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GRÜNDRISS

DER

VERGLEICHENDEN ANATOMIE

VON

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ZWEITE VERBESSERTE AUFLAGE.

HIT 35« FIGUREN IN HOLZSCHNITT.

LEIPZIG,

VERLAG VON WILHELM ENGELMANN.

1878.

Das Recht der Uehersetzung in fremde Sprachen behalten sich

Verfasser und Verleger vor.

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE.

Seit ich die Umarbeitung meiner Grundzüge der vergleichenden Anatomie in die erste Auflage dieses Grundrisses ausgeführt habe, ist eine Erweiterung und Sicherstellung unseres Wissens auf fast allen Gebietsteilen jener Disciplin in so reichem Maasse erfolgt, dass die Herstellung einer zweiten Auflage des Grundrisses mir als keine leichte Aufgabe erscheinen durfte. Ich habe mich dersel- ben jedoch mit Freude unterzogen; boten sich doch so viele Zeug- nisse für das Eindringen der Entwickelungsidee in die anatomische Forschung! Scheint sich damit die Bahn zu ebnen, auf welcher die Wissenschaft gedeihlich fortzuschreiten vermag, so ist die Strecke des zurückgelegten Weges doch nur kurz, im Vergleiche zu jener die unabsehbar vor uns liegt. Jede Lösung einer Frage wirft deren wieder neue auf, und setzt Anderes in Fluss, was vorher eine be- stimmtere Gestalt gewonnen zu haben schien. Daraus erwachsen bedeutende Schwierigkeiten für eine mehr zusammenfassende Dar- stellung wie sie ein Lehrbuch bieten soll. Ich war bestrebt diesen Schwierigkeiten so viel als möglich aus dem Wege zu gehen, wo ich sie nicht überwinden konnte. Manches blieb unverändert, weil die darauf bezüglichen Untersuchungen eine gründliche, in ihrer concreten Form noch nicht übersehbare Umgestaltung in Aussicht stellten.

In der Anordnung des Stoffes habe ich Einiges modificirt. Dass ich die Brachiopoden von den Mollusken schied und als selbstän- digen Thierstamm behandelte, dürfte nicht zu tadeln sein. Es ist

IV Vorwort zur zweiten Auflage.

auch mehr eine äusserliche Neuerung, da ich bereits in den »Grund- ztigen« die bedeutende Verschiedenheit jener von den »übrigen Mol- lusken« hervorgehoben hatte. Ein ähnliches an den Tunicaten aus- geübtes Verfahren bedarf heutzutage gleichfalls keiner speciellen Rechtfertigung.

Eine concisere Darstellung gestattete einige Vermehrung des thatsächlichen Inhaltes ohne nennenswerthe Vergrfisserung des Um- fanges. Freilich konnte dabei nur das, was mir als Hauptsächliches erschien, Berücksichtigung finden, und vieles, selbst wichtiges Detail fand an dem durch die Bestimmung des Buches gegebenen Um- fang seine Schranke.

Frühere Fehler zu verbessern, auch einigen formalen Mängeln abzuhelfen war ich bemüht. Was von beiden sich forterhielt oder etwa neu sich einschlich, wird bei den sowohl der Ausdehnung unserer Wissenschaft als auch mit dem Zwecke meiner Aufgabe vertrauten Fachgenossen eine billige Beurtheilung finden. Ihnen hoffte ich zu genügen, nnd werde damit für die Mühe der Arbeit entschädigt sein.

Heidelberg, im November 1877.

C. Gegenbaur.

INHALTSVERZEICHNIS^

8oiu I 2. Einleitung.

3 40. Begriff und Aufgabe der vergleichenden Anatomie 4

Allgemeiner Ttaeil.

44. Aufbau des Thferleibes 48

Organe und Organismus 4S

42. Differenz! rung 4 4

13—45. Erster Zustand des thierischen Organismus 15

Die Zeile IS

16. Differenzirung des thierischen Organismus 49

47. Entstehung der Gewebe 20

18. 49. A. Vegetative Gewebe 81

Epithelien 21

20 23. Bindesubstanzen 24

24. Formelemente der ernährenden Flüssigkeit SO

25. B. Anlmale Gewebe 84

26. Muskelgewebe :»*

27. Nervengewebe 33

28. 29. Entstehung der Organe 35

30. Organs\ steme 39

a Integument 39

31. b, Skelet 40

32. 33. c, Muskeln 40

34. 35. d) Nervensystem 42

36—38. ej Sinnesorgane 44

39. f; Respiratorische Organe des Integumentes. (Ilautkiemen . 47

40. gj Excretionsorgane 48

44. h) Darm 49

42. Respiratorische Organe des Darmes 54

43. 44. i) Gefesssystem 52

45. 46. k, Fortpflanzungsorgane 54

47. Veränderung der Organe 57

Ausbildung und Rückbildung 57

48. Correlation der Organe 59

49. 50. Grundformen der T hier korper 61

54. 52. Metamerie des Körpers 64

53—55. Vergleichung der Organe 66

56 58. Systematische Gliederung des Thierreiches 69

59. Literarische Hilfsmittel der \ erreichenden Anatomie 74

Specieller Theil.

Erster Abschnitt. ProtoiO&U

60. Allgemeine Lebersicht 79

Literatur 84

61—70. Organisation der Protozoen 82

Zweiter Abschnitt. Cfflententen Zoophyta .

71. Allgemeine Uebersirht 95

Literatur 96

72—78. Körperform 98

79. Gliedmassen 408

80. Integument 440

84. 82. Skelet 412

83. Muskelsystem 4 45

84. Nervensystem 416

85. Sinnesorgane 416

86—93. Darmkanal . , 118

94—98 Geschlechtsorgane 127

VI Inhaltsverzeichniss.

Dritter Abschnitt. Würmer«

Paragraph. Seit*

99. Allgemeine Uebersicht 4 33

Literatur 4 3'i

4 00—103. Körperform 137

4 04. 4 05. Gliedmassen 4 41

4 06. Aeussere Kiemen 144

107—411. Integument 145

142. Skelet 4 51

4 4 3. 14 4. Muskelsystem 4 54

4 4 5—121. Nervensystem 154

4 22. 423. Sinnesorgane 4 62

Tastorgane 4 62

4 24. 4 25. Sehorgane 4 63

426. Hörorgane 4 66

427 132. Darmcanal ' 166

4 33. Darmkiemen 4 74

434. 4 35. Anhangsorganc des Darmcanals 4 75

136. Leibeshöhle 176

437—441. Geftisssystcm 177

142 145. Excretionsorgane 1S3

4 46—456. Geschlechtsorgane 190

Vierter Abschnitt. Echinodernten.

4 57. Allgemeine Uebersicht 20ö

Literatur 207

158—164. Körperform 207

462. Gliedmassen 212

163—167. Integument und Hautskelet 214

168. Muskelsystem 221

169. Nervensystem 222

170. Sinnesorgane 224

474—473. Darmcanal 224

4 74. Anhangsorgane des Darmcanals 228

4 75. Leibeshöhle 2.10

476. Gcfässsystem 231

Blutgefässe 234

4 77. 178. Wassergefasse 232

4 79. Excretionsorgane 237

4 80. 184. Geschlechtsorgane 238

Fünfter Abschnitt. Arthropoden«

4 82. Allgemeine Uebersicht 241

Literatur 246

183. Körperform 247

4 84. Gliedmassen 251

4 85. Gliedmassen der Branchiaten 252

486. 487. Kiemen 25'«

1 88— 190. Gliedmassen der Tracheaten 257

4 91—193. Integument 2f>2

194. Muskelsystem 2<i5

195—200. Nervensystem 266

201. Sinnesorgane 275

Tastorgane 275

202. 203. Hörorgane 27«

204 206. Sehorgane 27J

»07—211. Darmcanal 283

212. Anhangsorgane des Darmcanals 2S9

1; Anhangsorgane des Vorderdarms 289

24 3. 2; Anhangsorgane des Mitteldarms 290

214. 3} Anhangsorgane des Kndriarm* 2*.»2

215. Leibeshöhle 29i

pAiftfrmph. 246—220.

222—225.

226—237.

288.

339. 240. 244. 242. 243. 244. 245. 246.

247.

248—252. 253. 254. 255. 256. 257—259. 260—263.

264.

265. 266—269.

270.

274.

272. 273.

274. 275—279.

280.

281. 282. 283.

284—288. 289—292. 291—298.

299.

MO. 304.

302.

303.

304. 305. 306.

307.

308. 309— IM.

312.

343.

314.

315.

Inhalt*>erzeichnis*. TU

StiU

lieft System 295

Excretionsorgane 302

Tracheen 803

Geschlechtsorgane 808

Sechster Abschnitt. Braekiopoden*

Allgemeine Lebe reicht 824

Literatur 825

Karperform 826

Integument, Schale und Arme 826

Muskelsystem 327

Nervensystem und Sinnesorgane 328

Danncanal 829

Leibeshöhle und Kreislauforgane 380

Excretionsorgane 384

Geschlechtsorgane 382

Siebenter Abschnitt. Mollwken.

Allgemeine Lebersicht 338

Literatur 885

Körperform 836

Gliedmassen 345

Integument *. 347

Schalenbildungen 849

Kiemen 355

Inneres Skelet 361

Muskelsystem 362

Nervens\stem 863

*

Centralorgane und Korpernerven 363

Eingeweidenerven 371

Sinnesorgane 371

Tast- und Ricchorganc 371

Sehorgane 373

Hörorgane 876

Darmcanal 878

Anhangsorgane des Darmcanals 3M4

4; Anhangsorgane des Vorderdarms 884

2; Anhangsorgane des Mitteldarms 884

8) Anhangsorgane des Enddarms 387

Leibeshöhle 887

Gefasss^stem 888

Excretionsorgane 396

Geschlechtsorgane 404

Achter Abschnitt. Tatticaten.

Allgemeine l'ebcrsicht 410

Literatur 411

Körperform 442

Integument 445

Skelet 446

Muskelsystem 416

Nervensystem 447

Sinnesorgane 449

Darmcanal 420

Respiratorische Vorkammer. (Kiemenhöhle; 420

Darm 425

Gefiisssystem 426

Geschlechtsorgane 428

Neunter Abschnitt. Wlrbelthiere*

Allgemeine Uebersicht 430

Literatur 485

YIH Inhalts verzeichniss.

Paragraph. 8«ite

316. Körperform 436

347. 318. Gliedmassen 437

»19. 310. Integument 440

824 323. Epidermoidalgebilde 44)

324—326. Hautskelet 446

327. Inneres Skelet 450

188—814. Wirbelsäule 45»

385—337. Rippen 462

338. Sternum 466

339. 340. Kopfskelet 468

341—352. Schädel 471

353—356. Kiemenskelet 492

357. Skelet der Gliedmassen. 496

358—860. Vordere Gliedmassen 498

Brustgürtel .498

364—365. Vordere Extremität 501

366. Beckengürtel 508

367—369. Hintere Extremität 54 4

370. Muskelsystem 515

371. Hautmuskeln 516

372—377. Muskulatur des Skelets 517

878. Elektrische Organe . . . 523

379. Nervensystem 525

380. 381. A. Centralorgane des Nervensystems 527

a) Gehirn 527

382. 383. b) Rückenmark 535

384. c) Hüllen des centralen Nervensystems 536

385. B. Peripherisches Nervensystem 537

386. a) Rückenmarksnerven 538

387—392. b) Hirnnerven 539

393. c) Eingeweidenervensystem 547

394. 395. Sinnesorgane 547

396. Riechorgane 54»

397—399. Sehorgane 551

400—403. Hörorgane 557

404. Darmcanal 563

405. Respiratorische Vorkammer (Kopfdarm. 564

406-409. Kiemen 565

410. Kiemenspalten und Gaumen der Amnioten 570

411. 441. Nasenhöhle 574

413. Mundhöhle 573

414—416. Organe der Mundhöhle 574

417. Eigentlicher Darmcanal (Rumpfdarm 580

418. Vorderdarm 581

419. Mitteldarm 584

420. Enddarm 584

421. Anhangsorganc des Mitteldarms 588

422. Mesenterium 590

423. Pneumatische Organe des Darmrohrs 591

424. aj Schwimmblase 592

425—427. b) Lungen 594

428. Leibeshöhle 599

42». 430. Gcftisssystem 600

431 436. Herz und Arteriensystem 60*.

487 442. Venensystem 615

443—446. Lymphgefasssystem 628

447 449. Excretionsorgane 627

450 458. Geschlechtsorgane 634

Register 654

Einleitung.

Begriff and Aufgabe der vergleichenden Anatomie.

§<•

Das Gebiet der Wissenschaft, welche die organische Natur zum Gegenstande ihrer Untersuchungen hat, zerfüllt nach den beiden orga- nischen Naturreichen in zwei grosse Abiheilungen , in Botanik und in Zoologie. Beide Disciplinen bilden zusammen die Wissenschaft von der lebenden Natur: Biologie. Sie sind insofern enge mit einander ver- bunden, als die Erscheinungen im Thier- wie im Pflanzenreiche auf gleichen Grundgesetzen beruhen , und Thier und Pflanze bei aller Ver- schiedenheit der specielleren Einrichtungen gemeinsame Anfange besitzen und im Hausbalte der Natur in innigen Wechselwirkungen stehen.

Innerhalb der beiden genannten Disciplinen sind mehrfache Arten der Forschung möglich , ans denen neue Disciplinen hervorgehen. Das Gebiet der Botanik zur Seite lassend, verfolgen wir jenes der Zoologie in seine ferneren Gliederungen. Die Erforschung der Leistungen des Thierleibes oder seiner Theile , die ZurUckführung dieser Functionen auf elementare Vorgänge und die Erklärung derselben aus allgemeinen Ge- setzen ist die Aufgabe der Physiologie. Die Erforschung der mate- riellen Substrate jener Leistungen , also der Formerscheinungen des Kör- pers und seiner Theile, sowie die Erklärung derselben aus dem logischen Zusammenhange jener , ist die Aufgabe der Morphologie. Physiologie und Morphologie besitzen somit verschiedene Aufgaben , wie auch ihre Methoden verschieden sind; für beide aber ist es nöthig, selbst auf getrennten Wegen, sowohl einander als auch das gemeinsame Endziel im Auge zu behalten, welches in der Biologie gegeben ist.

Die Morphologie gliedert sich wieder in Anatomie und Enl- wickelungsgeschichte. Wie erstere den vollendeten Organismus zum Untersuchungsobjecte hat, so besitzt letztere den werdenden Orga- nismus zum Gegenstande ihrer Forschung.

Die Anatomie selbst kann in eine allgemeine und specielle getheilt werden. Die allgemeine Anatomie beschäftigt sich mit den Grund- formen der thierischen Organismen (Promorpliologie) , und den aus jenen

Geganbanr, Unnidri» d. vargl. Anatomie. 2. Aufl. 4

2 Einleitung.

hervorgehenden Formerscheinungen. Die specielle Anatomie nimmt die organologische Zusammensetzung des Thierleibes zum Gegenstande. Einen ihrer Zweige bildet die Histiologie, Gewebelehre, als Lehre von den Elementarorganen des thierischen Körpers.

Die Entwickelungsgeschichte erläutert aus dem Verfolge des allmählichen Werdens die Complicationen der äusseren und inneren Orga- nisation, indem sie dieselbe von einfacheren Zuständen ableitet. Die Veränderungen der Organisation können aber sowohl im Entwickelungs- leben des Individuums als in der Reihenfolge der Organismen verfolgt werden. Auf ersteres erstreckt sich die gewöhnlich als Entwickelungs- geschichte (Embryologie) bezeichnete Di sei plin , die sich als Ontogenie (Entwickelung des Einzelwesens) der Phylogenie (Entwickelung der Stämme) gegenüberstellt. Da die letzlere die früheren, nicht mehr lebend existirenden Zustände der Thiere in sich begreift, umfasst sie auch die Paläozoologie. Sie ist die Entwickelungsgeschichte der Organismen reihen in ihrer geologischen Aufeinanderfolge.

§ 2.

Indem die Anatomie die Zusammensetzung der Organismen zum Objecte hat. wird sie zur Struclurlehre , und gliedert sich je nach den verschiedenen Gesichtspunclen , von denen die Structur selbst beurlheilt werden kann , in mehrere Abtheilungen. Ist die Zusammensetzung des Körpers an sich , die Gestaltung und das gegenseitige Verhalten der ein- zelnen Organe zur Aufgabe genommen, so verhält sich die Anatomie beschreibend, indem sie die Befunde der Untersuchung schildert, ohne aus denselben weitere Schlüsse zu ziehen. Die anatomische Thal- sache ist Zweck der Untersuchung, und diesem Zwecke genügt die Empirie. Durch die Beziehung zur Heilkunst, somit aus praktischem Bedürfnisse, hat sich die beschreibende Anatomie für den menschlichen Organismus hinsichtlich des Umfanges von Einzelerfahrungen zu einem besonderen Zweige ausgebildet, der als »Anthropotomie« der gleich- falls beschreibenden »Zootom iea sich an die Seite stellt. Beide sind nur durch das Object, nicht durch die Behandlung desselben verschieden, beide verhalten sich analytisch. In demselben Maasse als beide sich ent- halten , aus ihren Einzelerfahrungen Schlüsse zu ziehen , und diese zu Abstraktionen zu verwerthen, entbehren sie des Charakters einer Wissen- schaft, da der letztere weder durch den blossen Umfang der Erfahrungen, noch durch die Complicationen des Weges, auf dem solche gewonnen werden, bedingt wird. Gänzlich untergeordnet für die Beurtheilung der wissenschaftlichen Bedeutung sind daher die äusseren Hilfsmittel der Untersuchung, die nur bezüglich des Auffindens oder der Feststellung von Thatsachen in Betracht kommen können.

Anders gestaltet sich die Anatomie, sobald ihr die Kennlniss von Thalsachen nur Mittel ist, die ;ius einer Summe solcher Kenntnisse er-

Einleitung. 3

schlosseoe Erkenntniss dagegen der Zweck , indem sie die Thatsachen der Einzelerscheinungen nicht ausschliesslich für sich betrachtet, sondern sie unter einander in Beziehungen bringt. Diess geschieht durch Auf- suchen des Gleichartigen in der Organisation verschiedener Organismen, und durch das Vergleichen dieser Befunde. Daraus leitet sie wissen- schaftliche Erfahrungen ab, und gestaltet das auf dem Wege der Induction Gefolgerte zu deducliven Schlüssen. Sie wird dadurch zur verglei- chenden Anatomie. Ihr Verfahren ist synthetisch. Die Analysen der beschreibenden Anatomie (Anthropotomie wie Zootomie) liefern ihr die Grundlage, sie schliessen sich also nicht nur nicht von der vergleichenden Anatomie aus, sondern werden recht eigentlich von ihr umfasst und wissenschaftlich durchdrungen. Je sorgfältiger die Sichtung der That- sachen , um so sicherer wird der Boden für die Vergleichung. Die Em- pirie ist somit die erste Voraussetzung, wie die Abstraction die zweite ist. Wie die letztere ohne die empirische Voraussetzung grundlos ist, so ist die Empirie an sich vom wissenschaftlichen Gesichtspunkte aus nur tyne Vorstufe zur Erkenntniss.

§ 3.

Die Aufgabe der vergleichenden Anatomie liegt in der morphologischen Erklärung der Formerscheinungen in der Organisation des Thierleibes. Die Vergleichung ist die zur Lösung dieser Aufgabe dienende Methode. Sie zeigt den Weg den die wissenschaftliche Unter- suchung zu gehen hat, und der gekannt sein muss, wenn nicht planloses Umherirren die Folge sein soll. Die vergleichende Methode sucht in Reihen von Organismen die morphologischen Befunde der Organe des Körpers zu prüfen, stellt als Ergebniss die gleichartigen Verhältnisse zusammen und sondert die ungleichartigen davon ab. Dabei berücksich- tigt sie Alles, was beim anatomischen Befund überhaupt in Betracht kommt: Lagerung zu anderen Körpertheilen , Gestall, Zahl, Umfang, Structur und Textur. Sie erhält dadurch für die einzelnen Organe Reihen von Zuständen, in denen die Extreme bis zur Unkenntlichkeit von ein- ander verschieden sein können, aber untereinander durch zahlreiche Mittelstufen verknüpft werden.

Aus den mannichfachen Formenreihen eines und desselben Organes ergibt sich erstlich : dass der physiologische Werth in den verschiedenen Zuständen des Organes keineswegs derselbe ist, dass vielmehr ein Organ, unter Modification seines anatomischen Verhaltens, sehr verschiedenen Leistungen vorstehen kann. Die ausschliessliche Berücksichtigung seiner physiologischen Leistungen wird daher die in morphologischer Beziehung zusammengehörigen Organe in verschiedene Kategorieen bringen. Daraus resultirt die untergeordnetere Bedeutung der physiologischen Leistungen des Organs bei vergleichend -anatomischer Untersuchung. Der physiolo- gische Werth kann erst in zweiler Reihe in- Betracht kommen, wenn es

4 Einleitung.

sich darum handelt, für die Modification, welche ein Organ im Zusammen- halt mit einem anderen Zustande desselben erlitten, Beziehungen zum Gesammtorganismus herzustellen. Durch diese mittels der Vergleichung angestellte Prüfung des anatomischen Befundes liefert die vergleichende Anatomie den Nachweis für den Zusammenhang ganzer Organreihen, und innerhalb dieser Reihen treffen wir Veränderungen mann ich fachster Grade, bald nur im Kleinen, bald in grösserer Ausdehnung sich darstellend, Modificationen, die den Umfang, die Zahl, die Gestalt und auch die Textur der Theile eines Organes betreffen , und sogar zu Aenderungen der Lage- beziehungen fuhren können. Der Ueberblick einer solchen Reihe lehrt also einen in einzelnen Stadien repräsentirlen Vorgang kennen, der in Veränderungen eines und desselben Organs bei verschiedenen Thieren sich ausdrückt.

Das Bestehen eines gewissen Maasses von Gleichartigkeit in der Organi- sation innerhalb gewisser grösserer oder kleinerer Abtheilungen des Thier- reiches leiten wir von der Vererbung ab, einer Erscheinung, welche sich in der Uebertragung der Organisation eines Organismus auf dessen Nachkommenschaft äussert. Die Nachkommen wiederholen die Organisation des alter liehen Organismus. Dies ist eine nicht anzuzweifelnde Thalsache. Dennoch geschieht bin und wieder Einsprache, bald gegen das Bestehen einer Vererbung, bald gegen ihre Bedeutung. Die Uebereinstimmung der Organisation der Nachkommen soll nicht durch Vererbung, sondern durch die Wirksamkeit bestimmter physikalischer Potenzen während des Em- bryonallebens entstehen. Man muss da fragen, wie es denn komme, dass jene Potenzen dieselben sind, alle jene Spannkräfte, Druckwirkungen u. dergl., von denen man den Aufbau des Embryo abzuleiten sucht? Wenn z. B. ein Gelenk seine on löge netische Ausbildung durch die Bewe- gung der Skelettheile vermittels der Muskelthätigkeit erfährt, so setzt das doch eine ganz bestimmte Anordnung der Muskulatur voraus und einen ganz bestimmten Bau der Muskeln , und für diesen wieder eine ganz bestimmte Menge und Lage der sie zusammensetzenden Formeleinenle. Dann wird man fragen müssen : woher denn jene bestimmte Anordnung dieser Theile, woher die Uebereinstimmung derselben bei den Vorfahren, wie bei den Nachkommen 1

Wir werden also hier der Thatsache des Bestehens einer Uebertra- gung von Eigenschaften ihr Recht lassen müssen, und erkennen in der Vererbung eine gesetzmässig - waltende Erscheinung, die wohl Modificationen aber keine Ausnahmen darbietet. Wir vermögen sie von der Fortpflanzuug abzuleiten, und damit bis zu einem gewissen Grade zu erklären , denn es ist verständlich , dass The il stücke eines Organismus, wenn sie einen neuen Organismus hervorgehen lassen, diesem Eigen- schaften übertragen , welche der ursprüngliche Organismus besass. Am

Einleitung. 5

klarsten wird das bei niederen Organismen, die durch blosse Theilung £ich fortpflanzen. Jedes Theilstück bildet sofort einen dem ersten gleichartigen Organismus. Von da an erstreckt sich aber eine continuirliche Reihe von Fortpflanzungsweisen bis zu jenen , bei welchen quantitativ zwar sehr verschiedene Zeugungsproducte in Action treten, die jedoch immer Tbeil- slücke des älterlichen Organismus sind.

Der neue Organismus stellt also auch hier materiell die Portsetzung des älterlichen vor, und demgemäss wird er mit letzterem übereinstim- mende Eigenschaften besitzen.

Das Maass der Gleichartigkeit oder der Uebereinstimmung in der Organisation ist ein sehr verschiedenes. Wir erkennen Thiere die nur durch geringfügige Merkmale von einander abweichen , dann solche die durch bedeutende Unterschiede von einander getrennt sind, wiederum andere, deren äussere oder innere Organisation die grOssten Verschieden- heiten darbietet. Und so findet sich die Uebereinstimmung wie die Ver- schiedenheit in unendlichen Abstufungen vor. Wie man einander ähn- liche, mehr oder minder gleichartig erscheinende Dinge als »verwandt« zu bezeichnen pflegt, so wird bei der gleichen Erscheinung der Organismen die gleiche Bezeichnung der gegenseitigen Beziehung, aber in des Wortes voller Bedeutung, Platz greifen dürfen. Wir erklären gleichartige Orga- nismen für mit einander verwandt, indem wir das Gleichartige der Orga- nisation aus gemeinsamer Ererbung ableiten. Der Grad dieser Gleich- artigkeit wird aber den Grad der Verwandtschaft bestimmen müssen, die wir aus jener erschliessen. Die Verwandtschaft wird bei dem Bestehen geringerer Verschiedenheiten als eine nahe zu erkennen sein ; während sie bei grösseren Unterschieden als weiter in der Ferne liegend sich dar- stellen wird. Wir substituiren daher dem Begriffe der Uebereinstimmung oder der Gleichartigkeit der Organisation den der Verwandtschaft, indem wir die in der Organisation einer Summe von Organismen bestehenden Uebereinstimmungen als ererbte Eigentümlichkeiten ansehen.

Auf das Gesetz der Vererbung gründet sich somit die Lehre von der Verwandtschaft der Organismen, die Abstammungslehre oder Phylogenie. Die vergleichende Anatomie enthüllt also die innerhalb der einzelnen Abtheilungen des Thierrciches bestehenden Verwandt- schaftsverhältnisse, indem sie das Gleichartige wie das Ungleichartige nachweist.

[l'eber das höchst wichtige Vererbungsgesetz und seine Erscheinungen findet sich Ausführlicheres in der scharfsinnigen Darstellung Uackkl s (Generelle Morphologie Bd. 11. S. 170.).]

§5.

Durch die Vererbung werden dem Organismus Eigenschaften über- tragen, die derselbe im Laufe seiner individuellen Entwiekelung (On lo- gen ie) nach und nach zur Entfaltung bringt. Den einfachsten Organis-

6 Einleitung.

men fehlt eine solche Entwickelung , indem die etwa durch Theilung des mütterlichen Organismus entstandenen Jungen nur der Volumszunahme bedürfen, um dem mütterlichen Organismus gleich zu werden. Die Ent- wickelung fällt also hier mit dem blossen Wachsthum zusammen, das sie vollständig deckt. Je weiter ein Organismus von einem ursprünglich ein- fachen Zustande sich entfernt hat, oder : je grösser die Summe der von den Vorfahren erworbenen und auf die Nachkommen vererbten Eigentüm- lichkeiten ist, desto weniger einfach ist auch die Ontogenie, da sich wäh- rend derselben mindestens ein Theil von jener von den Vorfahren erwor- benen Einrichtungen wiederholt , und vom sich entwickelnden Körper in einzelnen Stadien durchlaufen wird. Die Ontogenie repräsentirt also in gewissem Grade die paläontologische Entwickelung in zeitlich verkürzter, d. i. zusammengezogener Weise. Die von höheren Organismen ontogene- tisch durchlaufenen Stufen entsprechen Zuständen , welche bei anderen die definitive Organisation vorstellen. Jene Entwickelungszustände kön- nen also durch die Vergleichung mit ausgebildeten Zuständen niederer Organismen erklärt werden, indem man sie als von solchen (niederen Zu- ständen) ererbte Bildungen deutet. Von diesem Gesichtspunkte aus be- trachtet erscheinen viele der sogenannten »Larvenzustä ndea mit ihren »provisorischen«, weil vergänglichen, nur auf frühere Lebensstadien beschränkten »Apparaten« als recht wichtige und bedeutungsvolle Formen. Ausser den functionellen Beziehungen zum sie tragenden Organismus, durch welche jene Apparate sich als praktische Einrichtungen erbalten, d. h. vererben konnten, lassen sie solche zu niederen Zuständen erken- nen, und enthüllen damit die Phylogenie ihres Trägers. Das »Stadium larvatum« verkündigt also im Gegensatze zu seiner Bezeichnung häufig ganz offen die verwandtschaftlichen Beziehungen. Zuweilen sind solche »Larvenorgane« nicht sowohl von Vererbung als von Anpassungen ableitbar, und dadurch wird die Beurtheilung nicht wenig erschwert. Sicherer wird die Deutung solcher Einrichtungen bei Organismen, die nicht sofort in den offenen Kampf ums Dasein treten, sondern kürzere oder längere Zeit innerhalb der Eihüllen sich entwickeln, und dadurch verändernden Einwirkungen von Aussen minder ausgesetzt sind. Kommt es in diesen Fällen zu »provisorischen Einrichtungen«, so sind diese mit grösserer Sicherheit als ererbte , und damit als Wiederholungen niederer Zustände bestimmbar. Die bei den Embryonen höherer Wirbelthiere auf- tretenden , aber nach und nach wieder verschwindenden Kiemenspalten sind solche Bildungen. Für sich betrachtet sind sie unerklärbar, denn es kommt an ihnen weder jemals zur Bildung von Kiemen, noch werden sie die vorderste ausgenommen zu definitiven Einrichtungen verwen- det. Die Vergleichung zeigt uns nun bei einer grossen Abtheilung niederer Wirbelthiere diese Kiemenspalten als wichtige Athmungsapparate , und indem wir auch solche Wirbelthiere (Amphibien) kennen, deren Kie- menspallen nur eine Zeit lang respiratorisch fungiren, um sich später zu schlicssen, vermögen wir die Kiemenspalten der Reptilien, Vögel und

Einleitung. 7

Säugethitne als durch Vererbung von niederen Zustünden empfan- gene Einrichtungen tu verstehen, die nach dem Verluste ihrer ursprüng- lichen Function sich nur während des fötalen Lehens eine kurze Zeit erhalten.

§ 6.

In der Summe von Eigenschaften der Organisation , welche die* Ver- erbung auf einen Organismus übertrügt, finden sich dem vorhin Dar- gelegten zufolge mehr oder minder solche Einrichtungen vor, welche in den bleibenden , ausgebildeten Zustand des Organismus mit übertreten, ohne dort eine erkennbare Function zu besitzen. Diese Theile erscheinen in der Regel in mehr oder minder rückgebildetem rudimentären Zustande, den sie häufig erst während des Laufes der Ontogenie erwerben. In frühen Stadien der letzteren kommen sie mit den der Stammform , von der sie ererbt sind, zukommenden Einrichtungen am meisten überein. Diese rudimentären Organe treten um so frühzeitiger die Rückbil- dung an , je frühzeitiger sie in paläontologischem Sinne ererbt wurden, und schwinden in dem Maasse spät , als ihre Ererbung eine relativ neue ist. Die ausgebildete Form der rudimentären Organe wird demgemäss für die ersteren nur bei entfernten, für die letzteren dagegen bei näheren Verwandten anzutreffen sein. Diese Organe bilden wcrthvollc Objecto, da aus ihnen selbst auf weitere Entfernungen hin phylogenetische Be- ziehungen sich nachweisen lassen. Sie zeigen auch wie wenig die funktionelle Bedeutung bei der morphologischen Beurtheilung in Betracht kommen darf, denn an den meisten von ihnen ist eine Function gar nicht erweisbar, oder sie ist eine jedenfalls von der ursprünglichen völlig ver- schiedene.

§7-

Die vergleichende Anatomie ordnet sich die Ontogenie unter, insofern sie die im Laufe der individuellen Entuickclung der Thiere auftretenden Organisalions-Erscheinungcn nicht blos auf den vollendeten Zustand des Organismus, sondern auf definitive Einrichtungen anderer Organismen bezieht. Die vergleichende Anatomie erklärt die Erschei- nungen der Ontogenie. Wenn letztere, für sich behandelt, nicht über das Niveau einer beschreibenden Disciplin sich erhebt, und damit je nach der Genauigkeit ihrer Forschung nur den Werth von thatsäeh- lichem Material besitzt, so empfangt sie durch die Verbindung mit der vergleichenden Anatomie wissenschaftliche Bedeutung. Ihre an sich un- verständlichen, oder, weil nur auf die späteren Befunde der Organisation bezogen, nur in metaphysischem Sinne teleologisch erfassbaren That- sachen, stellen sich durch die vergleichende Anatomie in Zusammenhang mit bekannten Erscheinungen anderer Organismen und sind dadurch

VI Inhaltsverzeichnis*.

Dritter Abschnitt. Würmer.

Paragraph. Seit«

99. Allgemeine Uebersicht 4 33

Literatur 4 3.'i

4 00—103. Körperform 137

104. 4 05. Gliedmassen 4 41

4 06. Aeussere Kiemen 4 44

407—414. Integument 145

148. Skelet 4 51

4 4 3. 414. Muskelsystem 154

4 4 5—121. Nervensystem 154

4 22. 423. Sinnesorgane 4 62

Tastorgane 4 62

424. 425. Sehorgane 463

426. Hörorgane 4 66

427 4 32. Darmcanal * 16G

133. Darmkicmen 174

134. 4 35. Anhangsorgane des Darmcanals 4 75

436. Leibeshöble 176

437—444. Gefösssystem 477

4 42 4 45. Excretionsorgane 4 83

146—156. Geschlechtsorgane 190

Vierter Abschnitt. Echinodermen.

157. Allgemeine Uebersicht 205

Literatur 207

158—161. Körperform 207

462. Gliedmassen 24 2

163—167. Integument und Hautskelet 24 4

4 68. Muskelsystem 224

469. Nervensystem 222

170. Sinnesorgane 224

171—173. Darmcanal 224

174. Anhangsorgane des Darmcanals 228

475. Leibeshöhle 230

4 76. Gcfässsystem 231

Blutgefässe 234

477. 478. Wassergefässe 232

4 79. Excretionsorgane 237

480. 184. Geschlechtsorgane 238

Fünfter Abschnitt. Arthropoden«

182. Allgemeine Uebersicht 241

Literatur 246

183. Körperform 247

184. Gliedmassen 251

185. Gliedmassen der Branchiaten 252

186. 487. Kiemen 254

4 88— 490. Gliedmassen der Tracheaten 257

4 91—493. Integument 262

194. Muskelsystem 265

195—200. Nervensystem 266

201. Sinnesorgane 275

Tastorgane 275

202. 203. Hörorgane »76

204—206. Sehorgane 278

207—211. Darmcanal 283

212. Anhangsorgane des Darmcanals 289

1) Anhangsorgane des Vorderdanns 289

24 3. 2) Anhangsorgane des Mitteldarms 290

24 4. 3) Anhangsorgane des Knddarms 292

215. Leibeshöhle 29;

Einleitung. 9

Vererbung an jeder Generation sich kund gibt. Entlieht sich damit in der Regel die Anpassung als Vorgang der directen Beobachtung, so ist sie doch nicht minder sicher erschliessbar durch die Vergletchung. Wenn wir z. B. bei fleischfressenden Säugethieren eine einfache Magenbildung antreffen, bei Pflanzen fressern dagegen complicirtere , besonders bei jenen, die grosse Massen Futterstoffe aufnehmen, wie z. B. die Wieder- käuer, so werden wir die hier bestehende Gomplication der Magenstructur als eine durch die Nahrung bedingte Veränderung 7 als eine Anpassung an die Ernährungsweise beurtheilen: und wenn uns ferner die Ontogenie bei Wiederkäuern in frühen Entwickelungsstadien eine einfache, erst all- mählich in den complicirteren Zustand sich umbildende Magenform ent- gegenbringt, so bestätigt uns die Ontogenie die aus der Vergleichung gewon- nene Auffassung. In vielen Fällen ist der Einfluss der Anpassung auf die Organisation auch unmittelbar zu beobachten , z. B. bei manchen Amphi- bien erhalten sich die während des Jugendzustandes ausgebildeten Kie- nen auch später in Function , wenn dem Thiere die Gelegenheit fehlt aus dem Wasser zu gelangen , und umgekehrt gehen die Kiemen bei solchen, deren nächste Verwandte, im Wasser lebend, stets die Kiemen behalten, eine Rückbildung ein , wenn das Thier,seinen Aufenthalt im Wasser mit dem auf dem Lande vertauscht hat. Dort ist die Ausbildung, 'hier die Rückbildung eine Anpassungs-Erscheinung.

In der Anpassung gibt sich somit der engste Zusammenhang zwischen der Function und der Structur des Organes kund. Die physiologische Function beherrscht in gewissem Sinne die Structur , und darin ist das Morpholo- gische dem Physiologischen untergeordnet. Im niedersten Grade erscheint die Abhängigkeit des formalen Befundes eines Organs von seiner Leistung in Betracht des Volums. Bei gesteigerter Leistung trifft sich eine Ver- größerung des Organs. In welchem Maasse die Erhöhung der Leistung auf das Volum einwirkt, lehrt das Muskelsystem. Ausser Uebung gesetzt erleiden die Muskeln Rückbildungen bis zu gänzlichem Schwunde. In Uebung erbalten, und bei gesteigerten Ansprüchen entwickeln sie sich zu bedeutendem Volum. Das Maass der Ausbildung ist mit jenem der Lei- stung im innigsten Zusammenhang. Da aber mit dem Aufhören einer Verrichtung oder mit der Schmälerung einer solchen eine Rückbildung eintritt, so begegnen wir auch auf diesem Wege rudimentären Or- ganen. Sie haben auf ihm ihre Entstehung genommen. Das Verständniss der Enstehung dieser Organe kann daher nur die Physiologie liefern, und daraus ergibt sieb wiederum deren wichtiger Einfluss auf die Morphologie.

§ *o.

Durch die allmähliche Modifikation der Leistung eines Organes kann dasselbe so umgestaltet werden , dass es in functioneller Hinsicht e i n neues wird, und dann einer ganz anderen physiologischen Organkategorie sich einreiht. Diese Thalsache ist von bedeutender Tragweite, weil sie

10 Einleitung.

das Auftreten neuer Organe erklären hilft, und dadurch den der Ent- wicklungslehre gemachten Einwand beseitigt: dass ein neues Organ doch nicht sofort in dem ganzen Umfange seiner Function erscheinen könne, dass -es also bei allmählichem Entstehen in seinen ersten Zustän- den dem Organismus noch nicht dienen könne , womit auch der Grund seiner Ausbildung wegfalle. Jedes Organ, für welches dieser Einwand den Schein einer Berechtigung hat, ist nachweislich mit einer von der späteren Function verschiedenen Bedeutung aufgetreten. So ist z. B. die Lunge der Wirbelthiere durchaus nicht als ausschliessliches Respirations- organ entstanden , vielmehr hatte sie bei den durch Kiemen athmenden Fischen einen Vorläufer in der Schwimmblase , die zu der Athmung an- fänglich keine Beziehungen besitzt. Selbst da , wo die Lunge als Ath- mungsorgan erscheint (Dipnoi, viele Amphibien), ist sie solches noch nicht ausschliesslich, sondern theilt jene Function mit den Kiemen. Das Organ ist also hier im Stadium der Umwandlung zum Athmungsorgan begriffen, und verknüpft die ausschliesslich respiratorischen Lungen mit den Schwimmblasenbildungen, die zunächst wohl in hydrostatischer Function verwendet als Ausbuchtungen des Darmrohrs hervorgingen.

Die erste Function des durch Anpassung an neue Beziehungen ge- änderten* Organes ist meist eine niedere, für den Organismus minder wichtige, im Vergleiche zur erlangten neuen Function, so dass das Organ damit auf eine höhere Stufe tritt. In anderen Fällen erscheint der Werth der primären Function deshalb geringer, weil er von anderen gleich- artigen Organen getheilt wird. Er steht dann quantitativ niedriger, weil an der Gesammtsumme der betreffenden für den Organismus zu voll- ziehenden Leistung auch den anderen gleichartigen Organen ein Antheil zukommt. Die Rückbildung eines Theiles gleichwcrthiger Organe erhöht den Werth der bestehenbleibenden, indem sie die höhere Ausbildung der- selben bedingt. Aus dem Wechsel der Functionen resultirt die Verschie- denheit des physiologischen und morphologischen Eintheilungsprincips der Organe.

ALLGEMEINER THEIL

Aufbau des Thierleibes.

Organe und Organismus.

§ H.

Ion lebenden Körper kommt eine Anzahl von Leistungen des mate- riellen Substrates in Betracht, durch welche die als Leben aufgefasste Erscheinungsreihe bedingt wird. Derselben liegen chemisch-physikalische Processe zu Grunde , die mit einer beständigen Umsetzung des Materials nohergehen und daher als Stoffwechsel erscheinen. Der Körper ernährt sieh, indem er das durch den Stoffwechsel verbrauchte Material durch von aussen her aufgenommenes Neues ersetzt, welches er den ihn zu- sammensetzenden Substanzen ähnlich macht, assimilirt. Die theils mit den Nahrungsstoffen aufgenommenen, theils durch den Stoffwechsel erzeugten, im Organismus nicht mehr verwendbaren Substanzen werden nach aussen entfernt. Daraus resultirt dieexcretorischeThätigkeit. Wenn die Menge des assimilirten Materials jene des ausgeschiedenen überwiegt, geschiebt eine Volumsvergrösserung des Körpers, er wächst. Damit erfüllt er die erste Bedingung zur Production desjenigen Materials, aus dem ein neuer, ihm gleichartiger Organismus hervorgeht, und eben da- durch steht mit der Ernährung auch die Fortpflanzung in engem Zusam- menhange.

Mit der Aussenwelt ist der Körper zunächst durch seine Oberfläche in Verbindung. Sie vermittelt ihm die Beziehungen zum umgebenden Medium. Form Veränderungen der Oberfläche erscheinen als Bewegungen und lassen die Locomotion entstehen. Und ebenso vermittelt die Ober- fläche Wahrnehmungen der Aussenwelt, Empfindungen.

Die jenen Vorgängen vorstehenden Theile des Körpers sind die Werk- zeuge der Lebensäusserung , Organe. Der Körper wird durch sie zum Organismus, und wenn wir auch solche Körper als Organismen be- zeichnen an denen keine Organe im einzelnen gesondert bestehen, so geschieht es , weil da die virtuelle Existenz von Organen durch die thal- sächlichen Lebensäusserungen vorauszusetzen ist. Der Begriff Organis- mus wird also hier nicht im anatomischen, sondern im physiologischen Sinne gebraucht.

Im einfachsten Zustande des Organismus sind die Lebens -Erschei- nungen an die den Körper darstellende* gleichartige Substanz gekuüpfl,

14 L Aufbau de«> Thierleibe*.

welche gleichmäßig alle jene Einzel vorginge vermittelt. Drr Körper repniM'ntirt daher nur poteotia eine Summe von Organen, die erst auf- treten, Herin die Einzel Verrichtung nicht mehr von jedem Theile des K<)r|»er* besorgt wird. Da« Verhalten, welches in jener Beziehung die einfacheren Organismen dauernd zeigen, besitzen complicirtere nur vor- ültcrgchend.

Differenzirung.

Die Complication des Organismus entsteht durch einen Son- dorungsvorgang der die physiologischen Leistungen des ursprünglich gleichartigen Körpers auf einzelne Theile überträgt. Was vorher vom Ge- sammt-Körper vollzogen ward, verrichten nach jenem Vorgange einzelne Theile desselben. Die Leistung wird dann entweder von einer grösseren Zahl discreter, aber unter sich gleichartiger Theile vollzogen, oder die Kinzellheile gestalten sich unter sich ungleichartig, werden von einander di Moroni. Im ersten Falle ist die Theilung der Arbeit eine quan- tituti ve, im letzteren wird sie auch qualitativ durchgeführt und die Sonderung der Einzeltheile entspricht einer Verschiedenartigkeit der Ver- richtung. Je nach dem Grade, in welchem sich die zuerst am indifferenten Körper auftretende Sonderung oder Arbeitsteilung an den Organen wiederholt , entstehen fernere Complicationen , die ein stufenweises Wei- torschroiton erkennen lassen. Daraus leitet sich ein verschiedener Werth der Organe ab, und es wird nothwendig an letzteren höhere und niedere Zustande zu unterscheiden.

Durch die Theilung der Arbeit auf verschiedene Organe wird die Leistung der letzteren vollkommener. Jedes Organ vermag sich in einer bestimmten, der von ihm übernommenen Function entsprechenden Rich- tung zu entfalten. Der Organismus erlangt damit, zugleich mit seiner Complication, eine höhere Ausbildung. Die Arbeitsteilung führt also zu einer Vervollkommnung der Organismen. Je nach der Ausdehnung, welche die Arbeitsteilung über einzelne Organe, oder über zahlreiche nahm , wird ein grösserer oder geringerer Theil des Organismus dieser Vervollkommnung zugeführt. Je grösser die Wichtigkeit der betreffenden Organe für den Gesanuntorganismus, desto bedeutender prUgt sich an ihm die durch jene erlangte Vervollkommnung aus.

Da die auf bestimmte Körpertheile übergehenden Verrichtungen in dem Maasse als sie selbst verschieden sind eine verschiedenartige Aus- bildung jener Theile bedingen , gehen daraus neue Theile, neue Organe, hervor, solche die von den schon vorhandenen verschieden sind. Die Theilung der Verrichtungen führt zu einem Differenlwerden , einer Differenzirung der Theile. Ein Körportheil der vorher mit andern gleich, und deshalb nicht von ihnen verschieden, d. h. indifferent war.

Ureter Zustand des thie rischeil örgaimmus. 15

tritt in den Zustand dos Gesondertseins , wird von den anderen unter- scheidbar, different. Indem nun diese Differenzirung an die physiolo- gische Arbeitsteilung derart geknüpft ist, dass sie von ihr bedingt wird, kann sie ab ihr Product aufgeführt werden. Jede physiologische Function kann sich qualitativ wieder in zahlreiche Unterfunctionen spalten , durch deren Localiairung wieder neue Organe hervorgehen. So wird das Princip der Arbeitsteilung die Grundlage grösster Mannichfaltigkeit in der Orga- nisation, und alle morphologischen Erscheinungen stehen mit ihm und der von ihm hervorgehenden Differenzirung in näherem oder entfernterem Zusammenhange.

Erster Zustand des thierischen Organismus.

Die Zelle.

§ 43.

Die lebende Materie erscheint in ihrer einfachsten Form als eine eiweisshaltige, als Plasma oder Protoplasma bezeichnete Substanz, die mit unseren gegenwärtigen optischen Hilfemitteln sich durchaus gleich- artig darstellt. Diese Materie tritt in Gestalt kleiner Klümpchen auf. In solchem Zustande treffen wir die einfachsten Organismen. Wahrend bei der gleichartigen Beschaffenheit des Protoplasma , in welchem höchstens noch Körnchen als gesonderte Theile bemerkbar sind, für jene einfachsten Formen eine Abgrenzung nach aussen durch gesonderte Httllbildungen nicht besteht, kommt auf einer weiteren Stufe eine Umhüllung zu Stande, die aus einer chemisch-physikalischen Veränderung der äussere ten Schiebte hervorgeht. Dadurch wird das mit allen Lebenserscheinungen und somit auch mit Bewegung ausgestattete Protoplasma von einer mehr oder min- der starren Hülle umschlossen , welche die Veränderlichkeit der Gestalt aufhebt, und eine bestimmte Form bedingt. Solche Gebilde können auch in die Zusammensetzung von Organismen eingehen , wie dies bei vielen niederen Pflanzen der Fall ist. Formelemente dieser Art bilden die C y- toden, welche von einer anderen, weiter entwickelten Form mit Recht unterschieden werden.

Bei dieser tritt im Protoplasma ein scharf abgegrenztes festeres Ge- bilde auf, das man als Kern (Nucleus) bezeichnet. Es ist das Product des ersten Son dem ngs Vorganges des Protoplasma, welches nicht mehr ausschliesslich die lebende Substanz vorstellt. Im Kern erscheint in der Regel ein kleines Körperchen (Nucleolus). Im Gegensatze zum Proto- plasma ist der Kern nicht contractu , oder nimmt doch nicht in gleichem Maasse an jener Action Antheil , theilt übrigens nicht nur die meisten Le- benserscheinungen des ihn umgebenden Protoplasma , sondern gibt sich auch häufig als Regulator derselben zu erkennen. Solche mit einem

16 1. Aufbau des Thierleibes.

»Kerne« versehene Protoplasmaklümpchen nennt man Zellen (Cellulae). Auch diese Gebilde können in diesem Zustande selbständige Organismen vorstellen, die man als »einzellige« bezeichnet. Indem die Zellen durch Vermehrung Complexe bilden, gehen mehrzellige Organismen her- vor. Deren kleinste nicht weiter mehr in gleichartige Gebilde zerlegbare Theile sind Zellen, die daher als Formelemente jener Organismen er- scheinen. Dasselbe gilt auch von dem einfacheren Zustande, denGytoden. Während diese aber ein beschränkteres Vorkommen besitzen , finden wir die Zellen in grösserer Verbreitung im Pflanzenreiche, und als die aus- schliesslichen Formelemente im Thierreiche.

§ u.

Im indifferenten Zustande, d. i. so lange noch nicht zum Aufbau von bestimmten neuen Bildungen Veränderungen in bestimmter Richtung vor sich gingen , erscheinen die Zellen aller thierischen Organismen von- we- sentlich gleicher Beschaffenheit. Wir unterscheiden nach dem oben Be- merkten an ihnen erstlich das die Hauptmasse des Körpers der Zelle dar- stellende Protoplasma, und zweitens das vom Protoplasma umgebene, von ihm differente, meist festere Gebilde , den Zellenkern. Die Theilnahme des letzteren an mannichfachen Lebenserscheinungen der Zelle lässt ihn als einen keineswegs untergeordneten Theil des Zellenkörpers ansehen. Zu diesen Theilen der Zelle hat man früher allgemein noch eine Membran gerechnet, welche vom Protoplasma als dem »Zelleninhalte«, verschieden, dasselbe umhüllen sollte, und daraus ist die Vorstellung von der »Bläschenform« der Zelle sowie ihr Name entstanden.

Wenn auch nicht in Abrede gestellt werden kann , dass bei vielen Zellen vom Protoplasma differirende Umhüllungen vorkommen , so treffen diese Zustände sich doch niemals im frühesten Leben der Zelle, sondern sind immer das Resultat einer vorgeschrittenen Umwandlung und eines Ueberganges der Zelle in die differente Form.

Von den Lebensäusserungen der Zellen sind automatische Bewo- gungsersebeinungen des Protoplasma der Zelle so verbreitet , dass sie sich immer bestimmter als eine Eigenschaft aller nicht weiter diffe- renzirten, somit bezüglich ihres Protoplasma metamorphosirten Zellen herausstellen. An freien, nicht von starren Membranen umschlossenen Zellen bewirkt die Erscheinung jener Bewegung eine Ortsveränderung der Zelle. Auch an nicht freien Zellen kann die Bewegung beobachtet werden, theils in einem Gestalten Wechsel der Oberfläche, theils an der Lageveränderung im Protoplasma befindlicher fester Körnchen. Dass dem Protoplasma auch Eigenschaften innewohnen, die wir auf einen freilich niedersten Grad von Empfindung deuten köpnen, geht aus vielen Ver- suchen und Beobachtungen hervor.

Ferner beobachten wir an der Zelle die Ernährung, zuweilen so- gar eine sichtbare Aufnahme von Stoffen ins Protoplasma und als Aus-

Erster Zustand des thterischen Organismus. 17

druck der Ernährung gibt sich das Wachsthum der Zelle kunjj. Diese allen noch indifferenten Zellen gemeinsame Erscheinung spricht sich in der Vergrösserung des Protoplasmakörpers durch Assimilirung von aussen her aufgenommener Stoffe aus. Das Wachsthum .kann ein gleichmassiges für die ganze Zelle sein, indem diese sich nach allen Axenrichtungen ver- grossen, und so trifft es sich regelmässig in den Jugendzuständen der Zelle und lässt wahrend dieser Zeit die Gestalt der Zelle, wo nicht Bewe- gungserscheinungen oder Süssere Einwirkungen sie modificiren , unver- ändert in der sphärischen Form fortbestehen. Andernfalls ist es ungleich- massig und wird dann bei der Vergrösserung in der Richtung Einer Axe längliche, oder bei der Vergrösserung in der Richtung mehrerer Axen sternförmige Bitdungen hervorbringen. Solche ungleichmassige Wachs- thumsverhaltnisse sind in der Regel von Differenzirungen der Zelle be- gleitet, sie leiten» daher zum Uebergang der Zellen in Gewebe.

§ ro.

Das Wachsthum der Zelle bereitet eine andere Erscheinung vor, nämlich die der Fortpflauzung, und ist mit ihr unzertrennlich ver- bunden , denn die Vermehrung ist nur ein Ober das Individuum hinaus- gehendes Wachsthum. Die Vermehrung der Zellen kann auf mehr- fache Art vor sich gehen. Die einfachste knüpft direct an das Wachsthum an. Indem der Zellenleib einseitig auswächst, bildet sich ein Spross, der durch allmähliche Volumzunahme und Ablösung vom Mutterkörper zu einer neuen, freien Zelle wird. In der Zahl der an einer Zelle hervor- sprossenden jungen Zellen kann die Erscheinung variabel" sein , und nach dem Verhalten des Kernes der Mutterzelle Mpdificationea aufweisen. Diese Vermehrung durch Sprossenbildung geht ohne scharfe Grenze in die am meisten verbreitete Art der Vermehrung, nämlich jene durch Th eilung über. Während bei der Sprossung das Charakteristische darin liegt, dass die siob bildende Zelle bei ihrem ersten Erscheinen be- züglich des Volums in einem Gegensatze zur Mutterzelle steht, der bei frühzeitiger Ablösung des Sprösslings gar nicht, bei späterer Trennung allmählich ausgeglichen wird , so sind die Producte der Theilung nahebei oder vollständig einander gleich, so dass das Fehlen einer ausgesprochenen Volumsdifferenz keinen Unterschied zwischen beiden gestattet. Es ist klar , dass in demselben Maasse als die Grösse Verschiedenheit zwischen beiden Vermehrungsproducten zunimmt, die Theilung der Sprossenbil- dung näher rückt, und dadurch wird die ganze Verschiedenheit zwischen Zelltheilung und Sprossung von der Menge des Protoplasma bedingt, wel- ches von einer Zelle in eine andere aus jener entstehende übergenommen wird. Der Unterschied zwischen Sprossung und Theilung erscheint damit mehr quantitativ. Die Theilung wird durch eine Vermehrung des Kernes eingeleitet. In gewissen Fällen geht eine Neubildung von Kernen vor sich.

Ausser der Vermehrung durch Theilung oder durch Sprossenbildung ist keine Fortpflanzungsform der thierischen Zelle mit Sicherheit beobach-

Gegenbaiir, Grnndriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 2

18 l* Aufbau des Thierleibes.

tet , und jein grosser Theil der aufgestellten Arten der Zellvermehrung, wie die sogenannte endogene Zeilbildung u. s. w. ist von der Theilung ableitbar. Was die freie oder spontane Zellbildang betrifft, so ist wohl soviel gewiss, dass ihre Verbreitung nicht in dem früher angenommenen Maasse vorkommt.

Verbindet sich mit dem Wachsthum der Zelle eine Vermehrung des Kernes , ohne dass eine Sonderung des Protoplasma in einzelne den Ker- nen entsprechende Parthieen erfolgt, so kann das so entstandene Gebilde nicht mehr als einzelne Zelle aufgefasst werden. Es ist aber auch kein Gomplex von Zellen , da ein solcher die Existenz einer Mehrzahl discreter Zellen voraussetzen würde. Daher ward dieser Zustand mit Recht als ein besonderer unterschieden und als Syncytium bezeichnet. Derartige Gebilde kommen fast in allen Abtheilungen der Thiere vor. Dasselbe Re- sultat wird erreicht durch die Con er escenz einer Anzahl von discreten Zellen , die ihr Protoplasma in eine continuirliche Masse zusammentreten lassen, welche dann gleichfalls eine Anzahl von Kernen umschliesst.

Während das Protoplasma in der aufgeführten Erscheinungsreihe keine wahrnehmbaren constitutionellen Aenderungen erleidet, spricht sich durch eine andere Erscheinung eine Aenderung im Protoplasma aus. In ihm enthaltene Stoffe treten wieder ausser Verbindung mit ihm , werden aus ihm abgeschieden. Dieser Process der A b s c h e i d u n g bietet ver- schiedene Verhältnisse dar. Einmal findet der Sonderungsvorgang im In- nern des Protoplasmakörpers selbst statt, dann treten im Innern der Zelle der chemisch-physikalischen Beschaffenheit ihres Protoplasma fremde Theile auf. Sie können der mannichfaltigsten Art sein, z. B. Fett, Farb- stoffe etc., auch in verschiedener Form ; als Körnchen, Tröpfchen, Kry- stalle etc. vorkommen. In einem andern Falle geht diese Sonderung auf der Oberfläche des Protoplasma vor sich. Hier erscheint sie entweder in flussiger Form, wobei die Gontinuität mit dem Protoplasma verloren geht, oder sie findet in fester Form statt, und dann bleibt der Zusammenhang mit dem übrigen unveränderten Protoplasma mehr oder minder innig fortbestehen. Durch chemisch -physikalische Veränderungen entweder der ganzen Oberfläche des Protoplasma einer Zelle oder auch nur eines Theiles derselben entstehen vom übrigen Protoplasma verschiedene, diffe- rente Substanzen. Wir haben also in diesen Abscheidungen Umwand- lungen des Protoplasma vor uns, die man als Differenzirungen auffassen darf, da bei ihnen vorher im Protoplasma vorhandene, aber von ihm indifferente Stoffe, diflerent werden. Bei gleichartiger Bildung an der Peri- pherie der Zelle geht daraus das bereits oben als Zellmembran be- zeichnete Gebilde hervor. Derselbe Vorgang führt aber auch zur Her- stellung anderer Einrichtungen, die wir unten näher ins Auge fassen müssen.

Die Reihe an einer Zelle sich äussernder Lebensvorgänge stimmt im Wesentlichen mit denen aller übrigen Organismen überein. Virtuell er- scheint also auch die Zelle als Organismus (Elementarorganismus).

Differe nitro ng das Ihierischeo Or^miismu«.

Differenz! rung des thierischen Organismus. § ■•■

Dm einfachsten und niedersten Zustand des Ihieriscnen Organismus reprisantirt jenes Stadium, welches am Beginne seiner Entwicklung liegt, und als Ei bezeichnet wird. Abgesehen von einselnen nur die Regel befestigenden Ausnahme- ~~™~~

(allen , in welchen hier nicht su erörternde Com- plicaiioBen bestehen, entspricht dieses Ei einer Zeile. Die Eisen« ergibt steh in allen wesent- lichen Punkten von anderen Zellen nicht ver- schieden, wie aaeb immer ihr Volum vergrossert sein mag, und nie damit in Zusammenhang in ihrem Protoplasma besondere Tfaelloben Dotier-» fj'j Vi«?"^!!^"" ül«"*™- elemente aufgetreten sein mögen. Wenn durch B*rtniu«* pMt«Fbi*n. lautere die Eizelle ihren ursprünglichen Cba- j^™k,**i*"^ck7,tJBl»J^" rakter als i nd i f (eren te Zelle aufgab , so

verler sie damh noch nicht den Zellencharakter, der dadurch eben- sowenig akerirt wird, als durch die Sondenmg irgend welcher anderen Substanzen (Chlorophyll koraer, Amylum, Pigmenlkhr neben etc. I im Pro- toplasma von Zellen die Zellhedeutung für diese verloren geht. Dieser im Gauen einfache Zustand der Eizelle lässl sie, wenn auch nur vorüber- gehend, dem bleibenden Verhallen vieler niederen , einzelligen Orga- nismen (Proloplaaten) entsprechen.

Die Eizelle erleidet Veränderungen, die nach der Befruchlung einzu- treten pflegen, und von Veränderungen ihres Kernes !des sog. Keimhliis-

tif. 1— S. Kra«)n» Bull** itt nigra*

n Fu ich lin^pr. *:?«.« s |Th*U*n| Irr Eiltlln.

cliens begleitet sind. An seiner Stelle, ilieil weise auch aus seinem Materiale gehen zwei Neue Kerne hervor, und nun beginnt die Eizelle sich zu theilen. So entstehen zwei Zellen, die entweder einander gleichen, oder von einander verschieden sind, theils durch Volum, theils durch Be- schaffenheit der Zellen. In beiden Fällen ist aus der Eizelle etwas Neues entstanden, in beiden Fallen liegt eine Sonderung, Differenzirung vor. da zwei Theile ans ihr hervorgingen. Durch forlgesetzte Theilung bilden sich, allerdings nicht immer in gleichem Rhythmus, *, 8, 16 Zellen u. s.w.,

20 I- Aufbau des Thierleibes.

bis endlich ein Haufen von Zellen entstand. Dieser Vorgang der Theilung der Eizelle wird als »Dottertheilung« oder »Furchunga bezeichnet, und ist eine durchgreifende Erscheinung, die* vielfache aber stets aus An- passungen ableitbare, und damit erklärbare Modificalionen darbietet.

So läuft die erste Differenzirung des Organismus ab , indem an die Stelle einer einzigen Zelle, der Eizelle, ein Complex zahlreicher, einander gleichartiger oder von einander verschiedener Zellen tritt. Die Functionen für den in diesem Stadium befindlichen Organismus werden auf die einzelnen Zellen vertheilt aufzufassen sein , wie sie vorher in der Eizelle vereinigt waren. Die Theilung der Eizelle ist somit mit einer Theilung der Func- tionen, wenn auch nur quantitativer Art, in Zusammenhang zu denken.

Die einzelnen Stadien dieses Theilungsprocesses bieten jedoch auch noch andere Beziehungen , denn sie erscheinen ra Uebereinstimmung mit dem ausgebildeten Verhalten mancher niederen Organismen (Protisten), z. B. der Volvocinen und der Catallacten, in deren Entwickelungskreis ein gleichfalls aus eineitSumme ziemlich gleichartiger Zellen zusammen- gesetzter Organismus gehört. So durchläuft also der thierische Organismus gleich im Beginn seiner Ontogenie mehrfache im Protistenreiche waltende Forrazustände, und derPro- cess der Theilung der Eizelle kann als ein aus frühzeiti- ger Vererbung überkommener erklart werden. Damit streift sich von ihm der teleologische Nimbus ab, in welchem er ohne diese Be- ziehung, bei exclusiver Verknüpfung mit dem künftigen aus der Furch ung hervorgehenden Organismus erscheinen muss. Mit der Bildung eines Zellenhaufens aus der einfachen Eizelle ist dem Organismus jedoch noch keineswegs ein specifisch thierischer Charakter eingeprägt, dieser äussert sich vielmehr erst im Verlaufe fernerer Sonderungs Vorgänge.

Diese bestehen darin, dass die den Organismus repräsentirenden, mehr oder minder gleichartigen Formelemente (Zellen) in grösseren oder kleineren Complexen verschiedene Zustände eingehen, sich differenziren, und im Zusammenhange mit bestimmter Anordnung die Anlagen (ersten Stadien) von Organen herstellen. Diese selbst werden demnach aus Zellen zusammengesetzt, welche die Gewebe bilden. Wir erhalten so den Aufbau der Organismen aus Geweben, welche die Organe zusammen- setzen, und wieder aus Formelementen, den Zellen, bestehen.

Entstehung der Gewebe.

§ 17.

Die Zelle stellt nach dem oben Gesagten bei den von uns als Thiere betrachteten Organismen nur vorübergehend den gesammten Organismus vor, nämlich als Eizelle. Aus dieser gehl durch Theilung ein Multiplura von Zellen hervor, welche die Anlage des Thierleibes bilden. In späteren Zustünden bleibt nur ein Theil des von der Eizelle stammenden Mate-

Differenzirung des Ihierischen Organismus. 21

riales den primitiven Verbältnissen der Zelle nahe, wahrend die Mehrzahl der Zellen sowohl formell wie materiell, und demgemäss auch in den functionellen Aeusserungen; sich ändert, und durchaus neue Verhältnisse eingeht.

Die neuen, aus Aggregaten von gleichartig umgewandelten Zellen und ihren Derivaten gebildeten Complexe stellen die Gewebe vor. Der Entstehungsvorgang derselben beruht auf einer Differenzirung. Da jedem different gewordenen Zellenaggregate eine bestimmte , für den Or- ganismus zu leistende Verrichtung zukommt , die vorher , beim Zustande der Indifferenz der Zellen, nicht an räumlich abgegrenzte Theile geknüpft war, in dem frühesten Zustande des individuellen Organismus sogar nur durch Eine Zelle (Eizelle) besorgt ward, liegt auch hier eine Theilung der physiologischen Arbeit vor.

In allen Fällen geht die gewebliche Differenzirung aus dem Proto- plasma der primitiven Zelle vor sich. Weniger auffallend ist der Kern betheiligt, obschon auch an ihm Veränderungen wahrnehmbar sind. Wo eine aus dem Protoplasma different gewordene Substanz die Hauptrolle spielt, tritt der Kern in untergeordnete Verbältnisse.

Die Gewebe zerfallen nach dem Verhallen ihrer Formelemente in mehrere grossere Abtheilnngen , die ich als Epithelgewebe, Ge- webe der Bindesubstanz, Muskel- und Nervengewebe aufführe. Die beiden ersteren repräsentiren die niederen Formen , die man als vegetative Gewebe von den beiden anderen , animalen Geweben, unterscheiden kann. Der Unterschied beider Gruppen liegt in der Qualitätt der Differenzirung, indem die Differenzirungsproducte der ersten sich mehr passiv zum Organismus verhalten, indess die der andern in die Aeusserung der Lebenserscheinungen des Organismus selbstthätig eingreifen. Die vegetative Gewebsgruppe oder ihr analoge Gewebe finden ausserdem ihre grösste Verbreitung im Pflanzenreiche, indess die animale in letzterem fehlt und die für die Thiere charakteristischen Einrichtungen liefert. Alle anderen sonst noch unterschiedenen Gewebe sind entweder gar keine selbstständigen Gewebe, sondern viel zusammengesetztere, aus mannichfachen Geweben bestehende Bildungen, oder es sind den einzel- nen oben aufgeführten Kategorien unterzuordnende Gewebsformen oder sogar blosse Bestandtheile von solchen. Bei der Herbeiziehung aus meh- reren Geweben bestehender Gebilde, als »zusammengesetzte Gewebe« u. dergl. löst sich der Begriff des Gewebes auf.

A. Vegetative Gewebe.

Epithelien.

§ «8.

Aneinandergelagerte Zellen, die in einfacher oder mehrfacher Schicht- tung Oberflächen des Körpers bedecken oder die Wandungen von Binnen-

22 I. Aufbau des Tbierleibcs.

i auskleiden, werden als »Epithelien« bezeichnet. Das Epithel- gewebe bestellt somit einfach aus Zellen. Es ist dadurch von anderen unterschieden, dass bei ihm die Zelle ihre ursprünglichen Verhältnisse wenigstens in Bezug auf die Anlagerung beibehält. Die Epithelien repra- senliren die phylogenetisch und deshalb auch ontogenetisch älteste Gc- websform. Als epitheliale Zellenstraten erscheinen die Keimblätter, die ersten organologischen Differenzirungsproducle der aus der Theilung des Eies hervorgehenden Zellenmassen. Die Formen der Epithelzellen sind sehr mannichfallig und bieten Anhaltspunkte zur Unterscheidung vielartiger Bildungen. Das Protoplasma der Epilhelzelleu ist sehr häufig nicht mehr gleichartig, sondern ist durch membranartige Verdichtung seiner äusser- sten Schichte in eine Dinerenzimng eingegangen. Diese zeigt sich an mehrschichtigen Epithelien vorwiegend in den oberflächlicheren Lagen, indess in den tieferen die Membranlosigkeit der Zellen auf einen jüngeren Zustand hinweist.

Eine andere Dinerenzimng besteht darin, dass die oberflächliche Schichte der Epithelzellen an der nach aussen oder gegen einen Binnen- raum des Körpers gewendeten Flache feine, bewegliche Fortsätze entwickelt, welche, nährend des Lebens der Zelle in Schwingungen begriffen, als Wimperhaare, Cilien, bezeichnet werden. Die Haare an diesen Flimmer- oder Wimperzellen finden sich bald einzeln, als Flagellum, bald zu vielen beisammen als Cilia. Im ersteren Falle läuft die Zelle in einen feinen Forlsalz aus, sie stellt eine Geisseizelle vor. Solche sind besonders bei niederen Thieren verbreitet. Die Wimperhaare sind Producte einer DifTercnzirung, da ihre Bewegung nicht einfach von der bereits am Protoplasma bestehenden Contra et iüläl geleistet wird. Bei manchen niederen Organismen bilden sich Wimperhaare vorübergehend, um alsbald wieder eingezogen zu werden, und ihre Substanz mit dem Protoplasma zu verschmelzen. Dadurch gehen sie sich als Differenzirung des Protoplasma kund, und lassen ihre Bewegungserscheinungen aus einer mit * " den Bewegungen des Protoplasma gemeinsamen Quelle

a «ine» HjjroiJi«>ijp*n| geflossen erkennen. Fllr die differenzirteren Formen o riner üponiciü (Kngea- der Wimperhaare hat die Nachweisbarkeit dieser '" Identität aufgebort. i

An den gleichen Flächen zeigen manche Epithelien noch eine andere Difl'erenzirung. Wie die Membranbildung als eine in der gesainmlen Peripherie der Zelle zu Stande kommende Veränderung der oberflächlichen Proloplasmaschichte sich darstellt, so kann derselbe Vorgang, auf einen bestimmten Theil der Zclloherfläche beschränkt, aber intensiver ent- wickelt, zur Bildung einer partiellen Vordickung der äusserslen Prolo- plasmaschichte führen. An der nach aussen gekehrten Fläche jeder Zelle befindet sich dann eine verschieden dicke Lage einer vom Protoplasma

Differenshrting des thierischen Organismus. 23

differenlen Substanz , die aber meist ohne scharfe Grenze mit demselben zusammenhangt. Wenn diese aus dem Protoplasma der Zellen in einer Schichte abgeschiedene Substanz sich noch weiter differenzirt , so dass der von jeder Zeile gelieferte Antheil mit dem der benachbarten inniger zusammenhängt, als mit der Zelle selbst, so entstehen daraus homogene Membranen, Guticulae. Sie werden eine Schichtung erkennen lassen, wenn ihre Absetzung eine ungleichmässige ist, und wenn allmählich noch weitere Veränderungen in ihnen stattfinden , so dass jeder neue Ansatz sich von dem vorausgegangenen unterscheiden lässt. Je verschiedener der diese Guticularbildungen zusammensetzende Stoff vom Protoplasma der Zellen ist, die ihn abgesetzt haben, um so weniger wird man ein unmittel- bares Eingehen des Protoplasma in ihn annehmen können, und die Cuti- cularbildung stellt sich damit um so schärfer in die Reihe der Abschei- dungen. Gebt die Cuticularbildung nicht gleichmässig an der Oberfläche der einzelnen Zellen vor sich, so werden von der absondernden Zell - schichte Protoplasmafortsätze in die abgesonderte Schichte einragen, welche dann von, jenen entsprechenden, meist sehr feinen Ganälen (Poren- canälen) durchsetzt wird. Die Cuticularbildungen bieten sehr ver- schiedene Gonsfstenzgrade , und zeigen von weicher Beschaffenheit alle Uebergänge zu bedeutender Festigkeit. In letzterem Zustande werden sie vielfach zu Stützorganen verwendet. Sie bestehen dann in der Regel aus einem als oC hitin« bezeichneten Stoffe. Solche chitinisirte Cuticular- bildungen sind bei Wirbellosen in grosser Verbreitung anzutreffen.

§ 19.

Die absondernde Thätigkeit der Zellen ausgedehnter Epithelschichten kann auch tropfbarflüssige oder selbst gasförmige Stoffe liefern. Damit treten die Epithelien in andere Beziehungen zum Hausbalte des Organis- mus, sie liefern nicht mehr zum Aufbaue des Organismus verwendete Substanzen. Dadurch wird der Uebergang zu jenem Zustande der Epithe- lialbildungen vermittelt, in welchem Theile von Epithelien als ein in bestimmter Richtung fungirendes Gewebe auftreten, welches man als Drüsengewebe bezeichnet. Da zwischen den zu Absonderungs- organen, Dr Ilsen, verwendeten Zellencompiexen und den Epithelien immer ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben ist, der entweder be- ständig dauert, wie dies für die Mehrzahl der Drüsen gilt, oder doch für die Anlage der Drüse vorhanden ist, so stellt das Drüsengewebe nur e i ne durch Differenzirung entstandene Modification des Epi- thelialgewebes vor, und besteht wie dieses stets aus Zellen. Im einfachsten Zustande erscheinen einzelne Zellen einer Epithelschicht in jener secretorischen Bedeutung, fungiren als Drüsenzellen, indem sie einen Stoff bilden und absondern , der von den anderen nicht geliefert wird. Daraus entstehen die einzelligen Drüsen. Sie bleiben ent- weder zwischen den andern in unveränderter Lage , oder sie treten mit

24

1. Aufbau des Thierleibes.

ihrem Körper unter das Niveau des Epithels, um mit einem dünnen, durch die Zellmembran gebildeten Ausführgange zwischen den Zellen des Epithels auszumünden. (Fig. 7.) Vergrttssert sich die absondernde Oberfläche, ohne dass das ge sammle Epithel der Fläche dabei beiheilig! ist , so entstehen Wucherungen des Epithels unter die von ihm einge- nommene Flache, woraus räumlich vom Epithel mehr oder minder sich entfernende Bildungen, Grübchen, Sackeben, Blindscblaucbe hervorgehen, die durch neue Wucherungen sich wieder compüciren können. Das der ursprünglichen Epithel schichte unterliegende Gewebe bildet, jenen Wucherungen folgend, Um- hüllungen fttr dieselben, verholt sich aber dabei, wie complicirt auch Verästelungen und dergl. jene vom Epithel ausgehende Wucherungen gestalten mögen, in demselben Sinne, wie vorher zur ebenen Epitbel- scbicble.

Die Drüse als differenl gewordenes Organ er- scheint also als eine Einsenkung des Epithels in das unier diesem liegende Gewebe. Bei den ausgepräg- i'iii. t. Einuiiiga Dm- teren Drusen forme n tritt an den in die Drusenbildung ••■. Yorftr« Bpeiabai- eingegangenen Zellen eine fernere Differenzirung ein. dr[is*n ier Ameise mach Dieselben scheiden sich in solche, welche secerniren, somit eigentliche D rUse n Zeilen vorstellen, und in solche, welche den secernirenden Theil der Drüse mit der indifferent bleibenden Epithelschichte verbinden , und im Gegensätze zum secerni- renden Abschnitte der Drüse, Epithelien der Ausfuhrgänge vorstellen.

Bindesubstanzen.

§ 80.

Die beim Epitbolialgewebe zur Bildung homogener Membranen füh- rende Erscheinung kann durch die Ausdehnung über die ganze Peripherie je einer Zelle, sowie durch fortgesetzte Wiederholung zu grösserer Bedeu- tung gelangen. Schon bei den Epithelien findet sich nicht selten eine dünne Zwischenschicht: Kittsubslanz. Indem die von dem Protoplasma einer Summe von Zellen differenl gewordene Substanz zwischeu deu mit unverändertem Protoplasma versehenen Zellen allmählich sich vermehrt. werden die Zellen von einander geschieden. Es bildet sich ein Gegensatz zwischen der Zelle, dem Bildenden, und der Intercellularsub- stanz, dem Gebildeten. Eine Anzahl im Grossen sehr verschiedener Gewebe zeigt jenes Gemeinsame im feineren Baue. Man bezeichnet sie mit dem Namen der Bindesubstanzen, da die Mehrzahl der hierher-

DiffereotirtiDg des thtorifchen Organ i »mos.

25

gehörigen Gewebe zur Verbindung anderer Gewebe zu Organen oder Organsystemen verwendet wird.

Die Eigenthtlmliehkeiteft dieser Gewebe gehen tbeils aus dem Ver- halten der Zellen an sich, theils aus ihrem Verhältnisse zu der Intercellu~ larsubstans, theils aus der chemisch-physikalischen Constitution der Inter- ceüularsubstanz hervor, sind aber nicht überall gleich scharf ausgeprägt. Der letztere, räumliche Uebergänge der einen Gewebsform in die andere erkennen lassende Umstand, sowie die Tbatsache, dass auch zeitlich solche Uebergänge stattfinden , bilden einen wichtigern Anlass zur Ver- einigung als das durch mannichfache Verschiedenheiten wieder aufgewo- gene Gemeinsame des Baues. Die einzelnen hieher gehörigen Gewebe sind: 4) zelliges Bindegewebe, 2) Gallertgewehe, 3 faseriges Binder gewebe, 4) Knorpelgewebe, 5, Knochengewebe.

*^/'» ^==W

Das Bindegewebe ist in folgende Unterabtheilungen zu sondern.

4} Das zellige Bindegewebe (blasiges Bindegewebe' stellt die einfachste Form vor. Es wird aus rundlichen oder länglichen Zellen gebildet, die nur durch spärliche Irvtercellularsubstanz geschieden sind. Die Zellen sind häufig mit vacuolena rügen Räumen ausgestattet, welche mit einer Flüssigkeit gefüllt sind. Die I ntercel Ulla rsubs tanz tritt in Form von Zellmembranen auf, welche die auseinanderliegenden Zellen sich verbinden lassen, in- dem sie benachbarten Zellen ge- meinsam sind. In anderen Fällen ist sie reichlicher vorhanden , ohne dass sie gegen die Zellen vorherrscht. Die Diflerenzirung des Protoplasma von der Interoellularsubstanz zeigt sich auf verschiedenen Stufen. In grösserer Verbreitung finde! sich dieses Gewebe bei Gliederthieren and Mollusken. Bei Wirbelthieren setzt es die Chorda dorsalis zu- sammen.

2) Das Gallertgewebe (Schleimgewebe) zeichnet sich durch die weiche , gallertige Be- Fi*- b- Auti der G*Uert*ub*unz der öcheibe von

, Ä , . « - II l i_ Aurelia ourita mit Jodserum behandelt. Nach

schaffenheit der Interoellularsub- MSoHOLT„ SOOTOlw^ aV#rÄste1ttFa§ertüga,

Stanz aUS , die meist glasartig in wdchenjtoiiia Zellen bemerkbar sind, b In der

durchscheinend sich darstellt. In ^VSf^^ ""^ uZellen mit Fort"

, gltzen, die hier grögstentheiU eingezogen er-

aer letzteren liegen bald rundliche waein«.

26 I- Aufbau des Thierleibe*.

von einander völlig getrennte, bald spindelförmige oder verästelte Zellen, welche häufig mit ihren Fortsätzen mit einander vereinigt sind. Auch Stränge von Zellen kommen vor. So kommt ein feines, die Gallerte durchziehendes Netzwerk zu Stande , dessen Bälkchen in weiterer Diffe- renzirnng fester werden und in Fibrillen zerfallen können. Auch an der Intercellularsubstanz tritt zuweilen eine solche Sooderung auf, so dass Faserzüge bemerkbar werden, an denen keine Zellen betheiligt sind. Die Verbreitung dieses Gewebes findet sich bei vielen niederen Thieren, im Schirm der Medusen (Fig. 8), im Integumente der Heteropoden etc.

3] Faseriges Bindegewebe stellt eine weitere Entwicklungs- stufe der .vorhergehenden Gewebsform vor. Die Formelemente erscheinen als längliche oder verästelte Zellen, die in eine aus Faserzügen und Bün- deln bestehende Intercellularsubstanz eingebettet sind. Letztere ist zum grossen Theil aus einer Sonderung von Seite der Zellen entstanden, wie aus der Entwickelung des Gewebes hervorgeht. Auf dieselbe Weise ist auch zu ersehen, dass ein Theil des Fortsätze aussendenden Protoplasma sich unmittelbar in Fibrillen und Faserbtindel differenzirt, die wieder von der früher gebildeten mehr oder minder homogenen Intercellularsubstanz sich gesondert zeigen. Die Faseruhg der Intercellularsubstanz zeigt so- wohl bezüglich der Dicke als auch der Verlaufsrichtung viele Verschieden- heiten. Die Anordnung der meist wellig gebogenen Fasern ist bald parallel, bald netzförmig, und dem entspricht in den früheren Zuständen die Lagerung der Zellen und ihrer Ausläufer.

Nach der Beschaffenheit der Intercellularsubstanz unterscheidet man lockeres und straffes Bindegewebe, letzteres wird auch als a Sehnen- gewebeu bezeichnet, wenn die Faserzüge dabei eine parallele Anordnung darbieten. Ausser der Diffei enzirung in Fibrillen, die bei Behandlung mit Säuren und Alkalien aufquellen, zeigt sich in der Intercellularsubstanz des faserigen Bindegewebes noch eine andere Faserform, welche gegen jene Agentien grösseren Widerstand leistet, und wegen ihrer elastischen Eigenschaft als »elastisches Gewebe« bezeichnet wird. Dasselbe ist wegen seiner Beziehung zur Intercellularsubstanz keine selbständige Ge- websform, sondern nur eine Modification des Bindegewebes.

Da, wie oben bemerkt, ein Theil der Intercellularsubstanz durch spätere Diflerenzirung des Protoplasma der Zellen entsteht, so stellen die im ausgebildeten Bindegewebe vorhandenen Formelemente nur die Reste der ursprünglichen Zellen vor. Je nach der Menge des verbrauchten , in Fasergebilde übergeführten und damit der Intercellularsubstanz einver- leibten Protoplasma ist der Kern der Bindegewebzellen von verschieden grossen Mengen Protoplasma umgeben , oder es ist alles Protoplasma ver- schwunden, wie aus dem Vorkommen blosser Kerne in den Faserzügen vou Bindegewebe hervorgeht. Wo noch Protoplasma sich sammt dem bezüglichen Kerne forterhält, wo also noch eine Zelle nach dem oben auf- gestellten Begriffe vorhanden ist, kann diese wieder neue Veränderungen

Diflereniirung des tlüorisciina Organismus. 27

eingehen, die so vielartig sind, das* das Bindegewebe dadurch sieb iu dem an Difterenzirungserscheinungen reichsten Gewebe gestaltet.

§ 88.

ij Knorpelge webe wird durch Zellen charakterisirt, die in einer festeren Inlercellularsubslai» lagern. Die Zellen besitzen nur in selte- neren Fällen deutliche, leicht wahrnehmbare Ausläufer , scheinen viel- mehr in der Begel von der runden Grundform wenig abzuweichen oder sind oval oder spindelförmig. Die intercellularsubstanz ist in verschie- dener Menge vorhanden. Ihre grössere Rigidität gibt einon Unterschied von jenen Formen des Bindegewebes, die gleichfalls einfache Form- elemente bei gleichartiger Intercellularsubstanz besilzen. Durch jenes Verhalten ist das Knorpelgewebe geeignet, als Stützapparat zu fungiren. Bei sehr spärlich vorhandener Intercellularsubstanz sind die Zellen vor- herrschend, und erstere erscheint dann in Form von dünnen Membranen, woraus sich ein un mittelbarer Anschluss an das blasige Bindegewebe ergibt. Bei solchen Zellen nimmt das Protoplasma nicht selten eine be- stimmte Anordnung an, bildet Zage, die vom Kerne ausgehend an der Peripherie zusammenQiessen , und durch Flüssigkeit fuhrende Lücken von ein- ander getrennt sind (Fig. 9). In dem Maasse als die Intercellularsubstanz nur eine dünne Schiebte bildet, scheint die- ses Gewebe dem Knorpelgewebe ferne zu sieben. Am Protoplasma dieser bei Medusen vorkommenden Stulszeuen sind Stro mungse räche in ungen wahrzu- nehmen.

Nimmt die Intcreellularsubslans zu , so ist sie entweder gleichartig hyaliner Knorpel), oder sie gebt ganz nach Arides Bindegewebes, fernere Differenzirungen ein , die aber das Verhaltniss zu den Zellen we- nig berühren. Ein Zerfallen der Inleroellularsubstant in Fasern liefert den Faser knorpel, das Auftreten elastischer Netze in derselben lasst elastischen Knorpel hervorgehen. Durch allmähliche Umänderungen der Intercellularsubstanz sowie der Zellen gebt das Knorpelgewebe in faseriges Bindegewebe Über und deulet so auf eine engere Zusammen- gehörigkeit dieser Gewebs formen hin. Auch die Zellen bieten in einzelnen Füllen bedeutendere Modifikationen, indem sie verlängert sind, oder stern- förmige Auslaufer zeigen, welche mit benachbarten zusammenhangen i. B. bei manchen Selachiern oder, noch reicher entfaltet, bei Cephalo- podeu . . Dadurch erscheint die Intercellularsubstanz von den Auslaufern der Zellen durchzogen (Fig. 10). Was hier in grossem Maassstabe aus- geführt ist, macht sieb auch am gewöhnlichen Hyalinknorpel mit schein- bar scharf abgegrenzten Zellen geltend, indem auch da von letzteren,

25

I. Aufbau d«s TbierteltMS.

allerdings feinste Fortsatze die Inlercellularsubslanz durchsetzend beob- achtet werden können.

Die InlercellularsuhstaDZ des Knorpelgewebes ist immer von dem Protoplasma der in ibren Höhlungen liegenden Knorpelzellen unterschie- den. Nichts destoweniger ist die letztere als ein Abscheidungspro- ducl der Zellen anzusehen, welches eben durch Sonderung aus dem Protoplasma hervorging. Nicht sel- ten zeigt sich am hyalinen Knorpel die von einer Zelte abgesonderte und mit dieser Differenzirung ausserhalb des Organismus der Zelle Hegende, somit inleicellulüre Substanz in Form einer die Zelle kapselartig umgebenden Schichte. '" die man früher als eine zur Zelle gehörige Zellmembran ansah. Fig. 10. kimtiwI *in*s Cpbiiop»d*ii. «in- 'ndem für ganze , aus Theilung r.cijf, t, in Tb#«**j brgritttnt Knorp^teiifn. Einer Zelle entstandene, mehrfache t Ki>*r|.eiciiiUcii(o. i i«™ KnorpeUtnMi ■» Generationen vorstellende Gruppen (Nuii s. FEviiiniu.) von Zellen häufig solche »Kapseln«.

nachweisbar sind, hat man darin Mutter- und Tochterzellen etc. erblickt, und die Erscheinung als endo- gene Zelibildung gedeutet. In der That sind jene n Kapselsysteme « nur der Ausdruck von nicht homogenisirten Absehe idungen mehrfacher, aus «inander hervorgegangenen Zellengeneral ionen. Der ganz allmähliche Uebergang von Knorpel ge webe, welches solche Kapseln erkennen Ifls'st. in Gewebe mit völlig homogener Iniercellularsubstanz, lehrt, dass wir es hier nur mit verschiedenen Diflerenzirungszuständen einer und derselben abgesonderten Substanz zu thun haben , hei der der erste Zustand durch eine in zeitlichen Intervallen erfolgte, der zweite durch eine gleichmassig ablaufende AhscheidungsihHtigkeit der Zelle entstand.

Durch die Anastomosen von Ausläufern der Knorpelzellen tritt das Knorpelgewebe dem folgenden sehr nahe, und ist nur durch die Be- schaffenheit der Intercellularsubstanz von ihm verschieden.

§ 23-

S) Knochengewebe. Diese festeste Form der Bindesubstanzen besteht aus einer mit Kalksalzen verbundenen organischen Intercellular- substanz, in welcher Zellen mit anastomosirenden feinen Ausläufern vor- banden sind, oder sie wird durch eine feste, der vorigen gleiche Grund- substanz dargestellt, in welcher keine ganzen Zellen, sondern nur deren Auslaufer vorkommen, die sie in Gestalt feiner CanSlchen durchziehen.

Differeniiruog de« tbierlscfaen Organismus.

29

Es sind demnach zwei Form zustande des Knochengewebes aus- einander tu haiton. In die Zusammensetzung des einen gehen Zelten ein, die bei dem anderen nur feine Fortsätze in die Porencanale der festen Grundsubstanz aussenden.

Das Gewebe mit Knocbenzellen ist das verhreitetste ; es findet sieb in den Skelelbildungen aller Wirbellhierklassen , nährend das Knochen- gewebe mit blossen Ganäl- chen im Sltelete mancher Fische sich vorfindet , und sonst eine allgemeine Ver- breitung nur in den Zahn- bildungen der Wirbelthiere hat Zahnbein).

Die Genese des Knochen- gewebes klart die Beziehun- gen der Intercellularsubstanz tu den Zellen auf. Die zellen- etnschliessende Form kann auf eine zweifache Weise entstehen. Einmal durch Verknöcherung von Binde- gewebe. Indem dessen Inter- cellularsubstanz durch Ver- , bindung mit. Kalksalzen skle- rosirt, werden die in ersterer

vorhandenen Zellen zu Knocbenzellen, die sich mit ihren Auslaufern durch Porencanale in der Intercellularsubstanz unter einander in Ver- bindung setzen. Zweitens entsteht dasselbe Gewehe dadurch, dass indiffe- rent erscheinende Zellen eine sklerosirende Substanz abscheiden , die lamellenartig geschichtet sich ablagert, und in welche die absondernden Zellen feine Protoplasma Fortsätze einsenden (Fig. 11 o). Die Abscheidung jener Substanz geht durch Umwandlung eines Theiles des Zellproloplasma vorsieh. Indem dieses sich difterenzirt, gehört es nicht mehr der Zelle an, ist also von ihr abgesondert. Indem einzelne der absondernden Zellen o' n" . ihre Tbätigkeit sistiren, während die ihnen benachbarten darin fortfahren, kommen sie allmählich in eine Schichte von Intercellularsub- stanz zu liegen, die sie Fernerhin umschliesst und sie so zu Knoohenzellen »'") umwandelt. Durch feine Forlsätze stehen die Zellen der absondern- den Schichte (Osteoblasten) mit den bereits eingeschlossenen Zellen Knochenzellen) in oontinuirlichem Zusammenhange und dadurch ist jede derersteren befähigt, zu einer Knoohenzelle zu werden.

Eine ganz analoge Entstebungsweise besitzt die andere Form des Knochengewebes, soweit ihre Geschichte aus der Eulwickelung des Zahn- beines genauer bekannt ist. Auch hier wird durch eine Zellenschichte eine sklerosirende Substanz abgeschieden , in welche die Zellen zugleich Aus-

■s Feraur ton tun», o OsMobli D KnachnsEiillen werdend. 0"' E p Periost, m XarkheU«.

30 I- Aufbau des Thierleibe*.

läufer senden, welche somit wieder Porencanäle durchziehen. Anstatt aber nach und nach in diese extracelluläre Substanz einzutreten , bleiben die Zellen (Odontoblasten) stets ausserhalb derselben, und stehen mit denselben nur durch ihre Ausläufer in Verbindung. Die abgeschiedene Substanz ist also von feinen parallelen Ganälchen durchzogen (sogenannte Zahncanälchen, da sie im Zahnbein zuerst bekannt wurden) . Diese Form des Knochengewebes verknüpft sich trotz des differenten Verhaltens der Erscheinung im späteren Zustande doch sehr innig mit der ersten Form, indem sie wie diese ihre Intercellularsubstanz durch Abscheidung von Zellen, d. h. durch Differentwerden eines Theiles des Protoplasma, ent- stehen lässt. Noch inniger wird die Verbindung , wenn man den ersten Vorgang ins Auge fasst. In beiden Fällen wird eine homogene durch Kalk- verbindungen sklerosirende Substanz abgesondert, in welche die sie liefernden Zellen ihre Ausläufer absenden. Schreitet dieser Vorgang in gleicher Weise, wie er begonnen, weiter, so dass nie eiue ganze Zelle in die abgesonderten Schichten tritt, so fuhrt er zur Bildung von jenem Knochengewebe, das nur von feinen Porencanälchen in meist parallelem Verlaufe durchzogen ist. Bleiben einzelne der absondernden Zellen all- mählich in der abgesonderten Substanz zurUck, so wird letztere zu einer Knochenzellen umschiiessenden Intercellularsubstanz, und bildet so die andere Form des Knochengewebes.

Formelemente der ernährenden Flüssigkeit.

§ 24.

An das Bindegewebe knüpft sich enge die Entstehung von Zeilen, welche in der ernährenden Flüssigkeit des Körpers suspendirt, die Form- elemente derselben vorstellen. Wenn man jenes Fluidum als eine Inter- cellularsubstanz auffassen möchte, so wäre das Ganze der ernährenden Flüssigkeit einem Gewebe vergleichbar, das von den andern Geweben der Bindesubstanzreihe sich wesentlich nur durch seinen flüssigen Zu- stand unterscheidet. Würde ihm durch letzteren auch eine andere Rolle zuzuerkennen sein , so läge dieselbe doch noch völlig innerhalb der Reihe vegetativer Functionen.

Auch ohne das Gewicht dieser Beziehung sind jene Formelemente hieher zu zählen, da sie aus demselben Gewebe, welches die Bahnen der ernährenden Flüssigkeit umwandet, ihre erste Entstehung nehmen. So- weit diese Verhältnisse bekannt sind, tritt bei den im Mesoderm auftre- tenden Sonderlingsvorgängen ein Thetl der es vorstellenden Zellen nicht in Verbindung mit den anderen, und erhält sich isolirt in dem jene Räume oder Ganäle füllenden Fluidum, welches man als Blut zu bezeichnen pflegt. Diese Formelemente stellen dann die Blutzellen vor. Im Bereiche wirbelloser Thiere erscheinen dieselben in der Regel auf der Stufe völlig

Differenzireng de* thieiiseben Organismus. 31

indifferenter Zeilen, aus einem Kerne (Fig. 48 n und Protoplasma be- stehend, weichet letztere amöboide Bewegungen ausfuhrt. Unter den Vertebraten erhalten sich diese Formelemente bei den Cranioten ab Lymphzellen, indess ' ^ v

die eigentliche Blutflüssigkeit von jenen nie- ^®}r- ^ fe-

dern Formen stammende, allein bedeutend ver- f ^f ©\ ">">>

änderte Elemente führt. Diese haben mit ihrer \fk^~' f£^ ~"

Differenzirung die Veränderlichkeit der Form S*S V^j* eingebüsst, erscheinen als rundliche oder ovale

Scheiben, in denen bei Sanieren auch der J* ^"Ä. tT

bU dahin noch vorhandene Kern verschwun- pu<m»fort«itt#D. «* SueWu* den ist

B. Animale Gewebe.

§ «5.

Sowohl im Epilhelialgewebe wie in den Geweben derBindesobstanz- reihe bietet das Differenzirungsprodnct des Protoplasma nur Erscheinun- gen, die auf das Bereich vegetativer Vorgänge beschränkt sind. Mit dem Auftreten einer höher potenzirten contractilen Substanz als einem Sonde- rungsproducte des Protoplasma entsteht ein neues Gewehe , das als con- tractiles oder Muskelgewebe bezeichnet wird. Die Contractilität äussert sich aber nicht mehr automatisch, sondern nur auf Reize, die den Formelementen vom Nervensvstem her zufliessen. Dadurch sind die con- tractilen Formelemente des Muskelgewebes von der indifferenten , durch ihr Protoplasma gleichfalls contractilen Zelle wesentlich unterschieden. Sie setzen die Existenz eines anderen Gewebes, des Ner- vengewebes voraus, sowie dieses wiederum jenes be- dingt. Diese innigen Beziehungen offenbaren ein causales Verhältniss in der Phylogenese beider Gewebe. Beiderlei Elemente differenziren sich aus einem einzigen, der Neuro- muskelzelle, die bei manchen Cö- lenleraten das Formelement für beide Gewebe reprösentirt (Fig. <3). Sie ent- spricht einem indifferenten Zustand der animalen Gewebe, die hier noch gar nicht als discrete Gewebe bestehen. Das J* * ZZZSSL™ cL den Ausgang der Differenzirung bildende trecüie Fa««m. Nach klukksseko . Gewebe ist keine neue Bildung. Es ist die

äusserste aus Zellen bestehende Korperschichte (Ectoderm», die ein Epithel darstellt. Das Neuromuskelgewebe ist also eine Differenzirung des Epitbelialgewehe8, und dadurch verknüpft es sich mit einem ein- facheren Zustande. Von anderen Epithelzellen kaum unterscheidbare Zellen senden an ihrer Basis je einen bandartigen Fortsatz aus, der mit den ande-

32 i- Aufbau des Thierleibes.

ren eine unter dem Epithel liegende Utngsfaserschichte zusammensetzt. Diese repräsentirt eine contractile Schichte 7 deren Elemente, Fasern (im) von den Epithelzellen ausgehen. Während die epithelialen Zellen der äusseren Körperschichte in ihrem indifferenten Zustande einen niedern Grad von Sensibilität und Contractilität vereinigten , ist ihnen erstere ge- blieben, indess die letztere in höherer Potenzirung einem vom Proto- plasma different gewordenen Fortsatze, nunmehr einem Anbangsgebilde der Zelle zukommt. Darin erscheinen die ersten Anfänge der in höher differenzirten Zuständen in dem Zusammenhang von Ganglienzelle, Nervenfaser und Muskelfaser ausge- sprochenen Einrichtung. Wenn wir annehmen, dass die in diesem Falle nur als Fortsätze von Zellen erscheinenden Fasern einen Rem er- halten, indem das Theilungsproduct des Kernes der Zelle allmählich auf die Faser gelangt, dass ferner die Neuromuskelzelle nicht mehr so un- mittelbar, sondern durch einen gesonderten Fortsatz mit der somit gleich- falls selbständiger gewordenen contractilen Faser sich verbindet , so ist damit einUebergang zu jenem diflerenzirteren Zustande gegeben. Nerven wie Muskeln erscheinen von diesem Gesichtspunkte aus als die Producte der Sonderung einer und derselben Gewebsscbichte, die wir weiter unten als »Ectoderm« werden kennen lernen. Damit wird zugleich ein physio- logisches Postulat erfüllt; denn es ist völlig undenkbar, dass Nerv oder Muskel in ihren Elementen einmal von einander gesondert bestanden, und dass der die Functionen beider bestimmende Zusammenhang das Er- gebniss einer späteren Verbindung sei.

Muskelgewebe.

§ 2<V

Hinsichtlich des specieileren Verhaltens scheiden sich die Formele- mente des Muskelgewebes in zwei Abtheilungen. Die eine besteht aus einfacher gestalteten Zellen, die andere wird durch Fasern dargestellt, welche aus Zellen-Aggregaten hervorgehen, oder bei denen eine Vermeh- rung des Kernes auf die Bildung von Syncytien hinweist. In beiden ist das indifferent gebliebene Protoplasma in geringer Quantität und von un- tergeordneter Bedeutung für die Leistung des Formelements.

In jeder Abtheilung kann durch weitere Differenzirung der contrac- tilen Substanz ein höherer Zustand der Faser sich ausbilden.

\j Die erste Form bilden zunächst die sogenannten glatten Mus- kelfasern oder contractilen Faserzellen. Es sind spindelför- mige, oft sehr langgestreckte und dann bandartig erscheinende Zellen , an denen von dem indifferenten Protoplasma entweder gar nichts mehr, oder nur ein in der Längsaxe oder an der Peripherie der Zelle liegender Rest sich forterhalt. In allen Fällen umschliesst der letztere auch den Kern.

Differcozirung des thiertschen Organismus. 33

Die contractile Substanz ist homogen und wird äusserlich von einer oft nur schwer darstellbaren Membran abgegrenzt. Die Reaction dieser Muskelfasern auf den Nervenreiz erfolgt langsam.

Durch Differenzirung der contractilen Substanz in einfach und dop- pelt lichtbrecbende Theilchen erscheinen die Fasern quergestreift, und daraus entsteht ein Theil des Gewebes, das man als quergestreiftes Muskelgewebe bezeichnet. Zwischen diesem , aus einfachen , je aus einer Zelle hervorgegangenen Fasern bestehenden , und dem mehr homogenen Fasergewebe finden sich vielfache Uebergangs formen.

2) In der andern Form des Muskelgewebes werden die Elementar- theile durch Zellenaggregate vSyncy tien) gebildet. Sie entstehen , wie es scheint, meist durch Auswachsen einer Zelle unter Vermehrung des Ker- nes, so dass sie von einer fortgesetzten unvollkommenen Thetlung einer Zelle abgeleitet werden können. Es sind entweder Gebilde , bei denen die contractile Substanz in Gestalt eines Cylinders erscheint , der aussen von einer homogenen Membran dem Sarkolemma) umhüllt wird, und in seiner Axe mehrfache Kerne pit Protopiasmaresten umschliesst. Oder die contractile Substanz stellt einen soliden Cy linder vor und dann liegen die Kerne mit den Protoplasmaresten auf der Oberfläche, unmittelbar unter dem Sarkolemma. Diese Form theilt sich wieder in zwei Zustande , nach der mehr homogenen oder heterogenen Beschaffenheit der contractilen Substanz.

im ersten Falle reiht sich der Zustand an den der sogenannten glatten Faserzellen an, von dem er nur dadurch verschieden ist, dass er, nach, den mehrfachen, der Faser angehangen Kernen, nicht eine einfache Zelle, sondern ein Multiplum von Zellen vorstellt. Im zweiten Falle schliesst er sich durch die Differenzirung der contractilen Substanz an die andere Form der einfachen Fasern an, und stellt gleichfalls quergestreifte Fasern vor. Diese entsprechen wieder Mehrheiten von Zellen, wenn sie auch aus einer einzigen Zeile hervorgehen , und ihre Länge durch Aus- wachsen dieser Einen Zelle erhalten. Reize finden bei den quergestreiften Fasern eine rasche Auslösung.

Nervengewebe.

§ 27.

Mit der Differenzirung des Muskelgewebes im Thierreiche erscheint nach dem oben Bemerkten zugleich das Nervengewebe, welches durch seine Leistungen auch in seinen niederen Zuständen von den übrigen Ge- weben sich auszeichnet. Es empfängt und leitet Reize, setzt dieselben in Empfindungen um , und erzeugt Wiilenserregungen. Nach dem for- malen Verhalten der Elementartheile sind zweierlei Zustünde zu unter- scheiden, Nervenfasern und Nervenzellen; die ersteren kommen Vorzugs- ,j

G«c«nb*«T. Orandri» d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 3

34 I- Aufbau des Thierleibes.

weise dem peripherischen Theiie des Nervensystems zu und sind die leitenden Gebilde, die letzteren stellen die centralen Elemente vor.

1; Die Nervenfasern treten in verschiedenen, als Differenzirungs- stadien anzusehenden Verhältnissen auf.

a) In der einfachsten Form erscheinen sie als langgestreckte , homo- gene , bandartige Züge zusammensetzende Fasern , die so wenig von ein- ander scharf abgegrenzt sind , dass sie nur in Form von Streifungen sich darstellen. In solchen NervensUimmchen und deren Verästelungen ist bei der Mehrzahl der Wirbellosen die Beziehung zu den bistiologischen Form- elementen noch nicht ausreichend ermittelt, selbst die Frage ist* noch nicht entschieden , ob die vielfachen Streifungen der NervensUimmchen der Ausdruck einer Zusammensetzung der letzteren aus discreten Fasern sind. Das Vorkommen von Kernen an diesen Bildungen ist das einzige auf Beziehungen zu Zellen Hinleitende. In anderen Fällen sind zu Bün- deln vereinigte Fasern als Einzelbildungen unterscheidbar ; die Faser be- steht aus anscheinend homogener Substanz, die oberflächlich durch eine zarte Hülle abgegrenzt ist, unter welcher Kerne sich finden. Um die Kerne sind zuweilen Protoplasmareste unterscheidbar, die den übrigen Theil der Faser als eine differente Substanz erscheinen lassen. Dadurch steht sich der Bau der Nervenfaser mit der Muskelfaser auf eine histolo- gisch ähnliche Stufe, und die Verschiedenheit liegt nur in der Qualität des ditlerenzirten Protoplasma, das in dem einen Falle Muskelsubstanz, in dem anderen Nervensubstanz hervorgehen liess. Diese Fasern finden sich ausser bei Wirbellosen noch bei Amphioxus und den Cyciostomen verbreitet. Die höheren Vertebraten besitzen sie nur im Bereiche des sympathischen Nervensystems.

b) Ein zweiter Zustand der Nervenfaser wird durch eine weitere Differenzirung gebildet. Die unter einer bald sehr zarten, bald stärkeren Hülle liegende Nervensubstanz zeigt sich nämlich in einen die Axe der Faser durchsetzenden Strang, den Axencylinder, und in eine diesen um- gebende fetthaltige Substanz gesondert. Die letztere , der Markcylinder (Markscheide) , verleiht der Nervenfaser stark lichtbrechende Conturen, und kann vom Axencylinder nur künstlich getrennt werden. Die den Markcylinder umgebende homogene Scheide das Neurilemma zeigt Kerne als Reste von Zellen, aus denen die Faser hervorging. Diese Form kommt, so viel bis jetzt bekannt, nur bei den gnathostomen Wirbel- thieren vor.

2} Das andere Formelement des Nervengewebes wird durch Zellen dargestellt, die man, da sie vorzüglich in Anschwellungen des Nerven- apparates (den Ganglien) vorkommen, als Ganglienzellen bezeichnet. Sie repräsentiren die centralen Apparate. Ihre Substanz zeigt eine meist feinkörnige Beschaffenheit , doch mit manchen hier nicht näher auseinan- derzusetzenden Eigenthümlichkeiten. Der in der Regel mit deutlichem Kernkörperchen versehene Kern liegt inmitten der granulirten Substanz,

Di fferendrung des thierisehen Organismus. 35

und diese letztere wird häußg von einer Süsseren membranartigen festeren Schiebte abgegrenzt. Eine diesen Zellen zugelegte complioirtere Structur wird von jedem Beobachter in wesentlich verschiedener Weise dargestellt, so dass diese Fragen vom Abschlüsse noch weit entfernt scheinen.

Die Ganglienzeilen besitzen Fortsätze , durch welche sie theils unter sieb, ibeils mit Nervenfasern in Zusammenbang stehen. Sie bilden somit die Ursprungsstellen der Nervenfasern. Inwiefern fortsatzlose, also gänz- lich isolirte Ganglienzellen eine Verwendung finden . ist noch nicht fest- zustellen. Thatsache ist, dass die Annahme solcher immer weiter zurück- gedrängt wird. Die Fortsetze der Nervenzellen bieten je nach ihrer Zahl, sowie nach ihrem Verhalten zu den Fasern mehrfache Verschiedenheiten, von welchen nur das hervorgehoben werden soll , dass bei der differen- zirten Faser der Axencylinder es ist , der in die Substanz der Zelle sich fortseist, während der Markcylinder entfernter von der Zelle aufhört oder vielmehr indifferent wird. Auch das Verhalten des Axencylinders zu den Substanzen der Zelle erscheint mehrfach verschieden , und ist in vielen Punkten noch problematisch.

Solbug , A., Leb. d. fein. Structur der Nervenelemente der Gasteropoden. Leipzig 4*71.

Entstehung der Organe.

§28.

Als Organe sind oben (S. 43) Körpertheile bezeichnet worden, welche mit einer bestimmten, für den Organismus zu leistenden Function betraut sind, und dieser Function gemäss sich darstellen. In diesem allgemeinen Sinne ist jedes Formelement ein Organ , ebenso wie die aus Formelemen- ten zusammengesetzten , in bestimmter Richtung fungirenden Theile oj> sind. Der Begriff des Organs ist demnach ein relativer. Das veranlasst. die Organe in solche höherer und niederer Ordnung zu scheiden. Die letzteren reprttsentiren die Formelemente Elementarorgane : Organe höherer Ordnung dagegen sind jene , welche aus Summen \ un Elementarorganen Zellen und deren Derivaten (Geweben) zusam- mengesetzt sind, und für sich eine einheitliche Function besorgen. Solche Organe höherer Ordnung erscheinen in den niedersten Zustünden thieri- scher Organisation nur wenige, der Einfachheit des Organismus gemäss. Sie stellen aber die Grundlage vor, auf welcher die allmählich sich aus- bildende , nach dem Princip der Arbeitsteilung erfolgende Complication des Organismus duroh fortschreitende Differenzinin^ sich erbebt. Daher können wir jene einfachen Organe höherer Ordnung, aus denen durch Sonderung ganze Organcomplexe hervorgehen, als » Primitivorgane « bezeichnen.

Fassen wir diese Primitivorgane näher ins Auge, so wird es zweck- mässig sein, sie an die ersten Sonderungsvorgnnge im Organismus anzu-

36

1. Auf bali des Thierleibes.

knüpfen. Denn von daher sind sie ableitbar. Aus der Theilung der Eizelle ist ein Aggregat von kleineren Zellen entstanden, die in ihren Lage- rungsbe Ziehungen sieh verschieden verhallen. Ein Theil nimmt das Innere des Organismus ein, ein anderer bildet eine die ersteren umschliessende Schichte , die zugleich den Körper üusserlich abgrenzt. [Fig. li.) Verbindet sich mit diesem Zustande eine Nahrungsaufnahme im Innern des Kor- pers, so wird die innere Zellenmassc als Be- grenzungsschichte einer verdauenden Caviläl verwendet, die einen primitiven Darm vor- Fig. i«. »ouitnag der stellt. Viele Beobachtungen lassen den Vor- nan enheiiungiieri'orgeipinginin oano dieser Sonderune zweier Kürperschi cht eil

ZelliDis=ei:ieine peripherische c °, °. „. , " , . K.

und «ins «ntriii Putia <i. ills eine Einstülpung erscheinen, die an einer einschichtigen Blase stattfindet. In anderen Fallen wird er in anderer Weise dargestellt, so dass nicht abzusehea ist, ob und in wie weit hier eine für alle Fülle gemeinsame Erscheinung vorliegt. Eine Generalisirung vermeidend wenden wir uns zum Ergeb- nisse jenes Vorganges. Wir haben alsdann den Organismus aus zwei Zellen schichten zusammengesetzt. Einer äusseren, die als primitives In tegumenl erscheint, Ectoderm, und einer inneren, die eine primitive DarmhOhle einscbliessl, Entoderm. An der zu letzlerer führenden MundOffnung gehen beide Schichten in einander über. Die beiden den Körper eines solchen Organismus darstellenden Zeilenscbichlen bieten für diesen die Bedingungen einer selbständigen aniinalenE vislenz. Die äussere ist Schulzorgan und kann sich durch Sprossung von Wimperhaaren auch zum Locomolions- organ umwandeln, dabei wohl auch respira- torische Functionen vermittelnd. Indem sie Zu- stande des umgebenden Mediums wahrnimmt, ist sie zugleich Organ der Empfindung. Die innere Schichte besorgt die nulriloriseben Func- tionen, verändert die aufgenommene Nahrung, und lilsst das Assimilirbare in ihre Zellen Über- gehen, von da aus auch die äussere Zellschichle ernährend. Das Unbrauchbare wird durch die Eingangsoffnung wieder entfernt. Wie die de. orguitmni in Ectuderm und physiologische Leistung beider Schichten ver- Eniuderm, in v«bindnüg mit der schieden igt, so erscheint auch das sneciellere

Hildnng einer Terdineuden IVi- ,.,,,- i -

i»t. ü Hund. 6 »mutable, c «erhalten der sie zusammensetzenden Form- Knudam. d Etiodeim. Dutk- demente ziemlich difTerenl, wovon liier nur "V "rtl auf die meist bedeutendere Grösse der Zellen

des Enloderms gegen jene des Ectodernis hingewiesen sein soll.

Solche Organisaiionszusläudc finden wir realisiri im Bereiche nie- derer Abiheilungen des Thierreicbes COlenleratcn, Würmeij, wo sie

Differenzirung des thierischen Organismus. 37

niedere Entwickelungsstadien vorstellen. Auch bei höheren Abtheilungen finden sich Andentungen davon. Man bat diese Form nach dem am selb- ständigsten gebildeten Organe , dem Darm, als Gaslrula bezeichnet. Von der Annahme ausgehend , dass solche mit einer Gastrula in den Hauptpunkten tibereinstimmende Formen die Anfänge auch aller höheren animalen Organisationsformen bildeten, hat man eine der Gastrula entsprechende Gastraeaform als thioriScbe Urform aufgestellt. Diese Gastraeatheorie hat eine Begründung erstens in der Existenz selb- ständiger an den Typus der Gastraea sich anschliessenden Thierforroen, zweitens in der Thatsarhe, dass in niederen Abtheilungen des Thier- reicbes die mit einer Gastrula beginnende Anlage des Körpers sich nur wenig über diesen Zustand erhebt, so dass selbst anscheinend bedeutende Complicationen des Organismus immer wieder auf das Bestehen jener beiden Körperschichten zurückführbar sind. Drittens ist das Vorkommen jener beiden das Ectoderm und Entoderm bildenden Zell^nschichlen in der Körperanlage als eine ganz allgemeine, ausnahmslose, und daher gesetzmassige Erscheinung auch in den höheren Abiheilungen des Tier- reiches, sowie deren Beziehung zu den gleichen Functionen, für jene Auf- stellung von grösstem Belang, ja es ßndet das Bestehen jener Schichten in den die Anlage des Körpers zusammensetzenden sogenannten Keim- blättern erst ein richtiges Verständniss , durch die Beziehung auf eine hypothetische Gastraeaform. Deshalb wird jene Auffassungsweise als eine gerechtfertigte gelten dürfen.

Wir erkennen so die Gastraea als eine Grundform an, und finden in der Differenzirung zweier, einem Ectoderm und einem Entoderm ent- sprechenden, bis zu den höchsten Stufen des Tbierreiches vorkommenden Keimblatter, auf jenen Zustand verweisende, und von ihm abzuleitende Befunde. Allein bei alledem darf nicht verkannt werden , dass wir in dem Nachweise jener Verhältnisse erst bei den Anfängen stehen. Für viele hier in Betracht kommende Punkte liegt die definitive Erledigung noch in der Ferne , und selbst aufscheinbar einfache Verhaltnisse, wie die Entstehung der Gastrula, und ihrer beiden Schichten, ist noch wenig Licht gefallen. Zweifelhaft bleibt, ob die der Gastrula vorangehende Form eine einschichtige Blase vorstellt, so dass die Doppelschicht des Leibes durch eine das Entoderm bildende Einstülpung entstehe , oder ob das Entoderm aus einer primitiven inneren Zelllage sich ausbilde. Ebenso wieder ob diese beiden beobachteten Zustände selbständige , oder von einander abzuleitende seien. Für all' das werden fernere Untersuchungen zu entscheiden haben, und in gleichem Maasse wird das Urtheil bis dahin zurückzuhalten sein.

§ ».

j ...1

V

Die beiden , den Leib niederer Thiere während früher Stadien zu- sammensetzenden urd auch in den Keimblättern höherer Ablhei-

38 k Aufbau des Tbierleibes.

lungen repräsentirlen Zellscbichten, Ectoderm und Entoderm, lassen zwischen sich eine intermediäre Schichte hervorgehen. Sie bildet das M e s o- d e r m , an dessen Entstehung die beiden andern gleichen Antheil zu haben scheinen. Das Maass dieser Betheiligung ist noch keineswegs bestimmt, wie überhaupt die ersten Sonderungsvorgänge der Körperanlange vielfach genauer Untersuchung bedürfen, und zudem auch keineswegs tiberall gleich sich darstellen. Diese drei Straten erscheinen in den auf den Theilungsprocess des Eies folgenden Stadien selbst der höheren thie- rischen Organismen unterscheidbar, und zeigen ihr Auftreten an die erste histiologische Diflerenzirung geknüpft. Sie stellen die Anlage des Orga- nismus wie einen Keim vor, aus dem der gesammte Organismus durch Diflerenzirung sich entfallet.

Jene Anlage des Körpers bietet in den. höheren Abtheilungen des Thierreichs zwar zahlreiche Modi ficationen, und lässt den in der Gastrula- form repräsentirlen Zustand um so weniger erkennen , je bedeutender die Di flerenzi rangen sind, welche der Organismus durchläuft, allein in der Hauptsache besteht eine nicht schwer zu erkennende Cebereinstim- mung. Das äussere Keimblatt (Ectoderm) bildet die äussere Grenz- schichte des Körpers, wie das innere (untere) Keimblatt (Darmdrüsen- blatt, Entoderm) die Darmanlage abgibt , und zwischen beiden erscheint dann das mittlere Keimblatt (Mesoderm).

Wie Ectoderm und Entoderm die ersten gesonderten Organe sind, so erscheinen auch die Keimblätter als solche Urorgane, die aus dem frühesten DifTerenzirungszustande des thierischen Organismus auf spätere und damit höhere Zustände vererbt, nach dem Gesetze der Arbeitstei- lung Reihen neuer Organe aus sich hervorgehen lassen. Das Thalsäch- liche der organologischen Diflerenzirung der Keimblätter ist noch zu geringen Umfanges , um für alle Organe den Nachweis der Genese auf- stellen zu können. Doch gestatten die wenigstens für einige Abtheilungen oflenliegenden Thatsachen den Differenzirungsvorgang in den ersten Grundzügen vorzuführen. Aus dem Ectoderm gehen vorwiegend die Organe hervor, welche den Organismus in Beziehung zur Aussenwelt setzen : Schutz- und Stützorgane, Organe der Empfindung (daher senso- risches Blatt) und der Bewegung, während das Entoderm vorwiegend die Organe der Erhaltung des Individuums liefert (nutritorisches Blatt j. Da auch aus dem Mesoderm wichtige Organe sich sondern , dieses aber gerade in seiner Genese noch am dunkelsten ist. wird die Beziehung jener Organe auf eines der beiden primitiven Keimblätter ausstehen müssen.

Durch die Sonderung der aus den Keimblättern bestehenden Körper- anlage und die Entstehung den Organismus complicirender neuer Organe wird das primitive Verhalten mehr oder minder verwischt und aufge- löst. Die aus jedem der Keimblätter als einem Primitivorgane sich difle- renzirenden Organe stellen si-cundäre Organe vor. Aus diesen können wieder neue, tertiäre etc. sich bilden. Wie diese Sonderungsvorgänge \ou der Spaltung einer Fuuction beherrscht werden, und die Einzel-

Differenzirung des thierischen Organismus. 39

funcüonen innerhalb einer Hauptfunction , von der sie ausgingen , ver- bleiben, so erscheinen auch die von einem Primitivorgane differenzirten Einzelorgane unter sich in Zusammenhang. . Sie stellen dann Complexe von Organen vor, die man ihrer morphologischen und physiologischen Zusammengehörigkeit wegen als Organsysteme, Organapparate bezeichnet.

Nicht immer beharrt dieser Zusammenhang auch im ausgebildeten Zustande , und häufig findet eine vollkommene Trennung des ursprüng- lich Verbundenen statt. Diese trifft vorzüglich für solche Organe, die mehreren Verrichtungen dienen . wo dann mit der Selbständigkeit jener Function auch das Organ eine unabhängige Stellung gewinnt. Die Onto- penie weist aber auch hier die ursprünglichen Zustünde nach.

Organsysteme.

a Integument.

§30.

Das Ectoderm bildet als äusserste Körperschichte den einfachsten Zustand des Integuments thierischer Organismen. Wahrend bei den nie- dersten Organismen (Protisten) jegliches Integument entweder fehlt, da das den Körper darstellende Protoplasma in wechselnde Fortslitze ( Pseu- dopodien j ausgezogen, jeden inneren Theil an die Oberfläche gelangen lassen kann, oder duroh die äusserste Schichte des Protoplasma einer ein« zeloen Zelle repräsentirt wird, ist hier zum ersten Male eine zusammen- hangende Zellschichte als gesondertes Hüllorgan und Bedeckung des übrigen Organismus unterscheidbar. Es äussert die Function eines Schutzorganes, indem seine Zellen eine in verschieden mächtiger Ausdeh- nung die Körperoberfläche überziehende Substanz absondern, welche erhärtend entweder Gehäuse- und Schalenbildungen hervorgehen lässt, oder einen continuirlichen Ueberzug des Körpers bildet , wie den Panzer der Arthropoden.

Mit der Entstehung eines Mesoderms nimmt der mit dem Ectoderm verbundene Abschnitt desselben gleichfalls vielfach an der Function eines Schutzorganes Theil. Diese äussert sich z. B. in dem Auftreten von festen kalkhaltigen Ablagerungen in dem complicirteren Integumente der Echinodertnen.

Die, feste Schutzgebilde des Körpers schaffende Thätigkeit des Ecto- denns zeigt sich noch bei den Wirbeltieren in der Production zahlreicher und mannichfaltiger als Hüll- und Schutzorgane fungirender Theile.

40 1* Aufbau des Thierleibes.

b Skelet.

§ 31.

Die mannichfaitigen , vom Ectoderm gelieferten Schutzorgane fun- giren in vielen Fallen auch als Stützorgane des Körpers, in dem Maasse, als sie entweder an Mächtigkeit oder an Festigkeit zunehmen und zugleich mit inneren Organen in Verbindung treten. Wir bezeichnen solche Organe als Skelet. Die Verbindung anorganischer Substanzen (vornehmlich Kalksalze) mit einer organischen Grundlage spielt hier eine wichtige Rolle. Die vom Integumente geleistete StUtzfunction lässt zahlreiche Anpassungen hervorgehen. Die Vereinigung beider Functionen erscheint als niederer Zustand im Vergleiche mit der Bildung innerer Skelete, welche einer höheren functionellen Differenzirung entsprechen und ausschliesslich als Slülzorgane fungiren. Wir begegnen auch hier den mannichfaltigsten Zu- ständen. Solide Einlagerungen in die Gewebe bilden die niedersten Be- funde, die Anfänge solch innerer Skeletbildungen , deren einzelne Theile unter sich in gar keinem Zusammenhang stehen . Durch die Vermehrung jener Einlagerungen und ihre Verbindung gehen zusammenhängende Skelet- formalionen hervor, die auch als Abscheidungen sich darstellen können. Beispiele bieten sich schon bei den Cölenteraten. Mit der Verwendung eines bestimmten Gewebes , dessen Eigenschaften sich zur StUtzfunction eignen, beginnt eine höhere Stufe der inneren Skelete. Die Differenzirung des Knorpels aus dem indifferenten Bindegewebe ist der Ausdruck jener Erscheinung. Bereits bei Medusen, bei Würmern und Mollusken ist der Anfang zur Verwendung jenes Knorpelgewebes zu Stützorganen gemacht, und bei den Vertebraten tritt es in höhere Bedeutung , bis es durch ein zweites vollkommeneres Stützgewebe, Knochengewebe, verdrängt wird.

c) Muskeln.

§ 32.

Die Bewegung des Körpers äussert sich in ihrem einfachsten Ver- hallen als eine durch die Contractilität des Protoplasma bedingte Form- veränderung. Sind diese Formveränderungen ausgiebiger und erfolgen sie nach bestimmter Richtung,- durch einseilige Verlängerung des Körpers, durch Aussenden von Fortsätzen , die sich festheften , und welchen all- mählich die übrige halbflüssige Körpermasse nachfolgt [Rhizopoden], so resultirt aus ihnen die Ortsbewegung. Diese unterscheidet sich also nur graduell von der unbestimmteren Formveränderung. Das Protoplasma ruft durch seine Cootrac tili tat auch da noch Ortsbewegungen hervor, wo es sich bereits mit einer differenten aber noch weichen Integumentschichte überkleidet hat. Diese Schichte folgt dann den Bewegungen des von ihr umhüllten Leibes. Besondere Organe der Bewegung bestehen in diesen

Differeniiraof des thierischen Organismus. 41

bei den Protisten verbreiteten Fällen ebenso wenig eis den Wimper- haaren diese Bedeutung in ausschliesslichem Sinne zugeschrieben wer- den kann, da diese auch den Protisten zukommenden Bildungen noch mancherlei andere Functionen für den Organismus vollziehen, 2. B. durch die Betheiligung an der Nahrungsaufnahme.

Erst mit dem Erscheinen der als Muskelfasern unterschiedenen con- tracülen Formelemente treten specifische Organe der Bewegung auf, die im einfachsten Falle als eine unter dem Ectoderm gelagerte Muskelschichte sich darstellen.

Die Genese dieser ersten Muskulatur des Körpers (Hydroidpolypeo) ergibt sich als eine Sonderung des Ectoderms. Von den Zellen des leti- teren geben platte Fortsätze ab und formiren eine continuirliche Schiebte contractu er Fasern.

Eine jede an der Bildung dieser Faserschichte betheiligte Ectoderm- zelle reprüsentirt dabei einen empfindenden Apparat,- der mit einem con- tractilen in unmittelbarer Verbindung steht. Die Zelle hat somit bei difle- renzirler Muskulatur durch gegeneinander wirkende und eben dadurch io toto in ihrer Tbätigkeit harmonirende Muskelgruppen vollzogen. (Vergl. oben S. 34.) In wieferne dieses einen tiefen EipbJick in die Sonderung der Gewebe wie der Organe gestattende höchst wichtige Verhalten sieb bei höheren Thieren vielleicht ontogenetisch wiederholt, ist noch un- ermittelt. Bei allen über den Cölenteraten stehenden Abtbeilungen be- gegnen wir einer bereits vollzogenen Sonderung. Es kann daher als zweifelhaft gelten , ob dem Auftreten der Muskulatur überall ein solcher Vorgang zu Grunde liege. Etwas ähnliches dürfte jedoch als wahrschein- lich anzunehmen sein. Wenn die Differenzirung bei höheren Organismen jene Vorgänge nicht mehr erkennen )8sst, so ist daraus noch nicht unbe- dingt eine ursprünglich andere Art der Entstehung zu folgern . da die Ontogenie die phylogenetischen Processe in ihrem vollen Umfange nur selten zu wiederholen pflegt.

§ 33.

Die erste Muskulatur des Körpers erscheint in enger Beziehung zum Integumente. von dem sie kaum getrennt werden kann. Da solches nicht blos für die Cölenteraten gilt, ergibt sich daraus eine Instanz für die An- nahme einer im Wesentlichen gleichmassigen Genese. Mit dem Integu- mente zosammen bildet sie einen mit dem Auftreten einer Leibeshöhle die übrigen Organe umschliessenden »Hautmuskelschlauch«. Die Anord- nung der Muskelfasern bietet eine gewisse Jtegelmässigkeit zumeist erst mit der Gliederung des Körpers in einzelne hintereinander gelegene Ab- schnitte (Metamerenj, und mit der Entwicklung von Stützorganen zeigt sich eine Differenzirung der Muskulatur in einzelne Gruppen. Summen voriTasern bilden Bündel und diese setzen wieder grössere Complexe, Muskeln, zusammen. Die Gliederung der Muskulatur entspricht dann der

42 Aufbau des Thiorleibes.

Segmentirung des Körpers, und erscheint in ihren einzelnen Abschnitten um so mannichfaltiger , je verschiedener die Leistungen der einzelnen Metameren sind. Was beim Hautmuskelschlauch durch die in verschie- dener Schichtung sich kreuzenden Fasern erzeugt wird, nämlich die Ver- schiedenartigkeit der Bewegung, das wird bei differenzirter Muskulatur durch gegeneinander wirkende und eben dadurch in toto in ihrer Thätig- keit zusammenstimmende Muskelgruppen vollzogen.

Durch den Hautmuskelschlauch und die aus ihm hervorgehenden Differenzirungen wird die Locomotion durch Bewegung des gesammten Körpers bewerkstelligt, und das gesammte Integument ist an jener Thätig- keit betheiligt. - Von da aus findet eine fernere Differenzirung statt, in- dem an bestimmten Theilen des Körpers besondere Anhange als Glied- massen sich hervorbilden, die wie Hebelarme beim Ortswechsel thätig sind. Sie erscheinen bald als einfache weiche Fortsätze des Haut- muskelschlauches (Ringelwürmer; , bald als gegliederte Gebilde , welche entweder vom Integumente her (Arthropoden), oder von Seiten innerer Skeletbildungen AVirbelthiere) eine Stütze erhalten. Die Complicirung der Muskulatur steht mit der Entwicklung von Stützorganen in engem Connexe und beide bilden einen einzigen Bewegungsapparat, von dem das Skelet die passive Rolle übernimmt.

d) Nervensystem.

§ 34.

In den niedersten Zuständen der thierischen Organisation ist das Protoplasma der Zellen der Sitz der Empfindung wie der Bewegung, ähn- lich wie dies bei den niederen Organismen der Fall ist. Mit der Differen- zirung der Muskelschichte des Körpers ist das Ectoderm vorwiegend Empfindungsorgan geworden. Aus- der Fortbildung einer Strecke dieser Schichte in dieser Richtung ergibt sich die Differenzirung eines Nerven- systems, für dessen ersten Zustand somit eine oberflächliche Lagerung am Körper vorauszusetzen ist. Dieses Verhalten der ersten Anlage des Nervencentrums ist bis jetzt soweit verbreitet erkannt, dass es als allge- meine Erscheinung gelten darf. An die Differenzirung aus dem Ectoderm schliesst sich die Einsenkung in den Körper, so dass das sich ausbildende Centralorgan allmählich von anderen Körperschichten überlagert wird. Dieses an sich höchst eigenthümliche, an sich völlig unverständliche Ver- halten wird als eine Vererbimg aus einem primitiveren Zustande erklär- bar, in welchem das noch wenig differente Nervensystem durch die Zell- scbichte des Ectoderms oder eines Abschnittes desselben vorgestellt ward. Die allmählich erfolgende Einbettung in das Innere des Körpers muss hiebei als ein mit der fortschreitenden Differenzirung und der damit erlangten höheren Potenzirung erworbener Vorgang gelten , durch den

Differenzirang des thierischen Organitmu?. 43

das für den Organismus werthvoilere Organ in dem Inneren des elfteren geborgen wird.

Bezüglich der Formverh&ltnisse des differenarien Nervensystems ist einmal das Gentralorgan , vorwiegend aus Ganglienzellen zusammen* gesetzt, von den zu den Endapparaten verlaufenden, aus faserigen Elementen bestehenden Nerven peripherisches Nervensystem) zu unter- scheiden.

§ 35.

Durch das Auftreten mehrerer unter einander verbundener centrale Formelemente enthaltender Theile (Ganglien; entstehen die ersten , nach sehr diflerenten Richtungen sich weiter entwickelnden Complicirungen. Die das Gentralorgan darstellende Ganglienmasse ist in ihren primitiven Verhaltnissen eine dorsale, sowie nach dem oben bemerkten auch die erste Sonderung der Cenlralorgane von dem dorsalen Ectoderm erfolgt. Diese dorsale Nervenmasse differenzirt sich meist in der Nähe des Ein- ganges zum Darmcanale gelagert , in mehrere unter sich durch Verbin- dungsfasern Kommissuren) in Zusammenhang stehende Theile, die einen Schlundring bilden.

Bei den strablig gebauten Thieren vermehrt sich die Zahl der Gan- glien in einer den Radien entsprechenden Weise , und auch die periphe- rische Vertheilung der Nerven folgt genau den allgemeinen Verhaltnissen des Baues. Mit der bilateral symmetrischen Körperform ordnet sich auch das Nervensystem nach dieser. Eine obere Ganglienmasse Cerebral- ganglion) repräsentirt die primitivere Form. Das Hinzutreten einer anderen scheint erst mit der Metamerenbildung zu Stande zu kommen. Man unterscheidet dann dorsale Ganglien und ventrale, letztere als in verbun- dene LangssUtmme eingelagerte Ganglienzellenmassen , die auch ein ein- ziges unter dem Schlünde gelagertes Ganglion vorstellen können. Die verschiedengradige Ausbildung dieser Scblundganglien steht in engstem Zusammenhange mit den davon abgehenden Nerven. Mit der Ausbildung der Sinnesorgane zeigt sich auch das die bezüglichen Nerven entsendende Ganglion von beträchtlichem Umfang , sowie es mit der Verkümmerung derselben rückgebildet erscheint. Die oberen Schlundganglien sind also auch in dieser Beziehung die wichtigsten, denn von ihnen entspringen die Nerven der höheren Sinnesorgane, welche sdmmtlich in Lage und Einrichtung eine allgemeine Verbreitung be- sitzen.

Aus dieser Form leitet sich unmittelbar eine andere ab , für welche die deutlich ausgesprochene Metamerenbildung des Körpers als das be- diugende Moment erscheint. Während bei den ungegliederten, mit Schlundring versehenen Thieren die ventralen Körpertheile durch die von den unteren Schlundganglien entspringenden Nerven versorgt werden, tritt mit der Abtheilung des gesammten Körpers in hintereinander gele-

44 I. Aufbau des Thierleibes.

« gene Tbeile (Metameren) eine Vermehrung der ventralen Ganglien ein. Durch die Bildung je eines Ganglienpaares für jedes Gliedstück entsteht £ine ventral gelagerte Reihenfolge von Ganglien, die, unter sich durch Längscommissuren verbunden, eine Ganglienkelte bilden. Ringelwürmer und Arthropoden sind Repräsentanten dieser Form. Innerhalb derselben entstehen durch weitere Differenzirung mannichfaltige Variationen. Erst- lich wechselt das Volum der Ganglien nach der Verschiedenheit des Vo- lums der mit Nerven zu versorgenden Körpertheile, und zweitens geht an ganzen Abschnitten der ventralen Ganglienkelte eine Verschmelzung der Ganglien zu grösseren Massen vor sich.

Aehnliche Differenzirungen des centralen Nervensystems sind auch bei einer exclusiv dorsalen Lagerung desselben, wie bei den Verlebraten, gegeben. MK der Ausbildung des vordersten Körperabschnittes zu einem Kopfe entfallet sich der vorderste Theil des Nervencentralorgans zu einem besonderen Abschnitte, dem Gehirn, welches von dem Übrigen mehr gleichmassigen Medullarrohre , dem Rückenmarke sich abgrenzt. In weiterer Differenzirung gehen am Gehirn wieder verschiedenartig ausge- bildete Abschnitte hervor.

e, Sinnesorgane.

§ 36.

Die Sinnesorgane vermitteln dem Organismus Zustände der Aussenwelt. Als Sitz der Empfindung niederster Art erscheint das Proto- plasma, welches in der indifferenten, die niedersten Organismen charak- terisirenden Beschaffenheit, auf äussere Reize mannichfaltiger Art reagirl. Bei noch nicht vollzogener Abgrenzung der Körperoberfläche vom Innern des Organismus (Rhizopoden; , wird jeder Protoplasma theil zur Vermitte- lung der Wahrnehmungen, freilich niedersten Grades, verwendbar sein, und somit als Sinnesorgan niederster Ordnung fungiren. Bei bestimmter Abgrenzung der Körperoberfläche (Infusorien, Gregarinen), ist mit einer äusserslen Körperschichte eine auch für sinnliche Wahrnehmungen wich- tige Differenzirung aufgetreten.

Obgleich schon bei Infusorien einzelne Stellen der Körperoberfläche vorzugsweise als Sinnesorgane fungiren , so ist doch ebensowenig wie in den noch tiefer stehenden Zuständen ein Sinnesorgan in anatomischem Sinne vorhanden. Die Entstehung dieser ist an die Sonderung eines Nervensystems geknüpft, denn die Sinnesorgane sind Endappa- rate sensibler Nerven. Ihr Auftreten setzt daher jene Differenzi- rung voraus, deren oben beim Nervensystem gedacht ward.

Wie die primitive Sonderung des Nervensystemes aus dem Ectodertn durch ontogenetische Zeugnisse als ein höchst wahrscheinlich fundamen- taler Vorgang sich darstellt, so ist auch für die Entstehung der Sinnes- organe dieselbe äussere Köqierschichte von grösster Bedeutung. Fast alle

Differenz* rung des t Menschen Organismus. 45

Sinnesorgane sind aas ihr mittelbar oder unmittelbar hervorgegangen, womit die bald bleibende , bald nur vorübergehend bestehende Verbin- dung dieser Organe mit dem lotegumente in Zusammenbang steht.

Für viele Sinnesorgane niederer Thiere ist die Deutung der functio- nellen Qualität des Organs in hohem Grade unsicher. Dies gilt für alle Organe , welche ausser der Reihe jener stehen , die desshalb ins Bereich unserer Beurtheilung fallen, weil wir sie oder doch ihre Uoroologa selbst besitzen, wodurch allein der Zusammenhang ihres Baues mit ihrer speci- fiscben Leistung prüfbar w ird. Man hat solche Organe zusammenfassend als Organe eines sechsten Sinnes bezeichnet.

§ 37.

Die Sinnesorgane tbeilen sich in niedere und höhere. Die er- steren -sind die allgemeiner über das lnlegument verbreiteten , in ihrem Baue einfacheren. Sie reprftsentiren den höheren gegenüber einen in- differenteren Zustand. Modificirte Zellen des Integumentes, die, meistens der Epidermis angehörig, einerseits mit einer Nervenfaser in Verbindung stehen , andererseits mit. einem verschiedenartig gestalteten , gegen die Körperoberflache gerichteten Fortsatze versehen sind , bilden die verbrei- terte hierher zahlende Einrichtung. Man schreibt ihnen die Vermittelung allgemeiner Gefüblswahrnebmungen zu, doch ist gerade bei diesen Orga- nen, besonders bei den im Wasser lebenden Thieren die physiologische Leistung in hohem Grade unbestimmt; jedoch, für manche von ihnen bleibt die Annahme der Vermittelung specifischer Reize, wodurch sie sich den höheren Sinnesorganen anschliessen würden, begründbar.

Etwas bestimmter tritt die Bedeutung dieser Einrichtungen hervor, sobald sie sich mit besonderen Apparaten, beweglichen Fortsätzen des Integufnentes u. dergl. , in Verbindung zeigen , und dadurch als Tast- werkzeuge erscheinen. Ob solche Bildungen, besonders in den nie- deren Abtheilungen noch andere Wahrnehmungen als Tasteindrücke ver- mitteln, bleibt fraglich.

Einseitig ausgebildet , und demgemUss nur in Einer Richtung fungi- rend, auf Reize in ganz bestimmter Art reagirend, erscheinen die höhe- ren Sinnesorgane, die als aus (Jen niederen hervorgegangen zu betrachten sind , und auch vielfach das Wesentliche des Baues der nie- deren noch an sich tragen. Man unterscheidet Geschmacksorgane wie Riechorgane mit Sicherheit erst in den höheren Abtheilungen, und für die letztgenannten ist die Function eigentlich erst bei den in der Luft lebenden Wirbelthieren sieber gestellt, und bleibt zweifelhaft für die niederen Abtheilungen. Aber auch für die Geschmacksorgane dürfte bezüglich der Deutung die grösste Vorsicht zu empfehlen sein.

Der Werth eines Sinnesorganes für den Organismus erfordert einen Schutz derselben gegen Süssere Einwirkungen. Daraus werden die Ein- sendungen verständlich, welche die das Sinnesorgan diflerenzirende

46 I- Aufbau des Thierleibes.

Iniegumentstelle eingeht. So sehen wir höhere Sinnesorgane in ihrer Anlage allmählich unter das Niveau des Ectoderm treten , von dem aus sie entstanden, und so zu weiterer Ausbildung günstige Lage gewinnen.

§ 38.

Als Hörorgane fasst man mit einem Fluidum gefüllte Bläschen, Otocysten, auf, in deren Wandung ein Nerv zur Endigung kommt. In der einfachsten Form ist das Bläschen dem centralen Nervensvstem un- mittelbar verbunden, oder der Nerv tritt zum Bläschen heran. Fast regel- mässig bergen diese Bläschen feste Concremente oder krystallinische Bil- dungen , sehr häufig auch Krystalle kohlensauren Kalks. Ebenso finden sich häufig haarförmige Verlängerungen der Endapparate, die ins Lumen des Bläschens einragen. Diese bei den wirbellosen Thieren vorherrschende Form des Hörorgans complicirt sich bei den Wirbelthieren durch Aus* buchtungen und Fortsatzbildungen zu einem Labyrinth. Durch schall- leitende und schallverstärkende Apparate werden neue Einrichtungen erzeugt, welche anfänglich anderen Functionen vorstehend dem Hörorgane sich anschl iessen.

Da das Labyrinthbläsohen der Wirbelthiere aus dem Ectoderm her- vorgeht, so stehen auch die in seinen Wandungen sich differenzirenden Endapparate des Hörnerven in genetischem Zusammenhange mit deu im lntegumente liegenden Endapparaten der Gefühlsnerven , und können demnach als specifische Ausbildung eines niederen Sinnesorganes ange- sehen werden. Für die einfacheren Otocysten der meisten Wirbellosen ist das genetische Verhalten noch unbekannt, doch führen alle genaueren Ermittelungen zu der Annahme, dass auch für sie eine Differenzirung aus dem Ectoderm bestehe.

Auch für die Sehorgane wird ein mehrfacher Modus der Ent- stehung gelten. Wir schliessen die früher häufig als Augen bezeichneten Pigmentflecke aus und nehmen erst da ein Auge an , wo eine bestimmt geformte Nervenendigung unter oder an der Körperfläche als lichtpercipi- render Apparat erkannt werden kann. Durch die Hchtabsorbirende Eigen- schaft des Pigmentes mögen unbestimmte Vorstellungen von Hell und Dunkel erzeugt werden, oder es erfolgen Erregungen, die von dem, was wir »Sehen« nennen, unendlich weit abliegend, wohl nur durch die Wärmestrahlen des Lichtes erzeugt sind.

Wenn die genannte Verwendung von Pigment eine mehr problema- tische ist, so stellt sie sich in bestimmten Beziehungen dar, wo sie eine stäbchenförmige Nervenendigung nur zum Tbeil umhüllt, so dass das äusserste Ende desselben frei bleibt , und damit allein der Lichtwirkung ausgesetzt ist. Durch Vereinigung einiger oder auch vieler als » Sehstäb- chen a bezeichneter Nervenendigungen entstehen in verschiedenem Grade zusammengesetzte Sehorgane, deren die Lichtperception vermittelnde Ele- mente (Stäbchen) eine entweder convexe oder concave Schichte formiren

Differenzirung des tbterisehen Organismus. 47

Eine andere Complication entsteht durch das Hinzutreten liehtbredhender Organe (Linsen) , die wieder ausserordentlich mannichfallige Verhältnisse darbieten, immer aber, mittelbar oder unmittelbar, aus dem Integumenl hervorgehen. Bei den Augen «mit convexer Oberfläche der Stöbchen- schichte sind sie in der Regel in einer der Zehl der percipirenden End- gebilde entsprechenden Summe vorhanden , wahrend den Augen mit coocaver Sutbchenschicbte eine einfache Linse zukommt. Indess zu dem Nervenapparate des Sehorgans noch andere , dessen Leistungsfähigkeit modificirende oder erhöhende Einrichtungen hinzutreten , wird aus dem Auge eines der complicirtesten Organe des Organismus. Bei den meisten niederen Abtheilungen bleibt das Sehorgan in seiner primitiven Beziehung zum Ectoderm auch im ausgebildeten Zustande erkennbar. In höheren Abtheilungen sondert es sich von ihm und kommt mit seinem percipiren- den Apparate unter das Integument zu liegen oder es nimmt der peroi- pirende Apparat seine Entstehung aus der Anlage des Nervencentrum.

Auch bezüglich der Lagerung des Sehorgans am Körper gibt sich die Erscheinung der Differenzirung zu erkennen , indem in den niederen Ab- theilungen die augentragenden Körpertheile sehr wechselnd sind, und auch die Zahl der Augen bedeutend schwankt. Daran sc'hliesst sich das Vorkommen einer grösseren Zahl von Sehorganen an dem zum »Kopfe« sich ausbildenden vordersten Körpertheile, bis endlich an demselben Theile die Augenzahl auf zwei beschränkt ist. Die verschiedene Lagerung des Sehorganes schliesst die Annahme einer gemeinsamen Ererbung aus und spricht für die selbständige Differenzirung der heterotopischen Organe aus einem indifferenten Apparate. Dagegen ist fttr die mit dem Cerebral- ganglion oder dem dorsalen Nervencentrum in Zusammenhang stehenden Augen eine gemeinsame genetische Beziehung nicht abzuweisen.

f) Respiratorische Organe des Integumentes.

(Haut -Kiemen.)

§ 39.

Dem Integumente, und damit dem Ectoderm kommt eine wichtige Rolle für die Bildung der Organe der Athmungzu. Vor der Ent- stehung derselben wird der Gasaustausch wahrscheinlich durch die gesammte Oberfläche des Körpers vollzogen und bei vielen niederen im Wasser lebenden Thieren findet diese Athmungsweise statt. Theils durch die Ortsbewegung des Körpers, theils durch besondere Organe, z. B. die Wimperhaare, wird ein Wechsel des umgebenden Mediums bewerk- stelligt, und immer neue Mengen desselben mit der athmenden Oberfläche des Körpers in Contact gebracht. Ist dies auch nicht die einzige Art der Athmung niederer Thiere , da auch die Einfuhr von Wasser ins Innere des Leibes, sowie die .Bespülung des Darmcanals mit Wasser gewiss nicht ohne Bedeutung ist , so ist sie doch als Ausgang einer grossen Reihe von

48 L Aufbau des Thierleibes.

Diflerenzirungen von hoher Wichtigkeit. Mit einer Localisirung der Function auf beschränktere Strecken der Körperoberfläche gewinnen diese in der genannten Richtung eine besondere Ausbildung und gestalten sich in Compensation der Beschränkung der Localität zu blutführenden Fort- sätzen, welche man als Kiemen bezeichnet. In vielen Fällen entstehen diese aus einer Differenzirung der Gliedmassen (Würmer, Grustaceen). Die fortgesetzte Ausbildung der Kiemen erscheint in einer Oberflächen- vergrösserung , die auf die mann ich faltigste Art erreicht wird. Sehr bifufig findet sich diese mit einer Reduction der Zahl der Kiemenbildungen im Zusammenhang.

Die Bedeutung dieser Organe für den Körper ruft mancherlei Schutz- vorrichtungen der im niedersten Zustande frei auf der Oberfläche des Körpers vorragenden Kiemen hervor. Indem benachbarte Integument- theile sich zu deckenden Lamellen erheben, werden die Kiemen in Höh- lungen geborgen (Kiemenhöhlen), für welche dasselbe Integument wieder Zu- und Abflusscanäle des der Athmung dienenden Wassers herstellt (Mollusken, höhere Krustenthiere) . So beeinflusst die Ausbildung dieser Athmungsorgane auch andere Theile des Integumentes , deren directe Beziehung zur Athmung längst verloren gegangen ist.

gj Excretionsorgane.

§ 40.

Wie in den Athmungsorganen die gasförmigen Auswurfsstoffe aus dem Organismus abgeschieden werden, so bestehen auch Einrichtungen zur Abscheidung der festen oder tropfbar flüssigen Stoffe , die für den Organismus unbrauchbar geworden sind. Das Ectoderm leistet auch diese Function bei niederen Organismen wohl in allgemeiner Verbreitung, in höheren Lebensformen dagegen gehen aus ihm Diflerenzirungen hervor, die als besondere Organe, Hautdrüsen, in jener Richtung fungiren. Von diesen im Allgemeinen als Secretionsorgane fungirenden Einrich- tungen gehören nur jene speciell hierher, welche die Ausscheidung der Auswu rfssloffe besorgen , und die man als Excretionsorgane von denjenigen Drüsen unterscheidet , welche für den Organismus verwend- bare Stoffe absondern , und entweder selbständig oder mit bestimmten Organsystemen vereinigt sind, und dann als Diflerenzirungen der letzteren sich darstellen.

Von den unter Betheiligung des Ectoderms gebildeten Absonderungs- organen wird die Excretnatur des Absonderungsproductes am wenigsten bezweifelt werden dürfen , da letzteres mit der Entleerung der Drüse auf directem Wege aus dem Organismus entfernt wird.

Unter mannichfaltigen, auf die Oberfläche des Körpers ausmünden- den Drüsenorganen erlangt eine Kategorie eine allgemeinere Bedeutung. Sie umfasst die nierenartigen Excretionsorgane, welche die

Differeozftrang des thtorische« Organismus. 40

stickstoffhaltigen Auawurfastoffe aus den Korper abscheiden. Wenn diese Organe schon bei Würmern in ihrer scheinbar einfachsten Form weit im Leibe des Thieres sieh verbreiten, se erseheint ihre Genese doch nur yoo Hautdrüsen ableitbar. Dies wird auch dadurch nicht geändert, dass in vielen Fällen (Anneliden, Mollusken) das auch sonst sehr modificirte Organ in die Leibeshöhle einmündet, und so swischen der letsteren und dem umgebenden Medium einen Verbindungsweg herstellt, der in man* ehen Abtheihingen (Mollusken) sogar sur Einfuhr von Wasser benutst wird. Bei anderen (Annulatenj sind diese Organe in röhreoartiger Gestalt derGesoblechtsfunction dienstbar und dienen cur Ausleitung der Producta derselben. Aus der Wiederkehr dieser Function für einen Theil des pri- mitiven excretorischen Apparates (Urnierej der Wirbelthiere kannte auf eine Vererbung aus einem niederen Zustande geschlossen werden. Wo diese Anschlüsse bestehen, bleibt noch ungewiss. Jedenfalls kann nur da eine Anknüpfung gesucht werden , wo der Apparat wie bei den Veite- braten jederseits einheitlich ist.

h) Darm.

§ 41.

Die Aufnahme der Nahrungastoffe in den Körper wird bei einem Theile der niedersten Organismen durch endosmotische Vorgange ver- mittelt, bei denen der Körperoberflache die Hauptrolle zukommt. Bei anderen findet die Aufnahme fester Nahrung statt , indem das weiche, Pseudopodien entsendende Protoplasma in die Nähe des Körpers gelan- gende Nahrungsetoffe umschliesst (Rhisopoden) . Die Bildung einer be- stimmten, zur Nahrungsaufnahme dienenden Stelle der Körperoberfläche ist zwar ein Schritt zur organologischen Sonderung (Infusorien), aber bei alledem besteht noch kein Darm, der erst mit der Differensirung des Körpers in Zellenschichten als gesondertes Organ erscheint. Jene Zellen- schichten, eine innere und eine Süssere, geben an einer die Eingangs- Öffnung; umgrenzenden Stelle in einander über.

