieverödeteStadt mit einer Mauer;

^) Wenn die Firabrianer, wie anzu- aber das schon im J. 88 schwer getroffene

nehmen, 87 v. Chr. ausgehoben waren, so Delos erholte sich nie wieder. Phlegon

hatten sie jetzt, nach 20 Dienstjahren, ein fr. 12 (FHG III 606).

Eecht auf Entlassung. | ••) Appian Sikel 6. Diodor XXXIX 1.

^) Noch 69 V. Chr. plünderte der Pirat j

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§30.) 221

Er war wie Crassus nach seinem Konsulat (S. 212) in Rom geblieben; auf eine Provinz hatte er verzichtet; in ungestilltem Ehrgeiz strebte er nach höheren Zielen. Seine bisherigen Leistungen, seine Persönlichkeit und einwandfreie Lebensführung erwarben ihm Vertrauen und Ansehen. An- fang 67 V. Chr. stellte nun der Volkstribun A. Gabinius beim Volk den An- trag, einem Mann den Krieg gegen die Seeräuber mit großen Streitkräften auf drei Jahre zu übertragen und ihm für alle Küstenprovinzen bis zum 50. Meilenstein landeinwärts unumschränkte Gewalt zu verleihen. Gegen denWiderstand des Senats, der befürchtete, daß aus einer solchen „Nauarchie" sich die Monarchie entwickle, ging der Antrag durch und Pompeius, auf den er gemünzt war, wurde gewählt. Ein riesiges Aufgebot bis zum Maxi- mum von 500 Kriegsschiffen und 20 Legionen wurde ihm bewilligt. Pom- peius machte sich sofort an die große Arbeit, die er, unterstützt von 24 Legaten, mit Organisationstalent streng methodisch bewältigte, i) Zunächst befreite er in vierzig Tagen das westliche Mittelmeerbecken .von der See- räuberplage; dann wandte er sich über Rom nach dem Osten; er trieb alle Piraten nach Kilikien zusammen und gewann in kurzem ihre festen Plätze, die sich fast alle freiwillig ergaben, so auch die Seeräuberburg Korakesion, wo sich die Verwegensten eine Zeitlang verteidigt hatten. Pompeius ließ Milde walten; alle, die sich ergaben, blieben an Leben und Freiheit ungekränkt. Um den Heimatlosen eine Existenz zu schaffen, siedelte Pompeius viele der ehemaligen Piraten an, so im kilikischen Soloi (Pompeiopolis), in Dyme in Achaia usw. 2) Auch die von Q. Metellus bedrängten Kreter wandten sich an ihn, und Pompeius machte gegen Metellus sein höheres Imperium geltend, das dieser nicht anerkannte. Der Kompetenzstreit hätte zum offenen Kampf und also zum Bürgerkrieg geführt, wenn Pompeius nicht durch eine neue Mission abgelenkt worden wäre. Metellus wurde nicht weiter behelligt-; er unterwarf Kreta und machte die Insel zur Provinz.

Anfang 66 v. Chr. beantragte der Volkstribun C. Manilius, dem Pompeius auch die Provinzen Bithynien und Kilikien und den Krieg gegen Mithri- dates und Tigranes mit umfassender Vollmacht^) zu übertragen. Befürwortet von den Populai-en, übrigens auch von dem Prätor M. Tullius Cicero, ging das Gesetz trotz den Gegenbemühungen der extremen Optimaten durch. Man erwartete von Pompeius die rasche, glückliche Beendigung des Krieges, und er ging sofort mit gewohnter Umsicht ans Werk. Zuerst betrat er den diplomatischen Weg, aber Mithridates lehnte seine Forderungen ab. .Dann setzte sich Pompeius mit den Parthern ins Benehmen; sie versprachen, den Tigranes zu beschäftigen und werden dafür gewisse Zusicherungen erhalten haben. Pompeius ließ seine Flotte ins Schwarze Meer einlaufen. Er selbst traf in Galatien mit Luculius zusammen ; die beiden überwarfen sich völlig. Pompeius machte die Anordnungen des Luculius rückgängig und zog den größten Teil seines Heeres zu sich herüber. Dann rückte er in 'den Pontos ein. Mithridates hielt sich in der Defensive und suchte den Krieg hinzu- ziehen, wurde aber genötigt, nach Kleinarmenien auszuweichen und ging zuletzt bei Dasteira in Stellung. Pompeius, der Verstärkungen erhielt,

^) Vgl. P.Groebe, Klio X, 1910, 374 ff. 1 räuber angesiedelt. Sueton. fr. S. 306 Roth. 2) Auch in Unteritalien wurden See- | ^) Appian b. civ. I 97.

222 Römische Geschichte.

schloß ihn ein. Doch es glückte dem König, bei Nacht unbemerkt durch die feindlichen Linien hindurch abzuziehen. Aber Pompeius holte das flüchtige Heer ein und zersprengte es nicht weit vor Euphrat durch einen nächtlichen Angriff'. i) Mithridates rettete sich aus der Katastrophe; von Tigranes abgewiesen, floh er nach Kolchis und Dioskurias, wo er den Winter zubrachte. Von hier aus ging er im folgenden Jahr (65 v. Chr.) an den kimmerischen Bosporos.

Der Sieg des Pompeius war entscheidend. Tigranes, der mit seinem gleichnamigen Sohn und mit den Parthern in Krieg lag, ergab sich dem Sieger. Er erhielt sein Königtum zurück und wurde als Bundesgenosse an- erkannt. Die Römer überwinterten (66/65 v. Chr.) im nördlichen Armenien. Im nächsten Jahr (65 v. Chr.) unterwarf Pompeius die mit Mithridates und Tigranes verbündeten Kaukasosvölker, zuerst die Iberer am Kyros unter dem König Artokes, von hier zog er nach Kolchis hinab und traf an der Küste mit seiner Flotte zusammen; darauf wandte er sich gegen die Albaner am kaspischen Meer, die unter ihrem Fürsten Oroizes im Winter die ver- streuten römischen Truppen in ihren armenischen Quartieren zu überfallen versucht hatten. Die Legaten des Pompeius waren inzwischen teilweise für Tigranes in Armenien und Mesopotamien tätig, wobei sie schon mit den Parthern zusammenstießen; doch ließ Pompeius es hier nicht zum Krieg kommen; den Parthern wurden gemäß den früheren Versprechungen auf Kosten des Tigranes Gebietserweiterungen, insbesondere die Euphratgrenze zugestanden. Gleichzeitig wurde das Stammland des Mithridates nicht ohne schwierige Kämpfe und erst nach tapferem Widerstand vollständig zur Unterwerfung gebracht und durch Pompeius 64 v. Chr. von Amisos aus vorläufig als Provinz eingerichtet.

Pompeius unterbrach diese Tätigkeit, um sich zu einer neuen Erwerbung nach Syrien zu wenden, wo seine Legaten schon vorher erschienen waren und wo jetzt seine Anwesenheit erforderlich wurde. Den Antiochos Asia- tikos der sich nicht einmal in der Hauptstadt Antiocheia zu behaupten ver- mochte, erkannte er nicht an. So herrschte denn wieder Anarchie, und die gegenseitigen Kämpfe der verschiedenen Machthaber hatten zum Schaden der griechischen Stadtgemeinden überall aufs neue eingesetzt. In Cölesyrien war vor allem Aretas mächtig, der Fürst der nabatäischen Araber, daneben das jüdische Königtum, um dessen Besitz sich damals zwei Brüder, Söhne des Alexander Jannaios, Hyrkanos und Aristobulos, seit 67 v. Chr. stritten. Durch den Beistand des Aretas hatte zeitweilig Hyrkanos das Übergewicht erlangt; aber M. Aemilius Scaurus, der Legat des Pompeius, hatte die Herr- schaft dem Aristobulos zugewendet.

Pompeius betrachtete Syrien als früheren Besitz des Tigranes und so- mit nach Kriegsrecht als römische Beute; in der Absicht, das Land für Rom einzuziehen, begab er sich nach Antiochien, wo er den Winter 64/63 V. Chr. zubrachte. Im nächsten Frühjahr zog er weiter gen Süden, stellte

') Über diesen Feldzug vgl. "W. Fabri- nisse sind vielfach unklar. Dasteira lag

cius, Theophanes vonMytilene und Q. Del- nach Strabo XII 555 nicht weit von Niko-

lius als Quellen der Geographie des Strabo, polis (heute Enderes), das Pompeius zum

Straßburg 1888, 94 f. Reinach-Götz a. a. O. Gedächtnis seines Sieges gründete. 380 ff. DEUMANN-GROEBElV443ff. DieEreig-

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§36.) 223

die Ruhe her und beseitigte mehrere Tyrannen und Dynasten. In Damaskos entschied er den Streit zwischen den beiden jüdischen Fürsten zugunsten des Hyrkanos. Da Aristobulos und seine Partei, sich diesem Spruch nicht fügten, so rückte Pompeius gegen Jerusalem. Die Stadt ergab sich sogleich, aber der Tempel, den die Anhänger des Aristobulos besetzt hielten, wurde erst nach längerem Widerstände erstürmt. Judäa wurde der Provinz Syrien einverleibt, Hyrkanos erhielt das Priestertum und die Vorstandschaft über die Juden. Alle Eroberungen der früheren jüdischen Fürsten mußten heraus- gegeben werden, namentlich die umliegenden griechischen Städte, die durch die jüdischen AngriflPe viel gelitten hatten. Pompeius stellte ihre kommunale Selbständigkeit wieder her, wie er sich auch sonst als Philhellene erwies. ^) Mit den Nabatäern wurde bald die Sprache der WafPen, bald die der Diplomatie geführt, ohne daß eine Unterwerfung des Aretas zustande- gekommen wäre.

Schon auf dem Weg nach Jerusalem hatte Pompeius die Nachricht vom Tod des Mithridates erhalten. Mithridates hatte sich 65 v. Chr. von Dios- kurias an den Bosporos durchgeschlagen und hier die Herrschaft wieder angetreten; sein abtrünniger Sohn Machares beging Selbstmord. Noch ein- mal versuchte der König zu unterhandeln; er bot seine Unterwerfung an; da aber Pompeius verlangte, daß er sich persönlich stelle, so brach er die Verhandlungen ab ; mit unermüdlicher Energie schuf er sich nochmals Heer und Flotte, indem er den letzten Mann und die letzte Drachme aufbot, aber seine Macht hatte längst kulminiert. Die Flotte des Pompeius unter- band den bosporanischen Handel, die Untertanen stöhnten unter dem Druck der Rüstungen, des Königs Umgebung verlor den Mut. Phanagoreia gab das Signal zum Abfall; Theodosia, Chersonesos und andere Griechenstädte folgten. Der phantastisch großartige Plan, eine Offensive gegen Italien an der Spitze der Barbaren des Nordens, der Sarmaten, Bastarner und Donau- kelten zu unternehmen, scheiterte an der Unlust des Heeres. In Pantikapaion, der Residenz des Mithridates, empörte sich sein Sohn Pharnakes; die Truppen gingen zu ihm über, und der alte König, von allen verlassen, entzog sich durch freiwilligen Tod der äußersten Schmach. Pharnakes machte sogleich mit den Römern Frieden.

Pompeius kehrte noch im Jahr 63 v. Chr. aus Syrien nach Vorderasien zurück, wo er den Winter verbrachte. Er führte die Neuordnung der Land- schaften durch, belohnte seine Freunde, bestrafte die Gegner. Das Erbland des Mithridates wurde mit Ausnahme der östlichen Teile unter dem Namen Pontes mit Bithynien vereinigt zur römischen Provinz. Pharnakes mußte sich mit dem bosporanischen Gebiet begnügen. Ariobarzanes von Kappadokien erhielt territorialen Zuwachs, Paphlagonien wurde wiederhergestellt, die Stammesgenossenschaft der Galater, die den Römern nützliche Dienste ge- leistet hatten, in drei Fürstentümer geteilt. Armenien verblieb dem Tigranes, aber mehrere kleinere Fürstentümer wurden abgetrennt. Östlich vom Pontos (z. B. in Kolchis) und im rauhen Kilikien bestanden einige Territorien unter

') Eine Eeihe von Städten an beiden j die spätere Kaiserzeit gilt. Kubitschek, Seiten des Jordan fängt mit Pompeius i PW I 649 f. Vgl. Bull, de correspond. hell. (63 V. Chr.) eine neue Ära an, die bis in | 1897, 47. 64 ff .

224 Römische Geschichte.

ihren besonderen Dynasten weiter. Kleinarmenien und die angrenzenden Küstenstriche wurden dem galatischen Fürsten Deiotarus übergeben, einem besonders verdienten Anhänger des Pompeius.^) Bemerkenswert sind im Pontos die zahlreichen Städtegründungen des Pompeius, der damit an die Kulturpolitik des Mithridates anknüpfte. Pompeius schaltete in alle dem ganz nach eigenem Ermessen. Im Jahr 02 v. Chr. trat Pompeius die Heim- reise an. Er ließ sich Zeit, 2) um die überschwenglichen Huldigungen, die man ihm darbrachte, auszukosten. 3)

Literatur: Siehe die am Schluß des §34 (S. 212) angeführten Werke.

37. Innere Kämpfe. Catilinas Verschwörung. Pompeius verdankte seinen Aufstieg zu höchsten Erfolgen dem Pakt mit der Popularpartei ; seine Gegenleistung war im Jahr 70 v. Chr. die völlige Wiederherstellung des Volkstribunats und die Befreiung der Gerichte aus der ausschließlichen Gewalt des Senats gewesen. In den folgenden Jahren waren die Demokraten mit Erfolg bestrebt, die Macht des Senats einzudämmen, die sullanische Verfassung abzubauen und die einstigen Handlanger des Diktators zur Rechenschaft zu ziehen.'^) Ein aufstrebender Parteigänger der Populären war C. Julius Caesar (geb. 13. Quinctilis 100 v. Chr.),°) zwar Sproß eines patrizischen Geschlechts, aber auch Eidam Cinnas und durch die Ehe seiner Tante Julia mit Marius dessen Neffe. Sulla ächtete den Jüngling, in dem er mehr als einen Marius witterte, hat ihn aber schließlich begnadigt. So- lange Sulla noch lebte, leistete Caesar, fern von Rom, Kriegsdienste in Asien. 6) Nach Sullas Tod in die Hauptstadt geeilt, erregte er bald in der politischen Arena Aufsehen durch seinen redegewandten Prozeßkrieg gegen zwei namhafte Sullaner. Als der aus Spanien zurückgekehrte Pompeius sein Herz für die Populären entdeckte, schloß Caesar sich ihm an. Als erstes kuruhsches Amt verwaltete er (68 v. Chr.) die Quästur im jenseitigen Spanien. Eindruck machte seine Ädilität (65) durch großartige Spenden und Spiele und vor allem, weil er Statue und Trophäen des Marius wieder aufzurichten wagte. Beziehungen zu Crassus, der mit den Führern der Optimaten in Fehde lag^) und durch den Pakt mit den Populären die eigenen Pläne förderte, stärkten seinen finanziellen Kredit. Aber nicht nur bei den

1) Vgl. Niese, Rhein. Mus., N. F. XXXVIII p. 56 (50 Scholl).

567 f. Stähelin, Gesch. der kleinasiatischen ^) Auf dieses .lahr führen die Angaben

Galater^ 88. der Alten; aber Mommsen, Rom. Gesch. III

2) Unterwegs besuchte er Mytilene, dem 16 Anm. zieht statt dessen das J. 102 vor, er die Freiheit zurückgab. IG XII 2. 140 flf. weil Caesar im J. 59 das Konsulat be- 202. Theophanes von Mytilene,-der Histo- kleidete, für welches Amt das 43. Lebens- riker, stand bei ihm in Gunst und ge- jähr das normale ist. Der Ansicht Momm- hörte zu seiner Umgebung. Auf Rhodos sens neigt sich Ed. Meyer zu, Caesars machte er dem großen Philosophen Posei- Monarchie und das Prinzipat des Pom- donios seine Aufwartung. Auch Athen pejus, 1918, 58, 2.

wnirde besucht und beschenkt. Plut. Pomp. «) Er nahm an der Belagerung von

42. Drumänn-Geoebe IV 485 ff. Mytilene unter M. Minucius Thermus teil

^) Vgl. die Inschrift von Miletupolis, und diente dann unter P. Servilius Isauri- Journ. of hell. sUul. XXVII (1907) 64. Dazu 1 cus. Oben S. 215 f.

Diodor fr. XL 4. ') 65 v. Chr. war Crassus rnit Q. Luta-

*) Hierher gehören die Anträge des tius Catulus Zensor, konnte sich aber mit

C. Cornelius, der 67 v. Chr. Mißbräuche ihm nicht einigen, so daß zuletzt beide

des senatorischen Regiments abstellen Zensoren abdankten, wollte: s. Ascönius zu Ciceros Corneliana

6. Vierte Periode : Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§37.) 225

Populären, sondern auch bei den Sullanern gab es Unzufriedene, adlige Schuldenniacher oder unruhige Streber, die durch die Zensur des Jahres 70 V. Chr. ihren Senatssitz eingebüßt hatten, sich aber nicht für immer kaltstellen lassen wollten. i) Zu diesen gefährlichen Elementen gehörten die für 65 V. Chr. gewählten Konsuln P. Autronius Paetus und P. Cornelius Sulla. Wegen Wahlunterschleifs verurteilt, hatten sie ihr Amt nicht an- treten können. Daraus entstand ein Komplott mit dem Zweck, die in- zwischen nachgewählten Konsuln zu töten und den verurteilten doch noch zum Konsulat zvi verhelfen. Die Ausführung übernahmen zwei verwegene Männer, die dabei auch auf die eigene Rechnung zu kommen hofften, Cn. Calpurnius Piso und L. Sergius Catilina. Catilina, ein heruntergekommener Patrizier, hatte sich als Helfershelfer Sullas bei den Proskriptionen be- sonders anrüchig gemacht. Auch er hatte bei den Konsulwahlen für das Jahr 65 vergeblich kandidiert, ohne sich durch diesen Mißerfolg von weiteren Bewerbungen abschrecken zu lassen. Das geplante Attentat wurde ruchbar und konnte vereitelt werden. Die eigentlichen Drahtzieher dieser ersten catilinarischen Verschwörung des Winters 66/65 v. Chr. waren Crassus und Caesar, die so schon jetzt den abwesenden Pompeius mattzusetzen trachteten. Piso ging in aufserordentlichem Auftrag nach Spanien, wo er bald darauf, wie man munkelte auf Anstiften des Pompeius, erschlagen wurde. Gestützt auf Caesar und Crassus setzte Catilina sein Streben nach dem Konsulat fort, Avurde aber in einen Repetundenprozeß verwickelt.^) Freigesprochen, konnte er doch erst für das Jahr 63 v. Chr. im Verein mit dem gleich- gesinnten C. Antonius wieder kandidieren. Catilina fiel durch; gewählt wurden Antonius und M. Tullius Cicero.^) Cicero war 106 v. Chr. geboren und stammte aus einer schlichten Ritterfamilie. Militärische Neigungen gingen ihm ab; er machte seine Laufbahn als Sachwalter und Redner; als solcher überflügelte er seinen Hauptkonkurrenten Q. Hortensius, der auf dem rechten Flügel der Optimaten stand. Die Amter bekleidete Cicero in nor- maler Reihenfolge: 75 v. Chr. war er Quästor auf Sizilien, 69 Adil, 66 Prätor. Er hatte sich von jeher auf die Seite der gemäßigten Optimaten und des Senatsregiments gestellt;-^) damit vertrug sich seine Verteidigung des Sex. Roscius gegen eine Kreatur Sullas (80 v. Chr.), wie seine Anklage gegen den erpresserischen C. Verres (70 v. Chr.; oben S. 214). Gegen die

^) Für das Nachfolgende vgl. John, X. -) Über seine angebliche Verteidigung

Jahrb. f. Philolog. Suppl. VIII 703 ff.; E. durch Cicero vgl. Ascon. p. 85 Or., p. 76

y. Stern, Catilina und die Parteikämpfe Scholl. Der Plan hat bestanden; Cicero

in Eom der Jahre 66—63 v. Chr., Dorpat war also damals kein unbedingter Geg- 1883. Ed. ScHWARTZ, Hermes XXXII 554 ff. i ner Catilinas. Vgl. Ed. Meyer, Caesars

Gaston Boissier, La conjnration de Catilina, Monarchie, 22, Anm. 2.

Paris 1905. Dkumann-Groebe V 401 ff. Als ^) Unter im ganzen 7 Kandidaten war

Quellen kommen außer Sallust im Cati- der aus dem Ritterstand hervorgegangene

lina, Plutarch und Cassius Dio besonders Cicevo der einzige homonoms; Ascon. p. 73

in Betracht Ciceros catilinarische und Scholl; vgl. Drumann-Groebe V 431 f.

andere Reden, sowie Asconius zu Ciceros <) R.Heinze, Ciceros polit. Anfänge, Abh. Rede in toga Candida. Der Caesarianer , der Sachs. Ges. der Wiss. 27, 1909, 947 ff.

Sallust hat unter der Maske des ob- hat gezeigt, daß Cicero niemals Demokrat

jektiven Historikers eine politische Ten- war und daß er also nicht erst mit der

denzschrift geliefert. Irrig läßt er die Bewerbung um das Konsulat zu den Opti-

eigentliche Verschwörung des Catilina maten überging, schon 64 v. Chr. beginnen.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 15

226 Römische Geschichte.

extreme Oligarchie befürwortete er als Prätor die Übertragung des mithri- datischen Krieges an Pompeius in einer Rede vor dem Volk. Für 63 v. Chr. erhielt er, der homo iiovas, der Mann ohne kurulische Ahnen, das Konsulat, da ihn die Optimaten gegen den gefährlichen Catilina unterstützten. Ciceros Ehrgeiz hatte ein hohes Ziel erreicht; aber eine Führernatur war er nicht. Ihm fehlte die große Linie des echten Staatsmannes. Seine wahre Leistung liegt auf geistesgeschichtlichem Gebiet. Er wurde der sprachgewaltige Meister der lateinischen Kunstprosa, der emsige Vermittler griechischer Bildungs- elemente. Durch seine Reden, weiter durch seine rhetorische und philo- sophische Schriftstellerei in engster Anlehnung an griechische Vorbilder, hat er auf Mit- und Nachwelt aufs stärkste gewirkt und bleibende Werte ge- schaffen. Politisch ein Dilettant, menschlich nicht ohne Schwächen, war er eine Großmacht des römischen Geistes.

Ciceros Konsulat (63 v. Chr.) wurde durch heftige politische Kämpfe er- schüttert.^) Die bevorstehende Rückkehr des Pompeius warf ihre Schatten voraus. Zu Anfang des Jahres beantragte der Volkstribun (^. Servilius Rullus ein Ackergesetz. Eine auf fünf Jahre zu wählende Kommission von zehn Männern sollte über den gesamten ager public us und sonstige Einkünfte innerhalb und außerhalb Italiens verfügen, um aus deren Erlös das arme Volk mit Land zu versorgen. Das Gesetz zielte wahrscheinlich vor allem auf die Befriedigung der Veteranen des Pompeius ab ; von Caesar und anderen Populären empfohlen, von Cicero bekämpft, kam der Antrag schließlich zu Fall. 2) In einer anderen Sache siegten die Populären: der Pontifex maximus war verstorben und nun wurde auf Antrag des Volkstribunen T. Labienus die Besetzung wieder durch Volkswahl gemäß der von Sulla beseitigten lex Domitia (oben S. 188, 206 f.) vorgenommen. Aus heißem Wahlkampf, besonders gegen den Obmann des Senats, Q. Lutatius Catulus, ging Caesar als Sieger, als neues Haupt der römischen Staatskirche hervor. Wiederum bewarb sich Catilina mit allen Mitteln um das Konsulat für das nächste Jahr. Aber Cicero und die Optimaten bekämpften ihn erfolgreich, und bei den Wahlen, die etwa im Juli ^) stattfanden, erlitt er abermals eine Niederlage. Jetzt ent- schloß er sich, den Weg der Gewalt zu betreten; er konspirierte in dieser Absicht mit einer größeren Anzahl von Gesinnungsgenossen verschiedener Stände, unter denen der Prätor P. Cornelius Lentulus Sura und C. Cornelius Cethegus die vornehmsten waren. 4) Die Verschwörung erstreckte sich weit- hin über Italien ; besonders unter den unzufriedenen sullanischen Kolonisten fand Catilina Anhänger, namentlich in Etrurien, wo C. Manlius in Faesulae seine Sache vertrat. Alle erhofften von Catilina die Befriedigung ihrer

') Die Kämpfe spiegelten sich in Ciceros Kede pro Rabirio perduellionis gehalten,

konsularischen Reden, die er in seinem ') Die früher auch von Niese vertretene

Brief ad Attic. II 1, 3 aufzählt. Meinung, dafs die Wahlen in den Oktober

"-) Von Ciceros Kampfreden sind noch verschoben worden seien, ist nicht^haltbar.

drei de lege agraria vorhanden. Es gelang Zwar fand eineVerschiebuug der Komitien

den Optimaten auch, die von Caesar unter- statt (Cicero pro Mur. 51), doch kann es

stützte Anklage gegen den Ritter C. Ra- sich dabei nur um einige Tage handeln,

birius zu hintertreiben, der 100 v. Chr. •*) Andere Namen bei Sallust Catil. 17.

den Tod des Volkstribunen Saturninus Neben den Genannten gerieten Caesar und

(oben S. 189) verschuldet haben sollte. Crassus in den unerwiesen en Verdacht,

Cicero hat in dieser Angelegenheit seine auch diesmal hinter Catilina zu stehen.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§37.) 227

Wünsche, sei es nun nach Ämtern und Provinzen, oder nach Bauernhufen und Schuldentilgung. 1) Man einigte sich zuletzt auf den Plan, Rom in Brand zu stecken, die Konsuln und andere einflußreiche Gegner zu ermorden und mit Hilfe eines durch Catilina in Italien zu sammelnden Heeres die Gewalt an sich zu reißen. Man erhoffte Beistand aus den Provinzen. Das Heer Catilinas sollte die Revolution in Rom erleichtern. Aber diese hochverräte- rischen Absichten blieben nicht verborgen, der Senat konnte Gegenmaß- nahmen treffen. Der Konsul Antonius ließ sich von Catilina abziehen, als ihm Cicero seine Provinz, das einträgliche Makedonien abtrat. 2) Als Ende Oktober Unruhen in Etrurien, Picenum und anderen Gegenden Italiens be- gannen, erteilte der Senat den Konsuln Vollmacht, die Ordnung wieder her- zustellen ; in die gefährdeten Gebiete gingen Truppen ab. In der Nacht vom 8. auf 9. November verließ Catilina Rom 2) und begab sich nach dem Mittel- punkt der Insurrektion, nach Faesulae; unterwegs hatte er die Abzeichen eines Konsuls angelegt. Der Senat ächtete ihn und beauftragte den C. An- tonius mit dem Krieg gegen den Hochverräter. Die Mitverschworenen Cati- linas, die in Rom geblieben waren, beschlossen nach längerem Zaudern an den Saturnalien (17. Dezember) loszuschlagen. Aber auch diese Absicht wurde ruchbar; dj? Verschworenen hatten eine in Rom weilende Gesandt- schaft der Allobroger eingeweiht, in der Hoffnung, durch deren Vermittlung Zuzug von gallischen Reitern zu erhalten; durch die Allobroger in Kenntnis gesetzt, ließ Konsul Cicero die Catilinarier verhaften, und am 5. Dezember faßte der Senat in einer stürmischen Sitzung über deren Schicksal Beschluß. Der erste Antrag lautete auf Todesstrafe, dagegen machte Caesar für einen milderen Spruch Stimmung; dem widersetzte sich M. Porcius Cato, ein eigen- williger Politiker, der sich schon verhältnismäßig früh er ist 95 v. Chr. geboren durch Charakterfestigkeit und Uneigennützigkeit bei seinen opti- matischen Parteifreunden, aber auch bei den Gegnern in Respekt zu setzen wußte. Entschlossen griff er auf den ersten Antrag zurück und verhalf ihm zum Sieg. Das Todesurteil wurde alsbald vollstreckt. Inzwischen hatte Catilina ein Heer gesammelt; er gedachte sich, nachdem die Revolution in Rom im Keim erstickt war, ins jenseitige Gallien durchzuschlagen. Aber der Weg wurde ihm verlegt; er stellte sich nunmehr dem von Süden heranrückenden Antonius bei Pistoria zur Schlacht und fiel mit der Mehrzahl seiner Gefolg- schaft (Anfang 62 v. Chr.). Gegen seine Anhänger wurden, wie früher in ähnlichen Fällen, Untersuchungen eingeleitet.

Das Fiasko der Verschwörung kam der Autorität des Senats und der Optimaten zugute; aber Cicero sollte des Sieges über den Umsturz nicht

') Man darf Catilina nicht als sozialen Reformer in modernem Sinn ansprechen. Catilina agitierte nicht nur unter dem eigentlichen Proletariat, sondern vor allem auch unter den tief verschuldeten Be- dürftigen [egentes) der höheren Schichten.

zu treffen. Die sonstigen Berichte stimmen im wesentlichen damit überein.

^) Cicero tauschte dafür von Antonius das cisalpinische Gallien ein, hat aber später auf die Provinz verzichtet.

3) Seinem Abzug geht am 8. November

Dabei verfolgte Catilina nur sein eigenes i die erste catilinarische Rede Ciceros voran, Ziel, die Gewinnung der Macht für seine in welcher der Konsul in Gegenwart Cati- Person. Die Schilderung Ciceros (Catil. 2 | linas dem Senat Bericht erstattete. Die § 17 ff.) scheint im ganzen, wenn man Absicht Catilinas, Rom zu verlassen, stand die Übertreibungen abzieht, das Richtige bereits fest.

15*

228 Römische Geschichte.

froh werden. Sein Vorgehen wurde als ungesetzhch scharf kritisiert; noch vor Ablauf des Anitsjahres sah er sich von dem Volkstribunen Q. Metellus Nepos, dem bisherigen Legaten des Pompeius, angegriffen. Nepos beantragte, dem Pompeius das Konsulat und die Niederwerfung der catilinarischen Un- ruhen zu übertragen; der Antrag wurde durch die Optimaten unter Catos Führung nach tumultuarischen Auftritten zu Fall gebracht. Nepos und Caesar, damals Prätor, wurden sogar von ihren Amtern suspendiert; Nepos verließ Kom unter Protest und begab sich zu Pompeius; Caesar wurde nach kurzem rehabilitiert. Nach der Prätur erhielt er als Provinz das jenseitige Spanien.

Nicht ohne Bangen sah man in Rom der Rückkehr des Pompeius ent- gegen ;i) viele fürchteten in ihm einen neuen Sulla. Pompeius verließ Asien im Sommer 62 v. Chr. und kam Ende des Jahres in Brundisium an, wo er wider Erwarten sein Heer verabschiedete. Im Januar 61 v. Chr. war er vor Rom eingetroffen; 2) am 28. und 29. September des Jahres feierte er einen pomphaften Triumph, der ihm ohne Zögern bewilligt worden war. Sein Hau]3tanliegen war die Erfüllung anderer Forderungen, die Versorgung seiner Veteranen mit Land und die Bestätigung seiner Maßnahmen in Asien durch den Senat. In beiden Punkten opponierten die Optimaten, die ihm wegen seiner Verbindung mit den Populären nicht trauten. L. Lucullus verlangte Berücksichtigung seiner von Pompeius umgestoßenen Anordnungen. Pompeius war außer stände, dem Senat seinen Willen aufzuzwingen. Nicht einmal das von Pompeius veranlaßte Ackergesetz des Tribunen L. Flavius, eine mildere Redaktion der lex Servilia vom Jahr 63,3) ging durch, obwohl sich die Popularpartei dafür einsetzte (60 v. Chr.). Die Senatspartei verharrte in ihrer Abneigung gegen jedes Ackergesetz und trieb den Widerstand auf die Spitze, so daß Pompeius nachgeben mußte. Pompeius war vollkommen isoliert; Crassus verleugnete seine persönliche Abneigung je länger desto weniger: Cato zeigte ihm die kalte Schulter; auf den Kompromißpolitiker Cicero war kein Verlaß; der Senat mißtraute ihm; kurz, Pompeius Magnus erfuhr eine Enttäuschung und Demütigung nach der andern. Darüber kehrte Caesar (etwa im Juni 60 v. Chr.) aus seiner Provinz zurück. In siegreichen Kämpfen mit Lusitanern und Kallaikern hatte er militärische Erfahrungen gesammelt. Er hatte die Schuldenlast des jenseitigen Spaniens erleichtert und zugleich die Gelegenheit wahrgenommen, seine eigenen Gläubiger zu befriedigen.*) Nun wartete er vor den Toren Roms auf den Triumph und wollte sich überdies für das Jahr 59 v. Chr. um das Konsulat bewerben.

Er hätte keine günstigere Konstellation antreffen können. Der ver- einsamte Pompeius begrüßte ihn als Bundesgenossen. Auf den Triumph mußte Caesar allerdings verzichten; denn da ihn der Senat von der per- sönlichen Bewerbung ums Konsulat nicht dispensierte, so blieb ihm nichts übrig, als Rom selbst zu betreten, womit dem Herkommen gemäß die Anwart- schaft auf den Triumph verwirkt war. Aber seine Kandidatur für das Kon- sulat, von Pompeius und auch von Crassus gefördert, hatte Erfolg. Die ihm

*) Crassus traf Anstalten zur Flucht. Plut. Pomp. 42.

*) Cicero ad Att. I 12 f. Mit dieser Zeit etwa beginnt die erhaltene Korrespondenz

Ciceros.

3) Cicero ad Att. I 19, 4.

■•) Sueton Jul. 18. 54. Plut. Caes. 12.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v.Chr.). 37.) 229

abholde Senatspartei mußte sich damit begnügen, als Kollegen Caesars ihren Kandidaten, den M. Calpurnius Bibulus, durchzudrücken. Es glückte dem Caesar, Pompeius und Crassus zu versöhnen; die drei Männer schlössen eine zunächst noch geheim gehaltene private Interessengemeinschaft, das sog. erste Triumvirat, i) also lediglich eine coitio, d. h. einen inoffiziellen Bund zum Behuf gegenseitiger politischer Förderung. Mit Recht bezeichnete Cato diese Abmachung als den Anfang vom Ende der freien Republik. Caesar spielte in diesem Triumvirat fürs erste eine ziemlich bescheidene Rolle; der eigentliche Machthaber Avar Pompeius. Der nächste praktische Zweck der Vereinigung, nämlich die Befriedigung der Wünsche des Pompeius, wurde im Konsulatsjahr Caesars (59 v. Chr.) erreicht; gegen die Einheitsfront der drei Männer unterlag der Senat, der sich zudem die Kapitalisten des Ritter- standes entfremdet hatte. 2) Übrigens trugen die Machthaber kein Bedenken, nötigenfalls mit Gewalt ihren Willen durchzusetzen.

Nachdem sich Caesar vergeblich bemüht hatte, die Mitwirkung des Senats zu erreichen, wandte er sich unmittelbar ans Volk und beantragte nachein- ander zwei Ackergesetze für die Veteranen des Pompeius und die bedürftige Plebs; in dem zweiten wurde auch die bisher geschonte kampanische Domäne zur Aufteilung an kinderreichere Familien bestimmt. Die Gesetze wurden unter Nichtachtung der üblichen Formen auf tumultuarische Weise durch- gebracht, der Widerspruch des Konsuls Bibulus und der Optimaten verhallte wirkungslos.^) Nach diesem Sieg beherrschten die Triumvirn das Feld. Bibulus ließ sich in der Öffentlichkeit nicht mehr blicken, tobte sich aber in pam- phletistischen Edikten gegen seinen Kollegen aus, viele angesehene Senatoren verhielten sich gänzlich passiv. Die Anordnungen des Pompeius in Asien bestätigte der Senat in Bausch und Bogen. Die Triumvirn schalteten nach Belieben. Von den weiteren Gesetzen, die im Konsulatsjahr Caesars ein- gebracht wurden, ist besonders wichtig die umfangreiche lex Julia de re- petufidis, durch welche die Verwaltungstätigkeit der Provinzialstatthalter in humanem Geist neu geregelt wurde. Wie modern Caesar dachte, das zeigt die von ihm geschaffene „Zeitung", die der amtlichen Publikation der acta senatus et populi Iionuüü, der Protokolle der Verhandlungen des Senats und der Volksversammlung, diente. Für seine eigene Zukunft war ent- scheidend der Antrag des P. Vatinius, durch den das Volk ihm das cisalpi- nische Gallien und Illyricum mit drei Legionen auf fünf Jahre als Provinz übertrug, wozu der Senat noch das transalpinische Gallien mit einer vierten Legion fügte. Das Konsulat des nächsten Jahres (58) fiel an den Günstling des Pompeius A. Gabinius und an L. Calpurnius Piso, den Vater von Caesars junger Gattin Calpurnia. Das .Jahr 59 hatte auch zwischen Pompeius und Caesar verwandtschaftliche Bande geknüpft: Pompeius führte die einzige Tochter Caesars aus erster Ehe, -Julia, heim.

') Zu seiner Geschichte s. Cicero ad Att. hatte. Caesar versprach, die Ermäßigung

11 .3, 3. durchzusetzen, und bewirkte in der Tat

'^) Die Kapitalisten erbaten eine Er- als Konsul die Bewilligung des Gesuchs, mäßigung der Pachtsumme für die asia- Drumann-Gboebe III 192 ff.: V 174. tischen Gefälle, was der Senat, auf Catos ! ^) Etwa Ende April müssen beide Ge- Betreiben, abschlug. Die Sache stand mehr- setze bereits vollzogen sein. Cicero ad mals, 61 und 60 v. Chr., im Senat zur De- Att. II 16.

230 Römische Geschichte.

Nach Ablauf des Konsulats verweilte Caesar mit dem für die Provinzen bestimmten Heer noch drei Monate in der Nähe Roms, um nötigenfalls in den Gang der inneren Politik eingreifen zu können. Es handelte sich um die Unschädlichmachung des Cicero und des Cato. Cato war ein gefährlicher Gegner; auch Cicero war den Triumvirn unbequem; er hatte sie durch seine scharfe Zunge gereizt i) und lehnte jede Teilnahme an ihrer Politik ab. Die drei Machthaber bedienten sich der Hilfe des P. Clodius, eines routinierten und gewissenlosen Demagogen. Clodius war Ciceros Todfeind ;=^) im Jahr 59 V. Chr. war es ihm unter Beihilfe von Pompeius und Caesar gelungen, seinen schon seit längerem betriebenen Übertritt vom Patriziat zur Plebs zu bewerk- stelligen; hierauf war er zum Volkstribunen gewählt worden. Er begann seine Tätigkeit mit einigen unverfänglichen Rogationen im Sinn der Fopular- partei, um dann zum Angriff auf Cicero vorzugehen. Er beantragte die Ächtung gegen jeden, der einen Bürger ohne Urteil und Recht habe hin- richten lassen. Das war auf Cicero, dem das Todesurteil gegen die Catilinarier zur Last gelegt wurde, gemünzt; Cicero hoffte zunächst auf Pompeius, der ihn aber fallen ließ, worauf Cicero freiwillig in die Verbannung ging, unter der er seelisch aufs schwerste litt. Er wurde in der Tat geächtet, sein Ver- mögen konfisziert. In ehrenvollerer Form wurde Cato aus Rom entfernt; auf Antrag des Clodius betraute ihn das Volk mit der Einziehung der Insel Kypros, womit die ägyptische Frage endlich einen vorläufigen Abschluß fand.^)

Nach dem Ende des Ptolemaios Alexander II (S. 207) war das ptole- mäische Reich an zwei Söhne des Ptolemaios Lathyros gekommen, in der Weise, daß dem einen, Ptolemaios XIII Auletes, Ägypten zufiel, dem anderen, der auch Ptolemaios hieß, Kypros. Aber die Legitimität der beiden Könige war angefochten, und nach römischer Version soll Ptolemaios Alexander als letzter legitimer König das römische Volk zum Erben eingesetzt haben. Möglicherweise war das Testament apokryph;*^) aber der Appetit auf den fetten Bissen war geweckt und die Populären forderten die Einziehung Ägyptens. Im Jahr 63 hatten sich Crassus und Caesar gegen die Optimaten dafür eingesetzt. Aber auch Ptolemaios Auletes blieb nicht untätig; er be- mühte sich um die Anerkennung des Senats; seit 70 v. Chr. schwebten die Verhandlungen. Schließlieh gewann Ptolemaios Auletes den Beistand des Pompeius ; ihm zulieb veranlaßte Caesar als Konsul (59 v, Chr.) die Bestäti- gung des Auletes durch den Senat ;^) ein Jahr später aber wurde, wie erwähnt, Cato mit der Einziehung von Kypros beauftragt. Der König von Kypros entzog sich der drohenden Schmach durch Selbstmord; Kypros wurde als römische Provinz mit Kilikien vereinigt. Als Cato 56 v. Chr. nach Erledigung

') Beim Prozeß des C. Antonius, den ! Cicero, früher mit ihm befreundet, hatte

Cicero verteidigte. Antonius hatte Make- gegen ihn Zeugnis abgelegt. Plut. Cic. 28 f.

donien schlecht verwaltet und von den ^) Zum folgenden vgl. Boüche-Leclercq,

Bastarnern und Dardanern eine Nieder- Histoh-e des Lagides II 122 ff.

läge erlitten. Er wurde verurteilt und ■*) Die Echtheit des Testaments verficht

ging in die Verbannung. V. Chapot, Les Romains et Ci/pre, in den

^) Die Feindschaft datierte vom Anfang Melanges Cagnat 1912, 59 ff.

des J. 61 V. Chr. Clodius war wegen Re- ') Caesar erhielt von Auletes eine hohe

ligionsfrevels belangt, weil er sich beim Summe zugesagt, ist aber erst im J. 48

Fest der Bona Dea, au dem nur Frauen zu seinem Geld gekommen, teilnehmen durften, einsreschlichen hatte.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§38.) 231

seiner Mission er hatte überdies byzantinische Verbannte zurückführen müssen in Rom eintraf, fand er eine neue Lage vor. Die Dreistigkeit des Tribunen Clodius hatte zum Bruch mit Pompeius geführt, der sich nun wieder den Optimaten näherte; so konnte zuletzt der Widerstand des Clodius gegen die besonders von dem Tribunen T. Annius Milo betriebene Rück- berufung Ciceros gebrochen werden. Am -4. September 57 v. Chr. zog Cicero, freudig begrüßt, in Rom ein."^) Pompeius brauchte ihn und die Optimaten, um sich ein neues außerordentliches Mandat, die Oberaufsicht über die Ge- treideversorgung, zu sichern. Unter Ciceros Mitwirkung erhielt Pompeius das gewünschte Amt auf fünf Jahre für den gesamten Bereich der römischen Herrschaft mit eigener Armee und Flotte und einer den Provinzialstatthaltern übergeordneten Befehlsgewalt. Überdies wünschten die Triumvirn die Bei- legung der ägyptischen Wirren in ihrem Sinn. In Alexandrien hatte die Einverleibung von Kypros, das als ägyptischer Besitz galt, böses Blut ge- macht. König Ptolemaios Auletes, dem man die Schuld beimaß, mußte sich nach Rom flüchten (58 v. Chr.). Pompeius nahm sich seiner an. Aber auch die Alexandriner ließen sich in Rom vertreten ; doch wußte der skrupellose Auletes, von Pompeius gedeckt, ihre Gesandten teils zu beseitigen, teils für sich zu gewinnen. Die Wiedereinsetzung des Königs vermochte aber Pompeius nicht durchzusetzen; denn seine Gegner beriefen sich auf einen warnenden sibyllinischen Spruch; so verlief die Angelegenheit schließlich im Sande. Rom hallte damals von innerpolitischen Kämpfen wider, in denen sich Clodius gegen Pompeius, Cicero und Milo und auch gegen Cato, den er in der kyprischen Sache des Unterschleifs verdächtigte, unrühmlich hervortrat. Hinter Clodius stand Caesar, dessen Macht durch die in Gallien errungenen Erfolge gestiegen war. Schon war Caesar der bestgehaßte" Mann bei den von Cato geführten Optimaten, deren Selbstgefühl sich durch den bisherigen Verlauf der ägyptischen Affäre sehr gehoben hatte.

38. Caesar in Gallien 58 56 V. Chr. 2) Seit Erwerbung der narbonensi- schen Provinz und den Cimbernkriegen hatten die Römer ihre Einflußsphäre

') Cic. ad Att. IV 1, 5. niatoren des Livius und bei Cassios Dio -) Hauptquelle für die Geschichte der | (vgl. J. Melbek, Die Berichte des Dio Cass. Unterwerfung Galliens durch Caesar sind j über die gall. Kriege Caes., Progr. Mün- dessen Kommentarien de hello Gall/co, ent- i chen 1893) vorliegen. Um so interessanter standen 52/1 v. Chr. in 7 Büchern, denen sind die Ergänzungen, die diese Werke A. Hirtius ein achtes hinzufügte. Unter gelegentlich, wohl meist auf Grund der der scheinbar streng sachlichen Form einer i Historien des Asinius Pollio, bieten. Vgl. Art von Dienstbericht verbirgt Caesar eine I T.R.Holmes (s.u.). Auch in seiner skizzen- apologetische Tendenz: seine Kriege sollen haften Darstellung des Bürgerkriegs, im dem Publikum als notwendig hingestellt j bellum civile, hat sich Caesar nicht streng werden. Dabei fehlt es nicht an Über- an die Wahrheit gehalten. Vgl. über die treibungen, Lücken und Flüchtigkeiten; gallischen Kriege W. Rüstow, Heerwesen auf solche Mängel hat schon der Zeit- und Kriegführung C.Julius Caesars, Gotha genösse Asinius Pollio hingewiesen (Suet. 1853; A.v.Gölee, Caesars gallische Kriege, Jul. 56, 4). Die Kommentarien müssen also zwei Teile, 2. Aufl. ; Napoleon III, ifis^o/z-e mit Kritik benutzt werden. Sie bleiben ! de Jules Cesar, 2 vol., Paris 1866. G. Veith, aber die wichtigste, meist sogar die ein- ] Geschichte der Feldzüge C. Julius Caesars, zige Quelle; denn aus ihnen schöpfen in Wien 1905 (mit Einschluß des Bürger- der Hauptsache die späteren Darstel- | krieges). Für die Einzelliteratur sei auf lungen, deren Reste bei Strabo, in Plut- die Literaturgeschichten von Schanz und archs Caesar, bei Appian in den Frag- Teüffel, sowie auf die Jahresberichte des menten der Keltike, bei Sueton, den Epito- philologischen Vereins in der Zeitschr. f.

232 Römische Geschichte.

über das freie Gallien, wo sie mit manchen Stämmen Freundschaft schlössen, ausgedehnt. Gallien war ein großes, fruchtbares, stark bevölkertes Land. Die zahlreichen Stämme teilte man in verschiedene Gruppen. i) Im Süden zwischen der Garumna und den Pyrenäen saßen die mit iberischen Elementen untermischten Aquitanier; die Stämme der Mitte, die im Norden bis an die Sequana (Seine) und Mosel reichten, werden als die eigentlichen Gallier oder Kelten bezeichnet; den Norden zwischen Sequana und Rhein nahmen die Beigen ein, die auf ähnlich niedriger Kulturstufe standen wie ihre Nach- barn, die Germanen, von denen sie angeblich abstammten. Die Bewohner der Küstenlandschaft Britannien gegenüber nannte man die Aremoriker, d. i. Küstenleute. Die Gallier waren sich ihrer völkischen Zusammengehörig- keit, wie sie in Sprache und Religion zum Ausdruck kam, von jeher bewußt, bildeten aber keine politische Einheit. Die Gesamtheit wie die einzelnen Stämme waren durch Parteiungen in zwei feindliche Heerlager geschieden. An der Spitze der einen Partei standen die Aeduer, die sich Brüder der Römer nannten und ihre ältesten Freunde waren (oben S. 180), die Gegen- partei führten die mit den benachbarten Aeduern verfeindeten Sequaner an, während früher die Arverner dominiert hatten.'^)

Eine neue Lage wurde in Gallien geschaffen durch das Eindringen der Germanen. Als nämlich die Helvetier ihre frühere Heimat zwischen Main und Oberrhein verlassen und die heutige Westschweiz zwischen Bodensee, Genfersee und Jura in Besitz genommen hatten (oben S. 186), waren Ger- manen, vornehmlich Sueben, ihnen nachgerückt und an den Oberrhein vor- gestoßen. Von den Sequanern gegen die Aeduer zu Hilfe gerufen, über- schritten suebische Scharen unter einem Heerkönig Ariovistus, wie einst die Kimbern und Teutonen, den Rhein (vielleicht 72 v. Chr.) 3) und besiegten nach längeren Kämpfen die Aeduer (vielleicht 60 v. Chr.).*) Ariovistus siedelte sich in einem Teil des Gebietes der Sequaner (im Elsaß) an, bald folgten neue germanische Scharen. Die Aeduer mußten sich unterwerfen, Geiseln stellen und geloben, Rom nicht um Beistand anzugehen. Trotzdem verließen vornehme Aeduer, darunter Divitiacus (Diviciacus), das Land, um in Rom Hilfe zu suchen, worauf der Senat zugunsten der Aeduer intervenierte. Ariovist stellte die Feindseligkeiten ein und wurde zum Dank unter Caesars Konsulat (59 v. Chr.) als befreundeter und verbündeter König anerkannt. Die Herstellung des Friedens im freien Gallien lag um so mehr im Interesse der römischen Politik, als gleichzeitig weitere Gefahren drohten. Schon früher (61 V. Chr.) hatten sich in der Provinz die Allobroger empört und wurden von C. Pomptinus wieder unterworfen; in demselben Jahr beschlossen die Helvetier auszuwandern und sich in Gallien weiter westlich neue Wohnsitze

d. Gymnasialwesen (Sokrates) von Meusel jedoch diese Einteilungen derWirklichkeit

hingewiesen. Grundlegend ist T. R. Hol- entsprechen, ist zweifelhaft. Verdächtig

j'iES, Caesar's Conquesf of Gaul, Oxford 1911-, ist der dabei gemachte Unterschied zwi-

wo auch die ethnographischen Fragen be- sehen Galliern und Kelten,

handelt sind. Vgl. E. Desjardins, Geo- -) Caesar bell. Gall. I 31, 3. VI 12. VII 8, 2.

f/raphie historiquc et administrative de la ') Nach Caesar bell. Gall. I 36, 7. Doch

Gaule Bomaine, Paris 1876 ff"., vol. IL erlaubt diese Stelle keine sichere Zeit-

') Nach der Einteilung Caesars bell. Gall. bestimmung.

I 1, die auch Strabo IV 176 f. wiedergibt. ••) Cic. ad Att. I 19, 2. 20, 5. Eine ältere gibt Diodor V 32. Inwieweit

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§38.) 233

zu erobern. 1) Der Beweggrund der Helvetier ist nicht klar zu erkennen. Möglicherweise hat die Katastrophe der Bojer in Böhmen und Mähren den Stein ins Rollen gebracht. Diese wurden bald nach 63 v. Chr. von den durch Byrebistas geeinten Geten vernichtet oder vertrieben, vielleicht mit Beihilfe germanischer Stämme. 2) Da auch die Taurisker in den Untergang der Bojer hineingerissen wurden, so war das Keltentum in diesen Gegenden schwer getroffen. Ein Teil der Bojer rettete sich zu den Helvetiern, ihren früheren Nachbarn, und es kann sein, daß deren Ankunft den Anstoß zu der neuen Wanderung der Helvetier gab, die in Rom Besorgnis erregte.^) Zunächst wurde das Unternehmen durch Unruhen innerhalb des Stammes verzögert, aber 58 v. Chr. machten sie sich samt den Bojern auf den Weg. Durch ihren Aufbruch sah sich Caesar veranlaßt, in Gallien einzugreifen; ein Entschluß des Augenblicks, aber in seinen Folgen von welthistorischer Tragweite, wurde doch damit die Unterwerfung der freien Gallier, die Aufrichtung der römischen Herrschaft auch im nördlichen Europa eingeleitet. Den Vorwand zu der kiihnen Initiative lieferte ihm der allgemeine Auftrag des Senats, die römi- schen Bundesgenossen, in diesem Fall also die Aeduer, zu stützen. Caesar hatte sich eine unvergleichliche Gelegenheit geschaffen, der Welt zu zeigen, was er als Feldherr und Staatsmann vermochte.

Auf die Meldung, daß die Helvetier sich in Bewegung setzten,"*) eilte Caesar von Rom an die Nordgrenze seiner Provinz, sammelte seine Truppen und hob in Oberitalien eigenmächtig zwei neue Legionen aus; er verlegte den Helvetiern den Weg durch die Provinz, und als sie nunmehr eine andere Straße durch das Land der Sequaner und Aeduer einschlugen, rückte Caesar mit verstärktem Heer in das freie Gallien ein. Bei den Aeduern brachte er die Römerfreunde ans Ruder, führte den Divitiacus zurück und empfing zahlreiche gallische Hilfstruppen. Sein Legat T. Labienus konnte einen der vier helvetischen Gaue, die Tiguriner, beim Übergang über den Arar (Saöne) einholen und zersprengen.^) Die übrigen setzten ihre Wanderung fort bis in die Nähe von Bibracte (Mont Beuvr.ay bei Autun). Hier stellten sie sich dem Caesar,^) wurden aber geschlagen und zur Umkehr gezwungen. Die

^) Man vermutet den Druck der Ger- Gesamtvolk sich auf die "Wanderschaft be- manen oder einen gallischen Hilferuf gab, gegen Delbrück u. a., die einen bloßen gegen Ariovist als Anlaß. Nach Caesar j Heereszug annehmen und Caesars stati-

b. Gall. I 10, 1 war das Land der Santoui (nördlich der Garonnemündung, heute Saintes) ihr Ziel.

-) Es scheint, daß der Fall des Mithri- dates zur Stärkung der getischen Macht viel beigetragen hat. Vgl. Niese, Zeitschr.

stische Angaben über die Kopfstärke ver- werfen.

^) Caesar bell. Gall. 1 12 verschweigt den Namen seines Legaten und schreibt sich selbst den Sieg über die Tiguriner zu. Aber er stand am anderen Ufer der Saöne;

f. deutsches Altert. 42, 152 ff. vgl. Plutarch Caes. 18, Appian Celt. fr. 15.

^) Cicero ad Att. I 19, 2. I Es scheint, daß Caesar aus der Provinz

■*) Über das Folgende vgl. H. Kauchen- j über die Ehöne zu den Aeduern ging,

STEIN, Der Feldzug Caesars gegen die ! während Labienus ins Land der Sequaner

Helvetier (Diss. von Jena), Zürich 1882. einmarschierte, um den Helvetiern zu

H. Bikcher, Der Feldzug Caesars gegen folgen, wobei er die Tiguriner erreichte,

die Helvetier, Frauenfeld 1894. Bibracte, | Caesars Bericht gibt nur eine „verkürzte

Aaraul904. F. Fröhlich, Die Glaubwürdig- , Projektion" (A. v. Mess, Caesar 1913, 107);

keit Caesars in seinem Bericht über den ' vgl. Rauchenstein a. a. 0.

Feldzug gegen die Helvetier, Aarau 1903. *') Das Schlachtfeld bei Toulon-sur-Ar-

A. Klotz, Neue Jahrbücher 35, 1915, 609 ff. j roux ist durch Stoffel gesichert,

verteidigt Caesars Darstellung, wonach das |

234 Römische Geschichte.

Helvetier schlössen mit Rom ein Bündnis') und kehrten dann in ihre alten Sitze in der Schweiz zurück; die Bojer wurden bei den Aeduern angesiedelt. Hieraufwandte sich Caesar, nach seiner eigenen Darstellung auf die dringenden Bitten seiner neuen gallischen Bundesgenossen hin, sogleich gegen Ariovist, um auch ihn, den er früher selbst als Freund Roms anerkannt hatte, zu verjagen; auch die Sequaner traten auf Caesars Seite, der ihre Hauptstadt Vesontio (Besan^^on) besetzte. Da Ariovist die römischen Forderungen ab- lehnte, so griff Caesar an, ehe die erwarteten germanischen Verstärkungen eingetroffen waren; er besiegte den Suebenkönig im heutigen Elsaß 2) und warf ihn über den nahen Rhein zurück. Die am linken Rheinufer bereits angesiedelten germanischen Stämme, Vangionen, Triboker und andere, blieben unbehelligt; dem weiteren Eindringen der Germanen suchte Caesar einen Riegel vorzuschieben. Er betrachtete sich jetzt als Herrn im Lande. Die Stämme des mittleren Galliens bis an die Seine und Mosel verbündeten sich mit Rom ^) und leisteten Caesar in den späteren Kämpfen wertvolle Dienste. Die Beigen und Aremoriker dagegen, die tapferen Bewohner des nördlichen und nordwestlichen Galliens, schlössen sich zur Abwehr zusammen mit Ausnahme der belgischen Remer (um Reims), die von Anfang an mit besonderer Treue zu Rom hielten. Caesar verstärkte sein Heer durch zwei neue Legionen aus Oberitalien und rückte im Frühjahr 57 v. Chr. zum Schutz der Remer an die Axona (Aisne), wo starke belgische Kontingente sich zu- sammenzogen.*) Aber ihr Angriff auf die römische Stellung scheiterte, und ihr großes Aufgebot zerstreute sich, so daß Caesar nacheinander die belgischen Gaue einzeln unterwerfen konnte, die Suessionen (bei Soissons), Ambianen (Amiens) und Nervier. Die Nervier brachten ihn allerdings zunächst durch einen überraschenden Angriff am Sabis (Sambre) in ernste Gefahr, wurden aber zuletzt geschlagen und fügten sich der römischen Herrschaft, wie auch die Aduatuker, deren Hauptstadt erobert wurde. Nach Unterwerfung der Beigen begab sich Caesar nach Illyricum. Sein Legat Ser. Sulpicius Galba zog zu Beginn des Winters gegen die räuberischen Alpenstämme des oberen Rhönetals östlich vom Genfersee im heutigen Wallis, die Sedunen und Veragrer, konnte sich aber nicht behaupten, sondern mußte seine Winter- quartiere wieder räumen.

Die Stämme der gallischen Küstenlandschaften, die Aremoriker, waren schon im Jahr 57 v. Chr. durch Caesars Legaten P. Crassus wenigstens zum Teil besiegt, aber unterstützt von den Briten vereinigten sie sich im nächsten

^) Cicero pro Balbo 32 bezeugt aus- Ariovistische Kampfplatz, Mülhauseu i. E.

drücklich, daß die Helvetier ein Bündnis (Selbstverlag) 1907. Die Lage des Schlacht-

ifoedns) mit Rom hatten. Es kann also felds ist umstritten. Stoffel, dem sich

kaum richtig sein, daß sie sich auf Gnade Delbrück anschließt, sucht es bei Rappolts-

und Ungnade ergeben haben, wie Caesar weiler. Stolle bei Arcey, 10 km östlich

I 27 berichtet. von Mömpelgard, also nicht mehr im

^) Stoffel, Guerre de Cesar et d'Ärioviste Elsaß, Winkler in der Gegend von Epfig

et premieres Operations de Cesar en Van 702 im Unterelsaß, ebenso Veith, v.Göler bei

u. c, Paris 1891. Wiegand, Die Schlacht Mülhausen.

zwischen Caesar und Ariovist [Bulletin des ') Cicero pro Balbo 32. Tacit. histor.

momiments historiqiies d'Alsace), Straßburg IV 67. Ammianus Marc. XV 12, 6.

1893. Revue archeol.SS (1898) S. 21 fif.: F. *) Über die Örtlichkeit vgl. K. Lehmann.

Stolle, Wo schlug Caesar den Ariovist? Klio VI, 1906, 237 flf. Straßburg 1890. C. Winklee, Der Caesar- j

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§38.) 235

Jahr, an der Spitze die Veneter (in der Bretagne), zum Widerstand, wozu sie eine starke Flotte aufbrachten. Da sie nur zur See bezwungen werden konnten, ließ Caesar Kriegsschiffe bauen, mit denen bei der Loiremündung den Feinden eine erfolgreiche Seeschlacht geliefert wurde. Gleichzeitig ope- rierten Caesars Legaten im übrigen Küstengebiet; namentlich unterwarf P. Crassus die Aquitanier. Den Schluß dieses Feldzuges machte ein ziemlich ergebnisloser Angriff auf die Moriner und Menapier an Scheide und Nieder- rhein. Alles in allem war die Unterwerfung Galliens so weit gediehen, daß man in Rom bereits für die Einrichtung der Provinz zehn Legaten bestimmte.') Caesar eilte nach Oberitalien, wo seine Anwesenheit notwendig war, wie er auch sonst den Winter südlich der AljDen zuzubringen pflegte, um das poli- tische Treiben der Hauptstadt nicht aus dem Auge zu verlieren. Seine Siege erregten in Rom Freude und Bewunderung: die Reichtümer, die ihm und seinen Kriegsgefährten aus Gallien zuflössen, steigerten seine Macht; 2) aber dieser Aufstieg weckte auch Besorgnis und Eifersucht sowohl im Lager der Gegner als bei Pompeius.

Indes machten die Fortschritte der Senatspartei eine Auffrischung des Triumvirats ratsam. Denn Pompeius konnte allein die Lage nicht meistern und auch Caesar brauchte einen Rückhalt. Nach einer Vorbesprechung Caesars mit Crassus in Ravenna vereinigten sich auf einer Konferenz in Luca alle drei Machthaber zu neuem Bund, diesmal in aller Öffentlichkeit. Caesar sah sich hier von über 200 Senatoren umworben. Es wurde verabredet, daß Pompeius und Crassus im Jahr 55 das Konsulat führen sollten, um dann wichtige Provinzen auf fünf Jahre zu übernehmen ; dementsprechend sollte auch Caesars gallisches Kommando verlängert werden. Die gefaßten Be- schlüsse wurden unverzüglich in die Tat umgesetzt. Die gesetzliche Melde- frist für die Bewerbung um das Konsulat war bereits verstrichen; deshalb hintertrieben Pompeius und Crassus die ordentlichen Wahlen. Infolgedessen begann das Jahr 55 v. Chr. mit einem Interregnum. Die übrigen Kandidaten waren zurückgetreten bis auf L. Domitius Ahenobarbus, der aber mit Gewalt vom Wahlplatz entfernt wurde. Die terrorisierte Versammlung wählte Pom- peius und Crassus, die sofort ihr Amt antraten. Durch Volksbeschluß wurden auf Antrag des Volkstribunen C. Trebonius dem Pompeius die beiden Spanien mit vier Legionen, dem Crassus Syrien verliehen und Caesars Kommando um fünf Jahre verlängert, alles unter dem Protest der Gegner. Pompeius vollendete als Konsul sein Theater, das erste massive Bauwerk dieser Art in Rom, und weihte es durch prächtige Spiele ein. Nach Ablauf des Amts- jahres blieb er in Italien; Spanien ließ er durch seine Legaten verwalten, von denen ein bisher noch nicht unterdrückter Aufstand der Vaccäer und ihrer Nachbarn niedergeschlagen wurde.

Während also Spanien zu ernsteren Sorgen keinen Anlaß bot, standen in Syrien, das dem Crassus zugefallen war, die Dinge recht bedrohlich. Bei den unfertigen Zuständen der Provinz, unter dem ungewohnten Druck

') Cicero ad fam. I 7, 10. Cassius Dio und besonders der von Catull angegriffene

XXXIX 25, 1. Außerdem wurden bedeu- Mamurra. Cic. ad fam. VII 7, 6. Catull 29.

tende Geldsummen für Caesar bewilligt. Catulls Gedichte spiegeln die Stimmung

*) In Gallien bereicherten sich Labienus der Gegner Caesars.

236 Römische Geschichte.

des römischen Regiments und der Mißwirtschaft der Steuerpächter bildete sich gefährhcher Zündstoff. Der jüdische König Aristobulos und sein Sohn Alexander, die Pompeius nach Rom entführt hatte, entkamen aus der Ge- fangenschaft und erregten in Judäa mehrere Aufstände; auch die Araber machten zu tun.^) Eine weitere Gefahr bildeten die benachbarten Parther, die nach dem Sturz des Tigranes Mesopotamien und die Euphratgrenzen zurück- gewonnen hatten. Über sie regierte damals der tüchtige Orodes (oder Hyrodes), Sohn des Phraates, der durch Unterwerfung abtrünniger Vasallen die Macht des Königtums gehoben hatte. Pompeius war einem Zusammenstoß mit den Parthern ausgewichen, A. Gabinius dagegen, der damalige Statthalter "von Syrien, machte Miene zum Krieg. Einige vornehme Parther hatten bei ihm Zuflucht gesucht, und er traf Anstalten, sie zurückzuführen. Da jedoch der Senat Einspruch erhob, 2) so gab er seinen Plan auf; statt dessen übernahm er die^Wiedereinsetzung des Ptolemaios Auletes, den Pompeius an ihn em- pfohlen hatte ; Pompeius bediente sich des Gabinius, um seinerii ptolemäischen Schützling allen Widerständen zum Trotz doch noch auf den Thron zu -v'^r- helfen. Gabinius rückte in Ägypten ein, besiegte und tötete Archelaos, den Gemahl der damals regierenden Königin Berenike, eroberte Alexandrien und setzte den Ptolemaios wieder zum König ein (Anfang 55 v. Chr.), natürlich nicht ohne sich für diesen Liebesdienst teuer bezahlen zu lassen. Da Gabinius mit seiner ägyptischen Expedition gegen den erklärten Willen des römischen Volkes verstoßen hatte, wurde er zur Rechenschaft gezogen, aber von käuf- lichen Richtern freigesprochen. Dagegen unterlag er in einem Repetunden- prozeß, worauf er ins Exil ging. 2)

Crassus, der an Stelle des Gabinius Syrien übernahm, begab sich noch im Jahr 55 v. Chr., vor Ablauf seines Konsulats, in diese seine Provinz. Er war zum Krieg gegen die Parther'*) entschlossen, wiewohl kein unmittelbarer Anlaß vorlag. Aber ihn trieben Habsucht und Ehrgeiz und der Wunsch, es seinen Rivalen Caesar und Pompeius gleichzutun. In überraschendem Vorstoß (54 V. Chr.) eroberte er mit leichter Mühe einige Plätze jenseits des Euphrats; die dort ansässigen Griechen begrüßten ihn als Befreier vom Parther- joch. Im nächsten Jahr (53 v. Chr.) traf Crassus in Mesopotamien auf ein starkes, hauptsächlich aus Reitern bestehendes Partherheer, das der Surenas, der Inhaber der erblichen Kronfeldherrnwürde, befehligte: ein gleichzeitiger Angriff des Parterkönigs Orodes auf den Armenier Artavasdes, den Sohn des Tigranes, hinderte diesen Verbündeten des Crassus an der Unterstützung der Römer. Crassus' Ziel war Seleukeia am Tigris; dorthin wollte er durch die Ebenen Mesopotamiens marschieren. Aber südlich von Carrhae wurde er plötzlich vom Feind gestellt und mußte unter ungünstigen Bedingungen schlagen; das römische Heer wurde besiegt und zersprengt, ein großer Teil gefangen.^) Mit dem Rest rettete sich Crassus, dessen tapferer Sohn nach

') Josephus Bell. Jud. I 159 ff. Antiq. Mannes. Ein dritter, wegen öwZ'/Yhs seh we-

XIV 80 ff". bender Prozeß kam nicht mehr zur Yer-

^) Strabo XII 558. handlung.

') Bei beiden Prozessen war Cicero be- ■*) Über Crassus' Partherkrieg vgl. K.

teiligt, beim ersten nur als Zeuge, beim Regling, Klio VII, 1907, 357 ff., Dkumann-

zweiten auf Wunsch des Pompeius als Groebe IV 108 ff.

Verteidiger des ihm persönlich verhaßten ") Die Schlacht fand am 9. Juni 53 statt

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§39.) 237

verzweifeltem Kampf freiwillig den Tod gesucht hatte, nach Carrhae, von wo er nach Armenien zu entkommen suchte; aber der Surenas holte ihn ein und trug ihm nach kurzem Kampf eine Unterredung an, die Crassus unter dem Druck seiner erschöpften Soldaten annahm; er war in eine Falle gelockt und wurde mit seinem Gefolge niedergemacht. Mesopotamien er- oberten die Parther zurück; aber den Euphratübergang verteidigte der Quästor des Crassus, C. Cassius Longinus, der auch in Syrien die Ruhe aufrecht erhielt. Doch geriet der ganze Orient in Gärung; vielfach erhoffte man von den Parthern die Befreiung von der römischen Herrschaft. Artavasdes hatte sich den Parthern angeschlossen; kleinere Aufstände am Amanosgebirge waren das Vorspiel zu einer parthischen Offensive, die erst 51 v. Chr. mit der Überschreitung des Euphrats eröffnet wurde. Die Parther holten sich zwar in der Nähe Antiochiens von C. Cassius eine Schlappe, blieben aber auf syrischem Boden, so daß mit einem erneuten Angriff auf Syrien oder Kappa- dokien gerechnet werden mußte. Der Nachfolger des Crassus, M. Bibulus, verhielt sich passiv; durch die Parthergefahr fühlte sich auch Cicero, der 51/50 V. Chr. Kilikien verwaltete, beunruhigt.^) Man dachte daran, Pompeius oder Caesar gegen die Parther zu senden; doch es geschah nichts; der zwischen den beiden ausbrechende Konflikt hielt Rom und den Senat in Atem. Un- ruhen im Partherreich veranlagten dann im Jahr 50 v. Chr. die Eindringlinge zum Abzug aus Syrien.

39. Pompeius und Caesar. Die Verlängerung seines Kommandos im Jahr 55 v. Chr. ermöglichte es dem Caesar, die Eroberung Galliens zu voll- enden. Im Winter zuvor hatten die germanischen Stämme der Usipeter und Tenkterer, von den Sueben vertrieben, in der Gegend der Menapier den Rhein überschritten in der Absicht, sich in Gallien niederzulassen. Caesar zog ihnen entgegen, bemächtigte sich durch schnöde Hinterlist ihrer Häupt- linge und vernichtete dann das führerlose Heer durch einen plötzlichen Überfall unweit der Mündung der Maas in den Rhein; 2) die zufällig ver- schont gebliebene germanische Reiterei nahmen die Sugambrer auf dem rechten Rheinufer auf; dadurch sah sich Caesar zu einer militärischen Demonstration veranlaßt; auf einer eigens geschlagenen Brücke 3) führte er seine Truppen auf das rechte Ufer, wo die zwischen Lahn und Sieg ansässigen Ubier seine Verbündeten waren. Die Sugambrer und Sueben flüchteten in den Schutz ihrer Wälder; nach achtzehntägigem Verweilen ging Caesar über den Strom zurück, um nun gegen die Moriner zu kämpfen, die auch diesmal nicht völhg gebändigt wurden. Vom portus Itins aus^) fuhr Caesar mit zwei Legionen

(P. Geoebe, Hermes 42, 1907, 315 flf.). Die dagegen überschritt Caesar den Rhein zwi-

Gefangenen wurden nach Antiocheia Mar- sehen Weißeuturm u. Urmitz ; vgl. Nissen-

giane (östlich vom Kaspischen Meer) ver- i Koenen, Caesars Rheinfestung, Bonn 1899.

schleppt, Pliuius h. n. VI 47. *) Wahrscheinlich Boulogne und nicht

>) Cicero ad fam. XV 1— 4; ad Att.VlS j Wissant. Vgl. über die Kontroverse Haver-

und 20. Cass. Dio XL 28 ff. ! pield. PW IX 2368 ff. Über Caesars Ex-

2) Nach Caesars ziemlich vager Angabe , peditionen nach Britannien s. das Spezial-

(bell. Gall. lA" 15, 2) ; vgl. Cass. Dio XXXIX werk von T. R. Holmes, Ancient Britain

47. Plutarch Caes. 22. Appian. Celt. 1, 4. and the invasions of JtiL Caesar, OydoTCfH^Ol.

Dbumann-Groebe III 260, 3. Holmes, Cae- t Das Datum der Abfahrt bestimmt Heller,

sars conquest of Gaul » 680 ff. 1 Philol. 26, 1867, 670 ff. auf den 27. August

^) Bei Neuwied nach v. Göler. Im J. 53 55 julianischer Rechnung.

238

Römische Geschichte.

nach Britannien hinüber, wo er in der Nähe von Dover landete. Er hegte den Wunsch, die keltische Insel und ihre Bewohner, die so oft die Stammes- brüder in Gallien im Kampf gegen Rom unterstützt hatten, aus eigener An- schauung kennen zu lernen. Mehr als eine solche Rekognoszierung wurde auch nicht erreicht. In Rom freilich machte die Kunde von der Landung in Britannien, über dessen Lage und Größe man phantastische Vorstellungen hatte, Sensation. Nach Züchtigung der Moriner und Menapier legte Caesar seine Truppen in belgische Winterquartiere ; Anfang 54 v. Chr. begab er sich nach Oberitalien, wohin ihn seine Statthalterpflichten riefen. In Illyricum, wo dalmatische Pirusten geplündert hatten, sorgte er für Sühne und Schaden- ersatz. Eine zweite, größere Expedition nach Britannien wurde für das Jahr 54 vorbereitet. Nach Gallien zuriickgekehrt, mußte Caesar zunächst Unruhen bei den Treverern unterdrücken. Dann setzte er im Sommer 54 mit fünf Legionen und 2000 gallischen Reitern nach Britannien über. Die Landung verlief ungestört. Einige britische Stämme unterwarfen sich; aber ein großes Heer leistete unter dem Oberbefehl des Cassiveliaunus Widerstand, der erst gebrochen wurde, nachdem die Römer die Themse überschritten hatten. Caesar eroberte den Hauptort des Cassiveliaunus und zwang ihn zum Frieden. Die Briten stellten Geiseln und versprachen auch Tribut, der aber nie ent- richtet wurde. Von einer Eroberung Britanniens konnte nicht die Rede sein. Die gemachte Beute, die fast nur aus Kriegsgefangenen bestand, blieb hinter den Erwartungen weit zurück, i)

Schon bei Gelegenheit des Zuges gegen die Briten liatten sich bei den Galliern Symptome wachsender Unzufriedenheit gezeigt, namentlich bei den Treverern, wo Indutiomarus das Haupt einer römerfeindlichen Partei war. Caesar hatte kurz vor der zweiten Expedition nach Britanien zugunsten des römischen Parteigängers Cingetorix eingegriffen. Aus Sicherheitsgründen bestimmte er eine große Zahl vornehmer Gallier als Geiseln zur Teilnahme an dem britischen Unternehmen, darunter den Aeduer Dvmmorix, der jedoch vor der Abfahrt die Flucht ergriff, aber eingeholt und niedergemacht wurde. Die Gallier litten unter der Fremdherrschaft, unter dem Zwang des Kriegs- dienstes und der Kontributionen, unter der einseitigen Bevorzugung der Römerfreunde. 2) Caesar hatte bisher nur mit den belgischen, aremorischen und aquitanischen Stämmen Krieg führen müssen, die übrigen, der Kern des mittleren Galliens, waren ihm verbündet. Aber diese Verbündeten wurden nicht minder vom Geist der Auflehnung angesteckt als die Unter- worfenen. Zunächst kam es zu Anfang des Winters 54/53 v. Chr. bei den belgischen Stämmen zur Empörung: die Eburonen unter Ambiorix über- fielen die bei ihnen überwinternden fünfzehn Kohorten unter Q. Titurius Sabinus und L. Aurunculeius Cotta. Die belagerten Römer nahmen den von den Galliern angebotenen freien Abzug an, wurden aber vor dem Lager überfallen und vernichtet. In einem anderen Winterlager geriet der Legat Q. Tullius Cicero, der Bruder des Redners, durch die Nervier in schwerste

') Pluiarch Caes. 23. Cicero ad Att. IV 16, 7. 18, 5. Über die zweite britannische Expedition vgl. F.Vogel. N. Jahrb. f. Philol. 153 (1896) 269 flf.

'-) So hatte Caesar 57 v. Chr. bei den Carnuten den Römling Tasgetius zum König eingesetzt. Caes. bell. Gall. V 25.

sttlliii

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§39.) 239

(

Bedrängnis; auch die Treverer erhoben sich. Caesar, der schon die Reise nach GalHa cisalpina angetreten hatte, kehrte schleunigst um, besiegte die Aufständischen und befreite den Cicero; den Winter über bheb er im nörd- hchen GalHen. Im nächsten Frühjahr (53 v. Chr.) ergänzte er sein zusammen- geschmolzenes Heer durch zwei neu ausgehobene Legionen und eine dritte von Pompeius entliehene, so daß er im ganzen über zehn Legionen ver- fügte. Die Nervier, Menapier und andere Insurgenten wurden von Caesar, die Treverer von Labienus niedergeworfen. Da suebische Krieger den Tre- verern zu Hilfe gekommen waren, so demonstrierte Caesar durch einen er- neuten Übergang über den Rhein, ohne daß es zu Kämpfen mit den Sueben, die sich ins Landesinnere zurückgezogen hatten, gekommen wäre. Zur War- nung ließ Caesar diesmal die etwas stromaufwärts der früheren geschlagene Brücke teilweise stehen und durch einen starken Brückenkopf mit einer Besatzung sichern. Ein strenges Gericht erging über die Eburonen. Nach- dem Caesar auf einer Häuptlingsversammlung in Durocortorum (Reims) noch einzelne Römerfeinde bestraft hatte, begab er sich in dem Wahn, die Ruhe wiederhergestellt zu haben, nach Oberitalien. In Wirklichkeit warteten die Gallier nur auf eine Gelegenheit, um erneut loszuschlagen. Sie wußten, daß die Tage von Caesars Kommando gezählt waren und daß in Rom Krisenluft wehte.

Nach dem Konsulat des Crassus und Pompeius (55 v. Chr.) traten in Rom anarchische Zustände ein, hervorgerufen durch die Umtriebe der Demagogen und die Wahlagitation der Ämterjäger, geduldet, ja gefördert durch Pompeius, der die bedrängte Senatsregierung als den unfreiwilligen Schrittmacher seiner persönlichen Herrschaft betrachtete. P. Clodius stand wieder in seinen Diensten; aber auch die Gegner, die von Cato geführten Optimaten, rührten sich, wie schon die Machtprobe in den Prozessen gegen A. Gabinius, die Kreatur des Pompeius, gezeigt hatte. Ihre Geschäfte be- sorgte T. Annius Milo ganz nach der Gewaltmethode des Clodius. Monate- lang gab es im Jahr 53 v. Chr. weder Konsuln noch kurulische Magistrate; nur die Volkstribunen fungierten. Man schlug vor, wie einstens Konsular- tribunen (S. 63) zu bestellen; ein anderer Antrag forderte die Diktatur des Pompeius. Auf Ersuchen des Senats ermöglichte Pompeius zuletzt die Wahl der Konsuln für den Rest des laufenden Jahres (53); als dann für das nächste Konsulat Milo, P. Plautius Hypsaeus und Q. Caecilius Metellus Scipio kandidierten, kam es zu Wahlkämpfen in des Wortes voller Be- deutung; die bewaffneten Banden der Bewerber machten Rom unsicher und lieferten sich förmliche Schlachten. Die Komitien konnten nicht statt- finden; ohne Konsuln und Prätoren mußte das neue Jahr (52 v. Chr.) an- getreten werden.

Die Dauer dieser Anarchie wurde durch das Ende des Clodius abge- kürzt. Am 18. Januar 52 v. Chr. wurde dieser Todfeind Milos von dessen Leuten auf der Appischen Straße erschlagen. Der aufgehetzte Pöbel ver- brannte die Leiche des Volksbeglückers in der Kurie, die bei dieser Gelegen- heit in Flammen aufging, und tobte sich dann tagelang mit Mord und Plünderung aus. Dem Senat blieb nichts übrig als dem Pompeius die Her- stellung der Ordnung zu übertragen; den seit Sulla ominösen Titel Diktator

238 Römische Geschichte.

nach Britannien hinüber, wo er in der Nähe von Dover landete. Er hegte den Wunsch, die keltische Insel und ihre Bewohner, die so oft die Stammes- brüder in Gallien im Kampf gegen Rom unterstützt hatten, aus eigener An- schauung kennen zu lernen. Mehr als eine solche Rekognoszierung wurde auch nicht erreicht. In Rom freilich machte die Kunde von der Landung in Britannien, über dessen Lage und Größe man phantastische Vorstellungen hatte, Sensation. Nach Züchtigung der Moriner und Menapier legte Caesar seine Truppen in belgische Winterquartiere; Anfang 54 v. Chr. begab er sich nach Oberitalien, wohin ihn seine Statthalterpflichten riefen. In Illyricum, wo dalmatische Pirusten geplündert hatten, sorgte er für Sühne und Schaden- ersatz. Eine zweite, größere Expedition nach Britannien wurde für das Jahr 54 vorbereitet. Nach Gallien zurückgekehrt, mußte Caesar zunächst Unruhen bei den Treverern unterdrücken. Dann setzte er im Sommer 54 mit fünf Legionen und 2000 gallischen Reitern nach Britannien über. Die Landung verlief ungestört. Einige britische Stämme unterwarfen sich ; aber ein großes Heer leistete unter dem Oberbefehl des Cassivellaunus Widerstand, der erst gebrochen wurde, nachdem die Römer die Themse überschritten hatten. Caesar eroberte den Hauptort des Cassivellaunus und zwang ihn zum Frieden. Die Briten stellten Geiseln und versprachen auch Tribut, der aber nie ent- richtet wurde. Von einer Eroberung Britanniens konnte nicht die Rede sein. Die gemachte Beute, die fast nur aus Kriegsgefangenen bestand, blieb hinter den Erwartungen weit zurück, i)

Schon bei Gelegenheit des Zuges gegen die Briten hatten sich bei den Galliern Symptome wachsender Unzufriedenheit gezeigt, namentlich bei den Treverern, wo Indutiomarus das Haupt einer römerfeindlichen Partei war. Caesar hatte kurz vor der zweiten Expedition nach Britanien zugunsten des römischen Parteigängers Cingetorix eingegriffen. Aus Sicherheitsgründen bestimmte er eine große Zahl vornehmer Gallier als Geiseln zur Teilnahme an dem britischen Unternehmen, darunter den Aeduer Dumnorix, der jedoch vor der Abfahrt die Flucht ergriff, aber eingeholt und niedergemacht wurde. Die Gallier litten unter der Fremdherrschaft, unter dem Zwang des Kriegs- dienstes und der Kontributionen, unter der einseitigen Bevorzugung der Römerfreunde. 2) Caesar hatte bisher nur mit den belgischen, aremorischen und aquitanischen Stämmen Krieg führen müssen, die übrigen, der Kern des mittleren Galliens, waren ihm verbündet. Aber diese Verbündeten wurden nicht minder vom Geist der Auflehnung angesteckt als die Unter- worfenen. Zunächst kam es zu Anfang des Winters 54 53 v. Chr. bei den belgischen Stämmen zur Empörung: die Eburonen unter Ambiorix über- fielen die bei ihnen überwinternden fünfzehn Kohorten unter Q. Titurius Sabinus und L. Aurunculeius Cotta. Die belagerten Römer nahmen den von den Galliern angebotenen freien Abzug an, wurden aber vor dem Lager überfallen und vernichtet. In einem anderen Winterlager geriet der Legat Q. Tullius Cicero, der Bruder des Redners, durch die Nervier in schwerste

') Pluiarch Caes. 23. Cicero ad Att. IV '-) So hatte Caesar 57 v. Chr. bei den

16, 7. 18, 5. Über die zweite britannische Carnuten den Römling Tasgetius zum

Expedition vgl. F.Vogel, N. Jahrb. f. Philol. König eingesetzt. Caes. bell. Call. V 2b. 153 (1896) 269 ff.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§39.) 239

Bedräxignis ; auch die Treverer erhoben sich. Caesar, der schon die Reise nach Galha cisalpina angetreten hatte, kehrte schleunigst um, besiegte die Aufständischen und befreite den Cicero ; den Winter über Wieb er im nörd- hchen Galhen. Im nächsten Frühjahr (53 v. Chr.) ergänzte er sein zusammen- geschmolzenes Heer durch zwei neu ausgehobene Legionen und eine dritte von Pompeius entliehene, so daß er im ganzen über zehn Legionen ver- fügte. Die Nervier, Menapier und andere Insurgenten wurden von Caesar, die Treverer von Labienus niedergeworfen. Da suebische Krieger den Tre- verern zu Hilfe gekommen waren, so demonstrierte Caesar durch einen er- neuten Übergang über den Ehein, ohne daß es zu Kämpfen mit den Sueben, die sich ins Landesinnere zurückgezogen hatten, gekommen wäre. Zur War- nung ließ Caesar diesmal die etwas stromaufwärts der früheren geschlagene Brücke teilweise stehen und durch einen starken Brückenkopf mit einer Besatzung sichern. Ein strenges Gericht erging über die Eburonen. Nach- dem Caesar auf einer Häuptlingsversammlung in Durocortorum (Reims) noch einzelne Römerfeinde bestraft hatte, begab er sich in dem Wahn, die Ruhe wiederhergestellt zu haben, nach Oberitalien. In Wirklichkeit warteten die Gallier nur auf eine Gelegenheit, um erneut loszuschlagen. Sie wußten, daß die Tage von Caesars Kommando gezählt waren und daß in Rom Krisenluft wehte.

Nach dem Konsulat des Crassus und Pompeius (55 v. Chr.) traten in Rom anarchische Zustände ein, hervorgerufen durch die Umtriebe der Demagogen und die Wahlagitation der Ämterjäger, geduldet, ja gefördert durch Pompeius, der die bedrängte Senatsregierung als den unfreiwilligen Schrittmacher seiner persönlichen Herrschaft betrachtete. P. Clodius stand wieder in seinen Diensten; aber auch die Gegner, die von Cato geführten Optimaten, rührten sich, wie schon die Machtprobe in den Prozessen gegen A. Gabinius, die Kreatur des Pompeius, gezeigt hatte. Ihre Geschäfte be- sorgte T. Annius Milo ganz nach der GeAvaltmethode des Clodius. Monate- lang gab es im Jahr 53 v. Chr. weder Konsuln noch kurulische Magistrate; nur die Volkstribunen fungierten. Man schlug vor, wie einstens Konsular- tribunen (S. 63) zu bestellen; ein anderer Antrag forderte die Diktatur des Pompeius. Auf Ersuchen des Senats ermöglichte Pompeius zuletzt die Wahl der Konsuln für den Rest des laufenden Jahres (53); als dann für das nächste Konsulat Milo, P. Plautius Hypsaeus und Q. Caecilius Metellus Scipio kandidierten, kam es zu Wahlkämpfen in des Wortes voller Be- deutung; die bewaffneten Banden der Bewerber machten Rom unsicher und lieferten sich förmliche Schlachten. Die Komitien konnten nicht statt- finden ; ohne Konsuln und Prätoren mußte das neue Jahr (52 v. Chr.) an- getreten werden.

Die Dauer dieser Anarchie wurde durch das Ende des Clodius abge- kürzt. Am 18. Januar 52 v. Chr. wurde dieser Todfeind Milos von dessen Leuten auf der Appischen Straße erschlagen. Der aufgehetzte Pöbel ver- brannte die Leiche des Volksbeglückers in der Kurie, die bei dieser Gelegen- heit in Flammen aufging, und tobte sich dann tagelang mit Mord und Plünderung aus. Dem Senat blieb nichts übrig als dem Pompeius die Her- stellung der Ordnung zu übertragen; den seit Sulla ominösen Titel Diktator

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vermied man und bestellte im Schaltmonat 52 v. Chr.') den Pompeius zum alleinigen Konsul {consul sine collega).

Nach dem Erlaß strenger Strafgesetze gegen Gewalttaten, Wahluratriebe und Bestechung und einer Revision der Richterliste begannen unter dem Schutz pompeianischer Truppen zahlreiche gerichtliche Verhandlungen gegen die Urheber der letzten Unruhen. Milo wurde trotz Ciceros Verteidigung verurteilt und verbannt. Vom Senat ließ sich Pompeius sein spanisches Kommando um fünf weitere Jahre verlängern; die Kosten für sein Heer hatte die Staatskasse zu tragen. Jetzt glaubte Pompeius sich stark genug, um auf Caesar keine Rücksicht mehr zu nehmen; der Tod der Julia (54 v. Chr.) hatte das verwandtschaftliche Band zerschnitten; doch hatte Pom- peius noch im Jahr 53 die Gefälligkeit, seinem früheren Schwiegervater Caesar eine Legion zur Verfügung zu stellen (S. 239). Nachdem Crassus durch den Tod aus dem Bund der Machthaber ausgeschieden war, spitzte sich die Lage immer schärfer auf den Endkampf zwischen Pompeius und Caesar zu. In Rom hatte sich die Lage zuungunsten Caesars und seiner Freunde verschoben. Mehrere Caesarianer wurden verurteilt, ohne daß Pom- peius einen Finger für sie rührte, während er seine eigenen Anhänger vor ihren Richtern schützte, wie z. B. den Q. Caecilius Metellus Scipio, mit dessen Tochter Cornelia er sich inzwischen vermählt hatte.-) Eben diesen seinen neuen Schwiegervater und nicht den früheren, Caesar, hat sich dann Pom- peius als Kollegen im Konsulat beigesellt. Daß Caesar durch Volksbeschluß ermächtigt wurde, sich abwesend um das Konsulat bewerben zu dürfen, war alles, was seine Vertreter in Rom für ihn erreichten.

Caesar, der sich über die Abkehr des Pompeius im klaren war, mußte die Dinge zunächst gehen lassen wie sie wollten; denn auf die Nachricht von den Wirren in der Hauptstadt war in Gallien ein Aufstand losgebrochen, der ihn nötigte, noch im Winter, Anfang 52 v. Chr., über die Alpen zurück- zueilen. Gerade die bisherigen Verbündeten Roms rebellierten; überall kamen Römerfeinde ans Ruder. Die Arverner und Carnuten gaben das Signal, an die Spitze der Arverner trat Vercingetorix, Sohn des Celtillus, eine be- deutende Persönlichkeit aus königlichem Geschlecht;^) er brachte eine Reihe anderer Stämme zum Abfall, selbst die Aeduer wurden unsicher, die Pro- vinz von Narbo war durch die Aufständischen bedroht, Caesar von seinen Truppen weit getrennt.

Caesar sorgte zunächst für den Schutz der Provinz, unternahm einen kühnen Streifzug über die schneebedeckten Cevennen ins Land der Ar- verner, erreichte sodann von Vienna aus die Lingonen (Plateau von Langres) und sammelte dort seine Legionen, Von hier marschierte er gegen die Car- nuten, nahm ihre Hauptstadt Cenabum (Orleans) und ging über die Loire

') Ascon. in Milon. p. 37 Or. p. 31 Scholl: V Kai. Mart. mense intercaJario. Das Datum entspricht dem S.Februar des julianischen Kalenders.

'"') Den hochpolitischen Hintergrund dieser Ehe hat erst F. Münzer, Rom. Adels- parteien u. Adelsfamilien, Stuttgart 1920, 1 1903 317 erkannt: „Pompeius, der als Nachfolger [

der großen Seipionen und in höherem Maße als sie herrschen und gebieten wollte, meinte ein Recht darauf zu gewinnen durch die Hand ihrer Erbin" (der Cornelia). ^) Camille Jullian, Vercingetorix, Paris 1901. Deutsch von Sieglerschmidt, Glogau

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§39.) 241

gegen die Biturigen an, deren Hauptort Avaricum (Bourges) er nach längerer Belagerung eroberte. Vergebens hatte Vercingetorix den wichtigen Platz zu retten versucht. Nachdem Caesar bei den Aduern Verstärkungen an sich gezogen hatte, sandte er die eine Hälfte des Heeres unter T. Labienus gegen die Parisier und deren Nachbarn an der Seine, während er selbst gegen die Arverner zog und auf Gergovia (etwas südlich von Clermont) rückte, wo ihm Vercingetorix gegenüber lagerte. Ein Angriff Caesars auf das gallische Lager schlug fehl, und dieses Mißgeschick, sowie der Abfall der Aduer zwang die Eömer zum Abzug. Der Aufstand wurde allgemein. In Bibracte hatten sich fast alle gallischen Stämme der Führung des Vercingetorix unterstellt. Die römischen Heere waren in Gefahr, von der Provinz ab- geschnitten zu werden; Caesar wandte sich nach Norden und vereinigte sich bei den Senonen (bei Sens) mit Labienvis, der inzwischen mit den Auf- ständischen an der Seine erfolgreich gekämpft hatte, jetzt aber gleichfalls zurück mußte. Durch das Gebiet der Lingonen und Sequaner, die noch zu Koni hielten, eilte das vereinigte römische Heer nach Süden, um die Pro- vinz und Italien zu decken, wurde aber unterwegs bei den Lingonen nahe an der Grenze der Sequaner von Vercingetorix angegriffen. Die Stärke der Gallier lag in ihrer zahlreichen Reiterei, die aber von Caesar geschlagen wurde, wobei germanische Reiter, die er damals in größerer Anzahl in Sold genommen hatte, die besten Dienste leisteten. i) Vercingetorix zog sich hierauf nach Alesia im Land der Mandubier (Alise Ste. Reine im Departe- ment Cöte d'or) zurück, wo er von Caesar eingeschlossen wurde. Die Gal- lier boten ein großes Entsatzheer auf, aber ihr Angriff auf Caesars starke Linien mißlang nach langen und schweren Kämpfen; sie wurden geschlagen, und der Hunger trieb den Nationalhelden Vercingetorix endlich zur Über- gabe (52 V. Chr.). Das Bündnis der gallischen Stämme löste sich auf. Der entscheidende Sieg wurde in Rom mit Dankfesten begangen.

Die Hauptarbeit war getan, wenn auch die völlige Unterwerfung der Aufständischen sich unter mannigfachen Kämpfen Caesars und seiner Legaten noch bis in den Sommer 51 v. Chr. hineinzog. Besonders zäh war der Widerstand der Bellovaker (bei Beauvais) und ihrer Nachbarn. Das letzte größere Unternehmen war die Belagerung und Eroberung von Uxello- dunum^) im Lande der Cadurker. Den folgenden Winter (51/50 v. Chr.) ver- brachte Caesar wie den vorigen im transalpinischen Gallien bei den Atre- baten (Arras), bereiste dann die cisalpinische Provinz und hielt endlich im Gebiet der Treverer als Schlußakt des Krieges eine Heerschau über alle seine Truppen ab (50 v. Chr.). Wenn auch noch vieles unfertig blieb, das Hauptwerk, die endgültige Eroberung der gallischen Landschaften am linken Rheinufer war im wesentlichen vollendet. Die Einzelheiten der Einrichtung der neuen Provinz sind nicht bekannt; die Rechtsstellung der gallischen Stämme, von denen nicht wenige zu Rom im Bundesverhältnis standen,

^) Caesars Bericht bell. C4all. VII 66 £f. 1 ^) Uxellodunum ist wahrscheinlich Puy ist dürftig. Vgl. Plutarch Caes. 26. Über d'Issolu bei Vayrac an der Dordogne. Au- dio germanischen Eeiter vgl. bell. Gall. dere haben sich für Luzech am Lot west- VII 65, 4. Caesar hatte schon von Anfang lieh von Cahors entschieden. Vgl. Holmes, an germanische Reiter bei sich, bell. Gall. ! Caesar's conquest of Gaid'^ 489 ff. VII 13, 1. i

Handbuch der klacs. Altertnmswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 16

242

Römische Geselchte.

war verschieden abgestuft. Die Gallier aren zur Kriegshilfe verpflichtet; außerdem legte ihnen Caesar eine feste abgäbe [stipendium] auf.^) Die ver- söhnende Politik des milden Siegers hat las Land auch moralisch erobert; die reichen Hilfsmittel Galliens standen ihm von nun an zur Verfügung. Aber es war auch höchste Zeit, daß Caear mit seinen politischen Gegnern in Rom abrechnete.

Während der großen Insurrektion jeni-its der Alpen hatte für die Sicher- heit der cisalpinischen Provinz und Illncums nichts geschehen können. Wiederholt griffen die dalmatischen Stäi. le die Küstenplätze an; 52 v. Chr. wurde Tergeste von den Istrern überrum jlt. Erst im nächsten Jahr konnte Caesar eine Legion nach Gallia cisalpin^.entsenden.2)

Nachdem der gallische Aufstand nierjrgeworfen und die Gefahr, in der auch Italien geschwebt hatte, gebannt w;, wurde die Frage der Nachfolger- schaft Caesars im gallischen Kommand brennend.'^) Bei den Optimaten hatte Caesar längst Besorgnis erregt. Sn Kriegsruhm und sein Geld er ließ auf seine Kosten Rom und die Provizen durch Bauten verschönern warben ihm viele Anhänger. Daher setiön seine Gegner alle Hebel gegen seine bedrohliche Machtstellung in Beweung. Je mehr sich Pompeius den Optimaten näherte, desto schärfer wurdtder Gegensatz zwischen ihm und seinem einstigen Bundesgenossen Caesar. Dieser hatte ja durch ein Plebiszit die Erlaubnis erhalten, sich abwesend, iso noch im Besitz von Heer und Provinz, um das Konsulat zu bewerbe^ und gedachte für das Jahr 48 V. Chr. zu kandidieren; es fragte sich ob dieses Privileg unangetastet bleiben sollte. ^j Inzwischen war der Mous der Besetzung der Statthalter- schaften abgeändert worden, zuerst durc ein Senatskonsul^yom Jahr 58, dann im folgenden Jahr endgültig durclein Gesetz des^^ppeius;^) diese lex Fompeia verfügte, daß die Ma^Ätratt nicht wie bid^^veich nach A]>- lauf ihres städtischen AmtsjahrMÄfc Vejvaltung ei: sollten, sondern erst fünf Jal^^HMier Damit gegeben, für Caesar unmitfc schaff (I.März 50 v. Chr.)6)

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^) 40 Millionen Sesterzen (reicj Honen Goldmark) narh Suet^ ■') Caes. bell. Gal). VIII 24,j ^) Zum Folgenden F. Hoj-Jj gitie hellt civilis Caesariani, Th. Mommsen, Die Kechtsfii Caesar und «lern Senat {\i IV 92 ff. H. Nissen,

1881, 48 ff. O. lIlRSCHFEI

324 ff. L. Holzapfel, 327 ff. V 107 ff. DkumännJ

W. .luDEicn, Rhein. Mx Ed. Meyer, Caesars Moi

R. Laqueur, Neue 241 ff., 47, 1921, 233 ff. ^

••) In der Tat wurdf M. Claudius Marcell\i angefochten. Livii

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Das I't'ol>l(>n) der AIiImmih nii'ilcf .s(\i(, Til V. Chr.; schon d.i. !*rii\iii/. /M j^(>h(Mi, wio or wi«'h Itidion, nni s(tin(tn Minihif.'i •.•(' war ührij;-ons ('aosar (h'r lUli slvrn|)cllos der \on ihm ^i^kaul i dor vi<rhiiinlo, dal.» hcitio Iifi\;d vin/on und I I(<or aul'gohon s(»llli mir airs (alvlischon (JrniuU^n oin mchrhcit, ^cwosi'n, (ho koim's\V( mo(li((«. \Vi»( dor Somit, so /.ili woll ll.'ilions \nr th'ii Schrock<Mi und (h(t (vxtromoii <)|)limal(>n l)rt«fhon. So schoilurltM» aUo \ hrUcUhur. Eh orHchion als Syn V'orwand dos |»ar(hiMchon Kriri' dio ahor in llahcn hhoh(<n. < 'i'

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iJIIIIClUt Hllrllt l|il<Hlt Hl'lliill Villi Nll|Mi|i'ii|l iil

Kcilul'iiM'lo AiiHidil, „Wdlil ili(« iniiii'iKliiliMlK von allen" (iluiHctiKHii.ii a. a. < ). itl i I, iiiil. iKMicii, almr iiiclil. iluir|iMr|ilaHi'iiiliiii Ar- Kiiiiii<iiliiii zu lidKrlniilnii.

') iSrlnin in iIimi AiiriniK''ii MKiiwr liiiiil- lialiii, im .1. (IH, liullr ('aiiMiir ilcii 'i'rauN« |i:iilaii«'rii iIiih Viillli(h'K'"ri'<'rlil v<<rn|irof|i(fii .Siidl. .Iiil. H). Im .1. (U( wollli' < 'ai'Miu'K r.iiiiilcHK<wi<iMK(< ( 'riiNHUM <lii' 'rraiiN|iailaii<'r III ilii« ( IkiihiihÜhIhii <|(<r lt(h'K"i' (<iiilriiK'*u, (';is.H, hin X,\ .Wll 1», it.

10

242 Römische Geschichte.

war verschieden abgestuft. Die Gallier waren zur Kriegshilfe verpflichtet; außerdem legte ihnen Caesar eine feste Abgabe {stipendium) auf.') Die ver- söhnende Politik des milden Siegers hat das Land auch moralisch erobert; die reichen Hilfsmittel Galliens standen ihm von nun an zur Verfügung. Aber es war auch höchste Zeit, daß Caesar mit seinen politischen Gegnern in Kom abrechnete.

Während der großen Insurrektion jenseits der Alpen hatte für die Sicher- heit der cisalpinischen Provinz und Illyricums nichts geschehen können. Wiederholt griffen die dalmatischen Stämme die Küstenplätze an; 52 v. Chr. wurde Tergeste von den Istrern überrumpelt. Erst im nächsten Jahr konnte Caesar eine Legion nach Gallia cisalpina entsenden. 2)

Nachdem der gallische Aufstand niedergeworfen und die Gefahr, in der auch Italien geschwebt hatte, gebannt war, wurde die Frage der Nachfolger- schaft Caesars im gallischen Kommando brennend. >^) Bei den Optimaten hatte Caesar längst Besorgnis erregt. »Sein Kriegsruhm und sein Geld er ließ auf seine Kosten Rom und die Provinzen durch Bauten verschönern warben ihm viele Anhänger. Daher setzten seine Gegner alle Hebel gegen seine bedrohliche Machtstellung in Bewegung. Je mehr sich Pompeius den Optimaten näherte, desto schärfer wurde der Gegensatz zwischen ihm und seinem einstigen Bundesgenossen Caesar. Dieser hatte ja durch ein Plebiszit die Erlaubnis erhalten, sich abwesend, also noch im Besitz von Heer und Provinz, um das Konsulat zu bewerben, und gedachte für das Jahr 48 V. Chr. zu kandidieren; es fragte sich, ob dieses Privileg unangetastet bleiben sollte.*) Inzwischen war der Modus der Besetzung der Statthalter- schaften abgeändert w^orden, zuerst durch ein Senatskonsult vom Jahr 53, dann im folgenden Jahr endgültig durch ein Gesetz des Pompeius;^) diese lex Pompeia verfügte, daß die Magistrate nicht wie bisher gleich nach Ab- lauf ihres städtischen Amtsjahres die Verwaltung einer Provinz übernehmen sollten, sondern erst fünf Jahre später. Damit war aber die Möglichkeit gegeben, für Caesar unmittelbar nach dem Endtermin seiner Statthalter- schaft (1. März 50 V. Chr.)^) und noch vor der Bewerbung um das Konsulat,

^) 40 Millionen Sesterzen (reichlich 7 Mil- Konsul M. Claudius Marcellus beantragt

liouen Goldmarkl nach Sueton Jul. 25. worden. Vgl. dagegen O.Hikschfeld a.a.O.

■■') Caes. bell. Gall. YIII 24, 3. ^) Das Ende von Caesars galHschem

^) Zum Folgenden F. Hofmann, De ori- Kommando war nach dem Zeugnis der

gine heUi. civilis Caesariam, Berlin 1857. Zeitgenossen dadurch bedingt, daß nach

Th. Mommsen, Die Rechtsfrage zwischen dem Gesetz des J. 55 v. Chr. nicht vor dem

Caesar und dem Senat (1857). Ges. Sehr. 1. März 50 v.Chr. im Senat über die Nach-

lY 92 ff. H. Nissen, Hist. Zeitschr. 46, folgerschaft verhandelt werden durfte.

18S1.48ff. O.Hikschfeld, Kl. Sehr. 310 tf., Nach der früheren Ordnung der h'x Sem-

324 ff. L. Holzapfel, KHo III 213 tf. IV prouia (oben S.176) hätte Caesar de facto

327ff. V107tf. DEüMÄNN-GROEBElII720ff. noch das ganze J. 49 über seine Provinz

W. Judeich, Rhein. Mus. 68, 1913, 1 ff . behaupten können, da erst einer der Kon- Ed. Meyer, Caesars Monarchie usw. 157, 1. suln von 49 als Nachfolger in Betracht

R. Laqceür, Neue Jahrbücher 45, 1920, gekommen wäre. Das Gesetz des Pom- 241 ff'.. 47. 1921, 233 ff. peius aber schuf eine neue Lage. Denn

■•) In der Tat wurde dieses Privileg von nunmehr konnten gleich nach dem I.März

M. Claudius Marcellus, Konsul 51 v. Chr., 50 einem der zur Verfügung stehenden

angefochten. Livius per. 108. Konsulare aus früheren Jahren die galli-

'") Cass. Dio XL 56. Mommsen, Staatsr. 11^ 241 ist der Meinung, das Gesetz sei erst ein Jahr später, 51 v. Chr., durch den

sehen Provinzen überwiesen werden. Pom- peius war nur zu dem Zugeständnis bereit, die Frist für Caesars Verbleiben im Kom-

6. Vierte Periode : Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). i,§ 39.) 243

einen Nachfolger zu bestellen. Für Caesar aber war die Beibehaltung seiner Provinz bis zum Antritt eines neuen Amtes, des Konsulats, geradezu eine Lebensfrage, da nur die Kontinuierung seiner Amtseigenschaft ihn gegen gerichtliche Angriffe, denen er als Privatmann nicht hätte entgehen können, immun machte. Nur als Konsul war er in der Lage, seine Veteranen zu belohnen und die in der Provinz getroffenen Verfügungen bestätigen zu. lassen, so z.B. die bisher umstrittene Anerkennung des Bürgerrechts der Transpadaner. ^)

Das Problem der Abberufung Caesars aus Gallien beschäftigte die Ge- müter seit 51 V. Chr.; schon damals bekannte Pompeius Farbe: statt in seine Provinz zu gehen, wie er sich zuweilen den Anschein gab, verblieb er in Italien, um seinen Einfluß gegen Caesar geltend zu machen. Beim Volke war übrigens Caesar der Beliebtere. Seine Sache vertrat geschickt und skrupellos der von ihm gekaufte Tribun des Jahres 50, C. Scribonius Curio, der verlangte, daß beide Rivalen, Pompeius nicht minder wie Caesar, Pro- vinzen und Heer aufgeben sollten. Diese friedliche Lösung, die jedoch Curio nur aus taktischen Gründen empfahl, wäre auch nach dem Sinn der Senats- mehrheit gewesen, die keineswegs mit Pompeius durch dick und dünn gehen mochte. Wie der Senat, so zitterte auch das Landvolk und die Geschäfts- welt Italiens vor den Schrecken eines neuen Bürgerkriegs. Aber Pompeius und die extremen Optimaten wollten die Macht Caesars ein für allemal brechen. So scheiterten alle Vermittlungsversuche: die Kluft war unüber- brückbar. Es erschien als Symptom der nahenden Krisis, daß unter dem \ orwand des parthischen Kriegs dem Caesar zwei Legionen entzogen wurden, die aber in Italien blieben. Caesar ersetzte diesen Verlust sofort. Doch war er zu dem Kompromiß erbötig, sein Heer größtenteils zu entlassen und das transalpinische Gallien abzugeben, sofern er die cisalpinische Provinz und einige Truppen bis zum Antritt des Konsulats behalten durfte. Da die Gegner darauf nicht eingingen, blieb nur noch der Appell an die WaflPen; Caesar ließ seine Legionen marschieren; er selbst begab sich etwa im De- zember 50 V. Chr. ins diesseitige Gallien, wo er sich in Ravenna nahe an der. Grenze Italiens aufhielt. Er war wohl gerüstet und konnte sich auf die Ergebenheit und die Schlagkraft seiner geschulten Armee verlassen. Aber auch Pompeius war zuversichtlich; als er gegen Ende des Jahres in Neapel erkrankte, bezeigte ihm ganz Italien seine Teilnahme; über die Stimmung der Truppen Caesars kursierten ungünstige Gerüchte. Es kam endlich soweit, daß der Konsul C. Claudius Marcellus auf die falsche Kunde von Caesars

maiido bis zum 13. November 50 zu ver- queuk sucht diese schon von Napoleon III

längern (Caelius, Cic. ad fam. VIII 11, 3; ! geäußerte Ansicht, „wohl die unmöglichste

vgl. 0. Hirschfeld, Kl. Sehr. 316 f.). Der von allen" (Hieschfeld a. a. O. 314), mit

1. März 50 V. Chr. scheint ursprünglich neuen, aber nicht durchschlagenden Ar-

als gemeinsamer Endtermin für alle drei Triumvirn, Crassus, Pompeius und Caesar, festgelegt worden zu sein (Ed. Meyer, s. Anm. 3). A. Laqueue (s. Anm. 3) will das Konsulatsjahr Caesars (59 v. Chr.) vom

gumenten zu begründen.

') Schon in den Anfängen seiner Lauf- bahn, im J. 68, hatte Caesar den Trans- padanern das Vollbürgerrecht versprochen (Suet. Jul. 8). Im J. 65 wollte Caesars

ersten Tag an zugleich als erstes Jahr Bundesgenosse Crassus die Transpadaner seiner Statthalterschaft zählen und erklärt j in die Censuslisten der Bürger eintragen. demgemäßdenletztenDezember50 v.Chr. j Cass. Dio XXXVII 9, 3. als Endpunkt der zweimal fünf Jahre. La- |

16*

244 Römische Geschichte.

Anmarsch hin im Senat die Erklärung des Kriegszustandes beantragte und dem Pompeius auf eigene Faust das Kommando der beiden in Capua liegenden Legionen übertrug:') auch begann man mit Aushebungen.

Am 1. Januar 49 v. Chr. traten zwei Gegner Caesars das Konsulat an, L. Cornelius Lentulus und C. Claudius Marcellus, ein Vetter seines gleich- namigen Amtsvorgängers. Sie brachten die Sache sofort zur Entscheidung. Nach langen Verhandlungen vom 1. bis 7. Januar wurde beschlossen, Caesar habe bis zu einem bestimmten Tag das Heer zu entlassen und seine Pro- vinzen zu räumen. Um den Einspruch der caesarianischen Volkstribunen M. Antonius und Q. Cassius zu beseitigen, wurde der Belagerungszustand verhängt. Vorschläge zur Verständigung kamen nicht zur Geltung: Cicero, der am 4. Januar aus der Provinz Kilikien vor Rom ankam, hat nochmals zu vermitteln versucht, aber vergebens; die Führer der Optimaten, auf deren Kosten ein gütlicher Ausgleich gegangen wäre, drängten zum Bruch ; auch Pompeius wollte den Krieg. Die caesarianischen Tribunen flohen zu Caesar. Man übertrug dem Pompeius den Oberbefehl, verfügte über die gallischen Provinzen ^) und machte in ganz Italien mobil.

40. Der Bürgerkrieg.") Caesar hätte den Bürgerkrieg am liebsten ver- mieden; er hat wiederholt die Hand zum Frieden geboten. Als er sich aber von der Unversöhnlichkeit seiner Gegner überzeugt hatte, riß er die Initiative an sich: mit der Legion, die er gerade zur Hand hatte, überschritt er den Rubico, das Grenzflüßchen seiner Provinz, um als Feind in das eigentliche Italien einzumarschieren: der Würfel war gefallen. Im ersten Anlauf über- rannte er die Städte von Ariminum bis Ancona und gewann auch Arretium, den Schlüssel zu Etrurien.'^) Diese überraschende Bedrohung Mittelitaliens veranlaßte den Pompeius, die Magistrate und den Senat, Rom schleunigst zu verlassen (17. und 18. Januar); die Staatskasse ließ man zurück. Pompeius erkannte die augenblickliche militärische Überlegenheit des Gegners: er faßte daher den Entschluß, schlimmstenfalls Italien ganz zu räumen, jedoch möglichst viele Truppen mit sich zu nehmen, um später das Land von allen Seiten anzugreifen und wieder zu erobern. Dieser strategisch richtige Gedanke wurde aber nicht von allen seinen Parteigängern begriffen. Die Schnellig-

') Vgl. C. Bardt, Hermes 45, 1910, 337 ff. maneheTatsachen entstellt, wie aus Ciceros

-) Das jenseitige Gallien fiel dem L. Do- Briefen hervorgeht. Als Quelle kommt

mitius Ahenobarbus zu. auch das Epos des Lucanus. Pharsalla,

^) Vgl. A. V. GöLEE, Caesars gall. Kriege in Betracht, das ohne Zweifel auf Livius

Bd. 2. Hifttoire de Jules Cesar, (/uerre ci- zurückgeht und historisch Wertvolles ent-

vih, par Je colonel Stoffel, Paris 1887. hält. Dazu die alten Schollen. Scholia in

Gloede, Über die Quellen des Pompejan. Lucani hell. civ. ed. H. Usexer I, Leipzig

Bürgerkrieges!, Kiel 1871. O. Basinek, 1869. Vgl. L. Wilhelm, Livius und Caesars De hell. civ. Caesariano, Moskau 1883. Ferner j bell, civ., Diss. Straßburg 1901.

NissENS S. 242 A. 3 zitierten Aufsatz. O. E. *) Der entscheidende Senatsbeschluß

Schmidt, Der Briefwechsel des M. Tullius wurde am 7. Januar gefaßt, am Abend

Cicero von seinem Prokonsulat in Cilicien dieses Tages reisten die beiden Tribinien

bis zu Caesars Ermordung (Leipzig 1893) zu Caesar ab, den sie schon in Ariminum

und W. Judeich, Caesar im Orient (Leipzig antrafen, also nach Überschreitung des

1885) 51 ff. Caesars eigene Darstellung Rubico. Es ist daher wahrscheinlich, daß

im fef//«»« f/r/7<? ist eine tendenziöse Selbst- Caesar den Rubico überschritt, ehe er

apologie. Vor allem liegt ihm daran, seine von dem Senatsbeschluß des 7. Januar

Milde und Friedensliebe hervorzuheben. Kenntnis hatte, anders als er selbst (bell.

Er will zeigen, daß er nur gezwungen civ. I 7) es darstellt. zu den Waffen gegriffen habe, und hat

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§40.) 245

keit Caesars, dem während des Vormarsches wiederholt Verstärkungen zu- gingen, störte die Mobihnaehung in Mittelitalien. Caesar besetzte Umbrien und Picenum; Unterhandlungen, die inzwischen angeknüpft wurden, hatten kein Ergebnis. Man verlangte von ihm, daß er die besetzten italischen Plätze aufgeben und in seine Provinz zurückgehen solle, wozu er sich nicht verstand. Denn dadurch hätten die Gegner Zeit für ihre Rüstungen gewonnen. Vielmehr nutzte Caesar seinen Vorsprung nach Kräften aus. In Corfinium^) versuchte L. Domitius den Caesar aufzuhalten, in der Hoffnung auf die Hilfe des Pompeius. Aber Pompeius setzte seinen Abzug fort, und Domitius, der sich auch von den eigenen Truppen, die zu Caesar übergingen, im Stich gelassen sah, hatte sein gewagtes Spiel verloren, Caesar setzte dem Pompeius bis Brundisium nach; er schlofs die Stadt ein, vermochte aber die Einschiffung des Gegners nicht zu verhindern. Am 17. März fuhr Pompeius mit dem letzten Truppentransport nach Illyrien hinüber. Das caesarianische Heer war seinem Führer treu geblieben; nur der tüchtigste seiner Legaten, T. Labienus, war gleich zu Beginn des Krieges auf die Seite des Pompeius getreten. Der rasche Erfolg gab ganz Italien in die Hand Caesars. Ein großer Teil der gegnerischen Truppen war gefangen genommen. Caesar reihte sie in sein Heer ein und unternahm selbst umfangreiche Aushebungen in Italien.^) Auch Sizilien und Sardinien konnten von den Pompeianern nicht behauptet werden. Die Provinz Sizilien war dem Cato zugefallen, wurde aber ohne Widerstand geräumt und in Caesars Auftrag von C. Scribonius Curio besetzt.^)

In Rom war das bei der Flucht der Magistrate eingetretene Justitium bereits aufgehoben, und noch ehe Caesar hier eintraf, fungierten einige Magistrate; auch ein Teil der Senatoren fand sich ein. Schon am 11. März w^urde ein Gesetz eingebracht,^) das den Transpadanern das Bürgerrecht verlieh. Caesar, der seine vornehmen Gefangenen ohne weiteres freiließ, hatte sich durch die Milde, die er übte, beliebt gemacht, während über den Drohungen der Pompeianer sogar deren Freunde Furcht vor ihrer sieg- reichen Wiederkehr beschlich. In Rom selbst stieß Caesar zunächst auf Schwierigkeiten; er brauchte Geld und wünschte dringend die Anerkennung des Senats; indes der Volkstribun L. Metellus protestierte und widersetzte sich der Öffnung des verschlossenen Ärars, bis er gewaltsam entfernt wurde. Der Senat beschloß eine Friedensgesandtschaft an Pompeius, die jedoch nicht zur Ausführung kam. Übrigens verweilte Caesar zur Erledigung der not- Avendigsten Geschäfte nur kurz (sechs bis sieben Tage) bei der Stadt, um sich dann mit den in Gallien gebliebenen Truppen gegen die kriegsgeübten Heere des Pompeius in Spanien zu wenden, sieben Legionen unter L. Afranius, M. Petreius und M. Terentius Varro. Unterwegs wurde er dadurch auf- gehalten, daß die Republik Massalia ihm die Tore verschloß und sich für neutral erklärte. Mit der Neutralität wollte Caesar sich nicht begnügen;^)

') G. Veith, Klio XIII, 1913. 1 ff. ab. Cicero ad Att. X 16, 3.

•-) Vgl. Cicero ad Att. IX 18, 4: A. v.Doma- ') Cicero ad Att. IX 1, 2. 12, 3. Mommsen,

szEWSKi, N. Heidelb. Jahrb. 4 (1Ö94) 1.57 ff. ; Ges. Sehr. I 184 ff.

^) Sardinien und Sizilien wurden erst °) Caesars Behauptung (bell. civ.I 34 ff.),

nach der Abreise Caesars von Rom be- die Massalioten hätten durch Verletzung

setzt. Cato fuhr am 23. April {= 3. März j der Neutralität, nämlich durch Aufnahme

des julianischen Kalenders) aus Syrakus des Domitius, den Angriff Caesars heraus-

246 Römische Geschichte.

er begann sogleicli mit drei Legionen die Belagerung, die er selbst über einen Monat lang leitete. Inzwischen waren seine Legaten in Spanien ein- gerückt, wo bei Ilerda (Lerida) nördlich vom Ebro sechs caesarianische Legionen fünf pompeianischen gegenüberlagen. ') Caesar bot nach seinem Eintreffen sofort die Schlacht an, erlitt aber eine Schlappe und geriet überdies durch Hochwasser infolge der Schneeschmelze in Bedrängnis. Aber bald wandte sich das Blatt, Caesar erhielt aus Gallien Reserven und Proviant, und die Pompeianer beschlossen den Rückzug nach Süden hinter den Ebro, ver- mochten jedoch den Flußübergang bei Octogesa nicht zu erreichen; Caesar holte sie ein und erzwang schließlich ihre Kapitulation (2. August 49 v.Chr.).-) Darauf mußte auch Varro, der im jenseitigen Spanien für Pompeius rüstete, sich ergeben. Die pompeianischen Truppen blieben, sow^eit sie nicht entlassen wurden, in Spanien, aber in Caesars Diensten. Nach Unterwerfung der spanischen Provinzen ^) eilte Caesar nach Italien zurück. Wieder vor Massalia angelangt, fand er die Stadt reif zur Übergabe ; seine Flotte hatte inzwischen die Massalioten zweimal besiegt und von der See abgeschnitten : auch zu Land hatten die Belagerer Fortschritte gemacht.^) Nun ergab sich die Stadt dem Caesar. Sie mußte Schiffe und Waffen ausliefern, eine Kontribution zahlen und eine Besatzung aufnehmen: sie verlor ihre Selbständigkeit und über- dies später den größten Teil ihres Gebiets; erst nach einiger Zeit wurde ihr die Freiheit wieder geschenkt.

In Afrika war den caesarianischen Waffen das Glück nicht hold. Dort hatte^ sich der Pompeianer P. Attius Varus festgesetzt, unterstützt vom nu- midischen König Juba. Curio fuhr im Sommer 49 v. Chr. mit zwei Legionen von Sizilien nach Afrika hinüber, um sich der Provinz zu bemächtigen. Seine Truppen, die früheren Pompeianer von Corfinium, waren unzuverlässig, und er hatte keine leichte Aufgabe. Gleichwohl war er anfangs siegreich und begann Utica zu belagern, mußte aber, als Juba mit starker Macht heran- zog, auf seine frühere befestigte Stellung zurückgehen. Er ließ sich dann verleiten, die Numider unter ungünstigen Umständen am Fluß Bagradas anzugreifen und fand mit seinem Heer den Untergang. Nur wenige ent- kamen, darunter C. AsiniusPollio, der nachmalige Historiker der Bürgerkriege. Inzwischen hatte Pompeius in Makedonien sein Hauptquartier auf- geschlagen. Thessalonike wurde Sitz des Senats, in Beroia befand sich das Heerlager; die Streitkräfte des ganzen Orients wurden ^dorthin entboten. Es kamen neun römische Legionen zusammen, dazu die zumeist berittenen Hilfstruppen der verbündeten Völker und Könige. Selbst der Gete Byrebistas stellte solche in Aussicht.-^) Von den Seestaaten des Ostens gestellt, sammelte sich eine große Flotte im adriatischen Meer, besetzte die epirotischen und

gefordert, ist wahrscheinlich eine absieht- treffen bei Ilerda in 40 Tagen vollzogen,

liehe Entstellung der Wahrheit. Domitius ■•) Der Bericht Caesars (bell. civ. 134 ff.

ist wohl erst in Massalia eingetroffen, nach- .56 ff. II 1 ff".) von der Belagerung Massalias

dem Caesar den Angriff schon eröffnet ist verfälscht. Vgl. Cassius Dio XLI 19. 25.

hatte. Sueton. Nero 2. i Beachtung verdient Lucanus (Pharsal. III

') R.Schneider. Ilerda, ein Beitrag zur j 300 ff.); einzelne Nachrichten bieten die

röm. Kriegsgeschichte, BerUn 1886. Scholien zu v.37ö.381.453.524. Vgl.FROEH-

^) Am 10. Juni des Julian. Kalenders. ') Nach Caesar bell. civ. II 32, 5 hat sich die Eroberung Spaniens nach seinem Ein-

NER. Benie archroJ. 3 me sf^r. 18 (ISm) 321 ff'. °) SIG ir ur. 702. Z. 32 ft'. Vgl. Cicero ad Att. IX 10, 3.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§40.) 247

illyrischen Küstenplätze und Inseln und vertrieb unter M. Octavius und L. Scribonius Libo die Caesarianer aus dem nördlichen Illyrien. Caesars Legaten P. Cornelius Dolabella und C. Antonius, konnten sich nicht be- haupten. Ersterer mußte weichen, und Antonius, der ihm zu Hilfe kam, wurde auf der Insel Schwarz-Korkyra (Curzola) eingeschlossen und mit fünfzehn Kohorten gefangen genommen. Der größte Teil der illyrischen Küste fiel den Pompeianern zu.

Caesar, der durch den Prätor M. Lepidus zum Diktator ernannt worden war, traf in Rom ein, wo er für das Jahr 48 v. Chr. sich selbst zusammen mit P. Servilius Isauricus zum Konsul wählen ließ. Daß er kein einseitiges Parteiwesen, sondern ein gerechtes Regiment des sozialen Ausgleichs an- strebte, zeigte er durch die besonnene Art, wie er den Geldmarkt und die Schuldverhältnisse regulierte. Viele Verbannte ließ er zurückrufen. Auch diesmal blieb er nur wenige Tage in Rom, dann legte er die Diktatur nieder und begab sich noch vor Ende 49 v. Chr. nach Brundisium. Unterhandlungen mit Pompeius zerschlugen sich. Obwohl die Flotte der Pompeianer die Adria beherrschte, war Caesar doch gesonnen, möglichst bald nach Makedonien überzusetzen, um einem Angriff des erstarkten Gegners auf Italien zuvor- zukommen. Er konnte sich auf sein schlagfertiges Heer verlassen, nachdem er kürzlich an der meuternden neunten Legion ein Exempel statuiert hatte. Pompeius dagegen hatte viel ungeübtes Rekrutenmaterial und war durch die Rücksicht auf seine vornehme Gefolgschaft gehemmt.

Am 6. November 49 v. Chr. i) schiffte sich Caesar mit sieben Legionen in Brundisium ein, 2) landete unbemerkt an den Akrokeraunien 3) südlich von Orikos und besetzte diesen Ort, sowie das benachbarte Apollonia; von hier marschierte er auf Dyrrhachion : aber dieses sein Arsenal konnte Pompeius rechtzeitig decken; beide Heere gingen südlich von Dyrrhachion am Apsus- fluß in Stellung, wo sie sich lange fast untätig gegenüberlagen. Caesar wartete mit Schmerzen auf den Rest seiner Truppen; aber die feindliche Flotte, die jetzt auf der Hut war, verhinderte die Überfahrt. Eine Abteilung, die Gabinius auf dem Landweg heranführen wollte, wurde von den Illyriern aufgerieben. Endlich glückte dem M. Antonius mit vier Legionen die Landung in der Nähe von Lissos und darauf die Vereinigung mit Caesar. Da Pompeius eine Feldschlacht ablehnte, so kam es zwischen Dyrrhachion und dem neuen Lager des Pompeius bei Asparagion zu einem großartigen Stellungskrieg, wobei Caesar versuchte, den Gegner durch ein System von Schanzlinien einzuschließen. Aber nach vielen kleineren Gefechten erlitt Caesar eine empfindliche Niederlage, die ihn zur Räumung seiner Linien zwang: er ging nach Apollonia zurück und wandte sich von hier nach Thessalien. Pompeius folgte. Auf das Drängen seiner Umgebung wagte Pompeius bei Pharsalos

^) Dieses Datum des julianisehen Kalen- ders entspricht dem 4. Januar des J. 706 der Stadt.

2) Über den illyrisch -makedonischen Feldzug vgl. Heuzey et Daümet, Mission ctfchf'oJogique de Macedoine 347 ff. (PI. H).

zug von Dyrrhachium zwischen Caesar und Pomp., Wien 1920. Über Orikos und Apollonia C. Patsch, Das Sandschak Berat in Albanien (Kais. Akad. d. Wiss. zviWien. Schriften d. Balkankommission. Antiquar. Abteil. III), Wien 1904.

L. Heuzey, Les Operations militaires de Jules ^) Bei Palaeste nach Lucan V 460. Bei

Cesai-, Paris 1886. Stoffel. Histoire de Jules \ Caesar bell. civ. III 6, 3 ist der Name -durch Craa;- 1, 349 ff. PI. 12 f. G.Yeith, Der Feld- j eine Textkorruptel entstellt.

248 Römische Geschichte.

die Schlacht (7. Juni 48 v, Chr.).') Das mehr als doppelt so starke Heer des Pompeius wurde völlig geschlagen.'-^) Der besiegte Feldherr floh über Mytilene zu Schiff nach Osten. Er dachte daran, sich nach Afrika oder zu den Parthem zu begeben, entschloß sich aber nach einigem Zaudern, bei dem König von Ägypten, dem Sohn seines Schützlings Ptolemaios Auletes, Zuflucht zu suchen. Aber bei der Landung in Pelusion wurde der un- gebetene Gast im Alter von 58 Jahren ^) auf Befehl des jungen Königs ermordet.

Caesar hatte sich nach dem Sieg sogleich zur Verfolgung des Pompeius aufgemacht und ging über den Hellespont zunächst nach Asien, wo er einige Zeit verweilte. Er nahm die Unterwerfung der Provinz entgegen und hat sie bei dieser Gelegenheit durch Verbesserung der Steuerverfassung entlastet.'*) Sowie er vernahm, wohin Pompeius sich gewandt hatte, eilte auch er nach Ägypten. Aber als er in Alexandrien eintraf, war sein Gegner schon eine Leiche. Caesar mischte sich in den ägyptischen Thronstreit ein.^) Ptolemaios Auletes, gestorben 51 v. Chr., hatte vier Kinder hinterlassen, zwei Söhne und zwei Töchter, und die beiden ältesten, Ptolemaios XIV und Kleopatra zu gemeinsamer Regierung als Thronerben eingesetzt.*^) Aber die beiden Ge- schwister hatten sich entzweit und Kleopatra war von den Alexandrinern ver- jagt worden. Caesar beanspruchte im Namen des römischen Volkes das Schieds- richteramt und benutzte die Gelegenheit zur Eintreibung einer alten Ehren- schuld des Ptolemaios Auletes (oben S. 230 Anm. 5). Überhaupt war er während des ganzen Krieges bestrebt, auch seine finanzielle Rüstung nach Möglich- keit zu verstärken. Den jungen König brachte er in seine Gewalt und nahm sich der vertriebenen Kleopatra an, die er heimlich nach Alexandrien zurück- rief; die pikante Levantinerin wußte den für weibliche Reize nicht unempfäng- lichen Römer für sich zu gewinnen. Die Alexandriner waren von Anfang an durch die Herrengeste, mit der Caesar sich über ihre Selbständigkeit hinwegsetzte, verletzt; die Rückführung der Kleopatra steigerte die Er- regung. Doch konnte Caesar, der nur wenige Truppen bei sich hatte, die Alexandriner dadurch beschwichtigen, daß er Ptolemaios und Kleopatra feierlich zu Königen Ägyptens proklamierte und zugleich dem jüngeren Ptolemaios und seiner Schwester Arsinoe die Insel Kypros zurückgab.'') Aber

') Es war der 9. Sextilis des unberieh- ] •') Vgl. Judeich, Caesar im Orient 57 tt".

tigten römischen Kalenders.

2) Über Ort und Verlauf der Schlacht vgl. außer den schon zit. Schriften Leake,

Heinr. Jung, Caesar in Ägyi>ten 48/47 v.Chr., Progr. d. Gymn. zu Mainz 1900. Der Be- richt Caesai-s (bell. civ. III 103 ff.) und seine

Travels in Northe?-n Grcece lY 4:70 fi'. Hevzey \ Fortsetzung im BeUum Alexandrhuun ist

a.a.O. 91 ff. Kkomayek, Antike Schlacht- retuschiert und muß durch Plutarch,

felder II 401 ff'. Appian, Cassius Dio und die liviani;

') Cass. Dio XLII .5. Velleius II 53, 3. sehe Überlieferung berichtigt und ergänzt

Nach Plutarch, Pomp. 79 hat er 59 Jahre werden.

erreicht. Auch der Todestag wird nicht *) Die beiden Geschwister wurden nach

übereinstimmend überliefert. Nach Vel- ägyptischer Sitte zugleich miteinander

leius starb er einen Tag vor seinem Ge- vermählt. Kleopatra, geb. 69 v. Chi-., war

burtstag, der auf den 29. September fiel älter als Ptolemaios, der damals erst drei-

(Plin. hist. nat. 37, 13), nach Plutarch einen zehn Jahre zählte. M. L. Strack, Die

Tag später, nach Cass. Dio am Geburts- Dynastie der Ptolemäer S. 210 f.

tag selbst. Vgl. Dkumann-Groebe III 470. ') Cass. Dio XLII 35, 5. Aus guten Grün-

*) Cass. Dio XLII 0, 3. Plut. Caes. 48. j den schweigt Caesar davon.

Ein Jahr später nach Appian bell. civ. II 92. j

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§40.) :249

die Partei des Ptolemaios ^ gab sich damit nicht zufrieden, sondern wollte den Römer aus Ag3'pten vertreiben. Das ptolemäische Heer unter Achillas rückte von Pelusion in Alexandrien ein, und Caesar, der auf die Königs- burg und ihre Umgebung beschränkt war und sich hier befestigte, mußte sich in täghchen Kämpfen mit den Feinden messen. Er hefs sogar die Kriegs- flotte und die Schiffshäuser in Brand stecken, damit sie nicht den Ale- xandrinern in die Hände fielen ; damals wurde auch die berühmte Bibliothek ein Raub der Flammen. Caesar beherrschte die See, und so konnten ihm Vorräte und einzelne Verstärkungen zugehen. Aber die Macht der Angreifer wuchs; Arsinoe entkam aus dem Palast und wurde zur Königin ausgerufen, durch sie wurde Achillas beseitigt und der Eunuch Ganymedes mit der Leitung des Krieges beauftragt; der neue Befehlshaber machte Caesar auch die See streitig. Caesars Versuch, die Insel Pharos zu nehmen, wurde mit schwerem Verlust zurückgeschlagen, wobei er selbst in Lebensgefahr geriet. Aber jetzt nahten die von Caesar aufgebotenen Kontingente; Mithridates von Pergamon, ein Sproß des galatischen Fürstenhauses, führte aus Kilikien und Syrien ein Heer heran und eroberte Pelusion. Nunmehr suchten die Alexandriner um Frieden nach, und Caesar entließ auf ihre Bitte den jungen Ptolemaios aus der Haft. Mit ihrem König an der Spitze zogen die Ale- xandriner dem Mithridates entgegen. Aber schon hatte sich Caesar mit seinem Bundesgenossen vereinigt; in einem Treffen am Nil erlagen ihm die Alexandriner. Ptolemaios ertrank auf der Flucht. Der Krieg war zu Ende. Alexandrien mußte sich dem Sieger ergeben (27. März 47 v. Chr.). 2) Kleopatra wurde mit ihrem jüngei-en Bruder Ptolemaios XV vermählt und als Herrscherin in Ägypten und Kypros anerkannt. Caesar verbrachte den Rest des Winters an ihrer Seite unter rauschenden Festen; sie gebar ihm später einen Sohn, den (Ptolemaios) Kaisarion. Ln Frühjahr 47 v. Chr. verließ Caesar nach im ganzen neunmonatlichem Aufenthalt das Nilland, um sich zunächst nach Vorderasien zu begeben. Die allzu ausgedehnte Schäferstunde Caesars mit Kleopatra war den Gegnern zustatten gekommen. Sie hatten sich erholt von der erschütternden Wirkung der Katastrophe des Pomj)eius.

Die Schlacht bei Pharsalos hatte nicht nur das Heer des Pompeius ver- nichtet, auch seine Flotte, die vorher die italischen und sizilischen Küsten beunruhigt hatte, zerfiel, die bundesgenössischen Kontingente kehrten meist in die Heimat zurück und nahmen die Partei des Siegers. Das Hauptquartier auf Korkyra, wohin sich nach der Niederlage ein Teil der Führer rettete, löste sich auf. Manche, darunter Cicero, machten ihren Frieden mit Caesar, die übrigen, wie Cato, Metellus Scipio, Afranius, Labienus, begaben sich auf die Flucht. Die nächste Folge war, daß die pompeianischen Erwerbungen in Illyrien wieder verloren gingen. M. Octavius hatte hier nach dem Sieg über Dolabella und C. Antonius im vorigen Jahr das Übergewicht erlangt, sich mit den Dalmatern verbündet und die Caesarianer auf wenige Plätze beschränkt. Nur mit Mühe behauptete sich Q. Cornificius, Caesars Quästor; Salona, wohin sich Gabinius geflüchtet hatte, wurde belagert. Nach dem Sieg bei Pharsalos aber kam in Caesars Auftrag P. Vatinius mit Heer und

') Der Eatgeber des jungen Königs war j '^) CIL I^ p. 314. Nach dem julianischen der Eunuche Potheinos. 1 Kalender am 15. Januar.

250 Römische Geschichte.

Flotte von Brundisium herüber, Octavius, von seinen Leuten im Stich ge- lassen, erlitt eine Niederlage und mußte mit dem Rest seiner Schiffe ab- ^iiehen, worauf die illyrischen Städte wieder an Caesar fielen; auch die dal- matischen Stämme wurden vorläufig gebändigt.') Griechenland hatte sich dem Legaten Caesars, Q. Fufius Calenus, ohne Widerstand gefügt; nur Megara muFste mit Sturm genommen und bestraft werden. Nach einiger Zeit räumten die Pompeianer auch Patrae. Schon hatten sie den ganzen Osten verloren; aber dafür setzten sie sich im Westen fest und Caesars ägyptisches Aben- teuer verschaffte ihnen eine willkommene Atempause.

Inzwischen nahm der bosporanische König Pharnakes, der Sohn des Mithridates von Pontos, das väterliche Reich wieder in Besitz. Er hatte schon vor der Schlacht bei Pharsalos, vielleicht im Einvernehmen mit Pom- peius, damit den Anfang gemacht und Sinope erobert; während des ale- xandrinischen Krieges holte er weiter aus: er besetzte Kleinarmenien und griff Kappadokien an. Cn. Domitius Calvinus, der als Caesars Legat Asien verwaltete, wurde von ihm bei Nikopolis in Kleinarmenien geschlagen: Pharnakes nahm Amisos und besetzte sogar Bithynien. Caesar war es seinem Prestige schuldig, zunächst mit Pharnakes abzurechnen; er verließ Ägypten und belohnte auf dem Durchzug durch die syrische Provinz die Verdienste, die man sich dort um ihn erworben hatte; damals wurde Hyrkanos als Hohepriester und Ethnarch der Juden anerkannt; gegen Mitte Juli befand sich Caesar in Antiochien,^) das er besonders auszeichnete. Pharnakes wollte Verhandlungen anknüpfen, denn mittlerweile hatte sich bei den Bosporanern sein Statthalter, Asandros, gegen ihn empört: aber Caesar rückte unauf- haltsam weiter und besiegte ihn am 2. August 47 v. Chr. 3) bei Zela. In fünf Tagen hatte Caesar den eigentlichen Feldzug beendet und so versteht man das berühmte veni, vidi, viel, mit dem er den raschen Erfolg einem seiner Getreuen nach Rom meldete. Pharnakes zog sich nach Sinope und von da an den Bosporos zurück, wo er bald darauf durch Asandros sein Ende fand.

Caesar begnügte sich mit einer vorläufigen Ordnung Kleinasiens, die er von dem bithynischen Nikaia aus vornahm. Mithridates von Pergamon er- hielt für seine wertvolle Hilfe außer einem Teil Galatiens die östlich an den Pontos grenzenden Bezirke, ein Stück von Kleinarmenien und den kimmeri- schen Bosporos mit dem Königstitel. Dann eilte Caesar nach dem unruhigen Rom, wo seine Anwesenheit dringend nötig war. Der Bürgerkrieg und die Wirren der Gegenwart hatten eine Geld- und Wirtschaftskrisis hervorgerufen. Schon Ende 49 v. Chr. hatte Caesar als Diktator durch gesetzliche Maßnahmen die Lasten der Schuldner und Mieter erleichtert. Nicht viel später (Anfang 48 V. Chr.) stellte der Prätor M. Caelius Rufus, ein enttäuschter Parteigänger Caesars, im Widerspruch mit seinen Kollegen den demagogischen Antrag, einen Zahlungsaufschub von sechs Jahren zu verordnen; die Rechtsprechung übte er einseitig im Interesse der Verschuldeten; er entfesselte dadurch

^) Die illyrischen Ereignisse sind un- : ^) Cicero ad Att. XI 20: nach juliani-

klar und widerspruchsvoll überliefert. ' schem Kalender Anfang Mai. wozu stimmt,

Schwierigkeiten macht vor allem der Be- daß nach antiochenischer Überlieferung

i'icht des Bellum Ah.randrimim 42 ff. Vgl. Caesar am 23. Artemisios (Mai) in Antio-

ZipPEL, Die röm. Herrschaft in lUyrien i chien einzog. Joh.Malalas p. 216 ed.Bonn.