Die innere den nach aussen geöffneten Hohlraum umgrenzende Lage, dasEntoderm, bildet dann die. Wandung einer verdauenden Cavit&t. In der einfachsten, durch dieGastrula reprSsentirten Form ist das Entoderm die einzige Wandung der primitiven Darmhöhle. Die Entstehung eines Mesoderms lässt zu dem Entoderm noch andere Schiebten von aussen hin* zutreten, von denen eine Muskelschichte die wichtigste wird, denn durch sie wird der Darm zu selbständigeren Actionen befähigt. Die in den Darmschlauch führende Oeffnung dient als Mund zur Aufnahme der Nahrungastoffe sowie sie auch unverdauten Resten der Nahrung zur Aus- wurfaöffnung wird. (Cölenteraten , viele Würmer.) Das Auftreten einer Afteröffnung ruft eine fernere Trennung der Functionen hervor, und ver- wandelt den blind geendigten Darm in ein an zwei Enden offenes Rohr, dessen einzelne Abschnitte verschiedene Verrichtungen übernehmen, und

Gtgenbtur, Grondrisi d. rergl. Anatomie. 2. Aufl. 4

50 L Aufbau des Thierleibes.

damit differente Anpassungen eingehen. Die erste mit dem Hunde zu- sammenhängende Strecke bildet eine zur Einleitung der Nahrung die- nende Speiseröhre, denn erst der folgende meist erweiterte oder mit Blindsäcken ausgestattete Abschnitt ist die eigentlich verdauende Cavität, der meist als Magen bezeichnet wird, eine Benennung, die nicht immer die gleichwertigen Abschnitte trifft. Der Endtheil des ganzen Apparates besorgt weitere Veränderung der Nahrungsstoffe sowie die Ausleihung der Speisereste durch den After. Mit dieser Difierenzirung des Darm röhr es in einzelne ungleich wertbige Abschnitte ist die bedeu- tendste Complkation gegeben, welcher fernere Differenzirungen unter- geordnet sind. Drei Strecken sind von da an als Vorderdarm, Mitteldarm und Enddarm unterscheidbar.

Ausser wechselnden und mannichfaltigen Grösseverhältnissen der einzelnen Abschnitte entstehen am Darmrohr noch verschiedene Vorrich- tungen, die entweder auf besondere neue Leistungen berechnet sindT oder nur eine fernere Arbeitstheilung ausdrücken. Organe zum Ergreifen oder zum Zerkleinern der aufgenommenen Nahrung Kauwerkzeuge verbinden sich mit dem Munde, oder zeichnen einen Abschnitt der Speise- röhre aus. Auch im Magen sind solche Kauorgane zuweilen angebracht. Wo sie meist dicht hinter der Mundöffnung im Anfange der Speiseröhre sich finden, wird dieser Abschnitt, häufig durch stärkere Muskulatur aus- gezeichnet, als Schlundkopf oder Pharynx unterschieden.

Die Vergrösserung des Binnenraumes des Darmcanals bewirken Er- weiterungen oder blindsackförmige Ausbuchtungen. Im Verlaufe der Speiseröhre entstehen .Kropfbildungen, am Magen Blindsäcke, am übrigen Darme Bliuddärme (Coeca) in mannichfaltiger Complication in der Zahl und Anordnung. Uebertrifft die Länge des Darmcanals jene des Körpers, so ordnet er sich in Form von auf- und absteigenden Schlingen oder von Spiraltouren , und passt sich so dem Umfange der ihn bergenden Leibes- höhle an. Für alle diese Verhältnisse ist die aufgenommene Nahrung sowohl hinsichtlich ihrer Quantität als Qualität von grösstem Einflüsse und nirgends ist die Anpassung des Organs an die Function, die aus der Lebensweise des Tbieres erfliesst, deutlicher erkennbar als gerade in den Einrichtungen des Darmcanals.

Zur Betbätigung des Verdauungsprocesses im Allgemeinen stehen mit dem Darmcanale Absonderungsorgane in Verbindung, deren Producte auf die Nabrungsstoffe lösend, chemisch verändernd, einwirken. Solche Drüsen sind bald über den ganzen Darmcanal verbreitet, bald zeichnen sie nur bestimmte Abschnitte aus. In der einfachsten Form sind sie von der Darmwand noch nicht differenzirt und dann keine selbständig abge- grenzten Theile. Die von der Darrowand gesonderten werden vornehm- lich in zwei Abiheilungen unterschieden. Eine davon stellt die in die Mundhöhle oder in die Nähe derselben ausmündenden Drüsen vor, die man als Speicheldrüsen bezeichnet. Eine andere Gruppe findet sich an dem der Verdauung dienenden Abschnitte, und wird als gallebereiten-

Differenitning 4m ihterischen Organismus. M

der Apparat, Leber, ungesehen. Es ist wohl zu beachten, das» die Be- zeichnungen solcher Organe mit Namen , weiche von den physiologisch genauer gekirnten Organen höherer Organismen hergenommen sind, nur als hypothetische gellen können, da von einer physiologischen Erkenntnis* der meisten Organe niederer Tbiere noch kefne Rede ist. Das gilt vorzüg- Heb von den meist gefärbt erscheinenden Epfthelien des Darmes, die man hänfig ab «Leber« zu bezeichnen pflegt. Mit der verdauenden Cavitat ist dieses Oiigan in Form eines Epithels bei den Cölententten, manchen Wür- mern und auch bei den Insecten verbanden , bis es sich auf bestimmte bUndsaekbrtige Anhange des Darvncanals beschränkt, und somit den ersten Grad von Selbständigkeit aufweist. Die Leber erscheint dann entweder in Form zahlreicher den Darmcanal in grosserer Ausdehnung besetzender Follikel, oder sie bildet grossere Drüsencomplexe, welche, bald zerstreut, bald vereinigt, in den Darmcanal einmünden. Die Differenzirung der Leber läuft also auf eine allmähliche Ablösung des Organes vom Darme hinaus, so dass es am Ende dieser Reib* nur dnrch seine Ausfuhrgange mit dem Darmcanal verbunden ist (höhere Mollusken, Wirbelthiere;.

Betpjratojiache Organa des Parmas«

§ 42.

Die sämmlKehen vorbin aufgeführten Differenzirungen des aus dem Entodenn gebildeten primitiven Darmes betrafen nach dem Principe der Arbeitsteilung entstandene, auf die Aufnahme und Verdauung der Nah- rungsstoffe bezügliche Organe, welche dem Darme keine wesentlich neue Verrichtung zutheilen. Eine solche erscheint mit der respiratorischen Bedeutung des Darmes. Ob diese bereits in der primitiven Darmform bestehe , ist nicht festzustellen , doch bleibt es wahrscheinlich . da das Entodenn ebenso vom umgebenden Medium besptth wird, wie die äussere Schichte des Körpers, und mit der Nahrung aufgenommenes Wasser auch da zu respiratorischer Function dienen kann. Bestimmter wird dieses VerhBltniss durch die Wahrnehmung eines regelmässigen Einströ- mens von Wasser in den Enddarm wie bei manchen Würmern und Mol- lusken. Diese Erscheinung weist schon deutlicher auf die respiratorische Function des Darmes, hat aber direct nichts mit der Entstehung von Athroungsorganen zu thun, die aus dem Darmrohr sieh sondern.

Die Bildung solcher Respirationsorgane erfolgt am vordersten Ab- schnitte des Darmes, dessen Wände von seitlichen Oeflhungen durch- brochen duröh ihre Beziehungen zum Gefesssystem respiratorische Bedeu- tung ern plan gen. Diese schon in niederen Abtheihingen auftretende Ein- richtung wiederholt sich bei den Wirbelthieren. An den Wandungen der Spähen dieses Raumes, in denen das respiratorische Geftssnetz verbreitet ist, entstehen Fortsätze, Kie men. Em Theil des ursprünglichen Darm- rohrs wird dadurch zu einem besonderen Abschnitte, einer Kiemen höhle,

52 I. Aufbau des Tbierleibes.

umgewandelt, an deren hinterem Ende das ausschliesslich der Ernährung dienende Darmrohr beginnt.

Eine andere Form von Athmungsorganen sondert sich aus der Qarm- wqnd in Gestalt divertikelartiger Ausbuchlungen an einein vorderen Ab- schnitte des Darmes. Dieser Anhang des Dqnnes wird mit Luft gefüllt, und hat bei den Fischen als Schwimmblase wohl nur eine hydrostatische Bedeutung. Mit einer Veränderung der Kreislaufsverbältnisse allmählich zu einem Atbmungsorgane umgewandelt gehen daraus die Lungen her* vor , an deren Einfuhrwegen in den höheren Abtheilungen der Wirbel- thiere wiederum neue Organe, jene der Stimmerzeugung, sich ausbilden.

ij Gefässsystem. § 43.

Die durch die Verdauung bereiteten, zur Ernährung des Körpers dienenden Stoffe werden bei den feste Nahrung aufnehmenden nieder- sten Organismen von den verdauenden Hohlräumen aus einfach im Proto- plasma des Körpers vertheilt. Mit der Bildung eines discreten Darm- schlauches findet dieser Vorgang durch die Wandung des letzteren direct in das Parenchym des Körpers statt, so dass vom Entoderm aus das Meso- derm und Ectoderm sammt den von ihnen differenzirten Organen ernährt werden. Diese Verhältnisse sind nur für Gölenteraten und einige Abthei- lungen der Würmer charakteristisch. Bei vielen anderen geht im Meso- derm eine Sonderung vor sich , die entweder durch das Auftreten canal- artiger Hohlräume, oder durch eine gänzliche Spaltung des Mesoderms in eine äussere dem Ectoderm und eine innere dem Entoderm sich an- schliessende Platte sich ausspricht. Zwischen der dermalen upd der gastralen Schichte des Mesoderms findet sich die Leibeshöhle oder perienterische Höhle (Gölom), in der ein Fluidum, als ernährende Flüssig- keit anzusehen, sich ansammelt. Finden sich Formelemente in derselben, so sind dieselben von Zellen des Mesoderms ableitbar. Diese Flüssigkeit dient noch nicht ausschliesslich der Ernährung, sie wirkt ebenso bei der Locomotion , indem sie nach dem Willen des Thieres einzelne Theile des Körpers zu schwellen vermag. Dabei kommt auch dem in den meisten dieser Fälle von aussen her in die Leibeshöhle aufgenommenen Wasser eine wichtige Rolle zu.

Die Bewegung des Fluidums im allgemeinen Leibeshohlraume wird anfänglich durch die Bewegungen des Körpers vermittelt. Contracüonen und Expansionen der Körperwand unterwerfen die vom Hautmuskel- schlauch umschlossene Flüssigkeit einem beständigen Ortswechsel, der als die niederste Form eines Blutumlaufs betrachtet werden kann. Niedere Würmer bieten hiefür Repräsentanten. Die Bahn hat hier weder selbständige Wandungen , noch besitzt sie besondere den Umlauf regu- lirende Vorrichtungen.

Differenzirang de» IbieHscben Organismus. 53

fai utrfnebefl Abtheilungen bleibt t* bei der Bildung dieser Leibes* bohle (Bryonon) ; b4\ «ndereit entstehen canalartige Höhlungen . die in regelmässiger Anordnung als GefösSe erscheinen, und fernere Compli- cirurige* eingehen konnän. Ihr Inhalt stellt die Blutflüssigkeit vor (Nemer- tifien) . Tritt biezu noch die Bildung einer perienteriscbeti Höhle , so ist das tfeelltreise iti srie eingelagerte Gefflsssystem entweder vollständig von fernerer abgeschlossen (viele Anneliden), oder es steht mit ihr an ein- sehen oder vielen Stellen im offenen Zusammenhang (Mollusken, Arthro- poden, Wirbehbiere) . Lettteres Verhalten wird voraussetzen , dass die Geftlsftfflmnti Ms Abschnitte der Leibeshohle entstanden , während im er- steren Falle die Entstehung der LeibeshOble erst nach 'der Gefössbildung erfolgt ist. Die Bildung der LeibeshOble ist daher hier als ein secundärer Vorgang Zu betfachten, und die Hohlraumbildung im Mesoderm ist in zweifacher Weise erfolgt, das erste Hai zur Entstehung der Blutgefässe,

das zvVeite Mal zu jener der Leibeshohle hinfahrend.

»

§ 44.

Einzelne Abschnitte des die Blutbahn vorstellenden Hohlraumsystems bilden sich durch Entwicklung von Muskulatur in ihren Wänden zu con- tractilen GefeSsen aus. Indem diese durch rhythmische Thätigkeit das regelmässige Zu- und Abströmen des Blutes bewerkstelligen, entsteh^ der erste circulatorische Apparat. Die Richtung des Blutstroms ist damit noch keine constante , und derselbe kann bald nach de* einen , bald nach der andern Seite getrieben werden. Die durch besondere Contractu im aus- gezeichneten Abschnitte des Gefesssystems sind bald in ausgedehnterem Maasse vorbanden , bald auf kürzere Stellen beschrankt. Sie erscheinen als die Anfänge einer Herzbildung.

Das Herz ist somit ein aus der Blutgefässbahn differenzirtes Organ, welches in der einfachsten Form einen Abschnitt der Gefässe vorstellt, der nach beiden Richtungen seinen Inhalt fortbewegen kann. Erst mit dem Auftreten von Klappen an den Ostien des Herzschlauchs bildet sich eine Beständigkeit in der Richtung aus, und dabei complicirt sich auch der Bau des Hansens , der durch Theilung des Binnenraums in einzelne Abschnitte (Kammern und Vorkammern) sich weiter vermannichfacht. Solche contractile Bildungen erscheinen b&ufig als die einzigen differen- rirten Tbeile des vom Leibeshoblraume vorgestellten Blutgefässsystemes. tos Blut gelangt aus dem Herzen entweder sofort in lacunenaVtige , zwi- schen den verschiedenen Organen befindliche Abschnitte der Leibeshohle, und von diesen wieder zum Herzen (Arthropoden), oder es sind vom Herzen ausgehende bestimmte Geftisse vorhanden , welche bald an Stelle der Hohlräume den Korper durchziehen, bald nur theilweise die lacunäre Bahn vertreten , indem sie nicht bis zum Herzen zurück in Gefässe sich fortsetzen1, sondern unmittelbar in Lacunenbildungen übergeben. Der letztere Fall zeigt den Leibeshohlraum noch als einen Abschnitt der Blut-

54 1- Aufbau des Tbiorletbes*

bahn, die nur theiiweise durch wahre Gefesse vorgestellt wird (Mollusken) . Bei vollkommener Ausbildung der Gefässbahn in Verbindung mit einer Differenzirung des Herzens gliedert sich das Gefesssysfcem in drei Ab* schnitte. Der vom Herzen ausführende, das Biut im Körper verteilende Abschnitt wird als der arterielle bezeichnet, die Geisse heissen Arterien. Der das Blut zum Circulationscentrum zurückleitende Weg wird durch die Venen vorgestellt, und den zwischen den zu- und ableitenden Ge- lassen liegenden Bahnabsohnitt bildet ein Maschen werk feinster Canttlohen (Capiilaren). Sehr häufig wird dieser intermediäre Abschnitt durch ein Lacunensystem ersetzt , wobei dann auch die venösen Bahnen zum grossen Tbeil der besonderen Wandungen entbehren.

Was als Gefässbahn, was als Lacune aufzufassen sei, ist sehr häufig schwer zu entscheiden , und nicht selten bewegt sich die Deutung um wenig belangreiche Verhältnisse. Setzt man das Wesentliche eines Ge- fdsses in die Auskleidung eines Raumes mit platten aus modificirten Binde- substanzzellen entstandenen Elementen, so ist damit noch keineswegs eine sichere Grenze gezogen , denn jene Elemente köunen ebensogut als Ueberztfge der den fraglichen Raum umwandenden anderen Organe gel- ten, und es ist bedenklich, weite, von jenen Zeilen ausgekleidete Binnen- räume deshalb als »Gefässe« zu bezeichnen. So wäre also von diesem Kriterium als ausschliesslichen abzusehen, und es dürfte vielmehr nur in Concurrenz mit der Beachtung der grösseren oder geringeren Gleich- mässigkeit des Lumens Gewicht haben. Bei der Prüfung dieser Fragen muss aber das Eine im Auge behalten werden : dass man es in allen jenen Fällen mit Räumen zu thun hat, die von Bindesubstanzen umwan- det sind, und dass Gefässe Differenzirungen jener Räume sind, die also einen indifferenten Zustand voraussetzen. Beide Zustände, der differen- zirte und der indifferente, sind durch üebergänge verknüpft.

kj F ort pflanz ungs organe.

§ 45.

Die Erscheinung der Vermehrung des Individuums steht ursprünglich mit der Ernährung in engem Zusammenhange. Indem durch die letztere das Wachsthum des Körpers und damit eine Volumvergrösserung bedingt wird , geht daraus ein Zustand hervor , in welchem der Organismus das ihm in Ueberschuss zugeführle Ernährungsmaterial zum Hervorbringen eines neuen Individuums verwendet. (Vergl. S. 47.) Wie bei den Ele- mentarorganismen dieser selbe Process mit einer Sprossenbildung beginnt und mit einer Theilung des Körpers abschliesst, so bilden jene Vorgänge auch für die niederen Formen der Fortpflanzung verbreitete Er- scheinungen. Je nach der Quantität des von einem bestehenden Organis- mus zur Bildung eines neuen verwendeten Materiales entstehen wieder mehr oder minder verschiedene Vermehrungs weisen.

das IhteNsoheo Orgaoigmus. 55

Diese fio den unteren Abiheilungen des WirheNoaen sehr verbreitet voriLommendenVermehrungserscheinungen der Sprossung, Knoapnng und KeimbUdong besitzen theilweise Beziehungen zar geschlechtlichen Diffe- renziruog, die bereite bei den Protisten auftritt. Sie teilet sieh von einem Zustande ab, in welchem zwei gleichartige Keimsellen in einem neuen Organismus verachmeben (Conjugation). Ans einem fernerhin un- gleichen Verheilen der beiden sich verbindenden Keimsellen entspring! die Sonderang beider in Eizelle und Samenselle, welche dnrcb das ganze Thterreicb mit zahlreichen, besonders die Samenzelle betreffenden Modificattoneil die Pormelemente der geschlechtlichen Zeugungsstoffe vor* stellen. Wahrend die Eizelle in ihren wesentlichsten Verhaltnissen fort- besteht, in allen Abtheilungen als solche erkannt werden kann, erleidet die Samenzelle sehr frühzeitig bedeutende Umwandlungen. Ein ihr wie auch anderen Zellen zukommender «geisseiförmiger Fortsatz erführt bedeu- tende Ausbildung, indess der Zellenkörper sammt seinem Kern reduzirt wird, und meist ein unansehnliches Gebilde vorstellt. So geben aus den Samenzellen fadenförmige Gebilde Samenfaden Spermatozoon her« von Die geschlechtliche Fortpflanzung steht also nur in einem scheinbaren Gegensatz zur ungeschlechtlichen.

§ 46.

Wie sich diese Bildungsstätten der Zeugungsstoffe zu den ersten An- lagen des Körpers verhalten ist noch nicht überall festgestellt, aber es ist uns durch die bei gewissen Cölenteraten und Mollusken beobachteten Thatsachen die Aussicht auf ein primitives sehr differentes Verhalten eröffnet, denn hier werden die Eier vom Entoderm, das Sperma vom Ectoderm hervorgebracht. Das Entoderm ist dadurch weibliches Keim- blatt, das Ectoderm repräsentirt das mfinnliche. Inwiefern auch für höhere Thiere diese Verhältnisse sich nachweisen lassen, ist der Zukunft vorbehalten. Bis jetzt sind es nur unsichere Andeutungen , welche für eine mit jenen Befunden im Allgemeinen bestehende Uebereinstimmung sprechen.

Die durch Erzeugung der Geschlechtsproducte ausgezeichneten Kör- perstelien nehmen allmählich die Form von Drüsen an. Das ist ein wei- terer an die Localisirung der Function geknüpfter Schritt der Differenzirung.

Im einfachsten Falle bilden sich die beiden Zeugungsstoffe an beson- deren, aber noch nicht durch eigene Vorrichtungen ausgezeichneten Kör- perstellen, die dann als Geschlechtsorgane fungiren (Keimdrüsen). Die samenerzeugenden Organe nennt man Hoden, die eierzeugenden Eierstöcke, Ovarien. Einen Schritt weiter gehend, treffen wir die Keimdrüsen noch mehr differenzirt; während im einfachsten Zustande die Producte jener Organe entweder in den Darm oder in die Leibeshöhle des Thieres, oder auch unmittelbar nach aussen gelangen, wobei sie sich blos von ihrer Bildungsstätte abzulösen hatten, so treten allmählich, oft in sehr complicirter Weise gestaltete Ausführwege hinzu, welche vielleicht

56 !• Aufbau de» Tbierleibes.

grossentheils den Keimdrüsen ursprünglich fremd sind. Wo Beziehungen dieser Ausfttbrwege zu anderen Organen nachweisbar sind , ergeben sieh diese als Excretionsorgane (S. 48), die in den Dienst der Genitalapparate getreten, und dem entsprechend- umgewandelt sind. Die Frage f ob nicht noch viel allgemeiner die Ausführwege des Keimsloffs von umgebildeten Ezcretionsorganen vorgestellt werden, gestaltet sich so zu einem Problem. Für die samenerzeugenden Organe bilden sich an den Ausftthrgüngen (Samenleiter) Behälter , welche zur Ansammlung des Sperma dienen ; aus der Wand dieser Canäle differenziren sich Drüsen , welche eine dem Sperma sich beimischende Flüssigkeit absondern , endlich entstehen Vor- richtungen, welche das Sperma in die anderseitigen Apparate übertragen, Organe der Begattung. Nicht minder verschieden stellen sich die Difleren- zirungen des eibildenden Organes vor, der Ausfithrgang des Eierstockes (Eileiter, Oviduct) ist mit Erweiterungen ausgestattet, in welchem die Eier bald besondere Umhüllungen erhalten, bald sich weiter ent- wickeln. Man bezeichnet diese Abschnitte der Ausführwege als Ute r u s, Fruchthälter. Besondere Drüsen entstehen als » Dotterstocke a aus den Keimdrüsen und liefern bald eine vom Ei verwendete Substanz, bald blosses Hüllmaterial. Anhangsgebilde nehmen den bei der Begattung über- tragenen Samen auf, stellen Receptacula seminis vor, und endlich dienen wieder andere Theile zur Aufnahme des Begattungsorganes, oder zur Ab- setzung oder Aufbewahrung der Eier.

Das Verhalten der eier- und samenbereitenden Organe zu einander zeigt sich sehr verschiedenartig, und muss gleichfalls vom Standpunkte der Differenzirung aus beurtheilt werden. In den unteren Abteilungen sind beiderlei Organe mit einander vereinigt, zuweilen sogar derartig, dass zur Production von Samen und Eiern eine und dieselbe Drüse (Zwit- terdrüse) thätig ist. Auch die Ausfttbrwege sind vielfach ganz oder theil- weise gemeinsam. Bei anderen Zuständen ist die Keimstätte nach beider- lei Producten getrennt, Hoden und Eierstöcke existiren als discrete Organe, bei denen nur die ausführenden Apparate auf verschieden langen Strecken vereinigt sind, oder jeder von ihnen besitzt seine besondere Ausmündung. Alle , beiderlei Zeugungsorgane in sich vereinigenden Thiere , bezeichnet man als Zwitter, Hermaphroditen. Eine Trennung erscheint nicht selten in der zeitweise wechselnden Thätigkeit der Organe vorbe- reitet, indem bald nur die einen, eierbildenden, bald die andern, samen- erzeugenden, in Function sind.

Der hermaphroditische Zustand stellt den niederen vor, von dem aus die geschlechtliche Trennung sich ableitet. Diese Aenderung erfolgt durch Verkümmerung des einen oder des anderen Apparates, so dass die Zwitterbildung für die Trennung der Geschlechter die Unterlage abgibt. Diese Differenzirung durch Rückbildung je eines Gescblechtsapparates kommt in sehr verschiedenen Ausbildungszustflnden des Organismus vor, ebenso bei sehr hochgradig ausgebildeten Geschlechtsorganen. An solchen zeigt die Ontogenie noch eine primitive Vereinigung von beiderlei Organen

Differenzfrtitfg 4M tbteriMheft Organismus. 5?

und lässt so das Individuum auf einem gewissen Etitwickehingastadium hermaphroditisch erscheinen.

Die geschlechtliche Trennung beeinflusst mit ihrem Vollzüge den gesammten Organismus , indem sie für jedes Geschlecht eine Reihe von Umänderungen hervorruft, die selbst hei ursprünglich der Geschlechts* fonction ferne stehenden Organen sich kund geben. Mit Vertheilung von beiderlei Organen auf verschiedene Individuen vollendet sich die geschlechtliche Differenzirung. Behufs der Fortpflanzung sind nun nieht nur zwei differente Zeugungsstoffe, Samen und Eier, nicht blos zwei verschiedene, jene bildenden Apparate erforderlich, sondern es sind iwei Individuen noth wendig, die man als männliche und weibliche unterscheidet.

Teränderungen der Organe. Ausbildung und Rückbildung.

§ 47.

Der mii der fortschreitenden Differenzirung der einzelnen Organe an diesen sich äussernde Zustand erscheint als eine Complication derselben, durch welche in gleichem Grade das Organ vom primitiven Zustande sich entfernt. Indem der letztere den niederen Zustand vorstellt , leitet die Differenzirung eine einem höheren Zustande entsprechende Vervoll- kommnung ein. Diese erhellt aus dem der Differenzirung zu Gründe liegenden, schon oben (S. 14) erörterten Principe der Arbeitsteilung, dem- zufolge eine Leistung um so vollkommener geäussert werden kann, je ex- chisiver das Organ sich dazu verhält. Je mehr ein Organ in einer einzigen Richtung thätig ist, desto günstiger sind für dasselbe die Bedingungen der Ausbildung in dieser Richtung, weil von anderseitlgen Anforderungen keine Concurrenz besteht. Eine Gliedmasse die zugleich Kieme ist , also loco- motorische und respiratorische Function in sich vereinigt, wird einen niederem Zustand vorsteilen als eine aus der Scheidung der beiden Functionen hervorgehende Einrichtung, wo ein von der Gliedmasse abgelöster Theil die Kieme , der übrige das Bewegungswerkzeug reprä- seutirt. Im ersteren Falle ist die Locomotion für die Respiration erforder- lich, im letzteren Falle dagegen bestehen beide von einander unabhängig, die Respiration wird ohne Locomotion vollzogen, wobei besondere den Wasserwechsel besorgende, somit die Locomotion in dieser Hinsicht ersetzende Organe sich ausbilden. An beiden Organen ist damit die filr die einseitige Weiterbildung nöthige Selbständigkeit gegeben.

Die Ausbildung der Organe des Körpers betrifft nicht immer sämmt- liche in gleichem Maasse. Häufig bleibt das eine oder das andere auf einem niederen Zustande stehen , und es erhält sich so eine niedere Ein- richtung in einem sonst hoch differenzirten Organismus. Es ist daher irrig aus der Differenz! rungshöhre des Organismus auf die einzelnen Organe

58 L Aufbau des Thttrleibes,

zu scb Hessen . vielmehr sind die letzteren nur aus den gleichwertigen Organen anderer Organismen zu beurtheilen.

Der durch die Differenzirung auf die Ausbildung wirkende Factor muss in der im Kampfe ums Dasein gesteigerten oder modificirten Lei* stung des Organes, also in Anpassung an äussere Lebensbedingungen gesucht werden , wobei dann der Vererbung ihre Bedeutung zukommt, insofern diese nicht Mos eine Fortsetzung der erworbenen Charaktere bedingt, sondern auch eine Steigerung derselben zu erzielen vermag.

Eiue gleichfalls von der Differenzirung abhängige, .weil sie voraus- setzende gesetzmäßige Erscheinung ist die Rückbildung oder Re- duction. Ihr Resultat ist an sich das Gegentheil des Resultates der Differenzirung. Letztere liefert Complicationen des Organismus, die Reduction dagegen Vereinfachungen , und lässt damit Organe oder Orga- nismen wieder auf relativ niedere Stufen zurücktreten. In Beziehung auf den Gesammtorganismus und das Verhalten desselben zu anderen, leistet die Reduction jedoch ähnliches wie die Differenzirung, indem sie zur Mannichfaltigkeit der Formzustände beiträgt.

Sie kann entweder nur einzelne Einrichtungen des Körpers, oder grössere Organcomplexe , oder endlich den ganzen Körper 1; treffen, zeigt daher, wie die Differenzirung, sehr verschiedene Grade. Verschieden ist sie wieder, je nachdem sie sich am Individuum, oder an der Art, oder an der Gattung äussert. Dort wird sie als ein Process , hier als ein Zu- stand wahrzunehmen sein, welch' letzteren man nur durch Vergleichungs- reihen verwandter Formen in die einzelnen Stadien eines Vorganges zer- legen kann. Hinsichtlich der ihr unterliegenden Organe sind zweierlei Verhältnisse zu unterscheiden. Das der Rückbildung unterworfene Organ, kann ausserhalb der Summe von Einrichtungen stehen, welche dem bezüglichen ausgebildeten Organismus zukommen, und besitzt dann nur eine vorübergehende, provisorische Bedeutung. Solche im Verlaufe der Entwickelung liegende Reductionen können an sich Vereinfachungen her- vorbringen, indem aber die gleichzeitig an anderen Tbeilen stattfindende Differenzirung wieder neue, höhere Organe schafft, ist jene Rückbildung kein den Organismus niederhaltendes Moment, vielmehr gibt sie für das Umsichgreifen einer anderen Richtung der Differenzirung eine Bedingung ab. Hieher gehören die Rückbildungen der Attribute gewisser Entwicke- lungszustände des Individuums (Larvenorgane}. (Vergl. S. 6.)

Die andere Art der Rückbildung betrifft Organe, die dem ausgebil- deten Organismus oder seiner Anlage angehören. Sowohl das bereits gebildete, in voller Function erscheinende, als das erst angelegte, primär differenzirte Organ kann ihr unterliegen, und dadurch wird der Rück- bildungsprocess in verschiedenem Maasse deutlich. Wird nur das ange- legte Organ betroffen, so liegt der Vorgang oft schwer erkennbar zwischen den Differenzirungsprocessen, die den übrigen Organismus betreffen. Dagegen muss der Process um so prägnanter erscheinen, je mehr die Differenzirung bereits vorgeschritten oder vollendet war.

Diflerensirong 4M thtarischen Organismus. 59

Die Reduction eines Organa steht io DOthweodigem Zusammenhang mit der Function , deren Aeoderuog als des die Rückbildung bedingende Moment geilen muss. Die Aussergebrauchsfellung eines Organ« ruft dessen regressive Veränderung hervor, wobei man sich freilich die erslere ebenso wenig als nur vorübergehend , wie die letztere als ptoulich oder rasch auftretend vorzustellen hat.

Wenn auch durch die Reduciien im Ganzen eine Vereinfachung der Organe und damit auch des Organismus hervorgerufen wird , so ist da- durch noch keine den Organismus auf eine absolut tiefere Stufe fuhrende Erscheinung gegeben. Vielmehr kann die Reduction, ähnlich wie sie bei Entfernung der Larvenorgane eine höhere Differenzirung möglich macht, auch für ganze Reihen von einander abstammender Organismen höhere Formen schaffen , indem sie das übrig bleibende sich hoher entwickeln lässt. Hier gilt wieder die Reduction als Vorbereitung der Differenzirung. Vorwiegend betrifft sie die Zahlenverhältnisse der Tbeile, die mit der Verminderung sich individuell vervollkommnen.

Da die Rückbildung als ein allmählich sich äussernder Process er- scheint, treten die davon betroffenen Organe uns in verschiedenen Stadien entgegen. Diese rudimentärenOrgane werden für die vergleichende Anatomie zu bedeutungsvollen Fingerzeigen für den Nachweis verwandt- schaftlicher Reziehungen , und lehren zugleich , wie ein Organ auch ohne die ihm ursprünglich zukommende Function, ja sogar häufig ohne eine für* die Zwecke des Organismus verständliche Redeutung sich noch längere Zeit forter hält, ehe es völlig verschwindet. (Vergl. oben S. 7.)

Die Rückbildung kann jedes Organsystem treffen, und an jedem Be- standteil eines solchen sich kundgeben. Sie äussert sich ebenso an der Form wie am Volum und der Zahl der Theile, und trifft nicht minder die Texturverhältnisse. Die Bedingungen dazu sind zunächst in Verhältnissen zu suchen , die ändernd auf den Organismus einwirken. Je nach der Summe der betroffenen Organe gibt sich die Reduction mehr oder minder am ganzen Organismus kund.

Indem wir durch die Vergleichung überall Ausbildungen oder Rück- bildungen nachweisen können, erscheint uns der Organismus als etwas in Bewegung Begriffenes, durch die verschiedensten Formzustände hin- durchlaufend. Als Componenten dieser Rewegung stellen sich die Verän- derungen der einzelnen Organe dar, und in diesen wieder die Erschei- nungen im Bereiche der Elementar-Structur, der Zellen.

Correlaüon der Organe.

§ 48.

Die aus der Differenzirung wie der Reduction entstandenen Verände- rungen des Organismus bedingen in den ihnen zu Grunde liegenden Causalmomenten eine neue Erscheinungsreihe. Wie schon aus dem Re-

60 I. Aufbau des Tbttrlelfatts.

griffe de» Lebens als der harmonischen Aettssetang einer Summe gesetz- massig sieb bedingender' Erscheinungen hervorgeht, kann keine Tätig- keit eines Organs in Wirklichkeif für sieb bestehend gedacht werden.

Jegliche Art von Verrichtung selzt eine Reihe anderer Verrichtungen voraus, und so muss auch jedes Orgafn innige Beziehungen zu den Übrigen besitzen und wird von ihnen mehr oder minder abhängig sein. Jode Bewegung eines Muskels setzt die Existenz eines Nerven voraus. Für beide Organe ist wieder das Bestehen eines nutritorischen Apparates Vor- aussetzung. So tritt eine Function mit einer andern anscheinend fremden in nächste Beziehung. Dieses zuerst von Cuvrea näher begründete, und als Correlation bezeichnete Verhalten bahnt uns den Weg, auf welchem wir zu einer richtigen Auffassung des thierischen Organismus gelangen können. Vor Allem stellt sich hier obenan die Würdigung des Organismus als eines individuellen Ganzen, das ebenso durch seine Theile bedingt ist, wie ein Theil den andern voraussetzt. Die Correlation ist eben darum ein notwendiger Ausfluss dieser Auffassung.

Sowohl die Einrichtungen im Grossen, als auch die anscheinend unter- geordneteren Zustände der Organisation zeigen ihre Wechselbeziehung zu einander, und eine an einem Organsysteme gesetzte Veränderung ruft gleichzeitig an einer verschieden grossen Anzahl anderer Apparate Modi- ficationen hervor. Üiese sind also Anpassungen an Veränderungen, die wjfder aus Anpassungen hervorgegangen sein können. Sie sind jedoch seeundärer Natur, während jene andern die primären vorstellen, deren Quelle in der Aussenwelt zu suchen ist. %

Man kann diese Wechselbeziehung oder Correlation in nähere und entferntere tbeilen, davon die erstere an einem Organsyslem oder den damit functionell zusammenhängenden anderen Organsystemen sich äussert, indess die letztere an den functionell weiter abstehenden Orga- nen zur Erscheinung kommt. In der Beurtheilung der Correlation leiten wesentlich physiologische Principien, es ist daher zu ihrer Erkenntniss die Kenntniss der Leistungen der einzelnen Organe oder doch die Schätzung ihres Werthes für die Oekonomie des Thierleibes unerlässlich. Ebenso ist von Wichtigkeit die Bekanntschaft mit den äusseren Lebensverhält- nissen des Tbieres, weil aus dieser sich die ursächlichen Momente ergeben, auf welche ganze Reiben von Beziehungen der Organe sich stützen.

Indem so die bestimmenden Momente für die Veränderungen des Organismus ausserhalb des letzteren liegen oder doch zum grossen Theile dort zu suchen sind , stehen sie ausserhalb unserer Aufgabe. Die ver- gleichende Anatomie findet damit ihre Grenze , jenseits derselben noch ein weites aber öde liegendes Feld erkennend , auf dem bei einmal in Angriff genommener Bebauung für die biologische Erkenntniss nur reiche Ernten zu gewinnen sein würden.

Grundform» des ThitskOrpero.

61

GruBdfopjnea des Thierkörpera*

§ 49.

Bei der unendlichen Mannichfaltigkeit der äusseren Zustände thieri- scher Organismen ist es Bedttrfniss nach Grundformen zu suchen , auf welche jene Mannichfaltigkeit zyrücMÜhrbar ist Ebenso werden die Bedingungen au ermitteln sein , unter deren Einfluss die bedeutendsten Modificationen jener Formen entstehen. Für beides können verschiedene Wege eingeschlagen werden. Wir wählen den kürzesten, indem wir von den niedersten Zuständen des thierischen Organismus ausgeben.

Es ial der Zustand , iq welchem die Gastrulaform sich uns darstellt und der bei der Verbreitung dieser Form für unsere Zwecke die günstig- sten Verhältnisse bietet. Bei etwa sphärischer oder ovaler Gestaltung eines solchen Organismus trifft man an einer Stelle der Körperoberfläche die Mundöffnung.

Denkt man sich senkrecht durch die ver- dauende Gavilät eine Axe (Fig. \ 6 A B) gelegt, so wird der eine der Mundöffnung entsprechende Pol den oralen Pol, der entgegengesetzte den aboralen Pol vorstellen. Diese Axe (A B) ist die Hauptaxe des Körpers. Bei gleichmässig cyljndrisch oder sphärisch gestaltetem Körper kann man senkrecht zu dieser Hauptaxe beliebig viele Linien durch den Körper gezogen denken, die Nebenaxen (9 6, cd). Sie werden unter obiger Voraussetzung sämmtlich unter sich gleichwertig sein« Die Nebenaxen sind unter sich indifferent, und charakterisiren damit einen niederen Zustand. Sowohl bei vollständig freier Bewegung im Wasser als auch bei erfolgendem Sichfestsetzen, was 'selbstverständlich am ab- oralen Pole erfolgt, wird der Organismus sich durch Ausbildung einer verschieden grossen Zahl von Nebenaxen differenziren , wo es sieh um eine Erhaltung des Gleichgewichts nach 4A a v ,. . ., . ..

, v ° Fig. 16. Schematiche Darstellung

den verschiedenen Richtungen handelt. Wir der Körperaxe*. a b Hupt»«, begegnen somit hier einem statischen Moment. a*. «*»•*•»•*«• der nute- Die Ausbildung *. oganiam„s j„ der Rieh- ZT?£&ZZZ lang der Nebenaxen erfolgt entweder durch gegeben,

äussere Anhangsgebilde, Tentakel u. dergl. oder

durch DiffierenztruAg der Darmhöhle oder durch die Anlage anderer Or- gane, z. B. der Keimdrüsen, in der Richtung jener Axen. Dabei werden nicht mehr alle beliebig gedachten Nebenaxen einander gleich sein. Die, in deren Richtung Organe gesondert sind , werden sich von den anderen

62

I. Aufbau des Thierielbes.

B

unterscheiden. Sie sind aus dem Zustande der vorherigen Indifferenz in jenen der Differenz* Übergegangen. Daraus ergibt sich die bei denCölente- raten waltende sogenannte strahlige Grundform des Leibes, die

also nach dem oben er- wähnten Axenverhält- nisse zu - beurtheiien ist. (Vergl. Fig. 47.» Die Bedeutung der Mundöffnung für den Organismus lässt die in ihrer Ntfhe entstehenden Differenzirungen von besonderem Werthe er* scheinen. Sie erlangen als Tentakel etc. eine mannichfftche Ausbil- dung, und bedingen für den vom Munde einge- nommenen Kör per th eil im Gegensatze zu dem aboralen Körpertheile eine reichere Gestal- tung.

Entbehrt der Körper bei einem in der Rich- tung der Hauptaxe statt-

Fig. 17. Radiire Grundform mit Fig. J&. Bcbematiscbe Darstel- findenden Wachsthum

der Axenbezeichnung wie in vo- lnng der Differenzirung dor Ne- , .

rigor Figur. Auf das unten- benaxen. In der Hauptfigur ist der Befestigung am BO-

stohende Querschnittsbild ist die die Entstehung eine« Kopftheiles den, SO Wird sich, Wenn

vordere Ansicht des Körpers ein- durch ein dorsales Tentakelpaar ^ letzlerem der Länge

gezeichnet, um die in der Rieh- angedeutet. Die untere Figur ' . ^

tung ron 2 Queraxen sich diffe- stellt den Querschnitt der oberen nach Sich auflagert,

renzirenden Anhangsgebilde (Ten- und damit die beiden Neben- und in dieser Weise die

takel, darzustellen. axen dV- Emotion Vollzieht,

daraus ein Causalmoment für eine Aenderung der Bedeutung der Axen ergeben. Die Hauptaxe wird dieselbe bleiben, aber die Neben axen werden nach der Bedeutung der durch sie verbundenen Flachen diffe- rent werden müssen. Bei constanter Berührung der Bodenflttcbe mittels einer und derselben Seite des Körpers bildet diese zur ventralen Flüche sich aus, indess die andere zur Rücken flöche sich gestaltet. Beide, Bauch- und Rückenflache, stehen unter verschiedenen Bedingungen, müssen verschiedenartig sich differenziren, sowie auch beide Seiten* flächen oder bei ganz flach ausgebreitetem Körper die SeitenrSnder von Rücken- und Baucbfläche sich verschieden verhalten müssen.

In diesen Verhältnissen spricht sich die Ausbildung von nur zwei Nebenaxen verschiedenen Werthes aus. Die eine verbindet Bauch- und

Grundform» des Thierkorpers. $3

Rückenfltf ehe T sie ist die Dorsoventral-Axe (Fig. \& a b) y die andere die beiden Seitenflächen '(o d) des Körpers, sie ist die Transversal»- .oder Quer- axe. Die den Polen der ersten oder Dorsoventral-Axe entsprechenden Flächen sind. einander ting)ekhwerthig,< indess jene. der Pole der Queraxe einander gleichwertbig .sind, ki der Queraxe erhalt siob somit ein primi- tiver Zustand, der für die andere Nebenaxe durch die dorsoventrale Diffe- renzirung verloren ging. Diese zweite aus der Gastrula ableitbare Form, gewöhnlich als bilaterale Symmetrie bezeichnet, beginnt bei den Wür- mern und waltet von da aa durch alle höheren Abtbeilungen..

Bei der im ersten Zustande bestehenden Indifferenz der Nebenaxen des Körpers können in der arebiteefemischen Zusammensetzung des letz- teren ebenso beliebig viele gleiche Stücke angenommen werden als Ne- benaxen gedacht werden können. Mit der Differenzirung von Nebenaxen treten auch die am Körper zu denkenden Theilstücke in ein bestimmtes numerisches Verhalten. Sie werden als Gegenstücke, Antimeren, be- zeichnet. Sind zwei Nebenaxen unter gleichem Verhalten different ge- worden , so bestehen vier Antimeren , da man den Körper der Richtung jener Nebenaxen gemäss in vier einander entsprechende Tbeile zerlegen kann. Bei dem Differentwerden von zwei ungleichen Nebenaxen setzt sich der Körper dagegen nur aus zwei Antimeren zusammen : zwei Kör- perhaften* in eine rechte und linke unterschieden, entsprechen einander* Damit ist die eodipleure Grundform ausgebildet.

§ M-

Die bereits vorhin angeführte , den oralen Pol vom aboralen aus- zeichnende Differenzirung verleiht diesem Körpertheile eine höhere Be- deutung. Wie bei der radiären Hauptform prägt sie sich aber auch bei der anderen, und zwar in noch manniohfakigerer Weise aus* Es ist nicht allein die Lage der Mundöffnung, welche in ihrer Nachbarschaft vielerlei als Hilfeorgane beim Einfangen oder bei der Aufnahme der Nahrung prak- tisch werdende Differenzirungen von Organen begünstigt, sondern es ist auch die grössere Bedeutung, welche dem vorderen Körper,ende bei der Locomotion zutheil wird. Diesem Theile kommt die Initiative zu* Er bat dem übrigen Körper den Weg zu bestimmen , oftmals auch zu bahnen ; er begegnet tausend fremden Gegenständen , die er zu prüfen , zu suchen oder zu meiden bat. Er steht somit unter anderen äusseren Einwirkungen als der entgegengesetzte Körpertheil. Die Dignität dieser Beziehung der Lage erhellt aus dem Umstände , dass die Mundöffnung keineswegs stets dem vorderen Körperende entspricht, dass sie vielmehr häufig näher an die ventrale Flüche rückt, oder sogar völlig auf diese übergeht, ohne dass. die Ausbildung des vorderen Körperendes eine Einbusse erleidet. Diese Ausbildung des vorderen Körperibeiles erfolgt vornehmlich durch Entfal- tung von Sinnesorganen mancherlei Art , also von Organen , welche die Beziehung des Organismus zur Aussenwelt vermitteln, und selbst wieder

64 I* Aufbau des Tbterlelbes.

mit mannichfaltigen Hilfsorganen verknüpft sind. Damit steht die Aus- bildung des -centralen Nervenapparates in engstem Connexe. Der ganze Abschnitt erlangt damit einen höheren Werth für den Gesammtorganismus, denn er birgt und trägt die, letzteren zu höherer Stufe hebenden und ihn sogar beherrschenden Organe. Wir unterscheiden daher diesen vorderen Körpertheü als einen bevorzugten, als Kopf. Die Differenzirung eines Kopfes erscheint also primär von der Lage der Mundöffnung abhängig. Diese bestimmt die Richtung der Locomotion , und von dieser aus , somit secundär, gewinnt der Vordertheil des Körpers seine mannichCaltigen Auszeichnungen. Das Auftreten eines Kopfes ist zugleich eine den ganzen Körper betreffende Sonderung, indem dieser dadurch mindestens in zwei sich verschieden verhaltende Abschnitte getheilt werden kann.

Metamerie des Korpers.

§ 51.

Die einheitliche Gestaltung des Organismus ist nur für niedere Zu- stände charakteristisch , sei es bleibend bei fast allen Cölenteraten , oder in den unteren Klassen der Würmer, sei es vorübergehend in den höheren Abtheilungen des Thierreiches. Mit dem Wachsthume des Körpers zu be- deutenderer Länge sehen wir den Beginn der Zerlegung des Organismus in einzelne sich folgende Abschnitte , äusserlich bemerkbar durch tren- nende Einschnitte , oder durch regelmässige Vertheilung von Anhangs- gebilden, Fortsätzen des Körpers ; innerlich ausgeprägt durch die Anord- nung der Organe nach den einzelnen sich folgenden Abschnitten. Wir bezeichnen diese Segmentirung des Körpers als Metamerie, die einzel- nen Segmente sind Folgestücke, Metameren. Die den Körper gliedernde Metamerie beruht wiederum auf einer Differenzirung. Aus dem anfänglich gleichartigen, indifferenten, geht verschiedenes hervor, und die einzelnen Metameren Sind verschieden, sie sind etwas neues im Gegensatze zum früheren Zustande, sie sind aber auch, bei aller Gleichartigkeit verschie- den unier sich, nämlich durch die ihnen zukommende Lage.

Die Metamerie ist nicht überall, wo sie wahrnehmbar, gleich deutlich ausgeprägt. Bald zeigt sie sich an diesem oder jenem Organ oder Organ- system mehr als an einem andern, und bei wieder anderen Organen kann sie gänzlich vermisst werden. Sie lässt Zustände des Beginnes und der nicht ausgeführten Beendigung mannichfach erkennen. Wo man sie am vollständigsten entfaltet trifft, beherrscht sie den ganzen Organismus, ist an allen Organen ausgeprägt, so dass jedes Metamer seine besonderen Or- gane besitzt, und einzelne allen Metameren gemeinsame Organsysteme wieder nach den Metameren besonders differenzirt erscheinen (Bauch- ganglienkette). Der Organismus wird dadurch zu einem vielseitigen. Daran knüpfen Zustände an, in welchen den Metameren eine selbständige Bedeutung zukommt. In dem Maasse als ein Metamer die Abhängigkeit

Grundformen des Thierkörpers. 65

vom Gesammtorganismus durch die Ausbildung seiner eigenen Organe aufgibt, emancipirt er sich vom Ganzen, und gewinnt die Befähigung zu freier Existenz. Daher leiten sich manche Erscheinungen ab, die man als Sprossung bezeichnet (Würmer) .

Ein causales Moment für die Metamerie darf wohl, wie oben ange- deutet, im Wachsthum gesucht werden. Man kann sich vorstellen, dass mit dem Auswachsen des Körpers in die Länge an einzelnen daran theil- nehmenden Organsystemen eine stellenweise , für den Organismus prak- tisch werdende Ausbildung Platz greift. So ist die äusserliche Metamerie mit der Beweglichkeit des Körpers in Zusammenhang zu bringen , und Welleicht nimmt von da aus die gesammte Erscheinung ihren Anfang. Manche Thatsachen sprechen dafür. Jedenfalls sind zahlreiche Beispiele für die allmähliche Ausbildung der Metamerie vorhanden, die nicht sofort an allen Organsystemen sich ausspricht. Eine sichere Begründung steht noch aus. Das gilt auch bezüglich des Zusammenhangs mit der Sprossung, die wiederum vom Wachsthum sich ableitet. In manchen Fällen hat es zwar den Anschein, als ob die Sprossung zur Metamerie hinführe, so dass die Metameren Sprossen vorstellten , die mit dem Organismus in Zusam- menhang blieben, und nur in einzelnen Fällen eine höhere Individualitäts- stufe erreichten. Allein einer Verallgemeinerung der Bedeutung dieses Vorganges stehen viele Thatsachen unvollkommener Metamerie im Wege, so dass in ihm keineswegs der ausschliessliche Grund der Metamerie ge- funden werden kann.

Durch die Metamerie wird eine Vervollkommnung des Orga- nismus angebahnt. Er empfängt durch sie einen grösseren Reichthum voq Organen, wenn diese anfänglich auch nur Wiederholungen einer und derselben Einrichtung vorstellen. Mit der grösseren Unabhängigkeit der einzelnen Abschnitte wird deren Action freier , und endlich wird in der grösseren Summe einzelner Organe der Differenzirung ein weiter Spiel- raum geboten. Diese gewinnt denn auch überall Boden , und gestaltet unter Vermannichfaltigung der Function die den einzelnen Metameren zugetheilten Organe in verschiedener Richtung um. Ausbildung und Rückbildung der metameren Organe verleihen den Metameren verschie- denen Wertb, und führen zu einer Differenzirung der Metameren selbst, die äusserlich in Umfang und Form derselben sich verschiedenartig aus- drückt. Damit verlieren die Metameren ihre ursprüngliche Gleichartig- keit. Auch das Maass ihrer Selbständigkeit verringert sich, und Summen anfänglich discreter Metameren verschmelzen allmählich zu grösseren Ab- schnitten. So gehen Metamerencomplexe hervor, an denen die Zusammen- setzung aus Tbeilstücken des Körpers nur noch angedeutet ist, oft nur in Spuren erkennbar. Bald sind es grössere Abschnitte des Körpers, welche diese Concrescenz eingehen, bald kleinere. Im Ganzen wird wieder

Cegtnbanr, Groodriss d. vergl. Anatomie. 2. Aafl. 5

66 I- Aufbau des Thierleibes.

dadurch eine Differenzirung am Organismus ausgeprägt, indem derselbe dann theils aus noch freien, selbstfindigen, theils aus verschmolzenen Metameren besteht. Endlich besteht auch ein Untergang der Metamerie und dann sind es nur noch einzelne Organe , welche für die einmal be- standen habende Erscheinung oft schwer verständliches Zeugniss geben. Alle Zustande der Metamerie bilden somit ebenso viele Quellen, aus denen dem Organismus eine Vermannichfaltigung seiner äusseren und inneren Organisation erfliesst.

Vergleichung der Organe.

§ 53.

Die Wandelung der Organisationsverhältnisse in den einzelnen grösseren und kleineren Abtheilungen des Thierreichs lässt uns beim ersten Blicke mehr die Verschiedenheit als die Uebereinstimmung wahr- nehmen. Diese tritt um so mehr hervor, je bedeutender die Divergenz ist, welche die einzelnen Abtheilungen darbieten. Es ist aber Aufgabe der vergleichenden Anatomie, den Veränderungen der Organisation nach- zugehen und aus dem Veränderten, Umgewandelten das Gleichartige auf- zusuchen, wie tief verborgen es auch liegen mag. Gleichartig kann aber ein Organ mit einem anderen in doppeltem Sinne sein. Einmal nach seinen functionellen Beziehungen , also in physiologischer Hinsiebt , dann aber auch nach seinem genetischen Verhalten sowie in seinen anatomi- schen Beziehungen, also vom morphologischen Gesichtspunkte aus. Beide Beziehungen eines Organs sind scharf auseinander zu halten. Der Wechsel der Function bei einem und demselben Organe , ebenso wie die Gleich- artigkeit der Verrichtungen von morphologisch sehr differenten Organen veranlassen der physiologischen Beziehung einen untergeordneten Werth bei der Vergleichung zuzutheilen. Die Kieme eines Fisches und die Kieme eines Krebses oder eines Cephalopoden sind Organe der Athmung, sogar mit einem in manchen Punkten übereinstimmenden Bau , und doch sind alle drei morphologisch bedeutend verschiedene Gebilde, wie sich aus ihrem Verhalten zum Gesammtorganismus ergibt. Die Betonung der Gleichartigkeit der Function würde also morphologisch diflferente Organe zusammenbringen und damit vom Ziele der vergleichenden Anatomie sich entfernen. Wir scheiden demnach die physiologische Gleichartigkeit als Analogie von der morphologischen, als Homologie und betrachten nur den Nachweis der letzteren als unserer Aufgabe gemäss.

Die Homologie liegt um so offener, je kleiner die Abtheilung ist, aus der die Vergleichungsobjecte stammen. Sie entspricht demnach dem supponirten Verwandtschaflsverhältniss. In der mehr oder minder deut- lichen Homologie drückt sich der nähere oder entferntere Grad der Ver- wandtschaft aus. Er wird in dem Maasse zweifelhaft als der Nachweis

Vergleichang der Orgaoe. 67

voq Homologien sich unsicher gestaltet. Wie weit die Homologie sich durch das ganze Thierreich erstreckt , ist daher noch keineswegs fest zu bestimmen. Jedenfalls haben zahlreiche Forschungen eine grössere An- zahl homologer Einrichtungen selbst für sonst divergente Abteilungen aufgedeckt, und damit die Grenzen der Homologie weiter hinaus gerückt, als froher anzunehmen gestattet war.

Die Homologie wird in Folge der verschiedenen Art, welche die morphologische Uebereinstimmung bieten kann, in zwei Hauptabtheilungen gespalten, eine allgemeine und eine specielle Homologie.

§ 54.

I. Allgemeine Homologie besteht, wenn ein Organ auf eine Kategorie von Organen Rezogen wird , oder wenn ein damit verglichenes Einzelorgan nur als Repräsentant einer solchen Kategorie zu gelten bat. Die Kategorien werden dann immer aus mehrfach im Körper vorhandenen Organen oder Theilen bestehen. Wenn wir die Körpersegmente eines Gliederthieres, die Wirbel, die Gliedmassen eines Thieres etc. unter einander vergleichen , begründen wir allgemeine Homologien. Diese löst sich wieder in Unterabtheilungen auf, nach der Art der Organkategorie, die bei der Vergleichung diente.

I] Homotypie,an Organen, die sich als Gegenstücke zu einander verhalten, z. B. die Organe der beiderseitigen Körperhaften ; die rechte Niere ist der linken, das rechte Auge dem linken homotyp u. s. w. Wenn diese Beispiele die Noth wendigkeit der Aufstellung dieser Abtheilung nicht hervortreten lassen, so ist dabei zu erwägen, dass homotype Organe nicht immer gleich sich verhalten. Oft sind sie so umgeformt, dass die Homo- typie unkenntlich geworden und eine Aufgabe der Forschung vorstellt.

2} Homodynamie (die allgemeine Homologie Owkn's, z. Th. auch dessen Homologie der Reihe in sioh begreifend) , zwischen Körpertheilen bestehend, die auf eine allgemeine, durch Reihenfolge sich äussernde Formerscheinung des Organismus sich beziehen. Dadurch , dass diese Theile, den Typus des Organismus bestimmend, in der Längsaxe des- selben angeordnet sind, unterscheidet sich die Homodynamie von der nächstfolgenden Art. Homodyname Theile sind die Metameren , also : die Segmente der Gliederthiere , Wirbelabschnitte (Urwirbel) der Verte- braten etc.

3) Homonomie. Sie bezeichnet das Verhältniss derjenigen Körper- theile zu einander, die an einer Queraxe des Körpers, oder nur an einem Abschnitte der Längsaxe gelagert sind. Die Strahlen der Brust- und Bauchflosse der Fische, die einzelnen Finger und Zehen der höheren Wirbeltbiere sind homonome Gebilde.

Ausser diesen Unterabtheilungen der allgemeinen Homologie sind noch andere unterscheidbar, die jedoch von sehr untergeordneter Be- deutung sind.

68 I. Aufbau des Thierleibes.

§ 55.

II. Specielle Homologie, Homologie im engeren Sinne. Wir bezeichnen damit das Verhältniss zwischen zwei Organen gleicher Abstammung, die somit aus der gleichen Anlage hervorgegangen sind. Da das Aufsuchen der speciellen Homologieen genaue Nachweise der ver- wandtschaftlichen Beziehungen erfordert , so ist die Vergleichung inner- halb der niederen Abtheilungen des Thierreiches meist nur auf die Organsysteme beschränkt ; erst bei den Wirbeltbieren vermag sie sich auf engere Verhältnisse zu erstrecken. Wir können so z. B. unter den Wür- mern oder bei den Mollusken kaum einzelne Abschnitte des Darmrohres mit Sicherheit als homolog bezeichnen, indess wir bei den Wirbelthieren sogar unansehnlichere Gebilde (z. B. die Göcalbildungen des Darmes, von den Amphibien an) mit Entschiedenheit als homolog erklären können. Am bestimmtesten sind die Homologieen an Skelettheilen , den genauest durchforschten Organen nachweisbar. Der Nachweis der speciellen Homo- logieen bildet einen grossen Tbeil der Hauptaufgabe der vergleichenden Anatomie.

Die specielle Homologie muss wieder in Unterabtheilungen zerfallt werden, je nach dem Zustande der bezüglichen Organe, die entweder in ihrem morphologischen Befunde wesentlich unverändert, oder in dem- selben durch Hinzutreten oder Wegfall von Theilen geändert sind. Ich unterscheide daher :

1) Gomplete Homologie, wenn das bezügliche Organ, zwar in Gestalt, Umfang und manchen anderen Beziehungen modiöcirt, sich in Lage und Verbindung unverändert und vollständig erhalten hat. Diese Homologie findet sich meist innerhalb der engeren Abtheilungen, seltener bei den weiteren. Gomplete Homologie zeigen z. B. die Oberarmknochen von den Amphibien bis zu den Säugethieren , das Herz der Amphibien und Reptilien u. s. w.

2) Incomplete Homologie. Diese besteht darin, dass ein Organ im Verhältniss zu einem andern ihm sonst völlig homologen noch andere, jenem fehlende Theile mit umfasst, oder umgekehrt: dass ein Organ im Verhältniss zu einem andern um einen Bestandtheil vermindert ist. Als Beispiel mag das Herz der Wirbelthiere dienen. Von den Gyclostomen an ist das Organ durch die ganze Abtheilung der Vertebraten homolog; die Homologie ist aber incomplet, denn bei den Fischen liegt noch ein Theil, der Venensinus, ausserhalb des Herzens, der in den höheren Abthei- lungen ins Herz aufgenommen wird, und z. B. bei den Säugethieren in den rechten Vorhof übergegangen ist. Die Homologie zwischen Fisch- und Säugethierherz ist also incomplet durch Zunahme. In einem andern Falle kann sie durch Abnahme unvollständig sein. Der umgekehrte vorige Fall könnte hier ebenfalls als Beispiel dienen , wenn es gestattet wäre, das Fischherz als eine Reduction aufzufassen. Ein Beispiel bietet sich an

SyttemaUsche Gliederung des Tbierreiches. 69

den Brustflossen der Fische. Das Skelet dieser Organe befindet sich bei den Ganotdeo oder Teleosüern durch Reduclion in incompleter Homologie so jenem der Selachier. Hier sind Tbeile verschwunden, die demselben Organe ursprünglich angehörten , wie im ersterwähnten Beispiele Tbeile in einem Organe hinzukamen, die, obwohl anfänglich vorhanden, ihm doch nicht angehörten.

Systematische Gliederung des Tbierreiches.

§ 56.

In der Gesammtorganisation jedes Tbieres erkennt man eine Summe von Einrichtungen , welche es mit einer verschieden grossen Anzahl an- derer Tbiere gemeinsam bat. Diese Verhältnisse sind theils allgemeiner Natur^ betreffen die Lagerungsbeziehungen der wichtigsten Organsysteme oder deren Anordnung, theils finden sie sich in specieller Ausführung der einzelnen Organe , und gehen da bis zu Uebereinstimmungen der Form-, Volum- und Zablenverhältnisse herab. Der ordnende Geist des Menschen hat für diese Beziehungen der Organismen zu einander bestimmte Begriffe geschaffen , indem er die Summe aller sich im Wesentlichen gleich ver- haltenden Individuen als Art bezeichnete, die durch eine Anzahl von Ein- richtungen einander ahnlich erscheinenden Arten zur Gattung vereinigte und endlich diese wieder in grössere Abiheilungen , zu Familien, Ordnungen und Klassen verband. Daraus entstand das zoolo- gische System, welches auf Erkennung und Verknüpfung des Ueber- einstimmenden , Unterscheidung des Getrennten beruhend, sich als der Ausdruck der Gesammterkenntniss des Tbierreiches ergibt.

So lässt sich das gesammte Tb i erreich in eine Anzahl grösserer Ab- theilungen bringen , deren jede durch eine Summe von Eigentümlich- keiten von der anderen verschieden ist. Der daraus resullirende Cha- rakter zeigt sich durch alle Unterabtheilungen und lUsst sich selbst bei grosser Verschiedenheil des Einzelnen noch erkennen. Dies hat man als »Typus« bezeichnet. Typus bedeutet also eine Summe am Organismus sich äussernder Charaktere , die innerhalb einer grössern Abtheilung des Tbierreiches herrschend sind , indem sie sowohl im Laufe der Entwicke- lung als im ausgebildeten Zustande sich aussprechen. Danach sind solch' grössere, von anderen durch gewisse Grundzüge der Organisation ver- schiedene Abtheilungen selbst als »Typen« bezeichnet worden.

Bei jedem Typus bemerken wir an den ihn zusammensetzenden Abtheilungen eine Variation der Einrichtungen, so zwar, dass nicht selten gerade das für den Typus Charakteristische in einzelnen Formen verloren zu gehen scheint. Dann ist es immer die Ontogenie, welche den Zu- sammenhang der betreffenden Organismenformen mit dem »Typusa er- kennen lässt.

70 I- Aufbau des Thierleibes.

Wenn wir die Uebereinsümmung der Organisation verschiedener Individuen aus deren gemeinsamer Abstammung zu erklären vermögen, und damit uns vorstellen, dass jene Uebereinsümmung auf einer Ver- wandtschaft beruht, so werden wir entferntere Aehnlichkeiten auch auf Rechnung einer entfernteren Verwandtschaft setzen dürfen. Die einer Art (Species) angehörenden Individuen betrachten wir somit als unter einander näher verwandt, als die Repräsentanten verschiedener Arten f und innerhalb der Art werden wieder die durch einzelne Reson- derheiten ausgezeichneten Individuen , die man als Unterart (Subspecies) zu vereinigen pflegt, gleichfalls von gemeinsamen Eltern abzuleiten sein.

Diese innerhalb kleinerer Kreise sich kundgebende Erscheinung, dass die EigenthUmlichkeiten der Organisation sich durch Vererbung auf andere Individuen fortsetzen , in dieser Weise anzuerkennen , trägt Nie- mand Redenken. Zum grossen Theil unterstellt sie sich sogar der directen Beobachtung dadurch, dass sie uns die Nachkommenschaft den Eltern ähnlich zeigt. Indem wir diese Auffassung der Verwandtschaft auch auf weitere Kreise übertragen, das Gemeinsame der Organisation als die Folge der gemeinsamen Abstammung beurtheilend und die Divergenz der Orga- nisation von Anpassungen ableitend, stellen wir uns auf den Standpunkt der Descendenztheorie. (Vergl, §§. 4 u. 5.) Wir fassen demzufolge die als »Typen« bezeichneten grossen Abtheilungen als Stämme (Phylen) auf, damit das Gemeinsame, Typische in dem ihnen zu Grunde liegenden Momente bezeichnend.

Innerhalb eines Stammes hat sich eine thierische Organisationsform nach den verschiedensten Richtungen hin entfaltet, die allmählich vom Einfachen zum Complicirteren , vom Niederen zum Höheren hinleiten. Aus einer fortgesetzten Differenzirung lassen sich die Kategorien ableiten, die wir als Arten , Gattungen , Familien , Ordnungen , Klassen unterschei- den. Diese Unterabtheilungen entsprechen den Ramificationen des Stam- mes, in denen die Divergenz des Charakters sich ausprägt.

Wenn die Verschiedenheiten der Klassen, Ordnungen etc. von einan- der so bedeutend sind, dass sie gänzlich unvermittelt sich darstellen, so haben wir hiebei in Erwägung zu ziehen , dass in den lebenden Formen uns nur die letzten Ausläufer grossartig verzweigter Entwickelungsreihen von Organismen vorliegen , die in früheren oft in weitester Ferne liegen- den Zeiträumen lebten und allmählich untergegangen sind. Zum Theil, wenn auch nur zum allergeringsten, bezeugen dies die paläontologischen Urkunden. Es sind die in den Erdschichten erhaltenen Reste unter- gegangener Wesen, welche die Vorläufer, theilweise auch die Slammeltern der später lebenden Organismen waren. Da die lebenden nur einen klei- nen Rruchtheil der gesammten Organismenwelt bilden , die im Laufe der geologischen Entwickelungsperioden existirte, so können wir nicht er- warten , dass weit zurückliegende Verbindungen überall gleich deutlich hervortreten, dass überall die Uebergänge nachweisbar und der genealo- gische Zusammenhang klar und über allen Zweifel sich erkennen lasse.

Systematische Gliederung des Thierreiehes. 71

Es gilt also vielmehr aas Fragmenten eine Zusammensetzung des Gänsen zu versuchen, verlorne Spuren der Zusammengehörigkeit zu finden. In den Organisationen der Thierkörper diese Nachweise eines genetischen Zusammenhanges zu liefern, bildet den wichtigsten Theil der vergleichend- anatomischen Aufgabe.

Nach dieser Auffassung haben wir uns für jeden Stamm eine von einer Urform ausgehende Entwickelungsreihe von Organismen vorzu- stellen , die während der geologischen Entwickelung sich in viele Aeste und Zweige differenzirte , von denen die meisten während verschiedener Perioden zu Grunde gingen , während einzelne, wenn auch grösstenteils verändert, bis heute sich lebend erhielten. Das in diesen vielfachen Differenzirungszuständen sich forterhaltende, von der Stammform her sich mit Jfodificationen vererbende Gemeinsame bildet das Typische der Organisation.

§ 57.

Nicht für alle grossen als Typen aufgefasste Abtheilungen ist gemein- same Abstammung der zugehörigen Formen in gleichem Maasse nachweis- bar. Für manche Abtheilung ist sogar eine polyphyletische Genese in hohem Grade wahrscheinlich , so dass andere als genealogische Gründe die bezüglichen Organismen vereinigen lassen. Solche Abtheilungen dür- fen dann nicht als Stämme beurtheilt werden.

Solchen Verhältnissen begegnen wir gleich bei den niedersten For- men, in dem Grenzgebiete gegen das Pflanzenreich. Da es Organismen gibt, bei denen eine Reihe von Erscheinungen vermittelnde Zustände nach dem einen wie nach dem anderen Reiche erkennen lässt , wird es schwer, eine Grenze zu finden. Diese setzt die Feststellung des Begriffes Thier oder Pflanze voraus. Für den thierischen Organismus wird das Ge- meinsame der Differenzirung als charakteristisch gelten können. Diese besteht in der Sonderung zweier Körperschichten, die oben 28) als Ectoderm und Entoderm bezeichnet wurden , und von denen die Keim- blätter der höheren Abtheilungen sich ableiten Hessen. Die Ausschliessung aller übrigen niederen , diese Sonderung nicht eingehenden Organismen vom Thierreiche lässt aber manche zum Verständniss der thierischen Or- ganisation wichtige Erscheinung ausser Betracht gerathen. Wie sehr es daher auch gerechtfertigt sein mag, jene niedere ausserordentlich man- nichfaltige Organismenwelt als ein besonderes, zwischen Thier- und Pflanzenreich zu stellendes, für beide die Anfänge umschliessendes Reich, das der Protisten, zu behandeln, so erfordert unsere, auch die An- knüpfungen an diese niedersten Organismen mit umfassende Aufgabe, doch auch ein Eingehen auf jene. Wir fassen daher eine Anzahl von Ab- theilungen der Protisten , welche nähere Beziehungen zu Thieren als zu Pflanzen besitzen, als Protozoon zusammen. Da ihre genetischen Ver- hältnisse zu einander völlig dunkel sind, kann die aus diesen Organismen

Fif. W. Wurmfinnigei Eabtj« ton DicjBiua tipni. fN«h E. 1

72 1- Aufbau des Thierleibes.

gebildete Abtbeitung nicht als ein »Stamm« betrachtet werden. Dem ent- spricht auch der Hangel eines gemeinsamen Typus. Wir sehen sie also als niedere, unter den Protisten am meisten den Thieren nahekommende Organismen an , denen nicht die einzelnen Abtheilungen der höheren thierischen Organismen, son- dern sammtliche Abtheilungen derselben sich gegenüberstellen. Das erfordert ein Zusammenfassen der letzteren zu einer ein- zigen Gruppe, die man als MelazoBn be- zeichnet hat.

Protozoon und Metazoön sind nicht so ganz scharf geschiedene Abibeilungen. Bei den Protozoen sind nicht wenige aus einer Mehrzahl von Zellen zu- sammengesetzte bekannt. Es ist also mehr die Anordnung der Zellen in Schichten von bestimmtem (unctionellen Werlhe, wodurch der metazolscbe Organismus charakterisirt wird. Hiefür scheinen ganz allmähliche Anfänge zu bestehen, in welchen die Schichten noch un- vollständig sich darstellen. Wir finden Reprä- sentanten hiefür in den in den sogenannten Ve- nenanhängen der Cephalopoden parasitisch leben- den Dicyemen, welche deshalb einer besonderen Erwähnung verdienen. Aus der Theilung einer Keimzelle gehl ein Zellenhaufen hervor, in welchem eine einzelne grössere Zelle von einer Anzahl kleine- rer in Gestalt einer zusammenhangenden Schiebte umschlossen wird.

Die centrale Zelle repräsentirt das Enloderm und ist nur an einer kleinen Stelle von der peri- pherischen , das Edoderm vorstellenden Schichte, unbedeckt (Fig. 19). Die Enlodermzelle wächst bedeutend in die Lunge, mancherlei Diflerenzi- rungen ihres Protoplasma darbietend. Sie bildet die Grundlage des langgestreckten Korpers, und bleibt von den gleichfalls wachsenden, aber sich nur wenig vermehrenden Eclodermzellen bedeckt. Diese lassen feine Cilien hervorsprossen und bilden das Schutz- und Bewegungsorgan des Körpers, in— bm*'™ '"^HiiT't™' <*ess t'er in <*er Axe des Körpers liegenden Ento- h K»n d«r Entodarmttiie. dermzelle eine nutrilorische Bedeutung sowie (Buh e. vm Binnen.) (j;e Function der Fortpflanzung zukommt, denn in ihr bilden sich die nach zwiefachem Typus angelegten Keime der jungen Brut. (Fig. 20. 21.)

Der Organismus von Dicyema zeigt sich somit als ein zweischichtiger

Systematische Gliederung des Thierreiches. 73

mit functioneller Scheidung der beiden Schichten , davon die innere die morphologisch geringste Differenzirung besitzt , indem sie nur aus einer einsigen Zelle besteht. Ob darin ein primitiver Zustand sich ausspricht, ist jedoch deshalb nicht völlig sicher , weil die parasitische Existenz der Dicyemen die Rückbildung eines mehrzelligen Entoderms bedingt haben kann. Da aber in der klar liegenden Entwickelungsreihe dieser Thiere stets nur Eine Entodermzelle vorkommt , gewinnt der Befund an Bedeu- tung. Wie sich unter den Protozoon die mehrzelligen Formen in allmäh- lichen Uebergängen an einzellige anschliessen , aus denen sie sich her- vorgebildet haben werden, so zeigt nun unter den Metazoen Dicyema den Anfang einer Zellschichten- Sonderung des Körpers, wenn auch noch nicht in der Höhe der den Uebrigen zu Grunde liegenden Einrichtung, doch bereits in derselben Richtung , wie sie dort zum Ausdrucke kommt.

vah Beneden, Ed. , Recherches sur les Dicyemides. Bull. Acad. Belg. XLI. u. XLI1. 4 876.

§ 58.

Die Abtheilungen der Metazoen führe ich, die Dicyemen übergehend, in folgenden auf:

4. Cölenteraten,

2. Würmer,

3. Echinodermen,

4. Arthropoden,

5. Brachiopoden, 6*. Mollusken,

7. Tunicaten,

8. Vertebraten.

Diese Abtheilungen repräsentiren der Hehrzahl nach einzelne Thter- stämme, deren jeder in verschiedenem Maasse höhere und niedere Formen umschliesst. Aber der Grad der Organisationsentfaltung ist in jedem der- selben verschieden , wie auch ihr Umfang ein verschiedener ist. Die in jeder Abtheilung sich äussernde Divergenz der Organisation gibt sich ebenso in den Beziehungen der ersteren zu einander kund, und es lassen sich in den niederen Stammen Ausgangspunkte für die niederen Formen höherer Stämme erkennen. Damit ordnen sich diese grossen Abtheiiungen in genealogische Gliederung. Für die einzelnen Abtheilungen ist das sie trennende Maass der Entfernung ein verschiedenes, eigentümlich für jedes einzelne Verhältniss. Das Verhalten der einzelnen grossen Abthei- lungen zu einander lässt sich in folgendem Stammbaume darstellen.

74

I. Aufbau des Thierleibes.

Vertebrata

Mollusca

Arthropods

Brach iopoda

/

Echinodermata

■v

Vermes

Coelenterata

Protozoa

Die genauere Umgrenzung der einzelnen Abtheilungen wird in den speciellen Capiteln gegeben werden, ebenso die Motivirung der hier nur angedeuteten verwandtschaftlichen Beziehungen.

Literarische Hilfsmittel der vergleichenden Anatomie.

§ 59.

Für die wissenschaftliche Orientirung im Gesammtgebiete der Morphologie, vornehmlich bezüglich der in den vorhergehenden Paragraphen von mir nur in grösster Kürze behandelten Fragen ist als Hauptwerk zu sorgfältigem Studium zu empfehlen :

HicsEL , E. , Generelle Morphologie der Organismen. Allgemeine Grundzüge der Formenwissenschaft, mechanisch begründet durch die von Ch. Darwin reformirle Descendenztheorie. 2 Bde. Berlin 4 866.

Literarische Hilfsmittel der vergleichenden Anatomie. 75

Ausserdem behandeln die Morphologie in fördernder Weise :

Leuceaet, R., Die Morphologie und die Verwandtschaftsverhaltnisse der wirbellosen

Thiere. Braunschweig 4848. Carüs, V., System der thierischen Morphologie. 4833. Bio**, Morphologische Studien über die Gestaltungsgesetze der Naturkörper. Leipzig

und Heidelberg 4858.

a. Von umfangreicheren Werken über das ganze Gebiet der ver- gleichenden Anatomie :

Ccvier, G. , Lecons d'anatomle comparee recueillies et publikes par Dcmeril et Duverxoy. 5 vols. Paris 4798 4805. Unter dem Titel : Vorlesungen über vergl. Anatomie , übersetzt und mit Anmerkungen versehen von H. Froribp und J. F. Mecul. 4 Bde. Leipzig 4 809 40.

, Lecons etc., recueillies et publikes par Dumeril. Seconde edition. 8 Tomes.

Paris 4 885—46.

Meckel, J. F., System der vergleich. Anatomie. 6 Bde. Halle 48i< 88 (unvollendet,

Geschlechtsorgane fehlen]. Hilfe-Edwards , H., Lecons sur la Physiologie et l'anatomie comparee de l'homme

et des animaux. T. I— XII. Paris 4857 76. Noch unvollendet. Letdig, F., Vom Bau des thierischen Körpers. I. Band. 4. Hälfte. Tübingen 4864.

b. Als Lehr- und Handbücher der vergleichenden Anatomie :

Cards, C. G., Lehrbuch der Zootomie. Leipzig 4848. Zweite Auflage als Lehrbuch

der vergi. Zootomie. 2 Bde. Leipzig 4884. Wagher, R. , Handbuch der vergleichenden Anatomie. 2 Bde. Leipzig 4884. Neue

Auflage als: Lehrbuch der Zootomie. 2 Bde. Leipzig 4848 48. (Zweiter

Band, die Anatomie der wirbellosen Thiere enthaltend, von H. Frey und

R. Leuceart.)

v. Sieiold und Stahkius, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, 2 Bde. Berlin 4845. Zweite Auflage als Lehrbuch der Zootomie. Bis jetzt nur Band I. Heft 4 x, Anatomie der Fische und Amphibien enthaltend , erschienen. Wird fort- gesetzt.

Bergmaiu, C. und Leüceait, R., Anatomisch -physiologische l) ebersiebt des Thier- reiches. Stuttgart 4 852.

Schmidt, 0., Handbuch der vergl. Anatomie. Siebente Auflage. Jena 4876.

Oweü, R., Lectures on the comparattve anatomy and physiology of the invertebrate

animals. 2. Auflage London 4 855. Of the vertebrate animals P. I. Fishes.

London 4846.

Joses, Rtvee, General outline of the Organisation of the animal kingdom, and manual

of comparative anatomy. 4**. Edit. London 4874. Hartisg, P. , Leerboek van de Grondbeginselen der Dierkunde in hären geheelen

Omvang. Deel I— III. Tiel 1864—74. Enthält auch die vergl. Anatomie. St. George Mivart, Lessons in elementary anatomy. London 4878. (Einführung in

die Anatomie des Menschen.)

c. leonograpbische Darstellungen vom Baue der Thiere bieten :

Carcs, C. G., und Otto, Erläuterungstafeln zur vergleichenden Anatomie. 8 Hefte.

Leipzig 4826—52. Wacker, R., Icones sootomicae, Handatlas zur vergl. Anatomie. Leipzig 4844.

76 I* Aufbau des Thierleibes. Literarische Hilfsmittel etc.

Schmidt, 0., Handatlas der vergl. Anatomie. Jena 4 852.

Caaus, V., Icones zootomicae. Leipzig 4 857. Erste Hälfte. (Wirbellose Thiere.)

Leydig, F., Tafeln zur vergl. Anatomie. Erstes Heft. Tübingen 4864.

d. Vergleichende Gewebelehre : Leydig, F., Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. Frankf. 4 857.

e. Ontogenie.

Foster, M. and Balfour, F. M., The Elements of Embryology. London. Macmillau a. Co. P. i. 4874.

, Dasselbe. Deutsche Ausgabe v. N. Kleinenberg. Leipzig 4876.

Kölliker, A., Entwicklungsgeschichte des Menschen u. der höheren Thiere. 2. Aufl. 4. Hälfte. Leipzig 4 876.

Ausser diesen Werken ist auf zahlreiche Monographieen zu verweisen , sowie auf Abhandlungen und Aufsätze, welche die Schriften der Academieen und anderer gelehrten Gesellschaften , sowie die Zeitschriften für Naturgeschichte , für Zoologie und für Anatomie enthalten.

SPECIELLER THEIL

Erster Abschnitt.

Protozoen.

Allgemeine üebersicht.

§ 60.

Hieher zähle ich einige Abtheilungen jener Organismen , die durch die Einfachheil ihrer Organisation die niederste Stufe der Lebensform beurkunden. Der Mangel an differenzirten Organen für die hauptsäch- lichsten Verrichtungen erscheint als das wesentlichste Merkmal. Aus die- sem negativen Charakter geht die Unzulänglichkeit der Abgrenzung dieser Äbtheilung hervor, an der etwas gemeinsam »Typisches« weder in dem Verhalten des Körpers zu seinen Formelementen , noch in der Orga- nisation erkannt werden kann. In dem Fehlen jeder geweblichen Diffe- renzirung besteht Grund, die hieher gerechneten Organismen mit anderen, die man als niedere Pflanzen zu betrachten pflegt, als zwischen Thier- und Pflanzenreich stehende Lebensformen zu betrachten. Darauf stützt sich die Auffassung, sämmtliche niedere, weder den Thieren noch den Pflanzen zuzuzahlenden Organismen zu einem Protistenreiche zu ver- einigen. In Anerkennung dieser Auffassung könnte die Aufrechterhaltung einer Abtheilung der »Protozoen« unzulässig scheinen. Es ist aber die Kenntniss der im Protistenreiche waltenden Organisationszustände für das Verständniss der thierischen Organismen von so hohem Werthe , dass ein gänzliches Uebergehen der Protisten dem Zwecke dieses Buches wenig entspräche. Deshalb behielt ich die Abtheilung der Protozoon hier bei, und führe in ihr eine Anzahl von Formen auf, die geeignet sind von den einfachen Zuständen der Organisation und damit von dem geringen Grade der Sonderung ein Bild zu geben.

Ich schliesse dabei vor allem jene Formen aus, welche, auf der Stufe der Cytode stehen bleibend, keine Kerne besitzen. Die Ausbildung eines Kernes im sonst so einfachen Protoplasmaleib des Organismus bezeichnet jenem anderen Zustande gegenüber einen bedeutsamen Fortschritt, und verbietet die ihn aufweisenden Formen mit anderen ihn nicht besitzenden

SO II« <• Protozoon.

zusammenzustellen, wie sehr auch sonst Uebereinstimmungen im Befunde des Protoplasma bestehen , und wenn auch nicht verkannt werden kann, dass in diesen Cylodenformen (Moneren) die Anfänge der höheren Zu- stände liegen. Diese Anfänge erscheinen sehr mannichfaltig, entsprechen einzelnen Abtheilungen ausgebildeter Formen, und machen es wahr- scheinlich, dass die letzteren polyphyletischen Ursprungs sind.

Die von mir den Protozoon beigerechneten Prottstengruppen sind die Rhizopoden, Gregarinen und Infusorien.

Die Rhizopoden zeigen den Protoplasmaleib nicht in constanter Abgrenzung; ihr Protoplasma sendet wechselnde Fortsätze aus. Sie lassen als niederste Abtheilung die Amöbide n erscheinen, deren Orga- nismus der Stufe einer Zelle entspricht. Protoplasma mit einem Kerne bildet den Körper, der, in der Regel nackt, zeitweise mit einer Kapsel sich umgeben kann oder die Kapsel als persistentes an einer oder zwei Stellen offenes Gehäuse besitzt. Durch die Mündung des letzteren communicirt der Organismus mit der Aussenwelt , und kann von da aus selbst über das Gehäuse sich ausbreiten. Sind mehrfache Kerne vorbanden, so stellt der Organismus ein Syncytium vor. Als eine zweite Abtbeilung erschei- nen die Foraminiferen. Ein wahrscheinlich allen zukommender Kern lässt den Werth dieser Organismen gleichfalls einer Zelle gleich setzen. Aber die Bildung mit vielen Poren versehener Gehäuse, oft von beträcht- licher Gomplication , lässt eine höhere Tendenz erkennen. Eine kleine mehr der nächsten Abtbeilung angeschlossene Gruppe sind die Helio- zoön. Endlich erscheinen die Radiolarien durch den Besitz einer im Innern des Leibes befindlichen »Centralkapsel« von allen übrigen Rhizo- poden verschieden. Die Centralkapsel führt eine Anzahl kernartiger Ge- bilde. Dadurch lassen sich die Radiolarien zwar zu Zellen in Beziehung bringen, allein ihr Körper kann nicht als eine Zelle gelten. Vielmehr scheint hier eine andere Differenzirungsrichtung eingeschlagen zu sein. Dazu kommt noch, dass bei einigen das extracapsulare Protoplasma zerstreute Zellen führt, die von Manchen als dem Organismus fremde Bil- dungen gedeutet wurden (gelbe Zellen). Die Entwicklung von Stütz- gebilden der mannichfachsten Art verleiht den Radiolarien ein eigentüm- liches Gepräge. Diese Gerüste geben Anlass zur Unterscheidung einer grösseren Anzahl von Körperaxen.

Als zweite Abtheilung der Protozoon führe ich die Gregarinen auf. Eine äussere Abgrenzung des einen Kern umschliessenden, und da- mit auf der Stufe einer Zelle stehenden Körpers fehlt nur in den frühesten Jugendzuständen. Sie durchlaufen also den Zustand der Cytoden. Die ausgebildeten Organismen lassen eine vom inneren Protoplasma different gewordene Hülle unterscheiden und bieten sogar in der darunter liegen- den Protoplasmaschichte noch Andeutungen höherer Differeuzirungen dar. Bei manchen ist vom cylindrischen oder bandförmigen Körper ein vorde- rer Abschnitt durch eine Einschnürung getrennt.

Allgemeine Uebersicht. gl

Die dritte grosse Abtheilung repräsentiren die Infusorien, von denen ich die ihnen häufig zugetheüten Flagellalen ausschliesse. Der aus Protoplasma gebildete Körper ist durch Differenzirung einer Rindenschichte in bestimmter Gestalt abgegrenzt. Die Rindenschichte umschliesst indiffe- renteres Protoplasma, welches bei vielen in rotirender Bewegung zu treffen ist, und darin an die Protoplasmaströmung gewisser vegetabilischer Zellen erinnert. Ein sehr mannichfach gestalteter Kern ist zur Auffassung des Infusorienleibes als Aequivalent einer Zelle verwerthbar. Bei einigen kommen mehrere Kerne vor. Durch die in derCorticalschichte auftretende Sonderung von verschiedenen an Gewebe erinnernden Bildungen spricht sich eine höhere Potenzirung aus. Diese beeinträchtigt jedoch nicht die Auffassung der Infusorien soweit sie nur Einen Kern fuhren als einzelliger Organismen , wenn man die Zelle sich nicht mehr in ihrem indifferenten Zustande denkt. Neben dem Kerne findet sich bei manchen noch ein kleineres Jtern&hnliches Gebilde , der Nucleolus. Die Infusorien zerfallen inSuctoria (Acineta) und Ciliata. Die ersteren bieten bestimmt an- geordnete wenig bewegliche feine Fortsätze , die zur Nahrungsaufnahme dienen. Die Cihaten zeichnen sich durch Wimperbesatz des Körpers aus. Nach der Art der Vertheilung dieser Cilien werden wieder Unterabthei- lungen aufgestellt.

Literatur.

Bhiaopoden: Auemach, C, Zeilschr. f. wiss. Zool. Bd. VII. Duardin in Ann. sc. I. III. IV. Schultze , M. , Ueber deo Organismus der Polythalamien. Leipzig 4 884. Caifbntbr, W., Researches oo the Foraminifera. Phil. Tr. 4&S6. 59. Ders., lutroduciion to tbe study of tbe Foraminifera. London 4 861. (R. S.) Hcxley, Tb. H., Üeber Thalassicolla. Ann. nat. hist. 4854. Muller, J., Ab- band I. der Berliner Acad.'4 858. Hacke l, E., Die Radiolarien. Eine Mono- graphie. Berlin 4 862. Schulze, F.E., Rhizopodenstudien. Arch. f. mikr. Anat. Bd. X— XU. Hertwig„R., Arcb. f. mikr. 'Anat. Bd. X. Supplem.— Ders., Zur Hit tolog. der Radiolarien. Leipz. 4 876.

Ghregarinen: Stein, Ueber die Natur der Gregarinen. Arch. f. Aoat. u. Phyl. 4848.

Kölliiei, Beitr. z. Kenntniss niederer Tb lere. Zeitschr. f. Zool. 1. Lieber- eübji, Evolut. des Gregarines. Acad. Roy. de Belgique. Mem. de*s Soc. ötran- geres. T. XXVI. Ed. van Beneden Rech« sur l'ävolut. des Gregarines. Bull, de l'Acad. royale de Belgique. i»« Ser. T. XXXI. Sur la Struct. des Grog. ibid. T. XXXIII.

Infusorien: Ehrenberg , C. G. , Die Infusioosthiere als vollkommene Organismen. Leipzig 4888. Dujardin, Hist. nat. des Infusoires. Paris 4844. Stein, Fb., Die Infusionsthiere auf ihre Entwickelung untersucht. Leipzig 4854. Ders., Der Organismus der Infusionsthiere. I. II. Leipzig 4859—66. Claparede, E., et Lacbmann, ßtudes sur les Infusoires et les Rhizopodes. Geneve 4858 64. Engelmann, Tb. W., Zur Naturgeschichte der Infusionsthiere. Leipzig, Zeitschr. f. Zool. XI. Morphol. Jahrb. Bd. I. Haceel, Z. Morphol. d. Infusor. Jen. Zeitschr. VII. Bütschli, Arch. f. mikr. Anat.— IX. Zeitschr. f. w. Zool. XXVIII.

Hertwig, Rm Ueber Podophrya gemmipora. Morph. Jahrb. I.

Geg«nb*ux, Omndritt d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. S

Fif. 21.

Fortsätze, Pseudopodiet durch wenig tiefe Buchten v

§ 61.

Da der Körper der niedersten Organismen aus dem contractilen , in seinen Formzusländen sehr veränderlichen Protoplasma gebildet wird , so fehlt mit einer bestimmten Abgrenzung des A s Körpers auch jegliche Differenzirung eines

Integumentes. Wir sehen den Körper der meisten nicht mit einer Hülle versebenen Protisten ebenso wie indifferente Zellen höherer Organismen die Umrisse wech- seln; Fortsätze des Protoplasma dehnen sich bald da bald dortbin aus, und lassen den übrigen Körper nacbfliessen. So be- wegt sich der Körper mit stets wechselnder w*giD( du- Oberflache, an die jeder in dem einen Ho- ™™'M- ment innen befindliche Substanz partikel in «in *- -n ^em aD(jern jjoinent mit der Bildung eines Fortsatzes hervortreten kann. Die erscheinen bald als breite lappenartige, n einander getrennte Verlangerungen (vergl. Fig. 22), bald ergiessen , sie sich als schmale, zu- weilen keilförmige Ström- eben , die nach der Peri- pherie zu mannichfach sich theilen, und damit ver- ästelte Ausläufer vorstel- len. Diese Zustünde hallen sich innerhalb einzelner Abiheilungen stets in be- stimmten Formgrenzen, so dass die Pseudopodienform ein erstes Di ßcrenl werden eines bestimmten morpho- logischen Verhaltens des Protoplasma kundgibt. Die Figii. Bi»For»i,ir«.(B0^.)-it...,..tt«kunP,.,.». Pseudopodien charakteri-

podien, die >u den Pole» der mehrkiminerigeii Seh»le bei-ior- Siren die RhlZOpodett , de-

t«t*n. M.Mtetjnif^riMhtbHnMaitMtBMiit.»! ren Protoplasma an a|[en gegen die unmittelbare Körperoberfläche gelangenden Stellen jene »Scheinfüsschen« aussenden kann (vergl. Fig. 23). Benachbarte Pseudopodien können in verschiedener Zahl an jeder Stelle unter einander verschmelzen (Fig. 23 ir), oder auch netzartige Verbindungen vorstellen. Dieses Verhallen des Proto-

^ß^'wJW'^

lalegumeal.

53

plasma wird durch im Innern lu Stande gekommene Diflerenzirungen iSkelelbUdungen etc.; nicht alterin. Es ist der Ausdruck eines peri- pherische Differeozirung entbehrenden Zustande» der niedersten lebenden Materie.

Durch Festerwerden der aussersten Körperschichte wird die allseitig auftretende Pseudopodienbildung beschrankt. Mit der chemisch -physika- lischen Veränderung peripherischer Theile bildet sieb ein Gegensatz iu dem übrigen indifferent bleibenden Proto- .

plasma, welches mar noch Beweglichkeit äussert, allein durch die festere Binden- schichte in ansehnlicheren Excursioneo ge- hemmt wird. Dieser Zustand trifft sich bei den Gregarinen, wozu bereits bei manchen Amöben vorkommende Verhalt nisse Ueber- gänge darbieten. Eine derbe, homogene, zu- weilen eine zarte Schichtung besitzende Membran überzieht bier den ganzen, nur durch eine einzige Zelle gebildeten Korper. Sie geht unmittelbar in das weiche Proto- plasma Über, und erscheint als eine von demselben differenzirte Cuticula. Wie alle Caticulae entbehrt sie der contraclilen Eigen- schaft, ist aber dehnbar, elastisch und ver- mag so den Contractionen und Expansionen des Protoplasma zu folgen.

Ausser dieser Sonderung der CuticuWscbicbte besteht bei den Gre- garinen noch eiue von den innern Theilen gesonderte Rindenscbichte, welche resistenter als das reichliche Körnchen enthallende Protoplasma erscheint, und in ahnlicher Weise auch den Infusorien zukommt.

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§ 62-

An die Sonderung des Körpers in eine Süssere Rindenscbichte und innere PareochymsubsUni schliessen sieb fernere Umbildungen der Riu- denschichte. Von diesen sind erstlich die Wimperhaare anzuführen, die bei den Infusorien in allgemeiner Verbreitung vorhanden sind. Sie erscheinen als unmittelbare aber lebhaft bewegliche Verlangerungen des Integucnents , die zuweilen mit einer Cuticula combinirt sind, und dann diese durchsetzen. Entweder besetzen sie nur beschranktere Kflrper- stellen wie die sogenannte Mundoffnung, oder sie sind Ober grossere Strecken verbreitet, oder Über den ganzen Körper, häufig sehr regel- mässig, vertheilt. Nach der bestimmten Vertheilung und Anordnung dieser Wimperhaare hat man die Unlerabtheilungen der Infusorien in Hololricha, Heterolricha, Uypotricha und Peritricha unterschieden. Dass diese Wim-

84 H. 1. Protozoen.

perhaare Differenzirungen des Protoplasma sind, geht aus jenen im Be- reiche anderer Protistengruppen vorkommenden Fällen hervor, wo sie nur temporäre Gebilde vorstellen und nach Art der Pseudopodien wieder ins Protoplasma des übrigen Körpers eingezogen werden können.

Modificationen der Wimperhaare sind die Geisseifäden sowie die in der Nähe der Mundöffnung mancher Infusorien befindlichen undulirenden Membranen. In anderer Art modificirt erscheinen die Wimperhaare als starre nur an der Verbindung mit dem Körper bewegliche Gebilde (z. B. bei Stylonychia), zuweilen sogar in plattenartiger Verbreiterung.

Sowohl die Wimperbaare als die griffeiförmigen Fortsätze dienen als Bewegungsorgane und lassen somit die Locomotion ans Integument ge- knüpft erscheinen, wie sie bei derPseudopodienbildung mit der zeitweilig äusseren Körperschichte verbunden war.

Eine andere in der Haut mancher Infusorien (z. B. Paramaecium) beobachtete Bildung besteht in festeren, stäbchenartigen Bildungen (Tri- chocysten), die bei gewissen Einwirkungen einen feinen starren Faden hervortreten lassen. Diese Gebilde liegen ,in senkrechter Stellung zur Längsaxe des Körpers dicht nebeneinander in der Rindenschichte. Sie erinnern an die Nesselkapseln der Cölenteraten,, ohne dass sie jenen gleich zu erachten wären, da sie nicht aus Zellen hervorgehen.

§ 63.

In der Rindenschichte des Leibes der Gregarinen und vieler Infu- sorien erscheinen muskelähnliche Bänder oder Fasern. Bei den Gregarinen sind diese Gebilde ringförmig oder auch spiralig angeordnet und bilden eine dicht unter der Cuticula gelegene Schichte, die nur eine kurze Strecke weit auf den vom Körper meist durch eine Einschnürung abgesetzten »Kopf« sich erstreckt, aber, niemals in die Scheidewand über- geht, welche jenen Theil vom Körper trennt.

Unter den Infusorien sind diese contractilen Streifen vorzüglich bei den grösseren Arten einzelner Gattungen ( Stentor , Prorodon , Spirosto- mum etc. ) erkannt. Bei anderen werden sie vermisst. Sie verlaufen bald longitudinal, bald spiralig. Auch bei Vorticellinen kommen sie vor, und zwar in Spiraltouren gegen das in den Stiel übergehende Körperende zu. Dass diese Gebilde der Infusorien nicht die ausschliesslichen con- tractilen Apparate des Körpers bilden, wird durch jene Infusorien er- wiesen, die bei dem Mangel dieser Streifen energische Contractionen des Körpers auszuführen im Stande sind. Dass sie aber in der Thal contractu sind, beweist Spirostomum, dessen Körpercontractionen nicht nach der Längsaxe des Körpers, sondern in der Richtung des mehrere Spiraltouren beschreibenden Streifen Verlaufes stattfinden. In diese Reihe von Sonde* Fungen aus dem Protoplasma gehört auch der im Innern des Stieles der

Stutiorgane. 85

Vorticellinen verlaufende conlraetile Strang der bei Zoolhauiuium der Verästelung des Stockes gemäss verzweigt erscheint, indess er bei Car- chesium jedem Individuum des Stockes gesondert zukommt. Obgleich diese Gebilde mit Muskelfasern tibereinstimmende Erscheinungen bieten und physiologisch ihnen rar Seile gestellt werden dürfen, können sie doch morphologisch keineswegs jenen histologischen Formelementen gleichge- stellt werden, da weder Zellen noch deren Abkömmlinge an ihnen betei- ligt sind. Es sind DHferenzirungen aus dem Protoplasma des Organismus, nie sie in den Geweben der Metazot'n durch Differenz irungen ganzer Summen von Formelementen zu Stande kommen. Der ganze contraclile Apparat entspricht somit nur functionell einem Muskelsyslem. Die ein- zelnen Bander oder Streifen sind nur Analoga von Muskeln ( Hyophane ) .

§ 64.

Als Stutzorgane des Korpers der Protozoon fungiren feste Gebilde, welche entweder als ein Gerüstwerk die weiche KOrpersubstanz durch- setzen, oder als Schalen und Gehiluse den Körper Überziehen. Letztere verhalten sich nach Maassgahe Ihrer Ausdehnung und Resistenz auch als Schutzorgane. Alle hier einzureihenden Gebilde sind mittelbare oder un- mittelbare Differenz irungen des Protoplasma, entweder an der Oberflache des Leibes oder im Parenchym gebildet. Je vollständiger diese Abschei- dungen als Gehäuse den Körper bedecken, desto mehr treten sie der freien Beweglichkeit entgegen, wenn nicht andere compensirende Einrichtungen vorkommen. Schalen und innere Gerüste treffen sich in grosser Verbreitung bei allen Abtheilun- gen niederer Organismen und zwar in einenf sehr verschiede- nen Grade der Complicalion, der znweilen tu jener des Körpers in einem umgekehrten Verhält- nisse sieht.

Einfache, meist oval gestal- tete, mit einer Oeffnung ver- sehene Schalenbildungen finden sieb bei einer Abtbeilung der Amöben [Difflugia, Arcella;. Die Schale ist bald weich, bald von grösserer Festigkeit, die auch durch Aufnahme von Fremd- körpern erhobt werden kann. Durch die Ausbreitung des Pro- toplasma Über die Schale können diese zeitweise als innere sich dar- stellen. Complicirtere Formen entstehen bei den Foraminiferen , indem

>Min» Quo

86 U. 4. Protozoon.

sich an ein einfaches rundliches Gehäuse neue Abschnitte anbauen , die dann einzelne durch Oeffnungen unter einander verbundene und ebenso durch Poren nach aussen hin communizirende Kammern vorstellen, (s. Fig. 23, Fig. 25). Durch Kalk, seltener durch Kieselerde (Polymor- phina, Nonionina), erhalten diese mehrkammerigen Schalen eine beson- dere Festigkeit und durch die Verschiedenheit der gegenseitigen Lage- rung, der Ausdehnung und Verbindungsweise der Kammern entstehen mannichfaltige mit dem leichter gebauten inneren Gerüste der Radiolarien an Formenreichthum wetteifernde Bildungen.

Durch Anlagerung in einer geraden Linie entfalten sich stabförmige, oft knotig angeschwollene Gehäuse, deren einzelne als »Kammern« be- zeichnete Abschnitte bald gleichgross, bald in verschiedener, von einem Ende gegen das andere hin zunehmender Grösse erscheinen Nodosariden) . Eine spiralige Anordnung der in einer oder in verschiedenen Ebenen ge- lagerten Kammern führt zu Bildungen , welche Nautilusschalen ähnlich sind (Fig. -23). Bedeutende Modißcationen entstehen durch Ueberlage- rungen der Spiraltouren , durch Streckung oder Verkürzung der Spi- ral axe etc. Die planorbisartigen Gehäuse der Millioliden, bei denen stellenweise Einschnürungen die erste Spur einer Kammerbildung auf- weisen, stellen den einfachsten Zustand dieser Formen vor. Ungleich- artige Ansätze neuer Kammern heben die Spiralform äusserlich auf (Acer- vulinen), und lassen sie nur in den ersten Kammerbildungen erkennen. Gewöhnlich werden diese Gehäuse mit äusseren Schalenbildungen zu- sammengestellt. Nur für wenige jedoch erscheint dies passend. Ueber- all da, wo die Scheidewände der sogenannten Kammern mehrfach durch- brochen sind, und zugleich Porencanäle die Schalen nach aussen durch- setzen, so dass also das Protoplasma der Pseudopodien äusserlich die Schale bedecken kann, erscheint die Schale vielmehr als ein inneres Gerüste. Wo die Scheidewände nur durch mehrere einzelne, weile Oeffnungen zwischen sich lassende Säulchen oder Lamellen repräsentirt werden (Fig. 25), und der Raum der Kammer selbst den mehrfachen Verbindungen zwischen zwei Kammern an Volum sogar nachsteht, und wo endlich alle benachbarten Kammerräume unter einander communi- ciren, und so das ganze »Gehäuse« von einem nach allen Richtungen com- municirenden Hohlraumsysteme durchsetzt wird : da ist der Charakter einer äusseren Schale vollständig aufgegeben. Da also in allen Fällen das Protoplasma sich über die Aussenfläche der Schale zu ziehen vermag, ist die Schalenbildung der Foraminiferen als eine innere zu betrachten, und reiht sich darin den Gerüsten der Radiolarien an.

Als ein allen Radiolarien gemeinsames, wenn auch weniger in die Augen fallendes Sttitzorgan muss die »Centralkapsel« angeführt werden. Es ist ein in der Mitte des Körpers gelagertes, in sehr verschiedener Form

Sliltiorgana.

87

auftretendes, kapselartig" geschlossenes Organ, welches aus einer chemisch dem Chitin nahe stehenden Membran gebildet wird. Sie umschliesst regelmässig ausser Fetlkugeln und als Kerne gedeuteten Gebilden eine Quantität Protoplasma , welches wahrscheinlich durch feine Porencanäle mit dem extrocapsalären Protoplasma zusammenhangt. Hiezu kommt noch bei den meisten Radiolarien ein gewöhnlich aus Kieselerde bestehen- des Gerüste (es fehlt bei Tbalasskolla, Thalassolampe und Collozoon), welches bei vollständiger Ausbildung die Cenlralkap- sel ( s. Fig. 26 ) bis cur Mitte durchsetzt. In diesem Fall sind es mehrere von einem gemeinsamen Mittelpunkte ausstrahlende Stacheln, die wieder unter sich durch

concen irisch geordnetes

vielartig durchbrochenes Gilterwerk verbunden sein können ivergl. Fig. 26). Bei einigen waltet die organische Grundlage des Gerüstes vor (Acantbometriden) , und die Kieselerde tritt erst allmäh- lich an die Stelle der orga- nischen Substanz.

_. , Fig. 26. Stel<tridtiKtliolir< lArtitoni» nt<>rMaiiUii<»l.

Einzelne zerstreute, na- z„f C0Bp„,tri.cii »geoidiiete ,inrchi,*b.rt. schd» •i.d {(eiförmige, ausserhalb der « •'»•' buu« ivttbmt« i»ig*.uiti. im «u dritu Centralkapsel frei im Proto- tUkth" " ',"ci",0 lS"b E HteMW

plasma liegende Kieselstücke , bilden die ersten Andeutungen dieses festen Skelets bei den Colliden und Polvzotin. Bei einzelnen gehen sie, ohne fest verbunden zu sein , in eine radiäre Anordnung über. Durch Verbindung der radialen Stacheln in einer gleichen Entfernung durch tangential verlaufende Stabe entstehen kugelige, gitterformig durch- brochene Gerüste. Durch mehr unregelmässige zwischen den Radiar- slacheln liegende feinste Balkennetze kommen schwamm förmige Gerüste zu Stande. Scheiben- und korbfOrmige Skelete sowie endlich solche in spiraliger Anordnung erhüben den unendlichen Reichlhuni der Formen. So baut sich ein ausserordentlich complicirter Stützapparat auf, in wel- chem die weichen Körperlheile eingebettet sind, und für dessen einzelne Stücke das Protoplasma die Bildungsstätte abgibt.

§ 6fi Diesen inneren Stützapparaten der Rhizopoden gegentlher bilden die G?bäose der Infusorien eine besondere Reihe von Einrichtungen dadurch,

$8 II. 1. Protozoen.

dass sie nur Abscheidungen der Oberfläche des Leibes sind. Sie schliessen sich an die oben von den Arceilen erwähnten Gehäuse an. Die abschei- dende Matrix ist hier ein anatomisch bestimmter Theil des Körpers. Darin braucht jedoch keineswegs ein höherer Zustand gesehen zu werden, viel- mehr tritt in jenem Verhalten eine enge Verknüpfung mit dem niedersten Zustande, der Zellenmembranbildung, auf. Die Gehäusebildung der In- fusorien findet sich vorzüglich bei festsitzenden Formen. Sie besteht in der Abscheidung einer anfänglich weichen , allmählich erhärtenden Sub- stanz, die becher- oder urnenförmig den Thierkörper bis auf eine die Communication mit der Aussenwelt zulassende offene Stelle umgibt. Von der blossen Guticularbildung, die bei grösserer Festigkeit der differenzirten Schichte zur Panzerbildung hinleitet, unterscheiden sich diese Gehäuse durch ihre Ablösung von dem grösseren Theile ihrer Matrixfläche. Die Genese ist jedoch für beide Gebilde dieselbe. Sie liegt auch der bei den Infusorien weit verbreiteten Cystenbildung zu Grunde, jenem Prozesse, durch welchen der Organismus sich zeitweilig nach aussen völlig ab*- schliesst, und damit ungünstige Verhältnisse (Eintrocknen des Wassers u. s. w. ) überdauert. Die unbeweglichen Stiele der Epislylis und die äussere Schichte der contractilen Stiele von Vorticeilinen und Carchesinen müssen als solche cuticulare Differenzirungen gelten. Die Gehäuse sind bald weich , bald fester, membranös. Einige zeichnen Sich durch Auf- nahme von Fremdkörpern, verkittete Sandkörnchen etc. aus. Gehäuse besitzen die Gattungen Vaginicola, Tintinnus u. a. Bei Stentor kommen sie in einzelnen Fällen vor. Auch gitterförmig durchbrochene Schalen sind beobachtet (Dictyocyrta). Was die Panzerbildung betrifft, so gehl dieselbe aus der glashellen festen Guticula hervor bei Stylonychia , Eu- plotes, Aspidisca, Spirochona, Goleps u. a.

§67.

Organe zur Aufnahme und Veränderung der Nahrung fehlen den niedersten Organismen. Bei den parasitisch lebenden Gre- garinen geschieht die Nahrungsaufnahme durch endosmotische Vorgänge von Seiten der Oberfläche und geformte Nahrungstheile gelangen nicht ins Innere des Körpers. Bei peripherisch nicht differenzirtem Körper dagegen besteht eine directe Nahrungsaufnahme, die an jeder Körperstelle vor sich gehen kann. So verhalten sich die Rhizopoden. Die Nahrungsstoffe wer- den hier von der weichen Körpersubstanz umflossen, oder von den Fort- sätzen des Körpers, den Pseudopodien, umhüllt. Beiden Fällen liegt ein und dieselbe Erscheinung zu Grunde. Jede Stelle im Protoplasma kann durch Einschliessen und Ausziehen der Nahrungs- stoffe als verdauende Gavität fungiren und an jeder benach- barten Stelle der Oberfläche können die unverdauten Substanzen wieder entfernt werden. Auch bei Aclinosphärium wird geformte Nahrung ins Innere des Körpers aufgenommen, die Pseudopodien sind hier jedoch nur

NahrungMubahme. 89

mittelbar tbatig, indem sie die Beut« an den Körper heranziehen und sie an beliebiger Stelle in das auseinander weichende Parenchym der Rinden- schichle eintreten lassen (Fig. 27), von wo sie in die centrale Körpersubila nz ge- t 4 *

langt. Im Vergleiche mit Anderen besteht hier das Eigentümliche, dass der aufzu- nehmende Bissen nicht von ungefonntem Protoplasma der Pseudopodien umflossen wird, sondern «direet in differensirtere Leibestbeile tritt.

Die Infusorien zeigen bestimmtere Ein rieb tun gen. Die Art ihrer Nahrungs- aufnahme ist zweifach verschieden. In dem einen bei den auctoris (Acinetinen] Fig. it. gegebenen Falle fehlt eine Mundöffnung, *'•*•■ «m tm.™ i. «• «ick« c«ti-

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und die strahl igen die Hülle des Körpers .urs,Blinn„n wird, t n.tmn sirpir- durch setzen den Pseudopodien ähnlichen w»ckrm. d «im** Ib ktittna b«ana- Fortsatze (Fig. 30) wirken wie Saug- "*M N"ir"I*c«["i.ckirM"'d0P'>*t" rtlssel. Unter napfartiger Verbreiterung

ihres Endes legen sie sich an die in ihren Bereich geratbene Beule, die aus anderen Infusorien u. s. w. besieht, nnd lassen die Körpersubstanz der- selben wie durch eine Rohre in oontiouirHohem Strome in ihren Korper UberÜiessen, wo sie in Form von Tropfchen das Leibesparenchym erfüllt. Das Vorkommen ahnlicher Fortsätze bei den Embryonen anderer Infusorien lasst dieser Ernahrungsform eine grössere Ausdehnung beimessen. In der anderen Form wird eine höhere Stufe reprasenlirt; es besteben bei den Ciliaten nicht nur bestimmt organisirte Stellen zur Aufnahme, sondern auch bestimmte Stellen zur Ausscheidung des Unbrauchbaren. Ein Darm- rohr fehlt jedoch anch hier überall, und jene Di fferenzi rangen beschränken sich auf die Rindenscfaichte des Körpers, so dass jenseits derselben die Nabrungssloffe in weiches Parenchym, d. h. in den nicht differeniirten Protoplasma -Rest des Körpers gelangen, in welchem sie keine besonders umwandeten Wege mehr antreffen. Hier bilden sich für die Nabrungs- ballen temporäre Räume als verdauende Höhlen, deren häufig zu beob- achtendes Zusammen tflessen wahrend der Bewegung des Protoplasma ihre vorübergebende Existenz zu erkennen gibt. Es besteht also hier die Uebereinatimmung mit den Rhizopoden, dass ein Tbeil des Ern&brungs- apparates, nämlich die Stellen, an denen die Nahrang verdaut wird, der organoiogischen Differenzirung entbehrt.

Die mit einer Mundöffnung versehenen Ciliaten besitzen diese ent- weder in Form einer einfachen, oft nur wahrend der Aufnahme eines Bissens wahrnehmbaren Spalte, oder sie zeigt sich nicht unmittelbar an der Oberfläche des Körpers, sondern im Grunde einer sehr verschieden gestalteten, zuweilen auch die Auswurfsöffnung aufnehmenden Vertiefung (Vorhof), deren Umgebung (Peristomi, meist auch in der Form sich aus-

90

II« *. Protozoon.

zeichnet. Vom Munde aus erstreckt sich häufig ein röhrenartiger Abschnitt als Schlund (Fig. 286) ins Körperparenchym, und von da aus beschreibt

der aufgenommene Bissen seinen Weg inner- halb der weichen Substanz des letzteren.

Die Lage und Form der Mundöffnung ist ausserordentlich verschieden. In vielen Fallen ist sie nur während der Aufnahme von Nah- rung wahrnehmbar (z. B. bei Amphileptus, Loxophyllum) und verschwindet sofort nach dem Eintritte des Bissens im Parencbym. An dem röhrenförmigen Schlünde trifft sich zu- weilen ein Wimperbesatz (Paramaeciumaurelia und bursaria), eine undulirende Membran (Bur- saria flava), oder eine Auskleidung mit stab- förmigen Zähnchen oder feinen Längsleisten. Stäbchenauskleidung des Schlundes besitzen Porodon, Chilodon, Nassula etc. in einer fisch- reusenförmigen Anordnung. Eine gleich massige Verdickung der Schlundwand ist bei Ervilia und Liosiphon beobachtet. Von einer Auswurfsöffnung ist allgemeines Vorkommen noch keines- wegs ermittelt. Nur in wenigen Fällen stellt sie eine bleibend abgegrenzte Oeffnung vor, meistentheils ist «ie nur während des Hervortretens un- verdauter Nahrungsstoffe unterscheidbar. Diese »Afterstelle« findet sich in der Regel am hintern Körperende, doch im Ganzen vielfach wechselnd. Auch am vordem Körperende kann sie vorkommen, so liegt sie bei Stentor in der Nähe des Mundes und bei Vorticellinen und Ophrydien im Vorhofe. Im Ganzen genommen ist hier mehr die Localisirung einer Function als die Ausprägung eines Organs gegeben. An einer bestimmten Stelle treten die Auswurfstoffe durch die differenzirte Rindenschichte des Körpers, ohne dass diese Stellen besonders erkennbar wären.

Fig. 28. Schematische Darstel- lung der verdauenden Caritat bei Paramatcium. a mit weichem Protoplasma gefüllter Leibes- raum, in welchen die Nahrung aufgenommen wird, b Mund- öffnung, c After, d contractile ohlrftume. (Nach Imchmakh.)

§ 68.

Der äussersten Körperschichte kommt bei aflen Protozoon eine re- spiratorische Bedeutung zu, da nur durch sie der Gasumtausch mit dem umgebenden Medium vermittelt wird. Bei der durch die Pseudo- podien gegebenen Oberflächenvergrösserung des Körpers wird auch dieses Verhältniss mit in Betracht zu ziehen sein. Von Bedeutung für den Wasserwechsel sind die Wimperhaare der Infusorien.

Mit der bei vielea Protozoon bestehenden Wasseraufnahme ins Innere des Körpers treten bestimmtere, auf die Athmung beziehbare Einrich- tungen auf. Im Innern des Protoplasma erscheinen Hohlräume, die mit einem Fluidum sich füllen und, nachdem sie das Maximum ihrer Ausdeh- nung erreioht, sich unter allmählicher Contraction wieder völlig entleeren,

Contractile Blasen. 91

so dass sie in diesem Zustande verschwunden scheinen. Diese Vacuolen sind ähnlich wie in den Zellen gewisser Gewehe theils unbeständiger Art, hin und wieder auftretend und verschwindend, theils erscheinen sie als constante Gebilde. Mit ihrem beständigen Vorkommen verknüpft sich eine Ausbildung ihrer Function , und die Folge der Expansionen und Con- tractionen ist häufig, der Systole und Diastole eines Herzens ähnlich, eine regelmässige, rhythmische. Solche contractileBlasen finden sich bei Amöben (Difflugia und Arcella und in grosser Verbreitung bei den In- fusorien. Sie werden gleichfalls als Vacuolen bezeichnet. Das in den Blasen sich sammelnde Fluidum stammt aus dem Körperparenchym, und wird bei der Contraction der Blase entweder dahin zurückgetrieben oder nach aussen entleert. Letzteres ist durch die Wahrnehmung feiner nach aussen gehender Communicationen wahrscheinlich geworden, es ist aber dabei auch die Aufnahme von Wasser durch denselben Weg nicht ganz abzusprechen.

Bei den Infusorien liegen die Blasen in der Rindenschichte 'Fig. 28 d d) meist dicht unter der zarten Cuticula und zwar an constanten Stellen. # Ist nur Eine contractile Blase vorhanden , so liegt sie entweder vorn oder hinten; bestehen zwei, so findet sich je eine nahe an einem Körperende. Durch eine grosse Anzahl kleiner Blasen ist Trachelius ovum ausgezeich- net. Besondere Membranen sind weder an der Wand der Blase noch der davon ausgehenden Canäle unterscheidbar. Wie die Blase so sind auch die Canäle nur während des Zustandes der Füllung erkennbar. Die Con- tractionen der Blase und der Canäle zeigen sich im Wechselspiel. Bei Paramaecium erweitern sich die Canäle mit dem Beginne der Systole der Blase, und rücken mit der sich verkleinernden Blase zusammen, so dass sie, wenn letztere auf dem Höhepunkte der Systole verschwunden ist, eine sternförmige Figur bilden. Mit der Füllung der Blase erscheinen die Canäle an ihr wie kleine Ausbuchtungen, und erst bei der vollen Diastole tritt an ihnen wieder ein gleichweites Lumen auf. Die bei P. aurelia auf 8—10 beschränkte Zahl der Canäle erhebt sich bei Bursaria flava auf 30 und bei Cyrtostomum leucas steigt sie noch höber. Der Verlauf der Canäle ist hier wellig gebogen und gegen das Ende erscheinen sie ramificirt. Durch Zusammenfliessen einzelner mit Wasser gefüllter Räume auf län- geren Strecken bilden sich canalartige Züge, wie z. B. bei Stylonychia St. mytilus), die auf bestimmten Wegen gegen die contractile Blase vor- rücken und sich in sie entleeren. Daran schliessen sich die gleichfalls nur zeitweise aber doch auf grösseren Strecken sichtbaren Längscanalbildun- gen Spirostomum ambiguumj, so dass von dem ersten Auftreten eines anscheinend indifferenten Hohlraumes zu einem bestimmt gestalteten Systeme von Röhren eine continuirliche Reihe wahrzunehmen ist.

An die indifferenteren Vacuolenbüdüngen kann noch eine andere Einrichtung angeschlossen werden. Bei einer Vermehrung solcher im Protoplasma befindlichen Räume fliessen dieselben zusammen und lassen das Protoplasma in Gestalt eines Netzwerkes erscheinen , welches das

92

. Protozoen.

Innere des mit Flüssigkeit gefüllten Körpers durchsieht (Trachelius ovum; . Diese Hohlraumbildungen sind dann von den pulsirenden Vacuolen völlig verschiedene Einrichtungen geworden, die mit jenen sogar gleichzeitig bestehen können.

§ «••

Der niederen Organisaliousslufe entsprechend finden sich bei den Protozoen noch keine Geschlechtsorgane vor, ja für die geschlecht- liche DifTerenzirung selbst ergeben sich nur die ersten Spuren. Die Weisen der Fortpflanzung sind daher allgemein jene, die man ungeschlechtliche nennt, und unter denen Tbeiluug und Sprossenbildung eine Hauptrolle spielen. Bei allen Vermehrungsarien scheint dem Kerne eine grosse Be- deutung zuzukommen.

Bei den Bhizopoden ist die Bildung von Keimen (Sporen) im Innern des Organismus beobachtet. Indem ein bald grösserer bald geringerer Theil des Protoplasma des Körpers hiezu verwendet wird, knüpft im ersteren Fall diese Vermehrung an die bei Protisten sehr verbreitete Art des Zerfalls des ganzen Körpers in eine Summe von Keimen an, und geht damit in die Vermehrung durch Theilung Über. Bei den Badiolarien ist der Inhalt der Central kapsei an der Fortpflanzung betheiligt. Die dort befindlichen Kerne umhüllen sich mit Protoplasma, und bilden geissei - tragende SchwHrmsporen .

Am genauesten sind die FortpQanzungsverhaltnisse der GregariDen bekannt. In der Regel wird die Vermehrung durch die Concrescenz zweier Individuen eingeleitet, die meist sehr frühzeitig stattfindet, so dass die beiden, Einen Körper bildenden Individuen, deren eines mit seinem Vorderende dem Hinlerende des anderen angefügt ist (vergl, Fig. 29), noch längere Zeit hindurch wachsen, oder die Verbindung erfolgt erst später an bereits ausgebildeten Formen. Darauf erfolgt ein von Encystirung begleiteter Ruhestand, wobei beide Individuen einen rund- lichen mit einer Scheidewand versebenen Kör- per vorstellen. Nachdem dieses Septum ge- schwunden, löst sieb die Korpersubstanz, auch Fig. is. s. i z-ai t,.njii(f[rte in- der Kern , in eine formlose Masse auf, aus der ^""ridil" a«« k««8*"™* alimllhHch »abl reiche Bläschen hervorgehen. In jedem der letzteren bildet sich eine Anzahl von Keimkörnern, wegen ihrer Gestall als »Pseudonavicellen« bezeichne!. Diese füllen allmählich die ganze Cyste, und jeder der kleinen Körper lasst einen nur aus Protoplasma bestehenden kleinsten Organismus ent- stehen, der noch ohne Nucleus einer Cylode entspricht.

Ko r l y D a n z u ng s o rga a c .

93

Jedes dieser sich ainöbenartig bewegenden Gebilde difierenzirt sich allmählich zu einer jungen Gregarine , nachdem sich im Innern ein Kern gesondert, und Busserlich eine Rindenschichte abgegrenzt hat.

Obgleich die Conjugalion für die Einleitung der erwähnten Vorgange noch keine exclusive Bedeutung besitzt, da auch einzelne Gregarinen jenen Fortpflanaungsprocess in derselben Weise eingehen können , so wird sie doch nichts weniger als gleichgültig sein. Sie deutet wenigstens für die Fälle, wo sie besteht, die Notwendigkeit zweier Individuen an , welche für die Fortpflanzung die Voraussetzung bilden. Damit wird sie zu einer vorbereitenden Erscheinung für die geschlechtliche Diüerenxirung.

§ 70- Auch in den FortpflanzungsverhaltniBsen der Infusorien kommt der Conjugatiori eine Rolle zu, da sie die Vermehrung einleitet. Hiebei ist der Kern (Nucleus) von besonderer Wichtigkeit. Er Fig. 30 R) ist ein festeres, zuweilen eine besondere Hülle besitzendes Gebilde von sehr verschiedener Gestalt, und liegt in der Bindensubstanz des Körpers.. oder ist, wenn tiefer ins Innere ge- bettet, doch von einer Ausbreitung dieser Substanz umgeben. Er ist bald oval oder rund, oder erscheint bandförmig gebogen (Vorticellinen) oder auch sehr lang gestreckt mit re- gelmassigen Einschnürungen Spiro- slomumj. Kinder genau bestimmt ist die Bedeutung des sogenannten Nucleolus, der vom Nucleus ansehe! . neud nur durch geringere Grosse verschieden ist. Der FortpQanzungs- act wird in der Regel eingeleitet durch völlige oder theilweise Ver- Schmelzung zweier Individuen, die jMf„ (l d„ ,„,„„„„ Bimmm. u«,«d. bald von gleicher, bald von versebie-

denerGrOsse sind und dadurch zur Verwechselung mit Theiluugszustanden odermit Knospenbildung Anlass gaben. Diese Concrescenz gibt die Anregung iu Veränderungen der bezüglichen Theile. Am Nucleus geht eine Tbeilung vorsieh, welche denselben in eine bald grossere bald geringere Zahl von Stücken zerlegt, um die Protoplasma sich lagert. So bildet sieh eine An- zahl sogenannter Keimkugeln oder Sporen, die meist noch innerhalb der Mutter zu jungen Individuen werden , und mit einem Wimperkleide ver- sehen nach aussen gelangen.

t P leudop «II »nllmli

94 H. i. Protozoon. Fortpflanzungsorgane.

In wiefern der Nucleolus an diesem Processe betheiligt ist, liegt noch nicht ausser aller Frage, und wenn bei einem Theile der Giliaten jenem Gebilde die Rolle eines samenerzeugenden Organes zugetheilt ward , wo- gegen der Nucleus die Bedeutung eines Ovarium trüge, so bedürfen diese Angaben doch noch sehr der Bestätigung. Jedenfalls ist diese Differen- zirung eines männlichen Apparates keine allgemeine Erscheinung , son- dern ist nur auf einen engeren Kreis beschränkt. Wir treffen also nur den Nucleus in sicherer Function beim Geschäfte der Fortpflanzung thätig, und zwar in ganz ähnlicher Weise , wie es oben bei der Sporenbildung erwähnt ward, auch bei der Sprossung, wo wenigstens in vielen Fällen der Kern des Sprösslings durch eine vom Kerne der Mutter eingeleitete Sprossung entstanden beobachtet ist (Podophrya). Endlich besteht auch die Vermehrung1 durch Theilung in grosser Verbreitung , wenn auch mit diesem Process früher häu6g die Conjugation zusammengeworfen ward.

Zweiter Abschnitt.

Cölenteraten (Zoophyta).

«

Allgemeine üebersicht-

§ 7*.

Mit dieser Abtheilung beginnen die als Melazoön und damit zweifel- los als Tbiere zu bestimmenden Organismen. Die Anlage des Körpers lässt zwei Zellschicbten Ectoderm und Entoderm unterscheiden, welche bei manchen Spongien die einzigen bleiben, indess es bei manchen zu einer Mesodermbildung kommt. Diese ist bei den niederen Acalepben noch nicht vollendet, insofern das Mesoderm hier noch kein selbständiges Gewebe vorstellt, dagegen ist es bei allen höheren Acalephen entfaltet. Der wesentlichste Charakter der in dieser Abtheilung vereinigten Thiere be- steht in dem Verhalten des Ernahrungsapparates, einem in das Körper- parenchym eingesenkten Hohlraum, der sich entweder canalartig ver- teilt, oder in weitere Räume übergeht. Diese verdauende Cavittft mit ihren Nebenräumen vom Entoderm ausgekleidet, repräsentirt in den niederen Formen die einzige Hohlraumbildung im Körper. Wo mehrere Individuen zu Colonien Thierstöcken vereinigt sind, ist das von der verdauenden Cavität ausgehende Canalsystem für alle gemeinsam, und setzt sich in die gemeinschaftliche Substanz des TbierstockeS das Cönenchym fort. .Am Körper ist entweder nur die Hauptaxe unter- scheidbar, und Nebenaxen sind noch indifferent, oder es bestehen Neben- axen die unter sich gleich werthig erscheinen.

I. Spongiae«

Gastraeades1).

Hallphysema, Gastrophysema.

Porifera.

Myxospongiae. Haliaarca.

M Die Gastraeaden reprttsentiren bei den übrigen Spongien nur vorübergehend erscheinende Zast&nde.

96

II. 2. Cölenteraten (Zoophyten)

Fi brospongiae. ' Ceraspongiae.

Euspongia, Spongelia, Poterium. Halicho ndriae. Axinella, Spongilla. Gorticata.

Thetya. Hya lospongiae. Enplectella.

Calcispongiae.

Ascon, Leucon, Sycon. n. Acalephae.

1. Hydromedusae.

Hydriformes.

Hydra ; Cordylophora ; Hydractinia; Coryne, Syn- coryne, Eudendrium ; Tubu- laria, Corymorpha ; Campa- nularia, Sertularia, Plumularia. % S iphonophora.

Velella, Porpita ; Diphyes, Abyla ; Athorybia, Agalma, Physo- phora, Physalia.

2. Calycozoa.

Lucernaria.

3. Thecomedusa e.

Stepbanoscyphus.

4. Medusae (Discophora).

Cbarybdea, Pelagia, Aurelia, Rhizoctonia, Cassiopeia.

5. Anthozoa. Tetractinia.

Cereanthus, Cyathophyllum. Hexactinia.

Antipathes, Fungia, Madrepora, Astraea, Oculina, Caryophyllia. Octactinia ( Alcyonaria).

Alcyoniam, Pennatula, Virgularia, Veretillum, Renilla, Gorgonia, Isis,

Corallium. Tubipora.

6. Gtenophora.

Berofe, Cydippe, Cestum, Eurhamphaea, Mnemia, Eucbaris.

Medusi forme s.

'Sarsia, Bougainvillea , Lizzia, Oceania ; Eucope, Thauman- tias ; Trachynema ; Aegina, Cunina ; Liriope, Geryonia , Aequorea.

Literatur.

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Körperforni.

§ 72.

Die Körperform der Cölenteraten bietet nur in den niedersten Zu- ständen der dieselben zusammensetzenden beiden grossen Abtbeilungen übereinstimmende Verhältnisse dar, in jenem Stadium nämlich, welches oben (S. 37) nach der Bildung der Darmhöhle als »Gastrulau bezeichnet ward. Diese Form repräsentirt einen Larvenzustand, bei dem ein Wim- perkleid als Bewegungsapparat fungirt, und der wohl als gemeinsame Grundform der beiden Hauptabtheilungen der Zoophyten wird gelten dürfen. Für diese Form ist nur eine Axe, die Hauptaxe unterscheidbar, welche vom oralen zürn aboralen Pole sich erstreckt. Nebenaxen sind indifferent, da alle senkrecht durch die Hauptaxe gezogen in beliebigen Winkeln sich kreuzenden Queraxen einander völlig gleich werthig sind. Dieser Zustand erhält sich bei den Spongien und geht bei den Acalephen in einen durch Differenzirung von Queraxen charakterisirten Befund über.

Unter den Spongien erlangt die Gastrula mit der am aboralen Pole erfolgenden Anheftung ihre definitiven Verhältnisse in der einfachsten Form bei den Physemarien. sowie als Olynthus unter den Asconen. Auch bei anderen Kalkschwämmen finden sich jene einfacheren Körperformen noch vor, wenn auch in den inneren Verhältnissen bedeutendere Um- gestaltungen Platz griffen.

Die mächtigsten Veränderungen der Körperforni gehen aus der Stock- bildung hervor. Durch Sprossung oder auch durch unvollständige Thei- lung entstehen die mannichfaltigsten Golonien (Cormi;, deren Einzelthiere (Personen) auf die verschiedenste Weise unter einander verbunden sind, und ebenso verschiedenartig wieder theilweise oder vollständig mit ein- ander verschmelzen können. Im letzteren Falle gewinnen solche Stöcke nicht selten den Anschein von Einzelthieren, und in dem Maasse als die äussere Form sich vereinfacht, wird die innere Organisation complicirt. Von nicht' geringerem Einflüsse auf die äussere Gestaltung als diese Con- crescenz ist die Umbildung der Mundöffnungen der Colonie, die gruppen- weise oder auch sämmtlich sich vereinigen können, oder auch vollständig verschwinden.

Der grosse, durch diese nur in der Kürze angedeuteten Verhältnisse bedingte Formen reich thum dieser Abtheilung empfängt noch neue Mo- mente der Modification in zahlreichen Anpassungen topischer Natur, und nirgends im Thierreiche erscheint die Körperform in so vollem Flusse als bei den Spongien, so dass selbst die Unterscheidung der grösseren Ab- theilungen, geschweige denn die der Arten von daher unmöglich wird.

Körperform. 99

§ 73.

Für die Acalephen bildet der aus der Gastraeaform hervorgehende Körper in fast allen Abtbeilungen einen festsitzenden Zustand aus , mit dessen Beginn die entstehende Magenhöhle den Organismus in wesentlich demselben einfachen Verhalten erscheinen lässt wie wir ihn bei dem ent- sprechenden Stadium der Spongien antrafen. An dem die Magenhöhle bergenden Vordertheile des Leibes entstehen Fortsatze/ Tentakel, welche die erste Andeutung einer Di fferenzirung von Nebenaxen darbieten, und damit leitet sich die schärfere Sonderung von den Spongien ein.

Unter den Hydromedusen bilden die Hydrorden, oder HydroTd- polypen (Hydriformesi y die niedrigste Stufe. Bei vielen stehen die Ten- takel unregelmässig an dem den Magen umschliessenden Körpertheile (Coryne, Syncoryne, Cordylophora), oder die Tentakelzahl ist eine unbe- stimmte selbst wenn diese Gebilde nur auf bestimmte Zonen des Leibes beschränkt sind, und am vorderen Körpertheil die Mundöffnung im Kranze umgeben Hydractinia, Eudendrium, Campanularia) . Die wechselnde Zahl der Tentakel verbietet auch hier noch die Annahme bestimmt diffe- renzirter Nebenaxen. Nur bei einzelnen sind sie in der Tentakelstellung bestimmter ausgesprochen (Stauridiumj.

Durch die Ausdehnung des aboralen Körperendes in einen stielartig den tentakelbesetzten freien Körpertheil tragenden Abschnitt , erscheint der letztere in grösserer Selbständigkeit von dem übrigen einen Stiel vorstellenden Körper, und wird als »Köpfchen« oder als »Hydranlh« unter- schieden.

Durch Spr os s ung entstehen aus dem Einzelthiere Thierslöcke (Cor- tni] . Die Sprossung kann entweder an jedem Theile der Körperoberfläche erfolgen (Hydra) und mit Ablösung des Sprösslings endigen, oder sie findet nur an dem stielartigen Körpertheile statt. Bilden sich von dessen Basal- theil her Ausläufer, welche festgeheftet von Stelle zu Stelle neue Thiere emportreten lassen, so gehen daraus die kriechenden Cormi der Syn- corynen, Hydractinien u. s. w. hervor. Geht die Sprossung vom freien Theile des Stieles aus, so werden frei verzweigte Stöcke gebildet, welche in den mannicbfaltigsten Complicationen auftreten (Eudendrium, Cam- panularia j und sogar eine regelmässige Art der Verzweigung eingehen (Serlularia, Plumularia).

Die Stockbildung ist fest beständig von der Bildung eines röhrenför- migen Gehäuses begleitet, welches als eine Abscheidung der Körperober- fläche dem gemeinsamen Stamme sowohl , wie dessen Verzweigungen als Stutze dient, und in verschiedenem Grade auch auf die Personen des Stockes fortgesetzt ist.

§ 74.

Der Sprossungsprocess der HydroYdpolypen liefert ausser der Ver- grösserung des Stockes durch neugebildete gleichartige Individuen (Per-

100 II. !- Cölentereten (Zoophylen).

sonen) noch Bildungen andrer Art , deren differeniiriesle Formen sieb tu Medusen entwickeln.

Der Körper dieser Sprösslinge ist glocken- oder scheibenförmig ge- staltet (Fig. 32, m.) und lässl sowohl in seiner inneren Organisation wie durch die am Rande der Glocke oder Scheibe entspringenden Tentakel neben der lleuptaxe meist «wei sfoh rechtwinkelig kreuzende Nebenaxen unterscheiden, die sich völlig gleich wertb ig sind. In dieser Organisation spricht sich eine höhere Stufe aus, als in jener der Hydrotäpolypen zur Entfal- lung gelangte. Die Thiere bewegen sich durch Contraclionen der Glocke, deren Band sich in eine gleichfalls contractile Membran, dasVelum, fortsetzt. Diese Hedusengemmen sind stets die Trager derFortpflanzungsorgane, aus ihren Eiern entstehen wieder H; droldpol ypen . (Gene- rationswechsel!)

Wahrend die einen Sprossung frei- werdender Medusen (Fig. 31, a e; Fig. 32, « e) auszeichnet, kommt es bei anderen HydroYdpolypen nur zur Anlage einer Medusengemme , deren Organisa- tion niebt ganz jene hohe, das Freiwer- den bedingende Stufe erreicht, und dem- gemäss mit dem Stocke verbunden bleibt. Die gesetzliche Entwickelung bleibt jedoch auch hier nicht aus, und diese rudimentären Medusen stellen "Geschlecbtsknospeno (Gonophoren) vor, deren Producta sich in ihnen in denselben Beziehungen wie jene der freien Medusen entwickeln.

Daran schliessen sich noch einfachere Knospenformen an, die sich endlich bis zu solchen verfolgen lassen, deren Bau kaum etwas mit einer Meduse gemein hat. Die bis hieher führende Reihe ist durch zahlreiche Vermittlungsformen vollständig, so dass äussere, Mos Geschlechtsproducte enthaltende Knospen, und relativ hoch organisirte Medusen, die erst lungere Zeit nach der Ablösung vom H ydrordenstocke sich sexuell ent- wickeln, als zusammengehörige Formen, Endpunkte einer Reihe, gelten müssen.

Diese Erscheinung wird durch die Annahme einer Arbeitsteilung erklart, bei der die Function der Ernährung des Stockes den sessil blei- benden Individuen zufallt, indess andere sich ablösende die Besorgung der sexuellen Vermehrung übernehmen. Die als freiwerdende Knospen auftretenden erlangen eine höhere Organisation, die wohl aus der niede- ren, ursprünglich mit den sessil bleibenden Übereinstimmenden allmählich sich hervorbildete. Die Ablösung vom Stocke dürfte demnach für jene sexuellen Individuen als das erste, ihre Drfferenzirung in der medusolden Richtung bedingende Moment gellen, gleichwie das Sitzenbleiben der me-

KOrperform. ]Q]

dnwTdea Gemmen in den andern Fallen von einer Rückbildung jener medusoJden Organisation begleitet ist. Wenn aber diese Organisation, wie wir oben annahmen , durch ein ursprüngliches Freiwerden erlangt ward, so wurden die medusoTdeo Gemmen nicht etwa als in der Ausbil- dung stehen gebliebene, sondern vielmehr in der Rückbildung begriffene Medusengemmen zu beurtheilen sein. Eine sichere Entscheidung darüber ist deshalb nicht möglich, weil die einzelneu Stadien der Rückbildung mit denen der Ausbildung völlig ähnlich sein können, uud regressive Meta- morphosen nicht direci beobachtet sind.

Die Sprossung der Generaltons- Individuen , als welche die medusi- formen Gemmen mit ihren Modincatiooen zu betrachten sind, findet sich an verschiedenen Loyalitäten. Da die Stockbildung ein seeundarer Vorgang ist, wird die Sprossung am Leibe des Einzeltbiers die ur- sprüngliche sein. Daselbst trifft sie sieb auch in allen Abtbeilun- gen der Hydroldpolypen. Leber den Kopf zerstreute Gemmen bie- ten die Coryneen stocke. Häufig sitzen die Knospen zwischen den Tentakeln. Nach innen vom Ten- takelkranze finden sie sich bei Penuaria. An derselben Stelle bei den Tubularien, wo sie immer zu mehreren auf gemeinsamem Stiele sitzen, zuweilen ansehnliche, (rau- ben- oder ab ren form ige Gruppen bildend. Die Knoapung am Hy- droldenkbTper ist in vielen Fallen von einer Ruckbildung des letzte- ren begleitet. So bei manchen Campanularien, Hydractinien u. a. Das proliferirende Individuum gibt seine Beiheiligung an der Ernäh- rung des Stockes auf, was sich in einer Verkümmerung der Tentakel wie der Magenhohle äussert. Der T hierstock wird dadurch aus nutri torischen und proliferirendcn Personen zusammengesetzt, von denen letztere wieder die Gemmen als Geschlechls- Personen tragen. So entsteht an diesen Stöcken ein Dimorphismus der Personen, welcher dadurch in einen Polymorphismus übergeht, dass bei manchen (Hydractinien) eine Anzahl der nutrilorischen Personen noch weitere Veränderungen erfahrt.

Die proliferirenden Personen eines Stockes lassen verschiedene Grade

p, p* p DDtritoriji

102 H. 2. Cölenteraten (Zoophyten).

ihrer Rückbildung wahrnehmen. Im äussersten Falle bleibt nach Ent- wicklung der Gemmen nur noch ein Rest des sie tragenden Individuums übrig ( manche Campanularien ) . Die vollständige Rückbildung der pro- liferirenden Person lässt die Gemmen ohne eine Beziehung zu einer Hy- dro idenperson von irgend einem Theile des gemeinsamen Stockes ent- springen.

In den höheren Abtheilungen der Medusiformen sind die Beziehungen zu HydroYden aufgegeben. Wenn auch die Fortpflanzung manche be- deutende Gomplicationen zeigt (s. unten Geschlechtsorgane), so ist doch, soweit bis jetzt bekannt, eine Rückkehr zur Hydroldenform für die Trachy- nemiden, Aeginiden, wie Geryoniden ausgeschlossen und es bleibt sogar zweifelhaft ob eine solche Beziehung bestand.

§ 75.

Die bei den Hydro'idpolypen wesentlich auf die nutritorische und ge- nerative Function beschränkte Arbeitsteilung der zu einem Thierstocke vereinigten Personen ist bei den Siphonophoren auf eine grössere Reihe' von Verrichtungen ausgedehnt , und hat demgemäss eine bedeuten- dere Mannichfaltigkeit der Gestaltung der Bestandtheile des Thierstocks zur Folge. Die Arbeitsteilung bedingt so einen Polymorphismus der Personen. Diese folgen sämmtlich dem medusiformen Typus, der wieder in verschiedenem Maasse entfaltet ist. In den Fallen seiner deutlichen Ausbildung waltet die bei den Medusengemmen der Hydroldpolypen herr- schende Grundform vor, woraus sich eine gemeinsame Abstammung, beider Abtheilungen ableitet. Die Siphonophoren erscheinen so als schwimmende Hvdrol'denstöcke , deren Personen sämmtlich die bei den Hydrol'dpolypen nur von den generativen Personen vollzogene Umwand- lung in die Medusenform eingingen. Die einzelnen Personen des Sipho- nophorenstockes sprossen an einem gemeinschaftlichen contractilen Stamme, der bei den meisten die Axe des Stockes vorstellt, um welche die als Organe für den Gesammtstock fungirenden Personen angeordnet erscheinen. Diese sind :

\. Locomotorische Personen (Schwimmglocken), welche am Vollständigsten den Medusentypus zeigen, zu zweien (Diphyiden) oder in grösserer Anzahl zu einer Schwimmsäule vereinigt (Physophoriden) das eine Ende des Stammes besetzend (Fig. 33 A. C. m. D. ), welches da- durch bei der Locomotion vorangeht und zum vorderen wird.

2. Nutritorische Personen finden sich am zweiten Abschnitte des Stammes in Gestalt von Magenröhren (Magen, Saugröhren) angebracht [B. C. n) . Ein Theil von ihnen gelangt in einzelnen Fällen nicht zur Aus- bildung, und stellt dann terminal geschlossene als »Taster« fungirende Schläuche vor.

3. Protective Personen (Deckstücke) lassen häufig noch den Medusentypus deutlich , in andern Fällen sehr wenig deutlich wahr-

Korp urform.

1*13

nehmen, und erscheinen als hyaline, blattförmig gestaltete Stucke, unter

deren Schuli die sub S. und i. 5. aufgeführten Personen angebracht sind.

i. Tentakulare Personen bilden einfache oder in verzweigten

Büscheln angeordnete, bedeutend verlangerbare Faden (Senkfaden :,

ri|. 58. Eiilg« BiifcoBOtWanittcW. (•bilden loia Storni» daritllto IMpig, tWC* df re* ItWn. S W.tbliehe OhcMk lV LlftblM-. Sck*iB«KBtk(. I H( CuUa In der Wud dar Sckwlnaitt

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welche terminal mit eigenthtinilichen Nesselorganen ( Nessel batterieen J ausgestaltet sind. Die ursprüngliche Medusenform ist nur bei wenigen dieser Gebilde in Spuren erkennbar.

5. Generative Personen bieten wie bei den HydroYdpolypen mannich faltige Ausbildungszustande. Obschon sie nur in seltenen Fällen

104 H. 2. Cölenteraten (Zoophyten;.

zu freiwerdenden Medusen sich umgestalten (Velella Chrysomitra) , so ist doch der medusiforme Typus an ihnen sehr allgemein ausgeprägt. Meist sind sie, ähnlich wie bei den Tubularien, in traubenförmiger Grup- pirung zu treffen.

Die Anordnung dieser sehr divergent differenzirten Personen des Siphonophoren Stockes wechselt in den einzelnen Abtheilungen, sowie auch die locomotorischen wie die protectiven Personen manchen Gattungen fehlen. Im Allgemeinen ist in der Anordnung und Vertheilung der poly- morphen Personen des Stockes innerhalb der Gattungen und Arten eine grosse Constanz zu beobachten; die Sprossung vom Stocke geht nur an einer Seite derselben vor sich, die allseitige Gruppirung um den Stock er- folgt durch spiralige Drehung des letzteren. Daraus resultirt die zwei- oder mehrzeilige Anordnung der Schwimmglocken, sowie auch die Grup- pirung der übrigen Gebilde. Nutritorische , generative und tentakujäre Individuen sind meist in Gruppen beisammen, so dass einer Gruppe der- selben je eine protective Person in Gestalt eines DeckstUckes zukommt. Während bei den meisten Physophoriden diese Gruppen sehr dicht stehen, finden sie sich bei den Diphyiden in grösseren Distanzen angebracht (Fig. 33. A. B.), jede Gruppe aus einer bestimmten Personenzahl zusam- mengesetzt , die bei manchen vom Stocke, sich ablösend, als Eudoxien bekannt, eine individuelle Bedeutung erlangen können.

Das durch die locomotorischen Personen ausgezeichnete Vorderende des Stammes empfängt in manchen Abtheilungen eine selbständige Aus- bildung durch die Entwickelung eines luft führenden Sackes. Dieser fungirt als ein hydrostatischer Apparat , und lässt das Vorderende während der Ruhe des Stockes stets aufwärts gerichtet erscheinen ( Phy- sophoriden) (C a) . Er besitzt eine verschliessbare Oeffnung nach aussen, durch die ein Entweichen der Luft beobachtet ist. Die bedeutendere Aus- bildung dieser bei den meisten Physophoriden ziemlich kleinen Blase scheint eine Rückbildung der locomotorischen Gemmen des Stockes zu bedingen und ergibt sich damit als eine Art von compensatorischer Ein- richtung, durch die jedoch das Maass der Freiheit der activen Bewegung des Stockes eine Beschränkung erfährt. An die Stelle der Schwimm- bewegung tritt ein Treiben im Wasser. Die locomotorischen Personen fehlen z. B. bei Rhizopbysa, bei der der Luftsack vergrössert ist. Durch eine ansehnliche Ausdehnung zu einem weiten Räume nimmt der Luft- sack den grössten Tbeil des Stammes ein, und bildet den voluminösesten Theil der Colonie, deren Einzelstücke als einer Seite der Blase ansitzende Anhänge sich darstellen. Dieses bei den Physalien ausgebildete Verhalten wird von einer Verkürzung des Stammes begleitet. Ein anderer Zustand ist bei den Velelliden gegeben, deren Luftsack zum stark verkürzten Stamme eine terminale Lage einnimmt, und sich unter flächenhafter Aus- dehnung zu einer Scheibe verbreitert, deren knorpelartige, derbe Wan- dungen durch Scheidewandbildung den Binnenraum in zahlreiche Kam- mern theilen. Im ersten Bildungszustande stellt der Luftbehalter auch

Körperform.

105

hier einen einfachen Sack vor. Bei Porpita bleibt die Scheibe platt kreis- förmig, bei Velella erhebt sie sich in einen schräg gestellten dünnen Kamm, in welchen die Lufträume der Platte sich nicht fortsetzen. Die concentrisch gelagerten Kammerräume des Luftbehälters stehen bei Velella unter sich durch Oeffoungen in Verbindung. Nach aussen communiciren sie durch eine Anzahl an der Oberfläche gelagerter Locher. Bei Porpita gehen von der untern Fläche des Luftbehälters noch feine luftführende Canäle ab, welche verästelt in den die Ernährungsindividuen tragenden Theil des Stammes eindringen.

§ 76.

An die Hydroiformes schliessen sich die Thecomedusen an, polypen- fcrxnige mit Gehäusen versehene Cölenteraten , deren Organisation je* doch jener der Medusen entspricht. Sie vermitteln einen Uebergang zu diesen, indem sie Formen repräsentiren , welche den Larven der Discophoren nahe stehen. Diese Larven- form ( Scyphostoma ) er- scheint auf einer höhern Organisationsstufe als die Mehrzahl der HydroYdpoly-. pen, und bietet rur mit einigen derselben (Cory-

morpha) Anknüpfungs- punkte. Sie entwickelt sich ebenso wie bei den HydroYd- polypen aus einer erst freien dann sich festsetzenden Pia- Fig.M. JigenfeutMt ?o* AMnUoawnta. 1 piutufora,

DUla fFifi. 34. 4 2) Die 8ich fe8theft*nd- 3 Uebergang in die Pelypenfonn. 4B*> r ,- ^* \ ' ' * ginn der XeUmerenbildnng. 5 Fortgesetite Ketamerenblldung

Urundlorm des Korpers (ßtrobiU) und DUhrensiraf derielbe». (Nton M. Sam.)

stimmt jedoch nicht Mos mit

manchen HydroYdpolypen , sondern auch mit dem Medusenzustande der- selben darin überein, dass zwei gleichwerthige Nebenaxen die Hauptaxe kreuzen. Die Organe sind in der Vierzahl angeordnet, lassen somit vier Antimeren am Körper unterscheiden. Aus dieser Polypenform entstehen die Medusen wiederum durch Sprossung , die aber nicht wie bei den HydroYden eine laterale, sondern eine terminale ist. Der den Mund tragende Endabschnilt der Scyphostoma beginnt allmählich vom übrigen Körper sich abzuschnüren (Fig. 34. 4.). Indem der Körper dabei fort* wächst, werden gegen den aboralen Pol zu immer neue Abschnitte meta- merenartig gesondert (Strobila Fig. 34. 5.), die sämmtlich medusenäbn- lich sich ausbilden. Der Polypenleib wird dadurch in eine oft bedeutende

106 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten).

Anzahl von Medusen zerlegt, die allmählich sich ablösen (Ephyraform), und frei geworden eine weitere Ausbildung eingehen.

Dieser für Cephaea , Aurelia und Cassiopeia bekannte Vorgang fehlt bei Pelagia, deren Eier sich in schwimmende Larven verwandeln, die ohne ein polypenförmiges Stadium zu jungen Medusen werden. Die Onto- genie der Pelagia ist also auf wenige Stadien zusammengezogen, wahrend sie bei den andern , über eine grössere Formenreihe ausgedehnt , mehr einer Wiederholung der paläontologischen Entwickelung entspricht. Für diese wird der polypenförmige festsitzende Zustand als Ausgangspunkt gelten müssen, woran sich zunächst die allmähliche Umwandlung des Polypen in eine freiwerdende Meduse anschloss. Die Strobilation des Scyphostoma und die daraus hervorgehende Genese einer Anzahl von Medusen erscheint unter jener Voraussetzung als ein secundärer Vorgang, der erst allmählich , nachdem nicht mehr der ganze Polypenkörper in die Meduse sich umwandelte, zur Ausbildung kam. Aus dem beim Ueber- gange des Polypen in die Strobila stattfindenden Wachsthume letzterer Form ist ersichtlich, dass den Ernährungsverhältnissen des Scyphostoma- zustandes für die Entstehung der Strobilaform , d. h. für die Sprossung der Medusen, eine wichtige Rolle zukommen muss, so dass die Entstehung der ganzen Erscheinung mit der Ernährung des Scyphostoma in causalem Zusammenhang steht. Durch die Sprossung von Ephyren , d. h. jungen Discophoren vom Leibe der Strobila, wird eine ungeschlechtliche Vermeh- rung in den Entwickelungsgang der Medusen eingeschaltet , woraus eine Form des sogenannten Generationswechsels sich ableitet.

Durch die Scyphostomaform besitzen die Medusen nähere Beziehun- gen zu den Calycozoön , die von jener ableitbar erscheinen. Der mit einem kurzen Stiele festsitzende Körper ist schirmartig verbreitert und kommt im Verhalten seiner Axen mit den Scyphostomen und deren Ab- kömmlingen überein. In manchen Beziehungen bietet er auch eine Ver- wandtschaft mit den Anthozoön. Dadurch erscheint in den Calvcozofn eine sehr wichtige Zwischenform , die aus der für mehrere grosse Abthei- lungen der Acalephen gemeinsamen Stammform mit relativ wenigen Mo- dificationen sich fortgesetzt hat.

§ 77.

Für die Anthozoen ist die primitive Körperform mit jener anderer Cölenteraten in vollkommener Uebereinstimmung, und auch die ersten Zustände der sich festsetzenden Pia nula; bieten keine wesentlichen Diffe- renzen. Das Erscheinen ,von Tentakeln und die später folgende innere Differenzirung lässt manche Verschiedenheiten auftreten, zunächst in der Grundzahl der Nebenaxen des Körpers. Bei einigen treten nur 4 Tentakel auf (Tetractinia) , bei anderen 6 (Hexactinia) und endlich bei noch an- dern 8 (Oclactinia) . In den beiden ersten Abtheilungen bleibt es nicht bei dieser Zahl, vielmehr erscheint alsbald eine Vermehrung der Tentakel,

Körperform. ]Q7

der eine entsprechende Veränderung der inneren Organisation parallel geht. Damit wird am Organismus eine grössere Zahl von Queraxen unter- scheidbar, deren Grundzahl in den meisten Fallen die zuerst erschie- nene Zahl ist. Bei den Octactinien dagegen persistiren die ersten vier Queraxen.

Der meist cylindrische Korper des jungen Thieres behält diese Form nur in wenigen Abtheilungen Cereanthus, Actinia etc.). Bei den übrigen kommt es zu einer Stockbildung, welche für die Süssere Erscheinung die grösste Mannichfaltigkeit der Formen bedingt. Die Stöcke Polyparien) entstehen entweder durch unvollständige Theilung oder durch Knospen- bildung, beide zuweilen combinirt.

Die Theilung 'Längstheilung) erweist sich in der Stackbildung bis zu sehr verschiedenen Stufen ausgeführt. In manchen Fallen ist sie nur durch ein Auswachsen in die Quere angedeutet , und es kommt zu gar keiner Scheidung des Organismus, z. B. bei manchen Fungien. Andere bieten die Theilung nur an der oralen Körperoberflache, indess im Innern ein continuirliches Verhalten fortbesteht. Durch die Fortsetzung dieses Vorganges entstehen Stöcke mit zahlreichen Mundöffnungen, die in man- nichfach gewundenen , am Rande mit Tentakeln besetzten Reihen ange- ordnet sind (MaeandrinaK Wahrend auf diese Weise mehr flache oder rasenartig ausgebreitete Stöcke entstehen , treten durch die Combination der Theilung mit einem bedeutenden Längewachsthum der Personen ver- ästelte Stöcke auf, die nicht blos verschiedene Ausdehnung, sondern auch sehr mannichfache Formen der Verzweigung gewinnen können. In ahn- licher Weise liefert die Sprossung complicirte Stockbildungen. Auf bei- derlei Art entsteht eine dem gesammten Stocke zugehörige, allen Personen gemeinsame Körperparthie (Goenosark, Coenenchym). Von dieser ent- wickelt sich der basale Abschnitt bei den nicht festsitzenden, sondern nur lose im Schlamm oder Sande steckenden Stöcken der Octactinien zu einem der Sprossung entbehrenden stielähnlich geformten Theile des Stockes (Pennatuliden) .

§ 78.

In der von den übrigen Acalephen am meisten abweichenden Abthei- lung der Ctenophoren bildet sich aus der mit den anderen im wesent- lichen übereinstimmenden Larve alsbald die definitive Leibesform aus. An dieser sind vier senkrecht auf die Hauptaxe gerichtete Nebenaxen unterscheidbar, nach denen die wichtigsten Organe angeordnet sind. Der Körper folgt damit im Allgemeinen dem radiären Typus , der bei den Be- roKden am meisten ausgeprägt ist. Dieser achtstrahligen Form liegt jedoch höchst wahrscheinlich eine vierstrahlige zu Grunde, bei der jeder Radius sich in zwei getheilt hat. Je zwei aus einem primitiven Radius entstan- dene Radien sind den gegenüberstehenden Radien derselben Queraxe gleich. Die Ausbildung der Körperform erfolgt an den Polen einer der

108 H- *• Cölenteraten (Zoophyten).

beiden primitiven Queraxen. Die in dieser Richtung aufgetretene Diffe- renzirung ist schon bei den Cydippiden deutlich , mehr ist sie hei den Mnemiden durch lappenartige gegen den Mundpol gerichtete Fortsätze ausgeprägt, am meisten bei Cestum entfaltet, deren Körperform durch Auswachsen in der Richtung zweier congruenter Interradien in eine Band- form überging. i

Gliedmassen.

§ 79.

Ich fasse hier die als Tentakel bezeichneten Fortsatzbildungen des Körpers zusammen, welche, den Spongien gänzlich fehlend oder nur an- deutungsweise zukommend, bei den Acalephen in grosser Verbreitung getroffen werden, und ebenso von bedeutendem Einflüsse auf die äussere Formerscheinung dieser Organismen, wie für die Gesammt-Oekonomie derselben von hohem functionellen Werthe sind. Die meisten sind wie die Leibeswand contractu , doch gibt es auch starre , nur wenig beweg- liche Formen (Trachynemiden) . Die Tentakel sind der Sitz einer bedeu- tenden Empfindlichkeit, und fungiren somit als Sinnesorgane; in vielen Fällen sind sie Greifwerkzeuge , und endlich dienen sie durch die ihnen eingefügten Nesselzellen als Waffen.

Den niedersten Befund bieten die Hydroidpolypen , deren Tentakel in manchen Abtheilungen (Coryneen) über die Oberfläche des vordersten (dem oralen Pole nächst gelegenen) Körperabschnittes zerstreut sind. Bei manchen macht sich eine regelmässigere Vertheilung bemerkbar, die bei anderen in die Herstellung eines »Tentakelkranzes« übergeht (Hydractinia, Eudendrium, Campanularia). Dieser ist meist in einiger Entfernung von der Mundöffnung angebracht; durch ihn wird der bezüg- liche Körpertheil höher potenzirt und erscheint einem Kopfe analog , wie man denn die tentakeltragenden Körpertheile (Hydranthen) derHydroiden auch als »Köpfchen« bezeichnete.

Der höheren Differenzirung des gesammten Körpers der Tubularien entspricht die Ausbildung eines zweiten Tentakelktanzes, der den Mund direct umgibt. Der äussere Tentakelkranz ist mit der scheibenähnlichen Ausbreitung des Köpfchens an den Rand derselben gerückt. Es sind also hier Mundtentakel und Randtentakel unterscheidbar. Letz- tere erlangen bei den Hydromedusen wie bei den Medusen eine grosse Ausbildung.

Die Randtentakel, Randfäden, meist sehr bedeutend verlängerte fadenartige Anhänge des Glocken- oder Schirmrandes der Hydromedusen sind immer nach den Körperradien geordnet. Bei dem Bestehen inter- radialer Tentakel treten diese meist nach den radialen auf, selbst wenn ihre Zahl eine bedeutende ist. Zuweilen stehen sie in Büscheln (Lizzia oder sind verzweigt (Cladonemaj. Der über die Radienzahl hinausgehen-

Gliedmasseo. 109

den Vermehrung der Tentakel steht die Minderung gegenüber. Zwei Ten- takel besitzt Saphenia, nur einen Stenslrupia. Bei den Trachynemiden sind die Tentakel gleichfalls radial angeordnet, manche besitzen dazu, wie die Aeginiden, noch interradiale. Eigentümlich ist die Einfügung der Tentakel an den Körper, indem das Stützgewebe der ersteren einen oft ansehnlichen Fortsatz in letzteren einschickt. Audi Reductionen kommen vor. Nur 2 Tentakel besitzt Aeginopsis. Bei den Geryoniden findet ein Wechsel der Tentakel statt, indem das junge Thier vergängliche Randfäden (Larvententakel) von anderm Baue besitzt.

Die unter den Hydromedusen verbreiteten Mundtentakel ent- sprechen gleichfalls der Grundzahl der Radien des Körpers. Bald sind sie einfach, bald verzweigt. Sie bilden jedoch kein allgemeines Vorkom- men und werden häufig durch Ausdehnungen des Mundrandes ersetzt. Trachynemiden und Aeginiden entbehren sie allgemein.

Unter den Siphonophoren entbehren alle medusiformen Personen der Randfäden , die nur als Rudimente , wie z. B. in den Nesselknöpfen der Deckstucke, angedeutet erscheinen. Dieser Mangel eines für die Oekono- mie der Stöcke wichtigen Apparates wird durch die »Taster« und die »Senkfäden« compensirt, welche aus Umbildungen medusiformer Per- sonen sich erklären lassen (vergl. oben § 75).

Den Discophoren fehlen die Randfäden in den Abtheilungen der Rhizostomeen und Cyaneen, welch9 letztere vier ansehnliche von der Unterfläche des Schirmes entspringende Tentakelbüschel besitzen, die weder auf Randfäden noch auf Mundtentakel bezogen werden können. Bei anderen kommen Randfäden bald nach der Radienzahl , bald auch interradial verbreitet vor. Schon bei den CharybdeYden zeigt Gharybdea vier von pfeilerarligen Fortsätzen der Glocke getragene Tentakel, die bei Tamoya (T. quadrumana) durch ebensoviele Büschel repräsentirt sind. Eine Vermehrung findet sich bei den Pelagien , und eine sehr grosse An- zahl feiner Randfäden zeichnet die Aurelien aus. Mundtentakel erscheinen als feine franzenartige Fortsätze an den Rändern der den Mund umstehen- den Arme. Bei den Rhizostomeen sind sie längs der zahlreiche Mund- poren tragenden Rinnen vertheilt.

Bezüglich der Lucernarien ist ein doppeltes Verhalten der Rand- fäden zu bemerken, indem sie bei einer Abtheilung (L. cyathiformis) ganz ähnlich wie bei Medusen den Rand des becherförmigen Körpers besetzen, jedoch deutlich eine Scheidung in Acht Gruppen erkennen lassen, indess sie bei anderen (L. auricula) ebensoviele auf die Enden der vier vom Körper ausgehenden Zipfelpaare vertheilte Büschel bilden.

Die Tentakel der Anthozoen sind nach den grösseren Abtheilungen verschieden. Acht blattförmige, eingekerbte oder gefiederte Tentakel um- geben die Mundöffnung der Octactinien. Eine meist grössere Anzahl cy- lindrischer Tentakel kommt den Hexactinien zu. Sie umstehen die Mund- fläche des Körpers oder sind auf ihr zerstreut, zuweilen auch auf läppen* förmigen Fortsätzen derselben angebracht.

HO U. 2. Cölenteraten (Zoopbyten).

Bei den Ctenophoren sind ausser hin und wieder vorhandenen unansehnlichen Fortsätzen am Rande der Mundöflhung in einzelnen Fa- milien (Calymniden, Callianiriden), grosse in der Nähe des Mundes sich erhebende lappenförmige Ausbreitungen des Körpers vorhanden, die man mit den Tentakelbildungen zusammenstellen kann , obschon sie diesen morphologisch fremde Gebilde sind. Ausser diesen bestehen in einigen Gattungen (Gydippiden) den Randfäden der Medusen ähnliche, den Polen einer interradiaien Queraxe des Körpers entsprechende » Senkfäden «, die zuweilen mit Anhängen besetzt sind.

Integument.

§ 80.

Das Integument der Cölenteraten bietet die primitivsten Verhältnisse bei den Spongien,. indem es aus dem nur wenig differenzirten Ectoderm sich zusammensetzt, welches den mannichfaltigen Umgestaltungen des den Ernährungsapparat begrenzenden Entoderms folgt. Die durch letz- teres Verhältniss sich ergebenden Eigentümlichkeiten sind weiter unten 87) zu berücksichtigen. Die Zellen des Ectoderms stellen bei den Phy- semarien ein Syncylium dar. Bei den Poriferen sind sie bisweilen als eine dünne Schichte erkannt (Halisarcina, Sycon) .

Unter den Acalephen geht das Ectoderm sehr frühzeitige Differen- zirungen ein, so dass die allgemein verbreitete äusserste Zellenschicht, Epidermis, in den meisten Fällen nur einen Theil der primitiven Ec- todermschicht vorstellt. Die bei den Schwämmen nur auf frühere Enl- wickelungsstadien beschränkte Wi mp erbe kl ei düng des Körpers erhält sich bei den Acalephen nicht blos während der sogenannten Larven- stadien, wo sie der Locomotion vorsteht, sondern geht auch vielfach auf spätere Formzustände über, wo sie meist auf einzelne Theile, z. B. die Tentakelbildungen beschränkt wird.

Mit der Volums vergrösserung wird die Bedeutung der Cilien für die Locomotion aufgegeben. Nur in einer einzigen Klasse, bei den Cteno- phoren, erhält sich diese Beziehung unter Zunahme des Volums der Cilien. Statt der allgemeinen Bewimperung der Larve bilden sich den Körper in Längsreihen besetzende, dln Cilien ähnliche Gebilde, welche durch Auswachsen in die Länge und Breite in bewegliche Schwimm- oder R uderplättchen sich umgestalten. Die Plättchen sind mit der breiteren Basis dem Körper verbunden und nur an dieser Stelle äussert sich die vom Willenseinflusse des Thieres abhängige Beweglichkeit, wäh- rend der übrige grössere Theil der Plättchen rigid erscheint. Meist sind acht Reihen solcher Plättchen vorhanden, die als Ruderorgane thätig sind. Bei manchen treten nur vier Reihen derselben auf (Cestum) . Eigentüm- liche Differenzirungen in den Epithelelementen sind die bei allen Acalephen

lotegument.

111

wenn auch Dicht ausschliesslich verbreiteten Nesselkapseln (Nemo- cysten). Es sind feste im Zellprotoplasma entstehende Kapseln (Fig. 35. B.)j welche in ihrem Innern einen elastischen, spiralig zusammengerollten Faden enthalten (A) , der meist bei Berührung der Kapsel als starres Gebilde nach aussen her- vortritt. Diese Nesselkapseln 6nden sich bald einzeln, bald in Gruppen, und zeigen zuweilen eine sehr regelmässige Anordnung. Oft geht diese zu ausserordentlich complicirten Einrich- tungen über, wie z. B. an den Nesselknöpfen derSiphonophoren, bei denen die Nesselkapseln häufig in spiralige Bänder angeordnet sind. Auf der Oberfläche entstanden , erhalten diese » Nesselba tterieen« bei vielen eine besondere Umhüllung von einer Integumentlamelle.

Obscbon diese Gebilde über die ganze Oberfläche des Körpers verbreitet vorkommen, und auch im Entoderm und dessen Producten nicht fehlen, so sind doch manche Körpertheile ihr vorzüglicher Sitz. Vor Allem die Tentakel, oder andere Vorsprünge des Körpers. Die Formen der Nesselkapseln sowie der feinere Bau des Fadens bieten bedeutende Verschieden- heiten, und ergeben für die einzelnen Abthei- lungen charakteristische Befunde.

Das Ectoderm besitzt auch eine secre- lorische Thätigkeit, durch welche mehr Fl*- *s. ▼«•«^edene Formen ron

i j i rro Li- j r> Nesseli-apseln. A Nesselkapseln

oder minder den Körper umschliessende Ge- TonCor7nVctf., i mit de« .piraii* häuse geliefert werden. Sie finden sich unter »«fgeroiiten Faden, 2 mit ansge- den Hydrofdpolypen verbreitet, aus einer festen, rt™**m ****** * c Ne**»»«-

t Min Ton Sipnononner ea mit tue-

dem Chitin nahestehenden Substanz gebildet, gestrecktem, teilweise mit hu- häufig mit mannichfaltigen Sculpturen, Leisten, •■« besetztem Faden. t> Kessel- Stacheln, Wülsten etc. versehen. Besonders J^JS^i'^Ä bei den stockbildenden Hydrofdpolypen finden renzirt, Kern der Zeile sichtbar. sich solche röhrenförmige Gehäuse, die bald

nur auf den festsitzenden Theil des gemeinsamen Stockes beschränkt sind (Hydractinia), bald sich über die Verzweigungen des Stockes fortsetzen (Tubularia, Eudendrium, Pennaria) bald auch den einzelnen Personen zu- getheilt sind (Campanularia, Sertularia). Dadurch empfängt der weiche Polypenstock ein Sttttzorgan , das ihm sowohl eine Erhebung über den Boden gestattet als auch seine Befestigung am Stocke vermittelt.

II. t. Cölenleraten iZoophylcn).

§ 81.

Ausser den in den vorerwähnlen Gehäusebildungen gegebenen Stutzorganen kommen den Cölenleraten noch vielfache andere Skelel- bildungen zu, die gleichfalls als Di fferenzi rangen des Hesoderms steh darstellen.

Den Physemarien fehlen sie. Diese schaffen sich durch Aufnahme von Fremdkörpern ins Ectoderm einen Ersatz, uDd bei den Poriferen, von denen ein Theil (Halisarctna) festerer Bildungen entbehrt, entstehen Slütz- gebilde entweder in Gestalt fester Nadeln (Spicula) oder weicherer Fasern,

deren Sitz das Mesoderm ist. Die ersteren sind entweder aus Kalk oder Kieselerde gebildet, wonach Kalk- und Kieselschwämme unterschieden werden. Einfacher verhalten sich die Spicula der Kalkschwümme, indem sie hier nur als Stabnadeln, drei- oder vierstrahlige Nadeln vorkommen, die in der Verlbeilung und Anordnung im Körper bei zahlreichen Modi- ficationen des Einzel Verhaltens eine grosse Regel mässigkeil darbieten. Vorstehende Figur gibt eine Darstellung des Verhaltens der Spicula bei einem Kalkschwamm. Die aus Kieselerde bestehenden Hartgebilde bieten eine viel bedeutendere Mannicbfaltigkeit der Form, und ausser den in zahlreichen Combinationen bis zu vie lstrabligen Sternen verbundenen Nadelgebilden kommen noch mann ich faltige andere feste Theile, z. B.

Skelet. 1 13

Doppelscheiben (Amphidisken) (Fig. 37. 2.) vor. Die oft sehr lang ge- streckten Kieselnadeln setzen zuweilen ausserordentlich zierliche Gerüste (Euplectella) zusammen , oder sie bilden mächtige, weit über den Körper hinausragende Büschel fadenförmiger Gebilde (Hyalonema). Bei den Hornschwämipen endlich wird das Gerüste des Leibes durch netzförmig ver- bundene Fasern gebildet, die aus einer dem Chitin verwandten Substanz besteben.

Die Ablagerung anorganischer Substanzen im Mesoderm führt auch bei den Acalephen zu sahireichen Skeletbildungen. Bei den An- * Fig. st. i z«ii« »h «iMrXfeMi' thozoen bieten sie vornehmlich die zu Stöcken Md#I T#B spongiiu. t Hut-

. . . n . . . . eben mit «inen AmpMditcux tob

vereinigten Formen dar, und zwar sind es Spo«guu. n*c« n. Lnuuöi». fast ausschliesslich Kalksalze, welche die

Hartgebikle zusammensetzen. Die Bildung der letzteren erfolgt entweder in bestimmt geformten (Fig. 38) , durch die Weiohtheile des Körpers zer- streuten Depositionen (Fig. 45), öderes entstehen zusammenhängende Massen, die wieder je nach der Art ihrer Bildung mehrfach verschiedene Zustände dar- stellen. Die Kalkkörper (Spicula) lagern immer in dem bindegewebigen Tbeile des Parenchyms, und sind von Fig.». Ukspicau Toiiieroni«». mannichfaltiger Gestaltung. Sie besitzen

eine organische Grundlage, die nach Entfernung des Kalkes die Form der Spicula wiedergibt. Die zusammenhangenden Skeletbildungen kommen entweder durch Vereinigung von Spiculis zu Stande , wobei eine erhär- tende organische Substanz die Verbindung besorgt, z. JB. bei Corallium, oder sie entstehen durch unmittelbare Verkalkung einer in der Axe des Gönenchyms liegenden , abgesonderten Hornsubstanz , ohne dass Spicula vorhanden wären. Ist die organische Substanz vorwiegend, so bilden sich ho rn artige Axenskelete, wie bei den Gorgoniden und Anlipathiden. Diese Axenskelete beschränken sich zuweilen nur auf den Stamm der Golonie, wie bei den Pennatuliden, wo sie im Schafte des Stockes liegen, oder sie dehnen sich über alle Verästelungen des Stockes aus. An die Axenskelete schliesst sich eine andere Form an, die durch allmähliche Verkalkung des Körperparenchyms entsteht, wobei gleichfalls Spicula eine Rolle spielen. Dabei wird der aborale Abschnitt des gesammten Körpers mehr oder minder vollständig sklerosirt. In gleichem Maass findet am oralen Pole ein Weiterwachsen des Körpers statt, und die vollständig ver- kalkten Theile verfallen dem Absterben. Solche Skelete bilden die Kalk- gerüste der Fungien, Asträen, Madreporen, wie die der Tubiporen. In der ganzen Erscheinung dieser Gerüstbildung kann eine Fortsetzung und Aus- bildung der bei den Schwämmen getroffenen Skelete erkannt werden.

Gtgeobavr, Grnvdriic d vergl. Anstoml«. 2. Avfl. 8

II. *. Cölenteraleo [Zoophyten] .

§ 82.

Eine andere Art von Slutzorganen kommt durch Culicularbildungen oder durch Differenz nun gen resistenterer Bi n de subs tarnen im Innern des Körpers zu Stande. Den einfachsten Befund bieten hier wieder die Hy- droldpolypen, bei denen zwischen Ectoderm und Entoderm eine homogen« Lamelle vorkommt, die als Stltlzla melle für ihr angelagerte weichere Gewehe fungirt. Während dieses Gebilde in seiner Bedeutung als Stutz- organ bei einem Theile der Hydrofden durch die Bildung Süsserer Gehäuse beschrankt wird und demzufolge da sehr dünn ist wo letzlere bestehen, findet es sich stärker an den freien nicht im Gehäuse geborgenen Theilen des Körpers. Im Anschlüsse hieran trifft man bei den Tubularien eine mächtige Schichte von Sltllzgewebe in der dem freien, köpfchen förmigen Theile des Thieres zugehörigen Körperwand. Dieses Gewebe besteht aus homogener, von Fasern durchsetzter Substanz, zwischen Ectoderm und Enloderm eingebettet. Hierin erscheint eine Vorbildung der bei den Me- dusen zu höherer Entfaltung kommenden Einrichtung, der sogenannten Gallerts ch ei be, die bei manchen derselben (Medusen von Clavatella, dann Eleutheria) gleichfalls noch eine geringe Ausbildung zeigt.

Die Galiertscheibe ist bei den llydromedusen bald völlig homogen bald von feinen Fasern durchsetzt, welche vom Ectoderm zum Entodenti sich fortsetzen. Sie bildet eine die Kttrperform liedin gende, der aboralen Fläche des Körpers »n gehör ige Scheibe (Fig. 3». t), die bis zur Glockenform modificirt sein kann. Der oralen Flüche der Scheibe lagern die aus dem Entoderm gesonderten Organe, also vorzuglich der Gaslralapparal an .

Wiewohl der Gallert- bUitkaa. r Ringc»n»i. . z*sg<iD(Hiofe. * HnBiai<ipmigi<. schirm , der Discophoren

t lun. I GtlUrticheiti*. r RadiiJUscbt. II Tentakel. » .-. ., .

in Tciuktiwun«! yd um (Nuk b Hunitt i 3usserlich mit jenem der

llydromedusen Überein- stimmt, so ist er doch durch nicht unwichtige Verhältnisse davon unter- schieden. Denn seine Substanz enthüll, mit gallertigem Bindegewebe Übereinkommend, mann ich faltige Formelemente und setzt sich oralwärls auf den sogenannten Magenstiel fort. Er umschliesst dadurch grossere Strecken des Gastro va sc ularsys lern s.

Untergeordnelere Einrichtungen stellen die Slulzgebilde der Tentakel vieler llydromedusen dar. Sowohl bei Hydriformen wie bei Medusen (Trachynemiden, Aeginiden) wird die Axe der Tentakel von einer Zellen-

Muskelsystecn. 115

reihe gebildet, deren Elemente durch eine mehr oder minder mächtige homogene Membranschichte abgekapselt erscheinen. (Vergl. Fig. 9.) Die ZeUenreihen besitzen dadurch eine gewisse Rigidität. Ein ähnlich zu- sammengesetzter Ring (Ringknorpel) findet sich am Scheibenrande der Geryoniden.

Mudkelsystem.

§ 83.

Unter den Spongien ist die Existenz auf Muskeln beziehbarer Form- elemente nicht mit Sicherheit erwiesen, ja bei den genauer gekannten Kalkscbwämmen fehlen sie sogar mit Bestimmtheit, und alle Bewegungs- erscheinungen des Thierleibes leistet das Protoplasma des Ecto- und En- toderms.

Die erste Sonderung einer Muskelschichte ist bei den llydronie- dusen (Hydriformes) erwiesen, wo die Zellen des Eutoderms contraclilc, bandartige Auslaufet* besitzen , die unterhalb jener Zellenschichte ein zu- sammenhängendes Stratum bilden. (Vergl. oben § 25.) Diese Schichte setzt sich auch auf die Tentakel fort, fehlt aber an den von einem Gehäuse umgebenen Strecken der Stöcke. Sie empfangt in einzelnen Theilen z. B. am Stamme der Siphonophorenstöcke , eine mächtigere Ausbildung. Bei den Medusen ist sie auf die den Gastralapparat tragende Fläche be- schränkt, wo sie die »Subumbrella« vorstellt. Vom Rande der Glocke oder der Scheibe setzt sie sich auf einen verschieden breiten membranösen Fortsatz fort, das Velum, das wesentlich aus Muskelfasern besteht, und erstreckt sie sich gleichfalls auf die Tentakelgebilde. Complicirter ist die Muskulatur bei den Discophoren , von denen Manche auch mit einem Velum verseben sind (Aurelia j. Bei allen Medusen bieten die Formele- mente der Muskulatur eine feine Querstreifung dar, die den gleichen Theilen der Hydriformen abgeht.

Unter den Gtenophoren sind sowohl oberflächliche, den wiinper- tragenden »Rippen« folgende MuskelzUge beobachtet, wie auch im Innern des gallertigen Körpergewebes Muskelfasern vorkommen sollen.

Am reichlichsten erscheint die Muskulatur bei den Anthozoün ent- wickelt. So wird bei den Actinien die festsitzende Sohle des Körpers vorwiegend von Muskeln gebildet und am übrigen Körper sind Ring- und Längsfaserschichten unterscheidbar, die auch auf den Tentakelapparat über- gehen. Bei den stockbildenden Anthozoi'n scheinen die Körper der Ein- zeiligere gleichfalls Ring- und Längsmuskeln zu besitzen, und auch das weiche Cönenchym wird contractu, da Muskelfasern die es durchziehen- den Ca na 1 netze des Gastralsystems begleiten.

8*

Hg II. 2. Cölenteraten (Zoophyten).

TJerrensystem.

§84.

Durch den Mangel aller auf besondere Organe der Empfindung be- ziehbaren Einrichtungen stellen sich die Spongien auf die niederste Stufe thierischer Diflerenzirung. Fast unmittelbar reihen sich daran die Aca- lephen , deren niedere Formen gleichfalls jene Organe noch nicht geson- dert zeigen. So erscheint bei den HydroTfdpolypen die Zellenschichte des Ectoderms noch als indifferentes Empfindungsorgan. Auf dasselbe ein- wirkende Reize lösen Bewegungen der mit jenen Zellen zusammenhangen- den Fasern der Muskelschichte aus 25), aber erst bei den Medusiformen sind gesonderte als Nervensystem zu deutende Theile erkennbar. Diese bilden einen längs des Scbeibenrandes verlaufenden Ring aus einem fase- rigen Gewebe, der in regelmässigen Abstünden ganglionäre Anschwellun- gen mit zelligen Elementen zeigt. Die Ganglien entsprechen in ihrer Lage den als Sinnesorgane zu deutenden Randkörpern und senden theils zu den Tentakeln , theils zu den Radiürcanälcn Fädchen ab. Dieser bei Gcryoniden am genauesten bekannt gewordene Nervenring findet seine Stutze am Ringknorpel und liegt zwischen diesem und dem Ringcanale des Seheibenrandes. Die Anschwellungen des Nervenringes stellen cen- trale Organe vor, welche durch die faserigen Abschnitte untereinander verbunden sind. Minder genau ist unsere Kenntniss vom Nervensystem der Discophoren. Auch aus Versuchen mittels Durchschneidens des Scheibenrandes scheint hervorzugehen , dass hier ein centraler Nerven- apparat sich vorfindet.

Auch dits Nervensystem der Ctenophoren ist bis jetzt nur wenig sieher nachgewiesen. Und ebenso sind für die Übrigen Acalephen keine hierher bezüglichen Organe auch nur mit einiger Zuverlässigkeit darge- stellt worden.

Sinnesorgane.

§ 8».

Bei der Un Vollkommenheit unserer Kenntnisse vom Nervensysteme der Cölenteraten kann es nicht befremden, dass auch über die als Sinnes- organe anzusehenden Theile keineswegs ein definitives Urtheil abzugeben ist. Das gilt sowohl für die Einrichtungen die man als dem Tastsinne vorstehend betrachtet, als auch von den höheren Sinnesorganen, die man vorzüglich als Hör- und Sehwerkzeuge unterschieden hat. Dem im Inte- gumente vorhandenen allgemeinen Gefühlssinne scheinen besondere Fort- satzbildungen des Körpers zu dienen, die oben 79' als Tentakel aufge- führt sind. Ob dagegen eigene Apparate bestehen, muss für jetzt dahin«

Nervensystem. Sinnesorgane. 117

gestellt bleiben, wenn auch das Vorkommen starrer Borsten an den Tentakeln, in ähnlicher Weise auch um c^ie Mundöflhung angebracht, auf gesonderte Tastorgane schliessen lässt.

Differenzirtere , zu Sinneswahrnehmungen eingerichtete Organe fin- den sich in den sog. »Randkörpern«, die bei den freilebenden Medusen dem Rande des Schirmes angefügt und in zweierlei Zuständen zu unter- scheiden sind. Einmal erscheinen sie als bläschenförmige Gebilde, und zweitens als Pigroentanhäufungen, die mit einem hellen, lichtbrechenden Körper ausgestattet sind, jenen Organen ähnlich, die bei den höhern Thieren als Endapparate der Sehnerven sich herausstellen. Die ersteren oder Randbläschen sind entweder in die Substanz der Scheibe ein- gebettet oder springen frei am Scheibenrande vor. Sie bestehen aus einer homogenen, mit Epithel ausgekleideten Kapsel und umschliessen eine oder mehrere concentrisch geschichtete Coneretionen oder kleine Kry stalle. Die ersteren sind mit der Rläschenwand in fester Verbindung, indem sie von einem kugeligen Vorsprunge der Wand umschlossen werden. Da sie nicht im freien Räume des Bläschens liegen , so schwindet die Aehnlich- keit mit den Gehörbläschen anderer niederer Thiere um Bedeutendes, ohne dass jedoch möglich wäre , eine andere Deutung bestimmter zu for- muliren. Dass Sinnesorgane vorliegen, erhellt aus der engeren Verbindung mit dem Nervenringe, da von dem unter jedem Randbläschen gelegenen Ganglion ein doppelter das Bläschen umgreifender Faserzug ausgeht, der nach stattgefundener Vereinigung in die das Concrement enthaltende kugelige Zellenmasse eintritt (Geryoniden) . Die Verbreitung dieser Rand- bläschen findet sieb vorzüglich bei den Eucopiden; Trachynemiden, Geryo- niden, Aeginiden.

Krystalle sind bei Gunina vorhanden, und dadurch bilden diese Randbläseben einen Uebergang zu ähnlichen Gebilden der Discophoren* Die Randkörper erscheinen hier stets gestielt (Fig. 40 A B b) und liegen in einem Ausschnitte oder einer nischenförmigen Vertiefung des Scheiben- randes, von Lamellenvorsprüngen desselben beschirmt. Einen grossen Theil des Randkörpers bildet ein Hohlraum (Ampulle) (ff), der mittelst eines in den Stiel übergehenden Canales (c) mit dem Gastralsysteme zusammenhängt. Dieser Ampulle angelagert und das freie Ende des Randkörpers einnehmend findet sich ein mit Krystallen gefülltes Bläs- chen (e), welches mit dem gleichen der Aeginiden übereinkommt. Die bedeutendste Verschiedenheit von letzteren ist also nur durch den Mangel der vom Gastralsystem gebildeten Ampulle gegeben.

Organe anderer Art finden sich bei den Hydromedusen. Sie scheinen in einem sich gegenseitig anschliessenden Verhältniss zu den Randbläs- chen zu stehen, denn sie kommen nur in jenen Familien (Oceaniden) vor, welche der Bläschen entbehren. Als erste Andeutung erscheinen Pigment- flecke an der Tentakelbasis , die zwar in der Regel der lichtbrechenden Medien entbehren, in anderen Fällen dagegen mit Bildungen ausgestattet sind, die an die Krystallkegel anderer niederer Thiere erinnern. Bei

118 II- 1. Cölenleralcu (Zoophylen).

den Discophoreo oombiniren sich diese Ocelli mit den bereits erwähnten IJaniikorpern, sie zeigen bald nur Pigment, bald solches als Umhüllung eines stark lichtbrechenden Körpers (Fig. MB ff).

Auch bei den Clenophoren be- stehen eigenlhtlmüche Sinnesorgane. Vor allem gilt hier ein bläschenför- miges, dem aboralen Pole des Kor- pers eingelagertes Gebilde, welches feste Concremente nach Art der Ololithen in den Gehörbläseben an- derer niederer Thiere enthalt. Die a«*™in»r*opi**iV "oVir^ret" Thiii'^M functionelle Bedeutung auch dieses ttudkirpsn .wiachen den Hinduiiichuitten Organs ist jedoch noch nicht sicher »ivwMkeiu «Muftit. istiai. iCm gestellt, und ebenso unsicher ist sie

in «»mselbsn. d Ampnlla. < KrysUilnimkclien. ? ... . ., ..

/ Pigm«t. t LiDww.riige K»rp.r. bezüglich zweier zur Seile dieses

Bläschens gelagerter wimperader Flachen, der Polfelder, die mit franzenarligen Fortsätzen ausge- staltet sind.

Hit der bei den Cölenteraten zuerst auftretenden Sonderung des Kor- pers in eine Ecloderm- und Entodermschichte ist der niederste Zustand der Eraahrungsorgane gegeben , indem das Enloderm einen nach aussen geöffneten Raum, die erste discrete Bildung einer verdauenden Cavilät (Hagenhöulej [auskleidet. (Vergl. oben § 28. ) In der Gastrulaform er- scheint dieser Befund am einfachsten, und gehl von da aus in den beiden Hauptabteilungen der Cölenteraten zahlreiche Sonderungen ein. Die Magenbohle bleibt nämlich nicht auf jenen einfachen Baum beschrankt, sondern wachst in mannichfaltige Hohlraumbildungen, Canitlc, Taschen etc. aus, welche im Organismus bald irregulär, bald in bestimmter An- ordnung sich vertheilen. In der Regel verknüpft sich damit eine Arbeits- teilung, und nur ein bestimmter Abschnitt oder mehrere solche fungiren als verdauende Caviläl, indess die Übrigen Räume mehr zur Verkei- lung des ernährenden Fluiduras (Cfaymus) verwendet werden. Damit ist aber die Function dieses Gasiralsystems nicht abgeschlossen. Es entspricht ohne Zweifel auch den Zwecken der A t b m u n g , indem es mit der Nahrung aufgenommenes Wasser im Korper vertheill, und dem- selben, besonders bei den Spongien, bedeutend grössere Oberflächen dar- bietet als die äussere Fläche des Korpers. Endlich besitzt es wichtige Beziehungen zur Fortpflanzung, indem die Zeugungsstoffe in seinen Wanden entstehen.

§ 87.

Unter den Spongien bleibt jene einfachste Form auf frühe Entwicke- lungszustSnde beschränkt oder sie persislirt bei den Gastraeaden. Die Aus- bildung eines Strudelapparates am Eingange in den einfachen Darmschlauch ist fast die einzige Complication. Bei den Poriferen treten zahlreiche neue hinzu. In der Entod er m schichte er- scheinen temporäre Lücken, welche nach aussen durchbrechen, so dass die Damicnvitat ausser durch die Mundöffnung (Fig. 41 o) durch bald da bald dort sich Öffnende und wie- der schliessende Poren mit dem um- gehenden Medium in Verbindung sieht. Die Zahl der somit eine der- male und eine gastrale Oeffhuug besitzenden Poren canale (Dermo- eastralporen) ist meist sehr gross Fig. «■ Ei» »»• u Penonm (indiiidntn) b*- und in Zusammenhang mit der Zahl „^ Uvaais„n. t Dw^bÄto. n«» der von den Schenkeln der Spicula e. hioml.

begrenzten Räume (vergl.Fig.36o).

Diese Befunde finden sich in den niedersten Formen der Kalkschwämme, bei den Asconen, ausgeprägt (O)yntbus) .

Eine zweite Form entsteht durch Bildung von Ausbuchtungen der Darmböhle, die sich in das entsprechend verdickte Ecloderm hinein fort- setzen und darin mehr oder minder verzweigt« Canlile (Astcanäle) bilden, von denen wieder feine gleichfalls verzweigte Canale mit Dermalporen ausmünden. In dem Haasse als sieb die Sonderung der Darm höhle in verzweigte Canale ausgeprägt hat, verliert sie ihre Bedeutung als Magen- hiible und zugleich die Entodermauskleidung, welohe auf die venweigten Canale beschränkt wird. Die Entodermschicbte bleibt aber auch hier nicht allgemein, sondern zieht sich endlich sogar nur in Ausbuchtungen jener AstcanSle zurück, welche dadurch die sogenannten Wimperkammern vorstellen. So tritt mit der Ausbildung dieser Nebenraume des Darm- schlauchs auch dessen Function immer mehr von ihrer ursprünglichen Statte sich entfernend auf jene Über.

Die nachstehende Abbildung (Fig. 42) stellt letzteren Zustand vor, bei dem das Entoderm nur noch die Wimperkammern (w) auskleidet. Modifikationen dieses unter den Kalkschwammen bei der Gruppe der Leucooen bestehenden Verhaltens bilden sich durch Verbindungen der Astcanäle wie der Wimperkammern untereinander, woraus nelzfürm ig« Canalsysleme hervorgehen. Kieselschwämme wie Hornschwamme schlies- sen sich diesem Typus an.

Eine dritte Form entsteht durch Bildung dichtstebender, radial zur Magenhohle gerichteter CanHle, welche in ihrem Verhalten der einfachen

120

[[. S. Colenierateii (Zoophyten).

Aseonform entsprechen, jedoch meist nur durch Dermalporen nach aussen communiciren. Die primitive Darmhöhle verliert hier wie bei den Leu- conen mit ihrer Geisse! - zellenschicht (Enloderm) ihre nutritive Function, welche auf die Radiär- rubren beschränkt wird. Letztere bleiben selten frei, sondern verschmel- zen meist theilweise oder vollständig mit ihren Wandungen zu einer mächtigen, die primäre Darm höhle umgebenden Sehichle. Bei nur theil- weisem Verschmelzen der Radioröhren entslehlaus den Zwischenräumen ein

System von CanUlen, welche nur von Ecloderm ausgekleidet sind. Reali- sirt ist diese Form unter den Kalkschwümmen bei den Syconen.

Unzählige, bis auf in- dividuelle Zustände ner- abreicbende Modifikatio- nen bieten sich inner- Fig. 4i sch<m( d*i outniiritcnu einet Leu<»i i Dj».jcai halb der einzelnen »■■■■iiritA»uita.finirtc^..MUwh.4-in». Formen dar. Die primäre

kehlt, t n*mtluDilt. » Wlmpirkimi»». Di« Unlenen.»!- '

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Kjor lufMtalu, (KkIi 8. Hiwu.) derungendurchAusbuch-

tungen sowie durch Ent- stehung von Septis oder Trabekelo und kann ebenso mit der Entfaltung des von ihr ausgehenden Canalsystems sich völlig rück bilden, welche Er- scheinung { Lipogastrie ) bei Hörn- und Kieselspongien nicht selten ist. Eine gleiche Rückbildung kann auch die Mundöfioung eingehen (Lipo- siomiej ohne dass die Magenhöhle sich daran betheiligt; die Dermalporen Übernehmen dann die Function einführender Canitle , oder es bestehen an der Stelle der HundDffnung zahlreiche kleine Lücken, wie bei Eu- plectella.

§ 88- In hohem Grade wird die Gestaltung des Gastratsyslems durch die Stockbildung beeinflussl, welche tbeils durch Concrescenz freier Per-

Darmcanal. 121

sonen, theils durch Sprossung auftritt. Die Verbindung ruft dann je nach dem Grade ihrer Ausbildung entweder eine blosse Communication der für die einzelnen Personen selbständig bleibenden Magenhöblen hervor (Fig. 44), oder führt zu einer völligen Verschmelzung jener Gavitäten, wobei auch die Mundöffnungen Reduktionen erleiden oder sogar auf eine einzige sich rückbilden, die gleichfalls schwinden kann.

Aus der Stockbildung entspringt ein besonderes, durch die zwischen den nicht verbundenen Stellen der Personen, oder den anastomosirenden Aesten des Körpers bestehenbleibenden Lücken gebildetes System von Hohlräumen (Intercanalsystem), welches wie jenes oben für die Syconen erwähnte nur vom Ectoderm begrenzt wird, und dadurch sich vom Gastralsystem wesentlich unterscheidet. Es zeichnet sich durch bedeu- tende Unregelmässigkeiten seiner Anordnung aus, und bildet auch weitere sogar eine Magenhöhle mit Mundöffnung vortäuschende Räume.

Aus allen diesen Einrichtungen ergibt sich für die Spongien mit dem Wandel der Formen auch ein bedeutsamer Wechsel der Func- tionen der einzelnen Theile. Die physiologische Leistung der verdauen- den Cavit;tt vertheilt sich nicht nur auf die von letzterer aus entstandenen secundären Nebencanäle , sondern tritt auch auch auf diese ganz über, oder beschränkt sich sogar nur auf einzelne Strecken derselben , wobei dann die ersteren functionell auf eine tiefere Stufe herabsinken. Auf der anderen Seite kommt mit dieser Aenderung den ursprünglich untergeord- neten Abschnitten des Canalsystems eine Hauptrolle zu, und selbst die primitiven Oberflächen des Spongienleibcs gelangen, zur Begrenzung des lntercanalsystems verwendet , zu einer höheren Bedeutung. Alles lehrt deutlich, wie die Organisation der Spongien nicht nur im grössten Flusse sich befindet, sondern auch wie zu ihrem Verständniss die schärfste Son- derung des physiologischen und morphologischen Werthes der Organe unerlässlich nothwendig ist.

§ «9.

In der ersten Anlage kommt die Bildung der Darmhöhle der Aca- iephen mit jener der Spongien Uberein , aber im ausgebildeten Zustande ergeben sich besonders durch die grössere Regelmässigkeit der Anord- nung des aus einem einfachen Hohlräume differenzirten Apparates für die Acalephen bedeutende Eigentümlichkeiten. Die meist durch Ausbildung accessorischer Theile in ihrer Umgebung ausgezeichnete Mundöffnung führt in die verdauende Cavität, und dient auch als Auswurfsöffnung der un- verdauten Stoffe. Der Hauptraum bleibt nur selten für sich, sondern wächst in Nebenräume aus, die als Taschen oder Canäle sich darstellen, und in der Regel auch eine functionelle Differenzirung ausdrücken, indem die in ihnen enthaltene Chymus-FIüssigkeit durch sie im Körper der Person wie auch des Stockes zur Vertheilung gelangt. Diese »Nebenräume« der verdauenden Cavität, mit letzterer zusammen auch als »Gastrovascular-

122 * II- 2. Cölenteralen (Zoophyten).

System« bezeichnet, versehen damit die Function eines circulatorischen Apparates, ohne dass sie morphologisch etwas anderes sind als Differen- zirungen einer primitiven Darmhöhle. Bei aller genetischen Ueberein- Stimmung mit dem Gastralsystem der Spongien ist also jenes der Aca- lephen durch den Ausdruck einer höheren Differenzirung ausgezeichnet. Diese findet sich in der Verschiedenheit der Nebenräume zum centralen Hauptraum, der den Magen vorstellt, und dessen Functionen meist auf ihn beschrankt bleiben, und nicht wie bei den Spongien in so grosser Ver- breitung auch auf jene seeundären Binnenräume sich fortsetzen.

§ 90.

Die einfachste Form des Gastralsystems der Acalephen findet sich bei den Hydroiden. Bei Hydra stellt es einen die Längsaxe des Körpers durch- ziehenden Raum vor, der mit einer Mundöffnung in Mitte des Tentakel- kranzes beginnt, und von dem darauffolgenden sehr erweiterungsfähigen Abschnitte, dem Magen, verengert in den dünneren Körpertheil sich fort- setzt. Am aboralen Körperpole communicirt es mit einer engen Oeflhung nach aussen, die jedoch nicht als After fungfrt. Auch in die Tentakel er- streckt sich jener Raum. Bei den stockbildenden Hydro'fdpolypen verläuft der vom Magen ausgehende Ganal durch den ganzen Stock , und lässt das Gastrovascularsystem allen Personen gemeinsam erscheinen. An den Stöcken der Siphonophoren sind nur einzelne Personen zur Auf- nahme von Nahrung eingerichtet. Sie entsprechen in ihrem Baue den Magenröhren von Medusen, und stellen sehr erweiterungsfähige Schläuche vor, die in ihrem Grunde mit dem gemeinschaftlichen Hohlraumsystem des Stockes zusammenhängen. Wir haben uns also hier vorzustellen, dass diese Kategorie von Individuen die dem Medusenkörper zukommen- den Einrichtungen bis auf den Magea verloren hat (vergl. § 75).

Zahlreiche Verschiedenheiten bietet das Gastralsystem der Medusen (sowohl der Hydromedusen wie der Discophoren). Es nimmt stets die Goncavität der Gallertscheibe ein, und besteht aus einem in Mitte dieser Flüche befindlichen Magen und davon ausgehenden Hohlräumen. Der erstere liegt entweder unmittelbar an jener Fläche , oder sitzt auf einem besonderen von dort vorsprin tuenden , oft beträchtlichen Stiele. Dieses freie Vorragen eines sonst im Innern des Körpers geborgenen Or- gans erklärt sich aus der Differenzirung des Magens der Hydromedusen aus dem vordersten Körpertheileder HydroYdpolypen, so dass er nicht ein einzelnes Organ vorstellt, sondern einen ganzen Leibesabschnitt reprö- sentirt. Die Mundöffnung ist meist von tentakelartigen Gebilden oder zipfelförmigen-Vcrlängerungen der Mageuwand umfasst, seltener fuhrt sie zunächst in einen oesop ha gusartigen engeren Abschnitt. Bei den meisten Hydromedusen ist der Magen von dem hinter ihm liegenden Räume durch einen in seinem Grunde vorspringenden Wulst geschieden, dessen Con- traction den Magenraum von dem Übrigen Gastrovascularsystem ab-

^*s

Darmcanal. 123

schliesst. In der Gestalt und Ausdehnung des Magens besieht grosse Ver- schiedenheit. Weil Über den Rand des glockenförmigen Schirmes ragt er bei den Sarsiaden vor. Vom Grunde des Ma- gens oder von dem hinter diesem liegenden Baume entspringen die in der Subumbrella sich verbreitenden Hohlräume entweder als engere CanHle oder als weite laschen förmige Ausbuchlungen. Die engeren Canaie treten in radiärem Verlaufe (s. Pig. 43) tum Sohirmrande, entweder einfach oder unter regelmässigen Ramißcationen , und munden dort in einen Ringcanal, der bei manchen auch in die Randten- lakel FortsBtze abschickt. Auf ihrem Wege lum Rande können die Radiärcanälc Ausbuchtungen darbieten, die mit dem Geschlechlsapparate f>b. 43. Ein* Tkiunmiiii in functionellor Verbindung stehen (s. § 96) . *■ Vf"> ■>« "■J"arti,taf "'

Bei den Aeginiden wie bei den Discophoren d™ Mi°™ itt KSt_„7 Mndat geht die Magenhöhle unmittelbar in die radia- tut der liefen, «m &™ ü« ren Erweiterungen Über, welch' letztere von B***":"^ai,t™,nKi,,ec'uu't* einfacheren Canölen sich ableiten. Zuweilen

wechseln sogar engere Canaie mit weiteren Räumen ab. Die Canüle sind verästelt (Fig. ii gv) oder bilden wie bei den Rhizostomeen ein periphe- risches Netzwerk. Wie die Callertsub- slatu des Schirmes bei den Discopho- "7^*^-

ren auch auf die Magen wand sich fort- v\ t

setzt, ist der Magen vom übrigen Gaslralsystem nicht sehrgscharf ge- schieden. Seine Wandung setzt sich immer in armartige , in der Regel in gefaltete Membranen auslaufende An- hinge fort {Mundarme) , welche die Mundoffnunji »wischen sich fassen. Theilnngen dieser Mundarme bedingen fernere Modifikationen, die bis zu reich verzweigten Anhangsgebilden fuhren. Dieser Gestaltung entsprechend lei- ten dann zahlreiche allmählich sich vereinigende Rinnen zum Munde bin. Bei den Rhizostomeen bleibt der Mund nur in einer frühen Periode offen , und verscbliesst sich dann unter allmählichem Verwach- sen der ihn begrenzenden »Arme., an denen die Rinnen verzweigte Canaie bilden, die an den finden

124

. Culcnlu raten (Zoupliyten).

der Arm Verästelungen mit vielen kleinen Öffnungen münden (Poly- stomie) .

In den Lurernarien stehen die Formzustände des Gastralsyslems denen der Medusen sehr nahe. Ein von der concavcn Flüche des Schirms vorragendes in vier Ecken ausgezogenes Rohr fuhrt in einen weiten, in vier radiale Taschen fortgesetzten Raum, der in vier in den Stiel eindrin- gende Canäle sich verlängern kann. Die vier Taschen entsprechen er- weiterten Radiärcanüien, die, wie bei den Medusen, am Rande des Schir- mes mit einander communiciren, wodurch ein Ringcaoal vorgestellt wird. Bei andern ist dieses Verhalten dahin modificirl, dass der Magen sich röhrenförmig in den Körper fortsetzt, und an seinem in den körperstiel ragenden Ende in Radiären »Sic übergehl, die unter Erweiterung gegen den Sclieibenrand sich fortsetzen. An diese Form reiht sich noch das Verhallen des Gastro vascularsyalema bei den Larven der Üiscophoren, den Scyphoslomeu, an.

§ 01.

Das Gaslralsy stem der Anthozocn erstreckt sich von der Mille der Tentakel tragenden Körperfläche mit einem Schlundrohr ins Innere, und öfTncl sich dort in die .jäj^ä verdauende Caviläl, von

der aus Canäle seitlich am Schlünde emporlau- fen, um in die Tentakel Überzugehen. Durch die Weile dieser mit dorn Magen zusammenhangen- den Canäle wird das

Zwischengewebe nuf Scheidewände («) redu- cirl, die in radiärer An- ordnung von der Körper- wand zur Schlundwand verlaufen. Die Canüle treten dadurch als um den Schlund gelagerte Kammern (<) auf, die in einen gemeinsamen Cen- iralraum, die verdauende Ca vi tili i/f| , zusammen - fliessen und durch diesen mit dem Schlünde communiciren. Die Zahl dieser Kammern ist bei den Octaclinien acht, bei den Übrigen Anlhozoi>n ist sie verschieden, richtet sich aber nach demselben Zahlengesclze, welches auch in anderen Organisationsverhältnissen , wie z. B. in der Tentakel- zahl sich ausspricht. Die Sepia des Gaslralapparales setzen sich gewöhn-

Durmcsnal. 125

lieh noch eine Strecke weit an der Magenwand fort, um als bandförmige Streifen oder Wülste auszulaufen. Bei Verkalkung der Stocke entstehen von der Wand her, zwischen den Gastrallamellen , also interradial ein- wachsende Lamellen (SternleislenJ .

Bei den Blockbildenden Antbozoen steht die verdauende Centralboble jeder Person mit einem das Cönenchytn durchziehenden Canalsystem (Fig. 45) in Verbindung, wodurch alle Individuen unter sich zusammen- hängen. Dieses Canalsystem bildet ein Netzwerk von weiteren und engeren Rohren zur Venheilung der ernährenden Flüssigkeit im Stocke. An den Stocken der Oclaclinien findet an einer Stelle des gemeinsamen Stammes eine Vereinigung zahlreicher Can&le zu einem weiteren Räume statt, von deni eine Oeflnung nach aussen fuhrt, die wahrscheinlich zur Regulirung der Zu- und Abfuhr des den Gastralapperat durchströmenden Wassers dient (Pennatula, Renilla). Eine ahnliche Oeffnung ist auch bei Cereantbus beobachtet; sie entspricht dem Porus der Hydren, wie dort am aboralen Korperende gelagert. Diese dem Gaslralsyslem die Bedeu- tung eines Wassergefasssystems verleihenden Einrichtungen sind hei manchen Atithozotin {Korallen) in Form von feinen, Über die Oberflache der Stocke zerstreuten Poren vorhanden, die nur im Momente ihrer Function beim Auslassen von Wasser erkennbar sind. Aehnliche Oeffnungen finden sich auch an den Tentakctspilzen mancher Actinien etc. Alle diese Einrichtungen erinnern an die Dermalporen der Schwämme.

Bei Peunatuliden und Alcyoniden (Sarcoph)ton) erscheinen einzelne, zuweilen zahlreiche Personen eines Stockes in minderer Ausbildung, und durften die Function der Nahrungsaufnahme verloren haben. Ob sie an der Wasserauf nähme belheiligt sind, bedarf des Nachweises.

§ 92.

Bei den Ctenopboren weicht das er- nährende Hohlraumsystem nur in Einzel- heilen ab. Eine bei den Herolden sehr weite, bei den Übrigen engere Magenhöhle senkt sich in den Korper in der Richtung von dessen Ltfngsaxe ein und geht mit einem durch Muskulatur verscbliessbaren spaltarti- gen Verbind ungscanal in einen als »Trichter« bezeichneten Raum Über. Vom Trichter entspringen radiäre (s. Pig. 46), zu den die Wimperreihen tragenden » Rippen« verlau- fende Canale. Am Mundende der Berolden und Callianiriden senken sich die Radial- canale in einen Ringcanal ein. Dieser nimmt auch bei den letzteren zwei an den Seiten der Magenwand herab verlaufende

126 H. 2. Cölenteraten (Zoophyten).

Canäle auf, die gleichfalls aus dem Trichter entspringen. Bei den Gydippiden sind diese von ansehnlicher Weite und geben den Anschein eines den Magen umgebenden gemeinsamen Raumes. Endlich gehen zwar nicht direct vom Trichter, aber doch von den aus demselben ent- springenden Canälen zwei kürzere Canäle ab , die mit verschliessbaren Oeffnungen zur Seite der »Polfelder« (vergl. S. 4 48) ausmünden. Sie sind in diagonaler Stellung und vermitteln eine zweite Communication des Gastro vascularapparates mit dem umgebenden Wasser.

Von dieser Anordnung des Canalsystems bilden 'sich einzelne von der Körperform beherrschte Modifikationen. Auch Verzweigungen einzelner Canalgruppen finden sieb. So bilden die Radialcanäle seitliche bei BeroTden verästelte Ausbuchtungen, welche auch bei den anderen in beschränk- terem Vorkommen mit dem Geschlechtsapparate in Verbindung stehen.

§ 93-

Einigen Abtheilungen der Acalephen kommen fadenförmige, in die Centralhöhle des Gastrovascularapparates einragende Gebilde zu, die Gastralfilamente (wenig passend Mesenterial ßlamenle benannt). Sie finden sich so bei den Lucernarien und Discophoren. Bei den letzteren bilden sie in Ausbuchtungen jener Höhle sitzende Büschel von Fäden, welche wurmförmige Bewegungen vollfuhren. Aehnlich erscheinen sie bei den Lucernarien , indess sie bei den Anthozoön andere Verhältnisse darbieten. An dem freien gegen die Gastralhohle gekehrten Rande der Septa verlaufen nämlich wulslförmige, reich mit Nesselzellen durchsetzte Vorsprünge herab, die selten in fadenförmige Gebilde übergehen, und zuweilen nur auf zwei der Septa beschränkt sind (Tubipora) . lieber die Function dieser sehr frühzeitig differenzirten Organe liegen keine Thal- Sachen vor.

Obwohl drüsige Anhangsgebilde der verdauenden Ca vität bei den Cölenteraten nicht differenzirt zu sein scheinen , so besteht doch eine hieher zu rechnende Einrichtung, welche als Andeutung eines secerniren- den Apparates vielleicht der Leber höherer Thiere analog angesehen werden darf. Es ist das die bei vielen Cölenteraten vorhandene, durch verschiedene Färbung ausgezeichnete Epithelauskleidung des Magens. Pigmentirte Zellen sitzen in Längsreihen , meist auf den vorspringenden Faltungen der Magenwand bei Anthozoön, auch bei llydromedusen , und hier, sogar in der Polypenform (z. B. bei Tubularien) ausgeprägt, bilden sie deutliche wulstartige Längsreihen im Grunde der verdauenden Ca vi tat der Ernährungsindividuen der Siphonophoren. Von besonderer Differen- zirung erscheint ein wohl dem einzigen grossen Magen der Velellen zuge- höriges Netz von »Lebercauälenw, welches an der Unterfläche der Scheibe sich findet.

Geschlechtsorgane. § 9*.

Die geschlechtliche Diflerenzirung ist unter den Cölenleraten noch nicbl der ausschliessliche Factor der Fortpflanzung, da vielfache Formen einer ungeschlechtlichen Vermehrung (s. oben § 73 77) bestehen. Die Bildung von Gescblechtsproducten ist allgemein nachgewiesen, knüpft sich aber noch nicht durchgehend an discrete Organe, sondern erscheint als eine erst allmählich sich localisirende Function. Unter den Spongien wird das Enloderm als die Keimsttute der Zeugungsstoffe angegeben, doch scheint unter den mit einem Hesoderm ausgestalteten Poriferen diese Schichte des Korpers als der Sitz jener Differenzirung. Am genauesten sind die Eier gekannt, die aus den im Mesoderm befindlichen Zellen her- vorgehen, vielleicht aus En toder mzellen die dorthin einwanderten. Ausser hierauf bezüglichen direclen Angaben kommen hiebei auch die unten für HydroYden bestehenden Verhüllnisse in Betracht. Die mannlichen Zeu- gungssloffe sind weniger verbreitet beobachtet. Das Enloderm wird auch fllr Samenzellen als Bildungsstätte angegeben, aber das Vorkommen von Spermamassen im Hesoderm ist fttr Halisarca erwiesen , zugleich mit dem Besteben einer geschlechtlichen Trennung der Stöcke.

§ 95.

Unter den Acalephen isl die Bildungsstätte der Geschlecht ssloffe, die im Allgemeinen in der Wandung der verdauenden Caviuu oder den davon ausgehenden Hohlräumen sich u

findet, am genauesten bei den A

HydroYden erkannt. Das Mate- rial zu den beiderlei Ge- /2y-S> schtechlsproducten wird je- j't" doch von differenten Schiebten 7 - ..''• des Körpers geliefert, welcher [ Y\\- Befund wegen seiner funda- .1 A [ mentalen Bedeutung eine ge- \ | naue Darstellung verdient. Den ersten, indifferenten Zu- . stand reprüseDliren Ausbuch- ir»ctt«i»«k laugen der Korperwand in it™»».«. » eu

tatok von Kn»»pe5, die ein» <££Z£Z*S£SZiZTSZ Fortsetzung der Gastralhohle

unuchliesoen , und aus Ectoderro und Enloderm gebildet sind. Von den Zellen des Entodenns (a) der sich vergrößernden Knospen (Fig. 47. <t 8) ist eine Anzahl gewachsen und unterscheidet sich durch bedeu-

128 II. 8. Cülonler»len (Zoophylen)

lenderes Volumen von den Übrigen EnUHlermzellen , welche die Gaslral- hölile {//) begrenzen. Die vergrosser ten, gegen das Ectoderm gedrängten Zellen stellen die Ei keime (o) vor. Sie bilden allmählich eine anscheinend zwischen Ectoderm und Entoderm gelagerte Zellschichte und lassen die ganze Knospe als Ovarium erscheinen. Wahrend dieser Differenzirungs- vorgänge am Entoderm ist vom Ectoderm her an der Spitze der Knospe eine Wucherung der Zellen nach innen zu eingetreten \A), und indem diese Zellen vom Ectoderm sich abschnüren (ß), bilden sie eine die Ova- rialschichle umwachsende dtlnne Lamelle , welcher jedoch nur bei einer anderen Art von Knospen eine höhere Function zukommt.

In den männlichen Knospen ist nämlich das gleiche Verhallen bezüg- lich des Ecloderms wahrzunehmen, während das Entoderm keine Verän- derung erleidet, und ohne Differenzirung von Eikeimen eine die Gastral- bohle auskleidende Zellschichte bildet. Die Ectoderm-Einsenkung kommt zu voluminöser Entfaltung, und bildet, abgeschnürt, eine zwischen Ecloderm und Entoderm sich ausdehnende Schichte (Fig. 48 ABC), deren

Zellen später die Formelemente des Sperma hervorgehen lassen. Somit entstehen hier aus dem Ectoderm die männlichen Zeugungsslofle, wie bei der andern Art Knospen die weiblichen aus dem Entoderm gebildet wur- den. Da auch bei den weiblichen Knospen eine Einsenkung des Ectoderm stallfindet, konnte daraus eine ursprungliche Zwitterbildung zu folgern sein. In wiefern diese Sonderung der Genese der Geschlechtsproducte nach den beiden Körperschichten auch den uhrigen Acalephen zukommt, ist noch unermittelt. Wenn das Entoderm für beiderlei Producte die Bil- dungsschichte abzugeben scheint, so ist dabei die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, dass sehr frühzeitig Uebcrtritte von Elementen der anderen Körperschichte erfolgt sind. Wie eine Ausnahme erscheint das Verhalten von Hydra, bei der die Geschlechts producta in äusseren knospe na rügen

Geschlechtsorgane. 129

Bildungen, Sonderlingen des Ectodertns, entstehen. Sehr allgemein er- scheint unter den Hydromedusen eine Trennung der Geschlechter auf verschiedene Personen nicht nur, sondern auch auf verschiedene Stöcke, und nur hei den Siphonophoren sind hermaphroditische Stöcke die Regel, die auch ihre Ausnahmen besitzt. Die Geschlechtsproducte verursachen an den Körpertheilen, an denen sie sich bilden, mehr oder minder bedeu- tende Anschwellungen t die aber nur zur Zeit der Production jener Stoffe bestehen und somit als »temporäre Organe« betrachtet werden können.

In den Formverhältnissen der die Geschlechtsproducte bergenden Theile ergeben sich beträchtliche, aber durch zahlreiche Uebergänge ver- bundene Eigentümlichkeiten. Bei den freiwerdende Medusen erzeugen- den Hydroidenstöcken (vergl. § 74] erscheinen die ersteren als die Träger der Geschlechtsorgane ; die Medusen stellen die Geschlechtsthiere der be- treffenden HydroYdpolypen vor, und bringen entweder an der Magenwand oder an den Radialcanälen, oder endlich auch am Ringcanale Samen oder Eier hervor. Bei einigen erfolgt diese Production erst lange Zeit nach der Ablösung vom HydroYden stocke, bei anderen tritt sie früher auf, und daran reihen sich endlich solche , bei denen die Bildung von Zeugungs- stoffen noch während des Festsitzens am Hydroidenstocke statt bat. Hieran reiben sich dann jene Zustände , wo es gar nicht mehr zur Ablösung der Meduse kommt , die dann zugleich nicht mehr vollständig sich ausbildet. Alle jene Organe, welche bei der freien selbständigen Lebensweise in Function stehen , Mund , Magenhöhle, Tentakel , Glocke etc. erscheinen in Stadien der Verkümmerung. Es sind medusoYde Knospen , in denen die Geschlechtsproducte entstehen. Bei Anderen ging die medusoYde Gestalt gänzlich verloren und dann erschienen am HydroYdenstocke einfache Ge- bilde als Geschlechtskapseln, in welche höchstens noch ein Gastralfortsatz einragt. Das sind die oben beschriebenen Bildungen. Diese Geschlechts- gemmen entstehen wie die Medusiformen und die Medusen selbst, bald am gemeinsamen Stocke, bald im Polypenkörper, oft nur an bestimmten Stellen des letztern, wie z. B. bei den Tubularien, zwischen äusserem und innerem Tentakelkranze. In den Fällen der Rückbildung der prolife- rirenden Polypen werden die Geschlechtsknospen immer von denselben Gehäusen umschlossen, wie sie für die Polypen selbst bestehen. So lässt sich die Erscheinung der Sprossung von Medusen bis zu einer Stufe zu- rückverfolgen , auf der die Sprosse wie ein blosses Generationsorgan des HvdroYdenstockes erscheint.

Aehnlich den HydroYdpolypen verbalten sich die Siphonophoren, bei denen die Bildung von geschlechtlich entwickelten Thieren nach dem Me- dusentypus mit dem gleichartigen Bestehen anderer medusiformen Per- sonen die als Generationswechsel bezeichnete Erscheinung bei den Hy- droYden als eine Arbeitsteilung erklären hilft. Bf i einem Theile der Siphonophoren bilden sich die Geschlechtsthiere zu freiwerdenden Me- dusen aus , in deren Magen wand die Keimproducte entstehen (Veleila Chrysotpitra) . Die meisten übrigen besitzen nur medusiforme Gemmen

Gegenbtnr, Grundrissd. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 9

130 II- >• Cölenteraten (Zoophyten).

in den verschiedensten Stadien der Rückbildung (vergl. Fig. 33. B. g. E.}. Der Magen der Meduse wird allmählich nur durch die Geschlechtsorgane reprasentirt und die Medusenglocke verkümmert zu einer blossen Um- hüllung der letzteren. So finden sie sich bald vereinzelt (Diphytden), bald zu traubenartigen Büscheln gruppirl ( Pbysophoriden j am Stamme des Stockes oder auch an bestimmten Personen desselben.

Ed. van Besedcn, De la distinclion originelle du testierte el de rovalre. Bull. Acad. Belg. i"* Ser. T. XXXV11. 5. G. Koch, Morph Jahrb. Bd. II. S.83.

§ 96.

Wie bei den Medusen der Hydrofdpolypen und der Siphonophoren die Wand des Gaslrovascularsystems die Bildungsstätte der Keimstoffe vorstellt, so Irifft sich dasselbe auch hei jenen Medusen, die keine Be- ziehungen zu Hydrolden mehr besitzen. Meist sind es die Radiürcanale ( Aequoriden ) oderdie taschenförmigen Aus- buchtungen des Magens lAe- giniden, an denen die Zeu- gungssloffe entstehen. Bei grösserer Enge der Canäle bilden jene frei vorragende Ausbuchtungen, die, bedeu- tender entwickelt, sogar krau- senartige Falten vorstellen. Blattförmige Ausbreitungen der Radialcanäle entstehen mit der Bildung der Zeu- gungsslofTe bei den Geryoni- den. Bei allen gibt die untere, dem Schirme abgewendete Wand der Ganale die Heim- stätte ab ;Fig. 35. g). Die Entleerung der Keimstoffe er- folgt theils nach innen durch den Magen, theils erfolgt sie durch eine Buplur des Gewe- bes nach aussen.

Bei den Discophoren treten die Geschlechtsorgane immer in gani gleichen Beziehungen auf und ihre Lagerungs- und Form Verhältnisse sind viel weniger mannichfacb. Sie bestehen aus vier oder acht halbmond- förmig gebogenen und raset tenarlig auf der l'nterfläche des Schirmes an- geordneten Krausen (s. oben Fig. U. ov\, welche aus Ausbuchtungen

Geschlechtsorgane. 131

des Gastrovascularsystems hervorgehen. Sie liegen entweder in Vertie- fuagen der Unterfldche der Scheibe geborgen oder hangen, oft in viel- fachen Faltungen, frei hervor.

Die Lucernarien zeigen die Geschlechtsorgane in Form von acht radiär gestellten Längswttlslen an dem der Subumbrella der Medusen ent- sprechenden Körpertheile, von wo sie in die Taschen des Gastrovascular- raumes Vorsprunge bilden. Sie repräsentiren dadurch eine Mittelform zwischen dem Verhaken der Hydromedusen und der Discophoren.

§ 97.

Die Geschlechtsorgane der Anthozoita sind in ziemlicher Ueber- eiostimmung im Zusammenhang mit der Gaslral höhle zu fioden, so dass die Zeugungsstoffe durch den Schlund nach aussen gelangen. Allgemein fungiren die Sepia der Gastralräume, oder deren in den centralen Magen- raum sich fortsetzende Leisten als solche Organe. Bei den Alcyonarien entstehen die Geschlecbtsproducte am freien Rand jener Leisten, bald im Magen bald weiter entfernt im Grunde des Gaslralraumes ; zwei Septa bleiben steril. Sie sind durch Besatz mit den oben (S. 126 erwähnten Wülsten ausgezeichnet, die sich weit herab erstrecken. Auch die Übrigen Leisten sind keineswegs immer Träger der Geschlechtsproducte, denn bei vielen Alcyonarien kommen sie nur an vier oder sogar an zwei Leisten vor. Bei den Actinien bilden sich die Geschlecbtsproducte im Innern der Gastralleisten. Aebnlich verhalten sich auch die Anlipalharia (Gerardia). Ebenso können die Madreporinen bieher bezogen werden , insofern hier die Geschlechtsproducte in jenen in den Grund der Gastralhöble weit vor- springenden Leisten entstehen. Sie bilden hier an jeder der beiden Flächen der Leisten einen besonderen Vorsprung. (Astroides calycularis.)

Gewöhnlich sind die Geschlechter nach den Personen getrennt, doch sollen auch Zwitterbildungen vorkommen (Cerianthus). Bei den stock- bildenden Formen sind bald diöcische bald monöcische Zustände beob- achtet, indess diese Verhaltnisse bei andern sehr wechselvoll sind (Co- rallium rubrum). Beim Bestehen eines Dimorphismus der Personen der Stöcke sind die ausgebildeleren Personen zugleich die geschlechtlich fun- girenden indess die andern sich steril verhalten. Doch sind bei einigen Pennatuliden gerade nur den tentakellosen Personen die Geschlechts- organe zugetheilt (Virgularia mirabilis, .

§ 98.

Der peripherische Abschnitt des Ga3tralsystems reprtfsenlirl bei den Ctenophoren die Keimstätte. Von den längs der SchwimmbliHtchen- reihen verlaufenden Canälen entwickeln sich seitliche, blindsackartige Ausstülpungen, in denen Samen oder Eier entstehen. Die eine Seite eines Radialcanals ist mit Eifollikeln, die andere mit Hodenläppchen besetzt. Die

9*

132 II. 2. Cölenleraten 'Zoophyteii). GeechlechlsorgBcie,

Zwitterbildung wiederholt sich somit für jedes radiale Körpersegment. Das Gastralsysiem dient zur Ausleitung. Es ist also ein mit einem Theil der AnlhozoBn völlig Übereinstim- mendes Verhallen erkennbar, und indem man die zwischen zwei RadialcanMen gelegene Leibes- Substanz einem Sepium der An- ihozoi'n vergleicht, rindet man auch die Verlheüung der Keiui- stiiiien beiderlei Geschlechter un- ter denselben Beziehungen wie bei herm aphroditischen Anthozoeu.

Die Eier der Cölenteraten ent- behren in der Regel der beson- deren Htlllbildungen, und wie bei den Schwämmen erscheint auch noch bei den Eiern mancher Hy- drorden iz. B. Hydra) ein Gestalt- Wechsel in Folge amöboider Be- wegungen. Die Samenelemente sind bei den Acalephen aus einem Köpf- chen mit beweglichem Anhange.

iag> d«> Cnmlai.il vi

Dritter Abschnitt.

Würmer.

Allgemeine Uebersicht

§ 99.

In dieser Abtheiluog vereinigen wir eine grosse Anzahl mehr oder minder verwandter Thierformen , deren Körper mit der Ausbildung der Längsaxe eine Diiferenzirung der Queraxen aufweist. Vorder- und Hinter- Körperende sind daher ebensowohl als Dorsal- und VentralGäche unter- schieden. Das Bestehen zweier Anlimeren bildet einen Gegensatz zu den Gölenteralen. Der Körper ist einheitlich, oder in Melameren getheilt, die bei den einfacheren Formen sich gleichartig verhalten, in höheren Ab- iheilungen Differenzirungen eingehen.

Ob diese Abtheilung einen gemeinsamen Stamm vorstellt ist nicht erwiesen. Zahlreiche, nur durch einzelne Formen repräsentirte kleine Gruppen weisen jedenfalls auf eine bedeutende Divergenz, die noch weiter darin sich kundgibt, dass fast alle höheren Thierslämme in näheren oder entfernteren Anschluss an Wurmformen gebracht werden können.

Die einzelnen Abtheilungen der Würmer stelle ich nachfolgend zu- sammen. Sie könnten durch Herbeiziehung mancher isolirt stehenden Gattung noch beträchtlich erweitert werden. Eine derartige Vollständig- keit liegt jedoch unserem Zwecke fern.

I. Plalyelminthes. Turbellaria.

Rhabdocoela.

Monocelis, Vortex, Mesostoruum, Prostomum. Dendrocoela.

Planaria, Leptoplana.

Trematoda.

Disloma, Monostomora, Trisloma, f'olystomum, Aspidogaster, Diplozoon, Gyrodaciylus.

134 II. 3. Würmer.

Cestoda *).

Caryophyllaeus, Ligula, Bothryocephalus, Taeniä, Tetrarhynchus. Nemertina ^Rhynchocoela).

Pelagonemertes, Nemertes, Polia, Borlasia. 11. Nemathelminthes. Nematodes.

Rhabditis, Dorylaimus, Strongylus, Ascaris.

Gordiacea.

Gordius, Mermis.

III. Chaethognathi2).

Sagitta.

IV. Acanthocephali.

Echinorhynchus.

V. Bryozoa 3).

Phylactolaema.

Cristatella, Alcyonella, Lophopus, Plumatella. Gymnolaema.

Crisia, Hornera, Alcyonidium, Flustra, Eschara.

VI. Rotatoria.

Hydatina, Notommata, Brachionus, Melicerta, Floscularia.

VII. En teropneusti.

Balanoglossus.

VIII. Gephyrea4).

Inermes.

Sipunculus, Phascalosoma, Priapulus.

Chaetiferi.

Echiurus, Bonellia. IX. Annulata 5).

H i r u d i n e a 6) ,

Haemopis, Sanguisuga, Nephelis, Clepsine.

1) Die Cestoden bilden mit denTrematoden eine Abzweigung von einer gemein- samen Form. Ouich die verschiedene Art des Parasitismus ist die Organisations- differenz beider erklärbar. Manche Formen sind bezüglich ihrer Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Abtheilung zweifelhaft (Amphiptyches).

2, Die Chaetognatben sollen in dieser den Nemathelminthen folgenden Stellung keineswegs als diesen verwandt dargestellt werden , was ebenso für die Acantho- cephalen gilt.

3 DenBryozcen nahestehende Gattungen sind Pedicellina und Loxosoma, die mit den Bryozcen wohl zu einer Abtheilung vereinigt, ihnen aber nicht gut unter- geordnet werden können.

4 Die Ciasse der Gephyreen umfasst selbst in ihren beiden Abtheilungen sehr divergente Formen.

5) Eigenthümliche den Annulaten verwandte aber sehr divergente Formen sind Tomopteris, Myzostoma und Pol y gordius. Letzterer vereinigt zugleich Charaktere von Nemertinen und Nematoden mit solchen der Anneliden.

6) Die den Hirudineen beigezählte Gattung Branchiobdella möchte ich den Anne- liden, und zwar den Scoleinen zurechnen. Die Organisation dieses Wurmes enthält ausser den Saugnäpfen und Kiefern nichts Egelartiges, und jene Theile sind doch wohl nur durch Anpassung an die parasitische Lebensweise entstandene Bildungen.

Allgemeine Uebersicht. Literatur. 135

A n n e 1 i d e s. Oligochaeta.

Scoleina.

Lumbricus, Chaetogaster, Nais. Haliscolecina.

Polyophthalmus, Capitella.

Cbaetopoda.

Vagantia.

Siphon ostoma , Arenicola, Glycera, Nephthys , Pbyllodoce, Alciopa, Syllis, Nereis, Eunice, Amphinome, Aphrodite, Polynoe.

Tubicolae. '

Amphitrite, Hermella, Terebella, Sabella, Serpula, Brau- ch iomma.

Von noch' nicht sicher bestimmbarer Stellung sind die Gattungen Xeomenia und Chaetoderma, die wegen der grossen Bedeutung mancher bei ihnen bekannt gewordenen Organisationsverhältnisse hier nicht übergangen werden dürfen. Bei nicht unbedeutender Verschie- denheit ihres Baues erscheinen sie doch als unter einander näher ver- wandt und können den übrigen Abiheilungen der Würmer beigezählt werden. Ich vereinige sie daher zu einer Abtheilung, die ich als So- lenogastres aufführe. Genaueres, namentlich über die Ontogenie, steht noch zu erwarten und dann erst wird ein sicheres Urtheil bezüglich ihrer Stellung möglich sein.

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Körperform. 137

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Körperform.

§ 400.

Die bei dem grössten Tbeile der Cölenteraten besiebende radiäre Körperform ist bei den Würmern nirgends dusgeprägt. An ihre Stelle ist die eudipleure Form getreten, die meist als bilaterale Symmetrie bezeichnet wird. Tergl. oben S. 62. ) Sie wallet von nun an in allen Abtheilungen des Thierreiches. Obgleich in einzelnen Zuständen, z. B. bei der Scolex- forro vieler Cestoden jene Sonderung der Nebenaxen nicht ausgesprochen ist, und daraus ein an die Cölenteraten anschliessendes Verhalten gefol- gert werden könnte, so stehe ich doch nicht an , jenen Zustand als einen in der Abiheilung der Cestoden erworbenen anzusehen , da die Cestoden erst von solchen Formen sich ableiten lassen, die bereits, wie die übrigen Plattwürmer, die eudipleure Grundform besassen. Jene in gleichmassiger Ausbildung der Nebenaxen beruhende Modißcation erklärt sich zugleich aus dem Aufgeben der Locomotion und dem Festheften des Körpers mit einer einem Pole der Hauptaxe entsprechenden Stelle des Leibes.

Am oralen Pol der Hauptaxe ist meist ein Kopf unterscheidbar, an welchem die in der Regel etwas ventralwärts gerückte Mundöffnung liegt. Am meisten trifft sich die Entfernung der Mundöffnung am Kopfe bei den Plattwürmern , wo sie bei den Turbellarien sogar weit auf die Bauch- fläche rücken kann. Das aborale Körperende ist Träger der Afteröffnung, die, wo sie besieht, in vorwiegend dorsaler Lagerung sich findet.

Bedeutende Modificationen erleidet die Körperform bei den festsitzen- den Würmern. Hier zeigt sich die Gehäusebildung von umgestaltendem Einfluss, wie bei den Bryozoen. Das aborale Körperende , mit welchem die Befestigung stattfindet, kann nicht mehr die Afteröffnung tragen , die dem nicht vom Gehäuse umschlossenen vorderen Körpertheile genähert wird.

§ <<H.

Eine andere innerhalb der Würmer zuerst auftretende Erscheinung betrifft die Gliederung des Körpers. Schon bei den Rotatorien ist der

135

II. «. Würmer.

hintere Leibesabschniti in Anpassung an die Bewegung in eine Anzahl von Segmenten /erfüllt. Darin isi eiue Spur des iu den hübern Abthei- lungen bedeutungsvollen Zuslandes zu erkennen. Bei den Cesloden trifft sich dieser weiter gebildet. Mit dem Wachst h um des Körpers in der Rich- tung der Hauptaxe äussert sich eine Differenzirung. Vorder- und Hinter- theil des Leibes umschliessen nicht mehr die gleichen Organe. So enthält der hintere Leibesabschniti der Caryophyllaeen ausschliesslich die Ge- schlechtsorgane. Bei Ligula ist dieser hintere Leibesabschniti mit mehr- fach sich wiederholenden Geschlecht sapparaten bedeutender entwickelt, Bei den Tänien differenziren sich solche Geschlechtsapparale am hintern Körperende in einer reicheren Folge und jeder bezügliche Abschnitt bildet sich, auch äusserlich allmählich abgegrenzt, zu einem Gliedslucke aus, das sich zu den Übrigen als Metamer verhüll [Fig. 5);. So entsteht die Bandwurnikelle, deren letzte Melameren je nach dem Grade ihrer Ausbildung sich ab- lösen die sogenannten Progloltiden), um als bald mehr, bald minder selbständige In- dividuen zu erscheinen. Dieser Vorgang stellt sich somit als ein Sprossungsprocess dar, sein Product ist die Bandwurmkelle ; jedes einzelne Glied derselben erscheint als ein Metamer mit Bezug auf den Gesamratorga- nismus der Kette, ist aber als Person zu be- urlheilen , da es zu einer selbständigen Existenz befähigt ist, deren Beschränkung sich aus der an Parasitismus angepassten Lebensform erklärt. Wie die bei den Cesloden erscheinende Melamerie des Körpers aus einer Sprossung abzuleiten ist, so ist die Sprossung selbst mit einem Längenwachs- thum des Körpers im Zusammenhang. Sie bildet eine Zwischenstufe beider Erschei- nungen. Es besteht somit kein sehr scharfer Gegensatz zwischen beiden. Wo die MeUtmerie weniger deutlich sich darstellt, wird sie mehr und mehr nur auf Langenwacbslhum bezogen werden können.

Viele Abteilungen bieten Beispiele einer solchen unvollkommenen Melamerie. Sie ist angedeutet bei den Nemerlmen in einzelnen Organ- Systemen. Auch bei den Gephyrecn ist sie noch keineswegs allgemein, denn mehrere Organsysteme sieben noch ausserhalb ihres Bereiches. Da- gegen herrscht sie unter den Annulnlcn allgemein und lussl den Organis- mus als einen vicllheiligen erscheinen. Sie ist hier nicht selten mit einer deutlichen Sprossung verbunden. In der Körperanlagc erscheint in der Regel eine geringere Anzahl von Melameren als später entstehen. Die neugebildeten sind vor dem hintersten Segmente entstanden. Zahlreiche

91 irrofrlotlldf d

Koroerfonn. 139

Modificationen gehen aus einer Ausbildung einzelner Melanie reo hervor. Eine solche erscheint auch durch Concresoenz einer Summe von Meia- meren gegeben, wobei dann nur noch an einzelnen Organsystemen das ursprüngliche Verhalten angedeutet wird, und damit ergeben sich Zu- stände, die meist schwer von jenen anderen , die Metamerie erst im Be- ginne zeigenden, zu sondern sind. Mit der Ausbildung der Metamerie betritt dee Organismus eine höhere Organisationsstufe, aber diese ist nicht der einzige hieiu fuhrende Weg, vielmehr begegnen wir auch sonst immer zu höheren Abtbeilungen leitenden Differenzirungen. Hieher ge- bort z. B. die schärfere Sonderung der Bnucbuache durch Ausbildung einer Rinne bei den Solenogastres (bei Chatoderma nur am hintern Körper- theile vorhanden) wodurch der erste Zustand der bei den niedersten Mollusken als SoblQäche des Körpers erscheinenden Bildung repräsenlirt erscheint.

§ 102.

Innerhalb einzelner kleinerer Abtheilungen kommt es zu mannich- fachen andern Modificationen , die besonders bei entopsrasitischen Plall- würmern von Anpassungen an veränderte äussere Lebensbedingungen abzuleiten sind. Als die bedeutendste dieser Modificationen ist die «Bla- sen form« anzusehen, welche in den Entwickelest reis der Cesloden eingeschaltet, und in phylogenetischer Beziehung ebenso sicher aus einem Eintritte des Organismus in ihm ursprunglich fremde, abnorme Verhält- nisse abzuleiten ist, wie der gesammle Parasitismus auf solche erst secun- där erlangte Zustände zurückfuhrt. Diese phylogenetische Beziehung stellt sieb also in ihrer Begründung auf ursprunglich abnorme, dem sich daran anpassenden Organismus jedoch allmählich zu normalen Lebensbedingun- gen werdende äussere Verhältnisse, nicht in einen exclusiven Gegensatz zum onlogenetiseben Verhalten, welches die Blasenform als einen Befund des normalen Entwicke- lungskreises erwiesen bat; viel- mehr drückt ersleres Verbällniss nur einen erworbenen Zustand aus, der beim Fortbestände glei- cher Bedingungen für gleicbmäs- " sige Vererbung nach und nach zu Fi». "■ J<»(* rt»ni» einer geselzmässigen Erscheinung 'k^I'SST * w.' fl8 m. im-.i.ot^ sich gestaltete. Die einzelnen For- ■*:■> » tiMr bi*ii« d*t »i* interYorptttipK-ni men knüpfen en die ersten Eni- '«"*™ .«».*p*u«- zu.u.d.. B*»i<fc»»«

. , ^ , . , bin £ml>rjomlh«c)ini. «i« in voriger FI*Br.

wickelungszuslände der Cesloden lSll.k T Sl„OLD,, (j,.eh v s„„,tBl)

im Allgemeinen an. Der meist mit

3 Hakenpaaren ausgestattete Embryo zeigt in seinem Innern die UiOeren- zirung eines Cestodenköpfcbens .Fig. 52 a) , welches noch vollendeter Aus- bildung sieb he [-vorstülpt, so dass die anfänglich äussere Umhüllung zu

140 H. *. Würmer.

einem am Köpfchen sitzenden Körperiheile wird (Fig. 53 6). Bei der Cysti- cercusform bildet sich der Embryo zu einer mit Fluidum gefüllten Blase, an defen Wand das Köpfchen hervorsprosst. Mit der Ausstülpung des

Köpfchens stellt die Blase einen Endanhang des Körpers vor (Fig. 54).

Entsteht an der Blasenwajid eine Mehrzahl von Sprossen, an denen hervorstülpbare Köpfchen sich differenziren, so bildet sich daraus die Gönurusform aus. Im Falle der Ablösung der Knospen ins Innere

der Blase können sich dieselben zu neuen Blasen-

bildungen gestalten, an deren Wand derselbe Spros- Fig. 54. Ein« Finne sungsprocess von Köpfchen sich fortsetzt und zu (Cysticercus ceiu- Systemen ineinandergeschachtelter Blasen führt, de- BtM^^foJ^oT)! ren jüngste an ihren Innen wanden wieder Band- et Die mit Fluidum g«- wurmköpfchen sprossen lassen. Dieser Zustand

füllte Schwan.bla8e c bMei die EchinOCOCCUSform. Der vordere Theil des

Körpers, d Das Köpfchen. Diese Sprossungs Vorgänge lassen sich unge-

(Nach t. siebold.) achtet der Mannichfalligkeit der Endprodukte auf

eine gemeinsame Grundform zurückführen. Sie stehen im Bereiche der Plattwürmer keineswegs unvermittelt da , indem bei nicht wenigen eine in manchen Punkten ahnliche ungeschlecht- liche Vermehrung Platz greift. Am verbreitetsten ist sie unter den Trematoden, deren Embryo einen als »Keimschlauch a bekannten unge- schlechtlichen Zustand hervorgehen lässt. Das Körperparenchym dieser Keimschläuche differenzirt sich meist wieder zu gleichartigen Gebilden, in denen schliesslich die zur geschlechtsreifen Form sich ausbildenden, als »Cercariena bekannten Larven entstehen. Die Verscbiedenartigkeit der Formen der einzelnen Generationen scheint in den meisten Fällen durch Rückbildungen in Anpassung an die parasitische Lebensweise im Allge- meinen , wie im Speciellen an die Beziehungen zu verschiedenen Wirthen entstanden zu sein , sowie jene Lebensweise nicht minder die wieder als »Generationswechsel« bezeichnete, damit freilich in keiner Weise erklärte, Gesammterscheinung beherrscht.

§ 103.

Sprossungsvorgänge sind auch unter den Bryozoön verbreitet und führen zur Stockbildung. Die Sprossung geht wieder von der Leibeswand aus, wie bei anderen Würmern und den Cölenteraten. Je nachdem der Spross lateral verbleibt und mit dem Mutterthier den Boden theilt, oder bei Streckung des Körpers terminal vom Boden sich abhebt, entstehen flächenhafl ausgebreitete oder in die Höhe wachsende, rainificirte Cormi. Am Rande der flächenhaft ausgebreiteten Stöcke bilden die jüngsten Sprossen häufig die Anlagen für mehrere Individuen (Personen), die nach und nach sich von einander sondern. Wie bei der Entwickelung aus dem

Glfedmatttn. )41

Eie legi sich auch bei der Sprossbildung der vordere, die Tentakelkrone tragende Körpertbeil im Inneren des das »Gehäuse« um sich bildenden hintern Körperabschnittes an. Man hat darauf hin beide Abschnitte in sehr ungerechtfertigter Weise als »Individuen« darzustellen versucht. Nicht alle Personen eines Bryozo€nstockes gelangen zu gleich hoher Aus- bildung. Bei manchen entwickeln sich nur einzelne dem Gehäuse und der Muskulatur angehörige Theile, und daraus gehen die sogenannten Avicularien (vogelkopfartigen Organe) hervor, die für den Stock als Greif- organe fungiren. In einer ferneren Moditication entstehen die Vibracula- rieo, lange, Bewegungen vollführende pfriemenartige Gebilde. Endlich können sogar einzelne Personen nur zur Aufnahme von Eiern dienen, und sogenannte Brutkapseln vorstellen. Daraus ergibt sich wieder ein Polymorphismus, der auf einer Theilung der physiologischen Arbeit des Stockes beruht.

Gliedmassen.

§ 104.

Die Gliedmassen erscheinen als activ bewegliche Fortsatzbildungen des Körpers, die je nach ihrer Beziehung zu letzterem und nach ihrer speziellen Ausbildung zu den verschiedensten Functionen in Verwendung kommen können. An dem den Kopf vorstellenden Körperabschnitte treten Fortsatsbildungen schon bei den Turbellarien auf. So entstehen bei vielen Planarien seitliche lappenartige Fortsatze als Tentakel oder Fühler, und bei anderen ist auch die Rückenflache des Körpers durch ähnliche Fortsätze ausgezeichnet (Thysaoozoon).

Während die parasitische Lebensweise der Trematoden, der Gestoden und vieler Nemathelminthen derartige Bildungen gänzlich ihrücktreten lässt so treffen sie sich unter den freilebenden Annuiaten wieder bedeu- tend entfaltet, und lassen die Macht des Einflusses der Aussen weit auf den Organismus erkennen. Hier sind es besonders die Chätopoden, deren Kopftheil bald an den Seiten , bald auch median mit contractilen Tenta- keln ausgestattet ist (Fig. 55 ff). Diese sind entweder einfach, oder durch Segmentirung weiter differenzirt, oder auch durch secundäre Fortsetze ausgezeichnet. Durch Anpassung an die raannicbfachsten Lebensverhält- nisse in Gebilde mannicbfacher Art umgewandelt, dienen sie vielerlei Verrichtungen.

Bei den röhrenbewohnenden Chätopoden , deren Kopftheil den mit dem umgebenden Medium zunächst in Beziehung tretenden Körperab- schnitt vorstellt, sind die Fühler in mächtige Apparate umgewandelt. Sie bilden Büschel contractiler Fäden am Kopflappen, in einfachen oder mehr- fachen Beihen (Terebellen [vergl. unten Fig. 79. t], Hermellen), oder sie sind mit der Enlwickelung eines innern Gerüstes (Knorpel) in starre, auch mit secundären Aesten besetzte, federbuschartige Gebilde* (Kiemen-

142

II. a. Würmer.

tenlakel) Übergegangen , die sowohl an der respiratorischen Function sich belbciligen, als auch bei Bewegung des Gesamratapparates für die Her- beischaffung der Nahrung thälig sind {Serpulaceen,. Bei einem Theile

ordnen sich diese

Kiemenfühler auf zwei fächerförmig ausgebreitete Grup- pen. Kurze, ein- fache Fäden , neben denen noch zwei sie überragende exqui- site Fühler vorkom- men, stellen sie bei Siphonostoma vor. Bei Andern zieht sich die Basis heider, am Rucken getrennter Hälften der Büschel in eine spiralig auf- gerollte Leiste aus, auf welcher die ein- zelnen Fäden sich aufreihen (Säbel - lida>. Hit dem Auf- treten von Sehwerk- zeugen an den einzelnen Faden der Kiemenbusche! erscheint für diese Organe eine neue wichtige Beziehung (Brancbiomma;.

Einzelne der Kiemenfädeu erleiden noch andere Umwandlungen. Ein oder ein Paar der anfänglich gleichartigen kiemenlenlakel [Prolula1 hal bei einzelnen Sabelliden die respiratorische Function verloren und wandelt sich bei Anderen in kolbenförmige Gebilde um, von denen eines mächtiger entwickelt, als Deckel zum Verschluss der vom Thiere bewohn- ten Rühre verwendet wird. Bei Filigrana behalt der Deckelsliel in seiner Fiederung einen Theil seiner ursprünglichen Eigenschaften. Die Fiede- rung kann aber verloren gehen (Serpula;, und dann durchläuft die Ent- wicklung des Deckels jene hei Andern bleibenden Zustände. An diesem durch Anpassung entstandenen Apparate wird häutig noch eine verkalkte Schichte abgeschieden, welche das freie abgeplattete Ende Scheiben förmig bedeckt. In einzelnen Fällen nimmt der erweiterte Deckelstiel die Eier auf und fungirt als Brullasche Spirorbis spirillum) , so dass ein und dasselbe Organ eine Beihe der mannichfaltigsien , von seiner ursprüng- lichen Bedeutung weil abliegenden und durch gegebene äussere Verhält- nisse erworbenen Beziehungen eingebt. Ausser den Fühlern linden sich bei den Chätopoden noch besondere kürzere, aber retractile Taster |Fig. 55 a] vor.

Gliedmtssea. 143

Diesen Gebilden reihen sich auch die Tentakel der Bryozoen an, als fadenförmige, von Cilien umsäumte und contractile Fortsätze einer schei- benförmigen oder lappenartig ausgezogenen Ausdehnung des Integumentes (Lophophor) am oralen Körperende. Die erstere Form des Lophophor ist die verbreitetste. Die Mundöffnung nimmt dann die Mitte ein. Im andern Falle ist der Lophophor in zwei eine Hufeiseoform bildende Fortsätze aus- gezogen [s. Fig. 60 B. br \

Einfacher verbalten sich die Tentakel von Pediceliina und Loxosoma, die den Rand einer scheibenförmigen, Mund wie After tragenden Körper- fläche besetzt ballen , und im Innern nicht hohl sind wie die Tentakel der Brvozoön.

§ 405. .

Eine andere Abtheilung bilden die bei den Chätopoden ausgebildeten locomotorischen Gliedmassen, seitliche Forlsätze der Metameren des Körpers, Fussstummeln oder Parapodien 'Fig. 55, 56 p . Sie treffen sich stets paarig für jedes Segment, zu zweien oder zu vieren. Im letztern Falle nimmt ein Paar den dorsalen , ein anderes den ventralen Abschnitt der Seite des Körpers ein. Sie tragen Borsten und häufig auch fadenförmige und mannichfallig gestaltete Anhänge C irren", welche die Parapodien an Volum übertreffen können . oder hei deren Rückbildung sich ganz an die Stelle derselben setzen. Zuweilen sind dorsale und ven- trale Parapodien jeder Seile einander sehr genähert, von welchem Zu- stande an alle Uebergänge bis zur völligen Verschmelzung zu einem ein- zigen Paare sich kundgeben Syllidcn . Dieses nimmt genau die Seite des Körpers ein, und trägt die sonst auf dorsale und ventrale Parapodien ver- teilten secundären Anhänge Borsten und Cirren, . Rückgebüdet erschei- nen die Cirren bei den Tubicolen , wo sie durch den Aufenthalt des Kör- pers in einer zuweilen gehäuseartig gestalteten Röhre keine functionelle Bedeutung mehr besitzen können.

Der Ausbildungsgrad der Parapodien ist sehr mannichfach. und wird durch Beziehung zu Borstengruppen complicirt. Eine Umbildung erfolgt durch eine Verbreiterung des Endes der einzelnen getrennten oder auch verschmolzenen Parapodien oder vielmehr deren Cirren, woraus dann Ruderplalten hervorgehen (Phyllodoceen, . Als besondere durch Umwand- lung dorsaler Cirren entstandene Anhangsgebilde der Parapodien erschei- nen die Elytren, schuppenartige Lamellen, welche über den Rücken hin sich über einander lagern, und alternirend durch kurze Fortsätze vertreten sind (Aphroditeen) . Während die als Locomotionsorgane thätigen Parapo- dien der Anneliden als die Anfänge einer bei den Gliederthieren zu einer vollkommneren Entfaltung gelangenden Gliedmassenbildung erscheinen, entbehren sie doch der Selbständigkeit, insofern sie keinen eigenen Muskel- apparat wie die Gliedmassen der Arthropoden , besitzen, und vorzüglich durch die Gesammtaclion der bezüglichen Metameren in Thätigkeit gesetzt werden.

144 II. •• Würmer.

Aeu8gere Kiemen«

§ 106.

Sowohl die am Kopfe wie die an Metameren der Chätopoden vor- kommenden Anhangsgebilde erleiden mancherlei Umwandlungen in An- passung an die respiratorische Function. Wenn diese bei dem grössten Theile der Würmer durch die gesammte Körperoberfläche ver- mittelt wird, so erscheint sie bei den Chätopoden auf bestimmte Theile localisirt, die dadurch, wie aus ihrem Verhalten zum Gefässapparat und aus ihrem sonstieen Bau zu ersehen, zu Kiemen sich umwandeln.

In diese Beziehungen zur Athmung treten erstlich die Köpften - takel 104). Bei einigen (Peclinaria, Terebella) führen diese Gebilde eine perienterische Flüssigkeit; und erscheinen noch nicht sicher als Kie- men bestimmbar. Bestimmter ergeben sie sich als solche bei den Pbe- ruseen (Siphonostoma). Bei den Sabelliden sind sie in der oben angege- benen Weise noch weiter diflerenzirt und die einzelnen Kiemenfäden sind zu einer ferneren Vergrößerung der Oberfläche mit secundären Fieder- chen besetzt.

Wie durch weitere Ausbildung der Kopftentakel Kiemen hervor- gehen, so erscheinen auch Kiemen als Anhangsgebilde der ein- zelnen Körpersegmente durch Modificalionen der den Parapodien angefügten, oder auch als besondere Anhänge sich darstellenden Girren. Im einfachsten Zustande zeigen die Cirren keine Umbildung, bergen aber eine Fortsetzung der Leibeshöhle, so dass nur die perienterische Flüssig- keit in sie eintreten kann. Auch das Vorkommen von Cilien auf den Cirren ist für deren respiratorische Bedeutung von Belang. Indem die Wand der Cirren an einzelnen Stellen bedeutend dünner ist, werden diese für das Zustandekommen des Gasaustausches bevorzugt. In der

Fig. 5f>. Schemata senkrechter Querdurehschnitte von Ringelvjhrmern, zur Darstellung der Anhang«« gebilde. A Querdurch schnitt von Eunice. B von Marianida. p Bauchsturomel. p' Kückenstutnnel.

br Kiemen, br' Cirren.

Regel sind die*dorsalen Cirren in dieser Ausbildung zu treffen. Die soge- nannten Elytren der Aphroditeen gehören gleichfalls in diese Reihe von Fort- satzbildungen. Sie stehen mit der Leibeshöhle in weiter Communication. Bestimmtere Beziehung zur Athemfunction empfangen sie indem das Blut- gefässsystem sich in sie fortsetzt. Sie stellen dann Kiemen vor. Diese bleiben entweder einfache Fortsätze, zuweilen von blattförmiger Gestalt,

Integument. 145

oder sie zeigen Ratificationen in verschiedenem Grade. Als sehr ver- längerte einfache Fäden erscheinen sie bei Cirratulus. Die andere Form nmfasst die exquisiteren Kiemen ; sie können entweder kammfönnig ge- staltet sein (Euniceen) (Fig. 56. A. br), oder auch sich baumförmig ver- ästeln (Fig. 82. br) (z. B. bei Amphinomeen,. Da nicht selten neben ihnen noch ein Dorsalcirrus vorhanden ist, so erscheinen sie als selb- ständigere Gebilde , sowie sie auch häufig von den Parapodien sich ent- fernen und direct von der Ruckenfläche entspringen.

Ihre Verbreitung über den Körper findet in verschiedenem Maasse statt. Bald treffen sie sich an allen Metameren , gegen das Körperende meist in geringerem Umfange (Eunice sanguinea, Amphinome). Bald sind sie auf eine Anzahl von Metameren beschränkt und gehen allmählich in rudimentäre Bildungen über (Arenicola, Hermella-. Bei den Röhrenbe- wohnern ruft die Lebensweise die Ausbildung vorderer, das Schwinden hinterer Kiemen hervor. An drei vorderen Segmenten besitzen die Tere- bellen verästelte Kiemenbüschel (Fig. 79. br), an zweien trägt Pectinaria kammfbrmige Kiemen, und einfache fadenförmige Anhänge sind an der- selben Stelle bei Branchiosabella und Sabellides vorhanden.

Auch in anderen Abtheilungen der Würmer ist die respiratorische Function an Körperfortsätze geheftet. Das gilt von den Tentakeln der Bryozo£n. Specielle Ausbildungen von respiratorischen Fortsätzen be- stehen bei Gephyreen, wo das Hinterleibsende von Sternaspis blulgefäss- führende Anhänge trägt. Endlich kommen selbst bei den Hirudineen la- mellenartige Ausbreitungen des Integumentes in metamerer Anordnung vor (Branchellion).

Integument.

§ *07.

Das aus dem Ecloderm gesonderte Integument der Würmer steht in enger Verbindung mit der Muskulatur, durch die es sieb bei mangelnder Leibeshöhle ins Körperparenchym fortsetzt. So verhalten sich die meisten Plattwttrmer und Hirudineen. Bei dem Vorhandensein einer Leibesböhle stellt das Integument mit der Muskulatur einen Hautmuskelschlauch vor, wie er bei Acanthocephalen , Gephyreen und den meisten Annulaten be- steht.

Wenn wir den Haut muskelschlauch in die beiden ihn zusammen- setzenden Tbeile zerlegen, so finden wir die Muskulatur in der Regel als die bedeutendere, die als eigentliches Integument anzusprechende Schichte als die relativ geringer entwickelte Lage.

Die eigentliche H a u tsc h i ch te besteht in der Regel aus einer Zellen- lage, deren Elemente oft so wenig gesondert sind, dass sie ein Syncytium vorstellen. Diese Schichte entspricht einer Oberhaut, Epidermis. Bei den Turbellarien ist sie überall mit Wimpern besetzt. Bei vielen sitzen die Wimpern auf einer anscheinend homogenen Schichte , die wie eine

Gegeab&ur, Orundri« d. rergl. Anatomi«. 2. Anfl. \ 0

146 II- S- Würmer.

Culicula sich ausnimmt. Die Cilien werden jedoch auch hier als Fortsätze der Zellen zu gelten haben. Selbst bei solchen die, wie die Cesloden, später des Wimperkleides entbehren, ist wahrend embryonaler Stadien ein Cilienüberzug vorhanden. Auch Embryonen von Tremaloden besitzen ihn. Bei vielen Anneliden bestehen an verschiedenen Korpertheilen be- wimperte Stellen, oder es sind sogar grosse Strecken des Kßrpers mit Cilien bekleidet.

Die locomotoriscbe Rolle dieses Wimperbesatzes tritt besonders für die kleineren Formen hervor. Ausschliessliches Bewegungsorgan bleibt das Wimperkleid daher meist nur in den Jugendzusländen. Durch Fort- satzbildungen des Körpers wird die wim perlragende OberQäche ver- drössen, und daraus entspringt für die Cilien eine erhöhte Leistung für die LocomolioQ. So verhallen sich die Larven der Gephyreen und der meisten Anneliden. Die Cilien ordnen sieh auf leislenartige Vorsprünge, die bestimmte Strecken der Leibesober fläcbe als Wimperschnur oder Wimperkranz umziehen, und in ihrer Anordnung für die einzelnen Abtbeilungen meist charakteristisch sind. Ein oder mehrere Wimper- kränze umgürten den Körper, darnach man die Larven von Cbälopoden in mesolroche, lelotroche und polylroche unterschied. Wenn auch sonst die KöTperobcrfläche noch Cilien tragt, sind die der Wimperreifen doch mächtiger entwickelt u1t& ihr Schlagen forden wesentlich die raschere Orlsbewegung. Von diesen Wimperreifen ist einer (Fig. 57. CDv] be- ständiger als die Übrigen, er Irin zugleich am frühesten auf, und tbeilt den Körper in einen vordem und hinlern Abschnitt. Der erstere stellt den oberen Theil des spätem Kopfes des Wurmes vor, während aus dem andern Abschnitt der ganze übrige Leib des Thieres sich entwickelt. Der primitive Wimperkranz erhält sich in einer Abiheilung der Würmer, bei den R:lderlhieren. Indess der hintere Abschnitt in einen mebr oder min-

i- ÜB) und W.nnilm

der gegliederten Körper sich diflerenzirt, bildet sich der vordere, auf einer wulsiformigen Verdickung lange Cilien tragend, zu einem besonderen Organe aus, welches für diese Abiheilung charakteristisch wird. Dieses Rttderorgan von der Bewegung seiner Cilien so bezeichnet zeigt

Inlegnm«nl.

147

sich in sehr verschiedenen Formzusländen. Es bleibt entweder einfach, mehr im. Anschlüsse an das primitive Verhallen, oder es breitet sich in lappenartige Fortsätze aus jTubicolaria . oder bildet tentakelartige Ver- langerungen Siephaooceros), die häufig nur in den Jugend zustanden der Ortsbewegung dienen, indess sie spater bei festsitzender Lebensweise des Tbieres für Zuleitung von Nahrungsstoffen, durch den mittelst der Wim- peraclion erzeugten Strudel, in Verwendung stehen. Bei denBryozoi'n besteht vor der Entfaltung der Tentakel gleichfalls ein Wimperkran?., innerhalb dessen die Tentakel hervorsprossen. Durch die Lage der MundttSnung entbehrt dieser Wimperkranz der Uebereinstimmung mit der verbrei leieren Form, allein es bestehen doch noch für einige Abibei- lungen nahe Beziehungen z. 8. mit den Gephyreen, deren Larven gleich- falls einen das Mundfeld umgürtenden Wimperkranz besitzen. Auch bei dem sonst mit Rundwürmern übereinstimmenden Polygordius kommt ein Wimperkranz vor, in welchem wir somit eine Einrichtung erkennen, die von einer vielen Abiheilungen der Würmer gemeinsamen Stammform aus sich fortvererbt haben mag.

§108. Beim Hanget von Cilien wird die Epidermisschichte von einer sehr verschied eng radig entwickelten C u l i c u I a bedeckt, die als Absonderungs- producl der epidermalen Zellen- schichte erscheint. Diese Cuti- cula ist unter den Platlwür- mera bei Trematoden und Ge- sloden als eine dünne oder doch weiche Schichte vorbanden. In ähnlicher Weise kommt sie auch den Anneliden zu, wo sie sogar eine besondere Mächtig- keit erreichen kann. (S. Fig. 58. c, Auch die Arantboce- pbalen besitzen* sie. Hit be- deutender Verdickung dieser Schichte treten Porencanäle in ihr auf. In der Klasse der Rund- würmer ist sie am beträchtlich- sten entwickelt und Übertrifft die unter ihr liegende Matrix

mehrfach an Dicke. Sehr häufig üüüT'rf'ii«^!»"*»» Bnritnbtickäii 7 «.Yen« lilsst sie mehrere in ihrem in ••■tni«n fuihui»i f einnimmt, tnd*» aor- nSheren Verhallen von ein- "le * iv** ''■•■■ •*• *"" rU*" h,* J""cb li "***** *

... ,. . In»ff »«•«•Ut WM.

ander verschiedene Schichten

wahrnehmen, deren Substanz dem Chitin nahe verwandt zu sein scheint.

Durch grossere Derbheit einzelner Abschnitte des Culicularuberzuges

148 H. 3* Würmer.

kann bei Ringelwürmern eine Art von Hautskelet hervorgehen , welches, wenn auch nicht von der Harte des Chitinpanzers der meisten Arthro- poden, doch morphologisch jenem gleich kommt.

Vollkommene Uebereinstimmung mit dem Chitinskelet der Arthro- poden bietet der Hautpanzer der Räderthiere dar. Wenn er auch nicht eine bedeutende Mächtigkeit erreicht , so verleiht ihm doch die Rigidität des vordersten Abschnittes sowie der folgenden durch weichere Zwischen- stücke verbundenen Segmente, den Charakter eines wahren Skeletes, welches Muskeln zur Ursprungsstätte dient.

An die Cuticulargebilde reihen sich die Gehäuse der Bryozoön, die bald gallertartig (Lophopus crystallinus) , weich und biegsam, bald durch Kalkeinlagerungen von bedeutender Härte erscheinen. Letztere kommen bei den meisten Gymnolaemen vor. Durch die innige Verbindung mit dem Körper unterscheiden sie sich von den Gehäusen mancher Rotatorien sowie der tubicolen Anneliden, welche Bildungen durch ein von der Körperoberfläche sich abhebendes Secret zu Stande kommen. Dass aber die zwischen diesen Gebilden bestehende Grenze kaum sehr scharf ist, lehrt die Thatsacbe, dass bei manchen Räderthieren die Leibeswand vom hinteren Abschnitte des Gehäuses sich löst. Damit spricht sich ein Ueber- gang zu den andern Abscheidungen aus, welche man zu den Cuticular- bildungen in Gegensatz zu stellen mit Unrecht gewohnt ist.

Die Ausbildung des festen Gehäuses erstreckt sich nicht über den ganzen Körper. Es umfasst nur den hintern Abschnitt desselben und setzt sich in eine schwächere den vorderen, tenlakeltragenden Theil überklei- dende Chitinschichle fort, die sogar häufig fehlt. Diese verschiedenartige Ditrerenzirung des Inlegumentes führt zu einer verschiedengradigen Be- weglichkeit beider Körperabschnitte, und gestattet eine Retractilität des vordem Theils, der sich in dem gehäusetragenden Hintertheile sammt der Tentakelkrone zu beigen vermag. In der Ausbildung dieses Verhältnisses bieten sich am Gehäuse mannichfache Diflerenzirungen.

§ 109.

Als den Cuticulargebildcn angehörige Sonderungen des Inlegumentes der Würmer gelten jene eigenthümlichen Bildungen, die als Stacheln, Borsten; Haken u. s. w. im Haushalle der Thiere eine oft wichtige Rolle spielen. Die ausserordentlich mannichfalligen Formationen lassen sich nach ihren Beziehungen zur Oberfläche des Körpers in zwei Gruppen theilen. Die eine davon ist an einfache Erhebungen des Inlegumentes geknüpft. Auf papillenförmigen Fortsätzen bildet sich eine dickere Cuti- cularscbichte, die in Form einer Warze, oder, wenn länger ausgezogen, haar- oder borstenartig gestaltet sein kann. Bei bedeutender Fesiigkeit stellt dieser Abschnitt der Cuticula doch eine nur scheinbar selbständige Bildung vor, denn dieselbe ist nur eine Modificalion der Cuticula, in die sie an ihrer Basis übergeht. Hierher gehören die derben Papillen und

Integument.

149

Fig. 59. Kopf von Taenia coenuru's ( Bla*enform : Coenurus cerebral is ) von vorn gesehen. Sichtbar sind die vier Saugnapfe und der

Fig. ßO. a—4 Verschiedene Häkchen auii dem Ifaken- kranze von demselben. Ent-

in Mitte von dienen liegende wickelungfrütadien vorstel- Hakenkranz. lend. (Nach v. Siebold.)

Stacheln, die sich an der Haut vieler Trematoden finden , und zuweilen den Vordertheil des Körpers in verschiedener Ausdehnung besetzen. Ebenso schliessen sich hier die dicht stehenden feinen Stacheln an, welche den Körper der Solenoga- slres bis zur Ventralrinne bedecken, ferner die Sta- cheln der Echinorhynchen, endlich die Haken der Ce- stoden, die bei manchen am

vordem Körperende zu ejnem Kranze gereiht sind (Fig. 59, 60) oder in der Wandung von vier ausstülp- baren Schlauchen sitzen (Tetrarhynchus . Indem diese, als Verdickungen der Cuticula beginnend, mit ihrer Gbitinisirung sich auch gegen die Matrix und noch tiefer einsenken, bilden sie einen Uebergang zur zweiten Gruppe.

In dieser entstehen die Borsten oder Starhein nicht mehr an der Oberfläche, sondern in besonderen Einsenkungen , die recht treffend mit Drüsen verglichen werden. Die Ausscheidung geht von Zellen (einer oder mehreren] aus, und gestaltet sich unter allmählicher Chitinisirung in be- stimmter Weise, in verschiedenem Grade über die Körperoberfläche her- vortretend. In der Regel tritt die Borstenbildung erst mit der Metamerie auf. In Volum und Form sind diese Gebilde ausserordentlich wechselnd, und sogar bei den einzelnen Gattungen und Arten vielfach verschieden. Die Hirudineen ausgenommen sind sie bei den Ringelwürmern allgemein verbreitet. Fast immer finden sie sich in Büschel gruppirt [s. oben Fig. 58. s), deren jedem Metameler zwei oder vier mit den Parapodien ver- bunden zukommen. Sie fungiren zum Theil als Locomotionsorgane, bei den Schwimmenden (Vagantes) wie Ruder wirkend ; bei einer Umbildung in Haken vermögen sie als Haft- oder Klammerorgane tbätig zu sein (Tu- bicolae) . Am mächtigsten sind sie bei den Aphroditeen entwickelt, wo ein Theil der feineren Borsten eine, den Rücken und die El ytren deckende, verfilzte Schicht bildet.

Als eigenthümliche Bildungen sind noch die »stäbchenförmigen Kör- per« im Integumente von Turbellarien, sowie ähnliche Bildungen bei An- neliden anzuführen, wodurch in manchen Fällen an »Nesselkapseln« er- innert wird.

An die vom Integumente aus entstandenen Differenzirungen findet ein in seiner Function noch ziemlich räthselhaftes Organ seinen Anschluss : der sogenannte Rüssel der Nemertinen. Er bildet einen über dem Darm gelegenen in eine besondere Scheide eingeschlossenen , häufig ge- wundenen "Schlauch , der am vordem Körpertheil über dem Munde sich

150 II. 3. Würmer.

öffnet, und daselbst hervorgestreckt werden kann. An diesem Schlauche sind mehrfache Abschnitte unterscheidbar, deren einer in seinem Grunde Stacheln trägt, meist einen grössern in der Mitte und beiderseits in beson- deren Taschen einige kleinere, die bald als Reservestacheln, bald als ausser Gebrauch getretene Gebilde gedeutet sind. Der hinler dem Stachel- apparate liegende Theil des Schlauches erscheint drüsiger Natur und be- sitzt neben dem Stachel einen Ausführcanal. Am blinden Ende des Schlauches befestigt sich ein von der Leibeswand entspringender Muskel, der als Retractor aufzufassen ist. Manchen Nemertinen (Lineus, Nemertes u. a.j fehlt der Stachelapparat.

Bei einigen ist der Schlauch von unansehnlicher Grösse (Polia invo- luta) und verknüpft dadurch anderen Plattwürmen zukommende Gebilde, welche vielleicht als Anfangszustände des bei Nemertinen hoch differen- zirten Rüssels gelten können. Dies sind die am vordem Körperende der Cercarien vorhandenen, zum Einbohren dienenden Stacheln, welche entweder oberflächlich oder im Grunde einer tieferen, follikelartigen Ein- buchtung gelagert sind. Das Verhalten seitlicher Stacheln zu einem me- dianen grösseren ist oft ganz ähnlich wie im Nemertinen - Rüssel , und lässt auf eine ursprünglich einer grösseren Abtheilung der Plattwürmer zukommende Gleichartigkeit dieser Organisation schliessen. Auch bei gewissen Nemathelminthen finden sich ähnliche Einrichtungen vor, so dass wir es hier mit grosser Verbreitung übereinstimmender Verhältnisse zu thun haben. Bei den einen erhält sich diese Einrichtung nur in Jugendzuständen , und ist im ausgebildeten Organismus verschwunden (Trematoden) , bei den andern dagegen persistirt sie nicht nur, sondern verbindet sich mit grossartigen DifTerenzirungen (Nemertinen).

§ m.

Durch die Diflerenzirung von Drüsen, als besonderer Secretions- organe, nimmt das Integument der Würmer eine höhere Stelle ein. Solche Organe sind in fast allen Abtheilungen der Würmer nachgewiesen , und finden sich bei den Annulaten sogar in grosser Verbreitung. Sie scheinen in den meisten Fällen einzellig zu sein, und lagern bald unmittelbar unter dem Integumente, bald in den tieferen Theilen des Körpers, letzteres bei dem Mangel einer gesonderten Leibeshöhle.

Unter den Plattwürmern sind einzellige Hautdrüsen bei den Trema- toden bekannt. Sie lagern meist in Gruppen am Vordertheile des Körpers, und kommen auch am hintern Körpertheile in Verbindung mit Saugnäpfen vor. Eine mächtige Ausbildung besitzen die Drüsen bei den Hirudineen, besonders bei den Blutegeln, wo sie, im Körperparencbym zerstreut, mit langen Ausfuhrgängen zur Haut treten. Ihre Ausbildung scheint an die Geschlechtsfunction geknüpft. Gleichfalls einzellige Drüsen sind im Inte- gument der Scole'inen und zwar zwischen den Zellen der Matrix nach- gewiesen. In manchen Fällen rücken die Drüsen tiefer und lassen blos den Ausfuhrgang zwischen den Zellen hindurch treten.

Sltelet. Muskelsystem. 15]

Bei den Gephyreen sind Drüsen schlau che gleichfalls mil dem Inlcgu- mente verbunden, und ebenso finden sie sich bei den Anneliden Fig. 58c/) . Eine Drusenschichte entfaltet sich an einem Abschnitte des Körpers der Lumbricinen als Sattel; der Bau dieses Gebildes scheint jedoch nicht mehr so einfach zu sein , da die Schläuche ein besonderes Epithel als Ausklei- dung, und zuweilen auch eine gelappte Form besitzen. Sehr verbreitet finden sich unter den Chätopoden Drüsen seh lau che mit Massen von stäb- chenförmigen Körpern (Spio, Aricia . Den Nemertinen kommen gleichfalls Drüsen, die ein schleimiges Secret liefern, zu. In vielen Fällen wird das Secret der Hautdrüsen zur Bildung von Eihüllen verwendet.

Skelet.

§ H2.

Bei etwas festerer Beschaffenheit spielt das Inlegument in vielen Abtheilungen der Würmer eine bedeutende Bolle als Stützorgan , welcher Beziehungen bereits oben gedacht ward. Beachtenswerther sind die Or- gane, welche jene Function ohne Nebenbeziebungen besitzen. Als solche Stutzorgane trifft man bei einer Anzahl von tubicolen Anneliden im Kopf- segmente Knorpelslücke, von denen aus Fortsätze in die federbuschartigen Kiemen sich verzweigen , und dort bis in deren Fiederblällchen als feine Streifen verlängert sind. Es wird darin eine innere Skeletbildung zu sehen sein, die jedoch zu andern ähnlichen nur Analogien darbietet.

Gleiches gilt von dem Kiemenskelet der Enteropneusli , welches aus einem Gitterwerk homogener Stäbeben (Culiculargebilden zusammen- gesetzt wird. In Anordnung wie in Genese erinnert es an das Kiemen*- skelet der niedersten Wirbelthiere (Amphioxus;, ohne dass nähere Be- ziehungen hiezu festzustellen wären.

Muskelsystem.

§ 113.

Die Muskulatur der Würmer bildet mit dem Integumente verbunden bei den meisten den mächtigsten Theil der die inneren Organe umschlies- senden Hülle. Bei andern ist sie nur spärlich ausgebildet. Als continuir- liche Schichte fehlt sie bei Echinodermen. In der allgemeinen Anordnung der Fasern lassen sich mehrere Typen unterscheiden, die in folgender Weise zu charakterisiren sind.

1) Ring-, Längs- und Radiärfasern bilden eine zusammenhängende Muskelmasse, bei welcher die beiden ersteren in Schichten gesondert und von den senkrechten Fasern durchsetzt sind. Die Ringfasern bilden eine äussere und eine innere Schichte, zwischen welchen die Längsfaser- schichte eingeschlossen liegt. Die senkrechten Fasern treten von den Bin-

152 II. 3. Würmer.

nenlhciten des Körpers zur Oberfläche. An den Se Ken runder n des Kör- pers erstrecken sie sich unmittelbar von der Rücken- zur Bauchfläche. Diese Anordnung der Muskulatur besitzen Plattwürmer und Hirudiueen. Dabei kommen auch noch schräg gekreuzte Muskelfasern vor, die hei den Rundwürmern und rhabdocölen Turbellarien fehlen.

9': Die Längsfaserschichle bildet die ausschliessliche Muskulatur. Das ist der Fall hei den Nematoden, Chälognalhen und bei Polygordius. In der Yertheilung der Lilngsmuskeln sind verschiedene Verhältnisse gegeben. Die Musketfasern verlaufen entweder als flache, mit den Breitseilen an einander liegende Bänder, unmittelbar unter der Epidermisscbichte 'Matrix der CuüjPRr-, oder sie sind mit den Kanten gegen einander, also mit den Kläclufi je nach aussen und innen gerichtet. In beiden Fällen bieten sie F.igenthümlichkeiten in der Gruppirung. Durch eine dorsale und ventrale von anderen Geweben eingenommene Medianlinie werden sie in zwei seitliche Massen geschieden, die aus unmittelbar an einander liegenden Fasern bestehen (Gordius , Trichocephalusi. Bei der Mehrzahl der Nemalhelminlhen tritt an beiden Seilenhälften des Hautmuskel Schlauches durch Zwischentrelen anderer Organe eine weitere Differen- zirung auf. Diese Seitenlinie (Fig. 61 A. r) verbreitert sich bei sehr vielen Nematoden zu einem in verschiedenem Grade entwickelten Set- tenfelde, welches auch den Chälognalhen zukommt.

3 Die Muskulatur des Körpers besieht aus einer äussern Ring- und innern Längsfaserschichle. Beide sind bei den Gephyreen und Acanihoce- phalen nicht in bestimmte Felder gesondert, obwohl bei den ersteren die einzelneu Längs- oder Quermuskelzüge häufig in Absländen von einander gelagert sind. Dagegen besitzen die Anneliden durch die Anordnung der Längsmuskeln in zwei dorsalen und zwei ventralen Zügen ein deutliches Seilenfi'ld. die Längsfaserschichle ist die mächtigere. Eine in der Regel durch einzelne Bündel vorgestellte Schichte transversaler Fasern gebt von der ventralen Medianlinie zu den Seilen fei dem.

MuskeUystem. ]53

Ausser dieser dem gesaromten Körper zukommenden Muskulatur sind noch einzelne Muskeln für besondere Organe vorhanden. Hier soll nur der die Borstenbündel bewegenden Muskeln Erwähnung geschehen , welche wohl nur eine Sonderung aus der über den ganzen Körper 6ich er- streckenden Muskulatur vorstellen.

Besondere Differenzirungen des Hautmuskelschlauchs stellen die bei Trematoden, Cestoden und Hirudineen verbreiteten Saugnäpfe vor, die im wesentlichen des Baues miteinander übereinstimmen.

§ m.

Als äussere Ring- und innere Längsfaserschichte gibt sich die Mus- kulatur der Bryozoen zu erkennen Phylactolaemen . Nicht selten ist die Ringmuskelscbichte in einzelne Bander gesondert. Am mächtigsten ist die Muskulatur an der Verbindung des protractilen Körperabschnittes mit dem Gehäuse. Bei vorwiegend starrer Wandung des letzleren sind die Ring- bander unterbrochen vFIustra und stellen von den Seitenwänden des Ge- häuses zur oberen freien Fläche tretende Züge dar. Einige davon inse- riren sich an dem als Deckel fungirenden Abschnitt des Gehäuses. Beim Besteben einer Längsmuskulatur löst sich ein Theil der Muskelfasern hin- ter dem invaginirten Abschnitte des Körpers ab und tritt nach innen zur Duplicatur der Leibeswand , um sich grösstenteils bis zur Tentakelbasis fortzusetzen. Sie bilden Rückzieher des vordem Körpertheils Parieto- Vaginalmuskeln, .

Im Baue der Formelemente des Muskelsvstems bieten die Würmer beträchtliche Verschiedenheiten. Die Muskelfasern sind längere oder kürzere Gebilde, die in der Regel selbst da, wo sie eine bedeutende Länge besitzen, das Product einer einzigen Zelle sind, wie aus dem Vor- handensein eines einzigen Kernes hervorgeht. Unter den Plattwürmern besitzen die niedem Formen nur blasse, oft schwer unterscheidbare Fa- sern , die auch Verästelungen darbieten. Bei den hohem Plattwürmern stellen sie Röhren vor, indem die contractile Substanz einen hohlen Cy- linder bildet, welcher indifferentes Protoplasma mit dem Kerne um- schliesst. Der contractile Theil der Faser zeigt zuweilen eine fibrilläre Streifung. Dieses Verhalten findet sieb bei den Hirudineen , Acanthoce- phalen.und Gephyreen. In den beiden letzten Abtheilungen bilden die Fasern jeder Schichte ein Netzwerk.

Unter den Nemathelminthen zeigt Gordius die einfachsten Zustände. Die Muskelfasern sind breite dünne mit den Flächen an einander gereihte Bänder. Bei andern sind besondere Differenzirungen der Fasern bemerk- hnr. welche rhomboidale, häufig auch in langgestreckte Fasern über- gehende Platten bilden. Die contractile Substanz ist fibrillär gestreift und liegt an der äusseren Seite der Faser, während der gegen die Leibeshöhle gerichtete Theil der Faser aus indifferent gebliebenem einen Kern ein- schliessendem Protoplasma gebildet wird. Daran reihen sich eigenthüm-

154 H- 3- Würmer.

liehe Umgestaltungen der Fasern in rinnenförmige oder auch plattcylic- drische Formen. Jede Faser stellt eine sehr tiefe, entweder als solche auslaufende oder gegen die Enden zu cylindrisch sich abschliessende Rinne vor, deren offener Theil immer gegen die Leibeshohle gerichtet ist. Die Wandungen bestehen aus contracliler Substanz mit fibrillärer Zer- klüftung. Den schmalen Raum der Rinne füllt Protoplasma und von den Rändern setzt sich eine zarte Membran in ein beulelförmiges Gebilde fort, welches von jeder Muskelfaser aus in die Leibeshöhle einragt, deren grösster Theil durch diese beuteiförmigen Anhänge der Muskelfasern aus- gefüllt wird (Ascaris lumbricoldes. Vergl. Fig. 61. A). Von den Beuteln verlaufen schräge Stränge (Querfasern) zu den Medianlinien. Sie zeigen nicht selten eine fibrilläre Beschaffenheit, und sind als Nerven betrachtet worden. An einzelnen Stellen findet man sie deutlich als Muskellibrillen. Wo die Beutel nicht entwickelt sind , treten diese Stränge an Fortsätze der Muskelfasern, die häufig in seitlich plaltged rückte Röhren Übergehen. Beiderlei Zustände finden sich übrigens nicht nur innerhalb gleicher Gat- tungen, sondern sogar in allmählichem Uebergange an einem Individuum vor. Bei der lelztaufgeführlen Form der Muskelzellen liegt meist eine grössere Anzahl von Fasern im Muskeischlauche neben einander. Deut- lich ausgesprochene Querslreifung besitzen die Muskelfasern der Chae- tognalhen ; bei manchen Anderen kommt sie angedeutet vor.

.Nervensystem.

§ H5.

In der allgemeinen Anordnung des Nervensystems der Würmer zeigt sich die enge Beziehung dieses Apparates zu der gesammten Organisation. Centren und peripherische Theile verhalten sich einfach, wo der Körper nicht in Melanie ren getheilt ist, während sich bei einer Gliederung des Körpers diese Erscheinung fast regelmässig auch für die Centralorgane des Nervensystems wiederholt. Allen ist die Lagerung der wichtigsten Centralorgane im vordem Körpertheile meist in der Nähe des Anfangs- stückes vom Darmcanal gemeinsam. Eine DifTercnzirung aus dem Eclo- derm ist wenigstens für mehrere Abiheilungen nachgewiesen. Das den Munddarm überlagernde Centralorgan, ist der ur- sprünglichste Theil des Nervensystems, welche Modifi- cation er auch bietet. Eskommt mit derSonderung eines Kopfes in diesen zu liegen und versorgt stets die am Kopfe entfalteten Sinnes Werkzeuge mit Nerven, nach der Ausbildung dieser Organe gleichfalls verschieden- gradig ausgebildet. Nach der Peripherie des Körpers ausstrahlende Nervenstämme erscheinen nach Maassgabe ihres Verbreitungsgebietes in verschiedener Ausbildung. Von diesem Verhalten sind zwei verschiedene Zustände ableitbar. Der 'erste wird durch eine ventrale Verbindung der oberen Centralorgane re-

Nervensystem

150

präseniirl. Es entsteht dadurch ein Nervenscblundring , der zweite ist durch Entfaltung zweier Langsstamme ausgezeichnet, die sich ventral nahem und centrale Elemente eingelagert erballen.

Die primitive Form des Nervensystems erhalt sich bei den meisten Plallwtlrmern , die zwei grossere durch eine Quercomtnissur zusammen- hangende Ganglien massen im vordem Tbeile des Körpers besitzen. Diese •Hirnganglien« (Fig. 02 g) bilden mit zwei davon ausgehenden Längsnerven- sldmmen ( n ) den Hauptlheil des Nervensystems, von dem feinere Verzweigungen nach den Sinnes- organen des Integumentes (n'| zum Hautmuskel- schlauche, sowie zu inneren Organen verlaufen. Die Liingsstamme folgen den Seiten randern des Körpers und sind je nach der Breite desselben naber an einander gelagert oder weiter aus ein- ander gerückt. Sowohl dendrocOle Turbellarien als auch viele Trematoden zeigen diese lateralen Langsstamme nur wenig entwickelt, so dass sie von andern von den Hirnganglien entspringenden Nerven kaum unterschieden sind, doch sind sie auch hier nicht seilen durch grossere Starke von anderen Nerven unterschieden.

Am nächsten den Plattwtlrmern kommen die Hädertuiere. Als Cenlralorgan erscheint eine dem Schlund aufliegende, aber ihn niemals um- greifende Ganglienmasse , die zuweilen deutlich in zwei seitliche Hälften gelrennt ist. Von diesem Gehirn entspringen die peripherischen Nerven. Da diese nicht in Langsstamme gruppiri sind, so besteht hier die einfachste Form, die am meisten jener der Turbellarien sich anscbliessl.

Auf derselben niederen Stufe erscheint das Nervensystem von Pe- dicellina, welches, dem Hagen aufgelagert, keine Schlundringbildung eingeht. Ob die bei Echinoderes seitlich am Schlünde liegenden Ganglien massen, von denen Nervensiammc nach hinten gehen , von ein- ander getrennt bestehen, ist nicht sicher. Bestände eine dorsale Com- missur so wurde die Anordnung jener niederer PlaltwUrmar sich an- reiben.

Weiler gebildet stellt sich das Nervensystem der Bryotoün dar, dessen einzige Cenlralmasse als ein einfacher Ganglienknotcn zwischen Mund und AnalöfTnung liegt und ausser starken Aesten an die Tentakel noch zwei Nerven um den Anfang der Speiserohre zur Bildung eines Schlundringes entsendet. Wo das Nervensystem am genauesten bekannt ist, wie bei Alcyonella, ist der Scblundring zweifellos. Von dem seillichen Theilc der centralen Nervenmass« tritt ein lappenarliger Forlsatz m den Lophophor und entsendet, wie auch der übrige Schlundring, Nerven zu den Tentakeln.

*4rp«r. Fou Mr-.o.ton,, Ekrei,b«r(i>. , O.W:

m Yoratraada <

Kür]»», d Dm. a Min

(Nach L. Uiaff.i

156 H. 3. Würmer.

Ausser diesem, jedem Individuum zukommenden Nervensysteme ist noch ein dem Stocke zukommendes Nervensystem, ein Colon ial- nervensystem erkannt worden, dessen Existenz jedoch nicht sicher gestellt ist.

§ 116.

In eigentümlicher Weise verhält sich das Nervensystem der Ne— mathelminthen , soweit darüber bis jetzt die Thatsachen festgestellt scheinen. Es besteht hier ein dem Schlünde aufgelagertes und ihn ring- förmig umschl messendes Gentralorgan , von dem sowohl nach vorne als nach hinten Nerven ausstrahlen. Dieser Verlheilung der Nerven ent- spricht die Gruppirung der Ganglienzellen des Schlundringes. Die von diesem nach vorne tretenden Nerven sind als sechs Faserzüge unter- scheidbar. Zwei verlaufen in der Mitte der Seitenfelder und vier in der Richtung secundärer Medianlinien. Sowohl am Ursprünge als im Verlaufe der letzteren liegen Ganglienzellen. Die nach hinten verlaufenden Nerven bestehen aus einem dorsalen und einem ventralen, der entsprechenden Medianlinie entlang verlaufenden Stamme. Ausserdem gehen noch vom ventralen Theile des Schlundringes zwei nach hinten convergirende Stränge ab, die sich an einer Ganglienzellenmasse (G. cephaiicum) ver- einigen. Der Verlauf der Mediannerven zieht sich durch die Länge des Körpers. Beide schicken Fasern zur Zellenschichte des Integumentes. Es ist ersichtlich , dass diese Anordnung zwar im Allgemeinen von den andern einfachen Formzuständen des Nervensystems der Würmer eine Modi- fikation darbietet, die aber bei ihrer Eigenthümlichkeit jede speciellere Vergleichung unsicher erscheinen lässt.

Bezüglich des Nervensystems der Acanthocephalen gilt das Gleiche. Ein kleines am Grunde der Rüsselscheide gelagertes »Ganglion« sendet nach vorne wie nach hinten Aeste ab. Da es zwischen den Bündeln der ventralen Retractoren der Rüsselscheide angegeben wird, bleibt eine Beziehung auf das dorsale Gentralorgan der andern Würmer vorerst noch dunkel.

§ H7.

Eine zweite Form des Nervensystems wird durch das Vorwalten zweier Längsstämme angebahnt, welche von den Gehirnganglien ausgehend sich nach hinten erstrecken. Diese Einrichtungen beginnen mit den Ne- mertinen und knüpfen direel an die Turbellarien an, von denen manche ebenfalls zwei bedeutend entwickelte nach hinten ziehende Längsnerven besitzen. Die Mächtigkeil dieser beiden peripherischen Längsstämme steht mit der Ausdehnung des Körpers in die Länge in Zusammenhang. Da in ihnen Ganglienzellen vorkommen sind sie nicht ausschliesslich pe- ripherische Organe. Auch das Gehirn bietet bei den Nemertinen eine be- deutendere Entfaltung, indem an jedem der beiden Ganglien einzelne

Nervensystem.

157

grossere Abschnitte unterscheid bar werden. Die Commissnr zwischen beiden Hälften wird von dem oben als Rüssel bezeichneten Organe durch- setzt. Während die Längsstämme (Fig. 63. n) bei der Mehrzahl in ihrem Verlaufe genau dem Seitenrand des Körpers entsprechen (inner- halb der Muskelschichlen gebet- tet, , rücken sie bei anderen Oerstedia) an der ventralen Fläche naher an einander, und sind an den Abgangsstellcn von Nervenzweigen durch Anschwel- lungen ausgezeichnet. Darin spricht sich eine Vorbil- dung ventraler Ganglien aus, deren Elemente bereits in den LüQgssUimmen vorhanden waren. Durch die venlralwürts rückenden Längsstamme der Nemerü'nen ist der Weg gezeigt, auf welchem das centrale Ner- vensystem noch einen ventralen Abschnitt gewinnt, der durch Ganglienbildungen in ursprüng- lich peripherischen Bahnen sich ausbildete. Die ventrale Nähe- rung der Längsstamme führt aber durch L'mscbliessung des Schlundes zur Bildung eines

Nervenschlundringes, wenn dievenlralenLangsslämme mit einander tosammen treten. Ob der Schlundring der Bryo- Fif. zoön und der Nematbelmin- 9 c tben aus einem ähnlichen Vor- gang entstand, bleibt eine offene Frage, bezüglich welcher wir nur das eine bemerken wollen, dass selbst bei der Annahme einer gleichartigen Genese, daraus noch nicht ein directer Zusammenbang dieser Schlundringbildungen gefolgert werden kann. Denn bei den Nemertinen sehen wir die Entstehung dieser Einrichtung durch das Verhalten zweier peripherischer Längsstämme vermittelt, die in jenen andern Pullen nicht vorhanden sind.

Der bei den Nemertinen noch fehlende ventrale Abschluss ~des Schlundringes vollzieht sich bei den Annulaten durch transversale Ver- bindungen zwischen den primitiven UtngssUmmen. Die letztern haben

BglMuorgon. ä Don

158 H. 3. Würmer.

durch reichlicher eingelagerte Ganglienzellen eine centrale Bedeutung ge- wonnen, und die Anfänge der Längsstämme erscheinen dann als Com- missuren, welche das primitive, dorsale, über dem Schlund gelagerte Nervencentrum (Gehirn) mit dem aus den Längsstämmen entstandenen ventralen in Verbindung setzen.

§ US.

Die Gehirnganglienmasse ist bei den Gephyreen nicht allgemein ausgebildet. Deutlich besteht sie bei Sipunculus und Sternaspis, bei ersterem sogar in zwei Hälften gesondert. Bei Boneil ia und Priapulus da- gegen umfassen nur faserige Elemente den Schlund, so dass im Vergleiche zu den ersteren eine Veränderung besteht, für welche entweder eine Rückbildung der centralen Elemente oder ein Ueberlritt derselben nach der ventralen Seite wird angenommen werden müssen. Der Befund entspricht dann einer bedeutenderen Entfaltung der sonst zwischen den beiden Hälften der obern Ganglien vorhandenen Commissur. An der Stelle der beiden ventralen Längsstämme besteht ein einheitlicher Nervenstrang, an dem eine Verschmelzung aus zweien nur andeutungsweise sich findet. Dieser Bauchstrang liegt meist im Innern der Leibeshöhle, soll aber bei einzelnen auch ausserhalb der Muskelscbichte dicht unter dem Inlegumente vorkommen (Priapulus).

In der Regel fehlen ihm Anhäufungen der Ganglienzellen zu beson- dern, eine Metamerie ausdrückenden Anschwellungen, nur bei Echiurus sind solche allerdings schwach ausgebildet vorhanden, und am Bauch- strang besteht in anderen Fällen (Sipunculus, Sternaspis) eine terminale, feine Fädchen aussendende Verdickung.

Der Bauchslrang sendet nach beiden Seiten zahlreiche, häufig un- regelmässig entspringende Fädchen als peripherische Nerven ab. Vom Schlundringe begeben sich solche auch auf den Darmcanal.

Der im Bauchstrange der Gephyreen bestehenden Concrescenz zweier getrennter Bildungen stellt sich das Getrenntbleiben der beiden Hälften des Bauchstranges gegenüber, das in anderen Abtheilungen der Annulaten zu treffen ist. Es dürfte jedoch bedenklich sein diese Zustände als niedere zu betrachten, bevor durch die Beobachtung noch nicht erwiesen ist, dass ihnen nicht ein früherer, dem der Gephyreen ähnlicher, vorausging. Die Vereinigung beider getrennter Bauchstränge durch Quercom missuren ist leichter versländlich, wenn der Bauchstrang zuvor einheitlich war.

Eine besondere Stellung nimmt das Nervensystem von Sagitta ein. Von dem im Kopfe liegenden Gehirnganglion erstrecken sich seitliche Gom- missuren weit nach hinten und abwärts zur ventralen Fläche des Körpers und gehen daselbst in ein unmittelbar unter dem Integumenle liegendes grosses Bauchganglion über, welches nach verschiedenen Seiten periphe- rische Nerven abgibt.

Nervensystem.

159

§119.

Eine höhere Differenzirungsstufe erscheint im Nervensystem der Hi- radineen und Anneliden. Die Gehirnganglien sind durch Commissuren mit einem Bauchstrange verbunden und damit bestehen Anknüpfungen an die Gephyreen. Bei manchen Anneliden erscheint der Bauchstrang in seinen beiden Hälften noch gleichartig, nur durch die abtretenden Nerven eine metamere Beschaffenheit andeutend. Die Mehrzahl besitzt dagegen die centralen Formelemente in regelmässiger Vertbeilung. Dann erscheint der Bauchstrang in einzelne Ganglien gegliedert , die durch Lüngscom- roissuren unter einander verbunden sind. Jedes Ganglion zerfällt wieder mehr oder weniger seitlich in zwei durch Quercom- missuren verbundene Hälften. Die beiden Bauch- stränge stellen damit eine Bauchganglienkette vor (Fig. 64). Bei manchen Hirudineen besteht in Jugendzuständen eine Entfernung der Längsstränge des Baucbmarks von einander. Sie lagern später sehr nahe beisammen und erscheinen fast wie ein einziger Strang. Dadurch wird hier die Trennung als ein primi- tiveres Verhalten gelten müssen. Noch mehr genähert erscheinen die Längsstränge bei den Scoleinen, und unter den Chätopoden bei den Nereiden, Amphi- nomiden und Euniceen, doch ist in allen diesen Fällen keine wirkliche Verschmelzung, sondern nur ein nahes Aneinanderliegen gegeben, welches durch das beide Nervenstränge umhüllende Bindegewebe noch inniger scheint.

Bei den tubicoien Anneliden besteht eine Tren- nung der ganglientragenden Längsstränge und beson- ders bei den Serpulen sind die Seitentheile der Ganglienkette vorne weit auseinandergerückt. Mehr genähert sind die Stränge bei den Sebellen und Her- rnellen , wo sogar der vordere Abschnitt des Bauch- marks viel kürzere Quercommissuren besitzt als der hintere. Daran schliessen sich endlich die Terebellen, bei denen nur am hintern Abschnitt noch Quer- commissuren zwischen den Ganglien deutlich sind, indess der vordere die beiderseitigen Ganglien fast verschmolzen zeigt.

Bezüglich der Ganglien ist die Ausbildung und voluminösere Ent- wickelung der Hirnganglien im Gegensatze zu den niederen Würmern hervorzuheben. Sehr selten werden beide Hälften durch einen einfachen Knoten vertreten, was z. B. bei Encbytraeus als eine Rückbildung sich ausnimmt. Ein Zerfallen in einzelne lappenförmige Abschnitte, bei den Nemertinen in einfacher Weise angedeutet , tritt in mannichfaltiger Ge- staltung hervor. Häufig erscheinen die Lappen als kugelige Vorragungen,

Fig. 64. Vorderer Theil des Nervensystems von Capitella capitata. g Gehirnganglion. o Au- gennerven, c Schlond- commissur. b Bauch- strang mit zwei Gan- glien, n Von letzteren abgehende Nerven. (Nach Clapabkdk.)

160 II. 3. Würmer.

zuweilen fast wie gestielt. Die Hirngajoglien sind dann Complexe kleinerer Ganglien.

Auch an den Ganglien des Bauchstranges macht sich eine theils durch voluminösere Ausbildung , theils durch Concrescenz auftre- tende Differenzirung bemerkbar. Bei den Hirudineen ist das erste Gang- lion meist sehr ansehnlich , immer die übrigen an Grösse übertreffend ; es entspricht einer grösseren Anzahl einzelner unter einander verschmol- zener Ganglien , wie sowohl aus den es zusammensetzenden Abschnitten als auch aus den abtretenden Nervenästen zu ersehen ist. Ein ähnliches Verhalten kehrt am Ende des Bauchstranges wieder, wo das grössere, den Saugnapf versorgende Ganglion durch Verschmelzung mehrerer pri- mitiven Ganglien (bis sieben bei Clepsine hervorging, die ebensovielen in die Saugnapf bildung eingehenden Metameren entsprechen. Diese Er- scheinung des Näheraneinanderrückens (durch Verkürzung der Längs- commissuren) einzelner Ganglien findet sich auch bei den Scoleinen, doch ist hier oft noch die Selbständigkeit der Theile an den einzelnen Quer- commissuren deutlich erkennbar. Unter den Chätopoden liefern die Her- mellen ein Beispiel , deren erste sieben Ganglien jederseiis unmittelbar an einander gerückt sind. Die Ausdehnung der Längscommissuren wie die Zahl der Ganglien steht mit der Metamerenbildung in Verbindung. Sehr dicht stehen sie bei den schmalgeringelten Lumbricinen. so dass der ganze Bauchstrang eine dichte Folge von Anschwellungen und Einschnü- rungen darbietet. Noch mehr sind die Ganglien bei Clymene und bei Girratulus an einander gerückt.

Aus diesem engeren Zusammentreten der ganglionären Gebilde des Bauchstranges erwacht die Vorstellung einer Analogie mit dem Rücken- marke der Wirbelthiere. Daher ward die Bauchganglienkette auch als »Bauchmark« bezeichnet. Mag man eine Analogie gelten lassen, so ist doch eine Homologie völlig unbegründet. Lage, Genese und Structur bil- den die Instanzen, welche jene Annahme zurückweisen. Bezüglich der Structur sei nur hervorgehoben, dass die Ganglienzellen am Bauchstrange in der Peripherie der Ganglien sich finden, deren Inneres wesent- lich durch Faserzüge eingenommen wird.

§ 120.

Die Gehirnganglien lassen vorzüglich die Nerven der höheren Sinnes- organe entspringen, und sind je nach der Ausbildung der letzteren in verschiedenem Maassslabe entwickelt. Vor allem sind die Fühlernerven sowie jene der Sehorgane hervorzuheben. (Fig. 64 o.i

Die von der Bauchkette entspringenden Nerven treten in der Regel von den Ganglienanschwellungen ab; doch findet sich bei manchen Ab- theilungen ein scheinbarer Ursprung von den Längscommissuren , wobei der Nerv immer auf das nächst vorliegende Ganglion zurückgeleitet wer- den kann. Solche Verhältnisse kommen vor bei Scoleinen, bei Siphonosto-

Nervensystem. 161

men, bei Aphrodite, sowie bei NereYden u. a. Sehr häufig bilden die seitlichen Aeste des Baucbmarks kleine, meist an der Basis der Parapo- dien gelagerte Ganglien, von denen aus feinere Nervenverzweigungen ihren Ursprung nehmen (z.- B. bei Nereiden) . Diese Ganglien zeigen sich nicht selten unter einander durch Längscommissuren in Zusammenhang und daraus entsteht ein besonderer, dem Baucbnervenstrange coordinirter Abschnitt des Nervensystems (Pleione) .

Eine ähnliche Differenzirung bieten die Eingeweidenerven. In den niederen Abtheilungen der Würmer treten Nerven von den oberen, einzigen Ganglien zum Üarmcanale. Solche sind sowohl bei Turbellarien als bei Trematoden beobachtet. Bei den Anneliden erreichen diese Ner- ven nicht Mos eine grössere Entfaltung, sondern erlangen durch Einlage- rung von Ganglien einen gewissen Grad von Selbständigkeit. Diesen dadurch zu einem besonderen Systeme von Eingeweidenerven sich ge- staltenden Apparat theilt man in einen vorderen und einen hinteren Ab- schnitt. Der erstere verbreitet sich auf den Mundtheilen, und ist besonders bei den mit protractilem Rüssel ausgestatteten Chatopoden (Phyllodoce, Glycera u. a.) ansehnlich entwickelt. Der hintere schwächere Abschnitt verläuft dagegen auf dem Darmrohre. Bei den Hirudineen ist ein un- paarer Darmnerv bekannt; bei Lumbricinen setzt sich aus der Schlund- commissur jederseits ein Nerv zu dem Darm auflagernden Ganglien fort, die in verschiedener Zahl beobachtet wurden. Beide Abschnitte müssen, uneracbtet ihrer Verbreitung auf physiologisch zusammengehörenden Or- ganen aus einander gehalten werden, denn der vordere Abschnitt verläuft zu willkürlich beweglichen Theilen, wogegen nur der hintere einem echten Darmnervensystem entspricht, und in physiologischer Beziehung als sym- pathisches Nervensystem bezeichnet werden kann.

Lzydig, Ueber d. Nervensystem der Anneliden. Arch. f. Anat. u. Ph. 486t. Hernahv, E.f Das Central nervensystem von Hirudo medicinalis. München 4875.