205 ff. W. JüDEicH, Caesar im Orient 158. | ^) Am 21. Mai nach Julian. Eechnung.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§40.) 251

längere Unruhen, liis ihm der Konsul P. Servilius Isauricus, damals Caesars Vertreter, auf Beschluß des Senats die Amtsführung untersagte. Caelius trat dann in Verbindung mit Milo, der eigenmächtig aus der Verbannung zurück- kehrte und in Kampanien und Unteritalien einen Aufstand versuchte. Beide Gesinnungsgenossen nahmen ein gewaltsames Ende. Noch bedrohlicher ge- stalteten sich die Dinge im nächsten Jahr (47 v. Chr.); da die Wahlen bis auf Caesars Ankunft vertagt worden waren, so hatte Rom weder Konsuln noch Prätoren; als magister equituin Caesars, der Ende 48 v. Chr. zum zweiten- mal Diktator geworden war,^) vertrat M. Antonius die Staatsgewalt. Zu blutigen Bandenkämpfen führte der Gegensatz der Volkstribunen P.Cornelius Dolabella und L. Trebellius. Dolabella nahm nämlich die Sozialrevolutionären Bestrebungen des Caelius wieder auf. Antonius schritt mit den Waffen gegen Dolabella ein, ohne die Ruhe ganz herstellen zu können.

Der Einfluß der Pompeianer in den Nachbarprovinzen wirkte auch auf Rom und Italien, wo sie noch immer Sympathien besaßen. Einen zweifel- haften Besitz Caesars bildeten die beiden spanischen Provinzen, besonders die jenseitige, deren Besatzung aus vormals pompeianischen Truppen be- stand. Hier machte sich der caesarianische Statthalter Q. Cassius Longinus durch Härte und Willkür verhaßt. Als er im Jahr 48 zum Krieg gegen Juba nach Afrika übersetzen wollte, meuterte ein Teil der Truppen; Cassius wvu'de von den Aufständischen unter Führung seines Quästors in einer Bergstadt eingeschlossen; erst die Vermittlung des Statthalters der diesseitigen Provinz und die Ablösung des Cassius durch C. Trebonius (Anfang 47 v. Chr.) ent- spannte die Lage. Aber Cassius hatte die Sache Caesars schwer geschädigt. An einen Angriff auf Afrika von der spanischen Basis aus war nicht mehr zu denken und so konnten sich auf afrikanischem Boden ansehnliche Reste der pompeianischen Macht sammeln. Metellus Scipio, der Schwiegervater des Pompeius wurde als Oberbefehlshaber anerkannt; seine Gefährten waren die Söhne des Pompeius, Gnaeus und Sextus, sowie M. Petreius und T. Labien us. Zu ihnen gesellte sich auch Cato, der von Korkyra über Griechenland Kyrene und von dort auf dem Landweg die Provinz Afrika erreichte. In Utica bildete sich eine Art Senat. Während König Juba von Numidien die Pom- peianer unterstützte, schlugen sich die Könige von Mauretanien Bocchus und Bogud auf Caesars Seite, ebenso der alte Catilinarier P. Sittius, der sich seit 64 v. Chr. in Mauretanien als Freibeuter eine selbständige Macht geschaffen hatte. 2) Alles in allem aber war Afrika die Hochburg der Pom- peianer, die von hier aus Streifzüge gegen Sizilien und Sardinien unter- nahmen und sogar Italien zu bedrohen schienen.

Die Unruhe in Italien wurde durch die Haltung der caesarianischen Truppen gesteigert. Schon Ende 49 v. Chr. hatte Caesar eine Meuterei in Placentia in eigener Person unterdrücken müssen. Im Jahr 47 empörten sich die in Kampanien für den Feldzug nach Afrika versammelten Soldaten. Im Bewußtsein ihrer Unentbehrlichkeit verlangten sie stürmisch die ihnen ver- sprochenen Belohnungen und die Entlassung und wiesen jeden Beschwichti- gungsversuch zurück. Es war also hohe Zeit, daß Caesar zurückkehrte. Sep-

') Über den Zeitpunkt dieser zweiten t -) Mommsen, Ges. Sehr. Y 470 flf. Diktatur Caesars s.Drümann-Geoebe I404ff. 1

252 Römische Geschichte.

tember 47 v. Chr. traf er unvermutet früh in Italien ein. In Rom legten sich sofort die Unruhen; aber die Soldaten verharrten im Aufstand und rückten vor die Stadt. Mit einem einzigen Wort, mit der Anrede „Quiriten" („Zivilisten"), führte der Menschenkenner Caesar seine Kriegskameraden zum Gehorsam zurück. Die Ämter der Republik besetzte Caesar mit seinen Anhängern, wobei er die Zahl der Prätoren von acht auf zehn erhöhte. Der wirtschaftlichen Not sollte durch zeitweilige Beschränkung der Zins- und Mietzahlung und durch feste Einschätzung des immobilen Besitzes ge- steuert werden. Das Vermögen derjenigen Optimaten, die noch unter den Waffen standen, ließ Caesar einziehen. Aber er verschmähte Proskriptionen nach sullanischem Muster. Um die Pompeianer, die sich im Winter keines Angriffs versahen, zu überraschen, setzte Caesar noch vor Ablauf des Jahres nach Sizilien und von hier nach Afrika über.^)

Am 28. Dezember 47 v. Chr. 2) landete Caesar unerwartet an der afrika- nischen Küste nahe bei Hadrumetum (Susa) und schlug bei Ruspina (Monastir) sein Lager auf, wo ihm sein einstiger Legat Labienus eine empfindliche Niederlage beibrachte; durch die überlegene Zahl seiner Gegner, besonders durch die starke Reiterei, sah er sich in die Defensive gedrängt: seine Stellung bei Ruspina baute er zur unangreifbaren Festung aus. Zum Glück für Caesar wurden die numidischen Streitkräfte teilweise durch Sittius ge- bunden. Nachdem Caesar weitere Truppen an sich gezogen hatte, entschloß er sich zu offensivem Voi'gehen; aber vor Uzita entwickelte sich ein neuer Positionskrieg, den Caesar schließlich abbrach, um weiter nach Süden vor- zustoßen; als er gegen Thysdrus nichts auszurichten vermochte, kehrte er wieder um und bedrohte nun die Seefeste Thapsus, die Scipio zu decken suchte. Hier erzwang er, des vorsichtigen Operierens müde, mit kühnem Wagemut die Entscheidung, die am 6. April 46 v. Chr. 2) fiel. Die Pompeianer, unter denen die erbitterten Legionare Caesars ein furchtbares Blutbad an- richteten, wurden vernichtend geschlagen. Ungefähr gleichzeitig hatte P. Sittius den König Juba besiegt und Numidien gewonnen. Juba kam auf der Flucht mit Petreius nach Zama (Regia); da sie keinen Einlaß fanden, gaben sie sich im Zweikampf den Tod; andere Pompeianer, wie Metellus Scipio und Afranius, fielen dem Sittius in die Hände. Alle Gemeinden der Provinz ergaben sich dem Sieger, auch Utica. Cato, der Kommandant von Utica, bemühte sich aufopfernd um die Rettung seiner Parteifreunde und ging dann freiwillig in den Tod, um die Republik nicht überleben zu müssen. Der Sieger Caesar räumte unter seinen Gegnern gründlich auf; die Zeit der be- rechnenden Milde war vorbei, viele angesehene Gefangene mußten sterben und wenn Caesar auch nicht zu Proskriptionen schritt, so war doch die Zahl seiner Opfer groß. Jubas Königreich wurde als Africa nova zur Provinz gemacht. Am 13. Juni (15. April jul.) schiffte sich Caesar von Utica nach Sardinien ein. Am 25. Juli (26. Mai jul.) traf er vor den Toren Roms ein. Ein pomphafter, vierfacher Triumph über Gallien, Ägypten, Pharnakes und Juba beschloß den Krieg. In diesem Triumph wurde auch Vercingetorix

*) Über den afrikanischen Krieg s. G. j '-) Am 12. Oktober Julian. Zählung. Veith in Keomayebs Ant. Schlachtf. III 2, ' ^) 7. Julian. Februar. 1912, 761 ff.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§41.) 253

aufgeführt und dann getötet. Caesar, der seine Veteranen entließ und be- lohnte, konnte sich als Alleinherrscher betrachten; er begründete gleich nach seiner Ankunft in einer Rede an das Volk den Anspruch, den er auf die Leitung des Staates erhob.

41. Caesars Diktatur. Die monarchische Gewalt, die sich Caesar er- obert hatte, übte er teils als Inhaber des Konsulats,^) teils unter dem Titel eines Diktators aus. Caesar, der schon in den Jahren 49 und 48 v. Chr. die Diktatur übernommen hatte, wurde nach dem Sieg bei Thapsus im Jahr 46 zum Diktator auf zehn Jahre ernannt, dann im Jahr 44 auf Lebenszeit. 2) Er begann jetzt eine umfassende gesetzgeberische Tätigkeit, die den Bedürf- nissen des Staates und seinen eigenen politischen Literessen entsprach. Zu- nächst versorgte er die große Menge seiner Veteranen er hatte sein Heer im Krieg bis auf 52 Legionen gebracht 3) mit Land: nicht nur nach Italien, sondern auch in alle Provinzen gingen seine Kolonisten, nach Spanien, Südgallien, *) Makedonien, Asien und Afrika. Es wurden gegen 80000 Bürger über See geschickt; Korinth und Karthago, Arelate und Arausio, vielleicht auch das pontische Herakleia und Lampsakos wurden durch Caesar besiedelt. Um den Zustrom arbeitsscheuen Gesindels nach Rom einzudämmen, fixierte er die Zahl der zum unentgeltlichen Getreideempfang auf Staatskosten Berechtigten statt der 320000, die er antraf, auf 150000. Zugleich wurden die von Clodius 58 v. Chr. geschaffenen Vereine der Plebs, die unter religiös-sozialem Deckmantel den bedenklichsten politischen Zwecken dienten, aufgehoben.

Zur Erleichterung der Geschäftsführung und auch um eine größere Zahl seiner Anhänger zu befördern, hat Caesar die Beamten und die Priester erheblich vermehrt, die Quästoren von zwanzig auf vierzig, die Adilen von vier auf sechs, die Prätoren von acht auf zehn, vierzehn und sechzehn. Der Senat wurde auf etwa neunhundert Mitglieder gebracht; Caesar machte viele neue Männer, viele seiner alten Soldaten zu Senatoren. Die zusammen- geschrumpfte Zahl der Patrizier wurde aus den Reihen der Plebejer auf Grund eines besonderen Gesetzes ergänzt. Die Dauer der Provinzialstatt- halterschaften wurde gesetzlich beschränkt, die Zahl der Provinzen ver- mehrt.^) Ein Luxusgesetz {lex sinnptuaria) schritt gegen übermäßigen Auf- wand ein, die Kriminalgesetzgebung und Gerichtsverfassung wurden ver- bessert, die Gerichte zwischen Senat und Ritterstand geteilt; die Arar- tribunen schieden aus. Erhalten ist noch die Städteordnung für Italien, die lex lulia niunicipcdis.'^) Ein großes Verdienst erwarb sich Caesar durch seine Reform des Kalenders, der durch unterlassene Schaltungen verwirrt war. Caesar rezipierte das ägyptische Sonnenjahr unter Beseitigung des Schalt- monats. Wie groß die Verwirrung geworden war, zeigt der Umstand, daß

') Das Konsulat bekleidete er im ganzen ^) Mommsen, Ges. Sehr. IV 169 fF.

fünfmal, in den J. 59, 48, 46, 45. 44 v. Chr,

■') Mommsen, Eöm. Staatsr. II 703 f. CIL I^ 40 f. Deumänn-Gkoebe III 785 ff.

^) A. V. DoMASzEwsKi, Neue Heidelberger Jahrb. 4 (1894) 157 ff. _ ■*) Wo das eingezogene Gebiet der Massa- i Mommsek, Ges. Sehr. I 194 ff. lioten zur Verfügung stand.

. «) CIL 12593, Bküns' nr.l8, ILSIInr.6085. Ähnlicher Art ist die ebenfalls noch von Caesar herrührende Verfassung der Ko- lonie L^rso in Südspanieu, die lex coloniae Geuetivae luliae. CIL I- 594. ILS nr. 60S7.

254 Römische Geschichte.

im Übergangsjahr 46 v. Chr. (708 der Stadt) nicht weniger als neunzig Tage eingeschoben werden mußten. i)

Caesar entfaltete eine Tätigkeit von staunenswerter Vielseitigkeit und bewährte seine gewaltige Arbeitskraft; das ganze so lange vernachlässigte Gebiet der öffentlichen Wohlfahrt zog er in den Bereich seiner Entwürfe, wobei er kein Vorurteil schonte und nur das Zweckmäßige erstrebte. Er erweiterte und verschönerte die Stadt: ein Forum, ein Theater, eine Bibliothek und andere öffentliche Gebäude waren unter seinen Plänen, weiter die Regu- lierung des Tiber, der Ausbau des Hafens von Ostia, die Trockenlegung der pomptinischen Sümpfe und des Fucinersees, der Durchstich des Isthmos von Korinth. Caesar brach mit dem traditionellen, aber in vielem überholten und rückständigen Altrömertum und drängte das öffentliche und kulturelle Leben energisch weiter auf der Bahn des Hellenismus. Über seiner um- fassenden Regententätigkeit fand der Unermüdliche auch noch Zeit und Spannkraft zu schriftstellerischer Betätigung, ^j

Indes waren Ruhe und Friede noch nicht überall im römischen Reich eingekehrt. Zur Zeit des afrikanischen Krieges brachte in Syrien der Pom- peianer Q. Caecilius Bassus, ermutigt durch die Nachrichten von Caesars Bedrängnis in Afi'ika, von Tyros aus die Legionen zum Abfall, tötete den Statthalter Sex. Caesar, einen Verwandten des Diktators, und besetzte Apameia, wo er sich zunächst mit arabischer und parthischer Hilfe erfolg- reich behauptete, dann aber von Caesars Truppen unter Q. Marcius Crispus und L. Staius Murcus eingeschlossen und belagert wurde. ^) Ernstlicher waren die Unruhen in Spanien, wo Pomj)eius von jeher viele Anhänger besessen hatte. Die Trupj^en in der jenseitigen Provinz setzten sich mit den Pom- peianern in Afrika in Verbindung, und von da wurden Cn. und Sex. Pompeius nach Spanien geschickt. Sie besetzten zunächst die Balearen und gingen nach der Schlacht bei Thapsus auf das Festland hinüber, Labienus, Attius Varus und andere Flüchtlinge des afrikanischen Heeres stießen zu ihnen. Sie fanden Zulauf; der Statthalter C. Trebonius wurde vertrieben, Lusitaner und Keltiberer schlössen sich ihnen an, und sie brachten ein großes Heer zusammen. Die Legaten Caesars, Q. Fabius Maximus und Q. Pedius, waren nicht imstande, sie zu überwältigen; nur die Flotte unter C. Didius war siegreich. So entschloß sich Caesar Ende 46 v. Chr. mit seinen Kerntruppen selbst nach Sj)anien zu gehen. Im Dezember nach siebenundzwanzigtägiger Reise langte er an der Grenze der Baetica an. Nach längeren winterlichen Kämpfen, die sich vornehmlich um das zu den Feinden übergegangene Corduba und die Nachbarstädte drehten, zwang Caesar durch einen Angrijßf auf Munda die Gegner zur Schlacht. Nach hartem Kampf wurden die drei- zehn Legionen der Pompeianer von den acht caesarianischen geschlagen (17. März 45 v. Chr.).^) Corduba wurde gleich darauf erobert und ebenso die übrigen Plätze der Pompeianer. Cn. Pompeius wurde auf der Flucht er-

^) Vgl. Drümanx-Geoebe III 755 fF. -) Abgesehen von den unvollendeten Kommentarien de hello civiU und C4edichten

3) Cass. Dio XLVII 26 f. Appian III 77 f. IV 58 f. Josephus bell. Jud. I 216: Ant. Jud. XIV 268. Strabo XVI 752 f. Cicero

verfaßte er damals den Anticato als Gegen- ad fam. XII 17 u. 18: ad Att. XIV 9, 3. schriftaufCicerosLobschrift aufCato. Vgl. j *) A.Klotz, Die Schlacht von Munda, Caesars fragm. p. 762 Nipp., p. 145 Kübler. ! Neue Jahrbb. 23, 1909, 560 ff.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Repiiblik (28 v. Chr.). (,§41.) 255

griffen und getötet: auch Labienus und Attius Varus fanden damals ihr Ende. Sex. Pompeius dagegen entkam in das nördhche Spanien, wo er bald wieder sein Banner aufpflanzte. Nach dem Sieg verweilte Caesar noch einige Monate in Spanien, erschien im September wieder vor Rom und feierte dann nochmals einen Triumph (Oktober 45 v. Chr.). i)

Der neue Sieg vollendete Caesars monarchische Stellung. Der Senat, der schon nach Pharsalos und Thapsus mit Auszeichnungen nicht gekargt hatte, überbot sich in Huldigungen vor dem allmächtigen Diktator. Man bewilhgte ihm äußere Abzeichen seiner Hoheit, wie das Triumphalgewand, den Lorbeerkranz, den goldenen Amtsstuhl. Zu diesen irdischen Ehren traten göttliche: 2) die Statue Caesars wurde unter die Götterbilder eingereiht, er selbst als Hypostase des obersten Staatsgottes, als Jupj)iter Julius, gefeiert; man gewöhnte sich beim Genius Caesars zu schwören. Sein Geburtsmonat, der Quinctilis, erhielt nach ihm den Namen Julius. Die Magistrate legten beim Amtsantritt den Eid auf Caesar und seine Verordnungen ab. Caesar genoß den Schutz der tribunizischen Unverletzlichkeit, Als ständiger Im- perator führte er den Oberbefehl über das gesamte Heer. Für die Besetzung der Ämter war sein Vorschlagsrecht von Bedeutung. 3) Auch über die Staats- kasse hatte er allein zu verfügen und auf Münzen erschien sein Porträt. Kurz, der absolute Monarch war fertig bis auf den Titel eines solchen, mochte die Vogelstrauiapolitik des Senats den Caesar auch als „Befreier'' bezeichnen und der Libertas einen Tempel weihen.^) Neben den Reformen und Kolonisationen beschäftigten den Diktator die auswärtigen Angelegen- heiten. Rom hatte damals mit zwei Feinden abzurechnen, den Geten und den Parthern. Die ersteren hatten ihre Herrschaft über Thrakien ausgedehnt und beunruhigten die Provinzen Makedonien und lUyrien schon seit längerem (oben S. 215); daher rüstete Caesar gegen sie; aber um diese Zeit°) wurde, so scheint es, Byrebistas ermordet, und nach seinem Tod zerfiel das getische Einheitsreich. Die Geten bedeuteten jetzt keine unmittelbare Gefahr mehr. 6) Den Revanchekrieg gegen die Parther betrachtete Caesar als eine Ehren- pflicht, der er sich nicht entziehen durfte. In Makedonien und Griechen- land sammelten sich sechzehn Legionen und 10000 Reiter für den Krieg, dessen Dauer auf drei Jahre veranschlagt war; für diese Zeit wurden die wichtigeren Magistrate in Rom im voraus bestimmt. Aber kurz vor der Ausre'ise, am 15. März 44 v. Chr., wurde der ungekrönte Monarch in der Kurie des Pompeius von den Dolchen seiner fanatischen Gegner getroffen.

Die Mörder gehörten einer Verschwörung an, die sich im Schoß des Senats gebildet hatte. Der Senat war von Caesar seiner bisherigen Macht- stellung entkleidet worden und empfand diese Depossedierung um so schmerz- licher,^) als Caesar sich auch in der Form immer unverhüllter als Herrscher gebärdete. Er ließ gelegentlich die dem Senat gebührende Rücksicht außer Acht, während er Respektwidrigkeiten gegen seine eigene Person streng

') Velleius II 56, 3.

-) Vgl. A. V. DoMAszEWSKi, Abhandlgg. zur röm. Eeligion. 1909, 193 ff. H. Heinen, KlioXI, 1911. 129 ff.

3) Suet. Jul. 41, 2.

*) Cass. Dio 43, 44. 1.

») Strabo VII 298. 304.

''j Vielleicht haben sie um Frieden ge- beten. Vgl. Niese, Zeitschr. f. deutsches Altert. 42. 1-56 ff.

') Die Stiniuiuug der Optimatenkreise spiegelt sich in Ciceros Korrespondenz.

256 Römische Geschichte.

ahndete. 1) Bei aller Milde und Nachsicht gegen seine Freunde erlag Caesar doch mitunter den Wallungen seines leidenschaftlichen Temperaments und Widerspruch vermochte er nicht zu ertragen. Mit der Verfassung, namentlich mit den Ämtern, schaltete er nach Willkür und ohne Rücksicht auf das Her- konunen.''^) Schon spielten seine Anhänger mit dem von ihm gutgeheißenen Plan, ihn zum König auszurufen; am 20. Januar 44 v. Chr. bei der Rück- kehr vom Albanerberg wurde er in Zurufen aus der Menge zum erstenmal als solcher begrüßt. Die schwerlich grundlosen Gerüchte, daß Caesar Ale- xandrien oder Ilion zum Mittelpunkt seines hellenistisch- römischen Welt- reichs zu machen gedenke, trugen zur Beunruhigung der in ihrem Vorrang bedrohten Hauptstadt bei.-^)

Auch unter den Caesarianern gab es Enttäuschte und Unzufriedene. Aber nur aus idealistischen Beweggründen können alte Waff'engefährten Caesars wie C. Trebonius und D. Junius Brutus Albinus,*) denen ihr Herr und Meister alle Wünsche erfüllte, sich der von dem Pompeianer C. Cassius Longinus, dem „letzten Römer", angezettelten Verschwörung angeschlossen haben. Für den von ihm als Akt legitimistischer Notwehr aufgefaßten Tyrannenmord ließ sich auch M. Junius Brutus gewinnen, der angebliche Nachkomme des mythischen Stifters der Republik, ein Neffe Catos und Freund Ciceros, zu dem er in literarischen Beziehungen stand. Dieser hochangesehene Republi- kaner war nach Pharsalos zu Caesar übergegangen, der ihm seine Zuneigung schenkte.^) Im ganzen wußten etwa sechzig Senatoren um das Komplott, das nach längerem Hin und Her an den Iden des März 44 v, Chr. zur Aus- führung kam in einer Senatssitzung, in der die Königsfrage hätte entschieden werden sollen. Cassius und Brutus, die als Prätoren hierzu hätten Stellung nehmen müssen, konnten die Aktion nicht mehr verzögern.

42. Die Parteien nacli Caesars Tod. Der mutinensische Krieg.«) Caesars Amt war rein persönlich, von einer Succession konnte staatsrechtlich keine Rede sein, für den Fall seines Todes hat er keine Vorkehrung ge- troffen: mit seinem Leben war also auch seine Monarchie zu Ende. So

') So an dem Volkstribunen Pontius Aquila und etwas später an Epidius Ma- rullus und Caesetius Flavus.

^) Böse Zungen behaupteten, er sei ein natürlicher Sohn Caesars, des Freundes seiner Mutter Servilia. Durch Adoption

Sueton Jul. 76. i erhielt Brutus den offiziellen Namen <^.

^) Suet. Jul. 79, 3. Wer mit Niese diese Gerüchte als „abenteuerlich" abtut und in den Caesar zugeschriebenen Eroberungs- plänen im Orient (Plut. Caes. 58. comp. Dion. et Brut. 4. Nicol. Dam. vita Caes. 26 FHG III p. 446) nichts als nachträglich

Caepio Brutus (Cicero, Phil. 10. 25. IG VII 383; vgl. F. Münzer, Rom. Adelsparteien 336 ff.). Dkumann-Groebe IV 21 ff.. Gel- ZEK, PW X 973 ff.

^) Unter den Quellen haben die Briefe Ciceros und seine philippischen Reden als

aus dem Vergleich mit Alexander d. Gr. zeitgenössische Dokumente den höchsten

herausgesponnene „Phantasien" erblickt, Wert. Gutes Material enthalten ferner

verkennt das Wesen von Caesars Monar- die Reste der Biographie des Augustus_von

chie, die „ihrer Idee nach die Wieder- ! Nikolaos von Damaskos (FHG III 427 ff.),

aufnähme und volle Durchführung der j ebenso Plutarch im Cicero, Brutus und

Weltmonarchie Alexanders" ist und deren ' Antonius. Die anderen Historiker, in-

Voraussetzung und Rechtfertigung" eben i Sonderheit Appian und Cassius Dio müssen

die „Welteroberung" bildet (Ed. Meyer, i streng geprüft werden; namentlich bei

Caesars Monarchie 466 ff"., 513 f.). j Appian finden sich neben wertvollen

*) B.C. BoiivvTtA^T, Decinms Junius Bru- Nachrichten Verschiebungen und Ent-

ius, a hlstorical stndij. Diss. universal/ of \ Stellungen. Vgl. Ed. Schwartz, Hermes

Chicago, 1907. " i 33, 1898, 185 ff.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§42.) 257

folgte auf seinen Tod zunächst allgemeine Verwirrung, bis zwei Tage später, am 17. März, nach einer Senatssitzung im Tempel der Tellus zwischen den Caesarmördern, auf deren Seite sich die Mehrheit des Senats stellte, und den caesarianischen Machthabern, dem Konsul M. Antonius und M. Aemilius Lepidus, dem magister equitum Caesars, i) und ihrem Anhang, der Plebs, den Veteranen und Kolonisten Caesars, die zahlreich in der Stadt anwesend waren, ein Ausgleich zustande kam. Antonius brachte, nachdem die Lage sich geklärt hatte, das Heft in seine Hand, setzte sich in den Besitz des Schatzes und der Papiere Caesars und spielte den Vermittler zwischen den rachedurstigen Caesarianern und den Verschwörern, die Caesar als Tyrannen brandmarkten und seine Anordnungen kassiert wässen wollten. Die Mörder wurden amnestiert und in ihren Amtern bestätigt, zugleich wurden aber auch die Anordnungen Caesars en bloc für gültig erklärt mit Einschluß des Testaments und se;ner noch unveröffentlichten Verfügungen; ein Begräbnis auf Staatskosten wurde für ihn beschlossen. Lepidus, der als Vertreter der extremen Caesarianer der Versöhnung eine Zeitlang Aviderstrebte, ließ sich durch die bald verwirklichte Aussicht, an Caesars Stelle Pontifex maximus zu werden, beschwichtigen. Indes bei der Beisetzung des Ermordeten, dem der Konsul Antonius die Leichenrede hielt, entlud sich der von dem Redner geschickt geschürte Haß gegen die Attentäter in tumultuarischen Szenen: die Leiche wurde auf dem Forum verbrannt und bestattet. Weitere Un- ruhen folgten, und die Verschworenen sahen sich genötigt, Rom zu verlassen; einige begaben sich in die ihnen zugeteilten Provinzen, D. Brutus ins cis- alpinische Gallien, C. Trebonius nach Asien, M. Brutus und Cassius hielten sich als beurlaubte Prätoren in der Nähe Roms auf; Antonius konnte in Rom nach Belieben schalten und walten.

Der Konsul Antonius war vor allem bestrebt, seine eigene Zukunft zu sichern. Als Kollegen ließ er sich nunmehr seinen bisherigen Gegner, den Eidam Ciceros, P. Cornelius Dolabella, gefallen, den Caesar als seinen Ersatz- mann im Konsulat in Aussicht genommen hatte. Gemeinsam verfügten die beiden über den Schatz und die politischen Papiere Caesars. Antonius suchte Fiihlung mit dem Senat, ja sogar mit Brutus und Cassius. Die Umtriebe eines angeblichen Enkels des Marius, der sich unter starkem Zulauf zum Rächer Caesars aufwarf und dem Toten auf dem Forum einen Altar er- richtete, wurden von Antonius niedergeschlagen, der Betrüger hingerichtet. Unter Vermittlung des Lepidus, dem das diesseitige Spanien zugewiesen war, knüpfte Antonius Unterhandlungen mit Sex. Pompeius an; nach Cae- sars Tod hatte nämlich Sex. Pompeius im jenseitigen Spanien den offenen Krieg wieder aufgenommen und den caesarianischen Statthalter Asinius Pollio geschlagen. Jetzt verhieß ihm Antonius durch Lepidus die Erlaubnis zur Rückkehr nach Italien, sowie Vermögensentschädigung. Dem juristischen Erben Caesars dagegen, dem jungen Oktavian, zeigte er die kalte Schulter. Dem Antonius lag vor allem daran, sich eine Provinz und ein Heer zu verschaffen. Er ließ also Anfang Juni 44 durch Volksbeschluß sich selbst die beiden gallischen Provinzen (mit Ausnahme der Narbonensis) und seinem

') Das Amt des magister equttnm erlosch eigentlich automatisch mit dem Tod des Diktators.

Handbuch der klass. Altertuniswissensehaft. III, 5. 5. Aufl. 17

258 Römische Geschichte.

Kollegen Dolabella Syrien und den Partherkrieg bewilligen, beides auf fünf Jahre mit prokonsularischeni Imperium und den erforderlichen Truppen. i) Noch vor Ablauf ihres Amtsjahres gedachten die Konsuln, ihr neues Kom- mando anzutreten, und da Antonius von dem derzeitigen Inhaber des dies- seitigen Galliens, D. Brutus, Widerstand zu gewärtigen hatte, so ließ er die ihm bewilligten Legionen aus Makedonien nach Italien kommen, wo sie Anfang Oktober in Brundisium landeten. Antonius hat als Konsul eine Anzahl Gesetze veranlaßt, so Acker- und Kolonialgesetze, sowie ein Richter- gesetz. Gesetzlich festgelegt wurde auch die Abschaffung der Diktatur für ewige Zeiten. An seinen beiden Brüdern, dem Prätor Gaius, dem Volks- tribunen Lucius Antonius, hatte der Konsul Marcus nützliche Gehilfen.

M. Brutus und Cassius waren in der Nähe Roms geblieben; in die Stadt zurückzukehren, hielten sie nicht für rätlich; die zunächst wenigstens äußer- lich freundliche Haltung dem Antonius gegenüber schlug bei ihnen und ihren Gesinnungsgenossen ins Gegenteil um, sobald dessen Absichten zutage traten. Als Provinzen wurde dem Brutus Kreta, dem Cassius wahrscheinlich Cyrenaica für das nächste Jahr (43 v. Chr.) zugewiesen. 2) Einstweilen übertrug ihnen der Senat (5. Juni) für das laufende Amtsjahr unter anderem die Getreide- besorgung in Asien und Sizilien. Aber sie hatten keine Lust, sich diesem wenig ehrenvollen Geschäft zu unterziehen, sondern beschlossen im Ein- vernehmen mit ihren Freunden, die Pläne des Antonius zu durchkreuzen, dem Dolabella zuvorzukommen und sich im Orient festzusetzen. Nach den nötigen Vorbereitungen gingen sie im September, um die Zeit, da die Truppen aus Makedonien erwartet wurden, nacheinander in den Osten ab.

Aber zwischen die Mörder des Diktators und seinen einstigen Marschall Antonius schob sich als dritte Macht der Erbe Caesars, der neunzehnjährige C. Octavius.^) Als Sohn des gleichnamigen Vaters und der Atia, der Schwester- tochter Caesars, war er der nächste männliche Verwandte des Diktators, den er schon 45 v, Chr. nach Spanien begleitet hatte und an dessen Seite er auch den parthischen Feldzug hätte mitmachen sollen. Caesar hatte ihn zu weiterer Avissenschaftlicher und militärischer Ausbildung nach Apollonia in Illyrien vorausgeschickt. Auf die Nachricht von dem Attentat kehrte er alsbald nach Italien zurück, wo er erfuhr, daß der Großoheim ihn in seinem Testament adoptiert und ihm die freilich mit Legaten an die römischen Bürger schwer belastete Erbschaft seines großen Vermögens vermacht hatte. Er entschloß sich, dieses Erbe mit allen seinen Rechten und Pflichten an- zutreten und nannte sich nun nach seinem Adoptivvater C. Julius C. f. Caesar, Caesar den Sohn.*) Der frühreife Jüngling hat mit bewundernswerter Energie und Geschicklichkeit die schwere Aufgabe in Angriff genommen, vor die er sich plötzlich gestellt sah. Er hatte wahrlich keinen leichten Stand. Antonius begegnete dem unwillkommenen Rivalen mit kaum verhüllter Feindseligkeit; Vermittlungsversuche, die gemeinsame Freunde machten,

') Vorher war dem Antonius Makedonien köpf, Hermes 47, 1912, 321 ff., bes. 357 flf. zugewiesen worden; die lex de permiifa- 2) Vgl. Sternkopf a. a. 0. 381 ff. fione provinciarum (Livius per. 117), die den ^) Geboren am 28. September 63 v. Chr. Tausch mit den gallischen Provinzen ver- ■*) Oetavianus hat er sich selbst nie ge- fügte, ist identisch mit dem im Text er- nannt. Doch haben ihn schon die Zeit- wähnten Volksbeschluß; vgl. W. Stern- genossen gelegentlich so bezeichnet.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§42.) 259

führten zu keinem Ergebnis; die caesai'ianische Partei trennte sich also in zwei Lager. Als sich am 9. Oktober 44 v. Chr.i) Antonius nach Brundisium begab, um die makedonischen Legionen zu übernehmen, hielt es auch Oktavian für geboten, sich eine bewaffnete Macht zu sichern, wozu er als Privatmann freilich nicht befugt war. Um die Wette warben die beiden namentlich unter den von Caesar angesiedelten Veteranen ; Oktavian hatte das Glück, mit Hilfe seiner Freunde-) eine persönliche Garde zusammenzubringen und sogar dem Antonius zwei Legionen und andere Truppen auszuspannen. Damit war ein militärisches Gegengewicht gegen Antonius geschaffen und nun konnte die Mehrheit des Senats gegen den Konsul auftreten, der nach vorübergehendem Aufenthalt in Eom die Hauptstadt Ende November oder Anfang Dezember verließ, um sich des cisalpinischen Galliens zu bemächtigen. Der Wortführer der republikanischen Senatspartei, der Feinde des Antonius, war Cicero. Er hatte bereits vor Antonius nach Griechenland flüchten wollen, war aber unterwegs bei Ehegion umgekehrt, als er hörte, daß Antonius auf Schwierigkeiten stieß. Er eröffnete den parlamentarischen Kampf gegen den Konsul schon am 2. September mit der ersten philippischen Rede und stellte seine Beredsamkeit ganz in den Dienst seines Hasses; 3) er hat den Verlauf der Dinge nicht unwesentlich beeinflußt. Indem er den „Knaben" Oktavian gegen Antonius auszuspielen suchte, merkte er zunächst nicht, daß er selbst für diesen geborenen Politiker und Diplomaten nur ein Stein in dessen Brettspiel war.

Antonius konnte seine Provinz nicht ganz in Besitz nehmen. D. Brutus, vom Senat ermutigt, leistete Widerstand und setzte sich in Mutina fest, wo er von Antonius belagert wurde. In Rom schritt man zu seiner Befreiung. Mit dem Antritt der neuen Konsuln, der Caesarianer A. Hirtius und C. Vibius Pansa (1. Januar 43 v. Chr.), v/ar im Senat das Übergewicht der Gegner des Antonius gesichert, vermittelnde Vorschläge des Antonius wurden abgelehnt, und man beschloß, gegen ihn mit Gewalt vorzugehen. Doch konnten es Cicero und Genossen nicht durchsetzen, daß der letzte Schritt getan und Antonius zum Feind erklärt wurde; denn dieser hatte noch immer Anhang im Volk wie im Senat, wo Q. Fufius Calenus und andere seine Sache gegen Cicero vertraten. Aber der Krieg mußte beginnen. Oktavian, dem prä- torisches Kommando und konsularischer Rang und damit die Legitimierung seiner widerrechtlichen Werbungen vom Senat zuerkannt war (7. Januar), und der Konsul Hirtius marschierten aus; von Spanien und Gallien wurden die dortigen Statthalter, M. LejDidus, C. Asinius Pollio und L. Munatius Plauens ebenfalls gegen Antonius aufgeboten. Dieser war zuerst im Vor- teil, als aber Pansa dem Oktavian und Hirtius zu Hilfe kam, wandte sich das Blatt. Antonius griff den heranrückenden Pansa am Iq». April bei Forum Gallorum^) an, ehe er sich mit Hirtius vereinigt hatte, und schlug

') Cic. ad fam. XII 23, 2. v. Chr., die 6. am 4. Januar, die übrigen

2) Es werden hier M. Vii^sanius Agrippa in der folgenden Zeit, und zwar die 10.

und C. Maecenas zuerst genannt. vor der Abreise des Pansa um den 1. März,

^) Von den philippischen Reden Ciceros die 14. und letzte wenige Tage nach dem

ist die 2. eine Streitschrift in Form einer Treffen bei Forum Gallorum (15. April)

Rede, die 3. und 4. sind am 20. Dezember •*) Cic. ad fam. X 30. Der Ort ist an der

44 V. Chr. gehalten, die 5. am 1. .Januar 43 via Aemilia nicht weit von Mutina gelegen.

17*

260 Römische Geschichte.

ihn in einem blutigen Treffen. Pansa wurde schwer verwundet; aber durch den herbeieilenden Hirtius wurde auch Antonius besiegt und zum Kückzug genötigt. Wenig später (etwa am 27. April) kam es vor Mutina zu einer zweiten Schlacht, in der zwar Hirtius den Tod fand, aber Antonius mili- tärisch den Kürzeren zog. Er sah sich infolgedessen gezwungen, die Ein- schließung der Stadt aufzugeben; über den Appennin wandte er .sich ins jenseitige Gallien und erreichte die ligurische Küste, wo ihm bald darauf Lepidus entgegentrat. Da beide Konsuln ihr Leben eingebüßt hatten, so betraute der Senat mit Übergebung des Oktavian den D. Brutus mit dem Oberbefehl.

Die Autorität des Senats war also wiederhergestellt und nun wurde Antonius durch Senatsbeschluß zum Feind erklärt, während Sex. Pompeius, der sich schon vorher durch Vermittlung des Lepidus mit dem Senat ver- glichen hatte, zum Admiral und zum praefedus orae maritimae ernannt wurde. Brutus und Cassius, die sich zu Herren des Orients gemacht und große Heere aufgestellt hatten, wurden in ihrem Besitz bestätigt und mit dem Oberbefehl {imperlum malus) über den ganzen Osten ausgestattet. Man hoffte auf ihre baldige Rückhehr. Allein gerade die Erfolge der Caesar- mörder mußten die Caesarianer mit Besorgnis erfüllen, und alle Statthalter der westlichen Provinzen waren Caesarianer. Nur ungern waren sie in den Krieg gegen Antonius eingetreten; jetzt sahen sie nicht nur die Gesetze des Antonius, sondern auch Caesars Anordnungen, sowie ihre eigene Stel- lung bedroht. Gegen diese Gefahren schlössen sie sich wieder mit Antonius zusammen; am Fluß Argenteus an der ligurischen Küste vereinigte der unselbständige Lepidus nach einigem Schwanken sich und sein Heer mit Antonius (29. Mai 43 v.Chr.),') worauf D. Brutus dessen Verfolgung auf- geben mußte und über die Alpen zu Munatius Plauens zog. Lepidus und seine Genossen wurden zwar (am 30. Juni) vom Senat ebenfalls geächtet, doch blieb die Acht nicht lange in Kraft.

Oktavian war nicht gewillt, sich nach geleistetem Dienst einfach bei- seiteschieben zw lassen. Statt sich also, wie der Senat ihm ansann, dem D. Brutus unterzuordnen, verständigte er .sich mit Antonius und Lepid-us und erleichterte dem ersteren den Rückzug in das jenseitige Gallien. Vom Senat verlangte er das Konsulat und einen Triumph und für sein Heer die versprochene Belohnung; aber der Senat, der auf Brutus und Cassius rechnete, lehnte .seine Forderungen ganz oder teilweise ab. Vergebens ver- suchte er, Oktavians Truppen zu sich herüberzuziehen; das Heer blieb seinem Führer treu, der nunmehr kurz entschlossen gegen Rom marschierte. Der Senat versuchte zwar Widerstand; aber die aus Afrika eingetroffenen Truppen gingen zu Oktavian über, der in Rom einzog und in einem außer- ordentlichen Wahlverfahren am 19. Sextilis (August) mit Q. Pedius zum Konsul gewählt werden mußte. Sein Erstes war, daß er durch ein beson- deres Gesetz [lex Fedia) einen Gerichtshof zur Verfolgung der Caesarmörder einsetzte, die verurteilt und geächtet wurden. Dann vollendete sich die Einigung der Caesarianer. Die gegen Antonius und Lepidus ergangenen

') Cic. ad fam. X 23, 2. Der Argenteus mündet bei Forum Julii (heute Frejus).

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v.Chr.). (§43.) 201

Beschlüsse wurden aufgehoben, Asinius Pollio und Planeus gingen zu An- tonius über, D.Brutus versuchte vergebens sich durchzuschlagen: von seinem Heere verlassen, wurde er auf der Flucht in Gallien bei den Seciuanern aufgegriffen und getötet.^)

V. Gaedthaüsen, Augustus und seine Zeit II. II 1. O. E. Schmidt, Die letzten Kämpfe der röm. Republik, 1. Teil, Jahrb. für Philol. u. Päd. XIII. Suppl. 663 ff. MoMJtsEN, Ges. Sehr. TV 16i» ff. Ed. Schwartz. Hermes 33, 185 ff. P. Gkoebe, De legibus et se>iatHS cousultis cnini 710, Diss. Berlin 1893. A. v. Hagen, De hello Miitmensi quaestiones criticae, Marburg 1886. E. Becht, Regeste über die Zeit von Caesars Er- mordung bis zum Umschwung in der Politik des Antonius, Diss. Freiburg i B. 11)11.

43. Das Triumvirat.-) Antonius und Lepidus zogen nun mit ihren Heeren nach Italien. Von Rom kam ihnen Oktavian entgegen, und bei Bononia auf einer Insel des Rhenus trafen sich die drei Männer, um sich zu einer politischen Koalition zusammenzuschließen. Ihre Versöhnung ent- sprach den Wünschen der caesarianischen Partei. Oktavian, Antonius und Lepidus teilten sich zunächst in die Provinzen des Westens, Antonius er- hielt die ihm durch Volksbeschluß zugewiesenen beiden Gallien, Lepidus, der das diesseitige Spanien mit der narbonensischen Provinz bereits ver- waltete, nahm das jenseitige Spanien hinzu, an Oktavian fielen Sardinien, Sizilien und Afrika. Zugleich verabredete man die Verteilung der Amter an die Freunde, die Belohnung der Truj^pen und die Vernichtung der Gegner. Am 27. November 43 v. Chr. wurden die drei Machthaber durch die lex Tltia des Tribunen P. Titius vom Volk als triuinviri reipublicae constituendae offi- ziell anerkannt und als solche mit unumschränkter Gewalt auf fünf Jahre bekleidet. Nun erging ihr Strafgericht in der brutalen Form der Pro- skription; unter den zahlreichen Opfern war eines der ersten Cicero, dessen Kopf sein Todfeind Antonius forderte. Nicht wenige der für vogelfrei Er- klärten entzogen sich dem Untergang durch die Flucht zu Sex. Pompeius, der mit seiner Flotte das Meer beherrschte, oder zu Brutus und Cassius. Die Proskriptionen, die mit Einziehung der Güter verbunden waren, hatten zugleich den Zweck, den Triumvirn die Mittel zu liefern, die sie zum Krieg gegen die Caesarmörder und zur Befriedigung der Truppen brauchten. Den Veteranen sollten achtzehn der blühendsten Städte Italiens preisgegeben werden, für jede Legion eine; hohe, direkte Abgaben wurden der Bürger- schaft, namentlich den Begüterten, auferlegt, ä)

Der Zusammenschluß der drei Caesarianer war eine politische Notwendig- keit angesichts der Macht, die sich die Caesarmörder schon seit Ende 44: V, Chr. mi Orient erworben hatten. Brutus und Cassius^) hatten, als die

^) Die letzten Schicksale des D. Brutus | die von den Triumvirn auferlegte Ab- sind dunkel. Vgl. Appian b. civ. III 98. gäbe wesentlich anderer Art gewesen zu Cass. Dio XLVI 53. Velleius II 64, 1. Liv. j sein. Übrigens wurden schon zu Anfang per. 120. Oros. VI 18, 7, ferner die oben 43 v. Chr. zur Zeit des mutinensischen S. 256 A. 4 zitierte Schrift Bondürants. j Krieges ähnliche Kontributionen einge-

^) Quellen: Appian b. civ. IV. Cass. Dio 1 fordert. Appian b. civ. III 66. Cass. Dio

XLVII 1 f. Plutarch Cic. 47 f. Anton. 20 f. XLVI 31. Plut. Aemil. 38.

Brutus 22 f. ■*) Als Quellen kommen aufser den Hi-

^) Appian b. civ. IV 31 ff. Cass. Dio XLVII storikern besonders Cic. ad fam. XII8f.

16. Man betrachtete diese Auflage als eine | und die Brvitusbriefe in Betracht, deren

Erneuerungdesalten, seit 167 v.Chr. nicht Echtheit früher zu Lairecht angefochten

mehrerhobenen/;-/iM<«w. MARQUARDT,Röm. [ wurde. Staatsverwaltung II'^ 178. Doch scheint

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6. Vierte Periode: Bi*

nr^ATig a©T Republik (2S v. Chr.). (f 48.) 263

unbeschränkte Herren ^) s mittel zusammenbrÄcht^in sichtsloseste; wer sich vv Mit den Parthern schloß Ag}'pten anzustreifen, fJess. doch mufet« er das^ I nterr?. drohte und Brutu« ihn nac und die benachbarten Prr und eine sta.rke Flotte y;n^ Republikaner (42 t. Ohr.). Wesen, die ihre I^eutrahi Republik Rhodos und d-. längerer Belagerung erc-:- übernahm Brutus. Als Xa fugten sich die übrigen "• Kappadokien wurde um «inigten sieb dann Brutus- nehmen standen, um "• über den Triumvim t n Küste ergab «ine ."" - ' " I. dazu

: See un Italien und ndkampf, d> chen Traditi kreuzt« in hatt« siel]

und Truppen, Schiffe und riesige Geld-

'.ndschatzten die Bevölkerung aufs rück-

^rie 7.. B. Tarsos in Kilikien, mußte büfaen.

: reundscbaft. Er schickte sich an, auch

n Kleopatra die Oaesarianer unterstützte :

. fgeben, da eine Offensive der Trium'xnm

>]en berief. Dieser hatte mittlerweile Asia

;d Königreiche in seine Gewalt gebra^'ht

: stellt. In Smyma trafen sich die beiden

..dteii sich zunächst gegen zwei Gemein-

rren und Heeresfolge verweigerten, die

: Bund. Rhodos wurde von Oassius nach

,. züchtigt.*) den Krieg gegen die Lykier

. li verzweifelter Gegenwehr gefallen war.

Auch der König Ariobarzanes ITT von

1 von Oassius beseitigt. In Sardes ver-

issius, die übrigens nicht im besten Ein-

is an den Hellespont und nach Europa

ziehen. Eine Musterung an der thraki-

:^t von 19 Legionen, etwa 8(^000 Mann

, nte der Verbündeten. Im Bund mit

Agen, hätten die Republikaner durch

if die Knie zvs"ingen können; aber man

ngs eine raschere Entscheidung versprach

ermessener war. Nur eine Flottille unter

--sen Oktavian in den Besitz der beiden

. »er Statthalter der alten, Q. Corniiicius,

an. dagegen blieb in Africa not'a T. Sex-

ieü. der sich zwischen beiden ent-

jrliand, aber mit Hilfe des numidi-

ans den Sieg davon; Cornificius

).Vs:egon konnte sich Oktavian

Sex. Pon\ peius

Proskription

tgesetzt; der

le 48 v.Chr.).

.'ingreifen,

11 d Cassius

id Lepidus

262 Römische Geschichte.

Herrscherabsichten des Antonius offenkundig wurden, im September 44 V. Chr. Italien verlassen und sich zunächst nach Griechenland eingeschifft. In der Absicht, dem Antonius von Osten aus Paroli zu bieten, wollten sie sich der Provinzen Makedonien und Syrien mit den dort stehenden Heeren bemächtigen.^) Cassius ging nach Asien hinüber und gelangte mit Unter- stützung des C. Trebonius nach Syrien. Brutus verweilte zuerst in Athen, wo er unter der dort studierenden römischen Jugend erfolgreich warb. Er ging dann nach Makedonien, dessen Statthalter Q. Hortensius sich ihm bereitwillig unterordnete; auch P. Vatinius in Illyricum mußte sich fügen und ihm seine TrujDpen übergeben.^) So fand C. Antonius, dem Makedonien zugewiesen war, diese seine Provinz bereits besetzt. Er wurde an der illyrisch- epirotischen Küste südlich von Apollonia besiegt und gefangen (Anfang 43 v.Chr.), später, nachdem die Triumvirn ihre Proskriptionen verhängt hatten, ließ ihn Brutus hinrichten. Bis zur Niederlage des M. Antonius bei Mutina hielt sich Brutus an der illyrischen Küste, um im Notfall in Italien ein- greifen zu können. Er brachte acht Legionen zusammen, darunter zwei, die sich aus Makedonen rekrutierten, und gewann auch Thrakien, wo er einige Kämpfe zu bestehen hatte. Von hier ging er nach Einsetzung des Triumvirats nach Asien hinüber, 3) um sich auch dieser Provinz zu versichern und seine Rüstungen zu vollenden.

Inzwischen hatte Cassius Syrien erreicht und gewonnen. Er fand den Caecilius Bassus in Apameia von Marcius Crispus und Staius Murcus noch immer belagert (oben S. 254); aber sowohl Belagerer wie Belagerte schlössen sich ihm an (Anfang März 43 v. Chr.), ebenso vier Legionen unter A. AUienus, die für Dolabella aus Ägypten kamen. Dolabella kam zu spät. Er hatte noch im Herbst 44 v. Chr. Italien verlassen, um Syrien, die ihm bestimmte Provinz, in Besitz zu nehmen. Zunächst überfiel und tötete er in Smyrna den Trebonius (Anfang 43 v. Chr.) und brachte die Provinz Asien in seine Hand. Hier sammelte er eine Flotte und versuchte dann in Syrien ein- zudringen, konnte aber gegen Cassius nicht mehr aufkommen. Sein An- griff auf Antiochien scheiterte, und er mußte sich auf Laodikeia an die Küste zurückziehen. Nachdem sich aber Cassius eine überlegene Flotte ge- schaffen hatte, konnte sich sein Gegner auch dort nicht mehr halten. Cassius nahm die Stadt durch Verrat, worauf Dolabella seinem Leben ein Ende machte. Der Senat hatte ihn nach dem Tod des Trebonius geächtet, auch dem Brutus und Cassius die besetzten Provinzen bestätigt und ihnen beiden ein höheres Imperium über den ganzen Osten erteilt, kraft dessen sie als

') Nach Florus (II 17. 4) und Apj^ian hätte Dresden 1891, 5 f., Ed. Schwartz, Hermes bereits der Diktator Caesar dem Brutus 33, 1898, 226 f., W. Sternkopf. Hermes 47, und Cassius Makedonien und Syrien als 1912, 340 ff . S. auch die Edikte des An- Provinzen bestimmt. Diese Yersjon ist toniusbeiJosephus, Ant. Jud.XIY316.820. eine apologetische Fälschung zugunsten 2) InDyrrhachion. das damals zur illyri- der beiden Republikaner. Aus Cicero Phil. sehen Provinz gehört haben muß. XI 27 ff. geht unzweideutig hervor, daß ') Nach Cass. Dio XLVII 24 f. ist Brutus sich nicht das geringste formale Recht schon vorher einmal, bald nach dem Tod aul die betreffenden Provinzen für die des Trebonius in Asien gewesen, aber beiden Republikaner geltend machen ließ. wieder nach Makedonien zurückgekehrt. Vgl. E. Schelle, Beiträge zur Gesch. des Vgl. Plutarch Brut. 26 f. Todeskampfes der röm. Republik, Progr.

6. Vierte Periode : Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). 43.) 263

unbeschränkte Herren i) schalteten und Truppen, Schiffe und riesige Geld- mittel zusammenbrachten ; ^) sie brandschatzten die Bevölkerung aufs rück- sichtsloseste; wer sich widersetzte, wie z. B. Tarsos in Kilikien, mußte büßen. Mit den Parthern schloß Cassius Freundschaft. Er schickte sich an, auch Ägypten anzugreifen, dessen Königin Kleopatra die Caesarianer unterstützte: doch mußte er das Unternehmen aufgeben, da eine Offensive der Triumvirn drohte und Brutus ihn nach Kleinasien berief. Dieser hatte mittlerweile Asia und die benachbarten Provinzen und Königreiche in seine Gewalt gebracht vmd eine starke Flotte zusammengestellt. In Smyrna trafen sich die beiden Republikaner (42 v. Chr.). Sie wandten sich zunächst gegen zwei Gemein- wesen, die ihre Neutralität erklärten und Heeresfolge verweigerten, die Republik Rhodos und den lykischen Bund. Rhodos wurde von Cassius nach längerer Belagerung erobert und gezüchtigt, '^) den Krieg gegen die Lykier übernahm Brutus. Als Xanthos nach verzweifelter Gegenwehr gefallen war, fügten sich die übrigen Städte. Auch der König Ariobarzanes IH von Kappadokien wurde um diese Zeit von Cassius beseitigt. In Sardes ver- einigten sich dann Brutus und Cassius, die übrigens nicht im besten Ein- vernehmen standen, um von da aus an den Hellespont und nach Europa hinüber den Triumvirn entgegenzuziehen. Eine Musterung an der thraki- schen Küste ergab eine Streitmacht von 19 Legionen, etwa 80000 Mann römischer Truppen, dazu die Kontingente der Verbündeten. Im Bund mit Sex. Pompeius zur See unbedingt überlegen, hätten die Republikaner durch eine Blockade Italien und Rom auf die Knie zwingen können; aber man wählte den Landkampf, der allerdings eine raschere Entscheidung versprach und den römischen Traditionen angemessener war. Nur eine Flottille unter Staius Murcus kreuzte in der Adria.

Im Westen hatte sich unterdessen Oktavian in den Besitz der beiden afrikanischen Provinzen gesetzt. Der Statthalter der alten, Q. Cornificius, schloß sich dem Brutus und Cassius an, dagegen blieb in Africa nova T. Sex- tius auf caesarischer Seite. In dem Krieg, der sich zwischen beiden ent- spann, hatte anfangs Cornificius die Oberhand, aber mit Hilfe des numidi- schen Dynasten Arabio trug zuletzt Sextius den Sieg davon; Cornificius wurde bei Utica geschlagen und getötet. Dagegen konnte sich Oktavian der anderen ihm zugewiesenen Provinzen nicht bemächtigen. Sex. Pompeius hatte zuerst Sardinien erworben und sich sodann, nach seiner Proskription durch die Triumvirn, mit seiner Flotte auch auf Sizilien festgesetzt; der Statthalter A. Pompeius Bithynicus gewährte ihm Aufnahme (Ende 43 v. Chr.). Oktavian ließ ihn im nächsten Jahr durch Q. Salvidienus Rufus angreifen, jedoch ohne Erfolg. Dringender war die Abrechnung mit Brutus und Cassius und dieser Aufgabe wandten sich nun die Triumvirn zu. Während Lepidus in Rom blieb, setzten Oktavian und Antonius nach Makedonien über.

') Wenn Brutus sogar Münzen mit I ä) Die Bürgerschaft mußte ihren ganzen

seinem Porträt schlagen Heß, so darf man darin nicht, wie zumeist gescliieht, eine monai'chische Velleität erblicken. Vgl. M. Gelzek, PW X 1007 f.

2) Vgl. z. B. Josephus bell. Jud. I 218 f. Ant. Jud. XIV 270 f.

Bestand au Geld und Edelmetall im Ge- samtwert von SOOO Talenten (etwa 37 ^'4 Millionen Goldmark) ausliefern. Über die Haltung der Rhodier vgl. Cic. ad fam. XII 14 und 15.

264 Römische Geschichte.

Ihre Vorhut, acht Legionen unter Decidius Saxa und C. Norbanus Flaccus, war schon Mitte 42 v. Chr. über das Meer gegangen und liatte Makedonien und die thrakischen Küstenpässe besetzt, wurde aber jetzt von Brutus und Cassius, die vom Hellespont anmarschierten, umgangen und genötigt, sich auf Amphipolis zurückzuziehen. Den Übergang derTriumvirn über die Adria hatte die Flotte des Murcus nicht zu verhindern vermocht. In AmphipoHs vereinigte sich ilir Heer mit Norbanus. Brutus und Cassius hatten bei Philippi an der Heerstraße nach Asien eine strategisch ideale Stellung be- zogen, von der aus sie auch mit der See und dem Gros ihrer Flotte in Verbindung standen.*) Sie gedachten das kampfgeübte Heer der Caesarianer ohne Schlacht im Stellungskampf mattzusetzen. Aber über den Versuchen des Antonius, die Gegner von der See abzuschneiden, kam es zu einer merk- würdigen Doppelschlacht: Cassius wurde von Antonius, Oktavian dagegen von Brutus besiegt. Während also beide Parteien einen Teilsieg erfochten hatten und die Entscheidung nicht gefallen war, hatte sich doch die Lage der Bepublikaner durch den übereilten Selbstmord des Cassius, der nach seiner eigenen Niederlage am Sieg verzweifelte, erheblich verschlechtert. Einige Wochen später suchte Brutus auf das Drängen seiner Truppen die Entscheidung in einer zweiten Schiacht, die mit dem völligen Sieg der Triumvirn endete; Brutus entzog sich der Gefangennahme durch frei- willigen Tod (Hei'bst 42 v. Chr.). Nach der Auflösung des Landheeres gab die republikanische Flotte den Kampf noch nicht völlig auf; Murcus stellte seine Schiffe dem Sex. Pompeius zur Verfügung, während sein Genosse Cn. Domitius Ahenobarbus den Kreuzerkrieg auf der Adria auf eigene Faust fortsetzte.

Die Sieger Antonius und Oktavian nahmen eine neue Verteilung der Provinzen vor und zwar über den Kopf des in ihrem Bunde kaum noch geduldeten Lepidus hinweg, der für den ihm diktierten Verzicht auf Spanien und die Narbonensis mit Afrika abgefunden wurde. Die spanischen Pro- vinzen fielen an Oktavian, Gallia cisalpina hörte als Provinz auf und wurde zu Italien geschlagen, wo Antonius und Oktavian dieselben Rechte hatten. Die Narbonensis fügte Antonius seinem gallischen Besitz hinzu. Nach dem Sieg mufäten vor allem die den Soldaten gemachten Versprechungen er- füllt werden. Antonius ging in den Osten, um dort die nötigen Geldmittel aufzubringen, während Oktavian in Italien die Veteranen mit Land ver- sorgen sollte. Damals genoß Antonius, der eigentliche Held von Philippi, weit höheres Ansehen als Oktavian, der nie ein großer Feldherr war. Nach einem Besuch in Athen begab sich Antonius im Frühjahr 41 v. Chr. nach Kleinasien; er wurde als Gott auf Erden, als neuer Dionysos begrüßt und schaltete mit souveräner Willkür in den schon von Brutus geschröpften Landschaften, die nun aufs neue ausgesogen wurden. Nach Tarsos entbot er die Königin Kleopatra von Ägypten, die ihre Politik während des Krieges rechtfertigen sollte, was der einstigen Freundin Caesars ein Leichtes war. Auch Antonius erlag dem eigenartigen Zauber dieser geborenen Herrscherin; während in den asiatischen Provinzen seine Legaten zurückblieben, ver-

') Zur Schlacht bei Philippi s. Heuzey et Daumet, Missio)i arclu'oJoffique en Macf'- doine (Paris 1876), S. 97 f. pl. A.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chi-.). (§43.) 265

brachte er den Winter 41/40 v. Chr. an der Seite der letzten Lagidin in der ägyptischen Residenz, in der man sich nicht langweilte.

In derselben Zeit hatte Oktavian in Italien einen schweren Stand. Rund 100000 Veteranen ') galt es mit Land zu versorgen; die für diesen Zweck bestimmten achtzehn Städte, von denen übrigens zwei, Rhegion und Vibo, mit Rücksicht auf den bevorstehenden Krieg mit Sex. Pompeius ausgenommen werden mußten, reichten längst nicht aus. Um für die Veteranen neue Bauernhufen zu schaffen, schritt man zur Zwangsenteignung, und wenn auch die Expropriierten Anspruch auf Geldentschädigung hatten, so machte doch diese gewaltsame Bodenreform zugunsten der Söldner unter der fried- lichen Bevölkerung viel böses Blut; 2) die Mifsstimmung in Italien wurde gesteigert durch den Steuerdruck und die Piraterie des Sex. Pompeius, der mit seinen Kapern die Kornzufuhr unterband. Oktavian sah sich zunächst durch Krankheit und sodann durch die Umtriebe der Antonianer gehemmt, an deren Spitze der Konsul L. Antonius, der Bruder, und die energische Fulvia, die Gattin des Triumvirn, standen. Sie hetzten und wühlten gegen Oktavian, dem sie in agitatorischer Absicht die volle Verantwortung für die doch mit M. Antonius vereinbarten Expropriationen beimaßen. Auch die Legaten des Antonius in Gallien, Q. Fufius Calenus und C. Asinius Pollio, verhielten sich feindselig. Da die Antonianer eine Versöhnung ablehnten, so mußten die Waffen entscheiden. Auf kurze Zeit nahm L. Antonius Rom in Besitz; dann eilte er nach Norden, um sich mit den Truppen seines Bruders zu vereinigen. Aber Oktavians Feldherren verlegten ihm den Weg; in Perusia wurde er eingeholt und belagert. 2) Nach langem Widerstand zwang ihn Ende Februar 40 v. Chr. der Hunger zur Kapitulation. Oktavian sandte ihn später als einen seiner Statthalter nach Spanien. Die übrigen Antonianer hatten inzwischen Italien verlassen; Fulvia reiste ihrem Gatten nach dem Osten entgegen; sie traf mit ihm in Athen zusammen und ist bald darauf in Sikyon gestorben ; ^) andere Parteigänger des Antonius flüch- teten zu Sex. Pompeius. ö) Asinius Pollio blieb in Oberitalien, wo er sich mit Cn. Domitius Ahenobarbus vereinigte, der jetzt unter Vermittlung des Asinius mit seinen Schiffen zu Antonius überging. Auch nach dem Sieg blieb das Glück dem Oktavian treu; ohne Schwertstreich gelangte er in den Besitz der gallischen Provinzen, die ihm der Sohn des plötzlich ver- storbenen Q. Fufius Calenus, des Statthalters des Antonius, in der ersten Bestürzung mit elf Legionen übergab. Auch in Afrika war während des

^) Nach Appian b. eiv. V 5, 21 in der ; Autononius vgl. E. Groag, Klio XIV, 1915,

Ansprache an die asiatischen Griechen 43 ff.

über 170000; diese Zahl, die der Sollstärke ; ••) Vgl. über Fulvia als die „erste Für-

von 28 Legionen entspricht, wii-d von ' stin Roms" das gerechte Urteil von F.

J. Kbomayer, Neue Jahrbb. 33, 1914, 161, Münzee, PW VII 281 ff. Sie ist besser als

auf die obige Ziffer reduziert. ihr sehr schlechter Ruf.

2) Bekannt ist der Fall des Dichters Ver- *) Unter ihnen Ti. Claudius Nero, der

gilius, der das väterliche Gut nur durch j Unruhen in Kampanien angestiftet hatte,

die Fürsprache hoher Gönner rettete. W

S. Teuffels Gesch. der röm. Lit. IP § 224

^) Weshalb dieser Krieg, der in ver

schiedenen Teilen Italiens spielte, .den

und nun mit seiner Gattin Livia, der spä- teren Kaiserin, und seinem zweijährigen Sohn, dem nachmaligen Kaiser Tiberius, nach SiziUen flüchtete und von dort weiter

Namen des per US in i sehen führt. Über nach Griechenland. Velleius II 75. Suet. die notgedrungene Zurückhaltung des M. Tib. 4. 6.

266 Römische Geschichte.

perusinischen Krieges gestritten worden. Der Antonianer T. Sextius hatte den von Oktavian in Africa nova eingesetzten Statthalter Chi. Fuficius Fango angegriffen und überwunden ; bis nach Spanien griff dieser Krieg hinüber, um erst aufzuhören, als Lepidus, von Oktavian mit Truppen ausgerüstet, die afrikanischen Provinzen übernahm. Eine Folge des Konflikts mit den Antonianern war ein Annälierungsversuch Oktavians an Sex. Pompeius. Damals löste Oktavian seine Josephsehe mit Clodia, der Stieftochter des M. Antonius, und ging eine neue politische Konvenienzehe mit der alternden Scribonia, einer Verwandten des Sex. Pompeius ein.

Inzwischen hatten im Osten die Parther die Offensive ergriff'en; Pakoros, der Sohn des Orodes, überschritt (40 v. Chr.) den Euphrat. Bei den Par- thern weilte als Vertreter des Brutus und Cassius Q. Labienus, der Sohn des einstigen Legaten Caesars T. Labienus. Q. Labienus übernahm den Be- fehl über ein parthisches Heer, wobei er die nationale Würdelosigkeit so- weit trieb, sich Parthicus Imperator zu nennen. ^) Von den Truppen des Antonius gingen viele zu ihm über und dessen Statthalter Decidius Saxa wurde erst in Syrien, dann in Kilikien geschlagen und schließlich getötet; ganz Syrien außer Tyros kam in parthische Gewalt. Labienus ging über den Tauros und eroberte mit seinem parthisch-römischen Heer einen großen Teil Vorderasiens, selbst die Provinz Asia geriet bis auf die Küste und einige feste Plätze in seine Hände.

Um die orientalischen Provinzen zurückzuerobern, brauchte Antonius Verstärkungen, die er nur in Italien rekrutieren konnte; eine Auseinander- setzung mit Oktavian war unvermeidlich und so kehrte denn Antonius nach dem Westen zurück ; er war auf das Schlimmste gefaßt. Brundisium sperrte ihm die Einfahrt, worauf er die wichtige Hafenstadt zu blockieren begann ; Oktavian zog heran; schon kam es zu Feindseligkeiten und ein neuer Bürger- krieg drohte auszubrechen. Gleichzeitig unternahm Sex. Pompeius, mit dem sich Antonius verständigt hatte, einen Angriff auf Thurii und Consentia in Unteritalien. Aber die Freunde der Triumvirn, Maecenas, Asinius Pollio und L. Cocceius Nerva brachten (Herbst 40 v. Chr.) einen friedlichen Aus- gleich, das sog. foedtis Brundisinum^) zuwege. Diese Übereinkunft lag im beiderseitigen Interesse. Denn zum Endkampf hatte die Stunde noch nicht geschlagen; Antonius verfügte zwar über eine starke Flotte, aber nicht über genügend Soldaten, während Oktavian zur See nichts ausrichten konnte und seines gewaltigen Landheeres nicht vollkommen sicher war. Den Pakt der beiden Triumvirn sollte wiederum ein Ehebündnis besiegeln; der soeben verwitwete Antonius verlobte sich mit Octavia, der ebenfalls verwitweten Schwester Oktavians. Aufs neue teilten die Triumvirn die Welt: Oktavian erhielt den lateinischen Westen, Antonius den hellenistischen Osten; die Demarkationslinie zwischen den beiden Machtsphären lief über das illyrische Scodra (Skutari); Afrika verblieb dem Lepidus. Italien galt nach wie vor als neutraler Boden. Im nächsten Jahr wurde auch mit Sex. Pompeius Friede geschlossen. Dieser hatte bereits durch seinen Kapitän Menas dem

') Es gibt von ihm Münzen mit der | 81 f. Mommsen, Eöm. Gesch. V 359. Aufschrift Q. Labienus Parthicus imp. Vgl. ^) Vgl. J. Kromayer, Hermes 29, 1894,

A. V. Sället-Regling, Die antiken Münzen, | 556 ff.

6. Vierte. Periode : Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). 43.) 267

Oktavian die Insel Sardinien entrissen und bedrohte Eom mit Hungersnot, indem er die Getreidezufuhr mit seiner Flotte lahm legte; trotzdem war der Sohn des großen Pompeius in Italien noch immer populär; unter dem Druck der öffentlichen Meinung und auf Wunsch des Antonius mußte sich Oktavian zu einem Ausgleich mit dem „Seekönig" bequemen. Bei Kap Misenum hatten die beiden Triumvirn mit Sex. Pompeius eine Zusammen- kunft (Sommer 39 v. Chr.). Sex. Pompeius wurde durch den Vertrag von Misenum als Herr der See und der Inseln Sizilien, Sardinien und Korsika anerkannt, weiterhin wurde ihm die Provinz Achaia und das Konsulat in Aussicht gestellt, sowie eine Entschädigung für das eingezogene väterliche Erbe; auch sollten seine Anhänger bei der Amterverteilung berücksichtigt werden.*) Sextus hat eine eigenartige Stellung, er betrachtet sich als Rechts- nachfolger und Rächer seines Vaters, in dessen Spuren er wandeln will; deshalb legte er sich den Beinamen Plus zu. Er war übrigens ein Mann von autokratischen Neigungen; seinen Genossen aus dem Senatorenstand traute er nicht; den Pompeius Bithynicus, mit dem er zuerst die Herrschaft über Sizilien teilte, und den Staius Murcus, der mit seinen Schiffen zu ihm übergegangen war, räumte er aus dem Weg. Dagegen gab er, ähnlich wie sein Vater, viel auf seine Freigelassenen; nur von diesen seinen Kreaturen ließ er seine Flotte kommandieren; deshalb hielten nur wenige Männer von Rang bei ihm aus. Für die Sicherheit Italiens und des ganzen Westens bedeutete er eine ständige Gefahr. Flüchtlinge, Seeräuber, entlaufene Sklaven fanden bei ihm Zuflucht, mehrere Inseln und Küstenplätze Italiens bis nach Kampanien hin waren in seinem Besitz, in Rom hatte er noch immer seinen Anhang. 2) Während Antonius nach dem Frieden von Misenum zum Partherkrieg abging, begab sich Oktavian zunächst nach Gallien, wo an der germanischen Grenze und in Aquitanien Aufstände ausgebrochen waren. M. Agrippa über- nahm es, die Ruhe wieder herzustellen. Bei dieser Gelegenheit überschritt er den Rhein (38 v. Chr.) und siedelte die Ubier, um sie zu schützen, auf dem linken Rheinufer an mit dem späteren Köln als Mittelpunkt. 3) Durch einen großen Sieg brachte Agrippa auch die Aquitaner zur Unterwerfung (38 V. Chr.). Oktavian war inzwischen nach Italien zurückgekehrt, wo sich bald neue Feindseligkeiten mit Sex. Pompeius entspannen, nachdem Oktavian sich durch den verräterischen Flottenführer des Sextus, Menas, die Insel Sardinien hatte in die Hände spielen lassen, womit er den Vertrag von Misenum verletzte, an den sich auch Antonius, der Achaia nicht herausgab, und Sex. Pompeius nicht kehrten. Schon 38 v. Chr. nahm der Krieg wieder seinen Anfang trotz dem Abraten des Antonius, der damals von Griechen- land aufs neue bei Tarent erschien, dann aber zum Partherkrieg in den Orient eilte. Den Winter 39/38 v. Chr. hatte Antonius an der Seite seiner Gattin Octavia in seiner Lieblingsstadt Athen zugebracht und einstweilen

') Sein Legat L.PliniusRufus bezeichnet ; au Stelle des Praeuomens.

sich in einer Inschrift als designierten ' ^) Vgl.DRUMANN-GEOEBE IV 563ff. Dorn-

Prätor. Sextus selbst wird dort Magnus Seiffen, De Sexfo Pompeio Magno Magni

Pompeius Magni filius Pins genannt. ILS '' filio, Utrecht 1846: Hitze, De Sex. Pompeio,

III 2 ur. 8891. K. Mras, Wien. Stud. 25, ' Breslau 1883.

1903, 288 flf. Sex. Pompeius führt also hier \ ^) Strabo IV 194. das vom Vater ererbte Cognomen Magnus

268 Römische Geschichte.

den Partherkrieg seinem Legaten P. Ventidius übertragen. Ventidius .schlug den Labienus aus Asien hinaus; Labienus mußte flüchten und fand den Tod; die Parther wurden in zwei Treffen, am Tauros und Amanos, ge- schlagen und die verlorenen Provinzen zurückerobert (39 v. Chr.). Noch einmal erneuerte im nächsten Jahr Pakoros den Angriff und überschritt unerwartet den Euj^thrat, wurde aber bei Gindaros in der Kyrrhestike ge- schlagen und getötet, angeblich an demselben Tag, an dem fünfzehn Jahre vorher Crassus von den Parthern getötet worden war (oben S. 236) (38 v. Chr.). Syrien und überhaupt der ganze römische Orient wurden Avieder unter- worfen, nur einige Landschaften verharrten noch im Aufstand. Der König Antiochos von Kommagene, der sich nicht unbedingt hatte fügen wollen, Avurde in seiner Hauj^tstadt Samosata (am Euphrat) belagert, und hier traf nun Antonius ein. Aber Antiochos setzte wider Erwarten den Widerstand mit solcher Zähigkeit fort, daß Antonius die Belagerung aufheben und dem König weit glimpflichere Bedingungen gewähren mußte, als dieser selbst zuvor dem Ventidius vorgeschlagen hatte. Den Winter 38/37 v. Chr. ver- brachte Antonius wieder in Athen. Der Krieg blieb seinen Legaten über- lassen. P. Canidius Crassus gewann Armenien und focht von hier aus mit Erfolg gegen Iberer und Albaner (37 36 v. Chr.). C. Sosius bezwang Syrien vollends ganz; er nahm Arados und unterwarf Judaea. Nach fünfmonat- licher Belagerung wurde Jerusalem von Sosius im Verein mit dem Idumäer Herodes im Jahr 37 v. Chr. erobert. Der von den Parthern in Jerusalem zum jüdischen König eingesetzte Antigonos, ein Sohn des Aristobul (S. 223), wurde gefangen und auf Befehl des Antonius in Antiochien enthauptet. Mit ihm endete die Dynastie der Hasmonäer, deren Thron in Jerusalem Herodes bestieg, der Sohn des Antipatros, des Majordomus des von den Parthern abgesetzten königlichen Hohenpriesters Hyrkanos H. Herodes hatte sich 40 v. Chr. vor den Parthern nach Rom geflüchtet und war von den Triumvirn und vom Senat als König der Juden anerkannt worden, konnte aber erst nach längeren Kämpfen mit Antigonos die Herrschaft endgültig antreten.')

Antonius wollte nun endlich mit dem Rachekrieg gegen die Parther und also mit der Ausführung von Caesars letztem Entwurf Ernst machen. Dazu brauchte er Truppen aus Italien, die er aber nicht ohne weiteres bekam. Denn inzwischen war das Einvernehmen der Triumvirn von beiden Seiten gestört worden, vor allem durch Sex. Pompeius. Schon 38 v. Chr. hatte Oktavian, für den der Besitz Siziliens eine Lebensfrage war, die Feind- seligkeiten gegen den „Seekönig" wieder aufgenommen. Von zwei Seiten, auf dem tyrrhenischen und dem ionischen Meer, wurde der Angriff geführt; nach einem unentschiedenen Seegefecht bei Cumae rückte Calvisius Sabinus im tyrrhenischen Meer gegen Sizilien vor, während Oktavian von Tarent aus in See stach, aber nach einem unglücklichen Treffen in der Straße von Messina so schwere Havarie erlitt, daß er von seinem Unternehmen zu-

') Vgl. Walter Otto, PW, Suppl. II 1 if . v. Chr.; über das richtige Datum (Juli 37

( = Herodes. Beitr. z. Gesch. d. ]üd. Königs- v. Chr.) s. Otto a. a. O. 31, Aum. (Herodes

hauses). Cass. Dio XLIX 22 setzt den ) S. 33**). Fall Jerusalems fälschlich in das J. 38

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). (§43.) 269

nächst abstehen mufäte. Da Antonius die Hilfe gegen Sextus abgelehnt hatte, so wurde ihm, als er 37 v. Chr. in Brundisium einfahren wollte, von Oktavian der Hafen gesperrt. Trotz diesem Akt offener Feindschaft gelang es der Vermittlung der Octavia, nochmals eine Versöhnung anzubahnen. Bei einer persönlichen Begegnung der beiden Triumvirn bei Tarent wurde ein neues Abkommen getroffen, in das sie auch den Lepidus mit einbezogen. Das Triumvirat wurde auf weitere fünf Jahre verlängert.') Antonius ließ den Sex. Pompeius ganz fallen: Oktavian und Lepidus versprachen dem Antonius für den Partherkrieg eine ansehnliche Truppenmacht, als Gegen- leistung stellte er für den Kampf mit Sextus Schiffe zur Verfügung. Auch Lepidus erklärte sich bereit, am Krieg gegen Sextus teilzunehmen, und nun ließ Oktavian alsbald durch M. Agrippa, der damals (37 v. Chr.) Konsul war, umfassende Vorbereitungen zum sizilischen Krieg treffen. Der Lukrinersee beim Golf von Neapel wurde damals mit dem Meer verbunden und in einen großen Kriegshafen {portus Julius) umgewandelt. Sextus rüstete sich zum Widerstand, seine Hauptmacht sammelte sioh in Messana und Lilybaeum. Am 1. Juli 36 v, Chr. stachen drei Flotten mit Kurs nach Sizilien in See, und zwar das Gros unter Oktavian und Agrippa von dem neuen Hafen bei Puteoli aus, die von Antonius geliehenen Schiffe unter Statilius Taurus von Tarent, diejenigen des Lepidus von der afrikanischen Küste aus. Lepidus konnte in Sizilien landen und die Belagerung von Lilybaeum beginnen, da- gegen wurde Oktavians Flotte durch Stürme derart beschädigt, daß eine längere Verzögerung einti-at. Doch setzte Oktavian alles daran, den Ver- lust, den ihm die Elemente zugefügt hatten, wieder auszugleichen: die Flotte wurde wieder seetüchtig gemacht und lichtete einen Monat später von neuem die Anker. Agrippa errang bei Mylae einen Seesieg; dann glückte es dem Oktavian, einige Truppen unter L. Cornificius nach Tauromenion überzu- setzen, die zwar von Sextus aufs äußerste bedrängt wurden, sich aber doch behaupteten, bis es dem Agrippa gelang, Verstärkungen hinüberzuwerfen. Agrippa nahm Tyndaris, voll Westen her zog Lepidus heran, und Sextus mußte eine Entscheidungsschlacht annehmen. Bei Naulochos errang Agrippa am 3. September 36 v. Chr. einen Seesieg, in dem der Kern der pompejani- schen Flotte vernichtet wurde. Sex. Pompeius gab Sizilien ohne weiteren Kampf auf und flüchtete mit wenigen Schiffen nach Kleinasien, ohne sich um sein Landheer zu kümmern. Messana, das sein Legat L. Plinius be- hauptete, wurde von Agrijspa und Lepidus eingeschlossen. Die pompejani- schen Truppen ergaben sich dem Lepidus, der ihnen über den Kopf des noch abwesenden Oktavian hinweg die Stadt zur Plünderung preisgab und sie in sein Heer einreihte. Ja, Lepidus machte sogar Miene, Sizilien für sich zu behalten; aber Oktavian war nicht der Mann, sich um den Sieges- preis prellen zu lassen. Es wäre zu einem neuen Krieg zwischen den beiden Triumvirn gekommen, wenn nicht die kampfesmüden Truppen des Lepidus es vorgezogen hätten, zu Oktavian überzugehen. Von seinem Heer im Stich

') Appian bell.civ.y 95, Illyr.28. J. Keo- Daß auch der Vertrag von Tarent durch

MAYEK, Die rechtliche Begründung des Volksbeschlußbestätigt wurde, wird gegen

Triumvirats, Straßburger Diss., Marburg Mommsen (Staatsrecht 11^ 718, 3) von Keo-

1888, 8. Die ursprüngliche Frist war schon mayer und W. Kolbe, Hermes 49, 1914,

am 31. Dezember 38 v. Chr. abgelaufen. 276 ff. mit guten Gründen verfochten.

270

Römischf! Gf^sdchte.

gelassen, mußte sich Lopidus dor Gnadr »ktavians anvertrauen. Oktavian nahm ihm seine Provinzen ab und ontkh lete ihn seines Amtes, beheß ihm aber die Würde eines pontifcx maximu», ie ihm erst der Tod raubte, i)

Der Sieg über Sex. Pompeius und o Beseitigung des Lepidus sind Ereignisse von einschneidender Bedeutun; machten sie doch Oktavian zum alleinigen Herrn des Westens. Die Sic) rheit des Meeres konnte wieder hergestellt, Italien vom Banditenunwesen gesäubert und die Hauptstadt, in der Sextus nicht wenige Anhänger gezält hatte, beruhigt werden. Die Versorgung Roms und Italiens mit sizilisoera und afrikanischem Korn war sichergestellt. Die aufatmende Bevölkern g konnte wieder ungestört ihren friedliehen Geschäften nachgehen. Viele Vteranen wurden entlassen und zu- meist in Kampanien angesiedelt. Bei der ückkehr nach Rom war Oktavian mit großen Ehren empfangen worden, in Volksbeschluß ^M^h ihm im Jahr 35 v. Chr. die tribunizische Gewalt af Lebenszeit un^^^Hli^ damit seine Person: sein Stern war im Steigen

Sein Rivale Antonius war nach dem Tientiner Abk' krieg in den Orient abgegangen. 2) bindung mit Kleopatra, die er (37/j wo er sich mit ihr vermählte und sowie die Insel Kypros mit Am Im Jahr 36 v. Chr. trat dann Ai thern waren kurz zuvor (37 v. Chi und dem Tod des Orodes Unruhe zu machen gedachte. Er sucht täuschen und hoffte ihn zu über| wegs über den Euphrat, sondj Armenien in das atropatenis^ Belagerung einer festen Stac treten, beständig von den Pa^ liehen Lage seine kriegeriscl nach Armenien durch ; aberj eingebüßt, und der mit grc Fiasko, das seinem AnseJ Sex. Pompeius auf der Mytilene, dann bemächtij

•erneuerte e zu sich rgengab| ler

^) Lepidus ist vor dem 6. gestorben, an welchem Tag sein Nachfolger zum jjonti^ wählt wurde. ^) Octavia begleitete ihnnjj ^) Vgl. MoMMSEN, Bes f/estq und Additam.; Schürer, Volkes P.316; Kromayek, 571. Josephus b. Jud. I 32 88 f. Da sich Antonius erg Octavia scheiden ließ, so lang, von 36—32 v. Chr.J Begriffen in Bigamie. Rechtsanschauung war aj mit der Ausländerin

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6. Vierte Periode: Bis zum l

rang der Republik (28 V. Chr.). (§43.) 271

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in Bithynien fest; er erhielt groi des Antonius, suchte er sich mit wobei ihm die Rolle des Q. Labier ihn die Truppen des Antonius t^ könig Amyntas. Er wurde al> hingerichtet (35 v. Chr.). Zur J Oktavian für Antonius durch d Oktavian wandte sich nunm barn Italiens in den Alpen und Italien zu Wasser und zu Land» waren die Dalmater und ander Schon zur Zeit der gallischen

Pen Küste viel zu wünscli machten manche Völker xSen, Beute und Geld. 1, und auch die italiscn,.

Zulauf. Ermutigt durch das Mifsgeschick ■n Partherkönig ins Benehmen zu setzen, vorschwebte. Aber in Phrygien ereilten

M. Titius, C. Eurnius und dem Galater- angener nach Milet gebracht und dort

der Besiegung des Sex. Pompeius ließ enat hohe Auszeichnungen beschließen. ;egen die nördlichen und östlichen Nach- lUyrien, die während der Bürgerkriege

genug beunruhigt hatten, i) In Illyrien tmme überhaupt nie ganz unterworfen. •ge Caesars ließ die Sicherheit an der

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270 Römische Geschichte.

gelassen, mußte sich Lepidus der Gnade Oktavians anvertrauen. Oktavian nahm ihm seine Provinzen ab und entkleidete ihn seines Amtes, beließ ihm aber die Würde eines jxjntifex maximus, die ihm erst der Tod raubte.')

Der Sieg über Sex. Pompeius und die Beseitigung des Lepidus sind Ereignisse von einschneidender Bedeutung, machten sie doch Oktavian zum alleinigen Herrn des Westens. Die Sicherheit des Meeres konnte wieder hergestellt, Italien vom Banditenunwesen gesäubert und die Hauptstadt, in der Sextus nicht wenige Anhänger gezählt hatte, beruhigt werden. Die Versorgung Koms und Italiens mit sizilischem und afrikanischem Korn war sichergestellt. Die aufatmende Bevölkerung konnte wieder ungestört ihren friedlichen Geschäften nachgehen. Viele Veteranen wurden entlassen und zu- meist in Kampanien angesiedelt. Bei der Rückkehr nach Rom war Oktavian mit großen Ehren empfangen worden. Ein Volksbeschluß verlieh ihm im Jahr 35 v. Chr. die tribunizische Gewalt auf Lebenszeit und schützte damit seine Person; sein Stern war im Steigen.

Sein Rivale Antonius war nach dem Tarentiner Abkommen zum Parther- krieg in den Orient abgegangen. 2) Hier erneuerte er sogleich seine Ver- bindung mit Kleopatra, die er (37/36 v. Chr.) zu sich nach Antiochien berief, wo er sich mit ihr vermählte und ihr als „Morgengabe" größere Teile Syriens sowie die Insel Kypros mit Annexen an der kilikischen Küste überließ. 3) Im Jahr 36 v. Chr. trat dann Antonius den Partherzug an. Bei den Par- thern waren kurz zuvor (37 v. Chr.) nach der Thronbesteigung des Phraates II und dem Tod des Orodes Unruhen ausgebrochen, die sich Antonius zunutze zu machen gedachte. Er suchte den Phraates durch Unterhandlungen zu täuschen und hoffte ihn zu überraschen; daher ging sein Angriff nicht gerade- wegs über den Euphrat, sondern auf einem weiten Umweg zog er durch Armenien in das atropatenische Medien ein.^) Jedoch nach vergeblicher Belagerung einer festen Stadt ^) mußte er einen gefahrvollen Rückzug an- treten, beständig von den Parthern verfolgt. Er bewährte in dieser gefähr- lichen Lage seine kriegerischen Tugenden in Vollem Maß und schlug sich nach Armenien durch; aber er hatte von rund 100000 Mann über ein Drittel eingebüßt, und der mit großen Mitteln begonnene Feldzug endete mit einem Fiasko, das seinem Ansehen nicht wenig schadete. Um jene Zeit tauchte Sex. Pompeius auf der Flucht in Asien auf; zuerst fand er Aufnahme in Mytilene, dann bemächtigte er sich der Stadt Lampsakos und setzte sich

') Lepidus ist vor dem 6. März 12 v.Chr. V. Gardthaüsen, Neue Jahrbb. 37, lUlT, gestorben, an welchem Tag Oktavian als , 158 ff. bestreitet, daß Antonius vor der

sein Nachfolger zum jjontifex max'nmis ge- Scheidung von Octavia eine förmliche Ehe

wählt wurde. mit Kleopatra ein-ging. Über Kleopatra

-) Octavia begleitete ihn nur bisKorkyra. s. M. L. Strack, Hist. Zeitschr. 115, 3. F. 19,

^) Vgl. MoMMSEN, Res gestae divi Aug. 118 1916. 473 flF.

und Additam.; ScHUREli, Gesch. des jüd. *) Vgl. über diesen Feldzug Bürcklein,

Volkes P 316: Kromayer. Hermes 29, 1894, Quellen und Chronologie der röm -parth.

571. Josephus b. Jud. I 859 f. Antiq. XV Feldzüge i. d. J. 713 bis 718 d. St., Diss.

88 f. Da sich Antonius erst 32 v.Chr. von Berl. 1879. Kromayer, Hermes 31, 1896, 70f.

Octavia scheiden liefs, so lebte er 4 Jahre =) Phraata bei Plutarch Anton. 38,

lang, von 36 32 v. Chr., nach unseren Praaspa bei Cass. Dio XLIX 2-5, Vera bei

Begriffen in Bigamie. Nach römischer Strabo XI 523. Dies ist nach Rawlinsox

Rechtsanschauung war allerdings die Ehe das heutige Tachti Suleiman; vgl. Gardt-

mit der Ausländerin Kleopatra nichtig. haüsen, Augustus I 295 f. II 153 f.

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v.Chr.). (§43.) 271

in Bithynien fest; er erhielt großen Zulauf. Ermutigt durch das Mißgeschick des Antonius, suchte er sich mit dem Partherkönig ins Benehmen zu setzen, wobei ihm die Rolle des Q. Labienus vorschwebte. Aber in Phrygien ereilten ihn die Truppen des Antonius unter M. Titius, C. Eurnius und dem Galater- könig Amyntas. Er wurde als Gefangener nach Milet gebracht und dort hingerichtet (35 v. Chr.). Zur Feier der Besiegung des Sex. Pompeius ließ Oktavian für Antonius durch den Senat hohe Auszeichnungen beschließen.

Oktavian wandte sich nunmehr gegen die nördlichen und östlichen Nach- barn Italiens in den Alpen und in Illyrien, die während der Bürgerkriege Italien zu Wasser und zu Lande oft genug beunruhigt hatten, i) In Illyrien waren die Dalmater und andere Stämme überhaupt nie ganz unterworfen. Schon zur Zeit der gallischen Kriege Caesars ließ die Sicherheit an der dortigen Küste viel zu wünschen übrig (oben S. 242), die späteren Bürger- kriege machten manche Völkerschaften ganz unabhängig und verhalfen ihnen zu Waffen, Beute und Geld. Einzelne Inseln wurden zu förmlichen Raub- nestern, und auch die italischen Küsten scheinen heimgesucht worden zu sein. Unter dem Diktator Caesar hatte P. Vatinius (45 44: v. Chr.) in Illyrien zvi kämpfen, später 39 v. Chr. Asinius Pollio, beide ohne viel auszurichten. Oktavian wollte hier ganze Arbeit tun. Sein letztes Ziel, die Donau, sollte er freilich nicht erreichen. Er wandte sich zuerst gegen das nördliche Ilh^rien, überwand nach heftigem Widerstand die Japoder, drang weiter zu den Pannoniern vor und eroberte Segestike oder Siscia (Sziszek) an der Save und Kulpa; damit hatte er den wichtigsten Stütz- punkt für weitere Operationen gegen die Geten und Bastarner gewonnen. Doch drang er in der Folge nicht weiter gegen Norden vor, sondern wandte sich im nächsten Jahr (34 v. Chr.) gegen die Dalmater; der schwierige Krieg wurde durch den Winter hindurch unter persönlicher Teilnahme Oktavians ins nächste Jahr hinein bis zur Unterwerfung der Feinde und Sicherung der Küstenlandschaft fortgesetzt. Kurz vorher (34 v. Chr.) hatte M. Valerius Messalla Corvinus das Alpenvolk der Salasser bezwungen.

Antonius bereitete sich in dieser Zeit auf einen neuen parthischen Feldzug vor. Er trat mit dem König des westlichen, atropatenischen Medien, einem parthischen Vasallen, in Verbindung 2) und legte die Hand auf Armenien, dessen König Artavasdes das Mißlingen des parthischen Feldzuges ver- schuldet haben sollte. Nach einem ersten Versuch im Jahr 35 v. Chr. rückte Antonius im nächsten Jahr unerwartet gegen Armenien, nahm den Arta- vasdes bei einer Unterredung gefangen, besetzte das Land und entführte den König mit sich nach Alexandrien, wo er über ihn einen Triumph feierte. In Armenien entstanden darüber Unruhen und Empörung, ein Sohn des Artavasdes, Artaxes (oder Artaxias), wurde von den Parthern ins Land geführt, und Antonius mußte abermals in Armenien eingreifen. 33 v. Chr. stand er am Araxes und brachte das Bündnis mit dem Mederkönig zum Abschluß. Selbst mit den feindlichen Nachbarn der Parther, den Indo-

1) Appian lUyr. 16 f. Cass. Dio XLIX 35. Oct. in Illyrien, Schriften der Balkan-

Strabo VII 313 f. Zippel, Illyrien unter kommission VII, Wien 1914.

röm. Herrschaft 226 f. Kromayek, Hermes ; -) Wie der armenische König führte

33, 1898, 1 ff. G. Veith, Die Feldzüge des auch dieser den Namen Artavasdes.

272 Römische Geschichte.

skythen, die damals Indien beherrschten, trat er in Verbindung. Er hegte großartige Erol)erungspläne, die an Alexander den Großen anknüpften.

Bei ihrer Ausführung hätte er die Unterstützung Oktavians nicht ent- behren können, nun aber kam es gerade jetzt zum völligen Bruch und weiter zum offenen Krieg. Den Anstoß gab, abgesehen von der natürlichen Rivalität der beiden Machthaber, der Sturz des Sex. Pompeius und des Lepidus sowie die steigende Macht Oktavians, der sich in den Alleinbesitz Italiens und seiner militärischen Hilfsquellen setzte und seinem Kollegen den ihm zukommenden Anteil nicht gönnte, ja ihm nicht einmal die im Vertrag von Tarent versprochene Hilfe gegen die Parther geleistet hatte. Um daher seinen Anspruch auf Italien nötigenfalls mit Gewalt zu erzwingen, schritt Antonius zu Rüstungen, die schon 35 v. Chr. ihren Anfang nahmen.

Der Gegensatz wurde noch verschärft durch die Verbindung des Antonius mit der Königin von Ägypten, als deren „Prinzgemahl" er sich seit Anfang 36 V. Chr. gerierte. Seine Ehe mit Kleopatra war nicht nur eine persön- liche Beleidigung für seinen Schwager OktaA'ian, sondern auch ein Ereignis von größter politischer Tragweite; denn im Bund mit Kleojjatra verfügte Antonius über das reichste Land des Orients. Nach dem parthischen Fehl- schlag hatte die edle Octavia dem pflichtvergessenen Gatten nochmals die Hand zur Versöhnung entgegengestreckt, wurde aber schroff zurückgewiesen (35 V. Chr.). Die Verbindung des Römers mit der Ägypterin gab in Rom viel Ärgernis. Nicht weniger Anstoß erregte dort die Unbekümmertheit, mit der Antonius über die asiatischen Landschaften verfügte, wozu er frei- lich durch die ihm vom Senat übertragenen Vollmachten befugt war. Außer Judäa erhielten Galatien und Kappadokien neue, dem Antonius ergebene Fürsten. In Galatien und den südlich angrenzenden Landschaften Avurde Amyntas König, Archelaos in Kappadokien. Mit den östlichen Teilen der Provinz Pontos wurden Söhne des Pharnakes und später ein vornehmer Grieche, Polemon von Laodikeia in Phrygien, ausgestattet. Besonders reich wurde Kleopatra bedacht. Schon Anfang 36 v. Chr. ^j verlieh Antonius ihr einzelne syrische Landschaften; nach dem Triumph über Artavasdes (34: v. Chr.) auch das eine Ungeheuerlichkeit, denn nur am Tiber und nicht am Nil ist für römische Begriffe ein Triumph denkbar wurde in feierlicher Versammlung in Alexandrien Kleopatra zur Königin der Könige [ßaoi/j^ ßaoikecov) ausgerufen mit einem den Arsakiden entlehnten Titel. Ägypten, Kypros, Kyrene, Teile Kilikiens und selbst Kretas wurden ihr überlassen: so war nahezu das ptolemäische Ägypten zur Zeit seiner höchsten Macht wiederhergestellt. Kaisarion (Ptolemaios XVI), den Antonius als Sohn Caesars anerkannte, wurde ihr Mitregent: ihre und des Antonius Söhne wurden als Könige der Könige mit Herrschaften ausgestattet, der eine mit Phönike. Syrien und Kilikien, der andere mit Armenien, Medien, Parthien; eine Tochter mit Kyrene.-) Von den römischen Provinzen im Orient blieben nur Asien und Bithynien unangetastet. In den Augen der Römer bedeuteten

^) Vgl. über die Zeit Walter Otto a. S. 268 A. 1 a. O. 43 (45) Anm.

^) Kleopatra schenkte dem Antonius drei Kinder, ein Zwillingspaar, Alexan- | Dio XLIX 41. dros und Kleopatra, und einen Sohn Ptole- [

maios, beigenannt Philadelphos. Die Toch- ter Kleopatra heiratete später den Juba von Mauretanien. Plut. Aut. 54. 87. Cass.

6. Vierte Periode : Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chr.). 43.) 273

diese Schenkungen eine Minderung des Reiches, und selbst die Freunde des Antonius konnten sein Verlialten nicht rechtfertigen. Vielen unter ihnen war die Verbindung mit der ägyptischen Königin und die Förderung der ptolemäischen Großraachtspolitik ein Dorn im Auge, und nicht wenige gingen zu Oktavian über.

Die das römische Nationalgefühl verletzenden Vorgänge in Alexandrien veranlaßten den Oktavian, mit Anklagen gegen Antonius öffentlich hervor- zutreten, woraus sich ein Federkrieg der Triumvirn entwickelte, der von den Parteigängern auf beiden Seiten lebhaft weitergeführt wurde. Antonius beschwerte sich seinerseits über die Absetzung des Lepidus und verlangte Halbpart von allen Erwerbungen Oktavians, sowie die Hälfte der italischen Rekruten. Die Antwort Oktavians, der die nicht unbegründeten Ansprüche glatt ablehnte, ging dem Antonius 33 v. Chr. in Armenien zu; er setzte hierauf sein Heer sofort gegen Westen in Marsch; der Krieg gegen die Parther war damit aufgegeben. Dann fiel die Entscheidung zu Anfang 32 v.Chr., als in Rom zwei Antonianer, Cn.Domitius Ahenobarbus und C. Sosius, das Konsulat antraten. In einem Schreiben an den Senat erklärte sich An- tonius bereit, das Triumvirat, dessen zweite Periode damals ablief, nieder- zulegen und die alte Verfassung wieder in Kraft zu setzen. Die Konsuln stellten sich in den Dienst des Antonius. Oktavians Lage war höchst kritisch. Seit dem 1. Januar 32 v. Chr. ist er nur noch amtloser Privatmann. Wäh- rend sein Rivale als Prinzgemahl der ägyptischen Königin den Verlust des Triumvirates leicht verschmerzen kann, hat Oktavian den legalen Boden seiner Macht unter den Füßen verloren. Aber mit einem Staatsstreich, i) gestützt auf die Schwerter seiner Soldaten, terrorisierte er den Senat. Vor der Gewalt räumten seine Gegner, an ihrer Spitze die Konsuln, das Feld. Oktavian gewann sein gewagtes Spiel durch Veröffentlichung des Testaments des Antonius, das ihm der Verrat zweier Überläufer zugänglich machte und durch dessen Inhalt die nationale Würdelosigkeit des Antonius aufgedeckt wurde. Der Abtrünnige wurde durch Volksbeschluß seiner Ämter entsetzt und an Kleopatra der Krieg erklärt. Jetzt erst löste Antonius in aller Form seine Ehe mit Octavia, die sich durch ihre würdige Haltung allgemeine Sympathie erworben hatte. Die öffentliche Meinung erblickte in Oktavian den Vertreter der nationalen Sache, den Anwalt des populus Eomanus. Vergebens versuchte Antonius in Italien gegen ihn Stimmung zu machen. Trotz den neu aufgelegten Kriegssteuern blieb mit wenigen Ausnahmen alles ruhig; die Mehrheit des Senats erklärte sich für Oktavian. Volk und Senat leisteten ihm den militärischen Treueid. Der Staatsstreich war ver- gessen und vergeben.

Antonius und Kleopatra vereinigten sich zur Eröffnung des Feldzuges schon im Herbst 33 v. Chr. in Ephesos und weilten dann, während die Flotten imd Heere sich sammelten, längere Zeit auf Samos und später in Athen. ^) Alle Dynasten des Ostens brachten ihre Kontingente, aus dem Westen er-

') W. KoLBE, Hermes 49, 1914, 273 ff. leugnet den Staatsstreich Oktavians, da nach seiner Ansicht (vgl. Appian Illyr. 28)

117, 3. F. 21, 1917, 11 ff. und bes. E. Kokne- MANN, Mausoleum und Tatenbericht des Aug., Leipzig-Berlin 1921, 96 ff.

das Triumvirat erst Ende 32 v. Chr. ab- ^) Zum folgenden vgl. Kkomayer, Hermes

lief. Dagegen A. Bauer, Hist. Zeitschr. 34, 1899, 1 ff.

Handbuch der kl ass. Altertumswissenschaft, lU, 5. 5. Aufl. 18

Römische Ge:hicMe.

schien König Bogud von Mauretanien dessen Reich Oktavian 83 v.Chr. nach dem Tod des Bocchus eingezogen latte ; auch die Geten versprachen Hilfe, Antonius hatte mit seinen Eüstagen einen erheWichen Vorsprung; er konzentrierte seine Hauptmacht, etw lOOGOO* Mann mit 12000 Reitern und eine Flotte von 500 Kriegsschiffei an der Westküste Griechenlands und versuchte einen Vorstoß gegen Itaen, mußte aber auf eine Landung verzichten, da er keinen Stützpunkt fa:l und Oktavian alles zur Verteidi- gung vorbereitet hatte; bei Korkyra karte er um und nahm sein Haupt- quartier in Patrae, während Heer und lotte am Meerbusen von Ambrakia bei Actium überwinterten (32/31 v. Cl .). Die Verpflegung war schlecht organisiert, die Flotte litt Mangel un verlor viele Leute, Griechenland mußte Ersatz liefern und wurde überhapt erbarmungslos geschröpft.

Oktavian hatte sich zunächst im gnzen Westen auf die Verteidigung eingerichtet, ging aber dann nach Voüidung seiner Rüstungen im Früli- jahr 31 v. Chr. mit etwa 80000 Mann ad 400 Kriegsschiffen zum Angritt' über, die Vorhut führte Agrippa, dem •gleich einige kühne Streifzüge zur See glückten. Gegenüber den Antoniaorn sammelte sich das ganze Heer im südlichen Epirus und lagerte hier lagere Zeit. Antonius wurde durch Erfolge der Gegner, durch die Erober ul^ von Leukas, Patrae und Korinth immer mehr eingeengt, seine Flotte w; in der Bucht von Ambrakia fest- geklemmt. Sein Heer litt Mangel sehe begann in seinen Reihen der Ab- fall zu Oktavian. Antonius mußte einu^ntscheidung suchen und beschloß auf Rat der Kleopatra, sich mit der Flcte den Durchbruch zu erkämpfen. So kam es am 2. September 31 v. Chr bei Actium zu einer großen See- schlacht. Der Durchbruch gelang nich während der Kampf noch tobte, entfernte sich Kleopatra mit ihrem Ge^h wader, Antonius folgte ihr, aber die übrigen Schitt'e. etwa zwei Drittel de Flotte, blieben zurück und wurden nach tapferem Widerstand überwältigt. )as Landheer des Antonius, gionen, hätte unter Canidius Crassus on Rückzug nach Makedoi treten sollen, wurde aber umstellt undkapitj Führer, der heimlich nach Ägypten etwie^ ganz Griechenland zujubelte, begab sich ach wo er den Winter verbrachte (31/30 v. Ihr. er einen großen Teil des Heeres entlassa. in Italien eine schwere Meuterei, so da Italien über die stürmische See mußte, lu ( eilte er wieder nach Osten, um den Knc bringen. Dieser war von Actium über lii hatte dann Alexandrien erreicht. Die i( ließen ihn. auch die Legionen, die bei Ky3J Winter über schwankte Antonius zwi behauptung und Verzweiflung, Leben-, handlungen mit Oktavian, der keine Milf sich. Im Sommer 30 v. Chr. rückte Oktavian von Syrien, Cornelius Galku ohne Schwierigkeit erobert; vor Alexa^ Gegenwehr; allein vergebens; seine un

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6. Vierte Periode: Bis zum Un+^^ang der Republik (28 v. Chr.). C^.) 275

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zu Oktavian über, und am 1. August )nius stürzte sich in sein Sclnvort. il't, Ägypten für sich oder ilire KindiM- sie zuletzt den Widerstand selbst go- cn wurde, nahm sie sicli das Leben.') rion, wurde auf der Flucht eingeholt liste Sohn des Antonius; (he übrigen 'patra wurden begnadigt und wie »he Familie gerechnet. Ägypten wurde von iid zwar zu einer Provinz des nunischen .ich der eigenen Verwaltung Oktavians, ilreten liefs, vorbehalten blieb.'') Der iite, die ihm für die Versorgung der .uisse seiner Herrschaft von unschätz- barem Wert war. Oktavians PoHt II der Kleopatra gegenüber war von dem Bestreben geleitet, den ägyptiscln ' Königssdiatz unversehrt in seine Hand zu bringen, was in der Tat gchm; auch sonst wurden dem NiUand hoho Kontributionen auferlegt. Ägypte hat die Hauptkosten des Krieges be- zahlen müssen. Die Steuern wi vinzen und Königreiche des r<">i einige besonders eifrige Parti

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*) Vgl. LT. WiLCKKN in Mitteih-Wilcken, (iruudzüge u. Chre8tomathi(f dar Papyrus- kunde I, 1, 1912, 28 f., A. Stein, Unt(!rs. zur Gesch. u. Vorwaltung Ägvpt*!ns, Stutt- gart 1 !> 1 5, 79 ff.

18'

274 Römische Geschichte.

schien König Bogud von Mauretanien, dessen Reich Oktavian 38 v. Chr. nach dem Tod des Bocchus eingezogen hatte; auch die Geten versi)rachen Hilfe. Antonius hatte mit seinen Rüstungen einen erhebhchen Vorsprung; er konzentrierte seine Hauptmacht, etwa 10000(/ Mann mit 12000 Reitern und eine Flotte von 500 Kriegsschiffen, an der Westküste Griechenlands und versuchte einen Vorstoß gegen Italien, mußte aber auf eine Landung verzichten, da er keinen Stützpunkt fand und Oktavian alles zur Verteidi- gung vorbereitet hatte; bei Korkyra kehrte er um und nahm sein Haupt- quartier in Patrae, während Heer und Flotte am Meerbusen von Ambrakia bei Actium überwinterten (32/31 v, Chr.). Die Verpflegung war schlecht organisiert, die Flotte litt Mangel und verlor viele Leute, Griechenland mußte Ersatz liefern und wurde überhaupt erbarmungslos geschröpft.

Oktavian hatte sich zunächst im ganzen Westen auf die Verteidigung eingerichtet, ging aber dann nach Vollendung seiner Rüstungen im Früh- jahr 31 V. Chr. mit etwa 80000 Mann und 400 Kriegsschiffen zum Angriff über, die Vorhut führte Agrippa, dem sogleich einige kühne Streifzüge zur See glückten. Gegenüber den Antonianern sammelte sich das ganze Heer im südlichen Epirus und lagerte hier längere Zeit. Antonius wurde durch Erfolge der Gegner, durch die Eroberung von Leukas, Patrae und Korinth immer mehr eingeengt, seine Flotte war in der Bucht von Ambrakia fest- geklemmt. Sein Heer litt Mangel, schon begann in seinen Reihen der Ab- fall zu Oktavian. Antonius mußte eine Entscheidung suchen und beschloß auf Rat der Kleopatra, sich mit der Flotte den Durchbruch zu erkämpfen. So kam es am 2. September 31 v. Chr. bei Actium zu einer großen See- schlacht. Der Durchbruch gelang nicht; während der Kampf noch tobte, entfernte sich Kleopatra mit ihrem Geschwader, Antonius folgte ihr, aber die übrigen Schiffe, etwa zwei Drittel der Flotte, blieben zurück und wurden nach tapferem Widerstand überwältigt. Das Landheer des Antonius, 19 Le- gionen, hätte unter Canidius Crassus den Rückzug nach Makedonien an- treten sollen, wurde aber umstellt und kapitulierte, verlassen von seinem Führer, der heimlich nach Ägypten entwich. Der Sieger Oktavian, dem ganz Griechenland zujubelte, begab sich nach Athen und von da nach Samos, wo er den Winter verbrachte (31-30 v. Chr.). Gleich nach dem Sieg hatte er einen großen Teil des Heeres entlassen. Unter den Entlassenen entstand in Italien eine schwere Meuterei, so daß Oktavian selbst im Winter nach Italien über die stürmische See mußte, um die Veteranen zu beruhigen. Dann eilte er w^ieder nach Osten, um den Krieg gegen Antonius zum Abschluß zu bringen. Dieser war von Actium über Tainaron nach Kyrene geflohen, und hatte dann Alexandrien erreicht. Die meisten seiner Bundesgenossen ver- ließen ihn, auch die Legionen, die bei Kyrene standen, fielen von ihm ab. Den Winter über schwankte Antonius zwischen Furcht und Hoffnung, Selbst- behauptung und Verzweiflung, Lebensgenuß und Menschenscheu. Unter- handlungen mit Oktavian, der keine Milde walten lassen mochte, zerschlugen sich. Im Sommer 30 v. Chr. rückte der Feind von zwei Seiten heran, Oktavian von Syrien, Cornelius Gallus von Kyrene her. Ägypten wurde ohne Schwierigkeit erobert; vor Alexandrien versuchte Antonius nochmals Gegenwehr; allein vergebens; seine und der Kleopatra Streitmacht, zuerst

6. Vierte Periode: Bis zum Untergang der Republik (28 v. Chi-.). 43.) 275

die Flotte, dann das Landheer, ging zu Oktavian über, und am 1. August 30 V. Chr. fiel die Hauptstadt. Antonius stürzte sich in sein Schwert.

Kleopatra hatte noch immer gehofft, Ägypten für sieh oder ihre Kinder zu retten; aus diesem Grund hatte sie zuletzt den Widerstand selbst ge- hemmt; als ihre Hoffnung zuschanden wurde, nahm sie sich das Leben.') Ihr ältester Sohn, Ptolemaios Kaisarion, wurde auf der Flucht eingeholt und getötet, ebenso Antyllos, der älteste Sohn des Antonius; die übrigen Kinder des Antonius und der Kleopatra wurden begnadigt und wie die Kinder der Oetavia zur caesarischen Familie gerechnet. Ägypten wurde von Oktavian eingezogen, wodurch das Land zwar zu einer Provinz des römischen Weltreichs wurde, jedoch ausschließhch der eigenen Verwaltung Oktavian s, der sich durch einen Präfekten vertreten ließ, vorbehalten blieb. 2) Der Sieger fand in Alexandrien eine Beute, die ihm für die Versorgung der Veteranen und die sonstigen Bedürfnisse seiner Herrschaft von unschätz- barem Wert war. Oktavians Politik der Kleopatra gegenüber war von dem Bestreben geleitet, den ägyptischen Königsschatz unversehrt in seine Hand zu bringen, was in der Tat gelang; auch sonst wurden dem Nilland hohe Kontributionen auferlegt. Ägypten hat die Hauptkosten des Krieges be- zahlen müssen. Die Steuern wurden dauernd erhöht. Die anderen Pro- vinzen und Königreiche des römischen Ostens blieben wie sie waren; nur einige besonders eifrige Parteigänger des Antonius wurden bestraft. Den Winter 30 29 v. Chr. brachte Oktavian in Asien zu. Damals fanden auch mit den Parthern Verhandlungen statt. Antonius hatte den verbündeten Mederkönig gegen die Parther mit Truppen unterstützt, dann aber im Krieg gegen Oktavian ihm die Hilfe entziehen müssen. Nun war der Meder von den Parthern überwältigt worden, und Medien wie Armenien ging dem römischen Einfluß verloren. Aber die Parther wurden durch Thronstreitig- keiten zwischen Phraates und Tiridates gehemmt. Beide Prätendenten wandten sich an Oktavian, der die Gelegenheit benutzte, die Arsakiden in eine ge- wisse Abhängigkeit zu bringen und dadurch den Frieden zu sichern. Die Gebietsverhältnisse blieben hier vorläufig unverändert.

In Rom waren dem Oktavian vom Senat nach den Siegen die höchsten Ehren dekretiert Avorden; das Andenken des Antonius wurde verflucht. Einige asiatische Gemeinden huldigten dem Sieger schon damals durch den Bau von Tempeln und die Einrichtung eines Kultes. Bei Actium, an der Stätte, wo das oktavianische Lager gestanden hatte, wurde eine neue helle- nische Freistadt, Nikopolis, gegründet und mit akarnanischem, ätolischem und epirotischem Gebiet ausgestattet. Penteterische Wettspiele, die Aktien, sollten dort nach dem Muster der Olympien alle vier Jahre von den Hel- lenen gefeiert werden. Über Korinth kehrte Oktavian nach Italien zurück

') Während NöLDEKE die Hypothese auf- Adoptivsohn die einfachste Lösung aller

stellte, Oktavian habe die Kleopatra um- Schwierigkeiten.

^^\^^^^^ ä^^^^^' "in;^'«* E. Groag, Klio XIV, . ^) Vgl. U. Wilcken in Mitteis- Wilcken,

1915, 5/ ff. an, daß Augustus der noto- Grundzüge u. Chrestomathie der Papyrus-

rischen Selbstmordabsicht der Königin ' künde I. 1, 1912, 28 f.. A. Stein Unters

durch lässige Überwachung Vorschub lei- zur Gesch. U.Verwaltung Ägvptens Stutt-

stete. Ohne Zweifel war der Tod der gart 1915, 79 ff. einstigen Freundin Caesars für dessen

18*

276 Römische Geschichte.

lind beging mit außergewöhnlicher Pracht einen dreifachen Triuni])li (18.

bis 15. August 20 V. Chr.). Er war jetzt Alleinherrscher.

Literatur: Dkumann-Uroebe, Gesch. Roms. bos. Bd. I (Antonü), IV (Octavii). V. Gardthausen, Augustus u. soinoZoit, I. Thoil. l.Bd. II. Thoil, l.Bd., Leipzig 1891. L. Ganter, Die I'rovinzialvorwaltung der Triumvirn, Diss. Straßhurg 1892. Mommsen, lies gestae (livi Attgtisti)'' Berlin 1883.

VII. Fünfte Periode der Geschichte Roms: Die Kaiserzeit

bis auf Diokletian.

Quellen: Von der reichen geschichtlichen Literatur in lateinischer und griechischer Sprache, wie sie namentlich das erste Jahrhundert der Kaiserzeit hervorbrachte, ist nur wenig erhalten, vieles ganz verschollen. Es fügte sich von selbst, daß die Anfänge der neuen Epoche mitunter mit der Geschichte der Bürgerkriege verknüpft wurden, so schon von Livius, dessen Annalen bis 9 v. Chr. reichten, also die erste Hälfte der Zeit des Augustus mit umfaßten. Ein gleiches galt von den Historien des Nikolaos von Daniaskos (S. 17). Ebenfalls in die Übergangszeit gehörte die Autobiographie des Augustus (S. 157), benutzt von Nikolaos von Damaskos in seiner offiziösen Bio- graphie des Augustus, von der beträchtliche Fragmente erhalten sind,') sowie die Memoiren des M. Valerius Messalla Corvinus,^) des M. Agrippa (gestorben 12 v.Chr.) und des C. Maecenas (gestorben 8 v.Chr.). Während diese interessanten documents humains leider verloren sind, besitzen wir fast vollständig ein authenti- sches Selbstzeugnis des ersten Kaisers, den knappen index rernm gestarnm, den Be- richt über Ämter und Ehren {honores), Aufwendungen für das Gemeinwohl {impensae) und Taten {res gestae), den Augustus bei seinem Tode hinterließ und der dann vor seinem Mausoleum auf dem Marsfeld seinem Willen gemäß auf zwei ehernen Pfeilern eingraviert der Öffentlichkeit übergeben wurde. Von den provinzialen Kopien dieses Textes (in lateinischer Sprache nebst griechischer Übersetzung) haben sich bedeutende Inschriftenreste in Ankyra (Angora) in Galatien (daher spricht man vom Monumentiim Ancyranuni) sowie kleinere Fragmente in Apollonia und Antiocheia in Pisidien ge- funden. Das Monumentum Ancyranum, diese „Königin der Inschriften", ist eine Quelle ersten Eangs für die Zeit des Augustus.') Manches Wertvolle besonders auch für die Provinzialgeschichte bieten die uns erhaltenen 17 18 n. Chr. in Rom abgefaßten rscoygaqipcä des Strabon aus Amaseia.

') FHG III 427 ff. der Inschrift des Duodezfürsten Antiochos 2) Er gab nach der Schlacht bei Philippi von Kommagene. Vgl. Mommsen, Ges. Sehr, die Sache der Republik, für die er tapfer IV 247 ff. Die successive Entstehung des gekämpft hatte, auf und ging zu den sieg- Textes sucht E. Kornemann, Mausoleum reichen Triumvirn über. Im J. 31 v. Chr. und Tatenbericht des Augustus, Leipzig- war er Konsul, 27 v.Chr. triumphierte er; Berlin 1921, im einzelnen nachzuweisen kurz vor Augustus, etwa 13 n.Chr., scheint von einem 'Urmonument' aus dem Ende er gestorben zu sein. Vgl. PIE III 363 ff., des J. 29 v. Chr. bis zur letzten Redaktion nr. 90. des Augustus 6 oder 7 n. Chr. und den ') Klassische Ausgabe von Th. Mommsen, notwendigen Ergänzungen durch Tiberius Res gestae divi Augusti, Berlin 1883'' mit nach dem Tod seines Stief- und Adoptiv- einem Kommentar, der eine Fundgrube vaters. Der einzige sichere terminxs für die Geschichte des Avigustus bedeutet. ante quem für die Arbeit des Augustus Die Inschrift ist nicht als Grabschrift zu ist der 3. April 13 n. Chr., an welchem Tag fassen, wie besonders E. Bokmann, Mar- der greise Kaiser den Index mit seinem burger Rektoratsprogramm 1884, wollte. Testament und anderen Dokumenten bei Als Rechenschafts- oder Tatenbericht ist den Vestalinnen deponierte (Suet. Aug. sie vielmehr eine Gattung für sich, hat 101, 1 u. 4). aber im Osten gewisse Parallelen, so in

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (Quellen.) 277

Noch unter Augustus schilderte A. Creniutius Cordus den Untergang der Republik und die Anfänge der Monarchie mit einem Freimut, der ihm unter Tiberius eine Anklage vor dem Senat zuzog. Der Verurteilung gewiß, ging er freiwillig in den Tod. Ein anderer Historiker dieser Übergangszeit war Aufidius Bassus, an den C. Plinius der Ältere unmittelbar anknüpfte, indem er 31 Bücher u fine Äufidil i^ass/ vermutlich bis herab zum Jahr 71 n. Chr. verfaßte. Zuvor hatte Plinius eine breite Monographie über die germanischen Kriege geschrieben.^) Weiter sind als Annalisten der Kaiserzeit zu nennen der Konsular M Cluvius Eufus, der am Hofe Neros eine Rolle gespielt hatte und unter Vespasian schrieb, sowie Vipstanus Messalla und Fabius Rusticus, die Zeitgenossen der Flavier. Neben dieser im einzelnen nicht mehr faßbaren Kaiserannalistik gab es eine reiche Memoirenliteratur. Daran sind beteiligt Kaiser Tiberius, die jüngere Agrippina, Cn. Domitius Cor- bulo, sowie Vespasian. Mehrere Darstellungen galten den Bürgerkriegen nach Neros Tod. Aber alle diese Originalwerke sind verloren, erhalten ist nur der kurze Geschichtsabriß des C. Velleius Paterculus ad M. Vhiicium libri duo, bis auf das Jahr der Abfassung, 30 n. Chr., herabgeführt. Der loyale Verfasser ist ein begeisterter Verehrer des Tiberius, unter dem er als Offizier gedient hatte, und huldigt sogar dem Seian.^) Über den jüdischen Aufstand (66 70 n. Chr.), der mehrere Geschichts- werke hervorrief, liegt uns noch das Buch des Flavius Joseph us vor, eines Juden, der während des Aufstandes (67 n. Chr.) in römische Gefangenschaft geriet, im römi- schen Heerlager die Belagerung Jerusalems mitmachte und sich später als Frei- gelassener Vespasians in Rom aufhielt, wo er zwischen 75 und 79 n.Chr. seine Ge- schichte des jüdischen Krieges in griechischer Sprache verfaßte. Als Einleitung schildert er die Schicksale der Juden seit der makkabäischen Erhebung. Später, 93/94 n. Chr., ließ er seine jüdische Archäologie folgen, eine Geschichte der Juden von der Schöpfung bis zum Ausbruch des Aufstandes 66 n. Chr. Die späteren Bücher (15^20) sind für die allgemeine Zeitgeschichte von Wert. Eingehend ist z. B. der Tod des Caligula und der Regierungsantritt des Claudius erzählt.^) Von der bio- graphisch, orientierten Kaisergeschichte von Augustus bis Vitellius, die Plutarchos von Chaironeia^) vielleicht unter Domitian verfaßte, sind nur die Biographien des Galba und Otho auf uns gekommen.

Wenn von der reichen römischen Kaiserannalistik sich nichts erhielt, so liegt das an der überragenden Leistung des Cornelius Tacitus,^) die alle Vorgänger verdrängte. Erst unter dem toleranten Nerva im Jahr 98 n. Chr. begann Tacitus seine historische Schriftstellerei mit zwei kleineren Schriften, der enkomiastischen Biographie seines Schwiegervaters Cn. Julius Agricola und der sog. Germania {de origine et situ Germmiorum), gewissermaßen einem vorausgeschickten ethnographischen

1) Vgl. Ed. Nokden, Die german. Ur- •*) Diese beiden Kaiserbiographien, die

geschichte in Tacitus Germania, Leipzig- mit den ßioi .laoalhf/Mt nichts zu tun haben,

Berlin 1920, 207 fi". machten auf Mommsen „den Eindruck eines

^) Velleius war 15 n.Chr. Prätor. Er Anfängerwerkes" (Ges.Schr.VII 226). Über hegte den unseres Wissens nicht verwirk- ihre Eigenart vgl. F.Leo. Griech.-röm. Bio- lichten Plan, in einem ausführlichen Ge- graphie, Leipzig 1901, 156 f. Schichtswerk vor allem den Tiberius zu ^) Die Familie des Tacitus gehörte dem verherrlichen. Vell. 1196,3; 99,3; 103,4; Ritterstandan. Er selbst schlug die sena- 114, 4. torische Laufbahn ein. Geboren etwa 55

^) Vgl. E. ScHÜREK, Gesch. des jüd. Volkes n. Chr., wurde er im Jahr 88 Prätor, im

I^ 74 flf.. Niese, Hist. Zeitschr. 76, N. F. 40, I Jahr 97 Konsul, zuletzt Prokonsul von

1896, 193 flf. HöLSCHEK, PW IX 1934 flf. i Asia. Tacitus galt als der berühmteste

W.Weber, Josephus u. Vespasian, Stuttg. Redner und Sachwalter seiner Zeit; seine

1921. Höchst scharfsinnig, aber nicht un- Freundschaft mit dem jüngeren Plinius

bedenklich sind die Aufstellungen von , bezeugt dessen Briefwechsel. Vgl. außer

R. Laqueür, Der jüd. Historiker Flavius den Literaturgeschichten (S. 19) Schwabe,

Josephus, Gießen 1920. PW IV 1566 ff.

278 Römische Geschichte.

Exkurs zu seinem folgenden Gescliichtswerk.') Von diesem erschienen zunächst zwischen 104 und 109 n.Chr. die Historien, die mit dem I.Januar 6'.* n. Chr. ein- setzten und mit Domitians Tod schlössen. Erhalten sind von im ganzen wohl zwölf Büchern nur Buch 1—4 und der erste Teil des fünften, umfassend das Jahr 69 n. (Jhr. und einen Teil des folgenden. Der ursprüngliche Plan, auch noch die Regierungen Nervas und Traians zu schildern, wurde nie verwirklicht. Den Anschluß nacli oben gewann Tacitus mit den sog. Annalen, den wohl 18 Büchern ab cxcessu divl Auf/usti, die vom Tod des Augustus bis zum Ende des Jahres 68 reichten und nun zusammen mit den Historien ein großes Annalenwerk vom Jahr 14 n.'Chr. bis zum Jahr 96 n. Chr. bildeten. Erhalten sind von den Annalen die Bücher 1 6 (mit einer Lücke, die große Stücke des 5. und 6. Buchs verschlang) sovpie, zu Anfang und am Ende verstümmelt, Buch 11 16; mitten im Satz bricht die Erzählung des Jahres 6(> n.Chr. ab. Die Annalen müssen zwischen 115 und 117 n. Chr. vollendet worden sein. Seine Absicht, auch die Geschichte des Augustus zu behandeln, hat Tacitus nicht mehr verwirklicht. Als Schriftsteller ist Tacitus unerreicht, namentlich in der drama- tischen Komposition liegt seine Stärke. Forscher in unserem Sinn war er nicht; ihm genügte es, den von anderen überlieferten Stoff künstlerisch zu formen. Seine })olitischen Ideale wurzeln in der republikanischen Vei-gangenheit; durchaus sena- torisch gesinnt, frondierte er doch nicht gegen das monarchische System, von dessen Notwendigkeit er sich resigniert überzeugt hat. Von Standesvorurteilen nicht frei, hat er aber die kaiserliche Politik nicht immer gerecht beurteilt und besonders den Tiberius völlig verkannt. Die Frage nach den Quellen des Tacitus ist für die An- nalen nicht zu lösen. Dagegen zwingt ein Vergleich des Anfangs der Historien mit Plutarchs Galba und Otho zur Annahme einer dem Griechen und dem Römer ge- meinsamen Quelle, auf deren Benennung man lieber verzichten wird.^j Lehrreich ist jener Vergleich vor allem dadurch, daß er einen Blick in die Werkstatt des Historikers gewährt: es zeigt sich, daß Tacitus, unbeschadet seiner Originalität, ge- wisse Pointen wörtlich seiner Vorlage entlehnte. Für militärische Dinge hat Tacitus geringes Verständnis und um die Provinzen kümmert er sich sowenig wie möglich. Sein Horizont ist der des Stadtrömers: die Idee einer wirklichen Reichsgeschichte ist ihm nie aufgestiegen. Ein jüngerer Freund des Tacitus war der Neffe und Adoptiv- sohn des älteren Plinius, C. Plinius Caecilius Secundus.'^) Sein im Jahr 100 n.Chr. von ihm als Konsul gehaltener Panegyricus auf Kaiser Traian, ferner der Briefwechsel mit seinen Freunden, von 97 109 n. Chr. von ihm selbst herausgegeben, und endlich die offizielle Korrespondenz mit dem genannten Kaiser, als dessen Ver- trauensmann er die Provinz Bithynien und Pontus etwa 111—113 n. Chr. verwaltete, sind von hohem Nutzen für die Kenntnis seiner Zeit.

Etwa zwanzig Jahre jünger als Tacitus war C. Suetonius Tranquillus, ein namhafter Philologe und Grammatiker.^) Er hat mit seinen Caesai-es, den Viten der

') MoMMSEN, Reden und Aufsätze. 144 ff. berühmte Abhandlung von Th. Mommsen,

Ed. Norden, Die german. Urgeschichte in Zur Lebensgeschichte des jüngeren Pli-

Tac. Germania, Leipzig-Berlin 1920. nius. Ges. Sehr. IV 366 ff. ist überholt durcli

■•') Unmöglich kann, was auch behauptet die gleichbetitelte von Walter Otto, Sitz.-

wurde, Plutarch aus Tacitus geschöpft Ber. der Bayer. Akad. 1919, 10. haben. Mommsen, Ges. Sehr. VII 224 ff. •*) Sueton war unter Hadrian Vorstand

sieht die gemeinsame Quelle in Cluvius der kaiserlichen Kanzlei {a/> i'jjisfulLs). Da

Rufus, Nissen, Rhein. Mus. 26, 427 ff. in die Caesaves. deren Anfang verloren ging,

dem älteren Plinius. Vgl. Ph. Fabia. Les demPrätorianerpräfektenSepticiusCIarus

sonrces de Tacite, Paris 1893. S. die Ge- gewidmet waren, der gleichzeitig mit Sue-

schichte der Frage bei Schanz, Gesch. d. ton entlassen wurde {rita Hadrinni 11. 3)

röm. Litt. II, 2, 1913', 317 flf. Auch bei und zwar wahrscheinlich im J. 122 n.Chr.,

Sueton und Cassius Die finden sich Spuren so dürften sie vor jenem Zeitpunkt ent- des betreifenden Autors. 1 standen sein.

') Geb. etwa (i2. gest. um 114 n.Chr. Die

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (Quellen.) 279

Hei-rscher von Caesar bis Doniitian, die römische Kaiserbiographio begründet und damit Schule gemacht. Denn diese neue literarische Gattung, obwohl ursprünglich nur gedacht als Ergänzung der annalistischen Geschichtschreibung, hat diese, wenig- stens im lateinischen Sprachgebiet, fast völlig verdrängt. Sueton verfügte über ein teilweise ausgezeichnet^es Material, das er in geistloser Weise nach einem festen Schema verarbeitete. Er hat aber auch den übelsten Klatsch mit aufgenommen und auf ein psychologisch entwickeltes Persönlichkeitsbild verzichtet.

Die Folgezeit ist besonders in lateinischer Sprache arm an ernsteren histo- rischen Leistungen, und Tacitus hat einen irgendwie ebenbürtigen Nachfolger zu- nächst nicht gefunden, mag es auch an Fortsetzern nicht ganz gefehlt haben. Die Hauptarbeit verrichteten die Griechen, unter denen Flavius Arrianus aus Niko- medien hervorragt. Er wurde unter Hadrian Konsul und Statthalter. In seinen noch von Photios im l». Jahrhundert gelesenen IlagöiyA beschrieb er die Parther- kriege Traians.^) Sein Zeitgenosse war Appianos aus Alexandrien, der erst in seiner Vaterstadt höhere Ämter Verwaltete, dann Ritter wurde und in Rom die Beamtenlaufbahn einschlug. In der Muße des Alters verfaßte er um 16U n. Chr. die schon erwähnte (oben S. 18) römische Geschichte, deren letzte Bücher ('ExaTcnia- FTi'a, Aaxixt), 'Aodßtog), woran sich noch eine IlaQßty.rj und eine Übersicht über die Provinzialverwaltung und die militärischen und finanziellen Mittel des Reiches an- anreihen sollten, den Eroberungen der Kaiserzeit galten. Leider ist davon nichts auf uns gekommen.''*) Dann hat der Partherkrieg unter Marc Aurel eine Hochflut von wertloser „historischer" Tagesliteratur hervorgerufen.^) Die Zeit steht unter der Herrschaft des Klassizismus, und gerade in jenen Geschichten des Partherkrieges hat die manierierte Nachahmung der klassischen Stilmuster die absonderlichsten Ein- tagsblüten getrieben. Ein für den geistigen Tiefstand bezeichnender Typus ist der archaisierende Rhetor M.Cornelius Fronto (Konsul 143 n.Chr.), der Lehrer und Freund der Kaiser Marc Aurel und L. Verus. Sein zum großen Teil erhaltener Brief- wechsel mit diesen seinen Zöglingen ist in der Form geziert und inhaltlich wenig ergiebig.

Ein Historiker von Rang war der Grieche Cassius Dio Cocceianus,*) ein Landsmann Arrians. Sein großes Hauptwerk ist die 'Pco^imx)] torooia von der Gründung der Stadt bis auf die eigene Zeit in 80 Büchern, wobei die Regierung des Severus Alexander bis 229 n. Chr. nur noch knapp skizziert ist. Das mehr oder minder voll- ständig Erhaltene beschränkt sich auf die Geschichte der Jahre 68 v. Chr. bis 46 n. Chr. (Buch 36—60) und den Schluß, Teile des 79. und 80. Buches; im übrigen sind wir auf die konstantinischen Exzerpte, sowie auf die Auszüge der Byzantiner Xiphilinos und Zonaras und andere späte Reflexe Dios angewiesen. 5) Stilistisch spielt Dio den

1) Vgl. Müller, FHG III 586 ff.. Ed. Dio von Prusa (Chrysostomos) irgendwie ScHWARTZ, PW II 1230 ff. In den dreißiger verwandt. Sohn eines Senators, trat er Jahren des 2. Jahrh. war er kaiserlicher selbst im J. 180 n. Chr. in den Senat ein; Legat der Provinz Kappadokien. In dieser 194 bekleidete er die Prätur; später war Eigenschaft bereiste er das Küstengebiet er Konsul und Prokonsul von Afrika. Zu- des Pontus, worüber er in dem erhaltenen sammen mit Kaiser Severus Alexander .TFoL-T/.ov; Er$8irov IlniTov in Form eines wurde er 229 n. Chr. zum zweitenmal Briefes an Hadrian berichtete. Im Ruhe- Konsul. Im selben Jahr schied er aus stand widmete er sich ganz der Literatur. dem Staatsdienst aus. Vgl. Ed. Schwartz, Lange lebte er in Athen, wo er noch im PW III 1684 ff.

J. 171/ 72 n. Chr. als Prytane nachgewiesen . '■') Xiphilinos exzerpierte auf Befehl

werden kann. des Kaisers Michael Dukas (1071 1078

2) Vgl. Ed. Schwartz, PW II 216 If. j n. Chr.) den Dio vom 36. Buch an: schon

3) Wir kennen sie aus Lucians Satire | in seinem Dioexemplar fehlten aber die .Twc ÖfT ioTogkn' ovyyodf/fn: Geschichte des Antoninus Pius und die

*) Oben S. 18. Dio stammte aus Nikaia ersten Jahre Marc Aureis. Zonaras. der

in Bithynien und war mit dem Redner gegen Mitte des 12. Jahrh. seine Welt-

280 Römische Geschichte.

Thukydideer; als geschultor Rhetor hat er zahlreiche, mitunter recht lange Reden eingelegt, von denen die dem Maecenas für die Monarchie in den Mund gelegte in- sofern interessiert, als sie Dios eigene Reformgedanken zum Ausdruck bringt.') Unter den Quellen Dios befindet sich Livius, dagegen nicht Tacitus und schwerlich Sueton. Auf die griechische Reichshälfte hat Dio nachhaltig gewirkt-, er wurde „der Livius für Byzanz" (Wilamowitz). Wohl sein Zeit- und Standesgenosse war Marius Maxi- mus,'^) der Fortsetzer und Xachahiner der Kaiserbiographien Suetons. Er behandelte die Kaiser von Nerva bis Elagabal in lateinischer Sprache, wahrend sonst das Grie- chische vorherrscht.

Auf Dio folgt zunächst Herodianos, vermutlich aus Antiocheia,') mit seiner noch erhaltenen griechisch geschriebenen Geschichte der Jahre 180 bis 238 n. Chr. in acht Büchern. Herodian ist rhetorisch beeinflußt. Die Chronologie wird ver- nachlässigt. Ü^ber die Vorgänge im Osten zeigt er sich gut unterrichtet; für die Prätendentenkämpfe zwischen Septimius Severus und Pescennius Niger ist er unsere beste Quelle. Eine Geschichte des tausendjährigen römischen Reiches also bis zu dem Jubiläumsjahr 248 n. Chr. in 1.5 Büchern verfaßte in ionischem Dialekt Asinius Quadratus, der auch über die Partherkriege schrieb.^) Die Geschichte der Gotheneinfälle vom Jahr 238 n. Chr. bis auf Aurelian schrieb unter dem Titel Zy.v&ixä P. Herennius Dexippus,*) der selbst im Jahr 267 n.Chr. seine Vaterstadt Athen gegen die barbarischen Heruler verteidigt hatte. Eine Chronographie {Xowiy.a) desselben Verfassers ging bis zum Jahr 269/70 n. Chr. Wenn von diesen Werken kaum die Umrisse kenntlich sind und also die zeitgenössische Tradition für die letzten beiden Drittel des 3. Jahrhunderts versagt, so sehen wir uns auf die noch zu er- wähnenden Historiker der späteren Zeit angewiesen, auf Ammianus Marcellinus und Jordanis, auf Eunapios, den Fortsetzer der Chronik des Dexipp, Zosimos, Petrus Patricius, Johannes von Antiochien, sowie auf die dürftigen lateinischen Kompendien des Eutropius und des Rufius Festus, die knappen Caesares des Aurelius Victor und die ähnlich geartete sog. Epitome de Caesafibus. Aus den eben genannten Kompendien läßt sich als deren Quelle eine uns verlorene, bio- graphisch orientierte, lateinisch geschriebene Kaisergeschichte erschließen.*)

Ein Teil der Überlieferung fand gegen Ende des 4, Jahrhunderts seinen Nieder- schlag in dem Corpus der sog. scriptores historiae Augustae,'') den Biographien der Kaiser von Hadrian bis auf Carus und dessen Söhne, angeblich von sechs verschie- denen Verfassern unter Diokletian und Konstantin geschrieben.^) Wie zahlreiche Anachronismen und Anspielungen beweisen, gehören aber diese Viten erst der theo- dosianischen Zeit an. Der Anfang der Sammlung, die auch sonst Lücken aufweist,

Chronik verfaßte, hat von Nerva ab nicht II 1603 f.

mehr den Dio im Original, sondern den ^) FHG III 666 ff. Ed. Schwartz, PW V

Xiphilinos benutzt. Eine abschließende 288 ff.

Ausgabe Dios mit Zusammenstellung aller ") Vgl. A. Enmann, Philol. IV. Suppl.bd.

Reste verdanken wir Ph. U. Boissevain, 1884, 337 ff.

3 Bde., Berlin 1895 1901. ') Diese Bezeichnung, die in einer der

^) Vgl. Paul Meyer, De Maecetiatis ora- Viten dem Tacitus beigelegt wird, hat

tione a Dione ficfa, Diss. Berlin 1891. sich erst seit dem Beginn des 17. Jahrh.

*) Denn die Identität des Kaiserbiogra- eingebürgert. Der handschriftliche Titel

phen mit L. Marius Maximus Perpetuus vitae diversorum priticlpum et tyrannomm

Aurelianus, der im J. 223 n. Chr. zum a divo Hadriano usque ad Xnmerkinmn a

zweitenmal Konsul war, ist und bleibt diversis conpositi (sie) ist in dieser Fassung

wahrscheinlich. Vgl. PIR II 346 f., nr. 233. nicht antik.

^) Er hat trotz Borghesi, Oeuvres III ^) Sie heißen Aelius Spartianus, Aelius

120, vgl. V 228 nichts zu tun mit dem Legaten Siziliens Ti . Claudius Herodianus ; s. PIR I 380, nr. 710.

*) FHG III 659 ff. Vgl. Ed. Schwaktz, PW

Lampridius, Julius Capitolinus, Vulcacius Gallicanus, Trebellius Pollio und Flavius Vopiscus.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian, ((^uellon.) 281

ist offenbar verloren; sie muß ursprünglich spätestens mit Nerva begonnen haben, womit der Anschluß an Sueton hergestellt war. Unter den Quellen ist vor allem Marius Maximus zu nennen; auch Dexippos wird zitiert und Ilerodian ist stark benutzt. Daneben finden sich auch reine Schwindelzitate, wie überhaupt die Bio- graphien, besonders diejenigen der späteren Kaiser und der Usurpatoren oder „Ty- rannen" von albernen Erfindungen und plump gefälschten Aktenstücken wimmeln. Doch steckt auch manches Korn unter der Spreu, und namentlich der erste Teil des Corpus enthält wertvolles Material. Auf jeden Fall ist den Angaben der Historia Augusta gegenüber stets kritische Vorsicht geboten.')