Von den bisher aufgeführten Formen des Nervensystems der Würmer ist die bei den Solenogastres sich findende in mehrfachen Punkten ab- weichend. Das Gehirnganglion, bei Chatoderma aus vier Lappen zusam- mengesetzt, entsendet hier vier NervensUimme nach hinten. Zwei nehmen mehr einen ventralen Verlauf, zwei finden sich zu den Seiten. Sie ver- einigen sich in einem dem Körperende benachbarten Ganglion. Bei Neo- menia besteht eine bedeutende Complication. Das Gehirn sendet eine Commissur um den Schlund und jederseits noch einen Commissurstrang zu einem seitlich am Schlünde gelegenen Ganglion , von dem je ein late- raler Nervenstamm entspringt. Beide Seitennerven treten terminal in ein Ganglion (Kiemenganglion) über. Von jedem seitlichen Ganglion geht eine Verbindung zu einem ventral gelagerten Ganglion aus, welches einen

QtgtnVrar, Qrandriss d. verfl. Anatomie. 2. Aalt. 44

162 IL 3. Würmer.

ventral verlaufenden Nervenstamm abgibt, der mit dem anderweitigen durch eine Anzahl von Quercommissuren in Zusammenhang steht. Würden das seitliche und das untere Ganglienpaar als vom Gehirn abgelöste Theile betrachtet werden, so wäre eine bedeutende Annäherung an das Verhal- ten von Chätoderma erkennbar, und es bestände nur in der Schlundcoin- missur wie in den Quercommissuren der ventralen Stämme und dem Aus- schlüsse der letzteren von einer Betheiligung am terminalen Ganglion eine Verschiedenheit. Jedenfalls ist bei Neomenia eine bedeutende Weiterbil- dung der einfachen Verhältnisse von Ghatoderma ausgedrückt. Fernere Gesichtspunkte der Vergleichung darzulegen kann hier um so weniger die Stelle sein als die nähere Kenntniss dieser Thiere erst im Beginne ihres Aufbaues steht.

Sinnesorgane.

Tastorgane.

§ *22.

Die Sonderung der Sinnesvverkzeuge tritt bei den Wrürmern auf eine höhere Stufe. Als Organe der Tastempfindung zeigt das Integu- ment bei den Würmern feinere Texturmodificationen , mit welchen der peripherische Nervenapparat in Verbindung tritt. Gebilde letzterer Art sind die eigentlichen Tastorgane, während die gröberen Vorrichtungen, wie Fortsätze des Integumentes, nur deren Träger sind. Das Wesentliche dieser Organe besteht darin , dass Nervenfasern mit modificirten Zellen des Integumentes in Verbindung stehen, welche letztere in der Regel mit starren borstenähnlichen Fortsätzen (Tastborsten, Taststäbchen } über die Oberfläche des Integumentes vorragen. Bei Rotatorien und Anneliden sind diese Verhältnisse am genauesten erkannt , aber auch in anderen Abtheilungen sind sie nachgewiesen.

Eine grosse Verbreitung zeigen jene Tast borsten unter den Tur- bellarien und Nemertinen, wo sie bald überden ganzen Körper vertheilt sind, bald am.Kopftheile des Körpers reichliche Verbreitung finden. Sie treffen sich an den Tentakeln der Bryozoen. Bei Lurabricinen am Kopf- segmente. In grösserer Verbreitung kommen sie bei den Chälopoden vor. Als Sitz erscheinen bei den Chälopoden sowohl die eigentlichen Fühler und Taster (Fig. 61) als auch die als Cirren bezeichneten Anhänge der Parapodien, sowie die aus Modifikationen dieser Cirren hervorgegangenen Gebilde (vergl. § 106). Diese werden durch reichliche Ausstattung mit jenen Endapparaten sensibler Nerven zu cornplicirteren Tastorganen, die durch ihre Beweglichkeit auf eine höhere Stufe treten.

Eine besondere Complication der Tastsläbchen findet sich bei einigen Hirudineen, wo Gruppen jener Gebilde im Grunde becherförmiger Organe eingebettet sind. Solche finden sich am Kopfe in grösserer An-

Sinnesorgane. 163

zahl, vereinzelt an den hinteren Körperringen. Die Anordnung der empfindenden Theile in Vertiefungen der Körperoberfläche begründet die Meinung, dass man es hier keineswegs mit einem speciellen Tastfpparat, sondern mit einem Sinnesorgane allgemeiner Natur zu thun habe.

Einen geringeren Differensirungsgrad als die Taststäbchen oder Tast- borsten darstellen, besitzen die Tastpapillen. Sie kommen da zur Ausbildung, wo der Körper von einer stärkeren Guticularschichte bedeckt wird, und bestehen in konischen oder warzenförmigen, von einem Poren- <canale durchsetzten Erhebungen der Guticularschichte. Wir finden solche Tastpapillen bei Nematoden theils in der Nähe der Mundöffnung, theils um die Genitalöffnung regelmässig gruppirt.

§ <23.

Bezüglich ihrer Function wenig sicher bestimmbare , aber wohl den Sinnesorganen beizuzählende Organe bilden wimperntragende, oder sonst durch Eigentümlichkeiten des Epithels ausgezeichnete Stellen des Körpers, wie die Kopf gruben mancher Nemertinen, die ähnlich auch bei Poly- gordius vorkommen. Die zur Seile des Kopfes befindlichen Spalten führen in einen engen mit Cilien ausgestatteten Canal, der mit dem Gehirngan- glion, direct oder durch Faserstränge verbunden ist. Vielleicht darf auch der im Rüssel von Balanoglossus vorgestellte Apparat hierher gezählt wer- den. Ob diese Organe der Wahrnehmung von Zuständen des umgeben- den Mediums dienen und nach Analogie von Riechorganen fungiren , ist ungewiss.

Sehorgane.

§ «4.

Die Sehorgane der Würmer liefern zahlreiche Beispiele für all- mähliche Hervorbildung eines Organes aus indifferentem Zustande. Bei vielen niederen Würmern, Turbellarien, Trematoden, Nemertinen und Räderlhieren finden wir an der Stelle, wo Andere deutlicher entwickelte Augen besitzen, oft nur Pigmentflecke, symmetrisch geordnet, entweder unmittelbar dem Gehirne aufsitzend, oder doch in der Nähe desselben. Ueber die Endigungsweise von Nerven in diesen Organen ist nichts be- kannt, daher ist eyingewiss, ob solche «Augenflecke« als lichtempfindende Apparate gedeutet werden dürfen.

Bestimmter gestallet sich unser Urtheil für jene Fälle , wo das Pig- ment für eigentümliche Endapparate sensibler Nerven nur eine Hülle abgiebt. Diese Gebilde erscheinen als eigenthümlich modifioirte llen, die entweder einzeln oder in Gruppen das Pigment durchsetzen und nach Analogie des Verhaltens derselben Gebilde in genauer gekannten Befunden des Sehorgane* wohl ohne Zweifel mit Nerven in unmittelbarer Verbin-

164 H. 3. Würmer.

düng stehen. Es sind die sogenannten Krystallstäbchen oder Kry- stallkegel.

Solche Augen finden wir unter den Plattwürmern in ziemlicher Ver- breitung bei den Turbellarien (Arten von Mesostomum und Vortex), in der Regel zu zweien auf der oberen Flache des Kopfes. Viele Seeplanarien besitzen an derselben Stelle eine grössere Anzahl regelmässig angeord- neter circumscripter Pigmentflecke, von denen ein Theil gleichfalls einen Krystallkörper umschliesst. Sehr häufig zeigen sich diese Augen früh- zeitig beim Embryo als Pigmentflecke ; so erscheinen sie bei vielen Tre- matodenlarven , deren manche jedoch auch deutliche Krystallkörper er- kennen lassen (Amphistoma subclavatum, Monostomum mutabile). Bei den endoparasitischen Formen dieser Abtheilung gehen die Sehorgane verloren, indess sie bei manchen ectoparasitischen ( Dactylogyrus ) fort- bestehen. Auch bei Polystomum erhalten sie sich. Den Gestoden fehlen sie in jedem Zustande , wenn man nicht Einzelnen zukommende, hinter den Saugnäpfen liegende, rothe Pigmentflecke als Rudimente solcher Or- gane ansehen will.

Bei den Nemerlinen, wo Augenflecke nicht selten vorkommen, sind wahre Augen nur in wenigen Fällen beobachtet (Polia coronata, Nemertes antonina). Augenflecke und wahre Augen einfacher Form finden sich bei frei lebenden Nematoden (Enoplus) auf dem Schlundringe, indess sie den parasitischen bis auf wenige Ausnahmen mangeln, so dass auch hier die Rückbildung der Sinneswerkzeuge mit dem Parasitismus einhergeht.

In unmittelbarer Auflagerung auf dem Gehirne treffen wir die Seh- organe bei den Räderthieren. Zwei an einander gerückte Pigmentflecke enthalten je ein Krystallstäbchen ; oder es besteht nur ein einziges Seh- organ mit einem Krystallstäbchen. Andere tragen da nur einen Pigment- fleck.

Durch eine grössere Anzahl von radiär gestellten Kryslallkegeln ist das complicirtere Augenpaar von Sagitta ausgezeichnet, und damit treffen sich Verhältnisse, die an die Annulaten erinnern.

Unter den Annulaten nehmen die Sehorgane der Hirudineen die niederste Stufe ein. Die bei Vielen vorhandenen Augen liegen , wie bei den Plattwürmern, oberflächlich am Kopftheile des Körpers, meist in grösserer Anzahl, symmetrisch vertheilt. In ihrem Baue stimmen sie mit den bei den Tastorganen erwähnten becherförmigen Gebilden so merk- würdig überein, dass hier ein Zustand gegeben zu sein scheint, wo ein specifisches Sinnesorgan sich aus indifferenteren, im Integument entstandenen Empfindungsorganen hervor- bildet.

Unter den Anneliden finden wir die Augen bei den Gbätopoden meist unter dem Integumente geborgen dem Gehirnganglion aufgelagert,

Sinnesorgane.

1G5

zu zweien oder zu vieren, selten kommt noch ein unpaares Auge vor. Meist ist ein Paar ansehnlicher ausgebildet, das zweite Paar häufig auf «inen PigmentQeck reducirt. In bedeutenderer Entwicklung treten diese Sehorgane an der Oberflache des Körpers vor (Sylliden, Nereiden) (Fig. 65. ai und können eine grossere Complica- tion des Baues erreichen. So erscheinen die Augen der Aiciopen, deren pelagische Lebensweise mit dem hoben Grade der Entfallung dieses Sinnes- organes in Zusammenhang steht. Dieser Einfluss der Lebensweise wie des Aulentballes erweist sieh ebenso an den nächst verwandten auf dem Grunde des Meeres lebenden Pbyllodocen, mit rudimen- tären oder höchst einfachen Augen. Der sphä- rische Bulbus ( Fig. 66 ) erscheint nur in jener höchsten Ausbildung bei den Aiciopen mit dem Integumente in Verbindung. Dieses Überzieht (c) das vordere, stark gewölbte Segment, hinler wel- chem unmittelbar eine kugelige Linse [I] liegt.

Das hintere Segment, dessen innerste Schichte die Stabchenschichte {h bildet, umfasst einen homogenen Glaskörper (A). Eine Pigmentschiebte (pj grenat die Stilbchenschichte von den weiter nach aussen gelegenen Theilen der Netz- / -1

baut ab, welche zu äusserst die Ausbreitung der Sebner- venfasern (o') erkennen ISsst. Wahrend in den einfachen Formen des Auges die End- apparate der Nerven im Inte- gumente selbst liegen; sind sie hier in eine coneave Schichte sasammengedrangt. Für die Genese dieser Einrichtung ist sowohl die bestehende Ver- mehrung der pereipirenden Elemente wie Bildung licht- brechender Medien als wirk- sam zu erachten. Wie die Mehrzahl der im Dunkeln lebenden Scoleinen der Augen gänzlich entbehrt, so erleiden

auch diese Organe eine Rückbildung bei den Tubicolen unler den Chato- poden. Die bei den Larven oder noch in spateren Stadien vorhandenen Sehorgane schwinden mit dem Uebergange in die festsitzende Lebens- weise, oder werden durch blosse Pigmentflecke reprasenlirt.

Flf. W. Ang. «intr Akiopid» { N«ophimU nl. Ocr.iTr. i htcgnaent, du Tordan St (nun t UM ab»ri«h«nd c. I Lim«. A (lliskirper. 0 «nmbroilung. Pigatntichichte.

166 IL 8. Würmer.

Als ein Anpassungszustand anderer Art erscheint bei gewissen Sa- belliden (Branchiomma) die Ausbildung von Sehwerkzeugen an den Kie- menbüscheln des Kopfes, wo sie entweder in vielfacher Zahl die Fieder- äste der Kiemenfäden besetzen oder auch nur terminal angebracht sind. Eine ähnliche von der ursprünglichen Stätte abweichende Lagerung findet sich übrigens auch noch bei anderen Anneliden. Bei manchen sollen, wie am Kopfsegmente, auch an dem Hinterende des Körpers Augen vorkom- men, und endlich zeigt die Gattung Polyophthalmus ausser den Augen am Kopfe noch je ein Augenpaar an jedem Metamer. In diesem Verhalten liegt nicht blos ein für die Würdigung der Metameren wichtiger Umstand, sondern es wird dadurch auch für die Ausbildung von Sehwerkzeugen an sonst nur Sinnesorgane niederer Art tragenden Stellen Zeugniss abgelegt.

Hörorgane.

§ **6.

Als Hörorgane sprechen wir bei den Würmern Organe an, die ähnlich wie bei den Cölenteraten aus einer bläschenförmigen Kapsel be- stehen, in der ein festes grösseres Concrement, oder ein Haufen kleinerer sich vorfindet. Nicht selten ist die Kapselwand mit Cilien ausgekleidet, wie aus den zitternden Bewegungen der »Gehörsteinchen« (Otolithen) zu ersehen. Die Schwierigkeit des Nachweises von Nerven Verzweigungen bei niederen Würmern' und gerade bei diesen sind jene Organe am meisten verbreitet , hat den nothwendigen Zusammenhang dieser Or- gane mit dem Nervensysteme vielfach noch vermissen lassen.

Meist unpaar treten diese Otocysten bei den Turbellarien auf, bei Arten von Monocelis, Convoluta, Proporus, Derostomum. Sie liegen meist dicht an den Hirnganglien, und finden sich in der Regel bei solchen Gat- tungen, die der Augen oder Augenflecke entbehren. Bei den Nemerünen sind sie nur in einzelnen Fällen beobachtet (Oerstedia) . Bei den übrigen Plattwürmern scheinen solche Gehörbläschen nicht verbreitet zu sein, und ebenso fehlen sie den Nematoden.

Erst bei den Anneliden finden sie sich wieder , und zwar paarig, in der Regel an den Seiten des Gehirns (Alciopiden, dann Arenicola, Fa- bricia, Amphiglena u. a.).

Darmcanal.

§127.

Der Darmcanal der Würmer bildet einen entweder in das Parench\m des Körpers eingebetteten oder, bei vorhandener Leibeshöhle in letzterer gelagerten Schlauch, der sich im allgemeinen der Leibesform angepasst zeigt. Die Mundöffnung liegt in der Regel am Vorderende des Körpers,

Darmcanal. 167

immer an der ventralen Ftilcbc. Wo ein After vorbanden, ist dieser meist am hinteren Korperlheile, and zwar bald ventral bald dorsal angebracht.

Eine Differenzirung des Dnrmrohrs in mehrere verschieden fungi- rende Abschnitte ist durchgehend nachzuweisen, sowie auch häufig noch Hilfsapparate mr Bewältigung der Nahrung am Eingänge der verdauenden Gavitat hinzutreten. Die drei bier mm ersten Haie vorhandenen und als Vorder oder Hunddarm, Hilteldarm und Enddarm unterschiedenen Abschnitte sind um den letzten bei fehlendem After vermindert.

Die primitive Darmform knüpft an die in der Gastrulaform (§28) gege- benen Verhältnisse an. Sie erscheint bei Allen in der embryonalen Anlage des Organismus, unter den niederen Würmern auch bleibend, mit nur we- nigen Complicationen durch eine blind - Backartige Höhlung gebildet, die nur an einer Stelle auf die Oberflache sich Offnet. Diese Oeftnung dient zur Aufnahme der Nahrung , aber auch zur Entfernung der unver- dauten Reste, ist also Hund nnd After zugleich. Diese Einrichtung findet sich unter den Plattwtlr- mern verbreitet, wo sie bei den Trematoden das ausschliessliche, bei den Turbellarien das vor- herrschende Verhalten bildet. Die rbabdoeölen Turbellarien zeigen den Darmcanal als einen nur in seinem vorderen Abschnitte deutlich gesonder- ten, durch den Korper sich erstreckenden ein- fachen Blindschlaucb. Die einfache Mundöffnung bietet eine veränderliche Lage, sie kann am vor- deren Körpertheile oder gegen die Mitte der Bauch- fldche bin, endlich sogar am hintern Abschnitte angebracht sein und fuhrt in einen, nur Wenigen fehlenden muskulösen Schlundkopf (Schi- zostomeen) , der in vielen Füllen protractil er- scheint. Es bildet den am deutlichsten aus- geprägten in vielen Hodificationen durch die meisten Abtheilungen der Würmer verfolgbaren Abschnitt des Dannschlauches.

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WimpprgTulini

§ 1*8-

Bei den dendrocölen Turbellarien ist der Darm der breiten Kclrper- forin angepasst. Die HundoRnung (Fig. 68. o) lagert ventral oft nahe

16S

H. 3. Wurmer.

an der Mille. Der muskulöse Schlund (p) zeigt sieh häufig in ein russeiförmiges Gebilde von bedeutender Ausdehnungsfähigkeit umge- wandelt, cylindrisch, oder auch in Lappen ausgezogen. Er fuhrt in eine, die Mitte des platten Körpers einnehmende Dannhöhle [v], die sich in vielfache gegen den Körperrand verlaufende Aesle verzweigt, durch deren Verbindungen unter einander ein förmliches Masebenwerk entstehen kann (Thysanozoon) . Durch die offene Communication der Zweige mit der Centralhöhle wird der Chymus im Körper verlheill, und damit tritt der Darm- canal in die Function eines Gefiisssystems. Eigentümlich verhallen sich die Landplana- rien, insofern ihr Darmrohr nach vorne in einen medianen Schlauch sich fortsetzt, in- dess er nach hinten sich gabelt. Von beiden Fig. es. Y«ra«oong««iip»r»t Abschnitten gehen zahlreiche diu *■«&■ Ftoö»i'°»««i*B aogeordnete quere Fortsätze ab. v«i. «gangen dar lecdmendan Eine Verzweigung des Darmsehlauches

Caritit. m Hirrtnkioten Kjshirn). ^ j^j v;e|on Trenialoden vorhanden. Der Darm beginnt mit einer meist am vordem Körpertheile gelagerten Mundöfi'nung , deren Umgrenzung meist in einen Sausnapf umgebildet ist (Fig. 69 s), und darauf folgt wie- derum ein muskulöser Schlundkopf [IV, von welchem der eigentliche Darm entspringt. Dieser besteht in der einfachsten Form als ein Blindsack ( Aspidogaster , Gasleroslo- inuni; und entspricht darin einer niederen Bildungsstufe, welche bei vielen Trematoden wiihrend gewisser Stadien ihres Enlwicke- lungscyclus (in der Redienform) vorwallet. Bei weiterer Differenzirung theill sich der Darm häufig in zwei Aeste, die nach hin- ten verlaufend eutweder wieder mit zahlreich getheillen Zweigen in den Körper ausstrahlen Fig. 6». DnriBcuati von iiiitou (Disloma he pal icum) oder einfache Blindsäcke fu-escens. o siundüffnong tob (c) vorstellen (Disloma üavescens, D. lancec- B»«cBn»pf '"c *Mo(1u16*«'"'a»'- lalum). Durch eine zweite Vereinigung der schnitt im Of«ophigo«. aii Fhi- beiden Danniiste kommt eine Bildung zu ryni «rwbeinead. c Gabeirornif; staB(je, wie sie auch bei einigen Planarien besteht. Dass auch bei den Tremaloden die Verzweigung des Darms nur auf eine Verbreitung des Tractes im Körper und nicht auf die Bildung heleronomer Abschnitte hinauslauft, ist sowohl aus der Gleichartigkeit des Baues wie der Contenta ersichtlich. Dem

Darmcaoal. fAQ

niederen Zustande dieser Darmform entspricht auch die Textur der Wandung, in der nur die Epithelauskleidung Selbständigkeit bean- sprucht, indess nach aussen das Gewebe des Körperparenchyms Bindegewebe folgt.

Ganzliche Rückbildungen des Darmes erklären sich atfs Anpassungen an bestimmte Lebensverhältnisse, bei . welchen die Ernährung wohl auf endosmotischem Wege durch das Integument erfolgt. Diese durch den Parasitismus eingeleitete Erscheinung erreicht in der Sporocystenform der Trematoden den höchsten Grad. Der Mangel des Danncanals wird endlich bei den Cestoden zur Regel, wo der Dann selbst nicht einmal vorübergehend erscheint. Auf ähnliche Weise durch Parasitismus ist wohl auch den Acanthocephalen der Dann ganzlich verloren gegangen.

Den durch den Mangel einer Afteröffnung als niedere Zustande sich kundgebenden Formen des Darmrohrs stellen sich durch den Besitz eines Afters Ausgezeichnete schon unter den Plattwürmern gegenüber. Hieher gehören von den rhabdocölen Turbellarien die Microstomeen, denen sich die Nemertinen anreihen, deren Darmrohr in ziemlich gleichmässiger Gestaltung mit einer länglichen, hinter dem centralen Nervensysteme liegenden ventralen Mundöflhung beginnt. Ans vordere Körperende ist der Mund bei Malacobdella gerückt. Ein muskulöser, meist nur wenig entwickelter Schlund führt in den seitlich vielfach ausgebuchteten Darmschlauch. Dieser füllt zum grössten Theile die Leibeshöhle, an deren Wandungen er durch Muskelfäden befestigt wird. Seitliche Ausbuchtungen des Darmrohrs besitzen zuweilen eine regelmässige, auf Beginn einer Metamerie deutende Anordnung. Sie ist am bedeutendsten bei Pelagonemertes ausgeprägt, welche Form dadurch an dendrocöle Turbellarien erinnert.

Bei den Nemathelminthen sind alle drei Abschnitte des Darm- rohrs allgemein vorhanden. Dasselbe bildet in Anpassung an die Körperform einen langen, den Körper durchziehenden Canal, der in der Mitte des vordem Körperendes mit dem Munde beginnt, und näher oder entfernter vom Schwanzende mit einer ventral gelegenen Analöff- nung abschliesst. Der vorderste Abschnitt (Speiseröhre) stellt einen engen Canal vor, dessen Wände nach hinten allmählich in einen dickwandigen Schlundkopf (Fig. 70) übergehen. Dieser ist vom übrigen Darme deutlieh abgesetzt, und durch eine Muskulatur ausgezeichnet, die ihn als Saugapparat wirken Ittsst. Die vom Munde her diesen Abschnitt auskleidende Chitinschichte bildet nicht selten leistenförmige Vorsprünge oder zahnartige Gebilde. Der hierauf folgende Mitteldarm (Chylusmagen) , in der Regel der ansehnlichste Abschnitt, besitzt eine einfache, häufig nur durch eine Zellenschichte gebildete Wandung,

170

II. 3. Würmer.

die bei einzelnen (Heierakis vesicularis, Oxyuris vermicularis] stellen- weise mit einem Muskelbeleg Ton Ringfasernetzen versehen ist. Eine Culicularschichle lagert ziemlich allgemein aussen auf dem Epithel, und auch eine innere von Porencanalen durchsetzte Culicuta scheint verbreitet zu sein. Bei manchen bildet der Mitteldarm an seinem vorderen Ab- schnitte eine blindsackarlige Ausbuchtung. Durch seit- lich verlaufende Faserstriinge wird dieser Darm an die Leibeswand , in der Regel längs den Seitenlinien be- festigt. Der aus dem Mitleidarm hervorgehende End- darm ist der kürzeste Theil des gesammten Canals, vom vorhergebenden Abschnitte auch durch grössere Enge unterschieden.

Bei den Gordiaceen besteht der Darmcanal nur in den endoparasitischen Jugendzuständen, und erliegt mit der Ausbildung der Geschlechtsorgane einer regres- siven Metamorphose. Bei Gordius soll sogar die Mund- riflfming schwinden. Der frei gewordene Organismus verwerlhel das in früheren Zustanden durch den Darm gewonnene Material zur Produclion von Zeugungsst offen, nachdem er den Parasitismus und damit die Nahrungs- aufnahme aufgegeben hat.

Die Chiltognalhen reihen sich bezüglich des Dann canals in manchen Punkten an die -Rundwürmer an, allein die Verbindung des Darms mit der Leibeswand geschieht auf eine andere Weise, Heimlich in der dor- salen und ventralen Medianlinie. Borsten artige, reihen- weise zur Seite der MundöfTnung stehende Ilaken die- nen als Greiforgane.

§ 130.

Mit einer scharfen Sonderung in die drei primitiven Abschnitte verbinden sich bei den Hrvozoen höchst einfache Zustünde der Er- nithrungsorgane. Die von den Tentakeln umstellte, oder doch in Mitte des dieselben tragenden Lappens gelagerte Mundöffnung wird bei einer Abtheilung (Phylaclolaemata) von einem beweglichen Vorsprunge dem Epistom Überragt. Von da führt sie gerade abwiirts in ein HunddarmslUck (Fig. 71. A. oe), welches bei einigen erweitert, oder auch an einer Stelle durch Bildung zahnarliger Vorsprunge in einen Kaumagen umgewandelt ist (Bowerbankia, Vesicularial . Von dem noch mit Cilien bekleideten Munddarm setzt sich der zweite Abschnitt durch eine Einschnürung als Mitteldarm (r) ab. Dieser fungirt als Magen, und bildet einen meist weit in die Leibeshöhle hinabsteigenden Blind- sack. Aus einer Verengung des etwas tiefer gelegenen Pylorus theil es

Darmcarul. 171

setzt sich der Enddarm, neben dem Munddarm empor steigend, tum After B. u) fort, der zwar der Mundöfftiung nahe, aber immer unter- und ausserhalb des Tentakelkranzes gelagert ist. Zuweilen bietet auch der Enddarm noch eine Erweiterung dar Flustra).

Als accessorische Organe der Er- nährung fungirendie wimpernden Ten- takel, durch welche den festsitzenden Thieren mit dem wechselnden Wasser Nahrung zugeführt wird.

Bei den Pedicellinen sind dieselben Abschnitte unterseh eidhar, wie bei den echten Bryozoen, allein der Magen entbehrt des Blindsackes.

Der Darmcanal der Rüderthiere bietet einestheils noch Anschlüsse an niedere Zustande, indem er bei feh- lendem Enddarm {Arten von Noiom- inaia' nur aus dem Mund- und Mittel- dann besteht, andrerseits bietet er eine höhere Stufe durch die Differen- zirung von Kauwerkzeugen im vorder- sten Abschnitte. Diese werden durch seitlieh gegeneinander gerichtete mit Zahnleisten u. dergl. versehene Chilin- bildungen vorgestellt (Fig. 43. m). Er beginnt mit dem -unter dem Wimper- segel liegenden Munde, und ist von dem {gewohnlich als »Magen« bezeich- ne tenj Mitteldarm durch geringere Weile unterschieden. Wo aus dem Hitteldarm noch ein Enddarm sich fortsetzt, begiebt sich dieser zur Dor- salflache des Korpers, um in einen mit der AusmUndung des Excrelions- und Geschlechtsapparates gemeinschaft- lichen Baum , die Cloake , sich zu

ttfTnen, eine Eigentümlichkeit , welche wenig Anschlüsse an andere Ahlheilungen darbietet.

§ 131.

Bei den Gephyreen erscheinen die drei Abschnitte des Darmeanais meist nur wahrend der Jugendzustande deutlich: bei einzelnen auch noch später 'Priapulus , während bei anderen mit dem Auswachsen des

•ckUpitdici

172

II. 3. Würmer.

Darmrohrs in die Lange die Sonderung weniger bemerkbar ist. Der Dann bildet dann meist ein den Körper mehrfach an Lunge übertreffendes Rohr, mit nur geringen Verschiedenheiten des Durchmessers. Es ist entweder in mehr- fache zumTheil spiralig. gewundene Längs- schlingen gelegt, und dann findet sich der After an der Ruck entfache des Thieres (Sipunculus, Phascolosoma) , oder der Darm (Fig. 72. i) steigt ohne bedeutende Längs- schlingen mit vielen kürzeren Windungen zum Hinterleibsende hinab, um in den dort befindlichen After überzugehen (Echi- urus, Bonellia . Während die letzteren durch die aborale Lage des Afters mit den meisten Übrigen Würmern übereinstimmen, scheinen die Sipunculiden sich weiter da- von zu entfernen. Es liegt aber in der Thal hier nur eine Weilerbildung der auch sonst bei Würmern verbreiteten dor- salen Aflerlage vor, welche die Homologie des Darmes mit jenem anderer Würmer in keiner Weise beeinträchtigt.

l (32.

In" Die Metamer»; des Korpers der Annu- n'o.JT 'alen heeinflusst das Verhalten des Darm - uns.» rohrs, doch zeigen sich hier auch n>an- cherlei andere Differenzirungen, die aus Anpassungen an eine veränderte Lebensweise hervorgingen. Die erste Anlage des Darmeanals ist auch hier eine hlindsackfürmige Ein- stülpung. Der afterlose, bei den meisten Platlwürniern persistente Zustand wird hier in einem frühem Entwickelungssladium durch- laufen. Der Eingang in den Vorderdarm bietet schon bei Hirudi- neen die reichsten Differenzirungen dar. Bei einigen sind am pro- tractilen Schlünde grössere Complieationen ausgeprägt , bei andern bestehen solche in Bewaffnung des Einganges mit Chitinleisten, welche Anfange von Kieferbildungen vorstellen. Bei der Mehrzahl dagegen ist der Hitteldarm mit taschenartigen, bei Clepsine sogar verzweigten, Aus- buchtungen besetzt [Fig. 73), von welchen die beiden letzten zuweilen als lungere Blindschläuche je) an dem engern Enddarme bis ans Körper- ende hinablaufen (Clepsine, Haemopis;, Diese sind die einzigen Cöcalhil- dungen am Darme von Aulacoslomum. Bei anderen sind die Blindsäcke nur durch Einschnürungen angedeutet. In allen Füllen entsprechen

« Uienin. [Nach Lic

Fif. 73. Duauul Fig. II. Dinaul ti

diese Einrichtungen der auch am Nervenstränge ausgedruckten He- ia me ren bildung .

Eine Trennung des Mund- darms in mehrere oft sehr ver- schiedene A bscbn it l e her rech t fast durchgehends bei den Anneliden. Ein mittlerer Ab- schnitt macht sich durch stär- keren Muakeibeleg bemerk- bar, und wird vom Hitleldarm durch ein bald längeres, bald kürzeres Stück getrennt. Unter den Scoleinen ist dieser als

Muskelmagen bezeichnete Theil sehr mächtig entwickelt Lumbricus). Er nimmt das Ende des Munddarmes ein. Weiter gegen die Mitte des letzleren findet er sich bei den meisten Chütopodeu, häufig mit einem Besatz von Zahnchen, die wie Kiefer gegen einander wirken. Bald ist nur ein Paar solcher KieforstUeke vorhanden Fig. 55. ml, bald bestehen mehrere Paare, die wieder im Einzelnen sehr von einander verschieden sind, und einen complicirten Apparat (Fig. 75) zusammensetzen. Sehr mächtig ist dieser Abschnitt bei den Aphroditeen entwickelt. Er kann wie bei noch vielen anderen Raubanjaeliden (Phyllodoce, Gtycera n. a.) hervor- gestreckt werden , wobei der vordere sich um- stülpende Abschnitt an die Aussenflache des »Rüs- sels« zu liegen kommt. Zuweilen besitzt dieser protraotile Theil eine bedeutende Länge.

Die ganze Einrichtung ist rückgebildet bei den Tubicoten, wozu bereits Arenicola den Uebergang zeigt. Der dritte Abschnitt des Mnnddarms ist bei den Scoleinen wenig ausgebildet, mehr bei den Chalopoden, bei denen er häufig mit ein paar Blinddärmen beseist erscheint (Syllis, Arenieola) .

Der Mitteldarm bildet den grossten und auch den gleichmäßigsten Abschnitt des gesammten Darmrohrs. Er verlauft meist gana gerade, seltener in Windungen oder Schlingen gelegt. Indem von der Leibeswand her muskulöse Lamellen oder auch einzelne Füden von der Grenze der Metameren

Flg. TS. ZJaftnppuit liem IibIm* (tjtldtc*). 0— I Pure ich Kiefer- - »hoil.ii. (Nto. Miuc«-

174 H. 3- Würmer.

an ihn herantreten, wird er nicht nur dadurch befestigt, sondern auch in einzelne, letzteren entsprechende, häufig gebuchtete Abschnitte gegliedert. Solche Ausbuchtungen sind in der Familie der Aphro- diteen, ähnlich wie bei den Hirudineen, zu grösseren Anhängen ent- wickelt, die sogar wiederholte Verzweigungen darbieten können (Fig. 74. c).

Einen meist kurzen, nur bei Tubicolen und bei Arenicola ansehn- licheren Abschnitt stellt der Enddarm vor, der selten eine mittlere Er- weiterung besitzt und meist ohne scharfe Grenze aus dem Mitteldarme sich zur Analöffnung fortsetzt.

Mit dem Verhalten des Anneliden-Darmrohrs stimmt das von My- zostoma überein. Der Munddarm wird durch einen langen protrac- tilen Rüssel vorgestellt, der in einen erweiterten Mitteldarm leitet, von welchem aus sich ein engerer Enddarm zur Afteröffnung begibt. Ver- ästelte Blindsäcke sind von beiden Seiten des Mitteldarms aus durch den Leib verbreitet.

Darmkiemen.

§ 133.

Die Ausbildung der respiratorischen Function des Darmrohrs bringt an letzterem besondere Einrichtungen hervor, welche bei Balanc- glossus hoch entfaltet erscheinen. Der vordere Abschnitt des Darmrohrs ist hier durch zwei laterale Vorsprünge in zwei übereinander liegende Halbrinnen geschieden , die der Länge nach zwischen den beiderseitigen Vorsprüngen unter einander communiciren. Die eine , die ich als^untere betrachte, führt direct zum Anfange des ausschliesslich als Nahrungscanal fungirenden Darmtheiles. Ihr Wimperbesatz fördert die Nahrungstheile in jene Strecke, fungirt nutritorisch. Die andere Halbrinne dagegen, dorsal gelagert, fungirt respiratorisch. Sie trägt in ihrer Wandung ein zierliches Gerüste mit Epithel überkleideter Ghitinlamelien als Kiemen- gerüste. Zwischen den Kiemenbogen, sowie den sie bildenden mehr- fachen Lamellen finden sich Spalten, welche jederseits zu einer Reihe von Oeffnungen (Spiracula) führen und mit diesen auf der Körperoberfläche ausmünden. Am Kiemengerüste verbreitet sich ein Gefässnelz. Durch die Mundöffnung aufgenommenes Wasser strömt durch die obere, respi- ratorische Halbrinne in jenen Kiemenapparat und gelangt durch die Reihe der Spiracula wieder nach aussen.

Der Enddarm vieler Anneliden lagst eine Wasseraufnahme wahr- nehmen, welche vielleicht mit einer respiratorischen Function dieser Darm- strecke in Zusammenhang steht. Eine Ausbildung von besondern Re- spirationsorganen ist an diesem Abschnitte nicht beobachtet. Ob die bei Neomenia im Enddarme vorkommenden Gebilde wirklich Kiemen sind, bedarf noch der Feststellung, ebenso wie für die morphologische Bedeu-

Darmkiemen. Aohangsorgaue des Darmcaoals. 175

iung der ausstülpbaren Kiemen von Chätoderma noch genauere anato- mische Kenntniss dieser Organe nöthig ist.

Anhangsorgane des Darmcanals.

§ 134.

Der Darmcanal der Würmer steht mit mancherlei Drüsenapparaten in Verbindung, welche als Differenz! runden der Darmwand, speciell des Entoderms zu gelten haben. Einzelne Zellen oder Ztell- gruppen erscheinen in einem von benachbarten Zellen differenten Ver- halten, und geben sich damit als besondere Organe kund, die durch ihre Lagerung in der Darmwand oder endlich ausserhalb derselben, und dann durch Ausfuhrgänge mit dem Darmlumen verbunden, ver- schiedene Grade der Selbständigkeit besitzen. Nach ihrer Beziehung zu den einzelnen Abschnitten des Darms müssen sie unterschieden werden.

In den Munddarm, dicht hinter dem muskulösen Schlünde ein- mündende kleine Gruppen einzelliger Drüsen sind bei den rhabdocölen Turbellarien vorhanden. Bei den Trematoden werden ahnliche Grup- pen im Vorderende des Leibes gelagerter, in der Nähe des Mundes mündender Zellen gleichfalls als Munddarmdrüsen angesehen. Im sogenannten Schlundkopfe der Nematoden sind drüsige Bildungen beobachtet, sowie auch deutliche Drüsenzellen in der Nähe der Mund- öffnung.

Bei den Annulaten sind es besonders die histologisch genauer durchforschten Hirudineen, bei welchen eine grossere Anzahl ein- zelliger Drüsen, bei den mit einem Rüssel versehenen in diesem, bei den mit Kiefern ausgestatteten an letzteren ausmünden. Unter den Anneliden findet sich am letzten Abschnitte des Munddarmes dicht hinter dem muskulösen Theile bei den mit Schlundkiefern ausge- rüsteten NereYden u. a. ein Paar gelappter Drusenschläuche vor (vergl. Fig. 55. gC), welche Modificationen der bei Sylliden vorhandenen ein- facheren Schläuche vorstellen. An derselben Stelle sind auch die Räderthiere mit Drüsenanhängen versehen. Man pflegt diese in sehr mannicbfaltigen FunclionsverhUltnissen sich darstellenden Drüsen als Speicheldrüsen« zu bezeichnen.

§ 435.

Die mit dem Mitteldarme verbundenen Drüsenorgane ist man gewohnt als gallebereitende oder als »Leber« anzusehen. Man muss sich hüten, in diesen Bezeichnungen etwas anderes als ein Hilfsmittel zur bequemeren Unterscheidung zu suchen. Gesonderte Drüsen fehlen dem Muteldarme der Würmer fast durchgehend, dagegen findet sich

176 11. 3. Würmer.

das Epithel meist derart von jenem anderer Darmabschnitte ausgezeich- net, dass eine secretorische Bedeutung nicht unwahrscheinlich ist. Dies ist durch eine häufig vorhandene körnige Beschaffenheit der Zellen , wie durch eine verschiedene Färbung des Zelleninhaltes angedeutet. Letzterer Umstand dürfte vielleicht grösseres Gewicht besitzen als der erstere, da dieser ebenso durch die absorbirende Function des Darm- epithels hervorgerufen sein kann. Durch dieses Verhalten ist der Mitteldarm bereits bei den Bryozoen ausgezeichnet, und auch bei den Räderthieren macht sich die Differenzirung der Epithelschichte be- merkbar. Einen höhern Grad erreicht dieses Verhalten bei den Platt- würmern (Planarien, manche Trematoden), deren Darmverzweigungen (vergl. Fig. 68) vorzugsweise der Sitz jener Eigentümlichkeit sind, so dass sie als secretorische Anhangsgebilde betrachtet werden dürfen. Noch mehr können in den seitlichen Anhängen des Mitteldarms der Aphroditen (vergl. Fig. 74) selbständige Drüsen erkannt werden, die durch allmähliche Verengerung und Verlängerung der bei Verwandten dieser Gattung bestehenden einfacheren Darmanhänge sich bildeten. Endlich sind hier noch die schlauchartigen Darmanhänge von Balano- glossus zu erwähnen, die den ganzen Darmcanal vom respiratorischen Abschnitte an dorsal besetzen und nach den Körpersegmenten grup- pirt sind.

Dem Enddarme, und zwar meist in der Nähe der Analöffnung, ist in einigen Ordnungen eine dritte Abiheilung von Drüsen angefügt, die am genauesten bei den Nematoden bekannt sind. Den Anneliden scheinen solche Drüsen zu fehlen. Dagegen finden sich in oft ansehn- licher Entfaltung Drüsenorgane am Enddarme der Gephyreen vor, welche wir den Excretionsorganen zuweisen.

Leibeshohle.

§ 436.

Die erste Sonderung eines zwischen Darmschlauch und Integument gelegenen, zur Bildung eines Gefässsystems führenden Hohlraumsystems geschieht bei den Würmern mit der Entstehung einer Leibeshöhle durch eine im Mesoderm stattfindende Spaltung. Die Verbreitung des durch den Darm gewonnenen Nährmaterials im Organismus erfolgt dann nicht mehr wie bei den Cölenteraten mit continuirlicher von der Darm- wand ausgehender Durchtränkung der Gewebe, sondern es sammelt sich die ernährende Flüssigkeit in einem perienterischen Räume und vermag hier sowohl mit vom Darmcanal als vom Integumente differen- zirten Organen in Beziehung zu treten.

Bei einer grossen Anzahl von Würmern fehlt jener perienterische Raum (Cöl om) entweder vollständig, oder er ist nur in einzelnen Spuren vor- handen. Die Mehrzahl der Plattwürmer gehört hieher, dann die Nemathei-

Gefiisfity stein. 177

mrnthen, aucfa einzelne Andere wie Pedicellina. Bei Landplanarien ver- laufen zwei von bindegewebigem Balkenwerk durchzogene Räume in der Länge des Körpers und vertheilen sieb vielfach vorne. Sie sind als An- deutungen eines solchen Cöloras anzusehen. Ausgebildet ist das Cölom bei Räderthteren, und fast allen Annulaten. Einen continuirlichen, meist sehr weiten Raum bildet es bei den Bryozogn, auch bei den Gephyreen. Bei den Annulaten entspricht das Verhalten des Cöloms der Metamerie des Körpers. Von der Leibeswand erstrecken sich Scheidewände Dissepi- mente) zum Darmrohr und bilden eine Folge einzelner, je einen Darmab- schnitt etc. enthaltender Kammern, Verhältnisse die bereits bei Nemer- tinen beobachtet sind. Mit der Reduction der Dissepimente auf einzelne Stränge fliessen die Kammern mehr oder minder vollständig zusammen. So geht bei vielen bald auf einzelnen , meist am Vordertheile des Korpers gelegenen Strecken, bald auch in der ganzen Länge eine Auflösung der Einzelkammern und die Bildung eines einzigen , meist noch von Dissepi- ment-Resten in Gestalt von Fäden oder Faserzttgen durchsetzten Leibes- raumes hervor. Diese Fasern erhalten den Darm in seiner Lage, besonders beim Bestehen von Darmwindungen. JVergl. von Bonellia Fig. 72. m.)

Die perlenterische Flüssigkeit ist meist wasserklar und führt bei den Meisten Forraeiemente, zuweilen in reichlichem Maasse. Bei Com- municaton des Gefässsystems mit der LeibeshOble ist das Contentum der letzteren mit jenem des ersteren gemeinsam. Die Bewegung der Flüssig- keit ist von den Acfltonen der Körperwand abhängig , somit vollzieht die Locomotion bei vielen zugleich einen Umtrieb der ernährenden Flüssigkeit und damit erscheint die niederste Form des Kreislaufs.

Die Leibeshöhle steht durch mancherlei Einrichtungen in Communi- cation mit dem umgebenden Medium, dem Wasser. Hieher zählt der Ex- cretionsapparat mit seinen inneren Mündungen (vergl. § 142 i, aber auch noch besondere Oeffnungen sind bekannt. So bei den Bryozoi'n, wo eine solche Oeflnung zugleich zur Ausfuhr der Geschlechtsproducte dient, dann bei den Rolatorien, deren Oeflnung meist in eine Röhre Sipho) aus- gezogen ist (vergl. Fig. 84 . s). Auch fllr die Anneliden ist das Vorkommen ähnlicher Oeffnungen erwiesen.

Gefasssystem.

§ 137.

In den im Mesoderm sich sondernden Hohlraumbildungen ist der Anfang für die Entstehung eines complicirteren Canalsystems zu sehen, welches allmählich besondere Wandungen empfangend in Blutgefässe übergeht. Längscanale bilden die ersten Hauptstämme, wie zuerst bei den Nemertinen ersichtlich ist. Von den drei Hauptstämmen nehmen zwei (Fig. 76. //) einen lateralen Verlauf; ein dritter (d) liegt dorsal in der Mittellinie. In der Kopfgegend bilden die Seitengefässe mehrfache, in

tiegtnbaor, Grandriaa d. rergl. Anatomie. 2. Aufl. 4 2

178

II. B. Würmer.

der Regel das Gehirn umziehende Windungen, und verbinden sich mit dem Rückengefässe, sowie weiter nach vorn zu untereinander. Am hin- tern Körperende stehen alle drei Stämme auf ein- fachere Weise unter sich in Verbindung. Mit diesen drei Gefässstäininen stehen bei einigen Gattungen noch andere in Zusammenhang: dünne Quergefässe verbinden Rücken- und Seitengefäss in regelmässigen Abständen. Dadurch zeigt die ganze Einrichtung eine Art von Gliederung und entspricht der auch sonst angedeuteten Metamerie. /') \T " Das bei den Acanthocephalen im Integumente

verzweigte Canalsystem, welches auch mit den

Canälen der Lemnisci ( S. 186; sich verbindet,

kann hier nicht angeschlossen werden. Welcher

II morphologischen Gruppe von Organen es angehört,

// \ ) i ist unentschieden.

l \ I

§ 138.

Das Gefässsystem der Annulaten knüpft sich an jenes der Nemertinen in allen wesentlichen Verhält- nissen an. Fast bei allen bestehen dorsale und ven- trale oder auch lateral verlaufende Längsstämme, die durch Queranastomosen unter •inander verbunden sind und vorne wie hinten in einander übergehen. Das dorsale , über dem Darm verlaufende Längs- gefüss bietet die constanteslen Verhältnisse; es ist stets contractu, und der Blutstrom bewegt sich in ihm von hinten nach vorne zu. Es entspricht dem dorsalen Mediangefässe der Nemertinen, sowie die beiden Lateralstämme der letzteren dem ventralen Gefässe der Annulaten entsprechen dürften. Diese Gefässe sind nicht bei allen Annulaten abge- schlossen, vielmehr stehen sie auch mit weiteren Räumen in Zusammenhang, die eine Leibeshöhle repräsentiren. Das gesammte Gefässsystem ist in diesem Falle nicht vollständig gesondert. Die Leibeshöhle persistirt in offner Verbindung mit dem Gefässsystem bei den Hirudineen , wie daraus hervorgeht, dass Organe, die sonst in ersterer liegen, in blulführende Räume eingeschlossen sind. Solcher Sinusse bestehen gewöhnlich drei. Ein mittlerer, den Haupttheil der Leibeshöhle darstellend hält bei Clepsine und Piscicola den Darmcanal und das Bauchmark umschlossen , vielleicht auch einen Theil des Dorsalgefässes , wo nicht, wie bei Piscicola , ein besonderer dasselbe bergender Sinus besteht. Zwei pulsirende laterale Gefässe (s. oben Fig. 61 . ß. I) stehen theils mit dem Mediansinus, theils unter sich durch Quer- anastomosen in Verbindung. Bei Hirudo und Verwandten erscheint der

\

Fig. 76. Schema des Ge- fässsyetems der Nemer- tinen. d dorsaler Langs- stamm. 1,1 Seiteng« fasse. Die Pfeile bedeuten die Richtung des Blutstruras.

Gefassssysl

179

Mediansinus nur am Kopftheile in seiner früheren Beziehung , indem er den Schlundring umgibt. Am übrigen Körper ist er nur ventral ent- wickelt, und halt das Bauchmark (s. oben Fig. 61. B. n) umschlossen. Dieses Schwinden des grossen Sinus ist auf Rechnung der Ausbildung eines feinen Gefassnetzes zu setzen, welches an seiner Stelle sich ent- wickelt bat, und ähnlich auch die Querverbindungen der LangssWmma betrifft. Aus den auf den Darm sich verteilenden Gefüssen bilden sich neue Langsstifmmc. Wahrend hier durch Combination der primitiven Mediansiamme mit einem aus Lacunen der Leibeshöhle sich sondernden Ca na l.systeme ein complicirter Apparat sich ausbildet, kann durch völliges Verschwinden jener Medianstämme das ganze Gefitsssystem sich einfacher darstellen. Solches ist bei Nephelis der Fall, wo ein weiler Mediansinus und zwei La leralge fasse vorkommen.

Dieser aus einem lacunaren System hervorgegangene Gefassapparat ist auf die Hirudineen beschrankt, denn bei den Anneliden ist die Schei- dung des Gefässsyslems von der Leibeshöhle fast durchgehend entwickelt. Wo, sie fehlt, sind nicht Weilerentwictelungen, wie sie die Differenzirung der Leibeshöhle der Hirudineen bot, sondern Ruckbil- f\yajlf?:

düngen im Spiele. i\ilp

Das Rucken gefüss lagert in der Regel dem Darm- canal unmittelbar auf, und erscheint häufig in eine denselben bekleidende Drusen - Schiebte eingebettet. Ausserden vorderen und hinleren Verbindungen fin- den noch seitliche, den Helaineren entsprechende statt. Sie theilen sich in solche, die den Darm unmittelbar umfassen und in dessen Wand oft ein reich ent- wickeltes Capillarnetz herstellen (viscerale Gef&sse; und in solche, welche in die Leibeshohle ragen, ent- weder zu den Wandungen derselben , oder zu den Anhangsgebilden gehen [parietale Gefässe). Bei den Scolcinen ist das Verhalten der Anordnung meist gleichmassig durch den gamen Körper. Als pulsi- rende Theile erscheinen ausser dem dorsalen Laugs- slamme häufig noch die Quergefdsse , die dann tu einem oder mehreren Paaren beträchtlich erweitert sind (Fig. 77. c). In dieser Differenzirung eines Ab- schnittes des Gefässsyslems ist der Anfang zur Aus- bildung eines Centralorgans für den Kreislauf, eines Herzens, zuerkennen. Sehr seilen ist das Bauch- gefass contractu. Durch F.ntn ickelung feiner Gefäss- netze, wie solche i. B. bei Lumbricus als Capillaren im Körper weit verbreitet sind, entstehen neue Coru- plicationen des Baues. Branchtobdella schliesst sich die einfacheren Befunde der Scoleinen an .

Dornt gt Ali. t Tan- .lf«fl». c H«r»rtlg

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180

II. 3. Würmer.

J

D

% 139.

Von umgestaltendem Einflüsse auf die Vertheilung und Differenzirung des Blutgefdsssystems ist die Entvvickelung der Athmungsorgane. Bei den Scoleinen sind solche nicht als discrete Organe vorhanden, und es kommt entweder der gesammten Körperoberfläche, oder der Leibeshöhle durch Wasseraufnahme eine Bedeutung für die Athmung zu. Wir sehen daher keine belangreichen Verschiedenheiten des Gefilssapparates an den ein- zelnen Körperabschnilten, und nur bei einigen im Schlamme des Süss- wassers lebenden , deren Hinterleib bei der Respiration vorwiegend be- theiligt ist, zeigen die parietalen Gefässschlingen eine mächtigere Entfal- lung Xumbriculus).

Auch unter den Chätopoden sind noch jene einfacheren Verhältnisse vorhanden, doch wird die grössere Differenzirung des Kopfes sowie des Munddarmes von einigen Aenderungen des Gefässsystems begleitet. Mit dem Auftreten von Kiemen setzt sich der parietale Gefässapparat in diese fort, im einfachsten Verhalten tritt eine Geßissschlinge in den als Kieme fungirenden Anhang. Dabei ergibt sich die Andeutung einer allmählichen Trennung in einen arteriellen und venösen Abschnitt. Dieser Zustand

wiederholt sich mit der Ver- theilung von Kiemen über eine grosse Anzahl von Me- tameren, wie solches z. B. bei Eunice, auch noch bei Arenicola, besteht. Vom Dor- salslamme gehen hier ausser zum Darme, noch Ge fasse zu den seitlich sitzenden Kiemen , von denen wieder je ein Gefüss in den Bauch- stamm zurückfuhrt Fig. 78'. Aehnlich verhallen sich di^ Hennellen , deren Kiemen nur einen einzigen centralen Hohlraum besitzen , so dass keine anato- mische Scheidung für das ein- und austretende Blut besteht. Bei Areni- cola findet sich dies Verhallen nur an der hintern Körperhälfte. Für die vordere Hälfte der Kiemen tritt das eine Kiemengefuss zum Haupt- bauchslamme, das andere zu einem visceralen Ventra Ige fasse.

Mit der Beschränkung der respiratorischen Anhänge auf eine kleinere Körperstrecke, wie solches z. B. bei den Tubicolen der Fall ist, verbindet sich eine grössere Ungleichheit in der Ausbildung einzelner Gefässab- schnitte. So erweitert sich bei den Terebellen Fig. 79 das Dorsalgefass (vd) über dem muskulösen Munddarme in einen ansehnlichen Schlauch, der nach den Kiemen bi) sich in Aeste verlheilt, und somit als »Kieme n-

1

6r

F.ig. "b. Scheraatischer Quer-chnitt durch die hintere Körperhälfte von Arenioola zur Darstellung des Ver- haltens der Gefässe. 1) Kürken-, V Bauchseite, w ßauch- inark. i Darrahuhle. br Kiemen, c Bauchgefässßtamm." a, b Kiemengefä^e. d Kückengeiä-jstamm. h D^n Darm- anal umfassender A*t. i' Ventrales Darmgefäss.

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Geistigstem. ]gl

nerx« fungirl. Aus den Kiemen kehren rtlckfübrende Gefasse zum Ven- tralgefäss. Die Funclion eines Cenlralorgans gehl bei Manchen auf Quer- aoaslomosen über (Scolelnen) , Eine solche vom ventralen Darmgefass zum Rückengefass leitende Verbindung besieh» auch bei den Terebellen und bildet funclionell einen Tbeil des herzartigen Ab- schnittes des RUckengefasses. Dieser verbindet sich bei Arenicola mit zwei mächtiger erweiterten QuergefHs&en. die tum Bnuchslamme treten. ^r^A. * k

Die bei einer spärlicheren ( / f(uw Vertbeilung von Blutgefässen / f $*7ü/Sj eonsuntere Anordnung lost sieh in jenen Abiheilungen auf, die reiche Gefassver- zweigungen am Darme und an der KoTperwand besitzen. Wie in den Kiemen eine Auf- lösung der parietalen Quer- anastomosen besteht . 'so tritt diese auch an den Langs- sUmmen ein , welche dann streckenweise durch ein Ge- fässnelz dargestellt sind , aus dem neue Bahnen sieb her- vorbilden. Die einen Collate- ralkreislauf bildenden Er- scheinungen müssen der Be- urtheilung auch dieser Ver- hallnisse zn Grunde gelegt werden. So ist bei Polyoph- Ihalmus der dorsale Median- stamm längs des Mitleidarms J!" ' °' '*•"*■"'» »■> '•'«•M« ■•*■!••» it» aufgelost. Zwei dorsale und t**u darfHumi. »r d»i Ki,m.np«rf. p* hdiVbi^« zwei ventrale Stamme gehen "•»*•!« Im luUini (Fb«rjni|. r Dun. rrfB*ck»o- aus den vome wie hinten ■** " B"oh<*,*"■ <*"» »WEd*«»., einfachen Mediangefassen bei den Hermellen hervor, und bei Eunice isl das ventrale, be, Nephlhys das dorsale Geföss paarig vorhanden

Bei einigen scheint der Gefassapparat rückgebildct (Glvcera, Ca-

Eine Verbindung des bei den Anneliden besiehenden Typus des Ge- fasssjslems mit jenem der Nemertinen kann man bei Balanoglossus erkennen. Sie beruht in dem Vorhandensein medianer und lateraler Ungsslämme, deren viscerale Aesle jedoch theilweise die Kiemengefasse

182 II. 3. Würmer.

vorstellen, und damit eine von den übrigen Würmern sehr abweichende Bildung eingehen.

§ HO.

Das Gefässsystem der Gephyreen bietet nicht blos in seinen Be- ziehungen zum Circulationsapparate anderer Würmer, sondern selbst für die Vergleichung der einzelnen Befunde unter einander nicht leicht ver- ständliche Verhältnisse , zumal auch in der Kenntniss der anatomischen Thatsachen noch manche bedeutende Lücke besteht. Vor Allem betrifft das den Zusammenhang der Räume des Gefässsystems mit der Leibes- höhle, der nur durch die Beschaffenheit der perienterischen Flüssigkeit wahrscheinlich gemacht wird.

Die wesentliche Anordnung des Gefässverlaufes findet sich in zwei Längsstämmen ausgedrückt, welche den bei den Anneliden vorgeführten Hauptstämmen entsprechen. Der ventrale verläuft längs der Leibeswand, indess der dorsale sich an den Darmcanal hält, und ihn auf seinen Win- dungen und Schlingen begleitet. Die Richtung des Blutstroros ist dieselbe wie im Rücken- und Bauchgefäss der Anneliden.

* Am einfachsten ergeben sich beide Gefässe in Jugendzuständen der Sipunculiden. Beide scheinen um den Mund mit einander in Verbin- dung zu stehen und communiciren dort mit den Hohlräumen der Ten- takel. Am hinteren Körperende hängt mit dem Rückengefässe eine An- zahl lebhaft sich contrahirender Blinddärme zusammen. Diese treten bei Sternaspis in einer anderen Bedeutung auf; indem sie auf zwei Gruppen vertheilt büschelförmig nach aussen vortreten , stellen sie Kiemen vor. Bei den Sipunculiden sind ähnliche, aber innere Anhänge längs des ganzen Rücken gefässes vertheilt. Das Rückengefäss zeigt sich in seinem Verlaufe gewunden bei Sternaspis, Bonellia und Ecbiurus. Wo die Ten- takel fehlen, geht es durch eine zuweilen in feinere Gefässe aufgelöste, den Mund umfassende Gefässschlinge ins Bauchgefäss über. Durch die mächtige, aus der langausgezogenen Oberlippe entstandene Rüsselbildung der Bonellien wird der vordere Abschnitt des Gefässapparales sehr in die Länge gestreckt. Das Rückengefäss setzt sich hier bis zum Ende des Rüssels fort und theilt sich in zwei , die Rüsselrinne umfassende Zweige, die unterhalb der Mundöffnung im Körper wieder zusammentreten. Bei Echiurus fehlt mit dem Rüssel auch diese Bildung. Das aus der Vereini- gung der beiden Gefässschlingen sich bildende Bauchgefäss verläuft bei Echiurus und Sternaspis unter Abgabe vieler seitlichen Aeste nach hinten. Bei Bonellia theilt es sich kurz nach seiner Bildung hinter dem Munde, wird aber dann wieder einfach. Sowohl bei Echiurus als bei Bonellia entsendet es viscerale Gefässe, die, mehrfach bei Echiurus vorhanden, im Mesenterium ihren Verlauf nehmen. Das vorderste dieser Gefässe bildet bei Echiurus am Darme eine ansehnliche Erweiterung, von der ein ven- trales Darmgefäss abgeht, und zwei den Darm umgreifende Anastomosen zum Rückengefäss. In diesem Verhalten ist eine Verbindung zwischen

Eicretionsorgane. 183

Rücken- und Bauchgefäss ersichtlich wie solche bei den Anneliden in vielfacher Wiederholung sich trifft. Hier ist diese Einrichtung auf eine Stelle beschränkt, oder doch da vorwiegend ausgebildet. Das von dem Annelidentypus Abweichende wird durch die Entfernung des Darmrohrs von der ventralen Medianlinie bedingt, in Folge dessen die Anastomose nicht sogleich paarig, sondern als einfaches Gefäss vom Ventralstamme hervorgeht. Bei Bonellia sind weitere Umbildungen bemerkbar. Die Queranastomose zu dem längs des Darmes verlaufenden Rückengefasse entwickelt sich jederseits am Darme zu einem ansehnlichen Schlauche, aus dem nach vorne zu das Rückengefäss zu entspringen scheint, da sein hinterer Abschnitt* entweder fehlt, oder gegen den erweiterten vorderen bedeutend zurücktritt. Auch in diesem Verhalten sind entfernte Be- ziehungen zu Anneliden ausgedrückt. Der wichtigste Unterschied besteht also in der Beschränkung der den Darm umgreifenden Queranastomosen auf eine einzige, die zudem in eigenthümlicher Weise umgewandelt ist. Darin äussert sich also wieder ein der rudimentären Metamerie ent- sprechendes Verbalten. Als Organ der Blutbewegung dienen beschränk- tere oder ausgedehntere Gefüssstrecken , die in den einzelnen Gattungen sehr verschieden sind.

§ Ul.

Den Inhalt der Leibeshöhble wie des Gefässsystems bildet die ernäh- rende Flüssigkeit, deren Formbestandtheile meist wenig differenzirte Zellen sind. Bei bestehender Sonderung des Gefdsssystems von der Leibesböhle wird das Contentum des ersteren als Blut bezeichnet. Farblos sind dessen Formelemente bei vielen Anneliden. Bei manchen Nemertinen erscheint eine rothe Färbung der Blutzellen (Borlasia), auch bei vielen Anneliden ist die Blutflüssigkeit gefärbt, seltener grün, häufiger rotb, wobei in mehrfachen Fällen die Formelemente als Träger des Farb- stoffes sich ergeben. Doch besteht auch bestimmt eine Färbung des Plasma wie t. B. bei Lumbricinen. Die Sonderung des Gefässsystems lässt den Inhalt der Leibeshohle meist auf einem indifferenten Zustande , so dass dann ausser dem Blute noch eine stets ungefärbte perienterische Flüssig- keit (auch als Chylus bezeichnet vorkommt. Bei rückgebildetem Gefäss- Systeme erscheint das die Leibeshöhle füllende Fluidum nicht selten in Ueberein Stimmung mit dem Blute Anderer in rother Färbung Glycereen .

Excretionsorgane.

§ i ts.

Eine grossere Anzahl hier zusammengefasster Organe ist in functio- neller Beziehung noch völlig unaufgeklärt, bei einem andern Theile dagegen ist sicher, dass ihr Seeret dem der Nieren höherer Thiere im Wesentlichen ähnlich ist. Allen aber kommt eine Summe gemeinsamer

184 II- 3- Wurmer.

Verhältnisse zum Organismus zu, die selbst da noch von Gewicht sind, wo die Verbindungen dieser Organe sich so different verhalten, dass der Nachweis einer vollkommenen Homologie nicht mit Sicherheit ge- führt werden kann.

In seinen entwickelteren Formen tritt uns der Exeretionsapparat als ein System einfacher oder verzweigter Canüle entgegen, welches an der Oberfläche des Körpers nach aussen mundet und bei deutlich gesonderter Leibeshöhle mit inneren Mundungen versehen ist, wah- rend im gegenlheiligen Falle die Enden der Röhren oder die feinsten Verzweigungen der Canale geschlossen sind. Bei ungegliedertem Körper ist der Apparat zu einem Paare vorhanden; mit der Metamerenbildung tritt er dieser entsprechend auf. Ein paar vom Integumente her gesonderter, und damit aus dein Ecloderm stammender Blindschlauche stellt den indifferenten Zustand der Excretionsorgane vor. Solche hinter dem Kopfe ausmündende Gebilde sind bei den Nemertinen bekannt, bedürfen jedoch bezüglich eines etwa von ihnen fortgesetzten Canalsysleuis näherer Untersuchung. Genauer sind die Verhältnisse der hier als Wnssergefilsssyslem gedeuteten CanHle bei den meisten PlallwUnnern ermittelt. Bei den Landplanarien sind sie vermissl worden. Bei den Tremaloden und vielen Turbellarieu verzweigen sich zwei auf die Seilen vertheilte Excretionscanale im Körper, indem von den Haupt stammen feine, das Körpefpareneliym durchsetzende Aeste ausgehen. (Fig. 80. A. B.) An der Wand der feinen Canille

finden sich vereinzelt lange Cilien. Üie meist etwas erweiterten Hauptslämme munden bei manchen noch am Vorder! heile des Körpers aus [Fig. 80. A) (Trisloina papillosuin . Am häufigsten trifft man die Mündung (l'orus excrelorius; gegen das hinlere Körperende verlegt [B\, wobei beide Gefüssstänime einander genähert, und zu einer gemein- samen Oeffnung vereinigt sind. Daraus bildet sich eine für beide Canille gemeinsame Endsirecke aus. die. meist erweitert, als contractu? Blase sich darstellt (E . Solche Blasen können auch im den getrennt ausmündenden Stummen entstehen. Sie bilden einen dritten Abschnitt des Apparates.

Eicretionsorgane. |g5

Bei den Cestoden ist das, wie es scheint, bei den anderen Platt - Würmern erst erworbene Verhaltniss der Verschmelzung der Excre- lionscanäle 2U einem einzigen am Ende des Skolexkörpers gelegenen Porus excretorius typisch geworden. Eine contractile «Blase bildet meist den Sammelpunkt. Die Hauptstamme bestehen in der Regel in grösserer Zahl, nämlich zu vier, sechs oder acht, die vorn im Kopfe entweder schlingenförmig in einander übergehen oder auch nur umbiegen, um wieder nach hinten tretend sich zu verastein, wobei im specielleren Befunde ähnliche Verhältnisse wie bei den andern Plattwürmern sich ergeben. Mit dem Eintritte der Metamerenbildung an der Skolexform wird der terminale Abschnitt dieses Canals\stems der ältesten Proglot- tide zugetheilt, die folgenden Proglottiden erhalten dann Theilstücke der Canale. Am Ende der Metameren stehen die Langscanale bei man- chen durch einen Ringcanal in Verbindung. Beim Ablösen der Proglot- tiden soll sich jedesmal ein neuer Porus excretorius bilden , woran der Ringcanal betheiligt ist.

Der aus den feinsten Canalen bestehende Abschnitt dieser Organe enthalt nur wasserklare Flüssigkeit. Bei Bandwürmern dagegen finden sich an erweiterten Stellen Kalkconcremente vor, die als Excretions- producte zu deuten sind. Solche Goncremente sammeln sich bei Trematoden in den Hauptstammen, treten durch Gontractionen derselben in die Endblase über und werden von dieser durch den Porus excre- ' torius entleert.

Nicht selten lässt sich an den feinsten Ramißcationen der Canale sowohl bei Cestoden als Trematoden (Distoma dimorphumj , eine Ana- stomosenbildung wahrnehmen, die auf die grösseren Stamme übergehen kann, und dieselben entweder einfach verbindet (zu einem Ringe bei Distoma rhachiaeum , mit regelmassig sich folgenden Quercanalen bei manchen Cestoden} oder zu einem reichen Maschennetze sich um- wandelt, in welchem auch die Hauptstamme aufgegangen sind.

Unier einfacheren Verhaltnissen erscheinen bei den Nemathel- minlhen die Excretionsorgane, welche wieder von einem Blindschlauche ableitbar sind. Es sind in die Seitenfelder eingebettete, längs des Körpers verlaufende Schlauche oder Canale. (Fig. 61. A. r.) In der Gegend des Munddarms biegen die beiderseitigen Canale gegen ein- ander und vereinigen sich in einen kürzeren oder längeren gemein- samen Abschnitt, der mit einem in der Bauchlinie gelegenen Porus ausmündet. Zuweilen ist der Verlauf dieser Canale geschlangelt, und auch in Beziehung auf die Verbindungsweise vor der Ausmün- dung finden sich mannichfache Variationen. Bei den Gordiaceen scheint dieser Apparat rudimentär zu sein, bei Mermis nämlich wird er nur durch eine Reihe von Zellen reprtisentirt, und Gordius besitzt mit dem Mangel der Seitenfelder gar kein bestimmt hieher bezüg- liches Organ.

Ob die, bei den Acanthocephalen im vorderen Körperabschnitte

186 II. »■ Würmer.

vorkommenden, als »Lemnisci« bezeichneten Organe einem Eicretions- apparale zugehören, ist zweifelhaft. Sie bilden zwei längliche Lamellen ohne Lumen, FortsiiUe der Leibeswand und wie diese mit Canalver- zweigungcn ausgestattet, zwischen denen dunkle Körnermassen sich

vorfinden.

§ 113,

Mit dem Entslehen einer Leibeshöhle ist das Verhallen der Excre- Lionsorgane derart geändert, dass die Canäle mil ersterer durch innere, mit einem Wimperbesalz versehene Mün- dungen communiciren. Dieserneue Zustand iiiuss iimsomehr als eine blosse Modi fication des terminal geschlossenen Canal- sysiems gelten, als er bereits bei Platt- würmern vermittelt wird. Bei Larven von Tremaloden sind innere Mündungen beob- achtet. Sie eharaklerisiren ebenso das excretorische Canalsystem der Räderlhiere, welches nach derselben Weise wie das der Tremaloden angelegt isl. Das in der Leibes- hohle lagernde, oder von der Körnerwand her in sie einragende Canalsystem setzt sich aus zwei Stammen zusammen Fig. 81. c , die bei mancheu durch seilliche Zweige in die Leibeshöhle ausmünden (Arten von lN'olommala). Die beiden steh vielfach ^"— Jf schlängelnden Hauplcanäle vereinigen sich Fig. si. onuiaitioB «int, Bmchio- entweder an der Cloake und öffnen sich m. n wimpinide K«pr«ciieiiw. > durch diese nach aussen, oder sie gehen Hu» " "vXm h vt*Tg>*«i' st vorRer '" e'ne contractUe Blase [v] über, b'i^nd. c Ei*r. m ii<r E»si? dei die als eine Sonderung des gemeinsamen Bthwnui tfffiiigi. c EimüoBi- Endabschnilles der beiden Canäle zu gellen hat. Die inneren Mundungen, wie auch das Lumen der beiden Haupts! Um nie sind von Stelle zu Stelle mil Geissei- haaren besetzt, die eine zitternde Bewegung ilussern. Die Wände selbst geben eine drüsige Beschaffenheit zu erkennen, die entweder Über die gesammle Länge eines Canals sieb ausdehnt oder auf bestimmte Abschnitte beschrankt erscheint. In diesem letzteren Verhaltnisse möchte eine nicht unbeträchtliche Weilerenl« ickelung des bei den PlatlwUrmern einfacheren Verhaltens'zu erkennen sein, welche zugleich eine nähere Verwandtschaft mit den Ringel Würmern darbietet.

Auch Echinoderes besitzt zwei gewundene Evcretionsscbläuche, die aber getrennt im Vorderkörper auszumünden scheinen.

Eicretioosorgane.

Bei den Gephyreen müssen zwei differente Organe als excreto-

rische unterschieden werden.

Das eine dieser Organe schliesst die Gephyreen an niedere Zustände

an, indem ifar Verhalten mit der nicht ausgebildeten oder nur ausserlich

entwickelten Metamerenbildung zusam- menhängt. Diese Organe werden durch

Schlauche gebildet, welche in das Ende

des Darmes münden (Fig. 72 y), und

wenigstens da wo sie am genauesten

gekannt sind Bonellia), mit zahlreichen

in die Leibes buhle geöffneten Wim per- inealem ausgestattet sind ^Fig. 82 a).

In anderen Fallen scheinen die Raminca-

lionen mit inneren Mündungen zu fehlen Echiunis und wieder bei anderen ist

eine völlige Rückbildung eingetreten. Da auch hei Echinodermen ähnliche Ein- richtungen vorkommen, so erscheint diese hei den Gephyreen vorhandene Form der Excretionsorgane einem grossem Kreise gemeinsam, von Einer Stammform ab- leitbar, von wo aus sie auf die Echino- (formen ebenso wie auf die Gephyreen sich vererbt hat. Eine Verschiedenheit der Function dieser Organe darf aus dem Baue abgeleitet werden. Die excrelorische Verrichtung scheint nur bei Bonellia sicherer, indem hier die Wandungen der Verästelungen eine drüsige Beschaffenheit besitzen.

Die andere Form besteht aus paarigen , an der Bauchflache ausmün- denden Schlauchen, die von der paarigen bei Anneliden bestehenden Form derselben Organe ableitbar sind. Sie finden sich entweder nur zu einem Paare (Sipunculus) »der zu wenigen Paaren Thalassema, Stern- aspis, Echiurus) vor, und drücken damit eine gering entfaltete Metamerie aus. Innere Mündungen in die Leibeshöhle liegen dann nahe an der In- sertion der Schlauche in die Leibeswand, und stehen bei mehreren im Dienste der Geschlechlsfunction, indem sie die Ausfuhrwege der Ge- schlechtsproducle darstellen. Der sirösste Theil des Schlauches , nämlich das hinter der inneren Oeffnung befindliche blinde Endstück, scheint bei den Sipunculideo die eicrelorische Function zu behalten, und ist in der Regel durch braunliche Färbung ausgezeichnet. Bei anderen dient der ganze Schlauch zurAuslcitungderGeschlechtsproducte. Wahrend bei den meisten ein gleichartiges functionelles Verhallen dieser Organe besieht,

Flg. SZ. Stück «tut ffimpsnul« M6 mlun

(NKh Lac* zi

188

ii. ». wtii

findet sich in vereinzelten Fallen eine Arbeilstheilung ausgebildet iStern- apsis], indem das hintere Schlauchpaar zur geschlechtlichen, das vordere zur excrelorischen Function in Beziehung steht und dadurch die sonst nur in den einzelnen Galtungen auftretende Mannichraltigkeil der Leistungen schon im Individuum zum Ausdrucke kommen lässl.

§ HS.

L'nter den Ringelwürmern treten hinsichtlich des Baues der excre- lorischen Organe wenig neue Einrichtungen auf. Die Organe entsprechen der Metamerie des Körpers, indem sie fast in allen Segmenten des letzte- ren regelmassig auf beide Seiten vertbeilt sind. Man hat sie daher, wenig zweckmassig, als Segmentalorgane benannt, ein Name, der ebenso auf viele andere Organe passt. Jedes besteht aus einem zusammengeknauelten oder schleifenartig aufgereihten Csuale (Schlei fencanal, . welcher eine in- nere, oft eigen thümlicb gestaltete und stets bewimperte Mündung besitzt, und am andern Ende auf der Oberfläche des Körpers sich öffnet. . Dieser Canal ist zuweilen in seiner ganzen Ausdeh- nung gleichartig, oder bietet nur geringe Differcnzirungen dar, häufig lasst er mehr- fache Abschnitte unterscheiden, welche im Allgemeinen den schon bei PlattwUrmern und Räderlhieren hervorgehobenen entsprechen. Der innerste, die Mundung in die Leibeshöble tragende Abschnitt ist in der Regel der mäch- tigste und durch ein trichterförmiges, auch roseltenarlig gestaltetes Mundstück ausge- zeichnet (s. Fig. 83'.. Am darauffolgenden Abschnitte ist ein drüsiger Bau der Wandung zu erkennen. Der letzte, zuweilen erweiterte Abschnitt besitzt häufig einen Muskelbeleg; seine AusmUndung findet sich fast immer an der Seile der Ventral Dil che. Die Verrichtung b'1'1" dieser Organe ist ebenso wenig wie bei den

Übrigen Würmern eine rein exeretorische , wie finden sie nicht selten mit inannichfachen andern Functionen betraut,

Diese Organe besitzen bei Hirudineen ihre Vorläufer im Embryonal- stariium, wo, unabhängig von den spater entstehenden, drei Paare von Schleifencanälen an der hinteren Hälfte der Bauchfl.Iche vorkommen. Sie sind von ähnlichem, aber einfacherem Bau wie die bleibenden, und geben nach Entwicklung der letzteren zu Grunde. Diese höchst wichtige Thal - sache weist darauf hin , dass die Schlei fencanäle der Ringelwürmer nicht ohne weiteres als die Homologa der Excretionsorgane niederer Würmer angesehen werden dürfen, und zugleich entsteht die Frage, ob die Schlei- fencanäle jener Ringelwürmer, welche keine derartigen primordialen Bil-

Eicretionsorgaoe. IgQ

düngen aufweisen, dea definitiven Schleifencanälen der Hirudineen, oder nur den primordialen vergleichbar seien.

Im serielleren Verbalten ergibt sieb sebon bei den Hirudineen eine beträchtliche Mannichfaltigkeit , indem die Schleifencanäle bei einer Ab- theilung der innern Mündung entbehren. Statt derselben beginnen sie mit einem geschlossenen Abschnitt, der in Form einer Schleife gestaltet, aus zahlreichen labyrinthartig unter einander verbundenen Canälen be- steht Hirudo). Aus diesen Schleifenorganen löst sich ein isolirter Canal ab, der mit einer blasenformigen Erweiterung an der Oberflache des Kör- pers ausmündet s. oben Fig. 64 B). Bei anderen Clepsine, Nephelis) ist der labyrinthformige Abschnitt gleichfalls vorhanden, aber es besteht dabei eine innere, ,~ in die seitlichen Blutsinus des Körpers einragende Mündung.

Bei den Scoleinen ist die Abtheilung der Limicolen durch zweierlei Zustände der Schleifencanäle bemerkenswert. In dem einen besteht ein vielfach geschlängelter , meistenteils in einer gemeinschaftlichen Zell- masse verlaufender Canal, der ziemlich gleichartige Caliberverbältnisse bietet. Mit dem die innere Mündung tragenden Ende durchbrechen die Canäle immer das je vor ihnen liegende Dissepiment; je ein Schleifeu- canalpaar hat daher Beziehungen zu zwei Leibessegmenten. In einem liegt der nach aussen führende Abschnitt, im anderen die innere Mün- dung. Diese über den grössten Theil der Segmente in gleichem Verhalten verbreitete Form fehlt an den vom Geschlechtsapparat eingenommenen Strecken, An der Stelle der einfachen Schleifencanäle findet man compli- cirtere und in viel grösserem Maassstabe entfaltete Gebilde, welche in ihrem Baue das Verhalten der ersteren wiederholen, aber als Ausführungs- organe des Sperma thätig siud : Schleifencanäle sind zu Samenleitern um- gebildet. Darin schliesst sich auch Branchiobdella hier an.

Bei den Lumbricinen fehlen diese functionellen Umwandlungen. Da- gegen bat sich der Apparat durch deutliche Ausprägung der einzelnen Abschnitte, wie durch die Anordnung seiner Schlingen bedeutend com- plicirt. Jeder Canal stellt mehrere neben einander auf- und absteigende, innig unter einander verbundene Schleifen dar, welche von einem dich- ten Blutgefossnetze umsponnen werden. Verschiedene Abschnitte tragen ebenso verschiedene Bedeutungen. Zu innerst finden wir den der trichter- förmig erweiterten Mündung (Fig. 84 a) folgenden Abschnitt \b b b) mit glashellen Wandungen versehen und an einzelnen Strecken mit Cilien ausgekleidet. Nach mehrfacher Schleifenbildung geht dieser Theil durch eine Veränderung seiner Wandungen in einen andern Abschnitt (c) über, dessen Lumen erweitert d) und von feinkörnigen Inhalt führenden Zellen umwandet ist. Auch dieser Theil verläuft schlingenartig \d') und setzt sich in einen weiteren, mit muskulösen Wandungen versehenen fort [e}} welcher nach einfacher Umbiegung an die Körperwand tritt (e) und hier seine Ausmündung findet.

Einfachere Formen der Schleifencanäle walten bei den Chätopoden

190

II. 3. WUrmer.

vor. Die einzelnen Canäle bilden bald knfluel förmige Körper, bald bieten sie weniger Windungen dar. Die bei vielen nachgewiesene trichterförmige Binnenmtlndung verhalt sich bei einigen Akiopa zu den Seplis der Leibesbohle ganz ähnlich wie bei den Scoleinen. Auch die Beziehung zum Geschlechts- apparate ist bei vielen in ahnlicher Weise erkennbar,

Ausser den mehr secundären Be- Ziehungen, welche die Schleifencanäle der Ringel Würmer bald nur an bestimm- ten Legalitäten, bald in grösserer Aus- dehnung zum G e seh lechlsappa rate be- sitzen, wird ihre Beziehung zur Excre- t»on, sowie zur Ein- oder Ausfuhr von Wasser in Betracht kommen müssen. Zur Excretion stehen die Organe in einem engen Verhältnisse durch den drüsigen Beleg ihrer Wandungen oder auch durch direel in sie einmündende Drusen. Dadurch kommen sie den Hauplslammen der Eicretionsorgane bei den Tremaloden gleich. Eine Be- ziehung der perienterischen Flüssigkeit zum umgebenden Medium, entweder durch Ausleitung der ersteren oder Ein- riß sj- Ein SehUif.neiMi «b Liim- jass fes letzteren, wird durch die innere änng.Dt:rrH*ii.7"n7-siDippI^hi«°I Mundung der Schleifencanäle herge- tm ntgtitaut cm»i»ti«bDiti. c, c E>- stellt. Aus der in den Canalen oder r/mit"« Th"i "dw taTwM^"!'. « aD den inneren Mündungen in beinahe viti und bfi i- ia den mnikuiöven allen Fällen nach aussen gehenden Ab.ciiBLtt i »ich forttttu. ( kmnjt Richtung der Wimperbewegung wird M,"ld,"1*■ wahrscheinlich, dass auch Stoffe nach

dieser Richtung bewegt werden. Doch bedarf es zur Sichersten ung einer solchen Annahme noch eingehender Untersuchung.

Gesell lecli tsorgane .

§ 1 46-

In der geschlechtlichen Differenzirung der Würmer be-

gegnen uns zahlreichere Stufenfolgen als bei einer andern Abtbeilung.

Die niedersten Zustände bieten wieder hermaphrodi tische Einrichtungen,

die aber nicht selten mit grossen Complicationen sich verbinden, wodurch

sie weit über die viel einfacher sieb verhaltenden Einrichtungen der ge-

trenntgeschlechllichen Würmer sich erheben.

Geschlechtsorgane. 191

Am einfachsten verhalten sich die Bryozofcn , deren Geschlechtspro- ducte sich entweder an der Innenflache der Körperwandung aus einfachen Zellenhaufen entwickeln , welche entweder Samenelemente oder Eier aus sich hervorgehen lassen ; oder sie entstehen an einem vom Darmcanale zur Innenwand des Körpers verlaufenden Strange (Funiculus). (Fig. 71 x.) Die reifen Zeugungsstoffe geraihen in die Leibeshöhle und werden von hier aus durch die erwähnte CommunicationsöflTnung in das umgebende Wasser entleert. Beiderlei Geschlechter sind meist in einem Individuum vereinigt, und nur die Keimst* tten sind von einander getrennt.

Bei allen phylactolamen Sttsswasser-Bryozogn entwickeln sich in der Leibeswand an den Stellen, an welchen Eier entstehen, eigentümliche aus einem Zellenaggregate bestehende Körper (Statoblasten; , die, wie die Eier, sich ablösen und frei werdende Sprossen vorstellen. Mannichfache Differenzirungen lassen complicirte Schalengebilde an ihnen entstehen.

§ U7. '

Der Hermaphroditismus erhält sich auch bei den Plattwürmern ver- breitet iTurbellarien, Trematoden, Cestoden) . Beiderlei Geschlechtsorgane sind in der Regel an einer gemeinsamen Ausmündung vereinigt, im übrigen getrennt von einander ins Körperparenchym gebettet. Am ein- fachsten verhalten sich die meist wenig voluminösen Keimdrüsen (Hoden und Ovarien). Ausfttjirwege und damit verbundene Drüsenorgane, sowie an den ersteren vorhandene Ausbuchtungen oder taschenförmige Anhänge, die als Entwickelungssttttten der befruchteten Eier, oder als Aufbewah- rungsorte des Samens fungiren, haben an der Complication der Apparate den bei weitem grössten Antheil.

Was den mannlichen Apparat betrifft, so sind die an Zahl variabeln Hoden meist undeutlich abgegrenzte Bildungsstätten des Samens, der durch enge Samenleiter zu einem gemeinsamen Ausführwege gelangt, ein erweiterter Abschnitt des letzteren fungirt als Samenblase, und sein Ende erscheint in ein hervorstreckbares oder ausstülpbares Organ umgewandelt, welches als Penis dient.

Der weibliche Apparat hat seinen wichtigsten Bestandtheil im Eier- stock. Mit dem Ausführgange des Eierstocks verbindet sich ein meist weit verzweigtes Organ , der Dotterstock, in dessen Drüsenläppchen eine Zellenproduction stattfindet. Die Zellen des Dotierstockes werden zum Aufbau des Embryo verwendet, indem je eine Quantität derselben mit einer Eizelle ein Ei formirt. Die Entstehung des Dotterstockes resultirt wahrscheinlich aus der Arbeitstheilung eines primitiv sehr ansehnlichen Eierstockes, von dem nur ein Theil als solcher sich forterhielt, während die Zellen des andern ihre Bedeutung als Eikeime verloren , indem sie von den Eizellen resp. deren Theilungsproducten umwachsen und so in den künftigen Embryonalleib aufgenommen werden. Die Ausführgänge des Ovars (Eileiter) und des Dotterstocks vereinigen sich zu einem ver-

192

II. 8. Würmer.

schieden langen Ganale, der je nach der Menge der sich entwickelnden Eier, bald von ausserordentlicher Lunge ist, bald ganz kun, einfach, oder mit Aussackungen besetzt. Diese Räume werden als Uterus bezeichnet, da in ihnen das Ei nicht blos von einer Schale umschlossen wird, sondern auch in der Regel seine erste Entwickelung zum Embryo antritt. Eine meist in Form einer gestielten Blase auftretende Ausbuchtung der weib- lichen Ausfuhrwege nimmt bei der Begattung das Sperma auf (Recepta- culum seminis) , eine zweite jedoch nicht allgemeiner verbreitete ist mit der ersleren zuweilen verbunden ; sie dient wahrscheinlich zur Aufnahme des männlichen Begattungsorganes (Bursa copulatrix).

Die bedeutendste Complication dieser Apparate trifft die parasitisch lebenden PlaltwUrmer. Die Erhaltung der Art ist hier durch den Aufent- halt der einzelnen Entwickelungsstadien des Tbieres innerhalb verschie- dener Wirtbc, sowie durch die damit verbundenen Wanderungen zahl- losen Schwierigkeiten ausgesetzt, und verlangt eine Hasse nproduction der Eikeime, sowie eine Sicherung ihrer Befruchtung.

Im speciellet ausserordentlich i

§ 118.

Verhalten dieser Geschlechtsapparate ergeben sich nnicbfallige Formzustünde. Der männliche Ab- schnitt besteht bei den rbabdocolen Turbel laden in der Regel aus zwei langgestreckten Hoden seh lau eben , aus denen je ein Yaa defe- rens hervorgeht Fig. 83 ( . Bei den Trema- tode n sind gleichfalls nur einige meist rund- liche oder gelappte Teslikel vorbanden, irtdess diese bei den dendrocolen Turbellarien, sowie bei mehreren rbabdocolen ; Macrostoma , und Cestoden durch eine oft sehr beträchtliche An- zahl kleinerer im Leibesparenchym zerstreuter Follikel Fig. 86 fl repräsenlirt werden, die durch lange Ausfuhrgitnge sich vereinigen. Beiderseits können sie auch eine einzige Reihe bilden Landplanarienj. Die Ausftlhrgünge bil- den entweder ein gemeinsames Vas deferens, oder trelen für sich verlaufend zu einem Eud- abschnille, der in das Begatlungsorgan sich fortsetzt. Der gemeinsame Ausfuhrweg bildet die Samenblase, welche seltener durch Er- weiterungen der einzelnen Vasa deferenlia ersetzt wird. Das Begattungsorgan Fig. 85», Fig 87/)') erscheint meist als ein ansehnliches, muskulöses Gebilde, an welchem die Samen- blase häufig wie ein ihm zugehöriger Anbang

erscheint. Es liegt in einem besonderen zum GeniUlporus führenden Räume (Penisscbeide der Planarieo, Cimisbeutel derCestoden [Fig. 8* et] und Trematoden ) und zeigt zuweilen eine Ver- bindung niit Drüsen Pla- narien) . Das Begattungs- organ ist in der Regel prolractil, oder kann um- gestülpt werden , wobei ein beim eingezogenen Organe innen sich fin- dender Besatz von man- cherlei Stacheln oder Haken an die Oberflache zu liegen kommt. Eine solche Ausstattung des Penis kommt mit Aus- nahme der Planarien den

meisten Plattwtlrmern tu , und scheint einer innere» Cop„L «*. %£« ^XS* SStÄ.^

Sprechen. »■. * Hod«of<jllik«l fnnr m Tktil. •ns-g«bf «). h latttir-

§ U9.

Grossere Verschiedenheilen bietet der weibliche Apparat. Die Ovarien (Keiinstöckej erscheinen in der Regel als 1 i l&ngliche, an Volum sehr unansehnliche Schlauche (Fig. 85. o, 87.ot>), in denen die Bil- dung der Eikeime stattfindet. Wenn sie einfach vorbanden sind , setzt sich der Oviduct als ein bald kürzerer, bald längerer Cana), unter Auf- nahme accessorisener Tfaeile zur Geschlecblsöffnung fort. Mehrfache ver- einigen sich zu einem gemeinsamen Oviduct (Fig. 85. fj. Bei den meisten RhabdoooJen, wie auch bei Cestoden Fig. 87. od) und Trema- toden bleibt der Ausfuhrgang bei doppelten Ovarien einfach. Am kür- zesten ist er bei den Rhabdocolen, die wie die meisten Cestoden eine er- weiterte Stelle als Receptaculum seminis erkennen lassen. Dieses Organ erscheint als einseitige Ausbuchtung des Oviductes, die allmählich einen selbständigen Charakter gewinnt. Deutlicher tritt dieser hervor, wo es als ein gestielter Anhang bald dem Grunde des Eileiters (Fig. 85. rs), bald dem Verlaufe desselben angefügt ist. Einen doppellen Eileiter be- sitzen die Planarien, bei welchen in der Regel nur ein ganz kurzer ge- meinsamer Abschnitt, als Uterus oder als Scheide fungirend , vorkommt. Bei den Landplanarien, deren Ovarien im vordersten Kürperiheile liegen,

»drin 4. Tcrfl. An.torai«. 1. Aufl. 4 1

194

II. 3. Win

besitzen die Ovidukte eine bedeutende Länge. Sie können auch auf ihrem Verlaufe mit kurzen seitlichen Aeslen besetzt sein, welche in LUcken- innen der Leibeshöhle sich öffnen Bipaüum . Dieses eigen thümliche Verhalten lässt die Frage entstehen ob diese wimpertragenden Ausfuhr- wege der Eier etwa nicht auf ein anderes Orpansyslem zu rück zufuhren seien, denn es besteht kein Grund zur Annahme, dass an jenen rückwärts gerichteten Seitenzweigen Ovarialschläuche einer Rückbildung verfallen seien. Ein solcher Vorgang widerspräche dem Bestehen offener Mün- dungen. Die letztern aber deuten auf ein Excretionsorgan . das theil- weise in die Dienste der Geschlechtsfunclion trat.

Wo mit dem Ovarium Dotierstocke verbunden sind, werden die- selben durch zwei oder mehr haumförmig verästelte oder gelappte Organe vorgestellt Fig. 73. <jv] , welche oft in weiter Ausdehnung im Leibes- parenehym vertheill sind [Fig. 87. d). Die Ausführgifnge treten dann von verschiedenen Seiten her zusammen, und bilden einen mit dem Oviducte vereinigten gemeinsamen Abschnitt (ifj.

Besondere Abschnitte des Oviducles fungiren als Uterus, mit welchem Namen morphologisch sehr verschiedene Theile bezeichnet wer- den. Im Allgemeinen lassen sich drei verschiedene Arten solcher vom Oviducte aus- gehenden Ulerusbildungen unterscheiden. Einmal ist der Eileiter selbst hiezu ver- wendet und erscheint dann nicht blos erweitert, sondern auch beträchtlich in die Länge gestreckt, so dass er sich als einen den Körper mehrfach durchziehenden, gewundenen Schlauch repräsentirt. Dieses Verhalten zeigt sich bei den Tremaloden , ähnlich unter den Cestoden (Triaenophorus, Ligula, Bolhryocephalus) {Fig. 87. u). Eine zweite Form wird durch seitliche Aus- buchtungen oder taschen- artige Anhänge im Verlaufe des Eileiters dargestellt; sie findet sich bei wenigen Rbab- docölen , in complicirterer Weise bei den meisten Bandwürmern. Ein vom Eileiter in der Nahe der Einmündung der Dolterstöcke ausgebender Schlauch erstreckt sich bei den Tänien durch die Mittellinie einer geschlechlsreifen Progloliis.

Geschlechtsorgane. 195

und bildet Dach Maassgabe der in ihn gelangenden Eiermassen beider- seits reiche dendritische Verästelungen. Endlich wird eine dritte Art durch Anhänge vorgestellt, welche erst am Ende des Oviductes oder vielmehr an dem beiderlei Organen gemeinsamen Vorhof, dicht am Geniiaiporus , sich findet. Solches zeigen die meisten Turbellarien Fig. 85. u) und zwar finden sich bei den Rhabdocölen in der Regel zwei solcher Uterustaschen, die sich ansehnlich ausdehnen, ja sogar wieder verzweigen können, wenn sie zur Aufnahme einer grössern An- zahl von Eiern dienen. Bei den Dendrocölen besteht entweder nur Ein solcher Uterus, der in den hier sehr ausgedehnten Vorhof mündet, oder er fehlt vollständig, und dann übernehmen die beiden Oviducte seine Function (Leptoplann . Die Grösse und Zahl der gleichzeitig reifenden und ihre Umhüllung erhaltenden Eier steht überall mit dem Zustande des als Uterus fungirenden Gebildes in engem Zusammenhange.

Ein letzter Abschnitt des Eileiters differenzirt sich gleichfalls häufig zu einem besonderen als »Scheide« bezeichneten Canale. und ist in ein- zelnen Fallen uoch mit einem als »Bursa copulatrix« fungirenden Anhange versehen.

An der Vereinigungsstelle der Ausfübrgänge des Dotterstockes mit dem Oviducte zeigt sich bei Trematoden 'Distoma, Polystomum, Amphistoma) und Cesloden (Bolhryocephalus, Taenia) eine grosse Anzahl einzelliger Drüsen angebracht. Ihr Complex wird als Schalendrüse bezeichnet, deren Secret zur Bildung der Eihüllen verwendet wird (Fig. 87. gl) . Zugleich besteht bei Bolhryocephalen und vielen Trematoden von jener Stelle an ein besonderer, bei ersteren im Sinus genitalis, bei Distoma hepaticum auf der Dorsalfläche des Körpers ausmündender Canal, der mit Sperma gefüllt getroffen wird, demnach als Scheide fungirt Fig. 87. r). Diese zweite Verbindung des weiblichen Apparates nach aussen gestattet eine Befruchtung, ohne dass die allmählich erfolgende Ausleitung und Ab- setzung der Eier eine Störung erfährt. In der somit doppelten Ausmün- dung des weiblichen Apparates dürfte sich wohl die Andeutung einer ursprünglichen Duplicitüt des ganzen Organsystems erkennen lassen.

Der EinQuss geänderter äusserer Lebensverhältnisse auf den Ge- schlechtsapparat bildet bei Polystomum (P. integerrimum, ein lehrreiches Beispiel von der Anpassungsfähigkeit bereits in voller Function stehender und somit als angebildet zu betrachtender Organe. Die Aenderung ist an einen Wechsel des Aufenthaltes geknüpft, und äussert sich in einer ver- mehrten Production der Zeugungsstoffe, mit der an dem Apparate zu- gleich neue Abschnitte entstehen.

§ 450.

Das Verhalten des hermaphroditischen Apparats bei der Begattung ist zum grossen Theile noch unbekannt. In vielen Fallen liegen die Ein- richtungen für eine Selbstbegatlung günstig.

41*

196 H. 8. Würmer.

Die Lage des Genitalporus ist in dep einzelnen Abtheilungen der Plattwürmer verschieden. Am häufigsten münden die Geschlechtsorgane in der ventralen Medianlinie aus, bald weiter nach vorne, dicht hinter dem Mundsaugnapfe, wie bei vielen Trematoden (Distoma, Gyro-r dactylus u. a.) , bald naher dem Hinterleibsende (Turbellarien) oder an diesem Ende selbst (Dist. macrostom.). Unter den Cestoden ist die ven- trale Lagerung gleichfalls häufig (Ligula, Bothryocephalus) ; in der Mehr- zahl der Falle ist der als eine flache Ausbuchtung erscheinende Genital- porus an dem Seitenrande der Proglottiden anzutreffen, und zwar kann bald der eine, bald der andere Seitenrand dadurch ausgezeichnet sein. Für die Beurtheilung dieser Übrigens auch bei einzelnen Trematoden (Tristoma) bestehenden Asymmetrie ist die Thatsache wichtig, dass bei einigen Gestoden (Taenia elliptica, T. cucumerina) jeder Proglottide zwei symmetrisch gelagerte Geschlechtsapparate zukommen. Dieses vereinzelte Verhalten kann als der Rest einer ursprünglich allgemeinen Einrichtung angesehen werden, so dass erst allmählich der Apparat der einen Seite über den der anderen die Uebermacht gewann und zu dem gegenwartig verbreitetsten Verhältniss, nämlich der einseitigen Entwicklung des Ge- nitalapparates, hinführte.

Wahrend bei den rhabdocölen Turbellarien, mit wenigen Ausnah- men, nur ein einziger Genitalporus besteht, zu welchem mannliche und weibliche Organe hinführen, wird bei den dendrocölen durch die Aus- bildung eines Vorhofes eine Trennung der Ausmündung angebahnt. Bei den meisten Seeplanarien ist diese Trennung vollzogen, und es besieht eine doppelte Genitalöffnung, die mannliche vor der weiblichen gelagert. Die meisten Trematoden tragen die Ausmündungen der Geschlechtsorgane gleichfalls gelrennt, wenn auch dicht aneinander gelagert. Eine ahnliche Erscheinung kommt bei den Gestoden vor. Schon in jenen Fallen, wo Cirrusbeutel und Scheide in einen Genitalporus münden, ist der letztere nur eine flache, vom Integumente wallartig umzogene Grube. In anderen Fallen münden beide, wenn auch dicht neben einander, unmittelbar an der Oberfläche aus. Dazu kommt noch der Fall einer zweiten weiblichen Mündung mittels eines Scheidenganges, der oben erwähnt wurde. End- lich besteht noch eine fernere Trennung, indem nur der mannliche Ap- parat an dem Seitenrande, der weibliche dagegen auf der Flache der Pro- glottis ausmündet.

Die Ausbildung von beiderlei Apparaten in einem und demselben Individuum ist zuweilen ungleich , und besonders bei Rhabdocölen zeigt sich eine Schei düng der Geschlechter nach den Individuen darin ausgedrückt, dass die Ausbildung der beiden Organe sich unter verschiedenen Individuen ungleich gestaltet, und bei den einen der weib- liche, bei den andern der mannliche Apparat vorwiegend entwickelt, der andere Apparat dagegen stets rudimentär erscheint Convoluta). Diese höchst wichtigen Fälle lassen verstehen, wie bei fortschreitender Ver- kümmerung des einen Organes aus hermaphroditischen Organismen ge-

Geschlechtsorgane

197

trennt geschlechtliche (diocische hervorgehen. Der hier in statu nascenti beobachtete Vorgang ist bei anderen Turhellarien vollendet. Getrennt ge- schlechtlich sind die Mterostomeen , auch einige Planarien und Trema- loden. Eine Vereinfachung des Gcscblechlsap parates trifft sieb Ali' die fast durchaus getrennt geschlechtlichen Nemertinen. Die mannichfachen Abschnitte der Auslllhrw ege, sowie die accessorischen Organe fehlen hier. Hoden und Eierstacke sind die einzigen bestimmt unterschiedenen Theile. Bei einigen jProrbynchus* kommen diese Organe nur einfach in jeilein Individuum vor Fig. 67. 01*',, und erinnern dadurch an rhahdocttle Tur- bellarten. Andere dagegen besitzen sie in mehrfacher Zahl als beiderseits vom Darrocanal gelagerte Follikel, die unier sich in keinem unmittelbaren Zusammenhange stehend durch regelmässige paarweise Anordnung in der Lange des Körpers eine Hetamerie andeuten.

§ 15».

Bei den Nematoden ist das Bestehen einer Zwitterbildung seltene Ausnahme. Trennung der Geschlechter ist die Regel. Beiderlei Organe bestehen aus röhrenförmigen, in die Leibeshohle eingebetteten und auf der Oberflilche ausmündenden Schläuchen. Paarig sind die Organe ziemlich allgemein für den weiblichen Apparat. Seltener für den männ- lichen. Eine, wenn auch nur vereinzelt erkannte , doppelte Mündung spricht eben- falls für Eine ursprüngliche DupliciUfl. Diese wird auch dann noch erkannt werden dür- fen, wenn die beiden den Apparat darstel- lenden Schlauche in Anpassung an die ge- streckte Leibesform vor einander gelagert sind. Das blinde Endstück der Geschlechts röhren fungirt als Ovarium oder Hoden, der übrige Theil als Ausleiteapparat, in den ein- zelnen Abschnitten verschiedenen Verrich- tungen angepassl und verschieden diffe— renzirt.

Die männliche Gesell lechtsröhre ist ein einfacher, an der ventralen Seile des Enddarms ausmündender Schlauch, der bei den grosseren Arten mehrfache Windungen bildet. Nur durch den Epithelinibeleg unter- scheidet sich das als Hoden zu deutende, nieist lange Endstück vom Ausfuhrgang,

an dem zuweilen eine erweiterte Stelle als Hg. vs. Wfiwuk. o»ichi«htwrg.»« Samenblase an den Ductus ejaculalorius sich or««""" s^wte*!"« xstrnt. anreiht. Zwei in dem Cloaken- Abschnitte * s<*«<i*-

des Enddarms entwickelte, dUnne, zuweilen sehr lange Chitinstäbchen (Spicula) dienen als Begaltungsorgane.

108 IL 3. Würmer.

Die weiblichen Geschlechlsröhren sind in der Regel doppelt vor- handen, entweder bis zur Ausmündung gelrennt oder am letzten Ab- schnitte in ein gemeinsames Stück vereinigt. Je nach der Lange bilden die Bohren mehr oder weniger Windungen. Der Endahschnilt ist als Ovariutn zu betrachten (Fig. 88. ov), aus welchem meist ein wei- lerer Abschnitt (Eileiter d. o) in einen als Uterus (w) bezeichneten Canal fuhrt, welcher durch eine enge Scheide ausmündet. Die weibliche Gescblechls- oßnung liegt immer ventral , vor dem After, meist nahe an der Mitte der Körperlänge. Durch eine Vermehrung der weiblichen Geschlechts röhren bis auf fünf, aber auch durch Rückbildung einer der beiden ursprunglich angelegten, entsteht in der Ge- stallung des Apparates eine Mannichfalligkeit, die, gleichwie bei den männlichen Organen, durch ver- schiede ngrad ige Differenzirung der einzelnen Ab- schnitte gesteigert wird. In einzelnen Füllen fungirl der Endabschnill des Ovars als Dollerstock (Lep- todera] .

Von den Gordiaceen schiiesst sich wenigstens Mermis an die übrigen Rundwürmer hinsichtlich der Geschlechtsorgane an. Bei Gordius vereinigen sich in beiden Geschlechtern die AusfUhrgiinge der paa- rigen Keimdrüsen mit dem Enddarm, wie dies bei Nematoden nur für den mannlichen Apparat der Fall ist.

Ziemlich abweichend verhallen sieb die Ch;i- loguaihen Sagitla). Sowohl die bestehende Zwitter- bildung und die Lagerung der Organe, macht eine Vergleichung mit anderen Abiheilungen vorläufig unmöglich. Männliche und weibliche Geschlechts- drüsen liegen seillich am Hinlerende, vorne die Ova- rien und hinter diesen die Hoden, mit denen der Korper des Thieres abschlicssl. Die letzleren öffnen " sich in einen kurzen, vorwärts gerichteten, über

die Leibesoberfläche etwas verlängerten AusPuhigang, m\' iifui '"«(■«■HiwMfr ('er häufig mit Samenmasse prall gefüllt erscheint, itvrni. <• Eiernirte. und so zugleich als Samenblase fungirt. Die Ovarien i Hodtn. j siiiifnbu,en. springen je nach dem Enlwickelungszuslande ihrer Conlenla verschieden stark in die Leibeshtihle des Thieres vor. Sie verlaufen von vom nach hinten, und offnen sich mit einer gleichfalls vorsiehenden kurzen Röhre nach aussen, mit welcher ein neben dem Ovarium gelagertes Receplaculum seminis vereinigt ist.

Geschlechtsorgane.

199

§ «52.

Eigenartig erscheint auch der Geschlechtsapparat der Acantho- cephalen, deren geschlechtliche Trennung einen höher entwickelten Zustand ausdrückt. Ein die darmlose Leibes- höhle durchziehender Strang Ligamentum Sus- pensorium) trägt bei den Männchen samen-, bei den Weibchen eierbereitende Organe. Die Hoden erscheinen als zwei rundliche, über einander liegende Drüsen, von denen je ein vas deferens sich zum Hinterleibe begibt, um dort mit den Ausführgängen einer Anzahl schlauchförmiger Drüsen in das Begattungs- organ zusammen zu münden. Das letztere be- steht aus einem saugnapfarligen Gebilde, in dessen Mitte ein konischer Fortsatz, der eigent- liche Penis, liegt. Dieser Apparat kann vorge- streckt und zurückgezogen werden. Er um- fasst bei der Begattung das ähnlich gestaltete Hinterleibsende des Weibchens, bei welchem sich die Eier in einem mit der strangförmigen Axe Fig. 90. $', verlaufenden, bald ihr ange- lagerten , bald von ihr theilweise umschlosse- nen Ovarium entwickeln (o, . Sie gerathen in die Leibeshöhle und werden durch die Mün- dung eines weil geöffneten glockenförmigen Organes [g] aufgenommen, welches vom Hin- lerleibse'nde aus nach innen vorspringt, und in den kurzen, durch eine enge Scheide ausmün- denden Uterus führt.

§ 153.

Die Hirudineen bieten in der Anord- nung ihres Geschlechtsapparates nahe ver- wandtschaftliche Beziehungen zu den Platt- würmern, besonders zu Trematoden und den- drocölen Turbellarien. Dies beurkundet nicht blos ihr Hermaphroditismus, sondern auch die Duplicilät der meist symmetrisch vertbeilten Keimdrüsen, sowie die Ausmündung des ge- sammten Apparates in der ventralen Medianlinie. Die Lage der männlichen Geschlechtsöffnung vor der weiblichen wiederholt das bei den Seeplanarien bestehende Verbalten. Für die männlichen Organe Fig. 91 ) besteht immer eine grössere Anzahl 5 12 Paare) von Keimdrüsen {t\, die einer

Fig. 90. Hinterer Abschnitt des weiblichen Qeschlecht»appar*U von Echinorhynchus.,0 Ova- rium. s Ligiraentum nu§pen*o- rium. g Glockenförmiges Organ. /Trichter, V EmlaWhnitt der Oviducte. Die Pfeile deuten den Weg d*r Eier an , na von der Leibe s hohle nach aussen zu ge- langen. (Nach Grllff.)

200

II. 3. Würmer.

«v

Anzahl von Metameren entsprechend als rundliche Körper zu beiden Seilen aufgereiht sind. Von jedem führt ein Ausführgang zu einem lateral

verlaufenden Vas deferens ( vd) , welches vor dem ersten Hoden paare unter Erweiterung seines Lumens mehrfache Windungen bildet [vs] . Aus diesem meist knäuelförmigen Abschnitte setzt sich ein mit dem der anderen Seite zusammenlaufendes Endstück gegen die Geschlechtsöffnung fort. Reichliche Drtisen- schläuche (g) verbinden sich mit den vereinigten Ausführgängen, und stellen nicht selten, ähnlich wie bei Planarien, eine ansehnliche acinöse Masse dar (Clepsine) . Als Begattungsorgane fungiren entweder die beiden Endstücke des Vas deferens, die sammt einem Theile der sie umgebenden Drüse in Gestalt einer Blase aus dem Körper hervortreten (Clepsine, Piscicola), oder es ist ein besonderes Begattungs- organ vorhanden, welches die Enden der Samen- blase aufnimmt. In diesem Falle (Sanguisuga , Hae- mopis u. a.) entwickelt sich der aus der Vereinigung der beiden Samenleiter gebildete Abschnitt zu einem stark muskulösen Gebilde v'p), dessen dünneres Ende einen kurzen Penis vorstellt. Wie bei Planarien und Trematoden liegt dieser in einer an der Genital- öffnung mündenden Penistasche geborgen , aus der er bei der Begattung hervorgestreckt wird. Auch der weibliche Apparat der Hirudineen zeigt vielfache Anschlüsse an das Verhallen mancher Plattwürmer (Seeplanarien . Die dort im Korr per vert heilten Eierstöcke werden hier durch zwei bald rundliche, bald schlauchartige oder gelappte Organe [o] vorgestellt, die nahe der Mittellinie des Körpers, hinter dem männlichen Ausleiteorgane liegen. Sie münden bei einigen ohne complicirles Verhalten mit kurzem Oviducte an der weib- lichen Geschlechtsöffnung aus (Rüsselegel) . Bei anderen ist eine Sonde- rung der Ausfuhrwege eingetreten. Die engen Oviducte bilden einen län- geren gemeinsamen Abschnitt (Hirudo . Der von einer Drüsenschicbte in mehreren Windungen zusammengehaltene gemeinsame Eileiler erweitert sich dann in dem Endstück tu; der Ausführweue zu einer Scheide.

Fig. 91. Geschlechts- organ eines Egels, t Hoden, cd Vas defe- rens commune, vs Ge- wundener Theil des Sa- menleiters , einer Sa- menblase analog, p Pe- nis, g Drüsen, o Ova- rien, n Scheide.

§ 15i.

Bei den Scoleinen liegen die Organe in vorderen Metameren, meist die Strecke vom 8 löten einnehmend. Zwei verschiedene Typen des Geschlechtsapparates sind auseinanderzuhalten. Der eine findet sich bei den Terricolen ausgeprägt, und hat seinen wesentlichsten Charakter in der Selbständigkeit der Ausführorgane. Den männlichen TbeiKdes Appa- rates der Lumbricinen bilden zwei Hodenpaare, welche mit weiten Säcken

Geschlechtsorgane.

201

in Zusammenhang stehen, in denen die Elemente des Samens sich weiter entwickeln. Jedes Hodenpaar besitzt eine solche (Fig. 92 s' s"), quer Ober die Medianlinie sich hinwegziehende und wieder mit seitlichen Aus- sackungen versehene Samenblase. In jeder liegen zwei trichter- förmig gestaltete, seit- lich in den Samenleiter sich fortsetzende Or- gane. Die beiden Sa- menleiter jeder Seite vereinigen sich zu einem gemeinsamen nach hinten ziehenden Gange {vd}, derjeder- seits gesondert an der Bauchfläche ausmün- det. An demselben Me- __f _. ._ _, _ 0 _ . . n

. . Fig. 92. Geschlechtsorgane des Ke gen wurm et.. Der diese Organe

tamer finden Sich Zwei elthaltende Körp*rab»chnitt Ist von oben her geöftnet n»d die Waid«

VOrSlttlpbare | aUS BIO«- ■•ittieh ausgebreitet dargestellt, das VIII— XV. Segment «miauend.

riififtaLicinAn von Rap w B*uckg»nglienkette $ $' a" Ausbuchtungen der Hoden, vd Ausfuhr-

Qincauonen von ÖOr- ^^ derselben# 0 Eierstock, ad Eileiter, rt Keceptaculum seminis.

stenfollikeln hervorge- (Nach heewq.)

gangene Copulations-

organe. Vom weiblichen Tbeil des Geschlechtsapparates sind die Ovarien (o) die wenigst voluminösen Gebilde. Sie liegen hinter dem zweiten Hoden- paare, zu beiden Seilen des Bauchmarks. Hinter ihnen finden sich zwei mit weiten abdominalen Ostien beginnende an ein Dissepiment befestigte Eileiter (od) , welche mit kurzem Canale an dem vor der Ausmündung der männlichen Apparate befindlichen Segmente nach aussen führen. Hiezu kommen noch mehrere Paare (meist zwei) in der Nahe der Hoden liegen- der Samentaschen (Receptacula seminis) (rs) , grosse rundliche Organe, die ohne innere Beziehungen zum männlichen Apparat mit einem kurzen Gange ausmünden. Das paarige Verhalten der Geschlechtsöffaungen, die Lagerung der weiblichen vor der männlichen, endlich die Verbindung der beiderseitigen Hoden unter einander, bilden eine unter den gegen- wärtig lebenden Verwandten, soviel bis jetzt bekannt, nichts Aehnliches bietende Einrichtung.

Schon bei den Limicolen bestehen andere Organisationen. Beiderlei auch hier in einem Individuum vereinigte Geschlechtsorgane entbehren der eigentlichen Ausführgänge. Man kann annehmen, dass der bei Lum- bricinen vorhandene Apparat der Oviducte , der Samenleiter und der Sa- menblasen nicht entwickelt ist, so dass nur Ovarien, Hoden und Recepta- cula seminis fortbestehen. Einige der, wie es bis jetzt noch scheint, bei den Lumbricinen dem Geschlechtsapparate fremd bleibenden Schleifen- caniUe (vergl. S. 489} bilden die Ausfübrorgane der Zeugungsstoffe, und

202 H. 3. Würmer.

geben dieser Function entsprechende Umwandlungen ein. Als Keimdrüsen fungiren Stellen der Dissepimente, an denen die Entwickelung der Zeu- gungsstoffe .'meist unpaarige sackartige Ausbuchtungen bildet, welche weit in den Raum der Leibeshöhle einragen, häufig auch durch mehrere Seg- mente sich hindurch erstrecken. In der Regel finden sich mehrere (bis zu i) Hoden in verschiedenen Metameren. Von Eierstöcken ist meist nur ein Paar vorhanden. Da diese seillich gelagerten Organe sich wie die Ho- den, bei reichlicher Entwickelung ihrer Producle durch mehrere Meta- meren hindurchdrängen, scheinen sie die unpaaren Hoden zu umschliessen (Tubifex). Die Zeugungsstoffe gelangen nach ihrer Ablösung von den Keimstätten in die Leibeshöhle. - Bei einigen Enchvtraeus' lösen sich Klumpen von Eikeimen ab, von welchen immer Einer sich zur Reife entfaltet.

Die Ausführwege des Samens bestehen aus den bereits erwähnten Schleifencanälen, deren in der Regel ein Paar hierauf bezügliche, grössten- teils im Volum sich äussernde Modificalionen zeigt. Die trichterförmige innere Mündung liegt wie die der Schleifencanäle in dem nächst vor- gehenden Segmente. Der aus ihr fortgesetzte, durch reichliche Wimpe- rung ausgezeichnete Canal windet sich in vielen Touren zu dem nach aussen mündenden Endstücke, welchem ein ansehnliches, gelapptes Drü- senorgan eingefügt ist. Das Eudstück bildet vor seiner Ausmündung eine Ampulle, in welche es eine Strecke weit einragt, und sich von hier aus umstülpend, zugleich ein Begattungsorgan bildet. Die Ausführwege der Eier sind entweder eigene, gleichfalls aus modificirten Schleifencanälen entstehende Oviducte, oder sie sind functionell mit den Samenleitern ver- bunden. In diesem Falle besteht das erweiterte Endstück der letzteren aus einer Dopprlröhre: die innere ist die Fortsetzung des Samenleiters, die äussere, diese umgebende, fungirt als Oviduct. An diesen Typus schliesst sich auch Branchiobdella an.

§ loo.

Die Chätopoden stehen der letzterwähnten Abtheilung der Scoleinen hinsichtlich des Geschlechtsapparates sehr nahe. Bei wenigen jedoch er- hält sich die Zwitterbildung, und geschlechtliche Trennung ist mit der freieren Lebensweise Regel geworden. Die Keimstoffe entstehen an den Wandungen der Leibeshöhle, worin sich die Gephyreen im Anschlüsse finden lassen. In der Regel sind die als Keimstätten der Eier oder des Sperma erscheinenden Stellen einzig durch diese Producte ausgezeichnet [Fig. 93 o) und entbehren der besonderen Vorrichtungen, daher sie nur zur Zeit ihrer Function unterscheidbar sind. Sie halten bei den gleichen Gattungen oder Arten die gleiche Localität ein; so finden sie sich z. B. bei Eunice seitlich vom Bauchmarke. Eine Beschränkung auf eine geringe Anzahl von Segmenten , wie sie noch bei den Scoleinen bestand , kommt nur in einzelnen Fällen vor. Die an der Körperwand entstandenen Ge-

Geschlechtsorgane.

203

schlechtsproducte lösen sich mit ihrer Reife ab, oder werden selbst in unreifem Zustande frei und gelangen in die Leibeshöhle xFig. 93] f wo sie in letzterem Falle sich noch weiter bilden. Als Ausführwege sowohl für männliche als weibliche Zeugungsstoffe werden auch hier die Scbleifencanäle verwendet, doch sind es gerade diese Punkte , weiche noch ge- nauerer Untersuchung bedürfen. Auch für die Gephyreen dienen, wie oben 4 44 y be- merkt, die nur in geringer Zahl bestehenden Homologa der Schleifencanäle als Hilfsorgane der Geschlechtsfunction , und bieten noch be- deutendere, jedoch einer genaueren Prüfung harrende Modifikationen.

Eine selbständige Stellung muss dem Ge- schlechtsapparate der Rüderlbiere eingeräumt werden. Mit dem der Chätopoden bat er nur das diöcische Verhalten gemeinsam und unter- scheidet sich, wie von dem Geschlechl sappa- rate aller Annulaten, durch das einmalige Vorkommen der bezüglichen Organe. Die Ge- schlechter sind nicht blos durch die Organe der Fortpflanzung verschieden, sondern auch durch ihre übrige Organisation. Ausser durch geringere Grösse sind die Männchen durch Rück- bildungen verschiedener Organsysteme, vorzüglich des Darmcanals aus- gezeichnet. Der Hoden besteht aus einem einfachen, am Hinterleibe ausmündenden Schlauche, dem zuweilen noch accessorische Drüsen- scbläuche verbunden sind. Beim weiblichen Geschlechte nimmt das platte Ovarium eine ventrale Lage ein und mündet mit kurzem Oviducte in die Cloake. Der Oviduct zeigt erweiterte, zur Aufnahme von Eiern die- nende Abschnitte, und stellt damit einen Uterus vor, in welchen bei ge- wissen Arten die Eier ihre Entwickelung zum Embryo antreten.

Fig. 03. Ein Parapodium von Tomopteris. a a Schuppen- artig* Bildungen da* Integn- raenU, welch« an zwei, einem ventralen und dorealen Parapo- dium anderer Anneliden homo- logen Forteilten entepringen. o Ovarium , alc ein Hänfen von Zellen, von denen die Eibildung auegebt.

§ 156.

Die Geschlechtsproducte der Würmer besitzen für die meisten Abtheilungen übereinstimmende Formen. Das Ei wird durch eine in ver- schiedenem Maasse modificirte Zelle repräsentirt. Eigenthümlich verhält sich die Entstehung der Eier hei den Nemathelminthen durch Sprossung von einem gemeinschaftlichen kernhaltigen Protoplasmastrange, dem In- halte der röhrenförmigen Ovarien. Bei gleichzeitiger Bildung einer grosse- ren Menge von Eiern erscheint der Rest des Protoplasma als eine die Röhre durchziehende Axe Rhacbis), die ringsum mit keilförmig gestal- teten Eiersprossen besetzt ist. Aehnlicbes findet sich bei Hirudineen, die Ovarien enthalten bei Haemopis einen jener Rhachis entsprechenden zu-

204 H. 3. Würmer. Geschlechtsorgane.

sammengerolllen Faden, an welchem die Eikeitne sprossen. Die Eier stehen dann mit dem Faden durch eine dünne Hüllschichte, die sich stiel- artig auszieht, in Verbindung. Bei Nephelis fehlt der Strang und die Ei- keime bilden Haufen von Zellen. Die Eier bilden bei allen jenen, welche Dotierstöcke besitzen, nicht das einzige zum Aufbau des Embryo verwen- dete Material, vielmehr wird dieses durch die Producte der Dotterstöcke Dotterzellen vervollständigt (vergl. § 147). Das als Ei erscheinende Gebilde besteht also hier aus einem Complexe von Zellen, von denen nur eine in dem Werthe einer Eizelle sich forterhalten hat. Fast allgemein empfangen die Eier Umhüllungen sehr mannichfacher Art. Bald ist es nur eine Eiweissschichle , bald eine solche, von einer festwerde ndeu Schale umgeben.

Die Formelemente des Sperma sind aus einem rundlichen odi r länglichen Körper gebildet, von dem ein feiner beweglicher Geisselfaden sich fortsetzt. Abweichend hievon verhalten sich wieder die Nematoden, deren Samenelemente ähnlich den Eiern von einer Rhachis sprossen. Die so entstehenden Zellen vermehren sich weiter, und stellen zellenähnliche Körper vor, die wohl amöboide Bewegungen vollführen, aber es nicht zur Geisseibildung kommen lassen.

Die Samenfäden werden bei vielen Ringelwürmern in besonderen Abschnitten der männlichen Ausführwege in bestimmt geformte Massen vereinigt Sperma top hören die als solche in den weiblichen Apparat übertragen werden. Solche aus nur verklebten Samenfäden geformte Spermatophoren besitzen manche Scoleinen (Tubifex). Mit einer äussern Umhüllung versehene Spermatophoren kommen bei Hiru- dineen vor.

Vierter Abschnitt.

Echinodermen.

Allgemeine Uebergleht.

§ <57.

Eine durch Ausprägung eines besonderen Typus sich enger abgren- zende, und damit selbständiger darstellende Gruppe bilden die Echino- dermen. Die Sonderung des Darmcanals unter Bildung einer perienteri- schen Höhle (Cölom) unterscheidet von den Cölenteraten. Die Verkalkung der die Leibeshöhle umschliessenden Integumentschichte (Perisom) im Zu- sammenhalte mit der radiären, aus mehr als zwei An timeren bestehen- den Körperanlage bildet eine gegen die höher stehenden Abtheilungen ziemlich scharfe Grenzroarke. Diese Unterscheidung der ausgebildeten Echinodermenform von anderen Thierstämmen ist in den Larven zustan- den noch nicht vorhanden, daher auch an diesen verwandtschaftliche Be- ziehungen mit anderen Typen noch zu erkennen sind. Diese sind um so mehr hervorzuheben, als der actinol'de Typus der Echinodermen VeranT lassung gab , sie mit den Cölenteraten zu einer Abtheilung der Radialen oder Strahlthiere zusammenzufassen , welche Verbindung bei genauerer Prüfung nicht zu rechtfertigen ist. Dieses spricht sich in der Erkenntniss der Verwandtschaft mit Würmern, besonders mit Anneliden und Gephy- reen, aus. Sowohl die innere Organisation der "Echinodermen, als auch die- äussere , in der Metamerenbildung sich kundgebende , hat diese Vor- stellungen fester begründet. Daraus entwickelte sich die durch HXckbl aufgestellte Hypothese, der zufolge die Echinodermen aus Stöcken wurm- artiger Organismen sich hervorbildeten.

In der Larvenform der Echinodermen zeigt sich eine völlige Ueber- einstimmung mit den Larven von Würmern. Wie bei manchen der letz- tem legt sieb auch hier im Innern des Larvenleibes ein neuer Organismus an. Die auftretende Sprossung lässt aber die Differenzirung einer Mehr- zahl von Individuen wahrnehmeu, und damit tritt die Erscheinung in eine bereits genauer gekannte Reibe ein. Die einzelnen Sprossen sondern sieb allmählich bis zu einem gewissen Grade von einander um jedoeh niemals

206 II. 4. Echinodermen.^

völlig sich zu trennen, so dass ihnen eine Anzahl von Organen, oder ein- zelne Abschnitte von Organsystemen gemeinsam angehören. Die sprossen- den, zu einem einzigen Organismus verbunden bleibenden Individuen verlieren dadurch ihre Selbständigkeit und sinken zur Bedeutung von Körpertheilen (Antimeren herab.

Diese die Echinodermen von den Würmern ableitende Auffassungs- weise lässt erstere über letztere stellen, da letztere die Voraussetzung für die Existenz der ersteren abgeben.

Die einzelnen Abtheilungen der Echinodermen ordnen sich in fol- gende Uebersicht :

I. Astero'ida1;.

Asterida.

Asteracanthion, Solaster, Astropecten, Luidia. Brisingida.

Brisinga. Ophiurida.

Ophioderma, Ophiolepis, Ophiothrix, Ophiocoma.

Euryalida.

Astrophylon.

IL Crinofda.

Brachiata.

Pentacrinus, Comatub .

111. EchinoYda.

Desmosticha. Echino"thurida2).

Calveria, Phormosoma. Cidarida.

Cidaris. Echinida.

Echinus, Echinometra.

Petalosticha. Spatangida. Spatangus. Cl ypeast rtda.

Clvpeasler, Laganum, Scutella.

IV. HolothuroTda.

Eupodia.

Holothuria, Mol pädia, Pentacta, Psolus, Cuvieria.

Apodia.

Synapta, Ghirodota.

4) Weil die ältesten Echinodermen umfassend, und auch bezüglich der Orga- nisation der vorauszusetzenden Stammform am nächsten stehend, müssen die Aste- roiden vorangestellt werden. In ihnen beizuzählenden fossilen Formen erscheinen zugleich mit der folgenden Klasse (Crinoiden; verwandte Zustände.

2} Diese höchst wichtige Familie bietet vorzüglich durch das bewegliche Haut- skelet Verknüpfungspunkte mit den Ästenden.

Literatur. Körperform. 207

Literatur.

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Korperform.

§ 158.

Die morphologischen Beziehungen der verschiedenen Echinodermen- abtheilungen zu einander wie zu niederen Formen, sind vorzüglich durch die Ontogenie verständlich. Die aus dem Ei hervorgegangene Larve be- sitzt nur zwei Antimeren bilaterale Symmetrie und stimmt in allen wesentlichen Punkten mit Larven von Ringelwürmern überein. Eine Wimperschnur umgibt entweder die den Mund tragende orale Fläche (vergl. Fig. 94 A) oder sie ist in zwei Kranze gesondert, davon einer ein praeorales, der andere ein postorales Feld umschliesst (B). Die erstere

208 >■■ * Echiiunlcrmm.

Larvenform findet sich bei Hololhurien, die z weile bej Ästenden. Diese Formen liegen auch den Larven anderer Echinodermen zu Grunde, wobei

r HoloUnria. B Lm

jedoch bei Ophiuren und Seeigeln eine Anzahl von Fortsätzen sieb aus- bildet (Fig. 95', auf welche die Wimperschnur gleichfalls Übergebt. In vereinzelten Füllen (wenn die Enlwickelung nicht im Freien, sondern innerhalb des mütterlichen Organismus vor sich gehl] wird die Larven- form übersprungen und es entsteht das Echinodertn ohne jenes Zwischen- stadium. Die Uebereinslimmung der Larvenformen selbst sehr verschiede- ner AbtbeiluDgen Issst auf gemeinsame Abstammung schliessen, und zwar von Formen, denen der Radiärtypus fremd ist. Der Versuch einer Ableitung der Echinodermen von Cölenleralen igno- rirt jene wichtige Thatsache, und lüssl ftlr die Echinodermen eine Ausnahme gellen, fllr die er keine Erklärung geben kann.

Die Anlage des Echinodermeukör- pers erfolgt um den Darm der Larve. Bei den Asteroiden sprossen aus einer Fig. fts, L»rre «w Ophim« (Pintemf«™). gemeinsamen Anlage fünf oder mehr Ait^^v^Ilrt^™!.^«*«"«^ Tbeile hervor, die künftigen »Arme« nii d.i. o>r»it. tob oitttnitb«. <N>ch oder »Strahlen« des Seeslernei [Fig. ■> . Mciuri 95^;. Das freie Ende des Strahls

erscheint zuerst selbständig, das an- dere Ende bleibt mit der gemeinsamen Hasse verbunden. Dieses ent- spricht dem Vorderlheile, das freie Radienende dem Hintertbeile eines Wurmkorpers. Indem die Anlage jedes Armes wuchst, erscheinen an ihm GliedstUcke Metameren) zwischen Basis und Spitze. Jedem Arme eines

Ktfrperform. 209

Seesternes kommt ein gewisses Maass selbständiger Organisation zu ; seine Organe, wie Dann, Nerven- und Geftassystem, auch Geschlechtsorgane, stimmen in ihrer Lagerung mit den homologen Organen von Ringelwür- mern überein. Nimmt man von da aus einen Beweggrund, jeden der sprossenden Arme mit einem wurmartigen Organismus zu vergleichen, so wird man den aus dem Sprossungsprocess hervorgehenden Seestern als einem Multiplum solcher Organismen entsprechend beurtheilen müs- sen, und in der ganzen Erscheinung einen ahnlichen Vorgang sehen, wie er bei andern niedern Thieren Platz greift, z. B, bei den zusammengesetz- ten Ascidien. Es ist ein Sprossungsprocess mehrfacher Einzelthiere , der nicht zu einer vollständigen Trennung der letzteren hinführt, sondern die- selben zu einem Individuum höherer Ordnung verbunden bleiben lässt.

Dass in Folge der Ulivollständigkeit der Sonderung nicht blos äusser- ten ein Zusammenhang der Sprossungsproducie besteht, sondern dass auch eine gewisse Summe innerer Organe verbunden, und daher für den Gesammtorganismus gemeinsam bleibt, erscheint nicht schwer zu ver- stehen.

§ 459.

Wir sehen also einen Organismus entstehen , dessen Antimeren in den radiär angeordneten »Armen« sich darstellen, deren jeder ursprüng- lich den Werth einer Person besitzt. Aus der Conorescenz derselben ent- steht ein Individuum höherer Ordnung, ein»Thierstock. Die Zahl der Arme ist bei den Astenden eine noch nicht völlig feststehende , bei manchen ist sie bedeutend (44 bei Solaster), bei anderen (Asteracantbion) zuweilen vermindert (4). Die Mehrzahl hat sie auf fünf beschränkt, und damit ist die Grundzahl bestimmt, die bei den übrigen Echinodermen waltet. Von 9 12 variirt die Armzahl noch bei Brisinga. Die Verbindungsstelle sämmtlicher Arme bildet bei den Seesternen den gemeinsamen Körper, der die Mundöffnung trägt. Diese liegt an der ventralen Fläche, welche dadurch ab orale erscheint und der sich die aborale entgegenstellt. Sie ist an den Armen durch Reihen von schwellbaren und beweglichen Fort- sätzen — Ambulacralfüsschen ausgezeichnet, die zusammen für jeden Arm ein »Ambulacruma bilden, und an einer längs des Armes lau- fenden Vertiefung Ambulacralrinne) angebracht sind. Sie entsprechen einer auch an andern Theilen ausgedrückten Metamerenbildung der Arme. 4 Reihen finden sich bei Asteracantbion , 2 Reihen bei der Mehrzahl der übrigen. Ob diese Gebilde mit den Parapodien der Würmer verwandt sind, ist uobestimmt. Die ventrale Fläche wird auch als ambulacrale be- zeichnet Ambulacrale und antiambulacrale (dorsale) Flächen besitzen gleiche Ausdehnung.

Das Maass der Selbständigkeit der Radien oder Arme im Vergleiche zum gemeinsamen Körper ist sehr verschieden, und bei nicht wenigen zeigt sich eine Verkürzung derselben zu Gunsten der Körperscheibe, uud lässt dadurch in gleichem Grade (Oreaster, Fteraster, Asteriscus etc.) die

Uegentaur, Grandriea d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 14

210

II. 4. Echinodermen.

Vorstellung der ursprünglich individuellen Bedeutung der Arme verloren gehen. Die Vergleichung der drei vorstehenden Formen von Seesternen (Fig. 96 A B C) gibt das deutlich zu verstehen.

Fig. 96. Drei Formen von Seesternen ABC, an denen die Concrescenz und damit das Aufhören der Selbständigkeit der Arme sich allmählich vervollständigt. Alle drei sind von der oralen Körperfläche dargestellt, welche zugleich die ambulacrale ist. Die Ambulacra sind durch Pnnktreihen dargestellt.

0 Mundöffnung, r Radien (Arme), ir Interradien.

I

§ 160.

Von der für die Seesterne geltenden Form leiten sich die Verhältnisse der übrigen Echinodermen ab. und zwar nach zwei divergenten Richtun- gen. In beiden kommt es zu einer grösseren Gentralisation des Organis- mus, aber auf verschiedene Weise. In der einen Richtung ergibt sich eine grössere Entfaltung der Arme unter stufenweise ausgeprägtem Ver- lust ihrer Beziehungen zu inneren Organen. Bei der andern Richtung

spricht sich ein vollständiges Aufgehen der Arme in den gemeinsamen Körper aus. Die Fünfzahl der Radien erscheint constant. Die erstere Erscheinung findet sich bei Brisinga und den Ophiuriden, deren Leib in einen scheibenförmigen centralen Theil (Fig. 97 s) und davon ausgehende, aber scharf abgesetzte Arme (r) gesondert ist. Die Arme betheiligen sich nur in geringem Grade an der Bildung der Leibeshöhle , welche fast ausschliesslich auf die Körperscheibe beschränkt ist. Den Oph iure n fehlt die Ambulacra! furche, die Ambulacra sind aber noch längs der Arme ausgedehnt. Durch dichotomische vielfach wiederholte Theilungen sind die Arme der Euryaliden bedeutender ausgebildet. Eine flache Rinne setzt sich auf die Theilungen fort. Die in früheren Perioden in grosser Verbreitung und bedeutendem Formenreichthum erscheinenden, gegenwärtig nur in einigen Gattungen vertretenen Crinoiden sind unter Verlust der freien Ortsbewe- gung in festsitzende Zustände übergegangen. Bei der die lebenden Formen mit umfassenden Abiheilung der Brachiata hat sich vom antiambulacralen

Fig. 'J7. Schematische Darstellung

der Körperforra einer Ophiure. o

Mund. 8 Kdrperscheibe. r Arme.

Körjxsrform.

211

Tbeile des kelch förmigen Ktirpers aus ein oft mächtiger, gegliederter, durch Verzweigungen und Anhangsgebilde complicirter Stiel (Fig. 98; entwickelt, der zur Befestigung dient. Die nicht immer in der Ftlnfzahl, häuög zahl- reicher vorhandenen Arme bieten in der Regel eine bedeutende Ausbildung durch Theiluogen oder secundäre Anhange, von denen die nie sllernirende Fiederblattcben den Armen ansitzenden als Pinnulae be- zeichnet werden. Die Ambulacralrinne erstreckt sich au/ die Arme und lasst die Ftlsschen als len takelartige Gebilde hervor- treten. Der festsitzende Zustand ist bei einigen auf die Jugend beschrankt, und später lost sich der armtragende Körper vom Stiele (Anledon, Coinalulnr.

§ 16*.

Die andere Reihe der Hodificationen der Körperfonn fuhrt zu den Ecliinoiden. Die Annbildungen sind als selbständige Theile ganzlich zurückgetreten. Der bei den echten Seeigeln JDesmosticha mehr oder minder kegelförmige Körper zeigt die Am- bulacralbildung über den grössten Theil der Oberflache ausgedehnt. Die Ambulocral- felder bilden fUnf vom Hundpole (Fig. 99. A o) bis zum entgegengesetzten Pole [B <t; ziehende Streifen, die durch ebensoviele der SaugfUsschen entbehrende Felder In- lerambulacra) von einander getrennt sind. Das aborale Polfeld (Apicalpol; wird von der in hohem Grade beschrankten antiambulacralen Fluche einge- nommen. Die hei den See- sierneo ziemlich gleichmassige Vertheilung von ambulacraler

oraler) und anliantbulacraler

aboraler) Oberfläche des Kor- pers ist also hier vollständig

umgeändert, indem die erslere Fig .„>. s«he„tl«i. d.„,,,im, mi„, s das Uebergewichl über die i" •>»'« pucht. Bin MUiich« iwici andere erhielt. Denkt man sich iQ"h ?"' *"**■ j*tp'u"\ ' ■****■' also eine Seesternform , deren „,lM rUtfc, UDg,b«o.

212 II. 4. Echinodermen.

Arme ganz in den gemeinsamen Körper übergingen (vcrgl. Fig. 96 C)y so wird eine Rückbildung der antjatabulacralen Fläche und eine daran geknüpfte Ausbildung der ambulacralen , zur Seeigelform hinüber- führen.

Diese Einrichtung erscheint bei den Petalostichen theils durch Ver- änderung der Lagebeziebungen von Mund und Afleröffnung, theils durch die Ambulacralfelder modificirt. In letzterer Beziehung ist die Reduction jener Felder von Belang. Sie bilden eine auf der Dorsalflache befindliche fünfblättrige Rosette , von deren Blattenden bei den Clypeastriden noch Spuren einer Fortsetzung der Felder bis zum Munde verfolgbar sind.

In noch höherem Maasse als bei den Seeigeln sind die Spuren der Phylogenese des Echinodermenkörpers aus einem Multiplum von Indivi- duen bei den Holothuro'iden verwischt. Der walzenförmige Körper kann aber von einem bei den regulären Seeigeln herrschenden Befunde abge- leitet werden, wenn man sich letzteren gestreckt vorstellt. Orale und aborale Pole beider entsprechen sich , ersterer durch die Mundöffnung* letzterer durch den After ausgezeichnet. Die antiambulacrale Fläche ist verschwunden. Bei den echten Holothurien (Eupodia) wechseln ambula- crale und interambulacrale Felder vom Munde bis zum After ziehend. In verschiedener functioneller Verwendung können jedoch einzelne der Am- bulacra eine Ausbildung, andere eine Rückbildung eingehen. So erhalten sich drei Ambulacra an einer als ventraler oder Sohlfläche flingirenden Fläche bei Psolus, indess die beiden übrigen der als Dorsalfläche fungiren- den Strecke der Körperoberfläche zugehörigen rückgebildet sind. Bei Cu- vieria ist dieses Verhalten zu einer scheinbaren Auflösung der drei ven- tralen Ambulacra weitergeführt.

Die Rückbildung der Ambulacra erscheint allgemein bei den Synapten und damit ist auch äusserlich die in der Vertheilung der Ambulacra aus- gesprochene radiäre Organisation aufgelöst, nachdem schon bei den Aster- oiden die Radien zu Gunsten eines sich centralisirenden Organismus die auf sie vertheilten Organe abzugeben begannen.

tiliedinassen.

§ 162.

Nicht so mannichfach als bei den Würmern erscheinen die Anhangs- gebilde des Integumentes, welche als Gliedmassen sich betrachten lassen. Von solchen Theilen müssen die Saugfüsschen, Ambulacra! füss- chen, voran gestellt werden, da sie die verbrcitetsle Einrichtung bilden,, die, offenbar aus gemeinsamer Stammform entsprungen, zum Typischen der Echinodermen -Organisation gehört. Es sind schlauchförmige, meist cylindrische Fortsätze der Leibeswand, die sowohl durch ihre Anordnung in Reihen (der Metamerie der Radien gemäss mit den Parapodien der Anneliden überein kommen , aber im Ganzen sich doch einfacher verhal-

teo, als diese (Fig. 400). Der grosseren Gleichartigkeit ihres Baues ent- spricht die mindere Verschiedenheit der Function.

Fif. 100. 3ch«»a de« Q Option l.xtwriU, p 4*1

AaitalMnlplattm. n Unikal.

plUts. t Verl

Das freie Ende dieser röhrenförmigen Gebilde (/)) ist entweder abge- plattet und mit einem saugnapfartigen Ende ausgestaltet (Seeigel] ; oder es ist konisch xugespitzt oder abgerundet (viele Seesterne), zuweilenauch noch mit einer knopfartigen Anschwellung versehen. Andere besitzen seilliche Einkerbungen oder seeundäre Fortsätze ..Ophiuren und CrinoTdein, und diese bilden dann den Uebergang zu jenen Formen der AmbuJacralgebilde, die nicht mehr locomolorisch sind, sondern als Ambularralkiemen oder auch ab Ambulacraltaster ; fühlerartige Bildungen! erscheinen.

Durch Anfallung mit Flüssigkeit gerathen die FOsschen in den Zu- stand der Schwellung und werden in Folge dessen erigirt, so dass sie sich auszustrecken vermögen. Ihre Ausdehnung richtet sich nach der Lange der starren IntegumentanhSnge , so dass man die Jüngsten Saugfüsscben bei den langsiacheu'gen Seeigeln antrifft. Beim Strecken heftet sich das Ende fest, und das Ftlsschen vermag nun, sioh conlrabirend, den Körper desThieres nach der Anhefmngsslelle hin fortzuziehen, eine Art derOrts- beweguDg, die namentlich hei Seeigeln oft ziemlich behende ausgeführt wird. Bei der Bewegung betheiligt sich immer eine ganze Gruppe von Fasschen, deren Zusammenwirken eine gewisse Energie ermöglicht. Die Venheilung dieser Gebilde über den Körper ist in den vorhergehenden Paragraphen berücksichtigt, und ihrer Beziehungen zum Gefasssvsleme wird bei diesem Erwähnung geschehen.

Bei den Crinotden übernehmen um den Hund stehende SaugfUsschen die Rolle von Tontakeln, welche Bedeutung in manchen andern Füllen mit der locomolorisehen Function sich combinirt. Dadurch treffen sieb auch selbständiger ditTereDiirleTenlakelbildungen mit jenen Organen ver- knüpft, nämlich die Tentakel in der Nahe der Mund Öffnung hei Hololhu- roiden (vergl. Fig. (13 7"). Sie erscheinen bald gefiedert, bald verzweigt, und sind meist vollständig einziehbar. Bei manchen Svnapten tragen sie Saugnapfe (S. duvernaea). ihr Binnenraum steht mit demselben Gefiiss- syslem wie die Ambulacralfüsscben in Communication.

214 H. 4. Echinodermen.

Verschieden hiervon sind die sogenannten Hautkiemen, Tentakel, welche auf der anliambulacralen (dorsalen) Körperfläche der Seesterne verbreitet sind (Fig. 1 00 1-, und bei den Echiniden als fünf Paare contractiler Bäumchen in der Nahe des Mundes stehen. Sie communiciren mit der Leibeshöhle, sind blosse Ausstülpungen des Integuments.

Integument und Hautokelet.

§ 163.

Bei den Echinodermen erscheint derselbe Hautmuskelschlauch , wie bei den Würmern, allein das Inteaumenl ist von der Muskulatur Schürfer gesondert. Letztere bildet grösstenteils eine die Leibeshöhle begrenzende Schichte, der das Integument aussen auflagert. Dieses wird durch einen besonderen Zustand ausgezeichnet, indem die Beweglichkeit des Körpers durch Einlagerung von Kalk in die mit der Muskulatur zum »Perisom« verbundene Integumentschichte mehr oder minder beeinträchtigt wird.

Diese Erscheinung tritt bereits selbständig in der Larve auf, erreicht aber hier nie ein bedeutendes Volum, vielmehr bietet sie durch stabför- mige Bildungen einer reichen Entfaltung von Fortsätzen eine feslere Stutze. Auf den Fortsätzen ziehen sich saumartige wimpemde Wülste hin (Wrim- perschnüre), welche, in verschieden complicirter Anordnung, den locomo- torischen Apparat der Larve vorstellen (s. Fig. 95 d, d' e). Der Vertheilung der Cilien auf die leistenförmigen Vorsprtinge der Wimperschnüre geht eine allgemeine Bewimperung des Körpers voraus, die auf den indifferen- testen Zustand der Larve beschränkt ist.

Diese Bewimperung erhält sich auch später an vielen Stellen der weichen das Kalkskelet Uberkleidenden Hautschichte; so ist sie z. B. sehr entwickelt an den bei den Spatangen zum Munde ziehenden Wimperbah- nen (Semitae). An anderen Stellen wie an den Hautkiemen (s. oben) scheint die Bewimperung mit der respiratorischen Function des Integuments in Verbindung zu stehen , an der übrigens auch die Ambu- lacralfüsschen betheiligt sein mögen.

Der Grad der Verkalkung ist sehr verschieden. Bald sind die Kalk- spicula in grösseren Abschnitten unter einander vereinigt, und stellen entweder beweglich oder fest mit einander verbundene Platten vor, ein Verhalten, welches bald über den ganzen Körper verbreitet, bald auf be- stimmte Strecken der Oberfläche beschränkt ist. In andern Fällen er- scheinen die Kalktheilchen zerstreut und gestatten mannichfache Form- veränderungen des Körpers. Damit geht auch in der übrigen Organisation ein grosser Theil des Echinodermencharakters verloren , so dass das Schwinden der Hautverkalkung ein Auslaufen des Typus bezeichnet, und die ganze Erscheinung der mangelhaften Kalkablagerung nicht als ein Anfangszustand der Formenreihe, sondern als deren Ende aufzu- fassen ist.

Intopument und Hautskelel.

215

Durch die Verkalkung wird das lntegument SlUtiorgan des Körpers, Hautskelet, welches in manchen Füllen auch Fortsätze ins Innere des Körpers absendet. Durch letztere entstehen verkalkte Bildungen, die als innere Skelele sich mit dem äusseren combioiren. Die Ver- *

kalkung ergreift nie die ganze Dicke des Perisoms. Eine dünne unverkaufte Gewebschicble er- halt sich sowohl innerlich, als auch an der Oberfläche, lost sich jedoch an einzelnen 'f heilen iler Oberfläche frühzeitig ab, so dass verkalkte Parthieeo zu Tage kommen, i, B. an den stachel- förmigen Gebilden, sowie an- deren Vorsprüngen des Kalk skelels.

Die Ablagerung des Kalks in die Integumentschichle ge- schieht immer in regelmassiger Form. Es entstehen zierliche gitler- oder netzförmige Slruc- Uiren (vergl. Fig. 101;, in deren Zwischenräumen weiche orga- nische Substanz sich forterball. Auch die solidesten Skelelslücke werden so von Weichgebilden durchlogen, und da , wo die Bildung des Kalk- skeleLs nur durch vereinzelte mikroskopische Einlagerungen reprasenürt wird, erscheinen diese meist in bestimmter Gestalt, charakteristisch ftlr Gattungen und Arten.

Das Kalkskelet der Larven bildet einen, meist aus einem Gerüste zierlich zusammengefügter, zuweilen gitterformig durchbrochener Sllibe gebildeten Stutzapparat. Es ßndel sich in den Klassen der Echinoiilen und Ophiuren verbreitet, sowie auch bei den Larven der HololhuroTdcn Kalkgebilde vorkommen. In dem Vorhandensein eines Kalkskelels bei dm Larven ist zwar das heim Erhinoderm sich ausprägende Verhalten im Allgemeinen gegeben, allein dahei ist nicht zu übersehen, dass jenes Lar- venskelet der Form der Larve entspricht und nicht jener des ausgebildeten Echinoderms, wie denn auch kein Theil von ihm bleibend in die Echino- dermanlage übergeht. Bei den HoloihuMen soll sogar ein mehrfacher Wechsel des Kalkskeleles bestehen.

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§ 16*.

Bezüglich des speciellen Verhallens des Haulskelets ist (Ur die Aste- roiden das Vorkommen beweglich unter einander verbundener Stücke an

216

. Ectiinoderuen.

der Amhulacralflache der Arme charakteristisch. Vom Munde bis zur Arni- spilze bestehen quergelagerte Paare sich al! mählich verjüngender KatkslUcke (Fig. 400. A.tv), und bilden die Grundlage einer Furche, der Tentakelrinne. Die einzelnen Stücke bedingen durch Gelenkverbindungen eine Gliederung und zwischen den soliden Gliedern treten die SaugfUsschen '.]>) hervor. Daher werden diese KalkstUcke alsAmbulacralplallen bezeichnet. Da aber in dieser Furche noch bestimmte Wcichlbeile (Ambulacralcanal und Ner- ven eingebettet sind , so erscheinen die bezüglichen Gliedslücke nicht als reine Haulskeleltheile. Die Ambulacralfurche wird vom Enlegumeote über- kleidet, welches seitlich auf die Ambulacralplallen sich fortsetzt. Es be- sieht vorwiegend aus einer Schichte langer Cy linder Zeilen , die eine Cuti- cula Überzieht. Lateral geht es in eine viel niederere Zellenschichle über. An den Seilen ran dem der Furche steht das Skelel mit dem den Rücken der Arme Uberkleidenden Hautskelete in conlinuirlicber Verbindung, und hier zeigen sich häufig Tafeln oder Schilder in einfachen oder mehrfachen Längsreihen. Diese auch durch Höcker vertretenen Bildungen setzen sich zuweilen auf das Inlegument der Antiambutacral Däche des Körpers fort, oder dieses ist durch netzförmige Kalkablagerungen , und kleinere durch un verkalkte Perisomtheile getrennte Tuberkel ausgezeich- net. Im Baue der Arme, nament- lich durch den Besitz einer Am- bulacralfurche schliesst sich Bri- sioga an die Seeslerne an.

Den Rand der Arme bilden mannten fallige grössere Platten- slUcke, Handplatten , die häufig durch Stacheln und andere Fort- sätze ausgezeichnet sind.

Die lntegumenlbildung der Ophiuren schliesst sich an die der Aslerien an. Seilen zeigt die antiambulacrale Flache eine ausgedehnte Ent Wickelung vou Kalkplalten, die hier in der Regel nur gegen die Basis der Arme zu stehen. Ebenda so wie um die Mundspalle bietet auch das ambulacralc oder ventrale Inlcgumenl Tüfelung (Fig. 102 . "* '.iZvi'ir'jT.niriärpiTi'.T^^'rHriiiiUM*' Das feste GerUsle der Arme da- gegen enlfernl sich in mehreren Stucken von jenein der Seesterne. Die den Ambulacralplallen der letztem homologen Stücke bilden eine dichte ', den Arm fast vollständig füllende

dilti, litten

InteguaMDt und Hautekelet. 217

Reibe ( Wirbelstücke Fig . 4 00 . B. w) , uod lassen gegen die Dorsalitaobe nur einen engen Canal, auf der ventralen Flüche eine zur Aufnahme der Nerven und anderer Organe dienende Rinne übrig. Die Leibesbohle erstreck! sieb daher nur in Gestalt enger Canäle in die Arme. An Steile des bei den Seeslernen weichen Ueberzugs der Ambulacralfurche wird bei den Ophiu- ren eine Reibe fester Kalkschilder (Fig. 400. B. b) gefunden, zu denen noch andere seitliche Fortsätze mannichfaltiger Art hinzutreten.

Auch bei den Euryaladen birgt die lederartige Körperbedeckung eine von ihr ausgehende und wie bei den Ophiuren und Seesternen der oralen Körperfläcbe angehtirige Skeletbildung aus wirbelartig aneinander gereih- ten KaJktäfelcben , die vom Mundrande her auf die Radien bis in deren feinste Ramificationen fortgesetzt sind. Auch hier stellt dieses Skelet den Boden der Auibulacralrione vor. Auf der aboralen Fläche wird die Kor- persebeibe von der nur mit Kalkkörnern imprägnirten Haut umschlossen, welche von da auf die Arme Übergeht und dieselben bis an den Rand der ventralen Rinne überkleidet.

In grosser Verbreitung finden sich höcker- und stachelartige Fortsätze des lntegumentes, welche der mannichfaltigsten Art sein können. Eine eigentbümliehe bei Seeslernen verbreitete Form sind Bündel beweglicher Stacheln auf gemeinsamem Stiele (Paxillae, . Bezüglich der Pedicellarien siehe § 466.

§ ^65.

Eine Modificaiion dieser Hautskeletbildung tritt bei den Grinoiden auf. Das dorsale lntegumenl zieht sich in einen Stiel aus, mit dessen Ende die Thiere festsitzen. Regelmässig auf einander liegende Kalkplättchen Lüden das Stielskelet, und verbinden sich mit plattenförmigen Basal- stücken, an welche andere Kalktafeln zur Umgrenzung des Körpers sich anschliessen. Bei den Coinatulen vermittelt ein einfaches knopfförmiges Stück (Centro- dorsale) bei den JugendzusUinden die Verbindung des StielskeleU mit dem Körper. An das centrale Stück reihen sich radiale Gliedstücke an , welche in die Gliedslücke der Arme sich fortsetzen. Sowohl auf den durch Dichotomie verzweigten Aesten der Arme (Penta- crinus), als auch an den alternirend an den Armen stehenden seitlichen Anhängen (Pinnulae der Comaluleu) verläuft die Ambulacralfurche und erstreckt sich mit der des Nachbararmes verbunden an der ventralen Flache des kelchförmigen Körpers bis zum Munde hin. Der auch hier das Skelet überziehende weichbleibende Theil des lnteguments zeigt Einlage- rungen von Kalktäfelchen.

§ 166.

Die Veränderung des Hautskeletes der EchinoVden , und damit auch deren Körperform , im Vergleiche mit den Ästenden besteht der Haupt- sache nach in Folgendem : Zunächst findet sieb eine Verkalkung des oralen (ventralen) Perisoms, nämlich des die Ambulacralrinne und die darin ge-

218

. Echinortermen.

legenen Weichlheile deckenden, bei den Seesfernen weich bleibenden Abschnittes. Statt der beweglich verbundenen Gliedstucke sird Husserlicb verkalkte Platten in verschiedener Art der Verbindung vorhanden.

Bei den Destnostichen erscheint der dem dorsalen oder aboralen Pe- risotn der Seesterne homologe Abschnitt als eine unansehnliche, durch kleine, locker mit einander verbundene _ * Kalkplüttchen ausgezeichnete Flache, auf

der escentrisch der After ;Fig. «03 x) gelagert ist. Diese die Mitte des soge- nannten Apicalpols der Seeigel einneh- mende Flache ist von grösseren , die Mündungen der Geschlechtsorgane tra- genden Knlkplattcn , den Genitalplatlen l<j), umgeben, davon eine als Madrepo- renplatle [m) erscheint. An diese, zum Tbeil sich zwischen sie einschiebend, Fi im a ici i der scbnie ein*» reihen sich wieder fünf Stücke (Interge- Eciitim. « Amwincniftider. t in- nitalplalten) {ig), und von diesen aus i«nakBiHT*ir*iiar. g Griitaipiutan. liehen fünf Reihen von Pia tlen paaren zur dnponiiphite «nehainnd« Genitni- Mundpnlfläehe, von feinen Oeffnungen platt«, r. Anert.ffnöng in dam ton den durchbohrt, durch welche die Saugfnss- w'^h^'rSw^Xuir«^-.« ebeD nach innen «mimumeiren. Es sind int-nmtoiiicniifBide nnd einem Ambnia- die Ambulacralplatlen («i , welche die er»]f«id« g»»iehn»tT «f leutenm >ind Ambulacralfclder zusammensetzen. Die

uichdie Füren angedeutet, auf den übri- . . i >i__j 1 ii_.

gen .ieren wegeei.ssen Amhulacralreihen des verkalkten Peri-

soms der Seeigel sind homolog dem bei. den Seesternen weich bleibenden Perisom , welches die Ambulacralfurche der Arme an der Ventralflilche deckt. Die zwischen den Ambulacral- feldern liegenden undurchbohrten Plattenreihen hiterambulacral- felder {f. sind den Ran dpiallen der Seeslern-Arme homolog. Wie die Ambulacralplatten, so bilden auch die 1 n te ra in hu lacral platten paarige Reihen. Bei Seeigeln früherer Perioden ist die Zahl der letzleren eine grössere gewesen; es sind solche mit 3, 5 bis 7 Reihen in einem Interam- bulacralfelrle bekannt.

Die Verbindung der Plaltenslücke unler einander biele! verschiedene Verhaltnisse dar. Wie bei den Seeslernen die Kalkplatlen des Pcrisoms durch bewegliche Verbindungen Form Veränderungen des Körpers ge- statten , so besieht auch hei manchen Seeigeln ein ahnlicher Zustand. In der Familie der Echinolhuriden sind die Platten des Perisoms beweg- lich mit einander verbunden, so dass der Körper seine Geslalt verändern kann. Die amhulacralen Plauen wie die i n lera in bula oralen schieben sich dabei in der Mitte jedes Feldes dachziegel förmig Über einander und die interambulacralen sind lateral durch schmale Zwischenräume von einan- der getrennt. Bei der Dünne dieser Platlen kommt dem weichen Thcile des Perisoms eine grössere Bedeutung zu als in den übrigen Familien der

Integoment und Hautek«)et. 219

Echinolden. Auch auf das den Mund umgebende Feld setzen sich jene Plauen fort , mit geringen Modifikationen , indess bei den übrigen Desmo- stichen eine schärfere Sonderung dieses Abschnittes besteht. In diesem Verbalten nähern sich die Echinothuriden indifferenten Zuständen, und bilden ein Zwischenglied zu hypothetischen, von Asteroiden ableitbaren Formen. Dies wird noch durch die Thatsache bestärkt, dass im Innern des Gehäuses längs jedes Ambulacralfeldes eine derbe Fascie vom oralen zum aboralen Pole sieh erstreckt, und die dem Ambulacrum aufliegenden Tbeile (Nerven, Gefässe, Ampullen) gegen die Leibeshöhle abschliesst. Sie bildet, an jeder Seite einer Ambuläcralfurche befestigt, einen in die Leibeshöhle weit einragenden Vorsprung, der von feinen Oeflnungen durchbrochen ist. Diese Einrichtung entspricht bei den Seesternen der Grundlage der Ambulacralrinne, die dort in jenen Abschnitten verkalkt, indess sie hier, wo das der Ambulacralrinne der Seesterne entsprechende Perisom durch Ralkplatlen gebildet wird, weich bleibt.

Von der regulären Form des Hautskelets der Echinoirden bilden sich mehrere wichtige, nicht mehr unmittelbar mit dem hei den Seesternen gegebenen Verhalten vergleichbare Modifikationen , welche von einem Verschwinden des Restes des primitiven Dorsal -Perisoms begleitet sind und sich im Uebergange der Radiärform in andere Formen ausdrucken. Die Ambulacralfelder erstrecken sich nicht mehr gleichmässig vom Munde zum Rücken; sie beschränken sich bei Spatangiden und Clypeastriden auf eine nur auf der Dorsalflache gelagerte fUnfblatterisze Rosette (Ambu- lacra petaloYdea) . Damit verbindet sich zumeist eine Verminderung der hei den regulären Seeigeln noch sehr zahlreichen Platten , sodass bei ge- ringerer Zahl viel grössere Plattenstucke vorkommen.

Die bei den Seesternen durch das Skelet der Ambulacralrinne vorge- stellte innere Skelelbildung wird bei den EchinoYden durch Fortsätze der Ambulacralplatten repräsentirt. Solche, namentlich bei Cidaris ausgebil- dete Fortsätze umfassen sowohl Nerven als Ambulacralcanal , und zeigen damit jene Verwandtschaft. Ais eino hievon unabhängige Einrichtung ist das den Echiniden und Glypeastriden zukommende Skelet des Kauappa- rates anzuführen, welches, den Anfangstheil des Darmes umgebend, aus einer Anzahl gerüstartig zusammengefügter Kalkstäbe besteht.

Mit dem Integumente der Seeigel sind wie bei den Seesternen stachel- artige Fortsätze verbunden, die jedoch durch ihre Beweglichkeit eine grössere Selbständigkeit« erreichen. Sie articuliren auf Protuberanzen der Kalkplatten und besitzen einen besonderen Muskelapparat. Form und Volum der Stacheln ist sehr verschieden, bald sind sie haarartig fein Spatangen), bald keulenförmige, Gebilde (Acrocladia) oder lange Spiesse (Ctdaris) .

Andere Hautorgane eigentümlicher Natur sind diePediceliarien, die sowohl den Seesternen als den Seeigeln zukommen. Sie bestehen aus einem stielartigen, muskulösen Integumentfortsatze, der gegen das Ende durch ein feines Kalkskelct gestützt wird und in zwei bis drei zangenartig

220 H. *• Eehioodermen.

gegen einander beweglich« Klappen ausläuft. Diese besitzen gleichfalls ein Kalkskelet. Bei den Echino'iden herrschen die dreiklappigen , bei den

Asteriden die zweiklapptgen Formen vor. Bri- singa scbliesst sich an die Asteriden an. Sie finden sich über den ganzen Körper zerstreut, bei den Seesternen besonders an der Basis der Stacheln , bei den Seeigeln vorzüglich auf dem den Mund umgebenden Perisom vertheilt. v. int D .. ., . .. Diese Körper dürfen als derart modificirle

Fig. 104. Pedicellanen von E c h i-

nns naxatiiis. a Eine Pedi- Stachelbildungen gelten, dass der nicht voll- ceiiarie mit offenen Zangenarmen, ständig verkalkende Stiel der Pedicellarie dem

b Mit geschlossenen Zangen- 0,. , . . m . , «n * « u j

armen. (Nach ebdl.) Sliele einer Astenden-Paxilla entspräche , das

auf letzterer befindliche Büschel von Stachel- chen aber durch die Arme der Pedicellarie dargestellt wird, die ähnlich durch Muskeln bewegt werden , wie dies bei Echinidenstacheln der Fall ist. Eine vermittelnde Form zu den Paxillen bilden die viertheiligen Pedi- cellarien von Calveria fenestrata , wo jede der langgestielten Klappen in eine breite am Rande umgeschlagene Lamelle ausläuft.

§ 167.

Bei den HolothuroYden verliert das Integument seine Bedeutung als Hautskelet. Unzusammenhängende Kalkeinlagerungen in die derbe Haut- schichte finden sich an Stelle der Kalkplatten der Uhrigen Echinodermen. Die Kalkeinlagerungen der Haut ergeben bestimmte, meist sehr regel- mässige Formen, die bei den Synapten wie bei den Holothurien charakte- ristisch sind. Zuweilen bilden sie grössere feste ^)T3' ß (&&i Theile, wie die schuppenartigen Gebilde, welche

A ^Q^\ bei Cuvieria die der Sohlfläche entgegengesetzte

Wl^l Rückenfläche des Körpers bedecken, und \yA^\J) welche, wenn auch viel kleiner, aber allseitig c^ verbreitet in der Haut von Echinocucumis vor-

kommen.

Fig. 105. A Kalkanker. B Kalk- . . .

platte, ersterein znr Befestigung Be« den Holothurien erreicht die lederartige

dienend; aus dem integumente Bindegewebsschichte eine ansehnliche Mächtig-

von Synapta L»pp*. (Nach fc iL Hechl schwach jsl sie bei den Synapten.

Auch hier lagern Kalktheile in ihr und zwar sind es häufig solche von bestimmter Form , wie die Kalkrädchen der Chirodoten, oder die durchbrochenen Plättchen (Fig. 405 /?), welche die Basen der ankerförmigen HakenstUcke ,/l eingefügt tragen. Letzlere ragen aus dem Integumente hervor und bedingen das klettenartige Haften der Synaptenhaut.

Auch den Hololhuriden kommt eine vom Hautskelet ausgehende innere Skeletbildung zu. Sie besteht aus einem den Schlund umgebenden Kalk- ringe, der den Körpennuskeln als Insertion , anderen Organen als Stütze

v

O

Muskelsystem. 221

dient. Aus 10 gesonderten Stücken besiebt er bei den Holothurien, 12—15 besttat er bei uen Synapten. Bei den ersteren alterniren fünf grössere Stücke mit ebenso vielen kleineren und sind mehr oder minder beweglich mit einander verbunden. Sie sind den Fortsätzen homolog, die bei den Seeigeln vom Mundrande der Schote aus nach innen treten. Wie diese bieten sie bei Synapten Oeffnungen zum Durchlasse von Nerven und Ambulacralcan&len, die bei den Holothurien durch gabelförmige Fort- setze hervortreten.

Muskelsystem.

§ 168.

Die MuskuJatur der Echinodermen ist wie hei den Würmern mit dem Integumente und den davon ausgehenden Bildungen verbunden. Auch die Anordnung der Muskulatur ist im Wesentlichen von 'der Entfaltung des Hautskelets abhängig, so dass sie nur da, wo der Körper durch Ge- lenkverbindungen der einzelnen festen Stücke (Asteroiden und CriooYden), oder beim Bestehen unzusammenhängender Kalkablagerungen im Integu- mente (Holothurien), eine Veränderung seiner Form zulüsst, zu einem Systeme von Körpermuskeki entwickelt ist.

Bei den Asteroiden und CrinoYden ist die an den Armen sich vertei- lende Muskulatur wie diese selbst gegliedert, indem sie Zwischenräume der soliden Theile ausfüllt. Bei den CrinoYden, deren Armskelett heile elastisches Gewebe verbindet, lagern die bezüglichen Muskeln auf der ambttlacraleo oder Bauchflüche des Thiers, und dienen vorzugsweise zur Beugung, indess das elastische Zwischengewebe der Gliedstücke streckend wirkt. In den Pinnulae der Cr i neiden besteht dieselbe Ein- richtung.

Den EchinoYden, deren Perisom zu einer festen aus meist unbeweglich verbundenen Stücken bestehenden »Schale« erstarrt ist, ist jene Musku- latur rudimentär geworden , und wir finden hier nur einzelne Muskeln auf der Schale zur Bewegung der Stacheln oder stachelartigen Fortsätze, die sowie die im Innern des Körpers vorhandenen nur zur Bewegung bestimmter Organe dienen , wie z. B. die Muskeln des Kauapparates der Seeigel. Bei Spalangen ist die Schale noch an einer Stelle beweglich.

Diesem entgegengesetzte Verhältnisse bieten die Holothurien dar, bei denen der Mangel grösserer Skeletstücke eine gleich massige Entwicklung der Muskulatur gestattet. Die Verbindung mit dem Integumente besteht in ausgesprochener Weise. Unter der Bindegewebsschichte der Haut liegt eine Ringmuskelschichte , auf welche nach innen zu fünf durch verschie- den breite Zwischenräume getrennte muskulöse, zuweilen getheilte Liings- bander (Fig. H S m) folgen, die sich vorne an dem bereits oben beschrie- benen Kalkringe \R) inseriren. Die Verbindung findet an den fünf zum Durchlasse der Nerven- und Ambuhtcraigefcsse durchbohrten Stücken

222 H. 4. Echir.odermen.

statt. Die Ringschichte ist nur bei den Synapten continuirlich, und besitzt bei den Holothurien radiale Unterbrechungen , so dass sie eigentlich nur aus interradialen Querfaserfekiern besteht.

Nerrensystem.

§ 169.

Das Nervensystem der Echinodermen wird in seinen Haupltheilen aus einer der Zahl der Antimeren des Körpers entsprechenden Summe von Stammen dargestellt, die radial verlaufend und ventral gelagert , um den Schlund durch Gommissuren verbunden sind. Diese Commissuren entstehen dadurch . dass jeder der die Ambulacralgefässe begleitenden Nervenstamme sich in der Nahe des Mundes in zwei Hälften tbeilt, die nach beiden Seiten gehend , mit den ihnen von den nächsten Nervenstammen entgegenkommenden Strängen verbunden sind. Dadurch entsteht ein den Schlund umgebender Ring, der jedoch nach der Art seiner Bildung nicht mit dem Schlundringe der Würmer verglichen werden darf. Jeder der radialen Nervenstamme entspricht vielmehr der ventralen Ganglienkette oder dem Bauchmarke der Annulaten, die Gommissuren zwischen mehre- ren solchen Stammen sind also Verbindungen des Bauchmarks, die aus der Concrescenz mehrerer unvollständig getrennter Personen hervor- gehen.

Bezüglich des specielleren Befundes ist bei Seesternen und Comatulen die Lage der Radialnerven unmittelbar unterhalb der machtigen Epithel- schichte der Ambulacralrinne hervorzuheben (Fig. 100/lni, wodurch das Nervensystem fast unmittelbare Beziehungen zum Ecloderm erkennen lasst. Vielleicht darf diese Lagerung auf die Genese der Radialnerven be- zogen werden , und es liegt hier ein sehr niedrig stehender Zustand vor, der noch nicht in eine völlige Sonderung übergegangen ist. Dafür sprechen besonders jene Angaben , nach welchen Fortsatze der epithelialen Form- elemente in jene Nervenbahn eintreten sollen , denen die Function eines Stützgewebes zugeschrieben wird. Bei den Ästenden besteht jeder Ra- dialnerv aus zwei in der Mitte verdickten Bündern, die zellige und fase- rige Elemente in gleichmassiger Vertheilung besitzen. Am Ende der Arme bilden die Radialnerven eine bedeutendere Anschwellung, die mit den dort befindlichen Sehorganen in Zusammenhang steht.

Comalula besitzt dieses Nervenband unter gleichen Verhaltnissen. Ein seiner Mitte aufgelagertes Blutgefäss begleitet es, und bewirkt, indem es von oben her in es eingesenkt ist, eine Scheidung in zwei Hälften. Regel- mässige Verzweigungen gehen nach den Pinnulae ab. Bei den Ophiuren sind die radialen Nervenstamme (Fig. 100 Bn) in einem von den ventralen Platten (b) bedeckten Räume, ebenfalls einer Schichte aufgelagert, welche durch ihre Fortsetzung in die Ambulacralfüsschen sich dem Integumeole angehörig erweist. An den Nerven selbst ist jedoch bei manchen vOphiura

Nervensystem.

223

texturata) eine bedeutende Differeniirung aufgetreten. Sie bestehen aus je zwei Nervenfasersträogeo v in welche den Metameren des Armes ent- sprechend Ganglienzelleomassen eingelagert sind. An diesen Ganglien sind die ÜingssUfmme durch Queroommisaoren verbunden, und ebenda gehen auch periphere Nerven ab. Jeder Radialnerv stellt somit eine ven- trale Ganglienkette vor.

Die Verbindung des Nervensystems mit dem Inlegument, wenn auch zunächst nur durch unmittelbare Anlagerung ausgesprochen, ist auch für das Verständniss der Skelctverhtillnisse wichtig. Durch diesen Zustand wird eine Verkalkung der Ambulacralrinne ausgeschlossen, was erst mit einer grösseren Selbständigkeit des Nervensystems eintreten kann.

Das Nervenpentagon der EehinoTden ist bei der mit einem Kau- apparate versehenen Gruppe, dem letzteren eng angelagert. Bei Echinus liegt es (Fig. 106 Über dem Boden der Mundhöhle, zwischen dem Oesophagus und den Spitzen der Sllicke des Kauapparates, und wird durch fünf Bandpaare in dieser Lage befestigt. Die Nervenstamme (c bege- ben sich von den Ecken des Pentagons in die Zwischenräume der PvramidenstUcke, uud verlaufen von hier aus über die Mund- baut hinweg zu den Ambulacralfeldern. In der Mitte ihres Verlaufes zeigen sie eine starke Verbreiterung, und eine Medianfurche theilt sie in zwei Seiten Iften. Die von den Hauptstämmen abgehenden Seitemiste begleiten die Aeste der Ambulacralgefässe. Aebnlich ist die Anordnung des Nerven- systems der Spatangen , doch bildet der Mundring ein ungleichschenkliges Pentagon.

Der Nervenring der Hololhurien liegt dicht vor dem Kalkringe, etwas nach innen von ihm . und wird nach vorne von der Mundhaut begrenzt (Fig. 113 n). Da er verschieden von dem Nervenringe der Seesterne und Seeigel starker ist als jeder der aus ihm hervortretenden fünf Nervenstämme (n'j, so mag ihm mit grösserer Bestimmtheit die Be- deutung eines Gentralorganes zukommen, und darin einige Analogie mit dem ganglion&ren Schlundringe anderer Thiere zu erkennen sein. Dass mit solchem jedoch keine Spur einer wahren Homologie besteht, wird aus der oben bei den Seesternen angeführten Genese des Echinodermen- Schlundringes verständlich. Die peripherischen Nervenstämme treten durch Oeffnungen der fünf grösseren Stücke des Kalkringes, und ver- laufen dann breiter werdend nach aussen von den Längsmuskelbändern, unter Abgabe feiner Zweige bis zum Hinterleibsende, wo ihre Breite in der Gegend der Gloake wieder abnimmt. Jeder radiale Nervenstamm lässf

Fig. HO. Nerrensy stein ron E Chi- nas liridns, der Kaaapparat i*t entfernt, a Qaerdarchtc nahte ner Oesophagus, b Die Comraiisnren der Nenrenatarame , einen pentagonalen Scblnadring darstellende c Die nach den Radien rerjpjrfetif^/^fonren- •tamme. d Binder, welche die Spitzen der Pyramiden des Kanapparates an- einanderheften. (Nach Krohn.)

224 H- *• Echinodermen.

zwei Schichten unterscheiden, die durch eine Bindegewebslage von ein- ander getrennt sind. Ein Gefäss begleitet den Radialnerven durch eine Scheidewand von weiter nach innen liegenden Ambulacralgefessen ge- trennt. Ausser diesen radialen Stammen sendet der Mundring auch TentakeJnerven ab.

Sinnesorgane.

Bestimmte Theile des Integumentes erreichen auch hier eine beson- dere. Bedeutung für den Tastsinn. Ausser den mit dem Wassergefäss- systeme in Verbindung stehenden Saugfüsschen können noch die Ten- takelgebilde als Tastorgane hieher gezählt werden, denen mit der Beschränkung des Ambulacralsystems bei den Holothurien (Apodia) eine voluminösere Entfaltung, und dadurch eine höhere Bedeutung zukommt.

Als Gehör Werkzeuge sind bei Synapten fünf Bläschenpaare be- schrieben worden, die an den Ursprüngen der radialen Nervenstämme gelagert sind. Sie sind ebenso problematische Sinnesorgane, wie die so- genannten Augenflecke dieser Galtung.

Sehwerkzeuge wurden nur bei den Ästenden näher bekannt, während bei den übrigen Echinodermen blosse Pigmentanhäufungen als Augen oder » Augenflecke a gedeutet wurden. Die Augen der Seesterne lagern an der gewöhnlich aufwärts gebogenen und damit dem Lichte zu- gekehrten Spitze jedes Armes auf einer polsterartigen Erhebung des Endes der Ambulacralrinne, deren aus langen Cylinderzellen bestehende Epithel- schichte hier von besonderer Mächtigkeit ist. Die stäbchenförmigen Zellen führen Pigment. An einzelnen Stellen des » Augenpolsters « liegen die Augen. Ein trichterförmiger Hohlraum von derCuticula überkleidet, zeigt seine \\raodung von Stäbchenzellen begrenzt, die von der Umgebung her gegetf dfHr Trichter sich zusammenneigen, so dass ihr Ende die Trichter- wand Difdet. Von dem pigmentirten Theile der Zellen springt ein heiler Körper ins Innere des Trichters vor, so dass der Raum des letzteren zum grossen Theile durch diese Gebilde erfüllt wird. Da dieser Apparat der terminalen Ganglienpnsch wellung der Radialnerven aufliegt, und die Zellen feine Ausläufer gegen dieses Ganglion senden, wird hier ein Zusammen- hang beider anzunehmen sein [Asteracanthion rubens). Jedes aus einem Complexe von Zellen bestehende Auge erscheint somit als eine Difleren- zirung der Epithelschichte, und reiht sich/lamit den Sehorganen anderer Wirbellosen an.

DarmcanaL

§ 171.

Das bei den ausgebildeten Echinodermen sehr verschiedenartige Verhalten des Nahrungscanais besitzt im primitiven Darmrohr der Lar- venform eine einfachere für alle Echinodermen übereinstimmende Vor-

Darmcaoal. 225

biidung. Dass jene, deren Entwickeluog zusammengezogen ohne den typischen Larvenzustand verlauft, nicht hieher gezahlt werden können, wird begreiflich sein.

Die erste Anlage des Darmes erfolgt als eine Wucherung der den Kör- per der jungen Larve überziehenden Zellschichte. Daraus geht ein in den Körper eingesenkter Blindschlauch hervor, dessen Wand das Entoderm bildet, wahrend die äussere Zellschichte das Ectoderm repräsentirt. Der Organismus entspricht einer Gastrula. Die Eingangsöffnung in die Darm- anlage wird als Urmund aufgefasst. Bald wächst gegen das blinde Dann- ende von einer anderen Seite des Körpers her eine zweite Einbuchtung aus, die sich mit dem Darme vereinigt, hohl wird, und so mit dem erst- gebildeten Stücke einContinuum bildet. Die letztgebildete Abtheilung stellt den Mund und den damit zusammenhängenden Oesophagus vor, die erst- gebildete den Mittel- und Enddarm. Der spätere After und der damit verbundene Darmtheil wäre somit das vom gesammten Darme zuerst Gebildete.

Der Larveodarm setzt sich aus drei Abschnitten zusammen. (Vergl. Fig. 94 A B.) Eine weite Mundöffnung fuhrt in eine in der Längenaxe des Körpers liegende contractile Röhre, den Vorderdarm Schlund, Oeso- phagus] . Darauf folgt ein weiterer Theil, der Mitteldarm (Magen), der sich in ein engeres, retortenförmig gekrümmtes Rohr auszieht, welches als Enddarm sich zum After begibt. Diese drei Abschnitte entsprechen genau der primitiven Gliederung des Darmes, die bei fast allen Würmern unter- scheidbar ist. Mund und After liegen anfänglich auf verschiedenen Flächen des Larvenkörpers. Mit der Differenzirung der Körperform, besonders durch Ausbildung der Wimperschnur, kommen sie scheinbar auf eine und dieselbe Fläche, die sogenannte Vorderseile, zu liegen. Es ist jedoch leicht ersichtlich, dass die Wimperschnur zwei Körperflächen deutlich trennt: eine beschränktere Mundfläche, und eine ausgedehntere, gegen erstere umgeschlagene Afterfläche.

Noch bevor der Darm durch die Verbindung mit dem Vorderdarm sich vervollständigt hat, gehl an ihm die Abschnürung eines Tbeiles vor sich, der eine geschlossene Blase vorstellt. Von dieser lösen sich wieder zwei Abschnitte ab, oder es bilden sich von der Seite des Darmblindschlauches zwei neue Blasen. Vom Darm differenziren sich somit dreierlei Gebilde. Zwei paarige Blasen , die sich zur Seite des Darmes legen , repräseotiren die Anlage des Cöloms, eine andere Blase gewinnt durch Verbindung mit dem dorsalen Ectoderm daselbst eine Mündung, und bildet die Anlage des Wassergefässsy stems. Dieser Apparat wie die Auskleidung der Lei- beshöhle, nimmt also seine Entstehung vom Darme, und zwar von dem, wenn auch zuerst auftretenden, doch zweifellos hinteren Abschnitte, der von dem späteren After her zuerst entstand. Dieses Verhalten kann so gedeutet werden, dass im Wassergefässsystem wie in dem Gölom (die beide ja in Zusammenhang stehen) Einrichtungen vorliegen, welche phy- logenetisch mit dem letzten Darmabschnitte in Verbindung stehen , diese

Gegeobtur, Grundriss d. T«rgl. Anatomie. 2. Aufl. 15

226 II- '- Echinoderroen.

Darmstrecke wäre dann nicht einem Gastruladarme homolog, sondern ent- spräche gleich von vorne herein einem Enddarme, dessen frühe Ent- stehung durch die Complication der aus ihm sich sondernden Organe ver- ständlich wird. Diese werden die dem Organismus ^Billigeren sein. Ich sehe also in der zuerst gebildeten Darmanlage keinen Gasträadarm und in dessen MUndung keinen L'rmund, sondern nichts anderes als den End- darm und den After. Der aus dem Enddarme entstehende miniere Darm- abschnill muss morphologisch dem ersteren zugerechnet werden. Die Üiflerenzirung der vorerwähnten Organe aus dem Enddarm verweist auf Zustände, in denen dem Enddarme Organe verbunden waren wie sie etwa bei manchen Gephyreen bestehen. Ein direcler Nachweis Über solche in die Echinodermen Übergegangenen Gebilde ist für jetzt noch unmöglich, und man thut besser, in jenen merkwürdigen Vorgängen noch ein der Lösung harrendes Problem zu sehen.

Bei der Bildung des Echinodermenleibes in der Larve und theilweise aus ihr, gehl der Larvendarm nicht vollständig in ersteren über. Das ent- stehende Perisom umwächst zunächst dessen Miltelstück, und nimmt bei den Seeslernen nur dieses und den Enddarm in sich auf. Bei den See- igeln scheint auch der After neu gebildet zu werden. Am vollständigsten geht die Darmanlage bei den Holothurien in den ausgebildeten Zu- stand über.

Der ausgebildete Darm liegt später in einer od weiten Leibesböhle und ergibt in seiner Differenzirung verschiedene, im Allgemeinen an das Verhalten des Perisoms sich anschliessende Befunde. Der Mund erhält sieb in der ßegel in Mitte der ventralen Körperfläche.

§ na.

Bei den Seesternen besitzt die Mundöffnung eine radiäre Gestalt, in- dem interradiale Vorsprünge gegen sie einragen: harte, vom Perisom ge- bildete Papillen und Stacheln, die als Kauwerkzeuge fungiren. Sie

dorrh Arn on<i Soh-ib* tob Soli« t»r anlack. Eintnaita ™di.l . >

sind besonders bei den Ophiuren, meist in mehreren übereinander liegen- den Reihen ausgebildet Fie. 108 d). Das Hautskelet liefert also hier die Organe zur Zerkleinerung dei; Nahrung. Vom Munde beginnt eine kurze weite Speiseröhre, die sich in einen die Mitte des Körpers einnehmenden

nckßralf« Kidiil-

n-citeu Mitleldarm (Magen) fortsetzt. Ein blind geschlossener Sack bleibt der Magen bei den Ophiuren und manchen Ästenden (Astropeclen, Lui- diaj , auch bei Brisinga. Dach xeigt er bei Allen Ausbuchtun- gen, oder blindseckartige An- sänge, die bei den Ophiuren durch radiäre Einschnürungen angedeutet sind. Die Magen- bliudsacke der Seesterne er- strecken sich jenseits des Magens entspringend paarweise in die Arme, als dünnwandige dicht mit seitlichen Anbangen besetzte Schläuche (Fig. 107. c. 108. h:, die in der Regel vorder Einmünd- ung in den Magen paarweise zu einem Canale vereinigt sind. Diese Strecke repräsentirt einen unpaaren Abschnitt des jedem Aulimer (Arm) des Seesternes zukommenden Darmantbeiles, ----- . .

von dem die Blindschlauche den paarigen Abschnitt vorstellen. Getrennt entspringen diese vom Magen bei Astropecten aurantiacus. Der jedem Arm zukommende im paare Abschnitt ist also hier verschwunden , und damit auch die Beziehung zu einem primitiven Zustande. Bei der Mehr- tahl der Asteriden setzt sich aus dem Magen der kurze Enddarm zum After fort, der auf der Dorsalflache sich findet.

Eine Modification besitzt das Darmrohr der Crinolden (Comatula), welches eine Spiraltour beschreibt und mit seinem engeren kurzen End- stücke in die in der Nahe des Mundes interradial gelagerte, röhrenförmig vorragende Afteröffnung übergebt. Dieses durch die Windung scheinbar sehr abweichende Verhalten wiederholt das bei jungen Seesternen gege- bene. Die Windung des Darmrobrs ist hier zum bleibenden Zustande ausgebildet, wahrend bei den Ästenden sie nur wahrend der Entwicke- lung des Ecbinoderms vorübergehend bestand.

Radiär verlaufende Fasern befestigen den Darm an die KOrperwand. Eine besondere Verbindung mit derselben Korperwand besitzen die ra- dialen Blinddarme der Seesteme durch eine längs jedes derselben sich hinziehende Peritoneal falle.

§ H3.

Bei don Ecbinotden ist die MundOfFnung gleichfalls mit Kauwerk- zeugen ausgestattet, die aber entfernter von der Oberfläche in die Lei- beshohle eingelagert sind. Sie stellen dorj einen bei Clypeastriden aus fünf Paar dreieckigen Kalkstücken gebildeton , bei den Echinothuriden,

228 U- *• Echinodermen.

Cidariden und Echiniden viel complicirteren Apparat vor. Fünf gegen einander gerichtete Stücke tragen eine zahnartige Spitze und sind mit andern Stücken zu einem als »Laterne des Aristoteles« bezeichneten Com- plexe vereinigt, welchen der Oesophagus durchsetzt. Das Darmrohr be- schreibt immer mehrere Windungen. Der engere Munddarm geht in einen weiteren den längsten Darmtheil vorstellenden Abschnitt über. Er besitzt bald wenig deutliche Ausbuchtungen (Echiniden), bald wirkliche Blind- säcke (Clypeastriden), welche in die von den Stützpfeilern der Kalkschale abgegrenzten Leibeshohlräume einragen (Laganum). Längs des ganzen gewundenen Darmes verlaufen bei den Seeigeln »Mesenterialfasernc zur Leibeswand.

Das Darmrohr der Holothurien , den Körper an Länge übertreffend, bildet eine Doppelschlinge, während es bei den Synapten (mit Aus- nahme der Chirodoten) sich mit vielen Ausbuchtungen gerade durch die Leibeshöhle erstreckt. Als eine besondere Differenzirung ist ein auf den Oesophagus folgender muskulöser Darmabschnitt zu beachten, der als Muskelmagen zu fungiren scheint (Synapten) . Angedeutet ist dieses Ver- halten auch bei den Seesternen, insofern deren Oesophagus eine stär- kere Muskelwand als der übrige Darm besitzt. Dem Magen der Seesterne entspräche somit bei den Holothurien der hinter dem muskulösen Ab- schnitte gelegene Darm. Das Darmende geht bei den Holothurien in eine Erweiterung über, die, obwohl als Cloake bezeichnet, doch nur dem Enddarme der Ästenden entspricht , und zwei oder mehrere baumartig verzweigte Organe aufnimmt.

Eine siebförmig durchbrochene Lamelle befestigt den Darm an die Leibeswand. Einfacher ist dieses Mesenterium bei den Synapten mit ge- radem Darmcanale, während es sich bei Ghirodota nach den Strecken der Darmschlinge in drei, je einem interradialen Abschnitt der Leibeswand zukommende Theile gesondert hat.

Anhangsorgane des Darmcanals.

§174.

Als vom primitiven Darm gesonderte Gebilde könnten die schon oben aufgeführten radialen Blindschläuche der Seesterne gelten, wenn dieselben nicht in phylogenetischer Hinsicht anders zu beurtheilen wären. Ich rechne daher bei den Seesternen nur andere, interradiale Blindschlöuche hieber, die in sehr verschiedener Ausbildung vorkommen. Bei den after- losen Seesternen fehlen sie, oder sind auf 2 reducirt (Astropecten), dage- gen sind sie bei den anderen oft sehr ansehnlich ausgebildet. Archaster zeigt fünf gegen das Ende zu sogar getheilte ßlindsäcke , und bei Culcita ist die Theilung noch weiter vorgeschritten, so dass jeder Ast einen traubig gelappten Schlauch vorstellt. Dadurch erscheinen diese Anhänge in der Gestalt von Drüsen , und gewinnen einen Zusammenhang mit einer bei Holothuriden verbreiteten Einrichtung.

ADhiDgsorgane de» Darmcauala

229

Diese wird mit dem all Cloake« bezeichneten Endabschnille des Darmcanals in Verbindung getroffen , und besteht in der Regel aus zwei auf einer kurzen Strecke r

verzweigten Hauptstammen, '"T"

die sich durch die ganze Lange der Leibeshöhle nach vom erstrecken [Fig. 409. rj und mit zahlreichen ramifi- cirten Blindschläuchen be- setzt sind. Wenn auch die Function dieser früher als •Lungen« bezeichneten und ab innere Athemorgane gedeuteten Organe von der der interradialen Blind- schläuche des Seesterndar- mes verschieden ist , so kommen sie doch wohl morphologisch diesen gleich und erscheinen als eine Weiterentwickelung der bei den Asterien meist einfache- ren Schlauche.

Die Function dieser Or- gane ist keineswegs sicher gestellt. Ihrer Auffassung stellt sich die Tualsache entgegen, dass nur eines F derselben Zusammenhang h mit dem Blutgefäss netz er- orgu». r' v««i«in»t ^mmUm» u iw Emtitwttlii ti kennen üess, indess das «« Ciwlw. Um«»»*»«» w«p«..

andere nur an die Körperwand befestigt in die Leibeshöhle ragt. Immer- hin jedoch ist die Thatsache, dass von diesen Organen Wasser aufge- nommen und vorzuglich unter BeibUlfe der stark muskulösen Wand des Enddarms wieder ausgestossen wird, von Wichtigkeit.

Bei einigen Apodia [Molpadia borealis) sind diese Organe nur streckenweise mit verästelten Blind schlauchen besetzt, wahrend bei anderen wieder eine Vermehrung vorkommt. So ist bei M. chilensis nicht nur einer der BBume gelbeill, sondern der Enddarm tragt auch noch eine Anzahl kleinerer Baumchen. Fünffach getheilt ist das Organ bei einigen Lisarmaliden. Einfacher erscheinen sie bei Echtnocucumis [E.typicusl, wo sie lange, dtlnne, nurmiteinem kurzen Aste versehene Schlauche vorstellen.

Den Synapten fehlen die baumartigen Organe der Hololhurien , da- gegen findet sich eine bis jetzt nur sehr unvollständig erkannte Einrich- tung in Canalen, welche längs der Mesenterial inserlion vorbanden sind,

inmfärall» OrgiEi aimr

230 11* *• Echinodermen.

und mit trichterförmigen , bewimperten Mündungen in die Leibeshöhle sich öffnen (Chirodata pellucida).

Ausser den baumartigen Organen kommen dem Enddarme mancher Holothurien noch drüsenähnliche Gebilde , die Cuvier'schen Organe, zu. Sie erscheinen bald als blinddarmförmige, unverzweigte Röhren, die ein- zeln oder in reichen Büscheln inserirt sind (Bohadschia u. a.), bald als acinöse Bildungen (Molpadia), endlich fadenförmige Canäle, die wirtel- artig mit gelappten Drüsenbüscheln besetzt sind (Pentacta und Muelleria] . Ihr Secret scheint eine, feine klebrige Fäden bildende Substanz zu sein, die vielleicht zur Vertheidigung dient.

Leibeshöhle.

Die Entstehung des Cöloms durch eine von der ersten Darmanlage her erfolgende Abschnürung eines blasenförmigen Gebildes (S. 225) litsst diesen Raum von anderer Bedeutung erscheinen, als bei den übrigen Ab- theilungen, in denen bei der Cölombildung eine Darmanlage nicht be- theiligt ist. Die Tragweite jener Thatsache ist bis jetzt noch nicht zu über- blicken. Es darf aber wohl daran gedacht werden, dass das auf gleiche Weise entstehende Wassergefasssystem mit dem Cölom einen ursprüng- lich zusammengehörigen Apparat bildete, der mit dem Enddarme in Ver- bindung stand.

Die beiden vom Darme abgeschnürten Cölomschlä iche gewinnen all- mählich an Umfang und lassen, theils an den Darm, theils an die Körper- wand sich anlegend , den mehr oder minder geräumigen Leibeshohlraum hervorgehen. Die von dem Perisom zum Darm verlaufenden Mesenterial- fäden oder Bänder sind auf Reste der Wandung jener primitiven Gebilde zurückzuführen.

Mit der Ausprägung des radiären Echinodermenkörpers ist das Cölom nach den Radien vertheilt. So erstreckt es sich bei den Ästenden und bei Brisinga durch die Arme. Aehnlich auch bei den CrinoYden, aber hier in Gestalt engerer Canäle. Solcher sind an jedem Arme drei unterscheid- bar, die wieder mit besonderen Abschnitten des Kelch-Cöloms zusammen- hängen. Letzteres ist nämlich durch Bindegewebszüge, die hie und da membranarlige Strecken darstellen, in mehrfache Abschnitte gesondert, die an bestimmten Stellen unter sich communiciren, an anderen in jene Canäle übergehen. . Einheitlicher wird die Leibeshöhle mit der grösseren Concentrirung des Organismus bei Echinolden und Holothurien. Bei er- steren erinnern jedoch die Mesenterialfäden, oder noch mehr die verkal- kenden Pfeiler und Säulen, welche die Leibeshöhle der Clypeastriden durchsetzen, an Scheidungen in einzelne Abschnitte, wie denn auch bei den Holothurien manche solcher Räume des Cöloms gesondert sind. Ein Wimperbesatz ist an parietalen wie an visceralen Strecken des Cöloms bei Ästenden und Echiniden , aber auch bei Holothurien nachgewiesen.

Leibesbtihle. Gefasssystem 231

Als Inhalt der Leibeshohle erschein! eine mit dem Blute übereinstimmende Flüssigkeit, so dass wir hier einen Abschnitt der Blutbahn zu suchen haben. Auch Communicationen nach aussen sind in einzelnen Fällen sicher erkannt (Crinoiden) , ebenso wie mit dem Wassergefässsysteme (Crinoiden, Holothurien) . Die ersterwähnten Commünicationen bestehen in zahlreichen das ventrale Perisom an den Interradien durchsetzenden Canälchen, die mit den sogenannten Kelchporen ausmünden.

tiefässsystem.

Blutgefässe.

§ «76.

Die ernährende Flüssigkeit besteht bei den Echinodermen aus einem klaren oder leicht opalisirenden , seltener getrübten oder auch gefärbten Fluidum, welches höchst wahrscheinlich mit von aussen eingeführtem Wasser vermischt ist. In dieser Flüssigkeit enthaltene Formelemente sind einlache Zellen.

Als Blulbahn dient erstlich ein besonderes Ganalsystem , dann aber auch das Colom, welches wahrscheinlich mit einem dritten Hohlraum- system, dem Systeme der sogenannten Wassergefässe, in Zusammenhang steht. Der noch wenig sichergestellte Befund dieser Gefässsvsteme , na- mentlich in Bezug auf deren wechselseitige Beziehungen und Zusammen- hänge, gestattet noch keine übersichtliche, alle Abtheilungen verknüpfende Darstellung^ wenn auch die neuere Zeit anerkennenswerthe Fortschritte in der Kenntniss dieses Theiles der Echinodermen-Anatomie aufzuweisen bat. Dass aber ein Zusammenhang in der That besteht, dürfte aus der Gleichartigkeit der Constructionen jener Canäle und Räume hervorgehen.

Als eine allgemeine Einrichtung kann wohl der Anschluss der Blut« gefässbahn an die Nervenbahn gelten. Den radialen Nervenstämmen folgt ein Blutgefässstamm und setzt sich in einen den Mund umgebenden Ring- canal fort. Der radiale Gefössstamm entspricht dem Baucbgefosse der Würmer, welches eine ähnliche Beziehung zum Bauchmarke aufweist. Bei den Ästenden führten ältere Angaben einen vom Mund ring neben dem Steincanal s. u.) emporsteigenden Schlauch als Herz auf, welchem Organe indess diese Bedeutung nicht gelassen werden kann. Dasselbe gUt für ein gleiches den EchinoYden zukommendes Gebilde. Wir werden also für jetzt noch von einem Herzen als Gentralapparat des Blutgefäss- Systems abzusehen haben. Einen zweiten Abschnitt des Blutgefässsystems bilden die Darmgefässe.

Die radialen Blutgefessstämme halten die Nerven bei den EchinoYden umschlossen , bei CrinoYdeo und Holothurien liegen sie nach innen vom Nervenstamme, womit auch Seesterne und Ophiuren übereinstimmen. Das den Mund umziehende Ringgefäss ist bei Ästenden und CrinoYden in demselben Verbalten zur Nervenbahn , unter den EchinoYden bei den Spatangen, wo es zu einem weiten Sinus sich gestaltet, indess bei Echinus

232 H* *• Echinodermen.

ein Blutgefässring weiter vom Munde, über dem Kauapparat den Schlund umziehend, beschrieben wird. Es ist wahrscheinlich, dass diese Entfer- nung vom Nervenring durch die Entfaltung des Kauapparates entstand. Die Holothurien besitzen den adoralen Blutgefössring mit dem Nervenring verbunden, aber nach innen von ihm, dem Munde zugekehrt. Er kann auch in ein Geflechte aufgelöst sein. Bezüglich eines bei Ästenden und Echiniden bestehenden aboralen Gefässringes, so scheint diesem schon durch seine Beschränkung auf einige Abtheilungen ein geringerer mor- phologischer Werth zuzukommen. Ausser Gefässen aus dem Periso m tre- ten in ihn Gefässe ein, welche die Geschlechtsdrüsen umspinnen, und daselbst weite, sinusarti&e Räume bilden. Auch bei Comatula setzt sich ein Gefäss als Hülle um die Genitalstränge in Arme und Pinnulae fort. Den Gefässen des Darmcanals kommt bei Asteroiden und Crinol'den keine Selbständigkeit zu. Bei Comatula bilden sie ein weitmaschiges Netzwerk im Cölom , welches mit dem oralen Gefässringe in Zusammenhang steht. Aus diesem Netze erstreckt sieh ein Gefässbündel in der Axe des Kelches zum Centodorsale , ein eigenthümliches in fünf Kammern erweitertes Or- gan bildend, dessen Bedeutung unaufgeklärt ist.

Bei Echino'iden und Holothuroiden erscheinen die Darmgefässe selb- ständiger. Ein Dorsal- und ein Ventralgefäss sind unterscheidbar, beide entsprechen in gleichen Verhältnissen sich findenden Gefässen von Wür- mern. (Vergl. S. 479.) Das dorsale Gefäss ist bei Echinus doppelt vorhan- den, indem ausser dem dicht am Darme verlaufenden noch eines entfern- ter davon liegt und an ersteres wie an den Darm Zweige abgibt. Bei Spatangen ist eine Communication des ventralen Gefässes mit dem Wasser- gefässring beobachtet. Die Darmgefässstämme der Holothurien zeigen nach der Mitte ihres Verlaufes Erweiterungen, und das dorsale Gefäss geht in eine Wundernetzbildung ein.

Wassergefässe. § 177.

Bei der Darstellung der Ambulacra §160) ist eines »Wasser- gefässsystems« gedacht worden , welches von aussen her Wasser aufnimmt, und dasselbe den ambulacralen Gebilden zuleitet, um sie in den Zustand der Erection zu versetzen. Ausser den bei der Locomotion betheiligten Gebilden werden von diesem C anal System noch andere Or- gane geschwellt, die wir oben als Modificationen der Ambulacralfüsschen deuteten. Dass dieses Canalsystem einen Theil der blutführenden Bahn aus- mache, ward bereits als wahrscheinlich dargestellt. An mehreren Stellen sind Communicationen erwiesen. Auch in dem Leibes-Cölom bestehen in einzelnen Fällen sicher beobachtete Mündungen. Inwieweit jedoch diese Bahnen vielleicht aus mehreren Apparaten sich bildeten , bedarf noch der Feststellung. Jedenfalls ist eine selbständige Betrachtung des Wasser- gefässsystems für jetzt noch erlaubt, zumal ihm durch die Entwickeluug

GoftsMysUm.

233

eine solche Stelle gesichert ist, und ein ihm zugehöriger bedeutsamer Theil (Steincanal etc.) als ein dem Circulationsapparat ursprünglich völlig fremdes Gebilde erscheint.

In den Larven der Echioodermen entsteht das Wassergeßtaasystem durch eine Sonderung aus der ersten Darmanlage und bildet, sich davon abschnürend, einen glashellen, an seiner Innenflache wimpernden Schlauch, der auf dem Rücken der Larve sich mit dem Integument verbindet und hier einsAusmündung gewinnt. In diesemZustande bat das Organ grosse Ähnlichkeit mit dem Eieret ionsorgane mancher Wurmlarvep Sipuncu- lidenj , und lässt auch von dieser Seite her die Sonderung des Wasser- . ge&sssystems aus einem ursprünglich excrelorischen Apparate nicht unwahrscheinlich erscheinen.

Hit der Anlage des Echinoderms Fig. 110. A) wird der Schlauch allmählich vom Perisom umwachsen, und ändert dann seine Form, indem er in eine fUnfstrablige Rosette ji j sich um- formt. Durch allmähliche Lagerungsver- 4 Änderungen kommt dieser, immer noch mit dem RUckenporus nach aussen mündende Abschnitt auf die ventrale Fläche des Echi- Doderms zu liegen, und nun entwickelt sich jedes Blau der Rosette in einen gestreckten, mit seitlichen Ausstülpungen besetzten Ca- nal, der einem Fiederblatte gleicht und die Anlage des auf ein Ambulacrum treffenden Wassergefäss- Abschnittes vorstellt. Bei den üolotburien bildet die gleiche ro selten förmige Anlage die Mundtenlakel , deren Beziehung zum Ambulacraisystem dadurch unzweifelhaft wird 162). Die ferneren wichtigen Vorgange betreffen den centralen Theil der Rosette, an welchem die Caoale der fünf Blatter zusammenmünden. Dieser wandelt sich in einen Ringcanal um , der auch ferner als Centraltheil des Apparates fortbesteht , iodess die in den Blattern der Rosette angelegten Ganale radiär auswach- * *'''•' ^V i£,h'°°4™- *Wi"" sen, und sich unter Vermehrung ihrer ,v..„ *,..*,,. i„ \rMttIgttutn. Seitenaste über die gleichfalls grösser wer- <N',cb J »«"■) denden Ambulacren erstrecken.

Von diesen wahrend der Entwicklung des EcbinodermenktJrpers sich bildenden Einrichtungen lassen sich die Zustande des Erwachsenen unmittelbar ableiten. Aus dem primitiven Schlauche bat sich ein ver- zweigter Geftssapparal (Fig. 164) entwickelt, dessen Enden mit den Saugfüsschen \p: und anderen ahnlichen Fortsätzen in directer Verbin- dung stehen. Die radialen Hauptstamme dieses Systeme comtnuniciren

234 II- *■ Echinodrrmen.

mit einander durch den Ringeanal (c), und dieser selbst nieder steht mit dem umgebenden Medium in Verbindung. Eine Verbindung des den Hund umgehenden Wassergefässringes mit einem Darmgefasse ist oben für Spatangus erwähnt worden , so dass bei der Gleichartigkeit des Inhaltes von beiderlei Canalsy steinen nicht blos deren Communicationen, sondern auch deren Zusammenge- hörigkeit sehr wahrscheinlich ist.

Anders verhall es sich mit der Verbindung nach aussen, die auf verschiedene Weise zu Standekommt. Bei Differenz irung des Echinoderms in der Larve bleibt jener Theil der Anlage des Wassergefässsystems, der vom Echinodermenkörper aufgenom- men wird, an einer Stelle mildern Perisom iu Verbindung und dort ent- wickelt sich eine poröse Kalk platte die Hadreporenplalte {m}, welche mit dem Lumen des verbin- denden Canalabschnittes in Commu- nication steht. Der von der Hadre- porenplatle mm Riogcanale fahrende

»w,nlwrt™""r8^7I"«.,.*f"to^ GanS ("*''' ßleiebfalls eio SiUcL des cuii. ap Pnii'ich« bii»b. m iudrepot«n- primitiven Wasseniefasssystems, be- ni.it«. ■- bmuuii. r luditr umordnete sitzt in seinen, ein complicirtes Hohl- T^-'ilTnTSI1!*pbs»"^o^h«. \ Anpiu« raumsystem bildenden Wandungen dentititn. in» i mVniKi.it. ml» mit ihr« An- jn der Regel kalkige Einlagerungen hi^n .ind nur Iom -riKii B«eiL'tti*i.i und wird demgen,aSs als Slein-

canal bezeichnet. Durch die siebförmig durchbrochene H ad reporen platte wird Wasser iu den Steincanal, von da in das Ringgefäss eingeführt. Auch mit der Leibesbohle werden von da aus Verbindungen angegeben. Der dem Steincanal entsprechende Abschnitt verbindet sich nicht in allen Fallen mit dem Perisom. Bei den Holotburien löst sich die Verbin- dung nahe am Rücken porus der Larve; letzlerer schwindet, und der Steincanal hängt frei in die Leibesbohle, und nimmt von hier aus, durch einen sehr complicirteu porösen Endapparat, Wasser auf.

Diesen Grundzllgen der Einrichtung desWassergefüsssyslems müssen noch Complicalionen beigefugt werden, die durch conlractiie Ausstülpun- gen der Wassercanflle gegen die Leibeshohle zu entstehen. Diese sind mehrfacher Art, und zwar grossere birnfOrmige Blasen [ap) am Ringcanale (Poli'sche Blasen., dann an dem Uebergange der Ambulacralcanale in die SaugfUsschen kleine, immer in die Leibeshöhle ragende Ampullen {a), die als Erweiterungen oder Ausstülpungen der AinbulacralcanalHste ge- nommen werden können. Sie besitzen einen cavernösen Bau. Beiderlei

Wassergrfawsyslem . 235

Gebilde dienen als Behälter für das in den Canalen strömende Pluidum, and sind aus Anpassung an die Function dieses GefHsssystems ableitbar, derart, dass bei einer Einziehung der Saugfasschen immer deren Ampullen sieb füllen, sowie bei einer Ausstreckung derselben zunächst der Inhalt der Ampullen sie schwellt. Was die Ampullen für die einzelnen Saug- fusschen sind, leisten die Poli'schen Blasen des Ringcanals für das ge- sammte Caoalsyslem, so da ss hierdurch eine viel rascher erfolgende Action der Ambulacralgebilde , sei es Schwellung oder Retractioo . möglich ist, als wenn das zur Erection jedes einzelnen FUsschens notwendige Flüssig- keitsquantum bei jeder Ausdehnung erst von aussen her durch den Stein- canal oder die Ha dreporen platte eingenommen werden mllsste. Diese Tätigkeit der Ampullen der SaugfUsschen und der Poli'schen Blasen des Ringcanals besorgt die Contractu iut ihrer Wandungen, in denen eine Mus- kelschicht nachgewiesen ist. Auch Muskelfasern, welche die Canale hin und wieder durchziehen, können die Verkeilung der Flüssigkeit reguliren. Ausserdem sorgt ein im Wassergefässsyslem verbreitetes Flimmerepithel für die Vertheilung und den steten Wechsel des Wassers, und dient damit gewiss auch der respiratorischen Function.

§ «78. Das vorbin im Allgemeinen Auseinandergesetzte bat am vollständig- sten seine Geltung für die Seesterne. Bei diesen inserirt sich der Stein- canal immer an einer Madreporenplatte , die in der Begel auf der Dorsal- seile in einem Inlerradius des Körpers liegt. Auch eine Mehrzahl von Madreporenplatten [i 5) sowie eine dem entsprechende Vermehrung des Sleincanals, kommt in einzelnen Fallen vor, doch wechselt dies Ver- haltniss selbst bei den Arten einzelner Gattungen. Es wird als das ursprünglichere anzusehen sein; deshalb wäre es wichtig, auch für diese Befunde die ersten Anlagen zu kennen. Der Steincanal verlauft immer in der Nähe des herzartigen Schlauches. Die Kalkablagerungen bilden an ihm ein feines Netzwerk, und sind von denen des Per i so ms nicht verschieden. Sie sind ring- weise angeordnet, im Innern treten Längsleislen vor, von denen ver- J* "'« T <?"""• "'"-t"*» tfTc o^""^!,1 zweigte oder eingerollte, ebenfalls r. tieku*.

verkalkte Lamellen entspringen.

Zwischen diesen ziehen sich die Hohlräume bin, welche an den feinen Oeffnungen der Madreporenplatte beginnen. Die Ambulacralcanäle (Fig. 100. .4. a) laufen ober dem Skelete der Arme in die Amhulacralfurche eingesenkt , und senden hier ihre Aeste an die zwischen den seitlichen Fortsätzen der Gliedstucke des Ambulacralskelets entspringenden FUss-

236 "• 4- Echinodermen.

eben , während die Ampullen der letzteren durch die Spalten zwischen den GliedstUcken hindurchdringen und so ins Innere des Armes zu liegen kommen (ap). An der Verbindung der Ampullen mit den AmbulacraU fUsschen liegen Klappventile , welche bei Contraction der Ampullen sich schliessen (Asteracanthion rubens) . Die Anzahl der Poli'schen Blasen variirt, zuweilen sind sie vermehrt, bilden traubige Büschel (Astropecten aurantiacus) oder fehlen gänzlich.

Bei den Ophiuren inserirt sich der Steincanal an einem der den Mund umgebenden Platlenstücke , welches jedoch nicht als Madreporenplatle gebaut ist, so dass der Steincanal nur Fluidum aus der Leibeshöhle auf- nimmt. Am Ringcanale erweitert sich der Steincanal ampullenartig, und fügt sich einem interradialen Abschnitt ein. Polische Blasen sind nicht constant vorhanden. Den SaugfUsschen fehlen die Ampullen.

Bei den Crinoiden verläuft der ambulacrale Wassergefässstamm un- terhalb des radialen Blutgefässes und verzweigt sich in die Tentakel der Arme wie der Pinnulae (Fig. 4 45 ic). Ein oraler Ringcanal vereinigt die radialen Stämme, und schickt kurze Canälchen mit offenen Mündungen in die Leibeshohle ab. Sie vertreten den fehlenden Steincanal. Da auch Am- pulleu und Poli'sche Blasen fehlen, erscheint das Wassergefässsystem auf einer niederen Stufe als bei den anderen Abtheilungen.

Im Anschlüsse an die Seesterne stehen die Echinoiden. Die Madre- porenplatte liegt immer am aboralen Pole; entweder ist eine der Genital- platten (Fig. 92 mh oder deren mehrere, oder es ist auch noch eine Inter- genitalplatte zur Madreporenplatle umgewandelt, oder diese stellt eine besondere Platte vor (Clypeaslriden . Der Steincanal erscheint bald weich (Echinusj, bald mit festen Wandungen versehen (Cidaris). Der mit fünf Poli'schen Blasen (sie fehlen den Spatangen) versehene Ringcanal liegt bei den Seeigeln an der Basis des Kauapparates und sendet die Ambulacral- canHle abwärts, von wo sie dann an die Ambulacren ausstrahlen. An der Innenseite der Schale, einem jeden Ambulacralfelde entlang verlaufend, vertheilen sich dieAeste derAmbulacralcanälean die Poren der Kalkplatten und versorgen, querliegende ampullenarlige Erweiterungen (Fig. 4 46 a bildend, die hier entspringenden Saugfüsschen oder deren Aequivalente.

Durch die Loslösung des später als Steincanal fungirenden Verbin- dungsstückes vom Perisom der ins Echinoderm übergehenden Larve, wird bei den Holothuro'iden ein von den übrigen Echinodermen abweichendes Verhalten erreicht. Die Wände des frei in die Leibeshöhle hängenden Steincanals sind bald weniger, bald mehr verkalkt und bilden im letzten Falle eine starre Kapsel. Gewöhnlich zeichnen die Verkalkungen die po- rösen Stellen des Canals aus, und wiederholen so die Bildung einer Madre- porenplatle im Innern des Körpers. Bei Verästelungen des Steincanals tragen die Enden jedes Astes jene poröseü Stücke, und so entstehen durch Vervielfältigung traubenförmige Gebilde , die einer Summe um den Steincanal gruppirter Madreporenplatten nur functionell gleich wertliig sind. Wie die Einrichtung der einzelnen Sleincanäle verschieden ist, so

WassergefSsssyslem .

237

wechselt auch ihre Zahl. Häufig ist nur einer vorbanden, in anderen Fällen, vorzuglich bei Synapten, kommen deren zahlreiche vor, die am Umfange des Ringcanals ver- _

iheillsind. Ebenso wechselt die Zahl der hier nicht feh- lenden Poli 'sehen Blasen (Fig. 113. p), deren Holothuria und Molpadia eine, Synapta Be- selii gegen 50, Cladolahes gegen 400 besitzt.

Die vom Bingcanal (C) abgehenden Canäle verlau- fen innerhalb des Kalkringes :fij nach vorne, und treten sich verzweigend zu den Hundlentakeln (T), wo mit jedem eine den Ampullen der Saugftlsschen entspre- chende blindsackartige Ver- längerung in Verbindung steht. Diese ist ansehnlich hei den Holothurien, und liegt nach aussen vom Kalk- ring, nur wenig entwickelt ist sie bei den Synapten. Die radialen, zu den Ambu- lacren verlaufenden Stamme stnskeu nn° scMoude. o Motdäifonng. ßDirra°t,hr. c legen sich bei Holothuria in k°w>- ' »»«« " d8B tmlm, t. , p0ilvi.. bu». die LttogsmuskelbUndel , die satlBnd. w Linesnmsiieib&oder. r, An,fv,brgiLiig0 a«r gb. dadurch in zwei Hälften ge- i*w»rtt«org*». (Kneh p.cn.>

theilt werden. Bei Cucumaria sind sie nach aussen von diesen Muskeln angebracht. Die Vertheilung der Zweige dieser Gefilsse geschieht wie sonst zu den Fusschen. Die Ruckbildung der letzteren ist von einem Schwinden der zufuhrenden Gefüsszweige begleitet, wahrend die Hauptstiimme auch bei den Apodia sich zu erhalten scheinen, da sie hei Synapta, wenn auch an Umfang geschmälert, beobachtet worden sind.

Excretionsorgane.

Die unter den Ringelwtlrmern verbreiteten Einrichtungen (Schleifen- can.ile) kommen bei den Echinodermen nicht mehr vor, dagegen bestehen einige Andeutungen , dass jene Organe , oder doch dem Typus derselben an gehörige, unter den Echinodermen nicht völlig fremd sind. Bei Holo- iborotdeu sind nämlich zwei an der Leibeswand verlaufende Canüle be-

238 11. 4. Echinodermen.

obachtet, welche mit trichterförmigen in die Leibeshöhle sich öffnenden Organen besetzt sind (Chirodata pellucida}. Auch bei Synapten bestehen Organe, welche den inneren Schleifencanalmtlndungen der Würmer ent- sprechen, aber nicht, mit Canälen in Zusammenhang stehen. Endlich sind auch in den GrinoYden Wimperorgane in dem einer Forlsetzung der Lei- beshöhle entsprechenden Dorsalcanale der Arme erkannt. Ob alle diese Gebilde zusammengehören, kann nicht sicher bestimmt werden, aber die erst aufgeführten machen es wahrscheinlich, dass hier Beziehungen zu einem Excretionsapparat vorliegen. Inwiefern ein solcher dem Wasser- gefässsystem zu Grunde liegt, ist bis jetzt nur zu vermuthen. Jedenfalls bietet die Anordnung desselben im Körper keinen Grund, Forschungen in dieser Richtung für resultatlos zu halten, denn die Gestaltung als ein im Körper reich verzweigtes Canalsystem bietet uns auch das Excretionsorgan mancher Mollusken (Nudibranchiaten), und dieCommunication des Wasser- gefässsystems nach aussen wie mit dem Blutgefässsystem (resp. der Lei- beshöhle) kann eben kaum anders als auf einen excretorischen Apparat gedeutet werden.

Geschlechtsorgane.

§ 180.

Die bei den Würmern verbreitete ungeschlechtliche Vermehrung ist bei den Echinodermen zurückgetreten , nachdem der Thierstamm selbst das Product einer Sprossung vorstellt. Eine Andeutung dieser Zeugungs- form hat sich noch bei den Asteriden in der Regeneration verloren gegan- gener Antimeren (Arme) fort erhalten.

Fast alle Echinodermen nur einige sind ausgenommen sind getrennten Geschlechtes und zeigen in der Anordnung der Organe eine Uebercinstimmung mit der radiären Körperform. Männliche und weibliche Organe zeigen dieselben einfacheren Formverhältnisse, und sind nur zur Zeit der Reife der Geschlechtsproducte leicht unterscheidbar, indem die Ovarien meist durch lebhaftere Färbung der Eier, gelb oder rolh, vor den fast immer weiss erscheinenden Hodenschläueben ausgezeichnet sind. Die Formelemente des Sperma sind ziemlich übereinstimmend fadenförmige mit einem Köpfchen versehene Gebilde. Der Bau der Apparate ist einfach, Gomplicationen der Ausführwege fehlen , und ebenso Begattungsorgane, so dass das umgebende Wasser bei der Befruchtung die Vermittelungs- rolle spielt. Im Ganzen besteht eine grosse Uebereinstimmung mit den bei Würmern vorhandenen Bildungen.

In Zahl, Anordnung, wie auch im speciel leren Verhalten der Organe bieten sich die niedersteh Zustände bei den Asteroiden dar. Hoden oder Eierstöcke erscheinen als röhrenförmige oder gelappte Drüsenschläuche, welche bei einigen in zwei Reihen angeordnet eine der Metamerie der Arme angemessene Vertheilung zeigen (Ophidiaster, Archaster) . Bei an- deren treffen auf jeden Arm nur zwei Gruppen, die sich aber längs der ganzen Armcavität ausdehnen können (auch Brisinga schliesst sich hier

G«scb l«c b Uorgan« .

239

BD, , endlich erscheinen sie auf den Interradialraum beschrankt (Fig. 108. g). Die Vergleichung dieser Verhältnisse lehrt also eine allmähliche fleduetion der Anzahl der Keimdrüsen ken- nen , die der bereits bei den Seesternen stattfindenden allmählichen Centralisation des Organismus entspricht. Bei den after- losen Seesternen entbehren die Schläuche der Ausfuhröffnungen, und die Zeugungs- sioffe werden in die Körperhöhle entleert. Auf welchem Wege sie nach aussen gelan- gen , ist noch unermiltell. Bei anderen Seesternen munden die Keimdrüsen auf besonderen , durch feine Oeffaungen aus- gezeichneten Platten (Siebplatten in den Interradien des Rückens nach aussen, oder Hs.ih. 0*whiMMi*rnM*lMiO»fci- sie zeigen einen einfachen Ausfuhrsana mit * **' 0,b!,,d'™ Io j*1*"?* *' Blc*"j

D D c lnUfnm«nl nnd YnriUliniigiorjMi und

einer spalt förmigen Oeffnung (Pterasler;. entrinn, r a™». , or.n.iir.uwn. Jedes Organ wird von einem Blutgefäss-

sinus umschlossen, welcher die einzelnen Lappen und Lappchen einhüllt. Dahin geratheo auch die Zeugungsstoffe , die also nicht direct entleert werden. _.

Die Anordnung und der Bau der Geschlechts- ^ A

organe der Ophiuren ist jenen der Seesterne ähnlich. Hermaphroditische Zustande sollen ver- einzelt vorkommen (Ophiura squamata). DieGe- schlechtsdrUsen (Fig. 414. g), zu zweien in jedem Interradialraum, sind auf die Körperscheibe be- schrankt, und scheinen ihre Producle in die Lei- beshohle zu entleeren, von wo sie wohl durch die an den Interradien der Bauchflache befindlichen spaltartigen Oeffnungen (vergl. Fig. 102. o) nach aussen gelangen. Bei den lebendig gebarenden Ophiuren gibt sich in der Grösse dieser Spalten ein Anpassungszustand kund. Ein strangformi- ges, auf jeden Arme vertheiltes und nach den *!*' l,i Pinnulae sich verzweigendes Gebilde reprflsen- c»B*t .]*,<*• tirl die Geschlechtsorgane bei Comatula. Dieser »»"»niete » Genitalstrang wird wiedieverzweigtenSchlauebe uke* "vjjll der Seesterne von der Blutbahn umschlossen, fei. * wuwt Er bleibt in den Armen steril, und entfaltet »■»*■ «• ti innerhalb der Pinnulae seine Producte, die von ",ut"^0',™ seiner Wand entstehen. Die Entleerung des Sperma findet durch vorgebildete Oeffnungen statt.

Bill Ata Cilnm Art Hell

. Ecbinodermen. Geschlecliisor^ane.

Die bei Asteroiden jedem Radius paarig zukommenden Geschlechts- drüsen sind bei den Echinoiden unpaare Gebilde geworden, womit eine fernere Central isation ausge- drückt ist. Die Beziehung zum ursprünglichen Zustande ist mir noch aus der interradialen Ver- keilung erkennbar, so dass jedes Organ aus zwei radialen entstanden gedacht werden kann. Sie stellen reich ver- ästelte , meist weit in die Lei- besböble auf die Interamhula- cralfelder vorragende Drüsen Fiii. 116. ij) vor, die auf den Genilalplatten (Fig. 103. o) ausmünden. Eine der fünf für die Echmiden typischen Ge- ^?'j?e6\l7rti«CHi^^"ereLScL^CV.rweF1n^menC schlechtsdrtlsen verkümmert i Ampullen äerAmbniicreo. i Letit«s D.rmti&ck. a On- bei den Spatangen, dem ent- riittranbfn. sprechend ist eine der Genilal-

plalten, die zugleich Madreporenplalte war, ausschliesslich zur Madre- porenplatte umgebildet.

Noch bedeutendere Beductionen bieten die Holothurien. Hoden oder Eierstock bilden Büschel reich verzweigter Bohren, die sich zu einem ge- meinsamen Ausfuhrgange vereinigen (Fig. 113C). Des letzteren Mündung findet sich in der Nühe des Mundes, meist zwischen den Tentakeln. Die Beziehungen zu den Radien sind also hier aufgegeben, die sonst verteil- ten Organe sind zu Einem vereinigt, und durch den Ausfuhrgang wird die bereits bei den Seeigeln gegebene höhere Stufe festgehalten.

Bei den Synapten bestehen nach dem bei den Holothurien gegebenen Typus geformte Z w i tlerorga ne. Die einzelnen schlauchförmigen Drü- sen vereinigen sieb zu einem gemeinsamen Ausfuhrgange , der Über dem Kalkringe nach aussen sich öffnet. In jedem Schlauche 'bei S. digilaiaj entwickelt sich das Sperma auf der Innenfläche, indess die Eier darunter entstehen und bei voller Entwickelung ins Schlauchlumen vorspringende Längsstreifen vorstellen. Für beiderlei Producte dient ein gemeinsamer Ausführweg. Wenn dieser Zustand als ein niederer angesehen werden muss, aus welchem im Allgemeinen die getrennigescblccbllichen Verhält- nisse hervorgingen, so ergibt sich für die Synapten die interessante Er- scheinung, dass sich bei ihnen der primitive Bau mit der primitiven Function der Keimdrüse erhalten hat, indess sowohl in der Beschränkung der Zahl als in derComplication mit einem Ausfuhrgange für den Gesamml- appnrat grosse Umbildungen stattfanden.

Fünfter Abschnitt.

Arthropoden.

Allgemeine Uebersicht

§182.

Der Körper der in dieser Abtheilung vereinigten Thiere besteht aus einer für die einzelnen Gruppen meist bestimmten Metamerenzahl. In der Regel sind diese ungleichartig differenzirt, was sich nicht allein in der Verschiedenheit der äusseren Gestaltung und des Volums , sondern ebenso auch im Verhalten der innern Organe äussert. Eine Anzahl von Metameren verbindet sich zu grösseren Abschnitten , in denen die Selb- ständigkeit der einzelnen aufgegeben ist. Bald bestehen noch Andeutun- gen einer solchen Zusammensetzung grösserer Körperabschnitte aus einer Summe von Metameren , bald sind auch diese verschwunden , oder doch nur in frühen Entwickelungsstadien erkennbar. Aus diesem Verhalten resultirt eine Umgliederung des Leibes.

Ein anderes durchgreifendes Charakteristicum bilden bewegliche Leibesanhänge, Gliedmassen, die fast allgemein in Segmente getheüt sind. Daraus, wie aus der Metamerie des Körpers ergibt sich einige Uebereinstimmung mit den Annulaten unter den Würmern. Bei welchen Formen diese Anknüpfungen bestehen, ist unbekannt, und unsicher ist, ob die beiden Hauptgruppen der Arthropoden gemeinsamer Abstammung sind. Manche Gründe bestehen, für die Branchiaten und Tracheaten ge- sonderte Stammformen anzunehmen. Wie bei den Annulaten bildet das Nervensystem einen mit einer ventralen Ganglienkette verbundenen Schlundring, und ebenso hat das Centralorgan der Kreislaufsorgane eine dorsale Lagerung. Bei den Würmern für jedes Segment sich wieder- holende Organe kommen bei den Arthropoden dem ganzen Körper ge- meinsam zu, und selbst bei äusserer Gleichartigkeit der Metameren zeigt häufig die innere Organisation , dass die Metamerie nicht den Gesammt- organismus so vollständig wie bei den Annulaten beherrscht.

Bezüglich der Systematik der Arthropoden gebe ich folgende Ueber- sicht :

Gtftvbavr, Qrundrua d. vergl. Anatomie. 2. AqÄ. 46

242 '!• 5- Arthropoden.

A. Branchiata.

I. Crustacea1).

a) Entomostraca.

4. Cirripcdia.

Baianus, Coronula, Lcpas.

Rh izocephala.

Sacculina, Pcltogaster.

2. Copepoda.

Cyclops, Cyclopsina, Corycaeus, Sapphirina.

Siphono Stoma2).

Caligus, Ergasilus, Dichelestium , Chondracanthus, Achthercs, Lernaca, Lernaeoeera, Penella.

3. Ostracoda3).

Cypris, Cypridina.

4. Branchiopoda4).

Cladocera.

Daphnia, Sida, Polyphemus, Evadne.

Phyllopoda.

ßranchipus, Apus, Limnadia.

b) Malacostraca5).

4. Thoracostraca (Podophthalma). Schizopoda.

Mysis, Euphausia, Thysanopus. C a r i d a 6J .

Crangon, Alpheus, Palaemon, Hippolyte, Peneus. Decapoda. Macrura.

Astacus, Palinurus, Galathca, Pagurus. Brachyura.

Carcinus, Maja, Hyas, Dromia, Dorippe.

4) An den einzelnen Kürpersegmenten erhalten sich die Gliedmassen am voll- ständigsten, wenn auch in vielen, durch Anpassung hervorgerufenen Modificationen. Sie fungiren entweder direct als Athmungsorgane , oder letztere sind doch mit ihnen in engster Verbindung.

1) Ein auf den verschiedensten Stufen sich zeigender Parasitismus lässt eine grosse Anzahl von Familien in diese besondere Unterabtheilung bringen, welche man den übrigen, frei lebenden Copepoden zwar gegenüberstellen kann, aber doch von ihnen wird ableiten müssen. Aehnlich verhalten sich die Rhizocephalen zu den Cirripedien.

3) fn der die zweiklappige Schale vorstellenden Mantelduplicatur geben sie sich mit Entwickelungsstadien der Cirripedien verwandt.

4) Diese Abtheilung erscheint als die unmittelbarste Fortsetzung der Nauplius- form, insofern sie durch einfache Metamerenbildung aus jenem Stadium hervorgeht, und an den Gliedmassen zuweilen sogar nur sehr geringe Veränderungen erleidet.

5) Durch das bei Peneus und Euphausia vorkommende Naupliusstadium mit der vorhergehenden Abtheilung verknüpft, repräsentiren sie im Ganzen eine Weiter- bildung der Crustaccen-Organisation.

6) Vermitteln die Verbindung der Schizopoden und Decapoden, welch letzteren sie auch beigezählt werden können.

Allgemeine Uebersicht. 243

Cumacea !J.

Cuma. Stomapoda.

Squilla. Tanaida*}.

Tanais. 2. Arthrostraca (Hedriophthalma). Amphipoda.

Gammarus, Orchcstia, Hyperia, Phronyma. Laemodipoda.

Caprella, Cyamus. Isopoda.

Bopyrus, Cymothoa , Sphaeroma , Oniscus, Asellus, Idothca.

II. Poecilopoda3).

Limulus.

B. Protracheata 4).

Peripatus.

C. Tracheata.

I. Arachnida.

Autarachnae 5). Arthrogastres. Galeodea. Galeodes. Scorpionea. Scorpio.

4) Entsprechen niederen Entwickelungsstadien von Pecapoden, indem sie mit Schizopoden grosse Aehnlichkeit in der Korperform aufweisen. Die Augen entbehren der beweglichen Stiele, und darin ergibt sich eine Annäherung an die Arthrostraken.

2) Die Seh ee renasse In repräsentiren eine tbeils den Thoracnstraken , theils den Arthrostraken verwandte Abtheilung, welche der Urform der Malakostraken nahe geblieben zu sein scheint.

5) Stehen durch die fossilen Belinuren mit der paläontologisch sehr alten, gdnzlich erloschenen Abtheilung der Trilobiten in geneologischem Zusammenbang. Viele Verhältnisse ihres Baues sowie ihrer Ontogenie gebieten, sie von den Crusta- ceea abzulösen.

4) Durch genauere Aufschlüsse über die Organisation von Peripatus erscheint dieses bisher meist den Würmern beigezählte Thier als der Repräsentant einer beson- deren, den Trachea ten zunächst zu stellenden Arthropoden- Klasse, in der ein viel niederer Zustand sich ausspricht als einer der der letzteren zugehörigen grösseren Abtbeilungen. Es scheint hier eine Form erbalten zu sein , welche vom Tracheaten- Stamme nach vor seinem Auseinandergehen in einzelne Acste sich abgelöst hat

5) Für die echten Aracbniden ergibt sich bei vielem Gemeinsamen die bedeu- tendste Verschiede »bei t in dem Verhalten der Körpersegmente , und in den durch Verschmelzung einer Anzahl derselben hervorgehenden grösseren Abschnitten. Wir werden jene, in der mehrere solcher Abschnitte bestehen, die zugleich noch ihre Zasammensetsung ans Ifetameren erkennen lassen , als die minder veränderten , der Urform näher stehenden zu betrachten haben. Kleine, den Arthrogastres zuzurech- nende Abtbeilungen bilden die Gyphophthaliatden (Giboceltam), die den Opilio- neen, und die Chernetiden, welche den Pseudoscorpioneen nahe sieben.

46»

244 H. *• Arthropoden.

Phrynida.

Telyphonus, Phrynus. Pseudoscorpionea.

Chelifer. Opilionea.

Phalangium, Opilio. Aranea.

Salticus, Thomisus, Argyroneta, Tegenaria, Mygale. Acarina 1).

Acarus, Argas, Ixodes, Gamasus, Atax, Thrombidium. Linguatuli na.

Pentastomum.

Pseudarachnae 2). Tardigrada.

Macrobiotus. Pycnogonida.

Pycnogonum, Nymphon.

IL Myriapoda.

Chilopoda.

Scolopendra, Lithobius. Chi Iogna tha.

Polydesmus, Julus, Glomeris.

III. Insecta (Hexapoda). 4. Aptera 3).

Collembola.

Smynthurus, Podura. Thysanura.

Campodea, Lepisma, Machilis.

2. Pterygota.

Pseudoneuroptera. Amphibiotica.

Ephemera, Chloe, Perla, Libellula, Agrion, Aeschna. Corrodentia. Psocina.

Psocus, Troctes. Embida. Embia.

4) Dass hier Rückbildungen vorliegen, scheint unzweifelhaft, und wird noch durch den für die meisten Familien bestehenden Parasitismus erläutert, der in der Familie der Linguatuliden sogar zu einer bedeutend abweichenden Gestaltung des Leibes führt.

2) In den Pseudarachnen repräsentiren beide Abtheilungen sehr divergente Formen, die eigentlich nur die Entfernung von den Aularachnen gemein haben. Von den Tardigraden sind die Beziehungen zu den Trachea ten nicht einmal sicher gestellt.

8) Die beiden, in der Abtheilung der Aptera vereinigten Gruppen stehen allen übrigen Insecten durch verschiedene Organisationsbefunde etwas fern , so dass sie keiner der einzelnen Ordnung einverleibt werden können. Wenn sie manches mit Pseudoneuropteren gemein haben , so kommt das nur durch die niedere Stellung der letzteren. Der Mangel der Flügel wird als ein primitiver angesehen werden müssen gegenüber dem erworbenen , für den fast alle Ordnungen der Pterygoten einzelne Beispiele aufweisen.

Allgemeina Debereioht. 245

Thysanopoda.

Thrips. Termitida. Termes. Neuroptera.

Planipeonia. Panorpina.

Panorpa, Bittacus. Sialida.

Rhaphidia, Siaüs. Hemerobida.

Hemerobius, Myrmeleoo.

Trichoptera. Phrygaoida.

Phryganea, Limnopbilus. Strepsiptera. Stylops, Xenos. Orthoptera. Dlonata.

Cursoria.

Blatt», Mantis. Saltatoria.

Gryllus, Gryüotalpa, Acridium, Locusta. Labidura. Forficala.

Coleoptera.

Carabus, Hydrophilus, Silpha, Lucanus, Ifelolontha, Sca- rabaeus, Tenebrio, Meta€, Chrysomela, Coccionella, Lampyris, Elater, Bostrichus, Curculio.

Hymenoptera.

Formica, Bombus, Apis, Vespa, Sphex, Sirex, Tentbredo, Ichneumon, Cynips. Hemiptera.

Homoplera. Cicadina.

Tettigonia, Cercopis, Fulgora, Cicada. Pbythophthires.

Aphis, Chermes, Coccus. Heteroptera.

Notonecta, Nepa, Hydrometra, Reduvius, Cimex, Capsus, Lygaeus, Pentatoma. Pediculina1).

Pediculus, Phthirius. Diptera.

Nemocera.

Tipula, Simulia, Chironomus, Corethra, Culex. Brachycera.

Oestrus, Musca,Tachina, Syrphus, Bombylius, Tabanus. Pupipara2).

Melopbagus, Hippobosca.

1) Durch Parasitismus rückgebildete Formen.

S) Gleichfalls den Einfluss des Parasitismus kundgebend.

246 U- 5- Arthropoden.

Aphaniptera *). Pulex. Lepidop tera.

Heterocera.

Pterophorus, Tinea, Tortrix, Georaetra, Psyche, Noctua, Cossus, Bombyx, Sphinx, Smerynthus, Zygaena. Rhopalocera.

Hesperia, Pieris, Vanessa, Colias, Papilio.

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1) Desgleichen durch Parasitismus umgebildet.

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Körperforni . § 18:J.

Der Arthropodenkörper erscheint in sei- nem einfachsten Zustande unter den Crusta- ceen in der Nau plius-Form (Fi^. 147). Der ungegliederte Körper tragt einige Glied-

massenpaare. Die Gliederung des Körpers pig m ^^ ^ Cwta tritt erst durch eine allmählich erfolgende (Cjciop«). a,6,eOU«dauwM«.

248

II. s. Arthropoden.

Sprossung ein, die viel Aeholichkeil mit jenem Processe darbietet, welcher bei den meisten Ringel wurmern die Metamerie bedingt. Der vorderste, die ersten Gliedmassen tragende Körpertheil des Nauplius stellt das Kopfsegment vor, der hintere geht in das letzte Metamer Über, in- dess zwischen diesen bei- den Abschnitten neue He- ta nie reo entstehen, an de- nen gleichfalls Gliedmassen hervorsprossen. So bildet sich allmählich ein aus einer grosseren Hetameren- zabl zusammengesetzter Organismus hervor (Fig. 418), dessen Couiplication, soweit diese durch die Me- tamerie bedingt wird, das Product eines successive auftretenden Vorganges ist. Diese Entwicklung der Leibesform herrscht bei den Entomostraken, und entspricht wohl auch der Phylogcnie dieser Kruste n th ie re , die demnach auf einen ungegliederten Zustand zurückfuhrbar würen. Bei den Malacostraken ist jener, neue Me- tameren bildende Vorgang nur noch in einzelnen Fallen zu erkennen, und als Regel erscheint gleich die Anlage des Körpers in einer grosseren An- zahl von Metamer™. Die zeitliche Folge der Melameren ist hier zusam- mengezogen, 'und damit stimmen auch die Poecilopoden sowie die meisten Tracheaten übereil). Könnte man hieraus gegen die Annahme einer gemein- samen Abstammung der Arthropoden Bedenken entnehmen, so wiegen diese doch nicht so schwer, als jene, welche sich aus der Verschieden- iirligkeit mancherOrganisationsverhallnisse gegen jene Annahme erheben. Wir können also für jetzt nur für die Crustaceen eben durch das sie verknüpfende Naupliussladium eine monophyletischc Auffassung für begründet halten. Jenes ftlr die Entomostraken allgemeine Stadium tritt aber unter den Malacostraken nur in vereinzelten Fallen auf, woraus wir schlössen dürfen, dass diese Ahtheilung der Crustaceen sich vom gemein- samen Ausgangspunkte weiter als die Entomostraken entfernt bat.

Der bei den Einen durch allmähliche Sprossung, bei den Anderen so- gleich in der ersten Dillcrenzirung der Anlage melainer gebildete Körper der Arthropoden verliert allmählich die ursprüngliche Gleichartigkeit seiner Segmente, bald zum kleineren, bald zum grosseren Theile. Durch Aus- bildung einzelner, Rückbildung anderer, sowie endlich durch Concrescen»

r schw.

Körperform. 249

von Metamerensummen , entstehe eine bedeutende Mannichfaltigkeit der äussern Gestaltung. Im Allgemeinen herrscht die Gleichartigkeit der Mc- tameren in frühen Jugendzuständen vor, und lässt dadurch Beziehungen zu solchen Formen erkennen, deren Metameren gleichfalls noch nicht different waren. Die aus verschmolzenen Metameren entstandenen ein- heitlichen Abschnitte des Leibes geben ihre Entstehung in den an ihnen vorkommenden Gliedmassen kund.

Die Concrescenz trifft am beständigsten die vordersten Metameren. Daraus entsteht ein die Mundöffnung und höhere Sinnesorgane, vornehm- lich die Augen und Fühler tragender Abschnitt, der Kopf. Er bildet den einzigen aus mehrfachen Metameren bestehenden Abschnitt bei den My- riapoden, bei manchen Krustenthieren und bei den Larven von Insecten. Durch diese Concrescenz von Metameren werden den Mundöffnungen Glied- massen genähert, die, in die Dienste der Nahrungsaufnahme tretend, zu Mundorganen sich umbflden. Die übrigen Differenzirungs Verhältnisse spielen in den einzelnen Abtheilungen verschiedene Rollen. Bei den Grustaceen verbindet sich mit dem Kopfe eine Anzahl der folgenden Me- tameren zu einer Kopfbrust (Cephalothorax) . Die übrigen Metameren trennen sich häufig wieder in zwei Gruppen, insofern die auf den Cepha- lothorax folgenden von den hintersten zuweilen verschieden sind. Dar- nach stellen sie ein Abdomen und ein Postabdomen vor. Die Segmente des Abdomens verschmelzen bei den Poecilopoden , dessen Postabdomen durch den Schwanzstachel repräsentirt wird.

Durch duplicaturartige Ausdehnung des Integumentes einzelner Kör- perregionen entstehen besondere Schutzvorrichtungen für die Anhangs- gebilde. Indem bei den Decapoden das Hautskelet der Kopfbrust seitlich auswächst, deckt es die Kiemen, und bildet jederseits einen besonderen mit dem umgebenden Medium communicirenden Raum, die Kiemenhöhle. Vergl. S. 256.

Solche, mehreren primitiven Körpersegmenten angehörige Entfal- tungen des Hautskelets können sich auch über andere Körperabscbnitte erstrecken, und für diese eine »Schale« herstellen. Die Branchiopoden zeigen hiezu in der schildartig verbreiterten Kopfbrust die ersten Anfänge bei den Phyllopoden (Apus). Eine Weiterentwickelung beider Hälften dieses Gebildes führt zur Herstellung einer zweiklappigen Schale (Fig. 124 d) (Limnadia). Auch bei den Cladoceren ist ein Theil des dorsalen Integumentes in eine den ganzen Hinterleib deckende Schale umgestaltet, und bei den Ostracoden sind die beiden Hälften dieses Gebildes, ähnlich wie bei manchen Phyllopoden, am Rücken beweglich mit einander ver- bunden. Die Klappen der Schale erstrecken sich hier auch über den Vordertheil des Körpers, umschliessen somit das ganze Thier.

An diese Gebilde reihen sich die höchst eigenthümlichen Modifica- tionen des Integuments der Cirripedien. Die bei den Ostracoden zur zwei- klappigen Schale gestaltete Duplicatur erscheint bei den Cirripedien wäh-

250

II. S. Arthropode!

read eines Jugendzustandes. Indem das Thier mit den Antennen sich festsetzt, entwickelt sich der dorsale Theil des Integumenlcs zu einem weilen, den Körper umschli essenden Sacke oder Mantel (Fig. 119 def), der nur in der Kopfregion mit dem letzteren eontinuirüch zusammen- hangt. Der die ursprüngliche An- ne flu ngsstelle tragende Abschnitt dieses Sackes bleibt entweder weich und dehnt sich in ein sliel- formiges Gebilde aus (Lepadiden), oder er gestaltet sich zu einer breiten Grundfläche (Balaniden). Bei manchen Cirripedien (Alepas) bebak der ganze Mantel eine weiche Beschaffenheit. Den meisten da- gegen kommen feste , durch Ver- kalkung entstandene SchalensUleke zu, die in der ausseien Lamelle des Mantels sich bilden. In diesen iheil- weiso ciu Gehäuse darstellenden Mantel eingehüllt liegt der übrige Körper mit -dem mit Kankenfusseu besetzten Poslabdomen und sieht durch eine verschlicssbare Spalte mit dorn umgebenden Medium in Ver- bindung.

Dieselbe manlclarlige Hülle bildet bei den Rhizocenbalen einen ausscr- lieh bald glatten Schlauch, bald eine zu symmetrischen Lappen gebuchtete Scheibe. Eine enge Ocllnung, die der in die Manlel höhle der Cirripedien führenden Spalte gleich kommt, leitet in einen jener Maniclböhle ent- sprechenden Raum, der als Bruthöhle fungirt. Wahrend bei den Cirripe- dien noch ein Theil des gl iedmassen tragenden KruslenlliierlcilHis mit der Manteldupltcatur verbunden und in sie eingesenkt fortbesteht, isl bei den Rhizoccphalen der gesammte Gliedcrleib in den Mantel über-

l'ifi. 110. [Imüb schul Lied»« lelloflg um. a Hund de» Thior«. bl' V. migen llebilda* mgcatalt«»» I e Kopftheil des Thieru. ,1 Mint.

Mit dieser Rückbildung der Körperform verbindet sich eine andere aus der Art des Parasitismus entstandene Erscheinung, indem nämlich von der in den I.cib des Wirlhes eingesenkten Stelle des Kopfes her zahl- reiche Röhrchen sieh bilden, welche, zum Thcile in netzartigen Durch- llechtungen anastomosirend, zum Darmcanal des Wirt lies treten und diesen auf weile Strecken umspinnen. Daraus gestaltet sich ein unmittelbar vom Darm des Wirlhes ernährende Flüssigkeil beziehender, und diese dem Schmarolzer zuführender Apparat. Ausserdem bielel der Parasitismus noch viele andere Beispiele seiner rückbildenden Einwirkung wie aus der mann ich faltigen Gestallung der Siphonostomen hervorgehl.

Eine einfachere, fast den RiugelwUrmern ähnliche Körperform hesilil Peripalus.

GIMmaineB. 251

Unter den Traoheaten beritten die Myriapoden im Bestehen gleich- artiger, dtscreter Metameren den indifferentesten Zustand. Mannicbfacher differenzirt erscheint die Leibesform bei den Arachniden. Die Galeoden weisen unter diesen die reichste Gliederung auf. Ein Kopf ist von 3 Tho- rakalmetameren gesondert, von denen wieder ein ans discreten Metamer ren gebildetes Abdomen getrennt ist. Die Scorpione zeigen dagegen Kopf- und Brustmetameren zu einem Abschnitte vereinigt, und vom gegliederten Abdomen noch ein Postabdomen differenzirt. Das Abdomen setzt sich schärfer von der Kopfbrust bei den Phryniden ah, die darin mit den Ära- oeen übereinstimmen , wahrend die vollständigere Concresccnz der Ab- dominalsegmente für letztere eine Verschiedenheit bildet. Die Selbstän- digkeit der Metameren ist endlich bei den Milben völlig verschwunden.

Bei reicheres Gliederung waltet am Körper der Insecten eine grössere Gleichartigkeit in der Vertheilung der Metameren auf die einzelnen Ab- schnitte. Ausser dein aus mehreren (3) Metameren gebildeten Kopfe be- stehen allgemein drei Thorakalsegmente (Pro-, Meso- und Metathorax), die entweder indifferenter sind, wie bei Thvsanuron und vielen Pseudo- neuroptereq, nur durch die Anhangsgebilde sich auszeichnend, oder alle drei bilden zusammen einen sowohl von Kopf wie von Abdomen sich scharf absetzenden Abschnitt (Neuroptera, Hymenoptera, Diptera, Lepidoptera), oder es ist nur das erste Thorakalsegment bedeutender modificirt, wäh- rend das zweite und dritte enger an das Abdomen sich anfügt. Dies Ver- hältnis^ ist bei Orthopteren (Saltatoria) angedeutet, bei Küfern ausgeprägt.

Das Verhalten des Abdomens wird von den vorhin berührten Be<- ziehungen zum Thorax theilweise beeinflusst. Seine Segmente erhalten sich immer selbständig, und eine Rückbildung betrifft meist die lotsten, von denen mehrere zum Geschlechtsapparate gezogen sind.

Uliedmasaen.

§ 484.

Als Glied ma BS en erscheinen bei den Arthropoden paarige, geglie- derte Anhangsgebilde, die mit den Metameren verbunden als dorsale und ventrale zu unterscheiden sind. Die Vor- ^mstn

bereitung zu dieser Einrichtung ist schon bei den höheren Ringelwürmern in dem Vorkommen von Fussstummeln ausge- drückt. Bei den Arthropoden ist diese Fortsatzbildung einerseits durch die Glie- derung dieser Anhänge (s. Fig. 120 p), iAA .„

^^ ° . .. . «tl.j Flg. 120. QnerdurchBchmU durch eine

andererseits durch die einer Verschieden- Afig#,. f ein *mY%MX. p* Abdo«in»t- beit der Function entsprechende Mannich- •«■•**• *** biumi ••■•• ■*■■*- foltigkeit der Form auf eine höhere Diffe- behilt6M ,N*ch "—•"■«■'

renzirangsstufe getreten, und nur in der Gleichartigkeit der ersten Anlage spricht sich der niedere Zustand aus.

252

II. 5. Arthropoden.

Wie die niedere Bildung der Parapodien der Anneliden auch durch ihre gleichartige Reihenfolge ausgedrückt ist, so zeigt sich dasselbe in den niederen Typen der Arthropoden, wie z. B. bei Peripatus, bei den Myriapoden und bei vielen Grustaceen (Phyllopoden u. a.). Peripatus behält den niederen Zustand der Gliedmassen , die wie Parapodien von Würmern sich ausnehmen und nur durch den Besitz eines zwei Krallen tragenden beweglichen Endabschnittes an Gliedmassen von Trachcaten Anschlüsse bieten. An diesen Körperanhängen der Gliederthiere geben sich zwei Erscheinungen kund, welche den vieltbeiligen, dem der Ringel- würmer ähnliohen Organismus in einen mehr einheitlichen umbilden helfen.

Die erste dieser Erscheinungen ist die Metamorphose der Gliedmassen zu inannichfaltigen, den verschiedensten Functionen die- nenden Gebilden. Mit der Veränderung der Function zeigt die Gliedmasse ihre Umänderung der neuen Leistung angepasst.

Die zweite Erscheinung ist die Beschrankung derZahl der Kör- peranhänge in den höheren Abtheilungen, gleichlaufend mit der grösseren Ausbildung heteronomer Metameren oder mit der Entstehung grösserer Körperabschnilte durch Verschmelzung einzelner Melamerengruppen.

Gliedmassen der Branchiaten.

§ 185.

Die einfachsten Verhältnisse der Gliedmassen unter den Grustaceen bietet die Naupliusform. Am ungegliederten Körper erscheinen erst zwei, dann drei Paare gegliederter Anhänge. Alle fungiren als Locomotionsorgane (Schwimmfüsse) , und sind mit Borsten, oft in mächtigen Büscheln besetzt.

Das erste Paar dieser Gliedmassen (Fig. 424 a) ist einfach, das zweite und dritte Paar gabelig gctheill, und diese Gabeltheilung er- scheint an allen folgenden Glied- massen derKruslenthicre. Die beiden ersten Paare unterscheiden sich von dem dritten und den diesem später folgenden durch das Verhalten zu Nerven, die vom obern Schlundganglion stammen, während das dritte wie alle folgenden, von unteren Ganglion versorgt wird. Daran knüpft sich eine Scheidung der Function, indem die beiden vordem Paare vorwiegend zu Antennen sich ausbilden. Beide bleiben bei Copepodcn noch vielfach als Bewegungsorgane in Func- tion, am vollständigsten bei den Ostracoden. Auch die Cladoceren be- sitzen die zweite Antenne noch als Ruderorgan ausgebildet, und bei den Phyllopoden erhält sich dieser Zustand durch eine längere Entwickelungs- periode. Es ergibt sich daraus die Berechtigung, auch die dorsalen Fort- satzbildungen selbst in functioneller Beziehung den Gliedmassen beizu-

Fig. 1*21. Nauplius eines Copepoden (Cyclops). abc Gliodmassen.

Gliedmaßen der Bronchi aten.

253

zählen. Bei den Malacostraken sind beide Antennenpaare ausser Beziehung zur Ortsbewegung, wie auch immer ihre Gestaltung erscheinen mag. Gewöhnlich ist das hintere Paar (Fig. 423 at) in lateraler Stellung zum vorderen [at), und übertrifft letzteres oft bedeutend an Volum (vergl. auch Fig. 425 a a").

Die übrigen Gliedmassen sind ausschliesslich ventral. Sie schliessen sich mit der beginnenden Metamerenbildung an das beim Nauplius er- wähnte erste Schwimmfusspaar an und vertbeilen sich paarig auf die ein* zelnen Segmente. Wie jener Schwimmfuss und das zweite Antennenpaar laufen sieinzweiAeste aus, welche meist ungleichartige Differenzirun- gen eingeben, indem der eine Zweig mächtiger sich ausbildet und zum Hauptstücke der Gliedmassen wird, indess der andere mehr ein Anhangs- gebilde vorstellt. Durch Beziehungen zur respiratorischen Function kann jedoch auch dieser Theil der Gliedmassen bedeutende Ausbildung erfahren. In der Function theilen sämmtliche Gliedmassen sich in verschiedene Ver- richtungen, denen entsprechend sie umgestaltet sind.

Die vorderen dieser ventralen Gliedmassen werden, soweit sie in der Nähe der Mundttffnung liegen, zu Mundorganen umgebildet, entweder ausschliesslich zu Kiefern, oder nur theil weise, zu Kieferfüssen. Der Beziehung der im Cephalothorax bestehenden Concres- cenz zu diesem Verhalten ist oben gedacht. Bei den Branchiopoden sind nur einige Paare zu Mundorganen verwendet, und die übrigen, bei denPhyllopoden meist sehr zahlreichen Gliedmassen, verhalten sich ziemlich gleichartig als Schwimmfttsse. Aehnliches bieten die Ostracoden, Gopepoden und Girripedien. Bei den letz- teren sind die hinteren Gliedmassen in die charakte- ristischen Rankenfüsse umgebildet (Fig. 4 49 bb'). Am bedeutendsten ist die Veränderung der Gliedmassen bei den Malacostraken, für welche der Befund bei einem Decapoden näher betrachtet werden soll. Hier treffen sich 6 Gliedmassenpaare zu Mundorganen gestaltet, an deren ersteren die Form des Phyllopodenfusses wenig verändert sich fort erhielt. Auf ein Paar derber Riefern (Fig. 422mrf) folgen zwei Paar Rinnladen (Maxillen) (mx, mx'), denen drei Paare von Kieferfüssen (rop, mp\ mj> ) sich anschliessen. Durch letztere findet ein allmählicher Uebergang zu den locomotorischen Gliedmassen statt. Von diesen sind noch fünf Paare (Fig. 423 P1 /*) am m*»xweiteiuriii«. «•?, Cephalotborax angebracht, den sie mit den Kieferfüssen "*'• ^l^^****' und Riefern aus ebenso viel Metameren entstanden beurkunden. An den Endgliedern der meisten dieser Schreitfllsse kommt durch bedeutende Ausdehnung des vorletzten über das letzte die Scheeren- bijdung zu Stande, die meist am ersten Fusspaare überwiegend entfeitet

Fig. 122. M«ndgli*d-

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Mandibel. mx Erat«,

I. 5. Arthropoden.

»ls Waffe dient. Wie die KieferfUsse besitzen auch die Schreitfüsse Kieuien- btlschel als Anhange.

Am Abdomen ist eine Ansah! von Fusspaaren in schwache Schwimmfusse umgewandelt, während das erste Paar bei den Männchen als Begattungsorgan fungirt, bei den Weibchen rückgebildet ist. Bei den letzleren tragen die 4 übrigen i])2— ps) die Eier. Am bedeutendsten endlich ist das letzte Gliedmassenpaar verschieden, indem es (p6) mit dem den Alter tragenden Bndsegmente des Kör- pers zusammen eine kraftige Schwanz - " flösse herstellt, deren seitlichen Tbeil es bildet.

Andere Halacostrakenabtheihingen zeigen hiervon mehr oder minder be- deutende Verschiedenheilen je nach der Zahl der Hundorgane oder der als Loco- motionsorgane verwendeten und diesen Functionen angepassten Gliedronssen. So sind z. B. bei den Asseln * Glied- massen in Hundtheile verwandelt, die folgenden 8 erscheinen als GehfUsse, und die letzten vier endlich bilden der Albmung dienende Platten.

Die Verknüpfung der Athmung mit ■■ fu- der Locomotion, wie sie mcb in der i'ViiM- Umwandlung der Gliedmassen in Kie- menblältchen oder in der Sonderung '"" von Kiemen der verschiedensten Gestalt ,„g an den Gliedmaßen ausspricht, trifft ,m ButigUada das dritten sich als eine liefgehende Erscheinung

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. i«p" dritter Kiaferfui, all» ubri* DMmiM bedatlieiid. I*— J»8en»1 . y'-pi Hth-immflirsn dfls AhdonM

Kiemen.

§ *8fi.

Die an den Gliedmassen der Cruslaceen besiehende Spaltung macht diese Gebilde bei Verbreiterung ihrer Gliedstücke ebenso zur respirato- rischen Function geeignet, wie sie es zur Locomotion sind. Mit einer Ver- dünnung des Iolegumentes an bestimmten Abschnitten entstehen den Gasaustausch zwischen dem im Innern der Gliedmassen circvlireaden

Kiemen. 255

Blute und dem umgebenden Medium fördernde Einrichtungen, welche bald die gesammte Gliedmasse , bald nur ein Gabelstück derselben als Respirationsurgan erscheinen lassen.

Eine fernere Di Heren zirung fuhrt dann eu einer Vermehrung der respiratorischen Lamellen einer Gliedmasse oder zu fadenförmigen Umbil- dungen derselben, welchen allen eine Oberflflchenvergrüsserung zu Grunde liegt. Diese Organe sind Kiemen. Die Verbindung von Kiemen mit den Gliedmassen der Würmer lasst eine Vorbildung der bei Craslaceen weiter entwickelten Einrichtung erscheinen, die hier typisch geworden ist. Ob sie von jenen dircct sich ableitet, ist freilich mehr als zweifelhaft.

Die allmähliche Ausbildung der Kiemen lassl sich von Stufe zu Stufe durch die Reihe der Krustenthiere verfolgen, und die Functionen der Alh- mung und der Ortsbewegung sind häufig so innig mit einander verbun- den, dass es schwer ist, zu entscheiden, ob gewisse Formen dieser Kör peranhange als Kiemen oder als Ftlsse oder als beides zugleich gelten dürfen. Nicht selten ist die Umwandlung der Loeomotionsorgane in Alb- mungswerkzeuge in der Reihenfolge der Gliedmassen eines und desselben Indivi- duums wahrnehmbar. Die kiementragen- den Metameren sind sehr verschieden , so dass man sagen kann, die Gliedmassen jedes Segmentes seien befähigt, Kiemen vorzustellen, oder, aus einem ihrer beiden primitiven Aeste Kiemengebilde ent- wickelnd, als Träger derselben aufzutreten. Wie der Ort, so wechselt auch die Zahl und die specielle Structur dieser Organe.

Wo die FUsse selbst Kiemen vorstellen, erscheinen sie als breite, dünne Lamellen Vergl. Fig. 124 A br), deren bedeutende Oberfläche der Wechselwirkung zwischen dem in ihnen kreisenden Blute und dem umgebenden Wasser gunstig ist. Solche Gebilde zeigen sich verbreitet bei den Branchiopoden, bei denen meist eine gros- sere Anzahl von Pusspaaren als Kiemen erscheint nnd noch besondere beulelför- mige Anhange als vorzugsweise mit jener ' Function betraut unterscheiden liisst. Als

Kicmenblaltcr erscheinen auch die Bnuch- «le" !■*«(■■■*•», a •!■« Beta* f(l»e der Isopoden. Bei den Amphipoden «nuii.u.

sind die Kiemen schlauchförmige Anbange der Thorakatsegmente , die in der Regel an den Bosalgliedcrn der Fusse befestigt sind. Dagegen iritt Iwi den Stoma poden eine aus der Grundform hervorgegangene, andere Bildung auf, indem die fünf Schwimmfusspaare des Abdomens

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256 II. 5. Arthropoden.

an ihrer Basis ein median gerichtetes Büschel verzweigter Kiemenfäden tragen (B br) .

Eine continuirliche Reihe von den einfachsten zu den complicirtesten Verhältnissen fuhrt von den Schizopoden zu den Decapoden. Ersteren fehlen gesonderte Kiemen nicht selten (Mysiden) , oder sie erscheinen als verästelte Anhänge der Gliedmassen des Gephalothorax, frei nach aussen flottirend (Thysanopoden) . Allmählich entwickelt sich eine Duplicatur vom Hautskelete des Gephalothorax her, und bildet eine den seitlichen Raum über den Brustfüssen bedeckende Lamelle (S. 240). In diesen Raum lagern sich die Kiemen ; er wird zur seitlich geschlossenen Kiemenhöhle (Decapoden) , welche durch eine vom freien Rande jener Lamelle und der Basis der Fttsse begrenzte Spalte mit dem umgebenden Medium in Ver- bindung steht. Indem sich die Decklamelle der Kiemenhöhle ventral enger an den Körper anlegt, wird die anfanglich einfache, Einlass gebende Längsspalte in zwei Abschnitte zerlegt, und so bildet sieb eine grössere hintere und eine weiter nach vorne gelegene kleinere Oeffnung , durch welch' letztere das durch die grössere Oeffnung eingetretene Wasser, nachdem es die Kiemen bespült hat , wieder nach aussen gelangt. Die Kiemen können sich theilweise von der Fussbasis entfernen und von der Wand der Kiemenhöhle entspringen , entsprechen aber dann noch häufig in ihrer Zahl den Gliedmassen. Bei den meisten Decapoden ist jedoch die Kiemenzahl beträchtlich vermehrt, indem die vordersten Fusspaare mit mehreren Kiemen versehen sind und überdies noch einige Paare der Kie- ferfüsse an dieser Einrichtung theilnehmen. Eine schärfere Sonderung der respiratorischen Gliedmassen drückt sich bei den Pöcilopoden aus, deren vordere Gliedmassen der Anhangsgebilde entbehren, indess die dem Abdomen angefügten 5 Fusspaare in breite Platten umgewandelt eine be- deutende Anzahl von Kiemenlamellen tragen.

Ein rascherer Wasserwechsel um den Kiemenapparat wird auf man- nichfache Weise bewerkstelligt. Am einfachsten sind diese Verhältnisse da, wo die Gliedmassen selbst als Kiemen fungiren, oder wo die Kiemen, wenn auch als besondere Organe, den Schwimmfüssen angeheftet sind. Die Action der Gliedmassen ruft hier einen beständigen Wasserwechsel um jene Organe hervor, und bringt die Respiration mit der Ortsbewegung in directe Beziehung. Die Gliedmassen der Brancbiopoden und die Schwimmfüsse der Stomapoden können als Beispiele für diese Einrich- tung angeführt werden. Bei anderen besorgt den Wasserwechsel ein besonderer aus den modificirten Afterfüssen gebildeler Deckapparat der Kiemen, wie dies bei den Pöcilopoden und bei den Asseln der Fall isl. Durch die stete Bewegung dieser Deckplatten ist auch im ruhen- den Zustande der Thiere eine beständige Erneuerung des Wassers ermöglicht.

Kiemen. Gliedmassen der Tracheaten.

257

Die Bildung einer Kiemenhöhle bedingt die Sooderung neuer den Wasserwechsel besorgender Vorrichtungen. Bei den mit Kiemenböhlen versehenen Decapoden bestehen jederseits besondere Strudelorgane (Fla- gella) (Fig. Hü.f), welche Über sämmt- licbe Kiemen als platte, dünne Fort- sätze sich hinweg erstrecken und an die Basis eines Kieferfusses geheftet, von diesem in beständiger Bewegung unterhalten Werden. (Bracbyuren.)

Von respiratorischer Bedeutung können auch die Lamellen des Inte- gamenls gelten, welche bei vielen En- tomostraken die Träger der Schalen- bildungen sind. Diese Beziehung zur Athmang wird dadurch verständlich, da ss diese Hantel lam eilen ein nicht unbedeutender Blutstrom durebkreist, und in der Dtlnnwandipkeit des Or- gans für den Gasaustausch günstige Bedingungen gegeben werden, sowie durch die Bewegungen der Glied- mnssen ein energischer Wasserwechsel an der Innenflache des Mantels besorgt wird. Mit einer Ausdehnung der Mantellamellen ( Limnadiaceen ) wird *>« *'•"■ diesen auch ein grosseres Gewicht bei der Vermitlelung der Albniung zu- stradaüppint /■ /•■ ikhtur h Duhn. fallen , welches sich in dem Masse noch Ao*"- * Whr " Et" ••■«•■■■ Kl™. erhöhen muss, als die Gliedmassen an " " * "'"

Zahl reducirt, und nur von geringen Blutmengen durchströmt, au respi- ratorischer Bedeutung verlieren. [Ostracoden, Dapbniden.)

Wahrend in diesen Fallen der Mantel keine besonders hervortretende Organisation als Kiemenorgnn besitzt, erscheint eine solche bei den Cirri- pedien. Bei den Balaniden erheben sich von der Innenfläche der Mantel- hohle, zwischen der Seiten wand und der Basis, gefaltete Lamellen , die als Kiemen gedeutet worden sind.

Gliedmassen der Tracbeaten.

§ 188.

Die Gliedmassen der Trachealen unterscheiden sich von jenen der Krustenthiere durch den Mangel der terminalen Gabelung, so dass sie aus einer einfachen Reihe von Gliedsttlcken sich zusammensetzen. Die letzteren erscheinen bei Peripalus noch wenig gesondert. Nur der klauentragende Endabschniti besitzt eine grossere Selbständigkeit.

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258 H. 5. Arthropoden.

Alle Tracheaten besitzen ein einziges Antennenpaar, worin auch die Pöcilopoden unter den Branchiaten ihnen sich anschliessen. Diese Antennen sind bei den Pöcilopoden wie bei den Arachniden den Mundorganen zugetheilt, bei den Scorpionen als Scheerentaster (Schee- renkiefer), bei den Spinnen als Kieferfühler (Klauenfühler) bezeichnet. Ungeachtet dieser Beziehungen sind diese Gebilde den Antennen der Myriapoden und Inseclen homolog, indem sie wie diese ihre Nerven vom oberen Schlundganglion empfangen. In Anpassung an zahlreiche Lei- stungen im Dienste mit ihnen verbundener Sinnesorgane besitzen sie bei den Insecten höchst mannichfaltige Ausbildung.

Ventrale Gliedmassen erscheinen gleichartig angelegt und bleiben bis auf zwei Paare in diesem Verhalten bei Peripalus, zum grossen Theile auch bei Myriapoden, indess sie bei den übrigen, soweit sie fortbestehen, verschiedenen Leistungen gemäss in ver- schiedene Formzustände treten. Vorderen Metamer en an ge- hörige Gliedmassen gehen in Mundorgane über, hinteren zugetheilte in Füsse, und an den letzten Metameren erleiden häufig die Gliedmassen vollständige Rückbildung und treten oft nicht einmal in der Anlage auf. Im Ganzen ist die Zahl dieser Gliedmassen viel beschränkter als bei den Krustenthieren, und innerhalb der Klassen hält sie sich stets in feststehenden Grenzen, und die Zahl der Mund- gliedmassen , wie die der Füsse ist conslant. Bei Peripatus stellen nur die beiden vordersten Paare Mundorgane vor; das erste davon wird von der lateralen Mundwand umschlossen, indess das zweite nur dem Munde zunächst zu liegen kommt* Den Arachniden kommt nur ein einziges Paar solcher Mundgliedmassen zu. Es stellt bei den Spinnen die, einen mehrgliedrigen Taster tragenden Kinnladen vor, die bei den Scorpionen den Scheerenfüssen , bei den Phryniden den mit einem mächtigen Haken bewaffneten »Tastern« entsprechen. Die Milben besitzen die beiderseitigen Stücke zu einer rinnenförmigen Unterlippe verbunden, in welcher die stiletförmigen Kiefergebikle geborgen sind. Die vier übrigen Gliedmassenpaare persistiren bei allen Arachniden als Füsse, deren erster bei den Phryniden geissei- förmig gestaltet ist.

Unter den Myriapoden erscheinen drei Paare von Mundidied- massen, das erste Paar ist allgemein als kräftiger Kiefer in Ausbil- dung, das zweite und dritte Paar ist bei den Chilognathen in eine Art von Unterlippe verwandelt und wird, einer Angabe zufolge, in der Anlage durch ein einziges Paar vertreten , so dass dann dieser Ordnung nur zwei Paare Mundgliedraassen zukämen. Bei den Chilo- poden dagegen zeigt das zweite und dritte Paar grössere Selbstän- digkeit, und auch das erste Fusspaar gesellt sich noch zu den Mund- organen. Die übrigen Körpergliedmassen verhalten sich ziemlich gleich- massig, bei Chilognathen zu zwei Paaren einem Metamer zugetheilt. Das letzte Paar verliert häufig die locomotorische Function, und stellt

Gliedmassen der TracLealen.

259

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einen Anbang (Schleppfussi vor, den wir inodificirt bei den Insecten wieder antreffen.

Die Scheidung der Gliedmassen in Hundorgane und locomolo- rische Anhänge geht also auch bei den Tracheaten in nicht ganz gleicher Weise vor sich, und es bestehen auch hier Schwankungen, wenn schon geringere als bei den Crustaceen. Die Ausbildung der Mundgliedmassen, d. h. ihre Sonderung von locomotorischen Körper- anhangen wird mit der Entstehung des Kopfes in Zusammenhang gebracht, d. h. letzlere davon abgeleitet werden müssen.

§ 189.

Von den ursprunglich gleichartig angelegten ventralen Glied- massen gehen bei den Insecten drei Paare in Hundorgane über, ebenso viele Paare gestallen sich zu Füssen. Die ersleren, um die Hundoffnung geordnet , werden wohl

anfänglich mehr zum Ergreifen und jl s

Festbalten der Nahrung gedient haben, ähnlich wie wir dies bei den Maxillar- füssen der Krebse heule noch sehen. An ein solches Stadium knüpft sich die nähere Betheiligung an der Be- wältigung der Nahrung. Das erste Paar bildet die Handibeln und geht als ein einfaches Gliedstuck ganz in Mund- theile Über. Das zweite und dritte Paar ist mehrgliedrig. Davon wird aber nur je das Basalglied oder einige der darauf folgenden , als der Hund- offhung am nächsten , zur Zerkleine- rung der Nahrung verwendet , und diese Theile erfahren eine entspre- chende Umbildung. Sie stellen die Mamillen vor, an denen die übrigen Stücke der Gliedmasse wie ein geglie- derter Anhang erscheinen, der meist als Taster (Palpus) fungtrl; so sondern sich aus einer Gliedmasse zwei ver- schieden wirkende Organe.

Bei den Apteren besieht die indifferenteste Form der Mundglied- massen, die bei den Collembola sogar in die Mundhohle eingezogen sind, und auch bei den Thysanuren nur schwach entfallet erscheinen, indem bei den ersteren eine Thatigkeit der Mundlheile mit einem Hervorstrecken und Wiedereinziehen verbunden ist, erscheinen sie in einem Zustande, der den Hund zum Kauen und zum Saugen geeignet

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260 H. 5- Arthropoden.

erkennen lässt, beides freilich in wenig ausgebildeter Weise. Diese Indifferenz der Organisation geht bei den Pterygoten nach zwei Rich- tungen in bestimmter ausgeprägte Einrichtungen über.

Die bedeutendere Ausbildung der Mandibeln lässt dieselben als gegeneinander wirkende Kauorgane erscheinen, und auch die beiden Maxillenpaare werden zu Kauwerkzeugen, die zugleich Taster tragen. Dieser Zustand erhält sich bei Pseudoneuropteren , Neuropteren und Orthopteren, wenn auch bei manchen der erste ren noch Anklänge an die indifferentere Form wahrzunehmen sind, und auch eine Ver- schmelzung des zweiten Maxillenpaares beginnt. Die mediane Ver- bindung dieser Mundgliedmassen lässt die sogenannte Unterlippe her- vorgehen, welcher die bezüglichen Taster als Lippentaster eingelenkt sind, als Zeugen für die ursprünglichere Bedeutung dieser Organe. Mit dieser Umbildung treten uns die Mundorgane der Coleopteren entgegen.

Bedeutendere Modificationen entstehen an diesen Theilen mit der Anpassung ihrer Function an eine andere Art der Nahrungsaufnahme : mittels Saugen. Die Hymenopteren, deren Mundtheile in beiderlei Richtung fungi ren können, zeigen die Organe noch in ziemlich der- selben Form wie andere Insecten mit Kauorganen, aber die Maxillen sind bedeutend verlängert und ebenso die Unterlippe mit ihren Tastern. Auf ihrer gegen die Mundöffnung gerichteten Fläche ist ein Vorsprung, die Zunge , entstanden , der an seiner Basis noch zwei seitliche An- hänge, Nebenzungen, zeigt. Bei Manchen kommt den letzteren eine der Zunge ähnliche Ausdehnung zu.

Auch die Mundtheile der ausschliesslich saugenden Insecten sind von Kauwerkzeugen ableitbar. Hemiptera und Diptera besitzen die Mandibeln und Maxillen in Borsten umgestaltet, von denen die Maxillen- borsten bei vielen Dipteren rudimentär sind. Die Unterlippe bildet für diese Borsten eine bei Hemipteren feste und gegliederte, bei Dipteren meist weiche Scheide, welche noch die Lippentaster oder deren Rudi- mente tragt. An der kurzen Oberlippe sitzt ein den Hemipteren feh- lendes Zungenrudiment. Die Mundorgane der Schmetterlinge sind in einer andern Richtung differenzirt. Hier bilden die rinnen förmig gestalteten, zu einer Röhre verbundenen Maxillen einen meist beträcht- lich langen , spiralig einrollbaren Rüssel , an dessen Basis kleine Kiefcrlaster sich vorfinden , die von den meist grossen Tastern der rudimentären Unterlippe bedeckt sind.

Während die Mundglied massen den zum Kopfe verschmelzenden Metameren zugetheilt sind, erscheinen die folgenden Gliedmassen als Fttsse, als locomotorische Anhangsgebilde der drei nächsten oder thorakalen Metameren. Die an ihnen auftretende Gliederung ergibt sich bei ihrer Uebereinstimmung als eine geraeinsam ererbte und nur an den der Anpassung zugänglicheren Endabschnitten sind bedeuten- dere Differenzen wahrnehmbar. Andere Eigentümlichkeiten stellen

Gliedmaßen der T rächen ten.

261 an modlficirte Ver-

sieh als Ausdruck mann ich faltiger Anpassung« richtungen dar.

Obwohl drei Pusspaare «instant sind, so ist doch bei vielen In- secten eioe grossere Zahl in der Anlage erkennbar, woraus auf ein* Abstammung von mehrfüssigen Formen geschlossen werden kann. Bei den Thysanuren erhallen sich Gliedmassen rudimenle {Fig. <S7. p) auch un den abdominalen Melameren (Campodea). Von solchen rudimentären Gliedmassen leiten sich wohl auch die bei manchen Insectenlarven (Schmetterlinge und Blattwespen} vorkommenden locomotorischcn Fort- sätze ab. Auch die paarige« Anhange der letzten Melameren, der Thysanuren, Pseudoneuropteren etc. fuhren auf Gliedmassen zurück.

b 190.

Ausser den Antennen treten dorsale Glied- massen unter den Trachoalen nur bei den Insecten auf. Gänzlich fehlen sie den Thysanuren und Col- lembolen. Da sie nur den hinter dem Kopfe befind- lichen Melameren zukommen, empfangen sie wie samml liehe ventrale Gliedmassen ihre Ner- ven vom Baiichstrange. Beziehungen zu Kiemen der Crustaceen sind nicht nachzuweisen , ebenso wie Ableitungen von den dorsalen Parapodien der Anneliden unsicher sind, so dass eine selbständige Behandlung dieser Organe gerechtfertigt ist.

Sie dorsalen Gliedmassen erscheinen als blatt- oder fadenförmige, zuweilen in Büscheln gruppirte Fortsätze der Melameren bei den im Wasser lebenden Larven der Epbemeriden, Perliden, Phryganiden u. a. Diese Anhangsgebilde besitzen respiratorische Function, und werden wegen der in sie eintretenden Tracheen, als Tracheen-Kiemen bezeich- net. Sie besetzen den Körper meist in grosserer Ausdehnung, nicht blas dorsal , sondern auch ventral , und bilden damit einen indiffe- renten Zustand von Fortsalzhildungen, von denen die an bestimmten Stellen vorkommenden dorsalen eine typische Bedeutung gewinnen. Die blatlartig verbreiteten Formen werden in einer für den Wasser- wechsel wichtigen Bewegung getroffen , ahnlich . den respiratorischen Gliedmassen der Phyllopoden , ohne dass sie jedoch locomolorische Beziehungen erkennen Hessen.

Mit den blattförmigen Tracheenkiemen homolog müssen die Flügel gelten, die sowohl in der Anlage, wie in der Verbindung mit dem Korper und in ihrem Bau viele Uebereinstimmung teigen. In ihrer Beschrankung auf das Sie und 3te Thorakalsegtnent würden sie ßeduetionen der

7. Vordere Kl rp«-

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262 II. 5. Arthropoden.

Zahl der Tracheenkiemen vorstellen. Die Notwendigkeit der Voraus- setzung, dass der Flügel nicht als solcher entstand, sondern aus einem in anderer Function stehenden Organe sich hervorbildete, gibt bei der Vergleichung mit den Kieraentracheen eine wichtige Instanz ab; ich sage : die Notwendigkeit dieser Voraussetzung , denn es ist undenk- bar, dass der Flügel sofort, auch auf den niederen Stufen seiner Aus- bildung als solcher fungirte, und durch diese Function seine Ent- faltung genommen haben konnte.

Wenn aber nicht in der locomotorischen Bedeutung das Causal- moment für die Ausbildung dieser dorsalen Anhänge zu Flügeln gefunden werden kann , so wird es in einer andern Function ^gesucht wrerden müssen. Da tritt uns denn die Respiration entgegen, für die zugleich die Vergrößerung der Oberfläche eine wichtige Einrichtung abgibt. Jede Zunahme der Oberfläche steigert den respiratorischen Werth des Organs, und führt es damit auch der späteren Function entgegen. Dass die Flügel ontogenetisch später sich anlegen und ausbilden als die Tra- cheenkiemen der übrigen Metameren, gibt keinen Gegengrund gegen jene Auffassung ab, denn für jene umgewandelten Tracheenkiemen ist erst dann die Function möglich, wenn die nicht umgewandelten, respiratorischen, ihre Function verloren haben.

In manchen Fällen gibt sich die Glied massennatur der Flügel in einer Gliederung kund, die jedoch nur als secundäre Anpassung gelten kann. Sie findet sich an dem einschlagbaren 2ten Flügelpaare der Coleopteren und der Forficuliden, in beiden Fällen mit der Umwand- lung des ersten Paares in Flügeldecken zusammenfallend.

Beide Flügelpaare besitzen die gleichartigsten Verhältnisse bei den Pseudoneuropteren. In den übrigen vierflügligen Ordnungen sind sie grösseren Differenzirungen unterworfen. Ausser Grössen Verschieden- heiten, die schon bei Hymenopteren und Lepidopteren meist in einem Ueberwiegen des ersten Paares sich zeigen, ergeben sich noch Modifi- cationen im Bau , wodurch ein geänderter functioneller Werth sich ausspricht. Bei den Orthopteren erscheint das erste Flügelpaar häufig nur als Deckorgan des zweiten, deutlicher bei den Käfern, deren zweites Paar häufig rudimentär wird. Die Flügeldecken sind dann zu Schutzorganen des unter ihnen geborgenen Abdomens geworden. Die Hemipteren bieten eine ähnliche Differenzirung. Nur das vordere Flügelpaar besitzen die Dipteren, bei denen ein hinteres Paar noch spurweise in den sogenannten Schwingkölbchen (Halteren) erhalten bleibt. Dagegen besteht bei den Strepsipteren nur das hintere, am dritten Thorakalsegmente befestigte Paar.

Integument

Das Integument der Arthropoden erscheint selbständiger und un- abhängiger von der Muskulatur. Es lässt stets zwei Lagen unterscheiden.

Intcgument. 2*3^3

Die von einer zuweilen sehr modificirten Zellschichte abgeschiedene Cuticula überzieht, im Anschlüsse an die bei vielen Würmern be- stehenden Befunde, die gesammte Oberfläche des Körpers, und setzt sich an den Oeffnungen innerer Organe zur Auskleidung letzterer fort. Durch ihre Mächtigkeit bildet sie den bedeutendsten Theil des Integu- mentes, an Dicke und Festigkeit ausserordentlich wechselnd. Weich und biegsam ist sie zwischen den Körpersegmenten, wo dieselben be- weglich mit einander verbunden sind, fester dagegen zumeist an den Metameren selbst, sowie an den Gliedmassen ; im Allgemeinen bewegt sich ihre physikalische Beschaffenheit innerhalb einer grossen Breite, und von der weichen Körperhülle der Spinnen und der meisten In- sectenlarven, finden sich alle Uebergänge zu dem starren Panzer, der den Körper der meisten Krustenthiere, der Tausendfüsse, der Scorpione und unter den Insecten vorzüglich jenen der Käfer bedeckt. Der verschiedene Grad der Festigkeit hängt nicht blos von der Dicke der Cuticula , sondern von der Ghitinisirung der Schichten derselben ab. Im neugebildeten Zustande erscheinen auch dicke Lagen noch weich, um erst mit dem Platzgreifen jener chemischen Umänderung an Resi- stenz zu gewinnen. Zur Erhöhung der Festigkeit dieses Chitinpanzers trägt bei vielen Krustenthieren, wie auch bei Myriapoden, die Ablage- rung von Kalksalzen bei. Das Starrwerden der Cuticula setzt der Ausdehnung des Körpervolums beim Wachsthum eine Grenze, und daraus entspringt in jenen Fällen für die Zeit der Fortdauer des Wachs- thums ein in Intervallen wiederkehrendes Abwerfen der Cuticula die Häutung.

Gemäss ihrer Entstehung zeigt die Cuticularschichte deutliche Lamellen. In der Regel wird sie von Porencanälen durchsetzt, in welche Fortsätze der Matrix sich einsenken. Die relativ dünne Matrix der Cuticularschichte ist homolog der Epidermis anderer Thiere. Ob- gleich sie in manchen Fällen (Crustaceen) Pigmente einschliesst, ist sie in der Regel farblos, denn die Färbung der Gliederthiere rührt meist von Pigmentablagerungen in der äusseren Chitinhülle her. Unter dieser auch als Hypoderm unterschiedenen Epithelschichte kommt noch eine Bindegewebsschichte vor, welche jedoch im Vergleiche zur Cuticular- schichte wie zur Matrix meist wenig entwickelt ist.

Durch erhöhte Festigkeit der abgesonderten Chitinschichten treten diese in eine neue Function, bilden ein Hautskelet, welches nicht blos ein Schutzorgan ftlr die in den Leibesraum gebetteten Organe vor- stellt, sondern auch zum Stützapparat wird, und der Leibes- muskulatur Ursprungs- und Insertionsstellen darbietet. Dieses Verhält- niss erstreckt sich vom Körper auf dessen Gliedmassen, deren Integu- ment ebenfalls als Skelet für sie fungirt.

264 II. 5. Arthropoden.

Die Entstehung grösserer ungleichartiger- Abschnitte wirkt in mancher Beziehung umgestaltend auf das Hautskelet, indem sie Differenzirungen hervorruft. Solche sind durch Vorsprünge und Fortsatzbildungen des Hautskelets nach innen zu gegeben , welche sich besonders an den die Mundwerkzeuge oder Locomotionsorgane tragenden Abschnitten treffen. Sehr entfaltet sind diese Fortsatze an der Kopfbrust der höheren Krustenthiere. Auch fehlen sie nicht bei den übrigen Klassen. Sie finden sich besonders im Kopfe und Thorax bei Insecten (Käfer, Hymenopteren, Orthopteren), wo ihr Complex als »Endothorax* bezeichnet ward. Häufig bilden sie einen Stützapparat für das Ner- vensystem. Ihre Bedeutung läuft auf eine Vergrösserung der Muskel- ursprünge tragenden Binnenfläche des Hautskelets hinaus und steht mit der Differenzirung der Muskulatur in individualisirtere Gebilde in engem Zusammenhange.

Als Skeletbildungen sind ferner die Schalen von Bedeutung, welche aus der Chitinbedeckung der Mantelduplicaturen mancher Brachiopoden sowie der Ostracoden hervorgehen, ebenso gehören hieher die Gehäuse der Girripedien. Bei aller Verschiedenheit ihrer Form und Grösse bilden sie constante Einrichtungen. Zwei Paar Leisten oder Platten um schli essen den Eingang in die Mantelhöhle, und bilden einen beweglichen Deckel- apparat. Bei den Balaniden entwickeln sich die bei den Lepadiden nur rudimentären Schalenstücke zu einem zusammenhängenden starren Gehäuse (Fig. 119. ff), an welchem nur der den Eingang zur Mantel- höhle verschliessende Deckelapparat [e] beweglich bleibt.

§ ^93.

Verlängerungen oder Forlsätze des Integumentes erscheinen man- nichfach als Stacheln, Borsten oder haarähnliche Bildungen, die bei Krustenthieren , Arachniden und Insecten in unendlichen Modifika- tionen vorkommen. Sie sind bald innig und unbeweglich mit dem Chitinpanzer verbunden, dessen Auswüchse sie darstellen, wie die Borsten an gewissen Körpertheilen der Kruslenthiere, die Haare der Spinnen, Baupen u. s. w. ; bald sitzen sie im ausgebildeten Zustande nur lose dem Körper an, wie die Schuppen der Schmetterlinge, die in ähnlicher Form auch in andern Abtheilungen, z. B. bei den Thysa- nuren vorkommen. In allen Fällen steht die Chitinbekleidung des Fort- satzes mit dem übrigen Integumente in continuirlichem Zusammenhang. An den beweglichen Anhangsgebilden dieser Art findet sich an der Ver- bindungsstelle ein weicherer Abschnitt der Chitinlage, während die Cuticula gleichartig auf die starren Fortsätze sich erstreckt. Auch zu Stimmorganen werden bei manchen Insecten (Heuschrecken, Cicaden) Integumentgebilde wie Zähnchen und Leisten verwendet.

Dem Integumente gehören Drüsenorgane an, welche aus Modi- fikationen der Epidermisschichle sich ableiten. In geringerer Ver-

Muskelsystem. 265

breilung treffen sie sich bei den Krustenthieren, häufiger bei Insecten. Der secernirende Theil der Drüse besteht entweder nur aus einer ein* zigen Zelle, oder aus einer geringen Anzahl von solchen, und der Aus- fuhrgang wird grossentheils von Porencanälen der Cuticularschichte dargestellt- (Vergl. Fig. 7. S. 24.)

Eine ansehnliche Entwicklung bieten die Hautdrüsen bei wachs- bereitenden Insecten an gewissen Körperstellen. Bei den Aphiden, mehr noch bei einzelnen Hymenopteren, sind Gruppen von Hautdrüsen in wachsabsondernde Apparate umgewandelt. Fernere Differenzirungen von Hautdrüsen stellen die Spinndrüsen der Araneen vor. Im Abdomen lagernde, auf mehreren Paaren unterhalb der Afteröffnung angebrachter Warzen (Spinnwarzen) ausmündende Drüsen Hefern ein Secret, welches an der Luft zu einem Ghitinfaden erstarrend, die »Gewebe« dieser Thiere bildet. Ein nur functionell hierher gehöriger Apparat findet sich bei Peripatus. Zwei Gruppen verzweigter Röhren gehen je in einen zuweilen erweiterten Ausführgang über, der an der Basis einer Mundgliedmasse sich öffnet. Das Secret ist ein rasch fest werdender Klebstoff. Morphologisch scheinen diese Organe zu jenen zu fuhren, die bei den Larven vieler Insecten bestehen und damit sich als gemeinsam ererbt geltend machen. In den Larven von Schmetterlingen, manchen Käfern und Hymenopteren liegt neben dem Darme ein Paar langer, meist gewundener Drüsenschlttuche , deren dünne Ausfuhrgange an der Unterlippe vereint sich öffnen. Ihr Secret liefert den Seidenfaden der Gespinnste dieser Larven. Vor dem Ein* tritte des ruhenden Puppenzustandes bieten die »Spinngefilsse« (Serie- tarien) den höchsten Grad ihrer Ausbildung dar; nach der Fertigung des Gespinnstes erliegen sie einer Bückbildung.

Andere Drüsen erscheinen endlich durch ihr Secret als Gift- drüsen, z. B. bei Spinnen am Klauenfühler mündend, bei Scorpionen am Schwanzstachel. Sie vermehren den Beichthura der aus dem Drüsenapparat des Integumentes gestalteten Differenzirungen.

Muskelsystom.

§ «94.

Die Muskulatur bietet bei den Arthropoden nicht mehr jenes gleichartige Verhalten einzelner Bings- oder Lttngsfaserschichten wie am Hautmuskelschlauche der Würmer. Vielmehr ist eine Sonderung eingetreten, und wir treffen discrete Bündel aus einer verschieden grossen Summe quergestreifter Muskelfasern. Davon macht nur Peri- patus eine Ausnahme, dessen Muskulatur auch durch den Mangel von Querstreifung der Elemente vielmehr an jene von Würmern sich an- schliesst. Sonst ist allgemein der Hautmuskelsohlauch zu einem Com« plexe einzelner Muskeln umgebildet, die zusammen ein Muskel-

266 M- 8* Arthropoden.

System vorstellen. Da das Skelet der Arthropoden ein äusseres ist, nehmen die Muskeln Ursprungs- und Ansatzstellen im Innern der Hohlcylinder oder Cylinderabschnitte , als welche sich sowohl die Körper- wie die Gliedmassensegmente darstellen. Diese Bildung eines Haulskeletes ist zugleich als ein auf die Muskulatur differenzirend wirkender Factor zu betrachten, insofern erst mit der Gewinnung fester Ursprungs und Insertionsstellen die Entstehung einzelner Mus- keln möglich wird. In der Zahl der einzelnen Muskeln wie in ihrer mannichfachen Anordnung bietet das Muskelsystem eine hohe Ent- wickelungsstufe , die immer der verschiedenartigen Bedeutung der Metameren und der verschieden gradigen Ausbildung derselben ent- spricht. Sie differirt in gleicher Weise von der Muskulatur der Ringel- würmer, wie diese durch die mehr homonome Metamerie von der heteronomen der Arthropoden sich unterscheiden.

Bei einer Gleichartigkeit der Metameren ist auch die Muskulatur derselben gleichartig, sowie durch die ungleichartige Entwickelung ein- zelner Metameren, sei es durch die Verschmelzung einiger oder meh- rerer derselben zu einem grösseren Körperabschnitte oder sei es durch Rückbildung, eine entsprechend ungleichartige Anordnung der betreffen- den Muskeln in den bezüglichen Abschnitten zu Stande kommt. Einen bedeutenden Einfluss auf die Entfaltung der Muskulatur besitzt die Ausbildung der Gliedmassen, und bei der Vergrösserung der glied- massentragenden Metameren im Gegensatze zu den übrigen hat die Muskulatur einen betrachtlichen Antheil.

Das Zahlenverhältniss der Muskeln sowie ihre Anordnung erleidet bei den einer Metamorphose unterworfenen Arthropoden oft beträcht- liche Veränderungen. Dies gilt sowohl für die progressive als für die regressive Form. Bei der ersteren ist die Veränderung eine Difleren- zirung in ungleichwerthige Gruppen; bei der letzteren eine Rückbil- dung grösserer Partieen, wie solches bei den parasitischen Crustaceen, auch bei festsitzenden Formen derselben, sich trifft.

Nervensystem.

§ 195.

Das Nervensystem der Arthropoden schliesst sich an jenes der Anneliden an , mit dem es in seinen Grundzügen vollständig im Ein- klang sich findet. Eine über dem Schlünde lagernde Ganglienmasse erscheint als Kopfganglion oder Gehirn, von welchem zwei Commissuren den Schlund umgreifen, mit einem ventralen Ganglion sich zum Nervenschlundring verbindend. Von diesen untern Gan- glien aus erstreckt sich eine durch Längscommissuren verbundene Reihe von Ganglien längs der ventralen Innenfläche des Leibes, die Bauch- ganglienkette. Das Uebergewicht des Kopfganglions über die ven-

Nervensystem. 267

traten Ganglien, schon bei Ringelwürmern Vielfach wahrnehmbar, wird bei den Arthropoden im Allgemeinen noch ausgeprägter, und dieser zum Theile durch die Beziehungen zu höher entfalteten Sinneswerk- zeugen bedingte Umstand lässt es begreifen, wenn man in der dorsalen Schlundganglienmasse etwas dem Gehirne der Wirbelthiere Aehnliches hat erkennen wollen. Von einer solchen Anschauung geleitet, ver- glich man auch die Bauchganglien, als Bauchmark, mit dem Rücken- marke der Vertebraten, und hat diese Bestrebungen noch weiter aus- zuführen gesucht. Diese Versuche ignoriren die gänzliche Verschieden- heit des bei Arthropoden und Wirbelthieren sich ausprägenden Typus.

Die Massenentfaltung des Gehirns steht, wie oben angedeutet, in directem Zusammenhang mit der Entwickelung der höheren Sinnes- organe, besonders der Sehwerkzeuge, und zeigt ihre Modificationen zum grossen Theile von diesen abhängig. Auch die Bauchganglienkette er- leidet wesentliche Modificationen, bei denen sich aber überall eine ge- setzmassige Abhängigkeit von dem Zustande der Metameren des Kör- pers nicht verkennen lässt. Das Vorhandensein gleichartiger Metameren bedingt die Gleichartigkeit der Ganglien des Bauchstranges und eine gleich massige Folge derselben. Bei vorwiegender Ausbildung einzelner Metameren trifft sich auch eine bedeutendere Entfaltung der bezüg- lichen[Ganglien, sowie bei Goncrescenz von Metameren eine Annäherung einzelner Ganglien-Gruppen bemerkbar ist, die nicht selten zur völligen Verschmelzung in mehrere grössere Ganglien oder zur Bildung einer einzigen grossen Bauchmarkmasse führt.

Die kGanglien der Bauchganglienkette sind ursprünglich paarig, durch je eine Quercommissur verbunden, wie bei den Ringelwürmern. Durch Verkürzung dieser Quercommissuren tritt eine Annäherung und endlich eine jedoch mehr äusserliche Verschmelzung ein.

Das peripherische Nervensystem entspringt aus den durch Ganglienzellen ausgezeichneten Anschwellungen des centralen, nämlich des Gehirns und der Bauchkette. Die Nerven treten entweder un- mittelbar aus dem ganglionären Abschnitte heraus, oder sie verlaufen noch eine Strecke weit mit den Längscommissuren, um erst von diesen abzugehen.

Die höheren Sinnesnerven entspringen in der Regel von dem Ge- hirnganglion. Das gilt vorzüglich für die Nerven der Augen und der Antennen.

Neben den für die Muskulatur und das Integument bestimmten Nerven gibt es noch solche für die Eingeweide, von denen die Darm- nerven am genauesten bekannt sind. Sie schliessen sich zum Tbeil an die bei den Anneliden bestehenden Einrichtungen an. Da ihrem Verlaufe eigene Ganglien eingebettet sind, stellen sie ein in gewissem Grade selbständiges Nervensystem vor, das man als »Mundmagennerven- system« bezeichnet. Ein besonderes, vorzugsweise bei den Insecten bestehendes Eingeweidenervensystem nimmt seine Wurzeln von den

Ganglien des Bauch mttrks, und isl als sympathisches Nervensystem bezeichnet worden.

§ 196.

Für die im vorigen Paragraph aufgeführten Erscheinungen bietet das Nervensystem der Crustaceen zahlreiche Beispiele. Die Aus- bildung des Gehirnes in Abhängigkeit von der Entfaltung der Seh- werkzeuge zeigt sich sowohl bei den Thoracostraken , wie unter den Arthrostraken, bei dea grossaugig.cn Hyperiden Phronima . . deren Seh- nerven aus besonderen , übrigens auch bei denAssein unterscheid baren Lappen hervorgehen. Eine Sonde- rung der Gehirnmasse in einzelne Gangliengruppen tritt im Allgemeinen als Ausdruck höherer Differenzirung auf. Diesem Verhallen stellen sich die Ruckbildungen gegenüber, welche das Gehirn bei einer ReducCion oder gänzlichem Verluste der Sehorgane erleidet , womit meist auch ein Schwin- den der Antennen verbunden ist. Sowohl bei den parasitischen Cope- poden wie bei den Cirripedien Fig. 129. B. os) linden sich solche Zu- stande, denen zufolge das Gehirn in einzelnen Füllen nur durch eine Com- ruissur reprasentirl erscheint.

Was die Bauehganglien betrifft, so ist das vorderste derselben durch eine sehr verschieden lange (Kommissur mit dem Gehirne in Zusammenhang. Die Lange dieses Stranges erscheint von der Lagerung des Mundes in Be- zug auf die Gehirnganglieu (resp. zu den Augen und Antennen) abhangig. Sehr bedeutend ist die Länge bei den Malacoslraken Fig. 1 28. c, Fig. 1 29. A] , auch bei manchen Anderen (Cirripc- dien, Fig.129.Ä.c;, wahrend wieder bei Anderen eine so bedeutende Ver- kürzung besteht, dass Gehirn- und Bauch ganglien eine einzige, vom Oesophagus durchsetzte Nerv. bilden (Corycaeiden) .

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Nervensystem.

269

Die Vertheilung der Ganglien der Bauchkeite nach den einzelnen Melameren erscheint am gleich massigsten bei den Phyllopoden, die darin am wenigsten von primitiven Verhältnissen sich entfernt haben. Der Bauchstrang wird hier aus einer grossen Anzahl von Ganglienpaaren (ca. 60 bei Apus) zusammengesetzt, die unter allmählicher Abnahme der Quer- wie der Langscommissuren sich folgen, indess bei den Daph- niden entsprechend der geringeren Metamerenaaul auch nur wenige, aber sonst sich ähnlich verhaltende Ganglien vorkommen.

Unter den Thoracosiraken erscheinen die Ganglien des Bauch- stranges zum grossen Theile gleichfalls noch discret, allein der Con- crescenz vorderer Melameren zu einem mehr oder minder aus- gedehnten Cephalolhorax ent- spricht eine Verschmelzung der vorderen Ganglienmassen, die in sehr verschiedenem Maasse ausgeführt erscheint. So bilden die bei den Slomapoden (Fig. 128) die vorderen Hundftlsse wiedieRaubftlsse {/>) versorgen- den Ganglien einen grosseren Complex (<?') , an den eine selbständiger sich verhallende, bis zum Schwanzsegment zie- hende Ganglienreihe (o", g'", yT) sich anschliesst. Unter den lang schwänz igen Decapo- den scheinen in den 6 auf den Cephalothorax treffenden Gan- glienpaaren gleichfalls Coocres- cenzen vorzuliegen , wahrend die 6 kleineren Ganglien des Abdomens noch vollständig den Melameren entsprechen. Wei- tere Verschmelzungen kommen bei einzelnen Hacruren an den Brnstganglien zum Vorschein (Palinurus) , und bei Pagurus sind in Anpassung an die Ver- kümmerung des Abdomens, die Ganglien dieses Abschnittes nur durch ein einziges vorgestellt. Daran reihen sich die Brachyuren, bei denen die gesammte Bauchganglien- kette sogar zu einem einzigen Ganglion verschmolzen erscheint (Fig. iW.A.g. ,'.)■

Solche Reduclionen finden sich auch in anderen Abtbeilungen der

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270 H- Arthropoden.

Krustentbiere und sind wieder grossentheils als Anpassungen an Ver- änderungen der Leibesform nachweisbar. Wir treffen jene Coneen- tration unter den Copepoden, bei denen die Galaniden eine aus Gan- glien gebildete Bauchkette besitzen, die bei den Corycael'den zu einer sogar dem Gehirne angeschlossenen Masse zusammengezogen ist. Ebenso besteht unter den Girripedien bei den Lepadiden eine Reihe von 4 5 Ganglien im Bauchstrang, den bei den Balaniden eine einzige Ganglien- masse repräsentirt (Fig. 429. B. gi). Unter den Arthrostraken zeigen sich ähnliche Erscheinungen, doch ist das Bestehen einer grösseren Ganglienzahl (10 12 bei Amphipoden, 7 43 bei Isopoden) die Regel.

§ 197.

Bei den Protracheaten ist ein sehr niederer Zustand des Ner- vensystems erhalten. Ein sehr entwickeltes eng verbundenes Paar Gehirnganglien schickt um den Mund herum seitliche Nervenstränge nach unten. Unterhalb des Schlundes sind sie einander genähert, treten dann zuerst etwas divergirend an der Ventralfläche zum Hinter- leibsende. Eine Vereinigung dieser Nervenstränge findet am Ende statt. In der ganzen Länge sind sie bei Peripatus Edwardsii) durch feine Quercommissuren , von denen die vordersten die deutlichsten sind, unter einander im Zusammenhang. Anschwellungen der Bauchstränge fehlen, und werden durch eine mehr gleichmässige Einlagerung von Ganglienzellen ersetzt. Damit entspricht dieses Verhalten einem indifferenteren Zustande der Bauchganglienkette, die aus einer Son- derung in den Längsstämmen vertheilter Ganglienzellen auf einzelne den Metameren entsprechende Parthieen hervorging.

Da bei den Branchiaten die Differenzirung der Bauchganglien eine durchgreifende Erscheinung ist, tritt der Befund bei Peripatus noch tiefer herab, und trägt dazu bei, die Unabhängigkeit der Tra- cheaten von jenen zu begründen.

§ 198.

Das Nervensystem der Myriapoden zeigt einen bedeutenden Fort- schritt in der Bildung eines Bauchstranges, der fast vollkommen gleich- artig die Länge des Körpers durchzieht, und seine Ganglien genau den Metameren entsprechend vertheilt zeigt. Das erste, die Mundglied- massen versorgende Ganglion zeigt zuweilen deutlich seine Zusammen- setzung aus einer Gangliensummc. Die folgenden sind je nach dem Ausbildungsgrade der Gliedmassen mehr oder minder voluminös, in regelmässigen Abständen aufgereiht, und bei den Diplopoden zu je zweien sich folgend. Unter Verkürzung der Längscommissuren stellen sie dicht gereihte Anschwellungen dar iJuliden). Eine solche zur Con- crescenz leitende Näherung findet sich allgemeiner an den letzten Ganglien auch bei sonst deutlicher Trennung. Die Zahl dieser Ganglien entspricht der Metamerenzahl , und kann so bis zu 440 (Geophilus;

Nervensystem.

271

steigen. In diesen Einrichtungen spricht sich ein der Grundform der höheren Trachea ten am nächsten stehender Zustand aus.

Unter den Arachniden sind Reductionen und Verschmelzungen der Bauchganglien eine verbreitete Erscheinung. Für alle ist die enge Verbindung der Gehirnganglien mit dem Bauchmarke durch ausnehmend kurze Com- missuren charakteristisch.

Am reichsten ist die Gliederung des Nervensystems der Scorpione. Das wenig entwickelte Kopfgauglion sendet zwei kurze Commissuren zur Bauchkelte, die aus 8 Ganglien besteht. Das erste davon ist durch seine Grösse ausgezeichnet und erscheint dem einzigen grossen Ganglion im Cephalo- ihorax der Spinnen homolog. Es gibt, wie dort, den Fussnerven Ursprung und inuss somit ebenfalls aus mehreren hervor- gegangen sein. Die drei nachfolgenden Ganglien sind noch im Gephalolhorax gela- gert, und die vier letzten, weit auseinander gerückten, treffen für die Metameren des Schwanzes.

Bei den Galeoden und Phryniden wie bei den Araneen ist die Ganglicnkette durch ein grosses Bauchganglion vertreten, welches (Fig. 130. (') besonders bei den Spinnen von strahliger Gestalt die Nerven der ven- tralen Gliedmassen und ausserdem noch zwei ins Abdomen verlaufende, bei den Galeoden nach den Hetameren des Abdo- mens verzweigte Nervenstarome entsendet.

Bei allen diesen Abtheilungen gibt das meist deutlich paarige, und bei den Galeoden [Fig. 130. s) besonders ansehnliche Gehirnganglion die Nerven für die Augen ab. und dicht neben den Sehnerven ent- springen bei den Spinnen die Nerven der Klauenfuhler, deren Bedeu- tung als melamorphosirte Antennen damit hervortritt.

Eine vollkommene Coucentration aller Central t heile des Nerven- systems zeichnet die Acartnen aus, bei denen die meist nur wenig entwickelten Gehirnganglien sogar nur durch eine Cointuissur vertreten sein können. Das ansehnliche, einen einzigen Knoten bildende Bauch- mark zeigt noch manchmal Spuren einer Gliederung in der Vertheilung der Ganglienzellen und faserigen Elemente und schickt ringsum Nerven ab.

Auf Verminderung der Ganglienzahl in Folge einer Reduction der Kürpersegmente beruht das einfache Verhallen des Nervensysteme» der

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Pycnogoniden, deren Gehirn durch kurze Cotnmissuren mit dem aus vier Ganglienpaaren gebildeten Bauchmarke verbunden ist.