Auch für die Profangesehichte wertvoll ist die Kirchengeschichte {toTogia iy.xhpuL- arixtj) des gelehrten Bischofs Eusebios von Caesarea in zehn Büchern, beginnend mit dem apostolischen Zeitalter, endend mit der Befreiung der Christen durch Konstantin den Großen. Der Tod des Licinius (325 n. Chr.) wird noch erwähnt. '■') Endlich ist noch der Chronographien zu gedenken, die unseren Geschichtstabellen entsprechen und regelmäßig fortgesetzt wurden. Bekannt sind die Olympiaden des Ph legen von Tralles,'') eines Freigelassenen Hadrians, der seine nach Olympiaden geordneten, recht ausführlichen Zeittafeln bis Olymp. 228, d. h. 137 n. Chr. herabführte. Schon genannt wurde die ebenfalls umfangreiche Chronographie des Dexippos. Gleich- zeitig hat der bekannte neuplatonische Philosoph Porphyrios, der Gegner der Christen, eine mit 270 n. Chr. schließende Chronographie herausgegeben. Diese Literaturgattung wurde von den christlichen Apologeten übernommen. Ihr erster namhafter Vertreter ist Julius Africanus.*) Seine uns nicht erhaltene Chronik reichte in fünf Büchern bis 221 u. Chr. Ihm folgt der oben erwähnte Eusebios, Bischof von Caesarea, mit seiner kurzgefaßten Chronik in zwei Büchern, von denen das erste, die eigentliche Chronik, Königsverzeichnisse und andere Listen enthält, das zweite, die Kanones, synchronistische Tabellen der wichtigen Ereignisse bis 325 n. Chr. Auch dies Werk ist im Original nicht erhalten, sondern nur in späteren Auszügen und Bearbeitungen, sowie in der armenischen Übertragung. Die Kanones hat Hieronymus, der bekannte christliche Schriftsteller, übersetzt, erweitert und bis zum Jahr 378 n. Chr. fortgeführt. Unter den späteren byzantinischen Werken ist zu nennen das sog. Chronicon Paschale, eine von der Erschaffung der Welt bis 629 n. Chr. reichende Chronik, die bald nach dem Endjahr verfaßt worden ist.^) Mehr bietet für unsere Periode die um 810 n. Chr. verfaßte Chronographie des Georgios, beigenannt Synkellos.*) Seine kurze Chronographie [ixkoyi] xQ'^'^oygaqriag) beginnt

') Bahnbrechend war die Untersuchung \ und wird demnächst ersetzt: vgl. E. Hohl, von H. Dessau, Hermes 24, 1889, 337 ff., Klio XIII, 1913, 258 flf., 387 ff. in der zuerst die Spuren der theodosiani- ^) Eusebios, bekannt als Freund Keu- schen Zeit aufgedeckt wurden. Während stantins d. Gr., war gemäßigter Arianer. nach Dessau das ganze Corpus erst da- Die Kirchengeschichte ist nach der Chro- mais entstand, hielt Mommsen, Ges. Sehr. nik geschrieben, die bis 325 n. Chr. reichte; VII 302 flf. an dem diokletianisch-konstan- Eusebios starb 340 n. Chr. Vgl. Ad. Har- tinischen Grundstock fest, gab aber eine nack, Gesch. d. altchristl. Litt. I 551 ff., Überarbeitung in theodosianischer Zeit zu. II 2, 106 ff. Inzwischen ist Dessaus einst heiß um- i ') FHG III 602.

strittene Hypothese durch zahlreiche Ar- "•) Julius Africanus lebte unter den Gor- beiten verschiedener Forscher bestätigt ' dianen in Palästina und Ägypten. Vgl.

worden. Vgl. E. Kornemann bei Gercke- H. Gelzer, Sex. Julius Africanus und die

Norden, Einl. in die Altertumswiss. III- byzantinische Chronographie, 2 Tle.,Leipz.

1914, 255 f., E. Hohl, Bursians Jahresber. 1880—1898.

CLXXI, 1915, 95 flf., A. Rosenbkrg, Einl. u. *) Kbumbacher, Gesch. der byzantin.

Quellenkunde zur röm. Gesch., 1921, 281 flf. Litteratur^ 337.

Ein Sachkommentar, wie ihn Mommsen '') Er war 784 806 n.Chr. öi'r;'ir£A/.o?, d. h.

schon 1890 forderte, ist noch immer ein Gehilfe des Patriarchen Tarasios und ging

dringendes Desiderat. Die Textausgabe dann ins Kloster. Krumbacher a. a. O. 339. von H. Peter, 2 Bde., 1884■^ ist veraltet

282 Römische Geschichte.

mit dor Schöpfung und sehlioüt mit Diokletian (284 n. (Jhr.). (iroüenteils unter Ver- mittlung späterer Chronographen hat er aus Africanus und Eusebios geschöpft. Weit tiefer steht die populäre Chronik des Antiocheners Johannes Malalas (oder Ma- Iclas), eine mit romanhaften Elementen durchflochtene Geschichtserzählung, die aber auch Splitter guter Tradition enthält.') Von den knappen chronistischen Aufzeich- nungen in lateinischer Sprache sind zu nennen der .sog. Chronograph von 854 n.Chr., wichtig vor allem für die Stadt Rom, und die Chronik des Cassiodorus.-) Die Geschichte der Kaiserzeit ist besonders für das 2. und 8. Jahrhundert nur unzulänglich überliefert. Um so wertvoller sind die Aufschlüsse, die sich aus In- schriften, Münzen und Papyri ergeben.

44. Das Kaisertum. Durch seinen Sieg über Antonius beendete Oktavian die Leidens- und Sehreckenszeit der Bürgerkriege, die in zwei Generationen das ganze Reich in den Grundfesten erschüttert hatten. Aus der schweren Krisis ging ein neues, anders gestaltetes Rom und Italien hervor. Nicht nur daß die alte Aristokratie furchtbar dezimiert war und neue Männer aus Italien oder der Provinz emporkamen, auch die Struktur der Bürger- schaft und der übrigen Bevölkerungsschiehten hatte sich infolge der Kriege, Pi'oskriptionen und Kolonisationen gewandelt. Unsäglich hatten die Pro- vinzen, vor allem im Osten, leiden müssen. Griechenland, Makedonien und Asien waren durch die mithridatischen Kriege, durch die Seeräuber, durch dreifachen Bürgerkrieg, sowie durch Einfälle barbarischer Nachbarstämme verheert, geplündert, gebrandschatzt; viele Städte und Landschaften waren verarmt und entvölkert. Was die gepeinigte Welt brauchte und ersehnte, das war der Friede, den ihr dann endlich Oktavian brachte. Er ist der Friede- fürst, der nun als Erlöser, als Wohltäter und Weltheiland, als Gott auf Erden gefeiert wird. 3) Das Friedenswerk war die beste Legitimation seiner Herrschaft; dem Reich den Frieden zu erhalten, betrachtete er als seine vornehmste Aufgabe.'')

Nach Rom zurückgekehrt, machte sich Oktavian alsbald an die Wieder- herstellung des- Gemeinwesens, die er in seinem sechsten und siebenten Konsulat 28 und 27 v. Chr. vollendete. Er entließ die Truppen bis auf 18 Legionen, versorgte die Entlassenen und straffte die in den Bürgerkriegen gelockerte Disziplin des Heeres. Die Parteigänger des Antonius wurden amnestiert. Dann gab er, wie er es schon nach der Besiegung des Sex. Pom- peius verheißen hatte, dem Gemeinwesen die Freiheit zurück und legte seine triumvirale Gewalt nieder, die er 15 Jahre innegehabt hatte. ^) Er erhielt

^) Vgl. Krumbaoher a. a. O. 325 f. Joh. ^) Davon geben griechische Inschriften

Malalas (Malalas bedeutet Prediger) lebte Zeugnis. Vgl.P.WENOLANo, Soter,Zeitschr.

im 6. Jahrh. n.Chr. und hat seine Chronik f. d. neutestamentl. Wiss. V 1904, 335 ft'.

wahrscheinlich bis 565 n.Chr. geführt. Das H. Lietzmann, Der Weltheiland, Bonn

\Yerk, das nicht vollständig erhalten ist, 1909, 13 ff.

bietet noch manche Probleme. Mittel- ■*) Diesen Gedanken symbolisiert die 13

punkt der Erzählung ist Antiöeheia. Der v. Chr. beschlossene ara pacis Augustae.

Verfasser ist nicht zu verwechseln mit Gardthausen, Augustus I «52 ff. E. Peter-

dem noch zu erwähnenden Historiker Jo- sen, Ara pacis Augustae, Wien 1902.

hannes von Antiochien. ^) Das Triumvirat war zunächst auf

-) Beide jetzt hrsgg. v. Th. Mommsen, in fünf Jahre befristet, wurde dann im Ver- den Chronica mlnora [Monumenta Germaniae trag von Tarent (Frühjahr 37 v. Chr.) auf histoKica,auctoresantiquissimi,\o\.IXu.XI). weitere fünf Jahre verlängert und lief Über Cassiodorus vgl. unten. mit dem Jahr 33 v.Chr. ab. Eine weitere

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§44.) 283

darauf von Volk und Senat wichtige Befugnisse 7Airück, das Kommando über die Heere und die prokonsularische Gewalt über die Provinzen, ferner die Verwaltung der militärisch wichtigen Provinzen Syrien und Gallien und des noch- nicht völlig befriedeten diesseitigen Spaniens. Die übrigen Provinzen, von denen nur in Afrika Truppen standen, fielen an den Senat zurück. Nach offizieller Auffassung war damit die Republik wiederhergestellt. Der dankbare Senat verlieh dem Reorganisator am 16. Januar 27 v. Chr. den Weihenamen Ävgustus {l'eßaoTÖg).^) Diese Ehrung bezeichnet den äußeren Abschluß der Neuordnung.

Man mag immerhin den 16. Januar 27 v. Chr. als den Geburtstag des römischen Kaisertums betrachten, sofern man sich bewußt bleibt, daß der monarchische Gedanke längst auf dem Marsch war. Nicht ohne Berechti- gung ließ schon die Antike mitunter die Reihe der Kaiser mit Caesar, dem ersten Monarchen de facto, beginnen. Die Prinzipienfrage Monarchie oder RejDublik hatte schon er zugunsten der ersteren entschieden. Um das poli- tische Erbe Caesars entbrannte aufs neue ein Kampf, der sich nach dem Untergang der letzten Republikaner zuspitzte auf die Personenfrage An- tonius oder Oktavian. Diese Frage wurde vorläufig bei Actium und end- gültig in Alexandrien gelöst. Der Sieg Oktavians war zugleich der Sieg eines Systems. Mit ihm triumphierte der lateinische Westen über den hellenistischen Osten, der römische Bürger über den Kosmopoliten, der künftige Princeps über den Despoten, der Konstitutionalismus über den Despotismus. Dem Urteil der Zeitgenossen entspricht es am besten, wenn man den Abschluß der gesetzlosen Übergangsperiode des Triumvirats und die gesetzliche Konstituierung der imperatorischen Stellung als einer dauernden unentbehrlichen Institution neben dem alten Gemeinwesen als den Anfang des Kaisertums betrachtet. 2)

Die Staatsordnung des Augustus ist ein Kompromiß der republikani- schen Verfassung mit der unvermeidlich gewordenen Monarchie. In den schweren Kämpfen, besonders im Endkampf gegen Antonius konnte Oktavian den Beistand der Aristokratie, der Anhänger des alten Systems, die das Ende der unbeschränkten triumviralen Willkür herbeisehnten, nicht missen. Er selbst hatte sein Wort verpfändet, und so durfte er nicht, wie sein Vater Caesar, eine diktatorische Gewalt als dauernde Einrichtung schaffen, sondern mußte die gesetzlichen Organe der Republik wieder in Tätigkeit setzen. Daher hat er auch später die Diktatur oder ein fortwährendes Konsulat oder eine unbeschränkte gesetzgeberische Gewalt konsequent ab- gelehnt, als ihn Volk und Senat zuerst 22 v. Chr., dann 19, 18 und ip l V. Chr. aus Anlaß von Unruhen und Mißständen dazu drängten. Wohl aber stellte er neben die Verfassung sein eigenes persönliches Mandat, das ihm durch Senatsbeschluß und Gesetz und stets aufs neue befristet übertragen wurde ;^) ein langes Leben gab ihm die Möglichkeit, sein Amt zu be-

Verlängerung wurde nicht verfügt; die j cus vorgeschlagen (Yelleius II 91, 1). Er

letzten fünf Jahre waren also usurpiert, bezeichnet den Gottgeweihten, Ehrwür-

weshalb Augustus im Monumentum An- digen.

cyr. sie nicht mitzählt. Vgl. oben S. 269. ^) Mommsen, Rom. Staatsr. II 723 f.

') Der Name wurde von Munatius Plan- ^) Also durch Volksbeschluß. Von dem

284 Römische Geschichte.

festigen und auszubauen und die Zeitgenossen an eine Institution zu ge- wöhnen, die ihrem staatsrechthchen Wesen nach gewissermaßen kündbar war, in Wirkhchkcit sich als historische Notwendigkeit durch Juhriiunderte fortpflanzte und weiter entwickelte.')

Der Kaiser ist der erste Bürger, der princeps: *) praestiti omtiibu.'< di<jnitate, sagt Augustus von sich;') in seiner Hand ruht die res publica, die Bürger- schaft wie die Provinzen;^) er vertritt sie nach außen, hat das Recht, über Krieg und Frieden zu entscheiden und Bündnisse zu schließen.^) Doch nur einen Teil des Gemeinwesens verwaltet er selbst, das übrige wird unter seinem Schutz von Volk und Senat verwaltet. Es ist das außerordentliche prokonsularische Kommando der letzten Zeit der Republik, ^j vereinigt mit der höchsten Gewalt in der Stadt, was den Kern der kaiserlichen Macht bildet. Anfangs übernahm Augustus jährlich das Konsulat; dann aber ver- zichtete er im Jahr 23 v. Chr. auf die dauernde Bekleidung dieses Amtes, Seine magistratische Stellung in Stadt und Bürgerschaft fand fortan ihren Ausdruck in der tribunizischen Gewalt, die ihm schon nach Besiegung des Sex. Pompeius auf Lebenszeit übertragen worden war, jetzt aber zum in- tegrierenden Bestandteil des kaiserlichen Amtes wird; alljährlich erneuert, dient sie zur Zählung der Regierungsjahre. Außerdem ist der Kaiser Mit- glied aller großen Priesterkollegien, seit dem 6. März 12 v. Chr. als Nach- folger des Lepidus auch Fontifex maximus. Im Lauf der Jahre erhielt Augustus noch weitere Rechte und Pflichten zugewiesen, da sich in jeder Not die Augen des Volkes auf ihn als den alleinigen Helfer richteten. Im übrigen teilte er seine Gewalt mit den Organen des Gemeinwesens, besonders mit dem Senat, den er in wiederholten lediones (28, 18 und 11 V. Chr.) reinigte und von mehr als 1000 Senatoren auf die frühere Zahl von 600 reduzierte.') Der Senat behielt seine Rechte, z. B. die Verfügung

für Vespasian bestimmten Bestallungs- principes viri zu benamsen. Nun wird

gesetz ist uns in der bekannten lex de princeps zur Bezeichnung des Kaisers,

/wi2:)eHo Fes^asia»/ noch ein Stück erhalten. jedoch nicht zum amtlichen Titel. Die

CIL VI 930. ILSInr. 244. Bruns" nr. 56. Ideengeschichte des Prinzipates hat R.

') Mit einem Schein des Rechtes kann Reitzenstein, Nachr. d. Gott. Ges. d. Wiss.

sich Augustus rühmen, die Freiheit wieder 1917, 399 If., 481 ff. aufgehellt, hergestellt zu haben {Res gestae d. Aug. \ ') Res gest. div. Aug. VI 21.

VI 13 p. 144 ff.); vgl. seine Münze von 28 *) Daher ihm der Eid geleistet wird,

V. Chr. mit der Aufschrift lihertatis populi was schon anläßlich des Krieges gegen

Romani vindex. Die griechischen Zeit- Kleopatra geschehen war {Res gestae div.

genossen bezeichnen ihn unbefangener Aug. 5, 3 p. 98. Mommsen oben S. 273). Vgl.

als Monarchen. Strabo XVII 840 t) JiuToig die in Paphlagonien gefundene Eides-

fjTETQEipsv avrcö xtjv :nonaraniav Tfjg t]yef(oriag formel von 3,2 V. Chr. ILS II nr. 8781.

xal jioksfiov xal slqr'p')]? xareoit] xvoiog 8iä ßiov, ^) Man findet die wichtigsten kaiser-

vgl. VI 441. Die Ansicht Ed. Meyers, Kl. liehen Rechte zusammengestellt im oben

Sehr. 441 ff., Augustus habe ernstlieh die S. 283 A. 3 erwähnten Bestallungsgesetz

Absicht gehabt, die alte Verfassung wieder für Kaiser Vespasian.

in Kraft zu setzen, ist nicht zu billigen. ^) Vgl. J. Kromayer, Gott. gel. Anz. 1919,

Die Tatsachen lehren, daß er seine Ge- 420 ff.

walt doch immer als lebenslänglich auf- ') Mommsex, Res gestae divi Aug."^ 35 hat

faßte und sie in seiner Familie zu ver- mit Unrecht angenommen, daß die drei

erben gedachte. Vgl. E. Kornemann bei lectiones senatns mit den drei Census des

Gercke-Norden, Einl. in die Altertums- wiss. III2 274 ff.

^) Princeps heißt der Erste. Man pflegte die Konsulare als principes civitatis, bezw.

Augustus zusammenfielen, was nur für die erste lectio zutrifft. Vgl. Ed. Meyer, Kl. Sehr. 475 A. 1.

7. Fünfte Periode : Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 44.) 285

über das Aerarium und die Verwaltung der ihm zugewiesenen Provinzen. Die Magistrate und die in den liöheren Stellen der Provinzialverwaltung imd des Heeresdienstes tätigen Legaten gingen aus ihm hervor. In der Reihen- folge der Amter blieb die hauptsächlich von Sulla begründete bisherige Ordnung bestehen, und auch die kaiserliche Verwaltung bequemte sich ihr an. Aber der princeps hat sich neben und über die alte republikanische Verfassung gestellt und deren weitere Entwicklung unterbunden. Die besten Stützen der kaiserlichen Macht sind die Plebs und das Heer, beide dem Einfluß des Senats entzogen.

Als Avigustus nach dem Sieg über Antonius die Ordnung des Gemein- wesens in Angriff nahm, knüpfte er vielfach an die Entwürfe Caesars an. Die Sicherheit wurde in Rom, Avie in Italien hergestellt; Rom erhielt in den cohortes urbanae eine Garnison und seit dem Jahre 6 n. Chr. versahen sieben cohortes vigilum den Sicherheits- und Löschdienst, auf sieben Stationen verteilt, für je zwei Regionen eine; denn die Stadt war in vierzehn Regionen eingeteilt worden. Eine der ersten Sorgen des Kaisers galt der Ergänzung der Priesterschaften und der Wiederherstellung der alten Heiligtümer und Gottesdienste, welch' frommes Werk er schon 29 und 28 v.Chr. durchführte.^) Zahlreich waren die Neubauten, mit denen Augustus, sowie Freunde und Angehörige des kaiserlichen Hauses, namentlich M. Agrippa, die Stadt schmückten: das Forum des Augustus, der Tempel des palatinischen Apollo, die Thermen des Agrippa, der Porticus der Octavia und das Theater des Marcellus belebten und verschönten das Stadtbild. Erst jetzt begann die Welthauptstadt mit den glanzvollen hellenistischen Großstädten in Wett- bewerb zu treten. 2) Die Versorgung der ärmeren Bürger wurde nach dem Vorgang Caesars (oben S. 253) unter Festlegung der Zahl der Getreide- empfänger gehandhabt. Als es 22 v. Chr. zu Brotkrawallen kam, übernahm Augustus das Getreideamt, später auch die Wasserleitungen und die öffent- lichen Arbeiten Roms. In Italien wurden die Brücken und Wege, vor allem die ein Flaminia, in Stand gesetzt und bald darauf der kaiserlichen Ver- waltung unterstellt. Getreu der römischen Verwaltungstradition nahm sich der Kaiser auch in den Provinzen des Straßenbaues an. 3)

In Einlösung der schon von den Triumvirn gemachten Zusagen siedelte Augustus die entlassenen Soldaten in Italien oder in überseeischen Kolonien an. Damit kam die Umgestaltung der Bevölkerung Italiens, wie sie mit dem Bundesgenossenkrieg eingesetzt hatte, vorläufig zum Abschluß. Die früheren Bewohner wurden, soweit sie nicht an Ort und Stelle blieben, entschädigt; viele wurden in die Provinzen verpflanzt.*) Die Ansiedlung

^) Dazu gehört auch die Ergänzung der Patrizier auf Grund eines besonderen Gesetzes, der lex Saenia. Res gest. d. Aug. 2, 1 p. 34. Tacit. ann. XI 25. Die Patrizier waren zur Besetzung der alten Priester- tümer unentbehrHch, und auch die spä- teren Kaiser haben das Recht der Er- nennung im Bedarfsfall geübt. Die Kaiser gelbst sind Patrizier oder wurden bei

Heiter, De patriciis gentihtis qnoe imperii Rom. saec. I. IL III. fuerint, Diss. Berl. 1909.

^) Strabo V 235 f. Mommsen, Res gest. d. Äug. p.78. Gardthädsen, Augustus 1 2, 955 f. Richter, Topographie d. Stadt Rom.^ 58.

^) Die Wiederherstellung der via Fla- minia fällt 27 V. Chr. Mommsen, Rest. gest. p. 86. Unter anderem hat Augustus auch die Küstenstraße von Vada bis Spanien

ihrem Amtsantritt dazu gemacht. Momm- ausgebaut CIL V 2, 827 f.

SEN, Rom. Staatsr. II 765. 1046. Vgl. C. *) Augustus hat nach eigenen Angaben

2S() Römische Geschichte.

der Veteranen wurde systematisch fortgesetzt. In Italien hat Augustus 28 Kolonien angelegt, darunter Ariniinuni, Bononia, Augusta Taurinorum (Turin), Beneventuni; nicht geringer ist die Zahl der in den Provinzen ge- gründeten. Zu nennen sind Panormos und Thermae auf Sizilien, Karthago in Afrika, Augusta Emerita (heute Merida) und Caesaraugusta (Saragossa) in Spanien, Aquae Sextiae (Aix) in Gallien, Dyrrhachion und Philippi in Makedonien, Patrae in Achaia, Berytos in Syrien.') Schon der erste Census des Kaisers (28 v. Chr.) ergab eine ansehnliche Zunahme der römischen Bürgerschaft: die Kurve blieb unter Augustus im Steigen.

Augustus war bestrebt, durch gesetzgeberische Maßnahmen besonders des Jahres 18 v. Chr. die höheren Stände zu erhalten und dem Sittenverfall und der Verschwendungssucht zu steuern. Auch die Literatur suchte er für seine Reform des Römertums zu gewinnen und der Dichter Horaz stellte sich mit einem patriotischen Odenzyklus in den Dienst der nationalrömischen Tendenzen des Kaisers. 2) Die Aristokratie wurde zur Teilnahme an den Staats- geschäften angehalten. In das öffentliche Leben griff am tiefsten die vom Kaiser eingebrachte lex Julia (18 v. Chr.) ein und ihre Ergänzung, das Ge- setz der Konsuln M. Papius und Q. Poppaeus {lex Fapia Foppaea) vom Jahr 9 n. Chr., durch welche den mit Kindern gesegneten Bewerbern der Zutritt zu den Amtern erleichtert wurde. Bereitwillig förderte Augustus das Studium der römischen Vergangenheit, deren Denkmälern er lebhaftes Interesse entgegenbrachte:^) die Anbringung der Konsularfasten an der Wand der Regia auf dem Forum (um v. Chr.), ebenda die Triumphalfasten, die Statuenreihe aller berühmten Römer, mit der er sein Forum schmückte, dokumentieren den Sinn des Kaisers für die große Vergangenheit Roms. Den Altertumsforscher Verrius Flaccus nahm er als Lehrer seiner Enkel in sein Haus; die antiquarischen Gedichte des Properz (5. Buch) und Ovids Fasten sind unter Augustus entstanden, und als der Rhetor T. Livius zur Verherrlichung der Geschichte Roms sein großes Annalenwerk verfaßte, bekundete der Kaiser diesem gemäßigten Republikaner eine nicht ganz un- berechnete Teilnahme. Bei der Wiederherstellung der Gottesdienste spielten antiquarische Neigungen keine geringe Rolle. Alte verschollene Priester- tümer, wie die sodales Tifii und die Arvalbrüder (fratres arvales) wurden wiederbelebt und auch sonst ältere Zeremonien zeitgemäß erneuert.^) Augustus wollte das Nationalgefühl der Römer heben, der Gegenwart die Großtaten der Vergangenheit vorhalten und zugleich die lateinische Literatur konkurrenz-

etwa 500000 Bürger als Soldaten in seinem und Aufsätze l(i8 ft'.

Dienst gehabt und weit über 300000 in ^) Er ließ sich dabei von Atticus (oben

Kolonien deduziert oder in die Heimat , S. 16) beraten. Nepos Attic. 19 f. Atticus

entlassen. Beim aktischen Triumph er- war mit Augustus verschwägert. Seine

hielten etwa 120000 Kolonisten dasTrium- Enkelin Vipsania, Tochter des M. Agrippa,

phalgeschenk von je lOOO Sesterzen = war die erste Gattin des späteren Kaisers

250 Drachmen; die an frühere Besitzer Tiberius.

gezahlten Entschädigungen bezift'ert der ^) Wie bei den Säkularspieleu des J. 17

Kaiser auf 600 Millionen Sesterzen v. Chr., zu denen Horaz das carnien sae-

105240000 Goldmark. Res gest. div. Aug. '.ulare schrieb, und von denen wir noch

I 3. III 15 f. einen Teil der Akten haben. Mommsen,

') MoMMSEN, Ges. Sehr. V 203ff. Res gest. Epheni. epigr. 8, 22f) ff. und Reden u. Auf-

fUv. Äug. 121 f. Sätze 351 ff.

'*) Carm. III 1 ff. Vgl. Mommsen, Reden

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 4-i.) 287-

fähig mit der griechischen machen. Daher forcierte er zusammen mit seinen Freunden die römischen Dichter und Scliriftsteller; das von Vergil ganz nach dem .Herzen des Kaisers geschaffene Nationalepos, die Aeneis, hat er gegen den letzten Willen des frühverstorbenen Dichters für die Nach- welt gerettet. Aber auch die griechisclie Literatur ging nicht leer aus; die öffentlichen Bibliotheken, die palatinische und die im Porticus der Octavia hatten neben der lateinischen eine griechische Abteilung. Nächst Alexan- drien wurde Rom zum bevorzugten Sitz der griechischen Literatur, die hier in allen ihren Zweigen vertreten war. Die bekanntesten Schriftsteller der Zeit, z. B. die Historiker Dionysios von Halikarnaß, Nikolaos von Damaskos und Strabon schrieben in Rom.i) Auf allen Gebieten suchte Augustus dem Wohl Roms und der Kulturmenschheit zu dienen. Es war und blieb sein schönster Ruhm, daß er die Welt von den Greueln der Bürgerkriege er- löste und eine Ära des Friedens und der Ruhe heraufführte.

Die von Augustus angestrebte Vereinigung der alten Verfassung, der Senatsherrschaft, mit dem Prinzipat, also die Dyarchie, um den von Mommsen geprägten Ausdruck zu gebrauchen, war in Wahrheit eine Verbindung un- vereinbarer Gegensätze. Als Restitution der Freiheit kann man Augustus' Werk nur bezeichnen im Hinblick auf die Bürgerkriege und das Trium- virat, nicht im Vergleich mit den Glanzzeiten der Republik. Augustus selbst hat freilich alles getan, um das republikanische Empfinden zu schonen und seine tatsächliche Monarchie zu verschleiern; er wollte seine Vorstandschaft nicht einmal als dauernd betrachtet wissen, sondern nur als zeitweilig; seine Gewalt wurde zuerst auf zehn Jahre erteilt, dann weiter verlängert, so noch zuletzt kurz vor seinem Tod. 2) Jede monarchische Benennung wurde vermieden und die kaiserliche Kompetenz war lediglich eine Kumuliei'ung republikanischer Amtsbefugnisse. 3) Augustus verbat sich in Rom und Italien von Seiten der römischen Bürger die göttliche Verehrung seiner Person in den Formen des hellenistischen Herrscherkultes, den er nur in den Provinzen, zuerst in Asien, und auch da nur mit Einschränkungen zuliefs;*) die Freunde und Getreuen des Augustus wie M. Agrippa, Statilius Taürus und andere waren sozusagen stille Teilhaber an dem Regiment, das er ihrer Hilfe mitverdankte.

Doch trat der monarchische Charakter des Prinzipates noch unter seinem ersten Träger je länger desto mehr hervor. Der Wirkungskreis des Senates,^) dem ein groiaer Teil der Verwaltung zurückgegeben worden war, wurde von Augustus erweitert, indem er ihm die Gerichtsbarkeit über die eigenen Mitglieder übertrug und ihn zum höchsten Kriminalgerichtshof für Italien

^) A. HiLLSCHEK, Hom>>inm litteratoruni Imperatoniamen als vou seinem Adoptiv-

Graecortim ante Tiber ii mortem imirbe Roma vater ererbt betrachtete; vgl. den ana-

commoratorum hlst. crit., Jahrb. f. Philol. logen Fall des Sex. Pompeius, der das

Suppl. 18 (1892) 358 ff. Cognonien seines Vaters ebenfalls als

^) 13 n. Chr. Cass. Dio LVI 28. Praenomen verwendet; s. A. Rosenberg,

ä) Princeps ist, wie schon oben S. 284 PW IX 1144 f.

A. 2 bemerkt, kein Amtstitel. Am ehe- *) Vgl. E. Koknemann, Klio I 95 ff. H.

sten könnte /wyM'r«/o;- als kaiserlicher Titel Keinen, Klio XI, 1911. 139 ff.

gelten. Augustus führte ihn zum Unter- *) Th. A. Abele, Der Senat unter Augu-

schied vom früheren Gebrauch seit 40 stus, Paderborn 1907 (Stud. z. Gesch. u.

V. Chr. dauernd an Stelle des Vornamens Kultur d. Altertums I 2). Gfdän?,: Imperator Caesar Vlüw., vfohe'i^T den

288 Römische Geschichte.

und die Senatsprovinzen machte. Die gegen Senatoren gerichteten politi- schen Prozesse kamen in der Folge vor das Forum des Senats. Seit Tiberius wurden ihm auch die Walilen, die Komitien übertragen; aber letzten Endes hatte der Princeps das entscheidende Wort, wo immer es ihm beliebte. Der Senat bedeutete am meisten als Stand, er behielt im Dienst des Kaisers den wichtigsten Anteil an der Reichsregierung; die höchsten Amter waren ihm vorbehalten.

Den veränderten Verhältnissen entsprechend verloren die städtischen Magistraturen ihre eigentliche Bedeutung; sie dienten, wie das schon von Sulla angebahnt worden war, hauptsächlich als Vorstufe für die wichtigeren Verwaltungsämter. Ein Versuch, die Zensur zu erneuern, schlug fehl;') nur der Kaiser selbst konnte die zensorischen Geschäfte durchführen. Die Volkstribunen treten in den Hintergrund, seitdem die tribunizische Gewalt auf den Kaiser übergegangen ist. Es werden aus ihnen, Avie aus den Prä- toren und Adilen alljährlich die Vertreter der städtischen Regionen erlost. 2) Das Konsulat hörte auf jährig zu sein; denn in der Regel sah ein und dasselbe Jahr nach den beiden consules ordinarii noch ein oder mehr Paare von Suffektkonsuln. Durch gesetzliche Vorschriften, durch Festsetzung eines Census, durch genauere Bestimmung der Altersstufen und Amterfolge wurden die Rechte und Pflichten des senatorischen Standes umgrenzt. Dem Senat in früherer Weise die Regierung zu überlassen, vertrug sich weder mit dem Prinzipat noch mit den Bedürfnissen des Reiches. Immer mehr bewahr- heitete sich die schon vor Caesars Diktatur lautgewordene Überzeugung, daß nur ein einzelner das Reich zu leiten vermöge; die große politische Rolle des Senats war im wesentlichen ausgespielt. Zugleich verlor die Stadt Rom ihre Stellung als herrschende Gemeinde, seitdem die Regierenden nicht mehr aus freier Wahl der Komitien des römischen Volks hervorgingen; denn auch auf die Wahlen gewann der Kaiser entscheidenden Einfluß: er hatte das Recht der Empfehlung zu den Amtern, und ein großer Teil der Stellen, auch das Konsulat, wurde tatsächlich von ihm besetzt. 5) Übrigens blieb das Wahlrecht auf die alten republikanischen Magistraturen beschränkt; für die neugeschaffenen Amter hatten die Kaiser das Ernennungsrecht.

Auch über den Staatshaushalt und die Finanzgebarung wurde eine Aus- einandersetzung zwischen Kaiser und Senat notwendig. Die alte Staats- kasse, das Aerarium, war auf Italien und die Senatsprovinzen als Einnahme- quellen angewiesen, während die Einkünfte aus den kaiserlichen Provinzen dem Princeps zuflössen,^) dem überdies der Ertrag seines großen Privat- vermögens zur Verfügung stand. Eine kaiserliche Zentralkasse gab es zu- nächst noch nicht, wohl aber einzelne kaiserliche Kassen; erst unter Claudius entsteht der Fiskus als kaiserliche Hauptkasse. ^) Aus seinen Einkünften

') Im J. 22 V, Chr. wurden nämlich zum leiztenmal Zensoren gewählt und zwar L. Munatius Plancus und Paullus Aemilius Lepidus, die jedoch versagten. Cass. Dio

hat der Kaiser faktisch die Ernennung. MoMMSEN, Staatsrecht 11^ 877 ff.

*) Daneben hatte der Kaiser auch in den Senatsprovinzen Einkünfte.

Liy 2. ILS I nr. 886. ^) Vgl. O. Hirschfeld, Die kaiserlichen

') 7 V. Chr: Cass. Dio LV 8, 7. Verwaltungsbeamten bis auf Diocletian,

^ ^) Unter Augustus und Tiberius ist das 2. Aufl., Berlin 1905, S.l ff. Fiscus bedeutet

Konsulat von der Kommendatiou an- den Geldkorb, scheinend noch ausgeschlossen, später

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§44.) 289

bestritt der Kaiser die Kosten seiner eigenen Verwaltung, vor allem den Heeres- und Flottenetat. Der kaiserliche Fiskus war weit leistungsfähiger als die Senatskasse, das Arar, dem schon Augustus wiederholt Zuschüsse ge- währen mußte. Augustus hat anscheinend in allen Provinzen die Steuern er- höht, und auch die römische Bürgerschaft wurde dauernder Besteuerung unterworfen. Nur so konnten die Ausgaben für die Verwaltung, besonders für das kostspielige stehende Heer, das Augustus unterhielt, gedeckt werden.

Das Heerwesen war das wichtigste Stück der kaiserlichen Verwaltung. M Die Verfügung über die Armee stand beim Kaiser. Er allein hatte als ständiger Imperator das Recht der Aushebung und Formierung, sowie die oberste Befehlsgewalt in Krieg und Frieden. Bei seiner Heeresordnung trug Augustus den militärischen Verhältnissen, wie sie sich in den Bürger- kriegen herausgebildet hatten, Rechnung. Das Landheer setzte sich wie früher aus den Legionen und den Kontingenten der Bundesgenossen und Untertanen, den Auxilien, zusammen. Die letzteren wurden hauptsächlich aus den unverbrauchten kriegerischen Stämmen des Reichsgebiets ausgehoben; ihre taktische Einheit ist wie bisher die Kohorte und für die Reiterei die Ala.2) Nach der Schlacht bei Actium blieben zunächst nur 18 Legionen unter den Fahnen; später wurde das Heer auf 25 Legionen gebracht. Die Bedingungen des Dienstes wurden gesetzlich geregelt; nachdem eine frühere Ordnung 3) sich nicht bewährt hatte, wurde die aktive Dienstzeit der Le- gionare auf 20 Jahre festgesetzt ; die Ausgedienten hatten Anspruch auf eine Zivilversorgung mit Land und Geld; für diese Zwecke gründete Augustus 6 n. Chr. einen besonderen Fonds, das aerarium inilitare, das durch die Erträgnisse der neu eingeführten Erbschafts- und Auktionssteuer gespeist wurde.*) Die Legion besteht wie früher aus römischen Bürgern; doch war dies Prinzip in den Bürgerkriegen bereits tatsächlich durchbrochen worden, und auch Augustus nahm den Ersatz der Legionen vielfach aus Provinzialen, die mit dem Eintritt in die Legion das römische Bürgerrecht erhielten und später als Bürger entlassen wurden.^) Es wurden dabei bestimmte Pro- vinzen bevorzugt. So wurde der Heeresdienst zu einem wichtigen Faktor für die fortschreitende Romanisierung der Provinzen.

Die privilegierte Stellung einer Gardetruppe nahmen die prätorischen Kohorten ein, die dem Kaiser in seiner Eigenschaft als Imperator zustanden, c) neun an der Zahl, je 1000 Mann stark. Sie waren durch kürzere, 16jährige Dienstzeit und höheren Sold ausgezeichnet und wurden von zwei Präfekten kommandiert. Augustus hielt nur einen kleinen Teil in Rom oder sonst in seiner unmittelbaren Umgebung, die übrigen wurden auf die benach- barten Munizipien verteilt. Sie rekrutierten sich aus Freiwilligen und zwar

') Über die kaiserliche Heeresordnung i Sueton. Aug. 49.

und ihre Wirkungen handelt A. v. Domä- *) Marqüakdt, Eöm. Staatsverwaltung

szEwsKi, N. Heidelb. Jahrb. X 221 flf. und \ II^ 305.

Die Rangordnung des röm.Heeres (Bonner { ^) Mommsen, Ges. Sehr. VI 20 ff.

Jahrb. Heft 117, 1908). *) Seit Scipio Aemilianus (Festus s. v.

2) EinVerzeichnisderAlen und Kohorten [ jiraetorin coJiors) bildeten die Feldherren

gibt CicHOKius, PW I 1224 ff. IV 231 ff. i zu ihrer Bedeckung aus erlesenen Mann-

') 13 V. Chr. wurden die Prätorianer schafteu eine Kohorte [cohors praetoria),

auf 12, die Legionare auf 16 Dienstjahre die während der Bürgerkriege zu einer

verpflichtet. Cass. Dio LIV 25, of. ; vgl. j größeren Truppe anwuchs.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. 111,5. 5. Aufl. 19

290 Römische Geschichte.

aus römischen Bürgern Italiens; denn Italien war von der gewöhnlichen Aushebung befreit; doch griff' man bald auch über Italien in die roniani- sierten Provinzen hinaus.

Während die Mannschaften des Reichsheeres den verschiedensten Natio- nalitäten angehörten, waren die Offiziere der Legionen wie der Auxilien durchweg italischer Herkunft, wie es auch nur eine Kommandosprache, die lateinische, gab. Die Einheitlichkeit des Offizierstandes gewährleistete den Zusammenhalt der Armee. Die höchsten Führerstellen in den Legionen blieben dem Senatorenstand vorbehalten, in den Auxilien den römischen Rittern. Auch eine ständige Kriegsmarine hat Augustus als erster geschaffen. Misenum und Ravenna waren die beiden großen Flottenstationen Italiens. Eine dritte befand sich in Forum Julii (Frejus) in Südgallien ; später erhielten auch das Schwarze Meer und andere Gewässer eigene Flotten. Es entsprach dem geringeren Ansehen des Seedienstes, daß die Flottenmannschaften aus den untersten Schichten der freien Bevölkerung genommen wurden.

Der Kaiser versieht die ihm von Senat und Volk übertragenen Befug- nisse innerhalb der res publica in den von früher überkommenen Formen. In den Provinzen und im Kommando der Heere läßt er sich durch Legaten senatorischen Standes vertreten, und hier gilt die in den republikanischen Amtern übliche Rangordnung. Ägypten und andere selbsterworbene Terri- torien verwaltet er dagegen durch persönlich Beauftragte, Präfekten und Prokuratoren, die dem Ritterstand angehören. Die Ritterschaft wird der zweite, der kaiserliche Beamtenstand; ihre Mitglieder finden in die Staats- verwaltung und besonders in die Armee Eingang, und es bildet sich in den ritterlichen Amtern nach Analogie der republikanischen Ordnung eine be- stimmte Rangfolge heraus, deren untere militärische Stufen dieselben sind wie bei der senatorischen Laufbahn. Aus den Rittern und ihren vier De- kurien wurden jetzt auch die Gerichtshöfe gebildet; dem Ritterstand ge- hörten zumeist die rechtsgelehrten Berater an, die den Kaiser bei Ausübung seiner Gerichtsbarkeit unterstützten. Den Stand, dem er so wichtige Auf- gaben zuwies, säuberte Augustus von unwürdigen Elementen und unterzog ihn regelmäßigen Musterungen.') Die Ritter bildeten eine zweite Aristo- kratie, die an tatsächlicher Bedeutung den Senatorenstand allmählich er- reichte, wo nicht überflügelte. Die Verwaltung des kaiserlichen Haushalts und der kaiserlichen Einkünfte war persönliche Angelegenheit des Monarchen, der die einschlägigen Geschäfte durch einen Stab von Vertrauensmännern und Dienern erledigen ließ; zu diesen Hofbeamten gehörten neben Rittern auch Freigelassene und Sklaven. Namentlich Freigelassene sind in den Haus- und Hofämtern zu höchst einflußreichen Stellungen gelangt, freilich noch nicht unter Augustus und Tibeiüus; Augustus wählte seine Berater und Freunde aus den höheren Ständen; aber unter den Nachfolgern wurden die für die Reichsregierung wichtigsten Posten am Hof von kaiserlichen Freigelassenen eingenommen, bis dann diese großen Hofämter auch formell zu Staatsämtern gemacht und mit Rittern besetzt wurden.

') Die Musterung war mit dem von der travectio, verbunden, die am 15. Juli Augustus wieder eingeführten Festzug, j stattfand. Mommsen, Staatsrecht III 489.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§44.) 2*.>1

Auf den Grundmauern der republikanischen Verfassung und aus lauter alten Werkstücken hat Augustus einen originalen Neubau aufgeführt und seinen Nachfolgern hinterlassen.') Wenn auch die privilegierte Stellung der römischen Bürgerschaft unangetastet blieb, so haben die Reformen des Augustus doch dazu beigetragen, den Unterschied zwischen Herrschern und Beherrschten, zwischen Rom und den Provinzen auszugleichen und ein all- gemeines Reichsbürgertum anzubahnen. Als Friedenskaiser hat Augustus den erschöpften Provinzen die Möglichkeit geschaffen, sich zu erholen und neu zu beleben. Städtisches Wesen und städtische Kultur verbreiten sich über das ganze Reich; im Osten längst heimisch, durchdringen ihre Seg- nungen nunmehr auch den Westen.

Die Achillesferse der kaiserlichen Verwaltung war das Finanz- und Heer- wesen, das sich als unzulänglich erwies und doch immer schwerer auf den Leistungspflichtigen lastete. Auch unter der kaiserlichen Regierung hat die Bedrückung der Provinzen durch- habsüchtige vnid unredliche Magistrate nicht ganz aufgehört. Schon unter Augustus und seinen nächsten Nach- folgern wird über die Höhe der Steuern geklagt.^) Im Heerwesen hat be- sonders die von Sparsamkeitsrücksichten diktierte Ausdehnung der Dienst- zeit sowie die ungleichmäßige Verteilung der militärischen Lasten Mißstände ergeben. Die Vorherrschaft der städtischen Verfassung führte zu einer starken Bevorzugung der städtischen vor der ländlichen Bevölkerung, die finanziell und militärisch die Hauptopfer bringen mußte. Die Provinzen machten eine ähnliche Entwicklung durch wie einst Italien; auch in ihnen dehnten sich die Latifundien aus, das freie Landvolk schmolz zusammen und die später auch noch durch Angriffe von außen erschütterte Lebenskraft begann all- mählich zu versiegen.

Die Periodisierung der Kaisergeschichte wird bedingt durch die innere Entwicklung des Kaisertums. Mit Recht macht man beim Regierungsantritt des Diokletian (285 n. Chr.) eine tiefe Zäsur; denn mit ihm beginnt die absolute Monarchie, der Dominat an Stelle des Prinzipats, und die gänz- liche Beseitigung der alten Verfassung und des Senates durch eine neue, rein monarchische Verwaltung.^)

Darstellungen der Kaisergeschichte: Über die Werke Tillemonts und Gibbons siehe oben S. 1 f. Dazu: Merivale, ä histonj of the Romans under the empire, London 1862. Hertzberg, Geschichte des röm. Kaiserreichs (in der ONCKEN'schen Samm- lung), Berlin 1880. K. Hück, Röm. Geschichte vom Verfall der Republik bis zur Vollendung der Monarchie unter Constantin, 1. Bd. in 8 Abt., Braunschweig 1841 1850 (bis zum Tode Neros). H. Schiller. Geschichte der röm. Kaiserzeit, 1. Bd. in 2 Abt. (bis Diokletian), Gotha 1883; 2. Bd. (bis zum Tode Theodosius d. Gr. (Gotha 1887. DuRüY, Geschichte des röm. Kaiserreichs, deutsch von G. F. Hertzberg. 5 Bde., Leipzig 1885—1889. Th. Mommsen, Röm. Geschichte, 5. Bd., Die Provinzen von Caesar bis Diocletian, Berlin 1885. Julius Asbach, Röm. Kaisertum und Verfassung bis auf Traian, Köln 1896. Mommsen, Rom. Staatsrecht, 2. Bd. 2. Abt., Leipzig 1887, 3. Aufl. (gibt eine Darstellung des Prinzipats). 0. Hirschfeld, Die kaiserl. Vei*- waltungsbeamten bis auf Diocletian, 2. Aufl., Berlin 1905. E. Kühn, Die städtische

>) Vgl. die von Augustus offiziell aus- II 42, 54. III 40. IV 46. gesprochene Hofi^nung mansura in vestigio ') Welthistorisch macht freilich erst die

suo fundanienfa reip. quae leccro (Suet. Aug. I Alleinherrschaft Konstantins und der Sieg

28, 2). I des Christentums Epoche, vgl. K. J. Neu-

'^) z. B. in Achaia und Makedonien, Asien, i mann, Hist.Zeitschr.117, 3.F.21, 1917,379f, Syrien, Judäa und Gallien. Tacit. ann. I 76. I

19*

292 Römische Geschichte.

und bürgerliche Verfassung des röm. Reiches Ijis auf die Zeiten Justinians, 2 Bde., Leipzig 1864. 1865. L. Fkiedländek, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit von Augustus bis zum Zeitalter der Antonine, 9. u. 10. Aufl. besorgt von G. WissowA, 4 Bde. 1919,21. A. v. Domaszewski, Geschichte der röm. Kaiser, 2 Bde., Leipzig 1909. R. v. Pöiilmann in Bd. I der Weltgeschichte des Ullsteinschen Ver- lags, hrsg. von J. v. Pflugk-Harttung, Berlin o. J. (1909). E. Koknemann in 'Ein- leitung in die Altertumswissenschaft', hrsg. von Gekcke-Norden, Bd. III, Leipzig und Berlin 1914'^, 210 ff. O. Hirscjifelo, Zur Geschichte der röm. Kaiserzeit in den ersten drei Jahrhunderten, Kleine Schriften, Berlin 1913. 901 ff. Sammlungen von Einzel- untersuchungen: SiEVEus, Studien zur Geschichte der röm. Kaiser, Berlin 1870. BüDiNGER, Untersuchungen zur röm. Kaisergeschichte, 'S Bde., Leipzig 1870. Zur Chronologie: H. F. Clinton, Fasfi Romani (vom Tode des Augustus bis zum Tode Justins II 578 n. Chr.), 2 Bde., Oxford 1845. 1850. Joseph Klein, Fasti consulares inde a Caesaris nece unque ad imperUtm Diocletiani, Leipzig 1881. W. Liebenam, Fasti consulares impeiii Romani von 30 v. Chr. bis 565 n. Chr., Bonn 1909. Numismatik: EoKHEL, Doctrina numornm veterum, vol. VI VIII. H. Cohen, De.^cription historique des monnaies frappees sons I'emjnre romain, 8 Bde., Paris 1880/92^. Ein wichtiges Repertorium ist die Pro.HopograpJiia imperii Romani saec. I. IL III von H. Dessau, E. Klebs und P. v. Rohden, 3 Bde., Berlin 1897. 1898.

45. Das römische Reich unter Augustus. In der auswärtigen Politik mahnte den Augustus die allgemeine Friedensseimsucht ebenso wie die be- schränkte militärische und finanzielle Leistungsfähigkeit des Reiches zur Vorsicht; aber schon die Sicherung und Abrundung der Grenzen, die Au- gustus als seine Hauptaufgabe betrachtete, machte zahlreiche Kriege not- wendig, die zugleich den traditionellen Waffenruhm Koms erhalten und mehren sollten. Gelegentlich hat der Friedenskaiser in imperialistischer An- wandlung auch Eroberungspolitik getrieben, so mit der arabischen Expedition vom Jahr 25 v. Chr. und Germanien gegenüber.^) Die Avichtigsten Provinzen hat Augustus selbst auf längere Zeit besucht, einige zu wiederholten Malen. Gleich nach dem Abschluß des Verfassungswerks (27 v. Chr.) begab er sich nach Gallien und von hier noch in demselben Jahr nach Spanien, wo er bis Anfang 24 v.Chr. verweilte; 22 19 v.Chr. bereiste er Sizilien, Griechen- land und den Orient; überall hat er durch Neuordnungen und Gründungen dauernde SjDuren seiner Anwesenheit hinterlassen. Seine Erfahrungen in der auswärtigen Politik veranlagten ihn schließlich, seinem Nachfolger als politisches Testament den Rat zu vermachen, die Grenzen des Reiches nicht zu erweitern.

Eine dringende Notwendigkeit war der Schutz der Nordgrenze Italiens und Makedoniens, die während des Bürgerkriegs ganz unsicher geworden war. Sobald die Umstände es gestatteten, wurden zu dem Behuf die Alpen- landschaften einverleibt. Der erste Schritt geschah mit der Vernichtung der Salasser am Kleinen St. Bernhard, die schon früher mehrmals, zuletzt 34 V. Chr. (oben S. 271) unterworfen, immer wieder ihre Freiheit zu behaupten wußten. 2) Als sie sich 26 v. Chr. aufs neue rührten, ließ der Kaiser sie durch A. Terentius Varro Murena ausrotten oder verpflanzen und auf ihrem Gebiet die Militärkolonie Augusta Praetoria (Aosta) anlegen (25 v, Chr.). Später gab ein Angriff der Pannonier und Noriker (Taurisker) auf die istrische Küstenlandschaft den Anstoß zur Annexion von Noricum durch

') Vgl. U. WiLCKEN, Über Werden u. Ver- Plauens zu vereinigen (oben S. 260), mußte

gehen der Universalreiche, Bonn 1915, 24 f. er von ihnen den Durchmarsch erkaufen,

^) Als 43 V, Chr. D. Brutus durch ihr indem er für jeden Mann einen Denar

Gebiet über die Alpen zog, um sich mit erlegte. Strabo IV 205,

7. Fünfte Periode : Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 45.) 298

P. Silius Nerva (16 v. Clir.).^) Bereits im nächsten Jahr schloß sich die Unterwerfung der Räter und Vindeliker an, die in einem einzigen Feldzug durch die Stiefsöhne des Augustus, Ti. Claudius Nero und Nero Claudius Drusus, vollendet wurde. Tiberius drang von Gallien aus vor, schlug die Vindeliker auf dem Bodensee (1. August 15 v. Chr.) und erreichte das Quell- gebiet der Donau, während Drusus von Süden her über den Brenner kam und den Sieg des Bruders vervollständigte. Der Bau einer Heerstraße über die Alpen sicherte das Werk der Waffen. Die Reichsgrenze wurde bis an die Donau vorgeschoben. Es handelte sich dabei um die unumgängliche Ergänzung der Unterwerfung des großen Galliens, das bisher nur lose mit Italien zusammenhing. Die Befriedung der übrigen Alpenstämme erforderte noch weitere Kämpfe, die erst 6 v. Chr. ihr Ende fanden. Ein Sieges- denkmal, am Südfuß der Alpen errichtet, die tropaea Äuyusti (heute la Turbie bei Monaco), zählte die unterworfenen Völkerschaften auf. 2) Die neu- erworbenen Gebiete, auch Rätien und Noricum, wurden von kaiserlichen Prokuratoren oder Präfekten, gelegentlich auch von einheimischen Fürsten verwaltet. Ein solcher war M. Julius Cottius, der in Segusio (Susa) resi- dierte und nach dem die kottischen Alpen ihren Namen erhalten haben. 3) Am Unterlauf der Donau waren seit längerem die Geten (Daker) und die mit ihnen verbündeten Bastarner die vorwiegende Macht und unbequeme Nachbarn der Provinz Makedonien. Sie griffen, wie schon früher bemerkt, nach Thrakien und Illyrien über, die an Noricum grenzenden Pannonier Avaren ihnen verbündet, jinsehnliche Teile ihres Volkes, wie die Moser, hatten sich am südlichen Donauufer niedergelassen, die griechischen Städte am thrakischen Pontosufer waren teilweise in ihrer Gewalt. Augustus hatte den Krieg mit ihnen bereits in seinem illyrischen Feldzug von 35 v. Chr. (oben S. 271) ins Auge gefaßt und ist beinahe während seiner ganzen Regierungs- zeit mit der Erledigung dieser Aufgabe beschäftigt gewesen. Erleichtert wurde sie durch die Zersplitterung der Geten,*) die nicht mehr wie unter Byrebistas eine Einheit bildeten, sondern sich in mehrere Stämme getrennt hatten. Zuerst wurde der Krieg von Makedonien aus geführt. Schon 30 und 29 V. Chr. hatte M. Licinius Crassus, der Statthalter Makedoniens, einen Angriff der Bastarner und Geten auf die thrakischen Stämme siegreich zurückgeschlagen und die Eindringlinge bis an die Donau verfolgt, wo er die Moser zum Teil unterwarf. Diese Kämpfe sollten sich des öfteren wieder- holen; einzelne römische Heerführer haben die Donau überschritten und sind bis an den Tyras (Dniestr) gelangt. 5) Auch die Thraker mußten sich unterwerfen ; sie wurden unter römischer Klientel dem odrysischen Fürsten Kotys und seinem Haus zugeteilt.*^) Manche Stämme jedoch, vor allem die Besser, wollten sich nicht fügen, und mehrfach, namentlich 16 und 11 v.Chr.,

>) ZipPEL, Illyrien 121 f. P. Groebe, Klio *) Zur Zeit der Schlacht von Actium

V 104. war ein Teil des Volkes mit Antonius ä) Plinius h. n. III 136. CIL V 7817. verbündet, ein anderer hielt zu Oktavian.

G. Obekziner, Le guen-e di Augnsfo contro | ^) Strabo I 14, der auch berichtet (YII

i popoli Alpini, Roma 1900. 303), daß Sex. Aelius Catus über die Donau

^) Cottius führt den Titel Präfekt. CIL j ging und 50000 Geten zur Ansiedlung in

V 7231. ILS nr 94. Erst unter Nero hörte Mösien auf das südliche Ufer führte, nach der kleine Staat zu existieren auf. Mar- > v, Premerstein 16 v. Chr.

QUARDT, Staatsverwalt. I'^ 280. ^) Vgl. Mommsen, is^/u'wer. «'j;/5'>-. II 250ft'.

204 Römische Geschichte.

mußten die Römer zu den Waffen greifen, bis es ihnen gelang, ihre Herr- schaft bis an die Donau vorzuschieben und auch Thrakien zu beruhigen, ein Ergebnis, das von der illyrischen Seite her gefördert wurde durch die Unterwerfung der Pannonier, die auf die Eroberung Noricums, Rätiens und Vindeliciens unmittelbar folgte. M. Agrippa und M. Vinicius (Konsul 19 V. Chr.) nahmen den früheren Versuch des Augustus 14 v. Chr. auf,') nach mehrjähriger Arbeit wurde die Aufgabe von Tiberius, der 12 9 v, Chr. das Kommando führte, zu Ende gebracht. Die Geten kamen den Pannoniern zu Hilfe, wurden aber zurückgeworfen, und auch in dieser Gegend konnte die Grenze zunächst etwa bis an den Dravus (Drau)^) vorgerückt werden. Die unterworfenen Pannonier wurden zunächst zu lUyricum geschlagen, und auch die Landschaft Mösien bildete anfangs vielleicht einen besonderen Bezirk dieser Provinz, während weiter unterhalb das eroberte Gebiet an den thrakischen Klientelstaat fiel, der sich bis an die Donau ausdehnte und auf dieser Strecke den Grenzschutz übernahm. 3)

Bei weitem die wichtigste und größte Provinz des Westens war das von Caesar eroberte Gallien, die sog. Gallia roiiiafn, aber hier war noch alles im Stadium der Unfertigkeit und Gärung. Unruhig waren besonders die an die Pyrenäen und den Niederrhein grenzenden Stämme; Agrippa hatte im Jahr 38 v. Chr. am Rhein wie bei den Ac{uitanern gekämpft (oben S. 267), um das Jahr 29 v.Chr. standen die Treverer unter den Waffen; M, Nonius Gallus warf sie nieder; im nächsten Jahr (28 v. Chr.) durfte C. Carrinas einen Triumph über die Gallier feiern, weil er die Moriner, das nördlichste Küstenvolk, geschlagen und überdies eine Suebenschar über den Rhein zurückgeworfen hatte; denn am Rhein griffen die germanischen Stämme fortwährend nach Gallien über und kamen jedem Aufstand zu Hilfe, und Ahnliches gilt von den Kelten Britanniens, die mit den galli- schen Stämmen des Festlands in regem Verkehr standen. Über die Aqui- taner erfocht M. Valerius Messalla Corvinus 28 v. Chr. einen Sieg; sie fanden an den noch unabhängigen spanischen Nachbarn jenseits der Pyrenäen einen Rückhalt. Augustus begab sich nach der Neuordnung des Staates 27 v. Chr. zuerst nach Gallien und legte den Grund zur Organisierung; er hielt einen Census ab und legte den Galliern feste Abgaben auf, darunter eine Ein- gangssteuer von fünf Prozent {viceslnia Galllaruiii). Die langwierige Durch- führung der Besteuerung machte viel böses Blut. Bei einem zweiten Auf- enthalt in Gallien (16 13 v. Chr.) teilte Augustus das Land in drei Distrikte, Aquitania, Lugdunensis und Belgica, die zusammen 60 (später 64) Stämme [civitates] umfaßten. Die alte narbonensische Provinz wurde vom übrigen Gallien abgetrennt und 22 v. Chr. dem Senat überwiesen ; ihre Latinisierung

') Nach einer von A. v. Premerstein ^) Welche Stellung Mösien anfänglich

behandelten und ergänzten Inschrift ist einnahm, ist zweifelhaft, vgl. A. v.Pkemer-

Vinicius über die Donau gegangen und stein. .Jahreshefte des österr.-archäol. In-

hat die Bastarner, Kotiner, Anartier und stituts I (18il8) Beibl. 140 ff. und weitere

andere Stämme geschlagen. Jahreshefte Literatur bei Gardthausen, Aug. II 786.

des österr.-archäol. Instituts? (1904) 215 ff. Als Provinz scheint die Landschaft erst

") Nach Augustus selbst {lies gest. dir. in den letzten Jahren des Augustus. nach

Aug.hjiifi'.) ist die Donau zur Grenze von dem pannonischen Aufstand, eingerichtet

Illyricum gemacht; doch trifft dies nur zu sein. Sicher nachweislich ist sie erst

teilweise zu. MARQUARDT.Staatsverw. 1^291. unter Tiberius (Tacit. ann. 1 80).

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§4.").) 295

machte unter Augustus weitere Fortschritte. Die drei Landschaften des übrigen Galliens, die tres Galliae, bildeten eine Einheit; sie hielten einen gemeinsamen Landtag {conreutus) ab, der in der 43 v. Chr. gegründeten ^) römischen Kolonie Lugudunum zusammentrat; dort wurde auch von den vereinigten gallischen Stämmen ein gemeinsamer Gottesdienst der Roma und des Augustus eingerichtet an der ara Bomae et Augusti (geweiht am 1. August 12 V. Chr.).^) Die drei Gallien wurden durch einen Statthalter verwaltet, der für jede von ihnen einen Legaten hatte; erst seit Tiberius bildet jeder Distrikt eine Provinz für sich. Von Natur reich gesegnet, wurde Gallien durch sein wirtschaftliches Gedeihen und die Stärke seiner Bevölkerung bald die wichtigste Provinz des Reiches. 3) Daher war Augustus wiederholt persönlich anwesend (z. B. 8 v. Chr.), oder er übertrug das Kom- mando einem seiner Nächsten, so seinem Jugendfreund und Schwiegersohn M. Agrippa (20^19 v. Chr.), der von Lugudunum aus das Straßennetz Galliens ausbaute,^) später seinen Stiefsöhnen Drusus und Tiberius. Die Gallier fanden sich mit dem römischen Regiment und besonders mit den Steuerlasten nur widerstrebend ab. Des öfteren kamen die Germanen über den Rhein und unterstützten Aufstandsbewegungen. Schon 25 v. Chr. hatte M. Vinicius die Germanen zurücktreiben müssen. Einige Jahre später (16 v. Chr.) erlitt M. Lollius von den Sugambrern und ihren Bundesgenossen eine schimpf- liche Niederlage, was den Kaiser veranlagte, selbst nach Gallien zu gehen und den Frieden wiederherzustellen. Als dann 12 v. Chr. ein neuer Angriff des Sugambrers Maelo erfolgte, beschloß Augustus im Interesse der Be- friedung Galliens die Unterwerfung der Germanen jenseits des Rheins. Wie die Gallier zur Zeit Caesars bildeten die Germanen keine politische Ein- heit, sondern zerfielen in verschiedene Stämme, die sich oft untereinander befehdeten. Schon seit längerer Zeit hatten die Römer in Germanien Ver- bindungen angeknüpft.

Der germanische Krieg wurde dem Stiefsohn des Kaisers, Nero Claudius Drusus übertragen, der zugleich für den Schutz der Provinz sorgte und die Rheinlinie durch ein System von befestigten Lagern und Kastellen sicherte, dessen Mittelpunkt zur Verteidigung wie zum Angriff die Legionslager bei Cdstra Vetera°) und Mainz bildeten. Er trieb zunächst die Sugambrer zurück und drang über den Rhein in ihr Gebiet ein; dann legte er einen Kanal vom Rhein nach dem damals noch geschlossenen Zuydersee an, brachte auf diesem Weg seine Flotte in die Nordsee und unterwarf die dort ansässigen germanischen Küstenstämme, vornehmlich die Bataver und Friesen. Die Bataver und ihre Stammverwandten wurden römische Bundesgenossen und stellten ihre Krieger in römischen Dienst. Unter mannigfachen Kämpfen gelangte Drusus bis an die Ems und Weser. Im nächsten Jahr (11 v. Chr.) stieß er zu Land wiederum bis zur Weser vor; 6) es kam ihm zustatten, daß die Sugambrer gerade mit den Chatten in Fehde lagen. Gegen den Winter

') Cass. Die XL VI 50. . i ^) Vgl. Josephus bell. Jud. II 371 f.

■') Strabo IV 192. Über die Einrichtung •*) Strabo IV 208.

Galliens vgl. Marquardt, Staatsverw. I'^ i °) Fürstenberg bei Birten nahe bei

267 f.; MoMMSEN. Ges. Schriften VII 183. O. HiRscHPELD, Kl. Schriften, Berlin 1913, 112 ff., 186 ff.

Xanten. CIL XIII 2, 2.

8) G. Kropatscheck, Der Drususfeldzug 11 V. Chr., Bonner Jahrbb. 120, 1911, 19 ff.

:2i)6 Römische Geschichte.

zog sich Drusus zurück, hatte aber auf dem Marsch noch einen heftigen Kampf mit den Germanen, die ihm den Weg verlegten, zu bestehen. Auf den gewonnenen Gebieten, auch an der Nordseeküste, legte Drusus eine Anzahl fester Stationen an, namentlich Aliso an der Lippe ') und ein Kastell am Taunus. 2) Der nächste Feldzug (10 v. Chr.) war gegen die Chatten und Sueben gerichtet. Im folgenden drang Drusus noch tiefer in Germanien ein; nach siegreichen Kämpfen gegen Chatten, Sueben und Cherusker über- schritt er die Weser und erreichte die Elbe. Hier mußte er auf Befehl des Kaisers Halt machen; er scheint dann eine Strecke die Saale hinauf und von hier auf Mainz zurückgegangen zu sein. Aber unterwegs verunglückte er durch einen Sturz vom Pferd und starb bald darauf im Alter von dreißig Jahren. Er wurde noch im Tod hoch geehrt und erhielt den Namen Ger- manicus, den sein Sohn von ihm ererbte. Der Kaiser ging jetzt selbst wieder nach Gallien, den Krieg übernahm an Drusus' Stelle Tiberius; dieser erreichte in einem neuen Feldzug (8 v. Chr.) abermals die Elbe, brachte das Land zur Unterwerfung und kehrte im nächsten Jahr, als neue Unruhen drohten, nochmals an den Rhein zurück. Eine größere Schar Sugambrer und andere Germanen unterwarfen sich damals dem Kaiser und wurden am linken Rheinufer auf gallischem Boden angesiedelt.

Auch von Süden, von der Donau her, wurde die Eroberung Germaniens betrieben. L. Domitius Ahenobarbus hat, während er an der Donau be- fehligte, dem suebischen Stamm der Hermunduren an der römischen Grenze Wohnsitze verschafft und sie in die römische Freundschaft aufgenommen. Er hat sogar als erster Römer die Elbe überschritten. Später komman- dierte er am Rhein; er unternahm einen Zug gegen die Cherusker, jedoch ohne den gewünschten Erfolg. 3) Andere Verwicklungen ließen dann die Germanenfrage eine Zeitlang zurücktreten, bis Tiberius, der sich inzwischen einige Jahre von den Staatsgeschäften ferngehalten hatte, nach der Rück- kehr aus dem selbstgewählten Exil und nunmehr von Augustus adoptiert den Krieg wieder aufnahm. Im Jahr 4 n. Chr. ging er über den Rhein und bezwang mehrere Völkerschaften, z. B. die Cherusker; damals über- winterte erstmalig das römische Heer auf germanischem Boden an der Lippe. Im nächsten Jahr (5 n. Chr.) kam Tiberius bis zur Elbe; zugleich lief die römische Flotte in den Strom ein und vereinigte sich mit dem Landheer. Die Langobarden fügten sich, und mehrere Stämme des jenseitigen Eibufers, wie die Kimbern und Semnonen, suchten die Freundschaft des Augustus nach.^)

') Bei Haltern an der Lippe haben Aus- j und dazu A. v. Domaszewski, Korrespon-

grabungen eine römische Anlage augu- | denzblatt d. Westdeutschen Zeitschr. 1903,

steischer Zeit aufgedeckt, die mit Wahr- J 212 ff. Das Kastell am Taunus ist nicht

scheinlichkeit als Aliso angesprochen wer- etwa die heutige Saalburg; v. Domaszewski

den darf. Ein weiteres Staudlager wurde setzt es nach Friedberg in der Wetterau ;

stromaufwärts bei Oberaden festgestellt. andere rücken es näher an den Rhein und

Vgl. über das Alisoproblem F. Koepp, Die ' wollen es in den Resten der, Kastells von

Römer in Deutschland 1912-, 16 ff., H. Hof heim bei Höchst am Main erkennen.

Dragendorff, Westdeutschland zur Römer- Vgl. Archäol. Anzeiger 1900, 102.

zeit, 1912, 12 ff. Problematische Aufstel- =) Cass. Dio LV 10 a (vol.II 494f. Boiss.).

lungen auf Grund desPtolemaeus (II 11, 13) Tacit. ann. I 63.* IV 44.

macht A. Schulten, Bonner Jahrbücher 124, { *) Res gest. die. Aug. Y 14: S.lOi. Ob die

1917, 88 ff. römische Flotte damals, wie man an-

^) Cass.Dio LIV33,4. vgl.FIorusII30, 16 nimmt, bis Skagen kam, hielt Niese für

7. Fünfte Pei'iode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§45.) 2S)1

Wenn auch die Unterwerfung ganz provisorisch bheb, so galt doch Germanien bis zur Elbe als erobertes Land; in der Stadt der Ubier (Köln) entstand nach gallischem Vorbild ein Kult des Augustus mit einem germanischen Priester. ^) Außer den genannten Kastellen wurden noch andere errichtet, Stra&en gebaut (z. B. die Lippe hinauf), der Rhein überbrückt. 2) Germanische Edelinge traten in römischen Dienst; die Römer hatten bei einzelnen Stämmen Freunde und Parteigänger.

Das Werk sollte vollendet werden durch die Zertrümmerung des Sueben- reiches des Marbod (Maroboduus), der seit einiger Zeit an der Donaugrenze eine bedeutende Herrschaft gegründet hatte. Marbod war früher in Rom gewesen und hatte vielleicht in römischen Diensten gestanden.'^) Dann hatte er seinen Stamm, die Markomannen, zusammen mit anderen Völkerschaften, vielleicht bei Gelegenheit der Feldzüge des Drusus in dem ehemaligen Land der Bojer, dem heutigen Böhmen und Mähren, angesiedelt. Von hier machte er seine nördlichen Nachbarn am östlichen Eibufer Untertan und schuf sich ein Reich, das sich durch straffere monarchische Leitung von den lockeren Stammesverbänden der übrigen Germanen zu seinem Vorteil unterschied. Um die Gefahr, die von der wachsenden Macht des Markomannenkönigs drohte, zu brechen, ehe es zu spät war, bereitete Tiberius von Carnuntum an der Donau aus einen Angriff vor, an dem sich C. Sentius Saturninus vom Rhein her beteiligen sollte. Aber während des Aufmarsches der Heere flammte 6 n. Chr. in Illyricum bei den über den römischen Steuerdruck erbitterten Pannoniern und Dalmatern ein Aufstand^) auf, zu dem die für den Krieg gegen Marbod vorgenommenen Aushebungen den äußeren An- stoß gaben. Zuerst schlugen die pannonischen Breuker und die dalmatischen Daesitiaten los, beide geführt von einem Baton. Die Aufständischen, die wohl gerüstet waren, griffen die römischen Festungen an und konnten zu- nächst nicht überwältigt werden, da gleichzeitig Mösien von Dakern und anderen Nachbarn heimgesucht wurde. So breitete sich der Aufstand weit aus; es hieß, daß über 200000 Insurgenten unter Waffen stünden. Make- donien, ja selbst Italien war gefährdet. Es mußten neue Truppen aus- gehoben werden; wahrscheinlich sind damals acht neue Legionen gebildet worden, teilweise sogar aus Freigelassenen; aber die Rekrutierungen und die deshalb nötigen neuen Steuern^) erregten in Italien lebhafte Mißstimmung. Der Krieg mit Marbod mußte aufgegeben werden; Rom schloß mit ihm einen förmlichen Frieden.^) Drei Jahre verstrichen unter schweren Kämpfen, ehe der pannonische Aufstand niedergeschlagen war. Von allen Seiten wurden Truppen herangezogen, so daß sich die von Rom eingesetzte Streit- macht schließlich auf fünfzehn Legionen und zahlreiche Auxiliarkohorten,

recht zweifelhaft. Müllenhoff, Deutsche Augustus, Berlin 1875; O. Hirschfeld, Kl.

Altertumskunde II 285 f. Schriften, Berlin 1913. 387 flf.

M Tacit. ann. I 57. ^) Damals wurde die Erbschaftssteuer

^) FlorusII 30, 26. Nach diesem Zeugnis eingeführt und das aei-an'uni militare be-

lagen sogar an der Weser und Elbe rö- gründet. Im nächsten Jahr 7 n. Chr. folgte

mische Kastelle und Besatzungen. ' eine Verkaufssteuer, die quinquagesima ve-

3)Vgl.VelleiusII10Sf. StraboVII290er- , nalmm mancipiorum. Cass. Dio LY 25 f. 31.

zählt, Augustus habe ihm Gutes erwiesen. | Oben S. 289.

*) Abraham, Zur Geschichte der ger- *) Vgl. Tacit. ann. II 46.

manischen u. pannonischen Kriege unter |

298 Römische Geschichte.

iin ganzen etwa auf 150000 Mann belief. Tiberius, unterstützt von Ger- manicus, dem Sohn des Drusus, führte den langwierigen Krieg methodisch zu Ende. 8 n. Chr., nach einem Sieg des Tiberius am Fliifa Bathinus. unter- warfen sich die Pannonier, im folgenden Jahr die Dalmater. Pannonien, vorher ein Teil von Illyricum, wurde nunmehr als eigene Provinz eingerichtet.

Die Germanen östhch vom Rhein verhielten sich während der panno- nischen Wirren ruhig. Erst in deren letztem Jahr (9 n. Chr.), nachdem P. Quinctilius Varus das Kommando in Germanien übernommen hatte ^} und römische Rechtspflege und Verwaltung einzuführen begann, entstand ein weitverzweigter Aufstand, zu dem sich die mächtigsten Stämme, vor allem die Cherusker und Chatten zusammenschlössen. Die Führung hatten die Cherusker, an deren Spitze die Fürsten Arminius und Segimer standen; ersterer hatte im römischen Heer gedient und war römischer Ritter.-) Der unvorsichtige Varus ließ sich überlisten und wurde, als er aus seinem Sommer- lager mit drei Legionen, drei Alen und sechs Kohorten zurückmarschierte, im Teutoburger Wald überfallen; in viertägigen Kämpfen ging das römische Heer, dessen Führer sich selbst den Tod gab, zugrunde.^)

Noch war in Rom der Jubel über das Ende des pannonischen Aufstandes nicht verklungen, als die Hiobspost aus Germanien neuen Schrecken ver- breitete; man fürchtete einen Zug der Germanen über den Rhein und eine Erhebung Galliens; eilends wurden Sicherheitsmafanahmen getroffen; aber der erwartete Offensivstofit der Germanen blieb aus. Den Oberbefehl am Rhein übernahm Tiberius (10 n. Chr.). Er sicherte Gallien, wo wirklich Unruhen entstanden waren, befestigte die Grenze und drang in zwei Feld- zügen (10 und 11 n. Chr.) unter Mitwirkung der Flotte wieder in Germanien ein. Zwar erzielte er einige Erfolge, aber eine eigentliche Wiedereroberung wurde nicht versucht.^) Nur die Küstenvölker, Bataver, Friesen undChauken, hielten noch zu Rom, im übrigen gingen die Eroberungen in Germanien verloren, und statt der Elbe bildete der Rhein die Grenze; doch blieb ein Streifen am rechten Rheinufer in römischen Händen und wurde durch eine

') Vgl. E. KoRNEMANN, Neue Jahrbb. 49, Osnabrück (so Knoke) oder in der Um-

1922, 42 ff. gebung von Detmold in derDörenschlucht

■^) Die Annahme, daß Arminius sein (H. Delbrück). Die Literatur seit 1820 römischer Name sei und der germanische s. bei V. Gardthausen, Augustus II, 3 (1904) anders gelautet habe, ist nicht wahr- 808 ff., sowie Bibliographische Nachträge scheinlich. Allerdings kommt Arminius i hierzu S. 29 f. Einen Überblick über den als römischer Familienname vor, doch Stand der Forschung im Jubiläumsjahr ist nicht abzusehen, wie der germanische bieten E. Wilisch, Neue Jahrbücher 33, Fürst gerade zu diesem gekommen sein 1909, 322 ff. und H. Dragendorff, 5. Be- sollte. Vgl. V. RoHDEN, FW II 1190 f. rieht der röm.-germ. Kommission 1909,

^) Vgl. Cass. Dio LVI 18 ff.; Velleius II 73 ff. Vgl. auch F. Knoke, Die Kriegszüge

118 ff.; Florus IV 12, 29 ff., sowie Tac. ann. des Germanicus in Deutschland, Berlin

I 60 ff. Das topographische Problem ist 1922^, 71 ff. Das genaue Datum der Kata-

angesichts der vagen Angaben der Quellen strophe ist nicht zu ermitteln. Gegen

bis heute nicht mit Sicherheit gelöst. den Vorschlag von Zangemeister, West-

MoMMSEN, Ges. Sehr. IV 200ff. [1885] identi- deutsche Zeitschr. VI, 1887, 234 ff. (2. Au-

fizierte den saUus Teutoburgiensis mit dem gust, Jahrestag von Cannae) vgl. O. Hirsch-

Wiehengebirge und verlegte aulGruud von feld, Kl. Sehr. 397 Anm. 3. Verfehlt ist

Münzfunden das Schlachtfeld in die Ge- dieVerlegungder Schlacht ins J. 10 n.Chr.,

gend von Barenau östlich von Bramsche. dagegen Mommsen, Rom. Gesch.V 43 Anm.l.

Andere Forscher bevorzugen den Osning , ■*) Velleius II 121. Sueton Tib. 18. Cass,

und suchen den Schauplatz der Kata- 1 Dio LVI 23 ff.

strophe entweder im Habichtswald bei |

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 45.) 299

Linie, den liines, nach außen begrenzt. Das römische Germanien beschränkte sich in Zukunft auf die dem Rhein benachbarten Gegenden, so daß also die Niederlage im Teutoburger Wald letzten Endes in der Tat einen Wende- punkt der Weltgeschichte bedeutet, indem sie Germanien vor dem Schicksal Galliens, vor der Romanisierung bewahrte. *) Tiberius weilte auch 12 n. Chr. nochmals in Gallien, später übernahm Germanicus, der Sohn des Drusus, die Leitung der Provinz.

Zweimal, 34 und 27/26 v. Chr., hat Augustus an einen Feldzug gegen Britannien gedacht, jedoch mußte eine solche Wiederaufnahme der Politik seines Adoptivvaters hinter dringlichere Aufgaben zurückgestellt werden; der Kaiser begnügte sich mit den Huldigungen, die einzelne britische Häupt- linge ihm und dem kapitolinischen Juppiter darbrachten. 2)

Spanien war zur Zeit, als Augustus die Regierung übernahm, immer noch nicht ganz befriedet; im Nordwesten des Landes behaupteten die Kantabrer und Asturer ihre Unabhängigkeit, zuweilen im Bund mit den Aquitanern. Noch unter dem Triumvirat war gegen sie Krieg geführt worden ; 29 v. Chr. hatte Statilius Taurus mit den benachbarten Vaccäern zu kämpfen. Augustus begab sich 27 v. Chr. in die Provinz, wo er die beiden folgenden Jahre ver- brachte; in Tarraco wurde er auf ein langes und schweres Krankenlager geworfen. Während seiner Anwesenheit brach ein Krieg gegen die Kan- tabrer und A sturer aus, der zwei Jahre dauerte. Beide Völker wurden von den Legaten C. Antistius und T. Carisius mit Hilfe einer Kriegsflotte unter bedeutenden Schwierigkeiten unterworfen. 3) Anfang 24 v. Chr. verließ der Kaiser Spanien, aber noch in demselben Jahr erhoben sich die Besiegten abermals, und erst 20 19 v. Chr. gelang dem M. Agrippa nach längeren Kämpfen die völlige Unterwerfung. Ein Teil der Kantabrer wurde trans- plantiert. Seitdem herrschte Ruhe in Spanien. Rasch verbreitete sich in der ganzen Provinz römisches Bürgerrecht und römische Gemeindeverfassung.

Während im Westen Augustus allenthalben Kriege führen und die Grenzen des Reiches erweitern mußte, war im Osten das römische Gebiet, seitdem die Grenzen der Parther erreicht waren, im wesentlichen abgeschlossen. Hier galt es, das Erworbene zu erhalten und auszubauen, das Zweifelhafte zu sichern. Der Kaiser selbst reiste 22 v.Chr. in den Orient, verweilte 21 v. Chr. in Griechenland, überwinterte 21/20 und 20/19 v. Chr. auf Samos und be- suchte in der Zwischenzeit die asiatischen Provinzen. In den Jahren 23 21, 17 13 V. Chr. war Agrippa, mit höherem Kommando ausgestattet, im Orient anwesend; später (1 v. Chr.) sandte der Kaiser seinen Enkel und Adoptiv- sohn C. Caesar. Die Ostgrenze wurde zum großen Teil von einer Anzahl abhängiger Königreiche eingenommen, die ihre Existenz meist dem Antonius

') Zwei amerikanische Gelehrte, W. A. I Winterlagern im Lippetal bei Haltern

Oldfathek und H. V. Canter, The defeat of \ uiid Oberaden, vereinigen. Vgl. F. Koepp,

Varus and fhe Gennan frontier polkif of I Neue Jahrbb. 35, 1915, 673 ff. M. Gelzer.

Aug., Univ. of Illinois studies IV, 1915,' be- ' Hist. Zeitschr. 115, 3. F. 19, 1916, 601 tf.

streiten die Bedeutung der Schlacht und , ^) Cass. Die XLIX 38, 2. LIII 22, 5. 25, 2. behaupten, Augustus habe aus Germanien Strabo IV 200. Mommsen, Re.^ gestae divi nie eine Provinz, sondern nur einen Puffer- Aug. 138.

Staat machen wollen. Diese These läßt ^) Auf ihrem Gebiet wurden die Kolo-

sich weder mit den Quellen noch mit nien Bracara Augusta (Braga) und Au- dem archäologischen Befund, den soliden gusta Asturica (Astorga) angelegt.

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Römische Geschichte.

verdankten. Galatien und seine südliche Nachbarschaft stail unter Amyntas, wurde aber nach seinem Tod bereits 25 v. Chr. eingezogn und zur Pro- vinz gemacht: später (0 v. Chr.) wurde auch das paphhicnische Fürstentum der Provinz Gahitien einverleibt. Die östlichen Teile des Kuigreichs Pontos mit Kleinarmenien verwaltete Polemon, der Sohn des Znon, mit seiner Gattin Pythodoris, die ihn lange überlebte. Seine Dyn.ide hat sich bei wechselndem territorialem Bestand noch lange gehalten. V) Kppadokien stand unter Archelaos, dem der Kaiser 20 v. Chr. auch Kleinanenien und das rauhe Kilikien überwies, so daß sein Gebiet fast vom Sch-arzen Meer bis zum Mittelmeer sich erstreckte. Zwischen Kappadokien ud Syrien schob sich am Euphrat das Königreich Kommagene ein mit der iiuptstadt Samo- sata, unter Fürsten, die sich von den Seleukiden und den ersischen Achä- meniden ableiteten. Endlich lag im Süden der Provinz Syen der jüdische Staat unter Herodes,^) dem Augustus schon nach der Schicht bei Actium, später nochmals im Jahr 20 v. Chr. ansehnliche Gebietseiveiterungen zu- wandte. Herodes war seinen Untertanen ein gestrenger Her, zugleich aber ein umsichtiger Regent, der sich nach Art der hellenistische Fürsten durch Städtegründungen ein dauerndes Verdienst erworben hat.^) üs er 4 v. Chr. starb, wurde sein Reich unter drei seiner Söhne verteilt. Archelaos, der das eigentliche Judäa erhalten hatte, wurde aber schon C . Chr., weil er seine Untertanen bedrückte, abgesetzt und sein Land mit deiProvinz Syrien vereinigt; die übrigen Fürstentümer blieben vorläufig bestenn. Später ist dann noch mancher Wechsel eingetreten. Zu den Klientekaaten gehörte seit Antonius auch das Gebiet der Bosporaner, bei denen lagere Unruhen imd Thronstreitigkeiten ausbrachen, so daß Agrippa einschrtten mußte; er xmternahm 14 v. Chr. einen Feldzug dahin; der von ihm zm Fürsten ein- gesetzte Polemon von Pontos fand einige Jahre später im Kriege gegen einen sarmatischen Stamm sein Ende. Eine neue Dynastie trat ar seine Stelle.^) Den springenden Punkt in der Orientpolitik des Augu us bildet die Partherfrage. Noch immer waren die Niederlagen des Crassi; und des An- tonius ungesühnt und Prestigerücksichten geboten die Einlösug dieser natio- nalen Ehrenschuld; römische Gefangene und Trophäen waren n parthischen Händen. Augustus bemühte sich, einen Revanchekrieg zu ^rmeiden und statt dessen die Scharte mit den friedlichen Mitteln der I^lomatie aus- zuwetzen. Die im Arsakidenhaus üblichen Thronwirren leiste^n einer Ver- ständigungspolitik Vorschub. So gelang es in der Tat, im Jhr 20 v. Chr. von König Phraates IV die Rückgabe der Feldzeichen un Gefangenen zu erwirken, ein unblutiger, von Dichtern und auf zeitgenö^?schen Denk- mälern viel gefeierter Erfolg. Etwas später, etwa 9 v. Chr., erstand sich

') Über die Schicksale dieser Dynastie vgl. MoMMSEN, Ges. Schr.YIII 2(U ft"., H. Dessau. Ephem. epif/r. IX 691 ff. tiUG ff.

-') E. ScHÜREK. Gesohii'jite des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi I^ 360 f. Waltek Otto, FW Suppl. II 1 ff'.

^) Er gründete vornehmlich an Stelle des früheren Stratousturms {^ToajwnK nvoyo^) die Hafenstadt Caesarea (12 v.Chr.). "Das

alte Samareia richtete ennter dem Na- men Sebaste neu ein. Josohus Ant. Jud. XV 296. XVI 136. Bell. Jd. I 403. 408 ff. "*) A. V. Sallet, Beiträge ur Geschichte und Numismatik der Köjue des kimm. Bosporos, Berlin 1866; M. Voigt in den griechischen Studien, Heiiann Lipsius dargebracht (Leipzig 1894>S. 127.

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Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§45.

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Res gest. div. Aug. 109, f. 135 f. ; rD, Gesch. Irans 102 f. 118.

3) Strabo XVI 780 if. Vgl. Tkac, PW I a 1343 if.

30() Römische Geschichte.

verdankten. Galatien und seine südliche Nachbarschaft stand unter Amyntas, wurde aber nacli seinem Tod bereits 25 v. Chr. einge/.ogen und zur Pro- vinz gemacht; später (G v. Chr.) wurde auch das paphlagonische Fürstentum der Provinz Galatien einverleibt. Die östlichen Teile des Königreichs Pontos mit Kleinarmenien verwaltete Polemon, der Sohn des Zenon, mit seiner Gattin Pythodoris, die ihn lange übei'lebte. Seine Dynastie hat sich bei wechselndem territorialem Bestand noch lange gehalten.') Kappadokien stand unter Archelaos, dem der Kaiser 20 v. Chr. auch Kleinarmenien und das rauhe Kilikien überwies, so daß sein Gebiet fast vom Schwarzen Meer bis zum Mittelmeer sich erstreckte. Zwischen Kappadokien und Syrien schob sich am Euphrat das Königreich Kommagene ein mit der Hauptstadt Samo- sata, unter Fürsten, die sich von den Seleukiden und den persischen Achä- meniden ableiteten. Endlich lag im Süden der Provinz Syrien der jüdische Staat unter Herodes,^) dem Augustus schon nach der Schlacht bei Actium, später nochmals im Jahr 20 v. Chr. ansehnliche Gebietserweiterungen zu- wandte. Herodes war seinen Untertanen ein gestrenger Herr, zugleich aber ein umsichtiger Regent, der sich nach Art der hellenistischen Fürsten durch Städtegründungen ein dauerndes Verdienst erworben hat. 3) Als er 4 v. Chr. starb, wurde sein Reich unter drei seiner Söhne verteilt. Archelaos, der das eigentliche Judäa erhalten hatte, wurde aber schon 6 n. Chr., weil er seine Untertanen bedrückte, abgesetzt und sein Land mit der Provinz Syrien vereinigt; die übrigen Fürstentümer blieben vorläufig bestehen. Später ist dann noch mancher Wechsel eingetreten. Zu den Klientelstaaten gehörte seit Antonius auch das Gebiet der Bosporaner, bei denen längere Unruhen und Thronstreitigkeiten ausbrachen, so daß Agrippa einschreiten mufste; er unternahm 14 v. Chr. einen Feldzug dahin; der von ihm zum Fürsten ein- gesetzte Polemon von Pontos fand einige Jahre später im Kriege gegen einen sarmatischen Stamm sein Ende. Eine neue Dynastie trat an seine Stelle.^) Den springenden Punkt in der Orientpolitik des Augustus bildet die Partherfrage. Noch immer waren die Niederlagen des Crassus und des An- tonius ungesühnt und Prestigerücksichten geboten die Einlösung dieser natio- nalen Ehrenschuld; römische Gefangene und Trophäen waren in parthischen Händen. Augustus bemühte sich, einen Revanchekrieg zu vermeiden und statt dessen die Scharte mit den friedlichen Mitteln der Diplomatie aus- zuwetzen. Die im Arsakidenhaus üblichen Thronwirren leisteten einer Ver- ständigungspolitik Vorschub. So gelang es in der Tat, im Jahr 20 v. Chr. von König Phräates IV die Rückgabe der Feldzeichen und Gefangenen zu erwirken, ein unblutiger, von Dichtern und auf zeitgenössischen Denk- mälern viel gefeierter Erfolg. Etwas später, etwa 9 v. Chr., verstand sich

') Über die Schicksale dieser Dynastie alte Samareia richtete er unter dem Na- vgl. MoMMSEN, Ges. Sehr. VIII 264 ff., H. men Sebaste neu ein. Josephus Ant. Jud. Dessau, Ephem. epigr. IX 691 ff. 696 ff. \ XV 296. XVI 136. Bell. Jud. I 403. 408 ff.

^) E. ScHÜREK, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi I' 360 f. Walter Otto, PW Suppl. II 1 ff.

^) Er gründete vornehmlich an Stelle des früheren Stratonsturms (3o«rw)o,- ni-oyog) dargebracht (Leipzig 1894) S. 127. die Hafenstadt Caesarea (12 v.Chr.). Das

) A. V. Sallet, Beiträge zur Geschichte und Numismatik der Könige des kimm. Bosporos, Berlin 1866; M. v. Voigt in den griechischen Studien, Hermann Lipsius

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§45.) 3(>1

Phraates sogar dazu, vier seiner Söhne als Geiseln zu stellen. Der eigent- liche Zankapfel zwischen Rom und Parthien war Armenien,^) das beide Mächte als Interessensphäre beanspruchten. Während des Krieges von Actiuni war Armenien, das durch seine geographische Lage zum Festun gsglacis ge- macht wurde, unter die Botmäßigkeit der Parther geraten (oben S. 275). die dem Artaxes, einem Sohn des Artavasdes, dort auf den Thron ver- halfen. Im Auftrag des Kaisers setzte 20 v. Chr. Tiberius einen anderen Sohn des Artavasdes, Tigranes, als König von Armenien ein; aber dieser regierte nicht lange; seine Nachfolger neigten wieder zu den Parthern, und die römische Partei hatte das Nachsehen; die Mehrheit der Armenier war parthisch gesinnt. Eine Zeitlang schien ein ernster Konflikt bevorzustehen. Zur Wiederherstellung des römischen Einflusses sollte 6 v. Chr. Tiberius abermals in den Orient gehen; aber er lehnte ab und zog sich nach Rhodos zurück. Erst 1 v. Chr. wurde C. Caesar mit der Mission im Osten betraut: der Prinz setzte in Armenien einen neuen König, den Atropatener Ario- barzanes, auf den Thron und erneuerte in einer Zusammenkunft mit dem Partherkönig Phraatakes das gute Einvernehmen. Doch mufate C. Caesar schon nach kurzem in Armenien zugunsten seines Schützlings mit den Waifen einschreiten ; bei der Belagerung der Veste Artagira (2 n. Chr.) brachte ihm ein feiger Attentäter die Wunde bei, an der er nach langem Siechtum am 21. Februar 4 n. Chr. verstarb. In Armenien wechselte bald darauf aber- mals die Herrschaft und eine dauernde Eindämmung des parthischen Ein- flusses, der vielmehr noch im Steigen war, erwies sich als unmöglich. Eine Mittelstellung zwischen den beiden großen Mächten, Rom und Parthien, nahm Atropatene (Medien) ein, dessen Geschicke mit denjenigen des armeni- schen Nachbarlandes eng zusammenhingen. Einen Gewinn für Rom be- deutete der Anschluß der Iberer am Kaukasos. Neue Streitigkeiten inner- halb der parthischen Dynastie führten eine für Rom günstige Wendung herbei; Phraatakes wurde vertrieben und es kam schließlich so weit, daß Augustus den der Unruhen überdrüssigen Parthern auf deren Ansuchen einen der Söhne des Phraates, Vonones, als König zusandte (vor 9 n. Chr.). Im Hinblick auf das Partherproblem legten die Römer Wert auf freund- schaftliche Besiehungen zu den Indern oder Indoskythen, mit denen schon Antonius angeknüpft hatte. Mehrmals hat Augustus indische Gesandtschaften empfangen können. Damals kam der unmittelbare Handelsverkehr mit In- dien, der mit Benutzung der Monsune in regelmäßigen Fahrten von Ägypten zu den indischen Häfen führte, lebhafter in Gang. 2) Ägypten war auch der Ausgangspunkt des einzigen Eroberungszuges, den der Kaiser im Orient ver- suchte, des Vorstoßes gegen das südliche, sog. glückliche Arabien, wo man große Reichtümer vermutete. Der frühere Präfekt von Ägypten, Aelius Gallus, leitete (24 23 v. Chr.) die Expedition, konnte aber das Ziel nicht erreichen; vor Marsyaba, der Stadt der Rhambaniten, die er vergeblich be- .lagerte, mußte er nach harten Strapazen und schweren Verlusten wieder umkehren. 2) Auf den arabischen Feldzug folgte ein Krieg gegen die süd-

1) MoMMSEN, Res gest. dlv. Aug. 109. f. 135 f. ; ^) Strabo XVi 780 ff. Vgl. Tkac, PW I a

A. V. GuTSCHMiD, Gesch. Irans 102 f. 1343 ff.

■') Strabo II 118. |

302 Römische Geschichte.

lieh an Ägypten grenzenden Äthiopen unter der Königin Kandake, mit denen schon der erste Präfekt von Ägypten, C. Cornelius Gallus, der Vor- gänger des Aelius Gallus, gekänijjft hatte.') Während der Abwesenheit des Aelius Gallus überschritten die Äthiopen die Grenze, C. Petronius, der Nachfolger des Gallus, schlug sie zurück, eroberte Premnis und drang weit in Äthiopien ein. Kandake bequemte sich zum Frieden (21 v. Chr.) und mußte einige Grenzplätze abtreten.

In Afrika wurde das von dem Diktator Caesar eingezogene Numidien 2) zeitweilig dem gleichnamigen Sohn des numidischen Königs Juba (oben S. 246) überlassen, der in Italien erzogen war und sich an Oktavian an- geschlossen hatte. Der junge König Juba II, ein wissenschaftlicher Dilettant und gelehrter Polyhistor, trat durch seine Vermählung mit Kleopatra Selene, einer Tochter des Antonius und der Königin Kleopatra, in Beziehungen zum Kaiserhaus. Als 25 v. Chr. Numidien wieder zur römischen Provinz gemacht und als solche mit Afrika vereinigt wurde, erhielt Juba Maure- tanien, das schon 38 v. Chr. an Oktavian gefallen war. Die Provinz Afrika wurde durch die benachbarten nomadischen Wüstenstämme, namentlich die Gätuler, vielfach beunruhigt; die Wirkungen der Bürgerkriege zeigten sich auch hier. Auch dem Juba machten die Gätuler zu schaffen. 6 n. Chr. mußte der Prokonsul von Afrika Cossus Cornelius Lentulus ihm zu Hilfe kommen. Sein glücklicher Krieg gegen die Gätuler verschaffte ihm den Beinamen Gaetulicus. Außerdem inußte gegen die Garamanten und Mar- mariden, die Nachbarn Kyrenes, unter Augustus mehrmals Krieg geführt werden. 3) Nach Süden hin waren die Grenzen der römischen Herrschaft ganz unfertig und konnten erst allmählich in langsamer Arbeit gesichert und erweitert werden.

Das von Augustus geschaffene System verträgt seinem cjuasirepublikani- schen Charakter nach keine feste Successionsordnung. Und doch gipfelt die Politik des Princeps in dem Bestreben, eine Dynastie zu gründen und sein Amt innerhalb der eigenen Familie'*) zu vererben, w^ie er selbst sich als den Rechtsnachfolger Caesars betrachtete. Ganz wie ein Monarch hul- digte Augustus dynastischen Velleitäten; die wichtigsten Posten pflegte er mit den Mitgliedern seines engsten Kreises zu besetzen. Zu diesen gehörten besonders M. Vipsanius Agrippa und C. Maecenas,'') die Getreuen, die ihm schon bei seinem ersten Auftreten zur Seite gestanden hatten. Maecenas

') Cornelius Gallus hatte auch als lyri- liehen Familie zu gehören, der Ehre des scher Dichter einen Namen. Als Präfekt Triumphs teilhaftig wurde. CILI^p. 50. von Ägypten wegen Majestätsbeleidigung *) Das dynastische Prinzip wird offen- abgesetzt, wurde er vom Senat zur Ver- kundig in der Formel des Treueides, der bannung verurteilt, worauf er sich das nicht nur auf den Kaiser, sondern auch Leben nahm (26 v. Chr.). Cass. Dio LIII auf dessen Kinder und Kindeskinder ab- 23, 5. Th. Mommsen, Reden und Aufsätze gelegt wird. ILS II nr. S7S1. 449 ff., Sitz.-Ber. der Berl. Ak. 1896, 469 ff. ">) P. S. Fkandsen, M. Vipsanius Agrippa, U. WiLCKEN, Zeitschr. f. ägypt. Sprache Altena. 18S6; \aü Eck, Quaestioneshistoricae XXVI ff. Stein, PW IV 1342 ff. de M. Vips. Agrippa, Leiden 1842: P. S.

■^) Unter dem Namen ^/>-/ca novo. Oben Frandsen, C.Cilnius Maecenas, Altona 1843.

S. 252. Übrigens führte Maecenas nicht das Gen-

') Die Garamanten besiegte L. Gerne- tile Cilnius sondern nannte sich nur C.

lius Baibus, Prokonsul von Afrika. Er Maecenas. Vgl. Bormann, Quaestiones epi-

triumphierte 19 v. Chr. und ist der letzte, graphicae, Marburg 1886. der ohne Kaiser zu sein oder zur kaiser-

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§45.) ;^();^

ist der gefeierte Gönner der Literaten und Dichter. Er, der Sprofs etrus- kischer Könige, trat nicht in den Senat ein, sondern bliel) dem Rang nach einfacher Ritter; er hat für den Kaiser die wichtigsten Aufträge erledigt und mehrmals, wenn dieser Rom verließ, zuletzt während des kantabrischen Kriegs, für ihn die Stellvertretung geführt; später ging freilich die alte Freundschaft in die Brüche, und Maecenas verschwand von der politischen Bühne; 8 v. Chr. ist er verstorben. Agrippa, ein Mann ohne Ahnen, war der Heerführer des Kaisers, dem er in vorbildlicher Treue diente, wofür er mit den höchsten Ehren und Auszeichnungen belohnt wurde; seit 18 V. Chr. ist er Mitinhaber der tribunizischen Gewalt. Eigene Söhne blieben dem Augustus versagt. Seine erste rein politische Ehe mit Clodia, der Stief- tochter des Antonius,^) löste er 41 v.Chr. zur Zeit des perusinischen Kriegs und heiratete hierauf, wiederum aus politischen Gründen, die Scribonia, eine Verwandte des Sex. Pompeius, die ihm eine Tochter, Julia mit Namen, schenkte (oben S. 266). Nachdem auch diese zweite Ehe geschieden war, führte Augustus 38 v. Chr. die schöne und kluge Livia Drusilla heim,'-^) die Gattin des Ti. Claudius Nero, die ihm die Söhne ihres ersten Gatten, den Ti. Claudius Nero und den Nero Claudius Drusus, als Stiefsöhne zubrachte. Zur kaiserlichen Familie wurden auch die Kinder der Octavia, der Schwester des Augustus, gerechnet. Dem Sohn der Octavia, seinem Neffen M. Mar- cellus,^) gab Augustus die Hand seiner einzigen Tochter Julia und damit eine gewisse Anwartschaft auf den Thron. Aber der junge Marcellus ver- starb nach zweijähriger kinderloser Ehe (23 v. Chr.) und Agrippa, der Jugend- freund des Kaisers, trat als neuer Gatte der Julia an dessen Stelle. Aus dieser Ehe sind im ganzen fünf Kinder hervorgegangen. Die beiden ältesten Söhne des ungleichen Paares wurden gleich nach der Geburt von ihrem Großvater Augustus adoptiert und nach Agrippas Tod (12 v. Chr.) als Thron- folger in Aussicht genommen; beide starben jedoch in jungen Jahren, zu- erst (2 n. Chr.) Lucius, dann (4 n. Chr.) Gaius."») Da auch des Kaisers Stief- sohn Drusus schon 9 v. Chr. gefallen war, so trat einstweilen der ältere Sohn der Livia, Tiberius, in den Vordergrund; er mußte seine Gattin Vipsania, die Tochter Agrippas. entlassen und die Witwe Agrippas, Julia, heiraten; schon 6 V. Chr. erhielt er die tribunizische Gewalt. Indes litt Tiberius see- lisch aufs schwerste unter der ihm aufgezwungenen Ehe mit der zügellosen Julia; auch fand er es seiner nicht würdig, den Platzhalter für seine Stief- söhne Gaius und Lucius, die beiden Caesares, zu spielen. Er überwarf sich mit seinem Stief- und Schwiegervater Augustus und zog sich von jeder Teilnahme an den Staatsgeschäften zurück, um auf Rhodos in freiwilliger Verbannung zu leben; erst im Jahr 2 n. Chr. durfte er heimkehren, aber nur als amtloser Privatmann; doch nachdem der Tod der Caesares die Hoff- nungen des Augustus vernichtet hatte, wurde Tiberius am 27. Juni 4 n. Chr. zusammen mit M. Agrippa Postumus, einem nachgeborenen Sohn Agrippas, vom Kaiser adoptiert und damit als Nachfolger gekennzeichnet. Tiberius

') Fulvia, die Gattin des Antonius, war Berlin 1911.

in erster Ehe mit dem bekannten P. Clo- ') Octavia war in erster Ehe mit C.

dius vermählt. Claudius Marcellus vermählt.

') Vgl. H. WiLLKicH, Livia, Leipzig u. *) ILS I nr. 139.

304 Römische Geschichte.

seinerseits mußte seinen Neffen Germanicus, den Sohn seines Bruders Drusus, adoptieren; Germanicus war mit Agrippina, der Enkelin des Kaisers, der Tochter des Agrippa und der Juha, vermählt und stand neben Tiberius dem Thron am nächsten.

Wie es sich für den Princeps geziemte, hielt Augustus, verständnisvoll unterstützt von Livia, die Ehre und das Ansehen seines Hauses hoch, das allen Römern zum Vorbild dienen sollte. Um so tiefer war sein Schmerz über das ausschweifende Leben seiner Tochter Julia ') und seiner gleich- namigen Enkelin, der Gattin des L. Aemilius Paullus; unnachsichtlich schritt Augustus gegen sein eigen Fleisch und Blut ein und ließ die schvddigen Prinzessinnen mit lebenslänglicher Verbannung büßen. 2)

Es versteht sich von selbst, daß es dem Kaiser nicht an politischen Gegnern fehlte. Eine republikanisch gesinnte Fronde machte sich nament- lich in der ersten Hälfte seiner Regierung noch sehr bemerklich. Zu denen, die das neue Regiment ablehnten, gehört auch der einflußreiche Historiker C. Asinius Pollio. Jedoch die Mehrzahl innerhalb der führenden Schichten stellte sich bereitwillig unter der Leitung des Princeps in den Dienst des Staats. Auf ernsteren Widerstand, der seiner Herrschaft hätte gefährlich werden können, ist Augustus kaum je gestoßen. Allerdings werden mehrere Fälle von Auflehnung gegen die kaiserliche Autorität und von Anschlägen auf das Leben des Kaisers berichtet, wie die Verschwörung des Fannius Caepio und des L. Licinius Varro Murena (22 v. Chr.), des M. Egnatius Rufus (19 V. Chr.), des Julius Antonius, eines Sohnes des Triumvirn, der 2 v. Chr. wegen seiner Buhlschaft mit Julia, sowie wegen hochverräterischer Pläne hingerichtet wurde. ^) Alles in allem hatte Augustus die Monarchie fest be- gründet, als er am 19. August 14 n. Chr. kurz vor Vollendung des 76. Lebens- jahres nach über vierzigjähriger Regiei'ung zu Nola in Kampanien die Augen für immer schloß. Seine Asche wurde in dem längst erbauten Mausoleum auf dem Marsfeld beigesetzt; der Senat erklärte den toten Kaiser zum Reichs- gott; aus dem divl plius wurde so der divus Augustus; als erste Priesterin des neuen Kaisergottes fungierte die Kaiserinwitwe.

MoMMSEN, Res gestae divi Äugusti, 2. Aufl., Berlin 1883. Gakdthausen, Augustus und seine Zeit, 1. und 2. Teil, 2. und 3. Bd., Leipzig 1896. 1904. Fitzler und Seeok, PW X 275 ff.

46. Die Julischen Kaiser nach Augustus.^) Dem Augustus folgte sein Stief- und Adoptivsohn Ti. Claudius Nero als Ti. Caesar Augustus. 0) Der

') E. Geoag, Studien zur röm. Kaiser- gesch., Linz 1918, 39 ff.

'^) Die ältere Julia wurde 2 v. Chr. nach

unterdrückte Verschwörung des M. Lepi- dus, eines Sohnes des Triumvirn. Velleius II 88. Appian. b. civ. IV 50.

Pandateria verbannt, später durfte sie *) Hauptquellen sind Tacitus' Annalen,

nach Rhegion übersiedeln, wo sie 14 n.Chr. in denen jedoch die Geschichte des Gaius

verstarb. Ihre zur jeunesse doree gehören- und der ersten Jahre des Claudius (bis

den Liebhaber wurden teils getötet, teils 47 n. Chr.) nicht mehr erhalten ist. Zur

verbannt. Diejüngere Julia mußte 8 n.Chr. Ergänzung dienen Suetonius und die

auf eine Insel an der apulischen Küste in Reste des Cassius Dio, dazu einige Stücke

die Verbannung gehen. Ihr Gatte wurde des Josephus, besonders in der Archäo-

wegen Hochverrats hingerichtet. Näheres logie Buch XVIII bis XX und in den

bei Gakdthausen, Augustus und seine Zeit entsprechenden Teilen des jüdischen Krie-

1 1095 ff. 1253 f. Fitzler, PWX 896 ff. 906 ff. ges. Über die allgemeine Literatur s.

^) Noch vor die Aufrichtung des Prinzi- , oben S. 291 f.

pats, 31 V. Chr., fällt die von Maecenas ' ^) Tiberius führt das praenotnen impera-

7. Fünfte Periode : Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 40.)

305

Thronwechsel vollzog sich reibungslos, ein Beweis, wie fest der Prinzi2:)at bereits gewurzelt war. Der neue Kaiser, fast 55 Jahre alt, hatte sich als Staatsmann und Heerführer vielfach bewährt und, gestützt auf die tribuni- zische Gewalt, sowie zuletzt auf ein prokonsularisches Kommando, *) an der Reichsverwaltung entscheidenden Anteil genommen. Doch war bei seiner geringen Popularität seine Stellung begreiflicherweise zu Anfang nicht so fest wie die seines Vorgängers. Er trat daher mit Vorsicht und Zurück- haltung auf und lehnte im Senat die Übernahme der kaiserlichen Gesamt- kompetenz anfänglich ab, was peinliche Debatten zur Folge hatte. Aber Tiberius gewann sein Spiel : indem er sich vom Senat die Übernahme der höchsten Gewalt förmlich aufdrängen ließ, verschaffte er sich eine Art von Vertrauensvotum. Augustus hatte den so ganz anders gearteten Stiefsohn ursprünglich nicht zum Thronerben bestimmt gehabt, aber allmählich unter dem Zwang der Verhältnisse und angesichts der unbestreitbaren Tüchtigkeit des Tiberius seine Abneigung überwunden; in diesem Sinn wirkte für den Sohn auch die Mutter Livia oder, wie sie seit dem Tod des Augustus, der die Gattin testamentarisch adoptiert hatte, mit dem sie über alle Frauen emporhebenden Namen und Ehrentitel genannt wird, Julia Augusta. Ob- wohl Tiberius der Mutter viel verdankte, war er doch nicht gesonnen, ihr Anteil an der Herrschaft zu gewähren. Neben Tiberius standen die Bluts- verwandten des Augustus, die ebenfalls ein gewisses Erbrecht geltend machen konnten, an ihrer Spitze Germanicus, der mutmaßliche Thronfolger, mit seiner Gattin Agrippina, der Enkelin des Augustus. Der degenerierte und doch nicht ungefährliche Agrippa Postumus, den Augustus verbannt hatte, wurde alsbald aus dem Weg geräumt.

Von Anfang an war Tiberius dem Senat gegenüber auf der Hut, konnte doch ein etwaiger Rivale nur aus dieser Körperschaft hervorgehen. 2) Gegen einzelne hervorragende Mitglieder des Senats, die sich verdächtig gemacht hatten, mußte er einschreiten. Majestätsprozesse wegen Vergehens gegen die Person des Kaisers waren unter Tiberius keine Seltenheit, ^j Anderer- seits war der Kaiser ernstlich bestrebt, die politischen Rechte des Senats und das Ansehen des senatorischen Standes zu wahren, wie er auch be- dürftige Senatoren zu unterstützen pflegte. Eine seiner ersten Regierungs- handlungen war die Abschaffung der Komitien und die Überweisung der Beamtenwahlen vom Volk an den Senat; aufs gewissenhafteste hielt er auf die Beobachtung der verfassungsmäßigen Formen,^) ohne aber vom Wesen der kaiserlichen Gewalt irgendetwas preiszugeben; unbeschadet der nomi- nellen Mitherrschaft des Senats führte der Kaiser tatsächlich das Regiment.

Gleich beim Regierungsantritt des Tiberius entstand eine gefährliche Meuterei der drei in Pannonien stehenden Legionen. Die Truppen be- schwerten sich über ungesetzliche Verlängerung ihrer Dienstzeit und andere Härten und benutzten den Thronwechsel, um ihre Forderungen durchzu-

toris, das Augustus sich beilegte, in der Regel, nicht, Sueton Tib. 26, 2.

') Über das imperium j))-oconsulare mains des Tiberius vgl. H. Dieckmann, Klio XV, 1918, 339 ff.

■') Tacit. ann. I 13.

^) Hierher gehört auch die Verurteilung des Cremutius Cordus wegen einiger po- litisch bedenklicher Stellen seines Ge- schichtswei-ks (25 n.Chr.). Tacit. ann. IV 34.

"*) Vgl.L. Levy, Qno modo TL Claudius Nero erga senatum se gesserit, These, Paris 1901.

Handbuch der klass. Altertnmswissenschaft. III, 5. 5. Aufl.

20

;^Qß Römische Geschichte.

drücken.!) Auch am Niederrhein empörten sich vier Legionen, die bei den Ubiern (um Köln) lagerten. Sie stellten ähnliche Forderungen wie die pan- nonischen Truppen und versuchten ihren Feldherrn, den Germanicus, zur Übernahme der höchsten Gewalt zu zwingen. Aber die Loyalität des Ger- manicus widerstand der Versuchung. Allmählich ließen sich die Rebellen beruhigen. 2) Die Rädelsführer mußten büßen; das Los der übrigen wurde gebessert. Gleichsam zur Sühne unternahm dann die Rheinarmee einen neuen Feldzug gegen die Germanen. Der junge Germanicus ergriff mit Feuereifer die Gelegenheit, seiner bisherigen Untätigkeit ein Ende zu machen und die varianische Niederlage zu rächen; er war willens, auf den Spuren seines Vaters Drusus kriegerischen Ruhm zu erwerben. ^j Denn noch immer befand sich Rom im Kriegszustand mit den germanischen Stämmen, die sich einst gegen Varus zusammengeschlossen hatten. Schon im Herbst 14 n. Chr. er- öffnete Germanicus die Feindseligkeiten mit einem Streifzug gegen die Marser (zwischen Ruhr und Lippe). Da bei den Cheruskern zwischen Arminius und seinem Widersacher Segestes eine Fehde entstand, so hoffte man auf die Zersplitterung der Feinde. Im nächsten Jahr drang Germanicus von Mainz her nordwärts ins Land der Chatten ein und kam bis über die Eder, während der Legat A. Caecina vonVetera aus gegen Marser und Cherusker vorrückte. Germanicus machte weiter einen Vorstoß gegen die Cherusker, entsetzte den von Arminius belagerten Segestes und nahm ihn und seine Familie mit sich zurück, darunter Thusnelda, die Tochter des Segestes und Gattin des Arminius. Dann erfolgte der Hauptangriff. Die Legionen begaben sich teils zu Land, teils auf dem Seeweg an die Ems;^) die Brukterer wurden besiegt, das Land zwischen Lippe und Ems verwüstet, Chauken und Friesen leisteten den Römern Beistand. Germanicus besuchte von hier aus den Schauplatz der Varuskatastrophe im Teutoburger Wald und wandte sich zuletzt gegen den inzwischen im Feld erschienenen Arminius. Die Rückkehr des römischen Heeres erfolgte von der Ems aus auf demselben Weg wie der Anmarsch. Der Heeresteil unter Germanicus, der den Seeweg wählte, erlitt durch eine Springflut an der Nordseeküste einige Verluste. Caecina nahm mit den übrigen Truppen seinen Weg über die pontes longi, einen von L. Domitius Ahenobarbus (S. 296) angelegten Bohlenweg durch ausgedehntes Sumpf- gebiet.^) Aber die Cherusker unter Arminius und Inguiomerus waren zur Stelle und brachten das römische Korps in schwere Bedrängnis. Als jedoch die

') Die Meuterei kam zuerst in Nau- 11. Erg.-Heft), Trier 1902.

portus (bei Laibach) zum Ausbruch. *) Da die Ems schwerlich über die Mün-

^) Nach Pannonien wurde Drusus, der düng der Hase hinaus schiffbar war, so

eigeneSohndesTiberius, geschickt. Durch wird sich Landheer und Flotte etwa in

eine Mondfinsternis (am 26. September 14 der Gegend des heutigen Meppen ver-

n. Chr.), die der Aberglaube der Soldaten einigt haben.

als göttliche Warnung deutete, wurde die ■"•) Tacit. ann. 1 13. Die pontes lonc/i, wahr- kritische Lage entspannt. scheinlich teils Aufschüttung teils Bohlen-

3) Tacit. ann. I 49 f. 55 f., II 5 f. Strabo ; weg, mögen etwa, wie O. Dahm a. a. 0. 64 ff.

VII 290 f. Strabos Nachrichten lassen er- vermutet, in der Richtung von Emsbüren

kennen, daß bei Tacitus eine stark ver- auf Bentheim verlaufen sein. Jedenfalls

kürzte Erzählung vorliegt. Vgl. F. Knoke, hat man anzunehmen, dafs Caecina von

Die Kriegszüge des Germanicus in Deutsch- der Ems, etwa von Meppen aus den Rhein

land, Berlin 1922'^ O. Dahm, Die Feldzüge bei Wesel erreichen wollte, des Germanicus (Westdeutsche Zeitschr.,

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian, (§46.) 307

beutelustigen Germanen gegen den Reit des Arminius das römische Lager zu stürmen suchten, wurden sie geschlagen und dem Caecina gliickte der Durch- bruch. Den Auftakt zum Feldzug des nächsten Jahres (16 n. Chr.) bildete ein Einfall des Legaten C. Silius ins Land der Chatten und ein Zug des Germanicus selbst an die Lippe, wo ein belagertes Kastell entsetzt und die Strecke zwischen Aliso und Rhein neu befestigt wurde. Hierauf brachte eine Flotte von tausend Schiffen das gesamte Heer (acht Legionen und Hilfs- truppen) durch den Drususkanal in den Ozean, um dann in die Emsmün- dung einzulaufen. Mit den ans Land gesetzten Truppen marschierte Ger- manicus an die Weser, wo Arminius mit den Cheruskern und ihren Bundes- genossen sich zeigte. Germanicus überschritt die Weser und schlug den Feind auf dem Feld Idistaviso;i) auch in einer zweiten blutigen Schlacht am Grenz- wall zwischen dem Land der Angrivarier und Cherusker-) waren die Römer im Vorteil; der Stamm der Angrivarier mußte sich unterwerfen. Doch das Ende der guten Jahreszeit nötigte den Germanicus zur Umkehr. Den größten Teil seines Heeres führte er wieder zu Schiff zurück; dabei erlitt er auf der Nordsee durch Flut und Stürme abermals schwere Verluste ; gleich nach der Rückkehr wurden noch demonstrative Vorstöße gegen Marser und Chatten in Szene gesetzt.

Germanicus gefiel sich in der Hoffnung, daß nach den letzten Siegen ein einziger Feldzug genügen würde, um ganz Germanien bis zur Elbe zu unterwerfen ; allein der Kaiser, weniger optimistisch als der junge Drauf- gänger, untersagte die Fortsetzung des Krieges, der Rom schon recht teuer zu stehen gekommen war. Realpolitische Erwägungen rechtfertigen diesen Entschluß des Tiberius vollkommen, mag auch eine tendenziöse Überlieferung Eifersucht und Übelwollen des Kaisers gegen den Neffen und Adoptivsohn als treibendes Motiv bezeichnen. Die römischen Heere hatten bedenkliche Verluste erlitten, die nicht leicht zu ersetzen waren, wie die Erfahrungen der früheren Jahre lehrten. Am meisten wurde Gallien in Mitleidenschaft gezogen, und man mag sich in Rom gesagt haben, daß dieser großen und zu Unruhen neigenden Provinz nicht zu viel zugemutet werden dürfe. Zu- dem war das tatsächliche Ergebnis der Offensive des Germanicus durchaus problematisch; denn Arminius behauptete sich nach wie vor im Feld, und der Bund der Germanen war nicht gelockert. So berief denn der Kaiser den Prinzen ab ; Germanicus feierte am 26. Mai 17 n. Chr. einen pomphaften Triumph, in dem auch Thusnelda mit ihrem kleinen Sohn aufgeführt wurde, und ging noch im selben Jahr, ausgestattet mit einem außerordentlichen Kommando für die überseeischen Provinzen, nach dem Osten ab, wo aller- hand Aufgaben, vor allem die Regelung der armenischen Angelegenheiten seiner harrten. Für die gallischen Provinzen bedeutet die Abberufung des Germanicus einen wichtigen Einschnitt. Die administrative Einheit, die sie bisher mit Germanien gebildet hatten, hört jetzt auf. Die drei Gallien wurden jede eine besondere, von einem prätorischen Legaten des Kaisers verwaltete

') Etwa bei Bückeburg oder Hameln, ^) Vielleicht am Steinhuder Meer (vgl.

nach Dahm weiter aufwärts gegenüber Mommsen, Rom. Gesch. V 49 A. 1) oder bei Rehme, nach Knoke bei Eisbergen. Vgl. Leese, nach Dahm nicht weit von Minden. Räppaport, PW IX 903 ff.

20*

306

Römische Grjchichte.

drücken.') Auch am Niederrhein empcten sich vier Legi' Ubiern (um Köln) lagerten. Sie stellte i ähnliche Forderui nonischen Truppen und versuchten ilen Feldherrn, der Übernahme der höchsten Gewalt zu zingen. Aber die J manicus widerstand der Versuchung, llmählich ließen beruhigen. 2) Die Rädelsführer mußten )üßen; das Los d gebessert. Gleichsam zur Sühne unternam dann die Rheine Feldzug gegen die Germanen. Der june Germanicus ergri die Gelegenheit, seiner bisherigen Untiigkeit ein Ende zu varianische Niederlage zu rächen: er ^ar willens, auf de Vaters Drusus kriegerischen Ruhm zu -Averben.^) Denn no* sich Rom im Kriegszustand mit den gananischen Stämme gegen Varus zusammengeschlossen hattn. Schon im Herb- öffnete Germanicus die Feindseligkeiten lit einem Streifzug i (zwischen Ruhr und Lippe). Da bei deiOheruskern zwischei seinem Widersacher Segestes eine Fehe entstand, so hoflPt Zersplitterung der Feinde. Im nächsteiJahr drang Germani her nordwärts ins Land der Chatten eiiiind kam bis über die der Legat A. Caecina von Vetera aus geen Marser und Cheru Germanicus machte weiter einen Vorsto gegen die Cheruskei von Arminius belagerten Segestes und ahm ihn und seine F zurück, darunter Thusnelda, die Tochter es Segestes und Gattii Dann erfolgte der Hauptangriff. Die L^ionen begaben sich teils auf dem Seeweg an die Ems:*) die3rukterer wurden be.- zwischen Lippe und Ems verwüstet, tiauken und Friesen Römern Beistand. Germanicus besucht von hier aus den S Varuskatastrophe im Teutoburger Waldund wandte sich zulet inzwischen im Feld erschienenen Armiius. Die Rückkehr Heeres erfolgte von der Ems aus auf emselben Weg wie dei Der Heeresteil unter Germanicus, der cai Seeweg wählte, erlitt Springflut an der Nordseeküste einigeVerluste. Caecina nahi übrigen Truppen seinen Weg über die wntes longi, einen von I Ahenobarbus (S. 290) angelegten Boh^nweg durch ausgedehnt gebiet.^) Aber die Cherusker unter Aninius und Inguiomerus Stelle und brachten das römische Korps iischwere Bedrängnis. Als

') Die Meuterei kam zuerst in Nau- portus (bei Laibach) zum Ausbruch.

^) Nach Pannonien wurde Drusus. der eigene Sohn des Tiberius, geschickt. Durch eine Mondtinsternis (am 26. September U n. Chr.), die der Aberglaube der Soldaten als göttliche Warnung deutete, wurde die kritische Lage entspannt.

'^) Tacit. ann. I i9 f. 55 f., II 5 f. Strabo VII 290 f. Strabos Nachrichten lassen er- kennen, daü bei Tacitus eine stark ver- kürzte Erzählung vorliegt. Vgl. F. Kxoke. Die Kriegszüge des Germanicus in Deutsch- land, Berlin 19-22-. 0. Dahm. Die Feldzüc^e des Germanicus (Westdeutsche Zeitschr..

, Erg.-Heft), Trier 19(>2.

*) Da die Ems schwerlich über •mg der Hase hinaus schiffbar ird sich Landheer und Flotte e 'j Gegend des heutigen Meppei •nigt haben.

*) Tacit. ann. 1 13. Die ponfes longi, sheinlich teils Aufschüttung " ~ «g, mögen etwa, wie U. ^rmutet, in der ~ af Bentheim kt man ai ca*Ems. el U West

^

7. Fünfte Periode: 1

beutelustigen Germanen geg< stürmen suchten, wurden sie bruch. Den Auftakt zum F^ ein Einfall des Legaten C. Germanicus selbst an die L Strecke zwischen Aliso und Flotte von tausend SchiflPe truppen) durch den Drusu- düng einzulaufen. Mit dei manicus an die Weser, wo ^ genossen sich zeigte. Germ auf dem Feld Idistaviso:^) wall zwischen dem Land im Vorteil; der Stamm d Ende der guten Jahreszeit Teil seines Heeres führ' der Nordsee durch Flut der Rückkehr wurden n( in Szene gesetzt.

Germanicus gefiel s ein einziger Feldzug g> unterwerfen ; allein dt ganger, untersagte die zu stehen gekommen Entschluß des Tiberiu Eifersucht und Übeh als treibendes Motiv Verluste erlitten, di der früheren Jahre gezogen, und man zu Unruhen neigen' dem war das tatsä< IDroblematisch; den der Bund der Gei den Prinzen ab ; G' Triumph, in dem a und ging noch in Kommando für di< (ff^aben, v

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308 Römische Geschichte.

Provinz. Das militärische Kommando am Rhein wurde abgetrennt und unter dem Namen Ober- und Untergermanien zwei neue Bezirke geschaffen,') in denen künftig konsularische Legaten den Oberbefehl führten. Die freien Germanen überließ Tiberius sich selbst; getreu dem politischen Testament des Augustus^) leistete er auf weitere Eroberungen Verzicht.

Der Widerstand der Germanen war also nicht vergeblich gewesen. Es darf als historische Leistung gewertet werden, daß Arminius imstande war, der starken römischen Armee zwei Schlachten zu liefern, ohne eigentlich besiegt zu werden ;S) sein Organisationstalent wußte die Streitkräfte der verbündeten Germanen nicht nur aufzubieten, sondern auch zusammen- zuhalten. Übrigens hatten die Barbaren von der römischen Kriegskunst schon viel gelernt. Aber der Zusammenschluß der Germanen begann sich zu lösen, sobald von Rom keine unmittelbare Gefahr mehr drohte. Zunächst gerieten bald nach dem Abzug des Germanicus (17 n. Chr.) Arminius und seine Gefolgschaft in Krieg mit Marbod, in dessen Bereich sie eingriffen.*) Es kam zu einer Schlacht, die zwar unentschieden blieb, aber doch für Marbod in ihren Folgen einer Niederlage gleichkam. Der Markomannen- könig zog sich mit seinem Heer zurück, seine Herrschaft geriet ins Wanken, und 18 n.Chr.^) wurde er von dem Gothen Katualda gestürzt, worauf er als Flüchtling auf römisches Gebiet übertrat. Tiberius, dessen Sohn Drusus seit 17 n. Chr. von Illyricum aus im römischen Interesse wirkte, hatte die Hand mit im Spiel. Aber auch Katualda konnte sich nicht lange halten ; von den benachbarten Hermunduren vQrjagt, nahm er gleichfalls zu den Römern seine Zuflucht. Er wie Marbod hatte viele Gefolgsleute mitgebracht, die nun östlich der March unter dem Quaden Vannius angesiedelt wurden. Vannius dehnte sein Reich bald weiter aus und trat in gewissem Sinn das Erbe Marbods an.'') Er war römischer Bundesgenosse. Nicht lange nach dem Sturz des Marbod fand sein Gegner Arminius den Untergang. Der Cherusker hatte sich mit seinen Volksgenossen entzweit, die ihn des Strebens nach der Königsherrschaft bezichtigten; im Alter von 37 Jahren erlag der Be- freier Germaniens der Hinterlist seiner eigenen Sippe (19 oder 21 n. Chr.).

Dem Kaiserthron am nächsten stand, wie erwähnt, Germanicus. Aber das persönliche Verhältnis zwischen dem Kaiser und dem Prinzen war nicht das beste, doch hat Germanicus sich stets dem Willen des kaiserlichen Oheims und Adoptivvaters gefügt, so schwer es ihn mitunter ankommen mochte.'') Den vorzeitigen Tod, von dem Germanicus während seines Kom-

') Grenze ist der Vinxtbach zwischen | 1915^^).

Andernach und Remagen. ®) Vgl. über das regnum Vannianum

') Tacit. anii. I 11 consilium coercendi Mommsen a. a. O. 196 A. 1.

hitra terminos imperii. ') Der Gegensatz zwischen Tiberius

^) proeliiii amhigtms, hello von victus sagt und Germanicus, zwischen dem pflicht-

Tacit. ann. II 88. j getreuen Monarchen und dem von helle-

*) Die Langobarden und Semnonen nistischen Ideen angekränkelten Prinzen

schlugen sich auf die Seite des Arminius, trat z. B. anläßlich der programmwidrigeu

während der Cherusker Inguiomerus, des Vergnügungsreise des Germanicus nach

Arminius Oheim, zu Marbod überging. Ägypten, über die einPapyruslund neues

Tacit. ann. II 44. | Licht verbreitet, in die Erscheinung. Vgl.

^) Mommsen, Rom. Gesch. V 55; über die ! ü. v. Wilamowitz-Moellendorff und F.

Chronologie (18 oder 19 n. Chr.) vgl. Nipper- Zucker, Zwei Edikte des Germanicus, Sitz.-

DfiY-ANDRESEN ZU Tacit. auu. II 62 (Berlin Ber. der Berl. Akad. 1911, 794 ff., E. Hohl,

7, Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 46.) 309

mandos im Osten in Daphne, der Vorstadt von Antiochien, am 10. Oktober 19 n. Chr. ereilt wurde, empfand man als schweren Schlag für das Reich und die Dynastie. Der Prinz war der Liebling des Volkes, der Abgott der Armee gewesen. Diese Popularität übertrug sich auf seine Kinder. Man glaubte allgemein, Germ*inicus sei von Cn. Calpurnius Piso, dem kaiserlichen Legaten von Syrien, vergiftet worden,') ein Verdacht, der sich nicht be- stätigte. Allerdings hatte sich Germanicus mit Piso völlig überworfen, so daß der Legat schließlich seine Provinz Syrien verließ; nach dem Tod des Germanicus wagte Piso den vergeblichen Versuch, sich Syriens gewaltsam, unter Bruch des Landfriedens, zu bemächtigen. Seinen Richtern in Rom entzog er sich durch Selbstmord. Nach dem Hinscheiden des Germanicus entstand ein unheilvoller Konflikt im Kaiserhaus; die verwitwete Agripj)ina war im Fanatismus ihres Schmerzes davon überzeugt, daß Tiberius am Tod ihres Gatten nicht unschuldig sei. Auch war sie gesonnen, ihren Kindern die Herrschaft zuzuwenden, während nach Germanicus' Tod zunächst Drusus Caesar, der Sohn des Kaisers, als Thronanwärter galt. Doch als Drusus 23 n. Chr. starb, rückten in der Tat Agrippinas Söhne Nero und Drusus in die vorderste Reihe. Der Gegensatz zu Tiberius verschärfte sich noch nach dem Tod der greisen Augusta (29 n. Chr.), die bis zuletzt zu vermitteln ge- sucht hatte; seit dem Hingang der einflußreichen Mutter hat Tiberius seine Politik in mehr als einem Punkt geändert. Eine Verständigung mit der un- versöhnlichen Agrippina erwies sich als Unmöglichkeit; sie mußte schließ- lich ebenso wie ihr Altester, Nero, in die Verbannung, in der beide ver- starben, der Sohn 31 n.Chr. die Mutter zwei Jahre später; im nämlichen Jahr wie Agrippina (33 n. Chr.) endete auch ihr zweiter Sohn, Drusus, in strenger Haft.

Eine verhängnisvolle Rolle spielt in der Geschichte des Tiberius der praefectKS i)raetorio h. Aelius Seianus,^) der als erster sämtliche Prätorianer- kohorten (oben S. 289) in einem festen Lager im Weichbild Roms kaser- nierte. 3) Gestützt auf die Schwerter seiner Prätorianer, wurde Seian der mächtigste Mann nächst dem Kaiser, der ihm und nur ihm unglücklicher- weise blindlings vertraute. So konnte der gewissenlose Intrigant den Zwist innerhalb des Kaiserhauses zur Förderung seines maßlosen Ehrgeizes be- nutzen. Er hetzte und wühlte beim Kaiser gegen Germanicus und dessen Familie ; den Sohn des Tiberius, den Thronfolger Drusus, dessen Gattin er zu verführen wußte, räumte er durch Gift aus dem Weg (23 n.Chr.): den zweiten Sohn des Germanicus, Drusus, suchte er gegen den älteren Bruder Nero einzunehmen, um zuletzt beide Prinzen ins Verderben zu stürzen.^) Nach dem Tod der Julia Augusta erreichte Seians Macht ihren Höhepunkt.

Ein röm. Prinz in Äg., Preuß. Jahrbücher Seian entstammt einer reichen etruski- 182, 1920, 344 ff. Über Germanicus zu- sehen EitterfamiHe aus Volsinii und war sammenfassend M. Gelzee. PW X 435 ff. mit dem römischen Hochadel verschwä-

') Germanicus teilte diesen Glauben. 1 gert; vgl. Cichoriüs, Hermes 39, 1904, 461 ff.

Tacit. ann. II69. 71. Vgl. Josephus Ant. i ') Seit 23 n.Chr. Tacit. ann. lY 2. Hier

XVIII 54. ' lagen auch die cohortes urbaiiae.

^) Er war der Sohn des angesehenen *) Den kläglichen Ausgang des Drusus

Ritters L. Seius Strabo. In der Präfektur schildert Tacit. ann. VI 23 f. Vgl. Suet. der Prätorianer anfangs Kollege seines Tib. 54.

Vaters, wurde er später alleiniger Präfekt, \

310 Römische Geschichte.

Er erliielt eine Stellung ähnlich der des Agrippa unter Augustus,') wurde Konsul (^U n. Chr.)''') und trat durch seine Verlobung mit Julia, der Enkelin des Tiberius, in die kaiserliche Familie ein. 3) Schon wollte er nach der Krone selbst greifen, als Tiberius, im letzten Augenblick von seiner Schwägerin Antonia, der Witwe des älteren Drusus, gewarnt, ium vernichtenden Schlag ausholte. Am 18. Oktober »U n.Chr. büßte der Präfekt seine Verbrechen mit dem Tod. In seinen Sturz wurden viele seiner Anhänger mit hineingezogen. Seians Nachfolger in der Präfektur Naevius Sertorius Macro hat die Macht- fülle seines Vorgängers nicht erreicht; doch blieb das Amt eines der ver- antwortungsvollsten des Kaisertums. Seine Inhaber gingen aus dem Ritter- stand hervor.

Die zweite Hälfte der Regierung des Tiberius erhielt ihr Gepräge durch die Abwesenheit des Herrschers aus der Reichshauptstadt, die er im Jahr 26 n. Chr. verließ, um sie nie wieder zu betreten. Infolgedessen wurde die wichtige praefectura urhls zu einer ständigen Einrichtung; der Stadtpräfekt, der Regel nach ein Konsvilar, vertrat den Kaiser in Rom; er hatte weit- gehende richterliche und polizeiliche Befugnis und galt als der erste Beamte der Stadt und ihrer Umgebung. Die städtischen Kohorten waren ihm unter- stellt. Tiberius verweilte anfangs in Kampanien, später mit Vorliebe auf dem schönen Felseneiland Capri, wo er in weltferner Abgeschiedenheit das Leben eines menschenscheuen Sonderlings führte.^) Mit zunehmendem Alter wuchs die Menschenverachtung des vom Leben mißhandelten Monarchen: seine Entschlußkraft war erlahmt, sein Interesse abgestumpft.^) Die zahl- reichen Opfer seines Argwohns brachten seine Regierung in Verruf, und besonders Tacitus hat den Kaiser ebenso künstlerisch wirksam wie historisch unwahr als völlig entarteten Tyrannen gezeichnet.'') Der künstlerische Bann des Tacitus ist heute gebrochen^) und man bemüht sich mit Erfolg um ein gerechteres Bild des hervorragenden Herrschers. Seine Regententugenden sind unbestreitbar: bei dem hauptstädtischen Pöbel konnte der sparsame, dem höfischen Prunk und den blutigen Gladiatorenspielen abholde Kaiser freilich nicht beliebt sein; um so dankbarer empfanden die Provinzialen den Segen einer gewissenhaften Verwaltung.*) Tiberius hat in seinem Wesen

') In den höchsten Tönen wird Seian Senat (Tacit. ann. YI6. Suet. Tib. 67, 1).

vonVelleiusinseinemSOn. Chr. verfaßten ^) Daß Tacitus seinem Tiberiusporträt

Geschichtsabriß (II 127 ff.) gepriesen. Züge Domitians einverleibte, hat schon

2) Die Inschrift ILS II nr. 6044 erwähnt A. v. Gutschmi© (Kl. Sehr. V 1894 [1863], 6)

inprobae comitiae auf dem Aventin, durch vermutet.

die Seian Konsul wurde. Die literarische ') Schon Napoleon I hat die Verun-

Überlieferung schweigt von diesem re- glimpfung des Tiberius durch Tacitus er-

volutionären Akt. (Vgl. Mommsen, Rom. kannt. Vgl. B. G. Niebuhr, Vorträge über

Staatsr.III 348 A.2.) Wie erwähnt, hatte röm. Gesch. III 173. Aber erst G. R. Sie-

Tiberius die Volkswahlen abgeschafft. vers übte an der allzulange als kanonisch

') Diese Julia, die Tochter des Drusus geltenden Darstellung des Tacitus metho-

Caesar, hatte 20 n. Chr. den Sohn des dische Kritik (Progr., Hamburg 1850. 1851,

Germanicus, Nero, geehelicht. abgedruckt in den Studien zur Gesch. der

*) Es kursierten die tollsten Gerüchte röm.Kaiser,1870, Iff.). Ad. Stahr, Tiberius,

über angebliche Perversitäten des kaiser- Berlin 1863. L. Freytag, Tib. u.Tac, Berlin

liehen Einsiedlers. 1870. W. Ihne, Zur Ehrenrettung des Kai-

■') Die seelische Zerrüttung des Tiberius sers Tiberius, übersetzt von W. Schott, spiegelt sich in den authentischen Ein- j Straßburg 1892. M. Gelzer, PWX478ff. gaugsworten eines Schreibens an den ; ^) Tiberius ließ die Statthalter mit Vor-

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 46.) 311

etwas Altrömisches; dieser stolze, steifnackige Claudier ist weit mehr Römer als sein modern gerichteter Vorgänger. Er gehört zu den tragischen Figuren, die zu spät geboren sind.^)

Tiberius verstarb am 16. März 37 n.Chr. 2) und hinterließ den Thron seinem Adoptivenkel Gaius Caesar, dem sog. Caligula, dem einzigen noch lebenden Sohn des Germanicus und der Agrippina.^) Sein leiblicher Enkel Tiberius Gemellus, der Sohn des Drusus, mußte hinter Gaius zurückstehen und wurde bald ganz beseitigt. Die Thronbesteigung des fünfundzwanzig- jährigen Gaius wurde allgemein mit hochgespannten Erwartungen begrüßt; die Welt atmete auf von dem Druck, der in den letzten Jahren des Tiberius auf ihr gelastet hatte. Dem Sohn des Germanicus flogen die Herzen der Untertanen entgegen.^) Der neue Kurs begann mit einer Reaktion gegen Tiberius, die sich in Begnadigungen, Steuererleichterungen, Wiederherstellung einiger Klientelkönigreiche, vorübergehender Wiederaufnahme der Wahlen durch die Komitien, Auszeichnungen des Senats und Schenkungen doku- mentierte; durch Freigebigkeit erhielt sich Gaius seine Beliebtheit bei Volk und Heer bis an sein Ende. Einige notwendige Maßregeln, die Tiberius immer wieder aufgeschoben hatte, wurden zur Ausführung gebracht. Gaius restituierte das Andenken seiner Mutter und Brüder; seine Schwestern ließ er an den kaiserlichen Ehren teilnehmen.^) Der junge Kaiser war keines- wegs unbegabt; er verfügte über beißenden Witz und ein natürliches Rede- talent, auch hegte er literarische Interessen; aber ihm fehlte es an Pflicht- gefühl, Ausdauer und Willenskraft. In maßloser Selbstüberschätzung setzte er sich bald über Recht, Gesetz und Sitte Roms hinweg. Bekanntlich wird Caligula vielfach als Typus des sog. Caesarenwahnsinns'') betrachtet und wenn alle die pathologischen Züge, die von ihm berichtet werden, Glauben verdienten, so stünde seine geistige Erkrankung außer Zweifel. In Wirk- lichkeit ist das Bild des sicherlich nervös überreizten Kaisers stark karikiert;') manche die Römer befremdende Anwandlung erklärt sich aus den helle- nistischen Tendenzen des absolutistischen Herrschers. In diesem Sinn forderte er die göttliche Verehrung seiner Person.*) Durch seine Verschwendungs-

liebe lang im Amt. Tacit. ann. I 80. Jo- sephus Antiq. Jud. XVIII 170 ff. ') Vgl. Gelzer a. a. O. 534.

{eig <PXäxxov) und die Gesandtschaft an Gaius {jTEQi dgeTcor ycai jTQeaßelag jtqoq ratbi-). *) Vgl. das Dekret der Panhellenen, durch

Nach Tacit. ann. VI 50 hätte man dem ' das ihm hohe Ehren erwiesen werden. Gaius bereits huldigen wollen, als der für j IG VII nr. 2711 f. ILS II nr. 8792.

tot gehaltene greise Kaiser noch einmal das Bewußtsein erlangte, worauf Macro so viel Decken auf ihn werfen ließ, daß

^) Auch an der göttlichen Verehrung hatten die Schwestern teil. Vgl. Sueton Calig. 15. Ephemer, epigr. V 154. Bull, de

der Tod durch Ersticken eintrat. Über corr. hellen. XII 305. IG IV nr. 1400.

das Ende des „Tyrannen" liefen noch ^) Der Ausdruck ist von G. Freytag

andere, ebenso unkontrollierbare Ver- \ geprägt. Der Caesarenwahnsinn ist übri-

sionen um; vgl. Suet. Tib. 73, 2. Josephus | gens nicht etwa eine „Berufskrankheit",

Antiq. Jud. XVIII 205 flf. sondern nur die durch die Ausnahme-

^) Caligula ist ein Kosename, den die Stellung des Betroffenen bedingte Form

Soldaten der Rheinarmee dem kleinen i einer geistigen Erkrankung. Vgl. K. J.

Prinzen, den seine Eltern in eine Miniatur- uniform gesteckt hatten, beilegten („Kom- mißstiefelchen"). Interessante Beiträge zur Geschichte des Gaius enthalten zwei Schriften eines Zeitgenossen, des alexan- drinischen Juden Philon: gegen Flaccus

Neumann, Deutsche Lit.-Ztg. 1917, 534 ff.

') Vgl. H.W^iLLEicH, Klio III, 1903, 85 ff., 288 ff., 397 ff'. M. Gelzer, PW X 381 ff.

^) Er hat zuerst an seinem Hof ein orientalisch anmutendes Zeremoniell ein- geführt. Seneca de benef. II 12, 1.