§ 499. Bei den insecten erscheint eine, der ursprünglichen gleichartigen Gliederung des Körpers entsprechende Form im Anfange der Ontogenie, und alle späteren Bildungen des Nervensystems sind aus dieser ent- standen. Der Bauchslrang durchzieht mit gleichmässig von einander entfernten Ganglien in der Regel die ganze Länge des Thieres, so dass sein letztes Ganglion im letzten Körpersegmente liegt. Dies Verhalten entspricht der in diesen Stadien vorhandenen Gleich- wertigkeit der Metameren und deutet auf eine Vererbung aus einem niederen Zustande, wie er bei Hyriapoden bleibend getroffen wird. Erst bei dem Uebergange des Insects aus dem Larven-

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zustande in den vollkommenen treten Aenderungen auf. Die Aus- hildung einzelner Metameren, die innige Vereinigung anderer zu grösseren KiSrperabschnitlen, die bedeutendere Entfaltung der nur an wenigen Metameren fortbestehenden Gliedmassen und die damit in Zusammenhang stehende mächtigere Muskulatur an jenen, sowie zahl- reiche untergeordnetere Einrichtungen, müssen mit den Umwandlungen des Nervensystems in Wechselwirkung gedacht werden. Der Verminde- rung der Ganglienzahl durch Verkürzung der Lüngscommissuren und die damit auftretende Verschmelzung einzelner Ganglien ruft eine Ver- kürzung des gesammten Bauchstrangs hervor. Bei der Selbständigkeit,

Nervensystem. 273

welche der Kopf des Insects den übrigen Segmenten gegenüber behalt, bleibt auch das erste in den Kopf gebettete, ursprünglich aus dreien bestehende Ganglion [unteres Schlundganglion (Ganglion infraoesopba- geum}] des Bauchmarks ausser Betheiligung bei den die übrigen Ganglien betreffenden Concrescenzen, und nur in selteneren Fallen bei durch Parasitismus verkümmerten Insecten findet eine Vereinigung auch dieses Ganglions mit dem übrigen Bauchmarke statt.

Das Gehirnganglion (Fig. 434 ABCgs) zeigt fast immer deutliche Scheidung in zwei Hälften, deren jede wieder aus einzelnen kleineren, oft complicirt gebauten Ganglienmassen sich zusammensetzt. Die ursprünglich paarigen Ganglien des Bauchmarks gehen meist innige Verbindungen ein. Dagegen erhalten sich die Langscommissuren, auch bei dichter Aneinanderlagerung, doppelt. Eine Scheidung des Bauch- stranges in einen oberen und unteren Abschnitt entspricht einer func- tion eilen Differenzirung.

Das erste Ganglion des Bauchmarks (G. infraoesophageum) ent- sendet Fäden für die Mundorgane. Die darauf folgenden drei Thorakal- Ganglien geben vorzugsweise die Nerven für die Gliedmassen Füsse und Flügel ab, und ergeben sich demgemass von bedeutenderer Grösse. Dagegen sind die übrigen Ganglien in der Regel unansehnlich, und nur das letzte erscheint entsprechend seiner Beziehung zu dem Geschlechtsapparate ansehnlicheren Umfanges.

Schon bei den Apteren bieten sich ziemliche Verschiedenheiten dar, denn die Thysanuren lassen 4 4 Bauchganglien (Lepisma) erken- nen, indess bei den Collembolen nur 3 4 solcher vorhanden sind. Die letzte Strecke des Bauchstranges scheint bei manchen (Orchesella, Achorutes) einen Gomplex von Ganglien vorzustellen.

Bezüglich der Pterygoten ist für die einzelnen Ordnungen hervor- zuheben, dass die Pseudoneuroptera die geringsten Veränderungen darbieten. Ihr Bauchmark durchzieht die Lange des Körpers, und ausser den drei Thorakalganglien sind noch 5 9 Abdominalganglien vorhanden. (Vergl. Fig. 434. A.) Daran schliessen sich die Orthopteren mit 5—7 Abdominalganglien.

Grosse Verschiedenheit bieten die Goleopteren dar. Bei den einen erstreckt sich das Bauchmark bis zum Ende des Abdomens, zuweilen mit 8 einzelnen Ganglien (z. B. bei Gerambyciden, Carabiden u. a.), bei anderen dagegen sind nicht blos die 3 Ganglien des Brust- abschnittes durch zwei dargestellt, indem das zweite und dritte ver- schmolzen, sondern es sind auch die abdominalen Ganglien zu einer Masse verbunden, die dem vorhergehenden Ganglion unmittelbar folgt (Gurculioniden und Lamellicornier) . Zwischen diesen die Extreme repräsentirenden Zustanden finden sich bei anderen Familien vielerlei Verbindungsglieder vor. Bei den Hymenopteren treffen wir meist line Reduction der Thorakalganglien auf zwei, wogegen der abdominale Theil des Bauchstranges häufig fünf oder sechs getrennte Ganglien

Gegenbanr, (irundriis d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 4 g

274

II. 5. Arthropoden.

aufweist. Diese rcduciren sich jedoch bei vielen auf 4 3, ja sogar bis auf eines. Der abdominale Theil des Bauchmarks rückt bei den Hemipteren in den Thorax und wird hier durch eine Ganglienmasse dargestellt, die mit den gleichfalls einfachen Thorakalganglien bald durch eine kürzere, bald durch eine längere Gommissur verbunden ist. Die für das Abdomen bestimmten Nerven nehmen demnach einen lungeren Verlauf und bilden zwei vom letzten Ganglion entspringende Längs- stUmme. Eine ahnliche Verschiedenheit der Ganglienzahl des Bauch- marks herrscht bei den Dipteren, unter denen die primitivsten Ver- hältnisse bei Pulex bestehen : 3 Thorakal- und 7 8 Abdominal- ganglien. Sonst ist eine bedeutende Reduction durch Verschmelzung bald der Thorakal- bald der Abdominal -Ganglien bald an beiden die Regel (Fig. 134. C). Daran schliesst sich die völlige Verschmelzung des Bauch marks zu einem einzigen länglichen Knoten bei den schma- rotzenden Pupiparen. Aehnliches bietet sich bei den Strepsipteren dar. Was die Lepidopteren betrifft , so besteht hier grössere Einför- migkeit, indem sowohl bei den Larven eine constante Ganglienzahl sich trifft, wie auch bei der Umwandlung in den Schmetterling der gleiche Modus der Verschmelzung im Wesentlichen überall zu herr- schen scheint.

§ 200.

Das Eingeweidenervensystem der Arthropoden lässt bei grosser Mannichfaltig- keit im Einzelnen doch manche gemein- same Einrichtung wahrnehmen. Unter den Crustaceen treten Nervenfädchen von der Schlundcommissur zum Darme oder es ist das Bauchmark, von dem ein Nerv zum Darm- canal tritt. (Bei Astacus aus dem letzten Ganglion.)

Auch bei den Arachniden sind es theils vom Gehirn , theils von den Bauchganglien abgehende Nerven, welche zum Darme ver- laufen, bei Opilioniden sind die hinteren mit zahlreichen Ganglien ausgestattet.

Bei den Insecten und Myriapoden ist die Scheidung des Eingeweidenervensystems in mehrere Abschnitte allgemeiner erkannt, wes- halb wir dieses Verhalten vollständiger anfüh- ren. Der eine bildet das sogenannte paarige System, welches aus zwei vom Gehirnganglion nach hinten zur Seite des Oesophagus verlau- fenden Stammchen besteht, durch die jeder- seitseine einfache Ganglienkette [Fig. 432. s's'j

Fig. 132. Oberes Schlundganglion, nebst Eingeweidenerrensystem «Ines Schmetterlings (Born- byx Mori). g t Oberes Schlnnd- ganglion (Gehirn), a Fahlernerv, o Sehnerv, r Unpaarer Stamm <les Eingeweidenerrensystems. r1 dessen Wurzeln aas dem oberen Schlundganglion. $ Paariger Ner? mit seinen Ganglienani>chwellan- gen «' «". (Nach Biaxdt.)

Sinnesorgane. 275

gebildet wird. Die Zahl dieser Ganglien wechselt, und wegen ihrer plexusartigen Verbindung mit dem unpaarigen Systeme ist es oft schwer zu entscheiden, welche davon dem einen oder dem anderen Systeme angehören. Das unpaarige System (r r') hat seinen Ursprung in einem vor dem Gehirn liegenden , mit diesem in ein- oder mehrfacher Ver- bindung stehenden Ganglion. Von demselben verläuft ein stärkerer Nerv (r) rückwärts über den Oesophagus bis zum Magen herab und bildet mit den Zweigen des paarigen Abschnittes ein Geflechte, aus dem die benachbarten Theile, vorzüglich jene des Verdauungsappa- rates, versorgt werden. In manchen Insecten bildet jener Nerv (X. recurrens) ein einziges Ganglion (Käfer und Orthopteren), bei anderen mehrere (Schmetterlinge).

Mit diesen Geflechten steht noch ein anderes System von Nerven- stämmchen in Verbindung, welches vorzüglich für die grosseren Tracheen- äste und die Muskulatur der Stigmen bestimmt ist. Diese Einrichtung kommt durch ein auf der Oberfläche der Bauchkette verlaufendes Nerven- fädchen zu Stande , welches sich vor jedem Ganglion gabelförmig in zwei Aeste spaltet (Nervi transversa accessorii) . Die Aeste nehmen von dem oberen Strange der Bauchkette Nervenzweige auf und verlaufen theilweise nach aussen zu den Tracheenstämmen und der Muskulatur der Stigmen, theilweise nach hinten, wo sie in der Mitte zusammentreffen, um am nächsten Ganglion wieder in gleicher Weise sich zu verhalten.

Sinnesorgane.

Tastorgane. § *<M.

Die Sinnesorgane der Arthropoden schliessen sich grösstenteils an jene der Würmer an. Nur wenige lassen keine solche Verbindung er- kennen und sind als erst innerhalb dieser Abtheilung zu Stande gekom- mene Einrichtungen anzusehen. Die panzerartige Körperdecke der meisten Arthropoden ruft zur Vermittelong der Tastempfindung besondere Appa- rate hervor, deren Formelemente mit Ganglienzellen verbundene stäb- chenförmige Nervenendigungen vorstellen. Diese Ganglienzellen sind allgemein aus dem Ectoderm hervorgegangene Bildungen, und nicht selten ist der ganze Apparat in seiner primitiven Lage vorhanden.

An den verschiedensten Stellen des Körpers verbreitet , bilden diese Endorgane indifferente Sinnes Werkzeuge, die an bestimmten Theilen sich zu Tastapparaten gestalten. Vergl. Fig. 433. Solche Organe sind vorzüglich an Gliedmassen vertheilt, und lassen dort stäbchenförmig vorragende Endigungen erkennen.

In der Abtheilung der Crustaceen sind diese Taststab eben in grosser Verbreitung erkannt worden , und zwar nicht blos an Antennen, besonders der niedern Crustaceen , sondern ebenso auch an andern An-

48»

276

II. S. Arthropoden

hangsgebilden des Körpers. Bei Hyriapoden und Insecten sind Tastsläb- chen an den Antennen, bei den letzteren auch an den TarsaigUedera der Füsse anzutreffen.

Ausser diesen Taststabeben finden sich an den Antennen von Kruslenlhieren und Insecten noch besondere den Tast- stäbchen ahnliche Gebilde, zuweilen von bedeutender Ausdehnung vor, die auf dieselbe Weise wie die Tasisiabchen mit Nerven versorgt werden. Bei den Cru- slaceen finden sie sich nur an dem inne- ren (vordem) Antennen paare. Bei den Insecten sind sie weit kurzer und von konischer Gestalt. Die Loyalitäten ihres Vorkommens, sowie der Umstand , dass sie von längeren indifferenten Borsten überragt werden, oder in Vertiefungen sitzen, macht es wahrscheinlich, dass diesen Organen eine andere Verrichtung zukommt, wobei an eine Gerucbs- wahrnehmung, oder doch an eine dieser nahe stehende Empfindung ge- dacht werden kann. Somit würden also die Antennen durch Differenzirung be- sonderer Nervenendigungen eine mehr- fache Function verrichten und nicht blos dem Tastsinne vorstehen.

§ 202.

Hörorga ne sind bei den Arthropoden nur in beschrankter Weise bekannt geworden, indem man bei den Hyriapoden und Arachntden jede Spur davon vermisste , hei Kruslenlhieren und Insecten dagegen nur in einigen Abtheilungen solche Organe nachweisen konnte, die zur Schall- empfindung geeignet erscheinen.

Es sind vorzüglich zwei Organformen , welche sich streng nach dem Medium, in dem die Thiere leben, vertheilen. Die eine Form findet sich bei Kruslenlhieren und besteht aus einem sackartigen, durch eine Ein- stülpung des lntogumentes gebildeten Räume , der entweder offen bleibt, oder sich seh li esst. Diese Hör blasen liegen bei den meisten hohem Krustenthieren am Basalgliede der inneren Antennen. So bei Leucifer, Sergestes und anderen Malacoslraken, und auch bei Arlhrostraken illy- periden) ist das Bestehen eines vor dem Gehirn gelagerten Paares dieser Organe nachzuweisen. Sie kommen auch als seeundare Bildungen an

8inoesorgane. 277

anderen Körpertheilen vor. So liegen sie bei den Mysiden in den beiden inneren Lamellen des Schwanzfächers. In den Hörblasen finden sich feste Gebilde, Otolithen, vor, welche bei den geschlossenen Hörblasen (bei My- sis und Hippolyta) aus einem Goncremente bestehen, welches von feinen, in regelmässiger Weise angeordneten Härchen festgehalten wird. Bei den offenen, unter den Decapoden sehr verbreiteten, aber auch den Scheeren- asseln (Tanais) zukommenden Hörblasen finden sich manche Gomplica- tionen in der Ausmündung. Die Stelle der Otolithen wird hier durch von aussen eingebrachte Sandkörnchen vertreten , welche von bestimmten von der Hörblasenwand entspringenden Haaren in regelmässiger Weise befestigt werden. Diese sind andern Haaren des Intcgumentes ähnlich, aber dadurch ausgezeichnet; dass ihr Schaft nur indirect mit dem Boden der Hörblase verbunden ist; indem er grösstenteils auf einem zarten membranösen Vorsprunge steht, zu welchem Endigungen von Nerven treten. Sie stimmen dadurch mit den stäbchenförmigen Fortsätzen über- ein , welche bei den Mysiden den Otolithen tragen , denn auch zu diesen tritt der Nerv. Der Hörnerv ist bei den Vorgenannten ein Zweig des in- nern Antennennerven , wo die Hörblase der inneren Antenne eingebettet ist. In den beiderlei Bildungen finden sich somit Endapparate von Nerven vor, welche durch Erschütterungen des von ihnen getragenen festen Kör- pers (Otolithen) in Schwingungen versetzt werden, und dadurch eine Nervenerregung vermitteln.

Die Gesammleinrichtung dieser merkwürdigen Apparate zeigt uns die Genese der Hörorgane aus einer Differenzirung mit dem Integumente verknüpfter indifferenter Empfindungsorgane. Die Hörhaare sind nur Mo- dificationen anderer, Nervenendigungen bergender »Haare« des Integu- ments, wie sie auch an freien Körperstellen vorkommen können Tast- stäbchen). Die Bildung der ungeschlossenen Hörblasen oder der »Hör- gruben « repräsentirt dann eine zweite Stufe jener Differenzirung, und in der Umwandlung in eine geschlossene Blase ist für diese Erscheinung efn ferneres Stadium ausgedrückt.

Hessen, Zeitschr. f. wiss. Zool. XIII.

§ 203.

Die andere Form von Uörorganen ist bei Insecten bekannt. Vorzüg- lich sind es die auch mit Stimmorganen begabten Orthopteren , die ein Organ zur Aufnahme von Schalleindrücken erkennen lassen. Die allge- meine Einrichtung besteht in einer trommelfellartig an einem festen Chitin- ring ausgespannten Membran, mit der einen Fläche nach aussen, mit der anderen nach innen gekehrt. An der Innenfläche lagert eine Tracheenblase, und auf dieser oder auch zwischen ihr und dem »Tympanum« findet eine ganglionäre Nervenausbreitung statt, von welcher eigenthüinlich modifi- cirte Nervenendigungen in Gestalt kleiner keulenförmiger Stäbchen mittelst feiner Fäden entspringen. Sowohl das Tympanum als die Tracheenblasen

278 H- 5. Arthropoden.

dienen als schallleitende Organe. Die percipirenden Organe werden durch die in bestimmter Anordnung gelagerten Nervenendigungen vorgestellt. Bei den Acridiem liegt das Organ im Metathorax dicht über der Basis des dritten Fusspaares und empfängt seinen Nerv vom dritten Brustganglion. Die Locustiden und Achetiden besitzen das Organ in den Schienen der beiden Vorderfüsse verborgen. Bei den ersteren liegt auf beiden Seiten des genannten Fusses ein Tympanum, entweder oberflächlich oder im Grunde einer Höhlung, die vorne mit einer einzigen Oeffnung ausmündet. Den Raum zwischen beiden Tympanis nehmen zwei Tracheenstamme ein, von denen einer den Nervenendapparat in Gestalt einer Leiste trägt. Bei Locusta wird diese Hörleiste von einer Reihe gegen das eine Ende zu all- mählich kleiner werdender Zellen gebildet, deren jede ein entsprechend grosses »Stäbchen« umschliesst. An der äussern Seite der Vorderbein- schienen liegt das Tympanum der Achetiden.

An diese in ihrem ganzen Baue als Hörwerkzeuge sich darstellenden Organe reihen sich andere, deren Natur minder sicher bestimmt ist. Das Vorkommen derselben stiftartigen Körper in den Endigungen von Nerven lässtauch diese Organe wenigstens den Hörapparaten beizählen, sowie auch in der ganglionären Ausbreitung der bezüglichen Nerven längs eines Tra- cheenstammes eine Verwandtschaft ausgesprochen ist. Die Nervenenden richten sich gegen das Integument, dessen Chitinschichte anstatt eines Tympanums stets dichte Gruppen von feinen Porencanälen besitzt. Diese Organe sind bis jetzt in der Wurzel der Hinterflügel von Käfern, sowie an der Schwingkolbenbasis von Dipteren nachgewiesen.

Beide Formen von Gehörorganen der Arthropoden sind zwar im Ein- zelnen ihrer Ausführung von einander bedeutend verschieden , aliein es besteht dennoch ein Zusammenhang , indem in beiden Fällen die chitino- gene Zellenschichte die Trägerin abgibt für die eigen thümlichen Endorgane, welche bei den Crustaceen mit Fortsätzen des Integuments, den Hörhär- chen, in Verbindung treten, indess sie bei den lnsecten, jene Stiftchen ausbildend und damit in anderer Richtung differenzirt, innerhalb des Haut- skelets und ohne Beziehungen zu Fortsätzen desselben verharren. Aus der Verschiedenheit der Localität dieser Organe geht sowohl der Mangel einer Homologie hervor, als auch die Entstehung complicirterer Organe aus einer allgemeiner im Integumente verbreiteten Anlage.

Letdig, Arch. f. Anal. o. Phys. 4 855. Graber. V., Die tympanalen Sinnes- apparate der Orthopteren. Denkschr. d. Wiener Acad. M.N.C1. Bd. XXXVI.

Sehorgane.

§ 204.

In den Sehorganen der Arthropoden treffen wir Anknüpfungen an gewisse Formen des Auges bei Würmern, an jene nämlich, wo eine Summe von Endapparaten der Sehnerven unmittelbar unter dem Integu- mente sich fand Sagitta, Hirudineen u. a.). Dagegen fehlt dieser An-

279

sehluss gerade iu den ausgebildeleren Augen der Anneliden, die durch eine selbständige Linse sieb auszeichneten 1 25 . Wie sonst ist such hier das Integument die Stalle der DiSerenzirung des Sehorgans, dessen Zu- sammensetzung aus den Bestandteilen des ersteren sieb an dem neben- stehenden, allerdings nicht mehr den einfachsten Zustand reprö- senlirenden Schema erläutern lasst. Die Cnticularschicble des Integumentes bildet über dem Auge eine biconvexe Verdickung l . , die als ein lieh [brechen- des Organ, aber auch als Schatiorgan, somit als Cornea- Linse fungirt. Hinter dieser Linse liegt, ans einer Hypoderm- Strecke (A) hervorgegangen, das Auge. In der Umgebung desselben bieten die langer gewordenen Hypo- denniellen eine andere Stellung dar und gehen in Pigmentiellen (p) Über. An diese schliesst sich der Augenbecher an, in welchen zunächst an die Pigmentiellen sich anreibende belle Zellen vorragen (o) . Sie re~ prasenliren einen Glaskörper. Diesen reihen sich endlich die eine An Retina vorstellenden Zellen :>i an, welche mit dem Sehnerven (c) in Zu- sammenhang stehen, nach aussen aber, gegen die hinlere Flache der Linse, convergiren und daselbst verschiedenartige Di fferenzi rangen eingehen. Glaskörper, Pigmentiellen und »Retina« sind somit in continuirlichem Zu- sammenhang mit der Eotodermscbichle (Hypoderm) erkennbar, sind ebenso DiSereniirungen derselben, wie die Cornea-Linse aus der wieder vom Hypoderm ableitbaren Cuücolarschicble des Integumentes entstand. Die das Auge zusammensetzenden Elemente gehen mehrfache Differenz i rangen ein. Aus den Retinazellen sondert sich meist im vorderen Ende ein eigen- tümliches Gebilde, das •Stäbchen«. Bei Verbindung einer Anzahl solcher Zellen zu einem einheitlichen Apparate tritt dann auch an den Stilbchen eine Vereinigung ein, sie setzen ein besonderes in der Laagsaxe einer Gruppe combinirter Retinazellen liegendes Gebilde, das »Rhabdom», zu- sammen. Die zu je einer Rhadombildung verwendeten Relinazellen re- prasenliren eine »Retinula«. Auch die Zellen des vor den Retinazellen sich lagernden Glaskörpers sind mannichfachen Modifikationen unter- worfen. Je Eine Gruppe bildet durch Ausscheidung einer glashellen stark lichtbrechenden Substanz einen sogenannten »Krystallkegel«, dessen Spitze gegen das Rbabdom gerichtet ist, indess die Basis sich dem Inle- gumente, resp. der Cornea-Linse zukehrt.

Durch verschiedenartige Ausbildung der einzelnen Theile, sowie durch mann ich f altige Combination derselben geht der grosse Reichtbum hervor, welcher die Gliedertbiere bezüglich des Sehorganes auszeichnet. Endlich sind zuweilen noch Muskelfasern an der Zusammensetzung des

280 U* 6- Arthropoden.

Auges betheiligt, und scheinen einem Accommodationsapparat vorzu- stehen.

Diese Sehorgane bilden ein Attribut des Kopfes. Der Sehnerv ent- springt vom Gehirnganglion. Rückbildungen des Organes bis zum völligen Schwinden sind in allen Abtheilungen vorhanden. Die Ausbildung von Sehorganen an anderen Körpertheilen, wie sie bei Anneliden bestand, ist in den Hintergrund getreten, so dass das Vorkommen augenartiger Organe an Thorax und Abdomen bei der Schizopodengattung Euphausia ein ver- einzeltes ist.

§ 205.

Die einfachsten, in ihrem feineren Baue jedoch noch nicht genau ge- kannten Augen besitzen die Entomostraken. Jedes Auge scheint nur einen einzigen Krystallkegel zu besitzen, welcher in eine Pigmentmasse einge- senkt und meist vom Integumente entfernt ist. Zwei solcher meist un- mittelbar dem Gehirne aufsitzender Augen sind für die Naupliusform der Entomostraken charakteristisch. Es sind zwei median verbundene Seh- organe, dicht aneinander gerückt, durch das zusammenhängende Pigment zu Einem Organe verschmolzen ; wo sie nicht dem Gehirn selbst aufsitzen, trägt sie ein von diesem ausgehender medianer Fortsatz. Girripedien und Rhizocephalen besitzen sie während des Larvenzustandes und letztere verlieren sie später. Bei vielen frei lebenden Gopepoden ist das Auge bald mehr, bald minder deutlich in zwei geschieden. Ausser dem Larven- Auge findet sich dann noch jederseits ein anderes, grösseres vor. Dieses besitzt je einen einzigen meist beträchtlich grossen Krystallkegel, vor welchem ein entsprechender Abschnitt der Guticularschichte des Integu- mentes eine linsenartige Bildung eingeht (Gorycäiden) . Das Vorkommen mehrerer Krystallkegel in jedem Auge bildet einen Uebergang zu einer complicirteren Augenform. Indem sich das über dem einfachen Augen- paar befindliche Integument in zwei den Krystallkegeln entsprechende Facetten verdickt, knüpft sich schon hier die Bildung von Cornealinsen an.

Neben dem medianen, zuweilen durch einen blossen Pigmentfleck dargestellten Auge besitzen die Cladocera und Phyllopoden noch zwei zu- sammengesetzte Augen ; daraus kann geschlossen werden , dass das me- diane , welches dem Auge des Nauplius entspricht , eine besondere Bil- dung vorstellt, die nicht in das bleibende Auge übergeht. Wahrscheinlich entspricht dieses »Larvenauge« einer ererbten Einrichtung.

Durch die Beweglichkeit und die unmittelbare Lagerung unter dem Ghitinpanzer bilden die Augen der Branchiopoden Uebergänge zu jenen, wo der Ghitinpanzer sich am optischen Apparate unmittelbarer betheiligt. Auch bietet die Einlagerung des Auges in einen stielartigen Fortsatz (Artemia und Branchipus) eine Anknüpfung an die stieläugigen Malaco- straken dar.

Aus diesen Zuständen leiten sich zwei Typen der Sehwerkzeuge ab, welche in den höheren Abtheilungen der Cruslaceen und bei den Tra-

Sinnesorgane. 281

ehesten die herrschenden werden. Je nachdem sich die den pereipirenden Apparat vorstellenden Elemente der Retina zu einem einheitlichen, ein- fachen Organe zusammenfügen , oder solche Organe wieder als Theile einer complicirteren Bildung erkennen lassen, gehen die als einfache Augen (Stemmata, Ocellt) oder als zusammengesetzte Augen un- terschiedenen Sehorgane hervor. Dabei zeigt sich von Seite der Cuticular- schichte des Integumentes eine verschiedengradige Betheiligung.

Das einfache Auge (Fig. 434] ist bei den Larvenformen von In- secten verbrettet, und zeigt sich jederseits am Kopfe meist in einer Mehr- zahl. Bei den Thysanuren scheint diese Form zu persistiren. Ueber jedem Auge bildet die Chitinschichte eine Gornealinse. Bei vielen Insecten 8n- den sich diese einfachen Augen mit den zusammengesetzten; sie sind zwischen diesen, meist zu zweien oder dreien auf der Stirnfläche ange- bracht und unterscheiden sich von den vorhin erwähnten durch die Zu- sammensetzung aus einer grösseren Anzahl von Retinaelementen, welche eine einfache Cornealinse überdeckt.

Bei den Myriapoden zeigen die am Kopfe in einer oder zwei Reihen stehenden Augen wechselnde Zahlenverhältnisse (4 8). Es scheint hier der Larvenzustand der Sehorgane der Insecten bleibend repräsentirt, doch fehlt nähere Kenntniss. Daran reihen sich wohl die Arachniden.

Sowohl in Lage als in Zahl ihrer Augen ergeben sich manche Eigen- tümlichkeiten. Zwei grosse Augen sind bei den Scorpionen einander sehr nahe gerückt, und jederseits von ihnen lagert eine Gruppe (2 5) kleinerer Augen. Bei den Spinnen und Phryniden finden sich in der Re- gel 8, seltener 6 Augen am Vordertheile des Cephalothorax symmetrisch vertheilt, meist auch an Grösse verschieden, während die Opilioniden an derselben Stelle nur drei oder vier tragen, von denen die grösseren auf einer Erhabenheit des Cephalothorax stehen. Auch bei den Pycnogoniden nehmen vier Augen eine ähnliche Stelle ein. Dagegen reduciren sie sich bei vielen Milben auf zwei , ebenso bei den Tardigraden. Bei manchen parasitischen Milben sind sie vollständig verschwunden. Bezüglich des Baues ist für jedes Auge eine meist sehr mächtige Cornealinse hervor- zuheben, hinter derselben findet sich eine den Glaskörper repräsentirende Zellenschichte, an welche die Retina sich anschliesst. Der innere Bau der letzteren zeigt bei den Araneen. einen Dimorphismus, indem die nach vorne gerichteteten Augen von den aufwärts gekehrten verschieden sind. Die Retinazellen der ersteren umschliessen nämlich an ihrem vorderen Endstücke ein kleines, der Länge nach in zwei Hälften gesondertes Stäb- chen (Epeira).

§ 206.

In den zusammengesetzten Augen ist der oben (§204 er- wähnte Zusammentritt einer Anzahl (7 4) von Retinazellen zu einem das Rhabdom umschlicssenden Gebilde der »Retiniila« ;Fig. 435 Cr) charakte- ristisch. Aus solchen Relinulae, deren jede von Pigment umhüllt wird, com-

292

II. 9. Arthropoden

biuirt sich das Auge. Vor der Relinula liegt der mehrlheilige Krystall- kegel. In der Fig. C sind zwei solcher Gebilde dargestellt. Die Krystall- kegel sind vor den Relinulae, hinter den Cornea linsen (c) unterscheid bar. Die ganze Einrichtung wird verstandlich, wenn wir sie vom einfachen Auge abieilen. Eine Beduction der Retinaelemente des einfachen Auges lassl die Retinula hervorgehen, und eine allmähliche Concrescenz einer Summe einfacher Augen fuhrt zur Bildung der zusammengesetzten. Solche Augen besitzt die Mehrzahl der Crustaceen. Bei den Cladoceren liegt das bewegliche Auge (Fig. 136 o c) in einer vom Inlegumenle überwölbten Höhlung. Auch bei den Lamodipoden scheint die Guticularschichte des lnteguments keinen Theil an dem Aufbaue desAuges zu nehmen. Dagegen findet man bei den Pbyllopoden eine den Krystallkegeln entsprechende Facettirung der Innenfläche der das Auge bedeckenden Culicula. Die lsopoden zeigen ihr zusammengesetztes Auge noch aus einer Anzahl mehr von einander getrennter einfacher bestehend. Die engero Vereinigung einer Anzahl jener als Endapparate eines Sehnerven erscheinender Bildun- gen stellt einen nach aussen convexen Vorsprung dar, dessen Umfang mit der Zahl der )> Relinulae« in Zusammenhang steht (Fig. 435). Die dem ganzen Auge gemeinsame Chilinhulle ist dann ent- weder oberflächlich glatt, und bildet nur jedem der Krystallkegel entspre- chende Wölbungen nach innen zu, oder sie zeigt auch Uusserlich jedem einzelnen Krystallkegel entsprechende Convexila ten oder doch Abgrenzungen der ein f»Tt"l'T T* k"'. B EtD'r "ktf?"'i zemen Felder (B). (Facetlirtes Retinol., r mit ihr.n Co "«Hnaen e. A u g e der höheren Crustaceen und der Inseclen.) Die Zahl der ein solches Auge zusammensetzenden Elemente ist ebenso wie ihre Volumsenlfallung und die Gestaltung der einzelnen Ver- haltnisse zahlreichen Modificalionen unterworfen. Die Krystallkegel schei- nen jenem Auge bei den Crustaceen allgemein zuzukommen, dagegen findet sich bei vielen Inseclen ein Persistiren der sonst die Krystallkegel difterenzirenden Zellen (Krysiollzelien), ohne dass Krystallkegel gebildet waren. Endlich besteht noch bei manchen der niedere Zustand der Reti- nula , in welchen dieses Gebilde noch seine einzelnen Zellen mit ihren Stäbchen erkennen lilssl Ti puliden ) . Das aus der Wölbung entspringende Hervortreten der Augen am Kopfe kann zu einem Zustande fuhren, der das Auge gestielt erscheinen lässt. In einer fernem Ausbildung wird der Stiel beweglich 'Podophthalmala).

Cntltnl.rMhiQh

Darmcanal. 283

Dtrmeaaal.

§ 207.

Die Sonderung des Darmcanals der Arthropoden schliesst sich im Allgemeinen an die bei Würmern sich treffenden Verhältnisse an. Das Entoderm umschliesst das bei der ersten Differenzirung nicht verbrauchte Dottermaterial, welches mit der allmählichen Weiterentwickelung resor- birt wird. Die Entstehung von Mund und After sowie der damit ver- bundenen Darmstrecken lässt keine durchgreifende Uebereinstimmung wahrnehmen. Mit der vollständigen Differenzirung der Darmwand trifft sich der Nahrungscanal als ein die Länge der Leibeshöhle durchsetzendes, seltener auch Anpassungen an die Metameren des Leibes bietendes Rohr, das mit der ventral am Kopf gelegenen Mundöffnung beginnt und zu der in der Regel im letzten Metamer gelagerten Afteröffnung hinzieht. Der äussere Chitinüberzug des Leibes setzt sich sowohl in Vorder- wie in Enddarm fort und ist in dem vom Entoderm angelegten Mitteldarm durch eine weiche Cuticula vertreten. Um die Mundöffnung gruppiren sich die zu Kauwerkzeugen und anderen Apparaten umgewandelten Gliedroassen 489), wozu noch ein vom Integumente gebildeter Vorsprung als Ober* lippe tritt.

§208.

Der Darmcanal der Crustaceen zeichnet sich sowohl durch seinen geraden Verlauf, wie durch die geringe Gomplication seiner Abschnitte aus. Die Mundöffnung ist in ventraler Lagerung häufig weit nach hinten gerückt, so dass der von ihr beginnende Munddarm erst eine Strecke nach vorne verläuft, um mit knieförmiger Umbiegung sich rückwärts zu wenden. Der Endabschnitt des in der Regel engen, als Schlund oder Speiseröhre bezeichneten Vorderdarms stellt einen meist erweiterten Theil des Darmrohrs vor, der sich vom folgenden Mitteldarm scharf absetzt und bei Vielen einen zapfenartig in letzteren einragenden Vorsprung bildet. Die Wandungen dieses Abschnittes sind gewöhnlich stärker, und die In- nenfläche ist häufig durch ein festes Chitingerüste ausgezeichnet , welches zahnartig gegeneinander gerichtete und durch Muskeln bewegliche Vor- sprünge darbietet (Leisten, Stacheln, Borsten), welche aus der diesen Ab- schnitt auskleidenden Chitinhaut hervorgehen. Sie bilden einen zur Zer- kleinerung der Ingesta dienenden Apparat und stempeln diesen Abschnitt zum Kaumagen. In der Regel ist der Kaumagen beträchtlichen Umfangs und erhält durch sein festes Gerüste eine regelmässige Gestalt. Am an- sehnlichsten ist er bei den Decapoden entwickelt (Fig. 443 v). Bei den Entomostraken ist er wenig oder gar nicht ausgebildet, dagegen besitzen unter den Arthrostraken die Isopoden in dem kleinen Kaumagen ein ziem- lich complicirtes Gerüste, von welchem auch bei Amphipoden (Gammarus) Andeutungen, bestehen.

Der Mitleldarm (Fig. 436 (] bildet den an Lange beträchtlichsten Theil des Darmrohrs, sowie auch au ihm in Beziehung auf Weite und die Bil- dung von blindsackarligeu Ausbuchtungen eine grosse Mannichfaltigkeil

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besteht. In manchen Fällen ist er von gleich miissi gern Caliber, in anderen erscheint er vorne oder in der Mitte etwas erweitert ! «Chylusmagen«;, oder die Erweiterung ist über den gesammleu Mitleldarm ausgedehnt (»Chylusilarma der Isopoden).

Am Beginne des Mitteldarms finden sich bei Cruslaceen aller Ord- nungen blindsackarlige Ausbuchtungen. Sie entstehen als paarige, selten unpaare Coeca. Unter den Copepoden nur in wenigen Gattungen vorhan- den, sind sie hei den Branchjopoden verbreiteter, bald als ein einfaches Paar kurzer Blindschläucbe (Fig. 436 h) auftretend (DaphnidenJ , bald reicher verastell (Argulus, lledessa), oder in grösserer Anzahl vom Darme ausgehend und am Ende in drüsige Bildungen differenzirl (Apus). Die- selbe Erscheinung der Umwandlung an derselben Stelle gelagerter Darm- coeca in secretorische Apparate treffen wir bei den Malacostraken. Sie gehen in Organe über, die bei den Anhangsgebilden des Mitteldarms zu betrachten sind.

Der Enddarm bildet den kürzesten, meist engeren Abschnitt des Tractus intestinalis. Seltener ist er in seiner Mitte erweitert, und nur bei wenigen mit blinddarmartigen Anhängen versehen.

Die Function des Darmcanals beschränkt sich nicht bei allen Crusla- ceen auf die Verdauung. Bei einigen (Astacus, Limnadia, Daphniai ist am Enddarme fast rhythmisch erfolgendes Aufnehmen und Ausslossen von Wasser beobachtet worden , so dass diesem Abschnitt noch eine respira- torische TbiHigkeit zuzukommen scheint.

Bei manchen niederen Crustacecn erliegt der Darmcanal einer Rück- bildung. Er schwindet bei den verkümmerten Männchen der parasitischen

Copepoden, wie einiger Cirripedien und allgemein bei den Rhizocepbalen, wo die Ernährung durch andere Einrichtungen besorgt wird. (Vergl. oben 8. 350.)

§ 209.

Unter den Protrachealen sind die drei Abschnitte des Darmrohrs deutlich gesondert, der Mitteldarm bildet den ansehnlichsten Tbeil davon, und erscheint durch Weite ausgezeichnet.

Das Darmrohr der Arachniden besitzt mit Ausnahme der rück gebildeten Formen eine reichere Gliederung. Der enge Munddarm (Fig. 137. oe) fUbrt in einen meist langgestreckten Mitteldarm, dessen vorderster Abschnitt [v] in seitliche Blindsacke ausstrahlt, die bei den Phryniden und Scorpionen fehlen sollen. Bei den Araneen erstrecken sie sieb zu fünf Paaren [v", nach der Basis der Beine und Taster. Vier Paare, davon die beiden letzten gabelig gelheilt, laufen bei den Galeoden bis in die Gliedmassen Fusse, ScheerenfUhler und Palpenj , bei den Pycnogoniden sich sogar fast durch deren ganze Länge erstreckend (Fig. (38. 6). Der Binnenraum des Magens erhall durch diese Anhange eine an- sehnliche Vergrößerung.

Dieselben Blindsacke treffen sieb bei den Hüben auf den Körper beschränkt, meist sind es deren acht, doch wird eine Minderung der DurB' Zahl hanfig durch Verästelung derCoeca compen- sin. Eine viel grossere Anzahl (gegen 30) besitzen mehreren Reihen geordnet, in denen ein mittleres Paar noch seeundare Anhange tragt.

Der dem Magen folgende bald längere, bald kürzere Abschnitt des Mitteldarms er- weitert sich im ersleren Falle meist gegen sein Ende ' zu und wird durch eine Einschnü- rung von dem fast immer erweiterten End- darm abgesetzt. Letzterer ist von ansehn- licher Lange bei den Scorpionen, kürzer bei Galeodes, wo er einen Blindsack tragt. Auch bei den Araneen ist der Enddarm (Fig. 137. r) von ansehnlicher Weite, desgleichen bei den Milben.

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2S6 "• ■- Arthropoden.

§ 210. Myriapoden und Insecten bieten in der Einrichtung ihres Verdauungs- apparates in den Hauplztlgen Übereinstimmende Verhallnisse, die zugleich

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naher an die bei Peripalus bestehenden sich an- reihen lassen. Von den drei Darmabschnitten spielt der Vorderdarm bei der Verdauung nur eine vorbereitende Rolle, wahrend die Hauptfunction dem Milleldarm zukommt. Er bildet in der Regel den längsten Abschnitt, an dem zugleich die reich- b um >.v ■(. stcn Differenzirungen auftreten. aga (Sphin. itfurtri) in In seinen einfacheren Formen durchzieht das

i»r Ansicut mit D«r- Darmrohr in geradem Verlaufe die Leibesboble, 8 miIob!™' '**"' un^ nuch darin schliessen sich Myriapoden mit niederen Zustünden von Insecten zusammen. Rei Myriapoden hat der Enddarm selten eine bedeutendere Lauge, zeigt sich dann in eine Schlinge gelegt. Noch seltener ist an

Darmcanal. 287

dieser Schlingenbildung auch der Abschnitt des Mitleidarms betheiitgt (Glomeris).

Das in der Anlage allgemein bestehende einfache Verhalten persistirt nur in einzelnen Abtheilungen der Insecten, und geht bei den meisten in eine grosse Mannicbfaltigkeit von Formzuständen der einzelnen Abschnitte Ober, welche Veränderungen in der Regel an den Eintritt des Imago- zustandes geknüpft sind. Diess gründet sich auf die damit beginnende grössere Divergenz der Äusseren Lebensverhältnisse.

Von bedeutendstem Einflüsse auf die allgemeine Gestaltung des Darm« canals erscheint auch hier die Lebensweise, und es ist, wie sonst noch vielfach im Thierreiche, bei den Pflanzenfressern häufig eine grössere Lange des Darmrobrs vorhanden, als bei jenen, die von animalischen Stoßen sieb nähren. Ein anderes in Betracht kommendes Moment bietet die Beschaffenheit der Nahrungsstoffe, wir treffen demnach einfachere Darmbildungen bei Insecten, die von Flüssigkeiten sich nähren, während feste Substanzen Verzehrende eine grössere Complication bieten.

Diese Verhältnisse treten am auffallendsten bei der Vergleichung des Darmrohrs von Insectenlarven mit jenem ausgebildeter Insecten hervor, wir sehen z. B. eine Raupe (Fig. 439) mit einem weiten, den Körper ge- rade durchziehenden Darmrohr ausgestattet, und diese Einrichtung der Ungeheuern Masse täglich verzehrten Materiales angepasst, während der nur wenig und flüssige Nahrung aufnehmende Faller ein zwar längeres, aber viel schmächtigeres Darmrohr besitzt (Fig. 441).

Ausserdem ergibt sich hiebet eine Aenderung der Verhältnisse der einzelnen Darmabschnitte. Während der Mitteldarm im Larvenzustande in der Regel der mächtigste Abschnitt ist, tritt er allmählich zurück, und in demselben Maasse gewinnt der Enddarm an Länge. Dabei ändert sich der gerade Verlauf des Darmrohrs. Das Längerwerden der einzelnen Ab- schnitte ruft Krümmungen des die Länge der Leibeshöhle übertreffenden Darmrohrs hervor, die bis zu vielfachen Windungen führen können. Diese treffen auf Mittel- und Enddarm, indess der Munddarm am beständigsten den ursprünglichen Verlauf behält. (Vergl. Fig. 439— U 4.)

Mit diesen Differenzirungen verbinden sich neue an den einzelnen Abschnitten und verwischen häufig deren Grenzen. Der Mitteldarm un- terscheidet sich vom Munddarm durch seinen Drüsenbesatz, und wo letz- terer Anhänge oder Ausbuchtungen zeigt, dienen sie zur Aufnahme und zur ferneren Zerkleinerung der Nahrung, im letzteren Falle die Bildung eines Kaumagens wiederholend. Der Enddarm charakterisirt sich endlich durch die in ihn mündenden Mjarieiu'schen Gefässe.

Platsau, F., Rech, sor la phtinom. de la d igest, et sor la ttrueture de l'appareil digest. cb6x les Myriapodes. Mem. Acad. Belg. XL1I.

§ 2H.

Den einfachsten, von der Larvenform am wenigsten sich entfernen- den Zustand bietet der Darm der Thysanuren sowie der meisten Pseudo-

288

II. 5. Arthropoden.

am.

Neuropteren und Neuropteren dar, von denen einige (Panorpa) eine Erweiterung am Ende des Vorderdarmes als Kaumagen besitzen. Ein solcher (Fig. 142 A v) zeichnet auch die Orthopteren aus und trägt auf seiner Innenfläche Längsreihen fester Chitingebilde. Er kommt ferner bei Coleopteren (Carabiden, Cicindelen, Dytisciden etc.) vor, Borsten und leistenartige Vorsprünge tragend. Auch manche Hymenopteren (Formica, Gynips) besitzen ihn, ja sogar Larven von Dipteren.

Eine andere Diflferenzirung des bei manchen (Hemipteren) überaus kurzen Vorderdarmes besteht in einer Erweiterung desselben , die bald

allseitig, bald nur einseitig vorkommt. Sie dient bei einer Betheiligung der ganzen Circumferenz des Oesophagus als Kropf (Jugluvies) (t), der sich bei vielen Käfern und bei Orthopteren vorfindet. Diese Ausbuchtung des Vorderdarmes trifft sich bei Hvmen- opteren (Wespen, Bienen) verbreitet, fungirt aber hier als ein Saugapparat und leitet damit zu einer Bildung über, die sich bei anderen Insecten als Saugmagen verbreitet findet. Derselbe stellt einen dem Verlaufe oder dem Ende des Munddarmes angefügten blasenförmigen, dünnwandigen An- hang vor, der bei Lepidopteren un- mittelbar (Fig. U1 V), bei Dipteren mittelst eines kürzeren oder längeren Stieles ausmündet (Fig. 4 42. B, vs). Auch bei den Hymenopteren trifft sich die Bildung eines selbständigen, gestielten Saugmagens (Crabro) . Bei den Hemipteren scheint derselbe durch eine oft mehrfach ausgebuchtete Er- weiterung des Vorderdarms vertreten zu sein (Wanzen) .

Der Mitteldarm (»Chylusmagen«) bietet nicht minder mannich- faltige Zustände. Bei vielen Käfern ist er in seiner ganzen Länge oder auch an einzelnen Abschnitten mit kurzen Schläuchen besetzt, die man als »Drüsen« bezeichnet. An seinem Anfange treffen sich zuweilen blind- sackartige Ausstülpungen besonders bei Orthopteren , auch bei einzelnen Familien der Dipteren. Bei den letzteren ist er meist seiner grösseren Länge entsprechend in Windungen gelegt (Fig. 442 Bv). Dasselbe zeigt sich an dem langen Mitteldarm einiger Käfer (z. B. Melolonlha), der Bie- nen und Wespen und vieler Hemipteren , bei denen neue Abschnitte an ihm sich sondern.

In manchen Fällen ist der Mitteldarm blind geendigt und entbehrt des Zusammenhanges mit einem Enddarm. Dies trifft sich bei den Larven der Bienen und Wespen, der Ichneumonen, mancher Dipteren u. a. m.

Fig. 142. Ä Yerdanungscanal der Feld grille, B einer Fliege, oe Oesophagus. Kropf- artige Anschwellung desselben, v Magen. c Anhange desselben, r Enddarm, rro Mal- piGiu'sche Canale.

Anbaogsorgane des Darmcanals. 289

Der Enddarm bildet bei den Insecten mit gerade verlaufendem Darme den kürzesten Theil desselben. Er ist sehr häufig in zwei Ab- schnitte getrennt, von denen der zweite eine Erweiterung bildet (»Rectum«) (Fig. MI ABr). Bei Käfern (z. B. Dytiscus) erscheint der engere Vorder- theil des Enddarmes von beträchtlicher Länge, auch bei manchen Orthop- teren, wo sich eine grössere Anzahl von verschieden weiten Abschnitten wahrnehmen lässt; am längsten endlich ist er bei den Cicaden, bei allen diesen in Windungen gelegt. Da bei manchen die dem Enddarm ange- hörigen M ALPiGHi'scben Gefässe sehr weit vorne ausmünden , gewinnt es den Anschein als ob der Enddarm zum Theile in den Mitteldarm über- gegangen sei , wenn nicht dieser Befund besser als Reduction des Mittel- darms gedeutet wird.

Das erweiterte Endstück dieses Darmtheiles wird bei einer grossen Anzahl von Insecten durch papillenartig nach innen vorspringende Wülste ausgezeichnet, in denerf reiche Tracheenverästelungen stattfinden. Bei den im Wasser lebenden Larven der Libellen bietet derselbe Abschnitt zahlreiche in Längsreihen geordnete Blätter mit dichten Tracheenver- zweigungen. Die Lamellen fungiren bei dem durch Oeffnen und Schlies- sen des Afters erfolgenden Ein- und Ausströmen von Wasser als Athem- apparat. (Vergl. Fig. 450 B C.) Zwischen diesen Tracheenkiemen und den papillenartigen Vorsprüngen des Enddarmes kommen mehrfache Uebergangsformen (bei Phryganeenlarven) vor, so dass hier homologe Bil- dungen zu erkennen sind.

Plateau, F., Rech, sur les Phgnomenes de la d igest, chez les Insectes. M6m. Acad. Belg. XLI.

Anhangsorgane des Darmcanals.

1) Anhangsorgane des Munddarms.

§ 2H.

Am Darmcanale der Arthropoden sind an verschiedenen Abschnitten Drüsenorgane gesondert. In den Vorderdarm führende, als Speichel- drüsen bezeichnete Drüsen scheinen bei den Grustaceen nur wenig aus- gebildet. Es sind Gruppen einzelliger Drüsen in verschiedenen Abthei- lungen bekannt. Dagegen finden wir sie in grosser Verbreitung bei den Tracheaten, bei denen sie sogar differente Functionen besitzen können. Doch bestehen über das Verhalten ihrer Mündung bis jetzt noch wenig sichere Angaben. In wiefern sie am Munde selbst sich öffnen , oder mit dem Vorderdarm verbunden sind, ist grösstenteils unbestimmt. Doch werden auch die an Mundgliedmassen sich öffnenden Drüsen von Pen- patus (S. 265) hieher bezogen werden. Unter den Arachniden bieten die Scorpione zwei Paar gelappte Drüsen, die bei den Galeoden zum Theil knäue) förmig gewundene Schlauche darstellen, und bei den Araneen scheinen solche Organe gleichfalls nicht zu fehlen. Sehr entwickelt sind

Gegenbftur, Onandriss d. vergl. Anatomie. 2. Avil. 49

290 U- *• Arthropoden.

die Speicheldrüsen bei den Milben , die deren mehrere verschieden ge- baute Paare besitzen, und theilweise ihr Secret wahrscheinlich als Gift- stoff verwenden.

Bei den Myriapoden sind einfache schlauchförmige (Julus) oder ge- lappte (Lithobius) , sogar traubig verästelte Drüsen (Scolopendra) als Speicheldrüsen gedeutet.

In sehr mannichfaltiger Ausbildung sind die Speicheldrüsen bei den Insecten vorhanden , sowohl was Zahl , Form und feinere Structur be- trifft. Man wird daraus auf eine bedeutende Verschiedenheit der Function schliessen dürfen. Nur Wenigen scheinen sie gänzlich zu fehlen, wie den Ephemeriden, Libellen und Aphiden, oder sie sind nur gering entwickelt, wie bei Myrmeleoniden und Sialiden. Bei den Uebrigen erscheinen sie bald als lange gewundene Röhren , bald als gelappte oder mannichfach verzweigte Gebilde, die den Darmcanal eine Strecke weit begleiten. Häufig kommen zwei, nicht selten auch drei Paare vor, die in ihrem Baue sehr wechselnde Verhältnisse darbieten. Was die äusseren Formen und die Vertheilung derselben auf die verschiedenen Insectengruppen angeht, so erscheinen sie als ein Paar längerer Schläuche bei den Käfern , dann bei Fliegen und Schmetterlingen. Verästelte, traubenförmig gestaltete oder gelappte Formen herrschen in den Ordnungen der Hemipteren und Or- thopteren, finden sich auch mehrfach bei Käfern.

2) Anhangsorgane des Mitteldarms.

§ 213.

Eine andere Gruppe von Drüsenorganen sondert sich aus dem Mittel- darm. Sie werden als Le ber gedeutet. Zwei durch ihre Verbindungsstellen mit dem Darme verschiedene Organe müssen hier aus einander gehalten werden. Das eine davon verbindet sich mit dem vordersten Abschnitte, in Gestalt einfacher oder verästelter Schläuche , welche bei reichlicherer Entwickelung allmählich in einen zusammengesetzten Drüsenapparat tibergehen (vergl. § 208). Die Enden dieser Schläuche erscheinen als secretorische Organe, die Ausführgänge dagegen bilden durch ihr weites Lumen dem Darme zugehörige Räume. Das Organ hat sich also noch nicht vollständig vom Darme differenzirt. Die Branchiopoden, und unter diesen besonders die Phyllopoden, weisen diese Einrichtung auf; einige besitzen jederseits einen einfachen oder verästelten Blindschlauch (Fig. 136 A), an- dere zeigen ihn in eine Leber umgewandelt (Limnadia, Apus), die vor- wiegend im Kopfschilde ihre Ausbreitung nimmt. Aehnliche Organe be- sitzen die Girripedien. Bei den Arthrostraken sind diese Blindschläuche (Fig. 143 A h) lange, nach hinten verlaufende Organe von verschiedener Zahl. Verästelungen fehlen, werden aber durch die Ausdehnung der Länge compensirt. Unter den Thoracostraken erscheinen sie bei manchen Schizopoden jenen ähnlich, bei den meisten dagegen, wie bei allen Deca-

Anhang»organe des DanucaDsis.

291

poden, stellen sie ein Paar den Cephalothorax ausfüllende, in büschelför- mige Gruppen vertheille Drusenmassen [Fig. 143 Bh) vor. Da sie bei den Larven derDecapoden als einfache Ausstülpungen der Darmwand erschei- nen, ist zweifellos, dass sie nur weiter entwickelte J

Stadien jener bei vielen Enlomostraken einfacheren Schläuche sind.

Eine zweite Form die- ser Leberorgane ist von der ersten durch grossere An- zahl der Einzeldrusen und durch die weiter nach hin- ten verlegt« Einmündung in den Milteldarm unter- schieden. Andeutungen hierfür bestehen bereits bei Copepoden in mehr- fachen auf einander fol- genden Ausbuchtungen des Hitteldarms. Wir finden sie ausgebildeter bei einzelnen Isopoden (Bopyrus,. , wo sie den ganzen Milteldarm als paarweise angeordnete, verzweigte DrUsenbttschel besetzen. Aehnlich besteht auch bei den Stomapoden eine grossere Anzahl (1 0 Paare) gelappter Drusenbüschel an der ganzen Lange des Mitteidarms.

Beide Formen können nicht direct von einander abgeleitet werden, da iu der zweiten die bei der ersten die Drüsen tragende Stelle derselben entbehrt. In einer gemeinsamen Stammform mögen beiderlei Organe ver- einigt- gewesen sein. Wir können uns biefür den ganzen Hitteldarm mit Aussackungen besetzt denken , von wo aus zwei DrUsenreihen sich ent- wickeln , bei der einen kommt nur das vorderste Drusenpaar zur Ausbil- dung , bei der andern bleibt das vorderste Paar unterdrückt und es ent- wickeln sich die hinteren in verschiedener Anzahl. Diese hinteren Drusen zeichnen als zwei Paare verzweigter Büschel den Hitteldarm der Pöcilo- poden ans.

Aehnliche Differenzirungen der Darmwand kommen unter den Tra- cheaten nur den Arachniden zu. Sie werden als erst in dieser Abthei- lung erworbene Bildungen zu beurtheilen sein. Die vorderen entwickeln sich nicht allgemein zu Drüsenorganen , sondern beharren als mehr oder minder weite Taschen und Schläuche, wie dieselben als Hagenblindsacke bereits des näheren geschildert sind 209/ . Bei den Opilioniden kommt denselben eine exclusiv drüsige Bedeutung zu. Bei Scorpionen und Ara- neen münden in den hinteren Tbcil des Miiteldarms gesonderte DrUsen- buschel ein. Zwei bis drei Paar sind bei den Araneen (Fig. 437 k), fünf Paare bei den Scorpionen beobachtet.

292 H. 5. Arthropoden.

Den Myriapoden wie den Insecten fehlen diese Anhänge des Mittel- darms, und die Gleichartigkeit der Anlage dieses Darmabschnittes zeigt, dass an ihm auftretende Ausbuchtungen eine nur secundäre Bedeutung haben.

3) Anhangsorgane des Enddarms.

§ 2U.

Bei der meist nur geringen Lunge des Enddarms werden mit ihm gesonderte Drüsen kaum noch Secrete liefern, die für die Verdauung oder Aufsaugung von Bedeutung sind. Ihr Secret wird sich mehr in die Reihe der Auswurfsstoffe stellen. Da auch der chemische Nachweis geliefert ist, dass diese Stoffe den Harnausscheidungen der Wirbelthiere an die Seite zu stellen sind, dürfen wir die bezüglichen Organe als Excretions- organe bezeichnen, womit jedoch ihren Beziehungen zu andern Func- tionen, die sie in einzelnen Fällen besitzen, kein Eintrag geschehen soll.

Bei den Crustaceen finden sich am Enddarme in einzelnen Fällen Blindsackbildungen vor, z. B. bei Copepoden-Larven , doch kann über ihre Bedeutung kein sicheres Unheil abgegeben werden. Wahrscheinlich ist, dass die in der Darmwand vorkommenden Concremente excretorischer Natur sind.

Bei den Tracheaten sind allgemein excretorische Drüsenorgane in Verbreitung, die als Ausstülpungen des Darms entstehen, und als lange7 einfache oder verzweigte Ganäle erscheinen , die oft vielfach gewunden oder schleifenförmig am Darmcanale aufgereiht sind, und in den letzten erweiterten Abschnitt des Darmcanals, fast immer hinter dem Mitteldarme, ausmünden. Es sind die Malpighi'schen Gefässe, oder, mit Be- ziehung auf ihre Function, die Harnca näle. Da sie mit der vom Ecto- derm gebildeten Anlage des Enddarmes entstehen, wird es nicht unwahr- scheinlich, dass sie ursprünglich auf die Körperoberflache mündeten, oder von Organen dieses Verhaltens herstammen. Die Zweizahl dieser Ganäle kehrt in allen Abtheilungen wieder, manchmal in der Vereinigung der Ausmündung zahlreicher Ganäle ausgedrückt, daher kann in dieser Zahl ein primitives Verhalten erkannt werden.

Unter den Arachniden sind sie bei den Scorpionen einfache, zwischen den Leberlappen verlaufende Ganäle, von denen ein Paar Verästelungen besitzt. Vielfach verästelt und zu einem Netze verbunden sind die Harn- ca näle der Araneen, bei denen sie sich in zwei gemeinsame Ausfuhrgänge (Fig. 437 e) vereinigen und mit diesen in den weiten Enddarm oder den Blindsack desselben ausmünden. Zwei lange und vielfach gewundene Ca- nale stellen sie bei den Opilioniden vor, und ähnlich erscheinen sie bei den Milben, zuweilen gleichfalls mit Verästelungen versehen.

Eine ebenfalls geringe Anzahl einfacher Harngefässe kommt den My- riapoden zu, ein Paar den Juli den und zwei Paare den Scolopendern. Sie schliessen sich nicht nur durch ihre Zahl und einfache Bildung, sondern

AahangaorgaDe de* Darmcanils.

293

auch durch ihre Anordnung am Darmcanale den entsprechenden Organen vieler Insecten larven an.

Die grösste Mannichfaltigkeil in Zahl, Anordnung und specieller Bil- dung herrscht bei den Harngefdssen der Insecten. Unter den Apleren sind sie bei den Collembola vermisst, auch bei manchen Tbysanuren (Cam- podeaj, sind dagegen bei Lepisma in der Vierzahl vorhanden. Die Func- tion der Uarncanale ist namentlich bei den Insecten mit vollkommener Verwandlung während des Larve nzustandes eine gesteigerte, wie sich nicht allein aus der mächtigen Ausbildung dieser Organe ;Fig, 139 twi', sondern auch aus der während des Puppenzustandes sich massenhaft im Enddarme ansammelnden Harnmenge ergibt. Diese Erscheinung entspricht also gerade jener Periode, in welcher mit der Ausbildung des vollkom- menen Körpers die intensivste plastische Thiiligkeit im Organismus zur Aeusserung kommt. Dass die Function der Matpighi'schen Canäle der Insecten nicht ausschliesslich in der Harnabsonderung zu suchen ist, dass vielmehr eine allere Annahme, die in ihnen galleabsondernde Organe er- blickt, nicht ganz unberechtigt ist, ist durch das Vorkommen verschieden gebauter Strecken dieser Canäle, sowie durch die Verschiedenheit des Secretes an jenen Strecken begrün d bar.

Die braungelbliche oder » eissgelbliche Färbung der Harncanäle rührt von den in den Zellen der Canalwand abgelagerten Stoffen und erscheint um so intensiver, je reichlicher die Secretion von Statten geht. Zwei Paare mit einander verbun- dener Harncanäle besitzen die meisten Dipteren [Fig. 142. B. vm) und Hemipleren; sechs trifft man bei Schmetterlingen, bei vielen Netzflüglern, sowie bei manchen Pseudoneuropteren (Ter- miten) an; vier bis sechs sind bei den Käfern vorbanden; eine grosse Anzahl kurzer Harn- canäle zeichnet die Hymenopteren aus , so dass bei diesen, sowie auch bei vielen Orthopteren (Fig. US. A. vm) Hunderte derselben getroffen werden. Verästelungen kommen im Ganzen selten vor ; dagegen finden sich häufig schlingen- förmige Verbindungen zwischen den Endeu der einzelnen. Die Ausmllndung findet je nach der Länge des Enddarms an scheinbar sehr ver- schiedenen Stellen statt. Sehr weit nach vorne munden sie bei den Cicaden , Fliegen und F*J"ihet"o!a»"* *t~ Schmetterlingen. Auch bei den Hymenopteren Hiicitoshtiu. fr Tra- tet die Mündung dicht hinter dem Mitleldarm. *■*■■ < ■*■•»■ »Kein

Bei Vereinigung der Canäle zu einem gemeinsamen Ausführgang geht auf diesen eine Hingmuskelschichte über ( Gryllolalpa ;. Ganz seilen werden zerstreute Ringfasern auch an den Secretionscanälen angetroffen (Brachmus).

294 II- 5. Arthropoden.

Leibeshöhle.

§ 215.

Mit der Differenzirung des embryonalen Körpers entsteht, wie bei den höheren Würmern, im Mesoderm ein zwischen Darm und Leibeswand sich ausdehnender Hohlraum , die Leibeshöhle, welche den Arthropoden allgemein zukommt. Von der bei den Annulaten aus der Metamerie des Körpers entspringenden Dissepimentbildung ist bei Arthropoden nichts vorhanden. Das lässt die Verwandtschaft mit den Annulaten mindestens als sehr fern liegend erscheinen. In allen Fällen bildet die Leibesböhle einen Abschnitt des Blutgefässsystems , die bei vielen Würmern vorhan- dene vom Blute verschiedene perienterische Flüssigkeit wird daher bei den Arthropoden vom Blute repräsentirt.

Von dem weder dem Ectoderm zur Bildung der Leibeswand noch dem Entoderm zur Bildung der Darmwand zugetheilten Form- elementen des Mesoderms erhält sich bei den meisten Arthropoden eine Summe von Zellen, welche nicht zu bestimmten Organen verwendet wird. Solche Zellenmassen bestehen an verschiedenen Stellen der Leibeshöhle fort und finden sich häufig, wie andere Bindesubstanz der Arthropoden, zwischen den einzelnen in die Leibeshöhle gebetteten Organen.

Bald bleiben alle diese Zellen auf indifferentem Zustande, und bil- den, sich unter einander verbindend, Stränge oder Netze. In der Regel gehen jedoch in diesen Zellen Differenzirungen vor sich. Es entstehen in ihnen Fetttröpfchen, welche entweder die Zellen gleichmässig ausfüllen, oder in grössere Tropfen zusammenfliessen, daher man diese Zellen als Fettkörper zusammenfasse Zuweilen besitzt dieses Fett eine bunte (gelbe oder rothe) Färbung. Solche fetttropfenhaltige Zellen sind bei Krusten thieren beobachtet, besonders bei Entomostraken, wo sie zuweilen im Verhältniss zur Körpergrösse des Thieres recht ansehnlich sind , und eine constante, regelmässige Vertheilung im Körper besitzen. Letzteres gibt der Vermuthung Raum , dass diesen Fetttropfen auch eine hydrosta- tische Bedeutung zukomme.

Am mächtigsten sind solche Ablagerungen bei den Insecten entwickelt, wo der Fettkörper, namentlich in den Larvenzuständen, aus ansehnlichen, mit Ausläufern unter einander verbundenen Zellen besteht, die einen grossen Theil der Leibeshöhle ausfüllen. Man darf sich jedoch keineswegs vorstellen, dass der Inhalt jener Zellen nur durch Fett gebildet wird. Dieses Gewebe ist die Ablagestätte des während des Puppenstadiums zum Theile verbraucht werdenden Materials, demnach beim ausgebildeten In- secte spärlicher vorhanden. Die Art der Verbindung der Zellen ist sehr verschieden. Sie kann eine innige sein, so dass der Fettkörper Lamellen bildet, oder zusammenhängende Lappen, welche mit Verzweigungen des TYacheensystems in Verbindung stehen ; oder die Verbindung der Zellen ist lose , und im äussersten Falle können die Zellen auch frei in der Lei-

Loibeshöhle. Geftsssystem. 295

beshohle vorkommen , wo sie nicht mit den um vieles kleineren und in« differenteren Blutzellen verwechselt werden dürfen.

Die Zellen des Fettkörpers der Trachea ten dienen noch zur Ablage- rung von Excretionsstoffen, die sich als harnsaure Salse bestim- men Hessen. Diese bilden Concremente von krystallinischer Beschaffenheit, sowohl grossere, an die Nierenconcremente der Mollusken erinnernde Kugeln, als kleine Körnchen. Sie sind unter den Arachniden bei Milben, ferner bei Myriapoden (Julus, Polydesmus, Glomeris) und sehr verbreitet bei Insecten getroffen worden. Auch bei Crustaceen scheint dieses Ver- hältniss nicht ganz zu fehlen , indem Aehnliches bei Asellus beobachtet ward.

Eine eigenthümliche Modification bietet der Fe ttkörper in den Le uch t- organen der Lampyriden. Diese werden aus Platten von Zellen gebil- det, zu denen reiche Tracheen Verästelungen und Nerven Verzweigungen gehen. Sie werden nach innen von andern, nicht leuchtenden, aber von reichlichen Harnconcrementen durchsetzten Zellen überlagert. Die ober- flächliche Lagerung der Leuchtplatten lässt sie der Epidennisscbichte (Hypoderm) zurechnen.

Die Gleicbmässigkeit des Cöloms in der Länge des Körpers wird durch die Muskulatur modificirt. Wo diese bedeutend entfaltet ist (im Cephalo- thorax der Crustaceen und Arachniden, wie in den Thorakalmetameren der Insecten), bleibt nur ein geringer Raum für das Cölom. Auch die Vorsprünge des Ghitinskeletes rufen Aenderungen hervor, zunächst durch Bildung kleinerer Räume, besonders bei Crustaceen. Bei den Insecten wird durch Muskeln, welche bei manchen an die Baucbganglienkette sich inseriren, die Scheidung eines subneuralen Raumes hervorgerufen. Bei anderen setzen sich ähnliche Muskeln im Abdomen horizontal von einer Seite zur andern fort, und bilden damit gleichfalls die Abgrenzung eines Theils des Cöloms.

Geftsssystem.

§ 216.

Dieses bei den Würmern zu einer hohen Ausbildung gelangte Organ- system erscheint bei den Arthropoden in manchen Beziehungen auf einer niederen Stufe, vor allem dadurch, dass die Leibeshöhle allgemein eine Strecke der Blutbahn bildet. Es besteht daher auch keine Verschieden- heit zwischen dem Blute und einer perienterischen Flüssigkeit.

Bedeutendere Ausbildung bietet meist nur ein dorsal gelagerter Gefäss'stamm, der als Hers fungirt und dem dorsalen Blutgeftssstamm der Würmer homolog zu sein scheint, von welchem einzelne Strecken gleichfalls als Herzen fungirten. Eine Verschiedenheit gibt sich in der Ablösung des Dorsalgefässes vom Darme kund. Durch den Herzschlauch wird das Blut entweder nach vorne zu bewegt, oder nach beiden Enden des Korpers. Diesem dorsalen Hersschlauche der Arthropoden fehlen

296 II. 5. Arthropoden.

jedoch zuleitende Gefässe, und das in ihn eintretende Blut nimmt seinen Weg durch spallarlige venöse Ostien. Wie sehr auch in einzelnen Ab- theilungen eine peripherische Blutbahn, sei es durch Fortsetzungen und Verzweigungen arterieller Gefässe, sei es durch Sonderungen gefässartiger Canäle aus Abschnitten der Leibeshöhle, ausgebildet erscheinen mag, so kommt doch stets dicht am Herzschlauche eine aus einem Abschnitte der Leibeshöhle entstandene Sinusbildung zu Stande. Dieser » Pericardial- sinus« erscheint als ein Theil des Cöloms, und lässt die bei vielen Arthro- poden herrschende geringe Entwickelung der Blutbahn nicht als Rück- bildung aus einem vollkommneren Zustande, sondern als einen auf geringe Ausbildung sich beziehenden niederen Zustand erscheinen. Wie und ob diese einfachere Form des Gefässap parates mit den bei Würmern realisirten Einrichtungen zu verbinden ist, bleibt für jetzt noch offene Frage.

Gomplicationen der Blutbahn gehen aus der Localisirung der Athem- function hervor. Wo immer gesonderte Gefässwandungen an den Blut- bahnen fehlen, geschieht die Strömung des Blutes doch stets in bestimmter, genau eingehaltener Richtung.

Die Blutflüssigkeit der Arthropoden ist in der Regel farblos, nur bei einigen Insecten erscheint sie durch Färbung des Plasma grün- lich oder roth. Die geformten Bestandteile des Blutes sind indifferente farblose Zellen von sehr veränderlicher Form und Grösse. Manchen (nie- dern Crustaceen) fehlen sie. Die Blutzellen der Insecten sind häufig durch ihren Reichthum an feinen Fettmolecülen ausgezeichnet, dürfen jedoch mit den oftmals gleichfalls freien Zellen des Fettkörpers nicht verwechselt werden.

§ 217.

Als einfachste Form eines Kreislaufsapparates besteht bei den Bran- chiaten ein kurzes schlauchförmiges Herz (vergl. Fig. 136. c von Daph- nia), welchem über dem Darmcanale im Vordertheile des Körpers gelagert, durch zwei seitliche Oeffnungen Blut aufnimmt , und es durch einen vor- deren kurzen Gefässstamm den Kopforganen, speciell den Gehirnganglien zuleitet. In regelmässigen Strömen vertheilt sich die Blutmasse durch den Körper, und gelangt, an den vorzugsweise der Athemfunction dienenden Theilen vorbei, wieder zum Herzen, wo sie durch dessen Spaltöffnungen aufgenommen wird. Diese Form des Circulationsorgans charakterisirt Gopepoden und Cladoceren , kommt aber auch den Larvenzuständen der höheren Ordnungen zu und findet sich selbst mit wenigen Modificationen bei Entwickelungszusländen der Decapoden. Deshalb können die ein- fachen Formen nicht als Rückbildungen complicirterer gedeutet werden. Der Kreislauf ist ein rein lacunärer, und ausser dem Ansätze zu einem nur selten mehrfach verzweigten, vorderen Arterienstamme existiren keinerlei Gefässe. Bei manchen Gopepoden (Corycaeiden) wie bei Cirri- pedien sind Girculationsorgane vermisst worden.

Gefasssystem. 297

Eine weitere Entwickelung zeigt das Herz bei den Phyllopoden. Es erscheint als längerer Schlauch, der eine mehrfache Wiederholung des einfachen Herzens der Daphnien bildet, indem er eine Mehnahl von venösen Ostien (bis zu 20 Paaren bei Artemia] besitzt. Der Herzschlauch ist somit in einzelne Kammern gegliedert, diese entsprechen aber nicht genau den Metameren , vielmehr trifft eine grössere Anzahl der letzteren auf je eine Kammer. Die Gliederung erscheint damit als eine selbstän- dige, was vielleicht als eine spätere Einrichtung anzusehen ist. Nur an dem vordersten Ende geht ein Arterienstamm hervor und übergibt das Blut der Lacunenbahn der Leibeshöhle.

Das Herz der Arthrostraken durchzieht einen grossen Theil der Länge des Körpers bei den Amphipoden und Isopoden , bei ersteren in den auf den Kopf folgenden Metameren gelagert, bei letzleren weit nach hinten gerückt. Entweder wird nur ein vorderes Gefäss , oder auch noch ein hinteres entsendet. Verzweigungen kommen nur ersterem zu und sind auf die Kopfgegend beschränkt. Die Zahl der Ostien ist bei Amphipoden sehr verschieden (Phronima hat 3, Caprella 5, Gammarus 7 Paare.

Einen einfachen Herzschlauch mit nur zwei seitlichen Ostien besitzen die Larven der Thoracostraken und damit knüpfen sie an die oben erwähnte Einrichtung an. Hieraus hervorgehende compiicirtere Formen laufen nach zwei Richtungen aus. Die eine davon reprasentiren die Sto- mapoden , deren Herz sich in die Länge streckt , und unter Vermehrung der venösen Ostien anfänglich nur nach vorn und hinten einen Arterien- stamm absendet. Da nur die vordere Arterie sich verästelt, die hintere dagegen eine weite offene Mündung besitzt, so wird dadurch eine Wie- derholung der bei den Arthrostraken vorhandenen Einrichtung gegeben, bis in höheren Stadien nicht blos die vordere und die hintere Arterie reichlichere Verzweigungen bilden, sondern auch vom Herzen selbst eine grössere Anzahl seitlicher Arterienstämmchen abtreten.

Den zweiten Typus bieten die Schizopoden und Decapoden. Das Herz* hat auch bei dem Besitze mehrerer Ostienpaare eine concentrirtere Gestalt; eine Theilung des Binnenraumes in aufeinander folgende Kam- mern ist nicht mehr unterscheidbar. Die anfängliche Gliede- rung ist in eine einheitlichere Bildung übergegangen. Auch in der Lage der mehrfachen Spalten ist dieses Verhallen ausge- drückt : sie folgen sich nicht mehr gleichmässig , sondern sind verschie- denartig gruppirt. Das Herz der Larven tritt jedoch als ein dünnwandiger Schlauch auch hier nur mit Einem Spaltenpaare auf , und setzt sich nach vorne und hinten in einen einfachen Gefässstamm fort. Der vordere theilt sich in drei Aeste, die bei Verkürzung des Stammes auch unmittelbar vom Herzen entspringen, der hintere bleibt einfach. Das Herz erscheint entweder nur vorübergehend langgestreckt, oder sogleich in einer mehr gedrungenen Form. Seine Lage hat es sowohl bei Schizopoden als Deca- poden im hinteren Theile des Gephalothorax.

Auch an der arteriellen Blutbahn bilden sich neue Abschnitte, wäh-

298 II- >■ Arthropoden.

rend der gaoze venöse Theil nur durch Lacunen vertreten wird. Auf dieser Stufe bleibt das Gefasssystem der Schizopoden stehen (Mysisj, wahrend die Decapoden die einzelnen Stadien der Schitopoden ontoge- netisch durchlaufen. An der ausgebildeten Form eines lang- schwänz igen Decapoden finden wir den muskulösen Herz- schlauch (Fig. 145. c) von einem deutlich ausgebildeten Pericardia Ismus (pc) umgeben, aus welchem das Blut durch drei Paare symmetrisch ver- teilter Spaltöffnungen in erste- ren tritt. Vom Herzen entsprin- gen drei vordere Arterienstamme und ein hinterer Stamm. Der vordere mediane [ao] verläuft ohne bedeutende Verzweigung zu Gehirn und Augen (o) , die beiden seitlichen \tm) vertheilen Aeste an Geschlechtsorgane, Leber und Antennen. .Der vom hinteren Ende des Herzens ab- gebende Arlerienstamm theil t sich in zwei Über einander lie- gende Aeste , die auch getrennt vom Herzen entspringen können. Der dorsale (»/») versorgt, bei Brach yuren gabelförmig gespal- ten, die Muskulatur des BUckens und Schwanzes. Der ventrale Ast (a) wendet sich sogleich nach seinem Ursprünge abwärts, \\ 1 ' i .' ^r/ UDa" l^e''1 s'ch in einen nach

x*C 1 V^ vorne und einen nach hinten

laufenden Zweig, welch' beide Fig. tu. :seiieB*tiickB Dutuiiaag d«. nwuiitioni- vorzüglich für die Gliedmassen KPK.i»..ran»iinn o Aog« <u i>teni« Au- bestimmte Verzweigungen ab- ^*"«ric»raiain,ll*1«i 'mIj"** .!-'j™ i" «iirwii» senden. Ausser dem hinteren uoLoberuiario. ap Bim«™ K»t(tB*n» i stimm medianen Artcrifinstamme fin- det BmchuWrie. nc Vorder» BaMUrtttU. * Ven- ,jen sjch zuweilen noch Zwei tmler Veneminui. r er KiPtEenieseo LH* Pfeile ... _ ,

<ieitan die KLchtuni der »lbuuisa m. kleinere vor. Das sehr ent-

wickelte Capillarsystern geht all— mählich in rUckfuhrende Canäle (Körpervenen) Über, welche sich zunächst auf der ventralen Seite in mehrere Stamme sammeln , und damit {<•) in

Gefogssystem. 299

einen weiten an der Riemenbasis (im sogenannten Sternakanal) gelegenen Ventralsinus sich vereinigen. Jede Kieme (br) erhalt von da aus ein zu- führendes Gefess (Kiemenarterie). Aus den Kiemen gelangt das Blut in Kiemen venen (vbr), deren jederseits 6 7 zum Pericardialsinus empor- steigen und dort häufig trichterförmig erweitert münden.

Als besondere Differeniirungen des Herzens sind die Klappen der venösen Ostien anzusehen , die an den langgestreckten Herzformen zur Scheidung in einzelne Kammern beitragen.

Mehrere dieser verschiedenen Formzustände vereinigt der Circula- tionsapparat der Pöcilopoden, deren langgestrecktes Herz in einem Pericardialsinus liegt, und von daher durch 7 Ostienpaare Blut empfängt, aber nicht blos vorne und hinten , sondern ähnlich wie bei Stomapoden auch seitlich Arterienstämme entsendet.

§ 218.

Die Kreislauborgane der Tracbeaten zeigen mit jenen der Crustaceen mit langgestrecktem , vielkammerigem Herzen einige Uebereinstimmung, und die Verschiedenheiten begründen sich mehr auf den Grad der Ent- wickelung eines vom Herzen ausgehenden Gefässsystems. An diesem macht sich wiederum eine Beziehung zu den Athmungsorganen geltend, indem eine Beschränkung der letzteren auf kleinen Baum von einer voll- kommeneren Entfaltung von Blutgefässen begleitet wird, indess die Ver- keilung von respiratorischen Organen im ganzen Körper mit geringerer Ausbildung der Arterien sich verbindet. Auch die Protracheaten scheinen sich hierin anzuschliessen.

Der Girculationsapparat von Peripatus wird, soweit bis jetzt be- kannt, durch ein »Bücke ngefäss« vorgestellt, ähnlich dem bei Insecten bestehenden, so dass hier im Vergleiche mit den andern Tracheaten die einfachsten Verhältnisse vorkommen. Das Bückengefäss bietet an seiner Unterfläche in der Medianlinie eine Beihe von Spalten, und scheint sich in Uebereinstimmung mit den Myriapoden längs des Körpers zu erstrecken, indess es bei Insecten auf das Abdomen beschränkt ist. Es wird hier durch »Ftogelmuskeln« (Fig. 446 m) an die Leibeswand, zuweilen auch (bei Muscidenlarven) an Tracheen befestigt. Es besitzt eine, bei Larven ausser- lieh oft sehr wenig deutliche Theilung in Kammerabschnitte , eine Meta- merie, die auch durch die Anordnung jener Muskeln, theils durch die Lagerang der spalteuförmigen venösen Ostien ausgedrückt ist. Die Schwankungen in der Zahl dieser Kammern sind nicht sehr bedeutend, bei den meisten stellt sie sich auf acht, selten sich darüber erhebend, häufiger darunter sinkend. Diese Verbältnisse bedürfen jedoch noch sehr genauerer Prüfung. Das durch die Ostien in den Herzschlauch aufge- nommene Blut wird durch die Kammersystole nach vom getrieben , ge- langt somit von Kammer zu Kammer, und von der vordersten in die Körperarterie , wobei die als Klappen fungirenden taschenförmigen Ein- stülpungern der Ostienränder den Rücktritt verhindern.

30Ü

II. S. Arthropoden.

wii der Torderiltn

Die Kttiperarlerie (Fig. 146. a) ist die UDinillelbare Forlsetzung des Herzens, welches im Vergleiche mit den Myriapoden die tboracalen Mela- meren verlassen hat. Die Arterie verlauft gerade nach vorn gegen das Gehirn, in ihrem näheren Ver- halten noch keineswegs genau bekannt. Ob eine für einzelne Insecten angegebene Verzweigung des Vor- derendes eine allgemeine Erscheinung ist, bleibt un- entschieden. Jedenfalls durchläuft das Blut sehr bald eine lacuniire Bahn zwischen den einzelnen Organen in regelmässigen Strömen , wie an durch- sichtigen Inseclenlarven leicht zu beobachten ist, und sammelt sich wieder in der Nahe des Herzens zum lim t rille in die venösen Ostien an. Auf diesem Wege sind die einzelnen Bahnstrecken zuweilen so scharf abgegrenzt, dass z. B. in den Gliedmassen gefäss- artige Räume zu entstehen scheinen.

Indem die Flügeimuskeln nicht unmittelbar an die Herzwand, sondern an besondere dieser auflie- gende Zellen sich ansetzen, und sich zugleich in ein das Herz umgebendes Masebenwerk verflechten, ent- steht darunter ein Hohlraum, der einem Pericardial- sinus ähnlich ist.

§ 219. Am Herzen der U j riapoden äussert sich durch die gleichartige Ausdehnung in der ganzen Körper- länge und die beträchtliche Ver- mehrung der Kammerzahl ein engerer Zusammenhang der äusse- ren Gliederung des Körpers mit der inneren Organisation und darin kann ein niederer Zustand erkannt werden. Die Kammern (Fig. 147. A') sind wieder durch Klappen, an den einzelnen venösen Ostien [o] von einander abgegrenzt, und werden durch ansehnliche Flügeimuskeln (m) befestigt. Von jeder Kammer gehen paarige besonders bei Scolo- pendern ausgebildete Arten en- siamme für die betreffenden Meta- meren hervor. Im Vergleiche zu dem Insecten liegt darin eine Weiter- bildung. Diese Arterien entspringen

Gefosesyitem.

Ol

fast in gleicher Hohe mit den venösen Ostien. Bei den Juliden sind sie doppelt, da jede Kammer aus zwei ursprunglich getrennten verschmilzt. Aus der vordersten Kammer entspringen drei Stamme, deren mittlerer {<•] sich im Kopfsegmente verbreitet, wahrend die beiden seitlichen (6] den Oesophagus umfassen. Aus ihrer Vereinigung bildet sieb ein grosserer, dem Bauchmarke aufliegender Stamm , der wie bei den Scorpionen bis zum letzten Ganglion der Bauchkette verläuft und zahlreiche Aesle absendet.

§ 220. Bei den Arachniden treffen wir die Scorpione mit dem complicir- testen Circulationsapparale ausgestaltet. Das von einem Pericardialsinus umgebene Herz erscheint im Einklänge mit der Leibesform der Thiere be- trachtlich in die Lange gestreckt und in 8 Kammern gelheilt, die durch seitliche Muskeln (FlUgelmuskeln) befestigt werden. In jede Kammer führt ein Paar dem Rücken zugewendeter Spalten 'venöse Ostien), durch Dach innen vorspringende Klappen verschliessbar. Vorne wie hinlen gehen arterielle Gefilsse als direcle Verlängerungen des Herzens ab, wo- von das vordere Gefüss, die Kopfartcrie, in den Cepbalolhorax eintritt, indess das hintere zum Schwänze verlauft. Ausserdem entspringt, wie bei Hyriapoden, eine An- zahl lateraler Arterien * ^ ./ dicht an den venösen Ostien und verlheill sich an die benach- barten Organe. Von den zahlreichen, der Kopfarterie entstam- menden Aesten stellen zwei einen den Oeso- phagus umgebenden GefessriDg dar , von welchem sieb eine , rucklaufende Arterie (Arteria supraspinalis) auf dem Baucbmark bis zu dessen Ende unter Abgabe reich- licher Zweige er- streckt. Das venöse Fif ,„ cir«).«»..«^» ljc».». a tu« »n *n,

Blut Sammelt Sich S In •«itllct.r Anrieht, a Inf»»- I I 5 B Olladmauas. P Laif*.

ähnlich wie bei den CH""- « v«a" °",i*» J" ■«"■■ »»< «•«•*"»««• M*.

, lllflN Blutitrami »B. (Kwll CupialuC.)

höheren Crustaceen in

einem der Baucbfluche dicht aufliegenden Behalter und wird von diesem aus zu den Athmungsorganen gefuhrt. Ehe das Blut von daher in das Herz gelangt, passirt es den Pericardialsinus.

302 H. *• Arthropoden.

Bei den übrigen Arachniden erscheint der mehrkammerige Herz- schlauch in reducirter Form und erinnert an die Verhältnisse der Insecten. Er liegt stets im Abdomen ; bei den Araneen und Opilioniden mit drei Paaren seitlicher Ostien, durch die er in Kammern geschieden wird. Von der vordersten Rammer setzt sich eine Arterie in den Cepbalothorax fort, welche bei Lycosa sich in zwei Aeste spaltet (Fig. 448} und von jedem derselben Zweige für die Augen und für die Gliedmassen entspringen lässt. Die hinterste Kammer öffnet sich am Ende des Abdomens, der hier sich ergiessende Blutstrom entspricht demjenigen, welcher bei den Scor- pionen durch. die Caudalarterie vertheilt wird. Bei dem Mangel eines Pericardialsinus findet das Blut sowohl auf dem Wege zu den Athem- organen, als auch von diesem zum Herzen nur lacunäre Bahnen vor.

Unter den Pycnogoniden ist dieser Apparat nur auf ein dreikamme- riges Herz beschränkt, zu welchem zweiOstienpaare fuhren, und bei den Milben scheint sogar das Herz nicht zur Entwickelung zu kommen.

Excretionsorgane.

Der bei den Würmern in den Schleifencanälen bestehende Apparat findet sich in modificirter Form bei den Grustaceen wieder. Von den ihn darstellenden Organen besteht das eine aus einem gewundenen, unter dem Integumente des Kopfes gelegenen Schlauche , der an der Basis des zweiten (äusseren) Antennenpaares ausmündet. Bei den Entomostraken ist dieses Organ auf das Larvenleben beschränkt, und da in den meisten Abtheilungen nachgewiesen. Vielleicht erhält es sich bei den Girripedien in den sogenannten »Gementdrüsen«, welche bei den Lepadiden im Stiele lagern und am untern Stielende münden , bei den Balaniden zu einem eigenthümlichen Drüsencomplexe umgestaltet sind. Persistent ist das Or- gan bei den Thoracostraken, als »grüne Drüse« beim Flusskrebs bekannt.

Ein zweites hieher gehöriges Drüsenorgan besteht gleichfalls bei den Entomostraken , fehlt aber den höheren Krusten thieren. Es liegt in der mantelartigen Duplicatur des Integumentes als ein schleifenförmig ange- ordneter heller Canal, der unter dem Mantel ausmündet (vergl. Fig. 436 g) . Wegen der Lagerung unter der Schale wird das Organ als Schalen* drüse bezeichnet. Nach innen ist es blind geendigt.

Es bestehen demnach bei den Krustenthieren zweierlei hierher gehö- rige Drüsenorgane, deren Homodynamie jedoch zweifelhaft erscheint. Das zweite Organ dürfte den schleifen form igen Excretionsorganen der Würmer homolog sein , und so von einer gemeinsamen Stammform her sich fort- gesetzt haben, mit Aufgabe seiner mctameren Bedeutung.

Diese in ihren functionellen Beziehungen noch nicht sicher zu be- urteilenden Organe, von denen nur die grüne Drüse bestimmter als nierenarliges Excretionsorgan sich darstellt, werden bei den Tracheaten

Eicretionsorgane. Tracheen. 303

vermisst. Die Function der Excretion wird hier von Organen übernom- men , welche als Harucaoäle oder MiLPiam'sche Gelasse unler den An- hangsgebilden des Enddarmes 214) ihre anatomische Darstellung landen.

§ 2SS.

Die Leibeshöhle der Protracheaten und Trachea teil durchsieht ein luftführendes Röhrensystem, welches, soweit die bis jetil bekannton Tbat- sachen tragen, von lntegutnentarorganen abzuleiten ist. Von grösster Bedeutung ist hiefür das Verhalten dieser Organe bei Peripatus, wo un regelmässig verlbeilte Büschel feiner, mit Luft gefüllter Rühren sich an der inneren Flüche der Körperwand , aber auch zu den Oviducten wie an Vorder- und Enddarra verbreiten.

Diesem Zustande stellten sich die Einrichtungen der Tracbeaten gegen- über, bei denen die Tracheen eine regelmassige Anordnung darbieten, symmetrisch vertheilt sind. Sie be- stehen ans einer Süsseren Zellen- scbicht (Fig. 149. a, die innen von einer mit dem Integumente in Zusam- menhang stehenden Chitinhaut ausge- kleidet wird. Die Chilinschicbte ist die wesentlichste Bedingung der Ela- stizität, und bietet unter Zunahme der letaleren verdickte Stellen in Form eines ins Tracheenlumen vorspringen - den Spiralfadens. An einzelnen Stellen bilden die Tracheen sackförmige Er- weiterungen, dann ist jene spiralig angeordnete Verdi ckungsscbichte un- terbrochen, d. fa. ihre Ablagerung ist nur an einzelnen , uuzusammenhan- genden Stellen erfolgt. Diese Cbilin- schicbte stellt mit ihren Spiralleislen keine sp cd fische Einrichtung vor, denn an den Ausfübrgangen vieler Drüsenapparate der Tracbeaten besieht ein ganz ahnlicher Bau.

Die äusseren Oeffnungen (Stig- mata) der Tracheen sind bei der regu- lären Anordnung paarig zu beiden

Seiten des Körpers in wechselnder Zahl gelagert und können an jedem Körpersegmente vorhanden sein. Jedes Stigma stellt eine quer ovale, von ringförmiger Verdickung des äusseren Chitinskeletes umgebene Spalte

304 *'• 5- Arthropoden.

vor , die durch Klappenvorrichtungen geöffnet oder geschlossen werden kann. Besondere Muskeln bewirken einen Verschluss. Der vom Stigma abgehende Tracheenstamm löst sich früher oder später in ein Büschel kleinerer Aeste auf, aus denen feinere, die Organe umspinnende Zweige hervorgehen. Die Art der Verzweigung wie die Länge und Stärke der Aeste ist sehr verschieden. Durch Verbindung einzelner Tracheenstämme unter einander kann ein längs oder quer gerichtetes Röhrensystem den Körper durchziehen , aus dem erst secundär feinere Verzweigungen ent- springen.

Durch die Tracheenverbreitung im Körper ergeben sich die Ath- mungsverhältnisse der Tracheaten von denen der Branchiaten wesentlich verschieden. Das zu respirirende Medium wird im Organismus vertheilt, und nicht nur die überall die Tracheen umspülende Blutflüssigkeit kann den Gasaustausch vollziehen, sondern selbst an den Geweben kann ein unmittelbarer Athmungsacl stattfinden, da die Tracheen vertheilung bis in diese hineindringt und sogar zu den Formelementen in Beziehungen tritt. (Vergl. Fig. \ bb.tr.) Das gilt jedoch nicht für alle Fälle, indem durch eine Reduction der Tracheen eine Beschränkung und engere Begrenzung der respiratorischen Stellen stattfindet und damit die diffuse Athmung zu einer localen wird. Das Blut hat dann, wie bei den Kiemen, die Athmungs- organe aufzusuchen. In dieser Weise beeinflusst das Verhallen der Tra- cheen den Kreislauf. Ausser der Athmung dient das mit Luft gefüllte Röhrensystem der specifischen Erleichterung des Körpers und ist in dieser Beziehung bei den im Wasser lebenden Zuständen der Insecten von nicht minderem Belange als bei jenen, die des Fluges sich erfreuend, durch besondere Vorrichtungen eine Vermehrung oder Minderung des Luftvolums im Tracheensystem bewerkstelligen können.

§ 223.

In der Anordnung des Tracheensystems findet sich eine bedeutende Mannichfaltigkeit, die jedoch von der oben erwähnten einfachen Form büschelförmig verzweigter, jedem Metamer zu einem Paar zukommender Tracheen sich herleiten lässt. Die metamere Vertheilung dieser Organe scheint auch auf die Kopfsegmente stattgefunden zu haben, da in der On- togenie mancher Insecten auch an jenen Metameren die vom Ectoderm gebildeten Anlagen von Tracheen beobachtet sind. Von diesen Anlagen erhält sich keine bei den lebenden Tracheaten , was wohl mit der Entstehung des Kopfes in Zusammenhang steht. Für die folgenden Metameren ist gleichfalls durch eine, wenigstens für einzelne Fälle nachgewiesene Rück- bildung der Tracheenstämme eine Minderung deren Anzahl erkennbar.

Bei den Myriapoden ist die Gleichartigkeit der Tracheen im gesamm- ten Körper bei aller Verschiedenheit in den einzelnen Ordnungen die Regel. Die entweder an der Bauchfläche oder mehr lateral, bei einigen sogar dorsal (Scutigera gelagerten Stigmata führen in Tracheenstämme, die nach

Tracheen.

305

der Zahl der Melameren vertheilt sind. Am einfachsten verhalten sich die Tracheen bei Julus. Von jedem Stigma geht ein Tracheenbüschel ohne jede Verzweigung zu den Eingeweiden. Bei Glouneris dagegen bieten die Tracheen Verzweigungen dar, und bei den Chilopoden gehen sie sowohl Längs- als Queranastom ose n ein, und erreichen damit eine ähnliche An- ordnung wie bei vielen Insecten.

Unter den Insecten scheint bei einem Theile der Aptera eine Rück- bildung der Tracheen eingetreten zu sein. Sie fehlen den Collerobola fast völlig, indem nur bei Smyntburus zwei prothoracale Tracheen beobachtet sind. Unter den Thysanuren sind sie zu drei Paaren bei Gampodea vor- banden (Fig. 150) und zwar im Meso- und Meta- tboracalsegment , sowie dem ersten Segmente des Abdomens angehörig. Der Hangel an Anastomosen lässt die niedere Stufe erkennen, die bei den andern überwunden ist. Meist bestehen 40 Sligmenpaare. Diese sind auch fllr die Pterygota die höchste Zahl des Imagozu Standes, nachdem für manche Larven 1 1 Stigmen vorauszusetzen sind; denn auch das erste Etumpfmelamer ist hier zuweilen mit einem Stigma versehen , welches sonst allgemein in Wegfall gekom- men ist. Allgemein fehlen Stigmen den beiden letzten Helameren. Diese Stigmen sowie die davon aus- gehenden Tracheenstamme sind aber keineswegs immer vollzählig. In grossem Wechsel des Befundes erscheinen bald da bald dort Sligmenpaare in Rück- bildung, so dass nur 3 oder 2 derselben sich offen erbalten. Sie liegen beim Imago meist in der weiche- ren, die Körpersegmente verbindenden Membran, am Abdomen zuweilen so weil dorsal gerückt, dass sie von den Flügeln bedeckt werden (Coleoptera) . Die Zahl und Anordnung der Tracheen des Imagosladiums ent- spricht nicht jener der Puppen oder der Larven. Die Verschiedenheit der in beiden Zustanden waltenden Busseren Lebensverhältnisse beherrscht die Einrichtungen dieses respiratorischen Rehrensystemes. Die Ausbil- dung von Anastomosen , sowohl der Quere als der Länge nach , sorgt für eine gleichmassige Verkeilung des zu respirirenden Mediums. Bei Re- duetion der Stigmenzahl gewinnen die LäDgssUlnime eine grosse funetio- nelle Bedeutung, indem sie den stigmenlosen Körperstreck en Tracbeen- verzweigungen senden. Sowohl auf Strecken der Hauptstamme wie der Aeste und Zweige können sich die obenerwähnten Tracheenblasen bilden , deren Entfaltung mit der Ausbildung des Flug Vermögens in Cau- salnexus steht. In ausserordentlicher Anzahl findet man sie bei Küfern [Lamellicornier) , minder zahlreich , aber umfänglicher treten sie bei Schmetterlingen, Hymenopteren und Dipteren auf, bei letzteren zuweilen durch ein grosses, fast das Abdomen feilendes Blasenpaar reprüsenlirt.

Gsjtnbinr, Ormdriii A. »rfl. Aiutomi«. Z. Aufl. 10

306 II- 5. Arthropoden.

Da die Entfaltung des Tracheensystemes an die Luftathmung und da- mit an den Aufenthalt ausserhalb des Wassers geknüpft ist , werden die bei vielen Insecten durch den Aufenthalt der Larven oder der ausgebil- deten Stadien im Wasser bedingten Modificationen als secundäre Einrich- tungen aufzufassen sein. Es sind Anpassungen an die geänderte Lebens- weise. So besteht bei manchen Dipterenlarven nur ein Stigmenpaar am Hinterleibsende (Corethra). In noch weiter ausgebildeter Anpassung geht vom Abdomen im Wasser lebender Hemipteren (Nepa, Ranatra) eine Athemröhre aus.

§224.

Die Anpassung an den Aufenthalt im Wasser verknüpft sich im höchsten Grade ihrer Ausbildung mit einer Rückbildung aller Stigmen und der von ihnen ausgehenden Tracheen stumme. Daraus geht das ge- schlossene Tracheensystem hervor, welches die Larven der amphi- biotischen Pseudoneuropteren auszeichnet. Hier bestehen die auch beim offenen Tracheensystem vorkommenden Längsstamme als die Haupttheile des Apparates. Sie verzweigen sich sowohl nach den Eingeweiden (Darm) wie nach der Leibes wand. An beiden Theilen rufen sie die Ausbildung von Organen hervor, an denen der Austausch der Gase vor sich geht. Die Reziehungen dieses geschlossenen Tracheensystems zum offenen erhellen aus dem Vorkommen von Strängen, welche die Längsstämme mit der Kör- perwand verbinden, und genau an den Stellen inserirt sind, wo später die Stigmen sich finden. Die Stränge erscheinen damit als obliterirte Tra- cheenstämme. Das bestätigt sich noch dadurch, dass bei der Häutung der Larven auch die Intima eines Theiles des Tracheensystemes mittels einiger dieser Stränge nach aussen entfernt wird und dann an den Exuvien sich vorfindet (Ephemeriden, Perliden). Ein Theii dieser Stränge wird dann nach letzter Häutung wieder wegsam, und stellt, indem seine dermale Verbindung ein Stigma hervorgehen lässt, ein offenes Tracheen- system her.

Die am Integumente sich verzweigenden Tracheen vermitteln wäh- rend des Geschlossenseins des Apparates eine dermale Respiration (manche Perliden) . Daran knüpft sich die Ausbildung von Oberflächen vergrösse- rungen, welche zur Rildung von Fortsätzen führt, in denen Tracheen vorzugsweise sich verzweigen (Tracheen-Kiemen, vergl. § 1 90y . Diese Organe bilden bald Büschel , bald Blättchen und halten bei Ephe- meriden und Perliden das Abdomen besetzt (Fig. 451 A) oder finden sich auch noch als Büschel am Thorax (Perliden). Die allgemeine Dermal- respiration ist hier auf bestimmte Organe localisirt. Bei der Büschelform kommt eine grössere Oberfläche zu Stande, was bei der Blattform coni- pensirt wird durch die Bewegungen der Blättchen, und den damit geför- derten rascheren Wasserwechsel. Bei Ausbildung der Tracheen Verzwei- gung am Enddarme übernimmt dieser respiratorische Function. Auch

ohne das Vortoramen besonderer Organe scheint daselbst bei Ephetae- riden- und Perlidenlarven ein Theil der Respiration vollzogen zu werden, da eine Aufnahm« vod Was* A C ß

sw in denEnddarm beobach- tet ist. Ersichtlicher ist diese Function mit der Entstehung einer F I tichenverg rosser u Dg, wie sie bei den Larven der Libellen in den zahl- reichen, Langsreiben bilden- den Lamellen besteht. Zwei Langsslämme (Fig. 451 Ba) verzweigen sieb hinten (c) an den Enddarm, und bil- den in dessen Lamellen ein dichtes Tracheengeflecht. Durch die Bewegungen einer Klappvorrichtung an der Analollhung werden diese inneren Tracbeenkiemen beständig mit Wasser be- spült. Somit fungirt hier der Enddarm als Alhem-

organ, wie es auch in man- Fig- 1S1* Ki»t-rtb-ii «.-,•» d.r u™. chen anderen Ablheduogeu <Tn6btaM,mn. '-.htm. m^uüu«. vorkommt. intki gi.udii. ot>*i* Lia-tt-MOM**)*

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§ 225. Unter den Arachniden reihen sich die Galeoden bezuglich des Tra- cheeDsystems am nächsten an die Inseclen, indem die einzelnen Tracheen durch seilliche Längsstämme verbunden sind. Durch nur drei Stigmen- paare wird andererseits die Verwandtschaft mit den übrigen Aracbniden- Abtbeilungen kundgegeben. Eine bemerkenswerthe Eigentümlichkeit besitzt das Tracheensystem in der baldigen Tbeilung eines von einem Stigma entspringenden Tracheen Stammes in eine grosse Anzahl kurzer, lamellenartig abgeflachter und wie Blätter eines Buches an einander lie- gender Aeste, wodurch das ganze Organ auf einen kleinen Baum be- schränkt wird. Solche BUltertracbeen bat man als »Lungen* be- zeichnet. Vier Paare derselben munden bei den Scorpionen auf der VentralGüche des Abdomens aus. Zwei Paare besitzen die Geisselscorpione und die Vogelspinnen. Bei den Übrigen Spinnen ist nur ein Paar ausge-

308 U- 5- Arthropoden.

bildet, dessen Stigmen am Vordertheil des Abdomens ventralwärts liegen. Ein zweites Stigmenpaar führt bei manchen Spinnen nahe hinter dem ersten gelagert in Tracheen , die in zwei, terminal mit feinsten Röhrchen besetzte Hauptröhren endigen (Argyroneta, Dysdera, Segestria). Bei anderen ist dieses Stigmenpaar verschmolzen und liegt vor den Spinn- warzen. Meist gehen von der Stigmahöhle vier Röhren aus, die entweder verzweigt (Thomisus) oder einfach verlaufend endigen (Tegeneria, Clu- bion a, Lycosa, Epeira) . Durch das Fehlen von Verzweigungen wie von Anastomosen reihen sich die Blattertracheen an den niedersten Zustand der Tracheen an, und repräsentiren eine einseitige Ausbildung derselben. Nur ein Stigmenpaar besitzen die Opilionideo, deren Tracheen durch reiche Verzweigung sich auszeichnen. Ebenso reducirt ist die Stigmenzahl bei den Milben , von denen viele (z. B. Sarcoptes) des Tracheensystems ebenso entbehren, wie die Linguatuliden und Pycnogoniden.

Geschlechtsorgane.

§ 226.

Die Fortpflanzung der Arthropoden wird ausschliesslich durch den Geschlechtsapparat besorgt, und was man hier als ungeschlechtliche Ver- mehrungsweise bezeichnet (Erscheinungen der Parthenogenesis und des Generationswechsels) , geht in allen Fallen aus geschlechtlicher Diflferen- zirung hervor.

Die bei den Würmern nur in einzelnen Abtheilungen vorhandene Vertheilung der Generationsorgane auf verschiedene Individuen ist bei den Arthropoden zur Regel geworden ; nur bei wenigen hat sich hermaphro- ditische Bildung erhalten. Die geschlechtliche Ditferenzirung erstreckt sich bei vielen auch auf äussere Theile, auf Umfang und Gestaltung des Körpers. Die Keimdrüsen sind stets gesonderte Organe, die nicht mehr auf die Metameren vertheilt, und entweder einfach oder doch in nur einem Paare vorhanden sind. Ob dies daher rührt, dass der Geschlechtsapparat sich hier von solchen Tbieren vererbt hat, die ihn nur einfach besassen, ist noch nicht zu ermitteln.

In der allgemeinen Anordnung der Organe ergeben sich manche Übereinstimmende, höchst beachtenswerte Befunde. Die Grundform des

Apparates ist in einer einheitlichen Keimdrüse (Fig. 152 a) zu erkennen, von der bilateral ein Ausführcanal [b] sich fortsetzt. Dieses Verhalten der Keimdrüse treffen wir bei Branchiaten Fig. 152. Schemata für das verhalten des wie bei einem Theile der Tracheaten

Geschlechtsapparates der Arthropoden. (Arachniden) ausgesprochen. Die Voll— a Keimdrüsen. 6 c Ausführgang. ständige DupHcität des Ausführganges

bis zur Mündung bewahren fast alle Crustaceen [A). Auch unter den Tracheaten ist dies noch bei Myriapoden vorbanden. Die Einheit der Keimdrüse beginnt unter den Crustaceen sich aufzulösen. Das Organ ver-

Geschlechtsorgane. 309

theilt sich dann nach den beiden Ausführgängen (Insecten). Durch Näherung der Mündungen der Ausführgange kommt es zu einer gemeinsamen Oeff- nung, und daraus leitet sich ein unpaarer Abschnitt der Ausführwege ab (c). Viele Arachniden besitzen diese unpaare Strecke in Verbindung mit einem ringförmigen Theile, der von der Keimdrüse in grosserem oder geringerem Haasse vorgestellt wird (C). Der Ring ist dann durch einen ererbten [primären) Zustand : die einheitliche Keimdrüse, und einen erworbenen (secundären) Zustand: die Verschmelzung der Ausführwege, gebildet. Wie die Geschlechtsorgane der Krebse die niederste Stufe dieser Reihe vorstellen, so erscheinen die Insecten auf der höchsten, da sowohl die Keimdrüse durch ihre bilaterale Trennung als auch die Ausfuhrwege durch ihre terminale Verschmelzung und Bildung eines gemeinsamen unpaaren Abschnittes am weitesten vom niedersten Befunde sich entfernt haben (D) . Sowohl an den Keimdrüsen ergeben sich mannichfacbe Differenzirungen, wie auch an den Ausführwegen , an diesen am grossartigsten und zwar bald an der paarigen, bald an der unpaaren Strecke. Die Befruchtung erfolgt mit Ausnahme der festsitzenden Cirripedien durch Begattung. Dem entsprechend findet sich näher oder entfernter vom Endabschnitte der weiblichen Ausführwege ein Raum zur Aufnahme des Sperma (Reoepta- culum seminis) durch eine Ausbuchtung einer Strecke der Ausführwege vorgestellt, die zu selbständigeren Anhangsgebilden sich umgestaltet. Endlich tritt noch eine Begattungstasche zur Aufnahme des Penis hinzu.

Ausnehmend mannichfach sind die Organe, welche zum Schutze der bereits aus dem Körper getretenen Eier verwendet werden. Häufig ist ein Theil der Gliedmassen, besonders bei Krustenthieren, in dieser Richtung umgebildet. Aber auch ganze Körperregionen können zu Brutbehältern umgewandelt sein. Aus diesen Beziehungen zur Brutpflege entspringt ein grosser Theil der Verschiedenheit weiblicher und männlicher Individuen. Endlich ist noch, als ein auf alle Theile des weiblichen Apparates modifi- cirend wirkender Umstand, die Quantität der producirten Eier in Anschlag zu bringen, indem aus einer beträchtlichen Vermehrung nicht blos Er- weiterungen der ausleitenden Räume , sondern auch vielfältige Umände- rungen aller accessorischen Organe abzuleiten sind, die wieder in der Volumzunahme des Weibchens sich aussprechen.

Am männlichen Apparate führen ausser den von den Ausführwegen ausgehenden Differenzirungen wieder die durch die Begattung bedingten Organe zu Complicationen. Wo nicht das ausstülpbare Ende der Aus- fuhrwege zur Begattung dient, finden sich besondere Copulationsorgane, an deren Herstellung bald die Gliedmassen (Krebse), bald solche und ganze Metameren (Insecten) betheiligt sind. Den Gliedmassen kommen überdies noch manche andere Beziehungen zum Geschlechtsapparate zu, indem sie als Organe zum Einfangen und Festhalten der Weibchen dienen, und damit in Verbindung stehende Umbildungen aufweisen. So erscheint hier der Geschlechtsapparat in seiner Correlation von grösster Bedeutung für die Gestaltung des Gesammtorganismus.

310

II. 5. Arthropoden.

§ 227.

Unter den Crustaceen treffen wir bei einem Theile der Cirripedien Zwitterbildungen. Hoden wie Eierstöcke sind vielfach verästelte, äusser- lich nur durch ihre Lagerung unterschiedene Schläuche. Die Ovarien liegen bei den Lepadiden in dem durch eine Ausstülpung des Mantels gebildeten Stiele verborgen und senden jederseits ein Oviduct zur Mantel- hohle. Bei den Balaniden sind sie in den Mantel eingebettet. Die männ- lichen Zeugungsdrüsen sind in beiden Familien um den Tractus intesti- nalis gelagert und vereinigen sich an jeder Seite zu einem Vas deferens, welches, den Enddarm begleitend, mit dem der anderen Seite verbunden am Ende des Postabdomens mündet.

Bei den übrigen getrennt geschlechtlichen Crustaceen zeigt die Ein- richtung von beiderlei Apparaten einen hohen Grad der Uebereinstim- mung. Nafch dem paarigen oder unpaaren Verhalten der Keimdrüsen lassen sich zwei verschiedene Formen des Geschlechtsapparates unter- scheiden. Diese sind jedoch unter einander verknüpft durch Verbindung zweier Keimdrüsen zu einem äusserlich unpaaren Organe.

Unpaare Keimdrüsen treffen wir bei den freilebenden Cope- poden. Ovarium wie Hoden (Fig. 453. t) liegt in der Medianlinie dem

Mitteldarm (v) auf. Das Ovar t entsendet jederseits einen Ei-

leiter, der entweder einfach nach hinten verläuft, oder an seinem Endabschnitte mehr- fache als Uterus fungirende Windungen bildet (parasitische Copepoden), oder auf seinem ganzen Wege mit vielfachen Ausbuchtungen (Fig. 154. B) zur Aufnahme der Eier besetzt ist fCorvcüiden ). Der kurze Endabschnitt ist entweder in seinen Wandungen drüsig, oder es sitzt ihm eine besondere Kittdrüse an. Eine Erweiterung des Endabschnittes fun- girt als Receptaculum seminis, welches auch in vielen Fällen, z. B. bei Siphonostomen, einen zur Aufnahme des Sperma mit selbständiger Mündung versehenen besonderen Abschnitt vorstellen kann. Bei vielen Siphonostomen ist das Ovarium doppelt; beide Ovarien sind aber häufig einander genähert. Aehnlicbes bietet sich bei den männlichen Copepoden, von denen die freilebenden einen einfachen, bei den Corycäi- den in zwei Hälften getrennten Hoden besitzen , der jederseits in ein be- sonderes Vas deferens übergeht. Bei manchen Familien ist der rechte Samenleiter rückgebildet. Das häufig gewundene Ende des Samenleiters (Fig. 453. vd) dient als Samenblase, in der die Bildung der Spermato- phoren geschieht.

Fig. 153. Darm und männlicher Oeschlechtsapttarat ton Pleuroma. Seitliche Ansicht, Mnnddarm. »Mittel- darm, h Unpaarer Blindsack. t Enddarm, e Herz. t Hoden, td Gewundenes Vas deferens. (Nach Claus.)

Geschlechtsorgane. 31 1

Bei den Branchiopoden liegen die Keimdrüsen als getrennte Schlauche zur Seite des Darmcanals. Einfach sind sie bei den Cladoceren , wo sie sieh unmittelbar In den wenig veränderten Ausführgang fortsetzen , der sowohl bei männlichen als weiblichen Organen nahe am Körperende mündet. Daran reihen sich die Phyüopoden. Hoden oder Eierstöcke neh- men bald nur de» hintern Theil der Leibeshöhle ein , und senden dann von ihrem vorderen Ende einen rückwärts umbiegenden Ausführgang ab fArtemia, Branchipus), oder sie beginnen weiter vorne und lassen den AusfUbrgang am hinteren Ende oder nahe daran hervorgehen (Holope- dium). Ein erweiterter Abschnitt des Oviductes dient bei ersteren als Uterus, Ähnlich wie am Samenleiter eine Anschwellung die Samenblase bildet. Diese einfachere Form der Geschlechtsorgane geht bei den meisten Phyllopoden durch Vergrösserung der Keimdrüsen Modificationen ein. Das Ovarium von Limnadia ist mit kurzen taschenartigen Ausbuchtungen be- setzt, die bei Apus durch weiter gebende Verästelungen eine gelappte Drüse von bedeutender Ausdehnung herstellen. Dies Organ dient auch als Behälter (Uterus) für die reifen Eier. Formell ahnlich verhält sich der Hoden.

Unter den Artbrostraken waltet eine Trennung der beiderseitigen, meist getrennte Ansmündungen besitzenden Geschlechtsorgane vor. Die weiblichen Organe bestehen bei den Amphipoden aus einfachen, in der Re- gel an der Basis des fünften Thoraealsegments ausmündenden Schlauchen. Bei den Isopoden (Fig. 454 C) sind diese Schläuche sowohl nach vorne als hinten blind geendigt und der Ausführgang entspringt im Verlaufe der- selben. Als eigentliche Keimdrüsen sind die Enden der Schläuche anzu- sehen, indess der übrige grösste Theil einem Oviducte oder Uterus gleich- kommt. Die männlichen Organe kommen damit überein , doch trifft sich für die Isopoden eine Eigentümlichkeit, indem jederseits mehrere Hoden- schläucbe (Fig. 455 B) sich zu einem besonderen Abschnitte vereinigen, aus dem ein engerer, häufig gewundener AusfÜhrgang entspringt. Dieser nimmt entweder seine eigene Ausmündung, oder ist vor der Mündung mit dem der anderen Seite vereinigt.

§ 228.

Unter den Tboracostraken bieten die Schizopoden (Mysisj die ein- facheren Geschlechtsorgane. Die weiblichen Organe (Fig. 454. A) be- stehen aus einer unpaaren Keimdrüse (o), an die sich seitlich Ausfuhr- wege, zu einem nach vorne zu blindsackartig fortgesetzten Uterus erwei- tert, ansehliessen. An ihrem hinteren Ende senden sie einen kurzen Gang od) zur Geschleohtsftffnung ab. Diese Verbindung beiderseitiger Organe besteht auch für den Hoden. Er wird aus einer Doppelreihe von Drüsen- fotttkeln gebildet, welche in einen soblingenformig verlaufenden Ganal zu- sammentreten , 'der den einfachen , an der Basis des letzten Fusspaares mündenden AusfÜhrgang bildet.

312

IL 6. Arthropoden.

lium. od OTidnc

Die Geschlechtsorgane der Decapoden reihen sich durch die gleich- falls bestehenden Median Verbindungen an jene von Mysis an, und er- scheinen durch mannichfacbe Differenzirungen weitergebildet. Die weib- lichen Organe werden ^^B mm* durch zwei lange, nach

^ £ K jpu vorne und nach hinten

I < ,S^yb " ausgezogene und unter

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I i vQ 1 1 fungiren. Beim Flusskrebs

^ A^k Abschnitte als kürzere

Lappen gestaltet, indess Fig. iw. w»iwich* o*«cM«c)it*ot(*M »on cruiiitim. (jje beiden hinteren zu »„c««. « Tt. einem unpaaren Stücke verschmolzen sind. Ein kurzer Ausfuhrgang begibt sich jederseits zur Geschlechtsöffnung, die bei den Caridinen wie bei den Scbizopoden gelagert, bei den Macruren an den Basalgliedern des dritten Fusspaares, bei den Brachyuren dagegen an dem dieses tragenden Körpersegmente angebracht ist. Die Brachyuren sind überdies noch durch eine laschenartige Erweiterung des Ausfuhr- ganges ausgezeichnet [Samentasche). Der männliche Apparat zeigt die Hoden aus iwei, vielfach gewundenen, vorne der Quere nach unter ein- ander verbundenen Schlauchen dargestellt, die, wie auch die weiblichen Organe, meistenteils im Cephalolhoras lagern und nur bei Pagurus ins Abdomen sich einbetten. Sie entsenden bei den letzleren zwei lange, eng gewundene , allmählich sich erweiternde Ausfuhrgange. Daran scbliessen sich die meisten Übrigen Decapoden an , doch ergeben sich mannich fache Eigentümlichkeiten theils in der Ausdehnung der durch die Windungen des Samencanals gebildeten Lappen, theils auch in der Bildung des un paaren, beiderseitige Drüsen vereinigenden Stückes. Voll- standiger ist die Vereinigung der Keimdrüsen bei Astacus. Ein langge- wundenes Vas deferens tritt an jeder Seile zur Süsseren Gescblechts- üffaung, die in der Regel am Basalgliede des letzten Fusspaares angebracht, bei den kurzsebwanzigen Krebsen jedoch am Ende eines, aus einer um- gewandelten Gliedmasse hervorgegangenen Penis sich findet. Es erhalt sich also nur für den mannlichen Apparat die gleiche Ausmündung wie bei den Schizopoden, wahrend die weibliche Oeffnung weiter nach vorne ■gerückt ist.

Im Geschlechtsapparal der Stomapoden beginnt der Hoden als feiner unpaarer Schlauch median in der Schwanzflosse, setzt sieb nach vorne in eine paarige Strecke fort , aus der ein stark gewundenes Vas deferens

G e»c b lecb 1 mrjje De.

313

hervorgeht. Jedes begibt sich >u einem der Coxa des letzten Bruitfusses einspringenden Penis. Ebenda mündet eine in der Kopfbrust nnpaar beginnende Drüse aus. Das Ovar, erstreckt sich hinten unpasr, dann als paariger Schlauch bis zur Kopf- brust. Im dritten Tboracai- segmente geht je ein Ovi- dukt ab, welches im Grunde einer medial gelegenen Tasche mündet. Es waltet hier der Decapodentypus, beim Weib- chen durch Näherung der Mün- dungen modificirt.

Eine Vereinigung der bei- den in der Abtheilung der Crnstaceen reprüsentirten For- men bietet sich bei den Pticilo- poden. Von der einen Form ist die Median verbin düng der bei- derseitigen Apparate, von der andern sind die mehrfachen KeimaUUten vorhanden , als welche die feinen Endaste des die Geschlechtsorgane zusam- mensetzenden Neuwerkes sich darstellen. Die weiteren Strecken dienen su Ausfuhrwegen, bei den Weibchen zur Ansammlung der Eier betrachtlich erweitert, und jeder- seits in einen Ausfuhrgang fortgesetzt.

§889.

Unter den Protracbeaten erscheint ein niederer Zustand im weib- lichen Apparate. Das Ovarium bildet einen durch ein Seplum in zwei Hälften getrennten Körper , von dem ein paariger Eileiter ausgeht, der gewunden nach vorne zieht, um dann in einen erweiterten, als Uterus fungirenden Abschnitt umzubiegen. Nach hinten fortgesetzt gehen diese Ganille erst in der Nahe der Geschlechtsößnung eine Verbindung zu einer gemeinsamen kurzen Scheide ein.

Am mannlichen Apparate sind die beiden Hoden völlig von einander getrennt, jeder mit einem drusigen Anhange ausgestattet, und in ein lan- ges, in Schleifen gelegtes Vas deferens Übergehend. Aus der Verbindung beider Ausfuhrgange entsteht ein gemeinsamer Ductus ejaculatorius , der gleichfalls am Hinterleibsende mundet.

§S30. Bei den Aracbniden sind beiderlei Geschlechtsdrusen in der Hegel unpaar oder, wenn paarig, häufig transversal verbunden, und munden

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314 II. 5. Arthropoden.

mit getrennten oder vereinigten Ausfuhrgängen weit vorne an der Bauch- flöche avis. Ausser akzessorischen Drttsenorganenoder besonderen, zur Aufbewahrung und Aufnahme der Samenmassen oder der Eier dienenden Erweiterungen der AusfUbrgänge, kommen noch äussere Apparate zur Ausleitung der Geschlechtsproducte vor, je nach den Geschlechtern als Ruthen oder Legerohren bezeichnet. Die männlichen Organe wiederholen mit geringen Verschiedenheiten den Typus der weiblichen. Die Verbin- dung der beiderseitigen GenitaldrUsen und der daraus hervorgehende unpaare Abschnitt des Apparates erinnert an ähnliche bei den Bran- chiaten, vorzüglich bei Pöcilopoden bestehende Verhältnisse.

Bei den Scorpionen stellen die Ovarien drei an ihrem hinteren Ende bogenförmig in einander übergehende und ausserdem noch durch vier Queranastomosen mit einander verbundene Längsröhren vor, in deren oft schlauchartig ausgebuchteten Wandungen die Eier entstehen. In den queren, jederseits vier weite Maschen erzeugenden Verbindungen spricht sich eine durch ihre Lage genau jener des Abdomens folgende Gliederung des Organs aus. Aus den beiden äusseren Längsschläuchen gehen spin- delförmig erweiterte Oviducte hervor , die wegen des von ihnen aufge- nommenen Sperma als Receptacula seminis fungiren , und an der Basis des Abdomens ausmünden.

Auch die Hoden der Scorpione erscheinen als ein Paar schleifenför- miger Canäle mit quer verlaufenden Verbindungen. Zwei auf beide Seiten vertheilte Röhren drücken eine Duplicität aus. Das vorne aus jedem Hoden hervorkommende Vas deferens mündet, mit dem der an- dern Seite vereinigt , an derselben Stelle , an der beim Weibchen die Ge- schlechtsöffhung sich findet, nach aussen. Zu dem Vas deferens treten jederseits noch accessorische Organe , in der Regel in Form von zwei Paar verschieden langen Blindschläuchen, die tbeils als Drüsen, theils als Sa- menblasen fungiren.

Die Trennung der beiderseitigen Keimdrüsen ist bei den Galeoden ausgeprägt, und bei den Araneen im männlichen Geschlechte allgemein. Die Ovarien stellen zwei Schläuche vor , an deren Aussenfläche sich die Eier und zwar bei den Spinnen auf stielartigen Fortsätzen entwickeln. Bei einigen (Segestria, Oletera) sind die Ovarien durch einen geschlosse- nen Ring repräsentirt. Aus der Vereinigung der beiden zur Ausleitung der Eier dienenden Ovarialröhren bildet sich ein zuweilen erweiterter Scheidencanal (Galeodes), der an seinem Ende mit einer oder zwei Sa- mentaschen besetzt ist. Solche bestehen noch bei den Araneen, oft mit selbständiger Ausmündung vor der Oeffnung der Scheide. Die männlichen Organe lassen sich bei den Galeoden von den Scorpionen her ableiten, wTenn man annimmt, dass die bei jenen bestehenden Queranastomosen der Längsstämme verloren gingen. Bei den Spinnen endlich sind die Längs- schläuche auf zwei reducirt.

Bertkau, lieber d. Generat. -Apparat s. Ära neiden. Arch. f. Nat. 4 875.

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315

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§ 231.

Sowohl bei den Opilioniden als bei Milben ist in der herrschenden Ringform der Keimdrüsen eine gemeinsame Einrichtung gegeben, die sich von der bei den Scorpionen gegebenen Querverbindung der Ovarien ableitet. In ihr spricht sich der unpaare Zustand der Keimdrttse aus, der als der primitivere zu gelten hat. Bei den Opilioniden (Fig.15fi.£.o) ist diese Ringform am voll- ständigsten. An der Ober- fläche des Ringes bilden sich die Eier, wie bei den Spinnen and Scorpionen, in gestielten Ausbuchlungen , von wo sie in das Innere der Ovarial- röhre und von da in den Aus- j fuhrgang gelangen, der eine , beträchtliche Erweiterung («■) ' fUterus) besitzt. Eine enge gewundene Fortsetzung des- selben fuhrt tur ausslUlpbaren Legerohre Ovipositori [op). Den Ovarial- ring vertritt bei den Männchen ein Bingeanal, von dem nur ein Abschnitt (Fig. 156. AI) den Hoden vorstellt, dessen beide Enden in die den Ring abschliessenden Ausfuhrgange lyd) übergehen. Diese vereinigen sich in einen k na uel förmig gewundenen Abschnitt, aus dem ein erweiterter Canal als Samenblase entspringt und sich an ein der Legeröhre ähnliches und ebenso bervorstulp bares Gebilde, den Penis fügt. Hit dessen Ende ver- binden sich noch zwei mächtige Büschel accessorischer Drüsen [gi).

(Inier den Acarinen ist die Ringform der Keimdrüsen bei vielen noch vollständig erhalten. Im weiblichen Apparate wird der grossere Theil des Ringes durch Beschrankung der Eibildung auf einen kleinen Abschnitt, dem Ausfuhrapparate zugelbeilt. Am ausgesprochensten ist das bei Pen- tastomum, dessen Ovar einem Bingeanal angefügt ist. Das Ovar bat sich hier von letzterem gesondert. Von den Ausfuhrwegen sind die in den unpaaren Abschnitt Übergehenden Theile des Ringes häufig zu einem Uterus erweitert, oder dieser wird ausschliesslich vom unpaaren Ab- schnitte vorgestellt. Letzteres ist aueb bei Pentastomum der Fall , dessen L'terus einen bedeutend langen gewundenen Canal bildet. Am männ- lichen Apparat ist der unpaare Abschnitt der Ausfuhrwege meist sehr verkürzt, und die beiden in ihm sich vereinigenden Theile des Ringes sind zu Samenblasen erweitert. Mit dem unpaaren Abschnitte sind in beiden Geschlechtern Anhangsdrüsen verbunden. Die verschiedenartige Vertheilung der Functionen an demselben Ringcanale fuhrt zu einer Tren-

316

IL 5. Arthropoden.

nung des Ringes in zwei Genitalschläuche, indem in der Mitte des keim- erzeugenden Abschnittes des Ringes eine sterile Parthie auftritt. Die bei- den Hälften des Ringes vertheilen sich dann, in einzelnen Fällen noch durch einen Canal oder durch indifferentes Gewebe verbunden, nach bei- den Seiten, und so gehen Organe hervor, die nur an den Mündungen oder an einem damit zusammenhängenden unpaaren Abschnitte vereinigt sind (Ixodes).

Ganz unabhängig von diesen Einrichtungen verhalten sich die herm- aphroditischen Geschlechtsorgane der Tardigraden. Sie bestehen aus einem unpaaren Ovarium , und zwei zu Seilen des Darmcanals liegenden Hoden, welche ihren Ausfuhrgang in einem Samenbehälter einfügen, und meist mit besonderen Drüsen in eine Cloake ausmünden.

Ebenso eigentümlich verhalten sich die Pycnogoniden , deren Ge- scblechtsproducte an der Wand der Leibeshöhle entstehen, und durch besondere (bald an allen bald an nur einem Fusspaare vorhandene) Oeffnungen entleert werden , damit an niedere bei Annulaten bestehende Befunde erinnernd.

Die bei den Crustaceen bestehende Umbildung von Gliedmassen in Begattungsorgane besteht bei den Arachniden nur unter den Spinnen und zwar sind es hier die Palpen , welche bei den Männchen als complicirt gebaute Organe die Uebertragung des Sperma auf die weibliche Genital- Öffnung vornehmen.

§ 232.

Die Geschlechtsorgane derMyriapoden stehen in Form und Anordnung jenen der Arachniden am nächsten und münden zum Ttjeil wie jene, weit vorne am Körper, nämlich am dritten Leibessegmente aus. Die Geschlechts- öffnung der Scolopender ist am Hinterleibesende angebracht. Bei den Weib- chen sind die Geschlechtsdrüsen entweder äusser- lich einfach, einen langgestreckten Schlauch vor- stellend, an dessen Innenfläche die Eier Vorsprünge bilden (Juliden , Scolopendriden und Glomeriden) ; oder sie erscheinen doppelt (Craspedosoma) und ver- einigen sich dann an ihrem vorderen Ende, die Ovi- ducle münden von einander getrennt. Bei den Sco- lopendern ist ein einfacher Oviduct als Fortsetzung des einfachen Ovarialschlauches die Regel , doch ist die Duplicität dieser Organe durch die an beiden Seiten des Ovarialschlauches stattfindende Eibildung ausgesprochen.

Die accessorischen Organe werden aus zwei *ig. ist. M*nniiohe Ge- Paaren, zuweilen in die Oviducte, meistens direct in schiftchtsorgane ronJu- die Geschlechtsöffnung ausmündender Gebilde dar- in, t Hodenfoiiikti gesteUt, die theils Kittdrüsen, theils Receptacula se-

4 AiMffthrgang. (Nach ....

stxik.) minis vorstellen.

Geschlechtsorgane. 317

Die Doplicität der mannlichen Organe ist gleichfalls häufig anf die Ausführgange und accessorischen Apparate beschrankt. Doch sind manche Glomeriden und Juliden mit einem doppelten Hodenschlauche ver- sehen , der in ein gemeinsames Vas deferens übergeht und durch zahl- reiche Querverbindungen zu Einem Organe vereinigt erscheint (Fig. 457). Wo nur Ein Hodenschlauch existirt, da ist er mit einzelnen Follikeln besetzt. Das Vas deferens bleibt selten einfach (einige Scolopendriden) sondern theilt sich in der Regel in zwei, entweder je auf einer kurzen Papille aus- mündende (Juliden, Glomeriden) oder sich vereinigende Aeste, die in einen am Hinterleibsende angebrachten kurzen Penis übergehen (Scolo- pendriden) . Der letzte Abschnitt der Ausführgänge ist mit Erweiterungen oder Ausbuchtungen versehen, die zu Ansammlung des Sperma dienen. Dicht vor der Ausmündung inseriren sich noch mehrere Drüsenpaare. In dem Gesammtverhalten des Geschlechtsapparates sind in den getrennten Mündungen Annäherungen an Krustenthiere, in der Bildung ringförmiger Abschnitte Aehnlichkeiten mit den Arachniden unverkennbar.

Stein, F., De Myriapodum part. genital. Berol. 4844.

§ 233.

Bei grösserer Mannichfaltigkeit untergeordneter Verhältnisse lassen die Geschlechtsorgane der Insecten im Ganzen einheitlichere Zustande er- kennen. Die Organe liegen mit ihren accessorischen Apparaten fast immer im Abdomen, und münden meist unterhalb oder vor der Analöffnung aus. Das achte Abdominalsegment scheint allgemein die Geschlechtsmündung zu tragen. Nur bei den Sirepsiptern ist die weibliche Genitalöffnung weit nach vorne gerückt. Die Reimdrüsen sind in der Regel paarig angelegt und beharren in diesem Zustande, doch bestehen auch Andeutungen einer ursprünglichen Einheit, oder einer Verbindung der beiderseitigen Keim- drüsen, die bei Arachniden und Myriapoden vorhanden war. Jede Keim- drüse setzt sich aus einer verschieden grossen Zahl gleichwerthiger Ab- schnitte zusammen, die meist röhrenförmig gestaltet, büschelartig gruppirt sind, und zu einem Ausfuhrgange sich vereinigen. Die Ausführgange bei- der Keimdrüsen zeigen selten noch getrennte Mündungen. Fast allgemein verbinden sie sich nach verschieden langem Verlaufe und nehmen schon vorher, aus Differenzirungen eines Abschnitts der Wandung entstandene accessorische Organe auf. Bei den weiblichen Individuen sind diese An- hangsorgane der Ausführwege bald durch taschen- oder blasenartige Theile gebildet, die entweder zur Aufnahme des mannlichen BegaUungsorganes wahrend der Copula dienen (Bursa copulatrix), oder als Drüsenorgane verschiedenster Art (Kittdrüsen) und auch zur Bewahrung des Sperma Receptaculum seminis) in Verwendung kommen. Beim mannlichen Ge- schlechte besitzen paarige Anhangsdrüsen der Ausführwege bedeutende Ausbildung. Ausser diesen finden sich noch als Samenblasen (Vesiculae seminales) fungirende Theile.

318

II. 5. Arthropoden.

Mit dem Ende der Geschlechtswege stehen äussere, meist durch Umgestaltung der letzten Metameren und deren Anhangsgebilde entstan- dene Organe in Verbindung, die bei den Männchen als Begattungsorgane erscheinen, bei den Weibchen in verschiedener Form (als Lege röhren, Legestachel etc.) erscheinen.

§ 234.

Am weiblichen Apparate ergeben sich die bedeutendsten Modi- ficationen an dem gewöhnlich als »Ovarien« aufgefassten Complexe der Ei röhren.

Die Beziehungen dieser Röhren zur Bildung der Eier sind von den sonst angetroffenen Verhältnissen etwas abweichend. Jede einzelne

Eiröhre (Fig. 158} ist an dem einen Ende unter alimählicher Erweiterung an dem »Oviducte« inserirt, während das entgegengesetzte Ende zumeist dünn, häufig sogar in einen feinen fadenförmigen Fortsatz ausläuft. Bei dem Bestehen zahlreicher Eiröhren werden die freien medial gerichteten Enden unter einander verbunden angetroffen. Die Bildungsstätte der Eier trifft sich in jenen Endfäden, deren Zellenmassen die Eikeime vor- stellen, welche von hier aus allmäh* lieh unter fortschreitender Differen- zirung der Eiröhre abwärts rücken. Das Ei ist zwar als Zelle bereits in der eigentlichen Bildungsstätte unterscheidbar, aber es nimmt auf seinem Wege durch die Eiröhre an Grösse zu, und man trifft demnach die grössten Eier am entferntesten von der Bildungsstätte und am näch- sten dem Oviducte gelagert, während von hier aus immer kleinere, jüngere Formationen bis gegen das vorhin erwähnte blinde Ende der Eiröhre sich hinter einander reiben. Die ein- zelnen Eier lassen die Eiröhre in entsprechende Abschnitte oder Kam- mern getbeill erscheinen. Das all- mähliche Herabsteigen der Eier ist nicht nur mit einem Wachsthume verbunden , sondern es erleidet auch die Dottersubstanz mannichfache Veränderungen, und jedes Ei erhält.

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Fig. 1&8. A Eiröhre des Flohes, o Ei. $r Keim- bläschen. B Eiröhre eines Kaf er b (Carabna violaceue). c Eierfach, in zwei Abschnitte gesondert, davon a die Eizelle, 6 das Keimlager bezeichnet. Das Ei des letzten Faches ist ent- leert, die Eiröhrenwandung collabirt (Nach

LUBBOCK.)

Geschlechtsorgane. 319

besonders im letzten Abschnitte der Rühre , eine äussere cuticulare Um- hüllung, das sogenannte Chorion, dessen Bildung von der Epitbeiscbichte der Eiröhre ausgeht.

Bei diesen Vorgängen erfährt mit jedem L'ebertritte eines Eies ins sogenannte Oviduct ein Theil der Eiröhre eine Rückbildung, wodurch das nächst vorhergehende Ei dem Oviducte genähert wird. Die Differenzi- rung des Eies ist von einem terminalen Wachsthume der Ei röhre begleitet! welches die am anderen Ende stattfindende Verkürzung compensirt. Bei manchen Insecten differenzirt sich für jede Eizelle ausser der sie umge- benden Epithellage noch eine Gruppe von Zellen , die als Keimlager den hinter der Eizelle (Fig. 458. Ba) befindlichen Abschnitt [b) der Kammer (0) einnimmt, aber von der wachsenden Eizelle allmählich verbraucht wird. Eine Eiröhre oder eine Summe von solchen entspricht also keineswegs einer blos keimbereitenden Zeugungsdrüse, sondern erscheint als ein mit einer viel grösseren Functionsreihe betrautes Organ, von dem nur das blinde Ende einem Ovarium analog ist.

Die Länge oder Kürze der Eiröhren steht mit der Anzahl der Eier in Zusammenhang. Am wenigsten zahlreich sind die Kammern bei den meisten Dipteren, wo nicht selten nur eine (Fig. 460 o), häufiger zwei bis drei vorhanden sind. Auch bei vielen Käfern und Hemipieren kommen nur wenige Kammern vor. Länger erscheinen die Eiröhren der meisten Hemipteren und llymenopteren, und die grösste Kammerzahl ergibt sich bei den Neuropteren, Orthopteren und endlich bei Schmetterlingen, deren 4 Eiröhren durch zahlreiche Kammern perlschnurartig geformt sind.

Gleich grosse Verschiedenheiten ergeben sich in der Anordnung der Eiröhren am sogenannten Oviducte. Bald sind sie in Büscheln vereinigt, bald in Gruppen aufgelöst, bald reihenweise angeordnet.

Von den Eiern (Ova) hat man die sogenannten Pseudova unter- schieden, welche Bildungen theilweise durch den Mangel eines Keim- fleckes cbarakterisirt sind , wie die Produete der weiblichen Geschlechts- drüse gewisser Generationen der Aphiden und Cocciden. Da die Organe mit jenen übereinstimmen , in denen wirkliche Eizellen entstehen , und da dasselbe Individuum Pseudova und Ova zu verschiedenen Zeiten her- vorbringen kann, ist es zweckmässig, die Kluft zwischen beiderlei Pro- ducten des Eierstocks nicht für so gar tief zu erachten. Jene Gebilde gehören als Glieder in eine bei den Insecten sehr verbreitete Erscheinungs- reihe, die mit dem als Parthenogenesis bezeichneten Verhalten be- ginnt, und bis zu einem scheinbaren Generationswechsel hinführt. Die Gesammterscheinung beruht in einer Emancipation des Eies von der Einwirkung des männlichen ZeugungsstofTes. Im einfachsten Falle besteht an den Eiern keine anatomische Verschiedenheit, ein [(heil derselben ent- wickelt sich ohne vorhergegangene Befruchtung, indes« die andern dt* Befruchtung bedürfen. Die Parthenogenesis der Bienen, Wespen und vieler anderer Insecten gehört hieher. Weiter sondert sich das Verhältniss, indem dasselbe Individuum nicht mehr zur selben Zeit jene Eier produ-

320

II. S. Arthropoden.

ander

cirt, und dann sind die emancipirten Ovarialproducte meist different zusammengesetzt (Pseudova) . Noch weiter vertheilt sich die Bildung jener Eier aut verschiedene Individuen, indem ganze Generationen der Einwir- kung des Samens auf ihre Zeugungs Stoffe entbehren können [Blattläuse), und dabei zugleich auf eine tiefere Organisationsstufe sinken. Endlich entstehen diese Gebilde in einem noch früheren Entwickelungsstadium desThieres aus der noch indifferenten Keimdrüse, welcher Befund ebenso wie die anderen , an die er unmittelbar sich anschliesst, von einer ge- schlechtlichen Differenz) rung ableitbar ist (Cecidomyia) .

§ 235. Die beiden, meist kurzen Oviducte münden selten getrennt von ein- ' in einer Einbuchtung des Integumentes (Ephemeriden) . In der Regel hat sich diese Buch- tung zu einem gemein- samen Ausfuhrgange (Fig. 159. o») der »Scheide« weitergebildet, mit wel- cher accessorische Or- gane, Receptaculum se- minis [Fig. 159. rs) und Bursa copulatrix [6c) ver- bunden sind. Die nur selten fehlende Samen- tasche wird durch ein zuweilen mehrfach vor- handenes gestieltes Bläs- chen dargestellt. Hau 6g ist das Receptaculum se- minis als gleichmassig weiter, gewundener Blindschlauch gestaltet und ist zuweilen noch mit einer Anhangsdrüse versehen.

Ein zweites unmittelbar mit der Scheide verbundenes Organ ist die Begattungstascbe (Bursa copulatrix), ein weiter, wie eine Ausstülpung der Scheidenwand erscheinender Blindsack (Fig. 159. bc) . Dieses Organ findet sich nur in einzelnen Ordnungen verbreitet und auch da nicht all- gemein. Am bestandigsten und nicht selten von sehr betrachtlicher Aus- dehnung erscheint die Bursa copulatrix der Käfer , wo sie zumeist einen engen Verbindungscanal mit der Scheide besitzt. Auch bei den Schmetter- lingen mündet sie mit engem Gange in die Scheide, verhalt sich aber dadurch eigentümlich, dass sie ausserdem noch einen weiteren Ausfuhr gang unter die weibliche Geschlechtsüffnung sendet und ihn getrennt von jener dort ausmünden lasst. Die Begattung der Schmetterlinge geschieht durch diesen Canal, wahrend der Uebcrtritt der Spermatozoon aus der

flf. 159. Weibliche Gucblschtfiorpine 'OD Hjdrob elpea. o Eirltareii. ov 0iid.net mit DrflieDuinlnge gl BohUnohfSnnlga Dreien, i Scheide, bc BegattongitMcua. n Bacaptunlom a«miaia. (Hub Sil».)

m

GefeUechttorpiM. 321

Begattungstasche in dasReceptaculumseminis durch den vorhin erwähnten Verbindungsgang mit der Scheide vermittelt wird. Die Einmündungen beider Tbeile in die Scheide liegen einander gegenüber.

Die accessorischen Drusenapparate der Scheide bestehen entweder aus einem Paar einfacher und dann meist lang gewundener Caittfle (Fig 160. gl) {Schmetterlinge, viele Dipteren) , oder es sind kurze Blind- schlauehe (Warnen). Andererseils bie- ten sie reiche Verästelungen {Ichneu- moniden and Tenlhrediniden ) . Das Secret dieser Kittdrusen dient zur Be- festigung der gelegten Eier, zuweilen auch zu deren Vereinigung in Klumpen.

Mit der weiblichen Genita loffnung stehen in der Regel noch einige wie Klappen erscheinende Integumentstucke in Verbindung , die in ihren Sculpturen immer genau dem männlichen Begattungsapparate sngepasst sind ; zuweilen sind sie zangenartig gestellt und bestehen aus seitlich gegeneinander wirkenden Fortsätzen.

§ 236.

Die mannlichen Geschlechtsorgane der Insecten wiederholen in ihrer Anlage sehr häufig die Formen der weiblichen Organe , so dass auch die einzelnen Abschnitte in beiden nicht selten einander entsprechen. Die immer paarigen, selten zu einem Organe verschmolzenen Hoden wer- den ganz nach Art der Ovarien aus Blindachlauchen zusammengesetzt, die wiederum in verschiedener Zahl und Grosse, sowie in mannichfaltiger Anordnung sich unter einander verbinden (Fig. 164. 162. t). Häufig ist

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die Vereinigung der beiderseitigen Hoden bei Schmetterlingen. Zwei ein- fache, längliche und immer getrennte Hodenschlauche besitzen Dipteren

(liputaur, Gr usliia* 1. urf L Aomtomio. I. AbZ. J1

322 H. 5- Arthropoden.

uod Strepsipteren , sowie auch manche Neuropteren. Auch bei manchen Käfern stellt jeder Hoden einen langen, knäuelförmig zusammengewun- denen, von einer besonderen Membran umgebenen Blindschlauch dar (Laufkäfer) . Aus zahlreichen Schläuchen sind die Hoden der Mehrzahl der Insecten zusammengesetzt. So erscheint jeder Hoden der meisten He- mipteren bald aus mehreren, unter einander zu einem fächerförmigen Organe verbundenen, bald aus vielen getrennten Schläuchen bestehend; diese Form findet auch bei einer grossen Anzahl von Käfern Vertretung. Aus dicht aneinandergereihten und so eine einzige Masse darstellenden Schläuchen oder auch aus runden, traubenförmig gruppirten Bläschen bestehen die Hoden der meisten Orthopteren, und ähnliche Bildungen sind auch bei den Hymenopteren vorhanden.

Die Ausfuhrgänge der einzelnen Hodenschläuche verbinden sich zu Samenleitern und diese jederseils zu einem Vas deferens (Fig. 161. r, Fig. 162. vd), welches bei enger vereinigten Schläuchen unmittelbar aus letzteren hervorgeht. Die Längenentfaltung beider Samenleiter ist zwar im Allgemeinen nur gering, doch wird sie in manchen Fällen sehr be- trächtlich, und dann fungiren die knäuelförmig gewundenen Canäle an erweiterten Strecken als Samenbehälter (Fig. 162. vs). Aus deren Ver- einigung gebt ein gemeinsamer Ausfuhrgang (Ductus ejaculatorius) hervor, der gleichfalls bedeutenden Längeverschiedenheiten unterworfen ist, und nicht minder stellenweise zur Ansammlung des Sperma dient.

Die accessorischen DrUsenorgane, in der Regel paarig, erscheinen wie jene des weiblichen Apparates entweder als lange, gewundene Canäle (Fig. 162. gl) oder als kürzere buscheiförmig gruppirte oder verästelte Schläuche, an verschiedenen Stellen den Ausfuhrwegen angefugt.

Die männlichen Begattungsorgane der Insecten sind den weiblichen ähnlich und werden aus sehr mannichfaltig gestalteten, die Geschlechts- Öffnung umfassenden chitinisirten Leisten und klappenartigen Vorrichtun- gen zusammengesetzt. Sie theilen sich in solche , welche nur zu einer äusseren Copula dienen, und andere, welche, mit einer Ruthe vergleich- bar, die Immissio vollziehen. Die letzteren Bildungen werden entweder durch eine äusserlich angebrachte oder von innen aus hervorstreckbare Röhre dargestellt, in welche der Ductus ejaculatorius sich fortsetzt, und die an ihrem Ende häufig noch zangenähnliche Organe trägt. Bei Käfern ist dies Begaltungsorgan von einer im Abdomen verborgenen dickwan- digen Ghitinkapsel umschlossen, welche häufig eine beträchtliche Grösse und zum Hervorstrecken und Einziehen besondere Muskelapparate besitzt.

§ 237.

Die Samenelemente der Grustaceen zeigen bei grosser Mannichfaltig- keit der Gestalt eine Uebereinstimmung in der Unbeweglichkeit; davon machen die Samenfäden der Girripedien eine Ausnahme. Fadenförmige, aber unbewegliche Samenelemente besitzen ferntr die lsopoden, die Am-

Geschlechtsorgane. 323

phipoden, auch die Ostracoden, bei letzteren sogar von verhältnissmässig ausserordentlicher Länge. Unter den Schizopoden, wenigstens bei Mysis, bestehen dagegen fadenförmige, und zwar gegen das eine Ende zu haken- artig umgebogene Gestalten. Zellenartige Körper bilden die verbreitetsten Formen. Durch Fortsatze bilden sich an ihnen mancherlei Eigen thümlich- keiten aus, von denen die radiäre Gestaltung in den »Strahlenzellen« des Samen der Decapoden die bemerkenswertheste ist. Auch die Samenfaden mancher Arachniden sowie der Myriapoden scheinen unbeweglich zu sein, -wenn auch bei den ersteren die Beweglichkeit innerhalb der weiblichen Geschlechtsorgane erlangt wird.

Die Formbeslandlheile des Sperma stellen bei den Insecten beweg- liche Fäden vor, die meist nach beiden Enden fein auslaufen. Eigen- tümlich ist die Verbindung dieser Fäden zu Büscheln, oder ihre zwei- zeilige Aufreihung an ein stäbchenförmiges Gebilde , wodurch ein sper- matophorenartiges Verhalten entsteht (Orthoptera) .

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Sechster Abschnitt.

Brachiopoden.

Allgemeine Uebersicht

§ 238.

Früher meist den Mollusken beigezählt, mit denen sie wenig mehr als den Besitz einer vom Molluskengehäuse noch dazu ganz differenten Schale gemein haben , bilden die Brachiopoden eine kleine und eng ab- gegrenzte Abtheilung, die ihren Ursprung zum Stamme der Würmer zurückverfolgen lässt. Hier sind es die Chätopoden, also schon höher diflerenzirte Formen, bei denen sich manche Anschlüsse erkennen lassen, aber nur manche, denn gerade in den wichtigsten Organsystemen ergeben sich so bedeutende Eigenthümlichkeiten , dass es gewagt wäre , auf jene Beziehungen eine bestimmte phylogenetische Behauptung zu gründen. Jedenfalls ist der gesammte Organismus der Brachiopoden im Vergleiche mit Chätopoden und Anneliden total umgestaltet, und lässt nur noch in einzelnen Rudimenten seine verwandtschaftlichen Beziehungen wahr- nehmen.

Diese gegenwärtig in hohem Grade isolirte Stellung der Brachiopoden entspricht der geringen Mannichfaltigkeit der lebenden Formen, sowie der Thatsache, dass wir es hier mit einer in früheren Perioden reicher entfal- teten Thiergruppe zu thun haben. Schon im Silur treten einige Gattungen auf. Da uns aber auch durch die palaeontologischen Zeugnisse wenig sichere Anhaltepunkte für die Begründung eines Anschlusses an die Wür- mer geboten werden, dürfte einer Vereinigung mit jenen die selbständige Behandlung vorzuziehen sein. ')

Wir unterscheiden nur zwei Ordnungen : \) Ecardines.

Lingula, Orbicula, Crania.

2) Testicardines.

Terebratula, Argiope, Waldheimia, Thecidium.

1) Eine Verwandtschaft mit Würmern wurde von mir schon in den Grund- zügen IL Aufl. dargethan.

Literatur. KOrperfono.

Literatur.

Owen, B., Oa Um anatomy of the Bracblopods, Tnnwct. loalag. Soc. Vol. I. ISIS. Vogt, C, Anatomie der Unguis metina. Denk&cbr. der schwell. Gesellscb. rur die gerammte Na tarwisse lisch. Bd. VII. 1841. Hlilkt, Aon. and Mag. Nat. bist. IBSt. GuTtoLET, Journal de Concbil Mogle. IBS7. Bd. Habcoci, A. Phil. TranMcL 1851. Licut-DurHiiM, Sar li Thocidie. Ann, ic. nat. IV. it. Moni, E., Od Ihe systemotic Position of the Branchiopoda. Proceed. o( Boston Soc. ol nat. bist. Vol. XV. Derselbe, Embryology of Terebratulio». Mem. of Bost. Soc. Vol. II. KowaLivsit, Beobaciit. über die Entwicklung der Bra- chiopoden. Moskau (87t. (russ.j

Hörperform.

§ 239.

Für das Verständnis» der Körperform namentlich in Beziehung auf die sie auszeichnenden Charaktere ist ein Zurückgeben auf embryonale Stadien nOlbig. Hier begegnen wir frühzeitig einem Zustande, in welchem der vorher einheitliche Körper in drei (bei Thecidium in vier) Metameren gesondert ist, und darin den Typus eines Annu- laten offenbart. Von der allgemeinen Cilien- bekleidung prägt sich bei Terebratulina ein terminaler Wimperkranz aus, wie er gleichfalls vielen Annelidenlarven zukommt. Am mittleren Segmente erscheinen Borstenbtlndel {Flg. 163.4), die wie bei Chatopoden bewegt werden können, wahrend das erste Metamer (Kopfsegment) zu einer schirmförmig über die MundiirTnung sich hinsiebenden Ausbreitung sich umformt, die mit langen Cilien umsäumt ist (Argiope). Auch darin ist eine Verwandtschaft mit Wurmlarven (Acti notroch a) nicht zu verkennen.

Wahrend die Larve mit dem letzten Meta- mer sich festheftet, bilden sich aus dem mittle- ren Metamer zwei Erhebungen, welche das erste Metamer einschliessen , und sich zn den ^''^Irtei ^B^Htmbtadli'j beiden Mantellametlen gestalten. An die- diu. {HKkio»urur.) sen entstehen die beiden Schalen, die als

eine dorsale und eine ventrale zu unterscheiden sind, wo sie sich bis zu dem aus dem lebten Metamer hervorgegangenen Stiele erstrecken. Aus der Lage zum Körper ergibt sich ftlr die Schalen eine vollständige Unabhängigkeit von jenen der Mollusken, und in dieser Gehausebildung liegt zugleich eine die Brachiopoden auszeichnende Eigentümlichkeit. Wahrscheinlich ist auch diese Gehausebildung ein Causalmomeot ftlr die nicht erfolgende Weiterbildung der begonnenen Melamerie, und siebt

326 IL 6. Bracbiopoden.

ebenso mit dem Festsitzen des Thieres in Zusammenbang, wie aus dieser Lebensweise wieder eine fernere Eigentümlichkeit, die Ausbildung der Arme verständlich wird.

Wimpernde tentakelartige Fortsätze zur Seite der Mundöffnung er- scheinen bei Larven in geringer Zahl. Im ausgebildeten Zustande des Thieres sind sie bei den meisten als zahlreiche Fäden auf spiralig einroll- bare Stiele gereibt, welche beiderseits an der Mundöffnung angebracht sind. Im eingerollten Zustande werden diese Arme vorn in der Mantel- hoble geborgen (Fig. 166 /], und ihre Ausslreckung scheint durch eine Schwellung zu erfolgen. Sowohl durch die mächtige Ausbildung dieser Arme wie durch die Entfaltung der Mantellamellen wird der übrige Kör- per auf einen geringeren Umfang reducirt, zumal auch sonst in der Leibes-, höhle lagernde Organe in die Duplicatur des Mantels (Mantelräume) sich einbetten können. Durch faltenartige Oberflächenvergrösserung der inne- ren Blätter der Mantelduplicatur gewinnt der Mantel eine respiratorische Bedeutung und fungirt zugleich als Kieme (Lingula).

Die den Mund tentakelartig umstehenden Fortsätze erinnern an die- Tentakel der Bryozoen, die gleichfalls auf armartigen Gebilden (Lophophor) gereiht sein können, es ist aber eine Vergleichung mit diesen Gebilde» ebenso wenig durchführbar als mit den Kiemenbüscheln der Tubicolen.

Was endlich den Stiel betrifft, so ist dieser bei den älteren Formen (Lingula) ein langer, zwischen beiden Schalen durchtretender Theil des Körpers, der sogar beweglich erscheint, indess er bei den Testicardines kurz und grösstentheils chitinisirt ist.

Integument, Schale und Arme.

§ 240.

Da die beiden Schalen den Körper, mit Ausnahme des Stieles, be- decken , bleiben nur innerhalb der Mantelhöhle Theile der Körperober- fläche frei, bei geöffneter Schale zu Tage liegend. Mit dem Integumente verbundene Muskeln lassen auch hier das Bestehen eines Hautmuskel- schlauches annehmen. Als besondere das Integument auszeichnende Bil- dungen sind Kalkspicula verbreitet, sowohl im Mantel wie in den Armen vorhanden. Sie sind zuweilen ramificirt, auch sternförmig, oder bilden ein Netzwerk. Bedeutungsvoller sind die Borsten, welche bei den einzel- nen Gattungen in verschiedener Anordnung den Mantelrand besetzen. Sie entstehen gleich den Borsten der Chätopoden in drüsenähnlichen Einsen- kungen des Integuments, und gehören wie jene zu den Cuüculargebilden. Meist sind es einfache, fein auslaufende Gebilde , an denen eine Quer- streifung die allmähliche Abscheidung ausdrückt.

Die Schale zeigt ihre beiden Klappen bei den Ecardines ziemlich gleichartig gestallet. Dagegen ist bei den Testicardines eine Differenzirung zwischen der dorsalen und ventralen Schalenklappe deutlich hervorge-

Integument; Schafe und Aruxi. MuikelsysUm.

327

treten. Gegen den Stiel zu ist zwischen beiden eine Art Scblossverhin- dung ausgebildet. Ferner ist die ventrale Klappe in einen schnabelartigen Fortsalz ausgezogen , dessen durchbohrtes Ende dem Stiele zum Durch- trille dient. Von der dorsalen Klappe her ist ein nach innen vorspringen- des Gerüste gebildet [Fig. 164 c). Es dient als Stutze der Arme.

Bei ihrer ersten Differenzirung zeigt sich die Schale als eine weiche, chitinisirle Subslanzschichte, die später verkalkt. Porencanäle durchsetzen die Dicke der Schalenklappen, und werden von zottenahnlichen Fort- sätzen des Mantels ausgefüllt. Dazwischen zeigt die feste Schalensubslanz eine Zusammensetzung aus prismatischen Körpern, die bereits bei der ersten Anlage der Schale wahrnehmbar sind, und die eine sehnig gegen den Schalenrand geneigte Stellung aufweisen.

Durch die bedeutende Oberfl Stehen vergrO«serung, welche die spiralig eingerollten Arme der Brachiopoden in ihrem Tentakelbesatz bieten, werden sie die zur Kiemenfunclion geeignetsten Organe vorstellen. Zu- nächst sind es die tentakelartigen Ffldchen, welche zur Vermiltelung der Atbmung günstige Verhältnisse darbieten. Sie stehen mit den die Anne durchziehenden Blulsinussen in Communicalion. Sie werden daher in funclioneller Beziehung als Kimmen gelten dürfen. An ihrer medial gerichteten Basis sind beide Arme unter einander in Zusammenhang. Eine über der Hundöffnung liegende Falle erstreckt sich beiderseits auf die Arme und hilft eine Rinne abgrenzen, die sich von den Armen nach dem Hunde erstreckt. An dem anderen Bande dieser Rinne erheben sich dicht gedrängt die Tentakel oder Cirren in zwei Reihen bis zum Ende der Arme angeordnet.

Mnskelsjstem. § 241.

Ausser der dem Hautmuskelschlauche ange- hörenden Muskulatur , wie jene des Mantels und der Arme , findet sieb bei den Brachiopoden eine Anzahl von selbständigen, die Leibeshohle durch- setzenden Muskeln (vergl. Fig. 164), welche zum Ordnen und Schliesson der Schale, sowie zu Dreh- bewegungen der letzleren dienen. Sie durchsetzen die Leibeshöble je nach ihrer Function in verschie- dener Richtung und nehmen sowohl Ursprung als Insertion von den Schalenklappen, so dass sie als mit diesen entstandene Sonderungen des Haut- muskelschlauches angesehen werden können.

II. 8. Bracbiopeden.

Nervensystem und Sinnesorgane. § 242. Das Nervensystem bietet höchst eigentümliche Befunde, die allein scbon die selbständige Stellung der Brachiopoden rechtfertigen können. Es wird aus Ganglienmassen zusammengesetzt, die in der Nabe des Oesophagus (Fig. 165. d) lagern. Ein grosseres Ganglion (n) liegt (bei Terebra- luliden] quer unterhalb des Oesophagus, oder vielmehr bei der Abwgrtskrttmmung des Oesophagus hinter dem- selben. Von ihm aus gehen zwei Nervenslamme , An- schwellungen darbietend In'}, nach hinten und laufen in Nerven zum Stiele aus. Von den Anschwellungen dieser Stämme entspringen die Ner- ven der ventralen Hantel- lamelle. Aus dem grossen Ganglion dagegen geht jeder- seits ein Nervenstamm zu der dorsalen Hantellamelle, so- wie ein Nerv zu den Armen ab. Zwei feine Fadchen um- fassen den Oesophagus, um vor demselben, und damit an seiner dorsalen Seile iu ein klei nes Gangl ion Überzugeben, welches mit dem andern durch eine Commissur ver- bunden ist. Somit ist ein Schlundring hergestellt, und es fragt sich nur, ob die kleinen oberen Ganglien Cerebralganglien vorstellen. Dann fände sich die EigenlbUmlichkeit, dass die Nerven für die Arme aus ventralen Ganglien entsprangen, und man konnte die Anne selbst nicht gut den Tentakelbildungen der Würmer für homolog hallen, wenn nicht etwa eine Lage Veränderung ganglionarer Theile im Schlundringe nachweisbar wäre. Die ventrale Ganglienmasse scheint mit einer zusammengezogenen Bauchganglienkette verglichen werden zu dürfen , doch sind zu einer

Fig. IM. Herreni]itItiD Ton Wildbeimia vn ■alen Fltchc Hl. Die dorn]* Schalenklappe ie ebenso die linke illlfto des dornen Hantele II. Hilft« der ventralen Mantellnmelle. P Stiel. 4 Oeeopha- gne, dnrchncbnitten. [Ein pur rar den Oe eophagu lie- gender Ganglien, die durch dünne Fidchen mit dem Ganglion f> Terbnnden lind, lind nicht angegeben.) n Vor- deren, n' hlnterei Oeaophegealganglion, g g Genchlecbta- oigmri. m Oeclneor-llnikel. m' Diyaricater. m" Ven- traler Adjnrtoi. n" Accemoriicber Direrlcator. (Mach k. Bahcoci.I

Nervensystem und Sinnesorgane. Darmes na I. 929

sicheren Vergleichung noch genauere thatsächliche Unterlagen uner- läßlich.

Die geringe Ausbildung oberer Ganglien steht im Zusammenhange mit dem Mangel höherer Sinneswerkzeuge, der übrigens ein erwor- bener iu sein scheint, denn bei Larvenformen deuten vier auf dem ersten Segmente befindliche Pigmentflecke auf Sehorgane (Fig. 463), und lassen vermuthen, daas bei den Stammformen Augen vorhanden waren. Zwei bei einer anderen Larve dem Nervencentrum angelagerte Bläschen deuten in ähnlicher Weise auf die frühere Existenz von Hörorganen hin.

DanncAiwl.

§ 243.

Bei den Brachiopoden beginnt das Darmrohr mit der in der Mantel- höhle zwischen den beiden Armen gelagerten Mundöffnung , von wo es ohne alle accessorischen Organe als ein meist kurzer Canal in den erwei- terten Mitteldarm (Fig. 466 dr) steigt, der meist als Magen bezeichnet wird. Der daraus hervorgehende Abschnitt verläuft bei Lingula in eine zur rechten Seite umbiegende Darmschlinge , welche in der Mantelhöhle zum After tritt. Dieses letzte Darm stück ist bei den Testicardines rudi- mentär, indem es mit einem gegen die ventrale Schalenklappe gerichteten Blindsack endigt, von dem zuweilen noch ein solider Strang, vielleicht ein obliterirter Darmrest, fortgesetzt ist. Zuweilen ist das Ende bulbus- artig erweitert.

Als besondere Eigentümlichkeit ist die Befestigungsweise des Darms hervorzuheben. Vom Mitteldarm geht nämlich eine zur Körperwand ver- laufende Lamelle aus, das Gastroparietalband, welches damit eine Art Scheidewand in der Leibeshöhle vorstellt. Ich möchte darin ein Disse- piment erkennen , welches mit der bereits hervorgehobenen Metamerie in Zusammenhang steht. Eine Begründung dieser auf Anneliden Bezug neh- menden Deutung wird durch das Verhalten zu den Excretionsorganen ausgedrückt. Eine zweite Lamelle, das lleoparielalband, befestigt in ähn- licher Weise den Enddarm.

Von Differenzirungen der Darmwand treffen sich nur am Mittel- darme beachtenswerte Gebilde. Sie erscheinen in der Form verästelter Schläuche, die bei Manchen mit vielen Oeffnungen (Crania), bei anderen in mehrere (4) Ausführgänge vereint (Lingula) in die oben als Magen bezeichnete Darmerweiterung oder auch hinter derselben einmünden. Bei den Angelschaligen sind sie mächtiger entwickelt auf zwei seitliche Drüsengruppen - vertheilt , welche den Magen umgeben und von jeder Seite meist mit mehreren Ausführgängen mit ihm in Verbindung stehen (Fig. 466 Ä').

330 II- 6. Brachiopoden.

Leibeshöhle und Kreislaufsorgane.

§ 244.

Die Leibeshöhle zerfällt durch die in sie eingebetteten Organe , wie durch die Muskeln , die sie durchsetzen , in mannichfache mit einander verbundene Räume, welche mit dem Gefässsystem zusammenhängen und somit blutftlhrende Bahnen vorstellen. Diese setzen sich auch in die Mantellamelle wie in die Arme als Sinusse fort, in ersterer nach der Peri- pherie zu sich theilend, und so eine regelmässige Anordnung darbietend. In solchen Räumen verzweigt sich der Gefässap parat. In der allge- meinen Disposition desselben ist nur hervorzuheben, dass die grossen Stämme dorsal auf dem Darme verlaufen, worin Anklänge an die Verhält- nisse bei Würmern gefunden werden können. Im Speciellen bedarf aber auch dieses Organsystem noch erneuter Durchforschung.

Als Herz wird ein sackartiges über dem Magen liegendes Organ an- gesehen, welches einen von vorne über der Speiseröhre verlaufenden Gefttssstamm empfängt und seitliche Stämme absendet. Der erstere wird als zuführendes Gefäss (Vene) betrachtet. Er scheint das Blut aus Lücken zu sammeln, welche um den Darmcanal sich vorfinden. Zwei aus dem Herzen hervorgehende seitliche Gefässe sind bei den Testicardines (Wald- heimia) eine kurze Strecke weit vereinigt; Bei den Angellosen (Lingula) treten sie erst später von einem medianen, auf dem Darme nach hinten verlaufenden Längsstamme ab. Beide Arterienslämme, die man als Aorten bezeichnet hat, theilen sich bald in zwei Aeste, davon einer nach vorne, der andere nach hinten seinen Weg nimmt. Der vordere stellt die dorsale Mantelarterie vor, die in einen medianen und einen lateralen Zweig ge- spalten, den Mantel und in ihm liegende Organe versorgt. Vom lateralen Zweige verlaufen kleinere Arterien in den Mantellacunen zum Rande und münden dort nach mehrfachen Theilungen. Der hintere Ast der Aorta spaltet sich gleichfalls in zwei Arterien. Die eine verläuft medianwärts und bildet, mit der gleichen Arterie der anderen Seite sich vereinigend, einen zum Stiel gelangenden Arterienstamm. Die andere Arterie wendet sich nach vorne, um wieder in zwei Zweige getheilt im ventralen Mantel- lappen auf ähnliche Weise wie die dorsale Mantelarterie sich zu verästeln. An den beiden Mantelarlerienpaaren findet sich je ein beuteiförmiger An- hang, ein accessorisches Heiz. Aus den Enden der Arterien scheint das Blut in weitere, sowohl im Mantel als zwischen den Eingeweiden und um die Muskeln befindliche Lacunen zu gelangen , welche mit einem compli- cirten, die Arme durchziehenden, in einen zuführenden und rückführen- den Abschnitt gelheilten Canalsystem zusammenhängen.

Da der Mantel eine seeundäre Bildung vorstellt, sind danach auch seine Blutgefässe zu beurtheilen. Es treten damit die Mantelarterien in den Hintergrund und dann gelangen die dem Darme folgenden Haupt- stämme zu höherer morphologischer Bedeutung. Das Herz erscheint als

ExoretionsorgiDe. 331

eine einseilige Erweiterung des LangBstammes, und ähnliches gilt von den accessorischen Herzen der Mantelarte rien.

Excrotlonsorgane. § 245. Von den unter den Würmern vorhandenen Excrelionsorganen treffen sich die an das Bestehen einer Leihesbohle angepassten Formen auch hei den Brachiopoden in Verbreitung, und zwar unter wesentlich überein- stimmendem Verhallen. Gleich den SchleifencanSlen der Anneliden be- sitzen diese Organe eine äussere und eine innere Mundung, so dass ich keinen Anstand nehme , sie jenen Gebilden für homolog anzusehen , wie auch ihre Function modificirt sei. Sie bestehen entweder zu zwei Paaren oder sind nur in einem Paare vorbanden. Im ersteren Falle gehören zwei Canale der sogenannten dorsalen, zwei der ventralen Hälfte an (Rhyn- chonella), was auf zwei Me Lameren verweist, die in diesen Tbeil des Kör- pers Übergingen. Die dorsalen fehlen bei Lingula und den Terebraluliden. Die meist in der Nahe der Armbasis nach aussen geöffneten Canüle münden nach bogenförmigem Verlaufe in die Leibeshohle mit einer durch radiale Fallungen ausgezeichneten trichterförmigen Erweiterung (Fig. 466. r).

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Diese Hündung durchsetzt das lteoparielalband, und wird dadurch gegen den Pericardiatraum gerichtet. Das lleoparietalband steht damit zur inneren Mündung in einem mit einem Dissepimenle von Würmern über- einstimmenden Verbalten (vergl. oben § 243).

332 U. 6. Brach iopoden. Geschlechtsorgane.

Obgleich die Wandungen dieser Canäle durch Vorsprünge, zotten- artige Fortsätze oder Faltungen eine drüsige Beschaffenheit zu besitzen scheinen, so ist bezüglich ihrer Function nur ihr Verhältniss zu den Geschlechtsorganen näher bekannt, welches sie als Oviducte erscheinen lässt, und sie in dieser Weise bisher auch deuten liess. Nachdem schon bei Gephyreen und Anneliden die Schleifencanäle dem Geschlechtsapparat dienstbar wurden , kann es nicht befremden , auch hier sie in demselben Verhalten anzutreffen, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass sie auch excretorische Verrichtungen vollziehen.

Geschlechtsorgane.

§246.

Bei einem Theile der Bracbiopoden sind die Geschlechtsorgane hermaphroditisch angelegt, so dass die Trennung der Geschlechter zu den Ausnahmen zu gehören scheint (Thecidium) . Die Organe bestehen nur aus den Keimdrüsen, Bildungsstätten für Sperma und Eier. Sie bilden bei den ersteren vier Drüsenmassen, zwei bei Thecidium. Bei den Ecardines lagern sie in der Leibeshöhle , th eil weise den Darm und die Muskeln umgebend, bei den Testicardines sind sie als wulstförmige Massen in die Baume beider Mantel läppen (Fortseizungen der Leibeshöhle) vertheilt (Fig. 4 65. g) , in beiden Fällen an die Verhältnisse der Geschlechts- organe der Anneliden und Gephyreen erinnernd. Bei den Getrennt- geschlechtlichen sind diese in dem einen Falle Ovarien, im andern Hoden. Auf welche Weise die ei- und samenbildenden Stellen bei den Hermaphro- ditischen sich zu einander verhalten, ist unbekannt. Die Geschlechts- producte gelangen von ihren Bildungsstätten in die Leibeshöhle.

Bezüglich der Ausführwege kommen die bei den Excretionsorganen aufgeführten Bildungen in Betracht , so dass auch hier ein ursprünglich fremder Apparat als Oviduct wie als Samenleiter fungirt.

Siebenter Abschnitt.

Mollusken.

Allgemeine Ueberslcht

§ 247.

Für den Stamm der Mollusken bietet sich im allgemeinen Verhalten des Körpers wie seiner einzelnen Organsysteme eine genaue Begrenzung dar. Durch den Mangel einer Busserlich aligemein ausgesprochenen Meta- merie erscheint der Körper einheitlicher als bei Arthropoden und bei Annulaten unter den Würmern , wenn auch in mancherlei Organen noch erkennbare Spuren einer Metamerie bestehen. Die Lagerung des centralen Nervensystems über dem Schlünde, und seine Verbindung mit unterhalb des letzteren liegenden Ganglien oder den Schlund umfassenden Com- missuren ergänzt im Zusammenhalte mit einem stets dorsal gelagerten Herzen den typischen Charakter dieser Abtheilung, wozu endlich noch die allgemein verbreitete Entfaltung dorsaler Schalenbildungen tritt.

Das gänzliche Zurücktreten der ursprünglichen Metamerie, sowie die selbst zwischen den einzelnen hier vereinigten Gassen bestehende Kluft, finden in dem palaeontologisch frühzeitigen Auftreten der meisten C lassen der Mollusken zureichende Erklärung , welche zugleich die gegenwartig lebenden Weichthiere als einen ausserordentlich kleinen Bruch theil des formenreichen , nur in relativ wenigen Abiheilungen fortgesetzten Thier- stammes erscheinen lässt. Bezüglich der Phylogenie der Mollusken ist noch Vieles unsicher, allein die auf eine Metamerie des Körpers sich be- ziehenden Verhaltnisse der inneren Organisation lassen verwandtschaft- liche Beziehungen mit gegliederten Organismen erkennen , die ihre näch- sten Verwandten unter den Würmern haben.

Wenn wir auch die einzelnen Abtheilungen als niedere und höhere zu einander ordnen können , so ist doch bei den meisten derselben die Weiterbildung nicht für alle Organsysteme gleichmassig erfolgt, und wir vermögen bei allen, die Verwandtschaft mit niederen Formen documen- tirende Einrichtungen nachzuweisen.

334 ' II. 7. Mollusken.

Bezüglich einer systematischen Uebersicht gebe ich folgende Dar- stellung , und bemerke dazu , dass vorzüglich betreffs der engeren Ab- theilungen manche von den älteren Auffassungen sich noch weiter entfer- nende Veränderungen sich in Aussicht zeigen.

I. Placophora.

Chiton, Cryptochiton.

IL Conchifera *).

Lamellibranchiata. Asiphonia.

Ostrea, Anomia, Pecten, Mytilus, Area, Anodonta, Unio. Siphoniata.

Chama, Cardium, Cyclas, Venus, Teilina, Mactra, Solen, Pholas, Teredo.

Scaphopoda2). Dentalium.

Gasteropoda 3).

Prosobranchiata. Chiastoneura.

Zeugobranchia.

Fissurella, Haliotis. *

An isobranchia.

Patella, Trochus, Littorina, Cyclostoma, Rissoa, Paludina. Tu rri teils. Orthoneura.

Nerita, Jtnlhina, Valyata, Sigaretus, Marsenia, Cyproea, Cerithium, Strorobus, Pteroceia, Dolium, Cassis, Tritonium, Voluta, Harpa, Buccinum, Nassa, Purpura, Murex. Heteropoda*).

Atlanta, Carinaria, Pterotracbea. Opisthobranchiata. Tectibranchiata.

Bulla, Aplysia, Pleurobranchus.

i) Für die Zusammenfassung aller Mollusken mit Ausschluss der Chitonen in eine grosse Abtheilung, die ich als Conchiferen bezeichne, war mir die grosse Bedeutung massgebend, welche der Schale als einer die gesammte Organisation dieser Thiere beherrschenden Einrichtung zuerkannt werden muss. Wenn aber dadurch die Placo- phoren sich schärfer abscheiden, so sehe ich darin doch keinen zureichenden Grund, sie ganz aus dem Molluskenstamme zu entfernen, da in ihrer Organisation Vieles nur mit den Conchiferen übereinstimmendes, und sie deshalb an diese anschliessendes zu erkennen ist. Ich sehe die Placophoren als den Ueberrest einer Abiheilung an, die einerseits aus den Solenogastres (S. 4 85) verwandten Formen sich herausbildete, andererseits die Vorlaufer der Conchiferen darstellte.

2) Die Scaphopoden bilden eine sowohl mit Lamellibranchiaten, als mit Gaste - ropoden verwandte Abtheilung, die aber keineswegs als ein einfaches Zwischenglied aufgefasst werden kann.

3) Unter den Gastropoden sind die in vielen Beziehungen ältesten Formen die Zeugobranchien.

4) Die Hele ropoden sehe ich als eine von den Prosobranchiaten abgezweigte, mit den Orthoneuren näher verwandte Ordnung an, die aber Eigenthümlichkeiten ausgebildet hat, welche sie jenen nicht gleicbwerthig erscheinen lassen.

Allgemeine Uebersicht. Literatur. 335

Nudibraochiata.

Tritonia, Polycera, Aeolidia, Phyllirbott, Doris, Pbylüdia, Pleurophyllidia. Sacoglossa.

Elysla, Limapontie, Placobranchus. Pulmonale *;.

Branchiopneusta.

Lymnaeus, Plaoorbis, Auricula. Nepbropneusta.

Hei ix, Bulimus, Clausula, Limai, Arion.

Pteropoda2).

Tbecosoroata.

Hyalea, Cleodora, Chreseis, Cymbulia. Gymnosomata.

Clio, Pneumodermon.

Cephalopoda 3).

Tetrabranchiata.

Nautilus. Dlbra nchiata. Decapoda.

Spirula, Sepia, Sepiola, Loligo. Octopoda.

Octopus, Tremoctopus, Eledone, Argonauta.

Literatur.

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4) Die Organisation der beiden Abtbeilungen der Pulmonaten scheint mir nicht so bedeutend zu divergiren, dass sie als den beiden anderen Gastropoden-Ordnungen gleichwerth ig gelten könnten. Bezüglich mancher den Nephropneusten zugerechneten Gattungen, z. B. Onchidium, ist ein sicheres Unheil noch nicht möglich.

1) Die Pteropoden geben in manchen Organisationsverbttltnissen eine Verwandt- schaft mit den Cepbalopoden kund , doch kann diese nur als eine sehr ferne aufge- fasst werden.

8) Den nur durch eine lebende Gattung reprttsentirten Tetrabrancbiaten ge- hörten wahrscheinlich die meisten der Ältesten fossilen Formen an, welche uns zugleich eine bedeutende Mannichfalligkeit beurkunden.

336 H- 7- Mollusken.

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Korperform.

§248.

Die Gestaltung des Molluskenkörpers ist durch den Einfluss der von den Schalenbildungen beherrschten Lagerungsverhältnisse vieler Organe

Körperform. 337

auf die Körperform als eine so sehr modificirte zu betrachten, dass eine den Ausgangspunkt darstellende Grundform nur aus der Vergleiefaung früher Embryonalzustände mit manchen ausgebildeten Formen erkannt werden kann. Für die Placopboreo besteht eine wurmartige Larvenform, und bei gymnosomen Pteropoden wird durch mehrfache Wimperkränze eine ähnliche äussere Metatnerie beurkundet. Die hierin ausgesprochenen Beziehungen erhalten sich bei den Placopboren im ausgebildeten Zustande wenigstens am dorsalen Körpertheile. Indem dieser vom ventralen durch eine Furche sich absetzt , werden zwei Strecken unterscheidbar, die als »Mantel« und »Fussa für die Conchiferen trotz vielfacher Umbildungen fortbestehen. Durch die bereits bei den Solenogastres (vergl. S. 439) an- gedeutete Sonderung einer rinnenförmigen ventralen Fläche werden ver- wandtschaftliche Beziehungen zu diesen erkannt, weiche in dem Be- funde des Nervensystems Bestätigung finden.

Lamellibranchiaten und Gastropoden, wie die thecosomen Pteropoden, lassen an einem der späteren Oberfläche des Kopfes entsprechenden Abschnitte einen mächtigen Wimperkranz auftreten, der später von einem besonderen symmetrisch gestalteten lappenartigen Fortsatz, dem Velum, getragen wird. Aus der Verbreitung des Wimpersegels in sonst diver- genten Abtheilungen geht dessen primitive Bedeutung zur Genüge hervor, und ist von um so grösserer Wichtigkeit , als wir in diesem Organ den auch bei vielen Würmern die gleiche Stelle des Körpers umsäumenden Wimperkranz erkennen (vergl. § 407). Das Velum der Mollusken darf demnach als ein aus niederem Zustande ererbtes Organ beurtheilt werden.

Unterhalb des Velums entsteht die Anlage des zur Darmhöhle führen- den Mundes. Gemeinsam mit den Placophoren tritt bei den Lamellibran- chiaten die Bildung einer dorsalen Schale der Fortsetzung des Darmrohrs zum aboralen Körperpole nicht entgegen , da dieses Schutzorgan sammt dem es tragenden Mantel bei ersteren dem Gesammtkörper angepasst bleibt, und bei den letzteren eine vorwiegend laterale Ausbildung nimmt. Es ist daher eine vom Mundpole bis zum Afterpole ziehende Hauptaxe unterscheidbar, welche von zwei verschieden difterenzirten Nebenaxen gekreuzt wird: die dorso- ventrale und die transversale oder Queraxe. Dem Korper kommt demgemäss hier die eudipleure Grundform zu, die bei Würmern und Gliederthieren herrschte.

Anders gestalten sich diese Verhältnisse bei den Gastropoden . deren dorsale, mützenähnlich geformte Schale allmählich den grössten Theil des Körpers umschliesst, und ausser Kopf und Fuss nur eine kleine Strecke der Oberfläche des Leibes zu Tage treten lässt. Während im vorerwähnten Falle die Schale dem Körper sich anpasst, erfolgt hier eine Anpassung der Weichtheile des Körpers an die einheitliche Schale. Daraus gehen asym- metrische Formen des Körpers hervor und der aborale Körperpol trägt nicht mehr den After, der in Folge einer durch die Gehäusebildung be- wirkten Krümmung des Darmes eine laterale Lagerung gewinnt. Von da aus können alle die mannichfachen, von der symmetrischen Grund-

Gtgenbaur, Gnradriss 4. vergl, Anatomie. 2. Aufl. 28

338

II. 7. Mollusken.

form abweichenden Formdifferenzen des Gastropodenkörpers beurtbeilt werden.

Die primitive Uebereinstimmung der mit dem Besitze der Schale er- worbenen Körperform erleidet schon innerhalb der Gastropoden manche Modifikationen, indem das durch das Velum ausgezeichnete Stadium nicht immer zur Ausbildung kommt, wie es auch bei denCephalopoden bis jetzt vermisst wurde. Auch für diese Classe ist die Körperform und die Lage der Eingeweide aus einem ursprünglich allgemeinen Besitz einer Schale ableitbar.

§ 249.

Die dem Velum zukommende Rolle ist in den einzelnen Abtheilungen verschieden. Untergeordnet ist sie bei den Lamellibranchiaten, bei denen es zwar eine Zeit lang als Locomotionsorgan fungirt, jedoch keine selb- ständige Entwickelung gewinnt und frühzeitig sich rückbildet. Das dürfte wohl mit dem rudimentär Werden des Kopfes, und dieses wieder mit dem frühzeitigen Aufgeben der freien Lebensweise dieser Abtheilung in Ver- bindung stehen (Acephala) .

Dagegen erlangen zwei von der Dorsalfläche her lateralwärls sich fortsetzende Duplicaturen als Mantel eine bedeutende Ausbildung, um- scbliessen den Körper und sondern auf sich die Schalengebilde ab, welche in Form und Umfang den Mantellamellen entsprechen.

Zwischen den Rändern des Mantels gelangt man in den als Athem- höhle fungirenden Raum, in welchen die von der Körperwand entsprin- genden Kiemen vorragen (Fig. 467. A. br). Bei einer kleinen Zahl von Muschelthieren (Asi- phonia i ist dieser Eingang in die Mantelhöhle eine ansehnliche Spalte, durch welche Wasser ein- und austritt und damit Nahrungsstoffe zuführt und Aus- wurfsstoffe entfernt. Bei den Meisten besteht eine Verwach- sung der beiderseitigen Mantel- ränder, wodurch sowohl ein mehr oder minder vollkommener Abschluss des die Kiemen umgebenden Hohlraumes, wie auch eine grössere Regelinässigkeit der ein- und austretenden Wasserströme er- reicht wird.

Der geringste Grad der Verwachsung lässt eine vordere grössere und hintere kleinere Oeffnung entstehen (Mytiliden). Erstere dient zum Durch- tritte des Fusses und gestattet den Eintritt von Nahrungsstoffen, indess letzlere , ihrer Lage entsprechend , die Fäcalmassen entfuhrt , sowie das Wasser, welches der Athmung gedient hat. Bei den Chamaceen liegen

Fig. 167. Schematische Darstellung des Verhaltens

von Mantel nnd Fnss auf senkrechtem Querschnitte.

A Bei Lamellibranchiaten, B bei Cepealophoren.

m Hantel, p Fnss. br Kiemen.

Kürperfor

339

hinter der vorderen grossen, den Fuss durchlassenden Spalte noch zwei besondere Oeffnungen, welche sich in die Zu- und Ableitung des Wassers theilen , eine Einrichtung , die in einer grossen Abiheilung der Huschel- Ibiere einen höheren Entwicklungsgrad erreicht (Siphoniata) . Der die bezüglichen Oeffnungen umgebende Hantellheil bildet eine röhrenförmige Verlängerung (Sipbo) und geht damit, ausser d<-r Verwachsung, noch andere Modificationen ein. Die Athcm röhren können zuweilen durch getrennt« Hantelparlhieen dargestellt werden; oder es besteht eine Xusserlich einfache Atbemrobre, welche nur innerlich durch eine Scheide- wand in zwei GanHle getrennt wird; oder beido Zustande sind combinirt (Fig. 468. tr. ta) , endlich kommen zwei vollständig getrennte Rohren

*- *;

sur Ausbildung eine obere , an ihrer inneren Hündung der Afterotruung gegenüber gelagerte, zur Entleerung des Wassers dienende, eine untere, welche die Einfuhr von Wasser besorgt. Für die Regelm&s Bigkeil der Zu- und Ableitung dient die Wimperauskleidung.

Durch diese Formen hindurch gelangen wir zu jenen, bei welchen der Verschluss der Athemhöhle am vollständigsten und die Robrenbildung des Hanteis am meisten entwickelt ist. Dies wird von einer Verkleinerung der dem Fusse zum Austritt dienenden Hantel spalte be- gleitet. Die letztere ist betrachtlich enger geworden und eine ziemlich weite Strecke von den Atfaemrttbren entfernt, so dass der grtissle Theil des Hantelrandes verwachsen ist, und der Körper des Thieres demzufolge sackförmig erscheint (Bohrmuskeln). Die Oeffnung zum Durchtritle des Fasses befin- det sich am vorderen Ende, die beiden ° fiu.'hm siM"»*!»»*»'»- Atbemrohren sind am entgegengesetzten

KOrpertbeile angebracht. Sie seUen sich in besondere Abteilungen der HanlelhOhle fort, indem letztere durch eine Scheidewand in einen oberen kleineren und unteren grosseren Raum getheill wird. Das dem letzteren durch die einleitende Rohre zugeführte Wasser durchströmt die Kiemen

Fig. ISO. D.sislfcs Thiei

340 U- 7- Mollusken.

und tritt durch deren Spaltöffnungen in die Kiemenfächer oder den Intra- branchialraum , aus welchem es in die obere Abtheilung der Mantelhöhle gelangt, in welche auch der After sich öffnet.

Der Mantelrand ist häufig der Sitz besonderer Differenzirungen , die vorzüglich in Gestalt von tentakelartigen Fortsätzen auftreten, und zu- weilen von ziemlicher Mächtigkeit sind.

Die zweite Sonderung des Lamellibranchiatenkörpers findet an der ventralen Fläche statt, die bereits bei den Placophoren differenzirt ist, sohlenförmig gestaltet und als Kriechorgan dienend. Sie besteht in der Ausbildung eines muskulösen vom übrigen Körper in verschiedenem Maasse gesonderten Fusses (Fig. 167 Ap), der aus der Mantelspalte, bei einigen in bedeutender Länge, hervorgestreckt werden kann. Er ist dann beilförmig oder keulenähnlich gestaltet, und fungirt als Locomotionsorgan. Die beiden seitlichen Flächen des Fusses laufen gewöhnlich in eine me- diane Kante aus, doch besieht bei einigen an letzterer Stelle, an das Ver- halten von Chiton erinnernd, eine ebene Fläche als Sohle.

Viele Muschelthiere leben unter Verhältnissen, welche eine Benutzung dieses Organs ausschliessen und demgemäss es sich rückbilden lassen, wie die festsitzenden Austern und Anomien, oder die Kammmuscheln, bei welch' letzteren die Locomotion durch Actionen des Mantels und seiner Schalen ausgeführt wird.

Den Lamellibranchiaten nahe stehend, aber einen Uebergang zu den Gastropoden vermittelnd, verhalten sich die Scaphopoden. Der von einer Schale umschlossene Körper bietet eine Mantelhöhle , aus der ein drei- teiliger Fuss hervor gestreckt werden kann. Ein die Mundöffnung tra- gender Theil erscheint kopfähnlich, entspricht aber mehr einem Rüssel, da er nicht die Nervencentren beherbergt, und wird gleichfalls in der Mantelhöhle geborgen.

§ 250.

Das Velum erlangt die grösste Entfaltung bei den Gastropoden und beschälten Pteropoden und fehlt nur jenen, deren erste Jugendzustände einer freien Lebensweise entzogen sind (landbewohnende Schnecken). Es gestaltet sich zu einem ansehnlichen , nicht selten in symmetrische Lappen ausgedehnten Organe (Fig. 470 ABCv), welches bei Einzelnen sogar noch längere Zeit fortbesteht und dem Körper damit die Fortdauer der schwimmenden Bewegung sichert (Macgillivraya) . Die Entfaltung dieses in niederen Zuständen nur durch einen Wimperkranz vorgestellten Organs erscheint in Zusammenhang mit der Schalenentwickelung, in so fern durch diese die Ausdehnung der Bewimperung des Körpers be- schränkt wird. So bleibt nur der Kopftheil des Körpers frei, und com- pensirt durch Ausbildung der Cilien wie des von ihnen besetzten Randes den Mangel anderer locomotorischer Wimperorgane. In dem Maasse als die Schale die Körperlast vermehrt, vergrössert sieb dann das Velum und geht manche Complicationen seiner Form ein.

kürperform. 34]

Hit der Ausbildung dieses Velums verbindet sich die Sonderung eines Kopfes, von dessen oberer Fläche das Velum sich entfaltet hat, und der nur unter den Pieropoden bedeutende Ruckbildungen eingeht.

Der Hantel erhebt sich wie bei den Lamellibranohiaten als eine die Dorsalfläche umsäumende Falle der Kttrperwsnd und lässt auf seiner

* Talon.

Oberflache die Schale hervorgehen. Indem dieses von der Mantelduplica- tur umsäumte Dorsalfeld des Körpers mit der zum Gehäuse sich ausbil- denden Schale immer weiter sich ausbuchtet, stellt es allmählich einen Blindsack vor , der nach und nach den grossten Tbeil der Eingeweide beherbergt {Eingeweidesack), und dieselben somit unter den direclen Schulz des Gehäuses gelangen lässt. Mit weiterer Ausbildung bebt sich die Hantelduplicatur freier vom Körper ab, und lässt unter sich einen weiteren, die hervorsprossenden Kiemen bergenden Raum entstehen, homolog der Kiemenhühle der Muscbellbiere [vergl. Fig. 1 67 A ii , . Diese Entfaltung einer Hautduplicatur mm Mantel, und die damit zusammen- hängende Entstehung eines darunter gelegenen, wie eine Einstülpung von aussen erscheinenden Raumes, der Kiemenhöhle, erfährt grösslentbeils von der Schalenbildung beherrschte Modificationen. Dadurch, dass der Mantel nicht mehr, wie bei den Lamellibrancbiaten , gleichmässig nach beiden Seiten vorwächst, sondern nur an einer Stelle im Zusammenhang mit der Gehäuseent Wickelung vorwiegend sich weiterbildet, entsteht an jener Stelle die KiemenhOble als ein einheitlicher Raum. Diese Stelle liegt bald unter einem hinteren Abschnitte des Mantels bei Pieropoden (Fig. 170 C), bald unter einem vorderen bei den meisten Gaste ropoden \B). Die durch das Auftreten vou Gehäuse -Windungen bedingte Asymmetrie gibt der KiemenhOble der Gasleropoden eine meist einseilige Lagerung, welche als eine Anpassung an die durch den bezüglichen Theil der Schale gebotene grossere Räumlichkeit sich darstellt. Die Entstehung der einheit- lichen und asymmetrischen Kiemenhohle aus einer paarigen, symme- trisch sich verhaltenden Räumu'ohkeit ist in manchen Spuren erkennbar. Dadurch wird angedeutet, dass die Asymmetrie der Schale wahrscheinlich sccundär ist.

342 H- 7. "Mollusken.

Von diesem Verhalten leiten sich Reihen von Rückbildungen und Ausbildungen ab. Die letzteren sind grossentheils DifTerenzirungen des Mantelrandes, die mit der Function der Kiemenhohle in Connex stehen. Ein Theil des Mantelrandes wächst in eine der Zuleitung von Wasser die- nende Rinne aus, und kann durch Uebereinanderschlagen der Ränder in eine Röhre sich umwandeln, wie wir sie als Sipho bei vielen meer- bewohnenden Gastropoden in verschiedenen Stadien allmählicher Diffe- renzirung antreffen (Buccinum, Dolium, Harpa, Tritonium, Murex u. a.). Ein auf ähnliche Art gebildeter zweiter Sipho von geringerer Ausdehnung besteht meist am entgegengesetzten Ende der Kiemenhöhle und ist zur Ausfuhr des Wassers bestimmt. Mancherlei andere Fortsatzbildungen (z. B. bei Strombus, Pterocera) sowie tentakelartige Anhänge bediugen neue Complicationen.

Rückbildungen des Mantels ergeben sich wieder im Zusammenbange mit Rückbildungen der Schale. Am meisten greifen sie in der Abtheilung .der Opisthobranchiaten Platz , von denen ein Theil mit sehr verschieden- gradig rudimentären Schalen ausgestattet ist, ein anderer derselben im ausgebildeten Zustande vollständig entbehrt. Da bei allen diesen schalen- tragende Larvenstadien vorkommen, der Verlust der Schale also sogar erst während der Ontogenese erworben wird, so müssen auch die später nackten Opisthobranchiaten von schalentragenden Formen abzuleiten sein. Die Larvenschale und die damit, wenn auch gering ausgebildete Mantel- falte geben somit als rudimentäre Organe der nackten Opisthobranchiaten Zeugniss von der mit den anderen Gastropoden gemeinsamen Abstam- mung. Wo solche Schalenrudimente auch dem ausgebildeten Thiere noch zukommen, werden sie in ähnlicher Weise zu beurtbeilen sein, als rück- gebildete, und nicht als erst in der Ausbildung begriffene Gehäuse, denn wieder die Vergleichung mit den Larvenformen lässt da das Gehäuse in viel höherer Bedeutung erkennen als es im Rudimente des ausgebildeten Zustandes jener Organismen erscheint, und ebenso trifft sich höchst be- deutungsvoll in der Lage des Afters wie der Genitalöffnung ein nur aus der mächtigeren Gehäusebildung erklärbares Verbältniss.

Die Reihe der Rückbildungen zeigt sich auch innerhalb kleinerer Ab- tbeilungen, so bei den Heteropoden, unter denen Atlanta mit ausgebildeter Schale und entwickeltem Mantel erscheint, die beide bei Carinaria rudi- mentär, und bei Pterotrachea völlig geschwunden sind. Eine ähnliche Reihe von Rückbildungsstadien findet sich bei den Nephropneusten re- präsentirt.

§ 251.

Bedeutend umgestaltend auf die Körperform wirkt die divergente Ausbildung des Fusses ein. Derselbe erscheint bei den Larven der Pteropoden und der Gasleropoden unterhalb des Mundes ziemlich tiber- einstimmend als ein kurzer, konischer , meist etwas verbreiterler Fortsatz (Fig. 470. A. p). Auf der hintern dorsalen Fläche trägt dieser Körper-

Körperform.

343

ß

Iheil einen die Mündung des Gehäuses verschliessenden Deckel als schalen- artiges Abscheidcproduct. Unter Volumszunahme, besonders in aboraler Richtung, gestaltet sich der Fuss bei Gasteropoden zu einem meist mit breiter Sohlfläche ausgestatteten Gebilde , von welchem die Bezeichnung entnommen ward (Fig. 474 . B). Bald ist er mehr in die Länge gestreckt, bald mehr scheibenförmig gestaltet. Bei den meisten Gasteropoden kommt dem Fusse nur an seinem Sohlenrande eine scharfe Umgrenzung zu. Die darüber befindliche Körperoberflache zieht sich bei manchen der nie- dem Prosobrancbiaten (Haliotis) in einen saumartigen Rand aus (Epipo- dium} , der schon dadurch , dass er auch den Kopf mit umfasst , vom Mantel verschieden sich darstellt. Selbständiger sondert sich der Fuss der Heteropoden , der als senkrecht stehende Flosse von der Bauchseite des Thieres entspringt. Der Kör* per setzt sich damit sowohl vor- als rückwärts vom Fusse noch fort. Dieser hat somit vom ur- sprünglichen Verhalten sich weit entfernt, und ist keine Sohlfläche des Körpers mehr, dessen Ende jedoch bei Atlanta noch einen Deckel trägt. Der Bau der mus- kulösen Sohle des Gastropoden- fusses erhält sich rudimentär in einem saugnapfartigen Gebilde, welches bei den Pterotracbeen

nur dem männlichen Geschlechte zukommt. Es erinnert daran, dass auch in vollkommener Ausbildung der Gastropodenfuss als Saugnapf fungirt, indem das Thier damit sich festzuhalten im Stande ist.

Noch bedeutender sind die Modificationen des Fusses der Pteropoden . Der in den ersten Larvenstadien in derselben Weise wie bei Gasteropoden angelegte Fuss entwickelt bei den Cymbulieen und Hyaleen einen medianen und zwei laterale Theile (vergl. Fig. 470. Cpp). Während der mediane Abschnitt bei den Hyaleen sieb wenig ausbildet, entwickeln sich die lateralen Lappen zu zwei grossen, den rudimentären Kopf wie Flügel umfassenden Flossen, und bei den Cymbulieen gebt auch der mediane Lappen eine Weiterbildung ein. Er verschmilzt bald nur an der Basis (Cymbulia), bald in der ganzen Länge (Tiedemannia) mit den beiden seitlichen, und daraus gehen die ansehnlichen Flossen dieser Thiere hervor.

Fig. 171. ßchematiiche Darstellung des Verhaltene

Ton Mantel und Pubs auf senkrechtem Querdurch -

■chmitt. Ä bei Lanellibranehiaten, B bei Cepnalo-

phoren. n Kautel, p Fuss. br Kiemen.

§ ?&2.

Bei den Cephalopoden ergibt sich die bedeutendere Ausbildung des Kopfes als eine wichtige Eigentümlichkeit der Körperform, und dabei erscheinen die Verhältnisse des Mantels in einer bei den beschälten Ptero-

344 II- ?■ Mollusken.

poden getroffenen Form, so dass sie von daher ableitbar sind. Die von einer Manteldupticalur Überwölbte CaviliH nimmt den hinteren Theil des Rückens ein, bildet also jene Körperpartie, die gewöhnlich als Bauch- fläche bezeichnet wird. Uro diese Verhältnisse sich zu veranschaulichen, muss man das Thier in einer Stellung sich denken, wo das aborale Ende aufwärts , der Kopf dagegen nach vorn und abwärts gerichtet ist. (Vergleiche nebenstehende Figur Mi.\ Der gesammle über dem Kopfe befindliche Körper wird dann dem Rucken der Gastro- poden entsprechen. Der Hantel setzt sich vom Kopfe .bald durch eine ringsum laufende Falte ah (Sepia), bald geht diese Manteiralu- an der Seite des Nackens glatt ins lntegu- ment des Kopfes über (Oclopus), so dass der far dn~vlih»iün du "m«!»]»""! Mantel nur über der Kiemenhöhle eine Dupli- bei Ptt .»poden and b bei Ca- calur bildet. Seitliche Fortsätze dieses Man- 'h*,,PM*"i Teitak.'i *' Ki6" tels' b«' den Sepien meist schmal, aber in der ganzen Länge vorhanden, bei den Loü- ginen breiler, jedoch nur aufs aborale Körperende beschränkt, fungiren als Bewegungsorgane (Flossen).

Sowohl die Bildung der Mantelhöhle als auch die Lage des Afters lässt schliessen, dass diese Gestallung aus dem ursprünglichen Besitz einer den ganzen Mantel bedeckenden Schale hervorging, wie denn auch die gehäuselragenden Cephalopoden allgemein als die älteren Formen sich darstellen, und in der ausserordentlichen Divergenz der Gehünseformen eine sehr weit zurückliegende Entstehung dieses Gebildes annehmen lassen.

Dem Fnsse der Gasleropoden entspricht ein an der gleichen Stelle wie bei den gjmnosomen Pleropoden lagerndes Organ, der Trichter. Bei Nautilus wird es aus zwei von der Ventralfläche unter dem Kopfe ent- springenden Lamellen gebildet, die über einander gerollt, eine aus der M ntclhohle vorragende Röhre vorstellen (Fig. 175 i). Bei den Dibran- chiaten erscheint dieses Organ nur in der Anlage aus zwei seillichen Ab- schnitten zusammengesetzt, die in dem Räume zwischen Mantel und Arrnanlagen auftreten. Durch Gegeneinanderwachsen und allmähliche Verschmelzung entsteht daraus eine ähnliche aber abgeschlossene Bohre wie bei Nautilus, lodern der gleichfalls muskulöse Mantel sich dann an den Umfang des Trichters legt, und durch kräftige Contractionen das zwischen Trichter und Manlelrand in die Mantelhühle tretende Wasser austreibt, wird durch den ausgeslossenen Strom ein das Thier in aboraler Richtung fortbewegender Rllckstoss hervorgebracht. So bleibt auch hier das Organ in seinen ursprünglichen Beziehungen zur Ortsbewegung.

Gliedmassen. 345

Gliedmaggen.

§ 253.

Die Entfaltung eines Kopftheiles steht auch bei den Mollasken mit der Sonderung von Fortsatsbildungen in engem Zusammenhange , die ich als Gliedmassen aufführe, weil sie mit Antennen und Fühlern der Arthro- poden und Würmer homolog sind, und bei höherer Differenzirung auch die Leistungen von Gliedmassen zu übernehmen im Stande sind. Diese als Tentakel bezeichneten Gebilde fehlen den Placophoren, auch den Scapbopoden, denn die um den Mund der letzteren geordneten Fortsätze erscheinen als eigenartige Gebilde, die nicht hieher beziehbar sind.

Bei den Lamellibranchiaten sind lappenförmige Anhänge (Fig. 468 /) (sogenannte Mundlappen) am völlig rudimentären Kopfe angebracht, viel- leicht den bedeutender entfalteten Tentakeln homolog, welche bei den Gasteropoden den Kopftheil auszeichnen. Wie bei vielen Plattwürmern stellen sie im einfachsten Zustande wenig vorragende Kftrperfortsätze vor, die aber bedeutende Diflerenzirungen eingehen. Bei den Prosobranchiaten sind sie meist auf zwei beschränkt, und nehmen ihre Entstehung auf der vom Velum umsäumten Fläche (vergl. Fig. 470 B t). Bei vielen liegt das Auge an der Fühlerbasis, die zu einem besonderen Fortsatze sich ausbil- den kann. Daran schliessen sich Andere, deren Sehorgan auf einen von den Tentakeln sich sondernden Augenslicl tritt, der mit dem Erlangen grösserer Selbständigkeit bei Helix, Limax u. a. vier Tentakel erscheinen lässt. Diese werden beim Zurückziehen eingestülpt, und bieten damit eine höhere Ausbildung. Ein besonders hoch entwickeltes fühlerpaar zeichnet viele Opisthobranchiaten aus (Fig. 477 //), aber dazu treten noch neue tentakelartige Kopfanhänge, welche nur für die einzelnen Unter- abtheilungen in Zahl und Anordnung charakteristisch sind.

Unter den Pteropoden sind bei den Thecosomen Rückbildungen vor sich gegangen, denn die Tentakel fehlen gänzlich oder sind rudimen- tär (Cbreseis). Die Ausbildung der hier zu Flossen umgebildeten Tbeile des Fusses macht die Entfaltung von Kopftentakeln bedeutungslos , und erklärt damit deren Fehlen, sowie andererseits die grössere Entfernung der Flossen vom Kopfe bei den Gymnosomen eine Ausbildung von Tenta- keln gestattet. Sie erscheinen hier in mehrfachen Formen, und ausser den oberen Tentakeln finden sich noch ein oder mehrere Paare von Fortsätzen (Ceph'iloconi), die zu den bei den Cephalopoden entfalteten Tentakel- bildungen hinführen. Bei Pneumodermon sind zwei dieser Gebilde sogar mit Saugnäpfen besetzt.

§254.

Für die Cephalopoden sind zahlreiche, jederseits in reihenweisen Gruppen auf lappenartigen Fortsetzen sich erhebende Tentakel am Kopfe der Tetrabranchialen bemerkenswert h. In geringer Zahl, aber mächtiger

346

II. 7. Mollusken.

ausgebildet, erscheinen dieseGebilde als Arme der Dibranchiaten. Zehn Arme zeichnen die Loliginen, Sepien, Spiralen aus. Zwei längere, aucb sonst von den andern verschieden gebaute Arme stehen dabei ausserhalb des von den andern acht gebildeten, den Hund umstellenden Kreises, und treten aus dem Grunde seillich am Kopfe sich herabsenkender Titschen hervor, müssen daher von den inneren unterschieden werden, die also bei allen Dibranchiaten zu acht bestehen. Die Arme der Octopoden sind wie die gleichartigen der Decapoden an der Basis durch eine saumartige Membran verbunden, mit Ausnahme des der Trichterseite nächsten Paares. Diese Verbindung erstreckt sich hei einigen Octopoden weiter, bald nur auf eine Anzahl von Armen (vier bei Tremoctopus) , bald auf alle (Hislio- teuthis, vollständiger bei Cirroteuthis), um sich in ganzer Lunge derselben fortzusetzen.

Besondere Bildungen an den Ccphalopoden-Armen erscheinen als Saugnäpfe, welche meist in zwei Reihen (eine Reihe bei Eledone die orale Fläche besetzen , nicht selten von Stielen getragen. Ihr freier Rand besitzt hSufig eine cuticulare Verdickung in Form eines zuweilen gezahnelten Chitinringes. Unter machtiger Aus- bildung eines einzelnen Zahnes tritt der Saug- napf selbst zurück, und seine Stelle wird durch einen Haken vertreten (Onychoteuthis) .

Einzelne dieser Arme erleiden bei vielen Ge- phalopoden besondere Umbildungen, indem sie bei dem Begattungsgeschäfte in Function stehen, die schon bei Nautilus durch die Ten- lakel besorgt wird. Der zum Begatlungswerk- zeuge umgebildete Arm ist unbeständig; in der Regel ist es einer von den der sogenannten Bauchseite des Thieres angehorigen. Die Art der Umwandlung tritt in den einzelnen Abthei- lungen in sehr verschiedenen Graden auf, bald erscheint sie blos in der Veränderung einer Stelle an der Basis des Arms (Sepia), bald be- ruht sie in einer Veränderung der Saugnapf form auf grösserer oder geringerer Lange, bald ist die Spitze des betretenden Armes mit einer loflelartig ausgehöhlten Bildung versehen mpm Cirtn*«. cobere«, i' (Oclopus, Eledone) . ■weiua Armpuir Dritt« Linker per höchste Grad dieser aus einer Anpas-

»yl„. * iM.liwdM»!*«. v 8UnS hervorgegangenen Umformung äussert Fadenförmiger Anhang »«der Ena- sich sowohl tiui'ch eine ansehnliche Vergrösse- bi.se geioit. . Tnohter. r\m% des bezüglichen Armes, als auch durch

eine differenle innere Organisation (Argonauta und Tremoctopus). Der »Begattungsarm" entwickelt sieb nicht wie die andern frei hervorsprossend,

lnteguraent. 547

sondern er entsteht in einer Blase , aus der er sich erst nach erlangter Ausbildung löst. Eine ähnliche Umhüllung besitzt das. vielfach gewun- dene geisseiförmige Ende des Arms (Fig. 473. y), welches erst bei der Begattung frei wird. Dieser Anhang sammt der umhüllenden Membran (x) entspricht dem modificirten Armende von Eledone und Octopus. Die höher differenzirten Begattungsarme vermögen nach ihrer Ablösung in der Mantelhöhle des Weibchens noch längere Zeit fortzuleben , so dass man solche abgelöste Arme früher für parasitische Organismen (Hectoco- tylus) hielt.

Steenctrup, J. J. , Hectocotyldannelsen. Kongl. Dansk. Vid. Selsk. Skrifler. V. R. 4. Bd.

Integument.

§ 255.

Die Rörperhedeckungen der Weichthiere werden von einer weichen* Hautschichte dargestellt , die in der Regel so innig mit der darunter lie- genden Muskulatur verwebt ist, dass, wie bei den Würmern, eine Art von Hautmuskelschlauch entsteht. Durch vorwiegende Ausbildung der Muskulatur an gewissen Stellen des Körpers , somit durch Differenzirung einzelner Theile des Hautmuskelschlauches, entstehen die Organe der Ortsbewegung.

In den meisten Abtheilungen der Mollusken besteht während der ersten Larvenzustände eine Wimperbekleidung, welche auch später noch den Körper oder Theile desselben Überzieht. Die bedeutendste Aus- bildung empfangen die Gilien an dem das Velum (s. § 248) umsäumenden Wimperkranze. Am meisten verbreitet kommen sie sonst an den Athmungs- Organen vor. Auch bei den Gephalopoden besteht während der Entwick- lung eine Wimperbedeckung der Oberfläche an fast allen Stellen der Keim- scheibe (mit Ausnahme der Kiemen) und später erscheint auch am Dotter- sack Wimperepithel.

Das Integument ist deutlich in Epidermis und Cutis trennbar. Eine eigenthümliche Modification der letzteren besteht bei manchen Heteropoden (Garinaria, Pterotrachea), bei denen eine mächtige glashelle Bindegewebe- schichte dem Körper nur einen geringen Grad des Gestaltwechsels erlaubt. Bei den übrigen Mollusken wird einer Formveränderung des Körpers vor- züglich durch die vom Integumente ausgehende Gehäusebildung eine Schranke gesetzt.

Färbungen des Körpers finden sich durch Pigment-Einlagerungen ins Integument bedingt. Von diesen Gebilden sind die eigen thümlichsten die bei manchen Pteropoden, wie bei allen Cephalopoden vorhandenen »Chro- matophoren«. Dies sind in verschiedenen Tiefen der Haut liegende rund- liche Zellen , mit körnigem Pigmente erfüllt und in ihrer Peripherie mit radiären Muskelfasern ausgestattet, deren Contraction eine flächenhafte Ausdehnung der Zelle und dadurch eine Vertheilung des Pigmentin halte»

348 H- 7. Mollusken.

hervorruft, so dass sie als grössere, sternförmige, häufig verästelte Flecke -dem Auge leicht wahrnehmbar werden. In einer zuweilen gesonderten Schichte finden sich plattenförmige Elemente, welche den Silberglanz mancher Körperstellen bedingen (Flitlerschichte) . Das wechselnde Spiel dieser mehrfachen Schichten ruft jene Farbenpracht hervor, die man an der Haut lebender Tintenfische bewundert.

Andere Einlagerungen in das Integument sind solche aus kohlen- saurem Kalk , hei Gasteropoden verbreitet ; bald als einfache Körnchen oder grössere rundliche Goncrelionen, bald als stäbchenförmige, gezackte oder auch verästelte Formen , die oft in beträchtlicher Masse vorhanden, ein wahres Kalknetz darstellen können, bei Doris, Polycera u. a., deren einzelne Arten durch eine besondere Anordnung oder Gruppirung, sowie auch durch eigentümliche Formation der einzelnen Kalkstäbchen ausge- zeichnet sind.

§ 2Ö6.

Als Differenzirungen der Epidermis erscheinen Drüsen, die sich zum Theile an die bei Würmern vorhandenen Gebilde anreihen (einzellige Drüsen) . In der einfachsten Form finden sich diese Organe als Modifica- tionen von Epidermiszellen, zwischen anderen Zellen gelagert, aber durch den feinkörnigen Inhalt, sowie durch eine Mündung ausgezeichnet (Becher- zellen). Sie kommen sowohl den Muschelthieren wie den Gasteropoden au. Bei Cephalopoden finden sie sich mehr gruppenweise angeordnet, und dehnen sich mit ihrem blinden Ende unter das Niveau der Epidermis. In weiterer Entfernung sind sie bei Gasteropoden besonders bei Land- pulmonaten — zu treffen, wo sie tiefer ins Integument eingesenkt sind. An einzelnen Körperstellen gehen diese Drüsen verschiedenartige Modifi- cationen ein. Hierher gehören z. B. die am Manlelrande beschälter Gaste- ropoden vorhandenen , eine kalkhaltige Flüssigkeit absondernden Drüsen, mit denen auch farbstoffliefernde vorkommen.

Bei Aplysia entleeren die Hautd r üsen eine dunkelrolhe Flüssigkeit. Bei Murex und Purpura besteht in der Manlelhöhle zwischen Kieme und Enddarm eine als Drüse fungirende Epilbelschichte, die aus grossen, auf -der Oberfläche wimpernden Zellen gebildet wird. Das Secret dieser Zellen liefert den als »Purpura bekannten Stoff.

Eine Eigenlhümlicbkeit einiger Opisihobranchiaten (Aeolidier) bildet das Vorkommen von Nesselzellen in den Enden der Rückenpapillen.

Zu den selbständiger entwickelten Drüsenorganen des lntegumentes fiel. ort die Byssusdrüse der Lamellibrancbialen, ein Organ, dessen Auftreten von Modificationen des Fusses begleitet ist. Derselbe erscheint nämlich zu einem zungenförmigen , an seiner ventralen Fläche mit einer Rinne ausgestatteten Fortsatze verkümmert. Die Hinne verläuft gegen eine an der Basis des Fusses befindliche Vertiefung, in deren Grund eine Drüse die als »Rvssus« bekannte Substanz absondert. Ein solches Organ

SchalenbUdungen. 349

findet sich bei Pecteu, Lima, Area, Tridacna, Malleus , Avicula, Mytilus verbreitet, wird jedoch als ein allgemein vorkommendes Organ gehen dürfen , da es auch bei den Embryonen der Najaden , sowie bei Cyclas vorübergehend vorkommt. Bei den Gastropoden besitzen einzelne Ab- theilungen (Helicinen, Limacinen) eine gleichfalls im Fuss gelegene Drüse, die sich vorne unter dem Munde öffnet. Ausser diesen kom- men noch manche andere aus dem Integumente bei vorgegangene Drüsen- organe vor.

SchalenbUdungen.

§«57.

Eine besondere Wichtigkeit erlangt die Hautbedeckung durch die Ab- scheidung fester, in Schichten sich lagernder Substanzen , aus welchen die mannichfaltigen für den Molluskenstamm charakteristischen Gehäuse und Schalen hervorgehen. Somit sind die in dieser Abtbeilung getroffenen Hartgebilde durch die Art ihrer Entstehung von jenen anderer Thier- classen wesentlich unterschieden. Es sind vom Körper ausgeschiedene, nach aussen hin abgelagerte Producte , die als Stütz- und Schutzorgane für die betreffenden thierischen Organismen von grosser Bedeutung sind. Wie in anderen vom Integumente gelieferten Differenzirungen äussert sieb auch hier eine secretbildende ThUtigkeit der äusseren Haulschichte. Wenn auch die Süsseren Schichten dieser Gebilde häufig, besonders bei massiven Schalen, dem Organismus entfremdet scheinen, so stellen die Schalen doch immer Theile desselben vor, und an manchen Stellen, z. B. da, wo Mus- keln den Schalen inserirt sind, besteht beständig ein unmittelbarer und inniger Zusammenbang.

Bei den Placophoren erinnert das Vorkommen verkalkender Sta- cheln an Verhältnisse, wie sie im Integumente der Solenogaslres be- stehen (S. 449). Die Stacheln entstehen in Follikeln, und treten erst mit ihrer Vergrösserung an die Oberfläche, als schlankere dicht stehende feinere Fortsätze , oder derbere Gebilde über den Mantel vertheilt. Dazu kommen ansehnliche, verkalkte Platten (8), die der Quere nach ausge- dehnt eine Folge von Skelettheilen herstellen , in denen eine Metamerie ausgedrückt erscheint. Da sie bei Cryptochiton vom Mantel umschlossen sind, besteht Grund, ihre Genese gleichfalls im Mantel-Innern, in Ueber- einstimmung mit den Stacheln anzunehmen. Die Platten würden dann mächtige Entfaltungen derselben Gebilde vorstellen, die in geringerer Flächenentwtckelung und nur in die Höhe wuchernd, als Stacheln er- scheinen. Diese Beziehung des Mantels zur Bildung fester, bei voluminö- serer Entfaltung Schalen vorstellender Organe wird för die übrigen Mol- lusken zu einer typischen, und überall äussert sich zwischen beiden Organen ein inniger Connex. An der Stelle der Rttckenplatten der Chito- nen tritt aber eine continuirliche Bildung als einheitliche Schale, auf. So

350 II- 7- Mollusken.

wie wir den Mantel als homologes Organ durch die Reihe der Mollusken verfolgten , isl auch die Schale als ein durch Vererbung verbreitetes, durch zahlreiche Anpassungen vielfach modißcirtes Organ anzusehen.

Die Substitution eines mehrtheiligen Gebildes durch ein einheitliches wird hier nicht durch eine Neubildung, sondern durch Ausbildung eines Theiles geschehen, denn es ist undenkbar, dass die Schale sofort als ein functionell bedeutungsvolles Organ, einen grossen Theil des Körpers um- schliessend, auftrat. Wenn sie aber zuerst als unansehnliches Gebilde erschien, so kann ihr nicht das Voll-Maass jener Function zugekommen sein, mittels deren sie als nützliche Einrichtung sich durch Vererbung fort- ■erhielt. Es ist also zu postuliren, dass das später die Schale darstellende Gebilde seine Verrichtung ursprünglich mit anderen gleichartigen (heilte und über jene anderen allmählich die Oberhand gewann. Nur so ist die allmähliche Ausbildung einer Schale verständlich , und dadurch wird zu- gleich die mebrtheilige Schalenbildung der Placophoreo mit der einheit- lichen der Conchiferen verknüpft.

§ 258.

Die erste Anlage der Schale erfolgt am aboralen Pole des embryo- nalen Körpers, an einer durch eine Wucherung des Ectoderms ausgezeich- neten Stelle. In einer hier entstehenden drUsenithnlichen Einstülpung (Fig. 174. j) wird eine zabe Substanz abgeschieden, welche unter allmäh- licher Ausgleichung der Einstülpung an die Oberflaehe gelangt und im Contact mit dem Wasser erhärtet [»']. Mit dem Verschwin- den der Einsenkung besteht deren Hand als wulstige Erbebung fort und bildet die An- lage des Mantels , der also mit der Bildung der Schale im engsten Connex steht. Diese, in grösseren Abtheilungen der Conchiferen nachgewiesene Einrichtung deutet auf das Gemeinsame dieser Gruppe, liefert aber auch Fig. 17«. Embr/o eines Kon- den Schlüssel zum Verstandniss sehr difle- roped*B im Durchschnitt »Wide, d linier Schalenbildungen. Mit dem anae- , schale uaiagi. 'is.ch n. Fol.) führten Verschwinden der Invagioatton wird die Schale zu einer äusseren, wo- bei der Mantelrand entweder unter ihr bleibt, oder sie mehr oder minder überlagert. Der letztere Fall verknüpft mit den äusseren Schalen bildungen die inneren, welche dann entstehen, wenn die Einstülpung nicht verschwindet, sondern in der angebahnten Richtung weiter sich ausbildet. Im Innern dieses Organs wird dann die Schale von der Wan- dung her abgeschieden, und empfangt wie die äussere für die einzelnen grösseren und kleineren Abiheilungen viele Eigentümlichkeiten.

Schalenbildungen. 35]

Im einfachsten Falle bietet die Schale nur gleichartig geschichtete Lamellen dar, bei manchen im niedersten Zustande von Porencanälen durchbrochen. Der einfache Zustand complicirt sich durch Hinzutritt von Schichten schräg oder senkrecht gerichteter Prismen.

Das Flächenwacbstbum der Schale geht am freien Rande vor sich und erfolgt hier durch schichtenweise Ablagerungen von Seite des Mantels, die sich auf der Oberfläche als concentrische Ringe zu erkennen geben. Die Verdickung der Schale wird au ihrer ganzen Innenfläche von der Aussenfläche des Mantels besorgt. Durch diesen verschiedenen Modus der Rildung entstehen verschiedene Structurverhältnisse der fertigen Schale, deren innerer Theil bei Vielen aus zahlreichen, übereinander liegenden und gefalteten Schichten besteht , aus denen der Perlmutter- glanz sich ableitet. Auf die Perlroutterschichte folgt die äussere compli- cirter zusammengesetzte, die ihre Entstehung dem Mantelrande verdankt. Auf Rechnung des letzteren kommt auch der hornartige Ueberzug (Peri- ost ra cum), den viele Schalen besitzen.

Die Schale der Lamellibranchiaten entfaltet sich mit dem Mantel nach beiden Seiten des Körpers , empfängt aber in der Medianlinie keine Ver- kalkung, so dass zwei, median durch den un verkalkten Theil der Schale, continuirlich verbundene Schalenklappen entstehen. Wo diese Klappen aneinandergrenzen , entsieht das »Schlossa; die beide Schalen hier verbindende, unverkalkte, chitinartige Substanz bildet das Schlossband. Die Schichten des Schlossbandes gehen in jene der Schalen über, und beide Klappen erscheinen nur als Theile eines einheitlich angelegten, und auch später noch einheitlichen Gebildes, das den Schalen der übrigen Mollusken homolog ist. In der Nähe des Schlossbandes gelagerte, wechsel- seitig in einander greifende Vorsprungsbildungen (Schlosszähne) der Schalenklappen dienen zum festeren Schlüsse der Schale.

Die Gasteropoden - Gehäuse sind von den Schalen der Lamelli- branchiaten vor Allem durch die continuirliche Verkalkung der Schalen- anlage verschieden. Das Gehäuse tritt nicht selten als inneres auf.

Dieses Verhalten bieten die meist mit rudimentärer Schale ver- sehenen Tectibranchiaten und ein Theil der Pulmonaten. Bei diesen; (Heli- cinen) wird das Gehäuse sehr frühzeitig zum äusseren, während es bei Anderen rudimentär im Mantel liegen bleibt (Limacinen) zuweilen nur auf einige Kalkconcremente beschränkt.

Die einzelnen Stadien der Rückbildung des Gehäuses sind auch in anderen Abtheilungen vertreten, so z. B. bei den Heteropoden, wo von einem den ganzen Körper bergenden Gehäuse bei Atlanta, durch die rudimentäre Schale von Carinaria eine Vermittelung zu dem Mangel der- selben bei den Pterotracheen gegeben wird. Bei diesen ist aber während des Larvenzustandes ein vergängliches Gehäuse vorbanden, welches, wie bei den später gleichfalls schalenlosen Opisthobranchiaten , den ganzen Larvenkörper aufnimmt. Durch seine Verbreitung erscheint es als ein

352 H. 7. Mollusken.

den Gastropoden gemeinsames Erbtheil, dessen sich einzelne Abtheilungen sehr frühzeitig entäussern.

Die thecosomen Pteropoden schliessen sich bezüglich der Gehäusc- bildung an die Gastropoden an.

Nicht immer wird das ganze Gehäuse vom Thiere eingenommen. Bei manchen Gastropoden zieht sich das Thier mit fortschreitendem Wachsthum aus dem Ende des Gehäuses zurück und schliesst dieses sich mit einer Schalenschichte ab. Aehnliches zeigen auch einzelne Ptero- poden (Chreseis), und darin kann der Anfang einer Erscheinung erkannt werden, die bei den Cephaiopoden eine hohe Stufe erreicht.

Die Schalensubstanz, Absonderungsproduct des Mantels, bietet zahl- reiche Verschiedenheiten dar, von weichen, bis zu festen, soliden Bildun- gen, als welche die Gehäuse der meisten Prosobranchiaten erscheinen. Erstere Schalenformen bestehen nur aus organischer Substanz. Durch Imprägnation mit Kalksalzen werden sie fester, von hornartiger Beschaffen- heit, und beim Vorwiegen der anorganischen Substanzen gehen derbe Schalengebilde hervor.

Der einfache Zustand der napfförmigen, embryonalen Schale bleibt hei einigen bestehen und wird durch gleichmässiges Wachsthum in bald mehr, bald minder flache oder konische Formen übergeführt (z. B. Pa- tella) ; bei der Mehrzahl dagegen entsteht durch ungleichseitiges Aus- wachsen eine Spiralform, die selbst wieder zahllosen Modificationen unter- worfen ist. Da die embryonalen Gehäuse auch bei den später derselben Entbehrenden, zur Bergung des ganzen Körpers dienen , so wird hierin die Grundform zu suchen sein, von der die übrigen Schalenformen sich abzweigten. Nach der einen Seite gehen also daraus weiter entwickelte Gehäuse hervor, sowie andererseits die rudimentären Schalenformen sich hierzu als Rückbildungen verhallen.

§ 259.

Die Schalenbildungen der Cephaiopoden lassen gleichfalls ihre ein- facheren Formen nicht als Anfänge der Entwickelung, sondern als rudimen- täre Bildungen erkennen, die von den complicirteren und vollständigeren abzuleiten sind, wie denn auch die geologische Reihenfolge eine allmäh- liche Rückbildung der Schale erkennen lässt. Sowohl hinsichtlich der Texturverhältnisse als auch in den Beziehungen zum Körper, d. i. zu dem als »Mantel« erscheinenden Abschnitt des dorsalen Integumentes ergeben sich Wiederholungen der bereits angeführten Einrichtungen. Wir treffen entweder gerade gestreckte (diese nur untergegangenen Familien ange- hörig , oder gewundene Gehäuse, die vom Mantel gebildet, das Thier bald vollständig umhüllen , bald in rudimentärem Zustande im Innern des Mantels verborgen sind und dann unter Aufgeben ihrer Bedeutung als Gehäuse nur noch als innere Stützoreane erscheinen.

Schalenbildungen.

353

Die vollkommener ausgebildeten Gehäuse der Cephalopodeo , wie sie uns bei den fossilen Ammoniien, Orlhoceratilen, und gegenwartig durch Nautilus reprüsentirt entgegentreten , zeigen einen von jenem der Gastro- poden- und Pteropodengehause etwas verschiedenen Bau. Sie sind in einzelne hinter einander gelegene Kammern getheilt, von denen nur die vorderste vom Thiere bewohnt wird , obgleich auch die hinteren durch eine röhrenförmige, die Scheidewände durchsetzende Verlängerung (Siphoj des Thieres mit letzterem in inniger Verbindung stehen. Das Thier (vergl. Fig. 175} bewohnt also nur die letztgehildele, jüngste Kammer. Die ein-

FLg. 175. Nautilsi mit dem Heim ndurshec hnitt itr Schule, i Trichter. I Tnttkil. v Kopflipp»n.

o Aog*. b Dor«l*r Hantel lippen, II Verbind nog Mtaüa Ate lUntele mit dar Sehele. > Ein s torkchcn

drc Schal«. welches mit dem rechten Hinlelmsikel im Zue»ram»nlnng ^blieben int. a Hunte]

i Sipbo. i' Siphuceul der Schule. (Niwb Uw«m.I

zelnen Kammern entsprechen ebenso vielen Wacbslliumsstufen des Thie- res , welches mit jedem neugebildeten Abschnitt der Schale vorrückt und durch Bildung einer Scheidewand eine "neue Kammer entstehen lässt. Das bei Gastropoden und Pteropoden nur angedeutete und vereinzelt vor- kommende Verhalten ist hier zu typischer Ausbildung gelangt. So ver- halten sich die geraden Gehäuse der fossilen Orthoceratilen , die in einer Ebene spiralig gewundenen der Ammoniten und jene der Nauliliden. Bei dem letzteren (Fig. 1 75) sehlägt sich ein Mantellappen [b] von der Rückseite des Thieres über einen Theil der Schale hinweg und scheint zur Ver- dickung derselben beizutragen. Fast ganz in den Mantel eingeschlossen

354 II. 7- Mollusken.

treffen wir das, ähnlich wie bei Nautilus construirte, in seinen Windun- gen jedoch nicht zusammenschliessende Gehäuse von Spirula und den Lebergang von den vollständig nur vom Mantel umhüllten Schalen zu jenen, die im Mantel verborgen sind, bilden die Gehäuse der fossilen Be- lemniten. Dieser Vermittelung wegen sind die Reste dieser wahrschein- lich zum grossen Theile inneren Schalenformationen von grosser morpho- logischer Wichtigkeit. Die Kammer bildung ist hier auf einen kleinen kegelförmigen Theil, den sogenannten Phragmoconus, beschränkt. Die einzelnen , wie horizontale Kegelschnitte über einander geschichteten Kammern , welche Abtheiiungen des Phragmoconus bilden , waren auch hier durch einen Sipho untereinander in Verbindung gesetzt. Der ganze .Phragmoconus wird von Verdickungsschichten umhüllt, die sich jedoch nicht gleichmässig über ihn ausdehnen, sondern hinter seiner Spitze einen mächtigen, soliden Fortsatz (Rostrum) darstellen. Der nach vorne über die Basis des Phragmoconus sich hinaus erstreckende lamellenartig aus- gebreitete Abschnitt der Verdickungsschichten wird als »Hornblatt« be- zeichnet. Der Phragmoconus ist das Homologon der gekammerten Schalen der anderen Cephalopoden , während die von ihm ausgehende Lamelle, das sogenannte Hornblatt, wie eine Verlängerung der vordersten Kammer- wand sich darstellt und das massive, von der ganzen Schale zumeist am vollständigsten erhaltene Rostrum von einfachen, von dem umgeschlagenen Mantel gebildeten Verdickungsschichten abzuleiten ist.

Eine völlig im Mantel verborgene, nicht selten mit einer hinteren Spitze hervorragende und dadurch schon an die Schalenbildung der Be- lemniten erinnernde flache Schale stellt das als »Os Sepia bekannte Ge- bilde der Sepiden vor. Es besteht aus mehrfachen an organischer Sub- stanz reichen Schichten, welche durch Schichten von Kalkeinlagerungen von einander getrennt sind und erscheint somit aus übereinander gela- gerten Blättern zusammengesetzt. Die äusserste, der sogenannten Rücken- oberfläche des Thieres zugewandte Lamelle ist von besonderer Festigkeit, sie zieht sich direct in die hintere Spitze aus und bildet die Grundlage für die blättrigen Ablagerungen, die sich auf der Innenfläche der schwach gewölbten Schale oft bis zu beträchtlichem Durchmesser erheben. Diese Schalen lassen sich unmittelbar von jenen der Belemniten ableiten , be- sonders wenn man jene Sepienschalen, die wie S. Orbigniana in eine starke, freie Spitze auslaufen, in Betracht zieht. Die solide Spitze ent- spricht dem Rostrum der Belemniten, während die Alveolarhöhle der letzteren, sowie das vom Rücken derselben ausgehende Hornblatt dem ganzen übrigen Theil der Sepienschale homolog ist. Die in der Alveole der Belemniten die Kammern des Phragmoconus darstellenden Scheide- wände sind in der Sepienschale durch die flach oder doch kaum concav angesetzten Lamellen repräsenlirt. Anstatt getrennt von einander Kam- mern zu bilden, folgen die Schichten unmittelbar auf einander. So ist die complicirte Schale der Belemniten durch Reduction auf eine der Sepienschale entsprechende niedere Stufe verfolgbar. Noch mehr redu-

Kiemen. 355

cirt ist die Schale der Loliginen , welche nur durch ein langgestrecktes, biegsames, im Rückentheile des Mantels verborgenes Hornblatt Calamus) dargestellt wird. Seiner Mitte entlang verläuft ein nach aussen vorsprin- gender Kiel. Dieses Schalenrudiment entspricht dem äusseren, gewölbten und an organischer Substanz reicheren Theile einer Sepienschale und ist damit auch dem Hornblatle eines Belemnitengehäuses homolog. End- lich findet man in der Gattung Octopus , deren Mantel im Nacken nicht mehr vom Kopfe abgesetzt ist, ein Paar dünne, dem RUckenintegumente eingelagerte Plättchen als die letzten Ausläufer einer vom Mantel aus- gehenden Schalenbildung , welche sich jener bei Gastropoden beschriebe- nen somit vollständig parallel verhält. Da auch bei Gephalopoden die erste Genese der Schale von einer Einsenkung des Mantels ausgeht (Sepia;, werden innere und äussere Schalen enge verknüpft, und zugleich der Zusammenhang beider mit dem Verhalten bei anderen Mollusken auf- gedeckt.

Als etwas von all' diesen durch eine streng durchgeführte Vergleichuni; erfassbaren Gehäusen Verschiedenes ist die Schale von Argonauta anzu- sehen , die nicht vom Mantel , sondern von einem lamellös verbreiterten Armpaare secernirt wird. Bei den Gastropoden erscheint eine besondere Einrichtung in der Bildung des sogenannten »Deckels«, welcher auf der Rückenfläche des Fussendes vieler Prosobranchiaten auftritt, dem ins Ge- häuse zurückgezogenen Thierc zum Verschlusse dienend. Hier erhebt sich die Frage , ob dieses Gebilde nicht gleichfalls von einer Platte der Placo- phoren ableitbar sei.

Kiemen.

§ 260.

Dem Aufenthalt der Mollusken im Wasser entspricht die Art der bei ihnen verbreiteten Athmungsorgane, der Kiemen, die sämmtlich Dif fe- renzirungen des lntegumentes sind, und demgemäss ursprüng- lich eine oberflächliche Lagerung besitzen, wenn sie auch durch Duplica- turen anderer Hautregionen (Mantel) überdeckt, und so in besonderer Höhlung der Kiemenhöhle geborgen sind.

Die an das Integument geknüpfte Function der Athmung scheint nicht immer an homologen Regionen sich zu localisiren , so dass keineswegs alle als Kiemen erscheinende Organe morphologisch übereinstimmen. Im Allgemeinen sind die Kiemen der Mollusken seitlich am Körper befind- liche Fortsätze, die im wenigst veränderten Zustand zwischen Mantel und Fuss entspringen. (Vergl. Fig. 170. A. B.br.) Sie bieten sowohl bezüglich ihrer Ausdehnung über den Körper als auch in Bezug auf Zusammen- setzung aus einzelnen Theilen eine lange Reihe vielartiger Modificationen. Bei den Placophoren bilden sie nur eine Reihe von Faltungen oder La- mellen, welche zwischen Mantel und Fuss sich rings um den Körper

356

II. 7. Mollusken.

erstreckt, und als eine vom Epipodium ausgegangene Bildung angesehen werden kann (EpipodialkiemeJ .

Unter den Lamellibranchiaten stellen sie bl alt artige Gebilde dar, die zwischen Mantel und dem mit dem Fuss endigenden Eingeweidesack ent- springend, in die vom Mantel beider- seits umschlossene Höhle einragen (Fig. 176. br, br'j. Ihr freier Band ist gegen die Vectra Mäche gerichtet.

Fast alle Musebellhiere besitze» jederseits zwei Paare solcher Kiemen, ein inneres, mediales und ein äusse- res, lateral gelagertes Paar. Das erster« ist häufig das grössere. Mit Ausnahme von Anomia, bei der durch Anpassung auch zahlreiche andere Modifikationen der Organisation entstanden sind, ist die Anordnung der Kiemen symme- trisch. Jedes Kiemenblau entwickelt sich aus einer Reihe neben einander hervorsprossender Fortsätze, die bei Vielen auch ferner isolirt bleiben, und einzelne parallel neben einander gela- gerte kiemenfaden vorstellen (Mylilus, Avicula, Area, Peelunculus, Peclen, Spondylus}. Bei der Mehrzahl dagegen geht die Kieme aus jenem embryo- nalen Zustande in einen andern über, indem die Kiemenfaden sich unter einander verbinden. Die Vereinigung der abgeplatteten, mit der Fläche gei;en einander gerichteten Fäden oder Blättchen bildet ein Kiemenblall, und geschieht bald durch Verkleben der Fäden, bald durch Verwachsung, indem von jedem Kiemenfaden wulstarlige Vorsprunge in regelmässigen Abständen gegen einander treten und verschmelzen. Da zwischen diesen Verbindungen feine, das Wasser durchlassende Spalten übrig bleiben, erhält jedes Kiemenblall eine gitlerfönnige Beschaffenheit. Jeder Kiemen- faden bildet gleich von seinem ersten Auftreten an keine solide Verlänge- rung, sondern vielmehr eine Schleife, und umschliesst damit einen Raum (Intrabranchialraum), der mit dem Verwachsen der Kiemenfäden das ganze Kiemenblalt durchzieht und durch die zwischen den Fäden blei- benden Spalten nach aussen communicirt. Das durch letztere eintretende Wasser sammelt sich in einem an der Befestigungsstelle des Kiemenblaues befindlichen Canal , durch den es am hinleren Körpeiende wieder aus- geleitet wird.

Chili Dsla beben bilden für die einzelnen Kiemenfäden einen beson- deren Stützapparat.

Die Oberfläche sammllicher Kiemen Uberkleidet ein Winiperepilhel. Reihen grosser Cilien ziehen sich der Länge nach an den leistenartigen

orhof. pp'Perknrdi.lhfthle i DunnaniiJ.

Kiemen. 357

Vorsprüngen der Kiemen herab, und dicht stehende feinere Cilien ordnen sich dazwischen und unterhalten eine beständige Wasserströmung. Am freien Rande jedes Kiemenblattes besteht eine durch Einbuchtungen jedes einzelnen Kiemenblättchens gebildete, mit lungeren Cilien ausgekleidete Rinne, in der eine zum Munde führende und damit auf die Nabrungs- zufuhr gerichtete Wasserströmung erzeugt wird.

Bedeutende Modifikationen entstehen durch Verwachsung der bei* derseitigen Kiemen hinter dem Fusse, entweder durch unmittelbare Ver- einigung der freien Rander, oder durch eine besondere die beiderseitigen Kiemen verbindende Membran. Am meisten ist diese Verwachsung bei den sichelförmig gekrümmten Kiemenblättern von Anomia ausgeprägt, wo der ganze Kiemenapparat von dem sehr reducirten Eingeweidesacke sich entfernt hat, und nicht mehr auf die Seiten vertheilt erscheint.

Bohnet, R. , Der Bau u. die Circulationsverhaltnisse der Acephalenkieme. Morphol. Jahrb. III.

§264.

Der Kiemenapparat der Gastropoden bietet bei noch grösserer Man- nichfaltigkeit der einzelnen Vorrichtungen im Allgemeinen dieselben Ver- bältnisse wie bei den Muschelthieren dar, indem er in seiner typischen Form aus parallel aneinander gereihten Rlättchen oder auch mehr cylindri- schen Fortsätzen besteht, die von der Oberfläche des Körpers vorragen, und damit vom umgebenden Medium, dem Wasser, umspült sind, wäh- rend ein Blutstrom ihr Inneres durchzieht. Noch mehr wird diese Leber- einstimmung durch die Lagebeziehungen zum Mantel ausgedrückt, zu welchem sie in denselben Verhältnissen wie bei den Lameliibranchiaten getroffen werden. Sowohl in der Zahl als in der Ausdehnung ergeben sich gegen die Muschelthiere bedeutende Beschränkungen und dasselbe gilt auch vom Baue, der gegen jene bedeutend einfacher ist. Die kreis- förmig angeordnete Epipodialkieme der Placophoren tritt noch bei Patella auf, indess andere Patelliden (Lottia) noch zwei mehr dorsal gelagerte gefiederte Kiemen besitzen, und die letzteren damit als von der Epipodial- kieme verschieden erscheinen lassen. Diese beiden vorne unter dem Mantel gelagerten Kiemen besitzen ferner Fissurella und Emarginula. Auch bei Baliotis lassen sie eine paarige Anordnung wahrnehmen , sind aber mehr nach links gelagert. Sie zeichnen die Zeugobranchien aus. Daran knüpft sich bei den Anisobranchien in Anpassung an die von der Schale abhängige Asymmetrie der Kiemenhöhle eine Verkümmerung der linken Kieme und eine grössere Ausbildung der rechten. Die verküm- merte Kieme rückt meist nahe an die andere heran, und tritt in asym- metrische Lagerung, oder schwindet bei anderen Prosobranchiaten gänz- lich (Janthina, Neritaceen, HeleropodenJ .

Die Ausbildung der rechten Kieme ist meist einseitig, so dass sie nur halbgefiedert erscheint, indem die zweite Blattchen reihe verschwindet.

358 U- 7- Mollusken.

Während ganz allgemein diu BUltlcbenslruclur vorwaltet, sind bei we- nigen (Calyptraea, Crepidula) fadenförmige Kiemen vorhanden, welche od die primitive Kiemenform der Lamellibranchialen erinnern.

Mit der Rückbildung des Mantels und der Kiemenhöhle tritt auch für die Kiemen eine Modification ein, die zum gänzlichen Schwinden der Kiemen binleitet. Diese Erscheinung zeigt sich innerhalb verschiedener Abiheilungen. So unter den Prosohm nchialcu bei den Heleropoden , wo hei Carinaria die Kieme nicht mehr vom Mantel überdeckt wird, bei Pte- rolracliea, welcher der Mantel ganz fehlt, und die Kieme völlig frei liegt, indess Firolo'fdes mit dem Mantel auch die Kieme verlor.

Unter den Opisthobranchioten sind die Verhältnisse der Kieiueu nicht minder an den Zustand des Mantels geknüpft. Jederseils liegt zwischen. Mantel und Fuss eine Kieme (Pleurophjllidia), oder es ist nur eine einzige Kieme in einer Kiemenbohle geborgen oder wird sogar nur theil- weise vom Mantel bedeckt iTectibranchiala). Mit dem Verluste von Schale und Mantel treten kiemenartige Gebilde hei einem Theile der Nudibran- chiaten an der Rücke nfläehe des Körpers auf.

Blattförmige oder büschelartige, ramilicirle Anhangsgebüdc sind bald in der Nabe des Ariers (Doris), bald reihenweis über den Körper vertheill (Trilonia, Scyllaea). Wenn man in richtiger Wür- digung der Thalsache, dass die Beschalung der Larven aller OpislhobranchiaUn die Ableitung die- ser Gaslropoden von schalentragenden Formen nolhwendig macht, auch für die Kiemen eine ur- sprüngliche Lagerung in einer Manlelhöhle anneh- men muss, so wird man in Berücksichtigung der gleichfalls in der Mantelböhle befindlichen Affcr- öflhung die Anordnung der Kiemen bei den Dori- den als eine im Wesentlichen von jenem Zustand her erworbene betrachten dürfen. Von da an ergeben sieh mannichfache Ccbergangsformen zu einer grösseren Verkeilung der Kiemen über den Rücken des Körpers, zugleich Modifikationen der Kiemen selbst, die, wie auch ihre speeielle Gestalt sein mag, immer mehr blossen Haut fortsalzen ähn- lich erscheinen. Diese Verschiedenheit in der äusseren Erscheinung der Kiemen leitet sich von ihrer oberflächlichen, der Um Schliessung des Man- tels entbehrenden Lage ab. Dadurch löst sich ihre anscheinend spet-i fische Slruclur auf, und ihr Aus- sehen gewinnt immer mehr eine L'ehereinstiminung legtimenl, von dem sie mannichfallig gcformle Forlsalzgebilde vorstellen. Für diese Auffassung sind die Beziehungen jener Organe zum circulatorischcn Apparate belangreich, indem daraus für sie die völlige Uebereinstimmung mit Kiemen hervorgehl. In ihren weilest

fi«. i"

mit dem benachbarlei

Kiemen. 359

difierenzirten Formen erscheinen die Kiemen dann über den ganzen Rttckontheil des Körpers verbreitet , jederseits in einfachen oder mehr- fachen Reihen von Papillen oder zottenartigen Fortsätzen, die sogar wieder Verästelungen darbieten können (Aeotidier) . Der Verlust des Ge- häuses gestattet also eine grössere Ausbreitung der Kiemen , sowie die Entstehung und Ausbildung jenes Schutzorganes auf eine Beschränkung der Lage der Kiemen gewirkt hat.

Bei manchen Opisthobranchiaten kommt es zu einer Rückbildung dieser Kiemen , wo dann wieder das gesammte Integument die respirato- rische Function übernimmt PhyllirhoP, Elysia, Pontolimax).

§ 262.

Eine andere, aus der zuerst vorgeführten Einrichtung des Athmungs- apparates hervorgehende Modification gründet sieh auf die Entwickelung des respiratorischen Canalsystems in der Wandung der Mantelhöhle. Bei manchen Kiemenschnecken verbreitet sich jenes Netzwerk von Ganälen über die Kiemen hinaus in benachbarte Theile der Kiemenhöhle, die in Folge dessen an der Athmungsfunction sich betheiligen kann. Dadurch wird die Mantelhöhle zur Aufnahme von Luft geeignet, und gestaltet sich zu einer Lunge. Ein solches den für das Leben im Wasser organisirten Mollusken fremdes Organ ist in einzelnen, sehr verschiedenen Abtheilun- gen angehörigen Formen von einer Aenderung der Lebensweise ableitbar. Zugleich mit einer Kieme findet sich eine Lunge bei Ampullaria , wo sie einen parallel mit der Kieme gelagerten , mit contractiler Mündung ver- sehenen Sack vorstellt. Ganz verloren gegangen ist die Kieme bei der landbewohnenden Gattung Cyclostoma.

Bei Onchidium ist eine Lunge vorhanden , die aber zugleich die Niere reprilsentirt. Ein solcher der Niere benachbarter und noch ihre Mündung aufnehmender Raum dient als Lunge bei Helicinen und Lima- cinen, indess bei den Lymnäen und Planorben die Mantelhöhle selbst zur Aufnahme von Luft verwendet wird. Aber bei diesen dient die kie- menlose Mantelhöhle auch zum Athmen im Wasser, da bei manchen Lym- näen ein dauernder Aufenthalt in der Tiefe nachgewiesen ist.

§ 263.

Bei den Pteropoden scheint unter den Gymnosomen das Integument entweder gleichmassig der Athmung zu dienen ;Clio) oder es sind ober- flächenvergrössernde Fortsatzbildungen als Kiemen in Function (Pneu- modermon). Aber erst bei den Thecosomen sind in der Mantelhöhle (Fig. 471 .1 br) gelagerte, und damit auf die Einrichtungen der übrigen Mollus- ken beziehbare Kiemen als gekräuselte Falten Hyalea) vorbanden , die in ihrer Lage jenen der Cephakopoden ähnlich sind. Die Kiemen der letzteren nehmen ihre Entstehung zwischen Mantel und Fuss (Fig. Mi Bbr) in ganz ähnlicher Weise, wie sie bei manchen Gasteropoden dauernd

:ioo

II. 7. Mollusken.

erscheinen. Erst mit der Eni Wickelung des Mantels rilcken sie in die Tiefe, und lagern dann in einer Mantclböhle, die an der, bei Vergleichung des Thieres mit den Gastropoden, der Hinterseite gleich zu setzenden Hache sieb öffnet. Bei allen sind die Kiemen symmetrisch angeordnet, vier sind hei Nautilus, bei allen Übrigen lebenden Cephalopoden nur zwei vorhanden.

Jede Kieme bietet meist eine pyramidale Gestalt dar, mit der Spilze lateral würts gerichtet, mit der Basis median (Fig. 178 Br). Sie besteht

Kopf. /' l'lo»

In V antiviral] de liegf f.ili-n

entweder aus dicht aneinander liegenden, sich allmählich gegen die Spilze hin verjüngenden Blattchen (Nautilus und die meisten Loliginen) , oder aus vielfach gewundenen Hautfahengruppcn, welche zwischen den beiden am Kiemenrande sich hinziehenden Kiemen^efassslammen ihren Ursprung nehmen (Octopoden).

laueres Skelet.

801

Der Alhmungsmechanismus combinirt sieb auch hier mit der Orts- bewegung der Thiere. Bei jedesmaliger Erschlaffung der Muskulatur des Mantelrandes strOmt Wasser in die Kiemen höhle durch deren Spalte, namentlich zu beiden Seiten des Trichters, ein, und wird nach Bespütung der Kieme durch die Coalracüonen des Hanteis wieder ausgetrieben. Dabei schliesst sich die Spalte der Athemhöhle, so dass nur noch der Trichter als Ausweg besteht , der nicht blos dem Wasser zum Durchtritt« dient, sondern sieb beim Ausslossen desselben auch activ beiheiligt.

Inneres Skelet.

§ 26t. Bei der Hehrzahl der Weichtbiere wird der Hangel eines inneren Skelets aufgewogen durch die in § 258 beurlheillen Schalen und Gehäuse, die auch als Stutzen innerer Theile dienen.

Dagegen treten selb- ständige innere Stutz- organe bei den Gastro- poden auf. Im Kopfe dieser Thiere liegen, von der Muskulatur des Pha- rynx umschlossen, zwei, zuweilen auch vier, mehr oder minder innig mit einander verbun- dene Knorpelstückchen, die für die Reibplalle und ihre Adnexa einen SiUtzappar,it bilden und für einen Tbeil der

Pbarynxmuskulatur, besonders für die Mus- keln der Reibplalle. lnsertionsstellen dar- bieten.

Reichlicher ent- wickelt treffen wir knor- pelige Stüliorgane bei den Cephalopoden. Das bedeutend sie derselben liegt im Kopfe und dienl als Hülle der Nerven- ceutren , als Stütze der Seh- und Hörorgane, sowie als l'rsprungsslelle einer reichen Muskulatur. Rei Nautilus wird dieser Kopfknorpel durch zwei median verschmolzene, vorne wie hinten in FortsiHze ausgezogene

3*>2 II- 7- Mollusken.

Stücke dargestellt, welche den Anfangstheil der Speiseröhre umfassen. Um vieles mehr entwickelt ist der Kopfknorpel der Dibranchiaten. Er besteht aus einem mittleren, vom Oesophagus durchbohrten Theile (Fig. 179. K) und zwei Seitenflügeln, welche bald nur als flache Ausbreitungen erscheinen und dann zur Bildung von Orbiten mit accessorischen Knorpel- plattchen versehen sind , bald in höherer Ausbildung auch nach oben in Forlsätze übergehen [K') und die Orbita vollständiger umschliessen. In dem vom Oesophagus durchsetzten Theile des Kopfknorpels lagert das centrale Nervensystem (G).

Ausser dem Kopfknorpel besitzen die Dibranchiaten noch andere knorpelige Skeletstücke. Ein Rückenknorpel ist das verbreitetsle. Der- selbe liegt bei den Sepien als ein halbmondförmiges Stück im vordem Dorsaltheüe des Mantels , und setzt sich in zwei schmale laterale Hörner fort, die bei Octopus, wo das Mittelslück geschwunden, selbständig fort- bestehen.

Dazu kommt noch ein Knorpelstück im Nacken, sowie zwei Knorpel an der Trichterbasis: die Schlossknorpel. Sie sind weniger constant als die an der Basis der Flossen liegenden Knorpelstücke , die bei allen mit Flossen versehenen Dibranchiaten zur Befestigung der Flossenmuskulatur bestehen.

Muskelsystem.

§ 265.

Aus dem Vorkommen eines mit dem lnlegumente verbundenen Haut- muskelschlauches, sowie der im Ganzen, trotz der vielgestaltigen Modi- ficalionen doch einförmigen Bildung äusserer Stützapparate, wird die ge- ringe Entfaltung gesonderter Muskelbildungen verständlich. Damit steht der Mangel innerer Stützorgane in den unteren Abtheilungen , oder deren relativ geringe Entwickelung in den höheren Glassen in Zusammenhang. Die Muskulatur besieht aus bandförmigen Fasern, an denen Andeutungen von Querstreifen nicht selten auf eine höhere Differenzirung hinweisen.

Bei den Lamellibranchiaten sind vorzüglich Schliessmuskeln ent- wickelt, die quer oder schräg durch den Körper von einer Schalenklappe zur andern ziehen. Sie sind entweder auf zwei, weit von einander lie- gende Gruppen eine vorne Tig. 167 mu)} die andere hinten [m p) vertheilt und bilden zwei getrennte Muskeln Unio, Anodonta), oder es besteht nur Ein Muskel, welcher dann dem hinteren der Dimyarier ent- spricht, und die Mitte der Schale einnimmt (Pecten, Ostrea^ . Zum Rück- ziehen des Fusses wirken gleichfalls besondere dem Integument verwebte Muskeln , die vom Rücken der Schale entspringen und zuweilen in meh- rere Paare gesondert sind. Diese Retractoren finden sich wieder bei den gehäusetragenden Gasteropoden. Sie bilden hier meist einen einfachen, aber doch paarig angelegten , im Grunde des Gehäuses entspringenden Muskel, der, an Umfang zunehmend; sich zu den vorderen Körpertheilen

Muskelsystem. Nervensystem. 363

begibt. Er versorgt ausser dem Fuss noch den Kopf mit dem Anfang des Darm röhr s (Schlundkopf;, und gibt besondere Bündel an andere vor- streckbare Theile, so an die Tentakel und das Begattungsorgan ab. Von der Spindel des Gehäuses entspringend und auch in seinem Verlaufe ihr anliegend, wird er als M. columellaris bezeichnet. Bei den Heteropoden hat er seine Endausbreitung im Kieifusse. Bei den Pleropoden strahlt er in die aus dem Fusse hervorgegangenen Flossen aus. Ausser diesen Mus- keln finden sich noch einzelne zu den Eingeweiden tretende Bündel.

Mit dem Bestehen eines entwickelten inneren Skeletes wird die Mus- kulatur der Gephalopoden um vieles diflerenzirter. An dem Kopfknorpel befestigen sich bei Nautilus zwei mächtige Retractoren , die seitlich in der Wohnkammer der Schale entspringen. Bei den mit innerer Schale ver- sehenen Decapoden nehmen dieselben Muskeln ihren Ursprung von der Wand des Schalenüberzuges und bei den Octopoden von einem dort lie- genden Knorpel. Von diesen beiden Muskeln zweigen sich zwei Züge für den Trichter ab. Ein anderes machtigeres Muskelpaar entspringt im Nacken des Thieres und tritt breit zur Ventralfläche in den Trichter. Auch im Mantel ordnet sich die Muskulatur in gesonderte Lagen ; und die Flossenmuskeln zeigen ebenso deutlich getrennte Schichten. Endlich ist der sehr ausgebildeten Muskulatur der Arme zu gedenken , die zum Theil vom Kopfknorpel entspringt, und einen in der Armaxe verlaufenden Canal einschliesst.

Nervensystem.

Gen tralorgane und Körpernerven.

§ 266.

Auch für dieses Organsyslem können wir bei den Würmern An- knüpfungen nachweisen. Der gesammte Cenlralapparat scheidet sich nämlich in eine obere dem Anfang des Darmrohrs aufliegende Ganglien- masse, die oberen Schlund- oder Cerebralgangüen, und eine ventral ge- lagerte, durch Gommissuren mit der ersteren verbundene Masse, die unteren oder Fussganglien. Beide sind paarig. Die erste Anlage der Cerebralgangüen ist als eine Differenzierung des Ecloderms erwiesen , als ein Einwachsen seiner Formelemente, mit denen auch gleichzeitig die Anlage der Sehorgane erfolgt (Gasteropoden; . Durch die Beziehungen der Cerebralgangüen zu den dem Kopfe zugetheilten höheren Siunesorganen wrrd die Homologie dieser Ganglien mit den Cerebralgangüen der Wrürmer (und Arthropoden) sicher gestellt. Aber auch die Pedalganglien sind von niederen Befunden ableitbar, denn wir finden sie noch bei manchen Mol- lusken durch eine Einrichtung vertreten , die dem Bauchstrange der Ringelwürmer entspricht. Von den Pedalganglien ausgehende, längs des Fusses sich vertheilendeLängssUimme sind durch Querstränge verbunden und erscheinen damit in der Anordnung einer ventralen Nervenkette.

364

II. 7. Mollusken.

Wenn in diesen Verhältnissen des Nervensystems somit nichts we- sentlich Neues erscheint, und selbst in dem Vorhandensein von nur zwei ventralen Ganglien (eben den Fussganglien; eine Concenlrirung der auf niederer Stufe aufgelösten, eine Bauchganglienketle darstellenden Nerven- masse gesehen werden muss : so besteht doch eine bei Würmern nicht ausgeprägte Einrichtung in dem Vorkommen voluminös entfalteter Visceral- ganglien. Diese spielen hier nicht nur eine wichtige Rolle in der Zusam- mensetzung des gesammten Nervensystems, sondern treten auch durch allmähliche Verkürzung ihrer Commissuren mit den Gerebralganglien zu- sammen. Diesen Gentralorganen kommen dadurch neue, ursprünglich peripherisch gelagerte Theile zu. Daher wird es zweckmässig, diese sonst dem Eingeweidenervensystem zugehörigen Ganglien schon hier in Betracht zu ziehen. Diese die Eingeweide (Herz, Kiemenapparat, Geschlechtsorgane, versorgenden Theile des Nervensystems bewirken durch den Wechsel ihrer Zahl in den einzelnen Abtheilungen eine bedeutende Gomplication des gesammten Organsystems, und bieten der Vergleichung manche Schwierigkeiten, die andererseits auch durch die bedeutenden Modifica- lionen der Lagerung der primitiven Ganglien in Folge von Verkürzung oder Verlängerung der Gommissuren entstehen.

Einen der niedersten Befunde zeigt das Nervensystem der Placo- phoren. Ein aus zwei Strängen bestehendes Nervenband (Fig. 480 C

umzieht den Schlund , ohne jedoch obere Anschwellungen aufzuweisen, was aus dem Mangel von Augen und Tentakeln sich ver- stehen lässt. Der eine, innere Strang setzt sich getheilt unter den Schlund fort und geht theils in ein mit dem anderseitigen zu- sammenhangendes Subpharyngealganglion über, theils setzt er sich zu einem Fuss- ganglion (P) fort. Aus jedem dieser beider- seitigen Ganglien entspringt ein starker nach hinten verlaufender Nervenstamm, der, wie die Ganglien selbst, mit dem anderseitigen durch regelmässige Quer- anastomosen verbunden ist, und diesen Stellen entsprechend Nerven zum Fusse ab- gibt. Der äussere, vom Schlünde herab- ziehende Strang verläuft längs der. Seite des Körpers nach innen von den Kie- men, und bildet den Pallialnervenstamm (/?/). Ausserdem findet sich noch eine Gruppe von vier kleinen Ganglien unter dem Schlünde (Sublingualganglien). Die beiden Stämme der Fussnerven sind stärker als die vom Nervenbande zu ihm tretenden Commissuren. Wir werden in ihnen also auch centrale Theile zu suchen haben. Sie erscheinen wie Längsstämme eines »Bauchmarkes«, welches ähnlich wie bei den

*i

a*

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1

Fig. ISO. Nervensystem von Chiton «ineretiB. C Cerebralnervenstrang. P Pedalganglien, pl Pallialnerven. p Fussnerven. B Buci-algunglien. iNach

H. V. JllKUING.j

Nerrcnsy stein. 365

Gephyreen seine Ganglienzellen nicht streng in einzelne Gruppen vertbeilt hat. Die Siructur dieser Strange bedarf jedoch noch der Untersuchung. In dem Hauptsächlichsten der Anordnung dieses Nervensystems sind die gleichen Verhältnisse nie bei den Solenogastres, speciell bei Cbjttoderma zu erkennen § 121).

§ 267. Die relativ geringe Entwicklung der Cerebralganglien ist bei den Laniellibrancbiaten aus dem Mangel eines mit Sinnesorganen versehenen Kopfes abzuleiten. Diese Ganglien (Fig. 181 nr) treten häutig so zur Seite, dass zwischen ihnen eine län- gere Commissur besiebt (Lu- _ / cina, Panopaea, Anodonta, Unio, Mylilus, Aren, Gardium, Pbolasu.a.]. Ausser ansehn- lichen Visceralcommissuren geben sie nur einige kleinere Zweige ab. An der Stelle der Pedalnervcnslämme finden wir zwei Pedalgangtien, deren Nerven ihren Verbreitung- bezirk im ventralen Tbeile des Körpers, besonders im l'usse besitzen. Sie lagern an der Wurzel des Fusses, zu- weilen auch liefer in ihn ein- gebettet. Je nach der Enlr- Wickelung des Fusses und Fi», im. Nerven.)«*»« i-*tb*ran cuione. seiner Entfernung vom vor- » ^'™ *.h, d. ,0<Wr , ,,,ng,iBn 6 F n,,ieo.

f t Em «»weide gen elion. d Giuflint der Athen) rubren

deren Theile des Körpers Sind ISipbonilfanflien). m Vorderer, mp hinterer e.hliaan-

die Commissurslränge von »■•■'' uer «kM«. p Fo<*. t nutein.ni. /' H.ntei- verschiedener Lange. Bei we- ""^^^ % deX»™.. *(i£* dwSkSj*' nig ausgebildetem Fusse, oder

wenn derselbe sehr weit nach vorne gerückt ist, können Cerebral- und Pedalganglien einander beträchtlich genähert sein [Solen, Mactra';. Sogar eine Aneinanderlagerung findet statt, wie bei Pecten Fig. 182 C), wo die durch eine weitgespannte Bogen commissur verbundenen Cerebralganglien :«) die kleineren Fussganglien zwischen sich nehmen. Die voluminöse Ausbildung der Fussganglien hangt von der Eulwickelung des Fusses ab. Sie sind in der Regel, ohne ihre Selbständigkeit aufzugeben, innig mit einander verbunden. Die peripherischen Nerven der GehirngangMea haben ihre vorzügliche Verbreitung in den dem Hunde zunächst gelege- nen Körperteilen und senden auch Aeste zum Mantel. Bei einigen er- scheinen diese Manlelnerven (Fig. 181 (') als zwei slarke Stamme, die dann am Rande des Mantels mit anderen von den Visceralganglien kom-

366

II. 7. Mollusken.

menden Aesten sich verbindend, entweder einen einfachen, stärkeren Randnerven, oder ein förmliches Nervengefleehle darstellen. Das Visceral- ganglion bildet häufig das grösste Ganglion des gesaramten Nervensystems.

Es ist dem hinteren Schliessmuskel angelagert (Fig. 181 c, Fig. 182 v" und durch lange Commissuren mit den Gehirnganglien in Verbindung. Man vermag an diesem Ganglion zwei durch eine kurze Quercommissur verbundene Hälften zu erkennen, die sich verschie- den nahe rücken und zuletzt einen ein- fachen viereckigen Knoten vorstellen, je nachdem die beiderseitigen Kiemen dieser Thiere frei oder mit einander verwachsen sind. Schon aus diesem Umstände geht die Beziehung dieses Ganglions zu den Kiemen hervor : noch deutlicher wird sie durch die starken, aus jenem hervortretenden und die Kiemen versorgenden Nerven stamme. Ausser Zweigen zu den benachbarten Partieen des Mantels gibt es noch zwei starke Nerven ab. die bei vielen La- mellibranchiaten an den Mantelrand verlaufen und in die vorerwähnte Plexusbildung übergehen. Bei vorhandener Siphonenbildung treten von dem Visceralganglion starke Nerven ab und verzweigen sich nicht nur auf der ganzen Länge der Athmungsröhren , sondern gehen auch noch eine besondere, an der Basis der Siphonen gelegene Ganglienbildung ein (Fig. \8\ d. (Solen, Mactra, Mya, Lutraria, Cytherea u. a.) Bezüglich der vom Visceralganglion zu den einzelnen Organen gehenden Nerven ist nur wenig bekannt. Solche Nerven sind beobachtet bei Pinna, Anomia, sowie bei Area und Solen, wo sie entweder vom Ganglion oder den Commissuren ausgehen. Wenn wir die zum Visceratean^lion tretenden Stränue (Cerebrovisceralcommis- sur den Pallialnerven der Placophoren vergleichen , so werden wir we- sentlich in der Beziehung zu einem Ganglion ein Hinderniss erkennen, wogegen jedoch dieselben Nerven bei Chätoderma 121) mit einem terminalen Ganglion verbunden siud.

Mit dem Nervensystem der Lamellibranchiaten stimmt jenes der Scaphopoden fast völlig überein.

DrvERNOY, Sur le Systeme nerv, des Moll, acüphale*. Mein. Acad. des Sc. Paris. T. XXIII.

Fig. IS2. Nervensystem \on Lamellibran- chiaten. A von Teredo, B von Ano- donta, C von Pect en. a obere Schlund- ganglien (Gehirnganglien). b Untere Schlundganglien (Fussganglien ). c Kie- men- oder Eingeweideganglien.

Nervensystem.

367

§ 268.

Die Ausbildung eines Kopfes und die Entfaltung von mehrfachen, oft sehr hoch differenzirten Sinnesorganen in demselben, lässt das Nerven- system der Gasteropoden von jenem der vorigen Abtheilungen im Allgemeinen durch die grössere Ausbildung der Gehirnganglien ausge- zeichnet erscheinen. Diese verbinden sich durch eine Commissur mit ventral gelagerten Theilen, und bieten bei den niederst stehenden Prosobranchiaten den Zeugo- branchien mancherlei Anschlüsse an die Verhältnisse des Nerven- systems der Piacophoren. So ist bei FissureUa (Fig. 483) und Hali- otis ein Rudiment einer Bauch- ganglienkelte erkennbar, indem die von Pedalganglien ausgehenden Ner- venstamme — Pedalnerven quere Verbindungen aufweisen. Die Pal- liarer ven der Piacophoren gehen zwar nicht mehr direct von den Cerebralganglien ab, sondern ver- laufen neben den Pedalnerven, mit denen sie aus einer gemeinsamen Nervenmasse zu entspringen schei- nen. Die Zweige der Pallialnerven {pl) versorgendasEpipodium. Zu der Ganglienmasse , welche diese Ner- ven abgehen lässt, treten von den Cerebralganglien doppelte Commis- suren, davon die eine mit den Pedal- nervenstämmen , die andere mit den Pallialnerven, resp. mit den an gleicher Stelle ausgehenden Einge- weidenerven einen Zusammenbang bildet. Bei den übrigen Prosobranchiaten ist von der Andeutung einer Baucbganglienkette nichts mehr zu finden. Es bestehen Pedalganglien, in welche wohl die bei Haliotis und FissureUa längs der pedalen Nervenstämme zerstreuten Ganglienelemente Concentrin sind. Doch bedürfen diese Verhältnisse noch genauerer Untersuchung. Aus den secundären Pedalganglien scheint ein Ganglion lateral in die Gommissuren einzutreten , welches dann sowohl mit Cerebral- wie mit secundären Pe- dalganglien in Verbindung bleibt. Es entsendet die Pallialnerven ; diese erfahren jedoch in dem Maasse Rückbildungen, als von denselben Com- missuralganglien andere Nerven entspringen.

Bei einem Theile der Prosobranchiaten sind einige solcher Nerven

Fig. IbZ. N«nr*n«ystem ron Fi «Bure IIa. C (>- rebralganglien. es Commissur derselben, p Pedal- nerren, pl Pallialnerven. A Vibceralganglion. Nach H. v. Jhrhing.

368

II. 7. Mollusken.

schon durch ihren Verlauf bemerkenswert*). Bei Haliolis schon vorhanden gehen sie von der gemeinsamen Fussganglienmasse denPalliopedalganglien) aus. Sonst entspringen sie aus den Commissuralganglien (Fig. 184 co\.

Vom rechten verläuft ein Nerv über die Einge- weidemasse zu einem die Körperwand versorgen- den Ganglion (Supraintestinalganglion) (sp) . Vom linken Commissuralganglion tritt ein Nerv unter die Eingeweide zu einem Subintestinalganglion(£6), welches wie das erstere durch eine Commissur mit einem Abdominalganglion (A) zusammenhängt. Beide vom Commissuralganglion kommenden Nervenstränge kreuzen sich also, und bieten die bezüglich ihrer Genese noch der Aufklärung har- rende Eigentümlichkeit, dass der rechte Nerv zur linken Seite, der linke zur rechten tritt. Wahrscheinlich liegen diesen Einrichtungen Lage- veränderungen zu Grunde, die nicht blos innere Theile betreffen, da die in jene Nerven eingelager- ten Ganglien zur Körperwand Zweige entsenden. Während ein grosser Theil der Prosobranchiaten durch jene Nervenkreuzung sich auszeichnet (Chiastoneura), ist diese bei einer andern Ab- theilung nicht vorhanden, und die zum Abdomi- nal- oder Eingeweideganglion verlaufende Com- missur nimmt einen geraden Weg nach hinten (Orthoneura), wenn das Ganglion nicht mit dem rechten Commissural- ganglion verschmolzen scheint (Nerita). Die Commissuralganglien liegen meist gelrennt von den Pedalganglien, bei den Heteropoden sogar in weiterer Entfernung (Carinaria), womit eine bedeutende Verlängerung der Commissuren verbunden ist. Eine solche ergibt sich auch für die cerebro-pedalen Verbindungen der Heteropoden.

Bei den Tectibranchiaten erscheint die Ausbildung einer Commissur zwischen den Pedalganglien, und damit eine mehr laterale Lagerung der letzteren. Auch die ursprünglichen Visceralganglien sind lateral gelagert, zwischen Pedal- und Cerebralganglien Umbrella, Gasteropteron) , oder es bestehen noch Commissuralganglien, ganz nach dem Typus der Proso- branchiaten, und entsenden Verbindungsstränge zu einem die Kiemen versorgenden Ganglion oder Ganglionpaare, welches dem oben erwähnten Abdominalganglion zu entsprechen scheint (Aplyisia, Acera).

Das Auseinanderweichen der Pedalganglien erlangt bei den Nudi- branchiaten einen höheren Grad. Die Pedalganglien werden dadurch den cerebralen genähert (Fig. 184), mit denen auch durch Verkürzung und schliessliches Schwinden der betreffenden Commissur die Visceralganglien verbunden sind Aeolidia). Durch engeren Zusammenschluss dieser Ganglien entsteht ein dorsal vom Schlünde gelagerter Gangliencomplex,

Fig. Iv4. Nervensystem von Palndina vivipara. C Cerebral- P Pedal-, Co Cora- missurganglien. B Buoeal- ganglien. A Abdominal- tfuoglion. sp Snpra-, sb Sub- inteatinalganglion. p Fuss- nerven. o Otocyste. (Nach H. v. Jhehix«; )

X^L

Nervensystem. 359

der an jeder Halft« die einzelnen Ganglien mehr oder minder deutlich erkennen lüsst, und mit mehrfachen Commissuren den Schlund umfasst Doris, Trilonia). Wie die jeder Seile Angehörigen Ganglien unter sich Verbindungen eingehen, so treffen wir endlich auch auf eine totale Verschmel- zung der heiderseiligen'Ganglienmassen zu einer einzigen, und dem entsprechend auch die sonst mehrfachen Commissuren durch Eine vorgestellt ,Tcih\s,. Damit wird ein anscheinend niederer Zustand erreicht, der aber nicht als Ausgangs- punkt, sondern als das Ende einer Reihe von Differenzirungen betrachtet wer- den rauss, ähnlich wie solche Befunde auch bei den Arthropoden vorbanden sind. Wie die aus der einheitlichen Ner- veomasse hervortretenden Nerven die Abschnitte andeuten, aus denen die erstere sich zusammensetzte, so wird durch die den Schlund umfassenden Com- missuren ein Zeugniss dafür gegeben, dass ventrale Ganglien dorsal waris ge- treten sind.

Im Nervensysteme der Branchiopneusten ergehen sich Anschlüsse an jenes der Tectibranchialen und auch bei den Nephropneusten sind solche Beziehungen erkennbar. Eine Ausbildung der Cerebralganglien in ein- zelne auch iiusserlirh erkennbare Abschnitte zeichnet beide Abthei- lungen aus.

§ 269.

Die verwandtschaftlichen Beziehungen des Nervensy Siemes der Pleropoden zu jenem der Gaste ropoden bestehen bei den Gymnosomen, während die Thecosomen durch die Länge der Cerebralcommissur aus- gezeichnet sind. Die Cerebralganglien erhalten eine seitliche Lage oder nahem sich den Fussganglien , mit denen auch viscerale Ganglien ver- schmolzen sind. Die centrale Ganglienmasse lagert also unter dem Schlünde. Ftlr die Gymnosomen ist ein primitiverer Zustand in der obe- ren Lagerung der Cerebralganglien wie im Vorkommen von Visceral- gangüen erkennbar. Bei allen versorgen die Pedalganglien die aus dem Fusse hervorgegangenen Flossen. Bei den Gymnosomen geben die Cere- bralganglien zu den Tentakeln ansehnliche Nerven ab, die an deren Basis Ganglien bilden. Die Ganglien jeder Seite stehen unter einander durch Commissuren in Verbindung (Clio).

Die drei bisher bei den Mollusken unterschiedenen Ganglienmassen kehren auch bei den Cephalopoden wieder, erscheinen aber unter Ver-

OigeDVur, ilmodiim d. *«jl. Amlonu*. 1. Aal. jt

370

Jl. 7. Mollusken

kürzuDg der Kommissuren dichter an einander gedrängt. Sie bilden einen den Schlund umgebenden Bing, der bei den Dibranchiaten vom Kopf- knorpel umschlossen wird, so dass die peripherischen Nerven durch Oeff- nuogen des letzteren ihren Austritt nehmen.

Die obere Parlhie des Schlundrings besteht bei Nautilus aus einer queren Nervenmasse (Fig. 186. aa) von der lateral die Nerven ftlr die höheren Sinnesorgane abgehen. Sie entspricht den Oerebralganglien , die sich aber noch weit venlralwärts erstrecken [bb) und hier Nerven zu den Tentakeln entsenden ((('). Erst das ventrale Abschlussstück dieses Ringes ist den Pedalganglien homolog, da es die Trichterner- ven abgibt. Der unteren, wie erwähnt, aus einem Theile der Cerebralganglien bestehenden Nervenmasse, fügt sich hinten eine zweile ven- tral gelagerte Hasse (cc, an, die den Visceral- ganglien entspricht, und Nerven für den Man- tel (nij, sowie zwei die Vena cava begleitende Slämmchen zu den Kiemen und dem Gefäss- syslem entsendet. Jede dieser beiden Nerven bildet ein Ganglion [</), aus dem auch der Ge- schlechtsapparat versorgt wird.

Bedeutender ist die Coucenlrirung des Nervensystems der Dibranchiaten. Die Cere- bralgangtienmasse ist noch mehr seillich und veniralwSrts gerückt, bis zur medianen Ver- einigung vor dem den Pedalganglien entspre- chenden Theile. Die Visceralganglien sind den Pedalganglien vollständig angeschlossen, und nur eine die Arteria pedalis durchlassende enj:«* Stelle drückt die Spur einer ursprünglichen Scheidung aus, wie sie bei den Tetrabran- chiaten noch vollständiger besteht. Der noch über dem Schlund liegende Theil der cerebralen Ganglienmasse ist in mehrere Abschnitte difieieuzin. Der ventral getretene Tbeil sendet die Armnerven ab, die an der Basis der Arme unter einander verbundene Ganglien bilden. Von den visce- ralen Massen entspringen die Mantelnerven, deren jeder an der Bildung eines grossen Ganglions (G. stellalum) sich betheiligt.

In der bist iologi sehen Sonderung der Cenlralorgane ist bei den Ce- phalopoden den Übrigen Mollusken gegenüber eine bedeutend höhere Stufe erreicht, zu der die grossere Volumsenlfaltung geführt hat. An allen Theüen der Nervencentren ist eine äussere graue Schichte aus Ganglienzellen zusammengesetzt, von der inneren, vorwiegend Fasern enthaltenden, weissen Markmasse unterscheidbar.

MhudriDfi, ( Viiomlg

d OeniUlgunglitn. m iwmn. II' TenUtoli (Hast Owsb.}

Nervensystem. Sinnesorgane. 371

Casio*, Rech. p. servir a l'bistoire du Systeme nerveux des Ctiphalopodes dibrancbiaux. Ann. sc. nat. V. S6r. T. V.

Owsjaknikow und Kowalevsiy, Ueber das Centralnervensystem und das Gehör- organ der Cephalopoden. M6m. Acad. de St. PeHersbourg. VII. S6r. T. XI.

Eingew eidenerven.

§ «70.

Ein Theil des Eingeweideneryensystems ward wegen seiner Be- ziehungen zu den Centralorganen des Nervensystems bereits bei jenen betrachtet, und bot zugleich ein Beispiel von der Veränderung des Werthes der Centralorgane in dem Maasse als peripherisch entstandene Ganglien allmählich in dieselben übergingen. Ausser diesem mit den Nervencentren sich vereinigenden hinteren Theile des Eingeweidenervensystems, das vor- wiegend an Circulations- und Excretionsorganen, auch an Genitalien und Kiemen seine Verbreitung findet, besteht ein zweiter, den Darmcanal ver- sorgender Abschnitt.

Die Lameliibranchiaten besitzen feine, vom Cerebrqlganglion aus- gehende, zur Mundbegrenzung verlaufende Fädchen, als die ersten Spuren eines Abschnittes des Nervensystems , der bei den Gasteropoden weiter differenzirt erscheint. Die Ausbildung complicirter Mundorgane scheint damit in Connex zu stehen. Zwei vom Cerebralganglion entspringende Nerven begeben sich zu Ganglien , die der Buccalmasse angelagert und durch eine unter derselben hinziehende Commissur vereinigt sind. Diese Buccalgangiien (Fig. 482 27, 483 B) versorgen die Mundorgane und senden Nerven an den Darm. Im Verhalten ihrer Commissur bestehen ziemliche Differenzen. In der Regel bleiben die Ganglien getrennt. Auch bei den Pteropoden besteht das gleiche Verhalten, und unter den Cephalo- poden ist bei Nautilus das Paar der Buccalgangiien lateral noch mit Pha- ryngealganglien in Zusammenhang, wodurch es die Verbindungsstränge mit den cerebralen Ganglientheilen empßlngt. Bei den Dibranchialen ist nur Ein Buccalganglion vorhanden , hinter welchem noch ein besonderes Suprapharyngealganglion gelagert ist (Sepiaj .

Die von den Buccalgangiien ausgehenden Nerven sind am Darme wieder mit verschiedenen kleinen Ganglien ausgestattet.

Sinnesorgane.

Tast- und Riechorgane.

§274.

In dem Verhalten der Sinnesorgane schliessen sich die Mollusken enge an die Würmer an. Den GefUhlssinn treffen wir überall, wo nicht Hartgebilde bestehen , an der Körperoberfläche verbreitet , und als anato- mische Vorrichtungen trifft man , an verschiedenen Kürperstellen in ver-

«4*

372 H. 7. Mollusken.

schiedener Vertheilung , feine, borstenartige Verlängerungen von Zellen , die im Zusammenhange mit Nerven erkannt sind. Diese Gebilde finden sich am beständigsten an Körpertheilen , die speciell als Tastorgane fun- giren und meist von ansehnlichen Nerven versorgt sind. Es sind diess die Tentakel.

In grosser Verbreitung bietet der Mantelrand der Lameilibrancbiaten, bald in seinem ganzen Umfange, oft in mehreren Reihen angebracht (z. B. bei Mactra, Lima, Pecten u. a.}, bald nur auf gewisse Stellen beschränkt, solche Tentakelbildungen, die auch nicht selten an den Siphonen vorkom- men, und in beiden Fällen zur Controlirung der mit dem Wasser in die Mantelhöhle gelangenden Theile verwendet werden. Sie zeigen eine beträchtliche Contractilität und erhalten Fädchen vom Randnerven des Mantels.

Auch die Fortsatzbildungen am Epipodium , sowie am Mantelrande vieler Gasteropoden, nicht minder die Cirren am Rücken der Nudibran- chiaten können als solche Organe thätig sein.

Ob das bei den Lameilibranchiaten den Mund seitlich besetzende Lappenpaar hierher gerechnet werden darf, ist zweifelhaft, dagegen tref- fen wir au den in fast regelmässiger Verbreitung bei den Gasteropoden sich findenden Kopftentakeln jene Tastorgane in grösserer Menge ange- bracht. Sehr häufig kommen ihnen noch besondere Differenzirungen an den die nervösen Endapparate tragenden Strecken zu.

Wenn es nicht sehr schwer ist, den vorhin aufgeführten Organen eine Function in der Wahrnehmung von Tasteindrücken zuzuschreiben, so ist es fast unmöglich , eine Reihe anderer Organe physiologisch zu be- stimmen , die gleichfalls mit dem Integumente verbundene Sinnesorgane sind. Es sind grösstenteils wimpertragende Stellen , zu denen ein Nerv verläuft, der häufig dort Anschwellungen bildet. Welche Qualität des um- gebenden Mediums auf diese Organe erregend wirkt, ist unsicher, und es geschieht nur auf eine sehr entfernte Analogie hin, wenn man sie als Riechorgane auffasst.

An die Nähe der Athmungsorgane sind sie bei den Gasteropoden ge- bunden, wo ich sie bei Heteropoden in allgemeiner Verbreitung auffand. Aehnlich fand ich sie bei den Pteropoden. Bei den nackten Gattungen dieser Abtheilungen liegt oberflächlich , dicht an den Kiemen, ein solches Wimperorgan, bei Pneumodermon radförmig gestaltet. Die schalentragen- den besitzen es als eine quere Leiste in dem Theile der Mantelhöhle, durch welchen das Wasser seinen Weg zu den Kiemen nimmt.

Bei den Opisthobranchiaten scheint das hintere Tentakelpaar (Rhino- phor) die Rolle eines Riechorganes zu spielen und besitzt dieser Function gemässe Umgestaltungen höchst variabler Art, wobei eine Oberflächenver- grösserung durch Leisten und mannichfache andere Vorrichtungen er- kennbar wird. Ein Wimperbesatz scheint nie zu fehlen. Wenn man be- achtet, dass hier die Athmung grösstenteils in Organen vollzogen wird, die dem Rücken des Thieres entspringen, so erscheint die Beziehung der

Sinnesorgane. 373

als Riechorgane fungirenden Tentakel ähnlich wie jene der vorerwähnten Apparate , und damit mag auoh die zuweilen weit nach hinten gerückte Stellung dieser Tentakel in Zusammenhang stehen.

Die Cephalopoden zeigen Riechorgane in bestimmlerer Form. Es sind zwei hinter den Augen liegende Grübchen oder auch flach stehende Pa- pillen , welche mit Wimperhaaren überkleidet sind. Zwischen den wim- pertragenden Zellen treten die Fortsätze der tiefer gelegenen Riechzellen empor. Ein neben dem Sehnerven entspringender Nerv versorgt sie.

Sehorgane. § 272.

Sehorgane kommen allen , freierer Bewegung sich erfreuenden Ab- theilungen der Mollusken zu. Sie sind dagegen, wie auch sonst, bei den festsitzenden Formen rückgebildet , wenn sie auch während des Larven- lebens vorhanden waren. In diesem Falle finden sich die Placophoren, deren Larven in einem Pigmentfleckenpaar Andeutungen von Augen be- sitzen, die später sich rückbilden.

Solche dem Nervencenlrum -angelagerte und dem Kopfe zugetheille Gebilde sind bei den Lamellibranchiaten gleichfalls nur im La rvenzu stände beobachtet, sogar mit einem lichtbrechenden Körper versehen, und erliegen später der Rückbildung. Aehnlich verhalten sich die Scaphopoden.

Anders verhält es sich mit den Organen , die meist in hober Ausbil- dung am Mantelrande vieler Blattkiemer sitzen, und von besonderen Augenstielen getragen werden (Area, Pectunculus, Tellina, Pinna u. a.) und bei manchen (Pecten, Spondylus) durch ihren, von einem im Augen- grunde gelegenen Tapetum herrührenden, smaragdgrünen Farbenglanz schon älteren Forschern aufgefallen waren. Obgleich in dem Baue dieser Augen manches Eigenthümliche besteht, so stimmen sie doch im Wesent- lichen mit den Sehorganen anderer Mollusken überein. Die Nerven em- pfangen sie von den am Mantelrande verlaufenden Stämmchen. In der Ausbildung dieser Organe herrschen manche Verschiedenheiten , und zu- weilen werden sie durch blosse Pigmentflecke vertreten. Diese Einrich- tung muss von dem bereits früher hervorgehobenen Gesichtspunkte aus heurtheilt werden, nach welchem Differenzirungen von Sinnesorganen aus einfachen Nervenendigungen an jeder Stelle des Integumentes möglich sind , so dass diese Augen des Mantelrandes nur functionell den sonst am Kopfe liegenden Sehorganen vergleichbar sind und morphologisch eigen- artige, aus Anpassung entstandene Bildungen vorstellen, wie ähnliche Organe bei den Würmern.

Die Augen der Gasteropoden sind immer nur zu einem Paare am Kopftheil des Thieres vorbanden. Sie werden häufig durch blosse, dem oberen Schlundganglion aufgelagerte Flecke vertreten, und sind mit dem Verluste freier Ortsbewegung verschwunden (Vermetus). In der ein-

374 II. 7. Mollusken.

facbsten Form lagert das Auge unter dem Inlegumente (z. B. bei vielen Opisthobranchiaten). Bei anderen ist es in den Hautmuskelschlauch ein- gebettet, und erhält damit eine oberflächliche Lagerung, wodurch zugleich die Bildung eines längern Sehnerven bedingt wird. Die Lage unterhalb des Integumentes wird als eine secundäre beurtheilt werden müssen, da, wie bei den Würmern, das Integument an der Genese des Auges betheiligt ist. Die das Auge tragende Körperstelle findet sich dann in der Regel an der Tentakelbasis ( Prosobranchiaten ) , die sich zu einem besonderen Augenstiele (Ommatophor) umbilden kann. Oder es steht das Auge auf

einem vom Tentakel entsprin- genden Fortsatze (Strombus, Pterocera), oder dieser Fort- satz ist vom Tentakel ent- fernt und damit selbständig geworden. Durch den Augen- stiel erhält das Auge Beweg- lichkeit, die bei den Hetero- poden dadurch gegeben ist, dass der von einer weiten

Fig. lfc>7. Oberer Theil des Nervensystems nebst Sinnet- __ . , . A

organen von Pterotr ache a. ga Cerebralganglien (Ge- Küpsel Umschlossene Augen-

hirn). c Commissuren. o Augenkapsel. L Linse, ch Pig- bulbuS (Flg. 187. o) durch

„..»Uchicht«. r G«glioo-A»rti.itang de. Seiner»..,. Muske,n ' an jftne befestjat

a Hörorgan. * o

wird. Die Thätigkeit der letzteren lässt den Bulbus seine Stellung ändern. Die Gestalt des Bulbus ist meist rundlich oder oval, sehr eigentümlich bei den Heteropoden (Fig. 187).

Der Bulbus besitzt eine dünne äussere Umhüllung , die nach vorne in die vom Integumente gebildete Cornea (Pellucida) übergeht. An dem hinteren Umfange des Bulbus findet sich die Ausbreitung des Sehnerven häufig mit einer ganglionartigen Anschwellung (r). Nach innen folgt die Netzhaut mit den Endapparaten des Sehnerven , die in einer gegen den Binnenraum des Auges gerichteten Stäbchenschichte angebracht, von der äusseren Netzhautschichte durch eine Pigmentlage getrennt sind. Eine dicht hinter der Cornea gelagerte Linse füllt entweder den Binnenraum des Auges oder ist nach hinten von einer gallertigen Substanz umgeben, die eine Glaskörperschicht vorstellt.

Wie die empfindende Schichte vom Ecloderm aus gebildet wird, se- ist auch die Linse eine Integumentbildung, da ihre Anlage von einer Zelle ausgeht, welche die Substanz der Linse allmählich in geschichteten Lagen abscheidet.

§ 273.

Im Anschlüsse an das Auge der Gasteropoden findet sich das Cepha- lopoden-Auge. Die allmähliche Sonderung des Organes aus dem Ectoderm ist erkannt. Bei Nautilus bildet jeder von einer Art Augenstiel getragene

Sinne »organe.

375

Bulbus eine seitliche Vorragung (s. oben Fig. 175 o), die bei einigen Di brancm'aten angedeutet ist, wahrend der Bulbus sonst von Fortsätzen des Kopfknorpels eine Stütze empfangt, und wie in einer OrbiUilhöhle lagert. Die Kapsel des Bulbus geht bei Nautilus in den Augenstiel über, bei den Dibranchiaten legt sie sich an die knorpelige Orbita an , und umschliesst daselbst eine Ganglienbildung des Sehnerven (Fig. 188 oo), die bei Nau- tilus durch eine den Bulbus in wetterer Ausdehnung überkleidende Schichte vorgestellt wird. Vorne bildet die Augenkapsel einen dünnen als Cornea bezeichneten Ueberzug (c), hinter welchem die lichtbrechen- den Medien des Bulbus lagern. Diese Cornea fehlt bei Nautilus ; auch eine Linse wird vermissl. Die Augenkapsel setzt sich daher vome unmittelbar in eine mit dem Integumente des Augenstieles zusammenhangende Mem- bran fori, die eine pupillenartige, ins Innere des Bulbus führende Oeff- nung tragt.

Diese directe Communication des Binnenraums des Bulbus mit dem umgebenden Medium ist bei den Dibrancbiaten durch das Vorkommen einer Linse [L] aufgehoben; da aber der durchscheinende Theil der

Augenkapsel bei a a

manchen (Loligopsis, Histiotheutis etc. ) ganz fehlt oder von

einer Oeffnung durchbrochen ist (Se- pia, Loligo, Octopus), so wird die vordere Flache des von der Kapsel umschlosse- nen Bulbus noch von Wasser bespült. Die- ser nach aussen com- municirende Raum setzt sieb nicht nur durch das Sehloch zur Linse fort, son- dern dehnt sich auch

in verschiedenem Maasse um den Bul- bus.

Bei Vielen bildet "* **•**-

Kopfkaorpel. C Corn

das Integument nur samu. a«r hHu

im Umkreise der ■•»• i* o»»«»o»-

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als "Augenlider« bald nur an beschrankter Stelle vorkommen, bald ii

grosserem Umfange sich erbeben , und dann mit Schliessmuskeln ausge

stattet zu einem Schutzapparate des Auges werden können.

rhni u durch du lig«, *on Pia (Schau*). HS H. /. Linst, ci ßli«Hri«r isr Ljnw. Jl Inner« Ri A«»a>«ra SAiAtt. P PigmentiAiAta. o 8«h- k Anfapfalknoipal. ik lriAnorp«]. tt Weiaier <u Irganta» axtaroa. IN»A Onui.)

376 II. 7. Mollusken.

Die Grundlage des Bulbus bildet eine knorpelige Kapsel (Fig. 188 In, welche in dem die Pupille umgrenzenden Abschnitt des Bulbus als Iris- knorpel 7/,- auftritt. Ausserhalb dieses Augenknorpels lagert hinten das Sehnervenganglion, in dessen Umkreis ein bald sehr weit nach vorne ra- gendes, bald beschranktes weissliches Organ (w) sich findet. Darauf folgt eine Längsfaserscbichte von Muskeln, sowie endlich eine bis zum Pupillen- rande sich fortsetzende silberglänzende Membran (Arge ntea externa! iae), welche den Ueberzug des Bulbus gegen den vorerwähnten Baum bildet. Nach innen von ihr liegt die Argentea interna. Am hinleren Umfange der knorpeligen Kapsel [k] treten aus dem Ganglion (yo) kommende Nerven- bündel durch mehrfache OefTnungen des Knorpels zur Netzhaut , welche nach innen von der Knorpel kapsei sich bis nahe an den Band eines die Linse tragenden Organes fortsetzt. Die Retina besteht im Wesentlichen aus denselben Schichten wie bei den Gnsleropoden , einer inneren (Wi , den percipirenden Apparat enthaltenden , von einer äusseren [He] durch eine Pigmentlage (/*,. geschieden. Von der Uuskelfaserscbichle aus setzt sieb eine Bindegewebslamelle nach innen zur Linse (L) fort, und scheidet diese vollständig in zwei Theilo, einen vorderen kleineren und einen hin- teren grosseren, welche beide zusammen einen ovalen Körper bilden, dessen Längsaxe der Augenaxe entspricht. Sowohl auf der vorderen als auf der hinteren Flüche jener Bindegewebslamelle lagern epitheliale Verdickungen, die zusammen ein am Bande der Linse in letztere umbie- gendes Lamellensystem vorstellen, den «Ciliarkörpcr« je/; (Corpus epithe- liale] . Der Raum hinter der Linse wird von einer Flüssigkeit ausgefüllt.

Hemer, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XV.

Hörorgane.

§ «74.-

Die als Hörorgane zu deutenden Gebilde erscheinen von den schon

bei Wtlrmern getroffenen Bläschen, Oloevstcn. ableitbar. Sie umschl Jessen

Ololilhen, und zeigen an ihrer Innenwand Endapparale von Nerven, die

aus epithelialen Modineationen bestehen. Diese Epi-

thelien gehen aus dem Ecloderm hervor, denn die

Otoc;sle nimmt ihre Anlage vom Ectoderm, wie bis

jetzt bei Gasteropodcn beobachtet wurde. Damit

stimmen auch die für die Cephalopoden bekannten

Tbalsachen übe rein.

Fi« ie« ii»ronnn vun Allgemein wird der Hörnerv vom Cerebral-

C)di.. c <i<-L.,n (!]!«■]. ganglion entsendet. In der primitivsten Form ist das

i wimpf.inLK.nd* Epi- Hörblflscheu diesem angelagert, so dass erst hei

'iN.thL.vu.ii.r' einer Entfernung vom Cerebralganglion ein Acusli-

cus unterscheid bar wird. Die l.agebeziehung der

Olocvsle ändert sich bei vielen, indem letztere zum Pedal ganglion nerah-

rtiekt, wobei dann der Acusticus stets zum Cerebralganglion, zuweilen

Sinnesorgane. 377

durch die Cerebropedalcommissur verfolgbar ist. Zuweilen steht diese Lageveränderung mit einem Herabrücken der Cerebralganglien selbst in Zusammenhang.

Die Lamellibranchiaten und Scaphopoden besitzen die Hörbläschen dem Fussganglion angelagert, dicht, oder etwas entfernter (Najades) oder sogar weiter in den Fuss hinabgerückt (Cythera) . Bei den Gasteropoden ist die Lage der Otocysten sehr verschieden, doch waltet der primäre Zu- stand, der Zusammenhang mit den Cerebralganglien, vor, und bei Hetero- poden und vielen Opisthobranchiaten bleibt die Lage jenen Ganglien benachbart.

Die Otolithen sind entweder zahlreich , aus kleinen krystallinischen Gebilden bestehend, bilden eine Otoconie, oder es besteht nur ein ein- ziger, sphärischer Otolith, der seine Entstehung von einer Zelle aus der Anlage der Wandung der Gehörblase nimmt, und ein concentrisch ge- schichtetes Concrement vorstellt. Otoconie besitzen Dentaliuro, die niederen Formen der Lamellibranchiaten und der Gasteropoden , sowie alle Ptero- poden. In den Larvenzuständen dieser Mollusken tritt jedoch bald die Otoconie, bald aber auch der sphärische Otolith auf, der dann, wie es scheint, wieder verschwindet. Wo dagegen der ausgebildete Zustand durch den Otolithenbesitz sich auszeichnete, ist der Otolith schon in der Larve vorhanden, und hat niemals die Otoconie zum Vorläufer.

Bezüglich des Baues der Endapparate in der Otocyste liegen bis jetzt nur vereinzelte Angaben vor. Von diesen ist die belangreichste, dass ein Theil des cilientragenden Epithels durch Zellen mit feinen stäbchenför- migen Fortsätzen repräsentirt ist, welche als Hörstäbchen zu deuten sind. Sie bilden das acustische Organ, und stehen mit dem Nerven in Zusam- menhang, indess die in Büschel gruppirlen, Cilien tragenden Zellen eine auf den Otolithen wirkende Accommodationseinrichtung vorstellen.

Die Entstehung der Otocyste aus dem Ectoderm ist bei den Cephalo- poden noch im ausgebildeten Zustande nachweisbar, indem bei vielen ein feiner Canal aus den Gehörbläschen an die Körperoberfläche führt. Bei Nautilus liegen die Otocysten dem Kopfknorpel an ; bei den Dibranchiaten sind sie vom Knorpel umschlossen. Damit ist ein häutiges und ein knor- peliges Labyrinth unterscheidbar, analog den betreffenden Theilen der Vertebraten.

Die Form der Hörbläschen ist einfacher bei den Oclopoden , durch Ausbuchtungen und Vorsprünge bei den Decapoden complicirter. Zugleich ist die Verbindung mit dem Knorpel inniger, während das Hörbläschen derOctopoden ziemlich lose in seiner Höhle liegt. Der in einer wässerigen Flüssigkeit befindliche Otolith ist verschieden gestaltet , bald flach , bald rundlich, und kann in kleinere, nadeiförmige Stücke zerfällt werden. Die Endigungen der Hörnerven unterscheidet man an einer Verdickungsstelle des Epithels als »Hörplatte «, an der die Zellen haarförmige Fortsätze (Hör- haare aussenden (Sepia), und dann als eine meist gebogen verlaufend »Hörleiste o, die ebenfalls modificirtes Epithel trägt.

37S »- 7. Mollusken.

I.acaze-Duthiehs, Otocystes des Mollusques. Arch. de Zoologie. I. S. 97. Ranke, J„ Des Gehörorgan etc. bei Pierolracbea. Zeitschr. f. wibs. Zoo). XXV. Suppl. v. Juehing, Die Geborwerkzeuge der Mollusken. Erlangen 1S78. SiMRurn, Leber die Sinnesorgane unserer einheim. Weich- Ihiere. Zeilschr. f. w. Zool. Bd. XXXI.

Darmcanal.

§ $75. Die bei allen Mollusken vollzogene Sonderung der Leibeswand von der Wandung des Darmcanals lässl den letzteren in eine Leibeshöhlo gebettet erscheinen. Er liegt daselbst in Windungen oder bildet Schlingen, da er immer länger als die Leibeshöhle ist; zugleich bietet er bezüglich seiner analen Mündung bemerkenswerlhe Verhaltnisse. Der Darmcanal durchzieht nämlich nur bei den Placophoren und Lamellihranchialen den Kttrper, so dass das aborale Körperende zugleich das anale ist. Bei den Scaphopoden, Gasteropoden, Pteropoden und Cephalopoden bildet er stets eine Schlinge oder Windung, indem sein Ende vom aboralen Kürperende entfernt liegt. Wenn wir annehmen, dass eine symmetrische Anordnung und damit die aborale Lage des Afters auch für den Darm das ursprüng- liche Verhalten bietet, so dass also jene Lageverschiedenheil der Anal- offnung eine nach und nach erworbene ist, so muss dieses Verhalten in einer sehr weit zurückliegenden Periode sich getroffen haben, da es auch mitogenetisch nicht mehr besteht. Das Causalmoment dieser Lageveränderung muss in der allgemein verbreiteten Gehausebildung gesucht werden. Die Entfaltung des dorsalen Mantels mit der Schale und die bei den Meisten asymmetrische Aus- bildung beider macht jenen Einlluss ver- B j stündlich. Dabei sind zwei Verhältnisse

auseinander zu halten. Erstlich wird durch die dorsale Entfaltung eines von der Schale geschützten Körperlheiles dem sich ver- längernden Darmcanal hier Raum zu seiner Lagerung geboten , die sich einfacher oder complicirter in Schlingen oder in Windun- gen darstellt. Dadurch ist also zunächst nur die Ablenkung von einein geraden Verlaufe gegeben. Zweitens wird von der Fig. im. scbamitische DanteiionK dM Ausbildung einer Kiemenhohle, deren Ent- Vf rfcaluai des Dinnc.nai. i bei pt»- siehung wieder an Mantel und Schale an- "'^»■"TI^'o^V't«^ k°üpft, auch die Lage des Darms be- tr Kiemen. herrscht. Ist die KiemenhOble hinten aus-

gebildet, wie bei thecosomen Pteropoden und den Cephalopoden (Fig. 190), so ist die Afteroflnung relativ am wenigsten bezüglich ihrer Lage modificirl. Sie kann sogar mehr oder minder in der Medianlinie sich finden. Ist die Kiemenhohle nach vorn

Darmcanal. 379

gelagert, unter asymmetrischer Gestaltung, wie bei der Mehrzahl der beschälten Gasteropoden , so tritt die Afteröffnung gegen diese hin, den» hier findet die Function des Afters am wenigsten ein Hinderniss.

Die Sonderung des Darmrohrs in einzelne Abschnitte schliesst sieb an die bei Würmern bestehenden Einrichtungen an.

Obschon die ontogenetische Forschung noch zu keinem völlig über- einstimmenden Resultate gelangte, so scheint doch die Entstehung des Mitteldarms aus dem Entoderm und jene des Vorderdarms aus dem Ecto- derm die am meisten gesicherte. Mit der Bildung desEntoderms wird der Enddarm angelegt, der so mit dem Mitteldarm gleiche Genese besitzt.

§ 276.

Bezüglich des Verhaltens in den einzelnen Abtheilungen zeigen die Placophoren mehrfache Windungen des Darmrohrs, aber die Lage des Afters erhält sich aboral, da die vorhin angedeuteten Bedingungen für eine Lage Veränderung fehlen.

Die Lamellibranchiaten schliessen sich gleichfalls an die niedersten* Verhältnisse an. Der Mund bei den Dimyariern zwischen Fuss- und vor- derem Schliessmuskel gelegen setzt sich fort in ein kurzes, als Speise- röhre fungirendes Darmslück, das in einen erweiterten Abschnitt, den Magen, übergeht. In diesen als Magen bezeichneten Mitteldarm-Abschnitt münden die Ausfahrgänge der Leber. Bei vielen Blaltkiemern ist der Ma- gen an seinem Pylorustheile durch eine blindsackartige, oft beträchtliche und durch eine Klappe verschliessbare Ausstülpung ausgezeichnet. In den. Blindsackbildungen, oder, wo solche fehlen, im Darmcanaie selbst, wird bei Vielen ein eigenthümliches Gebilde getroffen , welches unter dem Na- men »Krystallstiela bekannt und als eine von dem Darmepithelium gebildete Absonderung zu betrachten ist. Der bei weitem den grössten Abschnitt des gesammten Tractus bildende Enddarm tritt nach einfacher oder mehr- facher Windung gegen den Rücken des Thieres und ist in der Regel von gleichem Durchmesser, doch auch zuweilen in engere und weitere Strecken gesondert. Er wird von anderen Organen (Leber, Geschlechtsdrüsen) des Eingeweidesackes dicht umlagert, verläuft mit seinem Endstück unter dem Scblossrande der Schale zum Hintertheile des Körpers und durch- bohrt auf diesem Wege bei einer grossen Anzahl von Blattkiemern Herz- beutel und Herz (Fig. 176. t), uro dann hinter dem hinteren Schliessmuskel auf einem frei in die Mantelhöhle ragenden Vorsprunge am aboralen Körper ende in den After überzugehen vFig. 484 r). Diese Lage des Afters steht wieder in Zusammenhang mit dem Verhalten der Schale, welche sich zu den zwei lateralen Klappen gestaltet hat.

§ 277.