312 Römische Geschichte.

suclit hatte er in Jiälde die von Tiberius gefüllte Staatskasse geleert und mußte nun, um sie wieder zu fidlen, die Steuerschraube aufs schärfste an- ziehen; auch Prozesse und Konfiskationen dienten diesem Zweck. Um auch die reichen gallischen und spanischen Provinzen zu plündern, begab er sich 89 n.Chr. nach Gallien, wo er einige Zeit in Lugudunum verweilte.') Moti- viert wurde die plötzliche Abreise des Kaisers aus Rom durch einen Krieg gegen die Germanen, wozu er ein großes Heer zusammenzog. Doch Ernst wurde damit nicht gemacht; Gaius überschritt zwar den Rhein, kehrte aber bald ins Innere Galliens zurück und überließ alles Weitere seinem Legaten.^) Dann wandte er sich gegen Norden. Er plante nämlich einen Angriff auf Britannien, von wo aus sich ein britischer Königssohn, Adminius, zu ihm geflüchtet hatte. Doch begnügte sich Gaius mit einer bloßen Demonstration an der Küste der Moriner. Nach Rom zurückgekehrt, feierte der Kaiser den kleinen Triumph, die oratio.'^) Es war kein Wunder, wenn die wachsende Abneigung der Senatsaristokratie gegen den despotischen Monarchen sich zu Anschlägen, die auf seinen Sturz abzielten, verdichtete. Schon in Gallien wurde 39 n. Chr. eine Verschwörung entdeckt, deren Haupt Cn. Cornelius Lentulus Gaetulicus, der langjährige Legat Obergermaniens,*) war und in die auch einer der Intimen des Kaisers, der Gatte seiner unlängst verstorbenen Lieblingsschwester Julia Drusilla, M. Aemilius Lepidus, verwickelt war. Die Verschwörer wurden hingerichtet und die beiden ebenfalls verdächtigen Schwestern des Kaisers, Julia Agrippina und Julia Livilla, verbannt.^) Nach der Rückkehr des Kaisers aus Gallien bildete sich in den Kreisen von Sena- toren und Rittern ein neues Komplott unter Leitung des L. Annius Vini- cianus; auch einige Tribunen der Prätorianer, vor allem Cassius Chaerea hatte man gewonnen. Am 2-1. Januar 41 n. Chr. stieß Chaerea den Kaiser während der zum Gedächtnis des Augustus gefeierten palatinischen Spiele nieder.^) In der allgemeinen Verwirrung, die auf das Attentat folgte, griffen einige Söldner den Oheim des Ermordeten, den Ti. Claudius Germanicus, auf, um ihn in das Prätorianerlager zu bringen, wo der um sein Leben Bangende zu seiner größten Überraschung von der Garde als Imperator begrüßt wurde. ^)

') Hier trat er 40 n. Chr. sein drittes ^) Am 27. Oktober 39 n. Chr. brachten

Konsulat an. die Arvalbrüder in Rom ein Dankopfer für

2) A. Riese, Neue Heidelb. Jahrb. VI die Rettung des Kaisers. CIL VI 2029 d 6 ff.

152 ff. vermutet, der gallische Feldzug sei *) Eine Rettung Caligulas unternahm

durch die gleich zu erwähnende Ver- H. Willbkh, KlioIII (1903) S. 85ff., 288ff.,

schwörung des Lentulus Gaetulicvis und 397 ff. Niese hat diesen Versuch schroff

den Abfall der germanischen Heere ver- I abgelehnt, und in der Tat schießt die

anlaßt worden. Dieser Vermutung steht | Apologie Willrichs, der den sprunghaften

entgegen, daß die Verschwörung erst ent- j und widerspruchsvollen Kaiser zu einem

deckt wurde, als Gaius schon in der Pro- | bedeutenden Politiker stempeln möchte,

vinz Germanien war. Sueton Claud.9. Vgl. über das Ziel hinaus. Aber Willrichs Hin-

G. Teuber, Beiträge zur Geschichte der ' weis auf hellenistische, besonders ägyp-

Eroberung Britanniens durch die Römer tisch-ptolemäische Einflüsse und Vorbilder

(Breslauer Studien z. Gesch. Bd. III, 1909) \ ist ebenso dankenswert, wie sein Bestre-

S. 2ff. 82 ff. Vgl. zum Germanenkrieg E. Ritterling, Röm.-germ. Korrespondenz- blatt VI, 1913, 1 ft'.

') Sein Einzug in Rom fällt nach Sueton Calig. 49 auf den 31. August 40 n. Chr., seinen Geburtstag.

*) Vgl. über ihn Tacit. ann.VI 30.

ben, die z.T. geradezu burlesken Elemente der Überlieferung auszuschalten. Ein vor- sichtigabwägendes Urteil überCaligula hat neuerdings M.Gelzer gefällt, PW X 417 ff. ') H. Lehmann, Claudius und Nero und ihre Zeit, 1. (einziger) Bd., Gotha 1858. Groag, PW III 2778 ff., K.Vivell, Chronol.-

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. t6.) 313

Inzwischen debattierte der Senat über die Frage „Republik oder Monarchie", bis er sich durch jenen Gewaltstreich der kurzentschlossenen Prätorianer vor eine vollendete Tatsache gestellt sah. Es blieb dem Senat nichts übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und auch seinerseits den Claudius als Princeps anzuerkennen. Der neue Kaiser verdankte seine Würde ledig- lich dem Zufall und seiner erlauchten Geburt. Die kaiserliche Familie hatte den mehr als beschränkten Prinzen geflissentlich zurückgesetzt; am Hof seines Neffen Gaius wurde er als komische Figur behandelt; mit historisch- antiquarischen Studien tröstete sich der schrullenhafte Sonderling über seine unwürdige Rolle, i) Als Regent hat sich Claudius nicht ungünstig eingeführt. Gewitzigt durch die Katastrophe seines Neffen versprach der neue Kaiser, die Rechte des Senats zu achten, und war bemüht, die* Willkürakte seines Vorgängers wieder gut zu machen, 2) So unzulänglich seine Geisteski-äfte waren, an gutem Willen gebrach es ihm nicht. Von Natur schlicht und gut- mütig, geriet er in völlige Abhängigkeit von seiner Umgebung, von Frei- gelassenen und Frauen; er war leicht einzuschüchtern und ließ sich dann zu Schritten drängen, die er nachträglich bereuen mochte. Auch geschah manches in seinem Namen, ohne daß er davon wußte. Dies zeigte sich schon bald nach seinem Regierungsantritt bei Gelegenheit einer Empörung, die von Annius Vinicianus ausging und als Nachspiel zum Sturz des Gaius gelten kann (42 n, Chr.). Der Legat von Dalmatien, Furius Camillus Scribonianus, empörte sich mit seinen Truppen und fand in Rom in den Kreisen des Senats viele Anhänger. Aber der Rebell sah sich von den Legionen sofort im Stich ge- lassen, als er die Wiederherstellung der Republik proklamierte; er wurde auf der Flucht getötet. Über seine Parteifreunde erging ein strenges Gericht.^) Im Gegensatz zu dem exzentrischen Gaius lenkte Claudius wieder in die Bahnen des Augustus und Tiberius ein; die Provinzen hatten sich be- sonderer Fürsorge zu erfreuen. Der Kaiser war in der Verleihung des Bürger- rechtes an die Provinzialen weit freigebiger als seine Vorgänger.^) Im Jahr 48 n. Chr, erhielten die Gallier und zwar zunächst die Aeduer das ins honorum und damit die Möglichkeit, in den Senat einzutreten. &) Dies geschah kraft der Zensur, die Claudius 47 n. Chr. übernahm, wobei er den Senat ergänzte. Der Census der römischen Bürgerschaft (47 48 n. Chr.) ergab gegen den letzten des Augustus eine Zunahme von mehr als einer Million.^) Auch für

krit. Unters, z. Gesch. des Kaisers Cl., nebst ^) Wie er z.B. die Maßregeln des Gaius

einem Versuch zu Regesten dieses Kaisers, gegen die Juden zurücknahm, Josephus

Heidelberger Diss., Freiburg i. B. 1911. ; Ant. Jud. XIX 278 ff.

') Als Zensor (47 n. Chr.) bereicherte j ^) Damals ging auch Caecina Paetus

der Kaiser das lateinische Alphabet um mit seiner heldenmütigen Gattin Arria

drei neue Zeichen, die auf gleichzeitigen (Cass.DioLX 16) in den Tod. Der Sohn des

Inschriften auftauchen, um bald wieder zu verschwinden. Claudius liebte es auch, seine antiquarischen Kenntnisse auszu- kramen und auf alte Gebräuche und For-

Camillus machte sieh später (52 n. Chr.) ebenfalls verdächtig; er mußte in die Ver- bannung, wo er bald danach starb. *) In der Apokolokyntosis (Seneca ludus

mein zurückzugreifen. Eine Probe gibt c. 3) wird er deshalb versi^ottet.

seine Rede über das ins honorum der Gal- i ^) Von der Rede, in der Claudius im

Her i^CIL I nr. 212; vgl. das Edikt ebenda Senat die Aufnahme der Gallier befür-

nr. 206). Auch das Referat des Tacitus wortete, sind noch Stücke auf einer in

(ann. XII 61) über den Inhalt einer Rede Lyon gefundenen Bronzetafel erhalten.

des Claudius für die Koer ist in dieser ILS I nr. 212.

Hinsicht lehrreich. *) Der Abschluß des Census, das /«s<r»»j,

324 Römische Geschichte.

die Stadt Rom und für Italien ist viel geschehen; zu erwähnen sind die teilweise Trockenlegung des Fucinersees (52 n. Chr.) und die gewaltigen Hafenanlagen in Ostia (begonnen 42 n. Chr.), die diesen für die Getreide- zufuhr wichtigen Stapelplatz den gesteigerten Bedürfnissen anpaßten. Bei den Regierungsgeschäften ließ sich der Kaiser von sachkundigen Männern beraten, so von L.Vitellius, seinem Kollegen in der Zensur. Entscheidenden Einfluß gewannen die kaiserlichen Freigelassenen, besonders Callistus, Nar- cissus und Pallas, die als selbstbewußte und energische Inhaber der großen Hofämter tatsächlich das Reich regierten und ihre einzigartige Stellung nicht selten mißbrauchten. Auch die Gemahlin des Kaisers, die durch ihre Zügel- losigkeit sprichwörtlich gewordene Valeria Messalina, besaß große Macht, war aber ohne politische Aspirationen. Manche Mitglieder der Gesellschaft, Männer wie Frauen, fielen ihren Ränken zum Opfer. Die Ausschweifungen Messalinas blieben dem Claudius lange verborgen, bis sie zuletzt eine förm- liche Ehe mit ihrem ehrgeizigen Liebhaber C. Silius einging, eine Tollheit, die den kaiserlichen Hahnrei auch politisch unmittelbar bedrohte. Die Tat- kraft des Narcissus rettete den Kaiser; das hochverräterische Paar wurde mit anderen Schuldigen hingerichtet (48 n. Chr.). Trotz den schlimmen Er- fahrungen mit Messalina, die übrigens bereits seine dritte Gattin w^ar, ver- mählte sich Claudius in vierter Ehe mit seiner Nichte Julia Agrippina, der letzten Tochter des Germanicus. Unter der Regierung ihres Bruders Gaius hatte Agrippina einst mit ihren beiden Schwestern bei Hof geglänzt, bis sie 39 n. Chr. ins Exil mußte, aus dem sie der neue Kaiser, Claudius, zurück- rief. Messalina ließ aber die Nichte ihres Gatten nicht aufkommen. Aber durch ihre Ehe mit dem kaiserlichen Oheim Claudius (49 n. Chr.) näherte sich die herrschsüchtige Frau dem Ziel ihres Ehrgeizes. Schon im Jahr 50 n. Chr. erwirkte sie die Adoption ihres Sohnes aus erster Ehe, des L. Domitius,!) durch seinen kaiserlichen Stiefvater und für sich selbst den Titel Augusta. Dieser ihr Sohn, der einzige männliche Nachkomme des Germanicus, drängte den Leibeserben des Claudius aus dessen Ehe mit Messa- lina, Ti. Claudius Caesar Britanniens, 2) in den Hintergrund. Mit der Hand seiner Stiefschwester, der Kaisertochter Octa via, erhielt der Sohn der Agrippina eine gewisse Anwartschaft auf den Thron (53 n. Chr.). Agrippinas Machen- schaften im Interesse des Sohnes gipfelten schließlich in dem Verbrechen des Gattenmordes. Sie ließ den Claudius vergiften, weil sie einen Umschwung zugunsten des im Purpur geborenen Britanniens befürchtete (54 n.Chr.). 3) Der Sohn der Agrippina, Nero Claudius Caesar, 4) wurde glatt als Kaiser anerkannt (13. Oktober 54 n. Chr.). Der Mutter verdankte der junge Kaiser

fand 48 n. Chr. statt. Die Gesamtzahl der ^) Über ihren Helfershelfer, den Leib- Bürger betrug fast sechs Millionen. arzt Xenophon von Kos, vgl. R. Herzog,

') Sohn des Cn. Domitius Ahenobarbus, Hist.. Zeitschr. 125, 3. F. 29, 1922, 216 ff.

Enkel des L. Domitius, Konsuls 16 v. Chr., Claudius empfing nach seinem Tod die

Gemahls der jüngeren Antonia. Tacit. Apotheose. Aus diesem Anlaß verfaßte

ann. IV 44. 75. [ Seneca eine boshafte Satire, die sog. Apo-

*) Der ursprüngliche Beiname des 41 j kolokyntosis, die „Verkürbissung", den

n. Chr. geborenen Prinzen, Germanicus, | ludu^ de morte Claudii. Vgl. A. P. Baxl,

wurde nach dem britannischen Feldzug The satlre of Seneca on the apotheosis of Cl.,

seines Vaters Claudius (43 n. Chr., unten New York 1902.

S. 318) durch Britannicus ersetzt. *) H. Schiller, Gesch. des röm. Kaiser-

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 46.) 315

die Krone. Die herrschsüchtige, von vielen gehaßte') Frau gedachte sich als Regentin aufzuspielen. 2) Aber der Sohn wußte sich allmählich ihrem Einfluß zu entziehen. In dem Ringen um die Macht zwischen Mutter und Sohn fand der letztere Bundesgenossen in seinen Ratgebern, dem Prätorianer- präfekten Sex. Afranius Burrus und dem gefeierten Modephilosophen L. An- naeus Seneca, seinem Erzieher. 2) In ihrer Verblendung suchte die Kaiserin- mutter sogar ihren Stiefsohn Britanniens gegen Nero auszuspielen, mit dem Ergebnis, daß der Kaiser den unglücklichen Knaben durch Gift aus dem Weg räumte (55 n. Chr.). Vergeblich machte Agrippina verzweifelte An- strengungen, um den Sohn an sich zu fesseln: ihr Bann war und blieb ge- brochen. Schließlich kam es so weit, daß der entmenschte Kaiser die ihm noch immer unbequeme Mutter ermorden ließ (März 59 n. Chr.). Erst nach diesem scheußlichen Verbrechen, das ihn von jeder Bevormundung befreite, fühlte sich Nero ganz als sein eigener Herr. Mitschuldig an dem Unter- gang der Agrippina ist die schöne und maßlos ehrgeizige Poppaea Sabina,*) die den Kaiser seit dem Jahr 58 n. Chr. in die Bande einer wachsenden Leidenschaft verstrickte. Das Ziel, dem sie in kalter Berechnung zustrebte, war der Thron. Schon war Agrippina, die sich ihr in den Weg gestellt hatte, beseitigt. Im Jahr 62 n. Chr. folgte der Sturz der Kaiserin Octavia. Nero ließ sich von Octavia scheiden und als das römische Publikum für die unglückliche Dulderin Partei nahm, wurde sie verbannt und bald dar- auf hingerichtet. Kurz nach der Scheidung hatte Nero die Ehe mit Poppaea geschlossen. Schon drei Jahre später (65 n. Chr.) starb die neue Kaiserin, ohne Kinder zu hinterlassen.^)

Wenn die ersten Regierungsjahre Neros als glückliche Zeit gelten düi'fen,^) so ist das ausschließlich das Verdienst der beiden tatsächlichen Reichsleiter, des Seneca und des Burrus. Sie haben noch einmal mit der Dyarchie des Augustus Ernst gemacht und dem Senat vollen Anteil an den Geschäften gewährt. Die Verwaltung der Stadt und der Provinzen und das Finanz- und Steuerwesen wurden verbessert. Die Wendung zum Schlimmen, für die auch die wieder einsetzenden Majestätsprozesse bezeichnend sind, brachte das Jahr 62 n. Chr., das Todesjahr des ausgezeichneten Prätorianerpräfekten

reichs unter der Kegierung des Nero, führte den Namen ihres mütterHchen

Berlin 1872. B. W. Hendekson, The life ' Großvaters. Zuerst war sie mit dem Ritter

and principate of the emperor Nero, London Rufrius Crispinus vermählt, dem sie der

1903 und 1905. E. Hohl, PW Suppl. III spätere Kaiser Otho entführte. Bei seinem

349 flf. Freund Otho lernte Nero sie kennen.

') Unter Claudius haben durch Agrip- j Tacit. ann. XIII 45 f. Vgl. über Poppaea

pina mehr Mitglieder der römischen Ge- auch Ph. Fabia, Revue de pJüloloqie nouv.

Seilschaft den Tod gefunden als durch j ser. XXII (1898) 383 flf.

Messalina. [ *) Poppaea hatte 63 n. Chr. eine Tochter

*) Vgl. U. Kahrstedt, Klio X, 1910, 297. \ geboren, die aber nur wenige Monate

F. Sandels, Die Stellung der kaiserl. Frauen lebte und als Diva Claudia konsekriert

aus dem jul.-claud. Hause, Gießener Diss., ' wurde. Noch dem Tod Poppaeas hat sich

Darmstadt 1912. Nero in dritter Ehe mit Statilia Messalina

ä) Seneca war auf Betreiben der Mes- I vermählt, die ihn überlebte. Sueton Nero

salina nach Korsika verbannt worden, von 35, 1. Otho 10, 2. PIR III 266 f. IG IV

wo er dank der Fürsprache Agrippinas 49 nr. 1402.

n. Chr. zurückkehren durfte. Tacit. ann. \ ®) Vgl. das hohe Lob, das Kaiser Traian

XII 8. j dem (^jtm^Memim/xiV^pron/s gespendet haben

^) Tochter eines Ritters T. Ollius; sie soll, Aur. Vict. Caes. 5, 2. Epit. 5, 2.

31() Römische Geschichte.

Burrus, der mit Seneca in vorbildlicher Weise zusammengearbeitet hatte. Seneca, der bisher sozusagen den dem Senat verantwortlichen Minister gespielt hatte, sah sich kaltgestellt. In Ofonius Tigellinus, ') dem einen der beiden Nachfolger des Burrus, fand Nero einen skrupellosen Höfling, der jeder Laune des Kaisers bereitwillig Vorschub leistete. Einen besonderen Hang hatte Nero für agonistische Vorstellungen jeder Art. Schon f)() n.Chr. wurden in Rom nach griechischem Vorbild die Neronien gestiftet, periodische Wett- spiele für musische Künste. Der Kaiser, der auch in der Dichtkunst dilet- tierte, gierte nach Künstlerlorbeeren. Er trat sogar in eigener Person als Wagenlenker und Kitharöde auf, zuerst in geschlossenen Privatvorstellungen, seit dem Jahr 64 n. Chr. vor der Öffentlichkeit. In dem genannten Jahr legte eine riesenhafte Feuersbrunst einen großen Teil der Hauptstadt in Asche. 2) Um einen zweckmäßigen Wiederaufbau hat sich die kaiserliche Regierung sehr bemüht; das Stadtbild wurde verschönert und Nero benutzte die Ge- legenheit, eine gewaltige Palastanlage, die berühmte domus aurea, deren Areal sich vom Palatin über die benachbarten Stadtquartiere erstreckte, zu schaffen. Zu den Kosten dieses Luxusbaues^) mufäten Italien und die Pro- vinzen beitragen. Da das Gerede, daß der Kaiser das Feuer, das seinen Bauplänen zu paß kam, habe anlegen lassen, nicht verstummen wollte, be- zichtigte Nero, um den wahrscheinlich grundlosen Verdacht'*) von sich ab- zulenken, die neue Sekte der Christen, deren Name hier zum erstenmal in der Geschichte begegnet, der Brandstiftung. Viele Mitglieder der jungen Christengemeinde der Hauptstadt wurden qualvoll zu Tode gemartert. Dieser wilde Exzeß Neros gegen unschuldige Christen blieb auf Rom beschränkt; eine allgemeine Christenverfolgung fand nicht statt. Im Jahr 66 n. Chr. unternahm der kaiserliche Dilettant mit großem Gefolge eine Kunstreise nach Griechenland, um bei den altberühmten Agonen in Olympia und Delphi aufzutreten. In Korinth verlieh er allen Gemeinden Griechenlands (der Provinz Achaia) Freiheit und Selbstverwaltung;^) mit diesem Danaergeschenk, das schon Vespasian wieder zurücknehmen mußte, gedachte er den Flamininus, den einstigen Befreier Griechenlands, zu überbieten. Erst zu Beginn des Jahres 68 n. Chr. kehrte der mit Siegerkränzen überhäufte Kaiser nach Italien zurück.

Nero setzte sich durch sein Tun und Treiben in schroffen Gegensatz zu den überlieferten römischen Begriffen von Anstand und Würde und zog durch seine Verschwendungssucht das ganze Reich in Mitleidenschaft. Die wachsende Mißstimmung in den höheren Schichten konnte dem Kaiser nicht entgehen. Um sich zu sichern, machte er jeden unschädlich, ' der seinen

') Ofonius nicht Sofonms ist die richtige in der Nacht vor dem Brand Vollmond

Namensform, s. PIR III 250. Boissevain eingetreten war, ein Umstand, der gegen

zu Cass. Die LIX 23, 9 vol. II p. (544. eine Brandstiftung spricht.

-) Der Brand entstand in der Nacht ^) Ende Nov. 67 n. Chr. SIG II' nr. 814.

vom 18. zum 19. Juli 64 n.Chr. und wütete ILSII nr.8794. cf.Plut. Tit. 12. Suet.Nero

zunächst sechs Tage lang und dann, nach 24. Pick, Zeitschr. f. Numatismatik XVII

kurzer Pause, noch drei weitere Tage. 180 f. CxvYAmAS, FottiUes d'Epidanre S. 67

^) Vgl. F. Weege, Archäol. Jahrb. 1913, I u. 203 f. (= IG IV nr. 9.34 f.). Den Auf-

127 ff. j enthalt in Olympia bezeugt die Inschrift

■*) Gh. Yivi.sv.^, Ame7-ic. Journal ofarcheo- SIG II' nr. 815. Athen und Sparta wur-

logy XIII 1909, 4-5, wies darauf hin, daß den nicht besucht. Cass. Dio LXIII 14, 3.

7, Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§46.) ^^17

Argwohn erregte. Es zeigten sich in der Tat ernste Symptome einer gegen den Kaiser gerichteten Bewegung. Im Jahr 65 n. Chr. wurde eine weit- verzweigte Verschwörung gegen sein Leben aufgedeckt, an deren Spitze C. Calpurnius Piso stand. Schon 62 n. Chr. hatte Piso, der sich verdächtigt wußte, beschlossen, den Kaiser zu beseitigen; er fand viele Gleichgesinnte, darunter den Präfekten Faenius Kufus und andere Gardeoffiziere. Man wollte Nero ermorden und Piso zum Kaiser machen. Jedoch kurz vor der Ausführung wurde der Anschlag verraten (18. April 65 n. Chr.). Erst der Verlauf der sofort eingeleiteten Untersuchung belehrte den Kaiser über den Umfang des Komplotts und die Größe der Gefahr, in der er geschwebt hatte; unter den zahlreichen Mitwissern oder Verdächtigen fand auch der Dichter Annaeus Lucanus den Tod, sowie dessen Oheim Seneca,^) der wahr- scheinlich fälschlich denunziert war und seit seinem Sturz jedem politischen Ehrgeiz entsagt hatte. Selbst auf die an der Verschwörung unbeteiligte Gesinnungsopposition, auf republikanisch denkende Stoiker wie P. Clodius Thrasea Paetus und Barea Soranus, erstreckte sich die Rache des Kaisers (66 n. Chr.). Eine zweite Verschwörung 2) kam ebenfalls vor der Zeit ans Licht. Aber bald nach Neros Rückkehr aus Griechenland (März 68 n. Chr.) erhob sich der Statthalter von Gallia Lugdunensis, C. Julius Vindex; ein großer Teil der gallischen Stämme, durch den Steuerdruck erbittert, schloß sich ihm an. Vindex sagte sich von Nero los und vereidigte seine An- hänger auf Senat und Volk.^) Nero bot Truppen auf, raffte sich aber zu keinem energischen Entschluß auf und besiegelte dadurch seinen Untergang. Denn inzwischen hatte sich auch der Legat des diesseitigen Spaniens, Ser. Sulpicius Galba, ein vornehmer und angesehener Mann, dem Vindex an- geschlossen; das Gleiche taten die Statthalter von Lusitanien und Afrika. Allerdings erlag Vindex den Legionen Obergermaniens unter Verginius Rufus bei Vesontio, worauf er sich entleibte. Aber die siegreichen Truppen selbst fielen von Nero ab und gedachten den Verginius zum Kaiser zu machen : doch dieser lehnte ab und überließ die Wahl dem Senat. Nero sah sich "von allen verlassen, zuletzt auch von den Prätorianern, denen der Präfekt C. Nymphidius Sabinus ein hohes Geldgeschenk {donativum) versprach, um sie für Galba zu gewinnen, den sie denn auch zum Kaiser ausriefen ; auch Volk und Senat erklärten sich für Galba. Nero verbarg sich auf einem Landgut in der Nähe Roms und ließ sich hier durch einen Getreuen den Tod geben, als er seine Achtung durch den Senat erfuhr (9. Juni 68 n. Chr.).'*) Mit ihm stai'b der letzte Nachkomme des Kaisers Augustus. Beim gemeinen Volk und bei den Griechen blieb der sonderbare Philhellene noch lange in gutem An- gedenken; dreimal fanden im Orient Schwindler in der Maske Neros Zulauf. Die auswärtigen Angelegenheiten wurden unter Tiberius, Claudius und Nero im ganzen gleichmäßig behandelt. Das gegebene Ziel der Politik war

') Tacit. ann. XV 48 flf. j setzung Neros und die Ernennung eines

-) Die sog. coniurafio Viniciana. Sueton [ anderen Kaisers durch Senat und Volk

Nero 36. ! handle. Mommsens These wird auch von

') MoMMSEN, Ges. Sehr. IV 333 ff. 347 ff. Vindex dachte jedoch schwerlich daran, die Republik wiederherzustellen, wie MoMMSEN meint; mit Recht bemerkt Fabia (Klio IV 49), daß es sich nur um die Ab-

E. KoRNEMANN bei Gekcke-Nokden, Eiul. in die Altertumswiss. tJI^ 278 ff. widerlegt. *) Über das Datum vgl. L. Holzapfel, Klio XII, 1912, 484 flf.

;318 Römische Geschichte.

die Erhaltung des Besitzstandes, nicht dessen Vermehrung. Besondere Sorg- falt erheischten die gallischen Provinzen, wo das römische Reich an die germanische und die britische Welt stieß. Die gallischen Stämme hatten sich noch nicht völlig mit der römischen Herrschaft abgefunden. 21 n. Chr. brach infolge des Steuerdrucks und anderer Mißhelligkeiten eine Empörung aus, die fast in allen Stämmen der drei Gallien Teilnehmer zählte und zuerst recht gefährlich aussah. Der Aeduer Julius Sacrovir und der Tre- verer Julius Florus standen an der Spitze. Sacrovir brachte ein großes Heer zusammen und besetzte Augustodunum (Autun); doch wurde er von den germanischen Legionen geschlagen und der Aufstand rasch unterdrückt. Eine Eroberung hat im Westen nur Claudius gemacht. Er verwirklichte endlich den Plan Caesars und löste eine alte Ehrenschuld der auswärtigen Politik ein, als er von einigen vertriebenen Häuptlingen gerufen, 43 n. Chr. ein Heer unter A. Plautius nach Britannien schickte, um die Insel zu unter- werfen. Nach der Landung und den ersten Erfolgen fügten sich zunächst die südlichsten Stämme der Briten ohne bedeutenden Widerstand oder schlössen sich freiwillig an; die übrigen, namentlich die Trinovanten, sam- melten sich hinter der Themse. Plautius überschritt den Fluß, der Kaiser selbst eilte mit Verstärkungen herbei, und unter seinen Augen wurde ein entscheidender Sieg über die verbündeten Briten errungen. Der Kaiser kehrte darauf nach Rom zurück und feierte einen Triumph. Plautius hat noch einige Jahre (bis 47 n. Chr.) das Kommando geführt und die britischen Stämme nordwärts etwa bis an den Humber oder vielleicht noch darüber hinaus unterworfen. Er durfte den kleinen Triumph (die ovatlo) feiern. Die unterworfenen Stämme wurden tributpflichtig und mußten Truppen stellen. Einige, namentlich im Norden die Briganten, behielten bis auf weiteres ihre einheimischen Könige. Auf dem eroberten Gebiet wurde (50 n. Chr.) in Camulodunum (Colchester) eine Veteranenkolonie gegründet. Bald siedelten sich viele römische Bürger und Untertanen in Britannien an, vor allem in dem wichtigen Handelsplatz Londinium an der Themse. Doch war die Unter- werfung noch sehr unvollkommen; die Briten haben ihre Freiheit tapfer verteidigt und den Nachfolgern des Plautius viel zu schaffen gemacht; die Erwerbung Britanniens kostete erhebliche Opfer. Vornehmlich die Stämme des gebirgigen Westens, des heutigen Wales und Cornwallis, Silurer und Ordoviker, leisteten noch längere Zeit hartnäckigen, oft erfolgreichen Wider- stand. An ihre Grenze wurden die meisten Truppen gelegt und in Lagera oder Kastellen untergebracht. Bei den Silurern fand der vertriebene Trino- vante Caratacus eine neue Herrschaft, bis er 51 n. Chr. nach einer ver- lorenen Schlacht ausgeliefert und nach Rom verbracht wurde. 59 n. Chr. übernahm C. Suetonius Paulinus, einer der tüchtigsten Soldaten des damaligen Roms, das britische Kommando. Während er die Insel Mona (Anglesea) eroberte, brach, hervorgerufen durch die Mißstände der römischen Ver- waltung, bei den Unterworfenen, besonders den Icenern und Trinovanten, ein gefährlicher Aufstand los, dessen Führerin die Königin Boudicca') war.

M Sie war Gattin des Prasutagus, Kö- \ toren aufs schändlichste mißhandelt und. nigs der Icener, und war mit ihren beiden beraubt worden. Töchtern von den kaiserlichen Prokura-

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 46.) 319

Suetonius, der von Mona herbeieilte, konnte den Aufständischen zunächst nicht die Spitze bieten, Camulodunum und Londinium wurden ihnen preis- gegeben und viele Römer fanden den Tod. Erst nachdem Suetonius seine Macht gesammelt hatte, konnte er den Briten südlich der Themse eine siegreiche Feldschlacht liefern und die Kraft des Aufstandes brechen (60 n. Chr.). Boudicca nahm sich das Leben; allmählich kehrte wieder Ruhe ein. Rom war bestrebt, die Verwaltung zu verbessern. i)

Den Germanen gegenüber beschränkt sich seit Tiberius die kaiserliche Politik darauf, etwaige feindliche Angriffe abzuweisen und die Grenze zu sichern. Zum besseren Schutz der natürlichen Stromgrenze wurde auf dem rechten Rheinufer, das die Germanen hatten räumen müssen, ein Grenz- streifen (limes) gezogen, der nicht bebaut werden durfte. Am Niederrhein entstand bei den Ubiern in der Colonia Agrippina (Köln), gegründet 50 n. Chr., ein neues städtisches Gemeinwesen, wichtig auch für den friedlichen Verkehr mit den Germanen, der übrigens ständig kontrolliert wurde. Denn die Germanen waren unruhige Nachbarn. Unter Tiberius (28 n. Chr.) rebel- lierten die Friesen und behaupteten sich gegen den römischen Angriif; Tiberius, allen größeren Unternehmungen abgeneigt, ließ sie gewähren. Die Friesen und ihre Nachbarn, die Chauken, machten sich in der Folgezeit durch Seeraub lästig, schon 41 n. Chr. wurden sie bekriegt, aber erst Cn. Domitius Corbulo trat als Legat von Untergermanien energisch auf (47 n. Chr.). Die Friesen kehrten damals unter die römische Oberhoheit zurück, als jedoch Corbulo die Chauken ebenso gründlich unterwerfen wollte, fiel ihm Kaiser Claudius in den Arm. Sogar die rechtsrheinischen Besatzungen mußten zurückgenommen werden, wohl infolge der gesteigerten Anforderungen, die damals der britannische Krieg an die Wehrkraft des Reiches stellte. Als bester Schutz der Grenze erwies sich die leidige Zwietracht der germani- schen Stämme, die schon Tiberius in Rechnung gestellt hatte. Die Römer fanden immer wieder Anhänger. Der mächtigste und angesehenste Stamm der Germanen waren zunächst die Cherusker, aber nach dem Tod des Ar- minius zerfleischten sie sich weiter in inneren Kämpfen. Ihr königliches Geschlecht fand den Untergang; 47 n. Chr. sandte ihnen auf ihre Bitte Claudius als neuen König den in Rom aufgewachsenen Neffen des Arminius, Italicus,2) der sich nur mit Hilfe der Langobarden durchzusetzen vermochte. Größere Bedeutung gewannen die Chatten, die römischen Grenznachbarn, denen der Feldzug des Gaius galt. Einer ihrer Gaue, die Mattiaker, traten in römischen Schutz und wurden am rechten Rheinufer Mainz gegenüber (im Rheingau und beim heutigen Wiesbaden) angesiedelt, wo sie den Grenz- schutz übernahmen. 2) Der betreffende Landstrich bleibt römischer Besitz. Als 50 n. Chr. die Chatten über den Rhein hinüberstreiften, wurden sie von

') Über die Eroberung Britanniens vgl. ' dien zur Geschichte Bd. III), Breslau 1909.

Cass. Dio LX 19 f., 30. Sueton Claud. 17. F. Sagot, La Bretagne romaine, Paris 1911.

Tacit. ann. XII 31 f., XIV 29 f. Agrie. 13. | '-) Er war Sohü des Flavus und einer

HüBNEE, Herrn. XVI 513 ff. ; Panzer, Histor. j chattischen Fürstentochter. Flavus, der

Untersuchungen, Arnold Schäfer gewid- Bruder des Arminius, stand in römischen

met (Bonn 1882) 116 ff.; Asbach, Analecta histor. et epigr. (Bonn 1878) 8 ff. G. Teubek, Beiträge zur Gesch. der Eroberung Bri- tanniens durch die Römer (Breslauer Stu-

Diensten.

') Diesen ager Mattiacus erwähnt Tacit. ann. XI 20 (47 n. Chr.).

;^20 Römische Geschichte,

römischer Seite mit Erfolg angegriffen und bequemten sich zum Frieden, zumal da sie damals mit den Cheruskern in Fehde lagen. Einige Jahre später (58 n. Chr.) hatten sie mit ihren östlichen Nachbarn, den Hermunduren, einen Grenzstreit au szu fechten, wobei der Sieg den Hermunduren zufiel.') Übrigens gab es auch bei den Chatten römische Parteigänger.

Friedlicher waren die Zustände an der Donaugrenze, wo die Römer an den Hermunduren gute Freunde hatten. Die wichtigste römische Nieder- lassung war Augsburg {Auf/usta VindeUciim), wahrscheinlich bald nach der Eroberung entstanden, Straßenknotenpunkt und Handelsplatz für die Her- munduren. Der König des angrenzenden Suebenreichs Vannius (oben S. 808) wurde nach dreißigjähriger Herrschaft von seinen Schwestersöhnen Vangio und Sido mit Unterstützung der Hermunduren und anderer Nachbarn ge- stürzt (50 n. Chr.). Er flüchtete zu den Römern, die ihm ein Asyl ge- währten, aber nicht intervenierten. Vangio und Sido, die sich in die Herr- schaft teilten, fügten sich ihrerseits der römischen Oberherrschaft. Die an- schließende Landschaft zwischen Donau und Theiß, das einstige Grenzland zwischen Bojern und Geten, fiel bald nach dem Tod des Augustus an die Jazygen, einen sarmatischen Stamm, der ebenfalls in ein friedliches Ver- hältnis zu den Römern trat.

An der unteren Donau wurde die Grenze teils durch Mösien gebildet, das nach dem großen pannonischen Aufstand (oben S. 297 f.) als eigene Pro- vinz eingerichtet worden war, teils durch das thrakische Königreich. Letz- teres wurde nach dem Tod des Königs Rhoimetalkes noch zu Lebzeiten des Augustus unter seinen Sohn Kotys und seinen Bruder Rhaskuporis geteilt. Unter Tiberius gelang es dem Rhaskuporis, seinen Neffen zu beseitigen und sich das ganze Reich anzueignen. Er wurde in Rom vom Senat abgesetzt und schließlich in Alexandrien getötet; sein Sohn und ein Sohn des Kotys erhielten die thrakischen Fürstentümer, aber unter römischer Vormundschaft (18 oder 19 n. Chr.). An diese Wirren schloß sich ein Aufstand der Thraker an (21 n. Chr.), der sich einige Jahre später (25 n. Chr.) in größerem Um- fang wiederholte, veranlaßt durch drückende Aushebungen; die Rebellen wurden erst nach tapferem Widerstand bezwungen. Unter Claudius nahm der thrakische Klientelstaat ein Ende; der nördliche Teil kam zu Mösien, das sich nun bis an das Schwarze Meer erstreckte, der südliche bildete eine prokuratorische Provinz (46 n. Chr.). Dem Legaten von Mösien war künftig die Grenzwehr bis zu den Donaumündungen anvertraut; vielleicht waren schon damals einzelne Punkte am nördlichen Donauufer besetzt. 2) Alles in allem herrschte Friede. Unter Nero hat Plautius Silvanus mehr als 100000 Transdanuvianer südlich von der Donau angesiedelt. 3) Auch der Schutz des nördlichen Pontosufers, besonders des bosporanischen König- reichs, lag dem mösischen Legaten ob. Am kimmerischen Bosporos kam es unter Claudius zu ernsteren Unruhen. Der 41 n.Chr. daselbst eingesetzte

*) Es handelte sich um den Besitz der ') Vgl. die Inschrift des Legaten von

Salinen entweder bei Salzungen an der Moesien Ti. Plautius Silvanus Aelianus

Werra oder bei Kissingen au der frän- ILS I nr. 986. Nach S. E. Stout, The go-

kischen Saale. vernors of Moesia, Diss. Princeton 1911,

*) Dies läßt sich aus Tacit. liist. III 46 I 12 ff., verwaltete der Genannte die Pro- schließen, vinz etwa in den Jahren 60 bis 67 n. Chr.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§46.) 321

König Mithridates wurde bald wieder entfernt und durch seinen Bruder Kotys ersetzt. Er versuchte nun mit Hilfe benachbarter sarmatischer Stämme zurückzukehren, wurde aber geschlagen und gefangen nach Rom geschickt (49 n. Chr.). Später hat der schon erwähnte Plautius Silvanus das von den Skythen belagerte Chersonesos befreit.')

Im Brennpunkt der Orientpolitik stehen die Beziehungen zu den Par- thern, ^) mit denen die Römer, wie erwähnt (S. 301), vornehmlich um die Oberherrschaft über Armenien stritten. Auch hier war die kaiserliche Re- gierung bemüht, einen Krieg nach Möglichkeit zu vermeiden. Bald nach dem Tod des Augustus mußte der von ihm eingesetzte Partherkönig Vonones vor seinem Nebenbuhler Artabanos III nach Syrien flüchten (16 n. Chr.). Da Artabanos auf Armenien Anspruch erhob, so schien ein Krieg bevor- zustehen. Damals ging Germanicus in den Orient, um die schwebenden Streitfragen an Ort und Stelle zu lösen (S. 307). Er setzte einen neuen König Zenon, den Sohn Polemons, unter dem Namen Artaxias auf den armenischen Thron (18 n. Chr.). Kappadokien und Kommagene, wo die Könige Archelaos und Antiochos vor kurzem (17 n. Chr.) gestorben waren, wurden römische Provinzen. Mit Artabanos traf Germanicus ein gütliches Abkommen; Vonones mußte Syrien verlassen. Als später Artaxias starb (um 34 n.Chr.), versuchte Artabanos seinen ältesten Sohn Arsakes an dessen Stelle zu setzen. Aber Arsakes erlag einer Palastintrige, die Mithridates aus dem Stamm der am Kaukasos ansässigen Iberer angestiftet hatte. Im Einverständnis mit Tiberius bestieg dann Mithridates den armenischen Thron, auf dem er sich gegen einen parthischen Angriff behauptete. Zugleich stellte Tiberius in der Person des Tiridates einen Prätendenten gegen Artabanos auf, und wenn Tiridates auch nur kurzen Erfolg hatte, so sah sich' doch Artabanos schließlich zum Einlenken genötigt; in einer Zusammenkunft mit dem syrischen Legaten L. Vitellius am Euphrat wurde 37 n. Chr. das Ein- vernehmen mit Rom wieder hergestellt,^) das unter Gaius und in den ersten Jahren des Claudius erhalten blieb. Dann brach der Streit um Armenien von neuem aus. Doch wurde zunächst die Handlungsfreiheit der Parther durch Thronwirren gehemmt, bei denen die Römer die Hand mit im Spiele hatten, bis dann der tüchtige Vologases (um 51 n. Chr.) zur Regierimg kam und sein Königtum auf eine festere Basis stellte. Ein gewaltsamer Thron- wechsel in Armenien gab ihm Gelegenheit zur Einmischung. Mithridates war durch seinen Neffen und Eidam Radamistus vertrieben und getötet worden, ein Vei'brechen, dem das pflichtwidrige Verhalten der römischen Grenzposten Vorschub leistete. Vologases verjagte den Usurpator und führte seinen Bruder Tiridates nach Armenien, wo ihm die Mehrheit der Bevöl- kerung zuneigte. Die Römer hielten sich, solange Claudius regierte, zurück, aber nach Neros Thronbesteigung entschloß man sich zu einer tatkräftigeren Politik; Domitius Corbulo, ein erprobter Soldat, wurde nach Kappadokien

') Vgl. die S. 320 A. 3 zitierte Inschrift unter Tiberius, nicht erst unter Gaius

und RosTOwzEw, Klio II SO ff . stattfand (Josephus Ant. XVIII 102 gegen

2) Vgl. A. V. GuTSCHMiD, Gesch. Irans, ' SuetonCalig.l4, Vitell.2. Cass.DioLIX27),

Tübingen ISSS, 119 tf. I vgl. E. Täubler, Die Parthernachrichten

") Über diese Zusammenkunft, die noch | bei Josephus, Diss. Berlin 1904, 39 ff.

Handbuch der klats. Altertnmswissenscliaft. III. 5. 5. Aufl. 21

;^22 Römische Geschichte,

gesandt, um zusammen mit dem syrischen Legaten nötigenfalls den Krieg zu führen (55 n. C/hr.).') Fürs erste ruhten die Waffen noch; Vologases, dem ein Eivale den Thron streitig machte, räumte Armenien und stellte Geiseln, Corbulo benutzte die willkommene Pause, um sein Heer zu reorganisieren. Bald brachen in Armenien neue Unruhen aus; Tiridates wurde dorthin zurück- gerufen, und so war denn der Krieg um Armenien (58 n.Chr.) unaufschiebbar. Tiridates konnte sich um so weniger halten, als Vologases durch einen Auf- stand der Hyrkaner verhindert war, ihm beizustehen. Corbulo eroberte die beiden Hauptstädte Armeniens, zuerst Artaxata (58 n, Chr,), darauf Tigrano- kerta (59 n.Chr.); Tiridates wurde aus Armenien verdrängt. Ein von Nero ernannter König Tigranes V, Urenkel des Herodes von Judäa und des Archelaos von Kappadokien, zog in Armenien ein (60 n. Chr.), sah sich aber bald von Tiridates, dem nunmehr sein Bruder, der Partherkönig Vologases seine Hilfe lieh, verdrängt; die Römer, die auch jetzt einen großen Krieg lieber vermieden hätten, unterstützten ihren Schützling nur lässig. Ver- handlungen, die teils von Corbulo, teils in Rom geführt wurden, brachten keine Einigung und der Krieg begann aufs neue. L. Caesennius Paetus, der neue Statthalter von Kappadokien, fiel in Armenien ein, wurde aber von Vologases mit überlegener Macht in Randeia am Arsanias eingeschlossen. Durch einen demütigenden Vertrag verschaffte er sich freien Abzug. Cor- bulo, der damals Syrien verwaltete, kam zur Hilfe zu spät (62 n. Chr.); er erreichte nur, daß auch die Parther Armenien räumten. Nach der Kapitu- lation von Randeia ging eine parthische Gesandtschaft nach Rom ab; die dort gepflogenen Verhandlungen verliefen im Sande. Corbulo wurde von der Verwaltung Syriens entbunden ^) und als Generalissimus mit außerordent- lichen Machtbefugnissen an Stelle des abgesetzten Caesennius Paetus mit der Wiederaufnahme der militärischen Operationen betraut. Er rückte bei Melitene über den Euphrat nach Armenien ein, und nun gaben die Parther klein bei. Auf einer Zusammenkunft mit Tiridates in Randeia kam es zu einem friedlichen Vergleich (63 n. Chr.). Die Römer ließen ihren Schützling Tigranes fallen und erkannten den Tiridates als König von Armenien an unter der Bedingung, daß er das armenische Diadem vorläufig niederlegte und sich bereit erklärte, das Königsabzeichen in Rom aus des Kaisers Hand entgegenzunehmen. Erst im Jahr 66 n. Chr. traf Tiridates in Rom ein. Nero krönte den Parther unter großem Gepränge zum König von Armenien. Damit war die armenische Frage bis auf weiteres gelöst. Mit dem Ergebnis (Armenien parthische Sekundogenitur unter römischer Suzeränität) konnten sich beide Parteien zufrieden geben. Corbulo, dem Rom den Erfolg ver- dankte, behielt sein Kommando in Kappadokien: aber dann schöpfte Nero während seiner Künstlertournee Verdacht und lockte ihn nach Griechenland, Der tapfere General entzog sich der von Nero befohlenen Exekution durch das eigene Schwert (67 n. Chr,).

Die Provinz Syrien umfaßte immer noch eine Anzahl von Klientel- königreichen wechselnden Bestandes. Am bekanntesten sind die jüdischen

')Ygl.EGLiinBüDiNGERS Untersuchungen in libris XI A'T7 enarratis, Bonn 1875. 1307 f.; Lauffenberg, Quaestiones chrono- *) Die Provinz Syrien tiel damals dem

logicae de rebus Parthicis Ärmeniisque aTacito C. Cestius Gallus zu. Tacit. ann. XY 25.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 46.) 328

Fürsten, die Erben des Herodes. Judäa mit Jerusalem, das nach der Ent- fernung des Archelaos (6 n. Chr.) zur Provinz geschlagen, aber einem be- sonderen kaiserlichen Prokurator unterstellt wurde, übergab Claudius dem Agrippa, einem Enkel des Herodes (41 n. Chr.), nach dessen Tod das Ge- biet wieder mit der Provinz vereinigt wurde (44 n. Chr.). Der gleichnamige Sohn Agrippas wurde mit einem anderen Fürstentum abgefunden. Im Volk der Juden waren unter dem Druck der römischen Herrschaft, zugleich unter dem Einfluß einer starken und eigenartigen religiösen Erregung und fanati- scher Sektiererei schon oft Unruhen entstanden. Unter Nero bewirkten schließlich die Übergriffe der kaiserlichen Prokuratoren, besonders des Gessius Florus, eine Erhebung des ganzen jüdischen Volkes, zu der ein Streit der Juden und Hellenen in Caesarea den äußeren Anlaß bot (66 n. Chr.).^) Die römischen Besatzungen in Judäa wurden niedergemacht; der Legat von Syrien, C. Cestius Gallus, der Jerusalem besetzen wollte, erlitt eine em- pfindliche Niederlage (Herbst 66 n.Chr.); die Empörung breitete sich jetzt über das ganze jüdische Gebiet aus. Von Achaia aus sandte Nero als Nach- folger des inzwischen verstorbenen Cestius Gallus den T. Flavius Vespasianus, einen Konsular, der sich namentlich in Britannien ausgezeichnet hatte, in die aufständische Provinz. Es gelang dem Vespasian, mit ansehnlichen Streit- kräften zunächst im Jahr 67 n. Chr. Galiläa wieder zu unterwerfen und im nächsten Jahr den größten Teil Judäas außer Jerusalem, der Hochburg der Insurgenten. Indes der Sturz Neros und die nachfolgenden Unruhen machten fürs erste die völlige Unterwerfung unmöglich.

Kurz vor seinem Ende hatte Nero für einen Feldzug gegen die Kaukasos- völker gerüstet. Auch von einem Krieg gegen die Athiopen, die Nachbarn Ägyptens, war die Kede; schon waren Truppendetachements nach Alexan- drien eingeschifft. Der Tod des Kaisers vereitelte jene Pläne. ^)

Afrika und das Königreich Mauretanien wurden unter Tiberius längere Zeit (17 20 n. Chr.) durch die Streifzüge eines kühnen Freibeuters, des Numiders Tacfarinas heimgesucht. 21 n. Chr. mußten stärkere Streitkräfte gegen ihn aufgeboten werden, und der Prokonsul Junius Blaesus bekriegte ihn erfolgreich. Doch brach 24 n. Chr. der Krieg nochmals aus, um erst durch P. Cornelius Dolabella beendet zu werden. Tacfarinas konnte sich nicht mehr halten und nahm sich das Leben. Nunmehr trat Euhe ein. Das Königreich Mauretanien hat Kaiser Gaius aufgehoben, der den letzten König, Ptolemaios, Jubas Sohn, im Jahr 40 n. Chr. an den Hof nach Rom entbot und dann unter Einziehung von Land und Vermögen hinrichten ließ. Aber die Einverleibung ging keineswegs glatt von statten; Aidemon, ein Freigelassener des Ptolemaios, rächte seinen Herrn durch einen Aufstand, der erst unter Claudius von Suetonius Paullinus und Hosidius Geta nieder- gerungen wurde. Suetonius ist der erste Römer, der mit einem Heer den Atlas überschritt (42 n.Chr.). 3) Wahrscheinlich im Zusammenhang mit diesen

') Josephus Bell. Jud. II 284. Der Aus- jüd.Yolkes im Zeitalter Jesu Christi IH18 f. bruch erfolgte im Monat Artemisios (Mai | ^^ pu^ j^jgt nat.VI40. ISlf. Tacit.histor. bis Juui) 66 n.Chr. Die Geschichte des jüdi- 131.70. Cass.DioLXIII 8, 1 (III p.73Boiss.). sehen Aufstandes erzählt Josephus Bell. ') Plin. bist. nat. V 14 f. Er kam bis an

Jud. II 280 ff. Vgl. E. Schürer, Gesch. des den Fluß Ger.

21*

ß04 Römische Geschichte.

Unruhen liatte bald darauf (44 45 n. Chr.) der spcätere Kaiser Sulpicius Gall>a als Prokonsul von Afrika in Numidien Krieg zu führen. Mauretanien wurde in zwei prokuratorische Provinzen zerlegt {Maiin-fcnna Tinijitcnia und Caet-a- riensis). Die Nomadenstämme südlich vom Atlas blieben unter einheimi- schen Fürsten.

In der Verwaltung der Provinzen machte sich der persönliche Einfluß der Regenten weit weniger geltend als in der Hauptstadt selbst; man blieb im ganzen den von Augustus und Tiberius aufgestellten Grundsätzen treu. Die Provinzen wurden auch von den Friktionen, die der Gegensatz zwi.schen Senat und Kaiser hervorrief, nicht berührt, sondern fanden im Gegenteil bei der kaiserlichen Gewalt nicht selten Schutz gegen die Mißwirtschaft der senatorischen Beamten, sowie Hilfe in besonderen Notlagen. Nur die Ab- gaben und der Heeresdienst wurden als drückende Last empfunden, die noch wuchs durch die brutalen Methoden, deren man sich zu bedienen pflegte. Schon unter Augustus und Tiberius kamen aus verschiedenen Provinzen bewegliche Klagen, i) und in den letzten Jahren Neros verschlimmerte sich die Lage. Aber eine große Wohltat war der Friedenszustand, der allent- lialben im Reich herrschte und eine neue Blüte zeitigte. So söhnten sich die Provinzialen mit der römischen Herrschaft allmählich aus. Römisches Bürgerrecht breitete sich in allen Provinzen immer mehr aus, im griechi- schen Osten und namentlich im Westen. Hier im Westen war städtisches Wesen und damit die griechisch-römische Kultur in siegreichem Vordringen. 47. Der Bürgerkrieg^) und die flavischen Kaiser. 3) Nach Neros Ab- setzung wurde in Rom der schon betagte Ser. Sulpicius Galba,^) der vor- nehmste unter den frondierenden Statthaltern, zum Kaiser ausgerufen und fand, freilich nicht ohne Widerstreben, im ganzen Reich Gehorsam. Der Legat in Afrika, L. Clodius Macer, der ihm die Anerkennung verweigerte, wurde beseitigt, auch andere Exekutionen erfolgten. Galba zeigte sich seiner schwierigen Lage nicht gewachsen; durch Ungeschick und unangebrachte Strenge verscherzte er sich viele Sympathien. Die germanischen Legionen hatten sich ihm von Anfang an nur ungern angeschlossen, und da er auf ihre Stimmung keine Rücksicht nahm und sie beispielsweise durch Be- günstigung der Anhänger des Vindex verletzte, so sagten sich schon am 1. Januar 69 n. Chr. die Legionen Obergermaniens, zuerst die Garnison von Mainz, von ihm los und forderten einen neuen Kaiser, dessen Auswahl sie dem Senat, dem sie Treue schworen, überlassen wollten. °) Am folgenden Tag proklamierten die untergermanischen Legionen ihren Führer, A.Vitel- lius,''^) der dann von der ganzen germanischen Armee anerkannt wurde, zum Kaiser. Auch die Prätorianer in Rom hatte sich Galba völlig entfremdet. Die Zerrüttung der Finanzen nötigte zur Sparsamkeit, und so versagte denn

') Vgl. oben S. 291. ! *) Er führte zeitweilig den Vornamen

*) Vgl. B. W. Hendekson, Civil irar and reheJIion in the Roman empire a. d. 69 70, London 1908.

^) Vgl. A. Chambalu, De magistratibus Flavionim, Diss. Bonn 1881. Derselbe, Fla-

Lucius; als Kaiser nannte er sich, wie an- fänglich, Servius. Sueton Galb.4. Momm- SEN, Ges. Sehr. IV 399, Anm. 3.

») Vgl. hierüber die Untersuchung von Ph. Fabia, Klio IV (1904) 42 ff.

viana im Philologus XLIV 106 ff. 502 ff.; ' «) Sohn des L. Vitellius, des Vertrauten XLV 100 ff.: XLVII .569 ff. des Kaisers Claudius (oben S. 314).

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§47.) 325

Galba unklugerweise den Pratorianern das ihnen in seinem Namen ver- heißene Donativ, womit er überdies gegen einen im Fall eines Thronwechsels üblich gewordenen Brauch verstieß. Auch seine Hinfälligkeit und die Ab- hängigkeit von seiner Umgebung, besonders von dem übel berufenen T. Vinius, schadeten seinem Ansehen. Die schlimme Kunde aus Germanien veranlagte ihn, den L. Calpurnius Piso Licinianus zu adoptieren und zum Nachfolger zu bestimmen. Aber M. Salvius Otho, früher der Kumpan Neros, dann Statt- halter von Lusitanien und bisher einer der ersten und eifrigsten Anhänger Galbas, hatte sich Hoffnung auf die Adoption gemacht. Da er sich ge- täuscht sah, gewann er die unzufriedenen Prätorianer, die ihn am 15. Januar 69 n. Chr. zum Kaiser ausriefen und den Galba mit seinem Adoptivsohn Piso auf dem Forum erschlugen. Otho fand auch die Anerkennung des Senats, mußte sich aber alsbald gegen Vitellius verteidigen, dessen Heer in zwei Abteilungen unter A. Caecina Alienus und Fabius Valens sich noch im Winter 69 n.Chr. gegen Italien in Maj-sch setzte, i) Vitellius selbst folgte nach. Gallien, Spanien und Britannien fielen ihm zu, während die östlichen Provinzen sich für Otho erklärten. Caecina überschritt ungehindert die Alpen. Erst an der Polinie setzten sich die Othonianer mit Erfolg einem weiteren Vordringen entgegen und wiesen bei Bedriacum einen Vorstoß des Caecina siegreich zurück; die illyrischen Legionen waren zu ihrer Unterstützung unterwegs. Aber noch ehe sie eintrafen, befahl Otho, der auf eine rasche Entscheidung drängte, weil er seinen Feldherren mißtraute,-) einen Angriff auf dieVitellianer, die sich bei Cremona vereinigt hatten. Hier erlitten die Othonianer eine bedeutende Niederlage und wurden auf Bedriacum zurück- geworfen. Der Kaiser, der sich in Brixellum aufhielt, gab sich zwei Tage nach der Schlacht (am 16. April) den Tod; seine Truppen mußten zu Vitellius übertreten, der jetzt auch in Rom bestätigt wurde (19. April). Vitellius traf bald selbst ein; seine Truppen überfluteten Italien und Rom. Vitellius zeigte sich als maßvollen Sieger, er suchte auch Mißbräuche abzustellen, wie er z. B. die Freigelassenen im kaiserlichen Dienst durch Ritter ersetzte ; in Rom war er nicht unbeliebt. Aber den Aufgaben seines verantwortungs- vollen Amtes vermochte der Kaiser, der die Freuden der Tafel mehr liebte als die Geschäfte, nicht zu genügen; gegen den aufreizenden Übermut der zuchtlosen Soldateska, die ihn auf den Thron erhoben hatte, war er machtlos. Die Heere des Orients, besonders Syriens, Judäas und Ägyptens, hatten sich zunächst abwartend verhalten; Otho wurde als Kaiser anerkannt^) und anfangs auch Vitellius. Dann einigten sich die Führer, unter denen der Legat von Syrien, der vornehme C. Licinius Mucianus, den Ausschlag gab, und am 1. Juli 69 n. Chr. wurde zuerst in Alexandrien der Feldherr des jüdischen Krieges, T. Flavius Vespasianus, zum Kaiser ausgerufen; die Legionen in

') Vgl. Hagge, Bemerkungen zum Feld- nicht abgeneigt, das Blutvergießen zu zuge des Vitellius und Otho nach der beenden und sich über einen Kaiser zu Darstellung des Tacitus, Kiel 1864; Th. verständigen und zwar, wie Otho be- MoMMSEN, Die Schlachten von Betriacum, fürchten mochte, auf dessen Kosten. Ges. Sehr. IV 354 ff. ; Gerstenecker, Der ') Vgl. die dem Otho gewidmete In- Krieg des Otho und Vitellius in Italien schrift aus der Gaulanitis im Bulletin de im Jahre 69, München 1882. ; corresp. hellen. 1897, 47.

-) Die beiden feindlichen Heere waren

,'JO(j Römische Geschichte.

Judäa und die syrischen unter Mucianus folgten in den nächsten Tagen, bald darauf^) auch die Truppen in Illyricum und Mösien, zum Teil Otho- nianer, die den Vitellius nur gezwungen anerkannt hatten. Die pannonischen Truppen rückten unter dem verwegenen und elirgeizigen M. Antonius Primus sogleich zum Angriff" gegen Italien vor; Mucianus folgte nach. DieVitellianer waren schlecht gerüstet, ihre umzuformierenden Truppenkörper standen weit imter Sollstärke, da nach dem Sieg viele Leute entlassen waren, die Heer- führer, Caecina und Valens, rivalisierten. Caecina sann auf Verrat. Zuerst trat auf sein Anstiften die Flotte in Ravenna zu Vespasian über: die Le- gionen des Vitellius, die sich am Po gesammelt hatten, blieben treu und setzten den treulosen Caecina fest, wurden aber dann in einer mörderischen Doppelschlaclit hei C'remona von den Flavianern aufgerieben. Valens, der zu spät kam, geriet in Gefangenschaft, und nun zog die gegen Vitellius ge- richtete Bewegung weitere Kreise. Antonius Primus marschierte unaufhaltsam auf Rom und hatte bereits den Appennin überschritten. Gleichzeitig wurden Unterhandlungen angeknüpft, und Vitellius erklärte sich bereit abzudanken, allein seine Truppen zwangen ihn auszuhalten (18. Dezember). Jetzt erhoben sich in Rom ^ie Flavianer unter Flavius Sabinus, Vespasians Bruder, imd besetzten das Kapitol, wurden aber von den Vitellianern überwunden; Flavius Sabinus wvirde gefangen und hingerichtet. Damals ging das Kapitol in Flammen auf (19. Dezember). Schon am nächsten Tag erschien Antonius Primus vor den Toren der Hauptstadt, die er in blutigem Kampf eroberte. Vitellius fiel (20. Dezember 69 n. Chr.), ebenso kurz darauf sein Bruder Lucius. Die Reste derVitellianer ergaben sich. Bei der Einnahme Roms hatten sich grauenhafte Szenen abgespielt. Vespasian wurde jetzt vom Senat und im ganzen Reich anerkannt. 2) Er traf im Frühjahr 70 n. Chr. von Ägypten in Rom ein. Von dem früheren Herrschergeschlecht übernahm er, wie schon Galba, für sich und seine Söhne den Namen Caesar, der also zum ständigen Prädikat des jeweils regierenden Hauses und zu einer Art Amtsbezeichnung wird. Der neue Kaiser hatte keinen leichten Stand: die Disziplin der Soldaten war erschüttert, und die benachbarten Barbaren machten sich den Bürger- krieg zunutze. Ln Pontos entstand 69 n. Chr. eine Erhebung zugunsten des Vitellius,^) die Sarmaten und Geten gingen über die Donau und brand- schatzten Mösien (69 und 70 n. Chr.); auch in Britannien und selbst in Afrika gärte es; in allen Teilen des Reichs waren die Wehen und Nachwehen des unheilvollen Jahres 69, des Dreikaiserjahres, zu verspüren. Besonders wichtig sind die Ereignisse am Rhein. ^) Hier entstand unter Julius Civilis eine Em- pörung der Bataver und Cannenefaten, die einen bedrohlichen Umfang annahm. Civilis gehörte zum Fürstengeschlecht seines Stammes und besaß römisches Bürgerrecht. Der Aufstand begann bei Gelegenheit der von Vitellius gegen Vespasianus angeordneten Aushebungen. Civilis wurde von Antonius Primus

') Etwa im August. Sueton Vit. 15. machte eine Zeitlang die See und das

^) Von dem Gesetz, das seine kaiser-

Land unsicher. Tacit. histor. III 47 f.

liehe Gewalt bestimmt, ist noch ein Teil *) Ed. Meyer, Der Freiheitskampf der

erhalten CIL VI 930. ILS I nr. 244. Bruns^ Bataver unter Civilis. Progr. des Johan-

nr. 56. neums, Hamburg 1856. E. Stein. PW X

^ ^) Aniketos, Freigelassener des letzten 550 ff,

Königs Polemon, besetzte Trapezunt und ;

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§47.) 327

bei dessen Angriff auf Italien zur Empörung anfgefordert, um so die vitel- lianischen Truppen in Gallien festzuhalten; demgemäß gebärdcte er sich als Parteigänger Vespasians, dem er in der Tat gute Dienste geleistet hat. Die erprobten batavischen Kohorten, die zum Heer des Vitellius gehörten, gingen zu ihm über, Friesen und andere Germanen leisteten Zuzug, die ver- streuten römischen Besatzungen wurden überwältigt. Auch nach dem Sieg Vespasians verharrte Civilis im Aufstand, ja die Bewegung griff' um sich, da nun auch römische Truppen, die vitellianisch gesinnt waren, meuterten, ihren Legaten Hordeonius Flaccus und andere Führer erschlugen und sich an Civilis anschlössen. A^eiter folgte nach dem Tod des Vitellius ein Auf- . stand der benachbarten gallischen Stämme, der Treverer, Lingonen und eines Teils der Beigen unter Führung der Treverer Classicus und Julius Tutor und des Lingonen Julius Sabinus. Man gedachte ganz Gallien von Rom loszureißen und ein selbständiges linperium GaUianim aufzurichten. Die römischen Legionen traten fast alle den Insurgenten bei und leisteten den Eid auf das „gallische Reich". Die Besatzung von Vetera mußte sich nach langer Einschließung dem Civilis ergeben und wurde beim Abzug niedergemacht. Civilis zerstörte alle Legionslager und Kastelle außer Mainz und Vindonissa (Windisch bei Basel); Köln mußte sich dem gallischen Im- perium fügen. An den Kämpfen beteiligten sich auch die rechtsrheinischen Germanen, Chatten, Tenkterer und Brukterer, bei denen die Seherin Veleda eine auch politisch bedeutsame Rolle spielte. Man wollte die Grenze nach Gallien öffnen. Allein die große Mehrheit der gallischen Stämme hielt an Rom fest, und schon hatte sich im Auftrag Vespasians Q. Petillius Cerialis mit ansehnlichen Streitkräften in Bewegung gesetzt, den Aufstand zu unter- drücken. Die Treverer wurden bei Bingen besiegt; die römischen Truppen gingen alle zu Cerialis über, auch Civilis wurde geschlagen, Gallien wieder unterworfen; Cerialis setzte nach der Insel der Bataver über und vertrieb den Civilis aus seinem Stammland. Doch war damit der Krieg noch nicht beendet: Cerialis, der noch nicht aller Schwierigkeiten Herr geworden war, willigte gerne in ein friedliches Abkommen, zu dem Civilis und die Germanen die Hand boten. Civilis wurde begnadigt (Herbst 70 n. Chr.). Cerialis begab sich dann in seine Provinz Britannien. Die germanischen Kohorten verloren fortan ihre einheimischen Führer und wurden disloziert.

Um dieselbe Zeit beendigte Vespasians Sohn Titus den jüdischen Krieg, der während der Bürgerkriege eingestellt worden war. Titus führte aus Ägypten Verstärkungen herbei und begann im April 70 n. Chr. die Ein- schließung und Belagerung des dreifach befestigten Jerusalems, wohin die Aufständischen zusammengedrängt waren. Es war keine leichte Arbeit, die volkreiche, von fanatischen Kriegern verteidigte Stadt zu erobern. Nachdem die erste und zweite Mauer genommen waren, leisteten die Verteidiger in der Altstadt und auf dem Tempelberg erfolgreichen Widerstand. Erst nach harten Kämpfen und nachdem die Belagerten durch Hunger zum Äußersten gebracht waren, wurde am 29. August (10. Loos) der Tempel erstürmt und in Brand gesteckt^) und am 26. September (8. Gorpiaios) die Oberstadt. Jeru-

*) Nach Josephus bell. Jud. VI 236 f. ist 1 angezündet worden. Dem steht aber das der Tempel gegen den Willen des Titus j wahrscheinlich aus Tacitus abgeleitete

328 Römische Geschichte.

salem wurde dem Erdboden gleichgemacht; die Juden im ganzen Reich hatten künftig eine Kopfsteuer zu entrichten. Titus ging nach Rom zurück und feierte 71 n. Chr. mit dem Kaiser einen Triumph. Völlig beendet wurde der Aufstand erst mit dem Fall von Masada, der Veste am Toten Meer (2. Mai 72 n.Chr.). Judäa wurde als besondere Provinz von Syrien abgezweigt und mit starker Truppenmacht belegt.

Vespasians Regierung wurde mit Recht als „Restitution" empfunden. Die Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, suchte sie zu heilen; das stolzeste Wahrzeichen der Reichshauptstadt, das Kapitol, ließ sie aus der Asche neu erstehen; die Armee wurde reorganisiert, i) die Veteranen entlassen und an- gesiedelt. Die letzten Unruhen und Grenzkriege gaben Anlaß zur Befesti- gung und Sicherung der Grenzen, zunächst an der Donau in Mösien und Pannonien, wo der Kaiser die festen Lager beiVindobona und Carnuntum anlegte. Am Rhein wurden die Befestigungen erneuert und vermehrt; das Legionslager in Straßburg (Argentorate) verdankt demVespasian seine Ent- stehung.^) Gegenüber am jenseitigen Ufer ließ der Kaiser einen größeren Landstrich okkupieren. Das Land zwischen Rhein und Donau, das Dekumaten- land {agri deciimates)^) wurde in den Reichsverband einbezogen und meist von Gallien aus besiedelt. Der kaiserliche Legat Cn. Pinarius Cornelius Clemens eroberte das Neckargebiet, durch das eine neue Straße die kürzeste Verbindung zwischen Straßburg und Rätien herstellte (74 n, Chr.).^) Auch am Niederrhein, wo der Aufstand des Civilis nachwirkte, war Krieg zu führen. Die Germanen wurden vom rechten Stromufer zurückgedrängt und die nächstgelegenen dem römischen Einfluß unterworfen.^) Auch im Orient sorgte man für Sicherung der Grenzen; römische Posten wurden an das Ostufer des Schwarzen Meeres vorgeschoben, und die Iberer im Kaukasos erhielten eine römische Besatzung.'') Der Kaiser war mit dem Bürgerrecht freigebig; die spanischen Gemeinden erhielten durch ihn sämtlich die La- tinität (75 n.Chr.). Die wichtigste Aufgabe war -die Sanierung der Finanzen, die infolge der neronischen Mißwirtschaft und der Bürgerkriege ganz im Argen lagen.'') Neue und drückende Abgaben waren nötig, in Rom wie in

Zeugnis des Sulpicius Severus (chi-on. II [ '•>) Von den Vorgängen am Niederrhein

30, 6) entgegen, daß Titus die Zerstörung ! weiß mau nicht viel. Etwa 77 n. Chr.

gewollt habe. Dasselbe bezeugt Orosius | bemächtigte sich der Legat C. Rutilius

VII 9, 5 f. und, wie es scheint, auch Cass. Gallicus in einem Krieg mit den Bruk-

Dio LXVI 4. Vgl. J. Bernays, Die Chronik terern der Seherin Veleda, die als Ge-

des Sulpicius Severus, Berlin 1861, 48 ff. fangene nach Rom kam. Statius silv.

(Gesammelte Abhandlungen II 159 ff.). : I 4, 89 f. Tacit. Germ. 8. Möglich ist, daß

') Es wux'den z. B. die meuterischen auch die von Tacit. Germ. 33 und Plin.

germanischen Legionen zum großen Teil epist. II 7, 2 erwähnten Ereignisse, die

aufgelöst und neue Formationen gebildet. mit dem Untergang der Brukterer endeten,

■■') Die erste Befestigungsanlage in Straß- in diese Zeit gehören. Vgl. PIR III 4U9.

bürg scheint allerdings noch älter zu sein. A. v. Domaszewski, Mainzer Zeitschr.V 184.

Westd. Zeitschr. XXIV (1905) 330. «) CIL III add. 6052 S. 974. Vgl. Jose-

^) Der Name wird sich daraus erklären, phus bell. Jud.II366. ILS II nr. 8795. Den

daß die Ansiedler für das ihnen zugeteilte Anlaß zur Sicherung der Pontosküste gab

Land den Zehnten entrichten mußten. '• wohl der Aufstand des Aniketos. S.326A. 3.

*) Zangemeistee. Neue Heidelb. Jahrb. 3 ') Vespasian veranschlagte die Bedürf-

(1893) 1 f. ; 246 f. E. Herzog, Bonner Jahrb. nisse des Staats auf 40 Milliarden Sesterze,

102 (1898) 89. E. Fabricius, Die Besitz- etwa 8> 2 Milliarden Goldmark. Sueton

nähme Badens durch die Römer 36. ILS Vesp. 16, 3. I nr. 990. 991. 997. 1992.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. ($47.) 329

den Provinzen; die Skrupellosigkeit des Kaisers in Geldsachen, die durch das berühmte „non ölet" illustriert wird, machte ihn begreiflicherweise nicht beliebter. Für gemeinnützige Zwecke scheute er trotz aller Sparsamkeit auch große Ausgaben nicht. In Rom wie in den Provinzen übte er eine rege Bautätigkeit aus; er richtete den kapitolinischen Tempel wieder auf, baute den Tempel der Pax (75 n. Chr.) und das große flavische Ampliitheater, das heutige Coliseo (eingeweiht 80 n. Chr.); er war der erste, der in Rom grie- chische und lateinische RhetOren fest besoldete. Aus finanziellen Gründen wurde der Provinz Achaia die von Nero verliehene Freiheit wieder ent- zogen (72 n. Chr.). Auch der lykische Bund und die noch vorhandenen auto- nomen Freistädte, wie Rhodos und Byzanz, verloren ihre Selbständigkeit. Die meisten Klientelfürstentümer hobVespasian auf, um sie den Provinzen einzuverleiben, so auch das Königreich Kommagene, in welchem Fall er nicht ohne Härte vorging.*) Ausschlaggebend war dabei die Sicherung der Grenze, sowie das übrigens durchaus freundliche Verhältnis zu den Parthern. Der Partherkönig Vologases hatte dem Vespasian bei seiner Er- hebung sogar Hilfe angeboten.

Dem Senat gegenüber hatte es Vespasian, der aus dem Ritterstand hervor- gegangen war und keine vornehmen Ahnen besaß, 2) zunächst nicht leicht. Viel vermochte in den ersten Regierungsjahren Mucianus, dem Vespasian zu Dank verpflichtet war; denn Mucianus hatte in Rom den Kaiser bis zu dessen Ankunft vertreten und es verstanden, die siegreichen Feldherren, wie Antonius Primus, sowie den machtlüsternen Sohn des Kaisers, den Domitianus, und andererseits den Senat in Schranken zu halten. Der Senat versuchte zunächst sich größere Selbständigkeit zu erringen und die ver- haßten sog. Delatoren, die dem Nero Denunziantendienste geleistet hatten, zur Rechenschaft zu ziehen. Der Wortführer der Opposition war der Schwieger- sohn des Paetus Thrasea, Helvidius Priscus, damals Prätor, der seinen re- publikanischen Männerstolz gegen den Kaiser aufs provozierendste hervor- kehrte und deshalb nach Ablauf seines Amtes zum Tod verurteilt wurde. Im Anschluß daran wurden die Philosophen, namentlich die einflußreichen Stoiker, denen Helvidius angehörte, aus Italien verwiesen, weil ihre Lehren die Interessen der Monarchie gefährdeten (72 n. Chr.). Alles in allem hat Vespasian dem Senat Achtung und Wohlwollen entgegengebracht. 73 n.Chr. übernahm er zusammen mit seinem Sohn Titus das Amt des Zensors und ergänzte in dieser Eigenschaft die in dem Bürgerkrieg stark gelichtete Körperschaft. Schon unter den julischen Kaisern hatte sich die Zusammen- setzung des Senats stark verändert; die Geschlechter der alten Nobilität waren bis auf wenige erloschen, und so rekrutierte sich der Senat haupt- sächlich aus dem neuen Amtsadel. Des Kaisers treuester Gehilfe war sein älterer Sohn Titus, der bald Mitregent und, ein ungewöhnlicher Fall, jjrae- fectus praetorio seines Vaters wurde und des Kaisers Person und Amt kraft-

') Josephus bell. Jud. A'II 319 ff. Momm- | Er selbst war bei Reate in der Sabina

SEN, Sitz.-Ber. der Berl. Akad. 1900. Kom- j geboren am 17. November 9 n. Chr. Der

magene wurde 73 n.Chr. eingezogen. Beiname Vespasiaaus stammt von seinem

■•') Sein Vater T. Flavius Sabinus war mütterlichen Grofsvater A'espasius her. Zollpächter in der Provinz Asia gewesen.

33Q Römische Geschichte.

voll zu schützen wußte.i) Als Vespasian am 24. Juni 7*.> n. C'iir.^) starb, bestieg Titus als Imp. Titus Caesar Vespasianus Augustus den Thron.

Anders als man nach seinem Vorleben befürchtet hatte, erwies sich Titus als milder Kegent, und seine kurze Regierung gilt der Nachwelt als Zeit des Glückes, obwohl sich schlimme Katastrophen ereigneten. So wurden die kampanischen Städte Pompeji, Herculaneum und Stabiae durch einen Vesuv- ausbruch zerstört und verschüttet, wobei der ältere Plinius, damals Flotten- präfekt zu Misenum, sein Leben einbüßte (25. August 79 n.Chr.).'^) Ein weiteres Unglück war ein dreitägiger Brand, der grofäe Teile Koms in Asche legte (80 n. Chr.). Titus starb am 13. September 81 n. Chr. und hinterließ die Herrschaft seinem ganz anders gearteten Bruder Domitianus.*) Der neue Kaiser, Imp. C/aesar Domitianus Augustus (geboren am 24. Oktober 51 n. Chr.), hatte schon in den Tagen der Thronbesteigung seines Vaters er war im Jahr 70 n. Chr. städtischer Prätor Beweise eines gefährlichen Ehrgeizes gegeben, weshalb er in der Folge geflissentlich hinter seinen loyalen Bruder Titus. den er haßte und beneidete, zurückgedrängt wurde. Zur Herrschaft gelangt, entfaltete der hochbegabte Domitian ein unleugbares Herrscher- talent. Anfangs bewegte er sich in den Bahnen seiner Vorgänger; er zeigte sich milde und gewissenhaft, sorgte für Verwaltung und Rechtspflege, übte strenge Aufsicht über Magistrate und Provinzialstatthalter und wachte über die Erfüllung der religiösen Vorschriften durch die Priester. Seit 85 n. Chr. nahm er als Censor perpetinis die zensorische Gewalt dauernd wahr und be- stimmte die Zusammensetzung des Senats, ein Vorrecht, das den Kaisern verblieb, während Titel und Amt des Zensors verschwanden. In Rom setzte Domitian die begonnenen großen Bauten fort und vollendete den neuen kapitolinischen Tempel; auch in den Provinzen ließ er viel bauen. Er wandte auch den Hellenen seine Fürsorge zu und hinterließ in Griechenland monu- mentale Denkmäler seiner Freigebigkeit.^) Ein lebhaftes Interesse hegte er für die Literatur: 86 n. Chr. stiftete er nach dem Muster der Neronien die vierjährigen kapitolinischen Spiele, bei denen auch literarische Erzeugnisse griechischer und lateinischer Zunge in Wettbewerb traten.

Mit Glück kämpfte unter ihm Cn. Julius Agricola^) in Britannien. Hier hatte zunächst nach Vespasians Thronbesteigung Petillius Cerialis die auf- ständischen Briganten unterworfen und sein Nachfolger Sex. Julius Frontinus die Silurer bezwungen. Dem Frontinus folgte (Sommer 77 n. Chr.) Agricola nach. Er eroberte zuerst von neuem die Insel Mona, führte dann in sechs weiteren Feldzügen Krieg gegen die nördlichsten Stämme, besonders die Kaledonier, und schob die römische Herrschaft bis an die Tava (Tay) vor.

') Er ließ z. B. den A. Caecina Alienus '') Für Domitians Geschichte sind wich-

uiedermachen, der in den Verdacht einer tig die Dichter Statins und Martialis. Vgl.

Verschwörung kam und bei den Soldaten j Fribdländer, Sittengesch. Eoms 11^ 241 f.

viel galt. Sein Komplize war der be- ' Über Domitian s. St. Gsell, Essai sur Je

kannte Redner T. Clodius Eprius Mar- | re(/7ie de Vempereur Domiticn, Paris 1894.

oellus: dieser wurde im Senat verurteilt, i Weynand, PW VI 2541 ff.

worauf er sich die Kehle durchschnitt '• s) Er baute z.B. in Delphi und in Megalo-

{79 n. Chr.). Cass. Dio LXVI 16, 3 f. polis. In Athen war er Archon. BuUetin

•^) Vgl. L. Holzäpfel, Klio XVII, 1921, 74 ff. de corr.JieUm. 2(K Hoff.; 22, 152f.; 30,314.

ä) Phn. epist. VI 16 ff'. Vgl. S. Herrlich, «) Siehe Tacit. Agricola. Literatur bei

KlioIV209ff., dazu Wolters, ebdas.V 333. Gaheis, PW X 142 f.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§47.) 381

Auch mit den Bewohnern Irlands trat er in Verbindung. Ein Ereignis war der Sieg, den er im siebenten und letzten Feldzug am Berg Graupius nörd- lich von Clota {ßrth of Clijde) und Bodotria {firtli of Forth) über die ver- einigten Kaledonier unter Calgacus erfocht (83 n. Chr.). Seine Flotte um- segelte damals ganz Schottland und stellte mit dieser Fahrt die Inselgestalt Großbritanniens fest. Zu einer vollständigen Unterwerfung der Kaledonier kam es indes nicht; im nächsten Jahr wurde Agricola zurückgerufen, der Krieg, der recht bedeutende Verluste verursacht hatte, war aufgegeben; Rom begnügte sich mit dem bisher Erreichten, eine Zurückhaltung, die ver- ständlich Avird, wenn man bedenkt, daß auch anderswo die Kräfte des Reichs in Ansj3ruch genommen wurden. So am Rhein, wo es zu einem Krieg gegen die Chatten kam (83 n. Chr.). Wenn auch große Schlachten nicht geschlagen wurden, so hat doch Domitian ein neues Stück der rechtsrheinischen Ufer- landschaft dem Reich hinzugewonnen. Von Mainz aus hat er die Grenze weiter vorgeschoben, die Chatten zurückgedrängt, die heutige Wetterau be- setzt und am Oberrhein die Erwerbungen seines Vaters, dessen Politik er fortsetzte, gesichert. Die erste Grenzbefestigung wird auf Domitian zurück- geführt. *) Gegen die Chatten leisteten die Cherusker Beistand, auch mit den Semnonen jenseits der Elbe und den Lugiern (in Schlesien) schlössen die Römer Freundschaft. Für die Donaugrenze bedeutete die Einigung der getischen oder dakischen Stämme unter Decebalus, der sogar den Strom überschritt, eine ernste Gefahr. Der mösische Legat Oppius Sabinus wurde besiegt und fiel, die ganze Provinz war bedroht. Domitian zog selbst ins Feld, aber sein Gardepräfekt Cornelius Fuscus, der über die Donau nach Dakien eindrang, erlitt eine Niederlage, bei der er selbst den Tod fand, 2) Doch dessen Nachfolger Tettius Julianus siegte über Decebalus. Nun aber geriet Domitian auch mit den Sueben (Markomannen) und Sarmaten (Jazygen) in Feindschaft; eine Legion wurde in Pannonien vernichtet, und weitere Unfälle folgten. Unter diesen Umständen schloß Domitian mit Decebalus Frieden; er bewilligte ihm Jahresgelder und andere Vergünstigungen und feierte einen Triumph (um 89 n. Chr.). 3) Auch mit den Markomannen scheint ein Friede zustande gekommen zu sein. Noch während des dakischen Krieges fiel in Obergermanien der Statthalter L. Antonius Saturninus mit zwei Legionen ab und verbündete sich mit germanischen Völkerschaften. Aber seine Ver-

') Frontin strat. I 3, 16. Vgl. Chambalu, sein. C, Cichorius, Die röm. Deukmäler

Philologus N, F. I (47) 571 f. Ritterling, in der Dobrudscha, Berlin 1904. Anders

Westdeutsche Zeitschr. XII (1893) 263 f. A. Fuktwängler, Abhandl. der k. b. Akad.

Korrespondenzblatt 1897 (16) 60 ff. Neue i zu München, phil. Kl. 22 (1903) 455 flf.

Heidelb. Jahrb. X 218. 226. Limesblatt | ^) Diese Begebenheiten und ihre Zeit

1897 nr. 23 S. 617 ff. Archäolog. Anzeiger 1900, 87 ff. H. ViEZE, Domitians Chatten- krieg, Jahresbericht der 8. städt. Real- schule, Berlin 1902.

'^) Auf die Niederlage des Cornelius Fuscus beziehen sich wahrscheinlich die Denkmäler bei Adamklissi in der Do- brudscha, ein großes Grabmal mit den Namen der Gefallenen vind ein besonderes für Fuscus. Adamklissi würde also der Ort der Niederlage sein und Fuscus nicht nur einmal, sondern zweimal geschlagen

sind nur ungenügend bekannt; vgl. Tacit. Agric. 41, histor. I 2. Sueton Domit. 6. Cass. Dio LXVII 6. Petrus Patric. fr. 4. JordanisGet. §76 ff. Die ungünstige Wen- dung fällt ohne Zweifel erst später als die Rückkehr Agricolas nach Rom (84 n. Chr.) und wird 86/87 n. Chr. zu setzen sein. Vgl. MoMMSEN, Sitz.-Ber. d. Berl. Akad. XXXIX (1903) 817 und Ritterling in den Jahresheftendes österr, Instituts VII Bei- blatt S. 23.

332 Römische Geschichte.

bündeten konnten ihm keinen Zuzug leisten, da im Winter (88/89 n. Chr.), als sie den /Aigefrorenen Rliein überschreiten wollten, das Eis aufbrach. Saturninus wurde, wie es scheint, von den untergermanischen Truppen bald überwältigt und getötet.') An der Südgrenze der Provinz Afrika kämpfte (yn. Suellius Flaccus gegen die Nasamonen mit Erfolg (85 oder 8(> n. Chr.).

Der Kaiser hatte ein ausgeprägtes Majestätsbewufstsein und ließ sich offiziell Herrn und Gott {dominum et deus) nennen. 2) Er wußte zu repräsen- tieren und liebte kostbare Spiele und Bauten; auch der Sold der Truppen wurde erhöht,^) und da die beabsichtigte Verringerung des Heeres sich als unzweckmäßig herausstellte, so mußte die Steuerschraube angezogen werden, was in einigen Teilen des Reiches Unruhen hervorrief. Sein geringes Kriegs- gliick machte den Kaiser eifersüchtig auf die Lorbeeren seiner Feldherren; er bangte um die kaiserliche Autorität und zeigte sehr unerfreuliche Charakter- eigenschaften. Sein Mißtrauen wuchs nach der Empörung des Saturninus, auf die eine Reihe von Untersuchungen und Hinrichtungen folgten. So geriet Domitian, besonders in seinen letzten Jahren (94 96 n.Chr.), mit der Senats- opposition in einen Kampf, dem viele angesehene Männer zum Opfer fielen, wie Herennius Senecio, Junius Arulenus Rusticus und der jüngere Helvidius Priscus. Damit im Zusammenhang steht die erneute Vertreibung der Philo- sophen aus Rom und Italien.-*) Die eigenen Verwandten wurden nicht ver- schont; seine Vettern T. Flavius Sabinus und Flavius Clemens ließ er hin- richten; der letztere wurde mit seiner Gattin Flavia Domitilla der Hin- neigung zum Christentum beschuldigt; Domitilla ging in die Verbannung.^) Aber mit dem Schreckensregiment, das er ausübte, besiegelte der Kaiser den eigenen Untergang. Da selbst seine Gemahlin Domitia^) und die Hof- beamten sich nicht mehr sicher fühlten, so reifte der Plan eines Attentats^. Nachdem man sich in der Person des Konsulars M. Cocceius Nerva einen Nachfolger gesichert hatte, schritt man zur Tat und ließ den Kaiser am 18. September 96 n. Chr. ermorden.

48. Nerva, Traianus, Hadrianus und die Antonine. Der neue Kaiser M. Cocceius Nerva (als Kaiser Imperator Nerva Caesar Augustus), zählte bereits 66 Jahre.'') Seine Regierung begann mit einigen unvermeidlichen Rache- akten;^) Domitians Andenken verfiel durch die f/f//«;/((//'o nteinorioe, die der

') Ritterling, De legionc Rom. X gemina j polis auswandern. Gellius N. A. XV 11, 4. (Diss. Leipzig 1885) 74 f. Westdeutsche ! '•') Die Anklage lautete auf Gottlosigkeit Zeitschr. XII 203f. 218f. Der Besieger des und Judaismus. Auch andere sind unter Saturninushießwohl nicht L.Appius Maxi- dieser Beschuldigung verfolgt worden. musNorbanus(vgl.GR0AG,PW,SupplJ112), Sueton Domit. 15. Cass. Dio LXVII 14. sondern Lappius Maximus. A. v. Doma- Euseb. hist. eccles. III 18, 4. Domitilla szEwsKi,Sitz.-Ber. der Heidelb. Akad. 1918, wurde bekanntlich als eine der ersten 6. Abh., 7 f. unterscheidet ihn von dem christlichen Märtyrerinnen verehrt, nachmaligen Prätorianerpräfekten Demi- «) Sie war eine Tochter des Domitius

tians Norbanus, mit dem ihn die Epit. de Corbulo.

Caes. 11, 10 zusammenzuwerfen scheint 2) Vgl. K. J. Neumann, PW V 1307 f. ^) Nach dem Chattenkrieg. Sueton Domit.

12,1.

••) Sie geschah 94/95 n. Chr. durch ein

GiESEN, De imp. M. Coccei Nervae vita, Bonn 1865. A. Stein, PW IV 133 ff. Er ist geboren am 8. November 30 n. Chr., s. BoissEVAiN zu Cass. Dio LXVIII 4, 2 und L. Holzäpfel, Klio XVII, 1921, 82 tf.

Senatskonsult. Vgl. Walter Otto, Sitz. -Ber. 1 ^) Vgl. Plin. epist. IX 13, der hier von der Bayer. Akad. 1919, 10. Abh. 45 ff. 48. 50. , seiner Rache an Publicius Certus berichtet, Damals mußte Epiktet von Rom nach Niko- j dem Ankläger des Helvidius Priscus.

7. Fünfte Periode : Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 48.) 333

Senat verfügte, der Achtung; aber allzu weit konnte die Reaktion gegen den Vorgänger, der unter den Prätorianern viele Anhänger gehabt hatte, nicht getrieben werden; es kam zu einer großen Meuterei, und Nerva sah sich ge- zwungen, der Garde die beiden Hauptanstifter des Attentats auf Domitian preiszugeben. Um seine Stellung zu befestigen und die Nachfolge zu sichern, adoptierte der kinderlose Greis den Statthalter von Obergermanien, M. Ulpius Traianus (97 n. Chr.). Eine bemerkenswerte Maßnahme gegen die Entvölkerung Italiens traf Nerva mit den sog. Alimentationen, einer großen Stiftung, die er zur Versorgung bedürftiger, kinderreicher Bürger mit Land und zum Unter- halt armer Bürgerkinder bestimmte. Die späteren Kaiser, zunächst Traian, aber auch Privatleute haben diese soziale Einrichtung weiter ausgebaut.') An der Grenze machten den Römern neue Unruhen bei den Germanen am Niederrhein zu schafFen; von Pannonien aus wurden die Sueben mit Glück bekriegt (97 n. Chr.), und Nerva konnte den Titel Germanicus an- nehmen. Er starb schon am 27. Januar 98 n. Chr. und hinterließ den Thron seinem Adoptivsohn Traianus, der aus Italica in Spanien gebürtig, sich schon unter Domitian als Heerführer ausgezeichnet hatte 2) und zum Re- genten väe geschaffen war. Er nannte sich als Kaiser Imperator Caesar Nerva Traianus Augustus. In Köln trat er sein Herrscheramt an. Seine erste Handlung war die Bestrafvmg der meuterischen Prätorianer, deren Rädelsführer er nach Germanien kommen ließ. Zunächst blieb er am Rhein, um die Ordnung der germanischen Angelegenheiten durchzuführen und die Grenze zu schützen. Die Colonia TJlpia Traiana (heute Xanten) bei Vetera und Ulpia Noviomagus (Nymwegen) sind von ihm gegründet. Ferner hat er die Erwerbungen der Flavier, die Taunuslandschaft, Wetterau und Neckar- gebiet abgerundet, militärisch gesichert und durch Straßenanlagen erschlossen. Er baute die Heerstraße von Mainz nach Baden und verband die Donau- und Rheingrenze unmittelbar miteinander.^) Auch an der Donau, wo er den Winter 98/99 n. Chr. zubrachte, befestigte er die Grenze, beendigte den Krieg gegen die Sueben und schloß mit den Germanen Verträge. Dann begab er sich nach Rom, wo er 99 und 100 n, Chr. verweilte und mit aller- hand Reformen beschäftigt war. Vor allem rüstete er zu einem neuen Krieg gegen Decebalus; denn der Friede Domitians wurde als Schmach empfunden, und bereits Nerva scheint an einen Dakerkrieg gedacht zu haben. Schon im nächsten Jahr (101 n. Chr.) eröffnete der Kaiser die Feindseligkeiten. 4)

1) Cass. Dio LXVIII 2. Epit. de Caes. 12, 4. Inschriften s. ILS II nr. 6278. 6509. 6675. Lanckoeonski, Städte Pamphyliens und Pisidiens I 176 f. Vgl. Makquardt, Staatsverwalt. II 137; Hirschfeld, Die kaiserlichen Verwaltungsbeamten^ 212 ff.

') Aurel. Vict. 13, 3, Mommsen, Rom. Gesch. V 189. Ebenso hat er die links- rheinische Heerstraße von Mainz abwärts gebaut. Vgl. den in Koblenz gefundenen Meilenstein im Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschr. 18 nr. 4f. S. SOflf.

Mommsen, Staatsrecht II 955. Kubitschek, I *) Die Dakerkriege Traians sind nur

PW I 1485. B. Laum, Stiftungen in der griech. u. röm. Antike, Leipzig-Berlin 1914, 1112 ff.

2) Geb. am 18. September 58 n. Chr. Vgl. über ihn Dierauer in Büdingers Unter-

mangelhaft bekannt; die Werke, die ihn erzählten, darunter Traians eigene Dar- stellung (H. Peter, Hititoric. Born, fragm. 828), sind verloren, auch der Bericht des Cassius Dio (Buch 68) ist nur in Splittern

Buchungen II f.; Mommsen, Ges. Sehr. IV erhalten. Einen gewissen Ersatz für dies

366 ff. passim. Wichtig für seine Zeit Versagen der literarischen Überlieferung

sind die Briefe und der Panegyrikus des | bietet eine große bildliche Darstellung, die

jüngeren Plinius. \ Reliefs der Traianssäule, die nach Fröhner

;jßj. Römische Geschichte.

üecebalus war ein tapferer Gegner; er hielt sein Volk in guter Zucht, hatte von den Rihnern die Kriegskunst gelernt und fand bei den Nachbarn und selbst auf römischem Gebiet Helfer. Docli dem methodischen Angriff Traians vermochte er nicht zu widerstehen. Das Heer des Kaisers drang in drei Abteilungen in sein Land ein, Decebalus erlag in einer blutigen Schlacht, und als im folgenden Jahr (1<)2 n. Chr.) die römischen Heere sich von allen Seiten der Hauptstadt Sarmizeget^ifusa (Värhely) näherten, unterwarf er sich. Er mußte Waffen und Kriegsmaschinen ausliefern, ebenso die ihm von Domitian gestellten Handwerker, einen Teil seines Landes abtreten und sich zur Heeresfolge verpflichten. Traian nahm den Namen Dacicus an und feierte einen Triumph. Um den Übergang über die Donau zu sichern, ließ er bei dem heutigen Turn-Severin eine feste Brücke bauen. Decebalus hielt nicht lange Frieden; schon 105 n.Chr. brach der Krieg wieder- aus, der mit der Vernichtung der dakischen Selbständigkeit endete. Ein Teil des Volkes fügte sich den Römern, und die früher mit Decebalus verbündeten Nach- barn traten auf römische Seite über. Traians Angriff, der lOB n. Chr. er- folgte, führte daher zu einem vollkommenen Sieg. Die Hauptstadt des Dece- balus (nicht Sarmizegetjl^isa) wurde erobert. Decebalus nahm sich auf der Flucht das Leben. Viele Daker wanderten aus, viele wurden ausgerottet oder weggeführt, Dakien zur Provinz gemacht und mit Veteranen und anderen Kolonisten, vornehmlich aus Kleinasien, i) besiedelt. Sarmizegetjfusa wurde römische Kolonie {colonia Ulpia Traiana)^) Die Provinz erhielt eine Be- satzung. Sie war ein vorgeschobener Außenposten, der vielen Angriffen und Beunruhigungen ausgesetzt war, aber die übrigen Donauprovinzen, besonders Mösien, schützte. Auch diese Landschaften, die seit längerer Zeit stark ent- völkert waren, wurden von Traian mit befestigten Lagern, mit Städten und neuen Bewohnern versehen und dadurch bald ganz romanisiert. Pannonien wurde (107 n. Chr.) geteilt. Die Donaulinie ist seit Traian bei weitem am besten mit Festungen und Besatzungen ausgestattet, während die Rhein- grenze, die bis dahin am stärksten besetzt war, entlastet werden konnte. 3) In ähnlicher Weise hat Traian in Afrika und im Orient die Grenzen befestigt und vorgeschoben. Das östliche Pontosufer Avurde gesichert, die Iberer unterworfen und auch die gelockerte Oberlierrlichkeit über die Bospo- raner wieder hergestellt. Um die Zeit des zweiten Dakerkrieges (106 n.Chr.) wurde das nabatäische Königreich, d. h. die Landschaft von Bostra und Petra, von A. Cornelius Palma erobert und zur Provinz Arabia gemacht.

C. CicHOKius (Die Reliefs der Traianssäule, n. Chr., dessen Erklärung im übrigen um-

2. u. 3. Textbd., 1. u. 2. Tafelbd., Berlin stritten ist. Vgl. Tocilesco, Benndokf und

189(1 1900) hrsg. und interpretiert hat. Niemann, Monument von Adamklissi.Wien

Freilich ist die Erklärung dieses monu- 1895. Cichorius, Die röm. Denkmäler in

mentalen Bilderbuches, wenn keine Nach- der Dobrudscha, BerHn 1904, und die dort

richten zu Hilfe kommen, sehr schwierig zitierte Literatur. Oben S. 331 A. 2.

und führt oft nur zu unsicheren Ej-geb- ') Ein Kolonist aus Mytileue. IG XII 2,125.

nissen. Die Meinungen gehen daher stark ^) Über Dakien vgl. J. Jung, Fasten der

auseinander. Vgl. E. Petersen, Traians Prov. Dacien mit Beiträgen zur römischen

dakische Kriege, Leipzig 1899. 1903. Ein Verwaltungsgeschichte, Innsbruck 1894,

zweites Denkmal hat sicli erhalten in der O. Hirschfelo, Kl. Sehr. 744 ff.

Stadt Tropaeum Traiani beim heutigen ^^ js^oya^gi^ui (j^eufj) wird seit 105 n.Chr. Adamklissi in der Dobrudscha mit dem ^ als befestigtes Lager aufgegeben. Nissen, dakischen Siegeszeichen aus dem Jahr 109 | Bonner Jahrbücher 111/112 S. 85. 92.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 4y.) 335

Der Kaiser war in erster Linie Soldat und Feldherr; tiiclitige Heerführer, wie Lusius Quietus, Laberius Maximus, Licinius Sura, A. Cornelius Palma, Marcius Turbo, standen ihm zur Seite. Er besaß die allgemeine Bildung seiner Zeit,^) war aber ohne tiefere literarische Intei'essen. Dieser Mann der Tat war ein pflichttreuer Regent, der allen Zweigen der Regierung seine Aufmerksamkeit schenkte. Von dem sachlichen Ernst der Geschäftsführung gibt die uns erhaltene Korrespondenz des Kaisers mit seinem Legaten, dem jüngeren C Plinius, während dessen Statthalterschaft in Bithynien (111 113 n. Chr.) einen guten Begriff. Seine kraftvolle Regierung hat einen Zug ins Große. Großartig ist auch die Bautätigkeit, die er in Rom wie in den Provinzen entfaltete;^) zum Schönsten, was Rom besaß, gehörte sein Forum, 113 n. Chr. erbaut, mit der hvmdert Fuß hohen Säule, auf welcher der Daker- krieg dargestellt ist.^) Dem Senat begegnete der Kaiser mit Rücksicht und respektierte dessen Rechte, ohne seiner monarchischen Befugnis das Geringste zu vergeben; er wurde mit dem Beinamen Optlinus ausgezeichnet.'*)

Gegen Ende seiner Regierung (114 n. Chr.) brach ein Krieg mit den Parthern aus, als der Partherkönig Osroes eigenmächtig seinen Brudersohn zum König in Armenien einsetzte. Traian ergriff den Anlaß und erklärte den Krieg; er hofftie, die Parther jetzt demütigen zu können, zumal da sie durch innere Wirren geschwächt waren. Mit Unterstützung der Kaukasos- völker unterwarfen die römischen Heere 114 n. Chr. Armenien und Teile Mesopotamiens. Als der Kaiser eintraf, fand er hier nicht mehr viel zu tun. Er wandte sich 115 n. Chr. gegen Osroes selbst, der dem überlegenen Angriff nur schwachen Widerstand entgegensetzen konnte. Den Winter 115/16 n.Chr. brachte der Kaiser in Antiochien zu, das um jene Zeit (13, Dezember 115 n. Chr.) von einem Erdbeben heimgesucht wurde. 0) 116 n. Chr. ging der Kaiser über den Tigris, eroberte Adiabene und Babylonien, besetzte Ktesi- phon, wo er seinen Thronkandidaten Parthamaspates mit dem parthischen Diadem schmückte, und drang bis an den Persischen Meerbusen vor. Die Landschaft Mesene mit Spasinu Charax fiel in seine Gewalt; er dachte schon an einen Zug nach Indien; Mesopotamien und Assyrien wurden römische Provinzen. Aber Traian konnte seine Erwerbungen nicht behaupten; in Mesopotamien entstand eine Empörung, die ihn zur Umkehr nötigte. Die Empörer wurden zwar besiegt; aber Hatra wurde von Traian vergeblich belagert, und der vertriebene Osroes gewann in seinem Stammland wieder Boden. Als kranker Mann kehrte der Kaiser nach Antiochien zurück. Gleich- zeitig war (115 n. Chr.) ein blutiger Aufstand der Juden in Kyrene los-

*) Er hat die Geschichte seines Dakar- der Senat den Kaisern den Wunsch zu- krieges selbst geschrieben. j zurufen 'felicior Augnsto, melior Traiano',

2) Sein Baumeister war Apollodoros von Eutrop VIII 5, 3. Damaskos. Vgl. Fabricius,PW 12896. Vgl. über Traians Bautätigkeit PausaniasV 12,6.

^) Auch die schönen Bauten vonThamu- gadi (Timgad) in Afrika rühren von Traian her. Ballu, Ruines de Ti)ngad. 2 voll. Paris 1897. 1903.

••) Zwischen dem 10. Dezember 113 und dem 1. September 114 n. Chr. Mommsen, CIL III 7086. Vgl. W.Weber a. S. 336 A. 2 a. O. 7. Noch im 4. Jahrh. n. Chr. pflegte

^) A. V. DoMASZEwsKi, Abhandlungen zur römischen Religion 40 ff. vermutet, das Erdbeben habe schon im Winter 114,15 n.Chr. stattgefunden. Überhaupt ist Über- lieferung und Chronologie des traianischen Partherkrieges vielfach unsicher. Vgl. DiEEAUER a. a. O. I 167. A. v. Gütschmid, Geschichte Irans 140 ff. Boissevain zu Cassius Dio vol. III p. 209.

ßß(5 Römische Geschichte.

ge))roclien, der sich ü])er Ägypten und Kypros') ausdehnte und nur mit einoni Aufgebot gröfserer Streitkräfte unterdrückt werden konnte. Auch die Juden in Mesopotamien nahmen an (heser i]mi)örung teil. Traian selbst wurde auf der Reise nach Rom in Selinus an der kihkischen Küste vom Tod ereilt, August 117 n. Chr.

Ihm folgte sein Verwandter und Landsmann P. Aelius Hadrianus (Im- perator Caesar Traiamis Hadrianus Augustus),^) dem Traian das Kommando der syrischen Legionen anvertraut hatte. Ob der todkranke Traian den von ihm bisher nicht besonders bevorzugten Hadrian zuletzt noch adoptiert und dadurch zur Thronfolge bestimmt habe, oder ob die Adoption lediglich von Plotina, der Gemahlin Traians, vorgetäuscht sei, ist eine alte, angesichts des Widerspruchs der Zeugnisse unlösbare Streitfrage. 3) Die erste Handlung Hadrians galt der Beendigung des Partherkriegs. Fast alle Eroberungen wurden zurückgegeben «nd der status quo ante im wesentlichen wieder her- gestellt; Armenien wurde römischer Klientelstaat unter einem arsakidischen Herrscher. Das Reich brauchte den Frieden; es ist wohl kein Zweifel, daß Traians kriegerische Expansionspolitik über die Ki-äfte des Staates ging. Auch auf anderen Gebieten mußte erst Ruhe geschaffen werden. Der Aufstand der Juden war noch nicht niedergeworfen, die Mauren empörten sich, und in Dakien, an der Donau und in Britannien kam es zu Zwischenfällen an der Grenze. Der neue Kaiser begab sich von Antiochien, wo er die Re- gierung am 11. August 117 n. Chr. angetreten hatte, zunächst nach Mösien und Dakien, befestigte die Grenze,*) beruhigte die Nachbarn und erschien dann 118 n. Chr. in Rom, wo ein Anschlag gegen sein Leben, an dessen Spitze Nigrinus und andere vornehme Männer standen, noch vor seiner An- kunft entdeckt und vom Senat geahndet worden w^ar.^) Hadrian hatte näm- lich unter den einstigen Gehilfen Traians manche Feinde, und seine Nach- folge wurde vielfach ungern gesehen. Der neue Kaiser führte sich mit Akten der Milde ein, namentlich mit einem großen Nachlaß rückständiger

•) Siehe U. Wilcken, Hermes XXVII | Laufbahn bei Dessau, ILS I nr. 308. Vgl.

(1892) 464 flf., MiTTEis-WiLCKEN, Grundzüge j PIRIlOf. A. v. Domaszewski, Jahreshefte

und Chrestomathie der Papyruskunde I ' desösterr. Instituts II (1899) 178. E. Groag,

1,64 f. 12, 27 ff. I Mitteil, des deutscheu archäol. Instituts

■') F. v.Gregokovius, Der Kaiser Hadrian, | in Rom XIV (1899) 268.

3. Aufl., Stuttgart 1884. Otto Th. Schulz, I *) Von Hadrian rührt die Befestigung

Leben des Kaisers Hadrian, Leijjzig 1904. j der Alutalinie im heutigen Rumänien her,

E. Kornemann, Hadrian und der letzte große Historiker von Rom, Leipzig 1905. W. Weber, Untersuchungen zur Gesch. des Kaisers Hadrianus, Leipzig 1907.

2) Hadrian war in Italica am 24. Januar 76 n. Chr. geboren. Er war Traians Mündel

Gr. G. Tocilesco, Fouüles et recherches ar- cheologiques en Boumauie, Bukarest 1900..

'") Die Verschworenen beabsichtigten, wie es heißt, den Kaiser beim Opfer oder auf der Jagd umzubringen. Ihr Haupt war Nigrinus (vermutlich C. Avidius Nigrinus,

gewesen; seine Gattin Sabina war die vgl. PIR 1 188 f.) ; er und andere Mitwisser, Enkelin der Marciana, einer Schwester wie Cornelius Palma, Publilius Celsus und Traians. Es gab eine beachtenswerte Tra- Lusius Quietus, wurden auf Befehl des dition, der zufolge die Adoption Hadrians Senats hingerichtet, wie Hadrian behaup- nicht mehr von Traian vorgenommen, tete, ohne sein Wissen. Vita Hadr. 7. Nach sondern von Plotina gefälscht sei, die den Cass. Dio LXIX 2, 5 f. Avar die Verschwö- Tod des kaiserlichen Gemahls einige Tage rung nur ein Vorwand für die Beseitigung verheimlicht habe. Vgl. Cass, Dio iLXIX 1. der dem neu(Mi Kaiser unbequemen Män- W. Weber a. a. O. 87 ff. Über die Rechts- ner. Vgl. A. v. Premerstein, Das Attentat frage bei der Adoption vgl. St. Brassloff, der Konsulare auf Hadrian, Klio 8. Bei- Hermes 49, 1914, 590 ff. Hadrians frühere heft 1908.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§48.) 337

Steuern für Italien und in geringerem Umfang für die Provinzen. In be- wußtem Gegensatz zu seinem kriegerischen Vorgänger wollte er ein Friede- fürst heißen. Unter Verzicht auf jede Vez'größerung des Reiches, die bei dem Stand der Finanzen und des Heerwesens bedenklich erschien, begnügte er sich mit der Defensive, mit dem Schutz der Grenze; Gi*enzkriege wurden unter ihm z. B. in Dakien und Britannien geführt. Mit großem Eifer be- handelte er die Verwaltung; auf diesem Gebiet hat er und zwar besonders im Finanzwesen neue Wege gewiesen. Unermüdlich bereiste er alle Pro- vinzen des Reiches, um Land und Leute aus eigener Anschauung kennen zu lernen und selbst nach dem Rechten zu sehen. ^) Nach der Durchführung einer zweckmäßigen Heeresreform wurde von Hadrian die erste große Reise angetreten, die von 121 125 n. Chr. währte. Sie führte ihn über Gallien an die germanische Grenze, wo er die Sicherung der rechtsrheinischen Be- sitzungen durch einen Palisaden wall (limes) in der Hauptsache vollendet zu haben scheint, 2) dann weiter nach Britannien; dort ließ er zum Schutz gegen die Kaledonier eine Grenzmauer vom Busen von Solway bis zur Mündung des Tyne qvier über die ganze Insel ziehen.^) Über Gallien und Spanien begab er sich dann nach Afrika; in der Kyrenaika gründete er Kolonien, er besuchte ferner Vorderasien und die Balkanhalbinsel, besonders Griechen- land, wo er 124 n. Chr. eintraf. Seine Lieblingsstadt war Athen, wo er schon im Jahr 112 n. Chr. Archen gewesen war; als Kaiser hat er die alte Theseus- stadt Athen durch die neue Hadriansstadt erweitert;^) auch Delphi und andere Heiligtümer, sowie die verarmten und verödeten Städte des Pelo- ponnes hatten sich seiner Fürsorge zu erfreuen.^) Über Sizilien kehrte er im Lauf des Jahres 125 n. Chr. nach Rom zurück. 128 n. Chr. war er aufs neue in Afrika und inspizierte die Provinz und die Truppenlager,*') 128 n.Chr. trat er eine zweite Reise in den Orient an, über Griechenland den Winter verbrachte er in Athen nach Kleinasien, Syrien und Ägypten. An Stelle Jerusalems gründete er die Kolonie Aelia Capitolina, worüber es noch während seiner Anwesenheit im Osten zu dem letzten großen Aufstand der Juden unter Simon (Barkochba), dem König, und Eleazar, dem Hohen- priester, kam (132 134 n. Chr.). Jerusalem wurde von den Aufständischen besetzt und mußte wieder erobert werden. Erst nach schweren Kämpfen konnte die Empörung niedergeworfen und Aelia neu gegründet werden.'^) Seine Herrscherpflichten hat der kosmopolitisch angehauchte Kaiser in rast-

') J. DüKK, Die Reisen des Kaisers Ha- j 1839 ff. Den Korinthern hat er ein Bad und

drian, Wien 1881. und das S. 336 A. 2 | eine Wasserleitung gestiftet. Pausan. II

zitierte Buch Webers. \ 3,5; VIII 22, 3. Auch S^iarta hat er be-

'^)Hadr.l2,6. InschriftlicheBelegeseiner j sucht CIG I 1348, vgl. 1346. Auch sonst

Anwesenheit und Tätigkeit in Germanien: | gibt es zalilreiche inschriftliche Zeugnisse,

Korresp.-Bl. d.Westd. Ztschr. 15 (1896) 196; z. B. IG IV 1406. 1051 f., die von Weber a.

19(1900)33. Limesl)lattl896 nr.20S.549f. j S. 336 A. 2 a. 0. verwertet sind.

^) Von ihm rührt die Brücke über den **) Er war im Legionslager zu Lambaesis;

Tyne her, der Poxs Aelins, an der Stätte vonderdortanil.Julil28n.Chr.gehaltenen

des heutigen Newcastle. I „Man<)verkritik"sindgror3eResteiiTschrift-

■*) C. Wachsmuth, Die Stadt Athen im lieh erhalten. Vgl.CANTARELLi(<S'^«rf/e(iorH-

Alterthum I 686. | nienfi rli sfoiu'a e diriffo, vol. 19, Roma 1898).

'•') In Delphi war er zweimal Archon. CIL VIII suppl. 18042. Heron de Ville-

richtete auch die Amphiktionie neu ein. 1 fosse, in der Festschrift zu 0. Hirschfelds

Bidl. de (■orresp.hen>'n.XX722 ff. iJber seine 60. Geburtstag, 1903, 192 ff.

Anwesenheit in Thespiae IG VII 1828. | ') Schürer, Gesch. d.jüd.VolkesI^ 562 ff.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 22

338 Römische Geschichte.

loser Tätigkeit vorbildlich erfüllt, wenngleich dieser antike Typus der „Reiz- samkeit" nicht frei war von selbstherrlichen Anwandlungen. Dem Senat gegenüber hielt er sich mit wenig Ausnahmen in den von Traian vor- gezeichneten Bahnen der gesetzmäfäigen Monarchie. Wie sein Vorgänger hat er in Rom und anderswo viel gebaut und restauriert.') Der Philhellene Hadrian, der erste Kaiser mit dem griechischen Philosoi^henbart, hatte Sinn für Literatur, Kunst und antiquarische Studien, und widmete den großen Männern der klassischen Vergangenheit eine aufrichtige Verehrung, ^j Den Geschmack der Zeitgenossen hat der an Widersprüchen reiche Kaiser mit seinen barocken Launen nachhaltig beeinflußt; er hat der archaistischen Richtung zum Sieg verholfen. Gelehrte und Literaten von Ruf befanden sich in seiner Umgebung; er hat sich auch selbst literarisch betätigt.^)

Hadrian hatte keine Kinder. Als ihn eine unheilbare Krankheit befiel, nahm er, um die Nachfolge zu sichern (136 n. Chr.), den L. Ceionius Com- modus unter dem Namen L. Aelius Caesar an Sohnes Statt an, und zog sich bald in seinen prächtigen Landsitz bei Tibur zurück. Aber der prä- sumptive Thronerbe starb vor ihm, woi-auf der Kaiser den T. Aurelius Anto- ninus durch Adoption zum Nachfolger erkor; der Thronanwärter mußte in Ermanglung eigener Söhne, um die Nachfolge weiter zu sichern, seinerseits gleichzeitig den M. AnniusVerus und den hinterlassenen Sohn des Ceionius Commodus, L. Aelius Verus adoptieren (Februar 138 n.Chr.). Wenige Monate später erlöste der Tod den Hadrian von qualvollem Siechtum (10. Juli 138 n. Chr.) in Bajae, und T. Aurelius Antoninus (nach der Thronbesteigung Imp. T. Aelius Caesar Hadrianus Antoninus Augustus Pius genannt) übernahm die Regierung. Er hielt, obwohl von anderer Wesensart als sein Vorgänger, doch unentwegt an dessen friedlicher Politik fest.^) Gegen aufständische Unter- tanen und unruhige Grenzvölker hat er Kriege geführt, in Britannien durch Q. Lollius Urbicus gegen die nördlichen Nachbarn (142 n. Chr.) ; er ließ nörd- lich vom hadrianischen Grenzwall einen neuen zwischen Clota und Bodotria (Clyde und Firth of Forth) errichten. In Mauretanien machte (etwa zwischen 144 und 149 n.Chr.) ein größerer Aufstand ernstliche Kämpfe nötig, in dessen Verlauf die kaiserlichen Heere tief in das Atlasgebiet eindrangen. An der unteren Donau von Mösien aus war Olbia am Borysthenes gegen Skythen- angriffe zu schützen; die Alanen wurden in die Schranken gewiesen; ein Aufstand der Juden und eine Empörung in Achaia und Ägypten werden

1) Das Pantheon in Rom hat seine heu- ; archäol. Instituts, 3. Erg.bd.), Berlin 18i>5.

tige Gestalt unter ihm erhalten.

'^) Wie er z. B. auf das Grab des Alki- biades in Melissa in Phrygien ein Denk-

*) Vgl. SiEVERS. Studien zur Gesch. der röm. Kaiser 173 ff. ; Bossakt und Müller in BüDiNGERS Untersuchungen 11 290 flf.;

mal setzte, oder die Stätte, von der aus G. Lacour-Gayet, Äntonin le pieux et son

einst die Zehntausend Xenophons bei temps, Paris 1888. E. C. Bryant, The reü/n

Trapezunt das rettende Meer begrüßt ! of Anfoiiimis Pius. Cambridge hisiorical esfai/s

hatten, durch Altäre weihte. Athen. XIII VIII. P. v. Rohden, PW II 2493 ff. Wir

574 f. Arrian. peripl. Pont. Eux. 1. j sind über seine Zeit nur mangelhaft unter-

^) Vgl. die o.S. 337 A. 6 angeführte Schrift j richtet, da uns auch die Auszüge aus

von Cantarelli. Die Ruinen seiner Villa ! Cassius Dio im Stich lassen. Denn die

zu Tibur (Tivoli) lassen noch heute den j Regierung des Antoninus Pius war in dem

barocken Geschmack des kaiserlichen Bau- von Xiphilinos benutzten Exemplar des

herrn erkennen. Vgl. H. Winnefeld, Die j Cassius Dio ausgefallen. Oben S. 279 A. 5. Villa des Hadrian bei Tivoli (Jahrb. des

7, Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§48.) 339

erwähnt. Die Hauptsorge des Antoninus Pius galt der Verwaltung; bei aller Sparsamkeit hat er doch nicht gekargt; den Lehrern der Redekunst und Philosophie in den Provinzen setzte er Gehälter aus; in Rom, Italien und den Provinzen hat er viel gebaut und gestiftet,') bei öffentlichen Unglücks- fällen die Not der Gemeinden gelindert. Streng sah er auf eine gereclite Justiz; bewährte Beamte pflegte er lange in ihrer Stellung zu belassen. Seine Redlichkeit, Milde und Pflichttreue verschafften ihm das Vertrauen der Untertanen, und er Avufete seine selbst bei fremden Völkern wirksame Autorität und den Bestand des Reichs zu wahren. So soll er den Parther- könig Vologases III lediglich durch Briefe von der Eroberung Armeniens abgehalten haben.-) Anders als Hadrian, hat Antoninus Pius während seiner Regierungszeit Italien nie verlassen; am 7. März 161 n.Chr. verschied er eines sanften Todes avif seinem Landgut Lorium bei Rom. Das Reich hinterließ er seinem Adoptivsohn M. Aurelius Antoninus.^) Dieser erhob sogleich seinen Adoptivbruder L. Aurelius Verus*) zum Augustus und gab damit das erste Beispiel einer gemeinsamen Herrschaft („Samtherrschaft", wie Mommsen sagt) ; aber das Verantwortungsgefühl des echten Herrschers konnte M. Aure- lius seinem leichtlebigen Mitkaiser nicht einimpfen und so hat er kraft seines moralischen Übergewichts den Kurs der Regierung allein bestimmt: wie sein Vorgänger, aber im Unterschied zu dem Adoptivbruder, hat M. Aurel seine Pflichten ernst genommen; seiner philosophisch vertieften Lebensanschauung, von der das unvergängliche Büchlein „Selbstgespräche" [tä eig eavrov) des kaiserlichen Autors Zeugnis ablegt, ist er auf dem Thron treu geblieben. Dem Senat brachte er wie Antoninus Pius stets die größte Rücksicht entgegen. Man pflegt die Zeit von Nerva bis M. Aurel als die glücklichste Epoche des römischen Reichs zu betrachten, vor allem die Regierung Traians, unter der ein Tacitus sein schriftstellerisches Genie ungehemmt entfalten konnte und die der Panegyrikus des jüngeren Plinius verherrlicht. Diese Auf- fassung ist berechtigt vom Gesichtswinkel des Senats aus, der von einem schweren Druck aufatmete. Denn die Kaiser seit Nerva respektierten den Senat und ließen das Vorrecht des Senators, nur vor das eigene Pairsgericht, nicht vor das Gericht des Kaisers gezogen zu werden, unangetastet. Aber andererseits zeigen sich gerade unter Nerva und seinen Nachfolgern die ersten deutlichen Symptome des Verfalls: zunächst in Italien die Verarmung des Volkes, die zu dem Alimentationensystem Nervas und Traians den leidigen Anlaß bot (oben S. 333). Über die Höhe des Steuerdrucks war im ganzen Reich schon früher geklagt worden. Ein bedenkliches Zeichen ist der große Steuernachlaß Hadrians (oben S. 336 f.), den Antoninus Pius und M. Aurel °)

') Er baute in Eom z. B. das Grabmal und (138 n. Chr.) den Namen M. Aelius Aurelius

den Tempel Hadrians. Vita Anton. Pii 8. Verus Caesar.

-) Vita Anton. Pii 9, 6. Daß Antoninus ■*) Er war, wie oben erwähnt, Solm des

Pius nach Syrien reiste und mit dem von Hadrian adoptierten L.CeioniusCom-

Partherkönig eine Zusammenkunft hatte, modus und führte nach seiner Adoption

wie (nach dem Vorgang von Waddington durch Antoninus Pius den Namen L. Aelius

und A. V. Gütschmid) auch Niese noch an- Aurelius Commodus.

nahm, ist unwahrscheinlich. Vgl. P. v. Roh- ^) Über M. Aureis Steuernachlässe vgl.

DEN, PW II 2508. die spanische Inschrift Ephemeris epigr.

^) Ursprünglich M. Annius Verus ge- VII 385 f. aus dem J. 176,77 n.Chr. nannt, führte er nach seiner Adoption

340 Römische Geschichte.

wiederholten. Finanzielle Schwierigkeiten, die durcli die Art der Steuer- erhebung vermehrt wurden, versetzten auch der Selbstverwaltung der Ge- meinden den Todesstoß, in Italien wie in den Provinzen. Die Kaiser hatten den guten Willen, zu helfen, konnten aber nicht viel ausrichten. Schon begannen die Bürger, sich den lästigen und kostspieligen Gemeindeämtern nach Möglichkeit 7a\ entziehen. Sehr drückend war für viele Provinzen die Aushebung; Feuersbrünste und Erdbebenkatastrophen verschlimmerten die Lage der Gemeinden. In Literatur und Kunst meldet sich die allmähliche Erschlaffung. Die schöpferisclie Kraft droht zu versiegen; an geistloser Nach- ahmung und gekünsteltem Archaismus findet die griechische, besonders aber die immer tiefer sinkende lateinische Literatur ihr Genüge. Die griechischen Klassizisten, die auf lange hinaus den Ton angaben, hatten immerhin noch beachtenswerte Leistvmgen aufzuweisen ; einem Herodes Atticus, Aristeides, Arrianos, Appianos, Lukianos und Pausanias konnte die lateinische Prosa keine ebenbürtigen Vertreter gegenüberstellen. Ein unselbständiger Klassi- zismus wurde auch in der bildenden Kunst Mode.

Die ungestörte Ruhe des Reiches während der quietistischen Herrschaft des Antoninus Pius war nur die Stille vor dem Sturm, der unter M. Aurel losbrach. Schon im zweiten Jahr seiner Regierung fielen die Chatten ins benachbarte römische Gebiet ein, auch in Britannien entstanden Unruhen. Und schon war auch das parthische Gewitter, das sich in dem armenischen Wetterwinkel längst zusammengezogen hatte, zur Entladung gekommen. Der Legat von Kappadokien, P. Aelius Severianus Maximus, erlitt in Ar- menien eine Niederlage von den Parthern, die darauf in Syrien einfielen, wo sie einen zweiten Erfolg errangen. Der Kaiser L. Verus ging nun (162 n.Chr.) mit frischen Truppen nach dem Kriegsschauplatz ab,') überließ aber das tatsächliche Kommando seinen Legaten, unter denen Avidius Cassius hervorragte. Es gelang 163 n. Chr. Armenien zu erobern und die Parther aus Syrien zu verdrängen; der Eviphrat und später auch der Tigris wurden überschritten, Seleukeia und Ktesiphon genommen (165 n. Chr.). Doch auf dem Rückzug dezimierten Hunger und Pest das römische Heer. So ent- schloß man sich zum Frieden, in dem Armenien behauptet und die nächst- gelegenen Landschaften am linken Euphratufer, Osroene und Carrhae, ge- wonnen wurden. Beide Kaiser feierten 166 n. Chr. einen Triumph. Aber die heimkehrenden römischen Truppen schleppten die Pest ein, die dann durch das ganze Reich ihren mörderischen Siegeszug antrat. Inzwischen war an der Donaugrenze ein gefährlicher Krieg ausgebrochen. Lange Zeit hatte dort, seitdem Traian und Hadrian die Grenze befestigt hatten, mit wenigen Ausnahmen Ruhe und friedlicher Verkehr geherrscht; die Ursachen des überraschenden Umschwungs lassen sich nur vermuten. Es haben sich wahrscheinlich nach dem Tod des Pius jenseits der Grenze bedeutendere Wanderungen und Verschiebungen der Völker vollzogen, in deren Aus- wirkung jetzt in Noricum und Pannonien ein schwerer Krieg entstand, unter dessen Druck der Friede mit den Parthern beschleunigt werden mußte. Der Krieg ging von den Markomannen, Quaden und Sarmaten (Jazygen)

') Vgl. dazu Ritterling. Rhein. Mus. LIX (1904) 186 f.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§48.) 341

aus, aber auch andere Stämme, wie die Hermunduren, Vandalen und Lango- barden beteiligten sich zeitweise, und die benachbarten Provinzen, vornehm- hch Dakien, wurden in Mitleidenschaft gezogen. *) Solange Rom noch mit den Parthern zu tun hatte, konnte an eine energische Kriegführung nicht gedacht werden, so daß die Barbaren Gelegenheit hatten, einen verheerenden Einfall ins Reich zu unternehmen. Die Landschaften am oberen und mitt- leren Lauf der Donau wurden bis nach Italien hinein überrannt und Tau- sende von Gefangenen hinweggeführt (167 n. Chr.). Der schlechte Stand der Finanzen und die Folgen der Pestepidemie erschwerten die Verstärkung der Heere. Beide Kaiser gingen (168 n. Chr.) zum Krieg an die Donau ab; während desselben starb L. Verus in Altinum (169 n. Chr.). Erst nach langen, wechselvollen Kämpfen es kam sogar zu neuen Einfällen der Barbaren nach Italien glückte es dem Kaiser M. Aurel durch zielbewußte Ausdauer erst die Markomannen (172 n. Chr.), dann die Quaden und Sarmaten (175 n. Chr.) zur Unterwerfung zu bringen, ihnen einen Grenzstreifen abzunehmen und die Stellung von Truppen zu erzwingen. 2) Gefangene Germanen wurden auf römischem Gebiet zwangsweise angesiedelt und zu Ackerbau und Kriegs- pflicht genötigt. Die Überwältigung der Donauvölker war um so schwieriger, als es gleichzeitig an anderen Stellen des Reichs zu kämpfen gab. Die maurischen Stämme erhoben sich aufs neue und plünderten die spanischen Küstenlandschaften, in Gallien entstand eine Empörung; besonders gefähr- lich war in Ägypten der nationale Aufstand der sog. Bukolen, der räuberi- schen Bewohner des Bukolia (Rinderweide) genannten Nildeltas östlich von Alexandrien, unter Führung eines Priesters Isidoros. Die Aufständischen schlugen die römische Legion und hätten beinahe Alexandreia erobert, Sie wurden erst durch den syrischen Legaten Avidius Cassius überlistet.

Derselbe Mann wurde gegen seinen Willen in die Rolle des Rebellen gegen M, Aurel hineingedrängt. Die Kaiserin Faustina soll nämlich ihm, dem angesehensten Statthalter und General des Orients, 3) für den Fall des Todes ihres erkrankten Gemahls ihre Hand und damit den Thron in Aus- sicht gestellt haben. Auf die falsche Nachricht vom Tod des Kaisers ließ sich Avidius Cassius alsbald zum Kaiser ausrufen und fand vielen Anhang. Die meisten asiatischen Provinzen und Ägypten^) erkannten ihn an. Der Kaiser beschleunigte den Friedensschluß mit den Jazygen uikI eilte selbst in den Orient, Der Usurpator, der nicht mehr zurück konnte, wurde schon

') Die Überlieferung ist wiederum sehr (174 n. Chr.) ereignete sich das berühmte, dürftig und fragmentarisch; vieles muß j auch auf der Marcussäule dargestellte der Vermutung überlassen bleiben. Neben j Regen wunder. Die Römer, von den Fein- die literarischen Nachrichten treten die i den bedroht und von Wassermangel heim- Reliefs der Marcussäule als monumentale gesucht, werden durch ein Gewitter mit Illustration der Ereignisse. Vgl. Petersen, ' Platzregen errettet, nach christlicher Ver- V. DoMASZEwsKi Und Calderini, Die Marcus- 1 sion auf das Gebet der christlichen Sol- säule auf Piazza Colonna in Rom. 128 Tafeln ; daten (der leglo fidminata). Euseb. bist, eccl, mit Text, München 1897. (Mit Beiträgen j V 5. Vgl. Mommsen, Ges. Sehr. IV 498 ff. von Th. MoMMSEN.) Ferner Conrad, Mai'c Au- reis Markomanenkrieg, Neu-Ruppin 1889. V. DoMASZEWSKi, Rhein. Mus. XLV 20. Neue Heidelb. Jahrb. V 107. Serta B«ftelia>ia 8,

^) 172 n. Chr. nahm der Kaiser den Namen Germanicus an. Bei den Quaden

Harnack, Sitz.-Ber. der Akad. zu Berlin 1894, 835 flf.

3) Vgl. P. V. RoHDEN, PW II 2378 ff.

*) U. WiLCKEN, Ostraka I 801 : II nr, 939, F, G. Kenyon, Arch, f, Papyrusforschung VI, 1920, 213 f.

342 Römische Geschichte.

nach dreimonatlicher Herrschaft von seinen Anhängern verlassen und ge- tötet (175 n. Chr.)J) Der Kaiser, der auch Athen V^esucht hatte, kehrtf wieder nach Kom zurück, wo er Ende 176 n. Clir. einen glänzenden Triumph üher die Germanen und Sarmaten feierte. Gleichzeitig erhob er seinen Sohn C'onnnodiis zinn Mitregenten. Schon 178 n. Chr. begab er sich, begleitet von (*ommodus, wieder an die Donau, wo die hart gezüchtigten Markomannen und Quaden von neuem zu den Waffen griff'en. Sie wurden vollständig bezwungen; aber die Absicht des Kaisers, ihr Land zur römischen Provinz zu machen, wurde durch den Tod vereitelt. Am 17. März 180 n. Chr. ver- schied M. Aurel zuVindobona, kurz vor der Vollendung des 59. Lebensjahres. Sein Sohn und Erbe Commodus^) (M.^) Aurelius Commodus Antoninus) führte zunäclist den Krieg weiter, schloß aber bald, ohne das Ziel seines Vaters festzuhalten, auf mildere Bedingungen Frieden mit den Markomannen und Quaden und begnügte sich mit einer Unterwerfung, die nicht von Dauer sein konnte. Schon 180 n. Chr. kehrte er nach Rom zurück. Trotz sorg- fältiger Erziehung führte der unreife Commodus ein unwürdiges Leben; er war das gerade Gegenteil seines pflichttreuen *\^aters. Der Ehrgeiz des jungen Kaisers, der sich mit dem Namen und den Attributen eines römischen Her- cules schmückte, erschöpfte sich in dem Tagesruhm der Arena, wo er als Gladiator und Athlet zu glänzen suchte. Wie er die Politik des Marcus preisgegeben hatte, so schob er auch die bewährten Ratgeber und Kriegs- gefährten des Vaters, z. B. Ti. Claudius Pompeianus, beiseite. Der Garde- präfekt Perennis gewann großen Einfluß, den er durch die Beseitigung seines Kollegen Tarrutenus Paternus noch zu steigern vermochte. Mit dem Senat wußte sich Commodus nicht zu stellen. Ein Anschlag gegen sein Leben, dem seine Schwester Lucilla und seine Gattin Crispina nicht fernstanden, gab Anlaß zu zahlreichen Verfolgungen und Hinrichtungen angesehener Männer (183 n. Chr.). Das Bvihlen des haltlosen Kaisers um die Gunst der Soldateska untergrub die Disziplin. Den Perennis mußte Commodus den meuternden Soldaten opfern (185 n.Chr.).*) Die Macht des Perennis erbte Cleander, ein ehemaliger Sklave, der später bis zum Gardepräfekten auf- stieg.^) Auch diesen Günstling gab Commodus preis; er wurde 189 n. Chr. bei einer Hungersnot durch einen Volksaufstand gestürzt, und nunmehr teilten sich der Kämmerer Eclectus und die kaiserliche Mätresse Marcia, die sich übrigens der Christen annahm, in die Gunst des Commodus. Nach außen hin herrschte im ganzen Ruhe; die Erfolge des Marcus wirkten noch nach. Größere Grenzkriege wurden gegen die Mauren (182 n. Chr.), in Dakien (183 184 n. Chr.) und gegen die Kaledonier in Britannien geführt;

') Allgemeine Anerkennung hat Avidius rische Wert der vita Comniodi. Philologus,

Cassius auch in Asien nicht gefunden; Supplem. IX, 1901, 1 ff.

der Legat von Kappadokien, P. Martius *) Vor der Thronbesteigung führte er

A'erus, erklärte sich gegen ihn und hat den Vornamen Lucius,

vielleicht sein Ende veranlaßt. Ritterling, •*) Vgl. A. Stein, Hermes XXXV. 1900.

Rhein. Mus. N. F. LIX (1904) 196 ff. Die Teil- 528 ff.

iiehmer an der Erhebung wurden vom Kaiser mit möglichster Schonung be- handelt.

*) J. Zürcher, in Büdingers Unter- suchungen I 221 f. Bossart und Müller

ebeudas. II 287 ff. J. M. Heer. Der histo- Dio LXXII 12

) Cleander war bestechlich und betrieb einen schwunghaften Ämterschacher. So konnte es geschehen, daß es im J. 189 n. Chr. 25 Konsuln gab, darunter der nach- malige Kaiser Septimius Severus. Cass.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian, (j? 49.) 348

die letzteren waren in die Provinz eingefallen und hatten eine römische Heeresabteilung vernichtet, wurden dann aber durch den tiichtigen und strengen Legaten L. Ulpius Marcellus zurückgetrieben. Eine Meuterei der britannischen Truppen wurde durch Zugeständnisse, die der eingeschüchterte Commodus machte damals überließ er den unbeliebten Perennis der Rache der Soldaten , gedämpft. In Dakien wurden Erfolge erzielt und eine größere Zahl Unterworfener angesiedelt. Persönlich war der Kaiser feige und ein Feind jeder Anstrengung; gelegentlich erkaufte er den Frieden dvirch Tribute an die Grenznachbarn, i) Auch im Innern herrschten schlimme Zu- stände; in Italien bildeten sich Räuberbanden, auch Gallien wurde von Banden heimgesucht, den sog. desertores, Heimatlosen, die sich aufs Räuber- handwerk verlegten. Durch seine sinnlose Verschwendungssucht und seine Leidenschaft für öffentliche Spiele leerte der Kaiser die Staatskassen. Er produzierte sich selbst als Gladiator, nahm in der Gladiatorenkaserne Woh- nung und gedachte von hier aus in Fechtertracht am 1. Januar 193 n. Chr. das Konsulat anzutreten. Vergebens suchte ihn seine Umgebung zurück- zuhalten; der Gardepräfekt Q. Aemilius Laetus, der sein eigenes Leben ge- fährdet sah, ließ im Bund mit Marcia und Eclectus den verächtlichen Kaiser in der Neujahrsnacht ermorden, 31. Dezember 192 n. Chr.

49. Septimius Severus und sein Haus. Aemilius Laetus erhob nach dem Tod des Commodus einen Konsular von schlichter Herkunft, aber be- währter Tüchtigkeit auf den Thron, den Stadtpräfekten P. Helvius Pertinax, der sich unter Kaiser Marcus im Markomannenkrieg, später in Britannien ausgezeichnet hatte. '^) Er fand beim Senat 3) und im Reich*) Anerkennung. Pertinax entfaltete sofort eine wohlgemeinte Reformtätigkeit; seine Haupt- sorge galt der Ordnung der Staatsfinanzen, deren trostloser Zustand ihn zur Sparsamkeit nötigte. Die Soldaten und besonders die Prätorianer waren mit dem Kaiser, der auf straffe Zucht hielt, höchst unzufrieden. Der Prä- fekt Aemilius Laetus machte mit den Prätorianern gemeinsame Sache und so wurde Pertinax schon am 28. März 193 n. Chr. von ihnen ermordet.^) Die Garde in Rom erhob nun den M. Didius Severus Julianus, der die Krone von ihr meistbietend ersteigerte, ß) Aber Didius Julianus vermochte sich

') Dieses Mittel, die Ruhe zu erhalten, *) Über die sehr verspätete Landes-

haben freilich auch bessere Kaiser nicht feier für das neue Kaiserhaus s. den Pa- verschmäht. pyrus bei Mitteis -Wilcken, Grundzüge

-) Fluss, PW Suppl.bd. III 895 if. Vgl. u. Chrestomathie der Papyruskunde I 2 zum Folgenden O. Th. Schulz, Beiträge nr. 490. Übrigens lehnte Pertinax den zur Kritik unserer litt. Überl. für die Zeit Augustatitel für seine Gemahlin ab, woran von Comm.' Sturze bis auf den Tod des sich indes die Provinzialen nicht kehrten. . . . Caracalla, Diss. Leipzig 1903. Die von Vgl. nächste Anm.

A. V. DoMASZEWSKi (Rhein. Mus. 53, 1898, '=) Sein gleichnamiger Sohn heißt auf

689) geäußerte, von Schulz weiter aus- Inschriften und Münzen Caesar (z. B. ILS geführte Vermutung, daß von den Ver- j I nr. 410) gegen den Wunsch des zurück- schwörern gegen Commodus Septimius Severus von Anfang als Kaiser in Aus- sicht genommen worden sei, wurde von Niese abgelehnt, aber von J. Hasebroek, LTnters. z. Gesch. des Kaisers Sept. Sev., Heidelberg 1921, 17 akzeptiert.

^) Vgl. das Senatsprotokoll vita Com- modi 18 f., ein echtes Stück unter den zahl- losen Fälschungen der Historia Augusta.

haltenden Vaters (Cass. Dio LXXIII 7, 2), dessen Sturz er überlebte, um erst von Caracalla beseitigt zu werden, Herodian IV 6, 3.

^) Um die Wette mit ihm bot T. Flavius Sulpicianus, den sein kaiserlicher Eidam Pertinax zum Stadtpräfekten gemacht hatte.

;^44 Römische Geschichte.

nicht einmal in der Hauptstadt überall durchzusetzen, geschweige denn bei den Heeren in den Provinzen. In Antiocheia wurde der Legat von Syrien, C. Pescennius Niger, der auch in Rom Anhänger hatte, auf den Schild ge- hoben, in Carnuntum der Statthalter von Oberpannonien, L. Septimius Severus, ') der aus Lei:)tis in Afrika stammte, übrigens aus einem längst romani- sierten und in die Senatslaufbahn eingetretenen Geschlecht. Septimius Severus marschierte unverzüglich gegen Kom, indem er sich zum Rächer des Pertinax aufwarf. Mit dem Inhaber des dritten großen Kommandos, mit D. Clodius Albinus, dem Statthalter Britanniens, konnte sich Septimius Severus dadurch verständigen, daß er ihn adoptierte und ihn unter Verleihung des Caesartitels zum Nachfolger designierte.''') Ohne Mühe bemächtigte sich Severus der Reichs- hauptstadt; die Prätorianer wagten keinen Widerstand. Didius Julianus wurde vom Senat zum Tod verurteilt und hingerichtet (I.Juni 193 n.Chr.). Dann huldigte der ohnmächtige Senat dem Septimius Severus, der sich nun mit seiner ganzen Land- und Seemacht gegen Osten wandte, um mit Pescennius Niger abzurechnen. Versuche, einen Vergleich zwischen den Rivalen herbei- zuführen, waren gescheitert; so wurde denn der Bürgerkrieg unvermeidlich. Niger war in allen asiatischen Provinzen, sowie im Nilland 3) anerkannt. Nach anfänglichem Zaudern griff er nach Europa hinüber, wo sein Feldherr Asellius Aemilianus Byzanz besetzte. Weiterem Vordringen gebot der An- griff des Severus Halt. Sein Heer setzte nach Kyzikos über, wo es zur Schlacht kam. Aemilianus wurde besiegt und getötet. Durch den Erfolg gewann Severus bereits manche Anhänger in Asien, und nachdem auch Niger selbst in einer zweiten Schlacht den Generalen des Severus erlegen war, fiel diesem ganz Vorderasien bis zum Taurus zu. Endlich wurde Niger nochmals in einer großen Schlacht bei Issos geschlagen und auf der Flucht zu den Parthern ereilt und getötet (Herbst 194 n. Chr.). Jetzt unterwarf sich der ganze Osten des Reichs dem Severus,'*) der über die Parteigänger des Besiegten strenges Gericht ergehen ließ. Das feste Byzanz konnte jedoch erst Ende 195 n. Chr., im dritten Jahr der Belagerung, zur Übergabe ge- zwungen werden. Syrien wurde nach Nigers Sturz in zwei Provinzen zerlegt.^) An den Kampf gegen Niger schloß Severus einen Krieg mit den Par- thern an, die seinen Nebenbuhler unterstützt hatten. Der Euphrat wurde überschritten und das nördliche Mesopotamien bis zum Tigris erobert (195 n. Chr.). Die wichtige Stadt Nisibis diente als Basis für weitere Operationen, die indes eingestellt werden mußten, da Clodius Albinus dem auf die Dauer unmöglichen Einvernehmen Severus hatte bereits ein Attentat auf seinen Caesar versucht ein Ende machte. Albinus legte sich den Augustustitel bei und setzte mit den britannischen Legionen nach Gallien über, wo er in Lugudunum seine Residenz aufschlug. So war abermals der Bürgerkrieg da. Aus dem Orient marschierte Severus durch die Donauprovinzen'') auf

^) Vgl. die S. 343 A. 2 zitierte Arbeit ^) U. Wilcken, Griech. Ostraka aus Äg.

von Hasebroek. u. Nubien I, Leipzig 1899, 803.

^) Vgl. O. HiRscHPELD, Kl. Sehr. 411 ff. ^) In Ägypten wird schon am 21. Fe-

Albinus blieb Statthalter von Britannien. bruar 194 n. Chr. nach Severus datiert.

Gegen Hirschfelds Annahme (a.a.O. 418), ^ Wilcken, Griech. Ostraka I 803.

es sei ihm überdies ein „Oberaufsichtsrecht ! '") S. unten S. 362.

über Gallien und Spanien" verliehen wor- j ^) InViminacium an der Donau ernannte

den, erklärt sich Hasebroek a. a. 0. 27. | er im Frühjahr 196 n. Chr. seinen ältesten

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§49.) 3-15

kürzestem Weg nach dem Westen, wo sich in Gallien und Germanien be- reits manche Truppenteile und Bezirke auf seine Seite schlugen.') In zwei Schlachten maßen sich die Gegner; in der zweiten, bei Lugudunum, erlitt Albinus nach wechselvollem Kampf schließlich eine völlige Niederlage, die er nicht überleben mochte (19. Februar 197 n. Chr.). Der Sieg machte den Severus zum Herrn auch des Westens. Zahlreiche Parteigänger des Albinus, darunter auch Senatoren in Rom, büßten mit dem Tod. Konfiskationen großen Stils wurden in Gallien und sonst im Reich vorgenommen. Anfänglich hatte Severus den Rächer des Pertinax, dessen Namen er vorübergehend führte, gespielt: aber schon im Jahr 195 n.Chr. führte sich der Emporkömmling durch fiktive Adoption in das erlauchte Haus der Antonine ein; er nannte sich Sohn des Marcus, Bruder des Commodus.^)

Nach dem Bürgerkrieg kommen wieder die äußeren Feinde, die Parther, an die Reihe (zweiter Partherkrieg 197 199 n. Chr.). Ihr König Vologases IV hatte die Kampfpause zu einem Angriff auf Mesopotamien, Armenien und Syrien benutzt. Jetzt trieb Kaiser Severus die Parther zurück und brachte dem von ihnen belagerten Nisibis Entsatz. Severus setzte den Fuß auch über den Tigris. Seleukeia ergab sich, Ktesiphon wurde erstürmt (Ende 197 n. Chr.). Dagegen scheiterte ein zweimaliger Vorstoß gegen Hatra. Schließ- lich bequemten sich die Parther zu einem Friedensschluß, in dem sie zu Roms Gunsten auf Mesopotamien verzichteten, das künftig wie Ägypten von Statthaltern aus dem Ritterstand verwaltet wurde. 3) Severus verweilte noch längere Zeit im Orient; er besuchte auch Ägypten, wo Unruhen aus- gebrochen waren. Erst im Jahr 202 n. Chr. betrat der Kaiser die Reichs- hauptstadt wieder.

Wie Vespasian hatte auch Septimius Severus die schwere Aufgabe, das durch Mißwirtschaft des Vorgängers und blutige Bürgerkriege zerrüttete Reich wiederherzustellen. Dazu bedurfte es großer Geldmittel, die er durch die erwähnten Konfiskationen aufbrachte; die Anhänger des Niger und des Albinus mußten die Niederlage ihrer Herren teuer bezahlen. Severus war ein tatkräftiger Herrscher von starkem Pflichtgefühl. Seine Regierung macht in mehr als einer Hinsicht Epoche. Er hat die monarchische Gewalt stärker betont und die Vorrechte des Senats zugunsten der Ritter namentlich im Heeresdienst eingeschränkt. Den Soldaten, denen er ja den Thron verdankte, galt vor allem seine Gunst; er erhöhte den Sold, hob ihre soziale Stellung und gestattete ihnen z. B. die Ehe; aber einem weniger energischen Herr- scher konnte die verwöhnte und immer stärker barbarisierte Soldateska leicht über den Kopf wachsen. Die prätorischen Kohorten hat Severus gleich nach seinem Einzug in Rom (193 n. Chr.) aufgelöst; an ihre Stelle trat eine Garde, die sich aus zuverlässigen Leuten aller Truppen ohne Rücksicht auf die Nationalität rekrutierte; damit warder italische Charakter der Garde preis- gegeben, wie auch die Italiker ihrer militärischen Vorrechte verlustig gingen."*)

Sohn, den achtjährigen Bassianus zum ; a. a. O. 89 ff.

Caesar, vita Severi 10,3. ^) Über diese Partherkriege vgl. A.v.Gut-

') O. Hirschfeld, Kl. Sehr. 426 ff.

2) ILS I nr. 422. 423. Folgerichtig er- zwang Severus zugleich die nachträgliche Konsekration desCommodus, s. Hasebroek

scHMiD, Gesch. Irans 151 ff'.

••) Oben S. 289 f. A. v. Domaszewski, Die Rangordnung des röm. Heeres, Bonner Jahrbücher 117, 1908, 88.

U6

Römische Gesdchte.

if dem Albanerberg, ein Legions- ;nm des Kaisers, die Privilegien ^rovinzen die volle Gleichberech- - einer Stadt, zur Kaiserstadt zu Bautätigkeit; er ließ auch einen

Überdies wurde in nächster Nähe Rom- standlager errichtet. Es war das Pri Eoms und Italiens zu beseitigen und '1 tigung zu gewähren.^) Um Rom _ machen, entfaltete er dort eine !• neuen Stadtplan aufnehmen, von dem löte erhalten sind. 2) Auch litera- rische Interessen hegte der Kaiser, der -p)st seine Memoiren aufzeichnete. 3) Die von Pertinax angebahnte Trennunk les kaiserlichen Privat^qgögens {res privata) von dem unter kaiserhch^^ Verwalti hat Severus durchgeführt.*) Als der nü' :e am mit einer Machtvollkommenheit, die ar e Ta torianerpräfekt C.FulviusPlautianus. d- lit Der älteste Kaisersohn war sein Eidan id d lieh zum Opfer (Anfang 205 n. Chr.).°i I - ein der große Rechtslehrer Aemihus Kaiser mit seinen beiden Söhnen Norden, die Kaledonier und hatte, zu unterwerfen. In müh zwungen und die hadrianische sie sich abermals. Über neuen Kaiser der Tod in Eburacum ( Er hinterheß die Herrscha Antoninus,^) dem früheren Bassi und dem ebenfalls noch bei Leb ernannten P. Septimius Geta. zwang Caracalla, dem Willen als gleichberechtigten Augustui tannien wurde schleunigst liqu kaiserlichen Brüder nach Rom sich gehaßt und ihre Zwietrac zwei Lager. Die feindlichen Reichs gedacht haben. Eine 212 n. Chr. ließ Caracalla de der Syrerin Julia Domna, von Brudermord folgte die Hinrii Opfern war auch der Prätori dessen Andenken der Acht seinen unwürdigen Passionen führte seine Mutter, die schon

') 0. Htrschfeld, Die kaiserl. tungsbeamten- 480 ff.

-) H. .Joedan, Forma urbis Romae. 1874. EicHTER, Topographie der Rom 1. 61.

') H. Peter, Historie. JRomanorum fr 329 f.. Historie. Romanorum reliquio p. CLXXVIir. 118.

*) 0. HiEscHFELD a. a. 0. 20 ff.

'") Nach dem Chronic. Paschale am -l-l.

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7. Fünfte Periode: Di^ gerzeit bis auf Diokletian. (§49.)

3-47

4

Caracalla warb vor allem um er auf Kosten der Steuerzah graben. Weder als Heerführ währt. ^) Bald herrschte wied» zum wenigsten im Interesse r] strich das römische Vollbürse (212 n. Chr.). Denn nur die I vermehrte, durften zur Erbse brachte diese sog. Constitutio . eingeleiteten Nivellierungsproz- vor den Provinzen nichts mei

213 n. Chr zog Caracalla in- barn wieder regten. Am Ober bund der Alamannen. Der I\ Limes in Germanien ein uii' D< eh bald schloß er einen Fri' ^ufte.^) Im nächsten Jahr lu im Krieg mit den dorti m Orient, wo ihn die A leiden Söhne des Parther V, sich gegenseitig den für ein Eingreifen Koni {Osten völlig unter römi>< Jiegeslaufbahn Alexander - förmlichen Kult trieb \\\. Den Winter 214: 15 n. < lurch Asien weiter.") A

höngeistige Interessen: am schrieb Philostratos da- lllonios. Philostr. vit. Ap'-^ SEK. Vgl. Mary Gilm. W: Journ. of archeology VI. !*•" ': ihr in Athen erwiesene; T. Pkemersteln-. Jahreslit häol. Instituts XA^I. l'.'i; ,. Rettung" Caracallas ^ üLZ, Der römische Kaisi ig 1909.

vürzte griechische Übersee 'enden Ediktes, der coi , hat sich auf einem Gi efunden. Alle freien 11 mit Ausnahme der dediticii erhalten gerrecht. Unter den pfsteuerpflichtigen / P. M. Meyer in den ßen Bd. I nr. 40. S.2'.' KEN. Grundzüge u. ' apyruskunde I 1. •>> >77. P. M. Meyeb. Jur n 1920, nr. 1. De hellis ah Antoni)f

4unst der Soldaten. Ihren Sold erhöhte Die militärische Disziplin wurde unter- och als Regent hat Caracalla sich be- alte Finanzelend, und es geschah nicht skus, wenn Caracalla mit einem Feder- t allen freien Reichsangehörigen verlieh r. deren Zahl sich so mit einem Schlag Steuer herangezogen werden. Zugleich nnia}ia den schon von früheren Kaisern einem gewissen Abschluß. Italien hatte raus. 2)

1 an die Donaugrenze, wo sich die Nach- erscheint damals zuerst der neue Völker- drang 213 n. Chr. über den rätischen apfte gegen Alamannen und Chatten.^) den er durch Geschenke und Jahrgelder n. Chr. finden wir ihn an der unteren Grenzvölkern. ^) Von da begab er sich lier und die Parther beschäftigten. Da rs Vologases V, Vologases VI und Arta- n streitig machten, so schien der Augen- astig zu sein. Caracalla träumte davon, iotmäßigkeit zu bringen. Ihm schwebte Großen vor, mit dessen Andenken er a er selbst in Tracht und Haltung nach- verbrachte er in Nikomedien^) und zog in Antiochien erschien, fügte sich Volo-

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callo in Germania et Sarmatia gestis, Diss. Breslau 1866 ; B. Bockhoff, De expeditionibus M. Aureh'i Antonini Caracalli. Diss. Münster 1868: Alkütn- Holländer. Die Kriege der Alamannen mit den Römern im dritten .Jahrh. n.Chr.. Karlsruhe 1874. Carl Schnei- der. Beiträge zur Gesch. Caracallas. Diss. Marburg 1890. Für einen germanischen Sieg Caracallas opferten die Arvalbrüder am 6. Oktober 213 n. Chr. in Rom. Acta fratrum arvalitim ed. Henzek p. 193. ILS I nr. 451. Limesblatt von 1897 nr. 25 S. 688 fif.

*) Man behauptet, daß die Jahrgelder, die er den Grenznachbarn zahlte, ebenso hoch gewesen seien, wie der Sold der Truppen. Cass. Dio LXXVIII 17. 3.

'") Es werden die Karpen genannt, die damals zuerst in derGeschichte erscheinen. A. V. DoMASZEwsKi. Korresp.-Bl. d. Westd. Zeitschr. XIX (1900) 146. Rhein. Mus. N. F. LVII (1902) 506 flf.

^) In seinem Gefolge befand sich der Senator Cassius Dio, der in seinem Ge- schichtswerk LXXVII 17 das Treiben des Kaisers schildert,

^) Bull.de corr. hellen. XiOG.ill: XI 92.

:U6

Römische Geschichte.

Überdies wurde in nächster Nähe Roms, auf dem Albanerberg, ein Legions- standlagcr errichtet. Es war das Programm des Kaisers, die Privilegien Roms und Italiens zu beseitigen und den Provinzen die volle Gleichberech- tigung zu gewähren.!) Um Rom ganz zu seiner Stadt, zur Kaiserstadt zu machen, entfaltete er dort eine lebhafte Bautätigkeit; er ließ auch einen neuen Stadtplan aufnehmen, von dem Reste erhalten sind. 2) Auch litera- rische Interessen hegte der Kaiser, der selbst seine Memoiren aufzeichnete. 3) Die von Pertinax angebahnte Trennung des kaiserlichen Privatvermögens (res privata) von dem unter kaiserlicher Verwaltung stehenden Staatsgut hat Severus durchgeführt.*) Als der nächste am Thron schaltete lange Zeit mit einer Machtvollkommenheit, die an die Tage Seians erinnert, der Prä- torianerpräfekt C.FulviusPlautianus, der mit zur kaiserlichen Familie zählte. Der älteste Kaisersohn war sein Eidam und dessen Intrige fiel er schließ- lich zum Opfer (Anfang 205 n. Chr.).^) Der eine Nachfolger Plautians wurde der große Rechtslehrer Aemilius Papinianus. 208 n. Chr. begab sich der Kaiser mit seinen beiden Söhnen nach Britannien, um die Grenzvölker im Norden, die Kaledonier und Maaten, von denen die Provinz viel zu leiden hatte, zu unterwerfen. In mühseligen Kämpfen wurden die Barbaren be- zwungen und die hadrianische Grenzsperre erneuert. Aber bald erhoben sie sich abermals. Über neuen Rüstungen überraschte den gichtleidendeu Kaiser der Tod in Eburacum (York) am 4. Februar 211 n. Chr.

Er hinterließ die Herrschaft seinen beiden Söhnen, dem M. Aurelius Antoninus,'') dem früheren Bassianus, der den Übernamen Caracalla^) führte, und dem ebenfalls noch bei Lebzeiten des Vaters zum Caesar und Imperator ernannten P. Septimius Geta. Der Druck der Umgebung und des Heeres zwang Caracalla, dem Willen des toten Vaters gemäß den jüngeren Geta als gleichberechtigten Augustus neben sich zu dulden. Der Krieg in Bri- tannien wurde schleunigst liquidiert; noch im Jahr 211 n.Chr. kehrten die kaiserlichen Brüder nach Rom zurück. Von Kindesbeinen an hatten sie sich gehaßt und ihre Zwietracht spaltete den Hof und die Hauptstadt in zwei Lager. Die feindlichen Brüder sollen an eine förmliche Teilung des Reichs gedacht haben. Eine Versöhnung war unmöglich und schon Anfang 212 n. Chr. ließ Caracalla den Bruder in den Armen der Kaiserinmutter, der Syrerin Julia Domna, von gedungenen Centurionen erschlagen. Auf den Brudermord folgte die Hinrichtung zahlreicher Freunde Getas; unter den Opfern war auch der Prätorianerpräfekt Papinianus. Von dem Mitregenten, dessen Andenken der Acht verfiel, befreit, überließ sich Caracalla zumeist seinen unwürdigen Passionen; einen großen Teil der Regierungsgeschäfte führte seine Mutter, die schon bei ihrem Gatten Severus viel vermocht hatte. 8)

') O. HiESCHFELD, Die kaiserl. Verwal- tungsbeamteu- 480 ff".

^) H. Jordan, Forma urbis Romae, Berlin 1874. EiCHTER, Topographie der Stadt Rom 1. 61.

^) H. Peter, Historie. Romanorum fragm. 329 f.. Historie. Romanornm reJiquiae II p. CLXXVIir, 118.

••) O. HiESCHFELD a. 3. O. 20 ff.

*) Nach dem Chronic. Paschale am 22. Ja-

nuar 203. in Wahrheit zwei Jahre später. Vgl. E. Bormann. Bull. deW institnto 1867, 218 f. und Hasebroek a. a. O. 136 ff".

6) Vgl. P. V. Rohden, PW II 2484 ff.

') earncaUa heifät der gallische Umhang mit Kapuze, den in veränderter Form der Kaiser mit Vorliebe trug und auch beim Heer einführte.

s) Sie führt seit 195 n. Chr. den Ehren- namen mater ca.itrorimi. ILS I nr.425 f. Sie

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. i'§ 49.) 347

Caracalla warb vor allem um die Gunst der Soldaten. Ihren Sold erhöhte er auf Kosten der Steuerzahler. Die militärische Disziplin wurde unter- graben. Weder als Heerführer noch als Regent hat Carucalla sicli be- währt, i) Bald herrschte wieder das alte Finanzelend, und es geschah nicht zum wenigsten im Interesse des Fiskus, wenn Caracalla mit einem Feder- strich das römische Vollbürgerrecht allen freien Reichsangehörigen verlieh (212 n. Chr.). Denn nur die Bürger, deren Zahl sich so mit einem Schlag vermehrte, durften zur Erbschaftssteuer herangezogen werden. Zugleich brachte diese sog. Constitufio Antotntiiana den schon von früheren Kaisern eingeleiteten Nivellierungsprozeß zu einem gewissen Abschluß. Italien hatte vor den Provinzen nichts mehr voraus. 2)

213 n. Chr zog Caracalla ins Feld an die Donaugrenze, wo sich die Nach- barn wieder regten. Am Oberrhein erscheint damals zuerst der neue Völker- bund der Alamannen. Der Kaiser drang 213 n. Chr. über den rätischen Limes in Germanien ein und kämpfte gegen Alamannen und Chatten. 3) Doch bald schloß er einen Frieden, den er durch Geschenke und Jahrgelder erkaufte.*) Im nächsten Jahr 214 n. Chr. finden wir ihn an der unteren Donau im Krieg mit den dortigen Grenz Völkern.^) Von da begab er sich in den Orient, wo ihn die Armenier und die Parther beschäftigten. Da die beiden Söhne des Partherkönigs Vologases V, Vologases VI und Arta- banos V, sich gegenseitig den Thron streitig machten, so schien der Augen- blick für ein Eingreifen Roms günstig zu sein. Caracalla träumte davon, den Osten völlig unter römische Botmäßigkeit zu bringen. Ihm schwebte die Siegeslaufbahn Alexanders des Großen vor, mit dessen Andenken er einen förmlichen Kult trieb und den er selbst in Tracht und Haltung nach- äfPte. Den Winter 214/15 n. Chr. verbrachte er in Nikomedien '^) und zog dann durch Asien weiter.'') Als er in Antiochien erschien, fügte sich Volo-

hatte schöngeistige Interessen ; auf ihren [ callo in Germania et Sarmatia gestis, Diss.

Wunsch schrieb Philostratos das Leben t Breslau 1866 ;B. Bockhoff, De eT^<;(??Y/OHi&?<s

des Apollonios. Philostr. vit. Apoll, p. 4, 2 l M. Aurelil Äntonini CaracaUi, Diss. Münster

ed. Kaysek. Vgl. Mary Gilm. Williams, 1868; Alkuin Holländer, Die Kriege der

AmericatiJourn. of arcJieoIog)/Yl,1902,2b9ff. Alamannen mit den Römern im dritten

Über die ihr in Athen erwiesenen Kult- Jahrh.n.Chr., Karlsruhe 1874. Carl Schnei-

ehren s. A. v. Peemerstein, Jahreshefte des der, Beiträge zur Gesch. Caracallas. Diss.

österr. archäol. Instituts XVI, 1913, 249 ff. Marburg 1890. Für einen germanischen

^) Eine „Rettung" Caracallas versucht Sieg Caracallas opferten die Arvalbrüder

O. Th. Schulz, Der römische Kaiser Cara- calla, Leipzig 1909.

^) Die gekürzte griechische Übersetzung

am 6. Oktober 213 n. Chr. in Rom. Ada fratrum arvalium ed. Henzen p. 193. ILS I nr. 451. Limesblatt von 1897 nr. 25 S. 688 ff.

des betreffenden Ediktes, der constitutio ■*) Man behauptet, daß die Jahrgelder,

Antoniniana, hat sich auf einem Gießener . die er den Grenznachbarn zahlte, ebenso

Papyrus gefunden. Alle freien Reichs- ; hoch gewesen seien, wie der Sold der

angehörigen mit Ausnahme der sehr Truppen. Cass. Dio LXXVIII 17, 3.

zahlreichen dediticü erhalten das rö- [ ^) Es werden die Karpen genannt, die

mische Bürgerrecht. Unter den dediticü 1 damals zuerst in derGeschichte erscheinen,

sind die Kopfsteuerpfliehtigen zu ver- A. v. Domaszewski. Korresp.-Bl. d. Westd.

stehen. Vgl. P. M. Meyer in den Griech. Zeitschr. XIX (1900) 146. Rhein. Mus. N. F.

Papyri zu Gießen Bd. I nr. 40, S. 29 ff. 164 f. LVII (1902) 506 ff.

Mitteis- WiLCKEN, Grundzüge u. Chresto- ^) In seinem Gefolge befand sich der

mathie der Papyruskuude I 1, 55 ft\ II 1, Senator Cassius Dio, der in seinem Ge-

288 ff*. II 2 nr. 377. P. M. Meyer, Juristische Papyri, BerHn 1920, nr. 1.

^) P. NiSLB, De belHs ab Antonino Cara-

schichtswerk LXXVII 17 das Treiben des Kaisers schildert.

') Bull, de corr. /?c//<'«. X 406. 417; XI 92,

348 Römische Geschichte.

gases den römischen Forderungen. Der Krieg wurde also aufgegeben, und der Kaiser wandte sich nach Ägypten (215 n. Chr.), wo er die Alexandriner, die sich ihm schon früher als Anhänger Getas verhafat gemacht hatten, seinen Zorn fühlen ließ. Eine Revolte wurde im Blut erstickt und Alexan- dreia nach grausamem Kriegsrecht l^ehandelt.') Bereits im nächsten Jahr ist Caracalla auf einem neuen Kriegszug gegen Armenien und die Parther begriffen. Inzwischen hatte Artabanos überVologases obgesiegt; der römische Kaiser begehrte die Hand der Tochter des neuen Partherkönigs in der Ab- sicht, durch dieses Heiratsprojekt beide Reiche in seiner Hand zu vereinigen. Als Artabanos dieses Ansinnen zurückwies, eröffnete der verschmähte Eidam kurzerhand die Feindseligkeiten,''^) und da die Parther nicht vorbereitet waren, so drang Caracalla, ohne auf Widerstand zu stoßen, über den Tigris in Adia- bene und die Landschaft von Arbela ein (216 n. Chr.). Aber die Parther sammelten jetzt ihrerseits ein großes Heer. Als der Kaiser im nächsten Jahr aus den Winterquartieren in Mesopotamien gegen die parthische Über- macht ins Feld ziehen w^ollte, wurde er am 8. April 217 n. Chr. auf dem Weg von Edessa nach Carrhae ermordet.^)

Den Mord hatte der Gardepräfekt des Kaisers M. Opellius^) Macrinus angestiftet. Er hatte um sein eigenes Leben gebangt und war deshalb dem Kaiser zuvorgekommen. Drei Tage nach der Tat wurde er zum Imperator ausgerufen und in Rom und bei den Heeren anerkannt.^) Wie er sein Amt als Präfekt mit Redlichkeit und Umsieht verwaltet hatte, so bekundete er auch auf dem Thron den besten Willen. Er ist der erste Kaiser aus dem Ritterstand; seinen erst neunjährigen Knaben M. Opellius Antoninus Dia- dumenianus erhob er zum Caesar.*^) Macrinus brachte zunächst den Parther- krieg, für den Rom nicht genügend gerüstet war, zum Abschluß. Wenn auch die Parther die ihnen gebotene Hand fürs erste ausschlugen und Waffen- erfolge erfochten, so ließen sie sich doch schließlich gegen ansehnliche Geld- zahlungen zu einem Frieden herbei, der keine wesentlichen Gebietsverände- rungen brachte. Auch an der dakischen Grenze sicherte Macrinus durch Nachgiebigkeit den bedrohten Frieden. Innerpolitisch versuchte er einige

') Vielleicht hatten die Alexandriner den 1 ') Über Caracallas Ermordung vgl. A.

kaiserliehen Zorn auch dadurch heraus- | v. Domaszewski, Rh. Mus. LVII(1902)506ff.

gefordert, dafs sie sich der beabsichtigten [ *) Opellius (nicht Opilius) ist die richtige

Aushebung widersetzten. Herodian IV durch Inschriften und Münzen gesicherte

9, 4 ff. Man kann ferner einen Zusammen- Form dieses Namens. Er stammte aus

hang mit den in Ägypten damals herr- Mauretanien und war als Präfekt, wie es

sehenden Mißständen vermuten. Die ge- scheint, Nachfolger des Papinianus.

plagte und bedrückte bäuerliche Bevöl- kerung der yMoa, der „Provinz", entzog sich nämlich ihrem harten Los nicht selten

^) Die Vermutung von B. Keil, Nachr. der Gott. Ges. der Wiss. 1905, 321 ff., daß die fälschlich dem Aristides zugeschrie-

durch die Flucht nach der „Stadt'', nach bene Rede «cjöV/ö«-^.«« auf Macrinus gehalten

Alexandrien. Die Ausweisung dieser Ele- sei, ist von E. Groag, Studien zur röm.

mente, der „wahren Ägypter", verfügte Kaisergeschichte, Linz 1918, 13 ff. wider-

Caracalla in einem Erlaß, dessen Wort- legt. Groag bezieht die Rede auf Philippus

laut durch einen Gießener Papyrus be- Arabs,

kannt wurde. Mitteis -Wilcken, Grund- züge u. Chrestomathie der Papyruskunde I 1, 61. I 2 nr. 22.

^) F. W. Drexler, Caracallas Zug nach

In Ägypten wird nach Vater und Sohn datiert. Greek papijri of fhe Brit. Mus. p. 93. Preisigke, Griech. Papyri der kais. Univ.- Bibl. Straßburg I 14. Macrinus führt den

dem Orient, Diss. Halle 1880. Beinamen Severus.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§49.) 349

Reformen: er hob dinickende Steuern auf und reduzierte die von Caracalla bewilligten Solderhöhungen. Dadurch entfremdete er sich die Soldaten, auf deren Huld er doch angewiesen war; unter den Legionen Syriens begann es zu gären. Noch lebten dort Angehörige des severischen Hauses. Zwar hatte Julia Domna, die Witwe des Severus, nach dem Tod ihres Sohnes Caracalla ihren politischen Sturz nicht überleben mögen ; aber deren Schwester Julia Maesa lebte noch im Genuß eines großen Vermögens in Emesa. wohin sie von Macrinus verwiesen war. Von den beiden Töchtern der Maesa, Soaemias und Mamaea, besaß die ältere, Soaemias, aus ihrer Ehe mit Varius Marcellus einen vierzehnjährigen Sohn, Varius Avitus Bassianus. der damals Priester des Sonnengottes Elagabal in Emesa war; dieser Jüngling wurde nun auf Betreiben eines gewissen Eutychianus von den Soldaten als M. Aurelius Antoninus zum Kaiser ausgerufen (16. Mai 218 n. Chr.) und fand bald allent- halben Geltung. Vergebens suchte Macrinus sich zu behaupten; er wurde vor Antiochien geschlagen (S. Juni 218 n. Chr.) und auf der Flucht in den Westen in Kalchedon ergriffen und getötet: sein Sohn Diadumenianus, der sich zu den Parthern begeben wollte, erlitt das gleiche Schicksal. Der Thronwechsel war in einigen Provinzen, namentlich in Ägypten, von Un- ruhen begleitet.

Der neue Kaiser, der sich nur auf die Soldaten stützte, zog durchVorder- asien und die Donauprovinzen nach Rom, wo er 219 n. Chr. eintraf; der weichliche Orientale, eine Sultansnatur, der jeder Begriff von römischer Würde abging, führte ein bizarres und ausschweifendes Leben.') Er brachte den Kultus des Sonnengottes mit und nannte sich selbst sacerdos a^nplissi- mus dei invicti Solls Elagabali; so erklärt sich sein Beiname Elagabal. Die Regierungsgeschäfte führte die ehrgeizige Großmutter des Kaisers, Julia Maesa, die, zur Augusta erhoben, das Ziel erreichte, das einer Agrippina vorgeschwebt hatte; sie nahm offiziell an den Senatssitzungen teil. Das skandalöse Treiben ihres Enkels ging sogar der von ihm verwöhnten Solda- teska zu weit und gefährdete die Dynastie; deshalb mußte Elagabal im Jahr 221 n. Chr. seinen allgemein beliebten, nur um wenige Jahre jüngeren Vetter Alexianus oder Bassianus adoptieren, den Sohn der Mamaea, der unter dem Namen M. Aurelius Alexander zum Caesar und Mitregenten er- hoben wurde. 2) Elagabal, der den ihm verhaßten Mitregenten gerne beseitigt hätte, wurde schließlich selbst von den Soldaten erschlagen, erst achtzehn Jahre alt (März 222 n. Chr.).^) Nunmehr trat der junge M. Aurelius Severus Alexander die Regierung allein an.^) Er zählte noch keine vierzehn Jahre, hatte eine sorgfältige Erziehung genossen und war eifrig bestrebt, seine Pflicht zu tun und die Fehler seiner Vorgänger gut zu machen; aber die Aufgaben, vor die er sich gestellt sah, gingen weit über die Kräfte des

') Der Kettungsversuch, den J. S. Hay, The amazing emperor. Heliog., London 1911, unternahm, ist nicht geglückt.

2) Den Augustustitel, der auf Papyrus- urkunden ihm beigelegt wird, hat er da- mals noch nicht erhalten. Abusiver Ge- brauch des Titels läfst sich auch bei Cara- calla, Geta und dem Sohn des Maximinus Thrax nachweisen. Vgl. Thiele a. Anm.4

a. 0. 57 und Hönn A. 118.

*) Vgl. Cass. Dio LXXIX 39, 1 ; LXXX

3, 3. Ettore Calligabi, yota cronologica ' quando ahhia comhiciafo a regnare Älessandro Sevcro, Padova 1896.

*) W. Thiele, De Serero AJe.raudro itnp., Berlin 1909. K. Hönn, Quellenunters, zu den Viten des Heliog. u. des Sever. Alex., Leipzig u. Berlin 1911.

;}5(J Römische Geschichte.

wohlmeinenden, aber unselbständigen Jünglings, dei* sich auch in späteren Jahren niclit von weiblicher Bevormundung, wie sie eine Zeitlang noch seine Großmutter Julia Maesa") und beständig seine Mutter Mamaea aus- übten, zu befreien vermochte; letztere war Mitregentin und erhielt dieselben Ehren und Titel wie früher Julia Domna. Mit besonderer Auszeiclinung wurde der Senat behandelt; sechzehn seiner Mitglieder bildeten als Rat- geber des jungen Kaisers einen besonderen Regentschaftsrat und auch in dem juristisdi tätigen consiliuni principh (Staatsrat) war das senatorische Element vertreten;-) die maßgebende Rolle in diesem Staatsrat, dem sie als Prätorianerpräfekten angehörten, fiel den großen, aus dem Ritterstand hervorgegangenen Rechtsgelehrten, dem Domitius Ulpianus, dem Lehrer des Herennius Modestinus, und dem Julius Paulus zu. Der Krebsschaden war die Zuchtlosigkeit der Soldaten, die Caracalla großgezogen hatte. Es scheint, daß unter Severus Alexander die militärischen Ausgaben eingeschränkt wurden, was bei den Truppen viel böses Blut machte. Es kam mehrfach zu gefährlichen Meutereien, in den Provinzen wie in Rom, wo der wegen seiner Strenge verhaßte Ulpian von seinen Prätorianern unter den Augen des Kaisers ermordet wurde. Durch hohe Donative suchte Severus Alexander die Empörer zu besänftigen. Die Truppen, die der Staatskasse so teuer zu stehen kamen, leisteten nur wenig und mißhandelten überdies die Unter- tanen. Dabei herrschte Mangel an Soldaten; ihm durch die Ansiedlinig von Barbaren auf römischem Boden abzuhelfen, w^ar ein gefährliches, aber un- entbehrliches Mittel. Rom brauchte ja ein starkes Heer, um seine Grenzen zu decken.

Denn besonders im Osten geriet der Bestand des Reiches in ernste Ge- fahr, als im Partherreich eine neue kriegerische Dynastie emporkam. 3) Die Arsakiden, längst durch unauf hörhche Thronstreitigkeiten geschwächt, mußten einem neuen Fürstengeschlecht weichen. Ardaschir (Artaxerxes), Sohn des Pabak,*) Fürst im eigentlichen Persien, stürzte nach längeren Kämpfen den letzten Arsakiden Artabanos und machte sich zum Herrscher des Reichs; er gründet die Dynastie der Sasaniden (224: oder 227 n. Chr.).^) Die Arsa- kiden behaupteten sich nur in Armenien. Mit dem Aufstieg der Sasaniden war ein nationaler und religiöser Umschwung verbunden; die Religion Zarathustras wurde in vermeintlich alter Reinheit wiederhergestellt, und der Hellenismus der Parther durch den „Iranismus" verdrängt.*') Unter den neuen Herrschern entfaltete das Reich ein höheres Maß von Stoßkraft als früher, und die Selbständigkeit der. einzelnen Landschaften trat hinter der zentripetalen Bewegung zurück. Die Sasaniden bedrohten alsbald die römi-

') Maesa starb um 226 n. Chr. Vgl. Thiele Th. Nöldeke, Tabaris Gesch. der Araber

a. a. O. 67. und Perser zur Zeit der Sasaniden, Leyden

^) Der Senator Cassius Dio, 229 n. Chr. 1879. Aufsätze zur persischen Geschichte Mitkonsul des ihm geneigten Kaisers Seve- " (Leipzig 1887) SiS f.

rus Alexander, legt in seinem Geschichts- *) Daher der Beiname Babekan.

werk (LH l-l ff.) dem Maecenas seine eige- '") Benannt nach Sasan, dem Vorfahren

uen Ideen über eine Reform der Monarchie des Ardaschir. Sasan war Priester. Vor-

in den Mund. Vgl. P. Meyer, De Maecenatis steher des Feuertempels der Anaitis bei

oratione a Diane fcta, Diss. Berlin 1891. Persepolis (Istachr).

Ed. Schwartz, PW III 1719 f. ^) Vgl. E. Korxemann bei Gercke-Norden,

^) Vgl. A.v. GuTscHMiD, Gesch. Irans 156; Einl. in die Altertumswiss. III"'' 298 ff.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. •")().) 35^

sehen Grenzen; man wollte Mesopotamien zurückerobern und dachte sogar an eine Wiederherstellung des alten persischen Reiches. J]s gelang den Persern, die zuchtlosen, zum Teil verräterischen römischen Truppen aus Mesopotamien zu verdrängen; sie rückten weiter sogar in Syrien und Kappa- dokien ein (231 n. Chr.), Severus Alexander mußte selbst gegen die Perser zu Felde ziehen. Die Berichte über seinen Feldzug sind ungenügend und widerspruchsvoll. 1) Die Römer drangen mit drei Heeren vor, deren mitt- leres der Kaiser selbst befehligte (232 n. Chr.). Wenn es auch gelang, den Angriff der Perser zurückzuwerfen und sie in ihre früheren Grenzen zu verweisen, so w^aren doch die Verluste der Römer sehr schwer, und da zu- gleich andere Gefahren drohten, 2) so mußte Severus Alexander den Perser- krieg einstellen. Vor allem war es geboten, den Angriffen der Germanen auf die Rhein- und Donaugrenze zu begegnen. Ohne daß ein formeller Friede mit den Persern zustande gekommen wäre, kehrte Severus Alexander, der sich immerhin als Sieger betrachten konnte, nach Rom zurück; dann begab er sich nach sorgfältiger Rüstung an den Rhein (234 n. Chr.), wo er sein Hauptquartier in Mainz aufschlug. Nach verschiedenen Unternehmungen mit wechselndem Erfolgt) wurden (Winter 234/35 n. Chr.) Unterhandlungen angeknüpft, um den Frieden mit den Germanen wiederherzustellen; wie es schon unter Caracalla geschehen war, hat man dabei mit Geschenken nicht gespart. Dies Paktieren mit den Barbaren untergrub das Ansehen des un- kriegerischen Kaisers. Auch seine Sparsamkeit und die Abhängigkeit von der Mutter erregten das. Mißfallen der Soldaten. Ein beliebter und bewährter Troupier, C. Julius Verus Maximinus, wurde zum Imperator ausgerufen und als solcher von der ganzen Armee anerkannt. Maximinus ließ den Kaiser und dessen Mutter Mamaea ermorden (Februar oder März 235 n. Chr.).^) Mit Alexander erlosch die severische Dynastie. Die Usurpation des Maxi- minus führte über das Reich eine Periode endloser Wirren herauf.

50. Kaisertum, Reich und Provinzen. Hier sei zunächst ein kurzer Überblick über das Kaisertum vind seine Leistungen, über Bestand und Lage der Provinzen wie des Reichs eingeschaltet.

Der Prinzipat, das kaiserliche Amt hatte sich seit seiner Begründung durch Augustus immer mehr zur eigentlichen Monarchie entwickelt.^) Man hatte sich an die Alleinherrschaft, die mit Recht als Notwendigkeit em- pfunden wurde, längst gewöhnt; Volk, Heer und Provinzen wollten von einer Wiederkehr der Senatsherrschaft nichts wissen; seit dem Ende des Gaius ist daher die Monarchie nicht mehr in Frage gestellt worden. Nach dem Sturz des julisch-claudischen Kaiserhauses haben die Flavier, vor allem

1) Herodian VI 5 f. Zonaras XII 15. Vita j für die Thronbesteigung Maximins ergibt Alexandri Severi 55 ff. G.Krebs, De Seren' die Inschrift CIL VI 2001, Z. 13, aus der

Alexandri hello contra Persas gesto, Düssel- dorf 1847.

*) Dazu gehört die Seeräuberplage im Mittelländischen Meer. A. v. Domaszewski. Rhein. Mus. LVIII 381.

^) Auf einer in Beuel gefundenen In- schrift wird ein römischer bieg erwähnt.

hervorgeht, daß der neue Kaiser am 25. März 235 n. Chr. in Rom anerkannt war. Das Andenken Alexanders und seiner Mutter wurde geächtet, ihr Name auf den Denkmälern getilgt.

") MoMMSEN, Rom. Staatsrecht II 2. O. Hirschfeld, Die kaiserlichenVerwaltungs-

NissEN, Bonner Jahrb. 103 S. 110. i beamten bis auf Diocletian, 2. Aufl. Berlin

*) Einen sicheren termiuus ante quem 1905.

352

Römische Geschichte.

Domitian, später die Severer den monarchischen Charakter des Regiments mit wachsendem Nachdruck betont. Der Senat, der einstige Mitrogent und Teilhaber der „Dyarchie", sah sich in Verwaltung und Heerwesen allmäh- lich mehr und mehr zurückgedrängt; sogar auf seinem eigensten Gebiet war der Einfluß des Senats im Schwinden begriffen; ohne Zweifel haben sich selbst die sog. Senatskaiser, ein Nerva, ein Traian und deren loyale Nachfolger, die den Senat an den Regierungsgeschäften Anteil nehmen liefsen, weit monarchischer gebärdet, als vordem Augustus oder Tiberius.') Auch der äußere Umfang des vom Kaiser verwalteten Reichsgebiets hat zugenommen; die kaiserlichen Provinzen übertreffen die senatorischen an Zahl wie an Ausdehnung. Wenn auch der Senat als Körperschaft, als Re- präsentant der obersten sozialen Schicht, sowie als Träger einer Jahrhunderte alten Überlieferung und besonders als das stabile Element der Verfassung den w^echselnden Herrschergestalten gegenüber eine nicht zu unterschätzende Bedeutung besitzt, so mufs er sich doch wohl oder übel als gefügiges Werk- zeug in den Dienst des Kaisertums stellen, gegen das er nicht regieren kann. Immer mehr macht sich die kaiserliche Gewalt und Gerichtshoheit selbst in Rom, Italien und den Senatsprovinzen geltend. Seit Septimius Severus, der zuerst eine Legion als Besatzung in die Nähe Roms gelegt hat, nennen sich die Kaiser auch in Italien Prokonsul, 2) während nach älterem Recht die prokonsularische Gewalt sich nur auf die Provinzen er- streckt. Der titulare Ausdruck der Monarchie wird bestimmter; durch Hadrian wird der Name Caemr^ bisher das allgemeine Prädikat der ganzen regierenden Familie, auf den Mitregenten und designierten Nachfolger als solchen ausschließlich übertragen, womit der Begriff Caesar seinen besonderen staatsrechtlichen Inhalt bekommt. 3)

Der Kaiser übt seine Gewalt aus durch eine zahlreiche Berufsbeamten- schaft, deren Gliederung während der ersten anderthalb Jahrhunderte in Anlehnung an die von der Republik übernommenen senatorischen Amter durchgeführt wurde. Die kaiserlichen Amter werden in der Hauptsache Privileg des Ritterstandes. Dies gilt auch von den Haus- und Hofämtern, deren Wichtigkeit für die Reichsregierung zuerst unter Claudius deutlich in die Erscheinung trat. Sie wurden anfangs von den kaiserlichen Freigelassenen eingenommen, fielen aber allmählich den Rittern zu und verloren so den Cha- rakter des persönlichen kaiserlichen Dienstes. Epochemachend war für die Entwicklung des römischen Reichsbeamtenstandes die Regierung Hadrians. Nach Rang und Gehalt abgestuft bildet sich parallel der längst bestehenden senatorischen eine ritterliche Ämtercarriere mit der Präfektur von Ägypten und der Prätorianerpräfektur an der Spitze. Der Prätorianerpräfekt ist der Stellvertreter des Kaisers und wird insonderheit mit der Ausübung der höchsten Gerichtsbarkeit betraut. Der Ritterstand findet auch in die Offiziers- stellen des Heeres Eingang; das Legionskommando bleibt allerdings mit einigen Ausnahmen noch längere Zeit den senatorischen Legaten vorbehalten ; erst Septimius Severus hat mit diesem Vorrecht des Senatorenstandes ge-

*) Der jüngere Plinius redet in seinen Tiberius ein Unding gewesen wäre. Briefen an Traian den Kaiser in der Regel 2) Vgl. E. Stein, Klio XII, 1912, 392 flf.

mit domine an, was unter Augustus oder *) Mommsen, Rom. Staatsrecht II, 1082 ff.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 50.) 353

brocken: aber schon unter den ersten Kaisern treten neben die Offiziere der senatorischen Kangklasse solche aus dem Kitterstand.

Unter den Ländern, die das Reich ausmachen, i) nimmt ItaHen als Sitz der herrschenden Bürgerschaft eine bevorzugte Stellung ein. In Form der Gemeindeverfassung sollte Italien sich selbst verwalten, unter Aufsicht des Senats und des Kaisers. Erst Augustus hat die Grenzen Italiens endgültig festgesetzt; das cisalpinische Gallien wurde in sie einbezogen; nach Westen bildete der FIuFb Varus die Grenze, gegen Osten wurde Istrien bis Pola noch hinzugerechnet: Augustus hat auch das gesamte Gebiet mit Ausnahme der Stadt Rom in elf Bezirke oder Regionen geteilt, die Vorläufer späterer Provinzen. 2) Seit Augustus kann Italien fast ohne Einschränkung als latei- nisches, national in sich geschlossenes Territorium gelten. Die Wurzeln seiner Kraft ruhen gerade in den jüngsten Annexen, in dem oberitalischen, einst überwiegend gallischen Gebiet. Hier und in den angrenzenden Strichen Mittelitaliens ist die Bevölkerung am dichtesten, sind die Städte am zahl- reichsten; neben Mediolanium, Ticinum, Cremona, Verona nimmt in der früheren Kaiserzeit Patavium durch Reichtum und Einwohnerzahl den ersten Platz ein. Das schon seit langem entvölkerte Unteritalien wieder zur Blüte zu bringen, blieb den Kaisern trotz allen Bemühungen versagt.^) Selbst die Umgegend Roms war verödet, nur Kampanien mit Neapel behauptete seinen früheren Stand; im übrigen waren in der augusteischen Zeit unter den alten griechischen Städten nur Rhegion und Tarent noch von einiger Bedeutung. Die Freiheit der italischen Gemeinden war durch das kaiser- liche Aufsichtsrecht über die Landstraßen von Anfang an eingeengt. Aber auch sonst ließ sich die Selbstverwaltung nicht aufrecht erhalten; es rissen seit Nerva namentlich in der Finanzverwaltung und der Rechtspflege Miß- bräuche ein, die schließlich unter M. Aurelius im Jahr 163/164 n. Chr."*) zu der Institution der iuridki führten; diese iuridici sind vom Kaiser er- nannte Richter im Zivilprozeß; allmählich erweiterten sich ihre Befugnisse zu einem Aufsichtsrecht auf Kosten der Selbstverwaltung der Gemeinden ihres Sprengeis.

^) Zum Folgenden vgl. vor allem Momm- tannischen, Bd. 3 mit Supplement die öst- SENS Eömische Geschichte Bd. V. Das sta- licheuProvinzeumitEinschluß der Donau- tistische Material mit den Belegen und landschaften (bis Eätien), Bd 8 mit Sup- der neueren Literatur findet sich bei Mar- I plement die afrikanischen. QUARDT, Rom. Staatsverwaltung I'^ 216 ff", i ^) Plinius hist. nat. III 46. Zu welchem

Einzelne Teile behandeln Camille Jullian, Les tra)isfor))iations politiques de l'ItaJie sous les emperews Bomains, Paris 1883; E. Hüb- NEK, Rom. Herrschaft in Westeuropa, Berlin 1890; J. Jung, Die romanischen Land- schaften des röm. Reiches, 2. Aufl., Inns-

Zweck diese Einteiknig ursprünglich ge- trofi^en wurde, ist unbekannt. Vielleicht sollte sie der Aushebung dienen.

^) Die Ansiedlungen von Veteranen hatten keine rechte Wirkung. Über die Erfahrungen, die man in Tarent und An-

bruck 1886. Als Quellen kommen in Be- tium machte, vgl. Tacit. ann. XIV 27. In tracht die Geograiihie Strabons und die j Italien muß es an unbebautem Land nicht geographischen Bücher des Plinius hist. gefehlt haben. Das beweisen die Ansied- nat. III V, sowie die Geographie des ! lung von Kriegsgefangenen durch Marcus Ptolemaevxs. Reiches Material bieten die | Aurelius (S. 341) und noch deutlicher die verschiedenen Bände des CIL. Bd. 2 mit i Verordnung des Pertinax, der das un- Supplement enthält die spanischen In- | bebaute Land jedem in Kultur zu nehmen Schriften, Bd. 12 die der narbonensischen \ gestattete. Herodian. II 4, 6. Vgl. auch Provinz, Bd. 13 umfaßt die drei Gallien ] Sueton. Domit. 9. und die beiden Germanien, Bd. 7 die bri- *) Vgl. Rosenberg, PW X 1148.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 23

354 Römische Geschichte.

Erst in der Kaiserzeit wurde Kom zu der imposanten Weltstadt, von deren Glanz und Pracht nocli lieute die Kuinen zeugen. Nach dem Vorbild der hellenistischen Großstädte des Ostens haben (he Kaiser die Reichs- hauptstadt um die Wette mit kostspieligen Luxus- und Nutzbauten, mit Tempeln, Thermen und anderen Anlagen geschmückt. Nach den Schöp- fungen des Augustus gaben große Brände') z.B. unter Nero und Titus (64 und 80 n. Chr.) Anlaß zu großzügiger Bautätigkeit. Die Flavier, ferner Traian, Hadrian und seine Nachfolger ließen viel bauen, ebenso Septimius Severus und seine Dynastie. Die Grenzlinie der Stadt im engsten Sinn, das Pomerium, wurde wiederholt, so von Claudius und Vespasian vorgerückt. ''') Die Verwaltung der Haupt- und Residenzstadt wird überwiegend kaiserlich. Der vom Kaiser bestellte Stadtpräfekt {praefectus urhi) wurde bald die maß- gebende Instanz; mit der Polizei geht die Kriminalgerichtsbarkeit auf ihn über. Die republikanischen Amter verändern ihr ursprüngliches Wesen; schon unter Augustus beginnt eine Entwicklung, in deren Verlauf die Volks- tribunen und Adilen zu hauptstädtischen Beamten werden: unter Severus Alexander gehen die genannten Amter tatsächlich ein, und es bleibt nur der Titel. Auch die Prätoren verlieren viel von ihren früheren Befugnissen: sie haben die hauptstädtischen Spiele auszurichten, während sie die Gerichts- hoheit zum großen Teil dem Kaiser und seinen Beamten überlassen müssen. Die Bevölkerung der Weltstadt ist aufs bunteste zusammengewürfelt; selbst die römische Bürgerschaft, die nach den fünfunddreißig Tribus gegliederte plebs Bomaiia, Avird von fremden Elementen durchsetzt; beständig strömen nach Rom aus allen Provinzen Ausländer, von denen die Juden schon früh ein ansehnliches Kontingent stellen.

Die Provinz Sizilien, die früher ganz griechische Insel, ist nach der Be- siegung des Sex. Pompeius durch Augustus infolge von späteren Koloni- sationen in der Hauptsache lateinisch geworden, hat sich also an Italien angeglichen. Sardinien und Korsika waren noch unter Augustus und Tiberius nicht völlig beruhigt:^^) unter kaiserlicher Verwaltung machte die Befriedung der Einheimischen im Innern der beiden Inseln Fortschritte. Durch An- siedlung von Kolonisten wurde das italische Element und die lateinische Sprache gefördert.

Die spanischen Provinzen der Pyrenäenhalbinsel hat, wie schon er- wähnt (S. 299), erst Augustus endgültig dem Reich einverleibt und für die Dauer beruhigt. Noch unter diesem Kaiser wurde von den beiden schon vorhandenen Provinzen als dritte Lusitanien abgezweigt.^) Die spanischen Stämme wurden zum Heeresdienst stark herangezogen. In denjenigen Ge- bieten, die schon lange römisch waren, namentlich in der jenseitigen Provinz, der Baetica, haben sich frühzeitig Italiker niedergelassen und lateinische Sprache und Zivilisation verbreitet. Schon zu Caesars Zeit hatten sich viele römische Bürger dort seßhaft gemacht. Die Stadt Gades, der Caesar das

') P. Werner, De incendiis urhi.-i Romae (>. Hirschfelds 0(h Geburtstag 221 f. Die aetate hnperatonmi, Diss. Leipzig 1906. Bildung einer besonderen Provinz Lusi-

'')RicHTER,Topographied. Stadt Rom 53 flf. tanien hat sich schon unter der letzten

3) Tacit. ann. II 85. Strabo V 224 f. *) E. KoRNEMANN in der Festschrift zu

Verwaltungsära des Pompeius vorbereitet.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. öO.) 355

Bürgerrecht verlieh, ist in augusteischer Zeit wohl die gröfjte aul^eritalische römische Stadt mit fünfhundert Bürgern von Ritterrang. i) In der dies- seitigen Provinz haben schon Sertorius und Pompeius als Pioniere der Latini- sierung gewirkt, später hat Augustus in ganz Spanien diese Kulturarbeit in zukunftsreichen Gründungen methodisch fortgesetzt vmd rascli vollzieht sich des weiteren die Bildung städtischer Gemeinwesen. Schon Vespasian war in der Lage, sämtlichen spanischen Gemeinden das latinische Recht zu bewilligen. Die Zahl der ländlichen Stammverbände war in rascher Ab- nahme begriffen.^)

Unter den gallischen Provinzen nimmt die älteste, die Narbonensis. eine Sonderstellung ein.^) Schon Caesar hat sie von dem übrigen Gallien los- getrennt, und diese Scheidung wurde definitiv, als die Narbonensis 22 v. Chr. im Austausch gegen Illyrien vom Kaiser auf den Senat überging. Gleich nach der ersten Eroberung hatte die Latinisierung begonnen, der die Koloni- sationen des Diktators Caesar und des Augustus kräftigen Vorschub leisteten. Neben dem alten Narbo wurden die Kolonien Arelate, Forum Julii (Frejus),. Aquae Sextiae (Aix) u. a. gegründet, dazu Gemeinden latinischen Rechtes,, wie Nemausus (Nimes), und das gallische, rasch latinisierte und zur Kolonie erhobene Vienna. Von dem städtischen Leben, das hier aufblühte, legen noch heute erhaltene Bauwerke Zeugnis ab. Jene Gründungen geschahen zum Teil auf Kosten des alten Massalia, das sich von der Katastrophe der Eroberung durch Caesar niemals erholt hat. Augustus hat die ehrwürdige Stadt wenigstens einigermafsen entschädigt: sie bewahrte als eine Pflegstätte höherer griechischer Kultur und feinerer Bildung ihren Rang, der sie über die von ihr beeinflußte gallische Umwelt emporhob.

Wesentlich anders ist die Gliederung des großen Galliens, nämlich der drei gallischen Provinzen, die zusammen eine besondere Einheit bildeten (oben S. 295).^) Hier ist nach der augusteischen Ordnung nicht die Stadt- gemeinde, sondern der Stamm {cirifas) die Grundlage der Provinzialverwal- tung. Wohl gab es auch hier Städte und zwar recht ansehnliche, aber sie waren dem Stamm untergeordnet. Natürlich hat die römische Regierun,«- die großen Klientelverbände aufgelöst und die früher mächtigen Stämme geschwächt, die schwächeren von der Abhängigkeit befreit.") Die Gegen- sätze und Streitigkeiten der Stämme untereinander überdauerten indes noch lange die römische Eroberung und wurden nicht selten akut. Aus der Stammverfassung erklärt sich die Erscheinung, daß die Hauptorte in vielen Fällen ihren eigenen Namen verloren und den Stammnamen annalimen, wie

') Strabo III 109. 1876—1893. Fustel de Coülanges, Ulstoive

2) Dies zeigt der Vergleich der Statistik des instihdions poJit!que.'< de Vancienne France, der tarrakonensischen Provinz bei Plinius revue par C. Jüllian I (Paris 1891) 65 If. {III 18 ff.) und Ptolemaeus (Geogr. II 5). Zu den nationalen Eigentümlichkeiten der Die 114 ländlichen Gemeinden des Plinius drei Gallien gehört auch das Wegemaß, sind bei Ptolemaeus auf 27 zusammen- die leuga: sie mißt 1' 2 Milien oder 2,22 km. geschrumpft. 5) Damit wird zusammenhängen, daß der

3) L. Herzog, (ialJiae Xarbonensis pro- frühere Hauptort der Aeduer. Bibracte, vinciae hi^toria.descr/ptio etc. Leipzig 1864. verschwindet und durch das neue Augu- O. HmscHFELu, Kl. Sehr. 19 ff. stodunum ersetzt wird, und ähnlich bei

^) E. Desjardins, Geographie historlque et den Arvernern Gergovia durch Augusto- administrative de la Gaule Romaine, Paris nemetum. O. Hirschfeld. Kl. Sehr. 186 ff.

23*

356

Römische Geschichte.

/,. B. die alten Städte Lutetia (oder Lukotokia), Durocoitoruni und Samaro- briva die Namen der Parisier, Anibianen und Remer eintauschten. i) Nur wenige römische Städte wurden hier gegründet; die bedeutendste ist die 48 V. Chr. auf dem Gebiet der Segusiaver an der Mündung des Arar in die Khöne angelegte Kolonie Lugudunum,^) wo am 1. August 12 v. Chr. die am Hoinae et AiH/iisfi als religiöser Mittelpunkt der gallischen Provinzen ein- geweiht wurde. Alljährlich versammelten sich hier am Stiftungstag die Ver- treter der sechzig (oder später vierundsechzig) gallischen Stämme unter einem gewählten Priester zur gemeinsamen Festfeier. Lugudunum galt als die bevorzugte Zentrale der drei Provinzen; dieses „Rom des Nordens" war kaiserliche Münzstätte und Garnisonsort einer der stadtrömischen Kohorten. Das römische Bürgerrecht verbreitete sich in Gallien durch einzelne Ver- leihungen wie durch den Heeresdienst rasch, und bereits Claudius konnte zunächst wenigstens den Aduern das iuf> liojionnn verleihen (oben S. 818). Es bildeten sich größere städtische Ansiedlungen, die nun zu Brennpunkten der griechisch-römischen Gesittung wurden. Die Gallier erwiesen sich als sehr empfänglich für die Segnungen einer höheren Kultur und glichen sich verhältnismäßig rasch ihren Besiegern an. Gallien hat seinerseits dem Reich viel gegeben. Frühzeitig tritt sein Adel in die römische Aristokratie, den regierenden Stand, ein; das romanisierte Gallien ist als die wichtigste Pro- vinz des Westens zu bezeichnen.

Weniger günstig lagen die Dinge in der britannischen Provmz. Es dauerte lange, bis sie vollständig unterworfen war, und auch nachdem Hadrian und Antoninus Pius die Nordgrenze befestigt hatten,^) war sie des öfteren den Einfällen der nördlichen Nachbarn, der kriegerischen Kaledonier und anderer, ausgesetzt. Septimius Severus hat nach dem Ende des Clodius Albinus die Provinz in zwei Teile (superior und inferior) geteilt und zu- gleich den südlicheren, den hadrianischen Wall als Grenze gesetzt. Trotz den vielen kriegerischen Unruhen haben die Römer auch hier die Grund- lage der Zivilisation und des städtischen Lebens gelegt. Auf die Eroberung folgte eine starke Einwanderung; Londinium wurde schon damals ein be- lebter Handelsplatz.^)

Gallien, mit Ausschlufs der Narbonensis, bildete unter Augustus ein ein- heitliches Kommando, das sich auch über den Rhein zu den Germanen er- streckte. Jedoch die Abberufung des Germanicus durch Tiberius 10 17 n.Chr. (oben S. 307) beendete diesen Zustand. Von nun an gab es drei gesonderte gallische Provinzen; das militärische Kommando der Rheinarmee wurde ab- getrennt und mit der Verwaltung der an den Rhein grenzenden links- rheinischen Landstriche verbunden, die nunmehr die Provinzen Ober- und Untergermanien ausmachten.^) Das rechtsrheinische Gebiet mit seinen schon

») Heute Paris, Reims und Amiens. Aber ^) E. Krügek, Die Limesanlageu im uördl.

zuweilen behaupten sich die alten Namen; England. Bonner Jahrb. Bd. 110 (1903) 1 ff.

Yesontio ist noch heute Besan(,-on. *) F. Havekfield. TIh- Eomauization of

2) Cass. Dio XLVI 50. O.Hikschfeld, Kl. Roman Britain, 3. Aufl., Oxford 1915. Sehr. 133 ff. Sonst nur noch das gleich- *) Ob die beiden Germanien eine Pro- zeitig angelegte Raurica oder Augusta vinz im vollen Sinn bildeten, ist zweifel- Rauracorum (Äugst bei Basel) und Novio- haft. In finanzieller Hinsicht scheinen sie dunum (Nyon). Marquärdt a. a. O. I'^ 267. zu Gallien (zur Belgica) gehört zu haben.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 50.) 357

vorhandenen Ansiedlungeni) ging verloren und wurde am Niederrhein dauernd aufgegeben, nur behielten sich die römischen Besatzungen einen Grenz- streifen unbebauten Landes vor, auf dem sie keine germanischen Siedler duldeten: 2) übrigens hatten die Römer nicht selten Gelegenheit, auch in das freie Germanien einzugreifen. In Obergermanien blieb Mainz gegenüber auf dem rechten Ufer beim Chattenland, beim heutigen Wiesbaden etwa bis Frankfurt hin, ein Landstrich als eine Art Glacis in römischen Händen (oben S. 319), und später sind die Flavier auf dem rechten Rheinufer als Eroberer aufgetreten. Schon erwähnt ist, daß Vespasian die Neckarland- schaft unterwarf (S. 328) : Domitian brachte diese Erwerbung zum Abschluß : derselbe Kaiser drängte von Mainz aus die Chatten zurück, besetzte die Wetterau und zog eine durch Posten gesicherte Grenzlinie, die den Main beim heutigen Kesselstadt erreichte und sich südlich vielleicht über den Odenwald fortsetzte (S. 331). Die späteren Kaiser bis zu Caracalla haben das Werk weitergeführt:^) unter Antoninus Pius wurde die Befestigungs- linie weiter nach Osten vorgeschoben: der Main, der bei Groß-Krotzenburg (bei Hanau) erreicht wurde, bildete bis Miltenberg die Grenze, die dann schnurgerade südwärts bis Lorch an die Rems, einen Nebenfluß des Neckars, läuft, um von hier als rätischer Limes nach Osten umzubiegen, bis sie bei Kelheim oberhalb Regensburg die Donau berührt.-^) Entsprechend wvu'de von Rätien aus schon durch Vespasian die Reichsgrenze vorgerückt. Die Grenze war zunächst nur durch einen Limes, den Grenzweg, bezeichnet. Hadrian befestigte sie durch Pfahlwerk und eine Reihe von Kastellen : in Rätien wurde später Mauerwerk errichtet. Die Kastelle waren untereinander und mit dem Hinterland durch Straßen verbunden: den nötigen Rückhalt boten die großen Legionslager der Rheinlinie, in deren Bereich sich das Leben einer römischen Provinz entwickelte. In Untergermanien wird die ehemalige Stadt der Ubier, die Colonia Agrippina (Köln), ein wichtiger Platz, andere städtische Ansiedlungen entstehen bei den Legionslagern von Bonna und Novaesium (Neuß),"*) weiter rheinabwärts die Gründungen Traians, beiVetera die Kolonie LTlpia Traiana (Xanten) und Ulpia Noviomagus (Nym- Avegen). Die Rheinmündungen, durch Kastelle und Besatzungen geschützt, wurden der Ausgangspunkt eines regen Handels, der seine Fäden nach Britannien und dem Norden spann.*') In Obergermanien ist am linken Rhein-

^) Wozu die römische Niederlassung bei Kastelle vuid Anlagen vgl. Sarwey und

Haltern an der Lippe gehört. Hettner (Sarwey und Fabriciüs), Der ober

^) Tacit. ann. XIII 54 ff. germanisch-rätische Limes des Römer

^) Über Hadrian vgl. vita Hadriani 12, (>. reiches. Heidelberg 1894 if., undzurOrien

*) Diese Befestigung nennt man den tierung Westdeutsche Zeitschrift IX 1 tf.

limes, d. h. eigenthch die Grenzlinip und Xllllff.: 134.219: XVIII IflP. E.Fabricius

Grenzstraße. DerLimes verläßt den Ehein Die Entstehung der röm. Limesanlagen

bei Rheinbrohl, zieht an den Taunus, läuft Trier 1902. Vgl. die folgenden Anm. ostwärts auf der Höhe weiter, schließt '") H. Nissen, Novaesium, Bonner Jahrb.

Butzbach und Friedberg ein und geht ' 111/112, 1904.

dann an den Main. Das berühmteste der ") Der wichtigste Hafen scheint Fectio Kastelle, die Saalburg bei Homburg (vgl. gewesen zu sein, heute Vechten bei Ut- L.Jacobi, Das Römerkastell Saalburg, Hom- recht, ein anderer bei Domburg auf Wal- burg 1897. 2 Bde.), ist zuerst unter Domi- cheren. CIL XIII 2, 2 p. 630 flf. Erwähnens- tian gegründet, später weiter ausgebaut wert ist eine Inschrift aus Beetgum bei und unter Antoninus Pius vollendet wor- Leeuwarden in Friesland, die Widmung den. Über den Limes und seine einzelnen von Fischereipächtern an die dea Hludana

358 Römische Geschichte.

ufer die Stadt der Trcverer (Trier) einer der ältesten und wichtigsten Plätze. i) Andere städtische Niederlassungen bilden sicli hei den Legionslagern von Mainz und Strafahurg (Argentoratej, bei Worms (Borhetomagus) und sonstwo. Das rechte Rheinufer ist wahrscheinlich zum großen Teil von Gallien aus neu bevölkert worden; wenigstens ist dies bei dem sog. Dekumatenland der Fall. Schon früh entstand eine Stadtanlage in Aqiiae Mattiacae, dem heutigen Wiesbaden, 2) später bei Frankfurt in der cifitas l^ninensium bei Hcddernheim,3) weiter südwärts in Lopodunum (Ladenburg bei Heidelberg),*) bei den Arae FUiviue (Rottweil) und in Sumelocenna (Rottenburg), an den Bädern von Badenweiler und Baden-Baden {aquae Aurciuie). Die römische Zivilisation schlägt hier ebenso Wurzel wie auf dem linken Rheinufer in (Tullien.^)

In der Provinz Rätien und Vindelicien, die sich an der Donau bis nach Castra Batava, dem heutigen Passau, erstreckte, wurde eine größere römische Ansicdlung in AugustaVindeliccBinu, dem heutigen Augsburg, gegründet.*^) Weit früher und stärker wurde das benachbarte Noricum romanisiert. Es hatte wahrscheinlich einen großen Teil seiner keltischen Bewohner, der Taurisker usw., verloren und wurde durch Einwanderer aus Italien neu be- völkert und zivilisiert. Schon unter Claudius empfing Noricum italisches Recht. Die angrenzenden Germanen verhielten sich ruhig; deshalb lagen weder hier noch in Rätien römische Legionen, sondern nur Auxiliarkohorten, wie denn auch beide Provinzen zunächst bis auf Antoninus Pius und M. Aurelius nicht Legaten, sondern ritterlichen Prokuratoren unterstellt waren. '')

Donauabwärts schließt an Noricum Pannonien an, das ursprünglich zu lUyricum gehörte und erst nach dem Ende des pannonischen Aufstandes (1) n. Chr.) als besondere Provinz eingerichtet wurde. Die Provinz scheint zunächst nur etwa bis zur Draulinie gereicht zu haben; erst seit den Flaviern

a.a.O. nr. 8830 = ILSInr. 322. DieseGegend künde und die Xeuen Heidelberger Jahr-

geliörte also noch zum römischen Reich. bücher zu verweisen.

') Als Augnsta schon von Mela III 20 '5)AugsburgsAnfänge sind dunkel. Wahr- erwähnt. Kolonie bei Tacit. bist. IV 62. 72. scheinlich ist die Stadt von Augustus ge-

■^) E. Ritterling, Das Kastell Wiesbaden, gründet. Plinius erwähnt sie noch nicht,

Heidelberg 1909. dagegen wird sie ohne Zweifel von Ta-

^) Der Hauptort dieser Civitas, dessen citus als splendidissima Itat-fiae coJonia be- Reste bei Heddernheim und Praunheim zeichnet (Germ. 41). Später ist Augsburg liegen, verdankt seine Gründung vielleicht Municipium: der Beiname Aella läßt auf dem Traian. Vielleicht war sein Name Verleihung des Stadtrechts durch Hadrian Nida. CIL XIII 2, 1 p. 425. G.Wolff, Die schließen. Mommsen, CIL III 2 p. 711. Römerstadt Nida, Frankfurt a. M. 190b. ') Vgl. über die römische Herrschaft im

•*) Lopodunum war (nach Zangemeister, heutigen Süddeutschland : Haug und Sixt,

Neue Heidelb. Jahrb. III 1893, 1 ff.) die Die röm. Inschriften und Bildwerke Würt-

Stadt der Neckarsueben {Suehi Nicretes). tembergs, Stuttgart, 2. Aufl. 1914. F. Ohlen-

^) Zur Orientierung vgl. F. Koepp, Die schlagee, Römische Überreste in Bayern,

Römer in Deutschland, Bielefeld u. Leipzig. 1. Heft, München 1902, und Abhandf. d. k.

2. Aufl. 1912. E. Fabkicius, Baden in der bayer.Akad. d.Wiss. bist. Kl. 1886, Bd. 17,

Römerzeit, Heidelberg 190-5, und Histor. philos.-philol. Kl. 1890, Bd. 18. Der röm.

Zeitschr. 98, 1906, 1 ff . E. Hübner, Röm. Limes in Österreich, 10 Liefer., Wien 1900

Herrschaft in Westeuropa 71 f. Im ein- 1909. F. PicHLER,.4».s/rwi?o»iff/(a(W.SiEG-

zelnen ist vornehmlich auf die West- lin, Quellen und Forschungen zur alten

deutsche Zeitschrift, die Jahrbücher des Geschichte und Geographie, Heft 2, 3, 4).

VereinsfürAltertumsfreundeindenRhein- Mary B. Peaks, Ciril and militari/ admiui-

landen (Bonner Jahrbücher), die Annalen stration of Noricum and Facfia. Chicago 1907.

des Nassauischen Vereins für Altertums- Vgl. Anm. 5.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 50.) 359

umfaßt sie das ganze Donauufer: infolgedessen fiel dann das bisher zu Noricum gehörige Carnuntuni, wie auch das benachbarte Vindobona an Pan- nonien und wurde der Hauptwaffenplatz. Die Landschaft, die zur Zeit der Eroberung von verschiedenen Stämmen teilweise nur diinn bevölkert war, erhielt erst durch die römische Herrschaft städtische Ansiedlungen, die wie gewöhnlich sich zunächst an die Truppenlager anschlössen. Aufaer den schon genannten sei die älteste Kolonie Julia Aemona (Lail^ach) erwähnt, ferner Poetovio (Pettau) und Aquincum (Ofen). Zur Zeit der Dakerkriege Traians, zwischen 102 und 107 n. Chr., wurde Pannonien in Ober- und Unterpan- nonien geteilt.

An der Mündung der Save in die Donau beginnt Mösien, das, wie schon bemerkt, zuerst unter Tiberius als eigene Provinz vorkommt und unter Claudius (46 n. Chr.) durch die nördliche Hälfte des Königreichs Thrakien erweitert wurde. Domitian teilte die Provinz in Moesia superior und inferior. Um die Befestigung der Grenze und die Besiedlung der ganzen Donau- landschaft, einschliefalich Pannoniens, hat sich vor allem Traian verdient gemacht. In Anbetracht ihrer starken Gefährdung wurde die Donaugrenze mit besonderen Sicherungen versehen. Den ganzen Unterlauf des Stromes entlang von Singidunum (Belgrad) bis Trösmis (Igiitza) zog sich ein Gürtel von festen Plätzen;^) zahlreiche Kolonisten kamen ins Land, das sie in weitem Umfang romanisierten. Auch die binnenländischen Städte verdanken der römischen Herrschaft ihre Entstehung. Der Provinz Mösien gehörten ferner die in einem besonderen Verband konstituierten griechischen Pontos- städte an, Tomi, Mesambria, Odessos und Apollonia. Die Befugnisse des mösischen, später des niedermösischen Legaten erstreckten sich noch über die Donaumündungen hinaus. Namentlich unterstehen ihm die griechi- schen Städte an der nördlichen Pontosküste, die sich der römischen Ober- hoheit unterwarfen, T^-ras,^) Olbia, Chersonesos (auf der Krim), und die Bosporaner.

Ein grofaer Teil Mösiens wurde später durch die neue Provinz Dacien gedeckt, deren Neubesiedlung und Romanisierung Traian gleich nach der Eroberung eingeleitet hatte; es entstanden dort im Lauf der Zeit mehrere Städte mit lateinisch redender Einwohnenschaft, wie Napoca (Klausenburg) und Aj^ilum (Weifsenburg oder Karlsburg). Die Provinz wurde von Hadrian in zwei, später, um die Mitte des 2. Jahrhunderts,^) in drei Bezirke geteilt, vmd war wegen der unsicheren Grenzen und der kriegerischen Nachbarschaft ein sehr prekärer Besitz.

Es versteht sich von selbst, daß der Einflufs der Römer sich auch über die Grenzen hinaus erstreckte, und daß mit den barbarischen Nachbarn und ihren Häuptlingen oft in weite Ferne Beziehungen verschiedener Art be- standen; Handel und Politik konnten an der Reichsgrenze nicht Halt machen.

') Die quer durch die Dobrudscha von der sehen Erdwall, eine grolse römische Wall- Donau nach Osten zum Schwarzen Meer linie, die vermutlieh Domitian anlegen verlaufenden dreifachen sog. Traianswälle ließ, und einen viel späteren Steinwall, gehen nicht auf Traian zurück und bilden ^) Seit 56/57 n.Chr. dem Reich angehörig, kein einheitliches System. C. Schuchhardt, ILS I ur. 423.

Abhdlgg. der Borl.Äkad.d.Wiss. 1918nr. 12 ') Nach A. v. Pkemersteix im Wiener

unterscheidet einen kleinen prähistori- Eranos 190'.». 25Hif. im .T. 1-58 1.59 n.Chr.

,'5(50 Römische Geschichte.

weder am Ozean nocli an der Donau ') noch am Rhein. Im Westen gehörte die Insel Irland zwar nicht zum nimischen Reich, wohl aber zur Zone des römischen Handelsverkehrs, der hauptsächlich über die gallischen Häfen des Atlantischen Ozeans ging und den Iren die Erzeugnisse der mittelländischen Kultur übermittelte. 2) Über den Rhein und die Donau hinüber unterhielten die Römer nicht nur mit den zunächst benachbarten Germanen Verbindungen, die nunmehr in einem langen Frieden vermehrt und befestigt wurden, son- dern sie schlössen auch mit weiter entfernten Völkern Freundschaft. Unter Nero machte ein römischer Ritter die Reise von Carnuntum in das Bern- steingebiet der Ostsee. 3) Auch die Ostgermanen traten in den Gesichtskreis Roms; Domitian befreundete sich mit den Lugiern und Senmonen in Schlesien und Brandenburg. Der römische Handel und seine Produkte drangen weit nach Norden vor.^) Die geographischen Kenntnisse nahmen zu; von Strabo bis auf Plinius, von diesem zu Tacitus und weiter zu Ptolemaeus (in der Zeit der Antonine) ist der Fortschritt unverkennbar. s)

Thrakien, das früher niemals eine politische Einheit gebildet hatte, wurde, wie oben S. 293 bemerkt, zunächst als ein einheitliches Vasallenkönigreich eingerichtet, womit die römische Provinzialverwaltung sich vorbereitete, die im Jahr 45 n. Chr. tatsächlich eintrat.^) An der Spitze der Provinz stand anfangs ein ritterlicher Prokurator, dann seit Traian ein senatorischer Legat. Die Küste mit ihren griechischen Städten war schon längst römisch. Der Widerstand der kriegerischen Bewohner des Binnenlandes gegen Rom konnte gebrochen werden; gerade Thrakien bildete künftig ein unerschöj)fliches Truppenreservoir für das Kaiserreich. Städte gab es daselbst nur wenige; die römische Regierung fand daher Gelegenheit, Neugründungen vorzunehmen. Neben Claudius und den Flaviern hat sich auch hier Traian als Städte- gründer ein dauerndes Andenken gesichert.")

In Illyrien ^) beschränkte sich zur Zeit, da Augustus den Prinzipat über- nahm, der römische Besitz im wesentlichen auf die Uferlandschaft. Das Hinterland, erst durch die pannonischen Kriege wirklich erworben, bildete nach Abtrennung Pannoniens mit der Küste zusammen die Provinz Dal- matia.^) EntsjDrechend der Beschaffenheit des Landes haben sich Städte von

^) Vgl. die Inschrift des Ti. Plautius nordischen Geschäfts gewesen sein muß.

Silvanus, Legaten von Mösien unter Nero. Montelius, Sveriges Hednafkl 179. 294 flF.

ILS I nr. 986. Oben S. 320. Friedländer, Zeitschrift für Ethnologie

2) Vgl. Tacit. Agric. 24 und die Aus- IV (1872) ir)2. M('m. de Ja soctVfr roi/ale des

führungen von H. Zimmer, Sitz.-Ber. der antiq. du Nord, /(o«r. s/^'r. 1872— 1877, 269 flf.

Berl. Akad. 1909, 363 ff. Zimmer weist mit SoPHUsMüLLER.NordischeAltertumskunde,

Recht darauf hin, daß der Geograph Ptole- deutseh von Jiricek II 81 ff.

maeus (II 2) gute Nachrichten über Irland ") z. B. die von Eratosthenes sauktio- gehabt haben muß. i nierte Vorstellung, wonach das Kaspische

^) Plinius hist. nat. XXXVII 45. Meer mit dem Oceanus in Verbindung

■*) Eine nicht geringe Bedeutung hatten stehe, wurde damals widerlegt,

für den Handel die Häfen der Rhein- ^) Vgl. A. Stein, Rom. Reichsbeamte der

mündungen. Vgl. H. Willers, Neue Unter- Provinz Thracia, Sarajevo 1920. Vermut-

suchungen über die röm. Bronzeindustrie lieh sind die Strategien, die sich in der

von Kapua und vom Niederrhein, Han- Provinz finden, eine königliche Bezirks-

nover u. Leipzig 1907. Zu den Zeugnissen einteilung.

des Handels gehören vor allem die römi- '•) Die Städte Traianopolis, Plotinopolis

sehen Münzen, die im Ostseegebiet häufig und Marcianopolis stammen von ihm her.

gefunden werden, am meisten auf der ^) CIL Bd. III p. 271 ff. 1472 ff.

Insel Gothland. das eine Art Zentrum des **) K. Patsch. Archäolog.-epigr. Unter-

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 50.) 361

erheblicher Bedeutung nur an der adriatischen Küstenlandschaf't und auf den vorgelagerten Inseln gebildet. Die ansehnlichsten, wie Salona, Jader, Narona, hat das Kaisertum schon vorgefunden. Sie hatten bereits eine latei- nisch redende Bevölkerung; allmählich wurde die ganze Provinz gründlich romanisiert.

Makedonien behielt als Provinz im wesentlichen die Grenzen, die es bei der ersten Konstituierung 148 v. Chr. empfangen hatte, mit Einschluß Thes- saliens und eines großen Teils von Epirus. Auch der Bestand an städtischen Gemeinden, wie ihn die Römer übernommen hatten, erfuhr keine wesentliche Veränderung: doch wurde, z. B. in Philippi und Pella, eine beträchtliche Zahl von Kolonisten angesiedelt. Die Hauptstadt war Thessalonike. Die Provinz bildete einen ganz sicheren Besitz Roms; sie hat sich der römischen Herrschaft völlig akkommodiert. Obwohl eigentlich Senatsprovinz, ging Makedonien zur Erleichterung der Steuerlast mit dem benachbarten Achaia zeitweilig (von 15 bis 44 n. Chr.) in kaiserliche Verwaltung über.')

Seit dem Diktator Caesar war das alte Hellas als Provinz Achaia von Makedonien losgetrennt. 2) Der freilich längst verblaßte Glanz einer großen geschichtlichen Vergangenheit verschaffte den Griechen das wohlwollende Entgegenkommen der kaiserlichen Regierung. Augustus hat das ausgesogene und entvölkerte Land neugeordnet, Territorien zusammengelegt und teilweise anders abgegrenzt, sowie die delphische Amphiktionie umgestaltet.^) Auch kamen römische Ansiedler nach Griechenland. Außerdem wurden durch Caesar in Korinth, durch Augustus in Patrae bedeutende römische Kolonien angelegt und reichlich ausgestattet; überdies gründete Augustus die Frei- stadt Nikopolis, der jedoch die ei'hoffte Blüte versagt war. Zu den auto- nomen Städten gehört Sparta, dessen Tyrann C. Julius Eurykles'^) fast als einziger Hellene auf Oktavians Seite bei Actium gefochten hatte. Eurykles wurde der erste Mann in Griechenland und auch nach seinem Sturz blieb die reiche Familie durch Generationen hindurch in Sparta eine wirtschaft- liche Macht. Sparta wurde mit Gebietszuwachs und Einkünften begabt. Auch Athen war frei und bewahrte seinen alten Ruf als Musenstadt. Augustus allerdings grollte den Athenern als einstigen Parteigängern seines Rivalen Antonius : er entzog ihnen Gebietsverleihungen des Triumvirn wieder. Dauernd geschadet hat die kaiserliche Ungnade den Athenern nicht. Wie den übrigen Griechen wandte ihnen der Kaiserhof seine Huld zu.^) Der Phantast Nero gewährte der ganzen Provinz Achaia Freiheit und Immunität, ein Danaer- geschenk, das Vespasian alsbald wieder zurücknehmen mußte, im eigenen Interesse der Beschenkten, die es verlernt hatten, frei zu sein. Nach ihm hat Domitian wieder manches für das Land getan. Am meisten förderte der tatkräftige Philhellenismus Hadrians die Griechen (oben S. 337), aber auch Antoninus Pius, M. Aurelius und die späteren Herrscher erwiesen sich

suchungen zur Gesch. der röm. Provinz ^) Pausanias X 8.

Dalmatia (Wissenschaftl. Mitteilungen aus ■*) Über ihn E. Kjellberg, Klio XVII,

Bosnien IX). ^ 1921, 44 ff.

1) Tacit. ann. I 76—80; V 10. i *) Germanicus besuchte Athen (Tacit.

^) G. F. Hertzberg, Gesch. Griechenlands ann. II 53) und siegte in den olympischen

unter d. Herrschaft d. Römer. Shebeleff. Spielen (Inschr. v. Olympia nr. 221 S. 335

Achaika, St. Petersburg 1903 (russisch). = SIG 11^ nr. 792).

:^ß2 Römische Geschichte.

als Gönner des Griechenliims, das ja damals du ich den Klassizismus die geistige Mode beherrschte. Schon unter Augustus schlössen sich die Pelo- ponnesier unter dem Namen der Achäer zu gemeinschaftlicher Festfeier zusammen; sie erweiterten sieh dann zu Panachäern und Panhellenen, welch letztere von Hadrian eine neue Organisation mit dem Mittelpimkt in Athen erliielten. Über bloläe Festfeiern iialjen es die Panhellenen nicht hinaus- gebracht, und alle kaiserlichen Gunstbeweise konnten den Verfall des Landes nicht aufhalten; abgesehen von einzelnen größeren Städten ist Griechenland schon in der ersten Kaiserzeit menschenleer und verarmt.

Was die asiatischen Provinzen betrifft, so boten sie bei Beginn des Kaisertums in ihrem regellosen Durcheinander ein äußerst buntes Bild. Der Kern der römischen Besitzungen war die Provinz Asia, dazu kam die kleine kilikisch-pamphylische Provinz, ferner Bithynien und Pontes, endlieh Syrien jnit dem ebenen Kilikien und der Insel Kypros. Daneben und dazwischen gab es eine Anzahl von Klientelkönigreichen und Freistaaten, die außer- halb des Provinzialverbandes standen. Mit diesen Besonderheiten hat das Kaisertum etwa in den ersten hundert Jahren seines Bestehens aufgeräumt. Galatien und die damit vereinigten Stücke von Phrygien, Pisidien und Lykaonien wurden bereits 25 v. Chr. beim Tod des Königs Amyntas ein- gezogen, und 6 V. Chr. das gleichfalls erledigte Königreich Paphlagonien damit vereinigt. Kappadokien wurde nach dem Tod des Archelaos von Ger- manicus eingezogen, ebenso Kommagene (S. 821), das jedoch Kaiser Gaius restituierte. Die polemonische Herrschaft, d. h. der "östliche Teil des ehe- maligen Pontes mit Kleinarmenien wurde unter Nero vakant und von ihm zur Provinz gemacht.') Was in Vorderasien noch von Klientelkönigreichen übrig war, hat in der Hauptsache Vespasian aufgehoben, vor allem Komnui- gene. Er hat auch der Autonomie der Insel Rhodos und dem lykischen Bund ein Ende 'bereitet und diesen mit Pamphylien zu einer neuen Provinz vereinigt (74 n. Chr.). Etwas länger hielten sicli in Syrien einzelne Fürsten- tümer; während Judäa schon seit dem Tod des Herodes Agrippa endgültig an die Provinz Syrien gefallen war, erlosch das Fürstentum seines Sohnes ebenso wie die arabischen Dynastien im Libanon erst unter Domitian. Den letzten Schritt tat Traian mit der Eroberung des nabatäischen Königreichs (S. 334), das man vorher in gewissem Sinn den Klientelstaaten zurechnen konnte.

Syrien war später geteilt. Nach dem Ende des jüdischen Aufstandes (70 n. Chr.) wurde Judäa mit Zubehör (als Palästina) eine besondere Provinz, ebenso Arabien, endlich nahm Septimius Severus nach dem Sturz des Pes- cennius Niger eine Teilung des noch übrigen Syriens in eine nördliche {Sf/i'la roch') und südliche Hälfte {Si/ria r/iooüce) vor. Der unruhigste Teil blieb Judäa, von wo auch nach dem großen Aufstand unter Hadrian (S. 387) wiederholt Empörungen gemeldet werden.

Zu Syrien trat nachmals Mesopotamien hinzu. Die Erwerbung dieser Landschaft wurde eingeleitet durch den Partlierkrieg des M. Aurelius und vollendet durch Septimius Severus. Ahnlich wie Dacien war das neue Ge-

') Der Pontus Polemoniacus wurde zu- als diese Provinz einen eigenen kaiser- erst zu Galatien. später seit Vespasian liehen Legaten erhielt. Marqüardt. Staats- und Traian zu Kappadokien geschlagen. vorw. I- 8fi7.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. :>0.) ßßß

biet ein sehr umstrittener Besitz, bildete jedoch für Syrien eine wichtige Schutzzone gegen die Angriffe der Parther und Perser.") "^ Die kappadokische Grenze hatte in Armenien ihr Vorland, das zwar nur unter Traian und auf wenige Jahr dem Reich einverleibt war, aber doch stets zu Roms Interessen- sphäre gehörte und zeitweilig römische Besatzungen beherbergte. Für den Grenzschutz war es förderlich, daß seit Vespasian die Iberer und andere Kaukasosvölker ganz unter römischem Protektorat standen. 2) Die räuberi- schen Neigungen der kaukasischen Küstenvölker machten auf dem Schwarzen Meer eine strenge Seepolizei nötig, die von der Pontosflotte versehen wurde.

In Asien sind die Römer die Erben und Nachfolger hellenistischer Könige. Sie fanden viele große und blühende Stadtgemeinden vor, teils alte helle- nische Städte, teils Gründungen der Seleukiden, Pergamener oder der kappa- dokischen Herrscher. Die großen Städte werden als Zentren des provin- ziellen Lebens von den Kaisern vielfach gefördert. Ephesos, die Hauptstadt Asiens. Milet, Sardes u. a. zeigen noch in ihren Überresten die Spuren kaiserlicher Bautätigkeit. Nikomedeia und Nikaia in Bithj-nien,' Caesarea in Kappadokien, das alte Mazaka, Antiocheia in Syrien und viele andere haben in der Kaiserzeit ihre Bedeutung nicht nur erhalten, sondern noch gesteigert. Doch existierten nicht in allen Landschaften Städte; in manchen Teilen Kleinasiens gab es deren nur wenige; da haben nun die Römer das Werk ihrer hellenischen Vorgänger ergänzt. Pompeius hat begonnen, was die kaiser- liche Verwaltung dann fortsetzte. Das binnenländische Phrygien, Lykaonien und Isaurien verdankt den Römern einen großen Teil seiner Städte; nament- lich die letztgenannten Landschaften erschlossen sich erst in der Kaiserzeit einer höheren Zivilisation. Das Gleiche gilt von den östlichen Teilen der Provinz Syrien und von Arabien. An der Karawanenstraße zum unteren Euphrat wurde Palmyra das große Emporium und Gemeinwesen, 2) das sclion etwa unter Claudius unter römischen Schutz kam und etwa seit Traian dem Reich angehörte. In der Provinz Arabien zeugen noch heute monumentale Reste von den Leistungen der kaiserlichen Verwaltung, die durch Städtebau und Bewässerung diese Gegenden auf einen Stand gebracht hat, von dem sie in späteren Jahrhunderten herabsanken, um ihn nie wieder zu erreichen.*) Die Grenze war hier, wie in allen asiatischen Provinzen, nicht selten gefährdet und mußte in ähnlicher Weise wie im Westen je nach den Umständen durch Garnisonen, Militärposten, Kastelle und Limesanlagen gedeckt werden.

Hier möge Ägypten^) angefügt werden, das die besondere Domäne des Kaisers blieb, der es durch seinen Präfekten verwalten ließ. Dieser aus

') V. Chapot, La front ih-e de I'Eupin-ate rener konnten sich und ihre Habe reclit-

de Pompee a Ja conqiivte arabe {Bibliotheque zeitig über den Euphrat flüchten. Appian.

des ('coles franc. d'Athhies et de Eonie XCIX), bell. civ. V 1), 37 f.

Paris 1907. ■*) Literatur bei J. Jung, Grundriß der

2) Marquakdt, Staatsverw. I' 370 f. Über Geographie von Italien usw., 2. Aufl., S.148.

die Kaukasosvölker berichtet Arrian im Vgl. R. E.Bkünnow und A. v. Domaszewski,

PeripL Ponti Euxini 1 ff. Provincia Arabia, 2 Bde., Straßburg 1!>04.

■^) Der Triumvir Antonius wollte im Alois Musil, Arahia Petraea, Wien 1907. J. 41 v. Chr. das schätzereiche Palmyra, '") J. G. Milne, A histonj of Egypt iiiider das bei dieser Gelegenheit erstmalig in Roman ride. A. Stein, Üntersuchgg. zur der Geschichte erwähnt wird, durch seine Gesch. u.Verwaltg. Äg.s unter röm. Herr- Reiter plündern lassen. Aber die Palniy- schaff. Stuttgart 1915.

3(J4 Römische Geschichte.

dem Ritterstand hervorgegangene „Vizekönig" besaß prokonsularische Be- fugnis und führte auch den Oberbefehl über die in Ägypten stehenden Legionstruppen. Der Senat war von jeder Einmischung in die ägyptischen Angelegenheiten grundsätzlich ausgeschlossen; kein Senator durfte das Land ohne kaiserliehe Erlaubnis betreten. i) Wenn demnach für Ägypten die sonst doch geflissentlich gewahrte Eiktion der Dyarchie niemals in Kraft trat,^) so erklärt sich dieser Ausnahmefall sehr einfach aus der strategischen und wirtschaftlichen Bedeutung des ertragreichen Nillandes, das der Kaiser fest in der Hand haben mußte, schon um die Getreideversorgung Roms aus dieser wichtigsten Kornkammer des Reichs sicherstellen zu können. Ägypten be- hielt im Prinzip seine alte Verfassung; nur trat jetzt an die Stelle der ptole- mäischen Könige als ihr Rechtsnachfolger der römische Kaiser, der sich durch seinen Statthalter, den Präfekten, vertreten ließ. Augustus erhöhte die Steuern, stellte den in den letzten Zeiten der Lagidenherrschaft ein- gerissenen Schlendrian in der Verwaltung ab und straffte deren herkömmliche Zentralisierung. Die ptolemäische Residenz Alexandrien war als Griechen- stadt von der landesüblichen Gauverfassung von jeher eximiert gewesen; sie besaß ihre eigenen Rechte und galt staatsrechtlich als außerhalb Ägyptens gelegen [Alexandria ad Aegijpfum). Ihre Einwohner waren die typischen Großstädter, betriebsam und verwegen, selbstbewußt und respektlos.^) Re- volten waren keine Seltenheit; namentlich mit der ansässigen Judenschaft lag das griechische Element der Landeshauptstadt in ewiger Feindschaft, die sich mitunter in blutigen Straßenkämpfen entlud.'*) Das übrige Ägypten war mit Ausnahme der alten Griechenstädte Alexandrien, Naukratis und Ptolemais, sowie der Schöpfung Hadrians, Antinoopolis,^) ohne städtische Gemeinwesen; erst Septimius Severus hat bei Gelegenheit seines Besuches 202 n. Chr. den Gaumetropolen, die staatsrechtlich bisher nur Dörfer ge- wesen waren, vermutlich im fiskalischen Literesse Stadtrecht verliehen.'') Die Bevölkerung war schwer belastet; nicht nur Augustus, sondern auch Vespasian haben die Steuerschraube angezogen, und mehrmals gab es Em- pörungen, mit denen sich gelegentlich Einfälle der südlichen und östlichen barbarischen Nachbarn verbanden. Die Grenze stand dauernd unter mili- tärischer Bewachung.

Weit über die Grenzen des Reichs hinaus erstreckte sich auch im Osten der Einfluß Roms und sein Handel. Schon Augustus hatte indische Ge- sandte empfangen (oben S. 301), und zugleich begann von Ägypten aus der direkte Handelsverkehr mit Indien, der einen lebhaften Aufschwung nahm;

') Tacit. arm. II 59. Daß Germanicus im ^) G. Plaumann. Ptolemais in Oberägyp-

J. 19 n. Chr. sich mit seinem Besuch in ten, Leipziger histor. Abhdlgg.. Heft 18,

Alexandrien eigenmächtig über jenes ge- Leipzig 1910. E. Kühn, Antinoopolis, Leip-

nerelleVerbot des Augustus hinwegsetzte, ziger Diss., Göttingen 1913. Antinoopolis

wurde von Kaiser Tiberius offiziell gerügt. wurde von Hadrian im J. 130 n. Chr. zum

Vgl. oben S. 308 A. 7. Andenken an seinen im Nil ertrunkenen

-) Mitteis -WiLCKEN, Grundzüge und Liebling Antinoos gegründet. Chrestomathie der Papyruskunde I 1.28 f. ß) U. Wilcken, Griech. Ostraka I 430 ff.

') MoMMSEN, Rom. Gesch. V 582 ff. F. Preisigke. Städtisclies Beamtenwesen

■*)Vgl. über den „alexandrinischenAnti- im röm. Äg., Diss. Halle 1903, 6. Mitteis-

semitismus" und dessen literarische Doku- Wilcken, Grundzüge u. Chrestomathie der

mente U. Wilcken, Abhdlgg. der Sachs. Papvruskunde I 1,41 f. Ges. der Wiss. XXVII, nr. 23, 1909.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian, (ij ÖU.) 3()5

Barygaza (heute Barodsch) südlich der Indusniündungen war der wiclitigste indische Stapelplatz. Übrigens drang der römische Kaufmann nocli weiter bis Ceylon {Taprobane) und darüber hinaus vor, lernte Hinterindien kennen und kam auch in Berührung mit dem uralten Kulturvolk der Chinesen.') Der indische Handel schlug auch andere altgewohnte Straßen ein; er ging zum Teil über den Persischen Meerbusen und Palmyra, zum Teil über Land an die Pontoshäfen, wie denn auch eine Verbindung mit China auf dem Landweg bestand und den Seidenhandel vermittelte.^) Der Handel auf dem Roten Meer erschloß die Bekanntschaft mit den afrikanischen Staaten und Völkern südwärts von Ägypten in beträchtlicher Ausdehnung und ließ in späterer Zeit namentlich mit Äthiopien Beziehungen anknüpfen.

Die mit Numidien vereinigte Provinz Afrika^) hatte in dem zuerst von Caesar, dann von Augustus (29 v. Chr.) erneuerten Karthago ihre alte Haupt- stadt zurückerhalten. Die Provinz, zunächst die alte, wurde in weitem Um- fang romanisiert, wenn auch die punische Sprache und Kultur keineswegs verschwand. Afrika war Senatsprovinz und unterstand als solche einem Prokonsul, dem einzigen senatorischen Statthalter, der noch eine Zeitlang ein militärisches Kommando innehatte, bis Kaiser Gaius den Oberbefehl über die dortigen Truppen einem besonderen kaiserlichen Legaten übertrug. Die Südgrenze war noch lange unsicher; allmählich wurden die Legions- lager und Militärposten in den Zeiten von Augustus bis Traian bis an und in den Atlas vorgeschoben. Namentlich Hadrian und nach ihm Septimius Severus und Caracalla haben sich um den Straßenbau verdient gemacht.^) Am Fuß des Gebirges, dort wo wichtige Pässe mündeten, entstanden feste Städte, die miteinander durch ein Straßennetz verbunden wurden. Es haben sich hier besonders stattliche Reste der römischen Herrschaft bis auf den heutigen Tag erhalten; zu nennen sind Theveste, das 100 n. Chr. von Traian erbaute Thamugadi,^) das afrikanische Pompeji, und Lambaesis, das Hadrian besuchte und zum Hauptlager machte. Zur Provinz Afrika gehörte auch die Tripolis und ihr Hinterland, wo die Garamanten hausten, gefährliche Nachbarn der zivilisierten und friedlichen Provinz. Unter Augustus wurden sie zurückgeworfen; römische Heere drangen bis nach Cidamus (Ghadames) und Garama (in Fezzan) vor, unter Domitian sogar noch weiter (S. 302. 332).

') Die liierdurch gewonnene bessere ^) Ch. Tissot, Geographie comparee de la

Keimtnis der Küstenlandschaft des in- province Romaine d'Afrique, 2 Bde., mit

dischen Ozeans ist niedergelegt in dem Atlas, Paris 1884. 1888. K. Cagnat, L'arnu'e

wohl gegen Ende der Regierung Domi- ', Bomaine d'Äp-ique et Voccupation militaire

tians verfaßten Pcriplus maris Eri/tlit-aei ' d'Afrique soiis les empereurs, Paris 1913-.

{CW\ii,hs^,Geo(iraphi graeci miiwresl2hl1S.; ' Ad. Schulten, Das röni. Afrika, Leipzig

über die Entstehungszeit vgl. E. Kokne- , 1899. Al. Gkaham, Roman Africa, London

MANN in der Festschrift für Lehmann- 1902. Aug. Audollent, Carthage Ro»iai>u'

Haupt, Janus I, 1921, 55 ff.) und beim Geo- | 146 av. Jesus-Christ 698 ap. Ji'sus-CJirist

graphen Ptolemaeus (s. A. Hekrmann, Die {BibliotJdque des ecoJes fran(^aises d'Aihines

alten Verkehrswege zwischen Indien und et de Rome fasc. 84), Paris 1901. Walthek

Südchina nach Ptol., Zeitschr. der Gesell- Barthel, Zur Gesch. der röm. Städte in

schalt f. Erdkunde 1913, 771 ff.). Die Chine- Afrika, Diss. Greifswald 1904. Weitere

sische Überlieferung weiß von einer römi- Literatur bei J. Jung, Grundriß der Geo-

schen Gesandtschaft des J. 166 n. Chr. zu ' graphie von Italien, 2. Aufl., S. 81.

berichten. Richthofen, China I 509. 512. { •*) O. Hirschfeld, Kl. Sehr. 729.

A. V. GuTscHMiD, Gesch. Irans 150. ^) CIL VIII p. 259. Ballu, Ruines de

■') Ptolem. Geogr. 111. | Timgad, 2 Bde., Paris 1897. 1902.

l>{\{f Römische Geschichte.

Einzelne Händler und Reisende gelangten über die Sahara hinaus bis an den Niger. 1) Die (istlich an Afrika angrenzende Landschaft, Kyrene und seine Nachbarstädte, die Pentapulis, bildete zusammen mit Kreta eine eigene senatorische Provinz: auch hier muE^te zuweilen gegen unruhige libysche Anwohner eingeschritten werden.

Weniger erfolgreich als in der Provinz Afrika waren die römischen Assimilationsbestrebungen in Mauretanien, das seit der Absetzung des Königs Ptolemaios (oben S. -V2S} eine zweigeteilte prokuratorische Provinz bildete. Bei (lelegenheit der Unterwerfung drang Suetonius Paulinus weit nach Süden vor; auch die Gätuler wurden wenigstens teilweise unterworfen und heeres- pflichtig gemacht. Städtische Ansiedlungen gab es hier nur ausnahmsweise, und die Unabhängigkeit der Stämme, besonders des westlichen Mauretaniens, war viel größer; einzelne, wie die Mauren des heutigen Rif, entzogen sich dauernd der Botmäßigkeit Roms; sie belästigten gelegentlich ihre Nachbarn und die gegenüberliegende spanische Provinz.

Alle Reichsprovinzen hat das Kaisertum zu einem Ganzen vereinigt. Es lag in der Natur der Sache, wenn die Regierung sich dabei von der Ten- denz leiten ließ, die Unterschiede zwischen Bürgern, Bundesgenossen und Untertanen allmählich nach Möglichkeit zu verwischen. Schon die Republik hatte mit diesem unvermeidlichen Nivellierungsprozeß den Anfang gemacht; aber das Reich, wie es Augustus übernahm, bildete noch ein regelloses Kon- glomerat der verschiedensten Eigenarten und Rechte, gemäfs der Vergangen- heit der einzelnen Völker und Gemeinden und entsprechend den Umständen, unter denen sie sich mit Rom vereinigt hatten. Erst die kaiserliche Re- gierung fand Zeit und Gelegenheit, den Ausgleich vorzunehmen. Wie die Klientelkönigreiche eingingen, so verloren auch die freien Städte ihre Sonder- rechte; nicht anders als in Italien gerieten auch in Asien die Gemeinden in finanzielle Schwierigkeiten; dadurch wurde seit Nerva das Eingreifen kaiser- licher Korrektoren nötig, deren außerordentliches Amt sich zu einer regel- mäßigen Institution auswuchs, was praktisch die Aufhebung der städtischen Autonomie bedeutete. 2) So verscliwanden die Sonderrechte der Gemeinden. In fast allen Provinzen dringt überdies die Munizipalverfassung und das mit ihr verbundene Steuersystem ein. Dazu kommt die durch Kolonisationen und Verpflanzung beförderte Vermischung der verschiedenen Volksstämme und der ausgleichende Einfluß des Heeresdienstes, der die Angehörigen der Legionen alle zu Römern machte. Durch das Heer wurde das Bürger- recht in den Provinzen weit verbreitet, die provinziellen Eigentümlichkeiten schliffen sich ab und der Partikularismus des Stammesgefühls wich dem Begriff eines universalen Reichsbürgertums. Die Aristokratie der Provinz fand Aufnahme in den römischen Ritterstand und Eingang in den Senat; nicht nur Gallien erhielt das ins honorum, sondern auch die Hellenen: seit Hadrian begegnen vornehme griechische Kleinasiaten wie Flavius Arrianus in hohen römischen Ämtern. Die constitutio Äntoniuiana, durch die Caracalla mit einem Federstrich allen freien Reichsangehörigen das Bürgerrecht ver--

') Ptolem. Geogr. I 8. Römische Münzen 2) Mommsen, Rom. Staatsrecht II' 858

sind durch den Handel bis an den Kongo 1086. verschleppt worden.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian, (tj öo.) 3()^

lieh, bildet den folgerichtigen Abschluf^ einer langen Entwicklung. Der römische Kalender in der von Caesar reformierten Gestalt wird in den Pro- vinzen eingeführt') und vor allem das römische Recht, das individuellste und wertvollste Erzeugnis des römischen Wesens, das allerdings die ein- heimischen Nationalrechte nicht zu verdrängen vermochte.

Das römische Recht 2) verdankte seine Ausbildung den hohen Aufgaben, die der Rechtsprechung durch die Weltherrschaft gestellt wurden. Als die Römer grof.^e Provinzen in Besitz nahmen, mußten sie sich den Rechts- anschauungen ihrer Bundesgenossen und Untertanen anbequemen und be- sonders die weit entwickelteren Formen des hellenistischen Rechts berück- sichtigen.^) Dabei konnte eine Wirkung auf das eigene Recht nicht aus- bleiben, das nunmehr über den engen Horizont eines Stadtrechts hinaus- wuchs und sich zum Reichsrecht erweiterte. Das Vehikel dieser Entwicklung war das prätorische Edikt, ■*) das der Prätor in Rom wie in der Provinz bei Antritt seines Amtes bekannt gab, ein kontinuierliches, aber stets wandlungs- fähiges Gesetz, das in festem Anschluß an die Judikatur der prätorischen Amtsvorgänger und doch beständig erneuert, sich den dringenden Bedürfnissen der Gegenwart, des Handels und Wandels spielend anpaßte und, wo es zweckmäßig erschien, fremde Rechtselemente sich zu eigen machen konnte. Auf diese Weise vermied das römische Recht die Gefahren einer starren Kodifikation und fand für jedes juristische Erfordernis das geeignete Mittel: dieses Recht war gleichzeitig konservativ, was die Tradition, und elastisch, was die Weiterbildung der Normen anbetrifft. Ein großes Verdienst gebührt den Rechtskundigen, die schon frühzeitig in Ansehen standen; denn mit Vor- liebe suchten die römischen Politiker ihren Ruhm in einer genauen Kenntnis und Anwendung des Rechts, Schon die Republik hat hervorragende Juristen hervorgebracht, aber ihre eigentliche Blüte hat die Jurisprudenz erst unter den Kaisern entfaltet: seit Augustus hat sie unter dem fruchtbaren Streit zweier Schulen und entgegengesetzter Rechtsanschauungen, ^) zugleich nicht ohne Einwirkung der Philosophie, ihre Grundsätze entwickelt und sich zu einem wissenschaftlichen System ausgebildet. Der Kaiser (mit dem Senat) wird der Inhaber der höchsten Gerichtsbarkeit und nimmt rechtsweisende Befugnis in Anspruch. Ihm zur Seite, als Beisitzer und Berater, stehen die Juristen. Der Verwalter der kaiserlichen Jurisdiktion wird der Präfekt der prätorischen Kohorten, der in der Regel aus den namhaftesten zeitgenössi- schen Juristen ausgewählt Avird. Unter Hadrian und den Antoninen hat die richterliche Tätigkeit des Kaisers ihren Höhepunkt erreicht. Das römische Recht erlangt eine universelle Bedeutung.

') Zueist, wie es scheint, und zwar schon u. Leipzig 1917''^.

unter Augustus in der Provinz Asia. Die ^) Vgl. R. Mitteis, Reichsrecht u.Volks- eiuheimischen Monatsnamen bleiben; das ^ recht, 1891.

Wesentliche ist, daß das julianische Sy- *) O.IjEnel, Das edicf um ijeipefuurn, heil)'

stein durchdringt. Dittenbergek, Orientis zig 1883.

(iraeci inscr. sei. II nr. 458. ^) Ein solcher Gegensatz der Anschau-

^) G. F. PocHTA, Kursus der Institutio- ungen bestand in betrefl' des Verhältnisses

nen,hrsgg. von P.Krüger. 1. Bd. Karlowa, der Freigelassenen und Sklaven zu ihrem

Rom. Rechtsgeschichte, 2 Bde., Leipzig Herrn. Tacit.ann.XIIl 26f. 32; XIV 42ff.

1885. Paul Krüger, Gesch. der Quellen Der Senat vertrat hierbei das strengere,

und Litteratur des röm. Rechts, Leipzig der Kaiser das humanere Prinzip, welch

1888. R. SoHM, Institutionen, München letzteres sich schließlich durchsetzte.

ßßg Römische Geschichte.

Wie die Bevölkerungen, so vermischten sich auch die Kehgionen, wobei die SkLiverei und der Skhivenhandel eine nicht unwichtige Rolle spielten: denn der Sklave bringt seine Religion mit und überträgt sie in das Land und das Haus des Herrn. Vor allem waren es orientalische Kulte und Kult- gebräuche, die in den Westen wanderten, nachdem sie sich in Hellas und in Afrika schon vorher eingebürgert hatten. Die ägyptische Isis und die Mysterien des persischen Mithras fanden in weitestem Umkreis ihre Gläu- bigen; Mithras wurde namentlich von den Soldaten verelirt. ') Die Kaiser des 1. Jahrhunderts, ein Augustus, Tiberius, Claudius, Domitian bemühten sich vergeblich, die fremden Kulte von Rom fernzuhalten: diese drangen doch ein und wußten sich die amtliche Anerkennung zu verschaffen. Zu- gleich deuteten die einheimischen Religionen der Untertanen ihre lokalen Sondergötter in die Begriffe der griechisch-römischen Mythologie um, so daß man in allen Provinzen wenigstens auf den ersten Blick den gleichen Göttern zu begegnen glaubte. Der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufende Religionsübungen wurden unterdrückt. 2) Als eine Art einheitlicher Reichs- religion war der nach dem Vorbild der hellenistischen Monarchien ge- schaffene Kaiserkult gedacht, der überall in den Provinzen in ähnlicher Weise eingerichtet wurde: zur Verehrung des Kaisergottes pflegten sich die Vertreter der Provinzialstädte Avie eine Amphiktionie in gemeinsamer Fest- feier zu vereinigen. 3)

Eine in der Hauptsache gleichartige Zivilisation, das auf römischen Boden verpflanzte Kulturgut des Hellenismus hat auf friedlichem Weg alle Pro- vinzen erobert. Im Osten herrschte das Griechische vor, um sich durch die römische Herrschaft weiter über Gegenden zu verbreiten, die ihm bisher noch verschlossen waren. Der Westen war von Italien abhängig, und hier domi- nierte die lateinische Sprache: doch rissen auch vereinzelte Fäden nach dem Osten nicht ab, wie z. B. die Griechenkolonie Massalia die angestammte Verbindung aufrecht erhielt. Der Inhalt der Kultur in beiden Sprachgebieten ist dem Wesen nach so ziemlich derselbe: aber lokale Einflüsse und die Verschiedenheit der Bedürfnisse bedingten den individuellen Unterschied und die jeweilige Färbung. Die Weltstadt Rom selbst trägt einen Januskopf ; ein gut Teil der Bewohner ist griechisch, die oberen Stände und die Literaten sind zweisprachig. Im Reich schlagen die griechische und die lateinische Literatur verwandte Bahnen ein; aber das Griechische marschiert an der Spitze und erweist auch jetzt seine größere schöpferische Kraft.

Das römische Reich bildet damals, in der Zeit der Antonine und Severer, noch keineswegs eine vollkommene Einheit, ja nicht einmal ein in sich ge- schlossenes Wirtschaftsgebiet: denn noch sind die Provinzen durch Zoll- schranken voneinander getrennt. Aber alles in allem ist doch, gemessen an der früheren Zersplitterung und dem Umfang des Riesenreichs ein be- trächtlicher Grad von äußerer und innerer Einheit erreicht worden; die folgenden Generationen haben sich bemüht, diese Einheit weiter auszubauen,

^) G. WissowA, Religion und Kultus der religion wegen ihrer Grausamkeit verbot.

Römer, 19122. 87 ff. 348 ff. F. Cümont, Die Sueton. Claud. 20, 5.

Mysterien des Mithra, deutsch von G. Geh- ^) E. Beürliek. Le culte Impn-ial. sonhi-

RiCH, Leipzig 1911^, 36 ff . stoij-e etc., Paris 1891. E. Koknemank, Klio

■'') Wie Claudius die gallische Druiden- I 95 ff. O. Hikschfeld. Kl. Sehr. 471 ff.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. ")1.) 369

bis die Kräfte der alt und müde gewordenen Kulturwelt des Imperiums schließlich versagten.

51. Auflösung und Wiederherstellung des Reiches. Nach dem Tod des Severus Alexander (235 n. Chr.) wurde Maximinus vom Senat und in den Pro- vinzen als Kaiser anerkannt; i) seinen Sohn C. Julius Verus Maximus erhob er nach einiger Zeit zum Caesar. Der neue, von der Pike auf gediente Soldaten- kaiser stammte aus Thrakien oder Mösien ^) und hatte zuletzt unter Severus Alexander hohe militärische Kommanden innegehabt, jedoch nie ein senatori- sches Amt bekleidet. 3) Den Germanen brachte Maximin eine schwere Nieder- lage bei; seinen Germanensieg, den er mit persönlicher Bravour erstritt, be- trachtete er als die beste Rechtfertigung der Usurpation des Kaiserthrones. Des weiteren machten ihm Sarmaten und Daker zu schaffen; die .Sieger- titel auf Inschriften und Papyrusurkunden Sarmaticus maximus und Dacicus maximus lassen auf gewisse Erfolge in diesen Kämpfen im Donaugebiet schließen.*) Den senatsfreundlichen Kurs des Severus Alexander hat Maximin nicht eingehalten. Dieser rauhe, halbbarbarische Krieger wollte von den vor- nehmen Herren des Senats nichts wissen; er fühlte sich nur wohl inmitten seiner Armee. Die Keichshauptstadt Rom hat Maximin als Kaiser überhaupt nicht betreten. Er ging auf in seinem militärischen Pflichtenkreis. Auch religionspolitisch stellte sich Maximin in scharfen Gegensatz zu seinem Vor- gänger; gegen den Klerus der Christen, denen Severus Alexander wohlwollte, ist er von Staats wegen eingeschritten.^) Die rücksichtslose Art, mit der Maximin für die steigenden Heeresausgaben die nötigen Geldmittel eintreiben ließ, machte ihn immer verhaßter. Als daher 238 n. Chr. bei Gelegenheit einer Empörung in Afrika der hochbetagte Prokonsul der Provinz, M. Antonius Gordianus, zum Kaiser ausgerufen wurde und seinen gleichnamigen Sohn zum Mitregenten annahm, fielen Rom und Italien und mehrere Provinzen von Maximin ab.^) Zwar wurden die beiden Gordiane in Afrika von den Truppen Maximins unter dem treugebliebenen Statthalter von Numidien Capelianus rasch beseitigt, aber der Senat setzte den Widerstand gegen Maximin fort; er bestellte zuerst zur Verteidigung Italiens eine Kommission von zwanzig

») Vgl. für Rom oben S. 351 A. 4. *) Vgl. A. v. Domaszewski, Rhein. Mus.

2) Er war nicht etwa, wie Jordanis N. F. LVIII, 1903, 538 ff. Herodian, unser Getic. XV 83 behauptet, ein Gothe. bester Gewährsmann, schweigt hierüber.

3) Maximinus hat im J. 232 n. Chr. in Auf den Inschriften erscheint zuerst der Ägypten als praefectus legionis gestanden, : Siegertitel Germanicus maximus, wozu spä- wenn U. Wilcken, Philölog. 53, 1894, 95 ter die im Text genannten Ehrennamen den Pariser Papyrus (bei Mitteis-Wilcken, kommen (z. B. ILS I nr. 488 ff.). Der Sohn Grundzüge u. Chrestomathie der Papyrus- Maximus partizipiert an diesen Titeln künde I 2 nr. 41, S. 63) richtig ergänzt hat, seines Vaters.

was sehr wahrscheinlich ist. Dann scheint *) Vgl. K. J. Neomann, Der röm. Staat

er Präfekt von Mesopotamien geworden und die allgem. Kirche bis auf Diocletian

zu sein (A. v. Domaszewski, Neue Heidelb. I, Leipzig 1890, 210 ff. und unten S. 392.

Jahrb. IX, 1899, 161 f.). Zuletzt war er am ^) Über die folgenden Ereignisse siehe

Rhein praefectus tironihm des gesamten O. Seeck, Rhein. Mus. XLI 161 ff. Preuß.

Feldheeres für den Germanenkrieg und Jahrb. 56 (1885) 267 ff. (= Populäre Sehr.,

als solcher für die Ausbildung der Re- Berlin 1898, 191 ff.). Über die Chronologie

kruteu verantwortlich (M. Bakg, Hermes s. Eckhel, X>oc^r«>ia nHW(.VII293. P. v. Roh-

41,1906,304). Über Maximinus und seinen den, PW I 2621 ff. Vgl. R. Ferwer, Die

Sohn Maximus vgl. E. Hohl, PW X 852 ft\ politischen Wirren des röm. Reiches von

368 ff. Maximin bis Decius, Neisse 1875.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. ^4

^70 Römische Geschichte.

Senatoren M und wählte dann nacli dem Tod der Gordiane der jüngere war in einer Schlaclit bei Kartliago gegen Capelianus gefallen, der Vater hatte durch Selbstmord geendet aus den Zwanzig gegen den heranrückenden Maximin zwei Gegenkaiser, M. Clodius Pupienus Maximus 2) und D. Caelius Calvinus Balbinus; auf Verlangen der Truppen und des Volks wurde so- dann der dreizehnjährige Enkel Gordians i, der Schwestersohn Gordians II. M. Antonius Gordianus (III) zum Caesar erhoben.'^) Maximin war im An- marsch gegen Italien; aber bei der langen und beschwerlichen Belagerung von Aquileia empörten sich seine Truppen, erschlugen ihn samt seinem Solm und gingen zum Senat über.

Inzwischen hatten sich während der Thronwirren die auswärtigen Feinde Roms geregt; die Gothen und Karpen waren in Mösien eingefallen und die Perser hatten Mesopotamien angegriffen. Maximus und Balbinus schickten sich daher an, ins Feld zu ziehen. Aber sie standen untereinander in keinem guten Einvernehmen und entfremdeten sich die haujjtstädtischen Truppen^ die für ihre Privilegien fürchteten. So kam es, daß sie vor dem Auszug bei den kapitolinischen Spielen 238 n. Chr. in Rom nach etwa dreimonat- licher Regierung erschlagen wurden ;'^) Gordianus III wurde so alleiniger Herrscher. Aber der hilflose Knabe war zvi einer selbständigen Regierung noch nicht fähig. Aus den ersten Jahren nach der Thronbesteigung ist fast nichts bekannt; 240 n. Chr. wurde in Numidien ein Empörer Sabinianus überwunden. Im nächsten Jahr vermählte sich der Kaiser mit Furia Sabinia Tranquillina, der Tochter des C. Furius Timesitheus; von seinem kaiserlichen Eidam zum Prätorianerpräfekten gemacht, riß Timesitheus die eigentliche Führung der Geschäfte an sich.^) Da die Perser (unter Sapor I) nach der Eroberung Mesopotamiens (241 n. Chr.) Syrien bedrohten, so unternahm Gor- dian mit großer Heeresmacht einen Feldzug gegen sie (242 n. Chr.). Unter- wegs trieb er die Gothen und Karpen zurück, die über die Donau vor- gedrungen waren. Die Perser wurden in einer großen Schlacht bei Resaina in Mesopotamien geschlagen und das Verlorene zurückerobert. Aber während des Feldzugs raffte eine Krankheit den Timesitheus hinweg (243 n. Chr.). Sein Nachfolger in der Präfektur, der Araber M. Julius Philippus, machte bei den Soldaten Stimmung für sich und gegen den schwachen Kaiser, und als dieser sich des illoyalen Präfekten zu entledigen suchte, holte Philippus zum Schlag aus und ließ den Gordian, zu dem man kein Vertrauen hatte,

') Vgl. A. V. DoMASZEwsKi, Eheiii. Mus. dicwits Sempronlanus Romamis Africanus{d9v

LVIII 538 ff. Vater und der Sohn). Vgl. ILS I nr. 493.

2) Über seinen Namen vgl. Mommsen, Bereits am 11. Mai 238 n. Chr. waren die

Zeitschr.f.NumismatikVIII26. A.v.Doma- drei Kaiser Maximus, Balbinus und Gor- szEwsKi, Festschr. f. Th. Gomi^erz 233. | dian III im Amt. CIL VI 816.

^) S. den Stammbaum bei P. v. Rohden, *) A. v. Domaszewski, Rhein. Mus. LVII

PW 12(519 f. Es. ist bezeichnend für den (1902)509.

Stand unserer Überlieferung, daß latei- '") Seine Ämterlaufbahn und sein voll-

nische Autoren, wie Aurelius Victor und ständiger Name (C. Furius Sabinius Aquila.

Eutrop nur zwei Gordiane kennen; das Timesitheus) ist durc-h die Lyoner In-

Richtige haben die Griechen, deren Zeug- schritt ILS I nr. 1380 bekannt. Vgl. A.

nis durch die Monumente bestätigt wird. v. Domaszewski, Rhein. Mus. N. F. LVIII

Lanckoronski, Städte Pamphvliens u. Pisi- (1903) 218 ff. Kkaüss ebdas.630. Rühl ebda

diens I 168. Die beiden ersten Gordianc LXII (1907) 4 ff. A. Stein, PW VII 364 ff.. heifsen vollständig: Marcus Antonius Gor-

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. •■)!.) i]~l

244 n. Chr. bei Zaitha am Euphrat auf dem Marsch nach Ktesiphon ermorden und sich selbst zum Kaiser ausrufen. Der neue Herrscher i) kam rasch zum Frieden mit Persien. In Rom fand er erst nach einigem Schwanken An- erkennung; gegen ihn erhoben sich mehrere Prätendenten, darunter Jota- pianus in Kappadokien oder Syrien, der sich bis in die Anfänge der Re- gierung des Decius behauptet zu haben scheint.^) Seinen gleichnamigen Sohn nahm Kaiser Philippus zum Mitregenten an. Die Ironie des Schicksals hat es gefügt, dafs unter den beiden Kaisern arabischen Geblüts Rom das pomjD- haft gefeierte Jubiläum seines tausendjährigen Bestehens beging (248 n. Chr.). In Wirklichkeit war die Zeit nicht eben zu frohen Festen angetan: ge- rade unter den Philippi beginnt sich das Unglück des Reiches zu häufen: die Schwächung des kaiserlichen Ansehens durch Usurpationen, die Unzu- verlässigkeit der Armee, der finanzielle Ruin, der harte Steuerdruck, die Einfälle der Grenzvölker und verheerende Krankheiten, das alles wirkte verhängnisvoll zusammen. Bei den Nachbarn und nicht nur bei den Persern (S. 350) waren bedeutsame Veränderungen eingetreten. An den germani- schen Grenzen hatten sich die einzelnen Stämme zu größeren Völkerbünd- nissen zusammengeschlossen. Wo die Germanen mit den Römern in Be- rührung kamen, erwiesen sie sich als deren gelehrige Schüler besonders in militärischer Hinsicht. Am obergermanischen Limes tauchten schon unter Caracalla die Alamannen auf, am Mittel- und Unterrhein die Franken und östlich von ihnen an der Nordsee die Sachsen, die zu Schiff die gallischen und britischen Küsten heimsuchten. 2) Ostgei-nianische Stämme, die Gothen mit ihren Verwandten, denVandalen, Langobarden u.a., hatten sich in Bewegung gesetzt,'^) die Gothen hatten den Pontos erreicht und wurden an der unteren Donau Nachbarn des Reichs.^) Sie eroberten, wahrscheinlich unter Severus Alexander, Tyras. Beim Sturz des Maximinus (238 n. Chr.) gingen sie mit den Karpen, einem dakischen Stamm, über die Donau und nahmen Istros ein. Auf dem Weg nach dem Orient v/arf sie Gordianus III zurück, bewilligte ihnen aber zugleich Jahrgelder (242 n. Chr.). Philippus hat 245 247 n. Chr. teils selbst, teils durch Legaten siegreich mit ihnen gekämpft. 248 n. Chr. erneuerten sich die Angriffe der Gothen, wobei ihnen die Usurpation des

') Vgl. über ihn E. Stein, PWX755ff. ! wird vermutet, daß sie mit den Semnonen

Sein Christentum ist legendär. zusammenhängen, die früher östlich der

-) Jotapianus rühmte sich der Zuge- Elbe wohnten. Müllenhoff, Deutsche

hörigkeit zum Haus Alexanders, womit Altertumskunde lY 523 f.

Severus Alexander gemeint sein dürfte. ■*) Das erste Stadium der Wanderung

Aurel.Vict. Caes. 29, 2. Ein anderer Gegen- ist schon zur Zeit der Markomannenkriege

kaiser ist Julius Aurelius Sulpicius Ura- ! des M. Aurelius vollendet. Damals sind

nius Antoninus, der sich in Syrien erhob, Vandalen und Langobarden bereits den

nach dem Zeugnis der Münzen das Mil- Donauvölkei-u benachbart,

lennium feierte und noch das J. 253/254 5) KaspakZeuss, Die Deutschen und ihre

n. Chr. erlebte. Indes setzt ihn die litera- Nachbarstämme, 1837, 401 f. L.Schmidt,

rische Überlieferung schon unter Severus Gesch. der deutschen Stämme bis zum

Alexander (Zosim. I 12, 2. Syncell. p. 674 ; Ausgange der Völkerwanderung I 1 (bei

ed. Bonn.), weshalb Mommsen vermutet, es ' Sieglin, Quellen u. Forschungen z. alten

habe zwei Prätendenten mit Namen Üra- Gesch. u.Geogr., Heft 7, Berlin 1904). Das

nius gegeben. Vgl. PIR II 170 nr. 125. Werk von Zeuss ist grundlegend für die

^) Die Sachsen {^ä^orec) nennt als öst- \ germanische Stammesgeschichte. Vgl. Ed.

liehe Nachbarn der Chauken schon Ptole- Norden, Die germanische Urgeschichte in

maeusGeogr. 1141,7. Von den Alamannen Tacit. Germania, Leipzig-Berlin 1920, 1 f .

24*

l^-jo Römische Geschichte.

Ti. Claudius Marinus Pacatianus, des Legaten von Pannonien und Mösien, der sich zum Kaiser ausrufen ließ, zu statten kam. Zur Beruhigung und Sicherung der Provinz schickte Philippus den angesehenen Senator C. Messius Quintus Traianus Decius mit starkem Aufgebot nach Mösien. *) Er wurde von den Soldaten mit dem Purpur geschmückt, worauf er sein Heer nach Italien in Marsch setzte. Philippus fiel gegen ihn in einer Schlacht bei Verona (249 n. Chr.), der jüngere Philippus, der in Rom zurückgeblieben war, nahm im Prätorianerlager ein gewaltsames Ende.

Der neue Kaiser Decius stammte aus Unterpannonien, und mit ihm be- ginnt die Reihe der illyrischen Kaiser. Wie üblich, bestellte er seine Söhne Q. Herennius Etruscus Messius Decius und C. Valens Hostilianus Messius Quintus zu Caesaren und damit zu Thronerben. Decius ist der erste, der eine allgemeine systematische Verfolgung der Christen anordnete, die dann Valerian fortsetzte. 2) Zunächst mußte Decius einen Aufstand in Gallien dämpfen; hierauf wandte er sich gegen die Gothen, die inzwischen unter Kniva Mösien und Thrakien überflutet hatten. Unsere dürftigen Berichte über seine Kämpfe mit den Barbaren lassen erkennen, daß der Erfolg wechselte, ^j Die Gothen belagerten Nikopolis und eroberten nach einem Sieg über den Kaiser sogar Philippopolis, das ihnen L. Priscus verriet, der mit ihrer Hilfe das Imperium zu erlangen hofPte. Decius sammelte neue Streitkräfte und nötigte die Feinde zum Rückzug. Es scheint nun, daß Decius ihnen im Verein mit dem Statt- halter Mösiens C. Vibius Trebonianus Gallus den Weg verlegen wollte. In den sich entspinnenden Kämpfen erlitt zuerst der kürzlich zum Augustus erhobene jüngere Decius und dann auch der tapfere kaiserliche Vater bei Abrittus in Niedermösien, also auf römischem Reichsboden, den Heldentod (spätestens Anfang Juni 251 n. Chr.).-^) Verrat von Seiten des Gallus soll bei der Katastrophe mit im Spiel gewesen sein. Das verwaiste Heer rief den Gallus zum Kaiser aus. Hostilianus, der zweite Sohn des Decius, blieb Mitkaiser und wurde der Adoptivsohn des neuen Augustus, der seinen leiblichen Sohn Gallus Volusianus zum Caesar machte. Die Gothen erhielten freien Abzug und die Bewilligung von Jahrgeldern; aber die schmählich erkaufte Ruhe war nicht von Bestand; denn bald drangen die Barbaren von neuem über die Donau vor und setzten sogar nach Kleinasien über. Unter Trebonianus Gallus hielt vom Orient her die Pest ihren Einzug, um fünfzehn Jahre lang die Bevölkerung heimzusuchen; unter ihren zahllosen Opfern befand sich auch Kaiser Hostilianus.'') Ein Sieg über die Gothen führte den Statthalter Mösiens, M. Aemilius Aemilianus, auf den Thron; Gallus und Volusianus

') Vielleicht schon 248 n. Chr. : denn Vgl. P. M. Meyer, Abhandlgg. d. Berl. Akad dieses Jahr wird in einigen Inschriften als 1910. W. Schubaet, Einführung m die das erste des Decius gerechnet: Mommsen, Papyruskunde, Berlin 1918, 363. 370.

BhU. deir instit. 1865 p. 27 ff.; vgl. PIR II 368 nr. 373 und W. Liebenam, Fasti con- sulares imp. Rom. 113.

^) Der Verfolgung entging, wer das von

') Ammian. XXXI 5, 15 ff. : Jordanis Get. 101; Zosimos I 21 ff. ; Zonaras XII 20. De- xippos fr. 16 a. Aurel. Vict. 29. B. Rappa- poRT. Die Einfalle der Goten in das röm.

allen Bürgern geforderte Opfer leistete Reich (Leipzig 1899) 38 ff.

und sich diesen Akt behördlicherseits ! •*) Über das Datum vgl. Che. Hülsen,

bescheinigen liefs. Solche Opferausweise j Röm. Mitteilungen 17, 1902, 167 ff.

{hbeUi; daher die Bezeichnung liheUaiici \ ^) Nach anderer Version (Zosim. I 25, 3)

für abtrünnige Christen) sind neuerdings j wäre Hostilianus von Gallus beseitigt

in Ägypten auf Papyrus gefunden worden. \ worden.

. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis aixf Diokletian, (i; •")l.) ;>~3

wurden, als der Gegenkaiser sich Rom näherte, bei Interanina von ihren Truppen verlassen und erschlagen (253 n. Chr.). Aber noch in demselben Jahr ereilte den Aemilianus nach wenigen Monaten seiner Kaiserherrlich- keit dasselbe Geschick; denn in Rätien machten die Legionen einen neuen Kaiser, den Konsular P. Licinius Valerianus; schon in einer Inschrift vom 22. Oktober 258 n. Chr.') erscheint er mit seinem Sohn P. Licinius Egnatius Gallienus als Lnperator. 2) Der ältere Sohn des Gallienus, P. Licinius Cor- nelius Valerianus, 2) wurde bald darauf zum Caesar und Mitregenten ernannt.

Unter Valerianus und Gallienus brach von allen Seiten das Unheil über das Reich herein: Alamannen und Franken überschritten den Rhein; die Küsten wurden von den Sachsen verheert; in Mauretanien erhoben sich die Gebirgsstämme, die sog. Quinquegentiani, und fielen (258 259 n. Chr.) ins benachbarte Numidien ein;*) die Gothen und ihre Nachbarn zogen wiederum plündernd über die Donau, erreichten Makedonien vmd die Grenzen Achaias und hätten fast Thessalonike erobert; Dacien ging größtenteils verloren (etwa 257 n.Chr.). Ln Osten machten die Perser einen Vorstoß; sie brachten Armenien in ihre Gewalt und bedrohten die römischen Provinzen; 256 n. Chr. nahmen sie Antiochien. Die beiden Kaiser teilten sich in die Arbeit; Gallienus ging nach Gallien und führte, im Bund mit germanischen Stämmen, den Krieg an der Rheingrenze. °) Valerianus begab sich in den Orient, um die asiatischen Provinzen zu schützen. Antiochien gewann er wieder zurück (etwa 257 n. Chr.) und wandte sich dann gegen die Perser, die Edessa in Mesopotamien belagerten. Hier erlitt Valerian eine Niederlage und geriet selbst in Feindeshände (260 n. Chr.);^) in der schmachvollen Gefangenschaft der Perser ist der römische Kaiser verstorben. Den Orient überfluteten die Perser, die Antiochien, Tarsos und Caesarea in Kappadokien eroberten.

Die Gefangenschaft Valerians machte bei Freund und Feind den tiefsten Eindruck; die Grenzvölker griffen nun mit verdoppeltem Eifer an. Gallienus war nicht mehr in der Lage, das Reich zu schützen, die Provinzen waren oft auf sich selbst angewiesen; bei der Ohnmacht der Regierung und der Zerrüttung der Disziplin wurden häufig in den Provinzen Gegenkaiser auf- gestellt, zumeist Kriegsleute, deren Schutz man sich anvertrauen wollte. Es ist die Zeit der sog. dreißig Tyrannen,') wobei unter Tyrann der nicht

1) ILS I nr. 5S1. Lehner, Westdeutsche Zeitschr. XV 260 f.

2) Zur Geschichte des GalHenus vgl. Nissen, Novaesium (Bonner Jahrb. 1904 A. V. DoMASZEwsKi, Eheiu. Mus. LVII (1902) Bd. 111/112 S. 96. 251).

510 ff. L.Homo, liemie historique HS, li)lS, ^) Der Hergang wird sehr verschieden

1 a: 225 ff". erzählt. Zosinios I 36. Zonaras XII 22.

3) Er wird nicht selten mit seinem Zvir Chronologie vgl. Sadee, De imp. Ro- jüngeren Bruder Saloninus (P. Licinius manorum tertii p. Chr. saecuU temporibns, Cornelius Saloninus) verwechselt. PIE II Bonn 1891. W. Liebenam, Fasti consulares 272 f. (nr. 123f.). irnj). Rom. lU.

••) Zusammen mit den C^uinquegentia- ') Vgl. H. Peteb, Die i'ömischen sog.

nern werden die Bahares genannt. R. Cag- dreißig Tyrannen, Abhandlgg. der Sachs.

nat, L'ai-mce Romaine d'Äfrtque, 55 f. ILS Gesellsch. derWiss. 27 nr. 6, Leipzig 1909.

I nr. 1194. Der Name beruht auf einem albernen

'=) Valerianus und Gallienus nehmen den Einfall der Hisioria Äugusta ; er ist geprägt

Tiiei Germanicus Maximus Siii. Von Gallie- nach der historisch in keiner Weise

nus rührt die Befestigung von Köln und zutreffenden Analogie der „Dreißig"

wohl auch von Trier her. Auch Novaesium in Athen. Die i//«ioria J.4<//us/a bezeichnet

(Neuß) wurde damals wieder Festung. mit iijrannns den Usurpator, den Gegen-

;}7 1 Römische Geschichte.

legitimierte Usurpator verstanden werden muß. Dacien wurde erobert, die Donauprovinzen waren den Verheerungen der Gotlien und anderer Barbaren, <lie bis nach Achaia vorstießen, preisgegeben. Der obergermanisclie und rätische Limes hielt niclit stand, die Befestigungen wurden zerstört,*) die rechtsrlieinischen Besitzungen gingen verloren. Von Rätien her brachen die Alamannen in Italien ein (261 n. Chr.), und der Senat mußte Truppen auf- bieten; Gallienus eilte aus Gallien herbei, wo er seinen Sohn, den Cae.sar Cornelius Valerianus zurückließ, imd besiegte die Eindringlinge bei Mailand. Damals sagte sich Ingenuus, der Befehlshaber Pannoniens, von Gallienus los; er ist der erste unter den Tj-rannen. Gallienus eilte herbei und schlug -den Rebellen bei Mursa: ein Nachfolger erstand dem Ingenuus in Rega- lianus, der in einem blutigen Krieg ebenfalls niedergeworfen wurde. ^) Aber inzwischen, seitdem Gallienus den Westen verlassen hatte, ergossen sich die Franken über das Land, kamen bis nach Spanien und setzten sogar über das Meer. M. Cassianius Latinius Postumus, der eine plündernde Schar besiegt hatte, wurde von seinen Truppen zum Kaiser proklamiert: der C'aesar Valerianus wurde in Köln gefangen und getötet. 3) Es gelang dem Postumus, Gallien wieder von den Feinden zu säubern. Auch Spanien und Britannien fielen ihm zu, und umsonst versuchte Gallienus, ihn zu verdrängen. Postumus fand an den Franken Bundesgenossen und konnte sogar einen wenn auch vergeblichen Angriff auf Gallienus gegen Italien unternehmen: er hat zehn Jahre regiert (258—268 n. Chr.). Ihm schwebte nichts Geringeres vor als die Gründung eines unabhängigen gallo-germanischen Reiches.'*)

Im Orient konnten sich die Perser auf römischem Boden nicht behaupten: sie wurden von einzelnen Heerführern bald wieder verdrängt. Besonders ist zu nennen Septimius Odaenathus von Palmyra,^) der den Sapor zum Rückzug über den Euphrat nötigte, Mesopotamien zurückeroberte und den Persern schwere Verluste beibrachte. Aber auch hier standen Gegenkaiser auf. Zwei Brüder, T. Fulvius Junius Macrianus und T. Fulvius Junius Quietus, Söhne des M. Fulvius Macrianus, wurden im Jahr 260 zu Kaisern ausgerufen und eine Zeitlang im ganzen Kleinasien, auch in Ägypten anerkannt.'') Macrianus und sein Vater gingen sogar nach Europa hinüber: als aber Aureolus, der

kaiser, ein später Sprachgebrauch. Die i jüngeren Sohn, Saloninus, zum Caesar. „Biographien" der tijranni irlginta, eine *) Vgl. Ed. Norden, Die germanische Ur- Zahl, die in Wirklichkeit nie erreicht geschichte in Tacit. Germania, Leipzig- wurde, sind historisch wertlos. Mehrere Berlin 1920. 177 ff.

der Tyrannen existieren nur in der Phan- '") Vgl. A. v. Sallet, Die Fürsten von

tasie des Biographen, der sich Trebellius Palmyra, Berlin 1866. PIRIII2lof. nr.339.

Pollio nennt und z. B. einen Tyrannen Odaenathus war Ratsherr (decurio) von

Trebellianus frei erfindet. Palmyra und besaß den Rang eines römi-

') 259 oder 260 n.Chr. ist das Kastell sehen Konsulars, wie aus einer griechisch-

Niederbieber (bei Neuwied) zerstört wor- syrischen Inschrift hervorgeht (Lebas-

den (vgl. E. Ritterling, Bonner .Jahrb. 120, Waddington, Voi/cif/e archeologique III nr.

1912, 276). Die Besatzungstruppen, die 2602). Vgl. Mommsen, Rom. Gesch. V 427

vielfach ansässig waren, mögen mitunter Anm. -4.

geblieben sein und sich mit den Eroberern «) Vgl. PIR II 94 f. nr. 371 u. 372. A. Stein

verschmolzen haben. PW VII 253 ff. 257 f. Die Daten ägyptischer

^) Seine Gemahlin war vielleicht die Papyrusurkunden ergeben eine minde-

nur durch pannonische Münzen bekannte stens einjährige Dauer des Regiments der

Kaiserin Sulpieia Drvantilla. PIR III 290 beiden Usurpatoren. S. die Belege bei

"r. 741. Stein a. a. O. 254 f.

') Hierauf ernannte Gallienus seinen

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. 51.) 375

Peldherr des Gallieniis, ihnen entgegentrat, wurden sie von ihren Soldaten verlassen und getötet. Nunmehr vermochten sich auch Quietus und sein praefectus j)metorio Ballista in Syrien nicht mehr zu halten ; sie wurden von Odaenathus in Emesa belagert und nahmen ein gewaltsames Ende. Odae- nathus spielte noch immer den loyalen Anhänger des Kaisers Gallienus, der ihm in Anerkennung seiner Verdienste nach der Vertreibung der Perser imter dem Titel dux orlentis den Schutz der asiatischen Provinzen und Ägyptens übertrug.

Des Reiches Bedrängnis wurde gesteigert durch große Seezüge der Pontos- völker, der Boranen, Gothen, Heruler und anderer, die sich der Häfen des nördlichen Pontosufers bemächtigten und noch unter Valerian die Küsten des Schwarzen Meeres und besonders die bithynischen Städte heimsuchten (256 und 258 n. Chr.).^) Später, seit etwa 262 n. Chr., 2) erzwangen sie sich ■den Durchzug durch die Meerengen und brandschatzten die Küsten Asiens und Griechenlands. 263 n. Chr. wurde Ephesos erobert und verwüstet, 3) um 264 n. Chr. gelangten sie bis nach Galatien und Kappadokien, 266 n. Chr. fiel bei einem neuen Angriff auf Bithynien das pontische Herakleia in ihre Gewalt. Besonders schlimm hausten die Barbaren auf ihrem Raubzug von 267 n. Chr., Athen und ein großer Teil Griechenlands, Korinth, Argos und Sparta wurden von den Herulern erobert und geplündert. Ein entschlossener Athener, Herennius Dexippus, der bekannte Geschichtschreiber, rieb damals eine Schar von Plünderern auf; aber die mutige Tat blieb ohne Wirkung. Schließlich erschien eine römische Flotte im Ägäischen Meer; Gallienus selbst brachte Hilfe und schlug einen auf dem Rückzug befindlichen Barbaren- haufen in Thrakien am Nestos. Allenthalben herrschte Not und Verwüstung; zu allem Unglück setzte auch noch die Pest ihr Vernichtungswerk fort. Auch die afrikanischen Provinzen hatten zu leiden;^) sie wurden von den schon genannten Maurenstämmen der Quinquegentianer überfallen ; besonders gefürchtet war der Rebell Faraxen, der aber um 260 n. Chr. gefangen ge- nommen und hingerichtet wurde. ^) Auch dort vermehrten Gegenkaiser, wie der Maure Memor, die allgemeine Verwirrung. Mitten in diesem Chaos hielt Gallienus, dem es an Tatkraft nicht gebrach,*^) wenigstens in seiner Person die Einheit des Reiches aufrecht. Die meisten Prätendenten wurden von ihm niedergeworfen; aber die Grenzen konnte er nicht mehr schützen. Er war ganz Soldatenkaiser und nahm auf den Senat wenig Rücksicht; die Senatoren schloß er vom Heer grundsätzlich aus.'') Man wirft dem Gallienus

') Vgl. die oben S. 372 A. 3 zit. Schrift welclien Tag die Grabsehrift seines Be-

Kappapokts. Siegers datiert ist, ILS I nr. 2767 (vgl.

^) 262 n.Chr. vor der Feier der Decenna- noch nr. 1194). Cichorius, Leipziger Stu-

lien war Gallienus in Byzanz anwesend, dien X 319. A. Stein, PW VI 1998.

wo eine Meuterei der Truppen beseitigt ®) K.J. Neumann, Deutsche Lit. Ztg. 1917, wurde, wenn die rifa Gall. 7, 4 recht hat. ! 566, möchte den Gallienus allerdings zum

^) Jahreshefte des österr. archäol. In- „Typus des Neurasthenikers" stempeln im

stituts I (1898) Beiblatt 59 f. 72 f. Widerspruch gegen das günstige Urteil,

■') Auch hier wurde eine Grenzbefesti- , das A. v. Domaszewski (Gesch. der röm.

gung eingerichtet. Am Limes Tripolitanus Kaiser II 305; vgl. Rangordnung des röm.

hat Gallienus 264 n.Chr. ein Kastell er- Heeres,BonnerJahrbb. 11 7, 196) gefällt hat.

baut. Comptes rendus de Vacademie des in- ^) Einen Anfang in dieser Richtung hatte

Script. 1902, 1 S. 821 ff. schon Septimius Severus gemacht. Vgl.

'=) Vor dem 25. März 260 n. Chr.. auf oben S. 345. C. W. Keyes. The rise of the

p^~ß Römische Geschichte.

vor, dafe er über der großen Not der Zeit die Vergnügungen der Haupt- stadt nicht vergaß und sich in seinen letzten Jahren einem wüsten Genuß- leben hingab. Das sind wohl tendenziöse Übertreibungen, zu denen der Haß des zurückgesetzten Senats gegen den militärischen und politischen Reformer verf'ülirte. Der hocligebildete Kaiser, der verständnisvolle Ver- ehrer des neuplatonischen Philosophen Plotin ') ist besser als sein Kuf in der parteiisch gefärbten antiken Überlieferung.

Während des Gothenkriegs sagt sich einer der angesehensten Heerführer, Aureolus, der gegen Postumus im Felde stand, von Gallienus los. Der Kaiser mußte deshalb die Abrechnung mit den Gothen anderen überlassen, um sich selbst gegen Aureolus zu wenden, den er schlug und in Mailand ein- schloß. Hier kam es, vielleicht im Einvernehmen mit Postunms, zu einer Verschwörung der höheren Offiziere, die den Kaiser zu beseitigen und einen aus ihrer Mitte, den M. Aurelius Claudius, auf den Thron zu setzen ge- dachten. Gallienus wurde bei einem falschen Alarm hinterrücks ermordet; der neue Kaiser fand die Anerkennung des ganzen Reiches mit Ausnahme von Gallien und Britannien (2(58 n. Chr.).^)

Claudius (II) hat Italien vor den Alamannen geschützt und sich vor allem das Verdienst erworben, einen wuchtigen Angriff der Gothen zurück- zuweisen; die Gothen hatten Athen abermals erobert und die Küsten und Inseln des östlichen Mittelmeers bis nach Kypros hin verheert. Claudius schlug die Barbaren bei Naissus (Nisch) und machte viele Gefangene, die er als Kolonen auf dem entvölkerten römischen Gebiet ansiedelte oder ins Heer einstellte (269 n. Chr.). Er verdiente sich durch seinen Erfolg den Beinamen Gothiciis max'uniis.^) Aber schon 270 n. Chr. erlag der Gothen- sieger, ehe er zu weiteren Schlägen ausholen konnte, im Heerlager zu Sir- mium der Pest. Nur auf wenige Wochen erbte sein Bruder Quintillus den Thron, von dem ihn der Erwählte der Heere, L. Domitius Aurelianus verdrängte (etwa März 270 n. Chr.). Aurelianus,^) ein hervorragender Feld- herr, setzte zunächst das nationale Rettungswerk des Claudius fort; er ver- trieb nämlich die Alamannen (Juthungen) aus Rätien, die Gothen und Van- dalen aus Pannonien, und als die Alamannen von neuem bis nach Umbrien verheerend in Italien einbrachen, schlug er sie in einer Reihe von Gefechten wieder zum Land hinaus (271 n. Chr.). Um für die Zukunft vorzubeugen, wurde beschlossen, Rom und andere Städte Italiens neu zu befestigen. Die Riesenarbeit einer Ummauerung Roms wurde von Aurelian unter Heran- ziehung der Einwohnerschaft geschickt organisiert, gelangte aber erst unter seinem Nachfolger zur Vollendung. Dacien wurde ganz aufgegeben und den inzwischen dort angesiedelten Barbaren überlassen, die in der bisherigen Provinz ansässigen Römer wurden nach Mösien verpflanzt. Eine gothische

equites in the third Century of the Roman empire. Diss. Princeton 1915. Über die Wichtigkeit der Reformen des Gallienus vgl. R.Grosse, Rom. Militärgeschichte von Gallienus bis zum Beginn der byzantin. Themenverfassung, Berlin 1920, 1 ff.

^) Vgl. M.WuNDT, Plotin, I.Heft, Leipzig 1919, 36 flf.

2) Henze, PW II 245Hlf. L. Homo, De

Claudio Gothico, These, Paris 1903.

=>) 269 n. Chr. hat Claudius auch die Be- festigung von Nikaia in Bithynien wieder hergestellt. Letronne, Renteil I 221 f.

*) F. GöRRES, De primis Aureliani pri)i- cipis t empor ibus, Diss. Bonn 1868. L.Homo, Essai sitr le reqne de Vempereur Aurelieny Paris 1904. E. Groag, PW V 1347 ff.

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. (§51.) 87/

Schar, die über die Donau vordrang, wurde geschlagen und vertrieben. Als seine Hauptaufgabe betrachtete Aurelian die Wiederherstellung der Reichs- einheit. In dieser Absicht wandte er sich zunächst nach dem Orient, wo nach dem Tod des Odaenathus (266 oder 267 n.Chr.) dessen Witwe Zenobia') (Bathzabbai mit einheimischem Namen) mit ihrem Sohn Vaballath (Atheno- doros) herrschte. Zeitweilig (269 n. Chr.) nahm die Herrin von Palmyra auch Ägypten in Besitz und erwarb sich im Nilland viele Anhänger: auch ein großer Teil Vorderasiens gehörte ihr. Aurelian hatte sie, wie sein Vor- gänger Claudius, zunächst anerkennen müssen, 2) geriet aber nunmehr um den Besitz Bithyniens mit ihr in Krieg. Der Kaiser verdrängte die Gegnerin aus Kleinasien, schlug sie bei Emesa und schloß sie in Palmyra ein. Bei einem Fluchtversuch wurde Zenobia gefangen, worauf Palmyra kapitulierte. Zenobias Leben schonte der Kaiser, der die Gefangene in Rom im Triumph aufzu- führen gedachte. Ihre Hauptratgeber, darunter der Philosoph Longinus, mußten sterben (272 n. Chr.). Bald darauf empörte sich Palmyra aufs neue; Aurelian, schon auf der Rückkehr begriffen, kehrte schleunigst um und eroberte und zerstörte die Stadt unbarmherzig. Damit war die künstliche Blüte Palmyras für immer geknickt. Auch in Ägypten rebellierten Partei- gänger der Zenobia und leisteten dem Kaiser längeren Widerstand. Alexan- drien wurde deshalb von Aurelian streng bestraft; die Stadt verlor die Mauern und einen Teil ihres Gebietes (273 n. Chr.).^)

Unmittelbar nach Unterwerfung des Orients wurden auch die gallischen Provinzen wieder mit dem Reich vereinigt. Hier war um 268 n. Chr. Postumus bald nach Beseitigung eines Nebenbuhlers C. Laelianus von meuterischen Sol- daten erschlagen worden. Angeblich nur zwei oder drei Tage soll die Usur- pation eines ehemaligen Waffenschmiedes, des M. Aurelius Marius, gewährt haben. Nach dessen Sturz warf sich M. Piavonius Victorinus zum gallischen Gegenkaiser auf, um sich etwa zwei Jahre lang (um 268 270 n. Chr.) zu behaupten. Seine einflußreiche Mutter Victoria, die Zenobia des Westens, wußte nach der Ermordung des Sohnes die Legionen zur Proklamation des damaligen Statthalters von Aquitanien, C. Esuvius Tetricus, dessen gleich- namiger Sohn Caesar wurde, zu bestimmen. Tetricus regierte noch gleich- zeitig mit Claudius Gothicus, also seit etwa 270 n. Chr.*) Er hatte bei der

') Vgl. über Septimia Zenobia PIR III Imperatoren kann nur mit Hilfe der Nu-

217ff. nr. 355. F. Müller, Studien über mismatik einigermaßen aufgehellt werden.

Zenobiau.Palmyra,Diss. Königsberg 1902. Vgl. J. de Witte, Eecherches sur les em-

') Vaballath herrscht in Ägypten eine pereurs qui ont regne dans hs Gaules au

Weile (Daten vom 31. März bis 17. Nov. 3«^ siede, Lyon 1868, dazu den Bericht

271 n. Chr.) neben Aurelian ; sein viertes über einen Münzfund in Trier im Korresp.-

und fünftes Jahr entspricht dort dem er- Blatt der Westd. Zeitschr. XVIII (1899)

sten und zweiten Aurelians. Er hat sich S.54f. Von Marius gibt es zahlreiche Mün-

nämlich in Ägypten nachträglich vor- zen; er kann also nicht allzu kurz regiert

datiert und unmittelbar an Gallienus an- haben. Es gibt ferner Münzen, auf denen

geschlossen. Sein voller Name und Titel Tetricus und Postumus, ferner Tetricus

lautet: Vir clarissimus rex imperator dux Bo- und Victorinus zugleich erscheinen, end-

manorum lulius Aurelius Septimius Vaballa- lieh auch solche mit Tetricus und Clau-

thus Athenodorus. Wessely in den Papyrus dius (Eckhel VII 455; Cohen VI 115). Man

Rainer IV 55. PIR III 215 nr. 347. Prei- könnte daraus schließen, daß Tetricus

siGKE, Papyrus Straßburg IIS. 32 flf. noch mit Postumus zusammen geherrscht

') Ammianus Marceil. XXII 16, 15. hätte, de Witte setzt Postumus in die

■•) Die dunkle Geschichte der gallischen J. 258—267, Victorinus 265—268, Marius

.737(S Römische Geschichte.

Unbotmäßigkeit der Soldateska, sowie infolge von Unruhen unter dem Land- volk keinen leichten Stand; in seiner l^edrängnis ging der Usurpator schliefs- lich insgeheim den legitimen Kaiser Aurclian um Hilfe an. Dieser ließ sich nicht lange bitten; er zog nach Gallien und in der Schlacht bei Chiilons ging Tetricus '/a\ ihm über; Aurelian besiegte die führerlosen Truppen und gewann Gallien und Britannien wieder für das Reich zurück. Ein imposanter Triumph krönte seine im Orient wie im Okzident gegen die Keichsfeinde verrichteten Waffentaten (274 n. Chr.). Wie nach außen, so war Aurelian auch im Inneren bemüht, die aus den Fugen gegangene Welt wieder ein- zurenken, und so ist sein Ehrenbeiname restitiitor orbis keine hohle Phrase. Er verbesserte z. B. die sehr verschlechterte Münze, was einen Aufstand iler Münzarbeiter (inonetarä) in Kom zur Folge hatte, der in Blut erstickt wurde. Aurelian hatte ein stark entwickeltes Herrscherbewußtsein, das er •auch darin zum Ausdruck brachte, daß er sich mit dem Diadem nach orien- talischer Königssitte schmückte. Vereinzelte Münzlegenden bezeichnen den Kaiser geradezu als dens et dominus nattis. Wie einst Elagabal, so hegte auch Aurelian eine besondere Vorliebe für den Sonnengott, den sol invictus, dem er in Rom einen prächtigen Tempel errichtete imd dessen Kult er von Staats wegen rezipierte.

Aber selbst diesen machtvollen Herrscher traf schließlich der Mordstahl seines kriegerischen Gefolges. Auf einem neuen Feldzug, wohl gegen die Perser, begriffen, wurde Aurelian im Jahr 275 n. Chr. auf der Straße nach Byzanz getötet.^) Ausnahmsweise war es der Senat, der den Nachfolger bestimmte, und zwar in der Person des M. Claudius Tacitus, eines bejahrten Konsulars. 2) Der Senatskaiser schlug die Gothen zurück und kämpfte in Asien gegen die Pontosvölker, die von neuem das Land überschwemmten: aber schon nach kurzer Regierung wurde er 276 n. Chr. von seinen Truppen zu Tyana in Kappadokien erschlagen. Ein Teil des Heeres wählte an seiner Stelle den Gardepräfekten M. Annius Florianus,^) der in Rom Anerkennung

267, Tetricus 268 273 n.Chr. Abweichend - sehen Kaisermünzeu, Berlin 1870; ILS I

W. LiEBENAM, Fastl considares 115 f. Au- nr. 581. B. Rappaport a. a. O. 75. Das Da-

gustodunum, die Hauptstadt der Aeduer, tum der vita Taciti 3, 2 für die Wahl des

schloß sich an Claudius an und wider- Tacitus in Rom ist, wie die meisten der-

stand dem gallischen Herrscher sieben [ artigen Angaben der Historia Augusta,

Monate lang. Claudius wurde zu Hilfe ganz ohne Gewähr.

gerufen, konnte aber nicht abkommen. ^) Vgl. E. Hohl, Klio XI, 1911, 284 flf. Panegyr. Lat. V (VIII) 2, 5. 4, 2. Damit Nach dem Tod Aurelians soll ein halb- steht im Einklang, daß laut einer Inschrift jähriges Interregnum eingetreten sein, aus Cularo (Grenoble) im J. 269 n. Chr. bis schließlich auf den Wunsch der Sol- Claudius wenigstens einen Teil der Nar- daten der Senat den Tacitus wählte, eine bonensis beherrschte. CIL XII 2228. Den \ Version, die der ENMANNSchen Kaiser- Anfängen der Regierung des Aurelian ge- geschichte (vgl. S. 280) entstammt. Dagegen hört ein anderer durch einen Münzfund berichtet Zonaras XII 28, daß Tacitus vom bezeugter gallischer Imperator an, Domi- Heer gewählt und vom Senat bestätigt tianus. A. Stein in den Wiener Studien ' worden sei. Über die Daten der Papyrus- XXIV (1902) 339 ff. PW V 1311 f. Urkunden vgl. Klio a. a. 0. 323 f. Daß der ') Aurelian muß nach dem 29. August Kaiser Tacitus ein Nachkomme des Hi- 275 n. Chr. gestorben sein, wie aus den storikers Tacitus gewesen sei, ist eine ägyptischen Münzen hervorgeht, die sein läppische Erfindung der Historia Augusta. siebentes Jahr zählen. Auch sonst ist ') Florian ist nicht etwa der Bruder sein siebentes Jahr unzweifelhaft bezeugt. des Tacitus, wie Aur. Vict. Caes. 36, 2 in- A. V. Sallet, Die Daten der alexandrini- folge einerVerwechslung mit dem Bruder-

7. Fünfte Periode: Die Kaiserzeit bis auf Diokletian. öl.) 879

fand. Auch er hatte gothische Streifscharen in Kleinasien zu bekriegen. Aber die syrischen Legionen erhoben ihrerseits den M. Aurehus Probus,') der aus Sirmium stammte, also wieder, wie Aurehan, „Illyrier" (im weiteren Sinn) war. Daraufhin wurde Florianus, noch ehe es zum eigenthchen Kampf mit dem Rivalen kam, von seinen Leuten aufgegeben und beseitigt.

Probus vollendete in gewissem Sinn, was (Claudius und Aurelian be- gonnen hatten. Er vertrieb unter blutigen Kämpfen die nach Aurelians Tod in Gallien eingefallenen Alamannen und Franken und stellte die Rhein- grenze wieder her. Zur besseren Verteidigung wurden die gallischen Städte mit neuen Befestigungen versehen ^) und am rechten Rheinufer feste Posten eingerichtet (277 n. Chr.). Aus Rätien schlug Kaiser Probus die Burgunder und Vandalen hinaus (278 n. Chr.); den Stamm der Bastarner und zahlreiche Germanen siedelte er auf römischem Boden an und verstärkte aus ihnen sein Heer. 3) In Asien wurden die Isaurer bezwungen, die seit Gallienus sieh unabhängig gemacht hatten; den letzten Widerstand leistete das feste Kremna (279 n. Chr.). Gleichzeitig unterdrückten die kaiserlichen Feldherren einen Aufstand in Oberägypten, den die räuberischen Grenznachbarn, die Blemyer, unterstützt hatten. Die von den Eindringlingen besetzten Städte Koptos und Ptolemais wurden zurückgewonnen. Aber Probus hat nicht nur Kriegstaten, sondern auch Friedenswerke aufzuweisen; er machte sich um die Landwirtschaft verdient und förderte den Weinbau in Gallien und Pannonien. Unter den Soldaten, die er, wenn sie militärisch nicht gebraucht wurden, zu produktiver Kulturarbeit verwendete, hielt er gute Zucht. Er betrachtete das Heer so wenig als Selbstzweck, daß er in Kürze dessen völlige Entbehrlichkeit verhieß, eine pazifistische Hoffnung, die freilich trüge- risch war. Mit Aurelian verglichen, erscheint er als der Mildere; auch er- wies sich Probus entgegenkommender gegen den Senat, dessen gestrenger „Pädagog" sein Vorgänger gewesen war. Unangefochten sollte auch seine Herrschaft nicht bleiben; in Syrien wurde Saturninus mit dem Purpur ge- schmückt (279/80 n. Chr.), im Westen erhoben sich Bonosus und Proculus,^) in Britannien rebellierte der Statthalter. Aber diese Unruhen ließen sich rasch unterdrücken. Doch machte sich Probus bei den Soldaten, die er aller- dings nicht verwöhnte, so unbeliebt, daß sie den Prätorianerpräfekten M. Au- relius C^arus zum Kaiser ausriefen. Probus wurde in Sirmium nach sechs- jähriger Regierung erschlagen (282 n. Chr.). Carus erhob seine beiden Söhne Carinus und Numerianus zu Caesaren und übertrug, während er selbst zu- nächst in Pannonien gegen die Sarmaten Krieg führte, dem Carinus den

paar Claudius-Quintillus angibt, ein Irr- kische Schar wußte sich Schiffe zu ver-

tum, den sich die schwindelhafte Historia schaffen und machte sich auf den Heim-

Augusta bereitwilligst zu eigen macht; weg, landete plündernd in Griechenland,

vgl. E. Hohl, Klio XI 310 f. Sizilien und Afrika und erreichte glück-

*) 'B.Böhm, De M. Aur. Probo imp. Romano, lieh wieder die Heimat, die Eheinmün-

Diss. Breslau 1867. E. Dannhäuser, Unter- düngen. Zosim. I 71.

such. z. Gesch. des Kaisers Probus, Diss. ■•) Auf einer Inschrift aus Tarraco vom

Jena 1909. J. 280 n. Chr. ist der Name des Probus

'^) AdkienBlanchet, Li's enceintes Romaities eradiert (CIL II 3738. ILS I nr. 597). Wenn rfc/rtGa?</e, Paris 1907. In diesen Zusammen- dies, wie wahrscheinlich, mit dem Auf- hang gehören auch die Befestigungen von stand des Proculus und Bonosus zu- Trier und Köhi. Oben S. 373 A. 5. sammenhängt, so kann derselbe frühestens

■') Eine in Thrakien angesiedelte frän- 280 n. Chr. gesetzt werden.

^^^0 Römische Geschichte.

Grenzschutz in Gallien, das nach Probus' Tod aufs neue bedroht war. Dann mußte sich Carus den Persern zuwenden, gegen die sclion Aurelian und später Probus einen Feldzug vorbereitet hatten; Carinus wurde zum Augustus befördert ^) und blieb als Regent im Westen zurück. Carus drang über den Tigris bis Ktesiphon vor, schlug die Perser, kehrte mit großer Beute zurück und sicherte den Besitz Armeniens und Mesopotamiens. Aber er sollte sich seines Erfolges nicht lange erfreuen : vor Abschluß des Feldzuges wurde er am Tigris in seinem Zelt vom Blitz erschlagen (283 n. Chr.).^) Der Caesar Numerianus, der den Vater begleitet hatte, führte das Heer zurück, wnirde aber schon dreißig Tage später unterwegs vom Gardepräfekten Aper er- mordet, der sich selbst Hoffnung auf den Thron gemacht hatte: aber nach- dem der von Aper verheimlichte Tod Numerians ans Licht gekommen war, wählte das Heer bei Nikomedien den C. Valerius Aurelius Diocletianus (17. September 284 n. Chr.). 3) Inzwischen hatte in Rom Carinus das Imperium übernommen. Er wird als roher, gewalttätiger Mensch geschildert. Einen Nebenbuhler Sabinus Julianus (M. Aurelius Julianus), der sich nach dem Tod des Carus in Oberitalien erhoben hatte, beseitigte er bei Verona. Dann zog er dem Diokletian entgegen, mit dem er am Margus in Mösien zu- sammenstieß; in der Schlacht, die anscheinend für ihn siegreich war, wurde Carinus von seinen eigenen Leuten niedergemacht. Diokletian behauptete das Feld (285 n. Chr.).

Literatur: Jakob Burckhakdt, Die Zeit Constantins d. Gr., 2. Aufl., Leipzig 1880, 1. Abschn. Th. Bernhardt, Politische Geschichte des röm. Eeiches von Valerian bis zu Diokletians Regierungsantritt, Berlin 18<>7. J. Oberdick, Die römerfeindliche Bewegung im Orient, Berlin 1869. B. Rappaport, Die Einfälle der Goten in das Römische Reich bis auf Konstantin, Leipzig 1899.

Vni. Sechste Periode der Geschichte Roms: Die Kaiserzeit Ijis zum Ende der ostgothischen Herrschaft in Itahen.

Quellen: Die zusammenhängende Geschichtschreibung knüpft an die Darstellungen der früheren Periode an und setzt sie ihrerseits fort. Das umfassendste Werk, das den gröfsten Teil auch der vorhergehenden Epoche behandelte, sind die Res gestae des Antiocheners Ammianus Marcellinus, ^) der unter Constantius II im kaiserlichen Heeresdienst stand, sich dann, im Jahr 360 n. Chr., ins Privatleben zurückzog, dessen Muße er nur noch einmal durch seine Teilnahme an dem Perserzug Julians unter- brach. Ammianus, der den großen Wurf einer Fortsetzung des Tacitus wagte, begann demgemäß mit Nerva (96 n. Chr.) und schloß mit dem Untergang des Valens (378 n. Chr.) ; er schrieb in Rom um 39U n. Chr. und in den folgenden Jahren. Erlialten sind nur die Bücher 14 31, in denen der Autor die eigene Zeit von 353 378 n. Chr. schildert; also muß die vorausgehende Geschichte verhältnismäßig knapp erzählt worden sein. Der Verfasser, von Geburt Grieche, fühlte sich sozusagen als Wahl- rümer, wie er sich dema auch der lateinischen Sprache bediente, was ihm nicht

*) IG IX 2 nr. 222. die Feier der Vicennalien im November

'^) Nach anderer Version wäre er er- 303 n. Chr. die Erhebung Diokletians auf

mordet worden. den 17. November 284 n. Chr.

^) Das Datum nach Chron. Pasch. I p. 510 ■*) Vgl. W. Klein, Studien zu Ammian.

ed. Bonn. O. Seeck, Zeitschr. für Numis- Marcell.. Klio, 13. Beiheft, 1914.

matik XII 131 datiert mit Rücksicht auf

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrsch, in Italien. (C^uellon.) 381

eben leicht fiel; er war Heide, stand aber dem Christentum tolerant gegenüber. Ammian ist ein warmer Verehrer Julians, den er jedoch mit Objektivität beurteilt und dessen Fehler er nicht verschweigt. Die Darstellung ist, dem Zeitgeschmack entsprechend, stark rhetorisch und mit mannigfaltigen Exkursen, besonders geo- graphischen Inhalts, durchsetzt. Alle anderen zeitgenössischen Quellen übertrifit Ammian an Wert und Unparteilichkeit bei weitem; wo sein Werk aufliört, da be- ginnt ein starkes Nachlassen unseres geschichtlichen Wissens. Im übrigen ist die eigentliche Geschichtschreibung fast ganz in den Händen griechischer Schriftsteller, von denen die hervorragendsten genannt seien. So schrieb Eunapios von Sardes, ein berühmter Rhetor, Verehrer Julians und Widersacher der Christen,') nach 414 n. Chr. in 14 Büchern die Geschichte der Jahre 270—404 n. Chr. und zwar in Fort- setzung des Dexippos: doch war die Zeit vor Julian nur in kurzem Überblick ge- geben. An ihn schloß sich Olympiodoros an, ein Ägypter aus Theben, der in 22 Büchern die Zeit von 407—425 n.Chr. eingehend darstellte; er widmete sein Werk dem zweiten Theodosius. Vornehmlich Eunapios und Olympiodoros sind, wie sich aus ihren Exzerpten ergibt, von Zosimos benutzt worden, dessen noch erhaltene Neue Geschichte {foTogia vm) nach kurzer Einleitung die Jahre 270 410 n. Chr. darstellt. Der Schlafs fehlt. Wie seine beiden Vorgänger war auch Zosimos ein An- hänger der alten Religion und Gegner der Christen; er scheint gegen 450 n. Chr. geschrieben zu haben; doch ist die Zeit strittig. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts lebte der Rhetor Priskos, der die Geschichte seiner Zeit, namentlich der Hunnen und des Attila, schrieb; wir besitzen daraus für die Jahre 433 468 n. Chr. noch umfangreiche und sehr wertvolle Fragmente.^) Wahrscheinlich nach dem Tod Kaiser Zenons schrieb Malchos von Philadelpheia in Syrien die Geschichte von 474—480 n. Chr.,3) ferner schilderte der Isaurer Candidus die Zeit der Kaiser Leon und Zenon (457—491 n. Chr.). Ein kürzerer Abriß der allgemeinen Geschichte bis zum zwölften Jahr des Anastasios stammte aus der Feder des Syrers Eustathios von Epiphaneia."*) Unter den Kaisern Anastasios I, Justinus I und Justinianus lebte Hesychios von Milet, der in seiner Chronik ebenfalls die ganze Weltgeschichte von Anbeginn bis zum Tod des Anastasios (518 n. Chr.) zusammenfaßte. Bedeutender war der Patrizier Petros (Petros Patrikios), Staatsmann und hoher Beamter im Dienst Justinians. Er hinterließ eine Geschichte der Kaiser bis etwa Julian und hat vielleicht auch den Cassius Dio fortgesetzt. Der Historiker der justinianischen Zeit ist Prokopios von Caesarea in Palästina, ein im Staatsdienst vielfach be- schäftigter Mann, Begleiter und Beirat des Belisarios im vandalischen, gothisehen und persischen Krieg. ^) Sein großes Werk {iotooihöv) in acht Büchern erzählt die Geschichte des vandalischen, gothisehen und persischen Krieges, mit einem achten Buch als Supplement. Der Hauptteil ist 550/51 n. Chr. abgefaßt, das achte Buch 554 n. Chr. oder etwas später. Es wird ergänzt durch die Anekdota. auch hisforia arcana genannt, eine gegen Justinianus und Theodora gerichtete Sehmähschrift. Sein drittes Werk ist die für die Kenntnis der Zeit sehr wichtige Geschichte der Bauten Justi- nians (jiegi xriojimwv, de aedificiis). Prokopius ist Klassizist, Nachahmer besonders des Thukydides. Er ist als Zeitgenosse ein Quellenschriftsteller von unschätzbarem Wert; für die vor seiner Zeit liegenden Ereignisse muß er jedoch mit Vorsicht benutzt

') Die erste Auflage enthielt solche Aus- j *) So nach Photios bibl. cod. 78 und

fälle gegen die Christen, daß man später i den erhaltenen Exzerpten. Nach Suidas

■eine neue Ausgabe {>'sa sxdoaig) veran- i schrieb er von Konstantin bis Anastasios.

staltete, in der die anstößigen Stellen •») Das Werk hatte zwei Teile, der eine

gestrichen waren. | gab die Sagengeschichte bis zum Fall Tro-

•-) Priskos begleitete den Marcellinus | jas, im zweiten folgte die historische Zeit,

auf einer Gesandtschaft an den Hof^des j ") Felix Dahn, Procopius von Caesarea,

Attila. 448 n. Chr. Berlin 1865.

l>^-2 Römische Geschichte.

werden. Sein Furtsctzer uikI jiinjjcrcr Zeitgenosse ist Agathias von Myrina, der in seinem Werk über .Justinian (.Tfol rT/g 'lovnTirtavov ßanÜFiag) die Gescliichte der .Jahre .%2 -.558 n. Chr. liinzugegeben hat. Endlich sind wichtige Nachrichten erhalten in der Weltchronik des Johannes von Antiochien, der im 7. .Jahrhundert aus nam- haften Vorgängern, unter denen sich auch Cassius Dio und die obengenannten .S<-liritt- steller befinden, seine vielgelesene Weltgeschichte kompiliert hat, von der noch be- tleutende Reste übrig sind.')

Die lateinische liistorische Literatur dieser Periode steht, abgesehen von Am- mianus Marcellinus, der griechischen an Mannigfaltigkeit und Wert weit nach. Es sind meist nur knappe Kompendien erhalten, die trotz aller Dürftigkeit in Ermanglung eines Besseren dennoch von Wert sind, so die Caesarea des Sex. Aurelius Victor,') d. i. ein biographischer Abriß aller Kaiser von Augustus bis Constantius II, unter dessen Regierung der Autor schrieb (360 n.Chr.); ferner die mit den Caesares zugleich über- lieferte epüonie de CaesarUms, die bis Theodosius I geht. Verwandter Art ist das dem Kaiser Valens gewidmete breviarlum der ganzen römischen Geschichte von E u t r o p i u s , das bis zum Tod Jovians (364 n. Chr.) geht; und die Schrift adversus paganos des spani- schen Priesters Paulus Orosius, im Jahr 417 n. Chr. dem Augustinus zugeeignet und bis auf die eigenen Tage hinabgeführt, eine Widerlegung der heidnischen Be- hauptung, als sei alles Unheil jener Zeit durch den Abfall vom alten Götterglauben verschuldet. Die Zeit von der Abdankung Diokletians bis zum Tod Konstantins (337 n. Chr.) und die Geschichte Odoakars und Theoderichs (474 526 n. Chr.) be- handeln zwei ganz heterogene Exzerpte, das erste betitelt oi-iyo Constantinl itnperatoris; beide pflegt man unter dem Namen des Anonymus Valesianus zusammenzufassen, weil sie von Valesius im Anhang seiner Ammianausgabe (1636) erstmalig zum Ab- druck gebracht wurden.') Sonst hat sich die lateinische Geschichtschreibung wesent- lich nur in kurzen Chroniken fortgesetzt, die so für die letzte Zeit des Kaiserreichs besondere Bedeutung gewinnen.^) Im Anfang steht die bis 325 n. Chr. reichende griechische Chronik des Eusebios (vgl. oben S. 281 A. 2) und ihre Übersetzung und Fortsetzung (bis 378 n. Chr.) durch Hieronymus. Hieronymus wird, jedoch in anderer Form, von dem Aquitaner Prosper Tiro wiederholt und in der zweiten Bearbeitung bis 455 n. Chr. fortgesetzt, um welche Zeit der Verfasser in Rom schrieb. Eine Fortsetzung Prospers bis 581 n. Chr. gab Marius, Bischof von Aventicum, eine andere bis zum Jahr 489 n. Chr. und weiter ist erhalten in einer Kopenhagener Handschrift. An Hieronymus schließen sich an die oströmischen Annalen des Mar- cellinus Comes zuerst bis 534, später bis 566 n. Chr. fortgesetzt. Hierzu kommt die Chronik der Jahre 379 468 n. Chr. des Sj^aniers Hydatius (Idacius). Hydatius war Bischof von Aquae Flaviae in Gallaecien und erzählt die Ereignisse von 427 n. Chr. ab als zuverlässiger Zeitgenosse. Endlich seien noch erwähnt die anonyme Chronik der Jahre 47 v. Chr. bis 539 n. Chr., der sog. Anonymus Cuspiniani, der namentlich zur Geschichte der Jahre 455 496 n. Chr. wertvolle Beiträge gibt, und die bis 519 n.Chr. reichende Weltchronik des Cassiodorus Senator, sowie die etwas anders geartete Chronik des Sulpicius Severus. die bald nach 400 n. Chr. geschrieben, bis nahe an die Abfassungszeit heranreicht. Die Chroniken sind häufig mit den Listen der Konsuln verbunden. Eine vollständige Konsulliste vom Anfang

') Über die Person des Johannes sind niinora I (Mouumenfa Germaniae hisfon'ca

wir nicht unterrichtet. SeineWeltchronik auctor. anticpüss. vol. IX 1).

reichte bis Phokas (610 n. Chr.). ••) Früher zusammen mit Hieronymus

-)AureliusVictor verwaltete hoheStaats- j hrsg. von Thom. Roncallius, Vefnsfiora la-

ämter. Julianus machte ihn 361 n. Chr. tinorwn so-iptorum chronica, 2 voll. Padua

zum Vorsteher von Pannonia secunda, 1787, jetzt von Th. Mommsen, Chronica mi-

später (389 n. Chr.) war er Stadtpräfekt. nora I und II.

^) Jetzt auch bei Mommsen in den Chronica

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Hei rsch. in Italien. ((Quellen.) 8(Svi

der Republik bis 4tv) n. Chr. bieten die «lein Hydatius zugeschriebenen Fasten, denen in den späteren Teilen auch historische Notizen beigeschrieben sind. Auch in grie- chischer Sprache fehlt es nicht an solchen Chroniken. Hier ist nochmals zu nennen die phantastische Weltchronik des Johannes Malalas, die bis zum Ende Justinians (565 n. Chr.) ging, und das Werk des Theophanes Confessor. Dieser, ein Freund des Georgios Synkellos (S. 281 f.), setzt dessen Chronographie fort, beginnt also mit Diokletian und geht bis auf die eigene Zeit, bis 813 n. Chr. Er schrieb zwischen 81« und 815 n. Chr. Unter den übrigen ist besonders wichtig das schon S. 281 erwähnt»» Chronicon Paschale. verfaßt 629 n. Chr. und bis auf diese Zeit herabgeführt.

Auch die großen germanischen Stämme, die zu einer herrschenden Stellung aufstiegen, fanden ihre Chronisten, zuerst die Gothen in Ablabius, dem später Magnus Aurelius Cassiodorus Senator folgte, der berühmte Zeitgenosse Theo- derichs.^) Sein Werk, 12 Bücher gothischer Geschichte {Historia Gothica) ist nur in der halbbarbarischen Verballhornung und Kürzung des Jordanis, der seine Getica 551 n. Chr. herausgab, erhalten. Die Geschichte der Franken bearbeitete nach ver- schiedenen Vorgängern Gregorius von Tours (gest. 594 n. Chr.) ; er gibt einige für die Schlußepoche des weströmischen Reiches wichtige Nachrichten. Endlich seien noch die Historiker der Briten und Angelsachsen. Gildas (gest. 570 n. Chr.) und Beda (geb. 673 n. Chr.) und der Geschichtschreiber der Langobarden Paulus Dia- conus^) erwähnt. Mit der Vorgeschichte der Langobarden berührt Paulus noch das Ende unserer Periode. Für die Beziehungen der Römer zu den Persern liegen uns die persischen, zum Teil sehr phantastischen Überlieferungen in der späteren arabischen Chronik des Tabari vor.')

Angesichts der großen Dürftigkeit der profanhistorischen Überlieferung und der Bedeutung, die seit Diokletian die christliche Kirche für die Reichsgeschichte be- anspruchen kann, haben auch die Bearbeitungen der Kirchengeschichte eine besondere Wichtigkeit für die allgemeine Geschichte; auch hier behauptet die grie- chische Literatur durchaus ihre L'berlegenheit. Auf L'^nparteilichkeit kann man aller- dings bei den Kirchenhistorikern namentlich für die Zeit des Kampfes und der dog- matischen Streitigkeiten nicht rechnen. Die erste der erhaltenen Schriften ist das etwa 318 n.Chr. abgefaßte, mit Wahrscheinlichkeit dem Lactantius Firmianus^) zu vindizierende Buch f/f mortibus pe)-secutorum, in dem die Christenverfolgung unter Diokletian vuid seinen Nachfolgern und das Ende der Verfolger von Nero an dargestellt wird. Das interessante Dokument der Stimmung der Christen nach errungenem Sieg ist rhetorisch gefärbt und enthält tendenziöse Entstellungen und Übertreibungen, wes- halb es nur mit kritischer Vorsicht benutzt werden darf. Apologetischen Zwecken dient die höchst wertvolle, bis 325 n. Chr. geführte Kirchengeschichte des als Chrono- graph bereits erwähnten Bischofs Eusebios (vgl. oben S. 281 1. Derselbe Kirchenvater schrieb nach dem Tod Konstantins cl. Gr. ein Leben des Kaisers {ßloc: KoroTan/rov), eine Lobschrift, die den Kaiser als das Ideal eines christlichen Fürsten hinstellt und von seiner Person wie von seinem Leben ein ziemlich retuschiertes Bild entwirft.^) Eusebios' Kirchengeschichte wurde von Rufinus ins Lateinische übertragen und fortgesetzt, hat aber auch selbständigere Nachfolger gefunden, zuerst den Arianer Philostorgios, der unter Theodosius II lebte und die Zeit von 320—425 n.Chr. dar-

^) Cassiodor stand bei Theoderich und arabischen Chronik des Tabari übersetzt

seinen Nachfolgern in hohen Ehren und von Th. Nöldeke, Leiden 1879. Ämtern, war 514 n. Chr. Konsul und starb ■•) Lactantius war ein Schüler des Arno-

um 575 n. Chr. im Kloster. bius; zuletzt wurde er Lehrer des Caesar

'^) Geschrieben nach 787 n.Chr. Das Werk Crispus, des Sohnes Konstantins d. Gr. ist unvollendet und geht bis 744 n.Chr. ''')Cni\i:i,i.vcci, Delhi fede storica diEusebio,

^) Tabari, Geschichte der Perser und Livorno 1888. O. Seeck, Briegers Zeitschr..

Araber zur Zeit der Sasaniden. Aus der für Kirchengesch. XVIII 321 flf.

;^^4: Römische Geschichte.

stellte; dieses Werk ist nur in kurzem Exzerpt') überliefert. Vollständig erhalten sind die zeitgenössischen Kirchengoschichten zweier Anhänger der orthodoxen Richtung, des Sokrates, der unter Theodosius II die Kirchongescliichto von :>(M) 431* n.Chr. weiterführte, und dos gleichzeitigen Sozomonos; dos letzteren mindorwortigos Mach- werk (erzählt die Geschichte von 324 415 n.Chr., und etwas nach ihm (443 450 n.Chr.) der Bischof Theo-doretos die Zeit von 325 429 n.Chr. An Sokrates und Theodoret schließt sich an die Kirchengeschichte des Euagrios, die bis 598 n. Chr. herabgeht. Endlich sei noch die nur teilweise erhaltene syrisch geschriebene Kirchengeschichte des Johannes von Ephosos erwähnt, eines jüngeren Zeitgenossen Justinians.-')

Überhaupt bieten die kirchlichen Schriftstoller wertvolles Material, wie einzelne Schriften des Athanasios,') Gregorios von Nazianz,*) Johannes Chryso- stomos, des Hieronymus, Ambrosius und Augustinus.^) Ein Gleiches gilt von der Geschichte der vandalischen Verfolgung durch Geiserich und seinen Sohn Hunerich von Victor von Vita (geschrieben um 487 n. Chr.), dem Leben des hei- ligen Severinus von Eugippius und den Schriften des Bischofs Ennodius von Ticinum, eines Zeitgenossen des Ostgothen Thoodorich. Endlich kommen noch die Redner und Dichter auch für den Historiker in Betracht; unter den Griechen die Schriften des Kaisers Julianus, die Reden und Briefe des Themistios, des Zeit- genossen der Kaiser Constantius II, Julianus, Valentinianus und Theodosius, und des Antiocheners Libanios, der unter den Kaisern von Constantius bis Theodosius I blühte.") Unter den Lateinern treten die Panegyriker hervor, Eumenius und Na- zarius, Zeitgenossen Diokletians und Konstantins, Mamertinus, der Lobrodner Julians, und Pacatus, der Theodosius d. Gr. verherrlichte, zuletzt Merobaudes mit seiner Rede auf Aetius. Beachtung verdienen auch die Reden und Briefe des älteren Symmachus, die sich auf die Zeit des Valentinian und Theodosius beziehen. Was die Dichter betrifft, so gewinnen sie einen eigenen historischen Wert, vor allem Claudius Claudia nus, der talentvolle Hofdichter des Honorius und Stilicho, und SidoniusApollinaris, Bischof der Arverner (Clermont), Schwiegersohn des Kaisers Avitus, Zeitgenosse und Lobredner der letzten weströmischen Kaiser. Zuletzt sei genannt die Johannis des Afrikaners Corippus, eine Darstellung der Maurenkriege ■des Feldherrn Johannes unter Justinianus, abgefaßt 559 oder 560 n. Chr.

Authentisches Quellenmaterial für die Kenntnis von Geschichte und Verfassung liefern die erhaltenen Gesetzessammlungen, namentlich der auf Veranlassung Theo- dosius II 438 n. Chr. veröffentlichte Codex Theodosianus, der die kaiserlichen Konsti- tutionen von Konstantin d. Gr. (312 n. Chr.) bis Theodosius enthält, dazu die novellae, d. h. die später von Theodosius und den nachfolgenden Kaisern bis Anthemius er- lassenen Konstitutionen,') und der spätere 529 und 534 n.Chr. herausgegebene Codex

1) Bei Photios bibl. cod. 40. 1 esse. Ambrosius warzuersthoherStaats-

2) I. P. N. Land, Johannes Bischof von ' beamter, wurde 374 n. Chr. Bischof von Ephesos, der erste syrische Kirchenhisto- Mailand und starb in höchstem Ansehen riker, Ley den 1856. 1 397 n. Chr. Augustinus ist 354 n.Chr.

^) Zur Geschichte des Athanasios vgl. j in Tagaste in Afrika geboren, ließ sich

Ed. SoHWARTZ, Nachrichten der Gesellsch. \ durch Ambrosius in Mailand zum Christen-

dor Wiss. in Göttingen 1904, 333 f.; 1905, tum bekehren und starb zur Zeit des

164 ff. 257 ff.

■•) Gregorius lebte unter der Regierung dos Kaisers Julian, gegen den er schrieb. Kurze Zeit (381 n. Chr.) war er Bischof von Konstantinopel.

Vandalenoinfalls 430 n. Chr. als Bischof von Hippo. Auch Ambrosius und Augu- stinus haben Briefe hinterlassen, die von erheblichem historischem Wert sind. ^) G. R. SiEVERS, Das Leben des Libanios,

) Hieronymus geb. um 310 n. Chr. i Berlin 1868. Otto Seeok, Die Briefe des in Stridon in Dalmatien, gest. 420 n. Chr. ; Libanius, Berlin 1906.

Seit 386 n.Chr. weilte er in einem Kloster

Hrsg. mit klassischem Kommentar

bei Bethlehem. Unter seinen vielen Schrif- von Gothofkedus, Lyon 1655, später von ten sind die Briefe von besonderem Inter- Hänel, Bonn 1842, jetzt von Mommsen und

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. 'y2.) 385

JnsthiiriHHs, der die älteren Sammlungen in sicli zu vereinigen bestimmt war. Für die Zeit der Gothenherrschaft in Italien haben ähnliche Bedeutung die Variae des Cassiodorus, die Sammlung der von dem Verfasser entworfenen, zum großen Teil wirklich erlassenen amtlichen Schreiben aus der Zeit des Theoderieh und seiner Nachfolger (etwa 507—538 n.Chr.).') Das Schema der späteren Verwaltungs- und Beamtenordnung ergibt sich aus der in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts ver- faßten Nof/tia diguitafum.'^) Was Inschriften und Münzen angeht, so ist auf die oben S. 7 ff. angeführten Werke zu verweisen.

Nähere Nachweise über die Quellen dieser Periode außer der oben S. 19 zitierten Literatur bei C. Müller, Fragmenta hisforiconwi Graecoi-Jim. Bd. 4. Dindorf, Historici graeci mhwres, Bd. I. Th. Mommsen, Chronica minora I III. W. v. Christ's Geschichte der griechischen Litteratur, bearb. von W. Schmid (Bd. VII dieses Handbuchs) II, 2, 5. Aufl., München 1913. K. Krxjmbacher, Geschichte der byzantinischen Litteratur (Bd. IX, 1. Abteil, dieses Handbuchs), 2. Aufl., München 1897. Wättenbäch, Deutsch- lands Geschichtsquellen im Mittelalter. 1. Bd.. 7. Aufl., Stuttgart 1904. Die kirchliche Literatur bei 0. Babdenhewer. Patrologie, Freiburg 1894. Die juristische Literatur in den Darstellungen der römischen Rechtsgeschichte, besonders P. Krüger, Gesch. der Quellen und Litteratur des röm. Rechts, Leipzig 1888.

52. Diokletian und das Haus Konstantins des Großen. Mit Diokletian beginnt staatsrechtlich eine neue Epoche: er gilt als der Begründer der Monarchie im strengen Sinn, die in der Person des Monarchen den Staats- begriff ausgedrückt hndet und die ganze Regierung in einer Hand vereinigt, des Dominats im Gegensatz zum Prinzipat; der Senat hört auf, Teilhaber an der Herrschaft zu sein. Dem entspricht die Einführung eines strengen Hof- zeremoniells und die Bekleidung des Monarchen mit dem Diadem und mit der prunkhaften Herrschertracht der orientalischen Könige. Der Kaiser wurde seit Diokletian dauernd als Dominus bezeichnet. Das sind Änderungen, die schon von früheren Kaisern vorbereitet und angebahnt waren und nun durch Dio- kletian zum Gesetz wurden. Diokletian war wie die meisten seiner nächsten Vorgänger ein Illyrier, aus Dalmatien gebürtig. Er war von niedriger Herkunft 3) und ist aus dem Heer hervorgegangen, später gelangte er in den Senat und hatte es bis zum Konsulat gebracht. Er zeigte sich sogleich als ein Herrscher von überlegener Einsicht und Begabung. Bemerkenswert ist seine Milde gegenüber den Anhängern des Carinus, die er sogar in ihren Amtern beließ.*)

Seine Aufgabe war ihm durch die Geschichte der letzten Generation in den Hauptlinien vorgezeichnet; es galt die Erhaltung und Verteidigung

P. M. Meyer, 2 Bde., Berlin 1905. 1906. toreri Freigelassener des Senators Anu-

„Die chronologische Kritik des Theodo- linus. Ob der CIL VIII 10615 genannte

sianus hat O.Seeck zu 'Regesten der Kaiser t Centurio Vahrius Diodetianus der spätere

und Päpste für die Jahre 311— 476 n.Chr.' j Kaiser ist, läßt sich nicht ausmachen.

(Stuttgart 1919) ausgestaltet." Unter Probus muß Diokletian schon eine

') Cassiodori Senatorin variae reo. Th Mommsen {Monum. Gei-maniae Jn'st. auctores ■antiqnissimi XII), Berlin 1894.

^) Mit reichem Kommentar hrsg. von E. BöcKiNG, Bonn 1839—1858. Neuer Text von O. Seeck, Berlin 1876.

^) Die Vorgeschichte Diokletians ist fast

höhere Stelle eingenommen haben und scheint zuletzt, ehe er mit Carus in den Orient zog, in Mösien befehligt zu haben. Eutrop. IX 10. Epitom. de Caes. 39. Zona- ras XII 31. Syncell. I p. 725, ed. Bonn. A. V. DoMASZEwsKi (Bouner Jahrb. 117 S. 191) vermutet, der im CIL V 856 f. genannte

ganz unbekannt, wie überhaupt die Tra- [ Licinius Diodetianus sei der spätere ■dition über ihn vielfach versagt, nicht Kaiser. Vgl. zur Geschichte Diokletians

zuletzt weil in den Handschriften des Zosimos seine Regierung ganz ausgefallen ist. Der Kaiser soll früher Diokles ge- heißen haben und war nach einigen Au-

G. Costa in Ruggieros Dizionario epigraßco II 1793 ff.

■•) Dies gilt namentlich von dem praef. praet. Aristobulus. Aurel.Vict. Caes. 39, 14.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl.

^^^ Römische Geschichte.

des Vorhandenen zu sichern, nicht aber neue Eroberungen zu machen. Dio- 1<letians Bestreben mußte es sein, das Reich wieder aufzurichten, die An- griffe der Barbaren zuriickzuweisen, der Zuclitlosigkeit der Soldateska und dem die Reichseinheit unterwühlenden Unwesen der Usurpationen ein Ende zu bereiten und die Ordnung im Staatshaushalt, sowie die Ruhe in den Provinzen wieder herzustellen. Für die Bewältigung dieser Herrscherpfhchten schien es ihm rätlich, sich einen Gehilfen an die Seite zu stellen; so wählte er denn schon bald nach dem Untergang des Carinus 285 n. Chr. seinen Freund M. Aurelius Valerius Maximianus zum Caesar und Mitregenten ^) und übertrug ihm die Ordnung zunächst der gallischen Provinzen, wo unter Carinus ein gefährlicher Aufstand der Bauern, der Bagauden (oder Bakauden) ausgebrochen war, die sich in Aelianus und Amandus eigene Kaiser gesetzt hatten. Auch die Germanen störten wiederum die Grenzen. Schon im nächsten Jahr rückte Maximianus zum Augustus auf. Diokletian blieb zunächst in der Osthälfte des Reiches; er war an der Donaugrenze mit den Alamannen be- schäftigt (285. 287 n.Chr.), drängte am Euphrat die Perser zurück, setzte seinen Schützling Tiridates in Armenien auf den Thron (287 n. Chr.) und vertrieb die Syrien plündernden Sarazenen (290 n. Chr.). Er war rastlos tätig und weilte bald hier, bald dort; 2) mit besonderer Vorliebe kehrte er in dem bithvnischen Nikomedien ein, das er mit prächtigen Bauten schmückte. Mittlerweile hatte Maximianus im Westen zu tun ; er unterwarf die Bagauden (285 n. Chr.) und fiihrte gegen Franken, Alamannen und Burgunder Krieg (286 288 n. Chr.), wobei er gelegentlich durch Kämpfe der Germanen untereinander (291 n. Chr.) unterstützt wurde. Nahe an der Grenze, in Trier, nahm er seine Residenz. Zahlreiche Germanen, besonders Franken wurden von ihm im nördlichen Gallien angesiedelt. Zugleich aber mußte er sich mit einem Usurpator abfinden, dem Menapier Carausius,^) den er mit dem Schutz der Küste gegen das Piratentum der Franken und Sachsen betraut hatte. Carau- sius empörte sich, bemächtigte sich Britanniens und ließ sich zum Kaiser ausrufen (286 oder 287 n. Chr.). Da Maximians Versuch, ihn zu unterwerfen^ fehlschlug (290 n. Chr.), so blieb nichts anderes übrig, als ein gütliches Ab- kommen zu treffen. Auf seinen Münzen erscheint der Gegenkaiser als gleich- berechtigter Augustus neben seinen „Brüdern" Diokletian und Maximian; er hat sieben Jahre Britannien beherrscht vmd hier den Frieden aufrecht erhalten. Außerdem hatte er an der gallischen Küste Besitzungen, nament- lich Gessoriacum oder Bononia (Boulogne) und Rotomagus (Ronen), und be- herrschte das Meer; Franken und Sachsen standen mit ihm im Bunde.

Im Interesse des Reichs und um zugleich die Nachfolge zu sichern und der Usurpation vorzubeugen, beschloß Diokletian sich und dem Maximianus zwei Caesaren beizugesellen. Am 1. März 293 n.Chr. bekleidete er in Niko- medien den C. Galerius Valerius Maximianus mit dem Purpur; an demselben Tag ernannte Maximianus in Mailand den M. (oder C.) Flavius Valerius Constantius (Chlorus) zum Caesar. Beide waren erprobte Krieger und Heer-

M Daher zählt Maximianus in den Prä- -) Vgl. Mommsen in den Abhandlungen

Skripten der Erlasse ein Jahr weniger der Berliner Akad. von 1860. 349 ff. als Diokletian, der immer der älteste und ^) Vgl. Evans und Webb, Niimisniatic:

vornehmste Augustus bleibt. chronicle 1907. O. Seeck. PW III 1570 f.

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d.ostgoth. Herrschaft in Italien. (^ r)2.) 387

führer, beide in den illyrischen Provinzen beheimatet, i) Die Caesaren wurden von den Augusti adoptiert, und alle vier Regenten wurden Glieder einer Familie. Constantius vermählte sich mit Theodora, der Tochter Maximians, Galerius mit Valeria, der Tochter Diokletians, während die beiden Augusti sich als Brüder betrachteten ; 2) sie hatten schon vorher (288 n. Chr.) gött- liche Beinamen angenommen; Diokletian nannte sich Jovius, Maximianus Herculius. Das Reich wurde in der Weise verteilt, daß Diokletian die asiati- schen Provinzen mit Thrakien und Ägypten sich vorbehielt; Galerius über- nahm die übrigen Landschaften der Balkanhalbinsel mit den anstoßenden Donauprovinzen, Maximianus Italien mit Rätien, Spanien und Afrika, Con- stantius die gallischen Provinzen. Übrigens war mit dieser Anordnung durchaus nicht etwa eine Teilung des Reichsganzen beabsichtigt, sondern alle vier Regenten galten als Herrscher der Gesamtheit, eine Auffassung, die sich auch darin dokumentiert, daß die Reichsgesetze im Namen aller vier ergingen. 3) Aber die Caesaren waren den Augusti unterstellt und hatten mindere Befugnisse. Unter den beiden Augusti hatte wiederum Diokletian als der ältere ein merkbares Übergewicht: er genoß die höchste Verehrung. Diokletian gedachte ein neues System der Thronfolge einzuführen; nach dem Plan, wie er ihm vorschwebte, sollten die Augusti nach einer gewissen Zeit abdanken, die Caesaren alsdann zu Augusti aufrücken und gleichzeitig für sie die Nachfolger bestimmt werden, die von den neuen Augusti zu Adoptivsöhnen zu machen waren, ein schematisches Verfahren, das die Kaiserwürde gleichsam als letzte und höchste Staffel der regelmäßigen Amter- reihe erscheinen läßt. Die Teilung der Gewalt war zwar nicht als Teilung des Reiches gedacht, aber sie bildete doch eine Vorstufe dazu.

Die Kaiser setzten nunmehr die zur Herstellung der Reichseinheit un- vermeidlichen Kämpfe fort. Constantius, von Maximianus unterstützt, wandte sich gegen die Franken und gegen Britannien, wo vor kurzem (293 n. Chr.) das Imperium des Carausius ein Ende genommen hatte. Carausius war von seinem Präfekten Allectus beseitigt worden, und dieser nahm gleichfalls den Kaisertitel an.*) Nachdem es schon 293 n. Chr. geglückt way, Gessoria- cum, den Brückenkopf der Briten auf dem Kontinent, wieder zu erobern, konnte 296 n. Chr. Constantius zum unmittelbaren Angriff' auf Allectus vor- gehen. Zu dem Behuf setzten zwei Flotten über den Kanal, die eine ge- führt von Constantius selbst, die andere von seinem Prätorianerpräfekten Asclepiodotus; der Usurpator Allectus wurde geschlagen und getötet, Bri- tannien wieder mit dem Reich vereint. Alamannenscharen, die bald darauf in Gallien einfielen, wurden durch einen Sieg bei den Lingonen (Langres) vertrieben. °) Um dieselbe Zeit hatte Maximianus in Afrika zu kämpfen.

') Die angebliche Verwandtschaft des ^) Wie die Eingaiigsformeln der Gesetze

Constantius mit Claudius Gothicus ist eine lehren, z. B. des Ediktes de pretiis. ILS I

spätere Fiktion. Vgl. H. Dessau, Hermes j nr. <)42. Vgl. die Urkunde bei Gkenfell ik:

24, 1889, 340 ff. Hunt, Thi'0.vj/rh;/nchtis pam/rl, I p. 94. 118.

-) Auch Carausius bezeichnet sich als Bruder der beiden anderen Kaiser. Die Münzen mit seinem und der beiden an- deren Augusti Bildnis tragen die Auf- schrift Carcmsiufi et fi-atres sui. Webb, Xum.

*) über Allectus vgl. Webb, Num. chroyiicle 1906, 127 ff.

'") Zuerst wurde Constantius überrascht und genötigt, in der Stadt Zuflucht zu suchen, aber noch an demselben Tage

chronicie 1907, 414. , wandte sich das Blatt und er trug einen

388 Römische Geschichte.

Schon früher (um 292 ii. Chr.) war Nuiiiidien und Mauretanien durch einen Prätendenten Juhanus und durch die Angriffe der Quinquegentianer und anderer Stämme beunruhigt worden. Wenn sie auch damals erfoh'eich be- kämpft wurden,') so erneuerten sie doch jetzt ihre Angriffe, und deshalb ging Maximianus selbst nach Afrika hinüber, warf die Quinquegentianer nieder (297 n. Chr.) und sicherte die afrikanischen Provinzen. Im Auftrag Diokletians bekämpfte Galerius die Jazygen (294 n. Chr.) und Karpen (296 n. Chr.); die letzteren wurden auf römisches Gebiet verpflanzt. Überall, am Hhein wie an der Donau und in Afrika, wurden die Grenzen neu befestigt. Auch Ägypten wurde von ernsten Unruhen betroffen teils durch die An- griffe der Blemyer, teils durch die Erhebung des Achilleus oder, wie er offiziell heißt, L. Doniitius Domitianus.^) Diokletian eilte durch Syrien herbei, belagerte und eroberte Alexandrien 3) und bestrafte die Aufständischen mit großer Strenge, um alsdann Ägypten neu zu ordnen. Es beginnt dort mit Diokletian eine neue Ära.^) Der Kaiser begab sich auch an die Südgrenze des Landes, die er neu befestigte. Er hat mit den Blemyern ein Abkommen getroffen und den benachbarten Nubiern unter der Verpflichtung des Grenz- schutzes einen Landstrich südlich von den Katarakten eingeräumt. Noch während des ägyptischen Feldzuges rückten die Perser unter ihrem König Narses in Armenien und Mesopotamien ein, Galerius, der ihnen zuerst ent- gegentrat, wurde bei Nikephorion geschlagen (297 n. Chr.), erfocht aber bald daravif, nachdem ihm Verstärkungen zugegangen waren, in Armenien einen großen, entscheidenden Sieg über Narses, während Diokletian gleichzeitig Mesopotamien wieder besetzt hatte. Es kam zum Abschluß eines Friedens, in dem Armenien vergrößert und Mesopotamien gesichert wurde; zur Grenze bestimmte der Friedensvertrag den oberen Tigris, wobei übrigens auch einige transtigritanische Distrikte^) noch an Rom fielen. Die räuberischen Isaurer wurden damals zwar nicht überwältigt, aber durch eine Befestigungslinie ein- geschlossen. So gelang es, den Frieden im ganzen Reich wieder herzustellen. Durchgreifend war die von Diokletian geschaffene Reform der Ver- waltung, deren Prinzipien schon die Verteilung der Reichsgebiete an die Mitregenten beherrschten. Die Provinzen wurden verkleinert, erheblich vermehrt und zugleich zu größeren Verwaltungsbezirken, den Diözesen, zusammengelegt, deren es zwölf gab,^) während man 101 Provinzen

großen Sieg davon (298 n. Chr.). Eutrop. ' den in Rede stellenden Usurpator bezog,

IX 23. Zonar. XII 31. sind längst als Fälschungen entlarvt (Eck-

1) Nach CIL VIII 9324; ILS I nr. 627. ! hel, Doctr. num. IV 96) drängt sich auf 628 hat sich Aurelius Litua, der Befehls- und wird von O. Seeck, PW I 245 yer- haber in Mauretania Caesariensis dabei fochten. Vgl. W. Kubitschek, Numisni. ausgezeichnet. Zeitschr. 44, N. F. 4, 1911, 164 f.

2) Die literarischen Quellen nennen den ^) Die Belagerung endete nach Eutrop. ägyptischen Rebellen durchweg Achilleus. 1X23 etwa im achten Monat. Dagegen erscheint auf Münzen ein sonst ■*) Sie beginnt am 29. August, mit dem nicht bekannter L. Domitius Domitianus ägypt. Neujahrstag (1. Thoth), 284 n. Chr. als Kaiser. Auch eine Papyrusurkunde ") Ammian XXV 7, 9. Petrus Patr. fr. 14. {Pap. de Thf'adeJphie hrsg. voii P. Jouguet, , «) Es wurden folgende Diözesen gebildet: Paris 1911, 141, nr. 26) ist nach lo//mo? zlo//(- ' 1. Oriens, wozu Ägypten mit der Kyre- Tiuröc: J^FßaoTÖ; datiert (13. Sept. 296 n. Chr.). naike, Syrien, Arabien, Mesopotamien ge- Die Identifikation der beiden Personen hört, 2. P o n t i k a , 3. A s i a n a , 4. T h r a c i a Münzen mit L. Epidius Ach/'Ueus, die z.B. (mitUntermösien), S.Moesiae (mitMake- TiLLEMONT, Hist. dcs empereuvs IV 21 auf donien, Achaia,EpirusundKreta), 6. Pan-

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. 52.) -^89

zählte.') Das bisher bevorrechtete Italien wurde den übrigen Provinzen völlig gleichgestellt, auch in Hinsicht der Steuern, während es früher von der Grundsteuer befreit gewesen war. Diokletian führte auch die Trennung von Zivil- und Militärgewalt systematisch durch, der Oberbefehl über die Truppen wurde von der Provinzialverwaltung losgelöst und eigenen Beamten, den (htces, anvertraut. An die Spitze der Zivilverwaltung und der Rechts- pflege der Reichsteile treten die pruefecti praetorlo und ihre vicarii, die Vor- steher der einzelnen Diözesen.^) Der Senat geht seiner Privilegien und seines legitimen Anteils an der regierenden Gewalt gänzlich verlustig, der Unter- schied zwischen senatorischen und ritterlichen Beamten verschwindet; es gibt nur eine einzige, rein kaiserliche Beamtenschaft, die, nach Rangstufen streng gegliedert, mit bestimmten Titeln und Prädikaten ausgestattet, in den hohen Hofämtern, zuletzt im Kaiser ihre Spitze findet. Mit der Aus- schaltung des Senats hängt es zusammen, daß Rom aufhörte, die Residenz der Kaiser zu sein ; ^) denn der Augustus des Westens, Maximianus, resi- dierte nicht in Rom. sondern in Mailand, das er prächtig schmückte, und er wie Diokletian haben Rom immer nur auf kürzere Zeit besucht. Rom blieb eine privilegierte Stadt mit dem Senat, den alten Beamten und Priester- schaften ;^) Vorsteher der Stadt mit Umgegend und des Senats ist jetzt der Stadtpräfekt [praefedus iirbi), die Senatoren werden kaiserliche Beamte, sie behalten ihre persönlichen Prärogativen, der Senat wird gelegentlich um Rat befragt, er ist keineswegs bedeutungslos, aber Mittelpunkt der Reichs- regierung ist er allerdings nicht mehr. In der Folge wurde die Isolierung dadurch verstärkt, daß Rom und besonders der Senat zum guten Teil dem alten Väterglauben treu blieb, während das Reich sich immer mehr christiani- sierte. Ein Verzeichnis sämtlicher Militär- und Zivilbehörden und damit einen Begriff von der Organisation der Verwaltung gibt die notitia digni- tatuiii aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Dieses „Staatshandbuch" zeigt allerdings nicht den durch Diokletian geschaffenen Zustand, sondern die Verhältnisse, wie sie sich in späteren Generationen unter Konstantin und seinen Nachfolgern durcli systematischen Ausbau gestalteten. Aber die eigentlichen Fundamente hat bereits Diokletian gelegt, der seinerseits das von seinen Vorgängern begonnene Werk fortsetzte.^)

noniae (mit Dalmatien und Noricum), ruhender vorausgelieuden Zeit ein dauern-

7. Italien (mit Rätien), 8. Yiennensis der Aufenthalt des Kaisers in Rom zur

(etwa der iiarbonensisclien Provinz ent- Ausnahme wurde. So ist denn auch die

sprechend), *J. Galliae (den tres Galliae Zahl der stadtrömischen Inschriften der

entsprechend), 10. Britanniae, 11. Hi- Kaiser für die Zeit von Caracalla bis Dio-

spaniae, 12. Afrika. kletian auffallend gering.

') Am vollständigsten und besten auf- ■*) Diokletian ließ auch in Rom viel

geführt im Veroneser Verzeichnis, das bauen und den durch einen großen Brand

MoMMSEN herausgegeben hat (1862), jetzt unter Carinus angerichteten Schaden aus-

Ges. Schr.Y 5<>1 fl".: vgl. Riese, Geographi bessern. Sein Hauptwerk sind die großen

latini tiiin. 127. Später sind mancherlei Thermen, die jedoch erst kurz nach seiner

Änderungen eingetreten. Vgl. E. Korne- Abdankung (305/30G n. Chr.) unter Dach

MANN, PW V 727 ff. kamen. ILS I nr. 646.

■^) Unter Diokletian gab es zwei prae- '"■) Vgl. oben S. 385, ferner E. Kuhn, Die

fecfi 2}raetorio, für jeden Augustus einen. städtische und bürgerliche Verfassung des

MoMMSEN, Ges. Sehr. VI 284 ff. röm. Reiches, Leipzig 1864. 1865; Schiiler,

^) Diese Depossedierung Roms wurde Geschichte der römischen Kaiserzeit II 22.

dadurch vorbereitet, daß infolge der Un- Th. Mommsen, Abriß des römischen Staats-

;3<J0 Römische Geschichte.

Auch das Heer erf'ulir eine Umwandlung seiner Organisation, sowie eine starke Vonnehrung. Man .scheidet jetzt grundsätzh'ch zwischen den fest angesiedelten Grenztruppen und der eigentlichen Feldarmee. Für die Ver- stärkung der Armee bildete die Sanierung der zerrütteten Reichsfinanzen die unerläßliche Vorbedingung. Eine Reform des schon seit Neros Zeiten in fortschreitendem Maß deroutierten Münzwe.sens war nicht zu umgehen. i) Diokletian hat die Abgaben bedeutend erhöht, die Besteuerung im ganzen Reich nach Möglichkeit ausgeglichen und nach einheitlichen Grundsätzen geregelt, ebenso wie die Verteilung der für den Staat zu übernelmienden Leistungen und Lasten, Die Pflichtigen bildeten Genossenschaften, die für den Gesamtbetrag der Steuern und Lasten zu haften hatten ; das gilt vor allem von den Gemeinden und ihren Vorstehern, außerdem wurden die schon früher bestehenden gewerblichen Verbände herangezogen. Die neue Staatsordnung, die der Verwaltung einen straff zentralistischen Zug verlieh, ist in ihrer Art eine großartige Leistung. Freilich fehlen die Schattenseiten nicht. Denn ein System, das folgerichtig in dem Bestreben gipfelte, alles und jegliches den Interessen des Fiskus und der Verw^altung dienstbar zu machen, öffnete der Willkür der Beamtenschaft Tür und Tor, lähmte die Freiheit der Kom- munen wie der Individuen und hat dadurch alles in allem doch wohl mehr Schaden als Nutzen gestiftet. Die starre kastenmäßige Abgrenzung bestimmter Gewerbe und Stände wird durch dieses System mitbedingt. In dieser Hinsicht bildet einen besonders wichtigen wirtschaftlichen Faktor der sog. Kolonat. d. h. die an die Scholle gebundene, der Kopfsteuer, Naturallieferung und der Verpflichtung zum Kriegsdienst unterworfene, persönlich freie Land- bevölkerung. Der Ursprung dieser Einrichtung, die man früher entweder mit der Ansiedlung gefangener Barbaren auf römischem Boden seit M. Aurelius oder mit der Entwicklung der Kleinpacht auf den Latifundien der Kaiser- zeit in Zusammenhang brachte, ist in Wirklichkeit weit älter und gar nicht rein römisch; 2) vielmehr gaben die hellenistischen Reiche des Orients das Beispiel, das dann die römische Verwaltung in den ihr eigentümlichen Formen nachahmte.

Ein lehrreiches wirtschaftliches Experiment machte Diokletian mit seinem im Jahr 301 n. Chr. erlassenen edlctum de pretiis venalium renim, von dessen Text an verschiedenen Orten griechische und lateinische Inschriftenbruch- stücke erhalten sind; 3) es handelt sich um den Versuch, dem Wucher zu

rechts 347 ff. A. W. Hunzinger, Die dio- kaiserlichen Domänen in Afrika habe sich

kletian. Staatsreform, Diss. Rostock 1899. der spätere Zustand vollkommener Ge-

Uber das Verhältnis Diokletians zu Kon- bundenheit zuerst ausgebildet. Dazu ist

stantin Mommsen, Ephemeris epigraph. V zu bemerken, daß schon die Kolonisten

137 f. Im einzelnen sind die Ordnungen der gracchischen Zeit an die Scholle ge-

Diokletiaus vielfach unklar. bunden wurden; sie durften ihr Land

^) Marquardt, Rom. Staatsverwaltung nicht verkaufen und mufäten Zins ent-

II 31. MoMMSBN, Gesch. des röm. Münz- richten. Die hellenistischen Wurzeln des

Wesens 832. Hultsch, Griech. und röm. Kolonats hat mit Hilfe des Inschriften -

Metrologie 320 ff. 332 ff. und Papyrusmaterials für Ägypten usw.

-) Vgl. Ad. Schulten, Der röm. Kolonat, aufgedeckt M. Rostowzew, Studien zur

Hist. Zeitschr. N. F. 42 (1897) 1 ff. O. Seeck, Gesch. des röm. Kolonates. 1. Beiheft zum

PW IV 483 ff., wo auch sonstige Literatur Archiv für Papyrusforschung, 1910.

zitiert wird, und H. Bolkestein, De colo- ') Mommsen und Blümner, DerMaximal-

natu Romano eiusque origine, Amsterdam tarif des Diokletian. Berlin 1893. Seit dieser

1906. Schulten glaubt, auf den großen Publikation sind jedoch mehrere neue

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. (4^ 52.) 391

steuern und Höchstpreise für die Lebensbedürfnisse und die Arbeit fest- zustellen. Das Edikt zeigt uns den Kaiser als einen fürsorglichen Regenten, dem das Wohl und Wehe der Untertanen am Herzen liegt, aber sein Tarif erwies sich nicht als ein geeignetes Mittel, die Teuerung zu beseitigen. Das wohlgemeinte Edikt, dessen Wirkung den von seinem Urheber gehegten Er- wartungen nicht entsprach, hatte viele Bestrafungen zur Folge und mußte als praktisch undurchführbar bald wieder aufgehoben werden.

Von grofser Tragweite waren die Maßregeln, die Diokletian durcii ein Edikt vom 23. Februar 303 n. Chr. gegen die Christen ergehen ließ und mit denen er die Unterdrückung des christlichen Kultes beabsichtigte. Die C'hristen wurden aus dem Heer und den Amtern entfernt, ihr Gottesdienst untersagt, ihre Versammlungshäuser zerstört und das Vermögen der Ge- meinden eingezogen. 1) Das Christentum war nämlich nach der decianischen Verfolgung (S. 372) sehr erstarkt.^) Anfangs bildeten die Christen eine reli- giöse Gemeinschaft, die neben anderen hellenistisch-orientalischen Mysterien- kulten in der synkretistischen Strömung der Kaiserzeit auftauchte. Rasch breiteten sich die Christen aus, und schon unter Traian gab es in den ver- schiedenen Provinzen ihrer viele. 3) Sie ließen es sich angelegen sein, ihren Glauben zu propagieren und in ein System zu bringen, ihre Gemeinde- verfassung auszubilden und die in ihrer Mitte zahlreich sich bildenden, ab- weichenden Meinungen und Sekten zu bekämpfen oder auszugleichen. Die römische Staatsgewalt nahm ihnen gegenüber keine konsequente Haltung ein.*) Wie gegen die Juden, mit denen sie anfangs zuweilen zusammengeworfen wurden, 5) erhob man auch gegen die Christen, weil sie die Götterverehrung verschmähten, den Vorwurf der Gottlosigkeit, und besonders ihre Weigerung, am Kaiserkult teilzunehmen, erregte Befremden und brachte sie in den Geruch der Illoyalität.'^) Der erste Christenverfolger unter den römischen Kaisern war Nero; aber mit Religionspolitik hat seine übrigens lokal auf Rom beschränkte Verfolgung eigentlich nichts zu tun; denn nicht so sehr als Christen, wohl aber als angebliche Brandstifter Roms mußten die Un- schuldigen büßen für eine Katastrophe, die vermutlich der Zufall herauf- geführt hatte. Es scheint, daß Domitian die Zugehörigkeit zum colleg'uDn

Stücke gefunden worden. Die Fragmente ' I III, 5. Aufl., Tübingen 1914.

stammen alle aus der östlichen Reichs- ^) Der bekannte Brief des Plinius {ad

hälfte Diokletians, und es scheint, daß der 1 Traian. 96) zeigt es für Bithynien u. Pontos.

Tarif nur in dieser wirksam geworden ist. ! ■») K. J. Neumann, Der röm. Staat und

')O.HüNziKER, Zur Regierung U.Christen- die allgemeine Kirche bis auf Diokletian,

Verfolgung des Kaisers Diokletian u. seiner Bd. I, Berlin 1890. A. Linsenmayek, Die

Nachfolger in Büdingers Unters. II 115 f. Bekämpfung des Christentums durch den

^) Es ist hier nicht der Ort, die frühere | röm. Staat, München 1905. R. Heinze, Ter-

Geschichte des Christentums und seiner tullians Apologeticum, Berichte der Sachs.

Ausbreitung darzustellen. Zur Orientie- Ges. der Wiss. Bd. 62, 1910.

rung möge dienen Weizsäcker, Das apo- *) Doch ergibt sich aus dem bekannten

stolische Zeitalter der christlichen Kirche, Zeugnis des Tacit. ann. XV 44 und ebenso

3. Aufl., Tübingen 1902. Renan, Histoire aus Plinius, daß man sie von den Juden

des angines du citri st ianisme vol. VI. VII. sehr bestimmt unterschied.

A. v. Harnack, Die Mission u. Ausbreitung *) Dieses Moment darf allerdings nicht

des Christentums in den ersten drei Jahr- überschätzt werden und wird von Eu.

hunderten,3.Aufl.,Leipzig 1915. W.Möller, Schwartz, Kaiser Constantin und die

Lehrbuch der Kirchengeschichte, 1. Bd., christliche Kirche, Leipzig-Berlin 1913, 36

2. Aufl. von H.v. Schubert, Tübingen 1902. so gut wie ganz ausgeschaltet.

A. V. Harnack, Lehrb. der Dogmengesch. i

392 Römische Geschichte.

illicitiim der C/irist 1(1)1 i bei Todesstrafe verbot; jedenfalls wurden in den letzten Jahren seiner Kegierung mehrere Mitglieder der stadtröniischen Christen- gemeinde zum Tod verurteilt.') Auch unter Traian und M. Aurelius, später unter Septimius Severus waren die Christusgläubigen in einzelnen Provinzen, in Gallien, Asien und Ägypten, verschiedenen Verfolgungen ausgesetzt. Im übrigen blieben sie, soweit sie nicht hervortraten, unbehelligt; einzelne Kaiser, wie Commodus, Severus Alexander und Philippus Arabs, waren ihnen sogar gewogen. Dem religiösen Suchen der Zeit, dem Hang zum Mystizis- mus, dem Erlösungsbedürfnis der leidenden Menschheit konnte das Christen- tum seiner ganzen Wesensart nach wohl genügen. Die Christen zählten zu den Ihrigen Literaten, Schriftsteller und Denker, die es mit jedem aufnehmen konnten, Männer wie Clemens von Alexandrien, Origenes und im lateini- schen Westen Tertullianus. Nach dem prinzipiell wichtigen, in seiner prak- tischen Wirkung jedoch ziemlich bedeutungslosen Vorgehen des Kaisers Maxi- minus (Thrax), der den christlichen Klerus und damit das Riickgrat der Kirche zu brechen gedachte (oben S. 369), war es der von Reformideen erfiillte Kaiser Decius, der im Jahr 250 n. Chr. eine systematische Verfolgung der Christen dadurch inszenierte, daß er von allen Untertanen das heidnische Opfer forderte (oben S. 372); diese massive Politik wurde von den Kaisern Gallus und Volusianus fortgesetzt, von Valerian jedoch dahin modifiziert, daß er in erster Linie gegen den Klerus und die vornehmeren Laien ein- schritt, um so die Organisation der Kirche zu sprengen.^) So groß die Zahl derjenigen Christen war, die ihren Glauben verleugneten, so hat doch die Kirche als Ganzes den Sturm überstanden. Der Sohn Valerians, Gallienus, hat dann jede Verfolgung eingestellt und seitdem nahm* das Christentum, zu dessen Anhängern seit früher Zeit auch Mitglieder der höheren Schichten gehörten, stark zu. Obgleich das heidnische Element zahlenmäßig noch immer bei weitem überwog und namentlich im Heer dominierte, so waren doch die Christen eine nicht zu unterschätzende Macht infolge ihres Glaubens- eifers, ihrer reinen Lebensführung vmd nicht zuletzt ihrer Organisation, durch die alle Gemeinden des Reichs und deren Vorsteher, die Bischöfe, miteinander in Verbindung standen. Die Verehrung der alten Götter war unverkennbar im Rückgang begriffen ^) und aus diesem Grund scheint Dio- kletian den Entschluß gefaßt zu haben, die christliche Religionsübung aufs neue zu unterdrücken. Der besondere Anlaß seines gegen die Christen ge- richteten Ediktes ist im übrigen nicht bekannt. Aber wir wissen, daß der Kaiser überhaupt eine Regeneration des altrömischen Wesens, auch der Religion anstrebte. Rein persönliche Motive sind bei ihm schwerlich anzu- nehmen; denn lange genug haben sich Christen unbehelligt am Hof des Kaisers befunden. Galerius war der eigentliche Scharfmacher. Die Verfolgung wurde durch den Widerstand der Bekenner noch verschärft, und viele, be-

') Oben S. 332. Domitian ließ seinen mutet Ed. Schwartz a. S. 391 A. 6 a. O. 3.5.

Vetter Flavius Clemens hinrichten und -) Ein Opfer dieser Verfolfjung war der

dessen Gattin Flavia Domitilla verbannen. bekannte Schriftsteller Cyprianus. seit 248

Cass. Dio LXVII 14. Er war um die rö- n. Chr. Bischof von Karthago. Er erlitt

mische Religion und deren Erhaltung 25.5 n. Chr. den Märtyrertod.

eifrig bemüht. Daß Domitian es war, der ^) Dies bemerkt schon der jüngere Plinius

jenes durch die Pliniusbriefe als vor- epist. ad Traian. 96. traianisch gesicherte Verbot erließ, ver-

8. Sechste Periode : Die Kaiseizeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. 52.) 39^^

sonders Bischöfe, fanden den Märtyrertod, Als besonders eifrige Verfolger betätigten sich Maximian us Herculius iind Galerius, während Constantius Chlorus die Edikte Diokletians mit Milde ausführte; die Verfolgungen dauerten mit Unterbrechungen bis zum Emporkommen Konstantins d. Gr. Ihre Be- deutung liegt darin, daß das Christentum von nun an als politischer Faktor erscheint. Aus dem blutigen Krieg, den der Staat ihr angesagt hatte, sollte die Kirche schließlich mit gesteigerter Macht als Siegerin hervorgehen.

Am 1. Mai 305 n. Chr. legten Diocletianus und Maximianus nach zwanzig- jähriger gemeinsamer Herrschaft Diokletian hatte schon im November 303 zu Rom sein Regierungsjubiläum, die Vicennalien gefeiert ihr Amt nieder: Galerius und Constantius wurden Augusti; Galerius trat in gewissem Sinn als Oberkaiser an Stelle Diokletians i) und ernannte für die Diözesen Italien und Afrika den Flavius Valerius Severus, für die Diözese des Orients ^) den Galerius Valerius Maximinus Daia (oder Daza) zu Caesaren. Das Gebiet des Constantius wurde durch Spanien und die gegenüberliegenden westlichen Striche Mauretaniens vergrößert. Die alten Kaiser zogen sich als seniores ÄiKjusti ins Privatleben zurück, Diokletian nach Salona in Dalmatien, Maxi- mianus nach Lukanien.

Doch schon nach kurzem sollte die künstliche Regelung der Succession, wie sie Diokletian getroffen hatte, ^) durch das urwüchsige und allgemein verständliche Prinzip des Erbrechts durchbrochen werden. Denn als im Jahr 306 n. Chr. der Augustus Constantius Chlorus in Eburacum (York) nach einem eben glücklich beendeten Feldzug gegen Pikten und Skoten verstarb, machte das Heer kurzerhand dessen ältesten Sohn aus erster Ehe, Flavius Valerius Constantinus, zum Nachfolger des Toten (25. Juli 306 n. Chr.).*^ Es scheint, daß Konstantin schon früher für die Würde eines Caesars in Aussicht genommen war, dann aber zurückstehen mußte. ^) Er wurde als- bald von Galerius wenn auch nicht als Augustus, so doch wenigstens als Caesar anerkannt.*^) Das Beispiel der britannischen Armee machte Schule in Rom, das durch die Neuordnung der Dinge seinen alten Vorrang als Reichs- hauptstadt eingebüßt hatte. Als nämlich Galerius durch seinen Caesar Severus die bisher privilegierte Stadt der allgemeinen Besteuerung unterwerfen lassen wollte, da schlössen sich die erbitterten Bürger und Garnisonstruppen zu- sammen und riefen ebenfalls einen Kaisersohn, den M. Aurelius Valerius Maxentius, den Sohn des Maximianus Herculius zum Augustus aus (28. Oktober 306 n. Chr.). Auch der alte Maximianus ließ sich bewegen, die nur ungern

') Wobei aber zu bemerken ist, daß ersten christlichen Kaisers ist frühzeitig- rechtlich die beiden Augusti sieh ganz Gegenstand romanhafter Bearbeitung ge- gleich standen. worden.

■-) Oben S. 388 A. 6. '=) Dies darf man der Schrift de niort/'h.

=*) Die vier Kaiser zusammen mit den persecutor. 18 f. glauben. Es wird bestätigt

beiden aeniores Auyusti erscheinen in der durch die Münzen, auf denen Konstantin

Inschrift der Diokletiansthermen in ILS schon vor seiner Erhebung erscheint. Vgl.

I nr. 646. Ebenso in nr. 645. Schiller, Kaiserzeit II 168 ff., sowie die

■*) Constantius hatte sich 293 n. Chr., als Ausführungen des Grafen v. Westphalen, er die Theodora ehelichte (S. 387), von Revue numismaf. 1887 (X) 26 f. seiner ersten Frau Helena, der Mutter •') Die Anerkennung geschah im Ver- Konstantins, geschieden. Die legitime Ge- lauf des ägyptischen .Jahres 306/307, vor burt Konstantins ist nicht zu bezweifeln. dem 28. August 307 n. Chr. Die Jugendgeschichte Konstantins als des

;>94 Römische Geschichte.

niedergelegte Gewalt wieder aufzunehmen und sich mit seinem Sohn zu ver- binden. Gegen diesen gewaltsamen Bruch des diokletianischen Systems mußte mit den Waffen eingeschritten werden; im Auftrag seines Augustus, des Galerius, zog Severus, der selbst zum Augustus befördert wurde, gegen Maxentius; aber Severus sah sich bei Rom von seinen Truppen verlassen und mußte nach Ravenna fliehen, wo er sich dem Maximianus ergab; er wurde später von Maxentius beseitigt. Maximianus und Maxentius ver- bündeten sich ihrerseits mit dem Caesar Constantinus, der gleich nach seiner Erhebung am Niederrhein Angriffe fränkischer Stämme .siegreich zurück- gewiesen hatte. Maximianus begab sich zu ihm, vermählte ihm seine Tochter Fausta und erhob den Schwiegersohn zum Augustus (80H n. Chr.). Auch dem Galerius selbst gelang es nicht, den Sturz des Maxentius herbeizuführen. Als er gegen ihn auf Rom marschierte, zwang ihn die unzuverlässige Stim- mung seiner Truppen zur Umkehr. Maxentius blieb also Herr in Italien und fand auch in Spanien Gehorsam. Schon nach der Niederlage des Severus hatte er sich den Augustustitel beigelegt. Galerius wußte keinen anderen Ausweg, als die Hilfe Diokletians anzurufen, den er zu sich nach Carnuntum zu einer Zusammenkunft entbot. Hier erschien auch Maximianus, der sich inzwischen mit seinem Sohn überworfen und im Reichsteil seines Eidams Konstantin gelebt hatte. Durch keine Bitten war Diokletian dazu zu be- wegen, die Last der Regierung abermals auf seine Schultern zu nehmen; doch vermochte er wenigstens seinen Kollegen Maximianus Herculius dazu, sich der kaiserlichen Gewalt freiwillig wieder zu entäußern (307 n. Chr.).^) An Stelle des Severus ernannte Galerius den Valerius Licinianus Licinius zum Augustus und übertrug ihm die illyrischen Provinzen (11. November 308 n. Chr.). Aber trotz seiner erneuten Abdankung konnte der greise Maximianus nicht Ruhe halten. Aus Italien, wo er sich nochmals als Augustus geltend zu machen suchte, vertrieb ihn Maxentius. Er begab sich wieder nach Gallien und versuchte hier, als Konstantin gegen Franken und Alamannen ins Feld zog, sich aufs neue der kaiserlichen Gewalt zu bemächtigen, konnte sich aber ebensowenig behaupten. Beim Herannahen Konstantins mußte er sich nach Massalia zurückziehen, wo er als Gefangener in die Hände seines Schwiegersohnes fiel, um wenig später nach der offi- ziellen Version durch Selbstmord zu enden (310 n. Chr.). Inzwischen hatte nach der Erhebung des Licinius auch Maximinus Daia sich den Augustustitel angemaßt; Galerius sah sich genötigt, diese Eigenmächtigkeit anzuerkennen und gestand nunmehr auch dem Konstantin den gleichen Rang zu. Es gab also vier legitime Augusti, dazu den Maxentius.

Galerius starb im Mai 311 n. Chr. Kurz zuvor hatte dieser hitzigste Widersacher der Christen noch durch Edikt vom 30. April gemeinsam mit Konstantin und Licinius den seither Verfolgten ihr Bekenntnis zum Christen- tum und die gottesdienstlichen Versammlungen zugestanden und damit die vorläufige Kapitulation des Staates vor der Kirche vollzogen. 2) Sein Erbe war Licinius; aber Maximinus Daia versuchte diesen zu verdrängen; doch

') Ein weiteres Ergebnis der Konferenz *i Euseb. bist. eccl. VIII 17, 3. Lactant.

war, daß für 308 n. Chr. Diokletian und de mort. persec. 34. Galerius das Konsulat übernahmen. 1

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien, (i? ~>'2.) 895

ließ sich der Krieg wider Erwarten durch ein güthches Abkommen ver- meiden, durch das Maximinus alle asiatischen Diözesen erhielt. Maximin war als überzeugter Heide ein Feind der Christen, denen er nur widerstrebend eine beschränkte Duldung gewährte:*) er versuchte den alten Gottesdienst zu befestigen und besser zu organisieren. Konstantin hatte sich bei Leb- zeiten des Galerius einer klugen Zurückhaltung befleißigt; er war überdies auch durch Grenzkriege am Rhein und in Britannien in Ansprucli genommen : das war eine gute Schule für sein wachsendes Heer. Über verschiedene fränkische und alamannische Stämme erfocht Konstantin im Jahr 310 n. Chr. einen großen Sieg. 2) Seine Residenz nahm er, wie schon sein Vater Con- stantius, in Trier, das er mit prächtigen Gebäuden und Anlagen schmückte. Nach Galerius' Tod geriet Konstantin in einen kriegerischen Konflikt mit Maxentius, der allgemein als Usurpator betrachtet wurde und in un- serer Überlieferung als brutaler Tyrann, auch als Gegner der Christen in ungünstigstem Licht erscheint. Aber Maxentius verfügte nun einmal tat- sächlich über Rom und Italien und besaß außerdem die spanische Diözese, die früher zum Gebiet des Constantius gehört hatte. In seinem Sohn Romulus setzte er sich einen Caesar und Nachfolger; 3) in Rom machte er sich durch Bauten einen Namen ; er gerierte sich überhaupt als den Beschützer und Hüter der alten Rechte und Traditionen Roms. Er unterwarf durch seinen Garde- präfekten auch Afrika, dessen Statthalter (vicarius) L. Domitius Alexander sich um 808 n. Chr. zum Kaiser hatte ausrufen lassen. Der Usurpator wurde mit leichter Mühe überwunden und dann getötet (310 n. Chr.). Die Provinz, besonders die Städte Karthago und Cirta, mußten für den Abfall schwer büßen.*) Anscheinend machte Maxentius den Versuch, sich auch Rätiens zu bemächtigen, worüber es zum Krieg gegen Konstantin kam. Dieser ver- bündete sich mit Licinius, während Maxentius sich mit Maximinus ver- ständigte, so daß also ein allgemeiner Kampf der Regenten bevorzustehen schien. Konstantin, der am besten gerüstet war, rückte in Italien ein, be- siegte die Heere des Maxentius in mehreren Treffen, zuletzt bei Verona, brachte das nördliche Italien in seine Gewalt und marschierte auf Rom. Kurz vor der Stadt, nicht allzu weit von der mulvischen Brücke (heute Ponte Molle) stellte sich ihm Maxentius entgegen, wurde aber geschlagen und fand mit vielen der Seinigen im Tiber ein klägliches Ende (28. Oktober 312 n. Chr.), da die Schiffbrücke dem Andrang der zurückflutenden Flücht- linge nicht Stand hielt. ^) Der Sieger Konstantin nahm Rom und Italien,

') Ein Zeugnis dafür bietet eine lykische xander zuletzt behauptet; bei der Er-

luschrift des Jahres 311/312 n.Chr., worin oberung wurde die Stadt großenteils zer-

Maximinus gebeten wird, die Christen- stört und später von Konstantin unter

Verfolgung zu erneuern. Th. Mommsen, dem Namen Constantina neu aufgebaut.

Archäol.epigraph. Mitteilungen aus Öster- Aurel. Vict. Caes. 40, 19. 28.

reich XVI (1893) 98 ff. DiTTENBERGER,Or/(?>i//.s ^) Die Topographie des Schlachtfeldes

ffraeci inscriptiones sehctae II nr. 569. ist umsti'itten. Die Entscheidung fiel bei

2) Ob dies der CIL VI 5565 erwähnte Sieg Saxa Rubra: die Verfolgung ei'streckte

vom 27. Juni 310 n. Chr. ist, wie Schiller sich bis an den Tiber. Vgl. F. Töbelmann,

II 181 und andere annehmen, wird von Der Bogen von Malborghetto, Abhand-

MoMMSEN mit guten Gründen bezweifelt. lungen der Heidelb. Akad. der Wiss., 2,

^) Romulus starb vor dem Vater. 1915, 22 flf. Die dürftige Überlieferung

^) Vgl. Revue numisniatique 1902, 222 flf., (Zosim. II 16) duldet jedoch keine zuver-

wo das Ende Alexanders auf 311 n. Chr. lässige Rekonstruktion des Hergangs, bestimmt wird. In Cirta hatte sich Ale-

ggg Römische Geschichte.

Spanien und Afrika in Besitz, In Mailand kam er mit Licinius zusammen und vermählte ihm seine Schwester Constantia. Hier erließen die beiden Kaiser das berühmte Toleranzedikt, das den Christen Duldung und Gleich- berechtigung mit den Anhängern der alten Religion gewährte und für ihre Verluste Entschädigung versprach.') Inzwischen griff" Maximinus Daia den Licinius an; er setzte nach Europa über und traf zwischen Adrianopel und Herakleia auf den Gegner. Nach vergeblichen Friedensverhandlungen kam es hier zu einer Schlacht, in der Licinius siegte (L Mai 818 n. Chr.); damit war der Orient für ihn gewonnen; der geschlagene Maximinus floh bis nach Tarsos, wo ihn eine Krankheit hinwegraff'te. Von Nikomedien aus ließ Licinius sofort auch für den Orient das Toleranzedikt für die Christen publizieren (18. Juni 318 n. Chr.). Die Mitglieder der augusteischen Familien, Valeria, die Gemahlin des Galerius, Tochter Diokletians, ihr Sohn Candidianus, und der Sohn des Severus, Severianus, die damals dem Licinius in die Hände fielen, 2) wurden von ihm aus dem Weg geräumt. Wenige Jahre später (316 n. Chr.) verstarb fern der Welt in der Abgeschiedenheit seines Palastes zu Spalato der greise Diokletian, der sich nach einigen Berichten, weil er sich von Konstantin und Licinius bedroht glaubte, das Leben genommen haben soll.

Die Eintracht der beiden siegreichen Kaiser hielt nicht lange vor. 3) Schon 814 n. Chr. brach ein Konflikt zwischen ihnen aus. Es scheint, daß Gebiets- streitigkeiten den Anlaß dazu gaben. Denn Licinius hatte auch die pan- nonische und mösische Diözese in Besitz, beherrschte also ein größeres Ge- biet als Konstantin, der eine neue Teilung beantragte und seinen Schwager Bassianus als Caesar mit den illyrischen Landschaften ausgestattet wissen wollte. Allein Bassianus ließ sich durch das Intrigenspiel des Licinius um- garnen und wurde daraufhin von Konstantin beseitigt; dieser Zwischenfall löste den Krieg aus. Konstantin rückte in das Gebiet seines Widersachers ein und errang bei Cibalae in Unterpannonien (8. Oktober 314 n. Chr.) einen Sieg. Aber nach einer zweiten Schlacht in Thrakien, die unentschieden blieb, entschlossen sich die beiden Imperatoren zu einem gütlichen Vergleich ; Licinius mußte die Diözesen Pannonien und Mösien abtreten und seinen während des Krieges ernannten Caesar Valens fallen lassen. In Europa verblieb dem Licinius nur die thrakische Diözese mit den anstoßenden Donau- landschaften.

Mehrere Jahre dauerte nun die gemeinsame Regierung der beiden. Kaiser. Gemeinsam führten sie an der Donaugrenze Krieg gegen die Sarmaten, Gothen und Karpen und stellten die Grenzbefestigungen wieder her (315 n. Chr.). 4) Gemeinsam ordneten sie die Nachfolge und ernannten (1. März 317 n. Chr.) ihre Söhne, Flavius Julius Crispus, Flavius Claudius Constantinus

') Euseb. hist. eccl. IX 9, 12. Lactant. ; war Konstantin 313 n. Chr. wieder an den

de niort. pers. 48. Die von O. Seeck (Zeit- Rhein gegangen, wo ihm die Franken zu

schritt für Kircliengeschichte XII 181. 457. schaffen machten.

Benjamin, PW IV 1018 f.) gegen die Exi- ^) Hierher gehört die Wiederherstellung

stenzder Mailänder Konstitution geäußer- der Stadt TropaeJTTraiani und vielleicht

ten Zweifel haben sicli nicht bewährt. des Monuments von Adamklissi. Bokmann,

■') Maximinus wollte die Valeria zur Archäol.epigr. Mitteilungen aus Osterreich

Ehe nehmen; da sie sich weigerte, hatte XVII 108. Cichokius, Philol. hist. Beiträge

er sie gefangen gesetzt. CurtWach.smuth zum 60. Geburtstag über-

^) Nach der Zusammenkunft in Mailand reicht (Leipzig 1897) 13.

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. (§52.) 397

und Licinianus Licinius zu Caesaren. Doch schon einige Jahre später (324 n. Chr.) kam es zwischen ihnen zu einem neuen Zusammenstoß, dessen Ur- sachen nicht bekannt sind.^) Vielleicht hat die verschiedene Haltung der beiden Kaiser den Christen gegenüber zur Verschärfung ihres Gegensatzes beigetragen; denn die Christen neigten sich im ganzen Reich dem Konstantin zu, während sich Licinius in den späteren Jahren von ihnen ab wandte, ihre Religionsübung einschränkte und sie aus seiner Umgebung entfernte. 2) Kon- stantin betrachtete sich als den Oberkaiser; seit 316 n. Chr. residierte er nicht mehr in Trier, sondern an der Ostgrenze seines Gebiets in Mösien; als der Sarmatenhäuptling Rausimod mit seinem Stamm in Tlirakien ein- brach, rückte Konstantin eigenmächtig in seines Kollegen Gebiet und trieb die Eindringlinge zurück, und darüber entbrannte abermals ein Krieg, den übrigens beide Kaiser auch mit gothischen, bezw. sarmatischen Hilfstruppen führten. Licinius wurde (3. Juli 324 n. Chr.) in der Gegend von Adrianopel geschlagen und zog sich nach Byzanz zurück. Inzwischen war der Caesar Crispus mit einer starken Kriegsflotte zum Angriff auf Asien vorgegangen und vernichtete bei Kallipolis am Hellespont die Flotte des Licinius. Dieser räumte nunmehr Byzanz, die orientalischen Provinzen sagten sich zum Teil von ihm los und nach einer neuen Niederlage bei Chrysopolis (18. September 324) suchte er, in Nikomedien eingeschlossen, die Gnade des Siegers nach, der ihm Schonung zusicherte und ihn nach Thessalonike sandte, wo er jedoch bald darauf (325 n. Chr.) umgebracht wurde. Dasselbe Schicksal erlitt sein von ihm während des Krieges zum Augustus ernannter Hofmarschall {niagister officiorum) Martinianus,

Konstantin beherrschte somit das ganze Reich, das ihm nicht mehr streitig gemacht wurde, s) Auch jetzt hatte er, um die Grenze zu schützen, viele Kriege zu führen. Den Schutz der Rheingrenze übertrug er zunächst dem Crispus, der siegreich gegen die Franken kämpfte; der Kaiser selbst behielt sich die Wacht an der Donaugrenze vor, die er weiter befestigte. Er baute 328 n. Chr. eine neue steinerne Brücke über den Strom. Erfolgreich kämpfte er gegen die Gothen, Als diese ihrerseits die Sarmaten angriffen, kam der Kaiser den letzteren zu Hilfe, schlug die Gothen (20, April 332 n, Chr,) und nötigte sie zum Frieden. Sie verpflichteten sich gegen eine jährliche Geld- zahlung Truppen zu stellen und traten von jetzt an mit den Römern in friedlichen Verkehr. Sarmaten wurden in den Donauprovinzen und in Italien angesiedelt, den von den Gothen bedrängten Vandalen Wohnsitze in Pan- nonien gegeben. Uberhauj)t ist die Gunst bemerkenswert, die der Kaiser den Barbaren zuteil werden ließ; schon zu Anfang seiner Regierung in Gallien nahm er fränkische Krieger und Heerführer in seinen Dienst. Unter Konstantin begann namentlich das germanische Element in steigendem Maß

*) Zur Datierung s.o. Seeok, Rhein. Mus. ! den; vgl. P. Joügüet, Papyrus de Theo-

62, 1907, 493 ff. 517 ff., dens., Regeste der I deljihie, 1911, nr. 50 u. 58, dens., Melanies

Kaiser .und Päpste 173. Seecks Ansatz Cagnat, 1912, 407 &.

(324 n. Chr.) ist zwar von Mommsen. Ges. ^) p_ Görres. Die Religionspolitik des

Sehr. VI 331 ff. 340 ff. und Ed. Schwartz, Kaisers Licinius, Philolog. 72 (N. F. 26)

Nachrichten der Göttinger Ges. der Wiss. , 1913, 250 ff.

1904, 540 ff., die beide für das J. 323 n.Chr. ^) Die Erhebung eines gewissen Kalo- eintreten, bestritten worden, fand aber kairos auf der Insel Kypros (um 335 n.Chr.) seine Bestätigung durch Papyrusurkun- war, wie es scheint, ohne Bedeutung.

898

Römische Geschichte.

in die höheren Stellen des Dienstes einzudringen, ein Prozeß, der für das Heerwesen und die Geschicke des Reiches von größter Tragweite war. In der Verwaltung baute Konstantin auf den von Diokletian gelegten Funda- menten weiter; aber Konstantin ist kein bloßer Fortsetzer, sondern ein Neuerer mit eigenen Ideen.') Anders als Diokletian, der sich in erster Linie als Beamten betrachtete, l)ehandelte Konstantin das römische Hecht in aus- geprägt absolutistischem Geist, indem er als erster der römischen Kaiser seine Erlasse zu gesetzgeberischen Akten stempelte. 2) Dem praefedus prae- torio, der noch in der diokletianischen Ordnung die oberste Militär- und Zivilgewalt in sich vereinigt hatte, entzog Konstantin das militärische Kom- mando, um es besonderen Generälen, dem maghter peditum bezw. efpätuin zu übertragen. Die Organisation des Heerwesens der späten Kaiserzeit geht auf Konstantin zurück. Er vermehrte die eigentliche Feldarmee und ver- ringerte die Grenztruppen {Umitanei).^) Auch dem Münzwesen wandte er seine Fürsorge zu; er hat es einheitlich für das ganze Reich systematisiert.*) Einen entscheidenden Schritt tat Konstantin, als er das Christentum und namentlich die christliche Hierarchie dem Staatswesen eingliederte und sich in gewissem Sinn zu ihrem Haupt machte. Der christliche Kultus wurde freigegeben und mit dem heidnischen mindestens auf die gleiche Stufe ge- stellt; die Geistlichen wurden von den drückenden Gemeindelasten befreit; der Kirche wurde gestattet, Erbschaften anzunehmen (Dekrete von 313 und 319 n.Chr.); die Jurisdiktion der Bischöfe fand Anerkennung.^) Die Ver- einiglmg der Kirche mit dem Staat führte von selbst dazu, daß der Kaiser sich bemühte, die kirchliche Einheit herzustellen und die Glaubensstreitig- keiten zu bannen. Denn sobald der Druck der Verfolgung aufgehört hatte, begannen auch schon die verschiedenen christlichen Lehrmeinungen und Sekten den erbittertsten Kampf miteinander. Konstantin nahm in diesen Streitigkeiten nicht selbst und unmittelbar Partei, sondern legte sie den kirchlichen Synoden vor, um alsdann durch eigenes Eingreifen deren Be- schlüsse zur Ausführung zu bringen. So geschah es schon bei den um 311 n. Chr. beginnenden donatistischen Streitigkeiten in Afrika, die mit ernsten Unruhen verbunden waren. ß) Der Kaiser verbannte den Bischof Donatus,

') Im einzelnen sind die Neuordnungen zum Beginn der byzantinischen Tlieraen- Konstantins nicht mit Sicherheit von Verfassung, Berlin 1920, 59 ff.

denen Diokletians oder der Nachfolger zu unterscheiden. Aber z. B. die vier Prä- fekturen der notitia dignifatum gehören der späteren Zeit an. Bei Konstantins Tod gab es nur drei praefecti praetoi-io. Momm- SEN, Ges. Sehr. VI 284 ff.

^) Ed. Schwartz, Kaiser Constantin und

Makquardt, Staatsverw. 11"^ 27 ft'.; Schiller, Gesch. der röm. Kaiserzeit II 222. Die Grundlage der Währung ist der Gold- solidus von ','-2 Pfund Gewicht. J. Maurice, Numismatique Co)i$tanti>üenne, Paris 1908 ff. 5) Vgl. Cod. Theodos. XVI 2, 1. 2,7. Zu bemerken ist, daß auch den jüdischen

die christl. Kirche VII. 91, ders. in „Mei- Kultusbeamten Vergünstigungen zuteil

ster der Politik" I, 1922, 196 f. j wurden. Cod. Theodos. XVI 8, 2. 4.

^) Die sog. comitnteniies hatte schon Dio- 1 ") Anlaß des Streites war die Wahl des

kletian als Kaisergarde an Stelle der zu Caecilianus zum Bischof von Karthago;

einer hauptstädtischen Garnison degra- diese Wahl wurde von den Donatisten

dierten Prätorianer gegründet. Konstan- angefochten. Die Donatisten sonderten

tili hob die Prätorianertrui^pe endgültig sich durch strengere Disziplin und Lehre

auf und schuf sich aus der Elite der von den Katholiken scharf ab und wollten

comitatenses eine neue Garde des Feld- sich den Besclilüssen der Synoden nicht

heeres, die sog. palatini; vgl. R, Grosse, ' fügen. Die Bewegung- hat einen provin-

Röm. Militärgeschichte von Gallienus bis ziellen Charakter. Es bildeten sich Scharen

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. .V2.I ;399

das Haupt der Sekte, und verhängte andere Strafen, ohne jedoch viel zu erreichen. Ahnlieh vei'liielt er .sich im Streit um die Trinitätslehre. der sich durch Areios (318 n. Chr.) von Alexandrien aus über die ganze christ- liche Welt verbreitete. Zur Schlichtung des Streites berief Konstantin das erste Reichskonzil nach Nikaia: am 20. Mai 325 n. Chr. eröffnete der Kaiser in eigener Person diese allgemeine Synode. Unter der aktiven Teilnahme des Kaisers brachte ihre Tagung das Ergebnis, daß das arianische Bekenntnis verworfen und die namentlich von Athanasios verfochtene orthodoxe Lehre angenommen wurde (am 19. Juni). Areios mußte in die Verbannung gehen. Später jedoch entschied sich Konstantin unter dem Einfluß des Bischofs Eusebios zugunsten der Arianer und gestattete dem verbannten Areios die Rückkehr nach Alexandrien. Dies führte zu einem langen Streit mit dem Bischof Atha- nasios, der vorläufig mit dessen Verbannung nach Trier endete (335 n. Chr.). Die Verbindung der kaiserlichen Gewalt mit der Kirche bleibt inskünftig be- stehen, und dadurch haben fortan die Glaubensstreitigkeiten auf die Politik der Kaiser und die Geschicke des Reiches einen tiefgehenden Einfluß ausgeübt.

Die Motive, die eine Herrschernatur wie Konstantin zum Christentum hinführten, dürften überwiegend staatsmännischen Charakter getragen haben. Aber man darf darum den Kaiser, dessen universale Tendenzen sich mit der einheitlichen Organisation der Kirche berührten und verflochten, nicht etwa einer seichten Opportunitätspolitik oder gar der Heuchelei zeihen. Erst im Angesicht des Todes ließ sich Konstantin durch die christliche Taufe in die eigentliche Gemeinde der Glälibigen aufnehmen; gegen den heidnischen Kult verhielt er sich tolerant; nur die schlimmsten Auswüchse wurden be- schnitten; aber es erging kein allgemeines Verbot gegen den Polytheismus: namentlich blieben die stadtrömischen Priestertümer unangetastet: durch seine Begünstigung der Christen bereitete Konstantin den endgültigen Sieg des Christentums vor; auch seine Söhne ließ er im christlichen Bekenntnis erziehen. Seine Mutter Helena war eifrige Christin, i)

Eine welthistorische Tat Konstantins war auch die Gründung der neuen Hauptstadt Konstantinopolis an der Stelle von Byzanz. Die Stadt wurde am 11. Mai 330 n. Chr. unter halb heidnischen halb christlichen Riten feier- lich eingeweiht. 2) Konstantinopel war als eigentliche Reichshauptstadt ge-

von begeisterten Schwärmern, den sog. tins d. Gr. zum Christenthum, Zürich CircumceHionen, die sich selbst Heilige 1862; Th. Bkieger, Konstantin d. Gr. als nannten, im Land umherzogen und Un- Eeligionspolitiker, Gotha 1880; P. Monod, ruhen erregten. La politiqxie religieuse de Constantiu, Mon- ') Konstantins Verhältnis zum Christen- tauban 1889; F. M.Flasch, Konstantin d.Gr. tum wird sehr verschieden beurteilt. Nach als erster christl. Kaiser, Würzburg 1891. der von Eusebios begründeten Meinvmg, Schiller II 204 ff. Ed. Schwaktz, Kaiser der auch Seeck und andere Gelehrte fol- Constantin u. die christl. Kirche, Leipzig- gen, hat sich Konstantin seit seinem Sieg Berlin 1913.

über Maxentius für den Christengott ent- '^) Th. Preger, Hermes XXXVI, 1901,.

schieden. Allerdings wurde noch im J. 333 336. 457 ff. Der Anfang zur Erweiterung'

n. Chr. der Stadt Hispellum in ItaHen die von Byzanz Avar schon früher, November

Errichtung eines Tempels für das kaiser- 328 n. Chr. (nach anderen Angaben 326-

liehe Geschlecht gestattet (ILS I nr. 705). n. Chr.), gemacht worden. Die neue Stadt

Heidnische Eeminiszenzen behaupten sich wurde der Tyche geweiht. Eine Säule

auch auf den Münzprägungen. Vgl. außer mit einer Statue, die den Konstantin als.

J. ßüRCKHARDT (Die ZeitCoustantius d. Gr., Sol invictus darstellte, wurde errichtet. 345): Th. Keim, Der Übertritt Constan-

j/vTi Römische Geschichte.

dacht, als die rm ^f'<''>i<ih ^^^^ Neurom am Bosporos, das als Zentrum des Weltreichs an die Stelle der Tiberstadt treten sollte und allmählich mit allen Rechten und Privilegien des alten Roms versehen wurde. Auch ein zweiter Senat wurde in kurzem hier eingerichtet; eine Anzahl Senatoren siedelten von Rom über nach der neuen Gründung, die zur starken Festung ausgebaut und mit prächtigen Gebäuden, I^ibliotheken, Zirkus, Bädern usw. geschmückt wurde. Das Reich mußte zur Ausstattung der neuen Haupt- stadt beitragen, 1) und viele Kunstschätze aus Rom und insbesondere aus den griechischen Städten wurden hierher entführt, um der Kaiserstadt, in der nunmehr der Schwerpunkt des Reiches ruhte, ein repräsentatives Aus- sehen zu verleihen. Für seine Schöpfung hat Konstantin keine Ausgabe gescheut und den Staatsschatz schwer belastet. Überhaupt fühlte Konstantin als absoluter Monarch die Verpflichtung zur Prachtentfaltung; er hatte auch eine offene Hand und förderte die Literatur, soweit es seinen Zwecken dienlich war. In den letzten Regierungsjahren Konstantins wurden Klagen laut über den Steuerdruck, die Willkür der Beamten und die Nachsicht, die der Kaiser seinen Günstlingen zuteil werden ließ.

Konstantin starb am 22. Mai, Pfingstsonntag, 337 n. Chr. während der Vorbereitungen, die er zu einem Krieg gegen die Perser, die nach längerer Friedenszeit unter Sapor II Armenien und Mesopotamien angriffen, traf. Von seinen Söhnen war der älteste, Crisi^us, der längere Zeit den Westen verwaltete, 326 n. Chr. hingerichtet worden, während der Kaiser in Rom weilte; Konstantins Gemahlin, die Kaiserin Fausta, die mit der Katastrophe ihres Stiefsohnes Crispus in innigen Zusammenhang gebracht wird, 2) mußte bald darauf selbst sterben. Ebenso wurde der Caösar Licinianus Licinius damals beseitigt. Seine übrigen Söhne hatte Konstantin nacheinander zu Caesaren ernannt und ihnen einzelne Reichsteile übergeben, dem Konstantin (Caesar seit 317 n. Chr.) den Westen, dem Constantius (Caesar seit 323 n. Chr.) die asiatischen Provinzen mit Ägypten, dem Constans (Caesar seit 333 n. Chr.) Italien, lUyricum und Afrika. Dazu kam 335 n. Chr. Delmatius, sein Bruder- sohn, dem er in seinem Testament Thrakien, Makedonien und Achaia be- stimmte, während ein zweiter Neffe HannibalianusS) mit dem Titel König der Könige {Hex Eegum) zum Fürsten Armeniens und des benachbarten Pontosufers ernannt wurde. Allein das kaiserliche Testament erlangte nicht vollständige Geltung: Delmatius, Hannibalianus und andere Verwandte des verstorbenen Kaisers wurden noch im Sommer 337 n. Chr. in Konstantinopel durch einen blutigen Militäraufstand beseitigt; Constantius ließ die Mörder gewähren; er war auf die Nachricht von der schweren Erkrankung seines Vaters aus Mesopotamien herbeigeeilt, hatte ihn aber nicht mehr als Lebenden angetroffen. Die nächsten Vertrauten seines Vaters überlieferte Constantius ebenfalls dem Tod. Das Gebiet der beiden Ermordeten fiel ihm zu. Von

^) Die Grundbesitzer der Diözesen Asien ed. MoiyiMSEN.

und Pontos mufsten nach Konstantinopel 2) Die näheren Umstände beim Sturz

ziehen oder sich dort wenigstens Häuser des Crispus sind dunkel,

bauen. Erst später durch eine Verordnung ^) Delmatius und Hannibalianus waren

der Kaiser Theodosius II und Yalenti- Söhne des Flavius Delmatius. eines Halb-

nians III (9. Mai 488 n. Chr.) wurde der bruders des Konstantin. Zwang aufgehoben. Novell. Theodos. V 1

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. ")2.) 401

den drei Kaisern geriet Konstantin mit Constans um Italien und Afrika in Streit; er wurde bei Aquileia von den Truppen seines Bruders Constans überfallen uud getötet (840 n. Chr.). Constans bemächtigte sich nun auch des Anteils seines toten Bruders und erlangte dadurch über Constantius eine Überlegenheit, die sich in den damals wieder heftig entbrannten Lehr- streitigkeiten zwischen den Arianern und Orthodoxen bemerklich machte; Constans, Anhänger des Athanasios, verhinderte den Sieg der Arianer im Orient und setzte durch, daß der zum zweitenmal verbannte Athanasios als Bischof nach Alexandrien zurückkehren konnte (346 n. Chr.). Während seiner Regierung herrschte im Westen, abgesehen von einem Einfall der Franken und Unruhen in Britannien, längere Zeit Frieden. Da sich Constans durch Roheit und Laster verhaßt machte, so wurde er (am 18. Januar 350 n.Chr.) in Gallien durch seinen Heermeister [nwgister niilitum), den Franken Magnus Magnentius, gestürzt und dann auf der Flucht umgebracht.

Magnentius bemächtigte sich zunächst des Westens und besiegte unter vielem Blutvergießen den Nepotianus, einen Schwestersohn Konstantins des Großen, 1) der auf kurze Zeit in Rom zum Augustus ausgerufen wurde. Auch in Illyricum hatten die Heere sich von dem Herrscherhaus losgesagt und auf eigene Faust einen Imperator erhoben, den greisen Vetranio (1. März 350 n. Chr.). Constantius war während dieser Zeit (seit 338 n. Chr.) in einen langen und schweren Krieg mit dem Perserkönig Sapor II verwickelt. Das Kampfobjekt bildete Armenien und Mesopotamien; die Römer erlitten mehr- faches Mifageschick. Constantius mußte jedoch diesen Krieg seinen Feld- herren überlassen, um die Herrschaft seines Hauses im Westen wieder- herzustellen. Ein Abkommen mit den verbündeten Usurpatoren lehnte er ab, aber er wußte sie zu trennen; Vetranio traf mit ihm einen Ausgleich und legte bei einer Zusammenkunft in Serdica den Purpur ab (Anfang 351 n. Chr.). Magnentius wurde nach vergeblichen Unterhandlungen 351 n. Chr. in Pannonien bei Mursa in einer blutigen Schlacht besiegt, aber erst zwei Jahre später auch von seinen letzten Anhängern aufgegeben. Constantius, der sogar die Germanen zu einem Vorstoß über den Rhein angestiftet hatte, besiegte den Magnentius in Gallien: der Usurpator stürzte sich, von allen verlassen, in Lyon in das Schwert; auch sein Bruder Decentius, den er zum Caesar ernannte, endete freiwillig (353 n. Chr.).

Constantius vereinigte also das ganze Reich wieder in seiner Hand. Er blieb zunächst im Westen; nachdem er mit den Alamannen Frieden ge- schlossen hatte, begab er sich nach Mailand (354 n. Chr.) und besuchte von da Rom. 2) Unter ihm spielen die kirchlichen Streitigkeiten, in die er selbst eingrifp. eine wichtige Rolle. Er war ein Gegner des nicänischen Bekennt- nisses und des Athanasios, den er nur ungern hatte zurückkehren lassen; in dem Bestreben der anderen, der arianischen Richtung den Sieg zu ver- schaffen, setzte er die Verurteilung des Athanasios auf einem Konzil zu Mailand (355 n. Chr.) durch; er ließ den Athanasios aus Alexandrien ver- treiben, was nicht ohne Unruhen abging (356 n. Chr.). s) Der Arianismus er- hielt durch die Gunst des Kaisers Constantius einen neuen Impuls.

') Sohn der Eutropia, einer Stief- | "") ILS I nr. 731—736. Schwester des Kaisers. ' ^) Über Athanasios vgl. Ed. Schwaktz,

Handbuch der klass. Altertnmswissenschaft. III. 5. 5. Aufl. 26

402 Römische Geschichte.

Da der Kaiser keine Leibeserben besafö, so ruhte die Dynastie auf seinen /.wei Vettern, Gallus und Julianus, den Söhnen des Julius Constantius, eines Bruders Konstantins d. Gr. Der ältere von ihnen, Gallus,') war zur Zeit des Zuges gegen Magnentius als Caesar in den Osten nach Antiochien ge- schickt worden; aber er machte sich dem mißtrauischen Kaiser rasch ver- dächtig, worauf er abgesetzt und 354 n. Chr. hingerichtet wurde. Während des letzten Bürgerkrieges hatten die gallischen Provinzen nach längerer Ruhe wiederum verheerende Einfälle der Franken, Sachsen und Alamannen erleiden müssen; viele Städte lagen in Trümmern. Das kaiserliche Ansehen war noch nicht wiederhergestellt, und leicht konnten neue gefährliche Neben- buhler sich erheben. 2) Daher entschloß sich Constantius, nunmehr seinen zweiten Vetter, den Stiefbruder des Gallus, Flavius Claudius Julianus, ^) zum Caesar zu erheben und nach Gallien zu entsenden (855 n.Chr.). Dem Julianus gelang es, die Alamannen, die den Constantius gegen Magnentius unter- stützt und sich am linken Rheinufer niedergelassen hatten, zu demütigen und Gallien wieder zu schützen. Er schlug die Alamannen in der großen Schlacht bei Straßburg (857 n. Chr.)^) und ging dreimal, 357, 358 und 359 n.Chr. über den Rhein. Auch gegen die Franken führte er glückliche Kriege, räumte aber zugleich 358 n. Chr. den salischen Franken am linken Rhein- ufer Wohnsitze ein. Constantius war inzwischen in Rätien und Pannonien mit Kämpfen gegen die Quaden und Sarmaten beschäftigt (358 n.Chr.); dann rief ihn ein neuer Angriff des Persers Sapor II, der 359 n. Chr. mit überlegener Macht über den Tigris zog, in den Orient. Der Kaiser ver- langte von Julianus die Stellung von Hilfstruppen in beträchtlicher Stärke aus Gallien; aber dieses Ansinnen war nicht nach dem Geschmack der Armee, die sich offen dagegen auflehnte.'') Im Winter 360 n. Chr. erhoben die Aviderspenstigen Truppen in Paris den Julianus auf den Schild und riefen ihn zum Augustus aus. Julianus hatte sich durch energische Kriegführung

Nachr. der Gott. Ges. der Wiss. 1904 1908. panien CIL X 6945 genannte Imperator Auch der Streit zwischen den römischen Claudius Silvanus kann, wie Mommsen zu Bischöfen Liberius und Felix II gehört der Stelle bemerkt hat, mit dem hier ge- in diesen Zusammenhang. Liberius wider- nannten nicht identisch sein; er ist ander- setzte sich dem Willen des Kaisers, worauf weitig nicht bekannt. er 355 n. Chr. verbannt und durch Felix ') A. Mücke, Flavius Claudius Julianus, ersetzt wurde. Später aber fügte er sich 2 Teile, (xotha 1867. 1809; Sieveks, Studien und kehrte nach Rom zurück (358 n. Chr.), 225 ff. : Wilh. Schwaez, De rita et scriptis woraus ein neuer Konflikt mit Felix ent- Julian l imi^eratoyis, Bonn 1888: H. Heckek,^ stand. Letzterer mußte schließlich wei- Zur Gesch. des Kaisers Julian, Progr. von chen und in die Verbannung gehen. Eine Kreuznach 1886; Neue Jahrb. für Philol. spätere Nachwirkung dieses Schismas ist 1889,59ff.; P. Allard, Ju/Zc/; /'«/)o.s<ftf, 3 Bde., 366 n. Chr. die Doppelwahl der Bischöfe Paris 1900—1903. W. Koch, Jahrbb. für Ursinus und Damasus, die zu blutigen klass. Philol. Supplem. 25, 329 ff. G. Negri, Kämpfen führte, bis Valentinianus I ein- L'impercttore Giuliano VApostata, Mailand gi-iff und den Ursinus vertrieb. Ammian. 1902^ J.Geffcken, Kaiser Julianus, Leipzig XXVII 3, 12 f. 9, 9. Mommsen, Deutsche 1914.. E. v. Borkies, PW X 26 ff. Zeitschr. für Geschichtswissenschaft N. F. j ^) Über die Alamannenschlacht s. Wie- I 167. I GAND, Beiträge zur Landes- u. Volkskunde

') Offiziell heißt er Fl. Claudius Con- ' von Elsaß-Lothringen 3, 1887; vgl.Westd..

stantius Caesar. ILS I nr. 737. Zeitschr. VI 319, VII 63 f., XII 242. Del-

'^) 355 n. Chr. nahm der Befehlshaber in brück, Gesch. der Kriegskunst II 272 f. Köln, Silvanus, den Purpur, wurde aber *) Ein Teil der Truppen durfte vertrags- rasch beseitigt. Ammianus Marc. XV 5. , mäßig nicht jenseits der Alpen zur Ver- Der auf einer Inschrift aus Atella in Kam- ' wendunsr kommen. Ammian. Marc. XX 4, 4..

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien, i ?; ."n'. i _^{)->

und gewissenhafte Verwaltung in Achtung gesetzt: er strebte selbst nach der kaiserlichen Gewalt; von Constantius erbat er jetzt die Anerkennimg des Geschehenen und die Überlassung der westlichen Provinzen, besonders der gallischen Diözese. Constantius unterbrach weder den Krieg gegen die Perser, noch bewilligte er Julians Forderung. So eröffnete denn Julian die Feindseligkeiten und rückte donauabwärts gegen Constantius vor. An der Grenze von Illyricum erreichte ihn die Botschaft vom Tod des Constantius, der, im Begriff ihm entgegenzuziehen, in Kilikien vom Tod überrascht worden war (3. November 361 n.Chr.). Auf dem Totenbette hatte er seinen unbotmäfäigen Vetter Julianus zum Nachfolger bestimmt, und so war denn ein Bürgerkrieg, dessen Ausgang zum mindesten zweifelhaft war, im letzten Augenblick glücklich vermieden; Julianus fand als Nachfolger des Con- stantius die Anerkennung des ganzen Reichs.

Der neue Kaiser unternahm den Versuch, den alten heidnischen Kultus, der allmählich abzusterben drohte, neu zu beleben ;i) eingedrungen in die religionsphilosophische Ideenwelt des Neuplatonismus, wollte Julian nach der praktischen Seite hin die heidnische Priesterschaft dem Muster des christlichen Klerus entsprechend organisieren. Die staatliche Duldung des Christentums konnte der heidnische Reaktionär zwar nicht mehr rückgängig machen, aber er setzte die Christen geflissentlich zurück und erlegte ihnen die Restituierung der alten Göttertempel auf. Den Klerikern entzog er die ihnen seit Konstantin gewährte Steuerfreiheit. Als besonders schweren Schlag empfanden die Christen das selbst von Heiden als unbillig betrachtete Verbot des Jugendunterrichts durch christliche Rhetoren und Sophisten. Zwischen den verschiedenen Sekten machte Julian keinen Unterschied: die Maßregeln z, B. gegen die Donatisten in Afrika wurden aufgehoben und verfolgte Sektierer begnadigt. Julian hatte eine christliche Erziehung ge- nossen, war aber dann in den Bannkreis der Neuplatoniker geraten. Abel* noch als Caesar in Gallien hatte er den öffentlichen Gottesdienst der Christen mitgemacht. Der religiöse Abfall des sog. „Apostaten", des Abtrünnigen vom Christentum hängt mit seiner politischen Rebellion gegen Kaiser Con- stantius aufs engste zusammen. Romantisch angehaucht wie er war, lebte Julian ganz in den klassischen Reminiszenzen der Vergangenheit; ein Studien- aufenthalt in Athen, dem Sitz der heidnischen Philosophie, hatte einst be- stimmend auf die empfängliche Seele des Jünglings eingewirkt. Julian hat auch die Feder gegen die Christen geführt. 2) wie er auch sonst sich litera- risch zu betätigen liebte. Mit den angesehensten Tagesgrößen der Literatur stand er in enger Verbindung. 3) Nicht ganz frei von Eitelkeit und Ruhm- sucht, war Julian im Grund ein ehrlich strebender Mensch und ein wohl- meinender, humaner Regent, der die Schäden seiner Zeit erkannte und zu heilen bemülit war. In seiner kurzen Regierung hat er viel Gutes gestiftet, Mißbräuche abgestellt, die Finanzen verbessert. Seine Erlasse gegen die

1) Vgl. J. Geffcken, Der Ausgang des ligionsphilosophie Kaiser Julians, Leipzig griech.-röm. Heidentums, Heidelberg"l920, u. Berlin 1907.

115 ff, ' 3) Dip Eedner Libanios und Himerios.

2) kaza XQioziaviöv. Vgl. K. J. Neumänn, auch der bekannte medizinische Schrift- Juliani hnp. Uhrorum contra Christianos qnae steller Oreibasios gehören dazu. Orei- supersnnt, Leipzig 1880. G. Mau, Die Re- , basios wurde Leibarzt des Kaisers.

26*

404

Römische Geschichte.

Christen sollten ihn nicht üherdauern vnid verfehlten ihre Wirkung; wohl aber entfesselte Julian durch seinen „Kulturkampf" einen fanatischen Ha6, der sein Andenken dauernd verunglimpfte. Seinen Bestrel)ungen, den re- ligiösen Eifer der Heiden wachzurufen, war kein P]rfblg gegönnt.

Von seinem Vorgänger übernahm Julian den Krieg gegen die Perser; Constantius hatte noch 3(>0 n. Chr. am Euphrat gekämpft, ohne da(.3 es ihm gelungen wäre, die Eindringlinge aus Mesopotamien wieder zu vertreiben. Nach sorgfältigen Rüstungen eröffnete Julian im Frühjahr 863 n. Chr. einen neuen Feldzug. Verhandlungen mit dem Erbfeind Persien lehnte er ent- rüstet ab. Das Andenken an Alexander d. Gr. begleitete ihn bei seinem Unternehmen. Die Perser wnirden in zwei Abteilungen, die durch Armenien bzw. durch Mesopotamien zogen, angegriffen. Julian überschritt siegreich den Tigris und gelangte bis unter die Mauern der Hauptstadt Ktesiphon; den ihm angebotenen Frieden schlug er aus; Julian wollte nach Norden in das Binnenland vordringen, mußte aber dann zum Tigris zurück. Die Perser setzten dem abziehenden Heer mit ihren Angriffen immer stärker zu. Bei einem Gefecht fand der tapfere Kaiser am 26. Juni 363 n. Chr. den Tod.i) Sein vom Heer erwählter Nachfolger Jovianus sah sich von Sapor zu einer Kapitulation genötigt und mußte fast alle Erwerbungen Diokletians, nämlich die transtigritanischen Provinzen und Nisibis in Mesopotamien ab- treten. Die Römer verpflichteten sich, Armeniens Unabhängigkeit an- zuerkennen und sich dort nicht einzumischen. Jovianus war Christ, An- hänger des nicänischen Bekenntnisses; alle Beeinträchtigungen der Christen wurden sogleich aufgehoben, Athanasios kehrte mit kaiserlicher Erlaubnis auf den Bischofssitz von Alexandrien zurück. Doch Jovianus starb schon im nächsten Jahr (in der Nacht vom 16. zum 17. Februar 364 n. Chr.) in einem bithynischen Nest eines plötzlichen Todes, worauf die in Nikaia ver- sammelten Spitzen des Heeres und der Beamtenschaft den Flavius Valenti- nianus zum Nachfolger erwählten. 2)

Th. Preuss, Kaiser Diokletian und seine Zeit, Leipzig 1869. Otto Hüsziker in BüDiNGERS Untersuchungen II p. 113 ff. J. C. F. Mänso, Leben Constantins d. Gr., Breslau 1817. J. Burckhakdt. Die Zeit Constantins d. Gr., 2. Aufl., Leipzig 1880. O. Seeck, Gesch. des Untergangs der antiken Welt, Bd. I^ Berlin 1910, Bd. II— IV, Berlin 1901—1911 (mit Anhängen). Sievers, Studien zur Gesch. der röm. Kaiser 225 ff. Heinrich Richter, Das weström. Reich besonders unter den Kaisern Gratian, A^alentinian II und Maximus, Berlin 186.5.

53. Die valentinianische Dynastie. Die Teilung der Herrschaft galt so sehr als Gebot der Notwendigkeit, daß Valentinianus gleich bei seiner Erhebung vom Heer aufgefordert wurde, einen zweiten Kaiser zu ernennen. Er wählte bald darauf (28. März 364 n. Chr.) in Konstantinopel seinen Bruder Flavius Valens zum Augustus und übergab ihm die Verwaltung des Orients. Die beiden Kaiser teilten sich in das Imperium mit gleichen Rechten; doch blieb das Übergewicht, die eigentliche Leitung bei Valentinianus. Dieser übernahm das Imperium des Westens, der wiederum von verschiedenen

') Vgl. Büttner -Wobst, Philologus LI gearbeitet hatte. Der Sohn war gleich-

561 ff. falls durch das Heer gegangen und zu-

2) Valentinianus war der Sohn des Gra- letzt von .Julian zum Tribunen der kaiser-

tianus, der sich von unten auf durch den liehen Leibwache gemacht worden. Heeresdienst zu hohen Ämtern empor-

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. (5? ')'.'>.] -4.05

Seiten her bedrängt war; er hatte zunächst Galhen gegen die Einfälle der Alamannen zu schützen, mit denen er seit 367 n. Clir. glücklich kämpfte, unterstützt von den Burgundionen, ihren östlichen Nachbarn : zweimal. 36S und 371 n.Chr., überschritt er den Rhein und 374 n. Chr. schloß er hier Frieden. Dann wandte er sich 375 n. Chr. gegen die Quaden, die mit den Sarmaten Pannonien und Mösien verwüstet hatten. Sein Feldherr Tlieodosius wies inzwischen in Britannien die Einfälle der Nachbarvölker, der Pikten, ferner der irischen Skoten^) und der Sachsen zurück (368 370 n. Chr.). In Afrika Avurde die Tripolitana von den benachbarten Stämmen, den Austu- rianern, wiederholt verheert und ausgeplündert, 2) ohne daß sie genügend geschützt werden konnte, namentlich 370 n. Chr., und wenig später kam es in Mauretanien zur Empörung des Firmus, die zum guten Teil von den römischen Beamten verschuldet war.'^) Firmus ließ sich zum Augustus aus- rufen und fand weithin Anhang, namentlich durch die Unterstützung der in Afrika so zahlreichen Donatisten. Nach längeren Kämpfen gelang es dem Theodosius, ihn zu überwinden und zum Selbstmord zu treiben.

Schon im Herbst 375 n. Chr. starb Valentinianus im Feldlager zu Brigetio.'*) Ihm folgte sein bereits 367 n. Chr. zum Augustus ernannter Sohn Gratianus, der in Trier residierte. Zugleich rief das Heer Gratians jüngeren Bruder, den vierjähi'igen Valentinianus II, zum Augustus aus; Italien und Afrika wurden ihm untergeordnet. Während Valentinian I sich im Streit zwischen den christlichen Parteien der Arianer und Athanasianer, sowie den Heiden gegenüber unparteiisch gezeigt hatte, erwies sich Gratianus auch in der Re- gierung als eifrigen Christen und Athanasianer; er ist der erste, der den Titel eines pontife.v niaxinnis, diesen integrierenden Bestandteil der Kaiser- würde seit Augustus, ablegte. Gegen die Häretiker und zugunsten des Klerus wurden 376 und 377 n. Chr. Edikte erlassen. Durch eine Verordnung vom Jahr 382 n. Chr. wurde schließlich dem heidnischen Kult und seinen Dienern die Unterstützung aus Staatsmitteln entzogen. Der Kaiser stand ganz unter dem Einfluß des christlichen Klerus, vor allem des Bischofs Ambrosius von Mailand, der damals im Westen der angesehenste Kirchenfürst war.

Der Imperator des Ostens, Valens, war redlich bemüht, ein gerechtes Regiment zu führen und die schwer gedrückte Landbevölkerung zu ent- lasten; gemeinnützige Arbeiten und Bauten wurden unter ihm in Angriff genommen. Da der Perserkönig Sapor sich an den mit Jovianus geschlossenen Friedensvertrag nicht länger binden mochte, so mußte Valens zu einem neuen Krieg rüsten. Während dessen ließ sich in Konstantinopel Prokopios, ein Verwandter Julians, zum Kaiser ausrufen (28. September 365 n. Chr.). Dieser Sproß des konstantinischen Hauses fand Gefolgschaft; aber als dann Valens aus Kleinasien mit größerer Macht heranzog, wurde der Usurpator

') Schon unter Constans und später 359 scheu Diensten gestanden. Von seinen

und 360 n. Chr. unter Julian hatten die Brüdern haben sich zwei, Gildo und Mas-

Pikten und Skoten die Provinz Britannien cizel. später einen Namen gemacht. Seine

beunruhigt. Ammian. XX 1. Geschichte erzählt Ammianus XXIX 5.

2) Ammian. Marc. XXVIII 10 ff., dessen Vgl. Seeck, PW VI 2383 f. Erzählung die damals herrschende Miß- *) Fr. Reiche. Chronologie der letzten

Wirtschaft grell beleuchtet. sechs Bücher des Ammianus Marcellinus,

^) Firmus war der Sohn eines mauri- Liegnitz 1889. sehen Fürsten und hatte früher in römi-

406 Römische Geschichte.

von seinen Truppen verlassen, durch \'errat dem Kaiser überantwortet und ^uf dessen Befehl hingerichtet (27. Mai 'MW) n.Chr.). Zahlreiche Hochverrats- prozesse folgten auf den Sturz des Unglücklichen. Ein weiteres Nachspiel der Usurpation war ein längerer Krieg des Valens gegen die gothischen Stännne (867 369 n. Chr.), die dem Prokopios Zuzug geleistet hatten. Durch einen Frieden, den Valens in einer persönlichen Zusammenkunft mit dem Gothenfürsten Athanarich schloß, wurde das frühere Verhältnis wieder her- gestellt. Valens war eifriger Arianer und begünstigte auf seinem Gebiet das arianische Bekenntnis. Durch seine Vermittlung fand nun auch bei den Gothen und ihren Nachbarn das Christentum und zwar der Arianismus Eingang, wenn auch nicht ohne auf Widerstand zu stoßen. Im Orient machten sich die Isaurer, die sich schon unter Constantius geriihrt hatten, aufs neue lästig; zu diesen Unruhen kamen ernstliche Streitigkeiten um Armenien und das anstoßende Iberien mit den Persern. Um die Perser einzuschüclitern und Armenien wieder unter römische Oberhoheit zu bringen, rückte Kaiser Valens an den Tigris (376 n. Chr.). Verhandlungen mit König Sapor II zerschlugen sich; aber Valens konnte den Kampf mit den Waffen nicht aufnehmen, weil um diese Zeit die Donaugrenze durch neue, gefähr- liche Völkerbewegungen bedroht war.

Es erschien damals ein neues Volk auf dem Schauplatz der Geschichte (375 n, Chr.), das große Reitervolk der Hunnen, die ursprünglich aus der Mongolei stammten und sich von da allmählich weiter westwärts bewegt hatten.^) Das Auftreten der Hunnen ist das Ereignis, das man als Beginn der Völkerwanderung zu bezeichnen pflegt. Die Hunnen warfen sich auf Alanen und Ostgothen oder Greuthungen ^) und rissen sie mit sich fort. Dann fielen sie über die Westgothen (Thervingen) her. Auch sie mußten weichen und erbaten nun von Valens, der damals im Orient weilte, Auf- nahme im römischen Reich (376 n. Chr.). Valens nahm sie auf als Unter- worfene, die ihre Waffen ablegen mußten. Aber infolge der Willkür römi- scher Beamten empörten sich die Gothen, ergriffen bei Marcianopel die Waffen und verwüsteten nach einem Sieg über die Römer Thrakien bis über den Balkan hin (377 n. Chr.). Gleichzeitig brachen die Alamannen aufs neue in Thrakien ein; Gratianus besiegte sie 37S n. Chr. in der Schlacht bei Argentaria (südlich vom heutigen Straßburg) und eilte dann dem Valens gegen die Gothen zu Hilfe. Ehe sein Neffe eintraf, griff Valens die Feinde an, wurde aber bei Adrianopel am 9. August 378 n. CUir. vernichtend ge- schlagen. Kaiser Valens selbst fiel nach tapferem Kampf. Die siegreichen Gothen, im Bund mit anderen Völkerschaften, überschwemmten nunmehr Thrakien und die Nachbarprovinzen.

In dieser Not ernannte Gratianus einen erprobten Krieger, den Spanier Theodosius, zum Augustus (19. Januar 379 n. Chr.) und überwies ihm den

^) In der klassischen Literatur erschei- J. J. M. i>e Gkoot, Die Hunnen der vor- nen sie zuerst bei Dionysios dem Perie- christl. Zeit I, Berlin 1921. geten (v. 730), also zur Zeit Hadrians, als ^) Die Ostgothen reichten östlich bis an Anwohner des Kaspischen Meeres. Vgl. den Dniepr. Es ist zu beachten, daß die ein- Kasp. Zeuss, Die Deutschen u. die Nachbar- gebürgerte Bezeichnung Ost- und West- stämme, 700 If. Chinesische Urkunden zur gothenfür diese Zeit nicht korrekt ist. Am- früheren Geschichte der Hunnen s. bei mianus Marcellinus kennt sie noch nicht.

8. Sechtse Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. (i$ öJi.) 4( )"/

Orient mit dem gröfsten Teil von lUyricum. Theodosius war der Sohn des gleichnamigen Feldherrn {contes), der in Britannien und Afrika siegreich gefochten hatte (oben S. 405),- später aber (876 n. Chr.) in Ungnade ge- fallen und hingerichtet worden war. Der neue Kaiser, der sein Hauptquartier in Thessalonike aufschlug, erzielte rasch einige Erfolge; er reorganisierte das Heer, nahm die eigenen Landsleute der Gothen in römischen Sold und befreite schliefalich Thrakien von den Barbaren. Aber bald erfolgte ein neuer Vorstoß der Gothen und ihrer Verbündeten, die unter ihren Führern Fritigern, Saphrax und Alatheus ihre Züge bis nach Epirus und Achaia ausdehnten (380 n.Chr.). Nun brachte Gratianus, der inzwischen die Ala- mannen wieder bekämpft hatte, aus dem Westen Hilfe, worauf es gelang, die Hauptmasse der Barbaren, besonders die Gothen, zu beruhigen (380 n. Chr.). Die ungestümen Fremdlinge wurden am Südufer der Donau, in Dacia ripuaria und in Mösien angesiedelt, erhielten bestimmte Getreide- tribute bewilligt und mußten sich verpflichten, dem Kaiser Kriegsdienste zu leisten als sog. foederati (382 n. Chr.). Sie bildeten als solche fortan einen wichtigen Bestandteil der kaiserlichen Streitmacht. Freilich blieben auch jetzt noch manche Streifscharen zurück, und die Donaugrenze und die Donau- provinzen blieben nach wie vor unsicher: 286 n. Chr. versuchten die Greu- thungen unter Odotheus den Strom zu überschreiten, wurden aber von der römischen Grenzwehr unter Promotus verlustreich zurückgewiesen. Theo- dosius war nach Abwendung der akuten Gothengefahr in Konstantinoi)el mit der Schlichtung kirchlicher Händel beschäftigt. Auf einem ziemlich schwach besuchten Konzil zu Konstantinopel kamen die Zwistigkeiten über die Be- setzung der Bistümer Konstantinopels und Antiochiens zum Avistrag und fand, was bedeutsam war, die athanasianische Dreifaltigkeitslehre allgemeine Anerkennung (381 n. Chr.). Theodosius war im Gegensatz zu Valens ein eifriger Anhänger dieser Lehre, die im Westen des Reiches herrschte und durch ihn auch im Osten triumphierte. Die Arianer und andere Sekten wurden überall zurückgedrängt, und daneben die noch immer ansehnlichen Reste des Heidentums bekämpft, die Kulthandlungen verboten und die Tempel zerstört. Tiefen Eindruck machte allgemein die Zerstörung des großen Sarapisheiligtums in Alexandrien (391 n. Chr.).

Gratianus, der in Trier residierte, fiel bald einer Empörung zum Opfer: er entfremdete sich dui-ch die offensichtliche Bevorzugung des germanischen Elements im Heer einen großen Teil seiner römischen Truppen. Der Statt- halter Britanniens, Magnus Clemens Maximus, ein Spanier, wurde zum Kaiser ausgerufen und landete in Gallien, während Gratianus gegen die Alamannen zu Feld zog. Gratianus wandte sich gegen den Rebellen, wurde aber bei Paris von der Mehrzahl seiner Soldaten verlassen und auf der Flucht in Lugudunum getötet (25. August 383 n. Chr.). Maximus mit seinem jugendlichen Sohn Victor wurde jetzt von Valentinianus und Theodosius als Augustus in Gallien, Spanien und Britannien anerkannt. Seinen Eifer für das orthodoxe athana- sianische Dogma erhärtete Maximus durch die blutige Verfolgung der Sekte der Priscillianisten.i) Umgekehrt nahm der junge Valentinian II als Arianer

') Es war eine in Spanien und Gallien tuug, die an gnostische Lehren anknüpfte. weitverbreitete Sekte asketischer Rieh- Ihren Führer, Priscillianus, ließ Maximus

4Q8 Römische Geschichte.

unter dem Einfluß seiner Mutter Justina seine ketzerischen Glaubensgenossen in Italien in Schutz und gewährte ihnen freie Religionsübung (Edikt vom 28. Januar 386 n. Chr.). Diese Toleranz stieß auf den zum Äußersten ent- schlossenen Widerstand des Bischofs Ambrosius von Mailand, des Hauptes der abendländischen Hierarchie. Diese kirchlichen Wirren mußten den An- schlag des orthodoxen Maximus auf Italien erleichtern. Unerwartet überfiel er das Land, das er fast ohne Schwertstreich eroberte. Valentinian hatte sich mit seinen Angehörigen zu Schiff in den Reichsteil des Theodosius ge- flüchtet (887 n. Chr.). Theodosius, der sich um jene Zeit mit Valentinian verschwägerte, versagte dem Gewaltstreich des Maximus seine Billigung. Er forderte den Räuber des italischen Thrones auf, den verjagten Valen- tinian, der sich jetzt vom arianischen Bekenntnis abwandte, wieder einzu- setzen. Theodosius hatte 38-4 n. Chr. mit dem Perserkönig Sapor III Frieden und Freundschaft geschlossen ; ^ ) die Grenzen waren gesichert und so konnte er seine ganze Macht gegen den Usurpator kehren, 2) als dieser sich weigerte, auf Italien zu verzichten. Maximus wurde zu Wasser und zu Land an- gegriffen. Nach zwei verlorenen Schlachten gaben die Truppen die Sache des Maximus auf. Bei Aquileia wurde der Usurpator gefangen genommen und hingerichtet. Theodosius' Heerführer Arbogastes ging weiter nach Gallien, beseitigte den Victor und sicherte die inzwischen bedrohte Grenze durch neue ■Verträge mit Franken und Alamannen. Die beiden Kaiser blieben in Italien; gemeinschaftlich besuchten sie im Jahr 389 n. Chr. Rom. Bald darauf (390 n. Chr.) entstand in Thessalonike ein Aufruhr, den Theodosius durch einen grausamen Blutbefehl sühnte.^)

Theodosius begab sich im Jahr 391 n. Chr. zurück in den Orient, der auch jetzt noch durch Züge plündernder Barbaren heimgesucht wurde, wäh- rend Valentinianus in Vienna in Gallien Residenz nahm. Als seinen Berater hatte ihm Theodosius den selbstherrlichen Franken Arbogast beigegeben ; Arbogast terrorisierte den jungen und schwachen Kaiser und trieb ihn schließ- lich in den Tod (15, Mai 392 n. Chr.). Dann erhob er einen Nichtmilitär, den ehemaligen Rhetor Eugenius, der zuletzt einer der Hofkanzleien vorgestanden hatte, auf den Thron. Eine wichtige Rolle spielte der italische pracfccfuH praetorio Virius Nicomachus Flavianus, ein begeisterter Anhänger des alten Glaubens. Eugenius fand im ganzen Westen und auch in Italien Gehorsam. Er wandte dem Heidentum seine Gunst zu und gestattete z. B. die Wieder- herstellung des Altars der Göttin Victoria in der Kurie zu Rom. Dieses alt- ehrwürdige Symbol einer stolzen Vergangenheit hatte Constantius (357 n. Chr.)

hinrichten. Die Sekte hat ihren Stifter Milde walten ließ. Siehe Libanios, Orat.

noch um Jahrhunderte überdauert. 19 22. 34. Joh. Chrysost. vol. II homil.

') Sapor II hatte bei Gelegenheit der 1 21. A. Hug, Antiochia und der Auf-

gothischen Kriege noch einmal einen Ein- stand im J. 387 n. Chr., Winterthur 1863.

bruch in Syrien und Kappadokien unter- ^) Die Soldaten erschlugen im Zirkus

nommen; aber nach seinem Tod (379 angeblich 7000 Zuschauer. Theodosius be-

n. Chr.) gerieten die Nachfolger in innere reute seinen Befehl und unterzog sich

Schwierigkeiten, die sie nach außen hin auf die Vorstellungen des Bischofs Am-

lähmten. brosius in Mailand der üblichen Kirchen-

'■') In diese Zeit (387 n. Chr.) gehört der büße. Über diesen berühmten, vielfach

durch die drückende Steuerpolitik her- übertrieben dargestellten Vorgang vgl.

vorgerufene Aufstand im syrischen An- H. Koch, Histor. Jahrbuch XXVIII. 257 tf. tiochien, bei dessen Bestrafung der Kaiser

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. 54.) 409

entfernen lassen; unter Julian war das Wahrzeichen abermals im Sitzungs- saal des Senats aufgerichtet worden, um von Gratian erneut beseitigt zu werden. Theodosius verweigerte dem Eugenius seine Anerkennung und setzte die Heere des Orients gegen Itahen in Marsch. In der blutigen Schlacht am Frigidus (Wippach zwischen Laibach und Aquileia) ^) wurde der Usur- pator geschlagen, gefangengenommen und getötet (6. September 394 n. Chr.). Zwei Tage später endete auch der Kaisermacher Arbogast auf der Flucht durch Selbstmord. Theodosius hatte durch seinen Sieg den Westen wieder unterworfen, sollte sich jedoch dieses Triumphes nicht lange erfreuen. Schon am 17. Januar 895 verschied der Kaiser in Mailand.

Literatur: Sievers, Studien etc. 273 f. H. Richter, Das weström. Reich besonders unter den Kaisern Gratian. Yalentinian II und Maximus (375—388), Berlin 1865. V. WiETERSHEiM, Gescli. der Völkerwanderung, 2. Aufl. von F. Dahn, 2. Bd., Leipzig 1881. GüLDENPENNiNG uiid Ifpland, Der Kaiser Theodosius d. Gr., Halle 1878. Q. Aiirelil Sijmmachl quae supersioit ed. Otto Seeck, Berlin 1883, praef. p. XXXIX ff. G. Rauschen, Jahrbücher der christl. Kirche unter dem Kaiser Theodosius d. Gr., 1897. O. Seeck, Gesch. des Untergangs der antiken Welt, V. Bd., Berlin 1913 (mit Anhang).

54. Ende des weströmischen Kaisertums. Ein Rückblick auf die dargestellten Ereignisse zeigt allenthalben die wachsende Bedrängnis und die unverkennbaren Symptome eines allgemeinen Verfalls der Kräfte. Die Grenzen können nicht mehr geschützt werden, die Grenzprovinzen bevölkern sich mit fremden Ansiedlern. Daß sich die Zeitgenossen selbst ihrer Not vollauf bewußt sind, beweisen bewegliche Klagen, die sie anstimmen. Welche Ursachen den fortschreitenden Zersetzungsprozeß hervorbringen, läßt sich nicht leicht mit einem Wort sagen. Denn hier hat gar vieles unheilvoll zusammengewirkt und die destruktiven Kräfte, die Elemente der Dekompo- sition reichen mitunter bis zurück in die Tage der Republik oder sie sind bedingt teils durch die Eigenart antiken Lebens und Denkens überhaupt, teils durch die Natur des römischen Staatswesens im besonderen. Träger der höchsten Staatsgewalt ist die Person des Kaisers, dessen Wille Gesetz ist; seine ausführenden Organe in der Rechtspflege, in der Verwaltung und im Heerwesen sind die nach einer festen Rangordnung gegliederten Beamten, deren Bestechlichkeit, Willkür und Unredlichkeit den Regierten immer wieder Grund zur Unzufriedenheit gab. Wohl fehlte es nicht an rühmlichen Aus- nahmen ; aber alles in allem scheint die Korruption weit verbreitet gewesen zu sein und gegen ihr Unwesen waren auch vom besten Willen beseelte Monarchen auf die Dauer ohnmächtig; die Beamten bildeten ja zugleich auch den Hofstaat vmd der Kaiser war auf ihre Hilfe angewiesen, sofern er nicht auf die Ausführung seines Willens verzichten mochte. Die Beamten- schaft zerfiel in einzelne Faktionen, die sich je nachdem unterstützten oder bekämpften, und zwar nicht nur am Hof, sondern auch in den Provinzen. Nicht selten verdankten die Kaiser ihre Würde der Gunst einer bestimmten Clique, die dann von der angeblich unbeschränkten kaiserlichen Gewalt die entsprechende Gegenleistung erwartete, die um so weniger verweigert werden konnte, als die Herrscher mangels fester Erbfolge und unbestreitbarer Legiti- mität zumeist nicht allzu fest auf dem Thron saßen. Diese Unsicherheit illustrieren die häufigen Usurpationen, durch die einzelne Glieder des Reichs

') Vgl. O. Seeck u. G. Veith, Die Schlacht am Frigidus. Klio XIII, 1913. 454 ff.

410 Römische Geschichte.

sich schon auf" kürzere oder längere Zeit vom Gesamtkörper losgelöst hatten Diese Usurpationen haben zuweilen in höfischen Parteiungen ihren Ursprung.

Eine Quelle schwerer Leiden war das herrschende Steuersystem, das nach rein fiskalischen Grundsätzen eingerichtet und nur darauf zugeschnitten war, dafa die auferlegte Steuersumme unter allen Umständen einging (S. 890). Das ganze Leben der Untertanen hatte sich den Bedürfnissen des unerbitt- lichen Fiskus anzupassen. Die besitzenden und erwerbenden Stände wurden in Korporationen geteilt, in der jeder einzelne seinen Platz, den er nicht verlassen durfte, auszufüllen hatte: dabei war alles von Staatswegen aufs genaueste reglementiert und so herrschte denn bei dieser Knebelung der individuellen Freiheit ein fast unerträglicher Zwang, der am schwersten auf der ländlichen Bevölkerung lastete, auf den bedauernswerten coloni, die den Ackerbau besorgen, Frondienste leisten i) und den Heeresersatz stellen mufaten. Die Abgaben, so vielgestaltig und hoch sie waren, reichten doch nicht aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Die unaufhörlichen Kriege und Empörungen, die Unredlichkeit der Beamten, auch die Ver- schwendung des Hofes hatten trotz erhöhten Steuern immer neue Geld- knappheit zur Folge.

Auch die Armee konnte von Mißständen nicht unberührt bleiben. Sie war zu schwach, um die langgestreckten Grenzen allseitig zu schützen und sie verlor allmählich den inneren Zusammenhalt. Schon überwog das bar- barische Element unter macht- und geldgierigen Führern. Die Disziplin der Soldaten lieia schon früher viel zu wünschen übrig; sie waren durch ihre Ausschreitungen gelegentlich zu einer Plage für die Untertanen geworden. 2) Die Mifsbräuche mußten sich aber häufen, wenn die Truppen, wie es oft geschah, schlecht gehalten und bezahlt wurden, wenn die Offiziere den Sold unterschlugen und die Truppen die Bauern ausplünderten. 3) Verheerten dann auch noch die Einfälle von Grenznachbarn das Land, so war es kein Wunder, wenn ganze Gegenden verarmten und sich entvölkerten, wenn die Landbewohner ihre Scholle verliefsen und sich zu Räuberbanden zu- sammenrotteten oder gar zu den Feinden übergingen.

Ein Moment der Schwäche lag auch in der Weiterentwicklung des Christen- tums, das seit Konstantin d. Gr. am Hof und in der Beamtenschaft immer mehr zur Herrschaft gelangte. Denn es wirkte zentrifugal und zersetzend auf das Reich durch die leidigen Glaubensstreitigkeiten, die mit dem größten Fanatismus geführt wurden. Nachdem Staat und Kirche eine Union ein- gegangen hatten, verstand es sich von selbst, daß die Staatsgewalt an der Einheit des Glaubens interessiert war und demgemäß die von der katholi- schen Kirche abweichenden Lehrmeinungen mit Gewalt zu unterdrücken suchte. Die Folgen dieses in der Regel doch vergeblichen Gewissenszwanges waren höchst verderblich. Es blieb eine tiefgehende Erbitterung gegen das Reichsregiment zurück, und oft wurden die eindringenden Barbaren von der dissentierenden Minderheit als das geringere Übel willkommen geheißen.

') Sie hatten z. B. die Landstraßen zu aus der Zeit des Claudius (49 n. Chr.) und

erhalten, für den Staatsdienst Fuhrwerk Gordiaus III bei Dittenberger, Orientis

zu stellen und den Truppen Quartier zu graeci inscr. seled. II nr. 665 und SIG II'

geben. j nr. 888.

2) Vgl. das Zeugnis zweier Inschriften ' ^) Themist. orat. X |). 135 D. 138 B.

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. I^öl.i 411

Bei diesem Zustand des Refchs war der Tod des Theodosius I, der das Ganze noch einmal zusammengehalten hatte, ein verhängnisvolles Ereignis. Die Nachfolge war allerdings nicht bestritten; die beiden Söhne des Theo- dosius Avaren bereits als Augusti anerkannt, aber beide waren jung, un- erfahren und ohne höhere Begabung und Tatkraft. Sie waren völlig al>- hängig von ihrer Umgebung und nur ein Spielball der feindlichen Parteien, die sich an ihrem Hof gegenseitig den Rang abzulaufen suchten. Der ältere. Flavius Arcadius, seit 883 n. Chr. Augustus, war in Konstantinopel zurück- geblieben unter Leitung des praefectus lyraetorio Rufinus, eines Galliers. Der jüngere, Flavius Honorius, 393 n. Chr. zum Augustus ei'hoben, war von dem Vater kurz vor seinem Tod nach Mailand berufen worden und übernahm jetzt die westliche Reichshälfte unter der Leitung des Heermeisters {magisfer mUitu)n) Stilicho. eines Vandalen: Theodosius hatte den hochgewaclisenen Halbbarbaren mit seiner Lieblingsnichte Serena vermählt und ihn auf dem Totenbette dem Honorius als Ratgeber empfohlen. Eine Reichsteilung war nicht beabsichtigt, wie ja auch früher die Teilung der kaiserlichen Gewalt die Einheit des Reiches nicht hatte aufheben sollen; aber nun geschah es. daß Stilicho mit der durch seinen alten Gegner Rufinus vertretenen Re- gierung des Arcadius in Feindschaft und Zwist geriet, und dieser Zwist machte die Teilung der Regierung zu einer Teilung des Reiches und ver- anlagte zugleich einen verstärkten Ansturm der umwohnenden Barbaren. Abgesehen von dem persönlichen Gegensatz der beiden leitenden Männer wurde der Konflikt dadurch hervorgerufen, daß Stilicho auf Grund einer letztwilligen Verfügung des verstorbenen Kaisers die mösische Diözese, die auch Makedonien und Griechenland umfaßte und seit der Erhebung -des Theodosius I dem Ostreich angehörte, für das Westreich in Anspruch nahm,^) ein Begehren, das in Konstantinopel abgelehnt wurde.

Zunächst gaben der Tod des Theodosius und die Abwesenheit des orien- talischen Heeres im Westen das Signal zu einem verheerenden Einfall der Hunnen in den Orient bis nach Kappadokien und Syrien hinein. Gleichzeitig erhob sich noch im Winter eine Schar föderierter, in Ilhn-icum angesiedelter Gothen unter dem Häuptling Alarich,^) um in Verbindung mit Völkern von jenseits der Donau Thrakien und Makedonien heimzusuchen (395 n. Chr.). 3) Stilicho, der sich aufgemacht hatte, um das östliche Illyricum zu besetzen und das orientalische Heer zurückzuführen, lagerte den Eindringlingen in Thes- salien ein halbes Jahr lang gegenüber, mußte aber schließlich auf Arcadius' Befehl die beanspruchte Provinz räumen und den orientalischen Heeresteil unter dem Gothen Gainas und Timasius dem Arcadius zusenden. Zur Be- grüßung gingen der Kaiser und sein Präfekt Rufinus den Truppen entgegen,

^) Olympiodoros cap. 2 (FHG IV 58). Er hatte unter Theodosius gegen Eugeniu.s

Vgl. MoMMSEN, Hermes XXXVIII (1903) gedient, aber nicht die erwartete An-

101 ff. Für die Kenntnis der Zeitereig- erkennung gefunden, sondern war nach

nisse sind wichtig die Gedichte des Clau- Haus entlassen worden. König ist er

dianus. Vgl. den historischen Kommentar nie gewesen. Vgl. Seeck, PW I 1286 ff. dazu von Th. Birt. Clandii Claudiant Car- ^) Beide Einfälle werden sicher zu Un-

mina p. XXIV flf. iMonunienta Germaniae recht dem Rufinus zur Last gelegt. Dieser

historica aiicf. antiqnissimi vol. VIII.) trat allerdings mit den aufständischen

^) Alarich gehörte zu den südlich der Gothen in Verhandlung, was aber nichts

Donau angesiedelten föderierten Gothen. für seine Schuld beweist.

412 Römische Geschichte.

und l)('i »lieser Gelegenheit ließ Gainas im geheimen Auftrag Stilichos den Rufinus von den Soldaten einkreisen und niederhauen. Inzwischen war die umstrittene Provinz den Pliinderungen des Alarich schutzlos preisgegeben, der Peloponnes wurde furchtbar verheert, auch Athen erobert. Stilicho, der sich auf kurze Zeit nach Gallien und an den Rhein begeben hatte, um dort die Ruhe herzustellen, unternahm mit einer starken Flotte eine Expedition nach Griechenland; schon hatte er die Gothen Alarichs im arkadi.schen Berg- land in die Enge getrieben, als ihnen der Durchbruch nach Epirus glückte. Unverricliteter Dinge kehrte Stilicho nach Italien zurück. Arcadius aber fand sich gütlich mit Alarich ab, indem er ihn und seine Gothen unter günstigen Bedingungen in römischen Sold nahm. Stilicho wurde vom ost- römischen Hof zum Feind erklärt und es trat Kriegszustand zwischen Ost- und Westrom ein. In Konstantinopel hatte der Hof'eunuche Eutropius die politische Erbschaft des Rufinus angetreten, und seine frühere Verbindung mit Stilicho allmählich gelöst. Indes im Zusammenhang mit einer Empörung des Tribigild, der in Phrygien eine Schar Greuthungen befehligte, wurde Arcadius von Gainas, der zu Stilicho hielt, genötigt, den Eutropius un- schädlich zu machen (399 n. Chr.). Aber auch gegen Gainas und den gothi- schen Einfluß kam es in Konstantinopel zu einer Erhebung. Gainas mußte zuletzt über die Donau fliehen und fand bei den Hunnen sein Ende (400 n. Chr.). Über die größte Macht am oströmischen Hof verfügte zunächst die Gemahlin des Arcadius, die Kaiserin Eudoxia, bis dann nach ihrem Tod (404 n. Chr.) der Präfekt Anthemius den maßgebenden Einfluß erlangte, den er nach dem Tod des Arcadius (1. Mai 408 n. Chr.) auch auf die ersten sieben Regierungsjahre seines unmündigen Sohnes und Nachfolgers Theodosius II ausdehnte. Sehr lebhaft waren die kirchlichen Streitigkeiten in Konstantinopel, infolge deren der Bischof Johannes Chrysostomos von dem Patriarchensitz weichen mußte (404 n.Chr.): auch die abendländische Kirche mischte sich ein und erklärte die Absetzung des Johannes für ungültig (406 n. Chr.).

Nach außen hin herrschte in den östlichen Provinzen in dieser Zeit leid- liche Sicherheit, wenn schon die Isaurer ihre Plünderungen fortsetzten und die Gegend von Kyrene ') wie früher so auch jetzt von den benachbarten Barbaren heimgesucht wurde (403 404 n.Chr.); mit den Persern wurde Friede und Freundschaft geschlossen (408 n. Chr.). Dagegen hatte die West- hälfte des Reiches unter den schwersten Kriegsnöten zu leiden, wozu die Feindschaft des Hofes von Konstantinopel ohne Zweifel das Ihrige beitrug. Zunächst sagte sich schon im Jahr 397 n. Chr. in Afrika, dieser als Korn- kammer für Rom und Italien wichtigen Provinz. Gildo, ein Bruder des Firmus (S. 405), von Honorius los und ging zu Arcadius über. Er verwaltete seit 385 n. Chr. Afrika ganz selbständig, und wiewohl er sich dem Usur- pator Eugenius nicht anschloß, hatte er doch auch den Kaiser Theodosius im Krieg gegen ihn nicht unterstützt. Erst Stilicho setzte dem Treiben Gildos ein Ziel, indem er dessen feindlichen Bruder Mascizel mit einem kleinen Aufgebot nach Afrika hinübersandte; noch ehe Stilicho selbst mit

') Nachrichten über Kyrene, seine Vater- nachmaligen christlichen Bischofs von Stadt, enthalten die Schriften des Syne- Ptolemais (seit 409 n. Chr.). sios, des neuplatonischen Philosophen und

8. Sechste Periode. Die Kaiserzeit b.z. Ende d.ostgoth. Herrschaft in Italien. ($54.1 413

dem Gros gelandet war. erlag Gildo dem Schicksal. Sein großes Heer, so- weit es nicht Holi. trat zu Mascizel über; Gildo selbst ging flüchtig, wurde aber gefangen und nach längerer Haft erdrosselt (31. Juli 39S n.Chr.).') Drei Jahre später wurde Italien von den Barbaren bedroht: Alarich unter- nahm einen Kaubzug dorthin (November 401 n.Chr.); er drang mit seinen Gothen plündernd in Oberitalien ein und belagerte Mailand. Nach zwei Treffen bei Pollentia (6. April 402 n. Chr.) und bei Verona .schloß Stilicho mit ihm ein Abkommen und versicherte sich seiner Hilfe gegen Ostrom zum Zweck der Erwerbung des östlichen lUyricums, wohin Alarich zurückging. Auch einen neuen Einfall verschiedener Kriegsvölker, derVandalen, Alanen luid Gothen unter Radagaisus wehrte Stilicho mit Erfolg ab; ein Teil wurde bei Faesulae geschlagen, ein anderer schloß mit Stilicho Abkommen und Bündnis. Stilicho wollte sich schon anschicken, das von ihm begehrte Ost- illyricum mit Gewalt zu erobern, als er seine Absicht aufgeben mußte, weil der ganze Westen, Gallien und Spanien, verloren zu gehen drohte.

Zunächst überschritt im Jahr 406 n. Chr. ein Heerhaufen verschiedener germanischer Völker, der Vandalen, Burgunder, Sueben, Alanen den Rhein und verheerte die gallischen Provinzen, denen der schwache Kaiser Honorius keinen Schutz gewähren konnte, standen doch seine besten Truppen in Italien. Gallien blieb also sich selbst überlassen. Auch Britannien fiihlte sich bedroht, und hier schritt das britannische Heer zur Selbsthilfe, indem es kurz nacheinander drei Kaiser erhob; die beiden ersten, Marcus und Gratianus, wurden nach kurzem von den Soldaten wieder beseitigt; der dritte, Flavius Claudius Constantinus, behauptete sich und setzte über den Kanal nach Gallien über: die gallischen Provinzen fielen ihm zu, und er verteidigte sich mit Erfolg gegen die Truppen des Honorius (407 n. Chr.). Auch Spanien brachte er anfangs in seine Gewalt; doch wurden er und sein Sohn Constans, den er zum Caesar machte, hier bald durch die Partei- gänger des Honorius in schwierige Kämpfe verwickelt. Da überdies hier sein bester Feldherr Gerontius rebellierte, so konnte Konstantin die in Gallien einbrechenden Barbaren, die er anfangs zurückgeschlagen hatte, nicht mehr im Schach halten. Vandalen, Alanen, Sueben und Burgunder drangen ein und setzten sich in Gallien fest. Damals trennten sich Britannien und das gegenüberliegende Aremorica zuerst vom Reich ab und suchten sich aus eigener Kraft ihrer Bedränger, der Sachsen und anderer Seevölker, zu er- wehren. Die Kämpfe, die sich zwischen Konstantin und Gerontius ent- spannen, erleichterten es den Vandalen, Alanen und Sueben, auch in Spanien Eingang zu finden (409 n. Chr.). Unter Verheerungen durchzogen sie die Pyrenäenhalbinsel, um sich dann an verschiedenen Orten niederzulassen, die Alanen, Sueben und ein Teil der Vandalen im Nordwesten und Westen ein anderer Teil der Vandalen in Baetica.

Inzwischen nahm der Streit zwischen West- und Ostrom eine neue Wen- dung. Alarich, der sich als Feldherrn des Honorius betrachtete, setzte seine Gothen abermals in Marsch; er rückte durch Pannonien und Noricum der Grenze Italiens bedrohlich nahe und forderte die Riesensumme von vier-

') Den Krieg gegen Gildo hat der Dichter Claudianus zum Stoff eines nicht Tollendeten Epos gemacht.

414

Römische Geschichte.

tausend ITiiiid (Jold. Stilicho, der den Gothen ^egen den gallischen Usur- pator Konstantin zu verwenden gedachte, setzte im Senat die Bewilhgung dieser erpresserischen Forderung Alarichs rhirch. Als um jene Zeit Kaiser Arcadius verstarb (1. Mai 408 n. Chr.) und seinem unmündigen Sohn Theo- dosius n die Krone Ostroms hinterheß. hatte Stilicho den Wunsch, nach Konstantinopel zu gehen, um dort die Vormundschaftsregierung zu über- nehmen und seine unioni-stischen Pläne zu fördern. Doch wie jüngst in Konstantinopel gegen Gainas und seine Gothen, so machte sich jetzt auch in Italien eine antigernumische Strömung bemerkbar. Diese vor allem gegen den Halbgermanen Stilicho gerichtete Bewegung, die von dem nationalisti- schen Senat unterstützt wurde, ergriff' auch die römischen Soldaten, die sich hinter die Gothen zurückgesetzt fühlten. In Ticinum erschlugen die Sol- daten unter den Augen des hilflosen Kaisers Honorius einige der höchsten Würdenträger, die ihnen als Kreaturen Stilichos verha&t waren. Bald darauf wurde Stilicho selbst auf Befehl seines kaiserlichen Schwiegersohnes Honorius in Ravenna hingerichtet.') Seine Anhänger wurden gerichtlich verfolgt. Sein Sohn Eucherius, der Verlobte der Galla Placidia, der Tochter des Theodosius, mußte sterben. Das Ohr des Kaisers gewannen die Gegner Stilichos, Olym- pius und dessen Genossen. Als Honorius sich unter dem Druck der am Hof herrschenden Stimmung weigerte, die inzwischen reduzierten For- derungen Alarichs zu erfüllen, ließ der Gothe marschieren. Bald stand sein Heer unter den Mauern Roms. Die Hauptstadt mußte sich von ihrem Be- dränger durch eine ungeheure Kontribution loskaufen. Da Honorius noch immer Alarichs Forderungen, nämlich Wohnsitze in Noricum, Ernennung ziuii römischen Heermeister, Versorgung des Heeres mit Korn, ablehnte, so zog er ein zweites Mal gegen Rom und brachte die Stadt aufs neue in seine Gewalt. Um mit einem anderen Kaiser sein Ziel zu erreichen, zwang Alarich den römischen Senat, den Stadtpräfekten Priscus Attalus zum Kaiser zu wählen und führte dann mit ihm gegen Honorius Krieg (409 n. Chr.). Honorius konnte sich unter dem ewigen Ränkespiel seiner Umgebung mit Hilfe der Oströmer in dem festen Ravenna, das damals zur kaiserlichen Residenzstadt wurde, behaupten. Dagegen war Alarich nicht imstande, die Absichten, die er mit Attalus hegte, zu verwirklichen; Attalus konnte sich nicht entschließen, die Eroberung Afrikas den Gothen zu übertragen; der schwächliche Versuch, den Attalus machte, um die wichtige Kornkammer zu erwerben, wurde von Heraclianus, einem Getreuen des Honorius, abgewiesen. Alarich entkleidete den Attalus des Purpurs wieder und setzte sich aufs neue mit Honorius in Verbindung; da aber ein Einvernehmen wiederum nicht er- zielt wurde, so wandte sich Alarich zum drittenmal gegen Rom, das furchtbar unter Hunger zu leiden hatte. Am 24. August 410 n. Chr. drangen die Be- lagerer ein und plünderten drei Tage lang. 2) Dann führte Alarich sein beute- beladenes Heer gen Süden, um Sizilien und Afrika zu nehmen ; aber der Versuch mißglückte, und Alarich starb in Unteritalien an einer Krankheit.

') Er wurde beschuldigt, daß er den ' besonders aus den unteren Ständen. Ein

Theodosius II stürzen und seineu eigenen Teil der Stadt ging in Flammen auf. Das

Sohn Eucherius zum Kaiser machen wollte. Asylrecht der Basiliken der Apostel Petrus

'■') Obwohl Alarich das Blutvergießen und Paulus wurde übrigens gewissenhaft

verboten hatte, gab es doch viele Opfer, respektiert.

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien, l«; ö-t.i 415

Den Oberbefehl über das gothisclie Heer übernahm der Schwager Alarichs^ Athaulf, der, um zum Ziel zu kommen, wieder den Weg der Verhandhuigen mit Honorius betrat, aber sowenig erreichte wie sein Vorgänger. Athaulf scheint Rom nochmals besetzt zu haben. Honorius konnte sich jetzt gegen Konstantin wenden: er hatte den Gegenkaiser notgedrungen eine Zeitlang anerkannt, bis dieser den Frieden brach und in Italien einzudringen suchte. Der Usurpator, den inzwischen Gerontius in Arelate eingeschlossen hatte, wurde dort von Constantius, dem inagisfer miliium des Honorius, überwunden und gefangen (411 n.Chr.); Constantius war jetzt der maßgebende Staats- mann des Honorius. Auch Athaulf zog nach Gallien (412 n. Chr.). zunächst um bei Jovinus, einem vornehmen Gallier, der sich neben Konstantin zum Imperator aufgeworfen hatte, Dienste zu nehmen. Doch trat Athaulf bald zu Honorius über und half den Jovinus und dessen Bruder Sebastianus be- seitigen (413 n. Chr.). Während also Honorius sich in Gallien wieder durcli- setzte, gelang es ihm, auch einen anderen Abtrünnigen zu überwinden, den Heraclianus.i) der sich in Afrika empörte und sogar mit einer Riesenflotte einen Angriff auf Italien unternahm. Aber der Angreifer erlitt nach dei" Landung eine Niederlage und wurde auf der Flucht in Karthago getötet (41o n. Chr.). Der lebhafte W\insch des Athaulf, mit Honorius zu einer Einigung zu kommen, ging nicht in Erfüllung; vielmehr ergaben sich neue Mißhelligkeiten, in deren Verlauf der Gothe sich in Südgallien festsetzte und Narbo eroberte (413 n. Chr.). Auch verweigerte er die Auslieferung der Galla Placidia, der Schwester des Honorius, die sich seit der Eroberung Roms (410 n. Chr.) als Gefangene im Gothenlager befand. Im Jahr 414 n. Chr. vermählte sich Athaulf in Narbo mit Placidia. Aber wenn er gehofft hat, sich jetzt leichter mit Honorius, seinem nunmehrigen Schwager, ver- ständigen zu können, so hatte er sich getäuscht. Honorius begnügte sich damit, den Gothen Aquitanien als Siedlungsgebiet zuzuweisen. Aber damit war ihnen nicht gedient; denn sie mochten nicht den Acker selbst bestellen,, sondern begehrten mühelosen Anteil an der afrikanischen Getreideernte. Die Gothen verliehen ihrer Mifastimmung dadurch Ausdruck, daß sie aber- mals den Attalus als Gegenkaiser aufstellten, was den Krieg bedeutete. Nun aber wurde Athaulf von Constantius aus Gallien nach Spanien ver- drängt, wo er bald darauf (415 n. Chr.) ermordet wurde. Erst sein Nach- folger Valia verständigte sich mit Honorius; er schickte ihm die Placidia zurück, 2) trat in kaiserlichen Dienst und drängte die Vandalen, Alanen und. Sueben, die sich übrigens auch untereinander befehdeten, erfolgreich zuriick. Nach einigen Jahren bewilligte Honorius den Gothen einen Teil Aquitaniens, die Gegend von Tolosa bis an den Ozean (418 n. Chr.). Einige Jahre zuvor (413 n. Chr.) hatten die Burgundionen am linken Rheinufer um Mainz W^ohn- sitze erhalten. AVährend in Gallien zeitweise eine gew'isse Beruhigung ein- trat, dauerte in Spanien der Kampf zwischen den Römern und den ein- gedrungenen Völkern fort. 422 n. Chr. versuchte der Heermeister Castinus

') Er war der Mörder des Stilicho und in die Gefangenschaft des Honorius, der hatte zum Lohn das Kommando in Afrika ihn 416 n. Chr. in Rom im Triumph auf- erhalten, führte.

2) Den Attalus gab man preis; er fiel

^jfj Romische Geschichte.

mit gothisclior Hilfe die Vandalon aus SiKJspanicii zu vertreiben, erlitt aber eine Niederlage.

Placidia mußte widci- iliicn Willen 417 n. Chr. mit CJonstantius eine neue p]he eingehen; Honorius erhol) im Jahr 421 n.Chr. diesen seinen Schwager zum Augu.stus und Mitregenten, ohne dafür die Zustimmung des oströmisclien Hofes unter Theodosius H zu finden. Der Widerstand des Ostreichs hätte bei- nahe zum Krieg geführt: doch gab Theodosius im letzten Augenblick seinen Einspruch auf, der übrigens durch den friihen Tod des Constantius ohne- hin gleich darauf gegenstandslos geworden wäre. Die abermals verwitwete Placidia entzweite sich völlig mit ihrem Bruder: sie flüchtete mit ihren beiden Kindern nach Konstantinopel. Honorius selbst verschied am 15. August 428 n. Chr. ohne Leibeserben. Da ein Nachfolger im W^esten nicht vorhanden war, so wurde ein hoher Zivilbeamter Johannes in Rom mit dem Purpur bekleidet.!) Der neue Kaiser fand jedoch in Konstantinopel keine und im Westreich nur beschränkte Anerkennung; Bonifatius, der selbstherrliche Befehlshaber in Afrika, hatte die Partei der Calla Placidia ergriffen und leistete den Truppen des Johannes, die sein Machtgebiet hätten erobern sollen, erfolgreichen Widerstand. Auch Theodosius nahm sich der Placidia, die er zur Augusta erhob, und ihres Söhnchens Valentinianus IH an und ließ sie mit Heeresmacht auf den weströmischen Thron führen unter der Bedingung, daß Westrom auf seinen Anspruch auf die Präfektur lUyricum verzichte.-) Johannes konnte rasch überwältigt werden; die hunnischen Scharen, die ihm zu Hilfe zogen, ließen sich zur Umkehr bewegen. Valen- tinianus in (geboren 419 n. Chr.) wurde zum Augustus ausgerufen und regierte unter Vormundschaft der Placidia. Diese Regierung war abhängig von den Parteien, die sich schon unter Honorius bekämpft hatten, und deren Ränkespiel das Reich in immer größere Schwäche versetzte.« Einer der mächtig- sten Männer war der schon erwähnte Bonifatius, der Afrika verwaltete und Placidia und Valentinianus gegen Johannes unterstützt hatte. Gegen ihn stand Flavius Aetius,^) ein ehemaliger Parteigänger des Johannes, für den er ein hunnisches Hilfsheer angeworben hatte; Johannes war schon tot, als Aetius mit den Hunnen in Italien eintraf; unter der Bedingung, daß er die Hunnen, mit denen es schon zu Kämpfen gekommen war, zum Abzug bewege, er- hielt er Amnestie und ein Kommando. Bonifatius geriet mit dem Hof in Konflikt; als er nach Italien berufen wurde, weigerte er sich zu erscheinen, eine Auflehnung, die von der Regierung in Ravenna mit Krieg beantwortet wurde (427 n.Chr.). Als der^vierte römische Feldherr mit gothischen Söld- nern gelandet war, faßte Bonifatius den verhängnisvollen Entschluß, sein Gebiet den Barbaren zu öffnen, indem er sich mit den Vandalen einließ, um sich mit deren Hilfe in Afrika zu behaupten. Schon seit 420 n. Chr. hatte sich dieses Barbarenvolk'') im südlichen Spanien niedergelassen und

') Castinus, der als Feldherr des Heeres 1914, 344 flf.

in Ravenna viel galt, hat die wohl vom ^) Hansen, De vifa ÄHii. Diss. Dorpat

Senat vorgenommene Wahl wenn nicht 1840. Freemas, The E>i(/Iish hisforiccd revieir

begünstigt, so doch jedenfalls geduldet. 11(1887)4171". MoMMSEN,Ges.Schr.IV531fF.

^) Bei der Vermählung des Valentinia- O. Seeck, PW I 701 ff. G. Lizerand, Aetius,

nus III mit Eudoxia i'Sl n. Chr. wurde These Paris 1910.

dieser Verzicht erneuert. Cassiod. Var. XI *) Und zwar die asdingischen Vandalen.

1, 9. Vgl. E. Stein. Wiener Studien 36, Ihre Stammesgenossen, die Silingen, hat-

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien, (i? .>i.) 417

sieh durch Piratenzüge berüchtigt gemacht. Verbunden mit den Alanen, im ganzen etwa 80000 Köpfe stark, setzten die Vandalen im Jahr 429 n. Chr. unter ihrem Fürsten Geiserich ') nach Mauretanien über und brachten einen grol.^en Teil Afrikas und der benachbarten numidischen Provinz in ihre Ge- walt. 2) Durch immerwiederkehrende Unruhen sowie durch religiöse Streitig- keiten und durch die Einfälle der Mauren Avar hier einer feindlichen P]robe- rung der Boden schon lange bereitet.

Da Bonifatius mit der Kaiserin Placidia inzwischen seinen P'rieden ge- macht hatte, so brauchten die Vandalen in Afrika keinerlei Rücksicht mehr zu üben; aus Bundesgenossen wurden sie zu offenen Feinden, die Bonifatius vergeblich mit gothischen Söldnern aus Italien und mit Hilfstruppen aus Konstantinopel bekämpfte (430/31 n. Chr.), bis ihn Galla Placidia an ihren Hof berief (432 n. Chr.). Die Kaiserin ernannte ihn zum Heermeister an Stelle des ihr zu mächtig gewordenen Aetius. Zwischen den beiden Rivalen brach ein förmlicher Krieg aus; Bonifatius besiegte zwar den Aetius in einer Schlacht bei Ariminum, erlag aber bald darauf den Folgen einer Verwundung. Aetius suchte Zuflucht bei seinen Freunden, den Hunnen. An der Spitze einer Horde des wilden Volkes konnte er die Kaiserin so einschüchtern, daß sie ihn aufs neue in das Amt eines Oberbefehlshabers einsetzte (433 n. Chr.). In dieser Eigenschaft war er der mächtigste Mann im Westreicli. Den Hunnen wurde damals Pannonien überlassen. Mit hunnischer Hilfe hielt Aetius im Westen unter den Völkern, die ganze Striche von Gallien besetzt hatten, den Franken, Gothen und Burgundern, die kaiserliche Autorität nach Möglichkeit aufrecht. Auch nach Spanien griff er hinüber. Er verstand es, die verschiedenen Stämme gegeneinander auszuspielen. Sie waren durch Verträge den Römern zu Diensten verpflichtet, gingen aber unbedenklich zu Feindseligkeiten über, zumal wenn bei der Bedrängnis der römischen Finanzen die vertragsmäßigen Leistungen nicht erfüllt wurden. 428 n. Chr. führte Aetius mit den Franken Krieg, 430 und 431 n. Chr. focht er in Rätien und Noricum, 432 n. Chr. zog er wiederum gegen die Franken, die sich über das nördliche Gallien immer weiter ausdehnten. 435 n. Chr. schlug er die Burgunder, die bald darauf auch den Hunnen erlagen und sich erst später wieder erholen sollten. 436 439 n. Chr. wurde mit den Gothen um Tolosa ein Krieg geführt, der nach einer Niederlage des römischen Feld- herrn Litorius durch einen Friedensschluß beendet wurde. Zugleich spielten Bauernaufstände in Gallien (435 437 n. Chr.) und in Spanien (441, 443 n. Chr.).^) Eine vollständige Unterwerfung oder Beschützung der westlichen Provinzen war ein Ding der Unmöglichkeit. Britannien mußte aufgegeben werden; vergebens baten die Briten den Aetius um Schutz gegen die Pikten und Skoten (446 n.Chr.); sie mußten sich, wie die kaiserliclie Regierung selbst, an fremde Völker, an die Angeln und Sachsen wenden, die nunmehr übers Meer fuhren und sich auf der Insel heimisch machten. Von den Ein-

ten früher in der Baetica gesessen, waren ^) L. Schmidt in Seeligers historischer

aber von Valia (S. 415) vernichtet worden. Vierteljahrsschrift II (1899) 449 ff.

1) Diese Form, lat. Geisericus (auch Gai- ^) Der Name der Bakauden (Bagauden)

sericus), griech. /> Cf of/oc oder Ftt^egt/og, ver- erscheint hier nochmals. Chronica min. II

dient als die am besten beglaubigte vor j p. 24 Mommsen. Gensericus den Vorzug.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 5. 5. Aufl. 27

^■j^g Römische Geschichte.

dringlingen vertrieben, setzte sich ein Teil der britischen Bevölkerung an der gegenüberliegenden Küste der Areniorica fest und trug den Namen Britannien auf den Kontinent hinüber.

Ein Versuch, die Kornprovinz Afrika den Barbaren wieder zu entreiLien^ wurde vom weströmischen Hof nicht gemacht. Vielmehr räumte Valen- tinianus III durch einen Vertrag vom Jahr 435 n. Chr. den Vandalen des^ Geiserich einen Teil der afrikanischen Diözese als Wohnsitz ein. Vier Jahre hielt der energische Vandalenkönig Ruhe; dann brachte er durch einen Hand- streich Karthago in seine Ge>valt (19. Oktober 439 n. Chr.). Jetzt konnte er sich als den Herrn von Afrika betrachten. Er gründete auf dem romani- sierten Boden ein kriegerisches Gemeinwesen und schuf sich eine ansehn- liche Seemacht, mit der er die gegenüberliegenden Küsten immer wieder angriff. Geiserich war überzeugter Arianer und war bestrebt, in seinem Be- reich sein Bekenntnis mit roher Gewalt zur Herrschaft zu bringen; die Katholiken waren unter ilnn und seinen Nachfolgern ') vielfachen Verfol- gungen ausgesetzt.^) Gleich nach der Einnahme Karthagos verheerte er Sizilien und bedrohte Italien (440 n. Chr.). Im Jahr 441 n. Chr. sollte er von den Römern beider Reichshälften mit vereinten Kräften angegriffen werden, Theodosius II hatte nach Sizilien eine starke Flotte entsandt, die aber im nächsten Frühjahr, ehe sie gegen Afrika etwas ausgerichtet hatte, zurück- berufen wurde. Die Hunnen waren nämlich über die Donau in Mösien und Thrakien eingefallen (441 und 442 n. Chr.), und auch die östlichen Provinzen wurden von Persern und Hunnen bedroht; Valentinianus, der ohne die ost- römische Hilfe sich zu einer Offensive zu schwach fühlte, sah sich genötigt^ mit Geiserich Frieden zu schließen und ihm aufs neue die von ihm besetzten Provinzen, Afrika und Numidien außer einigen Teilen, einzuräumen (442 n. Chr.). Geiserich sicherte jährliche Kornlieferungen zu und stellte seinen Sohn Hunerich als Geisel. Die Ruhe des Reichs hat er nicht mehr gestört.

Günstiger als im weströmischen Reich war die Lage in Ostrom, das unter der langen Herrschaft des zweiten Theodosius eine weit stetigere Re- gierung hatte; der oströmische Kaiser erscheint als der eigentliche Träger der einheitlichen Regierungsgewalt. Valentinianus III verdankte dem Theo- dosius II seinen Thron und war deshalb von ihm abhängig; auch verwandt- schaftliche Bande wurden geknüpft; im Jahr 437 n. Chr. reiste Valentinian nach Konstantinopel, um sich mit Eudoxia, der Tochter des Theodosius, zu vermählen. 3) Eine bedeutsame Rolle spielte am oströmischen Hof die Schwester des Kaisers, die jungfräuliche Pulcheria. Ein Krieg gegen die Perser, der nach längerem Frieden im Jahr 421 n. Chr. ausbrach, wurde schon im nächsten Jahr siegreich beendigt. Im übrigen machten außer den Hunnen die stets unruhigen Isaurer Schwierigkeiten. Wieweit man vom inneren Frieden entfernt war, das beweisen die von dem übereifrigen Bischof

') Die Reihe der vandalischen Könige ^) Bald darauf, 438 n.Chr., erfolgte die ist: Geiserich (bis 477), Hunerich (477 Publikation des Codex Theodosianus durch 484),Guntaniund(484— 496),Thransamund die beiden Kaiser, die Sammlung der (496—528), Hilderich (523—530), Geilamir kaiserlichen Konstitutionen seit Konstan- oder Gelimer (.530—534 n. Chr.). tin d. Gr. ; seit 429 n. Chr. war an diesem

^) Worüber die Schrift des Victor von großen Werk gearbeitet worden. Vita de persecutione Vandalica handelt. j

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. HeiTscliaft in Italien, (i? -")4.l 41i)

Kyrillos beeinflufken Händel zwischen Juden und Christen in Alexandrien (414 n. Chr.); der Fanatismus der Anhänger des alexandrinischen Bisehofs entlud sich schließlich in der bestialischen Ermordung der heidnischen Philo- sophin Hypatia, der Tochter des Mathematikers Theon (415 n. Chr.). Auch in christlichen Kreisen hatte die bedeutende Frau, die Freundin des Bischofs Synesios, in Ansehen gestanden. Viel Staub wurde aufgewirbelt durch die kirchlichen Streitigkeiten, die über der Lehre des Xestorius, des Patriarchen von Konstantinopel, entstanden. Der unerquickliche Kampf für und wider störte auch den Frieden des Kaiserhofs. Der römische Papst Caelestin er- klärte sich im Jahr 430 n. Chr. gegen Xestorius, der im folgenden Jahr auf dem Konzil von Ephesos zum Ketzer gestempelt und als Patriarch abgesetzt wurde. Bald entspannen sich neue dogmatische Händel zwischen dem un- gebildeten Abt Eutyches und dem Patriarchen von Konstantinopel. Flavianus. Vom Kaiser begünstigt, errang die Partei des Eutyches im Jahr 449 n. Chr. auf der um ihres gewalttätigen Verfahrens willen sog. Räubers^^node von Ephesos den Sieg. Vergeblich protestierte der römische Papst Leo. Aber kurz darauf, 450 n. Chr., starb der schwache Kaiser Theodosius II; die Schwester des Kaisers, die Augusta Pulcheria, übernahm als einzige in Kon- stantinopel anwesende Vertreterin der Dynastie das Regiment und erhob den in kirchlichen Fragen unbefangenen Marcianus zum Gemahl und damit zum Kaiser. In der Folge unterlagen die Eutychianer auf der Synode von Kalchedon; die früher vom Papst Leo an Flavianus gerichtete epistula dog- iNOflca diente der Mehrheit der Bischöfe zur Richtschnur (451 n. Chr.).

Der größte Machthaber jener Zeit war der Hunnenkönig Attila, der Sohn des Mundiuch.') Im Jahr 434 n. Chr. der Nachfolger des König Ruas^) ge- worden, teilte sich Attila zunächst in die Herrschaft über die Hunnen mit seinem älteren Bruder Bleda, den er aber später ermorden ließ (um 445 n. Chr.). Unter seiner Herrschaft vereinigte nunmehr Attila die hunnischen Stämme insgesamt, die damals das heutige Ungarn, Rumänien und Süd- rußland besaßen: das einheitliche Regiment erhöhte die ungestüme Stoß- kraft dieser wilden Völker um ein Beträchtliches. Einen großen Teil der benachbarten skythischen und germanischen Stämme, vornehmlich die Ost- gothen und Gepiden, hatte Attila unterworfen, seine Oberhoheit erstreckte sich bis an den Rhein. Die Hunnen besetzten Stücke der Provinzen Pan- nonien und Mösien; das Ostreich unter Theodosius II hatte mehrere ver- heerende Invasionen der Hunnen zu erdulden (441 443 und 447 n. Chr.). Der Kaiser, mit dem Attila auf gleichem Fuß verhandelte, mußte sich zu Tributzahlungen herbeilassen, wobei man sich schamhaft der Fiktion eines Gehalts für den zum maglster militum ernannten Hunnenkönig bediente. Die guten Beziehungen, in denen Westrom besonders durch die Vermittlung ihres alten Freundes, des Aetius, zu den Hunnen gestanden hatte, trübten sich und auch mit Ostrom geriet Attila in Konflikt, weil Marcianus die Weiterzahlung des Tributes verweigerte. Von Valentinian III verlangte Attila die Hand seiner Schwester Honoria und dazu die Hälfte des Westreichs als deren väterliches Erbe: in der Tat hatte Honoria sich dem Hunnen-

') Oder Mundzuk. | ^) Audi Rugas oder Rugila genannt.

4J0 Römische Geschichte.

kcinig oi^eniiiäclitiu imyctratfen. war ahcr dann von ihrem Bruder zu einer anderen Ehe ge/.wungen worden. ALs Valentinian die Wünsche Attihi.'^ nicht erfüllte, machte sich der ilunnenkrtnig mit einem groL^en Heer zum Angriff auf Gallien auf: dorthin rief ihn ohnehin ein Streit unter (]en Franken; ein fränkischer Königssohn, der den durch den Tod seines Vaters erledigten Thron ))ean.spruchte, bat um Attilas Hilfe gegen Aetius, den Gönner des jüngeren Bruders; überdies wünschte Geiserich seinen Beistand gegen den Westgothenkönig Theoderid. Unter großen Verwüstungen fiel Attila mit seinen Hunnen im Jahr 451 n. Chr. in Gallien ein. Aetius trat ihm ent- gegen mit den Hilfsvölkern des weströmischen Reiches, den Westgothen, Franken, Burgundern und Sachsen, Ostgothen und Gepiden fochten auf Attilas Seite; ein hunnischer Angriff auf Orleans wurde zurückgeschlagen. Dann maßen die beiden Heere ihre Kräfte auf den katalauni.schen Feldern bei dem Ort Mauriacum Avestlich von Troyes in einer höchst blutigen Schlacht, die nach erbittertem Ringen schließlich unentschieden blieb; besonders her- vorgetan hatten sich die Westgothen, deren König auf der Walstatt blieb. Attila verzichtete auf einen neuen Kampf und ging über den Rhein zurück, um im nächsten Jahr (452 n. Chr.) nach Italien einzufallen; die Hunnen eroberten das feste Ac^uileia und verheerten, ohne auf Widerstand zu stoßen, die Poebene. Eine Gesandtschaft vornehmer Römer, darunter Papst Leo, beredete den Attila zum Rückzug über die Donau. Schon waren Hunger und Krankheit in seinem Heer eingekehrt und überdies bedrohten die Truppen des Kaisers Marcianus das Heimatgebiet.

Attila hatte die Absicht, mit Ostrom abzurechnen, als er eines jähen Todes verstarb (453 n. Chr.). Sein Reich löste sich bald auf, da seine Söhne in Zwist gerieten und die unterworfenen Stämme sich unabhängig machten. Attilas ältester Sohn fiel in einer Schlacht gegen die Gepiden, die sich nun in Dacien niederließen. Verschiedene gothische Haufen wurden südlich der Donau angesiedelt, die Ostgothen noch unter Marcianus in Pannonien. Sie stehen als Föderierte unter einheimischen Führern im Dienst des Kaisers, empfangen Sold und Lieferungen und leisten dafür Grenzschutz und Kriegs- dienste. Aber sie sind anspruchsvolle Bundesgenossen; nicht selten geraten sie mit dem Kaiser in Streit, namentlich wenn die Besoldung ausbleibt. In diesem Fall halten sie sich durch Plünderung schadlos. Immer beschämender wurde die Abhängigkeit der hilflosen kaiserlichen Regierung von den wenig oder gar nicht zivilisierten fremden Truppen, unter denen neben den Germanen Isaurer und Hunnen die Hauptrolle spielten. Die Hunnen blieben auch in Zukunft unbequeme Nachbarn; noch unter der Regierung des Kaisers Leo wagten sie einen Einfall nach Thrakien, wurden aber wieder verjagt (466 n.Chr.). Auch siJäterhin machten sie sich des öfteren unliebsam bemerklich: doch ihre eigentliche Macht hatte mit dem Tod Attilas kulminiert.

Bald nach der Hunnenepisode ließ sich Valentinianus III von den Wider- sachern des Aetius dazu bestimmen, diesen überlegenen Mann mit eigener Hand zu töten (454 n. Chr.). Der übel beratene Kaiser hatte die beste Stütze seiner eigenen Herrschaft gefallt und schon ein Jahr später, am 16. März 455 n. Chr. traf ihn die Rache der Gefolgsleute des Ermordeten : auf dem Marsfeld in Rom wurde Valentinian erschlagen. Unter den drei Thron-

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. (J< :>4.t 421

bewerbern ging schon am nächsten Tag der hochangesehene und reiche Senator Petronius Maxinius als Sieger hervor. Der neue Kaiser ernannte seinen Sohn Palladius zum Caesar. Aus dynastischen Gründen nötigte er die Kaiserinwitwe Eudoxia kurzer Hand zur Ehe und vermählte überdies deren Tochter seinem eigenen Sohn. Aber bald erschien, von Eudoxia ge- rufen, mit Heer und Flotte Geiserich, der nach Valentinians Ableben sich durch die mit ihm geschlossenen Verträge nicht mehr gebunden fühlte, und landete bei Rom. Maximus Avurde, als er aus Rom fliehen wollte, nach nicht einmal dreimonatlicher Herrschaft vom Volk gelyncht; Geiserich besetzte Rom, plünderte die Stadt und zog mit reicher Beute und vielen Gefangenen ab; darunter befand sich auch die Kaiserin Eudoxia mit ihren beiden Töch- tern. Den Kaiserthron bestieg nun Avitus, ein vornehmer gallischer Ar- verner,!) einer der Genossen des Aetius und jüngst von Maximus zum Heer- meister ernannt. Die Nachricht vom Ende des Maximus erreichte ihn in Tolosa, wo er das Bündnis mit den Westgothen erneuerte. Im Einvernehmen mit dem Gothenkönig ließ er sich in Arelate vom Heer als Kaiser begrüfäen (9. Juli 455 n. Chr.). Mit gothischen und burgundischen Truppen begab er sich nach Rom und fand auch in anderen Provinzen Anerkennung, jedoch nicht in Ostrom. Als seine Verbündeten rückten die Westgothen in Spanien ein, unterstützt von den Burgundern, die 443 n. Chr. feste Wohnsitze am linken Rhöneufer erhalten hatten und jetzt (456 n. Chr.) ilir Gebiet er- weiterten. Die Sueben wurden besiegt (456 n.Chr.); einen grofsen Teil Spa- niens nahmen die Gothen in Besitz. Über Geiserich, der den Krieg fort- setzte und die Friedensbedingungen des Marcianus und Avitus ablehnte, errang die römische Flotte unter Flavius Ricimer bei Sizilien einen Sieg. Aber die Kaiserherrlichkeit des Avitus, der zunächst nach Gallien zurück- gekehrt war, sollte nicht lange währen; Ricimer, der Heermeister, erhob sich gegen ihn, schlug ihn bei Placentia und nötigte ihn zur Abdankung (Oktober 456 n.Chr.); Avitus ließ sich zum Bischof weihen. Er ist bald darauf gestorben. Sein Besieger Flavius Ricimer, der Sohn eines suebischen Vaters und einer gothischen Mutter, der Tochter des Königs Valia, besaß im Westreich eine Machtstellung, die an Stilicho erinnert.

Auch in Konstantinopel trat um jene Zeit ein Thronwechsel ein. Auf Marcianus folgte Kaiser Leo, der seine Würde dem einflußreichen Gothen Aspar verdankte (7. Februar 457 n. Chr.). Als erster Kaiser ließ sich Leo von einem Bischof krönen. Auf den Thron des Westreichs wurde bei Ra- venna Julius Valerius Maiorianus erhoben (L April 457 n.Chr.) und von Leo wenigstens als Caesar anerkannt. Wie Avitus, so hatte auch Maiorianus einst unter Aetius gedient. Maiorianus wandte sicli zunächst gegen die West- gothen, die Freunde des gestürzten Avitus: er befreite das von ihnen be- lagerte Arelate und nötigte sie, das alte Bündnis zu erneuern: auch in Spanien schränkte er sie ein. Ein Feldzug, den er hernach von Spanien aus gegen Geiserich vorbereitete, blieb in den Anfängen stecken: ja der

1) Sein vollständiger Name lautet wahr- ist ungenügend beglaubigt und schwer- scheinlich Eparchius Avitus. De Rossi, In- lieh echt. Vgl. 0. Seeck, PW II 2395. Der Script. Christ. I79Ö. Mommsen, Chronica min. Schwiegersohn des Avitus war Sidonius I 491. Eine Münze mit der Aufschrift M. Apollinaris, der bekannte Bischof, Redner MaecH. Acithiis (EcKUEL, Doct num. Y11119S) \ und Schriftsteller.

422 Römische Geschichte.

Kaiser muüte sicli zu einem wenig günstigen Frieden mit dem Vandalen- könig bequemen (460 n.Chr.). Schon am 2. August 401 n.Chr. bemächtigte sich Ricimer der Person des Kaisers imd ließ ihm fünf Tage später den Kopf vor die Füße legen. Zum Nachfolger bestellte er den Libius Severus. der aber außerhalb Italiens kaum noch Anerkennung fand. Die eigentliche Regierung lag nach wie vor in Ricimers Händen. In Gallien griffen die Westgothen um sich; 462 n. Chr. erwarben sie Narbo. Ihrem Vordrängen nach Norden erwehrte sich siegreich der mit den Franken verbündete Aegi- dius, ein Anhänger des Maiorianus, der von Severus nichts wissen wollte. Als aber Aegidius im Jahr 463 n. Chr. starb, breiteten sich die Gothen auch nach Norden weiter aus. Italien wurde von Geiserich bedrängt, der von Afrika aus alljährlich die Küsten und die Inseln heimsuchte und sich Sar- diniens bemächtigte; Sizilien war eine Zeitlang von Marcellinus, dem Befehls- haber in Dalmatien, geschützt worden, wurde aber nach dessen Rückkehr ebenfalls das Ziel der Piratenzüge der Vandalen. Mit Ostrom machte Gei- serich seinen Frieden; er lieferte die Witwe Valentinians, Eudoxia, an Leo aus (462 n. Chr.), nachdem er eine ihrer Töchter, die Eudokia. seinem Sohn Hunerich zur Gemahlin gegeben hatte. Die andere Kaisertochter heiratete den vornehmen Römer Anicius Olybrius, dem Geiserich das westliche Kaiser- tum verschaffen wollte. Der Tod des Severus (15. August 465 n. Chr.) machte den Kaiser Leo zum Alleinherrscher des ganzen Reichs; doch behielt Ricimer im Westen die Leitung der Staatsgeschäfte. Da Geiserich avif seinen Piraten- fahrten auch die griechischen Küsten, vornehmlich den Peloponnes, unsicher machte, so wurde beschlossen, ihn von Italien und von Konstantinopel aus zu bekriegen. Leo sandte Anthemius, den Eidam des Kaisers Marcianus, nach Italien; auf dem Weg nach Rom riefen die Truppen den Anthemius zum Augustus aus; den bisher allmächtigen Ricimer suchte der neue Kaiser dadurch zu versöhnen, dafs er ihm seine Tochter zur Ehe gab. Mit großen Streitkräften wurden im Jahr 468 n. Chr. die Vandalen zu Wasser und zu Land angegriffen, Sardinien und Tripolis ihnen entrissen. Das Gros, die kaiserliche Flotte unter Basiliskos, dem Schwager des Kaisers, erschien vor Karthago, wurde aber durch eine Kriegslist Geiserichs fast völhg vernichtet: damit war das Schicksal des Feldzugs in der Hauptsache besiegelt; der An- griff wurde eingestellt. Schon die Zeitgenossen führten das Fiasko auf den Verrat des Admirals Basiliskos zurück ; Basiliskos habe den Vandalenfreund Aspar für sich gewinnen wollen, indem er die Katastrophe Geiserichs ver- hütete, i) Man munkelte auch von Bestechung des Basiliskos durch Geiserich und nannte sogar die Summe. Die Macht des Vandalenkönigs stand nach der gescheiterten Offensive, bei der zum letztenmal das Gesamtreich mit- gewirkt hatte, fester denn je.

In Konstantinopel, wo sich verschiedene Parteien um die Macht stritten, wußte Aspar es durchzusetzen, daß sein Sohn Patricius von Leo zum Caesar ernannt und mit einer Tochter des Kaisers vermählt wurde. Aber das Volk

'i In der kaiserlichen Regierung zeigten lien aus den Angriff auf Karthago wieder-

sich auch sonst tiefe Gegensätze. Der von holen wollte, wurde, wohl auf Ricimers An-

Ricimer unabhängige Marcellinus, der stiften, ermordet. Tillemont VI 33(>f. 400. nach der Eroberung Sardiniens von Sizi-

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. HeiTschaft in Italien. 54.) 423

von Konstantinopel nahm gegen Patricius Partei und verbat sich durch eine Deputation die Thronfolge des als Arianer mißliebigen Patricius. Aspar wurde schließlich ermordet (471 n. Chr.). Sein schärfster Gegner, der Haupt- schuldige an seinem Tod, war der Isaurer Zenon, der Gemahl der Ariadne. der älteren Tochter Leos. Der Sturz Aspars hatte einen Aufstand der föde- rierten Ostgothen zur Folge, den erst im Jahr 473 n. Chr. eine Erneuerung des friiheren Bündnisses beendete. Leo ernannte in diesem Jahr seinen gleich- namigen Enkel, den Sohn Zenons, zu seinem Nachfolger und starb kurz darauf im Februar 474 n.Chr. Der jüngere Leo nahm seinen Vater zum Mit- regenten, und da er ebenfalls bald mit Tod abging, so blieb Zenon als alleiniger Augustus übrig. Er mußte freilich zunächst dem Basiliskos weichen (Anfang 475 n. Chr.), Dieser wurde nämlich von seiner Schwester Verina. der Witwe Leos, und ihrem Anhang auf den Thron gesetzt, auf dem er sich nicht behaupten konnte. Verina in Gemeinschaft mit einflußreichen Truppenführern, dem Isaurer lUus und anderen, entschied sich für Zenon. der als Kaiser zurückkehren durfte. Basiliskos verhungerte im Gefängnis (477 n.Chr.).!)

Inzwischen hatten in Westrom die Inhaber der höchsten Gewalt rasch gewechselt. Schon im Jahr 470 n. Chr. hätte das gegenseitige Mißtrauen, das zwischen Ricimer und dem Kaiser Anthemius bestand, beinahe zum Bürger- krieg geführt. Zwei Jahre später (472) rebellierte Ricimer offen und stellte den Olybrius als Gegenkaiser auf. Anthemius wurde in Rom auf dem Palatin l)elagert und am 11. Juli 472 n. Chr. getötet. Ricimer sollte seinen Sieg nicht lange überleben und noch im selben Jahr verschied auch Olybrius (2. No- vember 472 n. Chr.). Als sein Nachfolger ließ sich mit Unterstützung des Gundobad, eines Neffen Ricimers, in Ravenna (3. März 473 n. Chr.) Glycerius zxuu Kaiser proklamieren; aber Kaiser Leo entschied sich statt seiner für Julius Nepos, einen Verwandten der Kaiserin Verina. Als Schwestersohn des Marcellinus hatte Nepos die Herrschaft seines Oheims über Dalmatien geerbt. Glycerius wurde gefangen genommen und abgesetzt (im Juni 474 n. Chr.). Aber jetzt empörte sich der Patricius Orestes und vertrieb den Nepos aus Ravenna nach Dalmatien, wo er sich noch bis 480 n. Chr. behauptete; Orestes ließ sein Söhnchen Romulus zum Augustus ausrufen (31. Oktober 475 n. Chr.): im Namen des unmündigen Sohnes, den die Schriftsteller Augustulus nennen, während er auf Münzen als Romulus Augustus pius felix Augustus erscheint, 2) regierte Orestes selbst. Aber nun erhoben sich die germanischen Söldner, Heruler, Skiren und Turcilingen, deren Führer Odoakar war. 3) Wie in den Provinzen die Kriegsvölker feste Wohnsitze erhalten hatten, so forderten sie die gleiche Vergünstigung für sich in Italien, und da Orestes sich ihnen versagte, so kehrten sie die Waffen gegen ihn. Odoakar wurde von den Truppen zum König ausgerufen (23. August 476 n. Chr.), Orestes in Placentia

') Vgl. MoMMSEN, Ges. Sehr. IV 561 ff. gehörte zum Stamm der Skiren, die nach

-) Daß Romulus als Kaiser den Namen Attilas Ende von den Gothen geschlagen

Ävgustns erhielt, beweist der doppelte Ge- und zerstreut worden waren. Er war im

brauch des Wortes, erst als Name, dann Dienst Ricimers emporgekommen. Auch

als Titel, auf den Münzlegenden. Vgl. sein Vater Edeko und sein Bruder Onulf

O. Seeck, PW ja 1105 f. hatten sich einen Namen gemacht. ^) Odoakar {Odovacat- auf den Münzen)

424 Römische Geschichte.

überwältigt und got(")tei iiiul etliche Tage .spätei' auch sein Pn-iulei- Paiihis in Ravenna. Des Komuhis erbarmten sich die germanischen S/Udner: man warf dem Entthronten eine Jahresrente aus und verwies ihn auf ein Land- gut in Kampanien. Die germanischen Söldner erhielten Wohnsitze in Italien ; ein Drittel des Landes mußte ihnen überlassen werden. So hatte denn Italien das Schicksal der übrigen Provinzen des Westreichs zu teilen.

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55. Die ostgothische Herrschaft in Italien und Justinian. Die Er- hebung des Barbaren Odoakar zum König in Italien gab zwar dem west- römischen Kaisertum, das ja schon seit der Ermordung Valentinians III unter der tatsächlichen Herrschaft von Heerführern germanischen Blutes nur noch ein Scheindasein gefristet hatte, den Gnadenstoß; aber staatsrechtlich hat das Imperium ßomanum auch nach dem Ende der Schattenkaiser, nach der Absetzung des ßomulus Augustus (476 n. Chr.) und der Ermordung des letzten abendländischen Kaisers, des Julius Nepos, der sich jenseits der Adria in Salona in Dalmatien vier Jahre länger hielt, fortbestanden, i) nur daß das kaiserliche Amt in Westrom fortan auf den oströmischen Herrscher da- mals regierte Zenon überging. Bei Zenon suchte eine Gesandtschaft des römischen Senats die Bestätigung des Reichs verwesers Odoakar nach. Nach einigem Zögern erfüllte Ostrom diese Bitte und Odoakar erhielt vom Kaiser den Rang eines Patricius. Er herrschte an Kaisers Statt und in dessen Auf- trag dreizehn Jahre lang in Italien und sicherte dem Land den Frieden nach außen. Mit Geiserich schloß er ein Abkommen; gegen einen jährlichen Tribut behielt Odoakar den größten Teil von Sizilien; auch mit den West- gothen verständigte er sich. Seine Herrschaft beschränkte sich auf Italien, was zur Folge hatte, daß in den übrigen Provinzen des weströmischen Reiches die kaiserliche Autorität fast nichts mehr bedeutete. In Spanien und Südfrankreich breiteten sich die Westgothen unter dem tüchtigen König Eurich,2) dem Sohn des Theoderid, weiter aus; schon Anthemius hatte ihnen vergebens einen Riegel vorzuschieben gesucht. Vor dem Jahr 470 n. Chr. eroberte Eurich einen großen Teil Spaniens und vergrößerte dann sein Ge- biet im südlichen Gallien. Nach längeren Kämpfen mit dem Römer Ecdicius,

') Über die Fortdauer der Reichseinheit -) Eurich regierte von 466— 48-'J n. Chr.

unter Odoakar und Theoderich vgl. Momm- Vgl. O. Seeck, FW VI 1289 ff. SEN, Ges. Sehr. VI 3.S4 ff".

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Endo d. ostgoth. Herrschaft in Italien . i § .jö.) _j.o_"^

dem Sohn des Kaisers Avitus, den die Britannier in Aremorica und die Burgunder unterstützten, schoben die Westgothen ihre Herrschaft bis an die Loire und Rhone vor; dann schlofs Eurich mit Kaiser Nepos einen Waffen- stillstand (4^74 n. Chr.). Einige Jahre später fielen sogar Massalia und Arelate in die Gewalt der Westgothen (um 477 n. Chr.). Nur ein Teil des nordwest- lichen (lalliens um Soissons verblieb unter Syagrius, dem Söhn des Aegidius, in den Händen der Römer, bis diese den Franken erlagen. Die verschiedenen Stämme der Franken einigte in jenen Tagen der Begründer der fränkischen Macht Chlodwig, indem er seine Mitkönige beseitigte. Er überwältigte den Syagrius und nahm den letzten Rest der römischen Herrschaft für sich und sein Volk in Besitz (486 n. Chr.). Auch die zur Diözese Italien gehörigen Donauprovinzen Rätien und Noricum fielen mit dem größten Teil der Alpen- landschaften den Alamannen, Thüringern und anderen Stämmen anheim.

In Konstantinopel gefährdete den Kaiser Zenon die Empörung eines seiner höchsten Beamten, des lUus, der sich zusammen mit der Kaiserin- witwe Verina erhob und den Leontios zum Kaiser ausrufen ließ (484 n. Chr.). Aber nur für kurze Zeit fand der Prätendent im Orient Anerkennung; Illus mußte sich bald nach Isaurien zurückziehen und wurde hier samt Leontios nach längerer Belagerung von den kaiserlichen Truppen gefangen und ge- tötet (488 n. Chr.). 1) Da Odoakar, den Illus um Hilfe angegangen hatte, in den Verdacht geriet, den Aufrührer tatsächlich unterstützt zu haben, so stiftete der Kaiser, um sich zu rächen, die damals nördlich von der Donau wohnhaften Rugier zu einem Angriff auf Noricum an. Daraufhin rückte Odoakar an die Donau vor, wo er die Rugier schlug und verdrängte: aber er vermochte Noricum nicht zu behaupten und nahm deshalb einen großen Teil der römischen Bevölkerung mit sich nach Italien, um sie dort anzu- siedeln (487 n. Chr.).

Mit dem Kaiser scheint Odoakar sich wieder verständigt zu haben. Ein gefährlicherer Feind erstand ihm in dem kaiserlichen Heerführer, dem Gothen Theoderich. 2) Dieser Sproß aus dem Geschlecht der Amaler gehörte zu den Ostgothen, die nach Attilas Tod als Föderierte in Pannonien Wohnsitze gefunden hatten. Schon sein Vater Thiudimer zählte zu den Führern seines Stammes. Theoderich hatte in seiner Jugend jahrelang als Geisel am kaiser- lichen Hof gelebt. Als Nachfolger des Vaters an die Spitze seiner Stanniies- genossen getreten, hatte er unter wechselnden Umständen, bald als Bundes- genosse, bald als Gegner des Kaisers seinen Gothen immer höhere Jahrgelder, neue Wohnsitze in Mösien und feste Plätze, wie Singidunum (Belgrad), ver- schafft. Er selbst stieg zur Würde eines kaiserlichen Adoptivsohnes, Patricius und Konsuls (484 n.Chr.) auf. 3) Zuletzt war er zum Krieg gegen Illus nach

') Vgl. MoMMSEN, Ges. Sehr, VII 713 ff. mächtiger Nebenbuhler, zugleich Vor-

-) Die richtige Namensform ist Theo- wandter und Namensvetter war Tlieodc-

derich: die Griechen schreiben ßsvöioiyog. rieh Strabo, Sohn des Triarius. Führer

^) Die wechselvolle Laufbahn des Theo- einer anderen gothischen Kriegerschar,

derich erzählt im Zusammenhang .Jor- Schwager Asjjars und Förderer des Basi-

danis Get. § 268 ff. Die eigene Tätigkeit liskos (oben S. 422 f.). Bei den verschie-

des Theoderich beginnt im .J. 471 n. Chr., denen inneren Wirren stützte sich der

als er, ISjährig, von Kaiser Leo seinem Kaiser bald auf den einen, bald auf den

Vater wieder zurückgesandt wurde, bei anderen der beiden Namensvettern. Erst

Gelegenheit des Sturzes Asi)ar.s. Sein als Theoderich Strabo 481 n. t!hr. starb.

42() Römische Geschichte.

Kleinasien gesandt, aber, da der Kaiser lluii nicht traute, zurückgerufen worden. Er nötigte nunnielir durch einen Zug gegen K«»nstantino])el den Kaiser Zenon, ihm den Auftrag mi erteilen, Odoakar, seinen persönlichen Feind, aus Italien zu verdrängen, ein Ziel, das er schon lange erstrebt hatte. Er sammelte also zu diesem Zweck seine gotbischen Scharen; andere Kriegs- völker ^) schlössen sich an, und im Winter 488 89 n. Chr. setzte sich Theo- derich in Marsch. Die Gepiden an der Save, die den Weg sperrten, wurden überwältigt. Odoakar wurde an der Grenze Italiens, am Isonzo, geschlagen (28. August 489 n.Chr.); nach einer zweiteii Niederlage bei Verona zog er sich in seine Hauptstadt Ravenna zurück : ein Teil seines Heeres, auch Rom und andere Landschaften Italiens fielen von ihm ab. Aber dann trat ein Rückschlag ein; die Abgefallenen kehrten teilweise wieder zu Odoakar zurück, doch behauptete Theoderich mit Hilfe der Westgothen das Übergewicht: am Addua erfocht er einen neuen Sieg (11. August 490 n. Chr.), worauf er den Odoakar in Ravenna einschloß. In diesem festen Platz verteidigte sich Odoakar mehr als zwei Jahre lang unter mannigfachen Kämpfen: erst nach- dem Theoderich sich eine Flotte verschafft und Ravenna von der Seeseite eingeschlossen hatte, mußte er kapitulieren. Es kam ein Vergleich zustande, demzufolge Odoakar und Theoderich gemeinsam regieren sollten: nachdem aber Theoderich in Ravenna eingezogen war (5. März 493 n. Chr.), wurde Odoakar umgebracht ; seine über Italien verstreuten Leute mußten mitsamt ihren Familien das Los ihres Königs teilen.

Der Sieger Theoderich konstituierte seine Herrschaft in Italien, mit Ein- schluß Siziliens, das ihm auf Grund eines Abkommens mit den Vandalen schon im Jahr 491 n. Chr. zugefallen war. Den gotbischen Stämmen, die mit Weib und Kind eingezogen waren, mußte ein Drittel des italischen Bodens y.ur Ansiedlung und zum Unterhalt überlassen werden. Mit dem Grund und Boden ging der zugehörige Teil des lebenden und toten Inventars, auch die Kolonen, auf die neuen Besitzer über. Die Gothen wurden vorzugsweise in den nördlichen und nordöstlichen Landesteilen angesiedelt. Sie betrachten sich als Herren des Landes; sie sind der Krieger- und Wehrstand, ver- mischen sich nicht mit den Römern, 2) haben ihren eigenen Gerichtsstand und ihre eigene Kirche; sie sind Arianer, während Italien im übrigen orthodox ist. Theoderich wird ihr König: nach dem Ableben des Kaisers Zenon {9. April 491 n. Chr.) war er vor Ravenna vom Heer zum König ausgerufen worden. Zugleich herrscht er im Namen und Auftrag des Kaisers über die Römer. Allerdings verstrichen Jahre, bis der Kaiser Anastasios, der Nach- folger Zenons, ihm die formelle Anerkennung gewährte, die 497 n, Chr. erfolgt zu sein scheint. Theoderich führt den kaiserlichen Familiennamen als Flavins Theodericiis rex und übt im Bereich seiner Herrschaft als Be- auftragter des Kaisers die kaiserliche Gewalt aus. Italien wurde unter ihm nach dem römischen Recht und in den hergebrachten Verwaltungsformen regiert. Römische Beamte, unter ihnen Boethius und Cassiodorus standen

gewann der Amaler Theoderich für seinen läge durch Odoakar zu Theoderich ge- Ehrgeiz freie Bahn. Er wurde für 484 rettet hatte,

n. Chr. Konsul. i •') Ehen zwischen Gothen und Römern

M z.B. eine Schar Rugier, die sich unter j waren verboten,

ilirem P^irsten Friedrich nach der Nieder- '

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. ")•'». i 4^7

dem Herrscher zur Seite. Theoderich zeigte sich als einsichtigen und milden Ke- genten, der auch seine Gothen in Schranken zu halten wußte; zugleich nahm er sich der römischen Untertanen an, ließ Bauten und andere niitzliche Ar- beiten ausführen und beschützte trotz seiner eigenen Unbildung Künste und Wissenschaften; vor allem aber gewährte er dem Land die Segnungen einer langen Friedenszeit.

Die kaiserliche Regierung erblickte in Theoderich immer den Usurpator. Deshalb suchte der Ostgothe einen Rückhalt an den übrigen germanischen Stämmen; schon 492 n. Chr. heiratete er des Frankenkönigs Chlodwig Tochter, Audefleda, und verschwägerte sich mit dem Burgunder Gundobad, der von nun an die früher geübten Feindseligkeiten gegen Italien einstellen mußte. Der Vandalenkönig Thransamund vermählte sich mit Theoderichs Schwester Amalafrida. die mit ansehnlichem Gefolge nach Karthago kam und dem Gatten Lilybaeum auf Sizilien als Mitgift zubrachte. Auch mit den Alamannen und Thüringern schloß Theoderich Freundschaft. Am engsten verband er sich mit den Westgothen; Eurichs Sohn Alarich II wurde sein Eidam. Nicht zuletzt durch diese seine dynastische Politik sicherte sich Theoderich im ganzen Westen einen weitreichenden Einfluß, der ihn gewissermaßen zum Erben des weströmischen Kaisers machte. Er durfte es wagen, in das Ge- biet Ostroms überzugreifen, gegen seine Feinde, die Gepiden, zu Feld zu ziehen und sich durch die Eroberung von Sirmium an der Donau festzu- setzen, worüber es zu einem ernstlichen Zusammenstoß seines Heeres mit oströmischen Streitkräften kam (504 n. Chr.). Theoderichs Macht beruhte auf seinem Heerwesen, das er auf der Höhe zu halten wußte, sowie auf einer wohlgeordneten Verwaltung, die beträchtliche Überschüsse abwarf, während die kaiserliche Regierung unter chronischer Finanznot litt.

Das politische System des Theoderich, das auf die Eintracht und das Gleichgewicht der avif weströmischem Gebiet angesiedelten Germanen ein- gestellt war. wurde gestört durch die Ausbreitung der Franken. Durch einen großen Sieg erwarb Chlodwig die Oberherrschaft über die Alamannen (49<) n. Chr.) und trat hierauf zum Christentum über, und zwar nicht zum ariani- schen Bekenntnis, sondern zum orthodoxen Glauben; er schloß sich also der kirchlichen Gemeinschaft der gesamten römischen Bevölkerung an. Da- durch gewann er ein moralisches Übergewicht über die arianischen Gothen. die von ihren Untertanen durch die Kluft konfessioneller Spaltung getrennt waren, und sicherte sich bei seinen Unternehmungen den Beistand und die Sympathie seiner katholischen Glaubensgenossen. Zunächst machte er die burgundischen Könige von sich abhängig und griff dann die Westgothen an, deren König Alarich II bei Vougle (bei Poitiers) Schlacht und Leben verlor (507 n. Chr.); die Westgothen wurden fast ganz aus Gallien verdrängt. Chlodwigs Vorgehen hatte den Beifall des Kaisers Anastasios, der mit Theo- derich in Feindschaft geraten war und in dem Franken einen natürlichen Bundesgenossen begrüßte; ^) eine oströmische Flotte griff 507 n. Chr. die unteritalischen Küsten an. Theoderich hatte den Angriff" der Franken nicht hindern können, kam aber jetzt den Westgothen zu Hilfe. Er verl)ündete

') Zum Zeichen seines Einvernehmens übersandte Anastasios dem Chlodwig die konsularischen Insisjnien, 509 n.Chr.

428 Römische Geschichte.

sich mit dem König der Tlüiringer, Herminafrid, dem NachUarn der Franken, und ließ sein Heer in die Narbonensis einrücken. Das fränki.sch-hurgundisciie Heer, das Arelate belagerte, wurde geschlagen (508 n. Chr.): die Burgunder wurden verdrängt; wenigstens die südgallischen Küstenland.schaften mit Ein- schluß Avignons entriß Theoderich den Franken und Burgundern, um sie in eigene Verwaltung zu nehmen. Zugleich ordnete er bei den Westgothen die Thronfolge ; er vertrieb den Gesalich, einen Sohn Alarichs H, und setzte dessen jüngeren unmündigen Sohn, seinen Enkel Amalaricli. auf den Thron. Er selbst übernahm bei den Westgothen die Regierung (510 n. Chr.). Mit den Franken muß sich Theoderich verständigt haben: iiinen blieb der größte Teil Aquitaniens. Nach Chlodwigs Tod ') beteiligte er sich sogar mit dessen Söhnen an dem Kampf gegen die Burgunder, denen er die südlichsten Teile ihres Gebietes abnahm (523 n. Chr.).

Unterdessen war auch das Zerwürfnis mit dem Kaiser beigelegt und das äußere Einvernehmen wiederhergestellt worden (510 n. Chr.). Anastasios hatte in seinem eigenen Gebiet mit äußeren und inneren Schwierigkeiten zu kämpfen; er mußte also den Westen dem Theoderich überlassen. Nach dem Abzug der Ostgothen beginnen seit 493 n. Chr. die Einfälle der Slawen und besonders der Bulgaren, die fast alljährlich wiederkehren. Es wurde nötig, zum Schutz der Hauptstadt und ilirer Umgebung eine lange Mauer quer über das Land zu ziehen (507 n. Chr.). In Kleinasien empörten sich die Isaurer (492 497 n.Chr.); ein mehrjähriger, vmentschiedener Krieg mußte mit den Persern geführt werden (502 50(5 n. Chr.). Dann brachen innere Wirren aus, die aus einer von Anastasios tolerierten Abweichung vom ortho- doxen Dogma erwuchsen. Anastasios geriet darüber in Konflikt mit dem Patriarchen von Konstantinopel wie mit dem römischen Papst Hormisdas.^) Im Jahr 511 n. Clir. entstand in der Hauptstadt ein großer Aufruhr, und in den Jahren 514 und 515 n. Chr. erhob sich Vitalianus an der Spitze eines Heeres zum Schutz der Orthodoxie und zwang den Kaiser, einzulenken. Vitalianus revoltierte ein drittes Mal im Jahr 518 n. Chr. ; da verstarb Ana- stasios eines plötzlichen Todes. Unter Hintansetzung der Verwandten riefen die hauptstädtischen Truppen den Justinus zum Kaiser aus (10. Juli 518 n. Chr.). Justin 3) steuerte seinen Kurs in entgegengesetzter Richtung; diesem erklärten Orthodoxen lag viel daran, die Glaubensunion und das Einvernehmen mit dem römischen Papst wiederherzustellen. Desgleichen erstrebte er ein gutes Verhältnis zu Theoderich und gewann so auch in Italien Einfluß.

Ein nicht unwichtiges Ereignis war die Besteigung des vandalischen Königsthrones durch Hilderich. den Sohn Hunerichs und der Eudokia. den Freund Justins, im Jalir 523 n. Chr. nach dem Tod König Thransamunds. Auch er schlug andere Balinen ein als seine Vorgänger, Die Verfolgung der Orthodoxen, die Geiserixih und besonders Hunerich betrieben hatte, hörte auf. Hilderich lehnte sich an den Kaiser an : Amalafrida, die Königinwitwe, und ihr gothisches Gefolge, die Stützen der früheren Politik und des ost- gothischen Bündnisses, wurden aus dem Weg geräumt. Um die an seiner Schwester und ihren Leuten begangenen Frevel zu sühnen, bereitete Theo-

') Chlodwig starb 511 n.Chr. keit des Papstes dem Kaiser gegenüber.

2) Theoderich schützte die Selbständig- =) Vgl. E. Stein, PW X 13U ff.

8. Sechste Periode : Die Kaiseizeit b. z. Ende d. ostgotb. Herrschaft in Italien. (^ "»•J-) 420

derich einen Zug nach Afrika gegen Hilderirli vor. Um die nämliche Zeit wurden in Italien hoeliverräterische Umtriebe des vornehmen römiscjien Elements gegen Theoderich ruchbar, die zur Verurteilung und seldief.ilich zur Hinrichtung des magii<ter officioriim Boethius und des jüngeren Sym- machus (524 und 525 n. Chr.) fiihrten. Auch der konfessionelle Gegensatz der Römer zu den arianischen Gothen machte sich unter dem Druck der orthodoxen Bestrebungen des Justinus fühlbarer. Tlieoderich verwendete sich bei Justinus zugunsten der Arianer im oströmischen Reich und erreichte in der Tat einige Milderungen.

Den von Tlieoderich beabsichtigten Angriff auf die Vandalen vereitelte der Tod, der ihn am 30. August 526 n. Chr. aus seinen Plänen herausriü. Zum Nachfolger hatte er ursprünglich Eutharich, den Gemahl seiner Tochter Amalasuntha, ausersehen gehabt. Aber Eutharich war vor ihm gestorben, und so wurde denn unter der Zustimmung des Kaisers Eutharichs zehn- jähriger Sohn Athalarich auf den Thron gesetzt unter der Vormundschaft seiner Mutter Amalasimtha. Der Thronwechsel war von wichtigen Folgen begleitet. Der Krieg gegen die Vandalen wurde aufgegeben; die Vereinigung der Ost- und Westgothen ging alsbald in die Brüche. Bei den Westgothen übernahm Amalarich das Königtum, Spanien löste sich wieder von Italien. Die Franken griffen erneut um sich. Amalarich wurde im Jahr 531 n. Chr. von ihnen geschlagen und verlor Thron und Leben. Dann wandten sich die Franken gegen den Thüringer Herminafrid, Theoderichs Verbündeten und Verwandten; sie schlugen ihn und zertrümmerten seine Herrschaft: er selbst fiel. Ferner griffen sie Burgund an und bedrohten den ostgothischen Besitz in Südgallien; im Jahr 534 n.Chr. nahmen sie Burgund in Besitz und wurden unmittelbare Nachbarn Italiens. In Italien selbst geriet die königliche Autorität ins Wanken. Zwar nahm die Regierung zunächst in der bisherigen Weise ihren Fortgang, aber die nach Rom und Konstantinopel orientierte Politik der Regentin Amalasuntha erweckte eine starke gothische Opposition, gegen die sich die Bedrohte durch Konspirationen mit Kaiser Justinianus,!) dem Neffen und Nachfolger des im Jahr 527 verstorbenen Justinus, zu decken suchte.

Die Regierung Justinians macht in der Geschichte des römischen Kaiser- tums Epoche. 2) Dieser Kaiser hat sicli in der Rechtsgeschichte durch die neue Sammlung und Bearbeitung der Rechtsquellen, der Konstitutionen, der Digesten und Institutionen, die in den Jahren 529 533 n. Chr. vollendet und an Gesetzes Statt veröffentlicht wurde, einen unsterblichen Namen gemacht. Er war ein Herrscher, der große Entwürfe gefaßt und ausgeführt hat; einen bedeutenden Einfluß auf die Regierung, ja geradezu die Mit- regentschaft, übte seine ungewöhnlich kluge und energische Gemahlin Theo- dora,3) die trotz ihrer dunkeln Vergangenheit ihre neue Rolle als Augusta virtuos spielte und ungescheut ihre eigene Politik machte.^) Prachtliebend wie er war, ließ er im ganzen Reich glänzende Bauten aufführen, nament-

') Am 1. April 527 n. Chr. wurde Justi- zeitung 1917, 387 ff.

nianus zum Mitregenten ernannt, schon 1 ^) ILSInr. 831. am 1. August starb Justinus. ^) ^ie starb 548 n. Chr.

2)Vgl.K J.Neümann, Deutsche Literatur- |

4;]() Römische Geschichte.

licli Kiiclicii, mitei' denen die Sophienkirche in Konstantinopel not-li heute zeigt, auf welcher Höhe das technische Kr)nnen der Architekten und Bau- meister stand. In seinem Eifer, die kirchliche und dogmatische Einheit her- zustellen, schreckte Justinian auch vor Gewaltmitteln nicht zurück; er ver- folgte die Häretiker, vor allem die Arianer, wie die Heiden oder Hellenen. Indem er die Schliefäung der Universität Athen verfügte (529 n. Chr.), be- raubte er die heidnische Intelligenz ihrer letzten Zufluchtsstätte. Die besonders in Kleinasien noch zahlreichen Heiden wurden bekehrt. In die äußerste Gefahr geriet Justinians Kegierung im Jahr 532 n. Chr. durch den von den vereinigten Zirkusparteien unternommenen sog. Nikaaufstand, der halb Kon- stantinopel in Asche legte. Die Aufrührer hatten bereits einen Neffen des Anastasios, Hypathios, zum Kaiser ausgerufen und nur das mannhafte Auf- treten der Theodora rettete dem schon zur Flucht entschlossenen Gemahl im letzten Augenblick die Kaiserkrone. Die Revolution wurde im Blut erstickt. Justinians vornehmstes Streben galt der Wiederaufrichtung des kaiser- lichen Imperiums über den Westen und dieser Absicht waren die äufseren Umstände nicht ungünstig, nachdem ein Perserkrieg der ersten Regierungs- jahre zu einem „ewigen" Frieden geführt hatte (532 n. Chr.). Die Aktions- freiheit, die er damit gewann, benutzte der Kaiser zunächst gegen die Van- dalen. Den Anlaß zu einer Intervention bot ein gewaltsamer Thronwechsel. Der Römerfreund Hilderich, dessen schwächliche Politik den Unwillen der Vandalen erregte, war entthront und durch Geilamir (Gelimer) ersetzt worden. ') Justinian mischte sich zugunsten des Gestürzten ein; als er auf diploma- tischem Weg für seinen Schützling nichts erreichte, griff er zu den Waffen. Die Herrschaft der Vandalen stand auf recht schwaclien Füßen: die kirch- lichen Streitigkeiten, die Verfolgungen der Orthodoxen hatten die römischen Untertanen erbittert; die vandalische Herrenschicht war durch verlustreiche Kämpfe gegen die Mauren geschwächt. Auf die Kunde von dem bevor- stehenden Angriff' Ostroms fielen Tripolis und Sardinien von Geilamir ab. Mit der Führung des Krieges betraute der Kaiser einen bewährten Heer- führer, seinen engeren Landsmann Belisarios. Amalasuntha förderte das Unternehmen und gewährte der Expedition einen Stützpunkt in Syrakus, von wo Belisarios mit verhältnismäßig geringer Macht nach Afrika übersetzte; das Heer der Vandalen wurde in zwei Schlachten besiegt (533 n.Chr.), Geilamir als Gefangener mit zahlreichen Vandalen nach Konstantinopel geschickt. Die afrikanischen Provinzen kamen zum guten Teil wieder unter kaiser- liche Verwaltung; 2) freilich blieben beide Mauretanien zum größten Teil in den Händen der einheimischen Stämme, und Afrika mit Numidien wurde durch die Einfälle der Mauren und durch wiederholte Meutereien der Truppen oft genug beunruhigt. 3)

') Der Name Geilamir wird durch die von Sizilien aus einschreiten, und später,

Münzen wie durch den Dichter Corippus .544: n.Chr., entstand nochmals durch einen

bezeugt. Aufstand der Mauren ein längerer Krieg,

2) Der Patricius Solomon wurde nach den der Feldherr Johannes Troglita über- der Eroberung mit der Verwaltung der 1 wand ; diesen Krieg schildert die Johannis

Provinzen beauftragt. Procop.Vand.il 8 f. des Corippus in epischem Stil. Yg\. Cor ippl

ILS I nr. 831. libri qui supersunt rec. J. Paktsch (Monnm.

^) Belisarios mußte schon 536 n. Chr. Genn. hist. auct. antiquiss. III 2, 1879).

8. Sechste Periode: Die Kaiserzeit b. Z.Ende d.ostgoth. Herrschaft in Italien, (ij ö.").) _j.;^j

Die Zertrümmerung des vandalisehen Königtums bildete den Auftakt zur Eroberung Italiens. Die Vandalenmacht hatte bisher als erwünschtes Gegengewicht gegen Ostrom gewirkt, weshalb der Ostgothenkönig Tiieoderich auf eine möglichst enge Verbindung bedacht gewesen war und es auch ver- standen hatte, die guten Beziehungen im ganzen aufrecht zu erhalten. i) Um so schärfer wurde die Unterstiitzung, die seine Tochter Anuilasuntha dem Belisarios zuteil werden ließ, von den Gothen in Italien gemilabilligt. Die Gothen hatten sich nach der Überwältigung der Vandalen auf Sizilien in den Besitz von Lilybaeum gesetzt und dadurch dem Kaiser einen will- kommenen Kriegsvorw^and geliefert.

Den Ausbruch der Feindseligkeiten verursachten dynastische Wirren in der königlichen Familie. Nach dem Tod des von jeher kränklichen Königs Athalarich (2. Oktober 534 n. Chr.) erkor sich Amalasuntha zum Mitregenten den unwürdigen Theodahad, der seine Gönnerin schon nach kurzem (Früh- jahr 535 n.Chr.) gefangen setzen und umbringen ließ. Auf dieses Verbrechen antwortete Justinian in der Rolle des Rächers mit dem Krieg: den Ober- befehl übertrug er wiederum dem Belisar; die Rüstung der Gothen war mangelhaft; unter Amalasuntha seheint das Kriegswesen gelitten zu haben und Theodahad entbehrte der Führereigenschaften. Die Lage der Gothen wurde noch dadurch verschlechtert, daß das römische Element, besonders die besitzende Schicht und die Kirche, mit dem kaiserlichen Heer sym- pathisierte. Schon im Jahr 535 n. Chr. Avurden Dalmatien und Sizilien rasch erobert. Von Sizilien aus ging Belisar, nachdem er vorher eine Meuterei in Afrika unterdrückt hatte, nach Unteritalien hinüber. Die Herrschaft über die See verlieh ihm das Übergewicht; er drang vor bis Neapel, das er be- lagerte und eroberte. Theodahad, der in Rom stand, wurde vom gothischen Heerbann abgesetzt; an seiner Stelle riefen die Krieger den Vitiges zum König aus; der neue König beeilte sich, die Tochter der Amalasuntha^ Mathesuentha, zu ehelichen, um der Wahl ein dynastisches Relief zu geben. Aber er hatte nicht hindern können, daß Rom dem Belisar die Tore öfPnete (9. /IG. Dezember 536 n. Chr.). Vitiges zog alle verfügbaren Streitkräfte zu- sammen; er sicherte sich vor den Franken durch die Abtretung Südgalliens^ und versuchte mit überlegener Macht Rom wieder zu erobern; aber nach einer langen und verlustreichen Belagerung mußte er abziehen (März 538 n. Chr.) und sich auf Oberitalien beschränken, wo die Hauptmasse der Gothen ansässig war. Hier wurden noch längere Kämpfe ausgefochten, an denen sich auch die Franken in den Jahren 538 und 539 n. Chr. zugunsten der Gothen beteiligten, allerdings als Bundesgenossen zweifelhaften Wertes, schlugen sie doch dem Vitiges geradezu eine Teilung Italiens vor. Seit Ende 539 n. Chr. wurde Ravenna zu Wasser und zu Land belagert und mußte sich nach längeren Unterhandlungen dem Belisar ergeben (540 n. Chr.). Vitiges wurde nach Konstantinopel verbracht, wo er bald darauf starb.

Doch waren die Gothen noch nicht endgültig bezwungen. Im Jahr 539 n. Chr. entstand im Orient ein neuer Krieg mit den Persern, der mit einem Einbruch des Königs Chosroes in Syrien einsetzte, hierauf bis 545 n. Chr.

') Nur einmal war eine Mifshelligkeit entstanden, als die Vandalen sich in Spanien einzumischen versuchten.

482

Römische Geschichte.

in Mesopotamien weitergel'ülut \viii(k- mul sicli sclilief.^licli am Kaukasos noch bis 551 n.Chr. hinzog: erst im Jahr 5()2 n.Chr. beendete den Kriegs- zustand ein fünfzigjähriger Friede, in dem sich Justinian gegen gewisse Zugeständnisse der Gegenseite zu einer jährlichen Geldzahlung verpflichtete. Belisar war zu dem persischen Krieg schon 540 n. Chr. mit seinen besten Truppen nach dem Orient entsandt worden; nach seinem Abgang rührten sich in Oberitalien die Gothen aufs neue. Besonders hervor tat sich in ihren Reihen ein tapferer und umsichtiger Krieger namens Totila,') der 541 n.Chr. von den gothischen Heerscharen zum König ausgerufen wurde, jedoch auch bei der niederen Bevölkerung Italiens Anklang fand. Totila besetzte fast ganz Italien, eroberte Neapel (543 n. Chr.) und nach langer Belagerung sogar Rom (17. Dezember 540 n. Chr.). Belisar, der 544 n. Chr. als kaiser- licher Generalissimus wieder nach Italien zurückgekehrt war, vermochte nicht viel auszurichten; ein Handstreich brachte allerdings das verödete Rom wieder in seine Gewalt, aber die Unzulänglichkeit seiner Truppen und die Zwietracht unter den kaiserlichen Feldherren unterband nach- haltige Erfolge; schlielslich wurde Belisar al)berufen (549 n. Chr.), worauf Totila sich des Faustpfandes Rom aufs neue bemächtigte. Totila schuf sich auch eine Flotte, mit deren Hilfe er einen großen Teil Siziliens eroberte und vorübergehend selbst Korsika und Sardinien gewann. Nur Ravenna und andere feste Seestädte verblieben den Kaiserlichen.

Erst 550 n. Chr., als der Perserkrieg sich seinem Ende zuneigte, hatte Justinian die Möglichkeit, einen Feldzug größeren Stils auszurüsten. Zu- nächst wurde Sizilien zurückerobert (551 n. Chr.). Den Angriff auf Italien sollte von Norden her der Neffe des Kaisers, Germanos, der Gatte der Mathesuentha, der Witwe des Vitiges, führen; aber ehe er Italien betreten konnte, wurde der Prinz von einer Krankheit hin weggerafft; das Kommando iibernahm als sein Nachfolger der Eunuche Narses, der schon den ersten Feldzug Belisars mitgemacht hatte. Dieser zielbewußte Feldherr sammelte zunächst eine stattliche Armee, in die er neben anderen Barbaren auch langobardische Soldtruppen einstellte. Auf dem Landweg drang Narses in Italien ein, erreichte Ravenna und zog von hier auf Rom. Totila trat ihm bei Busta Gallorum (bei Tadinae in Umbrien) entgegen, erlitt aber eine Niederlage und fiel (552 n. Chr.). Narses konnte in Rom einziehen. Doch auch nach dem entscheidenden Waffenerfolg der Kaiserlichen leisteten ein- zelne gothische Scharen noch immer Widerstand. Sie erhoben in Ticinum den Teia auf den Schild; dieser drang nochmals weit vor in Unteritalien, bis er in der Schlacht am Sarnus in Kampanien ein Ende fand (553 n. Chr.). In seinen letzten Zuckungen währte der Kampf noch bis 555 n. Chr. In <len Schlußakt des Krieges griffen auch die Franken ein, deren Beistand sich schon Totila dadurch erkauft hatte, daß er ihnen ein Stück vonVene- tien überließ. Fränkisch-alamannische Scharen unternahmen im Jahr 554 n.Chr. einen verheerenden Einbruch nach Italien und gelangten bis in den äußersten Süden; doch wurden viele dieser Eindringlinge auf dem Heimweg aufgerieben.

') Auf Münzen und in Chroniken [Chronica viin. II 236. 238 Mommsen) heifst er Jiaduila.

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. 55.) 433

Das erschöpfte Italien, das zwanzig Jahre hing den Kriegsschauplatz hatte abgeben müssen, wurde von Narses wieder als kaiserliche Provinz eingerichtet und in Verwaltung genommen. 1) Die Grenzen reichten bis in die Alpen hinein, im Norden etwa bis Brixen, im Nordosten bis Friaul. Aber über den Kamm der Alpen erstreckte sich das kaiserliche Gebiet nicht, die Donauprovinzen waren und blieben verloren; Pannonien hatte Justinian den Langobarden eingeräumt, Südgallien war mit seiner Ein- willigung den Franken anheimgefallen. Es gelang dem Kaiser bei Gelegen- heit eines westgothischen Thronstreites von Afrika aus auch noch in Spanien wieder Fuß zu fasfeen {554 n.Chr.); doch beschränkte sich der tatsächliche Besitz auf einige Plätze und Landschaften des südlichen Spaniens, wie Corduba, Neukarthago und Malaca nebst den Balearen. Den Westen in weiterem Umfang wieder zu erobern, dazu reichte die Macht Ostroms nicht aus. Schon die Unterwerfung Italiens und Afrikas hatte gewaltige An- strengungen gekostet und schwer lastete der Steuerdruck auf den Unter- tanen. Die unangenehmen Folgen seiner nach Westen gerichteten Ex- pansionspolitik hatte Justinian selbst zu verspüren und mehr noch seine Nachfolger. Die Donaugrenze konnte nicht genügend geschützt "werden. Mehrmals, z.B. ." iO und 559 n.Chr., drangen plündernde Horden, Bulgaren lind Slawen, tief in die Balkanhalbinsel ein. Die Avaren, die sich damals nördlich von der Donau ansiedelten, nahm der Kaiser gegen Jahrgelder in seinen Dienst.

In der zweiten Hälfte seiner Regierung war Justinian mit kirchlichen Angelegenheiten beschäftigt. Ein Vorläufer des Caesaropapismus, wünschte der autokratische Kaiser die Kirche nicht weniger zu beherrschen wie den Staat, und seine Gesetzgebung befaßt sich auch mit kirchlichen Angelegen- heiten. Sein Bestreben war darauf gerichtet, die Einheit der Lehre nicht nur im Osten, sondern auch im Westen herzustellen und namentlich die im Orient zahlreichen Monophysiten'^) mit den Orthodoxen durch eine Ver- mittlungsformel auszusöhnen, die er denn auch auf einem Konzil zu Kon- stantinopel zur Annahme brachte (553 n. Chr.). Auch der Bischof von Rom, der durch den Untergang des gothischen Königtums unter die kaiserliche Botmäßigkeit geraten war, mußte sich fügen. Aber seinen Zweck sollte Justinian nicht erreichen; im Westen erhob sich sogleich lebhafter Wider- spruch, und auch im Osten entbrannte der Glaubensstreit von neuem und führte unter den Nachfolgern zu Unruhen, die den inneren Frieden des Reiches untergruben.

Am 14. November 565 n. Chr. starb Justinian; schon sein Nachfolger Justinus II konnte die Erwerbungen des Vorgängers nicht behaupten: Italien ging zum großen Teil an die Langobarden verloren, die, einst mit Narses gegen die Gothen verbündet, jetzt ihre Wohnsitze in Pannonien verließen, in Italien einw\anderten (568 n. Chr.). In wenigen Jahren okkupierten sie Oberitalien und ganze Striche Mittelitaliens und beschränkten die kaiser- liche Herrschaft auf Unteritalien, auf Ravenna und auf Rom und seine Um-

') Ein Zeugnis der Verwaltung des Narses 2) -pj^podora begünstigte offen die Mono-

iii Italien ist die Inschrift an der neuen physiten. Aniobrücke bei Kom. ILS I nr. 832.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. 111,5. 5. Aufl. 2o

^34 Römische Geschichte.

gebung. Diese ungebetenen Gäste ließen sicli nicht wieder vertreiben; sie unterbrachen dauernd die Verbindung zwischen Ostrom und dem ferneren Westen. Dadurch daß bald darauf (seit 581 n. Chr.) die Bulgaren und Slawen sich südlich von der Donau seßhaft machten und namentlich der ganze Nordwesten der Balkanhalbinsel, das illyrischc Dreieck, den heidnischen Slawen zur Beute fiel, verloren die beiden Hauptteile der damaligen christ- lichen und zugleich zivilisierten Welt, der lateinische Westen und der grie- chische Osten, ihren unmittelbaren Zusammenhang; mit Justinian beginnt die endgültige Hellenisierung Konstantinopel.s; die lateinische Sprache ver- schwindet aus dem amtlichen Gebrauch.

In den euroi^äischen Provinzen Westroms waren überall die Germanen eingedrungen und zur Herrschaft gelangt. Dieses Ergebnis hatte sich schon lange vorbereitet. Namentlich seit Konstantin d. Gr. waren in wachsender Zahl Germanen und andere Fremde in den römischen Staats- und Heeres- dienst eingetreten; so konnte sich das barbarische Element ganz allmählich der römischen Kultur assimilieren und römische Staats- und Rechtsbegriffe erlernen. Vor allem die Gothen hatten durch die Berührung mit dem römi- schen Reich schon ein beträchtliches Maß von Zivilisation empfangen. Sie eigneten sich die griechische Schrift an; die Bibelübersetzung des Vulfila schenkte ihnen eine Schriftsprache. Die griechisch-römische Bildung der Zeit haben sich viele Gothen er^yorben. Unter diesen Umständen bedeutete der Übergang der Herrschaft auf die gelehrigen und anpassimgsfähigen Ger- manen keineswegs eine gänzliche Zerstörung der antiken Kultur und wenig- stens keinen jähen Bruch mit der Vergangenheit. Die organische Entwick- lung neuer Gebilde aus dem Alten wurde durch das Christentum erleichtert^ dem die fremden Völker mit ihrer Aufnahme ins römische Reich sich hingaben. Allerdings schlössen sie sich zumeist dem verketzerten Arianertum an, so die Gothen und Vandalen; aber durch die Preisgabe ihres Heidentums hatten sie sich auf religiösem Gebiet trotz abweichendem Bekenntnis den Römern genähert; es ist bezeichnend, daß bei den Plünderungen Roms unter Alaricli und Geiserich die Barbaren Kirchen und Priester schonten.

Die innere Einheit des römischen Reichs, das Bewußtsein der Zusammen- gehörigkeit ging nicht restlos verloren, nachdem das staatliche Band zer- schnitten war. Noch immer wirkte das Kaisertum, dessen oströmischer In- haber über Teile Italiens herrschte, als Idee von unverwüstlicher Lebenskraft. Das Gefühl einer ideellen Einheit des Imperiums wurde durch die recht- liche und kirchliclie Gemeinschaft verstärkt. Der römische Papst, als der ersle der Bischöfe anerkannt, trat in mancher Hinsicht das Erbe des west- römischen Kaisers an; selbst mit entlegenen, dem Reich längst entfremdeten Bezirken, wie Britannien, hielt die geistliche Macht in Rom die Verbindung aufrecht. Das Einheitsbewußtsein überdauerte den Ausgang des Altertums ') und manifestierte sich in der Erneuerung des weströmischen Kaisertums durch Karl d. Gr.

Literatur: L. M. Hartmann, Gesch. Italiens im Mittelalter, 1. Bd., Das italienische Königreich, Leipzig 1897. Mänso, Gesch. des ostgoth. Reiches in Italien, Breslau

*) Die Grenzen zwischen Altertum und Mittelalter sind fließend. Vgl. A. v. Gut- soHMiD, Kl. Sehr, y 393 tf.

8. Sechste Periode : Die Kaiserzeit b. z. Ende d. ostgoth. Herrschaft in Italien. öö.) J.35

1824. Gregorovius, Gesch. der Stadt Rom im Mittelalter, 1. Bd. 4. Aufl., Stuttgart 1886. MoMMSEN, Ostgoth. Studien, Ges. Sehr. VI o(J2 ff. Cassiodori Senatorts Variae rec. Th. MoMMSEN {Monum. Gerntaniae hisfor. aiict. antiquissiui! XU), Berlin 1894. Hertz- berg, Gesch. Griechenlands seit dem Absterben des antiken Lebens bis zur Gegen- wart, Gotha 1876 1878. 3 Bde. Charles Diehl, Justinien et la civilisation hyzantine au 6. siech', Paris 1901. W. G. Holmes, The äffe of Justinian and Theodora, 2 Bde., London 1905 u. 1907. J. Sundwall, Abhandl. zur Gesch. des ausgehenden Römer- tums, Helsingfors 1919. E. Stein, Studien zur Gesch. des byzantinischen Reiches vornehmlich unter den Kaisern Justinus II und Tiberius Constantinus, Stuttgart 1919. Dazu die S. 424 angeführten Werke.

Berichtigungen. S. 58, Z. 2 lies Rh o mos st. Romos. S. 75, Z. 2 lies Volci st. Vulci. S. 86, Z. 33 f. lies conscripti st. consripfi. S. 105, Z. 11 lies Thermae st. Therma. S. 116, Z. 2 lies Druentia st. Druentias. S. 150, Z. 7 lies Macra st. Makras.

S. 152, Z. 19 lies Circus Flaminius st. Circus Flamininus. S. 173, Anm. 3 lies P. Popilius Laenas st. C. Popilius Laenas. S. 259, Z. 2 von unten lies 14. April st. 15. April. S. 277, Z. 8 ist das Praenoraen M, bei Cluvius Rufus zu tilgen. S. 334, Z./In,18 und 21 lies Sarmizegetusa st. Sarmizegethusa. S. 358, Z. 15 lies Augusta Vindelicum st. Augusta Vindelicorum. S. 396, Anm. 4 lies Tropaeum Traiani st. Tropaea Traiani.

28*

Alphabetisches Register.

Dioromischen Vornamen sind in der übliclien Weise abgekürzt, also: A. Aulus Ap. Appins, C. = Gains Cn. Gnaeus, I). = Decimus, L. = Lucius, M. = Marcus, M. Manins, P. Publius, Q. = Quintus, Ser. ;- Servius, Sex. = Sextus, .Sp. - Spurius, Ti. = Tiberins, T. = Titus. Sonst sind folgende Abkürzungen verwendet: COS. Konsul. Fl. = Fluß. G. Gatte, Gattin. Hist. = Historiker. Kol. = Kolonie. Fr. = Prütor. Pjov. =

Provinz. «. = Sohn. St. = Stadt. Si-hl. ^ Scblaclit. T. - Tochter.

(Die Ziffern bezeichnen die Zahl der Seiten und Anmerkungen.)

A.

Abdera 144.

Abella, Kolonie von Kyme

212. Ablabius, Hist. 383. Aboriginer 35. Abrittus in Mösien 872. Abrupolis. Thraker 143. Abydos 131. 134. Accius, Dichter 15(). Acerrae in Kampanien 57.

193.

in Oberitalien 111. Achäer in Italien 21.

in Hellas, achäischer Bund 8<S. 109 f. 113. 126. 131 ff.; verbündet 135. 137. 140. 142 f. 146; unter- worfen 165 ff.; Festge- nieinschaft 362.

Achämeuiden 197. 300. Achaia, Prov. 167'. 267.

329. 338. 361. 373 f.; vgl.

Griechenland. Achillas 249.

Achilleus, Gegenkaiser 388. Achradina in Syrakus 121. M'. Acilius Glabrio. cos.

191 V. Chr. 136 f.

cos. 67 V. Chr. 220. Ackergesetze, licinisch-

sextisches 64*, 171: grac-

chische 172 f. 175. 177;

spätere 189. 190 f. 226.

228 f. 258. Acta se>wius popuh'qxe R. 14.

157 f. 229. Actium, Schi. 274 f. Adamklissi,Monument3312,

3334 3964_

Addua, Fl. 111: Schi. 426. Adel 153 f.; s. Nobilität,

Patrizier. Adherbal, Karthager 106.

Numider 181. Adiabene 335. 348. Adminius, Britte 312. Adria. St. s. Atria. Adrianopel 396 f. ; Schi. 406 ;

vlg. Uscudama.

Aduatuker 234.

Aedilen, plebeische 59; ku- rulische64; vermehrt 253 : in der Kaiserzeit 288. 354.

! Aeduer 180 f. 232 ff. 240 f. I 313. 318. 356.

Aegatische Inseln, Schi. 107.

Aegidius in Gallien 422. 425.

Aegina 126.

Aegypten 126. 130. 134. 140. ! l4l. 144. 147 f. 195 f. 207. j 230 f. 236. 248 ff". 263 ff. 272 f.; unter den Eümern 275. 290. 301 f. 308". 325 f. 336ff.341.344. 348 f. 363 ff. 375. 377; Aufstand 379.388.

Aelia Capitolina = Jerusa- lem 337.

Aelianus, Gegenkaiser 386.

L. Aelius Aurelius Com- modus 339*; s. L. Aure- lius Verus.

M. Aelius Aurelius Verus Caesar 339='; s. M. Aure- lius Antoninus.

L. Aelius Caesar = L. Ce- ionius Commodus 338.

Aelius Catus 293'.

Aelius Gallus 302.

P. Aelius Hadrianus, Kaiser 336 ff. ; s. Hadrianus.

T. Aelius Hadrianus An- toninus Pius 338; s. An- toninus Pius.

Aelius Lampridius. Bio- graph 280».

L. Aelius Seianus 309 f.

P. Aelius Severianus Maxi- mus 340.

Aelius Spartianus, Biogr. 280^.

Q. Aelius Tubero, Hist. 16.

L. Aelius Verus = L. Au- relius Verus 339.

Aemilianus (Asellius Aemi- lianus), Heerführer Nigers 344.

Kaiser 372 f. Aemilische Brücke 152';

Straße 179. L. Aemilius, cos. 366 v. Chr.

97. M. Aemilius Aemilianus,

Kaiser 372 f. Q. Aemilius Laetus 348. M. Aemilius Lepidus, cos.

187 V. Chr. 149.

cos. 137 V. Chr. 160 f.

M. Aemilius Lepidus, cos. 78 V. Chr. 208.

Caesarianer 257; Trium- vir 259 ff. 269 f. ; abgesetzt 270.

S. des vor. 304'.

-- unter Kaiser Gaius 312.

Paullus Aemilius Lepidus

288'. Aemilius Papinianus, Jurist

346. L.Aemilius(Papus) 111.153^

(Paullus) COS. 216 v. Chr. 114. 118.

COS. 168 V. Chr. 144 ff. 150 f. 156.

unter Augustus 304.

(Regillus). Pr. 190 v.Chr. 137.

M, Aemilius Scaurus cos. 115 V. Chr. 179. 181.

Legat des Pompeius 222, Aeneas 29.

Aequer. Volk 27 : Kriege mit Rom47ff. 53; vernichtet71.

Aera, kapitolinische 85*. 91 ; des Pompeius 223'; Dio- kletians 388.

Aerarium288; aerarium mi- liare 289. 297^

Aerartribunen s. Tribunen.

aes rtide 46.

Aesculapius, in Rom 90; vgl. Asklepios.

Aesernia 71; Kol. 82. 193 f.

Aethiopen, südlich von Ae- gypten 302. 323. 365.

Aetius (Flavius Aätius) 416 f. 419 f.; endet 420.

Aetoler (Aetolischer Bund) 88. 109 f. 114: Verbündete 126. 1.32 ff. 134; Krieg mit Rom 135 ff'. : unterworfen 139. 142 f. 145. 199.

L. Afranius 245. 249. 252.

Afranius Burrus 315 f.

Afrika 104. 125. 127 f.; rö- mische Provinz 164. 200. 205. 246. 251 f. 261. 263 f. 266. 302. .323 f. 326. 3.32. 334. 337. 365. 369. 375. 387 f. 395 f. 405. 412. 415; wird vandalisch 416 ff. : kaiser- lich 430.

Alphabetisches Register.

437

Afrika, Diözese 388«. Africa nova 252. 263. 266.

3022. Africanus, Beiname 129: s.

Cornelius. Agathias, Hist. 382. Agathokles von Syrakus in

Italien 76 ff. 88. ager Gallicus 74. 86«. 110. 151. 153. aqerpHblicus{Ge\ü.eh\dQ\2ind) '86. 171flf. 226. agri decumates (Dekumaten-

land) 328. 358. Agricola s. Julius. Agrippa s. Vipsanius. Agrippa (Herodes Agrippa),

Vater und Sohn 323. M. Agrippa Postumus 303.

305. Agrippina die ältere 304 f.

809. 311.

Julia Agrippina 277. 314 f. Agron, Illyrier 109. Agylla (= Caere) 23. 41: s.

Caere. Aidemon, Maure 323. Ainos, St. 131. 141. Aisepos, Fl. 218. Akademie in Athen auf- gelöst 430. Akarnanen, Akarnanien

136. 145. 167. Akragas(Agrigentum)21.79,

karthagisch 101 ; römisch

103. 105. 120 f.; Kolonie

152. 170. Akrokeraunien 247. Aktia, Spiele 275. Aktion s. Actium. Ala in der Eeiterei 289. Alalia (Aleria) 24. Alamannen347.371; Einfälle

ins Reich 373 f. 376. 379.

386. 387. 394. 401 f. 405.

406 ff. 425. 427; fränkisch

427. 432. Alanen 338. 406. 413; in

Spanien 413. 415 ; inAfrika

417. Alarich I 411 f. 413 ff.

II 427.

Alatheus, Gothe 407. Alba Fucens, St. 71 f. 146. Alba Longa 28. 31. 35. 38. 43;

albanische Familien 43;

Könige 29. 97. Albaner im Kaukasos 222.

268. Alesia 241. Alexander Severus s. Seve-

rus Alexander. Alexandreia in Aegypten 88.

147. 231. 236. 248 f. 256.

271 ff. 274 f. 341.348. 364;

aufständisch 377. 388:

alexandrin. Krieg 248 f. Alexandreia in Troas 134. Alexandros der Große 256^

272. 347. 404; Verhältnis

zu Rom 89.

der Molosser 68'. 75. 77. 89.

S. des Pyrrhos 77. 80^. 88-

Balas 147. 195.

Zabinas 195.

.Jannaios 222.

Jude, S. des Aristobulos 236.

S. des Antonius 272*.

Polyhistor 29^ 972. Alexianus = Severus Ale- xander 349.

Alimentationen 333. 339. Aliso 296. 307. Alkibiades 338-. Allectus, Gegenkaisev 387. Allia, Fl., Seh. bV. A. Allienus 262. Allobroger 115. 180. 227. 232. Alpen, Uebergang des Han-

nibal 115 f. : des Pompeius

2091. Alpenvölker 149. 179. 187.

234. 271. 292 f. Alphabet, latein. 39. 313». Altertümer (Antiquitäten)

10. Amalafrida, Gothin 427 f. Amalarich, Westgothe 428 f. Amalasuntha 429. 431. Amaler, Gothen 425. Amandus, Gegenkaiser 386. Amanos, Gebirge 237. 268. Amaseia, St. 219. 276. Amastris, St. 197. 219. Ambarvalien 37. Ambianen 234. 356. Ambiorix 238. Ambrakia 139. Ambrouen 184. 186. Ambrosius, Bischof 384.405.

408. Amiens 356'. Amisos 218. 222. 250. Ammianus Marcellinus 280.

380 f. Amphiktionie , delphische

142 337 ^ 361. Amphipolis 145. 264. Amphissa 137. Amphitheater, flavisches

329. Amtsakten 13 f. Amynandros , Athamane

131 f. 136. 139. Amyntas, Galater 271 f. 300.

362. Anagnia 27. 71. 78.

Anaitis, Gottheit 3.50^.

Anarchie in Rom 64; fünf- jährige 93.

Anaren, Gallier 111.

Anartier, Kelten 294'.

Anastasios, Kaiser 426 f. 430.

Ancona 24. 50. 244.

Andriskos (Pseudophilip- pos) 165.

Aneroestos 111.

Angeln in Britannien 417.

Angrivarier 307.

L. Anicius. Pr. 168 v. Chr. 145 f. 156'.

Aniensis, Tribus 72.

Aniketos, Empörer 326'. 3286.

Anio, Brücke 433'.

Ankyra, St. 276.

Annaeus Lucanus, Dichter 317.

L. Annaeus Seneca315f. 317.

Annalen in Roml2 f. ; annales uiaximi 13.

des Cn. Flavius 85^ Annibalianus.Caesar s.Han-

nibaliauus. M. Annius, Quästor in Make- donien 179^ M. Annius Florianus. Kaiser

378 f. T. Annius Milo 231.239.251. M. Annius Verus(M.Aurelius

Antoninus imp.) 338 f. £. Annius Vinicianus 312 f. Anonymus Cuspiniani 382:

Valesianiis 382. Ansiedlung von Barbaren

350.376. 379.386.388.390.

397.402. 407.415. 420 f.: in

Italien 423 f. 426. Antemnae, St. 31. 38. Anthemius, Präfekt 412.

Kaiser 422 ff. Anticato Caesars 254^. Antigonos Gonatas 80. 88.

Doson 109. 113f.

jüdischer Fürst 268. Antikyra, St. 126. Antinoopolis, St. 364. Antiocheia am Orontes 222.

237. 250. 262. 268. 270. .309: Erdbeben 335. 336. 347. 349. 363. 402 : von den Per- sern erobert 373: Aufstand 408 -.

Margiane 236^. Antiochos von Syrakus,

Hist. 19. 303. 673. ^ I König von Syrien 77.

III 130. 132. 134; Krieg mit Rom 134 ff. 141.

IV Epiphanes 144. 147 f.

V Eupator 147.

VI 195.

438

Alphabetisches Register.

Antiochos VII Sidetes 195.

VIII Grvpos 195.

IX Kyzikenos 195. 217. 219^

X Eusebes 219 ^

XIII Asiatikos 219. 222.

= Eunus im Sklaven- kriog auf Sizilien 170.

I von Koiiimagene 268.

III von Komniagone 321. Antipatros, Idumiior 268. Antiquarische Studien in

Rom 286. Antiquitäten 10. C. Antistius 299. Antium, St. 38. 47; Seeraub

55. 89 ' ; unterworfen 56,

353^ Autonia, die Aeltere 310. Antonia,. die Jüngere 314'. Antoninus Pius (T. Aelius

AureliusAntoninus)338f.

357 f. 361. C. Antonius cos. 63 v. Chr.

225. 227. 230'.

Bruder des Triumvirn M. Antonius 247. 249. 258.

Julius Antonius, S. des

Triumvirn 304. L. Antonius 258. 265. M. Antonius, Redner 188.

201.

Pr. 74 V. Chr. 217. 220.

der Triumvir 244. 247. 255. 257 ff. 259 ff. 262 f. 265 flf. 299 f. .363 =*: seine Gesetze 258; Ende 274 f.

M. Antonius Gordianus I, II, III 369 ff.

Antonius Primus 326. 329.

L. Antonius Satui*ninus, Le- gat in Germanien 331 f.

Antyllos, S. des Triumvirn M. Antonius 275.

Anulinus, Senator 385 3.

Anxur (Tarracina) 48.

Aoos, Fl. 132.

Apameia amOrontes254.262.

Ai>er, Praefectus praet. 380.

Aphrodite, Göttin 29.

Apokolokyntosis Senecas 3143.

Apollodoros von Damaskos

3352. Apollon in Delphi 90 ^ Apollonia in Illvrien 88-.

109. 126. 165. 247. 258.

in Thrake 215. 359. Appia aqua 85. Appisehe Straße [Appia via)

85. 152. 239. Appianos, Hist. 100. 109'.

158. 279. 340. L. Appius Maximus s. Lap-

pius Maximus.

L. Appuleius Saturninus

188 f. 262 2. Apuaner, Ligurer 150. Apuler. Apulien 22. 70. 75.

78. 118. 129. 193f. 211. Apulum, St. 359. aqua Appia 85. Aquae Anreliae (Baden) 358. Aquae Mattiacae 358. Aquae Sextiae 180. 186; Kok Aquae Statieilae 150*.

286. 355. Aquileia 149.179.401. 408 f.;

von Attila erobert 420. M'. Aquillius cos. 129 v. Chr.

168.

COS. 101 V. Chr. 187. 198. 216 5.

Aquincum 359.

Ac[uitaner, Aquitanien 232. 235. 267. 294. 299 ; gothisch 415; fränkisch 428.

a>-a ma.rima in Rom 30. 43.

ara liomae et August i 295. 356.

Araber, Arabien 236. 362; nabatäisches222. 334. 362 ; Prov. 334. 362 f.; glück- liches 301.

Arabio, Numider 263.

Arados 268.

Arae Flaviae 358.

Arar, FL 233. 356.

Arausio, Schi. 184 f.; Kol. 253.

Araxes, Fl. 271.

Arbela, St. 348.

Arbogastes 408 f.

Arcadius(FlaviusArcadius), Kaiser 411 f. 414.

Archelaos, Mithridats Feld- herr 199. 201 ff.

in Aegypten 236.

König von Kappadokien 272. 300. 321 f. 362.

in Judäa 300. 323. Archidamos, Spartaner 55".

75. Archimedes 120f. Ardaschir (Artaxerxes) 350. Ardea 38; Kol. 48. 113 2. Areios, Priester 399; Ari-

aner, Arianismus 399. 401.

406. 407. 418. 427. 429if. Arelate 253. 355. 415. 421.

425. 428. Aremoriker. Aremorica 232.

234. 413. 418. 425. Aretas, Araber 222. Arevaker in Spanien 159 f.

187. Argeerkapellen in Rom 36. Argentaria, Schi. 406. Argenteus, FI. 260. Argentorate (Straßburg)

328. 358.

Arges im Peloponnes 133 1.

166. .375. Argyrippa (Arpi), St. 76 '. Ariadne, T. des Kaisers Leo

423. Arianer s. Areios. Ariarathes IV König von

Kappadokien 138f. 141. ; V147. 168.

VI, VII, VIII 198. Aricia, St. 38. Ariminum, Kol.82. 111. 117.

149. 244. 286. 417. AriobarzanesI, Kappadoker 198. 203. 216. 223.

III 263.

von Armenien 301. Ariovistus 231 f. 234. Aristeides, Redner 340. 348 K Arlstion 201. Aristobulos. jüdischer Fürst

222. 236. 268.

Praefectus praet. 385^. Aristodemos Malakos. Ty- rann 32. 471.

Aristonikos. Prätendentl68.

197. Aristoteles 29. 51. j Armenien 141. 196. 218.

223. 268. 270ff. 275. 301. 1 .307. 321 f. 335. 339 f. 345.

347 f. 350. 363. 373. 380. 386. 388. 400 f. 404. 406; Kleinarmenien 198. 221.

224. 250. 300. 362. Arminius 298. 319 *: Ende

308.

Arnensis, Tribus 53.

Arpi (Argyrippa) 76*. 119.

Arpinum 71. 152 '. 225.

Arretium 24'. 70*. 74. 1292. I 244.

I Arria. G. des Caecina Paetus 3133.

Arrianos s. Flavius Arri- anus. j Arsakes, Parther 321.

Arsakiden. parthisches Kö- nigshaus 275. .300 336.350.

Arsanias, Fl. 219. 322.

Arsinoe, T. des Ptolemaios Auletes 248.

Artabanos III 321.

V 347. 3.50. Artagira, St. 301. Artavasdes, Armenier 236 f.

271 f. 301.

Atropatener 271 2. Artaxata 141». 219. 322. Artaxes (Artaxias) 141'. 271.

301.

früher Zenon 321. Artokes, Iberer 222. Arulenus Rusticus 332.

Arusini canipi 80*.

Alphabetisches Register.

439

Arvalen (fratresarralesj 286. Arverner, Gallier 180. 232.

240 f. As (von Kupfer) 90. Asandros, Bosporaner 250. Asclepiodotus, Präfekt 387. Q. Asconius Pedianus 157. Asculum in Picenum 81.

174. 192. 193. Asdingen, Vandalen 416 *. Asellius Aemilianus, Feld- herr des Niger 344. Asien, Prov. 167 ff. 176. 197.

198 f. 203. 214. 217 f. 219.

248. 262 f. 266. 272. 275

282. 362: Diözese 388«. C. Asinius PoIIio, Hist. 157.

2312. 246. 257. 259. 261.

265 f. 271. 304. C Asinius Quadratus, Hist.

280. Asklepios (Aeseulapius) in

Rom 90 : in Karthago 164 ;

in Pergamon 203. Aspar (Flavius Ardabur

Aspar) Gothe 421. 425 s. Aspis {= Clupea) in Afrika

104. Assyrien, Prov. 335. Astapa, St. 125. Asturer 299.

L.Asyllios (Suillius?) 214^. Atella, St.l24; Atellanen 90^ Athalarich, Ostgothe 429.

431. Athamanen 132. 139. Athanarieh, Gothe 406. Athanasios, Bischof 384. 399.

401. 404: Athanasianer

405. 407. Athaulf, Gothe 415. Athen, Athener, Attika,

Beziehungen zu Etrurien

23; zu Rom 40. 88. 110.

131. 136. 137. 139. 145 f.

165.167.170.199.203: von

Sulla erobert 201. 224 2.

262. 264. 267 f. 316 5. 337.

342. 361: von den Heru-

lern erobert 375; von den

Gothen 376; von Alarich

412; verliert die Aka- demie 430. Athenion, Sklavenführer

auf Sizilien 187. Athenodoi'os, Pirat 220^. Palmyi-ener (Vaballath)

377. Atia, Mutter des Augustus

258. C. Atilius (cos. 225 v. Chr.)

111. M. Atilius (Regulus) 104. 105^ Atintanen 110. Atlas, Gebirge 324. 338.

Atrebaten 241.

Atria, St. 23.

Atropatene (Medien) 270.

301. Attaleia, St 215. Attalos I, Pergamener 126.

131. 134.

II 146. 165f. 167.

III 167 f.

Attalus (Priscus Attalus),

Kaiser 414 f. Attika,Sklavenaufstandl70;

s. Athen. Atticus s. T. Pomponius

Atticus. Attila 419 f.

P. Attius Yarus 246. 255. Audefleda, T.Chlodwigs 427. Aufidius Bassus, Hist. 277. Augsburg 320. 358. Äugst (bei Basel) 356 2. Augures 46. 84. 188. Augusta, Name der Livia

305. 309. Augiista Asturica 299^. Augtcsta Emerita 286. Augiista Praeton'a 292. ÄugutiUi Emiracorum 356 2. Äiigusta Taurinorum 286. Augusta YhideJiciwi 320. 358. Augustalen 304. Augustinus, Bischof von

Hippo 384. Augustodunum 318. 355 °. ' 377^.

! Augustus s. C. Julius Caesar ' Octavianus. j Q. Aulius 70. Aurelianus (L. DomitiusAu-

relianus), Kaiser 376 ff. C. Aurelius (cos. 252 v. Chr.)

1061. M. Aurelius Antoninus (=^ I M. Annius Verus), Kaiser

338 ff. 353. 353 ^ 358. 361 f. j .390. 392. M. Aurelius Antoninus (Ca-

racalla) 346 ff. M. Aurelius Antoninus (Ela-

gabalus) 349. T. Aurelius Antoninus Pius

338 f. M. Aurelius Carus, Kaiser

379 f. M. Aurelius Claudius (Go-

thicus) Kaiser 376. M. Aurelius Commodus

Antoninus, Kaiser 342f.;

s. Commodus. L. Aurelius Cotta, Pr. 212. M. Aurelius Cotta (cos. 74

V. Chr.) 217 ff. M. Aurelius Julianus (Sa-

binus Julianus), Gegen- kaiser 380.

Aurelius Litua in Afrika 388'.

M. Aurelius Marius, Gegen- kaiser 377.

M. Aurelius Maxentius, Kai- ser 393 ff.

L. Aurelius Orestes 179.

M. Aurelius Probus, Kaiser 379.

M. Aurelius Severus Ale- xander, Kaiser 349 ff. ; s. Severus Alexander.

M. Aurelius Yalerius Ma- ximianus, Kaiser 386 ff.

L. Aurelius Verus (L. Aelius Aurelius Commodus) Kai- ser 399 ff.

Aurelius Victor, Hist. 17. 280. 382.

Aureolus, Gegenkaiser 374 f. 876.

anrnm Tolosanuni 184.

Aurunci (Ausoner) 21. 26: unterworfen 55f. 57.

L. Aurunculeius Cotta 238.

Ausculum in Apulien 78.

Ausoner s. Aurunci.

Austurianer in Afrika 405.

Autaritos, Gallier 108.

P. Autronius Paetus 225.

Auxilien 289.

Avaren 433.

Avaricum 241.

Aventinus, Berg 35. 60. 86*. 177.

Avidius Cassius, Gegenkai- ser 340 ff.

C. Avidius Nigrinus 336».

Avignon, St. 428.

Avitus (Eparchius Avitus), Kaiser 421. 425.

Axona (Aisne), Fl. 234.

B.

Babares in Afrika 373'*. Babekan, Beiname des Ar-

daschir 350*. Babylonien 335. Baden-Baden 333. 358. Badenweiler 358. Baduila = Totila 432'. M. Baebius 150. Baecula, Schi. 124. Bagauden (Bakauden) in

Gallien 386. 4173. Bagradas, Fl. 246. Bajae 338. Balbinus, Kaiser 370; s.Cae-

lius. Balearen 101. 125: römisch

179. 254. 433. Ballista. Präfekt 375. Bantia, St. 189'. Barea Soranus 317. Barenau 298^.

440

Alphabetisches Register.

Barkochba (Simon) 337. Barygaza, St. 365. Basilica Porcia 152. Basiliskos, Feldherr 422;

Gegenkaiser 423. 425'. Bassianus, Name des Cara-

calla 346.

Name des Severus Ale- xander .349.

Caesar 396. Bastarner 142. 144. 198. 214.

217. 230>. 271. 29.3. 294';

angesiedelt 379. Bataver 295. 298; Aufstand

326 f. Bathinus, Fl. 298. Bathzabbai (Zenobia) 377. Baton, Illyrier 297. Bauernaufstände, s. Bagau-

den. Beamtenverzeichnisse 12 f. Beaüfort 2. Beda, Hist. 383. Bedriaeum, Schi. 325. Beetgum in Friesland 357 8. Beigen 2,32. 234. 238. Belgica 294. 356 \ Belgrad (Singidunum) 359.

425. Belisarios 430 fif. Beller, Keltiberer 159, Bellovaker, Gallier 241. Beneventum, Schl.80<; Kol.

82. 150. 286. Berenike, Königin von Ae-

gypten 236. St. Bernhard, kleiner, Paß

115 f. Bernstein 360. Beroia in Makedonien 246. Berytos, Kol. 286. Besan(?on (Vesontio) 356'. Besser, Thraker 215, Beuel bei Bonn 351 ^ Bibracte, St. 233. 241. 355^ Bibliothek in Eom 254, 287 ;

in Alexandrien verbrannt

249. Bingen 327. Bischöfe 393. 398; Bischof

von Rom (Papst) 419, 433.

434. Bithynien 197 f. 203. 217 f.;

Prov, 221. 223. 250. 271.

272. 335. 362. 375. 377. Bituitus, Arveruer 180. Biturigen 241. Bleda, Hunne 419. Blemyer 379. 388. Blossius von Kyme 172. Bocchus, Mauretanier 182.

desgleichen 251. 274.

BOCHAKT, Säm, 2.

Bodensee 293. Bodotria 331. 338.

Böoter (Böotien)" 1,33. 136.

142 f. 166. 203. Bo<ithius 426. 429. Bogud, Mauretanier 251.274. Bojor in Italien .50. 74. IIOIF.

115.149f.;inBöhmenl49'.

183. 215^ 2.33. 297: in

Gallien 234. Boiorix 186. Bola, St. 53.

Bonifatius, Feldherr 416 f, Bonna, St. 357. Bononia (Felsina) 23: Kol.

149. 261. 286. in Gallien (Boulogne) 386. Bonosus, Gegenkaiser 379. Boranen 375.

Borbetomagus (Worms) 358. Bogeiyoroi (Aboriginer) 35'.

BOEGHESI 6.

Bosporos (kimmerischer), Bosporaner 198. 216. 219. 222 f. 223. 2,50 f. 300. 320 f. 359.

Bostra 334.

Boudicca 318 f.

Boulogne 237''. 386.

Bracara Augusta 299^.

Brandenburg. Prov. 360.

Brenner, Paß 293.

Brennus, Gallier 51'.

Brettier (Bruttier, Brittier) 26. 75 f.: Verhältnis zu Rom 77. 81. 110\ 119. 129. 194; bei Alexander d. Gr. 89.

Breuker in Pannonien 297.

BriganteninBritannien318, 330.

Brigetio. St. 405. '

Britannien. Briten 234. 237 f. 294. 299. 312; römische Prov. 318 f. 325.326. 330 f. 337. 338. 340. 342 f. 346 f. 356. 374. 379. 395. 401. 405. 407; vom Reich gelöst 413. 417 f. 425. 434; britan- nische Kaiser 386 f.

Britanniens, S. des Claudius 314 f.; s.Ti. Claudius Brit.

Brixellum 325.

Brixen 4.33.

Brukterer 306. 327. 3285.

Brundisium 130. 152. 155. 204. 228. 245. 247. 259. 266. 269.

Bruttier s. Brettier.

Bruttius Sura 199.

Bückeburg 307'.

Bürgerrecht. Bürgerschaft, erweitert 85. 151 f. 194 f. 213. 289. 328. 347. ,366 f.

Bukolen in Aegvpten 341.

Bulgaren 428. 433 f.

Bundesgenossen, italische

82 f. 110. 118 fr. 129. 174. 189. 190 f; Bunde.sgenos- senkrieg in Italien 191 ff. ; in Hellas 114. 121.

Burgunder (^Burgundionen) 379. 386. 405 413: in Gal- lien 415 417. 420 f. 425; fränkisch 427. 429.

Busta Gallorum. Ort, Schi. 432.

Butzbach ,357^.

Buxentum (Pyxus), Kol.1.30.

Bvrebista.s, Gete 215. 23.3. '246. 255. 293.

Bvrsa in Karthago 163.

Bvzanz 88. 202. '218; ein- ■verleibt329: erobert 344. 375^ 378. 397; wird Kon- stant! nopel 399 f.

C.

'S. auch unter K)

Cadurker, Gallier 241. Caecilianus, Bischof 398«. Q. Caecilius Bassus 254. 262.

C. Caecilius Metellus, cos. 113 V. Chr. 187.

L. Caecilius (Metellus), cos.

251 V. Chr. 105. L. Caecilius Metellus, cos.

142 V. Chr. 159«. 196. Yolkstribun 245. M. Caecilius Metellus cos.

115 V. Chr. 179. Q. Caecilius Metellus Balea-

ricus 179. Q. Caecilius Metellus Numi-

dicus 182 f. 189. Q. Caecilius Metellus Creti-

cus 221. Q. Caecilius Metellus Mace-

donicus 160. 165 f. 167. Q. Caecilius Metellus Nepos

228. Q. Caecilius Metellus Pins

201. 204. 208 ff. Q. Caecilius Metellus Scipio

239 f. 249. 251 f. A. Caecina 306 f. A.CaecinaAlienus325f.,330'. Caecina Paetus 313', Caelestin. Papst 419. Caelius, Hügel 33. M. Caelius Rufus 2.50.

D. Caelius Calvinus Bal- binus, Kaiser 370.

Caelius Vibenna (Vivenna) 33 f. 40.

Caenina, St. 31. 38.

Caere (Agylla), Caeriten 23. 32. 41; mit Rom befreun- det 48. 499. 51.74; unter- worfen 54. 82.

Caesar, kaiserlicher Name 326. '3,52; Mitregent .386 f.

Alphabetisches Register.

441

Caesar s. C. Julius Caesar. Caesaraugusta, Kol. 286. Caesarea in Palästina 303^ 323.

in Kappadokien (= Ma- zaka) 363; von den Per- sern erobert 373.

L. Caesennius Paetus 322. Caesetius Flavus 256'. Calagurris in Spanien 211. Calatia, St. 71. Cales, Kol. 57. 130=. Caligula (Gaius Caesar) 311 f. Callaicus 160.

Callistus,Freigelassener314. Calpurnia, Caesars G. 229. L. Calpurnius Bestia 181. M. Calpurnius Bibulus 229.

237. C. Calpurnius Piso, Gegner

Neros 317. Cn. Calpurnius Piso, Freund

Catilinas 225.

Gegner des Germanicus 309.

L. Calpurnius Piso, cos. 148 V. Chr. 163.

cos. 133 V. Chr. 169 f.; Hist. 16.

cos. 58 V. Chr. 229. Q. Calpurnius Piso 161.

L. Calpurnius Piso Licinia-

nus, Caesar 325. Calvisius Sabinus 268. Camalodununi s. Camulo-

dunum. Camars angeblich = Clu-

sium 73^ Camerinuni, Canierter in

Umbrien 73. Camillus s. Furius. Camulodunvim, Kol. 318 f, Candidianus, S. desGalerius

396. Candidus, Hist. 381. P. Canidius Crassus 268. 274. Cannae, Schi. 118. 121. Cannenefaten , Germanen

326. Canusium wird römisch 70. Capelianus 369. Capitolium s. Kapitol. Capri, Insel 310. Capsa in Afrika 106 ^ Capua, samnitisch 25: rö- misch 57. 70. 78: Abfall

119.122. 129: Kol. 176. 201.

211. Caracalla (M. Aurelius An-

toninus) , Kaiser 346 ff.

365. 366 f. 371. Caratacus, Brite 318. Carausius, Kaiser 386 f. Carinus, Kaiser 379 f. 389^ T. Carisius 299.

Carnuntum, St. 297. 328. ' 359 f. 394. Carnuten 2.38'^. 240. Carrhae. Schi. 237: römisch

340. 348. C. Carrinas 294. Carsioli 71 f. Carteia, Kol. 151. Carus (M. Aurelius Carus),

Kaiser 379 f. Sp. Carvilius 73. Casilinum, St. 119. 122. Caftsia via 149. M. Cassianius Latinius Po-

stumus 374. 377. Cassiodorus (Magnus Aure- lius Cassiodorus Senato'r),

Hist. 282. 382. 385. 426. L. Cassius, Tribun 137 v. Chr.

171. Sp. Cassius 38 f. 63. Cassius Chaerea 312. Cassius DioCocceianus.Hist.

18. 100. 1091. 158. 279 f.

3476. 350-. L. Cassius Hemina, Hist. 16. C. Cassius . Longinus, der

Caesarmörder 237. 256.

257 f. 260—264. L. Cassius Longinus, cos.

107 V. Chr. 184. Q. Cassius Longinus, Caesa-

rianer 244. 251. Cassivellaunus, Brite 238. Castinus 415 f. 416'. Castra Bafara 358. Ccisfra Vefera 295. 327. Castrum, Kol. 82^ Castulo, St. 124. Catilina s. Sergius. Catullus, Dichter 235^ L. Ceionius Commodus 338.

339 4_

Celtilliis 240. I Cenabum, St. 240. Cenomanen (Genomanen),

Gallier 50. 111. 149. Census (Zensoren) 40. 60 f.

84 f. 153. 178». 207. 286.

288. 313. 329 f. C. Centenius 117 f. Centurien des Heeres 65 f.

87; Stimmkörper 45. 65.

153: Centuriatkomitien

45. 84. 177'. 200. Ceres, Göttin 39. C. Cestius Gallus 323. Cevennen 240. Ceylon 365. Chaironeia, Schi. 202. Chalkis auf Euboea 131. 133.

135 f. 143. 202; Chalkidier

in Sizilien und Italien

20 f. 23. 39. 47. Chalons s.M. (Catalauni) 378.

Chatten 295 f. 298. 306 f. 319 f.

327. 331. 340. 347. 357. Chauken 298. 306. 319. 37P. Chersonesos in Thrake 131.

139.

St. auf der Krim 197. 223. 321. 359.

Cherusker 296. 298. 306 f. 319. 331.

China 365. 406'.

Chios 88. 131. 137. 197.

Chlodwig, König der Fran- ken 425. 427 f.

Chosroes I 431.

Christen 316. 332. 369. 391 ff. : Christentum im Staat 398 f. 405. 410. 434; Ver- folgung unter Decius 372 : unter Diokletian 391 ff. ; beendet 394. 397: unter Julian 403 f.: christliche Literatur 383f. ; Glaubens- streitigkeiten und kirch- liche Händel 407 f. 410. 412. 419. 428. 433.

Chronicon Paschale 281. 383.

Chronograph von 354 n. Chr. 282.

Chronographien 158. 281 f.

Chronologie, römische 9 f. 30. 90 fi-.

Chrvsopolis, Schi. 397.

Cibalae, Schi. 396.

Cicero s. Tullius.

Cidamus in Afrika 365.

C. Cilnius Maecenas 302^; s. Maecenas.

Cimbern s. Kimbern.

L. Cincius Alimentus, Hist. 151. 97.

Cingetorix, Gallier 238.

Circei (Circeji) 27. 49.

Circumcellionen 398*.

Circus Flaminius 152; Ma- ximus 31.

Cirta in Numidien 127. 163. 181. 395; Constantina ge- nannt 395*.

t'ives sine suffragio 51 .82. 1Ö2.

Clason 3.

Classicus, Gallier 327.

classis beim Census 65.

Clastidium, Ort 111. > Claudianus, Dichter 384. 411'. 413'.

Claudier, Geschlecht {gens Claudia) 43. 44.

Ap. Claudius, Decemvir60'.

Zensor 310 v. Chr. 672. 79. 84 f.

COS. 264 V. Chr. 103.

Schwiegervater des Ti. I Gracchus 172.

1 Ti. Claudius Bi*itannicus I 314 f.

442

Alphabetisches Register.

NeroClaudiusCaesar,Kaiser

293''. 314—317. 320. 321 f.

360. 361 f. Nero Claudius Drusus, Stief- sohn des Augustus 293.

295 f. 303. Ti. Claudius Germanicus,

Kaiser 312—314. 319. 320.

321. 323. 354. 356. 358. 360.

363. Claudius Gothicus (M. Auro-

lius Claudius) Kai.ser 376.

387». Claudius Claudianus s. Clau-

dianus. C. Claudius Marcellus. cos.

50 V. Chr. 243 f.

cos. 49 V. Chr. 244.

G. der Octavia 3031 M. Claudius Marcellus, cos.

222v. Chr. 111. 119 ff.: fällt 124.

cos 152 V. Chr. 159.

cos. 51 V. Chr. 242*- K

S. der Octavia 303.

Ti. Claudius Marinus Paca- tianus, Gegenkaiser 372.

C. Claudius Nero, cos. 207 v.Chr. 124 f.

Ti. Claudius Nero, G. der Livia 2655. 303.

S. des vorigen 265^. 277. 2861 293—296. 298 f. 301. 303 f.; Kaiser 304 ff. 317. 319. 320 f. 368.

Ti. Claudius Pompeianus

342. Ap. Claudius Pulcher, cos.

143 v. Chr. 179.

cos. 79 V. Chr. 215.

Q. Claudius Quadrigarius,

Hist. 16. M. Claudius Tacitus. Kaiser

378. Claudius Uuimaniinus 159^. Cleander, Präfekt 342. Clemens von Alexandrien

392. Clodia, G. Oktavians 266.

303. P. Clodius, cos. 250 v. Chr.

105 f.

Demagog 220^. 230 f. 239. 253. 303'.

D. Clodius Albinus 344 f. 356. T. Clodius Eprius Marcellus

3301.

L. Clodius Macer, Legat in Afrika 324.

C. Clodius Pulcher. Pr. 73 V. Chr. 211.

M. Clodius Pupienus Maxi- mus, Kaiser 370.

P. Clodius Thrasea Paetus 317.

Clota (Clyde) in Britannien 331. 338.

Clüver 1.

Clupea (Aspis), St. 104.

Clusium, St. 24>; Rom be- befreundet 51. 74. 111; angeblich Camars 73^.

Clusius, Fl. 111.

Cluvius Rufus, Hist. 277. 278"-.

L. Cocceius Nerva 266.

M. Cocceius Nerva. Kaiser 332 f. 339.

codex Justiviauus 384 f. 429.

Theodosianus 384. Cölesyrien 130. 134. 147. 222. L. Coelius Antipater, Hist.

16. 99 f. cognomina, römische 43^. 47^. Colchesters.Camulodunum. Collinisches Tor, Schi. 205. Colonia Agrippina s. Köln. comitatenses, Truppen 398^. co»2/^m(Volksversammlung)

45. 66. 84. 153. 200. 206;

abgeschafft 305. 311. Commodus (M. Aurelius

Commodus Antoninus),

Kaiser 342 f. 345. 345-. 392. Concordiatempel 177. conscriptt, Senatoren 67. 86. Consentia, St. 266. Constans I, Kaiser 400 f. 405 ^

Caesar, S. des Constan- tinus III 413.

Constantia, G. des Licinius

396. Constantina , St. 395'': s.

Cirta. Constantinus I d. Gr. (Fla-

vius Constantinus) 393

bis 400. 434.

II (Flavius Claudius Con- stantinus) 396. 400 f.

III (FlaviusClaudius Con- stantinus) in Gallien 413. 415.

Constantius Chlorus (M. [C] Flavius Valerius Constan- . tius) . Kaiser 386 f. 393. 395.

Constantius II 400—403.408.

Constantius III 415 f.

co>istifufio Antoniniana 347'^. 366 f.

Contrebia, St. 210».

conuhium zwischen Patri- ziern und Plebejern 44. 63.

Copia (Thurii), Kol. 130.

Corduba 254. 433.

Corfinium 192. 194. 245.

Corippus, Dichter 384. 430'. 430'.

Cornelia, Mutter der Grac- chen 172. 174.

Cornelier, Freigelassene Sullas 207.

C. Cornelius, Volkstribun 224^

L. Cornelius Baibus 3023.

C. Cornelius Cethegus, An- hänger Catilinas 226.

P. Cornelius Cethegus, cos. 181 V. Chr. 150.

Optimat 212.

L. Cornelius Cinna 200 f.

204. 224. A. Cornelius (Cossus), cos.

428 V. Chr. 48. P. Cornelius Dolabolla, Cae-

sarianer 247. 251. 257 f. 262.

Procos. in Afrika 323. M. Cornelius Fronto 279. Cornelius Fuscus 331. C.Cornelius Gallus 274. 302. Cn. Cornelius Lentulus, cos.

72 v.Chr. 211. Cossus Cornelius Lentulus

302. L. Cornelius Lentulus, cos.

49 V. Chr. 244. Cn. Cornelius Lentulus Gae-

tulicus, unter Caligula

hingerichtet 312. P. Cornelius Lentulus Sura

226. L. Cornelius Merula 201. Cornelius Nepos, Hist. 16.

93. 99. A. Cornelius Palma 335. 336^. P. Cornelius (Rufinus), cos.

277 V. Chr. 801 Cn. Cornelius Scipio, cos.

222 V. Chr. 112. 162''; in

Spanien 117. 123. L. Cornelius Scipio (Asia-

ticus), COS. 19Ö V. Chr. 137.

COS. 83 v.Chr. 204 f. 214 f. L. Cornelius Scipio Barbatus

73.

P. Cornelius Scipio. cos. 218 v.Chr. 114. 116 f.' 123. 125.

P. Cornelius Scipio Aemi- lianus 15. 159; vor Kar- thago 163 f.; vor Numantia 161;166. 169. 171.172. 174. 191. 196. 2896.

P. Cornelius Scipio Atriea- nus 123 f. ; in Afrika 127 ff. : gegen Antiochos 137 f. ; 151. 151'. 154. 156.

P. Cornelius Scipio Nasica 162. 173.

L. Cornelius Sisenna, Hist. 157.

L. Cornelius Sulla 183. 192. 194. 198. 200 f.; Krieg gegen Mithridates 201 ff'.; Dik- tator 205 ff. 215 : Memoiren 157 ; 207 f.

Alphabetisches Register.

448

P. Cornelius Sulla 225. Cornelius Tacitus, Hist.

277 f. 280. 310.339. 378^. Q. Cornificius 249. 263. L. Cornificius 269. Cornwallis 318. cort-ecfores s. Korrektoren. Cortona 24 >. 70^ Cosa, Kol. 1302. 208. C. Cosconius 215. Cossura 205. Cottius 293. 2933. Cremera, Fl. 48. Cremona, Kol. 112. 117. 148.

179. 353; Schi. 326. Cremutius Cordus277. SOö^. Crispina, G. des Commodus

342. Crispus (Flavius Julius Cris-

pus), Caesar 396 f. 400, Crustumerium, St. 38. 45*. Crustumina (Clustumina),

Tribus 45-'. Cularo (Grenoble) 377*. Cuniae 268; vgl. Kyme. Cupra, St. 23. M'. Curius (Dentatus) 73.

80. 84. Cyprianus, Bischof 392-. Cyrenaica s. Kyrene.

D.

Daesitiaten, Illyrier 297, Daker (oder Geten), Dakien

215. 233. 255. 271. 274.

293 f. 297. 326. 331 ; unter- worfen 333 f. ; Prov. 334.

336.341.342.348.359.369:

geräumt 373 f. 376. 420;

Dada ripnaria 407. Dalmater (Delmater) 109.

149. 179. 242. 250. 271.

297 f. : Dalmatia Prov. 360.

422 f. 431. Damaskos 223. Damastes, Hist. 29. 67'. Damasus, röm. Bischof 401'. Damokritos Achäer 166. Damojjhilos von Henna 170. Daphne, St. 309, Dardaner, Illvrier 126. 132.

142, 187. 203. 214. 230». Dardanos, St., Friede 203.

216. Dasteira, St. 221. Daunier 22. Decebalus 331. 333 f. decemviri sacris fac. 84'^, 90, Decemvirn, Gesetzgeber 60

bis 63. 95. Decentius, Caesar 401. Decidius Saxa 264. 266. Decius, Kampaner 57'. 78. Decius (C. Messius Traianus

Decius); Kaiser 372. 392.

P. Decius Mus, cos. 340 v.Chr. 56*. 736.

COS. 295 V. Chr. Zensor, 73«. 85'-. 153'.

COS. 279 V. Chr. 73^, 78. Deiotarus 224. Dekaineos, Gete 215. Dekieten, Ligurer 180. Dekumatenland 328. 358, Delatoren 329.

Delion, Ort 136.

Delmatius, Caesar 400.

Delos. athenisch 145 f. : Han- delsplatz 170. 188. 191. 199. 220',

Delphi, Orakel 90. 143. 203. 214. 337.

Demaratos, Korinther 31 f,

Demetrias, St. 133 f. 136 f. 141. 144.

Demetrios Poliorketes 88 f.

Vater Philipps V 109.

S. Philipps 133. 142.

von Pharos 109 f. 114.

I von Syrien 147. 165.

II von Syrien 195. Demokratie in Rom 58 f. 83.

85 f. 153 ff. 171. 175. 188. 212. 224.

Denarius, Münze 90.

Dertona, St. 179.

desertores 343.

Dexippos, Hist.280f. 375.381.

DE Sanctis 6,

Diadumenianus,Caesar348f,

Diaios, Achäer 166 flf,

Diana, Göttin in Rom 38. 40.

Dianium (Artemision) in Spanien 209. 210'.

dicfafor Lafinus 38.

C. Didius 254.

T. Didius 187.

M. Didius Severus Julianus, Kaiser 343 f.

Dienstpflicht 65.

Dikaiarcheia (Puteoli) 25: Kol. 130. 155.

Diktator, Diktatur 44 f. ; Sul- las 206. 239 f. ; Caesars 253 ; abgeschafft 258. 283: Dik- tatorenjahre 95.

Dimallos, St. 114. 126.

Dio Cassius s. Cassius Dio.

Dio von Prusa (Chrvsosto- mos) 279*.

Diocletianus(C.[M.]Valerius Aurelius Diocletianus), Kaiser 380. 385 ff.; Yer- fassung388ff.: verfolgt die Christen 391 ff, ; dankt ab 393; 394. 396. 404.

Diodoros. Hist. 15. 67 f. 99. 158; Chronologie 92 ff.

Diodotos Tryphon 196.

Diözesen (Bezirke) 388«.

Diogenes, Athener 165.

Diokles, .später Diocletianus 385'.

Dion, Syrakusior 26.

Dionysios, Tvrann von Si- zilien 24, 26. 51. 52^ 66.

S. des vorigen 26. 52-. 55'.

vonHalikarnaß, Hist. 15. 17, 23, 30, 92 ff-. 96. 287.

Perieget 406'. Diophanes von Mytilene 172. Diophantos, Feldherr Mi-

thridats 197. Dioskurias, St. 222 f. Divitiacus 232 f. Dniepr, Fl. 406^. Dobrudscha 359'. Dodona 188. Dörenschlucht 298'. Doloper 141 f. Domburg 357«. Dominat 385. Domitia lex 188: via 180. Domitia, G. Domitians 332. Domitianus, Kaiser 329. 330

bis 332. 333. 352. 357. 357*.

360. 362. 365. 368. 392'.

Gegenkaiser 388^ Domitilla (Flavia Domitilla)

332. Cn. Domitius 138. Cn. Domitius Ahenobarbus

COS. 122 V. Chr. 180.

Marianer 205.

Antonianer 264 f. 273.

Vater Neros 314'.

L. Domitius Ahenobarbus, cos. 54 V. Chr. 235. 244«. 245 245^.

COS. 16 V. Chr. 296. 306. 314'.

der spätere Kaiser Nero s. Nero.

L. Domitius Alexander, Kai- ser in Afrika 395.

L.DomitiusAurelianus, Kai- ser 376—378.

Cn. Domitius Calvinus, Cae- sarianer 250.

M. Domitius Calvinus 208 f.

Cn. Domitius Corbulo 277. 319. 321 f. 332«.

L. Domitius Domitianus, Gegenkaiser 388^.

Domitius ülpianus 350.

doitius aurea Neros 316.

Donatisten 398 f. 403. 405.

Donatus. Bischof 398 f.

Donau 2i5. 293; Brücke 334. 397; Grenze 293 f. 333 f. 336.341. 347. 360. 396 f.

Dorier auf Sizilien 21. 40.

Dorvlaos. Feldherr Mithri- dats 202.

Dover in England 238.

444

Alphabetisches Register.

Dravus (Drau) 294.358..

Dreißig Tyrannen in Athen 62"; sog. Dreißig Tyran- nen (Gegenkaiser) 373'.

Drepana auf Sizilien 105 ff. 108.

Drucntia, Fl. s. Durance.

Druiden 368^

DuUMANN 3 f.

Drusilla. T. des Germanicus

312. Drusus (Nero Claudius Dru-

sus), Stiefsohn des Augus-

tus293.295f. 299.306 310;

Drususkanal 295. Drusus Caesar, S. des Tibe-

rius SOe-''. 308 f. - S. des Germanicus 309. C. Duilius 104. Dumnorix, Gallier 238. diioviri navales 72. Durance, Fl. 115 f. Duris, Hist. 68. 73. Durocortoruni 239. 356.

DUKUY 5. dux orienfis 375. dux, Amt 389. Dyarchie 287. 352. Dyme, St. 126. 221. Dyrrhachion (Epidamnos) 110. 165. 247. 2622. 286.

E.

Ebro 112 f. 115. 209. 210:

Sclil. 122 f. Eburacum, St. 346. 393. Eburonen 238 f. Ebusos, Insel 101. Ecdicius 424 f. Eclectus 342.

Edeko, Vater Odoakars 423'. Eder, Fl 306. Edessa in Mesopotamien 348.

373. edictum de pretiis Diokletians

390 f. Egeria, Gottheit 31. Egnatische Straße {vin Eg-

natia) 165. M. Egnatius Rufus 304. Eid (Treueid) 273. 284*. 302*. Eigennamen, röm. 43. Eknomos, Ort, Sohl. 104. Elagabal, Gott, Beiname des

Kaisers M. Aurelius An-

toninus 349. Elbe, Fl. 296 f. Elea (Hyele, Velia), St. 21.

26. 40. 75. 81. 119. Eleazar, Hoherpriester 337. Elefanten im Krieg 77. 104.

138. Elis, Eleer in Hellas 126.

136. 137. Elpeios, Fl. 144.

Elymer auf Sizilien 21. Emesa, St. 349. 375 ; Schi. 377. Emporien in Afrika 161. 164. Ems, Fl. 295 f. 306. Q. Enniu.s, Dichter 79'. 156. Ennodius, Redner 384. Enzyklopädien 11. Eparchius Avitus, Kaiser

421. Ephesos, St. 134. 136. 138. 139.

202. 273.363.375: Svnode

419. Ephoros, Hist. 19. Epidamnos s. Dyrrhachion. Epidauros. St. 203. L. Epidius Achilleus 3882. Epidius MaruUus 256'. Epipolae bei Syrakus 121. Epirus 109 f. 144. 165. 361.

407. 412. Eporedia 189^ Eprius Marcellus, Redner

3301. Eratosthenes 29*. 89. 360^. Erbschaftssteuer 289. 297*. Eretria auf Euboea 132. Eryx auf SiziHenlOSf. 108. C. Esuvius Tetricus, Kaiser

377 f. Etrusker (Tyrrhener) 20. 22

bis 25. 27. 30. 31. 32. 41.

89 ; Verhältnis zu Rom 32.

36. 40 f. 46 f.; Kriege mit

Rom 48. 50. b2\ 53 f. 70 f.

73 75; unterworfen 74 f.

190. 193; Untergang 206;

Etrurien 35. 192. 205. 208.

226 f. Euagrios, Hist. 384. Euandros 30.

Euboea, Euböer 136. 166. 202. Eucherius 414. Eudokia, T.ValentiniansIII

422. 428. Eudoxia,G.desArcadius412. T. des Theodosius II 416^.

418. 421 f. Eugenius, Kaiser 408 f. 41P.

412. Eugippius, Hist. 384. Eumenes II, Pergamener

135 f. 138 f. 140 ff. 143 f.

146. 167 f. 197. Eumenius, Redner 384. Eunapios, Hist. 280. 381. Eunus oder Antiochos, Skla- venführer auf Sizilien

170 f. Euphrat 195 f. 340. 344;

Grenze 222. 236. 404. Eurich, Westgothe 424. 427. Eurykles (C. Julius Eury-

kles), Spartaner 361. Eusebios von Caesarea, Hist.

158. 281. 382. 383.

Eusebios von Nikomedien

399. Eustalhios von Epiphaneia,

Hist. 381. Eutharich, Cstgothe 429. Entropia 401'. Eutroj.iu.s, Hist. 17. 280.382. Hofcunuche 412. Eutyche.s, Eutychianer 419. Eutychianus 349. Exuperantius (.Julius Exu-

perantius), Hist. 157'.

F.

Fabier, Geschlecht 43; an

der Cremera 48. Q. Fabius Maximus, Legat

Cae.sars 254. Q. Fabius Maximus Aemi-

lianus, cos. 145 v. Chr. 159.

159«. Q. Fabius Maximus Allo-

brogicus 180. Q. Fabius Maximus (Cunc-

tator) 692. ng. 124. Q. Fabius Maximus (Rullia-

nus), cos. 310 V. Chr. 69^.

70 f. ; Zensor 85^. 153^ Q. Fabius Maximus Servi-

lianus 159 f. 159«. Q. Fabius Pictor, Hist. 15.

68. 96. 99. Fabius Rusticus, Hist. 277. Fabius Valens 325 f. Fabrateria, Kol. 174. C. Fabricius 76. 78. 81-. 84. Faenius Rufus 317. Faesulae, St. 24 1. 117. 226 f.;

Schi. 413. Falerii (Falisker), St. 21 2. 27.

49. 54; zerstört 107. Falerna, Tribus 72. Falernisches Feld {ager Fa-

lernus) 118. Falisker s. Falerii. Familienchroniken 13. C. Fannius, Hist., cos. 122

V. Chr. 157. 177. Fannius Caepio 304. Faraxen 375. fasti, Kalender 85 : fasti Capi-

foliiii 1. 12. 305. 95 f. 2H6;

fnumphales 12 f. 100. 107».

286. Fausta, G. des Konstantin I

394. 400. Faustina, Kaiserin 341. Faventia 204. Fectio, Ort 357«. Felix II. Bischof von Rom

401 ^ Felsina 23. Fenestella, Hist. 17. feriae Latinae 56. Festi, Ort 37.

Alphabetisches Register.

445

Festus, Grammatiker 17.

Rufius, Hist. 280. Ficoronische Cista 90'. Fidenae, St. 48 f. Fimbria s. Flavius. Firmum, Kol. 82. Firmus, Maure 405. 412. Fiskus 288 f. Flaminische Straße {vi'aFla-

minia) 149. 285. C. Flaminius, cos. 217 v. Chr. llOf. 117f. 118\ 149. 149^ 152'. 153'^.

cos'. 187 V. Chr. 149^. Fla via Domitilla 332. 392 1. Flavianus, Bischof 419. Flavier. Kaiserhaus 325 tf.

351 f. 357. 358 f. 360. Cn. Flavius, Adil 85. L. Flavius, Tribun 228. Flavius Aetius 416 f. Flavius Arcadius, Kaiser

411 f. Flavius Arrianus, Hist. 279.

366. Flavius Claudius Constan-

tinus II 396. 400 f.

III 413. 415.

Flavius Claudius Constan- tius, Caesar = Gallus 402.

Flavius Claudius Julianus, Kaiser 380 f. 382 2. 402— 404. 4042. 405^

Flavius Clemens 332. 392'.

Flavius Delmatius 400.

C. Flavius Fimbria 202 f. 220.

Flavius Honorius, Kaiser 411—416.

Flavius Josephus. Hist. 158. 277.

Flavius Julius Crispus, Cae- sar 396 f. 400.

Flavius Sabinus,Vespasians Vater 329^.

Vespasians Bruder 326.

S. des vorigen 332.

T. Flavius Sulpicianus 343«. Flavius Valens, Kaiser 404

—406. Flavius Valentinianus, Kai- ser 404 f. M. (C.) Flavius Valerius Con-

stantius (Chlorus), Kaiser

386 f. 393. 395. Flavius Valerius Severus,

Caesar 393. T. Flavius Vespasianus 323;

Kaiser 325—330. 354. 357.

361 f. 364; Memoiren 277. Flavius Vopiscus, Biograph

280S. Flavus, Cherusker 319^. Florianus (M. Annius Flo-

rianus), Kaiser 378 f. Florus, Hist. 17.

Flotte, römische 72. 104, 290.

326. 363. Föderierte, Italiker 82 f.;

fremde Hilfstruppen 407.

411^. 420. foedns Brundisinum 266. Formiae, St. 57. 152'. Forum Caesars 254 ; des Au-

gustus 285. 286; Traians

335. Forum Gallorum, Ort 259. Forum Julii (in Gallien) 290. fossa Mariana 185. fossa Quirülum 31. Franken 371; Feinde Roms

373 f. 379.3793. 386 f. 394 f.

397; nach Konstantin 401f.

408.417.420.425; salische

402; seit Chlodwig 427 f.

431 f. Frankfurt 357 f. fratres Arvales 286. Fregellae, St. 55. 57. 69 f.;

zerstört 174. Freigelassene in Rom 85.

153. 193. 200. 297. 367»;

im kaiserl. Dienst 290. 314.

325. 352. Freinsheim 1. Frentaner 26. 71. Friaul 433.

Friedberg, St. 296=. 357^ Friedrich, Rugier 426'. Friesen, Germanen 295. 298.

306. 319. 327. Frigidus, Fl., Schi. 409. Fritigern, Gothe 407. Frusino, St. 27. Fucinersee 27. 254. 314. Fürstenberg bei Birten [Ca-

sfra Veiera) 295'. Cn. Fuficius Fango. 266. Fufidius, Pr. 208. Q. Fufius Calenus 250. 259.

265.

S. des vor. 265. Fulvia 265 f. 303'.

Cn. Fulvius, cos. 229 v. Chr. 109.

COS. 211 v.Chr. 124.

C. Fulvius Flaccus, cos. 134 V. Chr. 170.

M. Fulvius Flaccus. Grac- chaner 174, 176. 180. 191.

Fulvius Macrianus, Gegen- kaiser 374.

M. Fulvius Nobilior 139, 156,

Q, Fulvius Nobilior 159,

C. Fulvius Plautianus, Prä- torianerpräfekt 346.

Fulvius Quietus, Gegen- käiser 374,

Fundi, St, 57. 152',

Furia Sabinia Tranquillina, Kaiserin 370,

M, Furius Camillus 49. 53.

64. 66 -^ L. Furius Camillus 55'. Furius Camillus Soribonia-

nus 313: dessen S. 313». C. Furius Timesitheus 370. C. Furnius 271.

G.

Gabii, St., zerstört 57'.

Q. Gabinius 171.

A. Gabinius 221. 229. 236. 247. 249.

Gades (Gadeira) wird rö- misch 125. 150. 354 f.

Gäsaten 110 f. 11 1^

Gätuler 182. 302. 366.

Gaia, Vater Masinissas 127^.

Gainas, Gothe 411 f.

Gaius Caesar (Caligula) 31 If. 313. 321. 362. 365.

Gala s. Gaia.

Galater, Galatien (in Asien I 138 f. 141. 146. 197 f. 202 f. 217 f. 223. 250. 272; Prov. 300. 362. 362'. 375.

C. GaleriusValerius Maximi- anus, Kaiser 386 ff. 39-3 f.

Galerius Valerius Maximi- nus Daia,Kaiser 393 ff. 396.

Galiläa 323.

Gallien. Prov., cisalpinisches 208. 229. 242. 243. 257. 258. 259. 264; transalpinisches 231 ff. 241 f. 243. 257. 261. 264 f. 267 ; narbonensi- sches209. 264. 294 f. 355; unterCaesar237ff. : unter den Kaisern 294 f. 307 f. 312. 313. 318. 325. 327. 341. 343. 345. 355 f. 379 f. 386. 402. 405. 406 ff. 412 f. 417. 420 f. 424 f.; fränkisch 427 f. 4.33; Diözese 388«; Imperium Galliarum 327 : gallische Kaiser 374. 377 f. 413. 415.

Gallienus (P. Licinius Egna- tiusGallienus), Kaiser 373 —376, 379, 392.

Gallier (Kelten), Wohnsitz 50; in Italien 50; nehmen Rom 51 f. 93 f. : Kriege 54 f. 110 ff. 115. 119; unter- worfen 148 f, 192; an der Donau (Donaukelten) 142. 144. 179. 199. 214. 223; transalpinische Kelten 180 f.

Gallus (Flavius Claudius Constantius), Caesar 402.

Gallus Volusianus, Kaiser 372 f.

Ganymedes, Alexandriner 249.

446

Alphabetisches Register.

Garama 3ß5.

Garamanton 302. 365.

Garganus, Berg, Schi. 211.

Gauda, ^fumido^ 183.

Gaurus, Berg, Schi. 56.

Geilamir (Gelimer),Vandale 418>. 430.

Geiserich, Vandale 417 f. 420 ff. 424. 428: nimmt Rom 421. 434; zurNameiis- form 417'.

Gela, St. 21.

Geld, römisches 46. 89 f.

A. Gollius 18.

Cn. Gellius, Hist. 16.

L. Gellius. COS. 72 v. Chr. 211.

Gemeindeland s. ager piibli- cus.

Genomanen = Cenomanen 50.

f/entes s. Geschlechter.

Genthios, Illyrier 144 f.

Genua, Genuaten (Ligurer) 179. 179^

L. Genucius 65.

Georgios Synkellos, Hist. 281 f. 383.

Gepiden 419 f. 426 f.

Gergovia, St. 241.

Gerichte 173'-. 206; Gerichts- verfassung 253.

Germanen 11 1^ 211. 232. 234. 237.241; Kriege mit Rom 295 ff. 298 f. 305 ff. 307 f. 312. 319 f 331 f 333. 337. 347. 351. 360. 369. 371. 401. 420; angesiedelt 341; im Reichsdienst 397 f 420. 434; Ostgermanen 360.371.

Germanicus Caesar, S. des Drusus 298 f 304 f. 306 f; im Orient 307 ff. 311. 314. 321. 356. 36P. 364'.

Germanion, Prov. 308. 356 flf.

Germanos, Feldherr 432.

Gerontius, Feldherr 413. 415.

Gerunium, St. 118.

Geryoneus .30.

Gesalich, Westgothe 428.

Geschlechter (gentes) in Rom 43.

Gesetze, aufgezeichnet 14.

Gessius Florus 323.

Gessoriacum(Bononia) 386 f.

Geta, Kaiser 346. 348.

Geten s. Daker.

Getreidegesetze 175.189.190. 208. 228; Getreideversor- gung Roms 253. 258. 270. 285.

Gewerbe in Rom 46.

Gibbon 1 f.

Gildas, Hist. 383.

Gildo, Maure 405'. 412 f.

Gindaros, Schi. 268.

Gladiatorenspiele 41; Gla- diatorenaufstand 211.

Glaubensstreitigkeiten s. Christen.

Glycerius, Kaiser 423.

Goldwäschereien der Sa- lasser 179: in den Alpen 1791.

Gordianus (M.AntoniusGor- dianus) I und II 369.

III 370 f. 371. Gordyone 219.

Gothen 370 f.; Einfalle ins Reich 370—375. 397 ; unter Valens 406; Schrift 434; Westgothen 406^; ange- siedelt 406. 411; in Aqui- tanien 415; in Spanien 421. 424; in Gallien 422. 424; mit Theoderich 426. 427. 429; Ostgothen 406. 406'-. 419; in Pannonien 420. 423. 425; in Italien 426 flf.

Gothland, Insel 360^.

Gottesdienste(Götter),frem- de in Rom 155. 368.

Graecostasis in Rom 39.

Granius Licinianus, Hist. 158.

Gratianus, Vater Valenti- nians I 404^.

Kaiser 405—407. 409.

in Britannien 413. Graupius, Berg 331. Gregorios von Nazianz 384. Gregorius von Tours 383. Grenzwall Hadrians 337.346.

356; des Antoninus 338.

Greuthungen, Ostgothen 406 f. 412.

Griechen (Hellenen) in Ita- lien 20f: Einflufsauf Rom 39 f 90. 155 f ; Griechische Flotte bei Latium 55; freie Hellenen 88; Sprache verbreitet 368.

Griechenland (Hellas), be- freit 133. 142 f 145. 165; im mithrid. Krieg 201 ff. ; 250. 274. 282. 299 ; Freiheit unter Nero 316; wieder aufgehoben 329; unter Domitian 330; unter Ha- drian 337; Zustand 361 f. ; verheert 375. 407. 412; vgl. Achaia.

Groebe 4.

Große Felder, Schi, in Afrika 127.

Groß-Krotzenburg 357.

Groß-Leptis 164.

Gründung Roms 28 flf. 89; Gründungsjahr 29*. 92 f. 95 ff.

Gundobad, Neflfe Ricimers 428.

Burgunder 427. Guntamund, Vandale 418'. Gytheion, St. 203*.

H.

Habrupolis s. Abrupolis.

Hadria, Kol. 74.

Hadrianus (P. Aelius Hadri- anus), Kaiser 278^ 336— 338. 339. 352. 354. 356.358«. 359.361. 365. 366 f; Grab- mal 339'; Villa .338^• Ha- drianswall .337. 346. 356.

Hadrumetum 128. 252.

Haliartos 143. 145.

Haltern a. d. Lippe 296». 357 1.

Halvkos, Fl. 101.

Halys, Fl. 216.

Hameln 307'.

Hamilkar, Punier 149'.

Hamilkar Barkas 106 f. 108; in Sj^anien 112 f. 114^.

Handel Roms 46. 89. 155. 301. 357. 359 f 364 f; Handels- verträge mit Karthago 102.

Hannibal, karthag. Admiral 104.

S.Hamilkars 113f ; Alpen- übergang 115 f. ; in Italien 117 flf. ; Räumung Italiens 128; aus Karthago ver- drängt 136'. 161; in der Verbannung 135 f ; 138. 141.

Hannibalianus, Caesar 400. Hannon, Karthager 106. 108. 1143.

auf Sizilien 121. Hasdrubal, Feldherr auf Si- zilien 105.

in Spanien 112 f 114^

(Hannibals Bruder j 115. 123. 124 f

in Afrika 127.

im 3. pun.Krieg 162—164. Hasmonäer 147 f. 268. Hatra, St. in Mesopotamien

335. 345.

Hauschroniken 13.

Heddernheim 358.

Heerwesen in Rom 40. 65 f. 87. 110 f 129. 185. 213: initer den Kaisern 289 f. 337. 345 f.; Reform des Gallienus375"; unter Dio- kletian 390: unter Kon- stantin 398; Spätzeit 410. 420.

Heidentvim, unterdrückt 407. 430.

Heiliger Berg 59*.

HeirkteaufSizilienl06.1062.

Alphabetisches Register,

u:

Hekatompylosin Afrika 106.

Helbig, W. 27.

Helena. Mutter Konstantins

393^ 399. Helenos, S. des Pvrrhos 77.

80. Helike in Spanien 112^ Heliopoliten, Sklaven in

Asien 168. Hellanikos, Hist. 22. 29. 673. Hellas,HeIlenen s. Griechen,

Griechenland. Helvetier. Gallier 183 f. 186.

215*. 232—234. Helvidius Priscus der ältere

329.

der jüngere 332. 332^. P. Helvius Pertiuax, Kaiser

343. 3533. Helvius Pertinax. S. des vor.

3435. Henna. St. auf Sizilien 170 f.

186. Hera Lakinia, Göttin 128. Heraclianus 414 f. Heräa. St. im Peloponnes

134. Herakleia in Italien 81. 122.

am Oeta 136. 166.

amPoutos88.218f.; Kol. 253. 375.

in Thrake 396. Herakleides Pontikos 51. 89. Herakles s. Herkules. Herculaueum, Ort 330. Herculius, Beiname des

Maximianus 387.

Herdonea in Apulien 124.

Ap. Herdonius, Sabiuer 63*.

P. HerenniusDexippus 375: Hist. 280 f. 381.

Q. Herennius Etruscus De- cius 372.

Herennius Modestinus 350.

Herennius Senecio 332.

Herkules i Herakles) inEom 30. 36. 39. 40'. 43; Com- modus als römischer Her- kules 342.

Herminaf rid,Thürin!i'er 428. 429.

Hermodoros vonEphesos 62.

Hermunduren 296. 308. 320. 341.

Herniker,Volk 27; mit Rom verbündet 39; unterwor- fen 71.

Herodes I von Judäa 268. 300. 322 f.

Herodes Agrippa, Vater und Sohn 323. 362.

Herodes Atticus 340.

Herodianos, Hist. 280.

Herodotos, Hist. 22. 50.

Heruler 375. 423.

Hesvchios von Milet. Hist.

381. Hiarbas 205. Hiempsal, Numider. S. des

Micipsa 181.

König 205.

Hieron I von Syrakus 24. Hieron II 81 ^ 102 f. 106 f.

115. 120. Hieronymos, Tyrann von

Syrakus 120.

von Kardia, Hist. 68. Hieronymus, Chronist 281.

382. 384. Hilderich, Vandale 418'.

428 ff. Himera, St. 21. Himerios, Redner 403^. Himilko Phameas 163. Hinterindien 365. Hippo in Afrika 164. Hippokrates, OffizierHanni-

bals 120 f.' Hipponion (Vibo) 130. Hippuakra, St. 163. Hirpiner 194. A. Hirtius, Hist. 157. 23r-.

259 f. L. Hirtuleius 209 f. Hispaniae s. Spanien: Diö- zese 388«. Hfstaria Aiu/usta 280 f. 373'. Historische Poesien in Rom

14. Hludana, Göttin 357^. Hörige (Klienten) 42 f. 44. Hofheim 296^ Homerisches Epos u. Italien

20. Honoria 419 f. Honorius (Flavius Houo-

rius). Kaiser 411 416. Horatius, Dicliter 286. M. Horatius, cos. 509 v. Chr.

323

COS. 449 V. Chr. 61. Hordeonius Flaccus 327. Hormisdas, röm. Bischof 428. L.Hortensius, Pr. 170 v.Chr.

144. Q. Hortensius, Diktator 84.

Redner 157. 225.

S. des vorigen 262. Hosidius Geta 323. Hostilianus, Kaiser 372. A. Hostilius 144. TullusHostilius. König 30 f.

36. 43. C. Hostilius Mancinus vor

Numantia 160. 172. Humber. Fl. 318. Hunerich, Vandale 418 '. 422.

428. Hunnen 406. 411 f. 417 f.

419 f.

Hydatius(Idacius), Chronist

382 f. Hyele s. Elea. Hypathios, Gegenkaiser 430. Hypatia 419. Hyrkauer, Volk 322. Hyrkanos, Hoherpriester I

1961.

II 222 f. 250. 268. Hyrodes s. Orodes.

I. J.

Jader, St. 361.

.Janiculus bei Rom 31. 84.

Japoder (.Japuden) in Illv-

rien 179. 271. lapvger. lapvgia 22. 25. 26:

Herkunft 27. Jazvgen ( Sarmaten) 320. 331.

340 f. 388. Iberer s. Spanien.

im Kaukasos 222. 268. 301.321.328.334.363.406.

Icener, Briten 318.

Icilia lex 60. 86^

leilius. Volkstribun 60.

Idacius (Hydatius) 382 f.

Idistaviso, Schi. 307.

Jerusalem 148. 323; ei'obert 223. 268. 327 f.: wird Aelia Capitolina 337.

Iglitza = Trösmis in Mösien 359.

Ihxe 5.

Ilerda. St. 246.

IHci(Helike) inSpanien 112*.

IHon 202. 256.

Ilipa in Spanien, Schi. 125.

Illus, Isaurer 423. 425.

Illyrien. Illvrier 109 f. 113 f. 121 f. 126. 132. 142. 144: unterworfen 145. 165. 174. 179. 187; Provinz Caesars 229. 234. 238. 242. 247. 249 f. 262. 271: kaiserlich 355. 360 f. 401. 416; vgl. Dalmatia.

imagiuum tituli 14.

Imbros 145.

hnpcfinm 45.

impcriiim Gallianim 327.

Inder. Indien 272. 301. 335, 364 f. : Indoskvthen 271 f. 301.

Indutiomai'us, Gallier 238.

Ingauner, Ligurer 150.

Ingenuus, Gegenkaiser 374.

Inschriften 7 f.; älteste la- teinische 14'.

Insignien der Magistrate 41.

Insubrer 50. 50^ llOff. 115. 149.

Interamna am Liris. KoL 70. 72. 373.

Johannes. Kaiser 416.

448

Alphabetisches Register.

Johannes Antiochenus 280. 382.

Johannes Chrysostomos 384. 412.

Johannes vonEphesos, Hist. 384.

Johannes Hyrkanos 196'.

Johannes Malalas 282. 383.

Johannes Troglita 430'.

Jo.sepl)us, Hist. 158. 277.

Jotapianus,Gegenkaiser371.

Jovianus, Kai.ser 404.

Jovinus, Gegenkaiser 415.

JoviuSjBeiname Diokletians 387.

Irland 331. 360.

Isara (Isere), Fl. 115. 180.

Isaura, St. 215; Isaurcr. Isaurien215. 218. 363.379. 388; seit Valens 406. 412. 418. 420. 425. 428.

Isidoros, Ägypter 341.

Isis, Gottheit 368.

Isonzo, Fl., Schi. 426.

Issa, St. 1092. 110.

Issos, St., Schi. 344.

Isthmos von Korinth, Schi. 167; Durchstich geplant 254; Isthmien 110. 133.

Istrer, Istrien 149. 179. 242. 353.

Istros, St. -215. 371.

Italer, Volk 21.

Italica in Spanien 151. 210. 333. 336*.

Italiens, Cherusker 319.

Italien, Italiker, Name 20 f. ; Anfänge 19 tf. 25. 27; und Pyrrhos 77; unter Eoni 81 ff. HO f. 190 f. 199: auf- ständisch 192 ff. 198; im Heer 290. 345 ; unter den Kaisern 353; Prov. 389; Diözese 388". 408. 424; unter Odoakar und Theo- derich 424. 425 ff.; kaiser- lich 431. 433; langobar- disch 4.33 f.; vgl. unter Bundesgenossen.

Jtius portus 2S1*.

Juba I, König von Numi- dien 246.

II 2722. .302; als Hist. 17. 100.

Judäa, römisch 223. 236. 268. 300. 323. 326; Prov. 328. 362.

Judas Makkabaios 196*.

Juden 147. 196. 196*. 250. 313^; aufständisch 323.325. 327 f. 337. 338. 362; in Alexandrien 364; Stel- lung 391. ,398'.

Jugurtha 181—183.

Julia, T. Caesars 229. 240.

Julia, T. des Augustus .303 f.

Enkelin des Augustus 304. 3042.

= Livia 305. 309.

T.desDrususCaesar310'. Julia Aemona, Kol. 359. Julia Agrippina, Mutter Ne- ros 312. 314 f.

Julia Domna .346. 349 f. Julia Drusilla 312. Julia Livilla 312. Julia Maesa 349 f. Julianus, Gegenkaiser 388.

Flavius Claudius Julia- nus, Kaiser 380 f. 382''. 402—404. 4042. 4051.

Julius, Monat 255.

Julius Africanus, Chronist 281.

Cn. Julius Agricola 277. 330.

Julius Aurelius Sulpicius Uranius Antoninus, Ge- genkaiser 371 ■-.

C. Julius Caesar 224 flf. ; cos. 228 f.; in Gallien 231 ff.; im Bürgerkrieg 244 ff.; Diktator 247. 253 ff.; Welt- reich 256': Ermordung 256. 283. 355. 361; Hist. 16. 157. 2312. 244^ 245=. 246^- •*. 248»- '. 2542. .

C. Julius Caesar, d. S. (Oc- tavianus) 12. 17. 95. 257. 258 ff. ; Augustus genannt 283; Kaiser 283—304. 355 f. 361 f. 364. 368; Selbstbio- graphie 157. 276; Taten- bericht 276.

C. Caesar, Enkel des Augu- stus 299. 301. 303.

L. Caesar, Enkel des Augu- stus 303.

L. Julius Caesar, cos. 90 V. Chr. 192 f.

Sex. Julius Caesar in Svrien 254.

Julius CapitolinuSjBiograph 280«.

Julius Civilis 326 f.

Julius Constantius, Bruder Konstantins I 402

M. Julius Cottius 293.

C. Julius Eurykles 361.

Julius Florus, Gallier 318.

Sex. Julius Frontinus 18. 330.

Julius Nepos, Kaiser 423 ff.

Julius Paulus, Jurist 350.

M. Julius Philippus, Kaiser. Vater und Sohn 370 f.

Julius Sabinus 327.

Julius Sacrovir 318.

Julius Tutor 327.

Julius Valerius Maiorianus, Kaiser 421.

C. .Julius A^erus Maximinus, Kai.ser 351. 369 f. 371. 392.

C. Julius Verus Maximus, S. des vorigen 369 f.

C. Julius Vindex 317. 324. Julius Antonius 304. iuniores 65.

Junius Arulenus Rusticus

332. Junius Blaesus .323. L. Junius Brutus, erster

Konsul 13. 13"'. 32. 45^ M. Junius Brutus, Freund

des Lepidus 208.

S. des voi-igen. Caesar- mörder 208'. 256. 257 f. 260-264.

D. Junius Brutus Albinus, Caesarmörder 256 261. 2922.

D. Junius 9rutus Callaicus

160 f. 177. L. Junius (Pullus), cos. 249

V. Chr. 106. M. Junius Silanus, Kollege

des Scipio Africanus in

Spanien 123.

COS. 109 V. Chr. 184. Junouia = Karthago 176 f. Jui3piterCapitolinus35.299;

Latiaris 38. iuridici, Beamte 353. Jurisprudenz 367. ins honorum 313. 356. 366. Justina 408. Justinianus, Kaiser .381 f.

384 f. 429—433. Justinus, Epitomator 17 f.

68. 99. 158.

I, Kaiser 428 f. - II 433.

Juthungeu (Alamannen) 376.

P. Juventius, Pr. in Make- donien 165.

K.

Kabera, St. 218.

Kaisarion (PtolemaiosXVI) 249. 272. 275.

Kaisertum 283 ff. 351 ff. ; seit Diokletian 385 ff. ; Kaiser- titel 2842. 287^; Kaiser- kult 287. 295. 297. 311. 368.

Kalabrer in Italien 22.

Kaiehedon, St. 130. 202. 218. 349; Synode 419.

Kaledonier 330. 337. 342 f. 346. 356.

Kalender in Rom 61^. 85; Reform 253 f. 367.

Kallaiker in Spanien 160. 228.

Kallatis, St. 215.

Kallias, Hist. 19. 35'. 76.

Alphabetisches Register.

Kallikrates, Achäer 140. Kallipolis am Hellesnont,

.Sohl. 397. Kalokairos, Rebell 3973, Kanipaner, Kampanien 25 f.

35; etruskisch 24\ 40;

Verhältnis zu Rom 4l!

55 f. 57 f. 90. 119. 129:

Landschaft 1861 193. oq^'

2ÜB. 220. 229. 251. 270. 353.' Jvandake; Athiopenkönigin

302. ^

Kantabror, Iberer 299. Kapitel, kapitolinischer Hü- gel 35. 51; Tempel 31.35. 85 ' ; Brand 204. 326 ; Wie- deraufbau 328 f 330; kapi- tolinische Ära So*. 91- Fasti 1. 12. 305. 95 f_ 286- Spiele 330. 370. Kappadokien. beide 88. 197; pontisches (Pontos) 197 f.; großes 147. 197 f. 203. 217 22U. 223. 263. 272. 300,' röm. Provinz 321. 351,362, 362'. 371. 375. 408'. 411 Karien 131. 139. Karl der Grofse 434. Karlsburg 359. Karneades, Philosoph 165. Karner. Kelten 179. Karpen. Volk 347\ 370 f. 388.

396. Karpetaner, Iberer 113. Karthago. Karthager 20. 24. 76. 81^. 89. 99M0üflf,; Ver- träge mit Rom 41. 79. 102. 102'. 112 f.; Kriege mit Rom 103 ff. 114-129. 162 164; Söldnerkrieg 108; gegen Antiochos 136 ; Kol 176 f. 253. 286. 365. 395: vandalisch 418. 422. Karystos, St. 132. Kaspisches Meer 360\ Kassandreia, St. 144. Kassische Strafse (r/a Cas-

sia) 149. Kastor, Gottheit 39. Katalaunische Felder, Schi.

420. Katualda 308. Kaudinische Pässe 56. 69. Kaukasos, Kaukasosvölker

321. 323 385. 363. 432. Kelten s. Gallier. Kel tiberer 150 f 159 160.187

209 254. Kephallenia, römisch 139 f. Kephaloidion, St. 105. Kesselstadt 357. Kibyra, St. 197. 216. Kilikien 188. 196. 215; Prov 188 216:217.221 230 237 244. 249. 272. 300.

Kimbern 183ff.l88 208'.296 Kineas, Thessaler 77 f 87 Kinna (?), Schi 70. Kirchengeschichte 383 f. Kirchliche Streitigkeiten s.

Christen. Kirke 29. Kissingen 320'. Klagformeln (legis actiones)

85. Klassen (im Census) 45. Klausenburg 359. Kleinarmenien 198.221 224

250. 300. 362. Kleitarchos, Hist. 89-. Kleon. Sklavenführer auf

Sizilien 170. Kleonymos, Spartaner 72 f.

75 f. Kleopatra. G. des Ptole-

maios VIII 195 f.

T.desPtolemaiosAuletes 248f. 263 ff.; G. des Anto- nius 272—275.

Selene, T. der vorigen 272-. 302.

Klienten, Hörige 42 f. 44. Kloake (doaca maxima) 31.

152. Klondikos, Kelte 144. Kniva, Gothe 372. Köln, St. der Ubier 267. 297. 306; Colonia Agrip- pina 319 327. 357. 373^ 374. 3792. 402-'. Könige, Königtum in Rom 30 ff. 42; Ende 32 f.; Cae- ' sars Plan 256; Königs- geschichte 90. Kohorten 87. 185. 289; prä- torische 289 f. 309. 345; ,' städtische {coli, nrhanae) 285.309^356; ri(iilv.m2Sb. Kolchis. Kolcher'l98. 216

222. 223. Kollegien, stadtrömische 31.

46. 253. I

Kolonen. Kolonat 376. 390. |

410. 426. Kolonien Roms 83. 174. 176 189. 200. 206. 253. 258; ' Zwölf Kol. 129'-: kaiser- i ^ liehe 286. 334 337. 359. j Kommagene, Königreich 268. 300; röm. Provinz 321. 329. 362. Konkolitanos, Gallier 111. Konstantinopel (Bvzanz) 399f. 405: Konzil 407. 433. Konsuln, Konsulat 32. 42. 44. 64 f. 207. 240: unter den Kaisern 288 : Antritts- tag 91. 159; Verzeichnis 12 f. 18. 286. 382 f.: Kon- sulartribunen 63 f. 239.

449

Koptos, St. 379.

Korakesion. St. 221.

Korinth 110; belagert 132 f.; 166: zerstört 167: Kol. 253.' 274. 275. 316. 337^ 361. .375.

Korkyra 76: römisch 109

126. 249. 251.274 ;Sch\varz- Korkyra 247.

Koroneia, St. 143.

Korrektoren , kaiserl. Be- amte 366.

Korsika, etruskisch 24. 54; karthagisch 101: römisch ^ 104. 108. 150. 354. 432.

Korykos in .Jonien 137

Kos 197. 313' 3143.

Kothon, karthagischer Ha- fen 1'63.

Kotiner, Kelten 294'.

Kottische Alpen 50. 209. 293

Kotys. Thraker 293.

desgl. 320.

Bosporaner 321. Kremna, St. 379. Kreta. Kreter 177. 216. 217f

220; Prov. 221. 258. 272.

366; in Italien 22. Kriegstribunen s. Tribunen. Kriegswesen s. Heerwesen. Kritolaos, Athener 165.

Achäer 166 f. Krixos, Gallier 211. Kroton, St. 21. 76; römisch

80; 119. 128; Kol. 130.

Ktesiphon. St. 335. 340. 345 371. 380. 404. Kulpa, Fl. 271.

Kurie in Rom verbrannt 239; Kurien 31. 37. 45: Kuriatkomitien 45.

Kyme in Italien 32: Grün- dung 21. 23. 24 : wird kam- panisch 25; 39: römisch 57; vgl. Cumae.

Kynoskephalai, Schi. 133. 134.

Kypros, Insel, ägvptisch 87. 134. 147 f. 196. '207. 248 f. 270. 272 ; römisch 230. 336. 362. 376.

Kyrene (Cvrenaica) 87. 148. 196.251.258.272.274 302 335 f. 337. 366. 412. Kyrillos, Bischof 418 f. Kyzikos, St. 88. 197. 218. 344.

Handbuch der klass. Altertumswissensfliaft. III, 5. 5. Aufl.

Labici, St. 47.

Q Labienus 266. 268.

T. Labienus. Volkstribun

226: Legat Caesars 233.

235''. 239. 241. 245. 249

251. 252. 255. 266. Lactantius Firmianus, Hist.

383.

29

450

Alphabetisches Register.

Lade, Schi. 131. Ladenburg (Lo])odunum)

358. 0. Laelianus, Gegenkaiser

377. C. Laelius 123 127. Sapiens 160. 171. Laibach (Aemona) 359. Lakodaimon s. Sparta. Lakinion, Vorgebirge 76.128. Lambaesis in Afrika 337".

365. Lampridius (Aelius Lam-

pridius), Biograph 280». M. Lamponius 205. Lampsakos, St.l34 : KoL 253.

270. Lanassa, G des Pyrrhos 77. Landbevölkerung291; Land- wirtschaft 170. Langobarden 296. 308^. 341.

371. 432; in Pannonien

433; in Italien 433 f. Laodike, Mutter des Mithri-

dates 197. Laodikeia am Meer 262. Lappius Maximus 332'. Lasthenes, Kreter 220. Latifundien 170. 213. Latiner, Latiuni 25. 27. 35;

Verhältnis zu Rom 31 f.

36. 38 f. 55; Bund 38 f.

56 f.; unterworfen 53 f

56 f. 72. 83; lat. Fest 38.

56; lat. Kolonien 58. 83;

192 f. Latinisierung (Latein) 206.

354 ff. 368. 434. laudationes (Leichenreden)

14. Laurentum, St 38. Lauron, in Spanien 210. Lautulae, Schi. 70. Leese 307^. Legion 87. 289 f. leffes s. lex. legis actiones 85. Leichenreden 14. Lemnos 145. 218. Leo I, Kaiser 421—423. 4253.

II 423.

röm. Bischof 419 f. Leontini 120.

Leontios, Gegenkaiser 425.

Leptis 128 344.

Lesbos 137. 197.

leuga 355*.

Leukai in Kleinasien 168.

Leukas 145. 274.

Leukopetra, Schi. 167.

Lewis 5.

lex Aufeia 176^

Aurelia 212.

Calpnrnia 169.

Cnmtleia 63.

lex Cassia 188. 1

Claudia 155'.

coloniae Genetivae 253*. '

curiata 45.

Domitia 188. 226. i

frumentaria 175. leges Gemiciae 65. lex Hortensia 84.

Icilia 60. 86'.

deimperio Vespasiani28S^.

iudiciaria des C.Gracchus 175

Julia 193.

Julia de maritandis ord. 286.

Julia municipalis 253.

Jtdia de repetundis 229.

Licinia Mucia 190. leges Liciniae Sextiae 64*. lex Maenia 84'.

militaris des C. Gracchus 175.

Papia Poppaea 286.

Plautia Papiria 193.

Pontpeia 242.

PuhUlia 84*. 84*. leges regiae 60.

lex Ehodia 155*.

Saenia 285 ' .

Sempronia 168 176. 242^. ^- Servilia 226. 228.

SHinptuaria 253 leges tabellariae 171. lex Tarpeia Aternia 60.

Tlioria 178.

leges Valeriae Horatiae&l. 84*.

lex Villia annalis 154.

Libanios, Redner 384. 403'.

Liber und Libera, Götter 39.

Liberius, röm. Bischof 401'.

Libius Severus, Kaiser 422.

libri lintei, libri magistratuuni 12.

Libyer 101. 106. 108; Liby- phöniker 101 . 108. 163 ; vgl. Afrika

Licinianus Licinius, Caesar 397. 400.

Licinius (Valerius Licinia- nus Licinius), Kaiser 394 -397.

P. Licinius Cornelius Salo- ninus, Caesar 373'.

P. Licinius Cornelius Vale- rianus, Caesar 373 f.

C. Licinius Crassus, Volks- tribun 171.

L. Licinius Crassus, cos. 95 V. Chr. 187. 190.

M. Licinius Crassus, Sulla- ner 204 f. 211 f. 213. 224 f. 226*. 229. 230; Triumvir 235; Ende 236 f.

Legat von Makedonien 293.

P.Licinius Crassus, cos. 171

V. Chr. 143. P. Licinius Crassus, cos. 97

V. Chr. 187.

Caesars Legat 235.

P. Licinius Crassus Mucia- nus, COS. 131 V Chr. 168.

Licinius Diocletianus 385'.

P. Licinius Egnatius Gallie- nus, Kai.ser 373—376.

L. Licinius Lucullus, cos 151 V. Chr. 159.

' auf Sizilien 187.

Sullaner 202. 204. 210. 212 215 217; Krieg gegen Mithridates 217— 220.221. 228.

M. Licinius Lucullus (M. TerentiusVarro)204. 211 f. 215.

C. Licinius Macer, Hist. 16. 212. 212».

C. Licinius Mucianus 325 f^ 329

L. Licinius Murena 216

L. Licinius Stolo, Volkstri- bun 64*; licinisch-sexti- sches Gesetz 171^.

Licinius Sura 335.

P. Licinius Valerianus, Kai- ser 373.

L. Licinius Varro Murena 304.

Ligurer 25. 27 f. 50: Kriege- mit Rom 110'. 150. 174. 180; Ligures Baebiaiii et Corneliani 150'.

Lilybaeum, St. 79. 105 f. 108. 205. 269; vandalisch 427. 431.

Limes 299. 319. 347 357. 357*. 374; Tripolitanus 375*.

limifanei, Truppen 398.

Lingonen in Gallien 240 f. 327. 387.

Lipara, St . erobert 105.

Lippe, Fl. '296 f. 306 f.

Liris, Fl. 193.

Lissos, St. 110. 126.

Liternum, Kol. 130. 154.

Litorius 417.

Livia Drusilla, G. des Augu- stus 265*^.303; Julia Augu- sta genannt 305. 309.

Livilla s. Julia.

C. Livius, Pr. 191 v. Chr. 137.

M. Livius Salinator, cos. 207 V. Chr. 124 f.

Livius Andronicus, Dichter 155.

T. Livius, Hist. 13. 15. 17. 68. 99 f. 158. 276. 2S6; Chrono- logie 92 ft\: Kritik 242. 602. 60 f. 69^ 72'. 73*. 109L 112'. 1143. 116. 161'.

Alphabetisches Register.

451

M. Livius Drusus, cos. 112

V. Chr. 176 f. 187. 190^. Volkstribun 91 v. Chr.

190 f. Locri, St. 77. 80. 119. 125. Loire, FL, Schi. 235. Loki-er in Hellas 132. 166;

in Italien 21. M. Lollius 295. Q. Lollius Urbicus, Legat in

Britannien 338. Londinium (London) 318 f.

356. Longinus, Philosoph 377. Lopodunum 358. Lorch (in Württemberg) 357. Loriuni, Villa 339. Luca, St. 235. Lucaiius (Annaeus Luca- nus), Dichter 317. Licceres, Reitercenturie 31 f.

36 f. Luceria,Kol.70.72; Schi. 73. Lucianus s. Lukiauos. Lucilla, T. des M. Aurelius

312. Lucius Priscus 372. Lucretia 32. C. Lucretius, Pr. 171 v. Chr.

143. Lvierios, Arverner 180. Lugier, Germanen 331. 360. Lugudunum, Kol. 295. 312.

344. 356. 407; Schi. 345. Lukaner, Lukanien 26. 70. 72 f. 75 f. 77. 80. 81. 89. 129. 194. 205. 211. Lukianos. Schriftsteller

279^ 340. Lukrinersee 269. Luna, Kol. 150. Luperkalien 43. Lusitanerl59f. 187. 208 f. 228. 254; Lusitanien, Prov. 354. Lusius Quietus 335. 336°. Lusoner, Keltiberer 160. C. Lutatius, cos. 242 v. Chr.

106. Q. Lutatius Catulus, cos. 102 v.Chr. 186. 201; Hist. 157. cos. 78 V. Chr. 208. 212.

224'. 226. Lutetia (Lukotokia) = Paris

356. Lydien 139. Lykaonien 168. 362 f. Lykien, Lykier, lykischer Bund 138 f. 197. 216.263; Prov. 329. 362. Lykophron, Dichter 35*. Lykortas, Achäer 146. Lynkestis in Makedonien

132. Lysimacheia, St.130.134.138. Lysimachos, König 77.

M.

Machanidas, Spartaner 126. 133.

Machares, S. Mithridats 219. 223.

Macra, Fl. 23. 150.

Macrianus (Fulvius Macri- anus), Gegenkaiser 374 f.

Macrinus (M. Opellius Ma- crinus), Kaiser 348 f.

Macro (Naevius Sertorius Macro) 310. 311^

Maaten, Briten 346.

C. Maecenas 259^. 266. 302. 304'. 350- ; Memoiren 276.

Maecia, Tribus 57.

M. Maecilius Avitus, angeb- licher Name des Kaisers Avitus 421'.

Mäder, Thraker 179\ 187. 203. 214 f.

Sp. Maelius 63.

Maelo, Sugambrer 295.

Magalia (Megara) in Kar- thago 163.

mag ister equitum 45. 257 '.398.

magister militum 401. 419.

magister pedltum 398.

magister populi 44.

Magnesia am Mäander 138.

am Sipylos, Schi. 138.

in Hellas 137. Magnus Clemens Maximus,

Kaiser 407 f. Magnus Magnentius, Kaiser

401. Mago, Karthager, Admiral

79.

Hannibals Unterfeldherr 119.

Hannibals Bruder 123. 125. 127. 127'. 129^ 148.

Majestätsprozesse 305. 315. Mailand (Mediolanium) 50.

112. 353; Schi. 374. 376;

Residenz 389. 396. 401. 409.

413. Mainz (Mogontiacum) 295.

306. 324. 327. 331. 333. 351.

357 f. Maiorianus (Julius Valerius

Maiorianus), Kaiser 421 f. Makedonien 85. 109. 113 f.;

erster Krieg mit Rom 121.

125—127. 134; zweiter 130

134. 136. 139 f.: dritter

141—145. 163; Prov. 165.

187. 199. 201 ff. 214 f. 246 f.

258 '.262.282. 293. 361. 411. Malaca, St. 433. Malchos, Hist. 381. Maleventum (= Beneven-

tum) 80«. Cn. Mallius Maximus 184. Mallorca, Insel 179.

Mamaea, Kaiserin 349 ff. Mamertincr auf Sizilien 78

—81. 101 ff. Mamortinus, Redner 384. C. Mamilius Limetanus,

Volkstribun 182. Mamurra 235*. C. Manilius 220. M'. Manilius, cos. 149 v.Chr.

i(;2 f.

Manipchi 87; Manipular- ordnung 185.

C. Manlius, Catilinarier 226.

Cn. Manlius (Vulso) 139.

L.Manlius.Pr. in Gallien 209.

M. Manlius (Capitolinus) 64.

T. Manlius Torquatus, Zwei- kampf 54'-': COS. 340 v.Chr. 56.

Mantineia, Schi. 126.

Mantua 23.

Marbod (Maroboduus) 297. 308.

Marcellinus, Staatsmann 3812. 422. 422'.

Comes, Chronist 382. Marcellus s. unter Claudius. Marcia.Konkubine des Com-

modus 342 f. Marciana,SchwesterTraians

3363. Marcianopolis 360^. 406. Marcianus, Kaiser 419 f. 421. Ancus Marcius, König .30 f.

36. Q. Marcius, Volkstribun 212. L. Marcius Censorinus, cos.

149 V. Chr. 162. Cn. Marcius Coriolanus 47.

63. Q. Marcius Crispus 254. 262. L. Marcius Philippus 190.

209. Q. Marcius Philippus, cos.

169 V. Chr. 144. Q. Marcius Rex, cos. 118

V Chr. 179. Marcius Turbo 335. Marcus, Gegenkaiser in Bri- tannien 413.

s. M. Aurelius Antoninus. Marcussäule 341'. 341^ Mariuus Pacatianus, Gegen- kaiser 372.

Marius (M. Aurelius MariusI,

gallischer Kaiser 377. C. Marius, der Vater 182 f. 185 f. 188 f. 192 f. 198. 200 f. 224; sein angebl. Enkel 1 257; fossa Mariana 185. ' der Sohn 200. 204 f. I Marius Aventicensis, Hist. ' 382.

L. Marius Maximus, Bio- \ graph 280-.

28*

452

Alphabetisches Register.

Markion, Ort 53.|

Markomannen 297. 331; Kriof; mit M. Aurel 340 ff.

Marmaridon 302.

Maroneia. St. 131. 142.

Marruciner 26. 70; mit Kom verbündet 71.

Mars, Kriegsgott 28.

Marser in Italien 26; mit Rom verbündet 71. 87^; marsischer Krieg 192 ff.

Germanen 306 f.

Marsyaba, St. 301.

Miirtinianus, Cae.sar 397.

P. Martins Verus 342'.

Marzabotto 23».

Masada in .Judäa 328.

Mascizel, Maure 405'. 412 f.

Masinissa, Xumider 127 ff. 161. 163. 181.

Massalia, Massalioten, mit Rom verbündet 40. 115. 123. 180: von Caesar er- obert 245 f. 260 ; kaiserlieh 355. 368. 394. 425.

Massiva, Numider 182.

Mastanabai, Numider 183.

Mastarna, Etrusker 33.

Mathesuentha, Gothin 431 f.

Mathos, Libyer 108.

Mattiaker in Germanien 319.

Mauren, Maurusier 163. 336. 341f. 417.430; Mauretanien 200. 208. 251. 302; Prov. 323 f. 366. 373. 388. 405. 417.

Mauriacum 420.

Mausoleum des Augustus 276. 304.

Maxentius (M. Aurelius Ma- xentius), Kaiser 393 ff.

Maximianus Herculius (M. Aurelius Valerius Maxi- mianus), Kaiser 386 ff. 393 f.

Maximinus Daia (Galerius Valerius Maximinus), Kai- ser 393 ff. 396.

Maximinus Thrax (C.Julius Verus M.), Kaiser 351. 369 f.

Maximus (M. Clodius Pupie- nus Maximus), Kaiser 370.

Magnus Clemens Maxi- mus 407 f.

Petronius Maximus 421. Mazaka ( = Caesarea), St. 363. Med er, Medien (atropateni- , sches) 270 f. 272. 275. Mediolanium s. Mailand. Megalopolis inArkadien 166. Megara in Hellas 167. 250.

in Karthago (Magalia) 163. Melissa in Phrygien 3382. Melitene am Euphrat 219.

322. Melpum, St. 23. 50=. b2K

C. Memmius 181 f. 189. Memnon, Hist. 157. Memor, Gegenkaiser 375. Menapier, Gallier 235. 237 f.

2.39. Menas, Admiral des Sex.

Pompeius 267. Meppen 306^. Merobaudes, Redner .384. Mesambria, St. 359. Mesene, Landschaft 335. Mesopotamien 196. 220. 222.

236 f. ; Prov. 335 f. 345. 351 .

362. 369^. 370 f. 380. 388.

400 f. 432. Messalina (Valeria Messa-

lina) 314. Messana auf Sizilien 78. 101 ;

wird römisch 103. 187. 269 ;

vgl. Mamertiner. Messapier (Sallentiner) 22.

75. 77; römische Bundes- genossen 81. Messene im Peloponnes 126. C. Messius Traianus Decius,

Kaiser 372. Metapoution, St. 21. 122. Metaurus, Fl. 125. Meyer, Ed. 5. Micipsa. Numider 181. Milet, St. 271. 363. Miletopolis 224^; Schi. 202. Milon, Feldherr des Pyrrhos

80. 81-. Miltenberg 357. Minervia, Kol. = Skylletion

176». Minius, Fl. 160. Minucier, Schiedsrichter

179-. M. Minucius, Diktator 118. M. Minucius Rufus 187. M. Minucius Thermus 216. Minos 22. Misenum 267. Mithras, Gottheit 368. Mithridates V Euergetes,

König des Pontos 164^.

168. 197.

Chrestos 197.

VI Eupator 190. 194. 197. 207'. 210. 215. 2332; er- ster raithridatischerKrieg 198 ff. 201 ff.; zweiter 216; dritter 217 ff. 221 ff.

von Pergamon 249 f.

Bosporaner 321.

Iberer 321. Moagetes, Kibyrate 216. Moser 293 ; Mösien 294 ; Prov.

2943. 297. .320. 326. 328. 334. 336. .359. 370. 372. 405. 407. 418 f. 425: Diözese 388«. 396. 411. Mogontiaeum s. Mainz.

Molosser 144. 146. MOMMSEN. Tu. 4 f.

Mona, Insel 318 f. .3.30. Mondfinsternis 145. 306*. monetaril in Rom 378. Mongolei 406. Monophysiten 433. Mt. Cenis, Paß 116. 116*. Mt. Genevre 116. 116*. 1245.

2091. montanl in Rom 36. Monte Castellaccio u. Monte

Pellegrino auf Sizilien

1062; vgl. Heirkte. Monutnenttcm Ancyranum 276. Morgantine, St. auf Sizilien

187. Moriner in Gallien 235. 238.

294. 312. Mucianus s. Licinius Mu-

cianus. P. Mueius Scaevola 13. 172. Q. Mueius Scaevola 190. 204. Mülhausen im Elsaß 234^. Müller, K. O. 33. Münzen. Münzwesen Roms

8 f. 46. 89 f. 378. 390. 398. Muluccha, Fl. 181. Mulvisehe Brücke, Sehl. 395. L. Mummius 166 f. Sp. Mummius 196. L. Munatius Plancus 259 ff.

283'. 2881. Munda in Spanien, Schi. 254. Mundiuch (Mundzuk),

Hunue 419. Munichia in Athen 201. Munizipien 82. 194. 253;

Munizipalverfassung 366. Mursa, Schi. 374. 401. Muthul. FI. 182. Mutina. Kol. 112. 149. 208.

259 f.; mutinensischer

Krieg 259 f. Muttines s. Myttones. Mylae, Schi. 104. 269. Mvonnesos, Schi. 138. MVtilene. St. 216. 2242. 224«.

248. 270. 334". Myttones, Karthager 121.

N. Nabatäer (Araber) 196. 222;

Prov. 334. 362. Nabis, Spartaner 133 135. Naevius, Dichter 156. Naevius Sertorius Macro.

Präfekt 310. 31P. Nageleinschlagung am Ka-

pitol 94-. Naissus, Sehl. 376. Napoca in Daeien 359. NaraggarainNumidien 128^. Narbo, Kol. 177. 181. 355.

415; westgothisch 422.

Alphabetisches Register.

453

Narcissus. kaiserl. Freigelas- sener 314. Narnia, Kol. 72. 180^ Narona in Dalmatieu 361. Narses. Perserkönig 388.

Feldherr Justinians 432 f. Nasamouen in Afrika 332. Naulochos, Schi. 269. Naupaktos 121. 12«. 136. Nauportus in Pannonien

3061. Naxos (Tauromenion) auf

Sizilien 21. Nazarius, Redner 384. Neapolis in Kampanien 21;

wird römisch 69. 78. 119.

194'. 243 353. 431 f. Neckarlandschaft 328. 333.

357. Neckarsueben (Suebi yicre-

tes) 358^. Nemausus (Nim es) 355. Nepet, Kol. 53. Nepheris in Afrika 163 f. Nepotianus, Gegenkaiser

401. Neptunia{Tarent), Kol. 176^ Nequinum (Narnia), St. in

Umbrien 72. Nero Caesar, S. des Ger-

manicus 309. 310^.

Kaiser (Nero Claudius Caesar 29.33. 3i4_3i7. 320 —323. 360. 361 f. 391 ; fal- scher Nero 317.

Neronien, Wettspiele 316. Nerva (M. Cocceius Nerva),

Kaiser 332 f. 339. 352. 353.

366. Nervier in Gallien 234. 238 f. Nestorius, Bischof 419. Nestos, Fl., Schi. 375. Neukarthago in Spanien 1 12.

123. 150. 433. Neuß s. Novaesium. Nicomachus Flavianus 408. Nida in Germanien 358^. NiEBüHR, B. G. 2 f. 33. Niederbieber, Kastell 374'. Niger, Fluf3 366. Nigrinus (Avidius Nigrinus)

336^ Nikaaufstand 430. Nikaia, St. in Bithynien 250.

363. 404; Konzil 399.

an den Thermopylen 133. Nikephorion, St., Schi. 388. Nikolaos von Damaskos,

Hist. 17. 157. 276. 287. Nikomedeia, St. 202. 218. 347.

363. 380. 396: Residenz

386. Nikomedes II, König von

Bithynien 198.

III 198. 203. 217.

NikopolisbeiActiuni275 361.

in Kleinarmenicn 222'. 250.

in Mösien 372. Nisibis, St. 220. 345. 4U4.

I Nissen, H. 1. 11 f. Nitiobrogen in Gallien 184. NiTzscH, K. W. 5. 11. 13. 34. , Nobilität 86. 153 f. j Nola, St. in Kampanien 21-. i 25. 25^; römisch 57-*. 70.

119. 193 f. 200 f. 304. Nomentum, St. 31. M. Nonius Gallus, Legat des

Augustus 294. Norba, St. 205. Norbanus 332 1. C. Norbanus, cos. 83 v. Chr.

204. C. Norbanus Flaccus 264. Noreia, Schi. 184. Noriker 292; Noricum 184;

Prov. 292f. 340. 358. 413 f.

417 : von Barbaren besetzt

425. Nofifia äiqnitattim 385. 389. Novaesium (Neuß) 334'. 357.

373^ Noviodunum (Nyon) 356^. Noviomagus (Ulpia Novio-

raagus) 333. 357. Nubier 388.

Nuceria Alfaterna in Kam- panien 25. 57^ 194. Numa Pompilius, König 30 f.

36. 46. 471. Numantia in Spanien 159;

numantinischer Krieg

160 f. 172. Numerianus, Kaiser 380. Numider (Nomaden). Numi-

dien 101. 104. 106. 112.

123. 128. 136. 161 : numid.

Krieg 181—183. 192. 205.

252; Prov. 302. 365. 369.

373. 388; vandalisch 418. Nursia, St. 208^ Nymphidius Sabinus, Prä-

torianerpräfekt 317. Nymwegen s. Noviomagus.

O.

Ocriculum, St. 72=*. Octavia. Schwester Okta-

vians266f. 269. 270». 272 f.

303; ihr Porticus 285.

T. des Claudius 314 f. Octavianus s. C. Julius Cae- sar Octavianus.

C. OctaviuSjVater Oktavians 258.

der spätere Kaiser Au- gustus 258.

Cn. Octavius, Fr. 168 v. Chr. 145. 146 f.

Cn. Octavius, cos. 87 v. Chr.

200 f. M. Octavius, Volkstribun

133 V. Chr. 172.

Pompejaner 247. 249 f. Octogesa, St. 246. Odaenathus (Septimius

Odaenathus) 374 f. 377. Odenwald 357. Odessos, St. 359. Odoakar 423 f. 424«. 425 f. Odotheus. Gothe 407. Odysseus 29; Ody.ssee 20. Oea, St. 164.

Ofen (Aquincum), St. 359. Ofonius Tigellinus, Prä-

torianerpräfekt 316. Cn. und Q. Ogulnius, Volks- tribunen 84; Ädilen 28. Oiniadai, St. 126. Oinomaos, Gallier 211. Oinotrer, Oinotria 21. Olbia am Borvsthenes 338.

359. Olkaden in Spanien 113. T. Ollius, röm. Ritter 31 5^ Olybrius 422; Kaiser 423. Olympia 203. 316^ 361\ Olympiaden 91 f. Olympiodoros, Hist. 381. Olympius, Stilichos Gegner

414. Olympos, St.inlsaurien215. Olysipo in Lusitanien 160. Onulf, Skire 423». M. Opellius Antoninus Dia-

dumenianus, Caesar 348 f. ' M. Opellius Macrinus,Kaiser

348 f. Opiker, Osker 21. 26. ! L. Opimius. cos. 121 v. Chr.

174. 177. 182. Oppius Sabinus 331. Orchomenos in Arkadien

166.

in Böotien, Schi. 202. ; Ordoviker, Briten 318.

Oreos auf Euboea 126. 132. I Ofesten in Makedonien 132.

Orestes, Patricius 423 f.

Oriens, Diözese 388*^. j Origenes, Schriftsteller 392.

origo Constanthu 382.

Orikos in Illyrien 247. ; Orleans {AurenxH!). St. 420. i Orodes (Hyrodes). Parther 236 f. 266. 270.

Oroizes, Albaner 222.

Orophernes. Kappadoker 147.

Oropos, St. 165.

Orosius (Paulus Orosiust, Hist. 17. 382.

Ortygia in Syrakus 121.

Orvieto (Volsinii) 82^

454

Alphabetisches Register.

Osca in Spanien 20y. Osker 21. 206; osk. Sprache

26 206. Osroi'He, Landschaft, rri-

misch 340. Osrors, Partherkönig 335. Ostgothen s. Gothen. Ostia bei Rom 31. 38. 220.

254; ausgebaut 314. Ostsee 360.

Otlio, Kaiser, s. SalviusOtho. Oufentina, Tribus 72. Ovidius, Dichter 17. 286. Ovinium phbiscitian 67. Oxybier, Ligurer 180.

P.

Pabak, Perser 350.

Pacatus. Redner 384.

Pacuvius, Dichter 156.

Päligner 26. 56'-; römische Bundesgenossen 71. 83^ 192.

Pästum(Poseidonia),Kol. 81.

Paetus Thrasea (P. Clodius Thrasea Paetus) 317. 329.

pagani in Rom 36.

Pais, E. 5 f.

Pakoros, Parther 266. 268.

Palaepolis bei Neapolis 69'.

Palaeste, Ort 247^

Palästina, Prov. 362.

Palatium, Palatinus in Rom 30. 35 f. 316.

Paliken, Götterpaar 186.

Palladius, Caesar 421.

Pallantia in Spanien 161.

Pallantion in Arkadien 30.

Pallas, kaiserl. Freigelasse- ner 314.

Palma, St. 179.

Palmyra 363. 365. 374; er- obert 377.

Pamphvlien 138 f.; Prov. 188. 216. 362.

Panaehäer, Hellenen 362.

Panares, Kreter 220.

Pandateria, Insel 304^*.

Paneion, Schi. 130.

Panhellenen, Festgemein- schaft 311^. 362.

Pannonier 271. 293 f.; Auf- stand 297 f.; Prov. 298. 305. 306-^ 308. 334. 340. 358 f. 379. 397. 402. 405; hunnisch 417. 419; ostgothisch420; langobardisch 433; Diö- zese 388«. 396.

Panormos auf Sizilien 105; Kol. 286.

Pantikapaion, St. 223.

Paphlagonien 138 f. 197 f. 217. 223; Prov. 300. 362.

Papinianus (Aemilius Papi- nianus), Jurist 346. 348''.

C. Papirius Garbo, Graccha- ner 174. 1762.

Volkstribun 89 v.Chr. 193. Cn. Papirius Garbo, cos. 113

v.Chr. 184.

Marianer 204 f.

L. Papirius Cursor, Diktator 692.

COS. 294 v. Chr. 73'.

C. PapiusMutilus, Samniter

192. Papyri 8. Parisier 241. 356; Paris 402.

407. Parma, Kol. 149. Parthamaspates, parthi-

scher König 335. Parther 147. 196. 219; Ver- hältnis zu Rom (Kriege)

unter Pompeius 221 f. 236.

248; Crassus 236 f. 254;

Caesar 255. 258; Cassius I 263: Antonius 267 ff. 270.

272. 275; Augustus 275. , 299 ff. 321 ; Nero 321 f. ; I Vespasian 329; Traian 335; ! Hadrian 336; Antoninus

Pius 339; M. Aurel 340;

Septimius Severus 344 f. ;

Caracalla347f.; Sturz350. Parthiner, Illyrier 110. Passau [Castra Batava) 358. Patavium, St. 353. Patrae in Achaia 250. 274; ! Kol. 286. 361. Patres, der alte Senat 31. 43.

45. 67. 86 f.; maiontm und

minorum gentium 32. 43;

patnim auctorttas 45. 84. Patricius, S. Aspars, Caesar

422. Patrizier 43 f. 46'; Kämpfe

mit den Plebejern 58 f.;

Vorrechte 84. 86; ver- mehrt 253. 285'. Paulus Diaconus, Hist. 383. Pausanias, Perieget 100. 158.

340. Pax, Tempel 329 ; Altar 282^. pecnnia 46, Q. Pedius, cos. 43 v. Chr. 254.

260; lex Pecfia 260. Peiraieus, Hafen Athens

136. 201. Pelasger in Italien 22. 30. 35 ;

tyrrhenische 22. Pella in Makedonien, Kol.

361. Peloponnes, verwüstet 412.

422. Pelusion, St. 248 f. Pentapolis (Kyrene) 366. Peräa der Rhodier 133. Perennis, Präfekt des Com-

modus 342.

Pergamon, Pergamener 88.

131. 1.34 f. 138 f. 140 f. 143.

147. 188; römisch 167 f.

199. 202 f. perinchae des Livius 17. Periökenstädte in Lakonien

134 f. Periplus des Roten Meeres

365'. Perizoniüs 2. M. Perperna, cos. 130 v. Chr.

168.

Marianer 208 ff. Persepolis 350"\

Perser (Neuperser) .3.50 f.; Perserkriege 351. 373. 374. 378. 380: Diokletians 386. 388; Konstantins 400; des Con.stantius 401 ; .Julians 404; 406. 408'. 412. 418 f. 428; Justinians 430. 431 f.

Perseus, König von Make- donien 142. 165; Krieg mit Rom 143—145; Ende 146.

Pertinax, Kaiser (P. Helvius Pertinax) 343. 353^.

Beiname des Septimius Severus 345.

Perusia, St. 24'. 70*. 117;

perusinischer Krieg 265. C, Pescennius Niger, Kaiser

344, Pest im römischen Reich

.340. 372. 375. Petelia, St. 119. Peter, Carl 5. Q. Petillius Cerialis 327. 330. Petra, St. in Arabien 3.34. M. Petreius 245. 251 f. C. Petronius, Präfekt von

Ägypten 302. Peti'onius Maximus, Kaiser

421. Petros Patrikios, Hist. 280.

.381. Peuketier 22. Phanagoreia, St. 223. Pharnakes. König von Pon-

tos 141. i97.

II, Bosporaner 223. 250; seine Söhne 272.

Pharos, Insel vor Ägvpton 249.

in Illyrien 114. Pharsalos, Schi. 247 f. Phaseiis, St. 215. Philinos von Akragas. Hist.

99. Philippi. St.. Schi. 264; Kol.

286, 361, philippische Reden Ciceros

259, Philippopolis 372. Philippos V, König von Ma-

Alphabetisches Register.

455

kedonieii 85^. 114. 121 f.

125 ff. 130— 134. 136 f. 138.

141 f. 149\ Philippos, falscher (Andris-

kos) 165. Philippus Arabs (M. Julius

Philippus), Kaiser, Vater

und Sohn 37U ff. 392. Philistos, Hist. 19. 522. Philon, Jude 31 1^ Philopoimen, Achäer 126.

135. 140. Philosophen aus Eom ver- trieben 329. 332. Philostorgios, Hist. 383 f. Philostratos, Schriftsteller

34«3. Phintias, St. auf Sizilien 106. Phlegon, Hist. 158. 281. Phönike, Landschaft 272. Phöniker 20 f. Phoinike, St. in Epirus 109.

126. 130. Phokäer in Italien 21. 23 f. Phraata (Praaspa, Vera), St.

in Medien 270^. Phraatakes. Parther 301. Phraates I, Parther 219. 236.

II 270 275.

IV 300 f.

Phrygien 139. 218.362f.412; Großphr-N gien 168. 197.

Phrygios, Fl., Schi. 138.

Physkon (Ptolemaios VIII) 148. 172. 195 f.

Picenum,Picenter26; unter- worfen 72. 74. 81. 118. 192. 193 f. 204. 211. 227. 245; Picentiner ana tvrrhen. Meer 129.

PlGHIÜS 1.

Pikten in Schottland 393.

405. 417. Pinarier, Geschlecht in Rom

43. Cn. Pinarius Cornelius Cle- mens 328. Pinna, St. 193. Piraten s. Seeräuber. Pirusten, Illyrier 238. Pisa in Etrurien 23. 111;

Kol. 150. 179. Pisidien 188. 218. 362. Piso s. Calpurnius. Pisonische Verschwörung

317. Pistoria, St., Schi. 227. Pithyusen, karthagisch 101. Placentia, Kol. 112. 117. 149.

251. 423; Schi. 421. Placidia (Galla Placidia)

416 ff. Plautianus (C. Fulvius Plan-

tianus), Prätorianerprä-

fekt 346.

A.Plautius erobert Britan- nien 318. , C. Plautius, Pr. in Spanien I 1596. I P. Plautius Hypsaeus 239.

M. Plautius Silvanus,Volks- tribuu 193. 199.

Ti. Plautius Silvanus Aelia- nus, Legat von Mösien 320. 360».

C. Plautius Venox,Zensor85.

Plautus, Dichter 155.

Plebejer, Plebs 31. 42. 44. 46'; Streit mit den Patri- ziern 58; erhalten das Konsulat 64 f.; gleich- berechtigt 83 f. 85 f. ; spä- tere plebs 354 ; plebiscita 84.

Plestia in Umbrien 118».

Pleuratos, Illyrier, Vater Agrons 109.

Vater des Genthios 132. 134. 144.

Pleuron. St. 166.

C. Plinius (der ältere) 17. 19. 277. 278-. 330.

C. Plinius Caecilius Secun- dus (der jüngere) 278. 335. 339. 352».

L. Plinius Rufus 267'. 269.

Plotina, G. Traians 336.

Plotinopolis in Thrakien 360'.

Plotinos, Philosoph 376.

Plutarchos, Hist. 18.100. 158. 277.

Po, Fl. 111.

Poedikuler (Peuketier) 22.

Poesien, historische 14,

Poetovio (Pettau), St in Pan- nonien 359.

Pola, St. 353. 402.

Polemonvon Laodikeia, Dy- nast 272. 300. 321; sein Nachkomme 326^; pole- monischer Pontos 362.

Pollentia, St. in Italien 413.

auf den Balearen 179. Pollitium,St.derMarruciner

70.

Pollux, Gottheit 39.

Polybios, Hist. 15 f. 30. 68. 99 f. 109». 1.56; Chrono- logie 93 f.; in Rom 146. 166; in Hellas 167.

Polyxenidas, Admiral des Antiochos 137.

Pomerium 35* ; erweitert 354.

Q. Pompaedius Silo, Marser 192. 194.

Pompeji, St. 194. 206; ver- schüttet 330.

Pompeiopolis (Soloi) in Ki- likien 221.

Q. Pompeius, cos. 141 v.Chr. 160.

COS. 88 V. Chr. 200.

Sex. Pompeius, Pr. in Make- donien 179^

A. Pompeius Bithvnicus263. 267.

Cn. Pompeius Magnus 204 f. 208; in Spanien 209—211. 355; Konsulat 212; gegen die Seeräuber und Mithri- dates 221. 223 f. 225. 228. 363; Triumvirat 229. 230 f. 235 f. 239. f. ; gegen Caesar 242 ff. ; Ende 248.

Cn. Pompeius, S. des vorigen 251. 254 f.

Sex. Pompeius, S. des Mag- nus 251. 2541. 257. 260 f.; 264 ff. 267. 269 f.; Ende 270 f.

Cn. Pompeius Strabo 193 f, 200 f, 204,

Pompeius Trogus, Hist, 17 f. 68, 99.

Numa Pompilius30f. 36. 46. 47',

T, Pomponius Atticus, Hist, 16, 95 f. 213-. 286».

Pomptina, Tribus 53.

Pomptinische Sümpfe 254.

C. Pomptinus 232.

Pons Aeliiis (Newcastle) 337^

Pons Aemilius in Rom 152^.

pontes longt in Germanien 306.

Pontia, Kol. 72.

pontifices in Rom 46. 84. 171 gewählt 188. 206 f. 226 Pontifex maximus 13.226 270. 284; hört auf 405 Pontifikaltafel 13. 93 f. 95

C. Pontius (Telesinus) 205

Pontius Aquila.Volkstribun 256'.

Pontos, Kappadokien am Pontos 141. 197 f.; Prov. 222. 223. 272. 300. 326. 400; polemonisoherPontos362 ; Diözese3886: Pontosstädte 141 ; Pontosküste 198. 328. 334. 359: Pontosvölker 375. 378.

C. Popilius Laenas in Ägyp- ten 147.

M. Popilius (Laenas), cos. 173 V. Chr. 150.

M. Popilius Laenas 160.

P. Popilius Laenas, cos. 132 V. Chr. 1733.

Poppaea Sabina, G. Neros 315.

Populonia, St. 24'.

C.PorciusCato,cos.ll4v.Chr. 187.

456

Alphabetisches Register.

L.Porcius Cato, cos. 89 v.Chr.

193. M. Porcius Cato 135 f. 146";

COS. 195 V.Chr. 151 ; Zensor

152^ 154; 155. 156. 1.59.

162; Hist. 16. 19. 29.

der jüngere 227 f. 231. 235. 239. 245. 249. 251. 2.56; Ende 2.52.

Porphyrios, Chronograph

281. Porsenna, König von Clu-

sium 33^ 33«. 40. Porticus der Octavia 285. portiis Itins in Gallien 237. Poseidonia (Pästum), St. 75.

81. Poseidonios, Hist. 16. 156.

183'. 224^ possessio 171. Postumische Straße [via Po-

stumia) 179. Postumius, Seeräuber 55. A. Postumius (Tubertus) 48.

im jugurthiuischen Krieg 182.

L. Postumius, cos. 229 v.Chr.

109 f. Sp.Postumius, cos.148v.Chr.

179. Sp. Postumius Albinus, cos.

110 V. Chr. 182. Postumus (M.Cassianius La-

tinius Postumus), Kaiser

374. 377. Potheinos, Ägypter 249'. Potitier, Geschlecht in Rom

43.

POUILLY, DE 2.

Praaspa (Phraarta, Vera), St. in Medien 270^.

praefecti iure dicundo, Prä- fektureu 82. 152; praef. orae maritimae 260; kaiser- liche Prätekten 289 f. 293; PräfektvonÄgypteu363f. ; praefecfus praetorio 289. 309 f. 329. 352. 367. 389. 389^. 398; praefectus urbi 310. 354. 389.

Praeneste, St. 54. 57. 78; er- obert 204 f.

prae)ioiiie)i 43-.

Prätor = Konsul 44 ; ein- gesetzt 64; vermehrt 108. 150. 152. 206 f. 253; unter den Kaisern 288. 354 ; ita- lische Pr. 192; prätori- sches Edikt 367.

Prätorische Kohorten, Prä- torianer 289 f. 309. 333. 343. 345.

Prasutagus, Brite 818'.

Praunheim 358'.

Premnis in Aethinpien 302.

Priester, Priesterschaften

46. 171. 206 f. 2.53. 284. Princeps 284. 302. Prinzipat s. Kaisertum. j)risci Latini 58. Priscillianus 407'; Pris<il-

lianisten 407. Priscus Attalus, Kaiser 414. Priskos, Hist. 381. Privernum, St. 57. Probus (M.AureliusProbus),

Kaiser 379. Proculus. Gegenkaisor 379. Prodiktatur 118^ Prokonsularische Gewalt

255. 352. Prokopios,Gegenkaisor405 f.

Hist. 381 f. Prokuratoren, kaiserliche

290. 293. 32Ö. 323. 358. 360.

366. Promotus, Feldherr 407. Propertius, Dichter 17. 286. Prorogation 129. 207. Proskriptionen 205 f. 261. Prosper Tiro, Chronist 38^. Provinzen, Zustände 214.

324; Verwaltung 176. 207.

229. 253 ; unter Diokletian

388 f. Provokation 59. 60. 1732. 174. Proxenos, Hist. 68. Prusias von Bithvnien 126.

130. 138. 140 f. 142. 144. Pseudophilippos (Andris-

kos) 165. Ptolemäer in Ägypten 87. Ptolemaeus, Geograph 296 ^

353'. 360 ^ Ptolemaios Keraunos 77 f. Ptolemaios II Philadelphos

89

IV 124. 130.

V 130. 134.

VI 147 f.

VIII 148. 172. 195 f.

X 196. 207. 230.

XI Alexander 1 196. 207 '.

XII Alexander 11207.230.

XIII Auletes 230 f. 236. 248.

XIV 248 f.

XV 249.

XVI Kaisarion 249. 272. 275.

Philadelphos, S. des An- tonius und der Kleopatra 2722.

Ptolemaios Apion, König

von Kyrene 196. Ptolemaios von Kypros 230.

von Mauretanien 323. 366. Ptoleniais. St. in Ägvpten

364.379.4122. Publicius Certus 332».

Publikanen s. Stoucrpäch-

ter Publilia. Tribus 53 Publilius Celsus 3.36^ Pulcheria 418 f. Punicus, Lusitaner 159. Punier = Phöniker 101 ;

erster punischer Krieg

103 ff.; zweiter 114 129;

dritter 162 164. Puteoli, Kol 130. 155. Pydna, Schi. 145. 165. Pyrenäen 115. Pvrrhos, König von Ej>irus

'77—80. 139. Pythodoris, Königin 300. Pyxus(Buxentum), Kol. 1.30.

Q.

Quaden, Germanen 3(>8.

340 ff. 402. 405. Quaestionen, Gerichtsliöfe

169. 175. 190 206. Quästoren, Quästur einge- setzt 66; vermehrt 86.

206 f. 253. Quietus (Fulvius Quietus),

Gegenkaiser 374 f. Quinctilii, Geschlecht 43. Quinctilis, Monat = Julius

255. P. QuinctiliusVarus298. 306. L. Quinctius (Cincinnatus)

48. T. Quinctius, Diktator 54'. Flamininus, im zweiten

makedonischen Krieg

132 flf. 135. 137. 141. 156. qiiinquagesima venalinm re-

rum, Steuer 297*. Quinquegentianer in Afrika

373. 375. 388. Quintillus, Kaiser 376. Quirina, Tribus 107. 151. Quirites 37. 252; fossa Quiri-

tium 31.

R.

C. Rabirius 226^. Eadagaisus 413. Radamistus, Iberer 321. Räter, Rätien 22«. 293. 358.

374.379.387.395.402.417;

barbarisch 425. Ramnes, Ramneiises 31 f. 36 f. Randeia 322. Raxke, L. V. 6. Rasenna, Etrusker 22. Raudische Felder 186. Raurica [Augusta Rauraco-

no») 356*. Rausimod, Sarmate 397. Ravenna. St. 235. 243. 326.

394 : kaiserliche Residenz

414. 423. 426. 431.

Alphabetisches Register.

457

Recht, i'ömisches 367; Rechtsquellen •129.

Regalianus, Gegenkaiser 374.

Regen wunder bei den Qua- den 341^

Regia am Forum 42. 286.

Regillus, See, Schi. 38.

Regionen Roms 285. 288; Italiens 353.

Rehme, Ort 307'.

Reichsteilung 411.

Reiter (Ritter), Reiterei 37. 45. 6B. 87.

Religion, römische 46. 90; in der Kaiserzeit 368.

Remer (Reims), Gallier 234. 239. 356.

Remus 28 f.

Repetunden 229.

Resaina am Euphrat 370.

fes gestae divi Angusti 276.

res privata des Kaisers 346.

rex sacrorum 42.

Rhambauiten, Araber 301.

Rhaskuporis, Thraker 320.

Rhegion. St. 21. 77 f. 80; er- obert 81; 119.265.304^353.

Rhein, von Caesar über- schritten 237. 239; von Agrippa 267 ; überbrückt 239. 297: Grenze 298 f. 337.379. 397. 412 f.; Mün- dungen 357.

Rheinbrohl 357*.

Rheingau 319.

Rhetoren, besoldet 329. 339.

Rhizon in Illyrien 110.

Rhodope, Gebirge in Thra- kien 215.

Rhodos, Rhodier 88; mit Rom verbündet 89. 126. 130 f. 133. 136 ff. 144. 146. 197. 199. 2242; von Cassius erobert 263 ; Aufenthalt des Tiberius 301. 303 ; ein- gezogen 329. 362.

Rhoimetalkes, Thraker 320.

Rhome, Troerin 29.

Rhomos 29. 58.

Rhone (Rhodanus), Fl. 185 f. ; Hannibals Übergang 115.

Richter, Richtergesetze 175. 177. 188. 190. 199. 206. 212. 258. 290.

Ricimer 421. 423.

Rif in Mauretanien 366.

Rittercenturien 31 f. 175; Ritterstand 173^. 175f. 178. 189. 190. 199f.206.212. 229. 253. 290. 345. 352 f.

Rollin 2.

Rom, Lage und Ursprung 35 f.; Bevölkerung usw. 152. 286 f. 354 368: Bauten

285. 329. 335. 338. 354; Brände 316. 354. 389*; Stadtmauer 31 f. 53. 376; Stadtplan 346: seit Dio- kletian 389; unter Maxen- tius 393 f. 395: Bischöfe 40P; 408 f : geplündert 414.421; 431 f.; West- und Ostrom 411 ff. Romulus,GründerRoms28f. 30 f. 38. 48.

S. des Maxentius .395.

Augustulus 423 f.

Sex. Roscius aus Ameria 225. Rotes Meer 365. Rotomagus (Rouen) 386. Rottenburg 358. Rottweil 358. Ruas (Rugas,Rugila).Hunne

419. 4192. Rubico. Fl. 244. 244*.

RUBINO 3.

Rubrius, Volkstribun 176. Rudiae, St. 156. Rufinus, Hist. 383.

Präfekt 411 f. Rufrius Crispinus 315*. Rugas s. Ruas. Rugier, Germanen 426'. P. Rupilius, cos. 132 v. Chr.

170 f. Rusellae, St.inEtrurien24^ Ruspina, St. in Afrika 252. C. Rutilius Gallicus 328^. P. Rutilius Lupus, cos. 90

v. Chr. 192 f. P. Rutilius Rufus, Hist. 157.

190.

i s.

I Saalburg 296^. .357*. ! Saale, Fl. 296. ; Sabatina, Tribus 53. Sabeller = Samniter 25. 25'^.

27; Einfluß 41: 192. Sabina, G. Hadrians 336^. Sabiner 25; in Rom 36;

unterworfen 73 f. 86'" 2. Sabinianus , Gegenkaiser

370. Sabinus Julianus (M. Aure-

lius Julianus), Gegen- kaiser 380. Sabis (Sambre), Fl. 234. Sabrata, St der Tripolis 164. Sachsen, Einfälle ins Reich

371.373. 386.402.405.413.

417. 420. Sacriportusin Latium. Schi.

204. Säkularspiele 286*. Saguntum (Zakantha) in

Spanienll3f. 123. 150.210. Salarta via 46-. Salasser. Alpenvolk 179. 271.

292.

Salernum, Kol. 130.

Salinen bei Kom 31. 38. 46. 462; in Gormanien 320'.

Sallentiner (Messajiier) 22. 81.

Sallustius, Hist. 16. 157.

Sallver (Salluvier), Ligurer 180.

Salmantika (Salamanca) 1 13.

Salona in Illvrien 249. 361. 393. 424.

Saloninus (P. Licinius Cor- nelius Saloninus), Caesar 373=*. 374^

saltiis Castulonensis 150.

Q. Salvidienus Rufus 263.

Salvius (od. Tryphon), Skla- venführerauf Sizilien 187.

M. Salvius Otho, Kaiser 315*. 325.

Salzhandel 462.

Salzungen 320'.

Samareia (Sebaste), St. 300».

Samarobriva 356.

Same auf Kephallenia 139.

Samniter (Samnium) 25: = Sabeller 25'^: mit Rom verbündet 54': im Krieg' 55 f. 68 ff. 73 f. 75. 77. 80; unterworfen 81. 192ff. 201. 205: Untergang 206.

Samos 131. 137. 197. 215. 274. 299.

Samosata am Euphrat 268. 300.

Samothrake 145. 215.

Sancus, Gott 36.

Santoni in Gallien 233".

Saphrax, Gothe 407.

Sapor I, Perser 370. 374.

II 400 f. 402. 406. 408'.

III 408. Sarapistempel 407. Sarazenen 386. Sardes, St. 138. 26.3. 363. Sardinien, karthagisch 101.

104: römisch 108. 121.150.

175. 179. 205. 208. 245.

251 f. 261. 263. 267. 354:

vandalisch 422; kaiserlich

430. 432. Sardonia, Kol. (unbekannt)

53*. Sarmaten ( Jazygen) 320.326.

331. 340. 369. 379. 396 f.

402. 405. Sarmizegetusa 334. Sarnus, Fl., Schi. 432. Sarsinateu, Umbrer 81. Sasan 350^; Sasanideu 350. Saticula 70; Kol. 72. Satricum 49: Kol. 53. Saturninus s. Appuleius.

Gegeukaiser 379. Saxa rubra 395=.

458

Alphabetisches Register.

Scaptia, Tribus 57. Schlegel, A. W. v. 2 f. Schlesien 331.360.' Schottland 331. Schuldgesetze 199. 2.Ö0. Schwarz-Korkyra (Curzola) 247.

SCHWEGLER, A. 3.

Scipio s. Cornelius Scipio. Scipionenprozesse 154'. Scolacium (Minervia), Kol.

176». Scribonia, G. Oktavians 266.

303. CScriboniusCurio der ältere

212. 215.

Caesarianer 243. 245. 246. L. Scribonius Libo 247. scriptores historiae Axc/iistae

280 f. Sebaste (Samareia), St. 300'. Sebastianus 415. secessio -plehis 59'. 84. Sedunen, Alpenvolk 234. Seei'aub, Seeräuber 25. 55.

170. 188. 210. 211. 217 f.;

Seeräuberkrieg 215 f. 220f.

267. 3512. Segesta (Egesta) auf Sizilien

103 f. Segestes, Cherusker 306. Segestike (Siscia) in Pan-

nonien 271. Segida, St. in Spanien 159. Segimer, Cherusker 298. Segusiaver in Gallien 356. Segusio (Susa), St. in den

Alpen 209'. 293. Seidenhandel 365. L. Seius Strabo 309^ Seleukeia am Tigris 236. 340.

345. Seleukiden,Dynastie88. 141.

147 f. 195 f. 300; Ende 217. Seleukos I 197.

IV 141. 142. Selinus auf Sizilien 21.

in Kilikien 336. Scllasia, Schi. 114. Semnonen, Germanen 296.

308-'. 331. 360. 37P. Sempronia, G. des Scipio

Aemilianus 172. 174. P. Sempronius, cos. 304 v.

Chr. 71. A. Sempronius Asellio, Pr.

199. CSempronius Gracchus 168.

172:Volkstribunl74— 177.

191. 191'. Ti. Sempronius Gracchus,

cos. 213 V. Chr. 12^1 -cos.177v.Chr.150M51.172.

S. des vorigen. Volks- tribun 172 f.

Ti. Sempronius Longus, cos. 218 v.Chr. 115. 117.

C. Sempronius Tuditanus 174. 179^

Sena Gallica, Kol. 74; Schi. 125.

Senat, Entstehung und Bil- dung 31. 43. 45. 85; patri- zisch-plebeisch 67. 86 f ; Bedeutung 153. 173'. 175. 200. 206 f. 212; vergrößert 253; 255; kaiserlich 284 f. 287 f. 290. 305. 315. 329. 335. 338. 339. 345. 350. 351 ft".; beschränkt 364; 367^. 375. 378 f.; .seit Dio- kletian 385. 389. 409. 414. 416'; Beschlüsse und Pro- tokolle 14; in Konstan- tinopel 400.

seniorcs in der Centurien- ordnung 65.

Senonen in Italien 50. 74.

in Gallien 241. Sentinum, Schi. 73.

C. Sentius Saturninus, Pr. in Makedonien 188. 199.

in Germanien 297. Septicius Clarus 278'.

P. Septimius Geta, Kaiser

346. Septimius Odaenathus, Pal-

myrener 374 f. 377. L. Septimius Severus, Kaiser

342ä. 344—346. 352 f. 354.

356. 362. 364. 375". 392;

Tod 346; Selbstbiographie

346. Septimontium in Eom 36. Sequaner, Gallier 184. 186.

232. 233. 234. 241. 261. Serdica, St. 401. Serena. G. des Stilicho 411.

414. L. Sergius Catilina 225—227. Q. Sertorius 201. 208—210.

216. 217. 218. 355. Naevius (vielleicht Gnaeus)

Sertorius Macro, Präfekt

310. 3112. Servilia Mutter des Brutus

256^. C. Servilius, Pr. auf Sizilien

187. Cn. Servilius, cos. 217 v. Chr.

117. P. Servilius, cos. 252 v. Chr.

106'. Q. Servilius Caepio, cos. 140

V. Chr. 159«. 160.

cos. 106 V. Chr. 184. 188. 190.

S. des vorigen, Gegner des Livius Drusus 190.

C. Servilius Glaucia 189.

P. Servilius Isauricus, cos. 79 v.Chr. 215 f. 224«.

COS. 48 v. Chr. 247. 251. Q. Servilius Rullu.s, Volks- tribun 226. 228.

Servius Tullius, König .30.

32—34. 45. 66. 200; ser-

vianische Stimmordnung

abgeändert 153 Sestertius, Münze 90. Sestos, St. 138. Setia, Kol. 53. Severianus, S. des Kai.sers

Severus 396. Severus (Flavius Valerius

Severus), Kaiser .393 f 396.

(Libius Severus) 422. Severus Alexander (M. Au-

relius Severus Alexander),

Kaiser 349—351. 354. 369.

371. 371«. .392. L. Sextiu.s, Volkstribun 64^;

cos. 366 V. Chr 97. T. Sextius in Afrika 263. 266. C. Sextius Calvinus, cos. 123

V. Chr. 180. Sibylle, sibyllinische Orakel

39. 231. L Siccius 60^ Cn. Sicinius, Volkstribun

212. Side, St. in Pamphylienl642. Sidiciner 26. 55. 57. Sido, Suebe 320. Sidonius Apollinaris 384.

421'.

SlGONIÜS 1.

Sikaner 20'. 21.

Sikeler auf Sizilien 20 \ 21.

30; in Italien 21. 27»; in

Latium 35 ^ Sikelos 67'. Silarus, Fl. 26. Silawald der Brettier 81*. Silberminen in Spanien 123.

150. Sileuos, Hist. 99. Silingen, Vaudalen 416*. C. Silius 314. P. Silius Nerva 293. Silurer in Britannien 318.

330. Silvanus, Gegenkaiser 402*. Silvier, Könige von Alba

Longa 97. Silvium, St. 71. Simon Hoherpriester 196'. Simon Barkochba 337. Singidunum (Belgrad) 359.

425. Sinope, St. 88. 141. 197; wird

römisch 218 f. 250. Sinuessa, Schi. 56. Sipontum, Kol. 130. Siris. St. und Fl. 21. 77.

Alphabetisches Register.

459

Sirmium in Pannonien 369. 376. 379; ostgothisch 427.

Siscia (.Segestike) in Pan- nonien 271.

P. !-ittius 251 f.

Sizilien, besiedelt 20 f. 40. 76.79f. 101; römischeProv. 107 f.; im zweiten puni- schen Krieg 120f. 124 f.; im Sklavenkrieg 170f. 1861".; sullanisch 205; 214. 214^. 245. 251. 261. 263. 267. 268 f.; unter den Kaisern 354. 414. 418. 422. 424. 426. 431 f.

Skagen in Jütland 296^.

Skarpheia in Lokris. Schi. 167.

Skiren, Germanen 423.

Sklaven, Sklaverei, Sklaven- handel 168. 170. 188. 213. 367^: Sklavenkriege auf Sizilien 170f. 1861".; in Ita- lien 211.

Skodra (Skutari) 145. 266.

Skordisker, Gallier 179. 184. 187. 203. 214.

Skoten in Irland 393. 405. 417.

Skotussa, St. 133.

Skylax, Geograph 19. 50.

Skylletion (Scolacium, Mi- nervia), Kol 1763.

Skymnos, Geograph 19.

Skyros, Insel 145.

Skythen 196. 197. 217. 338.

Slawen im röm. Reich 428. 433 f.

Smyrna 134. 190, 263.

Soaemias, Kaiserin 349.

socii navaJes 83. 110*.

sodales Titii 286.

Söldnex'krieg der Karthager 108.

Soissons (Suessionen) 425.

Sokrates, Kirchenhist. 384.

Sokrates Chrestos. Präten- dent 198.

solitudo magistratmim (Anar- chie) 93.

Soloi (Pompeiopolis) in Ki- likien 221.

Solomon, Patricius 430 -.

Solus auf Sizilien, römisch 105.

Sonnengott Elagabals 349; Aurelians 378.

Sophienkirche 430.

Sophoniba, Karthagerin 127^

Sora, St. 70 f.

Sosistratos 79.

C. Sosius, Antonianer 268. 273.

Sosylos, Hist. 99.

Sozomenos, Kirchenhist.

384. Spanien (Hispanien, Iberer,

Iberien), karthagisch 101.

112 f.; im 2. punischen

Krieg 114f. 120. 122f. 125;

Pi'ov. geteilt 150; Kriege

150 f. 158 ff. 169. 185 f. 187.

205 ; unterSertorius 208 ff. ;

228. 235. 240. 245 f. 251.

254f. 261. 264; ganz unter- worfen 299; 325. 354 f.

374. 413. 415 f. 417. 424.

4.33; Diözese 388«. 393. Sparta, Spartaner 126. 133 f.

135. 140; Streit mit Achä-

ern 166; 167. 361; unter den

Kaisern316\337 -.361.375. Spartacus, Thraker 211. 216. Spasinu Charax an der Eu-

phratinündung 335. Spendios, Kampaner 108. Spina, St. 23. Spoletium, St. 118^. Stabiae verschüttet 330. Stadtpräfekt {praefectus urbi)

von Rom 310. 354. 389. L. Staius Murcus 254. 262.

263 f. 267. Stammbäume (imaginum

tituli) 14. Statellaten, Ligurer 150. Statilia Messalina 315\ StatiliusTaurus 269. 287. 299. Steinhuder Meer 307^ Stellatina, Tribus 53. Steuern, Steuerwesen 66.

289. 291. 294 f. 297. 315.

318. 328 f. 332. 3.36 f. 339 f.

343. 347. 349. 364. 366.

390. 410; Erlaß 336 f. 339 f. Steuerpächter [publican i)

155. 168. 176. 186. 190. 197.

214. 219. 236. Stilicho 411—414. 415'. Stimmordnung, serviani-

sche 32. 34. 66; refor- mierte 343. 153. 200. Stöner, Ligurer 179. Stoiker, ausgewiesen 329. Strabon, Geograph und Hist.

16. 19. 156 f. 158. 276. 287.

306 ^ Straßburg (Argentorate)

328. 358. 406; Schi. 402. Stratonikeia in Mysien 168. Stratonsturni in Palästina

3003. Stratos. St. 144. Sucro, Fl. 210. Sueben 232. 237. 239. 294.

296 f. 320. 331.333; Suehi

Nicj-efes 358'*; in Gallien

413. Cn. Suellius Flaccus 332.

Sue.ssa Aurunca, Kol. 57. 72. Suessionen, Gallier 234. Suessula, Schi. .56. C. Suetonius Paulinus 318f.

323. 366. C. Suetonius Tranquillus,

Biograph 278 f Sugambrer 237. 295 f. SulpiciaDryantilla,Kaiserin

374 ^ Sulpicianus (T. Flavius Sul-

picianus) 343'. P. Sulpicius (Galba), cos.

211, 200 v.Chr. 126. 131 f. Ser. Sulpicius Galba, Pr. 151

V. Chr. 159.

Caesars Legat 234.

Kaiser 317. 324 f.

P. Sulpicius Rufus, Volk.s-

tribun 200. Sulpicius Severus, Chronist

382. Sumelocenna (Rottenburg)

358. Surenas, Parther 236 f. Suthul in Numidien 182. Sutrium, Kol. 53. 71. Syagrius 425. Sybaris 21. Sykyrion, Schi. 143. Symmachus der ältere 384.

der jüngere 429. Synesios 412'. Synkellos (Georgios Syn-

kellos) 281 f. Syphax 123. 125. 127. Syrakus, Svrakusaner 21. 24 f. 79. 101. 102 f.; er- obert 120 f ; 422. Syrien 147. 195 f.: unter Ti- granes217.219;Prov.222f. 235 f. 250. 254. 258. 262. 266. 268. 270. 272. 340. 345. 351. 362 f. 363. 370 f. 408'. 411; Sgria coele und Phoe- nice 362.

T. I Tabari, Hist. 383. j Tacfarinas, Numider 323.

Tacitus (M. Claudius Taci- I tus), Kaiser 378.

(Cornelius Tacitus), Hist. I 277 f. 280. 310. 339. 378^.

Tadinae in Umbrien 432. Tagaste, St. 384^ ; Taprobane 365.

Tarasios, Patriarch 281^. I Tarchu 33'.

Tarcna in Caere 32*. I Tarentum (Taras), St. 21 f. 69'; tarentinischer Krieg 72. 75ff.; römisch 81.81*. 103-. 119. 122; erobert 124. j 152: Kol. 1763. 1942. 267 f. 353. 353'.

460

Alphabetisches Register.

Tarquinier, Geschleclit 33.

40 ^ 42 ^ Tarciuinii, St.24'. 31.33. 332.

42^. 54. 70^. Cn. Tar<iuinius 33'. L. Taniuinius Collatinus32. L. Tarquinius Priscus 30.

31 f. 45. L. Tarquinius Superbus 30.

31. 32. 40. Tarracina 38. Tarraco, St. 123. 150. 299. Tarrutenus Paternus 342. Tarsos, St. 263 f.; von den

Persern erobert 373; 396. Tasgetius, Gallier 238^. T. Tatius, Sabiiier 36. 47'. Taunuskastell 296; Taunus-

landschaft333 ; civitasTau-

iiensinm 358. Tauriner 111'. 116. Tauriskerlll.179. 179'. 184.

233. 292. 358. Tauromenion 79. 170 f. 269. Tauros, Gebirge 138. 188.

215; Schi. 268. Teanum Sidicinum 57 2. 193. Teia, Gothe 432. Telamon, Schi. 111. Teraese (Tempsa) 20'; Kol.

130. Tenkterer 237. 327. P. Terentius (Afer), Dichter

156. C. Terentius Varro, cos. 216

V. Chr. 118. M. Terentius Varro 245 f.;

Schriftstellerei 16 f. 95 f. M. Terentius Varro Lucul-

lus (M. Licinius Lucul-

lus) 215. A. Terentius Varro Murena

292. Teretina, Tribus 72. Tergeste, St. 242. Termantia, St. 160. Terremare 20. 27. Tertullianus 392. Tetricus (C. Esuvius Tetri-

cus), Vater und Sohn,

Kaiser 377 f. Tettius Julianus 331. Teuta, Königin 109 f. Teutobod 186. Teutoburger Wald 298. 306. Teutonen (Toygener) 184.

186. Thala in Numidien 182. Thamugadi, St. 335 ^ 365. Thapsus, Schi. 252. Thasos 130.

Theater in Rom 235. 254. 285. Theben in Böotien 167. Themistios, Redner 384. Themse, Fl. 238. 318 f.

Theodahad 431. Theoderich der Große {Fla-

vitis Theodet-icus) 425 429.

431.

Theoderid, Westgothe 420.

424. Theodora, T. des Maximia-

nus 387. 393<.

G. des Justinianus 429 f. 4332.

Theodoretos, Kirchenhist.

384. Theodosius, comes 405. 407. Theodosius I 406—409. 411.

4112. 412.

II 412. 414'. 416. 418 f.; co- dex Uieodosianus 384. 418'.

Theologie, etruskische 41. Theon, Mathematiker 419. Theophanes von Mytilene 157. 2242.

Confessor 383. Theophrastos 54. Theopompos, Hist. 51. Thermae auf Sizilien 105;

Kol. 286. Thermen des Agrippa 285;

des Diokletian 389*. Thermopylen, Schi. 136 f. Thervingen, Westgothen

406. Thespiae, St. 337^. Thessaler, Thessalien 136 f.

141 f. 143. 165. 199. 202.

247. 361. 411. Thessalonike, St. 144. 246.

361. 373. 397. 407; Auf- stand 408. Theudosia, St. 198. 223. Theveste, St. lOö^. 365. Thisbe, St. 143. Thiudimer, Gothe 425. Thoinon. Syrakusaner 79. Thraker, Thrakien 131. 134 f.

139. 142. 165. 187. 198.

202. 211. 214 f. 217. 262.

293 f.; Königreich 293 f.

320. 359 f.; Pro v. 359. 360.

396. 406. 411. 418. 420;

Diözese 388«. 396. Thransamund,Vandale418'.

427. 428. Thüringer 425. 427 f. 429. Thurii, St , Verhältnis zu

Rom 40. 75 f. 122. 124. 128;

Kol. (Copia) 130; 211. 266. Thusnelda 306. Thyateira, St. 203. Thysdrus 252. Tiberis, Fl. 27. 35. 254. Tiberius, Kaiser, s. Ti. Clau- dius Nero. Tiberius Gemellus, Enkel

des vorigen 311.

Tibur, St. 38. 57. 338. 338='. Ticinum (Pavia), St. 353.

414. 432. Ticinu.s, Fl., Schi. 117. Tifata, Berg, Schi. 204. Tigellinus (Ofonius Tigelli-

nus) 316. Tigranes I, von Armenien

196. 198. 215. 217. 219 f.

221 f. 223.

V 322.

Tigranokerta 217. 219. 322. Tigris, Fl. 335. 340. 345. 348.

380. 388. 402. 404. Tiguriner 184. 186. 233.

TiLLEMONT 1.

Timaios, Hist. 19. 35'. 68.

97. 101'. Timagenes, Hist. 157. Timarchos in Babvlonien

196*. Timasius 411. Timoleon 55. Tingis 2083. Tios, St. 219. Tiridates, Parther 275.

Bruder des Vologases 321 f.

Armenier 386.

Tities (2'itienses), Reitercen-

turie 31 f. 36 f. Tita, sodales 286. M. Titius, Antonianer 271. P. Titius, Volkstribun 261. Sex. Titius, Volkstribun 189. Titter, Keltiberer 159. Q. Titurius Sabinus 238. Titus Caesar, Sohn Vespa-

sians 327 ft". ; Kaiser 330. Titus Tatius, Sabiner36.47'. Tolerus, Fl. 193. Tolosa, St. 180. 184. 415. 417.

421 ; anruni Tolosannm 184.

188. LarTolumnius,Vejenter48'.

492. Tomi, St. 215. 359. Totila (Baduila), Gothe 432. Toufoiii (Teutonen) 183'. Toygener 184. Traianopolis 360'. Traianus (M. Ulpius Traia-

nus\Kaiser333 336.336 f.

339. 352. 354. 358'. 359. 360.

362 f. 365. 391 f.: Traians-

säule 333*. 335; Tropaeum

Trakt ni 333*. 396*. Transalpiner, Kelten 51 2.

73. 110. Transdanuvianer 320. 411. Transpadaner 112. 193. 243.

245. Transtigritanische Provinz

388. 404. Trapezunt, St. 326'.

Alphabetisches Register.

401

Trasimenischer See, Schi. 117.

fravi'cfio der Ritter 290'.

L. Trebellius, Volkstribun 2.Ö1.

Trebellius Pollio, Biograph 280«.

Trebia, Fl.. Schi. 117.

Trebonianus Gallus (C. Vi- bius Trebonianus Gallus), Kaiser 372 f. 392.

C. Trebonius 235. 251. 254. 256 f. 262.

Trerus, Fl. 27.

tres viri capitales 86*.

Treverer. Stamm 237 ff. 241. 294. 318. 327: Stadt (.4m- (lusta) Trier 358. 373^ 379^: Residenz 386. 395. 399. 405. 407.

Triarius, Gothe 425'.

C. Triarius 218 ff. 220^

Tribigild 412.

Triboker 234.

Tribunen, Volkstribunen [tn'huni plebis) 59.84; ein- geschränkt 200. 206; her- gestellt 212; unter den Kaisern 288. 354; tribu- ni zische Gewalt Caesars 255; Oktavians 270; des princeps 284; des Tiberius 303.

Kriegstribunen [tribuni iiiiJifitm) 63. 87; consukiri pntestate 63 f. 239.

Aerartribunen {tribuni aei-arii) 212. 253.

Tribus 32. 43. 45. 59. 153. 204;

vermehrt 53. 57. 72. 86. 107.

151.193; städtische 32. 86.

1 53 ; Stammtribus 36 f. 36- ;

Tributkomitien 59. 84. tributnm 66. 146. 26P. Trier s. Treverer. Trifanum, Schi. 56^. Trinitätslehre und -streit

399. 401. 405. 407. Trinovanten 318. Triokala auf Sizilien 187. Triphylien, Landschaft 134. Tripolis in Afrika 164. 183.

365. 405. 422. 430; limes

T/-ipolitani(s 375"'. Triumphalfasten 12 f. 100.

1073. 111^ 286. Triumvirat, erstes 229. 235.

zweites 262. 269. 273. 282^ Triumvirn für Ackervertei- lung 173.

Trösmis, St. 359.

Trogus Pompeius, Hist. 17 f.

68. 99. Troia 29^ 491 Tiopaea August i 293.

Tropaeum Traiatü 333*. 396*.

Tromentina. Tribus 53.

Troyes. St. 420.

Trvphon (oder Salvius) auf Sizilien 187.

M. Tullius Cicero 221; cos 225-228: verbannt 230 in Kilikien 237. 240. 244 249.256: gegen Antonius 259; Ende 261; Schrift stellerei 16. 19. 157.

Q. Tullius Cicero 238 f.

Ser. Tullius, König 30. 32. 33 f. 45. 66. 200.

Tullus Hostilius, König 30 f. 36. 43.

Turcilingen, Germanen 423.

Turdetanien 150.

Tursa (Etrusker?) 22«.

Tusculum 32«. 38. 47. 53. 154.

Tvana. St. 378.

Tyndaris. St. 105. 269.

Tyne. Fl. 3373.

Tyrannen. = Gegenkaiser 373 f. 373'.

Tvrannis in Rom 63 f.

Tyras, Fl. 293: St. 359. 371.

Tyros, St. 101. 266.

Tyrrhener s. Etrusker.

Tyrrhenische Pelasger 22.

U.

Ubier 237 ; bei Köln 267. 297. 306. 319. 357.

Ulpia Noviomagus (Nym- wegen) 33.3. 357.

Ulpia Traiana, Sarmizege- tusa 334.

Xanten 333. 357.

L. Ulpius Marcellus 343.

M. Ulpius Traianus 333; s. Traianus.

Umbrer (Umbrien) 25; vei'- drängt 50. 52': Verhält- nis zu Rom 72. 190. 192 f. 245.

Uraiiius (Julius Aurelius Sulpicius Uranius Anto- ninus), Gegenkaiser 37 1'*.

Urkunden 14.

Urmitz am Rhein 237'.

ürsinus. röm. Bischof 401'.

Urso, St. 2536.

Useudama (Adrianopel) 215.

Usipeter 237.

Utika 127. 162. 164. 246. 251 f. 263.

Uxellodunum. St. 241.

Uzita, St. 252.

Vaballath (Athenodoros). S.

der Zenobia 377. Vaccäer, Keltibei-er 113. 159.

161. 235. 299.

VadaSabatia inLigurienl79. Vadimo, See. Seid. 74. Valens, Caesar 396.

Flavius Valens, Kaiser 404-406.

C.Valens Hostilianus, Kai- ser 372. Valentia(ViboValentia) 130.

Kol. in Spanien 160. 210. ValentinianusI (FlaviusVa-

lentinianus), Kaiser 404 f.

II 405. 407 f.

III 416. 418—420. Valeria, T. Diokletians 387.

396. Valeria Messalina 314. Valerianus ( P. LiciniusVale-

rianus), Kaiser 372. 373.

375. 392.

(P. Licinius Cornelius Va- lerianus), Caesar 373 f.

L. Valerius, cos. 449 v. Chr. 61.

Valerius Antias, Hist.16.99 f.

C. Valerius Aurelius Diocle- tianus, Kaiser 380. 385 ff.

Valerius Corvus 54'.

Valerius Diocletianus, Cen- turio 385'.

C. Valerius Flaccus in Spa- nien 187.

L. Valerius Flaccus. Zensor 184 V. Chr. 154.

cos. 86 V. Chr. 201 f.

Interrex 206.

M. Valerius (Laevinus), cos.

210 v.Chr. 121 f. 126. P. Valerius (Laevinus). cos.

280 V. Chr. 77. Valerius Licinianus Lici- nius. Kaiser 394—397. Valerius Maximus 16*. 18. M. Valerius Messalla Corvi-

nus 271. 294; Memoiren

276. M. Valerius Muttines (vgl.

Myttones) 121'. Valia, Westgothe 415. 416*.

421. Vandalen 341. 371; fallen

ins Reich ein 376. 379. 397.

413; in Spanien 413. 415;

in Afrika 416 fl'. : Ende 430. Vangio, Suebe 320. Vangionen, Germanen 234. Vannius. Suebe 308. 320. P.Varinius. Pr. 73 V. Chr. 211. Q. Varius. Volkstribun 91

v.Chr.l91 ; sein Gesetz 192. Varius Avitus Bassiauus =

Elagabal 349. Varius Marcellus 349. Varro s. M. Terentius Varro. Varus, Fl. 353. Varus s.P.Quinctilius Varus.

462

Alphabetisches Register.

Varusschlacht 2983. 306. P.Vatinius 229. 249 f. 262.271. Vechten (Fectio) Hafen 357«. Veji, Vojenter 24>. 40. 48;

fällt 49; 51. 53'. 901 97. Veiturier, Ligurer 179'-. Veleda 327. 328^ Velia, St. (Elea) 21. 75. Velina, Tribus 107. 151. Velinus, See 74. Velitrao, St. 47 f. 49. C. Velleius Paterculus, Hist.

18. 158. 277. 310'. Veneter in Italien 25 50. 51;

werden römisch 111. 149.

in Gallien 235. P.Ventidius 268. Venusia, Kol. 73. 130^ Vera i l'raaspa, Phraata), St.

in Medien 270^.

Veragrer 234.

Vercellae 186.

Vercingetorix 240 f. 252 f.

Verfassungsgeschichte, Be- glaubigung 3 18. 58.

Vergilius 17. 265^. 287.

Verginius Rufus 317.

Verina, Kaiserin 423. 425.

Verona 353. 372. 380. 395. 413. 426.

C. Verres 214. 216. 225.

Verrius Flaccus 17. 286.

Verträge, aufgezeichnet 14.

Verzeichnis der Beamten 12 f. 14.

der Konsuln 12 f. 14. 18. 286. 382 f.

Veseris, Schi. bG*. Vesontio (Besan<;on) 234.

317. 3561. Vespasianus s. T. Flavius

Vespasianus. Vespasius 329-. Vestiner 72. Vesuvius 211. 330. Vetera {Castra Vetera) am

Rhein 295. 306. 327. 333. C. Vetilius, Pr. in Spanien

159. 159«. Vetranio, Gegenkaiser 401. T. Vettius 1863. Vetulonia, St. 24'. via Aennlia 179.

Äppia 85. 152. 239.

Cassia 149.

Domitia 180.

Egnatia 165.

Flaminia 149. 285.

Postumia 179.

Salaria 46^.

C. Vibius Pansa 259 f.

C. Vibius Trebonianus Gal-

lus, Kaiser 372 f. Vibo Valentia (Hipponion)

130. 265.

vicarii 389.

vicesima Galliarum 294.

Vico 2.

Victor, S. des Maximus,

Caesar 407 f. ~ Vitensis, Hist. 384. 418^. Victoria, Altar in der Kurie

408 f.

Mutter des folgenden 377. Victorinus (M. Piavonius

Victorinus) 377. Vienna, St. in Gallien 115*.

240; Kol 355. 408; Vien-

nensis, Diözese 388«. L. Villius, Volkstribun 154. P.Villius, cos. 199 v.Chr. 132. Viminacium 344«. Vindalium, Schi. 180. Vindeliker,Vindelicien 293.

358. A^indobona 328. 342. 359. Vindonissa 327. Viniciana coniuratio 317^*. M. Vinicius, cos. 19 v. Chr.

294 f.

cos. 30 V. Chr. 277.- T. Vinius 325. vinuni, Lehnwort 40. Vinxtbach 308'. Vipsania 286 ». 303.

M. Vipsanius Agrippa 259".

267.269.274.276 285. 286».

287. 294 f. 299 f. 303. Vipstanus Messalla, Hist.

277. Virdumarus 111. Virginia 6t i^ Viriathus 159 f. Virius Nicomachus Flavia-

nus, Stadtpräfekt 408. Vitalianus 428. A. Vitellius, Kaiser 324 ff. L.A^itellius, Zensor 314. 321.

324«.

S. des vorigen 326. Vitiges, Ostgothe 431. Völkerwanderung, Beginn

406 Vokontier 180. Volaterrae, St. 24'. 205. Volcae, Gallier 180. Volci, St. 24'. 75. Volkstribunen s. Tribunen. Volksversammlung s. co-

mitia. Vologases I 321 f. 329.

III 339.

IV 345.

V 347 f.

Volsinii, St. 24 1. 49. 74 f.; verlegt 82.

Volsker 27. 47 f. 49. 53; unter- worfen 55. 57.

Volturnum, Kol. 130.

Volu.sianus (GallusVolusia-

nus), Kaiser 372 f. Vonones, Parther 301. 321. Vougle {campiis Vogladenfiis),

Schi. 427. Vulcacius Gallicanus 280®. Vulfila, Gothe 434.

W.

Wahlen 66; unter den Kai- sern 288. 305. 311.

Wales in Britannien 318.

Wehrpflicht 65 f.

Weinbau von Probus ge- fördert 379.

Weißenburg in Sieben- bürgen (Apulun)) 359.

Weser, Fl. 295 f. 307.

Westgothen s. Gothcn.

Weströmisches Reich. Ende 424.

Wetterau, römisch 331. 333. 357.

Wiesbaden (aquae Mattiacae) 319. 357 f.

Wippach, Fl. 409.

Wissant 237*.

Wölfin, eherne 28.

Worms (Borbetomagus) 358.

Wuchergesetie 199.

X.

Xanten ( Ulpla Traiana) 295^.

333. 357. Xanthippos, Spartaner 104. Xanthos, St. 263. Xenophon, Hist. 338-. Xenophon von Kos 314*. Xiphilinos, Hist. 279.

York s. Eburacum.

Z.

Zaitha am Euphrat 371. Zakantha s. Saguntum. Zakynthos 1 13M26; römisch

140. Zama, Schi. 128. Zama Regia 182. 252. Zankle (Messana), St. 21, Zehnte, Abgabe 168. 176. Zeitrechnung 9 f. 90 ff. Zeitschriften 7. 11. Zela, Schi. 220. 250. Zeniketes, König 215, Zenobia 377. Zenon, Laodikeer 300.

Artaxias, König von Ar- menien 321.

oström. Kaiser 423. 425 f. Zonaras (Johannes Zonaras)

158 279. Zosimos, Hist. 280. 381. 385'. Zwölf Kolonien 129-. Zwölf Tafeln 61 f.

Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft

in systematischer Darstellung Begründet von IWAN v. MÜLLER, fortgesetzt von ROBERT v. PÖHLMANN In neuer Bearbeitung herausgegeben von Dr. WALTER OTTO

0. Professor der alten Geschichte an der Universität München

Inhalt der einzelnen Bände:

I. Band: Einleitende und Hilfsdisziplinen. Dritte, vollkommen neu bearbeitete Auflage,

Erschienen sind:

S.Abteilung: Kritik und Hermeneutik. Abriß des antiken Buchwesens von F'rofessor Dr. Theodor

Bin (Marburg). 1913. 25'.. Bogen Lex. 8'. Grundpreis geh. .M 9.50, geb. M 13.— S.Abteilung: Griechische Epigraphik von Professor Dr. Wilhelm Larfeld (Remscheid). Dritte,

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II. Band, L Abtlg. : Griechische Grammatik (Lautlehre, Stammbildungs- und Flexionsichre U.Syntax) von Prof. Dr. Karl Brugmann (Leipzig). 4.Aufl.,bearb. von Prof. Dr.A.Tliumb (Straßburg). Mit einem Anliang über Griechische Lexikographie von Prof. Dr. Leo- pold Cohn (Breslau). 1913. 49 V^ Bg. Lex.8«. Grundpreis geh. M 19.—, geb. M 24.—

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III. Band, 1. Abtlg., 1. Hälfte: Geographie und Geschichte des alten Orients von Prof. Dr. Hommel (München). 1. Hälfte: Ethnologie des alten Orients. Babylonien und Chaldäa. Nebst provisorischem Register. 2. Auflage. 1904. 25 Bogen Lex. 8" mit Ab- bildungen und 1 Karte. Grundpreis geh. M 9.50

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Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft

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li. Teil, 2. Hälfte: Vom Tode des Augustus bis zur Regierung Hadrians. Mit Register. S.Auf- lage. 1913. 38'.. Bogen Lex.8". Grundpreis geh. .H 14 50, geb M 19.50

III. Teil: Die römische Litteratur von Hadrian bis auf Constantin (324 n. Chr.), 3., neubearbeitete Auflage von Carl Hosius und Gustav Krüger. Mit Register 1922. XVI, 474 Seiten Lex.8''. Grundpreis geh. M 12.—, geb. M 16.50

IV. Teil: Die römische Litteratur von Constantin bis zum Gesetzgebungswerk Justinians. 1. Hälfte: Die Litteratur des 4. Jahrhunderts. Mit Register. 2., vermehrte Auflage. 36'4 Bogen Lex 8". Grundpreis geh. M 13.50, geb. M 17.50

IV. Teil, 2. Hälfte: Die Litteratur des 5. und 6. Jahrhunderts. Von Martin Schanz, Carl Hosius und Gustav Krüger. Mit Register und einem Generalregister des Gesamtwerkes nebst einem Bildnis von Martin Schanz. 43^4 Bogen Lex.8''. Grundpreis geh. M 17 , geb. M 22.— Die Geschichte der römisdien Litteratur ist mit Band IV. 2 abgesdilossfn.

IX. Band, 1. Abtlg. : Geschichte der byzantinischen Litteratur von Justinian bis zum Ende des oströmischen Reiches (527 1453) von Professor Dr. Karl Krumbacher.

2. Auflage bearbeitet unter Mitwirkung von Professor Dr. A. Ehrhard (Straßburg) und Prof. Dr. H. Geiz er (Jena). 1897. 75^/4 Bogen Lex. 8°. Vergriffen, neue Auflage in Vor- bereitung.

IX. Band, 2. Abtlg.: Geschichte der lateinischen Litteratur im Mittelalter von Professor M. Manitius (Radebeul)

I. Teil: Von Justinian bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts. Mit Register. 1911. 49 Bogen Lex. 8".

Grundpreis geh. M 18.50, geb. M 24.— (II. Teil erscheint 1923 -

C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck in München

C. H. Beck'sche Buchdruckerei in Nördlingen.

DG Niese, Benedictus 209 Grundriss der romischen

N7 Geschichte nebst Quellen-

1923 künde . 5. Aufl., neubearb.

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