Mit Ausnahme der Lamellibranchiaten ist bei allen Mollusken am Vorderdarme ein Abschnitt zum sogenannten Schlundkopf oder der

380

II. 7. Mollusken.

Fig. ü»l. Eine Keilte Zähnchen von der ßeibplatte

von Litorina littorea. a Mittlere, bcd

heitliche Zabnchen. (Nach Gkay.j

Buccalmassc diflerenzirt , ein meisl voluminöses Gebilde, dessen Structur mit der auf Ergreifen und Zerkleinerung der Nabrungsstofte gerichteten Function in Einklang steht. Der die gesammte Einrichtung beherrschende Apparat besteht in einer von der unteren Wand sich erhe- benden Cuticularmembran , auf der rückwärts gerichtete und in Quer- reihen angeordnete Zähnchen oder Häkchen sich erheben. Die Anordnung der Zähnchen (Fig. 191. abcd), ihre Form und ihre Zahlenverhältnisse

sind ausserordentlich mannichfaltig und wechseln nicht allein nach den grösseren Abtheilungen, sondern auch nach den Ordnungen , Fami- lien, bis auf die Arten herab, doch so, dass die Verwandtschaftsver- hältnisse auch, in der Bildung dieser Theile ausgesprochen sind; man hat sie deshalb auch für die Syste- matik verwerthet. In der Regel ist eine mediane Längsreihe (a vor- handen, an welche seitlich symme- trische Zähnchen (bcd sich anschliessen. Das aus der Summe dieser Häkchen gebildete Organ ist die Reibplatte, Radula. Es ragt bei man- chen (Turbo, Patella) , von der sackartig ausgedehnten, durch Ausstülpung der Schlundwand gebildeten Scheide umschlossen, weit in die Leibes- höhle und kann sogar die Länge des Körpers übertreffen. Auch in die Breite kann das Organ entfallet sein und auf die laterale Wand des Schlundkopfes sich erstrecken. Bei Heteropoden zeigt es insofern eine höhere Bildungsstufe , als die äusseren der in Querreihen angeordneten Häkchen nicht allein von beträchtlicher Länge, sondern auch beweglich eingelenkt sind. Sie können so beim Hervorstrecken der Reibplatte sich aufrichten, um, beim Zurückziehen sich zangenartig zusammenschlagend, als Greiforgane zu wirken.

Zur Bewegung der Reibplatte dient eine besondere Muskulatur, die ebenso wie der Schlundkopfwand eingelagerte Knorpel (S. 361 zur voluminöseren Gestaltung dieses Organs (Fig. 200. B) beiträgt. Die Ausbil- dung der Radula steht somit mit der Entfaltung jener Buccalmasse in engem Zusammenbang. Mit Ausnahme der Lamellibranchiaten ist das Organ in allen Abtheilungen der Mollusken verbreitet, wenn auch bei einzelnen wenig entwickelt (thecosome Pteropoden •. Selten fehlt die Radula und mit ihr der Schlundkopf ganz (Tethys' . Relativ unansehnlich ist die Reibplatte bei den Cephalopoden (Fig. 192. Cr), bei welchen feste Kiefer den Eingang des Mundes auszeichnen. Es sind zwei starke, einem Papageischnabel ähnliche, mit scharfen Rändern versehene Stücke Fig. 192. C]} von denen das untere [mf] über das obere (m) hinweggreift. Beide Kiefer werden nur an ihrer Wurzel von den weichen Lippen rändern bedeckt (Fig. 179. m. n).

Darmeanal.

381

Auch unter Jon Gasteropoden kommen derbe Belege der Wandung des Hundes als Kteferbildungen vor. Ein oberes halbmond förmiges Stock an seinem freien Rande mit gez&hnelten Leisten besetzt , findet sieb hei Nepbropneusten ver- breitet. Zu einem sol- B A chen unpaacen Sl ticke kommen bei manchen

Bronchi opneusten noch laterale Stücke, welche horizontal ge- geneinander wirken . Diese paarigen Kiefer- siucke treffen sich auch bei Prosobran- chiaten , am bedeu- tendsten bei Opislho- bronchialen in Ent- faltung.

Die MundflfTnung wird bei den Gastero- poden von den Lip- pen umgeben, die vor dem Eingänge in den Scfalundkopf zusam- i roenschliessen. Diese '. Lippen bilden Dupli- nWgu.v i Lii caluren des Inlesu- cePh»)opod«ii

,. ., ? 0**«s, m1 un

mentes, die mit dem Scfalundkopf sich ein- ziehen oder vorstülpen können. Bei einem Theile der Prosobranchiaten ist dieses Verhalten dahin ausgebildet, dass jene sonst die Lippen dar- stellende Duplicatur eine mehr oder minder lange Scheide bildet, in welcher ein den Schlundkopf bergender Rüssel sich bewegt. Beim Her- vorstrecken dieses Rüssels wird die innere Wand der ihn umscbliessenden Scheide allmählich umgestülpt (Dolium, Cassis, Conus, Voluta, Bucci- num, Harpa, Murexetc.). So erball dieser vorderste Theil des Tractus intestinalis eine besondere Ausbildung.

- LtBfpacfanil

r BaibplalU.

§ 278.

Aus dem Schlundkopf erstreckt sich bei den Gasteropoden der Vor- derdarm als Speiseröhre nach hinten , und bildet darauf einen weiteren Abschnitt, den Hagen, von welchem der Hitteldarm, häufig in Form einer einfachen Schlinge den Eingeweidesack durchsetzend, zu dem wenig scharf abgesetzten Endstücke verlauft.

382 II. 7. Mollusken.

Als Modificationen bestehen Erweiterungen einzelner Abschnitte der Speiseröhre und führen zur Bildung eines besonderen als Kropf fungiren- den Stuckes. Dieser ist entweder ein spindelförmiger Abschnitt, den viele Prosobranchiaten besitzen (sehr lang bei den Heteropoden), oder er er- scheint als einseitige Ausbuchtung, die sich zu einem blindsackartigen Anhang ausbilden kann (Lymnaeus, Planorbis, Buccinum . Auch mager- artige Erweiterungen des Vorderdarmes kommen vor, durch Einschnü- rungen von den benachbarten Strecken gesondert. Sie bilden hinter- einander gelegene Abtheilungen.

Diese Sonderung entspricht sehr deutlich einer Theilung der Leistung, wie aus der verschiedenartigen Beschaffenheit der Cuticularbildungen der einzelnen Abschnitte hervorgeht. So besitzt Aplysia einen Abschnitt mit pyramidal geformten Stücken von knorpelartiger Harte besetzt, einen an- deren mit festen Hornhäkchen ausgestattet. Solche Hakenbildungen finden sich auch im einfachen Magen von Tritonia , ein breiler Gürtel scharf- eckiger Platten in jenem von Scyllaea , sowie feste Reibplatten auch im Magen der mit rudimentären Mundtheilen versehenen Pteropoden vorhan- den sind. Das Vorkommen solcher Apparate beweist, dass den bezüg- lichen Abschnitten nur die Verdauung vorbereitende Functionen zu- kommen.

Modificationen ergeben sich nicht minder an dem erweiterten Mittel- darm, sowohl was seine Gestalt betrifft, als auch hinsichtlich seiner Diffe- renzirung in einzelne Theile. Bei vielen ist derselbe wenig ausgezeichnet. Bei andern kommt es zur Bildung eines Magenblindsackes , wobei Cardia und Pylorus einander sich nähern und dieses ist die häufigere Form. Durch Theilung kann der Magen in mehrere Abschnitte zerfallen. So wird häufig Gardial- und Pylorusabschnitt durch eine in den Magen vor- springende Längsfalte geschieden (Littorina).

Von Eigentümlichkeiten des übrigen Darmrohrs ist eine dem End- darm häufig zukommende Erweiterung anzuführen. Bedeutendere Modi- ficationen erleidet der ganze Darm bei vielen Nudibranchiaten (Aeolidier , wo er in demselben Maasse Rückbildungen erfährt, als die Leber in seine Function übertritt und damit die bedeutende Verkürzung compensirt (siehe darüber unten S. 385).

Mit der Analöffnung mancher Gasteropoden sind Drüsen verbunden, die zuweilen ziemlich ansehnlich (Murex, Purpura) aber in ihrer Bedeutung noch nicht erkannt sind.

Die Lage des Afters ist in Zusammenhang mit der Gehäusebildung und der Entfaltung einer Mantelhöhle lateral oder dorsal. Beim Fehlen einer Schale und damit auch einer Mantelhöhle kann der After auf der Dorsalfläche, ja sogar in der Mittellinie derselben auftreten, wie bei einem Theile der Nudibranchiaten (Doris) (Fig. 200. a). Bei anderen erhält sich die durch das primitive Besteben einer Schale erworbene laterale Lage des Afters 'Aeolidia*.

§27 St.

Bei den Cepbalopoden gehl aus dem Sclilundkopf [Fig. 199. pfi) eine enge Speiseröhre hervor, die nach ihrem Durchtritt durch den Kopfknor- pel entweder gleichmassig zum Magen herablauft (Loliginen., oder auf ihrem Wege noch mit einer oft ansehnlichen kropfartigen Erweiterung versehen ist (Nautilus, Octopoden). Ein Magen (Fig. 193. vj wird durch eine ovale oder rundliche, zuweilen (Nautilus, OctopusJ mit starken Mus- kelwüoden versehene Erweiterung vorgestellt. Auf jeder der beiden Sei- ten findet sieb eine radiär angeordnete Muskelschichte, in deren Mitte eine sehnige, besonders bei Nautilus bemerkliihe Platte angebracht ist.

Der neben der Cardia gelegene Pylorus führt in den mit einem Blind- darme versehenen Mitteldarm , der anfänglich auf seiner Innenfläche gleichfalls noch Längsfaltung zeigt. Er wendet sich meist in geradem Verlaufe (wenig gewunden ist er nur bei Nautilus und den Octopoden) nach vorne zu einem kurzen Enddarm (Fig. 193 >}, der im Anfange des Trichters sich nach aussen öffnet. Um die Afleröffnung sind bei vielen Ce- phalopoden zwei bis drei Klappen oder doch klappenähnliche Vorsprünge, durch entwickelte Muskulatur ausgezeichnet, vorhanden.

Die Coecalbildungen (Fig. 193. c! am Be- ginne des Hitteldarmes zeigen sowohl in ihrer äusseren Form, als auch in der Beschaffenheit der Innenfläche verschiedene Verhältnisse. Der Blind- darm ist entweder rundlich (Nautilus , Bossia, Loligopsis), oder in die Lange gedehnt und dann oft spiralig gewunden (Sepia, Oclopus). Bei grös- serer Lange kommen mehrere Spiral Windungen zu Stande {ee). Seine Innenfläche zeigt bald blal- (erartig angeordnete Vorsprunge (Nautilus) , oder auch cireuiäre, der Spiralform folgende Falten- bildungen. Zwei der grössten Falten nehmen die Ausfuhrgänge der Leber auf und sind gegen das Darmlumen zu betrachtlich ausgebildet, so dass sie einen klappenartigen Verschluss herstellen können. Bezüglich der Function dieses Blind- darmes ist wahrscheinlich , dass er eine secreto- rische Rolle spielt, wie er denn auch bei einigen (Loligo vulgaris] der Falten entbehrend in s Drüsen birgt.

fftkrW Sondt. c Aufm« dm Blin.id.nDB. . i Spinliirc Thril duaribtB. ■' Enddirm.

i Wandungen reichliche

384 H. 7. Mollusken.

Anhangsorgane des Darmcanals.

1) Anhangsorgane des Vorderdarms.

§ 280.

Von den mit dem Darmcanal verbundenen Drüsenorganen sind Spei- cheldrüsen nur mit entwickeltem Schlundkopfe verbreitet, so dass ein Zusammenhang dieser Gebilde erkannt werden kann. Sie lagern bei den Gasteropoden stets an beiden Seiten des Vorderdarms und münden in den Schlundkopf aus. Sie erscheinen bald als kurze Blindschläuche (Ptero- poden), die sogar in der Masse des Schlundkopfs verborgen sein können [manche Opisthobranchiaten). In weiterer Entwickelung verlängert sich der Ausführgang, so dass der secernirende Abschnitt weiter nach hinten zu liegen kommt, und da bald dem Oesophagus, bald auch dem Magen angelagert ist. Die Drüsen bilden dann rundliche, längliche, meist abge- plattete Schlauche (Prosobranchiaten , manche Pulmonaten), die sogar in einzelne Abschnitte zerfallen können, oder auch als ramificirte Organe erscheinen, wie die dem Magen aufliegenden Drüsen von Pleurobranchus. Nicht selten finden sich auch doppelte Paare , von denen entweder die Ausführgänge immer getrennt erscheinen , oder jene des hinteren Paares sich mit einander vereinigen. Auch bei nur einem vorhandenen Paare ist oft die Verschmelzung in eine einzige Masse zu beobachten , wobei die Duplicität durch die Ausfübrgänge bestimmt wird. Eine functionelle Difle- renzirung bieten die Speicheldrüsen mancher Prosobranchiaten (Doli um, Cassis, Gassidaria, Tritonium), bei denen ein Abschnitt in seinem Secrete freie Schwefelsäure erkennen liess. Aehnliche Sonderungen zeigen auch die Drüsen einiger Opisthobranchiaten (Pleurobranchus, Doris). » Unter den Cephalopoden besitzt Nautilus eine noch innerhalb des Schlundkopfes gelegene paarige Drüsenmasse. Diese Drüsen sind auch bei manchen Dibranchiaten (Octopus, Eledone) und anderen, als kurze, dicht hinter dem Pharynx liegende Organe vorhanden , aus denen ein die Pharynxwand durchbohrender Ausführgang hervorgeht Fig. 499. gls s), der sich vor der Ausmündung mit dem der andern Seite vereinigt. Dazu kommen noch hintere, welche seitlich vom Oesophagus, hinter dessen Durchtritt durch den Kopfknorpel liegen. Sie sind entweder glatt oder gelappt und lassen ihre Ausfübrgänge in der Regel innerhalb des Kopf- knorpels zu einem einzigen Gange sich vereinigen , der vor dem Zungen* wulste in die Schlundhöhle einmündet (Fig. 499. gls i).

Panckju , P. , Gli organi e la secretione de IT aeido solforico oei Gasteropodi. Atti della R. Accad. delle Sc. fisiche. Napoli. Vol. III.

2) Anhangsorgane des Mitteldarms.

§ 281.

Am Mitleldarm sind bei den Mollusken Anhangsgebilde in allgemeiner Verbreitung zu treffen; sie repräsentiren die »Leber« und sind Differen-

Anhangsorgane des Darmcanals. 385

zirungen der Darmwand , aus der sie als Ausbuchtungen , durch Wuche- rungen des Entodenns eingeleitet, entstehen.

Als eine den Magen und einen grossen Theil des übrigen Darmes umgebende Drüse tritt die Leber der Lamellibranchiaten auf. Sie bildet zahlreiche, in grössere Lappen vereinigte Acini , die an verschiedenen Stellen, theils in den Magen, theils in den folgenden Darmabschnitt münden.

Aus einem Paare symmetrisch gelagerter, verzweigter Schläuche be- steht sie bei den Piacophoren.

Eine nicht minder ansehnlich entwickelte Drüse stellt sie bei den Gasteropoden vor. Bei den beschälten Gasteropoden nimmt sie den grössten Theil des im Gehäuse geborgenen Eingeweidesackes ein , immer aus mehreren grösseren Lappen zusammengesetzt und den Darm auf ver- schieden langen Strecken umlagernd. Die aus den Lappen hervortreten- den Gallengänge münden bald getrennt, bald vereinigt in den Anfang des Mitteldarms, zuweilen auch in die als Magen erscheinende Erweiterung. Die Zahl der gesonderten Leberpartieen ist, wie ihre relative Grösse, sehr verschieden. Doch lässt sich im Allgemeinen bei Vermehrung des Leber- volums eine mehr einheitliche Bildung erkennen , indessen die einzelnen getrennten Lappen um so kleiner sind, je zahlreicher sie vorkommen.

Dieses Verhältniss der Vertheilung der Leber auf einen grösseren Abschnitt des Darmcanals führt bei einer Abtheilung der Opisthobran- chiaten zu Veränderungen jenes Darmstückes. Indem die Ausfuhrgänge der einzelnen Leberlappen sich erweitern, bilden sie Ausbuchtungen des Magens und es entsteht an der Innenfläche des letzteren bei einer grösse- ren Anzahl ausmündender Leberschläuche ein reticulares Aussehen (Doris, •Doridopsis). Durch diese aus der Genese der Leber leicht verständliche Umgestaltung erscheint der drüsige Theil der Leber wie ein Beleg jener unregelmässigen Ausbuchtungen.

Hieraus geht der oben § 278} berührte Zustand des Verdauungs- apparates der Aeolidier u. a. hervor, und die Leber erscheint in Gestalt weiter, blind geendigter Anhänge , die von dem als Magen bezeichneten Mitteldarm (Fig. 194. m) entspringen. Die Verbindung ist entweder eine unmittelbare und die Anhänge münden direct in den Mitteldarm, oder sie ist mittelbar, wenn nämlich noch weite Ausbuchtungen des Mitteldarms vorkommen (Fig. 494), die übrigens gleichfalls aus Umbildungen eines Abschnittes der Leber hervorgegangen sein können. Diese Anhänge durchsetzen die Leibeshöhle und dringen beim Bestehen von Rücken- cirren in diese mit blinden Endigungen ein. Je nach der Anzahl der Anhänge bilden jene Fortsätze mehr oder minder reiche Verästelungen, welche sogar unter einander anastomosiren können. Wie die Zahl und die allgemeine Gestaltung der Darmanhänge wechselt, so sind auch ihre Dimensionen verschieden. Bald stellen sie sich nur wie Ausstülpungen des Darmes dar, und sind durch weite Oeflhungen mit letzterem in Com- munication, auch Speisemassen aufzunehmen im Stande; bald erscheinen

Ogenbanr, Grundriss d. rergl. Anatomie. 2. Aufl. 25

386 II. 1. Mollusken.

sie nur als enge Caniile , die an der Nahrungsaufnahme sich nicht direcl betheiligen. Zwischen diesen Extremen finden sieb Uebergangsformen. Für die Auffassung dieser Darmbildung erscheint ein nie fehlender drü- siger Beleg von grosser Wichtigkeit. Da- durch stellen sich die Verästelungen nicht blos als physiologische Aequivalenle einer Leber heraus, sondern wir müssen sie auch als Hodificalionen der Leber selbst betrach- ten, die hier durch Erweiterung der Lumina ihrer Canäle sich an der Vergrößerung des Darmcanals betheiligt hat. Dasselbe Organ, welches bei den anderen Gasteropoden als Leber erscheint, tritt also bei den Aeolidiern in den Darm mit über, und behalt nur an seinen Wandungen oder doch an einem Theile derselben seine ursprüngliche Bedeu- tung bei. Die Theiinahme aus dem Darme entstandener Räume an der Darmfunction erklärt die bedeutende Kurze des eigent- lichen Darmrohrs. Auch in anderen Abthei- lungen der Opisthohranchiaten erscheint die Leber in Form weiter Schläuche, z. B. bei Pbyllirhoe", I.imaponiia etc. Dass in allen diesen Bildungen kein Anfangsiustand der ersten Differenziiung einer Leber, sondern ~~~ari~Hu'(HK!Kj eineArt Rückbildung gefunden werden darf,

gehl daraus hervor, dass die Entwickelung' der Aeolidier sie von schalentragenden Gasteropoden ableiten lässt.

Bei den Pteropoden ist die Leber in eine grosse Anzahl bleiner Blind- sehlüuche aufgelöst. Solche sitzen bei Pneumodermon in verästelten Grup- pen dicht beisammen und die weilen Mündungen ihrer Ausfuhrgänge durchbohren fast siebförmig die Magenwand. Einfachere Aeini besetzen einen Abschnitt des Darmes der Übrigen Pteropoden und bilden eine dicht geschlossene Masse, durch welche der Darin hindurebtritt Fig. £01. Aj.

Die Leber der Cephalopoden ist immer eine ansehnliche, meist com- pacte DrUse, die bei Nautilus aus vier locker verbundenen Lappen be- steht. Jeder derselben entsendet einen Ausfuhrgang. Bei den Dibran- chiaten finden sich nur zwei Lappen , die entweder deutlich getrennt (Sepia), oder nur theilweise verbunden sind iftossia). Eine engere Ver- einigung beider Lappen besteht bei Sepiola und Argonauta , und hei den Loliginen und Octopoden stellen sie eine einzige vom Oesophagus durch- setzte Masse dar. In allen Fällen treten aus der Leber nur zwei Ausfuhr- ii.inge hervor, welche auf die beiden ursprünglichen Lappen hinweisen, und, ebenso wie bei Nautilus, stets in das Ende des Blinddarmes aus- münden.

Schlnniikopf.

Anbangsorgane des Darmcanals. Leibesböhle. 387

Sowohl an der Mündungsstelle in den Blinddarm, als auch innerhalb der Leber selbst tragen die Ausführgänge noch einen Besatz besonderer Drüsenläppchen , deren Bau von den Acinis der Leber verschieden ist. Man hat diese bald nur an der einen, bald an der anderen der genannten Stellen vorkommenden Drüsen für eine Bauchspeicheldrüse erklärt, wobei man jedoch den Mangel jeglicher näheren Verwandtschaft mit dem gleichnamigen Organ der Wirbelthiere beachten muss. Auch bei Gastero- poden (Aplysia, Doris) hat man in der Nähe der Leber noch besondere Drüsen beobachtet.

3) Anhangsorgane des Enddarmes.

§ 282.

Als hieher zu zählende Gebilde finden sich mancherlei erst bei Gaste- ropoden vorkommende Drüsenorgane von unbekannter Bedeutung. Bei den Cephalopoden wird der unter den Dibranchiaten verbreitete Tinten- beutel hier angeschlossen werden können, der bei manchen mit dem Enddarm ausmündet (Loliginen) und daher vielleicht als ein vom End- darme her entstandenes Gebilde sich herausstellt , wenn er auch bei an- deren Cephalopoden seine Mündung neben oder hinter der Analöffnung trägt. Er stellt einen länglichen, mit contracülen, lamellös ins Innere vor- springenden Wänden versehenen Sack vor (Fig. 493 a), der die bekannte schwarze Flüssigkeit absondert.

Leibeshöhle.

§ 283.

Das Auftreten einer Leibeshöhle gehört zu den frühesten Sonderungs- vorgängen des Molluskenkörpers. Werden schon durch die Windungen des in das Cölom gebetteten Darmcanals und die von seiner Wandung sich differenzirenden Anhangsorgane Complicirungen der Leibeshöhle hervor- gerufen, so steigern sich diese mit dem Auftreten anderer Organe, vor- züglich des Geschlechtsapparates, so dass die Höhlung später in -zahlreiche, weitere und engere Abschnitte zerlegt erscheint. In der Begel erstreckt sich die Leibeshöhle auch in die Fortsatzbildungen des Körpers, so in die Mantellamellen der Lamellibranchiaten , wie in den Gasteropodenmantel. Auch untergeordnetere Körperanhänge bieten häufig einen Zusammenhang mit der Leibeshöhle dar.

Allgemein erscheint der offene Zusammenhang des Gefässsystemes mit der Leibeshöhle; die somit einen Abschnitt der Blutbahn vor- stellt. Dieses Verhalten tritt in verschiedenen Abstufungen auf, und je nach der Ausbildung des Geßisssystemes sind es weitere oder engere Räume, welche von der Leibeshöhle gebildet werden. Bei dem Zusam- menhange der weiteren Räume der Leibeshöhle mit dem Gefösssysteme

15*

388 II. 7. Mollusken.

erscheinen diese Strecken der Blutbahn als Lacunen ; bei fortgesetzter Theilung dieser Räume, sei es durch eingelagerte Organe; oder durch die Wandungen verbindende Gewebszüge , gehen sie in enge oft gefässartige Canäle über, welche oftmals eine regelmässige Anordnung aufweisen. Bei Lamellibranchiaten und Gasteropoden finden sich hiefür vielfach ab- gestufte Beispiele) indess bei den Cephalopoden das sehr vollkommene Blutgefässsystem rein lacunäre Räume grösstenteils auf den Eingeweide- sack beschränkt bestehen lässt. Durch die Excretionsorgane 289) com- municirt die Leibeshöhle wie bei vielen Würmern mit dem umgebenden Medium. Daraus entspringt eine Aufnahme von Wasser mit Zumischung desselben zum Blute. Ausser den durch die Excretionsorgane vermittelten Verbindungen nach aussen , be- stehen noch besondere directe Gommunicationen durch Oeffnungen am Fusse bei Lamellibranchiaten und Gasteropoden, wodurch der Auslass von Leibeshöhlenflüssigkeit besorgt wird. Solches ist sowohl bei Lamellibranchiaten (Mactra, Cardium, Solen) wie Gasteropoden (Pyrula) mit Sicherheit nachgewiesen. Jene Flüssigkeit empfängt eine besondere Bedeutung für die Locomotion, indem das Thier durch Wassereinlass seinen Körper zu schwellen im Stande ist. Zurückgezogene Theile vermögen dadurch hervorgestreckt, schlaffe in den Zustand der Erection gesetzt zu werden , und die gesammte Muskulatur der Leibes- wand, vorzüglich jene des Fusses, vermag in grössere Wirksamkeit zu treten. Die Hervorstreckbarkeit gewisser in die Schale zurückgezogener Theile, besonders des Fusses, beruht auf diesen Beziehungen, die für La- mellibranchiaten und Gasteropoden, auch bei Pteropoden genauer gekannt sind , indess die Einfuhr von Wasser in die Blutbahnen bei den Cephalo- poden noch nicht völlig sicher ist.

Gefösssystem.

§284.

Das Gefässsystem der Mollusken bietet, mit Ausnahme der Scapho- poden, in allen wesentlichen Punkten eine übereinstimmende Anordnung dar. Diese besteht erstlich in dem Vorkommen eines dorsalen Längs- stammes, an dem ein Abschnitt zu einem Centralorgau 'Herzkammer) ausgebildet ist. Zweitens stehen mit dem Längsstamme Querge fasse in Verbindung, welche bei dem Vorkommen lateraler Kiemen von diesen das Blut zum Herzen führen und gleichfalls zu Organen der Blutbewe- gung differenzirt sind, indem sie zur Herzkammer sich als Vorhöfe verhalten. In dieser dorsalen Entfaltung der Hau pt- theile des Circulationssystems ist eine Uebereinstimmung mit dem Gefäss- apparate der Würmer zu sehen (vergl. S. 179,.

Die symmetrische Anordnung der Vorkammern bei einander sonst sehr ferne stehenden Abtheilungen lehrt darin eine tiefer begründete

Gef&sssystem.

389

Eigentümlichkeit kennen, und durch das Bestehen von zwei Paaren hinter einander in die Kammer mündender Vorkammern bei den tetra- branchiaten Cephalopoden gibt sich sogar eine Metamerenbildung des Gefässapparates zu erkennen, wie sie bei den gegliederten Würmern durch die mehrfachen Querstämme ausgedrückt wird. Diese Gefcsse besitzen hier noch soviel ihrer ursprünglichen Natur, dass man sie nicht als Vorhöfe des Herzens, sondern als Riemenvenen be- zeichnet hat.

Aus der Homologie der zwei Vorhofpaare mit zwei Querstammen eines Dorsalgeftsses (Fig. \ 95 A und B) ergibt sich ein primitiver Zu-

Fig. iy5. Scbematische Darstellung zur Vergleichung der Circulati ouscentren bei den Möllns, k e n. A Theil des Dorsalgefassstammes and der Querst&mme eines Warmes. B Herz und Vorhöfe von Nentilai, C eines Lamellibranchi&ten oder Loliginen, D eines Oct opus. E He« und Vorhof einet Gasteropoden. 9 Herikunmer. a Vorkammer, ac Arteri* cephalica. ai Arteria

abdominalis. Die Pfeile zeigen die Richtung des Blutstroms.

stand, der, die Nau tili den charakterisirend , auch mit den palaeontolo- gischen Beziehungen derselben zu den übrigen lebenden Cephalopoden im Einklang steht. Das Vorkommen nur eines Vorhofspaares erscheint dagegen als Rückbildung (Placophoren , dibranchiate Cephalopoden , La- mellibranchiaten und manche Gasteropoden) , welche der Reduction der Kiemen entspricht. So finden wir also den Schlüssel zum Verständniss der Kammer- und Vorhofsbildungen bei den Mollusken , durch die Ver- gleichung mit einem indifferenteren Apparate. Wie ein Abschnitt des Dorsalgefosses zur Herzkammer umgewandelt ist, so bilden die davon ausgehenden Fortsetzungen Arterienstämme, die man da, wo sie ihren ursprünglichen Verlauf behalten haben , als vordere und hintere Aorta (Aorta cephalica und Aorta intestinalis oder abdominalis) unterscheidet {B C). Eine wichtige Lagerungs Veränderung erscheint bei einem Theile der Cephalopoden, den Octopoden (D), wo der Stamm des Dorsalgefösses eine schlingenartige Krümmung vollführt hat, so dass beide arterielle Ab- schnitte (ac und ai) noch eine Strecke weit in Einer Richtung verlaufen. Dadurch nähern sich ihre Ursprungsstellen aus der Kammer. Aus einem ähnlichen Verhalten ist der Circulationsapparat jener Gasteropoden ableit- bar, bei denen der Ursprung eines einzigen Arterienstammes aus der Herzkammer charakteristisch ist (E). Dieser Eine Arterienstamm theilt sich in zwei in ihrem Verbreitungsbezirke genau den beiden Arterien-

stammen entsprechende Aeste (ac und ai), die bei den Cephalopoden und Lamellibranchialen aus den beiden Enden der Kammer hervorgehen. Erstere dürften somit aus den beiden ursprunglich in der Richtung Einer Axe gelagerten Arterienstämmen entstanden zu betrachten sein. Die schliessliche Reduction der Vorh&fe auf Einen leitet sich gleichfalls von einer Rückbildung der Kiemen ab, und verbindet sich mit der Vereini- gung des vorderen und hinteren Arterienstammes.

Kammer und Vorkammer erscheinen somit aus differenleu Abschnitten eines primitiven Gefässapparates hervorgegangen, der eine metamere Ein- richtung erkennen und im Zusammenhalte mit den Resten der Hetamerie des Nervensystems (S. 363} für den Mollusken stamm gegliederte Orga- nismen als Vorfahren voraussetzen lössl.

§ 285. Das Herz der Placopboren und Lamellibranchialen [Fig. 496 v] liegt in der Medianlinie des Korpers dicht unter dem Rucken von einem Pen- cardium umhüllt und von zwei seitlichen Vorhöfen (a) Blut empfangend, wahrend vorne und hinten die oben erwähnten arteriellen Gefäss Stämme aus ibm entspringen. Bei den Placo- pboren ist die Lage des Herzens ziem- lich weit hinten , so dass der vordere Arterie us latnm von bedeutender Lange ist. Bei den meisten Muscheilhiereu spaltet sich das Herz in zwei den End- darm [/: umfassende Schenkel, die nach ihrer Vereinigung die vordere Kürperarlerie ( Aorta ) hervorgehen lassen. Dieses Durch bobrtseiu vom Enddarm steigert sieb bei Area tu einer DupliciUlt der Herzkammer, in- dem diese durch zwei vollständig von einander getrennte Kammern, jede mit einem Vorhofe versehen, dargestellt wird. Jede Kammer entsendet eine Aorta, die sich vor einer ferneren Ver- ABodom». i HMiummer. a Yortöi«. zweteune mit der anderseitigen ver-

p»' FericurdUiMhl». * Entfern, m Mutel. . . , , . . -

tr ir1 Kinne», /ran. einigt, so dass also dennoeb ein ein-

facher Arterien- Haupt stamm entsteht. Dasselbe gilt auch von dem hinteren Arterien stamme.

Von den beiden Arterienstämmen verläuft der vordere bis in die Gegend des Mundes, um hier unter Verzweigungen sich in weile Blut- räume zu öffnen. Auch der hintere Arterien stamm , dessen Längen- enlwickelung von der Ausbildung der hinteren, die Siphonen darstellen- den Manteltbeile abhängig ist, gebt schliesslich in Bluträume oder La- eunen über.

Fig. 1%. Stnkrecl

Gefesssystem. 391

Solche wesentlich von Bindegewebe abgegrenzte Räume verzweigen sich nicht allein im Hantel , sondern finden sich auch zwischen den Ein- geweiden. Je nach ihrer Weite sind grössere oder kleinere Blutbehälter unterscheidbar, welche sowohl ein Capillar-, als ein Venensystem ver- treten. In regelmässigem Vorkommen bestehen grössere Sinusse an der Kieroenbasis , und ein mittlerer unpaarer, die Venenräume des Fusses sammelnder, erstreckt sich der Länge nach zwischen den beiden Scbliess- muskeln. Alle diese Bluträume stehen unter sich in Zusammenhang und bilden ein in den verschiedenen Theilen verschieden weites Maschen- werk. Die beiden seitlichen Räume communiciren auch noch mit dem Bojanus'schen Organe 290;.

Verfolgt man die übrigens in manchen Punkten noch nicht sicher gestellte Bahn , welche das aus den Arterien peripherisch vertheilte Blut ' zurücklegt, so trifft man einen Tbeil davon auf dem Wege zum Mantel, einen andern Tbeil zu dem Eingeweidesack. Von da strömt es theils in die Kiemensinusse und von hier aus entweder direct in die Kiemen, oder erst auf Umwegen durch die Bojanus'sche Drüse zu den Athmungsorganen. Letzteren Weg passirt die Hauptmasse des Blutes. Da aber zwischen den Blutbehältern an der Kiemenbasis und den Vorhöfen des Herzens auch noch eine directe Communication besteht, so wird ein, wenn auch kleiner Theil des Blutes , ohne in die Kiemen gelangt zu sein , zum Herzen zu- rückkehren. Hierzu kommt noch das Blut aus dem Mantel, welches gleich- falls direct in die Vorhöfe eintritt, jedoch wegen der respiratorischen Function der Mantellamellen nicht absolut als Venenblut betrachtet wer- den kann. Da in die Vorhöfe auch alles aus den Kiemen kommende Blut aufgenommen wird , so gelangt die ganze Blutmasse auf verschiedenen Wegen schliesslich wieder zur Herzkammer.

Bemerkenswerth ist das Verhältniss des Kreislaufs zu den Bojanus- schen Drüsen. Diese Absonderungsorgane sind dem in die Kiemen tre- tenden, somit venösen Blute in den Weg gelegt, so dass durch sie eine Art Pfortaderkreislauf sich einleitet.

§ 286.

Bei den Gasteropoden besitzt das gleichfalls von einem Pericardium umschlossene Herz bei manchen noch zwei seitliche Vorkammern Hajio- tis, Fissurella, Nerita). Auch bei Trochus bestehen diese noch, die linke befindet sich aber im Zustande der Reduction, und bei den übrigen Gaste- ropoden ist, wie auch bei den Pteropoden, nur Eine Vorkammer vorhan- den (Fig. 497 v). Die Rückenlage des Herzens ist durch die asymmetrische Entfaltung des Eingeweidesackes modificirt; immer findet es sich den Athmungsorganen benachbart, gegen welche die dünnwandige Vorkam- mer gerichtet ist. Sie findet sich also bei den Prosobrancbiaten nach vorne, bei den Opistbobranchiaten nach hinten gekehrt. Die bei Lamelli- brancbiaten bestehende Beziehung zum Enddarme trifft sich bei manchen

II. 1. Mollusken.

Prosobranchiaten wieder (Turbo, Nerila, Nerilina), und geht sogar in eine Theilung der Kammer über (Haliotis, Fissurella, Emarginula).

lltneoi. f HeiiUmrasr. ap Hinter« Artaria (Eiisgf »eideirteri«), an Vorder» Artari*. (Mich Lerwo.l

Von der Kammer entspringt eine Körperarterie , die eine rückwärts verlaufende Eingeweidearterie (ap) abgibt, während der Stamm als Aorta cephalica iaa) sich fortsei! t. Diese verlauft gerade zum Vorderlheile des Körpers und sendet meist einen starken Ast zum Fusse, der zuweilen als Fortsetzung des llauplstammes erscheint. Ausserdem gibt sie auf ihrem Wege häufig noch Aesle zum Hagen, zu den Speicheldrüsen u. s. w. und endet entweder einfach oder unter wiederholten Verzweigungen in der Nähe des Pharynx. Einen grossem Verbreilungsbezirk hat sie bei den Pteropoden, bei welchen der Fussast als die Fortsetzung des Ilaupislam- mes erscheint, und im Kopfe in zwei grosse, in reichlicher Verzweigung in die blosse eintretende Endäste sich spaltet. Die der hinteren Arterie der Lamellibranchiaten entsprechende Eingeweidearterie zeigt bei den Pteropoden und niederen Gastropoden nur geringe Verästelungen. Sie löst sich, wie die Kopf arterie, in grossere Bluträume auf. Sehr entwickelt und vielfach verzweigt erscheint sie bei den meisten Prosobranchiaten [ap], auch bei manchen Tectibranchiaten besteht sie (Pleurobraucbus), bei anderen dagegen wird sie durch mehrere kleinere Arterien vertreten (Aplysiaj . Zweige des Hauptstamms repräsenliren die Eingeweidearterie bei Nudi branchialeu Doris .

Die ruckfuhrenden Wege sind nach der Zahl , Form and Lagerung der AthmuDgsorgane verschieden. Bei manchen Nudibranchiaten sammelt sich das Blut aus der Körperhöhle in der Nähe des Vorhofs. Bei anderen, mit

Gefasssystem.

39a

distincten Athmungsorganen versehenen, bestehen bestimmte Canäle oder sogar mit besonderen Wandungen versehene Gefesse, -welche das Blut aus den venösen Bahnen zu den Athmungsorganen hinfuhren. Von diesen tritt es im einfachsten Falle , ohne Dazwischentreten von Kiemenvenen, zum Vorhofe über. Dies ist auch bei den meisten Pteropoden der Fall. Bei reicherer Entwickelung der Kiemen sammelt sich das rückkehrende Blut in besondere Venenstämme, welche einzeln oder vereinigt in den Vorhof münden. Die Anordnung dieser Kiemenvenen ist immer der Ausdehnung wie der Lage der Kiemen angepasst. Bei vielen Nudibrancbiaten (Aeolidia, Scyllaea, Tri ton ia], gehen von den Kiemen wirkliche Geisse ab, welche sich zu grösseren Stämmen vereinigen und einen me- dianen oder zwei seitliche Kiemenvenenstämme her- stellen, die sich mit dem Vorbofe des Herzens verbin- den. Bei Vertheilung der Kiemen Über eine grössere KörperoberOäche ist dies rückführende Kiemengefess- system ausgebildet, bei Beschränkung der Kiemen dagegen reducirt (Doris, Polycera). Ersteres Ver- halten ergibt sichz. B. bei Tritonia (Fig. 498), bei der zwei laterale Kiemenvenenstämme (ss) durch einen Querstamm zum Herzen führen. Der Quercanal bildet eine Art von doppeltem Vorhof (a) , der jedoch nur mit Einem Ostium in die Kammer [v) mündet.

Die Wege, auf welchen das Blut zu den Kiemen gelangt, sind immer auf einem grösseren oder kleineren Abschnitt lacunär. Bei manchen Opis- thobranchiaten sammelt es-^ich aus der Leibeshöhle in Canäle, die im lntegumente verlaufen, von wo es in die Kiemen vertheilt wird. Dahin gelangt jedoch nicht alles Blut,, ein Theil wird, nachdem er in der Haut sich verlheilte, zum Herzen zurückgeführt.

Bei Helix und Limax sind die in die Athemhöhlenwand tretenden Bluträume, also schon das zu den Athmungsorganen führende Canal- system , gefässartig ausgebildet. Sie lösen sich hier in ein reiches Netz auf, aus welchem mehrere grössere, bestimmter abgegrenzte Stämme hervorkommen und sich zu einer in den Vorhof tretenden » Lungen venea vereinigen. Man kann sich das Netz der Lungengeftsse auch als einen grossen /in der Lungenwand ausgedehnten Blutsinus vorstellen, der von Stelle zu Stelle von Substanzinseln unterbrochen wird.

Fig. 196. Bin Theil der Circulationeorgane ron Tritonia. « Venen- eJnnsse , geöffnet. Dia Wand ist ron Mündungen der Kiemenrenen durch- setzt, v Herzkammer.

§ »87.

Der Herz der Cephalopoden liegt im Grunde des Eingeweidesackes, durch eine rundliche oder quer-ovale Kammer gebildet (Fig. 495. 2?. C, Fig. 499. c), welche ebenso viele Kiemen venen aufnimmt, als Kiemen

II. 7. Mollusken.

vorhanden sind. Bei Nautilus münden demnach vier, bei den übrigen Cephalopoden zwei Kiemenvenen in die Herzkammer. Vor der Einmün- dung zeigen die Kiemenvenen zumeist eine betrachtliche Erweiterung (Fig. 199. v. br), die der Vorkammer der Gastro- pnden und Lamellibran- chialen homolog ist. Vom Herzen entspringen regel- massig zwei Arlerien- slämme : ein stärkerer, der gerade nach vorne ver- lauft, Arteria cephalica (Fig. 499. n), und entfern- ter davon ein meist nach hinten gerichteter kleinerer Summ, Arieria abdomi- nalis [a'). Aus dieser all- gemeinen Anordnung geht die Ueberein Stimmung mit den beiden anderen Clas- sen klar hervor und es besteht namentlich zu je- nen Mollusken ein en- gerer Anschluss, welche durch die DupiiciUU der Vorkammern sich aus- zeichnen.

Uie Arieria cephalica gibt vor Allem starke Zweige an den Hantel, einige auch an den Trac- lus intestinalis, sowie an den Trichter; im Kopfe ' "'"„„'' «^Vimi^'g." X"VS^*™T'1'' «ogfltominen , entsendet sie dieAugenarterien, ver- sorgt die Mundlheile und spaltet sich nach der Anzahl der Arme in grössere AesLe. Bei einigen Cephalopoden gehen die Armarterien aus einem um den Anfangslheil der Speiseröhre gebildeten fiinggehlsse her- vor. Die Arteria abdominalis bietet grössere Verschiedenheiten ; wahrend sie bei den Sepien (Fig. 202. «') und Loliginen der Arieria cephalica gegenüber entspringt , und damit ganz ähnliche Beziehungen besitzt wie die Eingeweidearlerie der Lamellibranchiaten, tritt sie bei den Oclopoden neben der Aorta vom vordem Umfange des Herzens hervor (Fig. 199 , und vertheilt sich sehr bald in mehrere Aeste für das Darmrohr und die Geschlechts werk zeuge. Bei den Loliginen dagegen gibt sie noch zwei Aeste

p.:-iTiif t. pli Scblnndkopf. I rulaie SpcLclieldrGtcii,...

Gefässsyrtem. 395

für die Flossen ab , an welchen bei Ommastrephes noch eine besondere Erweiterung (vielleicht ein Hilfeorgan des Kreislaufs) beobachtet wurde.

Der Uebergang der leisten Arterienverzweigungen in Venen wird durch ein überall reichlich entwickeltes Capillarsystem hergestellt. Dieses vertritt wenigstens im grössten Theile des Körpers die bei den Anderen verbreitete lacunäre Blutbahn , und erscheint als eine Differenzirung der- selben.

Die aus den Capillaren hervorgehenden Venenwurzeln sammeln sich in grössere Stämme, welche bald als wirkliche Venen erscheinen, bald in mächtige Räume ausgedehnt sind und so den Uebergang zu blossen La- cunen bilden. Bezüglich der specielleren Verhältnisse des Venensystems ist die Vereinigung der Armvenen in einen im Kopfe gelegenen Ringsinus anzuführen ; dieser nimmt auch benachbarte kleinere Venenstämme auf und sendet einen grossen Blutcanal (Vena cepbalica, auch als grosse Hohl- vene bezeichnet) (Fig. 202. vc), abwärts in die Gegend der Kiemen. Bier theilt er sich bei den Dibranchiaten in zwei, bei den Tetrabrancbiaten in vier Venenstämme (Kiemenarterieu), welche nach Aufnahme anderer, vom Mantel und den Eingeweideu kommender Venen [vc") sich zur Kie- menbasis begehen. Bei den Dibranchiaten bildet sich an den Kiemen- arterien durch Hinzukommen eines Muskelbeleges ein contractiler Ab- schnitt, das Kiemen herz (Fig. 202. vc'), welches durch rasche Pulsa- tionen als Hilfsorgan des Blutkreislaufs sich bemerklich macht. Vor die- sem Kiemenherzen sind an der Kiemenarterie noch besondere Anhangs- gebilde angebracht , Ausstülpungen der Gefesswandungen , welche von dem in die Kiemen tretenden venösen Blute in gleicher Weise bespült werden , wie die Bojanus'schen Drüsen der Muschelthiere (s. Excretions- organe § 289) .

Wenn man auch in den erwähnten venösen Blutbehältern ein mit geschlossenen Wandungen versehenes Venensystem erkennen darf, so fehlen doch wirkliche Blutlacunen nicht. Sie zeigen sogar eine Verbrei- tung ähnlich wie bei den übrigen Molluskenclassen. Einen solchen Blut- raum stellt die Leibeshöhle vor; sämmlliche in ihr liegende Organe wer- den vom Venenblut gebadet. In diesen Blutraum münden verschiedene Venen ein, und ausserdem steht er durch zwei Canäle mit der grossen Hohlvene ;Vena cephalica] in Verbindung.

Milne-Edwards et YalekcIenxes, Nouv. obs. sur la constit. de l'appareil de la circulation chez les Moll. M£m. Acad. des Sc. T. XX. u. Milne-Edw.,. Voyage en Steile. T. I.

§ 288.

Die Blutflüssigkeit der Mollusken ist in der Regel farblos, häufig mit einem bläulichen oder opalisirenden Schimmer. Doch spielt sie bei manchen Cepbalopoden ins Violette oder Grüne, und einige Gasteropoden (Planorbis) besitzen rothes Blut, dessen Färbung vom Plasma herrührt.

396 II. 7. Mollusken.

Die Formbestandlheile der Blutflüssigkeit sind in allen Fällen farblos, erscheinen als indifferente Zellen , deren amöboide Bewegungen , wie bei Muschelthieren und Schnecken bekannt ist, mancherlei pseudopodienartige Fortsatzbildungen auftreten lassen.

Ein bei Cephalopoden längs der Kiemenarterien sich erstreckendes wulstförmiges Organ ist noch räthselhaft. Vielleicht liegt in ihm ein Organ vor, welches für die Entstehung der Formelemente des Blutes Bedeutung besitzt.

Excretionsorgane.

§ 289.

Ausser den mancherlei bereits bei dem Integumente aufgeführten Organen, welche der Excretion dienen, bestehen noch andere auf der Oberfläche des Körpers mündende Organe, die in jener Hinsicht eine viel wichtigere Rolle spielen.

Bei den Placophoren besteht ein nahe am After ausmündendes drü- siges Excretionsorgan , von dem jedoch ungewiss ist, ob es mit dem der Conchiferen vergleichbar. Innere Mündungen sind nicht bekannt gewor- den. Wir müssen daher dieses Organ für jetzt noch ausser der Reihe stehend betrachten, in welcher diese Organe sonst sich darstellen.

Diese typischen Excretionsorgane der Mollusken sind den unter den Würmern verbreitet getroffenen Organen homolog, die dort als nierenartige bezeichnet wurden, und bei den Annulaten als Schleif encanäle erscheinen. Sie beginnen auch bei den Mollusken mit einer äusseren Oefihung und münden nach kürzerem oder längerem Wege in die Leibeshöhle aus. Die innere Mündung ist meist durch besondere Vorrichtungen, am häufigsten, vielleicht allgemein, durch Wimperbesatz ausgezeichnet und erinnert da- mit wieder an die Wimpertrichter der Schleifencanäle der Würmer. Die Organe vermitteln eine Gommunication der Binnenräume des Körpers mit dem umgebenden Medium. Dadurch dienen sie der Wassereinfuhr in denKörper und können auch, wie ihre Homologa bei den Würmern, noch manchen anderen Verrichtungen vorstehen. Zu diesen gehört die Beziehung zu den Geschlechtsorganen , die bei einem Theile der Lamellibranchiaten noch nachweisbar ist, und auch für die Cephalopoden die Hypothese be- gründet, dass die Ausführwege der Geschlecbtsproducte aus solchen Excre- tionsorganen entstanden. Ihre Beziehung zur Excretion ist daher keines- wegs exclusiv. Wo die letztere ihnen zugetheilt ist, treffen wir an den sonst einfacheren Canälen Umbildungen hinsichtlich der Wandungen, an denen ein drüsiger Bau sich erkennen lässt. In solchen Fällen können sie zufolge der chemischen Constitution ihrer Producte als »Nieren« betrachtet werden. Die mikroskopische Untersuchung weist dann Seeretionszellen

Excretionsorgane. 397

nach , mit einem aus granulären oder concentrisch geschichteten Concre- menten gebildeten Inhalt, wie solche auch in den Barnausscheidungen anderer Thiergruppen eine grosse Rolle spielen.

Die innere Mündung führt, wo sie nachgewiesen ist, in den Pericar- dialsinus, dessen Wand sie durchbricht. Wenn das Excretionsorgan von einem Schleifeneanale ableitbar ist, so wird in hohem Grade wahrschein- lich, dass die Wand jenes Pericardialsinus aus einem Dissepiment hervor- ging, wie solche bei Anneliden gleichfalls die Mündungen der Schleifen- eanale tragen. Für die festere Begründung dieser Auffassung fehlen indess noch manche Thatsachen , zumal solche , welche die an jenem fraglichen Dissepimente vor sich gegangene Lageänderung erklären können.

§ 290.

Bei den Lamellibranchialen ist das Excretionsorgan unter dem Namen der Bojanus'schen Drüse bekannt, und liegt als eine stets paarige, zuweilen in der Mittellinie zu Einer Masse verschmolzene Drüse an der Rückseite des Körpers , der Kiemenbasis zunächst. Seine Substanz wird von einem gelblich oder bräunlich gefärbten schwammigen Gewebe gebil- det, dessen Maschenräume häufig zusammenfliessen und meist einen grösseren centralen Hohlraum darstellen. Aus diesem führt jederseits eine Oeflhung in den Herzbeutel, eine andere stellt den Ausführgang vor. Dieser liegt entweder in der Nähe der Geschlechtsöflfnung, oder ist mit der Geschlechtsöffnung gemeinsam, oder endlich die Geschlechtsorgane öffnen sich in das Bojanus'sche Organ, so dass die Geschlecbtsproducte durch letzteres nach aussen entleert werden (Pecten, Lima, Spondylus) . Ver- einigte Ausführgänge besitzen Area und Pinna. Getrennte Oeffnungen für Excretions- und Geschlechtsorgan zeigen Cardium, Chama, Mactra, Pec- tunculus, Anodonta, Unio u. a. Die faltig vorspringenden Wände oder das maschige Balkengewebe des Organes besitzen einen dichten Beleg von Secretionszellen , welche die erwähnten , bis jetzt freilich des charakte- ristischen Auswurfsstoffes der Harnsäure in vielen Fällen entbehrenden Concremente abscheiden. Ueber die Beziehung zum Gefässsystem siehe S. 391.

Die Scaphopoden schliessen sich durch den Besitz eines paarigen Excretionsorgan es an die Lamellibranchialen an.

In grösserer Mannichfaltigkeit erscheint das Excretionsorgan bei den Gasteropoden. Ein paariges, den Vorläufer der bleibenden Niere bilden- des Excretionsorgan ist bei Pulmonaten nachgewiesen. An ausgebildeten Thieren ist das Organ in der Regel auf einer Seite vorhanden. Diese Duplicität der Anlage deutet auf eine Uebereinstimmung mit dem paarigen Organe der Lamellibranchier. Entschiedener erweist sich dieses durch

398 IL '• Mollusken.

die neuerliche Entdeckung eines paarigen Excretionsorganes bei Haliotis, Fissurella und Pateila, wobei jedoch das linke mehr oder minder rudi- mentär ist. Die Rückbildung des einen Organs scheint mit Rückbildungen anderer paariger Organe, z. B. der Kiemen, in Verbindung zu stehen. Soweit nähere Untersuchungen vorliegen, mündet es mit einer Oetfhung in den Pericardialsinus, mit einer andern nach aussen. Bei der Mehrzahl der Gasteropoden ist in dem Organe Harnsaure nachgewiesen. Das gilt besonders von den Pulmonalen, deren zwischen Herz und Lungenvenen gelagerte Niere durch die meist weissliche oder gelbliche Färbung sich leicht zu erkennen gibt. Sie besitzt einen blättrigen oder schwammigen Bau und die sie zusammensetzenden Lamellen oder Balken tragen einen Beleg von grossen Secrelionszellen , in denen sich verschieden geformte feste Concretionen bemerkbar machen. Der lange, bei Helis weit hinten beginnende Ausfuhrgang öffnet sich in die Lungenhöhle, die als ein er- weiterter Endabschnitt jenes Ganges erscheint.

Bei den Prosobrancbiaten liegt die Niere zwischen Kieme und Herz, eine ähnliche Lage besitzt sie bei einem Theile der Opistbobrauchier. Ein Ausfuhrgang läuft in der Regel nach vorne und begleitet den Enddarm, neben welchem er häufig nicht weit hinter der Analöffnung ausmündet.

Bei manchen Opisthobranchiaten scheint die exe re torische Bedeutung zurückzutreten \z. B. bei Polycera), oder es findet eine Abscheidung in flüssiger Form statt. Die Niere erscheint hier (wie bei Phyllirhoö, Actaeon etc.) in Gestalt eines länglichen glashellen Schlauches, der, nahe am Rücken in der Mitte des Körpers gelegen , sich vom Herzen aus ziemlich weit nach hinten erstreckt. Er besitzt eine mit Wimpern besetzte Oeflnung in den Pericardialsinus und eine andere, contraclile, an der Oberfläche des Körpers.

Ein von dem Organe ausgehender Blindsack empfangt bei vielen Opisthobranchiaten eine bedeutende Entfaltung, und geht, seeundsr» Ausbuchtungen (vergl. Fig. 200 H absendend, allmählich in einen verästel-

ten Schlauch über. Solche einer verzweigten Drüse ähnliche Bildungen sind bei Doris, Dendronotus, Scyllaea etc. bekannt. Von der pericardialen Mündung (?■") her setzt sich ein Canal R') ins Innere des Schlauches fort,

Excrelioiuorgan«

399

hier sich Öffnend [r'\, so dass die Communicalion nach aussen erst auf einem Umwege erfolgt.

Bei den schalen tragenden Pteropoden , ebenso wie bei den Helero- poden, (heilt die Niere, abgesehen von der Ueberemsümmung ihrer bei- den vorerwähnten Mündungen mit jener der Prosobrancbiaten die Eigen- tümlichkeit eines spongiüsen Baues. Unter den Heteropoden ist sie bei Carinaria mit einem deutlichen Be- lege von Sccretionsi eilen versehen, der bei den anderen durch eine belle Zellenscliichte vertreten wird. Das Balkengerusle der Niere erscheint starr, wahrend es sowohl bei Atlanta als bei den Pirolen contractu ist, und energische, Schluckbewegungen ahn- liche Aclionen vollfuhrt. Auch uoter den beschallen Pteropoden ist die Niere in dieser Sichtung tbatig, z. B. bei Chreseis (Fig. 201 re '.

Da im Falle des Mangels concre- menthaltiger Secretionsi eilen die drüsige Natur dieses Organs zweifel- haft ist, darf um so grosseres Ge- wicht auf seine Beziehungen zur Ein- fuhr von Wasser gelegt werden , die in diesen Fallen am bestimmtesten beobachtet ist. Die vom Organe aus- geführten Bewegungen bestehen dann nicht nur in einem OefTnen und Schliessen des Süsseren Osliu ms, sondern auch in einem Weite [treiben des aufgenommenen Wassers und Mischung desselben mit dem aus dem Kürperkreislaufe zu den Ath- mungsorganen nick kehrenden Blute, in dessen Stromgebiete das Organ immer seine Lage bat. Wenn die . Wasseraufnahme durch das Excre- tionsorgan nur bei den angeführten Abtbeilungen direct beobachtet ward, so ist dadurch noch nicht ausge- schlossen, dass sie bei den Übrigen im Wasser lebenden Gasteropoden nicht ebenfalls bestehe. Nur bei den Nephrop neusten dürfte das Verhültniss ein anderes sein . doch besitzt die Niere auch hier ganz ahnliche Beziehungen zum Blutcanalsyslem, da eine

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Entleerung von Blutflüssigkeit durch die Ausmündung der Niere erweis- bar ist.

§ 392.

Die bedeutende Manmchfalligkeit des specielleren Verhaltens des Ex- cretionsorganes der Gasieropoden Isssl es nicht befremdend erscheinen, wenn dasselbe Organ bei den Cepbalopoden wieder mit anderen Modifi- cationen auftritt. Bei allen Cephalopoden bestehen in den Eingeweidesack eingeschlossene Sacke, welche in der Mantelhöhle ausmünden. Da die Ausfuhrwege der Geschlechtsproducte durch die Verbindung ihres die Keimdrüsen umscbliessenden Abschnittes mit der Leibesböble sich in Uebereinstimmung mit Excretionscanalen zeigen, wird die Entstehung dieser AusfUhrwege aus ursprünglichen Excretionsorganen wahrschein- lich , so dass dann den Cephalopoden eine grossere Anzahl dieser Organe zukommen musste, von denen nur ein Theil in der primitiven Bedeutung sich forterbielt. Vier solcher Organe finden sich bei Nautilus, zwei bei den Dibranchialen. Ihre Mündungsstelle liegt zuweilen auf einem papillen- förmigen Vorsprunge ( Fig. 178. r). In diese Sacke ra- gen die grossen Kieme n - gefiissstämme ein, wodurch die Wand ungs Verhältnisse sich un rege! massig gestalten. Die Wandflächen dieser Ge- fässe müssen aber, soweit sie in die Sticke einragen, als der Wand des letzteren zugehö- rig betrachtet werden. An den Kieme narlerien bietet die Wand jedes Sackes zahlreiche ins Lumen der letzteren vor- springende ramificirte An- hange (vergl. Fig. (78. B, Fig. 202. re), welche durch blindgeendtgle Ausbuchlun- gen des Gelasses, und einen daraufliegenden Drüsenbeleg gebildet sind. Bei Nautilus

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deuten die Richtung der Biutrtr.ii.« u. iN«h j. hcsuk.) sind diese Anhange der vier Venensiamme mit schlauch- förmigen Drüsen bekleidet, die in den betreffenden Sack geöffnet sind. Wie die an anderen, in den Pericardialsinus ragenden Blutgefässen vor- kommenden Anhange aufzufassen sind, ist noch rUtbselhaft. Da jener Sinus indess mit der Mantelhoble communicirt, stellen sie vielleicht ebenfalls exeretorische Organe vor. Die Dibranchialen lassen die Venenanhange

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Geachiechteorgane. 401

von etwas anderem Baue erscheinen. Vorwiegend ans phosphorsaurem Kalk gebildete Concremente sind als die Producta dieses Apparates zu be- trachten, der besonders bei den Sepien (Fig. 201) eine bedeutende Aus- dehnung, auch auf kleinere Wurzeln jener Venen, besitzt In dieser Einrichtung steht dieser Secretionsapparat in Beziehungen zu dem zu den Kiemen tretenden venösen Blutstrom und erscheint damit in denselben Beziehungen wie das Excretionsorgan der Lamellibranchiaten und Cepba- lophoren.

Weniger sioher ist eine innere Gommunication der die excretorisohen Venenanhänge bergenden Säcke. Wahrend einige Autoren eine solche mit dem Blutgeftsssystem , speciell mit dem Pericardialsinus statuiren, wird dies von andern in Abrede gestellt, so dass diese Apparate noch mancher Aufklärung bedürfen.

Hancock, A., On the st nie tu re and homologies of the Renal Organ in the Nudi- branchiato Mollusca. Transact. Linnean Soc. Vol. XXIV.

Geschlechtsorgane.

§ 293.

Die Fortpflanzung findet bei den Mollusken niemals mehr in einer jener ungeschlechtlichen Formen statt, die wir bei den Arthropoden auf dem Boden geschlechtlicher Differenzirung entstanden sahen. Sie ist aus- schliesslich an die volle Function von beiderlei Geschlechtsorganen geknüpft. Die Entstehung von beiderlei Organen aus verschiedenen Keimblättern ist bei mehreren Abteilungen erkannt, indem Beziehungen der männlichen zum Ectoderm, der weiblichen zum Entoderm gefunden wurden. Diese Organe bieten für die einzelnen Classen der Mollusken ziemlich selbstän- dige Einrichtungen , so dass die Ableitung von einer Allen gemeinsamen Grundform nur dann möglich ist, wenn letztere auf einer sehr niederen Stufe der Differenzirung gesucht wird.

Bei den Placophoren ist eine unpaare Keimdrüse vorhanden, von der paarige Ausführgänge zu den seitlich und hinten gelagerten Genital- Offnungen führen. Durch discrete Ausführwege stellt sich die Einrichtung über jene der Lamellibranchiaten. Eine Trennung der Geschlechter scheint bei der Mehrzahl vollzogen.

Die Vereinigung beider Geschlechter in einem Individuum findet sich bei den Lamellibranchiaten nur auf einzelne , von einander ziemlich ent- fernte Gattungen , oder auch einzelne Arten beschränkt , welche dadurch den Ueberrest eines vordem der ganzen Glasse zukommenden Verhaltens repräsentiren. Bei den Austern besteht sogar noch ein Uebergang in die geschlechtliche Trennung darin , dass die bezüglichen Organe eines Indi- viduums nicht gleichzeitig, sondern alternirend bald nur als männliche, bald nur als weibliche thätig sind. Die Keimdrüsen sind paarig, auf beide Seiten vertheilt, münden auch getrennt von einander aus. Meist nehmen

G*genb»or, Grundriss d. wgl. Anatomie. 2. Aufl. 26

402 II. 7. Mollusken

sie einen grossen Theil der Leibeshöhle ein , oft anderen Organen innig verbunden.

In dem Verbalten "van beiderlei Keimdrüsen unter den Zwittern geben sich stufenweise Verschiedenheiten tu erkennen , den Weg bezeichnend, auf welchem die Trennung der Geschlechter vor sich ging. Bei einigen (s. B. bei Ostrea) ist die Keimdrüse Zwitterorgan im vollsten Sinne des Wortes. Ei- und samenbildende Follikel sind mit einander vereinigt, und die Ausfuhrgänge für beiderlei Producte gemeinsam. Auch bei Peeten (P. varius) besteht noch das letztere Verhalten, allein die Keimdrüse selbst ist in einen männlichen und einen weiblichen Abschnitt gesondert. Er* sterer liegt vorne und oben, der letztere hinten und unten. Indem endlich bei anderen die getrennten Keimdrüsen getrennt ausmündende Ausfuhr- gänge besitzen, ist die Differenzirung auf einer höheren Stufe ange- langt (Pandora). Bei manchen Gattungen waltet die Zwitterbildung der einzelnen Arten vor, indess andere getrennten Geschlechtes sind (Gardium).

Die Ausführgänge der Keimdrüsen sind wenig entwickelt und häufig sitzen die Drüsenläppcben noch nahe an der gemeinsamen Mündung. Da- mit fehlen auch alle accessorischen Organe. Die jederseitige Ausmündung findet auf verschiedene Weise statt. Bald vereinigt sich der Genitalcanal mit dem Excretionsorgane , erscheint damit als eine von letzterem aus- gehende Differenzirung und die Geschlechtsproducte werden durch dieses nach aussen entleert (z. B. Peeten, Lima, Spondylus), bald vereinigt sich der Genitalcanal erst mit der Mündung jenes Organes (z. B. Area, Mytilus, Pinna), bald endlich mündet der Genitalcanal für sich auf einer besonde- ren Papille (z. B. bei Ostrea, Unio, Anodonta, Mactra, Chama).

Aus diesen Thatsachen ergibt sich , dass der exeretorische Apparat auch hier für die Herstellung der Ausführwege der Geschlechtsproducte eine bedeutungsvolle Rolle spielt. Der ins Excretionsorgan mündende Genitalcanal erscheint dabei als eine zu den Keimstätten der Zeugungs- stoffe ausgedehnte Differenzirung und die stufenweise erfolgende Tren- nung des Genitalcanals vom Excretionsorgane drückt eine weiterschrei- tende Sonderung aus, welche zu einer vollständigen Ablösung des Genital- canals, und damit der Geschlechtsorgane vom Excretionsorgane führt. Dieses bei den höheren Mollusken allgemein vorliegende Verhalten wird also von einer primitiven, functionellen Verbindung der Geschlechtsorgane mit den Excretions- organen abzuleiten sein, welche Beziehung später nur in der be- nachbarten Lagerung der äusseren Mündungen dieser Organe sich spur- weise ausdrückt.

Indem die Lamellibranchiaten die Wege zeigen, auf denen die Diffe- renzirung der Ausführgänge der Geschlechtsorgane geschah, entfernen sie sich in diesen Beziehungen nicht so gar weit von den Würmern oder den Brachiopoden , von denen ein Theil noch ähnliche Beziehungen aufweist, indess ein anderer, mit grossen und anscheinend selbständigen Complica-

GetchlechUorgane. 4q3

Innen der AüsfUhrapparate ausgestattet [Plrttwflrmerj , eine Aufklärung Aber diese Frage vorerst nur in grösserer Entfernung zeigt.

§ 89*.

Die Geschlechtsorgane der Gasteropoden und Pleropoden bieten eine in mehrfacher Weise fortgeschrittene DinerenairuDg dar. Besteht auch wie bei Lamellibranchiaten eine ZwilterdrOse in grosser Verbreitung, ao ist der Apparat doch beträchtlich complicirt, und verbindet sich in der Regel sogar noch mit Begatlungsorganen. Ferner erscheint der Geschlechts- apparat immer unpaar, in asymmetrischer Lagerung und Ausmündung, so dass im Vergleiche su den Lamellibranchiaten eine einseitige Rückbil- dung angenommen werden mnss.

Die Verhallnisse der Zwitterdruse sind mannichucher Art. In allen Fallen setst sie. sich aua zahlreichen Lappehen (Fig. «03. A) zusam- men , welche an ihren Hns- sersten blinden Enden Ei- keime bilden (a), indess ent- fernter vom Ende Samen- msssen entstehen (ö) . Diese Stellen siad jedoch nicht von einander getrennt, vielmehr ist der gemeinsame Hohl- raum eines Läppchens die Bildungsstätte der verschie- denen Prodoote. Somit sind es von Epithel ialbfldungen ableitbare Zellen, welche an der einen Stelle zu Eiern sich gestalten, an der andern Samenfaden hervorgehen lassen. Diese doppelte Pro-

duolion scheint in der Regel keine gleichzeitige zu sein r so dass dasselbe Läppchen oder dieselbe Druse in dem einen Falle Eier, in dem anderen Sperma hervorbringt.

Eine Differenz iruug gibt sieb an den Lappchen dadurch zu erkennen, dass die etbildenden Theile Ausstülpungen vorstellen [B. a) , welche dann an dem samenerseugenden mittleren Theile (6) rosettenfürmig gruppirt sind and wie secundare Acini sich verhalten. Die Vereinigung der ein- zelnen Lappchen unter einander begründet verschiedene Form Verhältnisse der Zwitterdruse; so kann jedes Läppchen seinen eigenen AasfUbrgang besitzen nnd die gesammte Drüse erscheint als ein reich veräsleltes Organ (Opistbobranchiaten) ; oder die Acini münden, reihenweise gestellt, an einer Seile eines Ausführganges , wie bei einigen Pteropoden (Cymbulia, Tiedemannia) ; oder sie gruppiren sich in iraubenfbTmige oder lappige

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404

II. 7. Uolluslen.

Drusenmassen , die entweder in Mehrzahl auftreten PhylJirhoä; , oder eine einzige mehr oder minder compacte Drüse vorstellen (einige Ptero- poden, wie Pneumodermon, Hyalea, dann die meisten Opisthobranchiaten und Pulmonaten).

§ 295. Hinsichtlich der Ausfuhrgänge sind bei den hermaphroditischen Gasteropoden folgende Einrichtungen unterscheidbar.

1J Es besteht ein gemeinschaftlicher Ausfuhrgang für Samen und Eier, der somit Vas deferens und Eileiter vorstellt und von der Zwitler- drüse an bis zur Geschlechtsöffnung beiderlei Producte führt. Als Uterus erscheint eine blindsackartige Ausbuchtung , welche such zur Aufnahme des Begattungsorganes dient. An der Gescblechtsüffnung tritt der Samen entweder direct auf das daneben liegende umstülpbare Begattungsorgan über, oder er wird bei entfernterem Ursprünge des letzteren durch eine wimpernde Rinne diesem zugeleitet. Einige Optsthobranch taten sind mit dieser Einrichtung versehen, die alle tnecosomen Pteropoden besitzen.

i) Der Ausfuhrgang der Zwitlerdrüse ist nur eine Strecke weil gemeinsam , dann erfolgt eine Tbeilung, und jeder Gsna) nimmt seinen f besonderen Weg zur Geschlechtsofraung. Da-

bei kann er sich noch mit Nebenapparaten in Verbindung setzet), oder such einfachere Diffs- renzirungen durch KalibermodiGcationen ein- gehen. Letzteres Verhalten bietet auch der ge- meinsame Ausfuhrgang vor seiner Trennung. Sehr häufig erscheint er bei Opisthobranchiaten auf einer grösseren Strecke erweitert, und kann damit fUr die auszuführenden Zeugungs- stoffe als Bebälter dienen. Bei den Nephro- pneusten (Fig. 204) besteht am gemeinsamen Ausruhrgange eine Trennung in zwei Ab- schnitte. Wahrend der obere (ve) aus der Zwitlerdrüse (z) kommende einfach ist, er- scheint der unlere auf einer ansehnlichen Strecke der Lunge nach in zwei Räume ge- schieden , davon der eine engere, den weitern wie eine Halbrinne begleitend, zur Austeilung des Sperma dient, indess der weitere (u) dem weiblichen Apparate angehört. Er empfangt an seinem oberen Ende eine eiweissabson- dernde Druse Ißd) und ist bei Helicinen mit Ausbuchtungen besetzt. In diesen empfangen die Eier ihre Umhüllung. Du der andere Canal gegen diesen Uterus :nj zu nicht völlig abge- schlossen ist, besiebt eine nur theilweise Tren-

F.f . '2W. (

Geschlechtsorgane. 405

nung. Erst am Ende des Uteras setzt sich das Vas deferens als selb- ständiger Canal (tri) zur ausstülpbaren Ruthe (p) fort, die hier einen Ab- schnitt der Ausfahrwege vorstellt. Die letztere Strecke des Ganais liefert eine die Samenmassen zu einem Samenschlauche (Spermatophor) ver- einigende Substanz. Aus dem Uterus geht endlich ein als »Scheide« bezeichnetes Endstück des weiblichen Canals hervor, der zur gemein- samen Geschlechtsöffnung seinen Verlauf nimmt , und noch mehrfache Anhänge {ps. d] tragen kann. Von den letzteren ist (bei den Helicinen) ausser einem Receptaculum seminis (Rs) eine Gruppe von grösseren Drüsenschläucben (d) zu erwähnen, die mit einem dickwandigen Schlauche (ps) in Verbindung stehen. Letzterer ist umstülpbar und ent- hält ein als Abguss seines Binnenraumes erscheinendes spitzes Kalk- Concrement (Liebespfeil).

Bei andern Zwitterschnecken findet die Trennung von beiderlei Wegen in der Regel schon früher statt , und der gemeinsame Canal ist nur unbedeutenden Modificationen unterworfen. Sehr mannichfaltige Modjficationen bieten die getrennt verlaufenden Canäle , von denen das Vas deferens bei den meisten Opisthobranchiaten eine ansehnliche Länge besitzt und demgemäss in zahlreiche Windungen gelegt ist. Ehe es zum Begattungsorgan tritt , verbindet es sich häufig mit einer zuweilen weiter oben angebrachten Drüse. Eine geringere Länge besitzt der Oviduct, dem nur selten beträchtliche Erweiterungen zukommen. Dagegen treten am Ende des weiblichen Ausführapparates mehrfache accessorische Ge- bilde auf. Die Mündung von beiderlei Ausführwegen liegt entweder in einem gemeinsamen, meist rechterseits nahe am Vordertheile des Körpers befindlichen Raum (Geschlechtscloake) , oder beide Canäle münden in eine wenig tiefe Buchtung oder auch getrennt von einander auf der Ober- fläche des Körpers aus.

§ 296.

Die Anhangsgebilde des Genitalapparates können nach ihrer Zugehörigkeit in weibliche und männliche unterschieden werden. Von den weiblichen nimmt das Receptaculum seminis eine hervorragende Stelle ein. Es bildet eine rundliche oder birnförmige, mit hohlem Stiele der Scheide inserirte Blase , welche bei der Befruchtung den Samen auf- nimmt (Fig. 204 R s). Zuweilen sind zwei solcher Anhänge vorhanden (Pleurobranchus) , die dann auch entfernter von der Scheide, am engeren Oviducte vorkommen können (Doris). Bei den Pteropoden und Opistho- branchiaten besitzt die Scheide eine weite mit faltigen Drüsenwandungen versehene Ausbuchtung, die als Uterus fungirt. Ein besonderes drüsiges Organ mündet in ihn ein, in der Verrichtung der Eiweissdrüse gleich kommend. Wo letztere fehlt, scheint die Uteruswand sie functionell zu vertreten. Endlich ist noch der bei Pteropoden bestehenden Begattungs- taache zu erwähnen, welche als Ausbuchtung der Scheide erscheint, und bei der Copula den Penis aufnimmt (Hyalea) .

406 II. 7. Mollusken.

Aehnliche Organe kommen auch dam möglichen Apparate zu , und erscheinen in der einfachsten Form als erweiterte Stellen oder Blindsack- bildungen zur Ansammlung des Sperma. Die bereits oben erwähnte Ver- längerung des Vas deferens wird functionell hieher zu rechnen seig. So- wohl bei Gasteropoden als Pteropoden sind dergleichen Zustände verbreitet» Ferner gehören hieber die dem Vas deferens angelagerten Drüsenorgapp, die man als Prostatadrüsen zu bezeichnen pflegt.

Der männliche Apparat steht endlich mit einem Begattungs- organe in Verbindung, welches entweder das modificirte und ausstülp- bare Ende des Samenleiters ist, und im Ruhezustande in die Leibeshöhle ragt , oder es ist ein besonderes , des directen Zusammenbanges mit dem Vas deferens entbehrendes Gebilde , welches einen im Ruhezustande ein- gestülpten Schlauch vorstellt. Das Organ ist entweder mit der Genital- mündung vereinigt, wie bei vielen Nudibranchiaten, oder liegt getrennt davon. Weit von der gemeinsamen Genitalöffnung entfernt mündet der Penis bei Tectibranchiaten (Aplysia, Bulla, Bullaea u. s. w.); eine wim- pernde Rinne leitet den aus der Geschlechlsöffnung hervortretenden Sa- men zum Begattungsorgane.

Unter den Pteropoden ist der Penis bei Pneumodermon nur durch eine innerhalb der Geschlechtsöffnung liegende Papille vertreten , indes* er bei den Thecosomen ein neben der Scheidenöffnung vorstülpbares Ge- bilde repräsentirt.

§ 297.

Bei vielen Zwitterschnecken ist ein Alterniren der Function der Keim- drüse nachweisbar, so dass sie bald als männliches, bald als weibliches Organ sich darstellt. Darin lässt sich die Andeutung einer Trennupg der Geschlechter wahrnehmen, welche bei den meisten Prosobran- chiaten vollzogen ist.

Ungeachtet der geschlechtlichen Trennung sind unter den Prosobran- chiaten die niedersten Befunde anzutreffen , indem der Apparat bei man- chen nur durch die Keimdrüsen repräsentirt wird. Damit wiederholen sich Verhältnisse, die an die Befunde der Lamellibranchiaten erinnern. Bei Haliotis und Patella fehlen Ausfuhrgänge. Die Keimdrüse scheint wie manchen Lamellibranchiaten, sich durch das Excretionsorgan zu entleeren. Dieses Verhalten bat bei Fissurella durch Verbindung des Ausfuhrganges mit dem Excretionsorgane eine bestimmtere Gestallung gewonnen.

Die Geschlechtsorgane der männlichen und weiblichen Individuen zeigen zumeist eine grosse Uebereinstimmung in dem allgemeinen Ver- halten , so dass oft nur das Vorkommen von Begattungsorganen bei den Männchen gröbere Unterschiede bildet. Männliche wie weibliche Keim- drüsen liegen, ähnlich wie die Zwitterdrtise vieler hermaphroditischen Gasteropoden, zwischen der Leber versteckt, oder doch in der Nähe derselben.

Gesehleebteorgsne. 407

An den weiblichen Organen entspringt aus dem Eierstocke ein in der Regel gewundener Eileiter, der sieb gegen den Enddarm wendet, um dort unter buohtiger Erweiterung einen Uterus darzustellen. Von diesem geht dann eine kurze Scheide zu der in der Nahe des Afters befindlichen Ge- acbJecbtsöifnung, Aceessorjscbe Organe sind bei den getrenntgeschleehfr- liehen Gasterepoden nur wenig verbreitet. Wo sie genauer bekannt, bei- stehen sie aus einer langgestreckten Sementascbe , die in das Ende des sackartigen Uteras einmündet» mit welchem der Auaffübrgaog einer Eiweiss- drüse verbunden ist (Paludina) . Bei den Heteropoden ist nur die Samen*- tasebe vorbanden, entweder dem Ende des Uterus angefügt (Atlanta) , oder vor dem Uterus mit der Scheide vereinigt (Pterotrachea) .

Bei den mannliehen Organen verlauft der Ausführung (Vas deferena) entweder einfach zum Penis, oder er ist mit einer Anseh wellung versehen, die als Sasoeublese fungiru Das Ende des Vas deferens mündet auf der Oberfläche des Körpers rechterseits nach aussen. Ein Begattungsorgan fehlt bei Haiiotis, Patella, Trocbua. Sonst besteht es aus einem Fortsetze des Hautmuskelscblauches und stellt einen massiven , breiten , häufig an der Spitze gekrümmten Körper vor, welcher rechterseits am Leibe, oder auch am Kopfe an der Basis des rechten Fühlers, doch auch zuweilen (Heteropoden) in der Nähe des Afters angetroffen wird. Zu diesem Or- gane tritt ein häufig eine Strecke weit auf der Oberfläche des Körpers verlaufender flimmernder Halbcanal , der sieh direct auf das Begattungs- organ fortsetzen kann , und auf ihm in Gestalt einer Rinne sich hinzieht (Dolium , Harpe , Strombus} oder das Begattungsorgan als Canal durch- setzt (Buccinum, Littorina, Paludina).

§298.

Die geschlechtliche Trennung ist bei allen Cephalopoden durchge- führt. Männliche und weibliehe Organe zeigen in der allgemeinen Anord- nung mehrfache Uebereinstimmung; davon ist das Wesentlichste, dass die Keimdrüsen nicht unmittelbar in ihre Ausführgänge sich fortsetzen. Diese Thatsacbe ist deshalb von Wichtigkeit, weil darin die Ver- wendung eines den Genitalorganen ursprünglich frem- den Apparates angedeutet erscheint. Jedenfalls besteht in die- sem Verhallen eine ganz andere Einrichtung als bei den Keimdrüsen der Gasteropoden und Pteropoden , bei denen die secernirenden Abschnitte der Drüsen allmählich in die Ausführgänge übergehen (vergl. oben § 292) . Bei den Tetrabranchialen sind die Ausführgänge noch nicht voll- kommen continuirlicb. Eileiter wie Samenleiter führen in einen weiteren Baum, aus welchem von neuem eine Fortsetzung jener Wege beginnt.

Von den weiblichen Organen wird der Eierstock durch eine gelappte Drüse gebildet, die von einem besonderen Sacke umhüllt und nur an Einer Stelle mit demselben verbunden ist. Der Ausführgang (Eileiter) ist in der Regel nur einfach vorbanden. Bei den Oetopoden und bei Loftigo

408 '■• '■ Mollusken.

sagiltata findet er sich doppelt (Fig. 199 od od), weist somit auf eine ur- sprüngliche DuplicitSt hin, die bei den übrigen selbst bei Nautilus durch Verkümmerung des einen Oviductes verloren ging. Der Eileiter ist an die Ovarialumhüllung befestigt; die Eier gelangen also erst aus dem von letzlerer umschlossenen Baume in den Ausfuhrgang. Die Ausmtin- dung des Eileiters findet sich in der Regel im Anfange des Trichters; nur bei denen, deren Männchen mit' einem Begattungsarme verseben sind, ist sie weit hinten in der Kiemenhtihle . und dazu bildet eben die Hectoco- tylie eine funclionelle Anpassung. Das Oviduct besitzt an einer Stelle einen wulstarlig gestalteten, ringförmigen DrUsenbeleg aus radial zur Axe des Eileiters gestellten Schläuchen (Octopoden). Dieselben Drüsen sind bei Nautilus in grösserer Ausdehnung vorhanden , bis nahe an die Mün- dung verbreitet. Wo diese DrUsenorgane fehlen , werden sie durch ähn- liche, dicht an der Mündung gelagerte Secretion sapparate ersetzt.

Als accessorische Organe des weiblichen Apparates erscheint ein Paar »Nidamentaldrusen« benannter Drüsen, die aus länglichen, lamelltis gebauten SchlHucben bestehen, welche auf der Vorderseite des Thieres gelagert, ihre kurzen Ausfuhrgange zur Seite der GescblecbtsötTnung münden lassen. Ihr Secret scheint zum Zu- sammenkitten der Eier zu dienen , welche bei den meisten Gephalopoden in traubcn form ige Gruppen vereinigt werden. Vor den Nidamen- taldrusen trifft man noch ein Paar kleinere, aus dicht gewundenen Schlauchen bestehende DrUsenorgane , mit den vorigen wohl von ähn- licher Function.

Eine Kapsel (Fig. 205. c), wie sie um das kT\j| ^/\ 'il Ovarium sich findet, umschliesst auch den Ho-

{ ^^/"V-i \ ('en (') ' ^er 8US mebrfach verästelten zu einem

Büschel vereinigten Blindschlaucben sich zu- sammensetzt. Diese sind gleichfalls an die Kapseiwand befestigt, so dass auch hier die Keimsteffe erst in die Kapsel gelangen , um in das aus letzterer sich fortsetzende Vas deferens überzugehen. Dieses ist ein vielfach gewun- dener, allmählich sich erweiternder Canal [re\ der damit eine Samenblase vorstellt. In die Wandungen seines erweiterten Abschnittes sind Drüsen eingebettet und in manchen Fallen diuemi. ,/ a: ...<-.: ~ ttf wjrc( ejn f nejj ,jer Wand zu einem grösseren Cabc» Dndp>Atioic) DrUsenorgane umgestaltet, so dass diesem Ab-

schnitte noch eine andere Function zu Theil wird. Bei verschiedenen Octopoden finden sich noch ein oder zwei dis- crete Drüsenanbänge (g). Alle diese drüsigen Differenz! rangen der Wan- dung des Vas deferens liefern ein dem Sperma sich beimischendes , zur

Geschlechtsorgane. 409

Herstellung der eigentümlichen Samenschläuche verwendetes Secret. Aus dem Ende des drüsigen Abschnittes oder nach Verbindung mit den erwähnten Drüsen wird der Samenleiter bedeutend erweitert oder ein- seitig ausgebucbtet (Sepia , Loligo) , welche Modißcation sogar zu einem ansehnlichen Anhangsgebilde (bN) umgebildet sein kann (Octopus). Diese » Needham'scbe Tasche a dient als Behälter für die im drüsigen Theil des Samenleiters geformten Samenschläuche:' Spermatophoren. Der übrige Theil des Ausführganges setzt sich in meist gleichmässiger Weise ent- weder in einen papillenförmigen, linkerseits in der Mantelhohle gelagerten Vorsprung fort (Fig. 478. g)7 oder mündet an der Basis einer solchen Papille nach aussen. In welcher Weise bei vielen Gephalopoden einzelne Arme in functionelle Verbindung mit dem Geschlechtsapparate treten, ist oben 254) erwähnt.

Die bei den Gasteropoden , wie bei andern Abtheilungen meist ver- einzelt vorkommende Erscheinung der Spermatophorenbildung, ist bei der ganzen Classe der Gephalopoden die Regel geworden und erreicht hier ihren vollkommensten Grad. Im Allgemeinen stellt ein solcher Samenschlauch ein langes cylindrisches Gebilde vor, an welchem mehrere Hüllen zu unterscheiden sind. Der Inhalt wird nur zum Theile aus Samen- masse gebildet, denn in jedem Spermatophor findet sich noch eine eigen- thümliche, den hinteren Abschnitt einnehmende Substanz, die wir als explodirende Masse bezeichnen können. Das Sperma wird von einer besonderen Hülle schlauchförmig umgeben und findet sich im vorderen Abschnitte des Sperma tophors. Dahinter liegt das vordere, stempeiför- mige Ende eines langen , spiralig aufgewundenen Bandes , welches einen grossen Abschnitt des Spennatophors durchzieht und am hinteren Ende in die äusseren Hüllen übergeht. Die Substanz dieses Spiralbandes ist die explodirende Masse. Mit Wasser in Berührung gekommen , beginnt das Spiralband sogleich sich zu strecken und treibt den samenumschlies- senden Abschnitt zum Vorderende des Spennatophors hervor.

Achter Abschnitt.

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Tunioaten.

Allgemeine Uebersicht.

§ 299.

Indem wir der früher aligemein den Mollusken zugerechneten Ab* iheilung der Tunicaten den Werth eines besonderen Thierstammes zur theilen, setzen wir damit die bedeutenden Eigentümlichkeiten der Orga- nisation dieser Thiere in ihr Recht. Diese Eigentümlichkeiten entfernen sie nicht nur gründlich von allen Gassen der Mollusken , sondern auch von den übrigen Thierstflmmen , wenn auch zugestanden werden mus8, dass einige, freilich nur entfernte, Beziehungen zu manchen Würmern, den Enteropneusti, bestehen, und dass nicht minder verwandtschaftliche Verhältnisse mit niedersten Vertebraten unschwer zu erkennen sind. Auf diese Beziehungen wird bei jenen zurückzukommen sein , und hier sei nur bemerkt, dass der Mangel einer klar ausgesprochenen Metamerie des Körpers einen Anschluss an die Vertebraten nicht gestattet, wie auch im-* mer Andeutungen einer Bildung von Folgestücken an einzelnen Körper-r- theilen bestehen mögen.

In der Lage der wichtigsten Organe und ihrem primitiven Verhalten prägen sich die Beziehungen zu den Vertebraten am deutlichsten aus. Das Nervensystem nimmt eine dorsale Lage ein. Darunter befindet sich der Darm, dessen vorderster Abschnitt zugleich alsAthmungsorgan fungirt. Ein nur einer Abtheilung im ausgebildeten Zustande zukommender, bei anderen im Larvenstadium bestehender beweglicher Anhang des Körpers enthält das Stützorgan, welches mit dem primitiven Axenskelete der Ver- tebraten grosse Aehnlichkeiten besitzt. Als fernerer allgemeiner Charakter kann auch die hyaline Körperhülle gelten, die als »Mantel« oft eine be- deutende Mächtigkeit erreicht.

Die einzelnen Abtheilungen sind : Copelata 1j.

(Appendiculariae). Oikopleura, Fritillaria.

1) Die vorgenommene Trennung in zwei Gassen hat nach deren Bezeichnung den Besitz oder den Mangel eines Ruderschwanzes zur Grundlage. Ich habe das bei-

Literatur. 41 1

Acopa.

1) Ascidiae.

Simplices.

Cynthia, Phallusia, Molgula. Sociales.

Ciavellina. Compositae.

Aroarroecium, Botryllus.

2) Luciae.

Pyrosoma. 8) Cyclomyaria.

Ooliolom. 4) Thaliadae.

Salpa.

Literatur.

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behalten , ohne jedoch auf jenes Merkmal einen Werth zu legen, der ihm nicht zu- kommt; denn auch bei den Acopa besitzen die Larven mancher jenes Ruderorgan. Viel tiefer ist die Scheidung beider Abtbeilungen nach dem Verhalten der Spiracula. Bei den Copelaten öffnen sich diese nach aussen. Bei den Acopen sind sie in einen Raum geöffnet, der aus einem Theile der Anlage der Copelaten -Spiracula hervorgeht. Das ist das wesentlichste Charakteristikum.

412 II. 8. Tunicaten.

Körperform.

§ 300.

Die Körperform der Tunicaten erführt in den einzelnen Abtheilungen so bedeutende Modificationen , dass diese Zustände, in ihren extremen Befunden betrachtet, kaum verwandt zu sein scheinen. Bei den Cope- laten , den bis jetzt bekannten niedersten Tunicaten , bietet der Körper zwei Abschnitte dar, der eine enthält die wichtigsten Organe, indess der andere einen bedeutend verbreiterten und langen beweglichen Anhang, den Ruderschwanz, vorstellt. Den vorderen Körperabschnitt nimmt der Tractus intestinalis, sammt seinem zur Athem höhle umgewandelten Ab- schnitte ein. Der Darm öffnet sich mit dem ventral gelegenen After nach aussen. Zwei Spalten durchbrechen von der Athemhöhle her die Körper- wand. Im Ganzen herrscht eine bilaterale Symmetrie und demzufolge sind zwei Antimeren unterscheidbar. Der bei den Gopelaten ventral an- gefügte Schwanztheil des Körpers setzt sich ziemlich scharf vom Vorder- theile ab, und gewinnt dadurch mehr das Ansehen eines blossen Anhanges. Wie die früheren Stadien dieses Verhalten darstellen . muss abgewartet werden.

Eine diesem Zustande nahe stehende Form besitzen die Larven der Ascidien, bei denen der Schwanz einfach eine Verlängerung des aboralen Körperendes bildet , und darin scheint vielmehr ein ursprünglicher Be- fund sich auszusprechen. Ein ähnlicher Fortsatz kommt auch bei Jungen von Doliolum vor, wodurch auf eine allen Tunicaten gemeinsame Ab- stammung von solchen, mit einem schwanzartigen Körperabschnitte ver- sehenen Formen hingewiesen wird. Bei Doliolum wird mit der Ausbil- dung des Schwimmvermögens durch Modification der Athemhöhle etc. das Ruderorgan rückgebildet. Bei den Ascidien geht die Freiheit der Bewe- gung unter Rückbildung des Ruderorgans verloren. Die ausgebildeten Thiere haben eine festsitzende Lebensweise angetreten. Bei grösserer Complication der Structur des Organismus erscheinen die äusseren Ver- hältnisse einfacher. Der schlauchförmige Körper bietet zwei einander ge- näherte Oeffnungen. Die Eingangsöffnung entspricht jener der Copelaten. Eine zweite Oeffnung führt in einen als Cloake erscheinenden Raum , der durch eine von den primären Athemspalten ausgehende Umbildung ent- stand. Diese Verhältnisse gelten auch für die höheren Abtheilungen, von denen die Cyclomyarier und Thaliaden als schwimmende, durch die Action ihrer Körperwand sich fortbewegende Organismen erscheinen. Der im Allgemeinen cylindrisch gestaltete Körper besitzt an einem Pole seiner Längsaxe die Eingangsöffnung , die aus der Cloake führende Oeff- nung ist an den aboralen Pol gerückt.

§ 304.

Complicationen der äusseren Erscheinung der Tunicaten treten mit der bei ihnen sehr verbreiteten ungeschlechtlichen Fortpflanzung auf,

Körperform. 41)

welche Thierstöcke hervorgehen tatest. Die Sprössung bildet den Grundprocess. Er herrscht bei den Acopa. Bei manchen Asoidien sprosst vom Kdrper des ausgebildeten Thieres ein neues hervor, indem ersterer einen Ausläufer (Stolo) entsendet , der aus Formeleroenten des Ectoderms und Entoderms des Mutterthieres gebildet wird. Daraus differenart sich allmählich ein dem Mutterthiere gleichartiger Organismus. So entstehen Golonien von Ascidien (Asoidiae sociales) . Bei Anderen erscheint dieser Vorgang in seine einseinen Stadien zusammengezogen sehr frühzeitig, und dann sprosst an der Körperanlage einer Ascidle eine zweite hervor Didemnum). Dadurch erscheinen zwei Personen mit einander verbunden. Hieraus leiten sich jene Zustande ab, in denen das festsitzende Junge eine Mehrzahl von Personen hervorgehen Iflsst (Botryllus) . Es folgen sich hier mehrere Generationen, die alle aus Sprossung entstehen. Aus der ersten geht eine Knospe hervor, die wie bei Didemnum zwei Personen sprossen lässt, aus denen dann wieder je vier entstehen. Nach dem Untergange des Mutterthieres stehen die acht Sprösslinge durch die Cloake unter ein- ander in Zusammenhang, und bilden eine rosettenftrmige Gruppe. Solche und ähnliche Vorgange produciren jene Thierstöcke, welche die A.compo- sitae vorstellen. Die Vereinigung der einzelnen Gruppen geschiebt durch ein dem Integumente angeböriges Gewebe, welches an den einzeln leben- den Personen den sogenannten »Mantel« (äusseren Mantel] darstellt.

Durch besondere Gruppirung bilden die Personen der Luciae zapfen- förmige Stocke. Die Wand des hohlen Zapfens wird von den ascidien- artigen Personen und deren gemeinsamer Umhüllung gebildet. An der Aussenfläche des Zapfens finden sich die Eingangsöffnungen , denen ge- genüber, in den Binnenraum des Zapfens mündend, die Auswurfsöffnun- gen stehen. Die Vermehrung der Personen des Stockes erfolgt durch Sprossung. Die Bildung neuer Thierstöcke wird durch die geschlechtliche Vermehrung vermittelt. Aus dem Eie entsteht ein Embryo, an welchem wieder vier Personen hervorsprossen. Sie bleiben vom Mantel des ersteren umhüllt, und reprttsentiren nach ihrer Geburt einen neuen Thierstock.

Indem die aus einem Eie hervorgegangenen Personen bei den zusam- mengesetzten Ascidien niemals Geschlechtsorgane entwickein, da diese vielmehr erst bei den durch Sprossung entstandenen Personen sich bilden, ergibt sich hier die als Generationswechsel bekannte Erscheinung.

Was bei den Ascidien vom Körper ausgebende Fortsätze leisten , be- sorgt bei den Gyclomyariern und Thaliaden ein besonderes Organ : der Keimstock (Stolo prolifer). Er besteht auch bei den Luciae, aber in geringerer Leistungsfähigkeit. Bei den Cyclomyariern erscheint er als ein meist von der dorsalen Körperfläche nahe an der Auswurfsöffnung entspringender Fortsatz ; bei den Salpen wie bei den Pyrosomen entsteht er ventral, und bietet nur anfänglich übereinstimmende Momente dar, um, anstatt nach aussen vorzusprossen , auf verschiedene Weise sich innerhalb eines meist in der Nabe des Darmes gelegenen Hohlraumes zu lagern. Auch in seiner Beziehung zur Knospung ?erhttlt sich der Keim-

414

II. 8. TuQtoateo.

stock der Salpen verschieden von jenem bei Doliolum. Bei letzterem sprossen am Keimslocke reihenweise angeordnete, zuweiten sogar dimorphe Knospengeneralionen, welche mit dem Keimstocke durch kurze Fortsätze hn Zusammenhange sieben. Bei den Salpen entstehen gleich- falls am Keimstocke Sprossen, aber jede derselben umfasst mit ihrer Basis die fJnlfte des Umfangs des ersleren, 90 dass bei der Bildung von zwei Reihen solcher Sprossen, das Material des Keimstockes selbst in den Kör- per der letzteren Übergeführt wird. Die Reife der kettenförmig unter einender verbundenen jungen SprOsslinge (Fig. 205. n) gebt demzufolge mit einer Auflösung des betreffenden Kehnslockabschniltes einher.

Fig. 2». Ungut

Fig. 107. Gescilechllicn* Form yun 8.1p. pinn.Li (Kett*nfoml. 1 YflrbErjdnngs impfen, a EingiügBÖffnoug 6 AoHmrtiCDniiog, r Ganglion, d Xitur.s. / Heu. 1 Binrk- fnreho. r Lebtrichliach. flu Embrjo mit Embrra»!- nrgini.ii. (Beide Figuren nnch C. Vogt.!

Diese Einrichtung führt zu einem » Generationswechsel «, indem die mit solchen Keimslöcken ausgestatteten Formen stets geschlechtslos blei- ben. Aus der Verblei chung der hier stattfindenden Vorgange mit jenen bei Ascidien ergeben sich in jenen Keimstöcken proliferirende Aus- läufer, ahnlich wie bei den Ascidiae. Ein solcher Auslaufer ist hier auf eine bestimmte Korperslelle beschränkt. Bei Pyrosoma ist ein in denHantel gerichteter Keimstock vorbanden, an dem je nur eine einzige Knospe sich bildet; daneben bestehen noch Geschlechtsorgane. Es kann also nicht daran gedacht werden , dass der Keimslock zum Gesohlechtsapparat ge- bort. Bei den Salpen und Doliolum bilden die Keimstocke im Gegensätze EU Pyrosoma reiche Generalionen von Knospen. Damit trifft aber der ÜUangel des Geschlechtsappnrates zusammen , der als ruckgebildet zu betrachten sein wird. Diese sexuelle Rückbildung ist aus der Entfaltung des reichen Sprossungsprocesses am Keimslocke ableitbar. Bei den Salpen sind die Abkömmlinge der ungeschlechtlichen Generation stets

Integwfteut. 415

gttcMecMieb entwickelt , und so entsteht eine reine «alternatio genera- tfensMy indes« bei DoKelum die »geschlechtliche Fortpflanzung ersl nach Mehrfache» ketmaftocktragenden Generationen erschöpft wird. Dennoch «tthert sieh da» Verhalten der Cydomyarier mehr der ursprünglichen Aseidienknoepnng ; sowohl dorch den äusstfrlichen Keimstock, als durch die Art der Verbindung der Sprossen orit dem Keimstodke. Der innere Keimstock der Salpen dagegen entfernt sich ebenso durch seine Lagerung Yen dem Ausgangspunkte, wie durch den Verbrauch des Keimetock- matesials durch die Sprossen.

Integument.

§ 308.

Die Körper hülle der Tunicaten wird im primitivsten Zustande durch eine aus dem Ectoderm gebildete Zellenschichte vorgestellt. Sie beharrt in diesem Befunde bei den Copelaten, bei denen sie sogar, wenigstens theil weise, die Körperwand zu repräsentiren scheint. Die abgeplatteten Zellen bilden hier eine einzige Lage. Dieses einfache Verhalten macht in den höheren Abtheilungen einer Complication Platz , indem es sich nur vorübergehend in früheren Entwickelungsstadien vorfindet. Eine von den Zellen des Ectoderms abgesonderte Schichte bildet eine den Körper um- schliessende, als »Hantel« bezeichnete Hülle. Diese Erscheinung ist nicht gänzlich unvermittelt, denn es ist bei manchen Copelaten bereits ein Vor- läufer dazu nachzuweisen. Die Zellen in der Umgebung der Eingangs- Öffnung erreichen nämlich bedeutende Dimensionen und secerniren eine schleimige, aber mit der Bildungsstätte zusammenhaftende Substanz, welche, in bedeutender Menge gebildet, allmählich ein den Körper mehr oder minder vollständig umgebendes, napfförmiges Gebilde von relativ beträchtlichem Umfange vorstellt. Es ist von älteren Forschern als »Haus« beschrieben worden, und fungirt als Schutsorgan des Körpers (Oikopleuraj .

Die hier nur an einer beschränkten Stelle der Körperoberfläche, sich äussernde secretoriscbe Thätigkeit ist bei den übrigen Tunicaten auf die gesammte Oberfläche ausgedehnt. Ihr Product bildet den äusseren Mantel , der in seinen einfachsten Befunden den Cuticularbildungen sich anschliesst. Indem vom Ectoderm her Fortnelemente in ihn eintreten, reiht sich das damit entstandene Gewebe den Bindesubstanzen an. Diese anfänglich homogene Schichte wird damit zu einer Intercellularsubstanz. Die in ihr befindlichen Zellen bieten sehr verschiedene Verhältnisse. Häufig erhält dieser Mantel das Uebergewicht über alle anderen Organe, und zeigt sich bei einer gewissen Rigidität auch als Stützorgan für die umschlossenen Theile. Die Consistenz dieser Hülle variirt von gallertiger Weichheit bis zu knorpelartiger Härte. Sie ist meist glasartig durchschei- nend, bei Asoidien nicht selten auf mannichfache Art gefärbt. Complica-

416 II- Tunicaten.

tionen der Mantelstructur entstehen durch Blutgefässe, die ihn bei man- chen Ascidien (Phallusia) in grosser Anzahl durchsetzen. Eigentümlich ist die Umbildung des Mantels zu zwei nach Art der Lamellibranchiaten-» Schale beweglichen Klappen, die sich zu öffnen und zu schliessen im Stande sind (Chevreulius) . Bei den Stöcke bildenden Formen ist diese Mantelschichte allen Personen gemeinsam, indem sie dieselben zusammen umschliesst.

Während mit der Mantelbildung die Differenzirung anderer Organe des Integumentes zurückgedrängt wird, kommt es bei den Gopelaten zur Bildung von mancherlei anderen Integumentalorganen , einzelligen Drü- sen, haarartigen Fortsätzen etc. Aus dem Ectoderm geht auch ein Zellenhaufen hervor, der paarig in der Nähe der Eingangsöffnung gelagert bei den Pyrosomen das Leuchtorgan vorstellt.

Hertwig, 0., Ueber den Bau und die Entwickelung des Tunicatenmantels. Jenaische Zeitschr. Bd. VII.

Skelet.

§303.

Bei der Mehrzahl der Tunicaten fungirt der Mantel durch seine Rigi- dität als Stützorgan des sonst weichen Körpers. Ausserdem treffen wir aber noch ein besonderes Organ von grösserer morphologischer Wichtig- keit. In dem schwanzartigen Ruder der Appendicularien besteht nämlich ein bis zum Vorderkörper des Thieres sich fortsetzendes Axenorgan. Es wird aus Zellen gebildet, die einen von continuirlicher Scheide umgebe- nen , ziemlich resistenten , aus homogener Substanz bestehenden Strang abscheiden, dem sie später noch in Resten auflagernd getroffen werden. Dieser Strang wirkt durch seine Elasticität, indem er den durch die Mus- kelaction bewegten Ruderschwanz in seine frühere Stellung bringt. Ein solches Axenorgan (Fig. 208 ch) erhält sich bei allen jenen Tunicaten- larven, welche den beweglichen Ruderschwanz besitzen, somit bei Asci- dien und Cyclomyariern. Mit dem Schwänze geht es verloren. Seine Lagerungsbeziehungen lassen in der Chorda dorsalis der Wirbelthiere ein Homologon erkennen, wir dürfen daher auch dieses Gebilde als Chorda bezeichnen.

Muskelsystem.

§ 304.

Die Verbreitung der Muskulatur ergibt unter den Tunicaten sehr verschiedene Verhältnisse. DieCopelaten besitzen nämlich nur am Ruder- schwänze eine ausgebildete Muskelschichte mit longitudinalen Zügen. Sie zerfällt in ein verschieden breites dorsales und ein ventrales Band, von beiden genannten Seiten her die Chorda bedeckend. Am vorderen, die Eingeweide bergenden Abschnitte des Körpers fehlen Muskeln gänzlich.

Nervensystem. 417

Unter den Ascidien bildet die Muskulatur einen unterhalb der Ecto- dermschichte liegenden Schlauch, der bei Cynlhia in mehrere durch den Faserverlauf unterscheid bare Lagen gesondert ist. Bei andern ist die Muakelschichte schwacher, aus sich durchkreuzenden Zügen zusammen- geseilt (A. compositae) . Den Pyroaomen kommen nur um die Ein- und Ausgangsoffnung des Körpers Muskeln zu. In einzelne isolirt verlaufende Riagböoder ist die Muskulatur bei Cyclomyariern aufgelöst , und bei den Satpen bildet sie gleichfalls Beifen, die aber theilweise unter einander in Zusammen hang stehen. Diese Reifenbildung entspringt der Differenzirung einer anfänglich continuirlichen Muskelschichle. In dieser auftretende Lucken werden allmählich grosser, woraus die Auflösung der Schichte in die einseinen Reifen hervorgeht. An Eingangs- und Auswurfsöffnung erscheint die Muskulatur auch bei den Ascidieti in vorwiegend ringför- miger Anordnung und hat die Bedeutung eines Sphincter.

Die Formelemente der Muskulatur sind quergestreift.

Nervensystem.

§ SOS.

Der centrale Apparat dieses Organsystems besiut bei allen Tunioaten eine dorsale Lage und geht, nach den bei Ascidien und Salpen bekannt gewordenen Verhältnissen, aus einer Differenzirung des Eclodertns hervor. In den allgemeinen Beziehungen der Lage ergeben sich Ueber- e in Stimmungen mit niederen Würmern. Die Einsenkung des Ectoderms bildet einen eine Zeit lang offenen Schlauch , der sich abschnürt und bei Ascidienlarven (Molgula) in einen auf den Schwanz sich erstreckenden Strang fortsetzt (Fig. 208. »). Ein Cenlralcanal durchsetzt den letzteren,

Vif. 20*. Aiailiaiiainbijo sit um »isla Titila dt« Schvui» C. K Xamicutm, niH *1m Btkl*

N' bildend, biulan In h, tinen Harrnitrug, fort(n«tit. 0 An|*. a Q*Untgna. f Anl»g< dii

Klamenböbla , i dai Bnni, odtiMudu. r* Chorda. (Nach Kurrrn.)

und ist in die grossere vordere Masse f.V) verfolgbar. Eine Scheidung der letzteren in drei aufeinanderfolgende, durch ungleiche Verdickung der Wand des Schlauches gebildete Abschnitte, davon der vordere bei Ascidien und Salpen mit der Genese des Sehorgans in Zusammenhang

Gll*sfa*nr, Urnndiiii t. raff), Anatomie. 2. Aal. )7

418 II. 8. Tunicaten.

steht, ist auch hei den Copelalen angedeutet, bei denen die bei Ascidien- larven gegebene Anlage eine weitere und bleibende Ausbildung erfährt. Wir treffen dann das Nervensystem aus einem vorderen länglichen Ganglion (Fig. 209. n) gebildet, welches drei Anschwellungen aufweist (App. flagellum) , nach hinten in einen Strang [n] zur Basis des Schwan- zes sich fortsetzt, und längs desselben bis zum Ende der Chorda verläuft. An der Basis des Schwanzes liegt eine Ganglienanschwellung im Verlaufe des Stranges, und dieser folgen noch zwei andere (A. furcata). Die erstere scheint die constantere zu sein. Diesen, wie bei Ascidien her- vorgeht, in der Anlage con tinuirlichen Apparat werden wir als Centralorgan beurtheilen müssen, zumal er bei Copelaten vom vordem Ganglion bis zum Ganglion an der Schwanzbasis einen Canal einschliesst. Die centralen Elementartheile sind aber nicht gleiehmässig vertheilt, sondern bilden eben die Ganglien, zu welchen sich die übrigen Strecken des Stranges als Längscommissuren verhalten. Die Fortsetzung des Nervenstammes am Schwänze liegt links von der Chorda, wenn man die beiden Flächen des Schwanzes, wie die Beziehung zum übrigen Körper verlangt, als dorsale und ventrale deutet. Diese Asym- metrie kommt bei Ascidienlarven erst später oder gar nicht zur Ausbil- dung, sodass ein dorsal verlaufender Nervenstrang als pri- mitiver Zustand angenommen werden darf. Die Form dieses Nerven- centrums ist demnach eine höchst beachtenswerthe , die bei keiner an- dern Abtheilung der Wirbellosen repräsentirt ist, da bei diesen alle Fort- setzungen der centralen Organe ventralwärts stattfinden.

Peripherische Nerven treten vom vordem Ganglion ab, seitlich um die Eingangsöffnung der Kiemenhöhle sich verzweigend. Andere treten nach hinten zu der Spiracula. Am Schwänze gehen von den Ganglien Nerven ab, wie auch bei Ascidienlarven solche am Caudalstrange beob- achtet sind, und terminal trifft sich eine allmähliche Verzweigung.

§ 306.

Die Rückbildung des Schwanzes oder dessen gänzliches Fehlen ruft im Connexe mit der Ausbildung der vorderen Körpertbeile durch die Kie- menentfaltung eine Veränderung des Nervencentrums hervor. Bei den Ascidien scheint der caudale Abschnitt sammt dem Nervenstamme zu schwinden und bei Pyrosomen und Salpen beschränkt sich die Anlage nur auf den vorderen Theil , der um so voluminöser sich darstellt. Die noch bei Salpen bestehende Anlage dreier blasenartiger Abschnitte weicht einer einheitlichen Ganglienmasse. Die Ascidien besitzen dieselbe zwi- schen Eingangs- und Auswurfsöffnung (Fig. 21 0n), und die homologe, dem Rücken zugehörige Stelle besitzt es auch bei den übrigen Acopa. Während der Abgang peripherischer Nerven bei den Ascidien sich mehr auf den vorderen und hinteren Abschnitt des nicht selten länglichen Ganglions beschränkt, treten bei den Cyclomyariern und Pyrosomen auch von den

Sinnesorgane. 419

Seiten Nervenäste ab , und bei den Salpen strahlt das Ganglion ringsum zahlreiche Nerven aus.

Die Anordnung des ganzen Apparates entfernt sich weit von dem der höheren Würmer, der Gliederthiere und Mollusken, um erst bei den Vertebraten wieder Anschlüsse erkennen zu lassen , welche dort hervor- zuheben sind.

Sinnesorgane.

§ 307.

Als Sinneswerkzeuge indifferenter Natur, vielleicht dem Tastsinne dienend , sind im Integumente mancher Tunicaten (Salpa) Nervenenden darstellende Zellen beschrieben. Von solchen Zellen erstrecken sich fadenförmige- Fortsätze nach der Oberfläche, z. B. an die Zacken der Eingangsöffnung von Doliolum, und an den Rand derselben Oeffnung der Salpen. Die vielen Ascidien zukommenden Fortsatzbildungen, welche um die beiden' Körperöffnungen stehen, sind wohl ebenfalls Träger von sol- chen Sinnesorganen.

Ein differenzirteres Sinnesorgan ist die sogenannte Flimmer- grube, welche an der der Kiemeuhöhle zugekehrten Fläche des Gan- glions sich bildet (Salpen, Pyrosomen) und bei allen Tunicaten mit dem Nervencenlrum in einem sehr frühzeitig gewonnenen Zusammenhang bleibt, wenn sie auch etwas vor dem Ganglion sich lagert. Durch Erhebung der Ränder dieser der Athemhöhle zugekehrten Grube kommen mancherlei; sogar gestielte Formen zu Stande, und Buchtungen der Grube rufen Mo- dificationen anderer Art hervor. Die Bedeutung dieses mit Geisselzellen ausgekleideten Organes dürfte die eines Riechorganes sein, oder doch eines Organes, dem die Prüfung des in die Athemhöhle gelangenden Was- sers zukommt.

Mit grösserer Bestimmtheit sind Sehorgane zu unterscheiden. Sie sind sowohl bei Larven von Ascidien, wie bei Pyrosomen und bei Salpen beobachtet. Sie entstehen in dem vorderen blasenartig erweiterten Theile des Centralnervensystems (Fig. 208 N') und zwar am dorsalen Abschnitte der Wand dieser Blase. Eine in die Wand eingesenkte dunkle Pigmentmasse trägt einen halbkugeligen lichtbrechenden Körper, über den noch ein zweiter gestülpt ist. In der Umgebung der Pigmentmasse sind die Zellen radiär zu Ihr angeordnet und repräsentiren so einen zum Auge gehörigen Abschnitt des Centralnervensystems (z. B. A. mentula, Fig. 208 0). Wahrscheinlich sind Fortsätze jener radiären Zellen in die Pigmentmasse eingesenkt, und gegen den dieser aufsitzenden lichtbrechen- den Körper gerichtet. Bei den Pyrosomen erscheint das Sehorgan wie ein Abschnitt des Ganglions, ein pigmentumhttllter Vorsprung. An einer pig- mentfreien Stelle des letzteren liegt gleichfalls ein mehrschichtiger licht- brechender Apparat.

/

420 II. 8. Tunicaten.

Obschon ebenfalls dem Ganglion aufsitzend erscheint das Auge der Salpen bedeutender erhaben , und dabei in mehrfache Abschnitte geson- dert. Ob hier derselbe Typus vorliegt, wie bei den Larven der Ascidien ist noch nicht sichergestellt.

Hörorgane sind bei den Copelaten, Cyclomyariern und manchen Ascidienlarven bekannt. Bei ersteren liegt ein mit einem Otolithen ausge- stattetes Bläschen der linken Seite des vorderen Ganglions angeschlossen, und hat an seiner Wandung feine, den Otolithen fixirende Härchen er- kennen lassen. Gleichfalls linkerseits aber in grösserer Entfernung vom Ganglion liegt ein solches Bläschen bei einer Generation der Gyclomyarier. Ein Nerv tritt vom Ganglion an das Bläschen heran. Bei Ascidienlarven ist in dem die Augenanlage bergenden Binnenraume des Ganglions gleich- falls das Vorkommen eines Otolithen beobachtet, der durch feine Härchen getragen wird (Fig. 208 o) .

M. Ussoff, Beitr. z. Kenntniss der Organisation der Mantelthiere. Bericht der K. Ges. der Freunde der Naturforschung. Moskau 1876. (Russ.)

Darmcanal.

§ 308.

Dieses Organsystem bildet den für den Tunicatenstamm eigentüm- lichsten Theil des Körpers , der gegen die meisten übrigen Abtheilungen des Thierreiches eine scharfe Grenze ziehen lässt. Jene Eigentümlichkeit liegt in der Ausbildung der vordersten Darmstrecke zu einem Athem- organe , ähnlich wie wir es bei den Enteropneusten unter den Würmern sahen. Das aufgenommene Wasser fuhrt also nicht blos Nahrungsstoffe herbei , sondern dient auch zur Respiration , wobei es durch besondere, die Wand dieser Darmstrecke durchbrechende Oeffnungen (Spiraculaj seinen Ausweg findet. Dabei bestehen eigentümliche, die Zuleitung der in die Athemhöhle eingetretenen Nahrungsstoffe zu dem Anfange des eigentlichen Darmrohrs fördernde Einrichtungen. Die Anlage des ge- sammten Darmes erfolgt durch das Entoderm , welches jedoch zuerst nur die Anlage des respiratorischen Abschnittes vorstellt, von dem aus erst secundär der eigentliche Darm hervorsprosst. Wir betrachten daher diese beiden Abschnitte des ursprünglich einheitlich angelegten Darmcanals ge- sondert von einander, zumal bedeutende Modificationen der Athemhöhle auch auf die Körperform modificirend einwirken.

Respiratorische Vorkammer (Kiemenhöhle).

§ 309.

Die einfachsten , bei den Copelaten bestehenden Einrichtungen müs- sen zum Ausgangspunkte dienen. Die einer Mundöffnung homologe Ein- gangsöffnung (Fig. 209 o) nimmt den vordersten Körpertheil ein, und

Respiratorische Vorkammer (Kiemen b Ob)«). 421

fuhrt hi einen rasch sich erweiternden, auf dem Querschnitte dreieckig

gestalteten Hanoi (k) . Die breitere Ventralflache ist abwart« etwas vorge-

buchtet, so dass so ihren Seiten zwei Rinnen sich bilden. Diese senken sich je nach einem röhrenförmigen Fortsätze hin , welcher ventralwBrts die Körperwand durchbricht [&'), und eine Kiemenöunung (Spiraculum) vorstellt. Die dorsale Fortsetzung der Alhemhtihle verlängert sich ohne scharfe Abgrenzung in den Anfang des eigentlichen Darmes (i) .

Die beiden zur Aasleitung des Wassers dienenden Kieme Hoffnungen sind cylindrische Röhren , die ans einer Ausstülpung der die Athemhöhle bildenden Wandung und einer ihr entgegenkommenden Einstülpung der äusseren Körperwand hervorgehen. Ein Ring von Wimperzellen halt die Röhren besetzt, und erzeugt einen Wasserstrom, der, willkürlich, bald von dem Hunde durch die Athemhöhle und die Spiracula nach aussen, bald in umgekehrter Richtung von aussen durch die Spiracula und den Pharynx nach dem Hunde bewegt wird. Hund und Spiraculum dienen somit hier sowohl als Eingangs- wie als Auswurfsöffnung für das Wasser.

An der ventralen Flache der Athemhöhle findet sich eine tiefe, mit schmaler Spalte gegen die Athemhöhle geöffnete Rinne, die Bauch- rinne (e). Vorne geben zwei den Eingang der Höhle umziehende und dorsalwBrts tretende Wimperstreifen {/") davon aus , welche Bildungen sfimmtlich mit der Nahrungsaufnahme in Connex stehen.

§ 310.

Die Anlage der Kiemenböble oder des Kiemendarmes Usst bei den Acopa hochgradige Differeniirungen ausgehen, welche mit dem Verhalten der Copelaten im Einklänge stehen. Wie bei diesen zwei Aussackungen sich bildeten , welche erst seeundar durch Einwachsen des Ectoderms nach aussen in Communicnlion treten, so entstehen bei den Ascidien zwei laterale Schlauche durch Abschntlrung von dem Kiemendarme. Sie

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422

11. 8. Tunicaten.

communiciren eine Zeit lang mit dem letzteren , sondern sich alsdann von ihm, und umwachsen dorsalwärts sich ausbreitend die Wandung des- selben, bis sie sich unter einander vereinigen. Damit findet sich um die Kiemenhöhle ein vom Lumen jener Schläuche gebildeter Raum, der Peri- branchialraum (Perithorakalraum der Autoren). Eine Einsenkung der Oberfläche des Leibes nähert sich der Verbindungsstelle der beiden Hälften des Peribranchialraumes , und bildet nach geschehenem Durch- bruch eine Gommunication nach aussen , die Auswurfsöffnung. Ventral persistirt die Trennung der beiden Räume. Mit der Vereinigung der bei- den , die Kiemenhöhle umwachsenden Schläuche und der äusseren Ein- senkung wird auch die Afteröffnung in den Bereich dieses Raumes gezogen. Dieser Abschnitt bildet dann die Gloake (Fig. 240. c/). In der Wandung der Kiemenhöhle entstehen Durchbrechungen nach dem Peribranchial- raum, Kiemenspalten, welchen somit eine ganz andere Bedeutung zu- kommt, als den beiden primären Spiracula.

Allmählich bildet sich die ganze Wandung der Athemhöhle zu einem Gitterwerk um, dessen feine, in Reihen geordnete Spähen von Wimpern umsäumt sind. In den Stäben des Gilterwerks verlaufen Blutbahnen.

Das durch die Eingangsöffnung einströmende Wasser tritt durch die Spalten in den durch das Auswachsen der vorerwähnten Schläuche gebil- deten Peribranchialraum, von wo es zur Cloake, und von da zur gemeinschaftlichen Auswurfs- öffnung geleitet wird. Bei den zusammenge- setzten Ascidien sind die Auswurfsöffnungen einer Anzahl von Individuen zu einer gemein- samen Höhle vereinigt, so dass jede dieser Thier- gruppen eine einzige im Centrum gelegene, von den Eingangsöffnungen umgebene Auswurfs- öffnung besitzt.

Der Eingang in die Athemhöhle wird beson- ders bei den Ascidien von Tentakelbildungen um- geben, die theils äusserlicbe Fortsätze vorstellen, theils entfernter vom Eingange angebracht sind, und gegen die Oeffnung gerichtet werden kön- nen. Das Gitterwerk der Kieme bietet theils in der Anordnung der es zusammensetzenden Stäbe, theils in der Form und Zahl der Spalten reihen ausserordentliche Verschiedenheiten, sowie auch Vorsprünge mannichfacher Art, die bald leistenförmig, bald in Form von Papillen von ihm ausgehen , und durch anastomosirende Fortsatzbildungen zahlreiche Gomplicationen hervor- rufen. Am auffallendsten sind die bei Ascidien und Pyrosoraen vorkom- menden zungenförmigen Fortsätze (»Languets«), welche in einer dorsalen Längsreihe stehen. Ihnen gegenüber liegt die bereits oben erwähnte »Bauchrinne«.

Fig. 210. Schema einer A s c i - die. o Eingangsöffnung. k Kie- menböhle. c Bauchrinne, n Ganglion, d Darm, cl Cloake. g Geschlechtsorgan.

Respiratorische Vorkammer (Kiemenhöhle). 423

Die Kiemenböhle der Ascidien ist nach dem Geschilderten ein bezüg- lich des flaues seiner Wandung von jenem der Appendicularien sehr ver- schiedenes Organ, das erst in Folge zahlreicher Umformungen sich bildete.

Dasselbe gilt im Wesentlichen für die übrigen Acopa. Die sonst den Ascidien sehr nahe stehenden Pyrosomen zeigen die aborale Lage der Gloakenöffnung in Zusammenbang mit der Anordnung der einzelnen Per- sonen in den einen hohlen Zapfen darstellenden Stocken. Die in der Wandung eines solchen Zapfens vertheilten Einzelthtere ragen mit der Eingangsöffnung an der Aussenflache vor, indess die Cloaken in die Höh- lung des Zapfens sich Offnen, dessen an einem Ende angebrachte Aus- mündung somit als gemeinsame Oeffnung sämmtlicher Cloaken fungirt.

Bei denCyclomyariern bietet der im ausgebildeten Zustande tonnen- förmige Körper einen weiten Binnenraum dar. Die schräg diesen Raum durchsetzende Kieme, eine von Spaltenpaaren durchbrochene Membran , theilt diesen Binnenraum in einen vorderen und hinteren Abschnitt. Der vordere ist die Kiemenhohle , in welche die Eingangsöffnung führt, der hintere Raum , gegen welchen auch die Eingeweide von der Leibeswand her vorragen, stellt die Cloake vor, und entspricht dem bei den Ascidien um die primitive Kiemenhohle her eingewachsenen Räume. Aehnlich verhalten sich die Salpen. Die Kieme ist jedoch hier vollständiger von der Wand der Kiemenhöhle abgelöst und stellt einen vorne von der Dorsal- wand der AthemhOhle schräg nach hinten zur ventralen Wand ziehenden Balken vor (Fig. 212 frr), zu dessen beiden Seilen die Atbemhöhle mit dem hinteren eine Cloake repräsentirenden Räume in weiter Communica- tion steht. Die hiervon ausgehende Auswurfsöffnung erscheint mehr in dorsaler Lage, nicht selten röhrenförmig verlängert Fig. 212 6). Bei der hier bestehenden Reduction der Kieme auf jenen Balken kommt es nicht zur Ausbildung von Kiemenspalten , und das in die Kiemenhöhle aufge- nommene Wasser strömt seitlich an dem medianen Kiemenbalken vorüber in die Cloakenhöhle.

Die Wasseraufnahme und die Entfernung des Wassers aus dem Kör- per steht bei Cyclomyariern wie Thaliaden in enger Beziehung zur Lo- comotion. Diese ist also hier an die Athmung geknüpft, wobei die Lage der Eingangs- und Auswurfsöffnung von Belang wird. Das vorne aufge- nommene Wasser wird, nachdem es die AthemhOhle passirte, zur aboral gelegenen Auswurfsöffnung durch die Action der Muskelreifen der Kör- perwand ausgetrieben , und jeder ausgetriebene Strom wirkt als vis a tergo, und bewegt den Körper stossweise vorwärts.

In dem Verhalten der Kiemenspalten tritt bei den Acopa eine wohl beachtenswerthe Erscheinung hervor, die nur bei den Salpen durch die dort bestehenden Eigentümlichkeiten verwischt ist. Es ist die An- ordnung dieser Spalten, die als metamere Gebilde auf- treten. Zwei Reihen querer Durchbrechungen bilden sie bei Doliolum,

424 U- 8. Tunicaten.

und auch bei Pyrosomen und Ascidien ist ihre transversale Anordnung wahrnehmbar, wenn auch bei den letzteren mehrere oder viele Spalten einer Querreihe zukommen. Aeussert sich dieses Verhalten zwar nur am Darme , oder einer Strecke desselben , 90 kann doch in ihm ein Zustand erkannt werden, der für die Deutung dieser Erscheinung als einer Meta- merie von Belang ist. Er zeigt sie uns hier ohne Betheiligung des Ge- sammtorganismus, und lässt verstehen, wieunter bestimmten Bedingungen auch andere Körpertheile daran theilnehmen mögen.

§ 3H.

Die nahe Verwandtschaft der Organisation aller Tunicatenabtheilun- gen findet einen ferneren Ausdruck in dem Besteben besonderer, der Athemhöhle zukommender Organe, die mit der Ernährung des Thieres in Zusammenhang stehen. Es sind das die Bauchrinne und die Wimper- streifen. Die Bauchrinne (Hypobranchialrinne) (Fig. 2H B n)} auch

Fig. 211. Schematische Darstellung des Verhaltens der Kiemenhöhle zur Bauchrinne. A bei Balano- glosens. B bei Tunicaten. r Kiemenhöhle. « Bauchrinne. * Bauchfalten.

als Endostyl bezeichnet, ist eine in der ventralen Medianlinie der Kie- menhöhlenwand befindliche , vorspringende Ränder {*} (Bauchfalten) be- sitzende Rinne, welche an ihrem vorderen wie hinteren Ende in eine blinde Buchtung ausläuft. Die Wände der bei Salpen anfänglich sehr breiten , später wie bei den Uebrigen schmalen Rinne senken sieb nicht gleichmässig in die Tiefe , sondern bilden in den einzelnen Abtbeilungen sich verschieden verhaltende Vorsprünge, die man sich als Längsleisten parallel mit der Rinne zu denken hat. Dazwischen sind mehr oder min- der tiefe Furchen vorhanden, so dass die Contur der Rinne auf dem Quer- schnitte jederseits durch eine mehrfach gebogene Linie dargestellt wird. Das Epithel der Riemenhohle zeigt schon am freien Rande der Rinne be- deutende Modificationen an. Die Zellen bilden vorspringende Längswülste. Im Grunde der Rinne, zwischen den beiden am tiefsten eingebetteten Wülsten finden sich Zellen mit längeren Wimperhaaren besetzt, welche sogar bis in die Kiemenhöhle vorragen können. Die Copelaten verhalten sich bezüglich dieses Organs am einfachsten. Bei manchen besteht nur

Darm. 425

ein einziger Zellenwulst. Zwei sind bei Doliolum bekannt. Drei kommen mit anderen Complicationen bei Ascidien und Salpen vor. Die Ränder der Rinne liegen in der Regel aneinander , so dass die Rinne bis auf eine Stelle am vordersten Ende geschlossen ist. An dieser Stelle beginnen die den Eingang der Kiemenhohle umziehenden Wimperstreifen. Es sind mit cilientragenden Zellen besetzte seichte Furchen , welche , dorsal- wärts verlaufend, entweder zum Oesophagus ziehen (Copelata), oder in der Nähe des grossen Ganglions in eine Spiraltour auslaufen (Doliolum), oder in einer wimpernden Grube enden (Salpen) . Eine ähnliche Sonde- rung des vordersten Abschnittes des Tractus intestinalis bestand bei den Enteropneusti (Fig. 244. A). Zwei Längsfalten (*) scheiden diesen Tbeil in einen respiratorischen (r) und einen nutritorischen (n) . Der letztere scheint der Bauchrinne der Tunicaten verglichen werden zu dürfen , die .anfänglich gleichfalls einen viel ansehnlichem Abschnitt vorstellt.

Die Function der Bauchrinne ist die eines Drüsen- organs. Die Zellen wülste sondern eine schleimige Substanz ab, welche durch die Cilien des Rinnengrundes nach vorne zum Ausgange der Bauch- rinne bewegt, und von da längs der Wimperstreifen weiter befördert wird. Indem die Schleimmassen fetzenartig von den Wimperstreifen ins Lumen der Riemenhohle einragen , gerathen mit dem Wasser aufgenom- mene Nahrungspartikel in sie, und werden mit ihnen zu einem in den Oesophagus tretenden Strange geformt. Da auch die freien Ränder der Bauchrinne mit Cilien besetzt sind , und eine Wimperreihe sich bis zum Oesophagus verfolgen lässt, wird auch aus der Spalte der Rinne vortre- tender Schleim von den Wimpern erfasst und mit den ihm anhaftenden Nahrungspartikeln zum Oesophagus geleitet. Die Bauchrinne secernirt also Schleim, der die im Wasser suspendirten Nahrungstheile aufzufangen hat, und mit diesen durch die Wimperstreifen zum Oesophagus befördert wird. Die gesammte Vorrichtung hat somit eine nutritoriscbe Be- deutung.

U. Fol, lieber die Schleimdrüse etc. der Tunicaten. Morph. Jahrb. I. S. 22S.

Darm. § 312.

Im Grunde des zur Kiemenhohle modißcirten vordersten Abschnittes des gesammten Tractus intestinalis beginnt der ausschliesslich der Ernäh- rung dienende Darm. Er lässt meist mehrere Abschnitte durch Verschie- denheit der Weite erkennen. Ein vorderer, meist engerer Theil bildet «inen Oesophagus, der bei Copelaten trichterförmig beginnt. Ein zweiter, meist weiterer Abschnitt wird als Magen aufgefasst, und entspricht einem Mitteldarm. Er ist bei Ascidien durch zahlreiche Falten und pfeilerförmige Vorsprttnge der Wand in zahlreiche kleinere Räume geschieden , bei den Copelaten mit einer blindsackartigen Ausbuchtung versehen. Solche Ge-

426 11. 8. Tunicaten.

bilde besteben auch am Magen mancher Salpen. Der daraus hervor* gehende Abschnitt ist meist von beträchtlicher Länge bei den Ascidien und bildet eine Schleifentour, aus welcher der Enddarm hervorgeht. Diese beiden Abschnitte sind bei Gopelaten von ziemlicher Kürze, ebenso bei Cyclomyariern, wo sie zugleich wie bei Ascidien wenig von einander differenzirt sind. Bei vielen Ascidien lagert sich die einfache oder dop- pelte Darmschlinge (Fig. 240 d) seitlich an der Kiemenhöhle in den dort dieselbe umgebenden Leibeshöhlenraum; andere zeigen den Darm nur hinter der Kiemenhöhle, deren verschiedene Ausdehnung diese Verhalt- nisse zu beherrschen scheint. Die Salpen besitzen den Darm mit seinen Adnexis in einer Masse vereinigt (Nucleus).

Von Anhangsorganen des Darmrohrs sind ausser den schon auf- geführten Ausbuchtungen noch drüsenartige Schläuche in allen höheren Abtheilungen erkannt, die in den als Magen geltenden Abschnitt sich öffnen. Dass sie ein bei der Verdauung verwendetes Secret liefern, dürfte nicht zu bezweifeln sein. In Form und Anordnung bieten sie ein ver- schiedenes Verhalten. Zuweilen bilden sie netzförmige Anastomosen.

Th. Chandelon, Rech, sur une annexe du tube dig. des Tuniciers. Bull. Acad. Belg. XXXLX.

Gefösssystem.

§313.

In den Einrichtungen der Kreislaufsorgane zeigen sich die Tunicalen nach ihren beiden grossen Abtheilungen verschieden. Bei den Gopelaten ist nur ein Herz bekannt, das sogar einer Gattung fehlt. Es bildet einen kurzen , mit seinen Enden zwischen zwei Zellen befestigten Schlauch, dessen dünne Wand zwei einander gegenüberliegende Längsspalten be- sitzt. Durch die Pulsationen dieses Schlauches wird der Kreislauf des Blutes besorgt > das, ohne dass Gefässe beständen, in den Räumen der Leibeshöhle in bestimmten Richtungen seine Ströme erkennen lässt. Bei den Acopa besteht ein mit dem Herzen in Zusammenbang stehendes Ge- fässsystem, welches stellenweise einen lacunären Charakter trägt. Es scheint dann ein Rest der primären Leibeshöhle zur Blutbahn verwendet.

Bei den Ascidien liegt das langgestreckte Herz in der Nähe der Ver- dauungsorgane und biegt sich an beiden Enden in je ein Gefäss um, von welchen das eine, in ventraler Richtung verlaufend, in ein das Kiemen- gerüste durchsetzendes Gefässnetz übergeht, indess das andere zum Darme wie zu den Geschlechtsorganen verläuft, und daselbst sich ver- zweigt. Derselbe Gefässstamm sendet auch einen Ast zum Mantel und Zweige zur Leibeshöhlenwand. Von diesen Theilen aus bestehen auch directe Gefässverbindungen mit den Wänden der Kiemenhöhle. Das in diesen kreisende Blut sammelt sich auf der Dorsalseite des Kiemensackes wieder in einen Längsstamm , der auch Gefässe vom Darme und den Ge-

1

Gefäßsystem. 427

schlechtsorganen her aufnimmt. Ob diese bei einfachen Ascidien beobach- teten Verhältnisse allgemeinere Geltung besitzen, ist noch festzustellen.

Bei den Salpen ist der kurze, dünnwandige, meist durch Einschnü- rungen abgetheilte Herzschlauch (Fig. 2<2 c) an einem Ende mit einem grossen an der Bauchseite ver- laufenden Geftsscanale (v) in Verbindung, sowie er an dem andern Ende sich gleichfalls in einen Gefösscanal fortsetzt; der letztere geht bei den mit einem sogenannten Nucleus [vi) ver- sehenen Formen in ein diesen durchziehendes Hohlmaschen- F»g. 2W. circui»tioni«yit«m T<m saip» mnimi.

. .Ai , . i. rv o EingangsdlTnang. b An«wnrfeoffnung. br Kiemen-

System über, welches die Darm- ^^ AnnU ^ KUine. H EiB€iw#ldek,iMi

gefiiSSe der Ascidien repräsen- (Nucleua). c Herx. c BftncfageffctssUmitt. %' Rücken-

tirt. Bei den übriaen Salpen soll *«*"•*»««• •' bindende Quergen«»*»*».

... , c * (Di« feinerei Verfcatelungen der Geffafe aind nicht

er sich in mehrere, nach dem »ngtgeben.) (Nach milki-ed**«».)

Bücken verlaufende Zweige thei-

len die in einen Längscanal sich fortsetzen. Dieses Bückengefess [v') steht durch eine Anzahl vielfach unter einander anastomosirender Quer- canäle tv") mit dem Bauchstamme in Verbindung. Zwischen dem vor- deren Theile des Bückengefiisses und dem hinteren aus dem Herzen her- vorkommenden Gefässe besteht noch eine directe Communication , die durch mehrere die Kieme durchziehende und dort sich verteilende Gefässe hergestellt wird.

Als wichtigste Eigenthümlichkeit wird bei den Tunicaten das Be- stehen der beiden längs der Kiemenhöhle ziehenden Längsstämme gelten müssen, die beide weiter nach dem Darme zu sich erstrecken.

Stellt man sich nämlich, etwa von den Ascidien ausgehend, den Darm in der Bichtung der Längsaxe seines vorderen Abschnittes , des Kiemensackes, fortgesetzt, so dass der After dem aboralen Körperpole zukäme , so wäre die Anordnung des Gefässapparates ähnlich wie bei vielen Würmern , indem auch die Aesle der beiden Längsstämme sich in viscerale (zu Kiemenhöhle und Darm) und parietale (zur Leibeswand) schieden.

Dem ventralen Längsstamm gehört das Herz an. Es stellt einen differenzirten Abschnitt desselben vor» Darin spricht sich eine besondere Verschiedenheit von allen übrigen Wirbellosen aus , bei denen das Centralorgan des Kreislaufs eine Sonde- rung aus dem dorsalen Gefässstamm vorstellt. Allein in der Anlage des ganzen Apparates ist ein Zusammenhang mit jenem der Würmer nicht zu verkennen.

Allen Tunicaten eigentbümlich ist die wechselnde Bichtung des vom Herzen in Bewegung gesetzten Blutstromes, so» dass also von einem arteriellen oder venösen Abschnitte der Blulbahn

428

IL 8. Tunicaten.

nicht wohl die Hede sein kann. Wenn das Herz eine Reihe von Pulsa- lionen nach der einen Richtung hin vollfuhrt hat, tritt plötzlich ein Mo- ment des Stillstandes ein und die peristal tischen Bewegungen des Herz- schlauches beginnen nach der entgegengesetzten Richtung. Auch dieser Zustand der Indifferenz verbietet den engeren Anschluss des Gefäss- syslems der Tunicaten an eine der anderen grossen Abtheilungen , erin- nert jedocb an die bei Gephyreen (Phoronisj vorkommende gleiche Er- scheinung der Umkehr der Blutbewegung.

Die Blutflüssigkeit ist allgemein farblos. Sie entbehrt bei den Copelata der Formbestandlheile, die den Acopa zukommen.

Excretionsorgane sind bis jetzt bei Tunicaten nur in beschränk- ter Weise erkannt worden. Bei manchen Ascidien [Holgula, A. concbi- lega, complanala) findet sich ein nahe der Kiemen- hohle, oder auch weiter hinten im Körper gelagertes, schlauchförmiges Organ, welches unter anderen con cremen tarl ige Zellen erkennen liess. Bei einer Art ergab sich Murexid-Reaclion. Mündungen des Organs sind unbekannt, so dass die Einrichtung jenen Zustand zu repräsentiren scheint, in welchem Excretstofte im Organismus sich ablagern und Con- cremente bilden, die nicht nach aussen entfernt werden.

usfBbrnmK dsl Ho. u Leibes bäh]«. Dil

Geschlechtsorgane. §3U.

Nur ein Theil der Tunicaten ist allgemein mit Geschlechtsorganen verseben : die Copelata. Bei den übrigen ist in Folge der ausgebildeten ungeschlecht- lichen Vermehrung ein grosser Theil ohne Ge- schlechtsorgane, deren Fehlen durch eine, eben durch die Vermehrung mittels Sprossung entstandene Keimbildung zu erklaren sein wird. (Vergl. S. 413. )

Die bei den Tunicaten verbreiteten Zwitterbil- dungen lassen sich jum Theil auf sehr niederer Stufe erkennen. Die Appendicuiarien entbehren für ihre bald paarigen, bald unpaarigen Keimdrüsen der Ausrubrgifnge. Bei den Acopa werden die Zeugimgs- sloffe in die Cloake entleert. Die männlichen Organe reprilsentirt ein samenerzeugender Blindschlauch, der bei Doliolum, auch bei manchen Ascidien. in dieser einfachen Form sich erhält, bei Pyrosotna in

Geschlechtsorgane. 429

eine rosettenartig gestaltete Form übergeht, iodess er bei den meisten Ascidien wie bei den Salpen in Verästelungen sich fortsetzt und damit eine Art von gelappter Drüse bildet. Bei manchen Ascidien (Molgula) umlagern die Hoden als eine Anzahl discreter Drüsen jedes der beiden Ovarien, und münden mit einzelnen Ausführgängen aus. Auch den Ova- rien kommt häufig eine gelappte Gestalt zu, wenigstens bei vielen Asci- dien , bei anderen werden sie nur durch eine Gruppe auf verschiedenen Ausbildungsstufen stehender Eier vorgestellt, deren jedes von einer Art von Kapsel umgeben wird. Bei manchen zeigen sich nur wenige solcher, schliesslich mit einem gemeinsamen Stiele verbundener Eier, und bei den Salpen und Pyrosomen ist gar nur ein einziges Ei vorhanden, dessen Stiel während früher Stadien besteht, um sich allmählich zu verkürzen. Die Entwickelung der Geschlechtsproducte erfolgt hier zu verschiedenen Zeiten, indem die männlichen Organe erst nach bereits eingetretener Entwickelung des Eres zum Embryo ihre Reife erlangen.

Die Ausbildung der Ausführwege der Geschlechtsproducte scheint von der grösseren oder geringeren Entfernung der Keimdrüsen von der Cloake abzuhängen. Der gesamrate Apparat bedarf aber noch vielfach genauerer Untersuchung.

Neunter Abschnitt.

Wirbelthiere.

Allgemeine Uebersicht.

§315.

Der Besitz eines die Längsaxe des Körpers durchsetzenden Skelets, sowie die Gliederung des Körpers in eine Mehrzahl von Metameren (Ur- wirbel) bildet die wesentlichsten Charaktere der Wirbelthiere. Durch die Metamerie scheiden sie sich von denTunicaten, zu denen, als der einzigen- Abtheilung unter den Wirbellosen, nähere Beziehungen nachweisbar sind. Entferntere bestehen zu Würmern , die ja auch für die meisten übrigen Stämme Verknüpfungen erkennen lassen.

Das Axenskelet scheidet einen dorsalen und ventralen Körpertheil. Ersterer birgt das centrale Nervensystem , letzterer umschliesst den aus einer respiratorischen Vorkammer sich fortsetzenden Nahrungscanal , der sammt den von ihm aus differenzirten Organen in eine Leibeshöhle ein- gebettet ist. Damit sind zwei längs des Körpers ausgedehnte Gebiete un- terscheidbar, ein oberes, neurales, und ein unteres, gastrales, welch' letzterem auch das Ganalsystem für die ernährende Flüssigkeit in seinen Hauptstämmen zugetheilt ist.

Die einzelnen Abtheilungen ordnen sich in folgender Uebersicht :

A. Acrania.

Le ptocardii. Amphioxus.

B. Craniota.

I. Cyclostomata *).

M\ xinoidea.

Bdellostoma, Myxine.

Petromyzontes. Petromyzon.

\) Die Cyclostomen verdienen den übrigen Cranioten gegenüber gestellt za werden , da ihre Gesammtorganisation auf eine sehr frühzeitige Abzweigung von den Cranioten schliessen lässt.

Allgemeine Uebersicht. 434

II. Gnathostomata. a) Anamnia. 4) Pisces. Selachii. Squali.

Hexanchus, Heptanchus, Acanthias, Scymnus, Galeus, Scyllium, Squatioa.

Rajae.

Raja, Torpedo, Trygon. Holocephali. Chimacra. Dipnoi.

Monopneumones.

Ceralodus. Dipneumoaes.

Prolopterus, Lepidosiren. Ganoidei *). Sturiones.

Actpenser, Spatularia. Polypterini. Polypterus. Lepidosteini. Lepidosteus. Amiadini. Amla. Teleostei.

Pbysostomi. Abdominales.

Clupea, Salroo, Esox, Cyprinus, Silurus, Mormyrus. Apodes.

Muraena, Conger, Gymnotus. Pbysoclysti. ,

Anacanthini.

Gadus, Pleuronectes. Pbaryngognathi.

Belone, Hemirhamphus, Chromis, Labrus. Acanthopteri.

Perca, Labrai, Trigla, Scropaena, Anabas, Mugil, Scomber, Zeus, Trachypterus, Gobius, Cyclop- terus, Blenuius, Lophios. Plectognathi.

Ostracion, Diodon, Orthagoriscus. Lophobranchii.

Syugnathus, Hippocampus.

4) Jede der aufgeführten Ganoiden- Abtbeilungen betrachte ich als eine sehr selbständige. Sie stellen die letzten Ausläufer sehr divergenter Formenreiben vor, von denen die der Polypterini manches Verwandte mit den Dipnoi besitzt, die Amiaden dagegen als nächste Verwandte der Teleostier (Clupeiden) sich darstellen. Sie würden wohl am besten ganz von den Ganoiden getrennt. Den Selachiern zeigen sich die Störe am meisten verwandt.

Die Selachier selbst muss ich als die der Stammform der gnathostomen Wirbel- thiere am nächsten stehende betrachten. Davon erscheinen sowohl die Holocephali, Dipnoi und Ganoiden abgezweigt , während die Teleostier wieder eine Abzweigung vom Ganoidenaste vorstellen.

432 9- Wirbelthiere.

2) Ampbibia1). Urodela.

Perennibranchiata.

Siredoo, Menobranchus, Proteus. Caducibranchiata. Derotremata.

Cryptobranchus, Menopoma. Salamandrina. Triton, Salamandra.

Anura.

Pelobates, Bombinator, Hyla, Ceratophrys, Rana, Bufo.

Gymnophiona.

Coecilia.

b) Amniota.

4) Sauropsida.

4. Reptilia2). Chelonii.

Sphargis, Trionyx, Chelonia, Chelys, Chelydra, Emys,

Testudo. Saurii.

Ascalabota.

Platydactylus, Hemidactylus. Rhyncbocephala.

Sphenodon. Lacertina.

Iguana, Calotes, Draco, Pbrynosoma, Uromastix, Lacerta,

Ameiva. Monitores.

Monitor, Psammosaurus. Scincoidea.

Scincus, Seps, Anguis. , Cha leide a (Ptychopleura).

Chalcis, Zonurus. Chamaeleonida.

Chamaeleo. Amphisbaenida (Annalata).

Amphisbaena, Lepidosternum.

\) Die lebenden Amphibien bilden eine nur sehr kleine, in vielen Stücken be- deutende Rückbildungen aufweisende Gruppe, der mit Sicherheit auch nur wenig fossile Formen beizuzählen sind. Die paläontologischen Urkunden sind für den Amphibienstamm im höchsten Grade lückenhaft. Bestehen auch manche Gründe, ihnen die Arch egosau rier beizuzählen, so besitzen diese doch wieder vieles, welches an Reptilien Anschlüsse bietet.

9) Die einzelnen Abtheilungen dieser Classe erscheinen als sehr divergente Endzweige eines in der Vorzeit überaus reich verzweigten Astes der Vertebraten. Manche der zu den Reptilien gerechneten fossilen Abtheilungen, wie die Eoalio* saurier, scheinen sich jedoch schon vor den Amphibien vom Vertebratenstamm ab- gezweigt zu haben. Bei einer Gruppe anderer fossiler Saurier bestehen Uebergangs- zustände zu den Vögeln namentlich in der Bildung des Fussskeletes ausgeprägt. Es sind die Ornithosceliden. Eine Vereinigung der Reptilien mit den Vögeln einer Ab- theilung der Säur opsi den, wie sie von Huilet aufgestellt wurde, trägt jenen Ver- hältnissen Rechnung.

Allgemeine Uebersicht. 433

Ophidiii;.

Eurystomata.

Python, Boa, Colober, Tropidonotos, Dryophis, Dipsas, Hydrophis, Crotalos, Trigonocephalus, Vipera. Stenostometa. Typhlops, Uropeltis. Crocodi lini.

Alligator, Crocodi las, Ramphostoma. 2. Aves *). Ratitae.

Stnithio, Dromaeus, Apteryx. Carinatae.

Gallinaceae.

Megopodlus, Penelope, Crax, Crypturus, Lagopus, Tetrao, Pavo, Numida, Gallus, Phasianus. Columbae. Columba. Grallatores.

Otis, Dicholophus, Gras, Ardea, Ciconia, Vanellus, Charadrius, Scolopax, Fulica, Gallinula, Rallus. Natatores (Palmipedes) .

Procellaria, Sterne, Laras, Phaeton, Plotos, Pelecanus, Carbo, Anser, Anas, Cygnus, Phoenicopterus, Mormon, Uria, Alca, Aptenodytes. Passeres (Insessores).

Fringilla, Alauda, Tordas, Sylvia, Motacilla, Parus, Mascicapa, Lantus, Stomas, Corvus, Hirando, Cer- thia, Trochilus, Upupa, Coracias, Alcedo, fiuceros. Picides.

Picas, Yunx. Psittacides.

Psittacus, Strygops, Nestor. Rapaces.

Gypogeranus , Falco , Buteo , Aquila , Gypaetos, Vultur, Catharles, Harpyia, Surnia, Strix. 2} Mammalia.

Ornithodelphia (Monotremata).

Ornitborhynchus, Echidna. Didelphia3; (M arsupialia). Botanophaga.

Halmaturus, Dendrolagus, Phascolomys, Phascolarctus Phalangista.

4) Die Ophidier stellen eine den Sauriern zunächst stehende, von diesen ab- stammende Abtheilung vor, die mit diesen zusammen den Schildkröten oder den Crocodilen gleichwerthig ist ; wie sie denn von Staxtuus als Streptostylica zusammen- gefasst worden.

2) Die aus reptilienartigen Formen hervorgegangene Gasse der Vögel bildet eine in deo wichtigsten Verhältnissen der Organisation in sehr wenig divergente Gruppen sich theilende Classe, denn die Charakteristik der Untere btheilungen gründet sich auf viel unwesentlichere Merkmale als bei anderen Vertebraten- Gruppen. Durch die Saururi (Archaeopteryx} bestehen unmittelbare Verknüpfungen mit den Ornitho- soeliden.

8) Die Abtheilung der Marsupialia fasse ich als eine den monodelphen Stfuge- Ibieren deshalb gleichwertige auf, weil nicht nur in ihr Repräsentanten der meitsen

G«g«nbanr, Qrundriss d. rergl. Anatomie. 2. Aufl. 2g

434 U- 9. Wtrbelthiere.

Zoophaga.

Perameles, Dasyurus, Thylacinus, Didelphys, Chi- rooectes. Monodelphia (Placental ia). Edentaia 1).

Myrmecophaga , Manis, Chlaraydopborus, Dasypus, Bradypus. üngulata.

Artiodacty la.

Sus, Dicotyles, Moschus, Camelopardalis, Cervus, Antilope, Capra, Ovis, Bos. Ty lopoda.

Camelus, Auchenia. Perissodactyla.

Tapirus, Rhinocero?, Equus. Sirenia.

Manatus, Halicore. P r o s i m i i 2) .

Stenops, Lernur, Otolicnus, Tarsius, Galeopithecus, Cbiromys. Rpdentia.

Sciurus, Arctomys; Mus, Hypudaeus, Cricetus, Georhy- chus, Spalax, Pedetes, Dipus, Lagostomus, Myopo- taaius, Castor, Hystrix , Coelogenys, Cavia, Lago- oiys, Lepus. Proboscidea V

Elephas. Lamnungia4)«

Hyrax. Fera.

Carnivora.

Felis, Hyaena, Proteles, Canis, Herpestes, Viverra, Lutra, Mustela, Meles, Nasua, Procyon, Ursus. Pinnipedia.

Phoca, Otaria, Trichechus. Cetacea 5),

Delphinus, Physeter, Balaenoptera, Balaena.

Ordnungen der Monodelphen sich finden , sondern weil auch für die Monodelphen mehrfache auf eine Entstehung aus didelphen Formen hinweisende Befunde bestehen. Die Marsupialia, oder mit den Monotremen zusammen, die lmplacentalia, stellen sich damit als die Vorlaufer der Placental ia dar.

4) Die Mannichfaltigkeit der Placentarverhaltnisse der Edentaten lässt eine Ein- teilung der Place ntalia nach der Beschaffenheit der Fruchthüllen als wenig sicher erscheinen, wenn auch die einzelnen Ordnungen meist durch übereinstimmendes Verhalten der Placenta ausgezeichnet sind.

3) Die Prosimii bilden eine Stammgruppe, in der sich bei den einzelnen ihnen zugelheilten Abtheilungen Eigentümlichkeiten erhalten haben, die wir über die folgenden Ordnungen verlheilt sehen. So bestehen Charaktere, denen wir bei Insecti- voren, Rodentia, Carnivoren und Primaten wieder begegnen.

3) u. 4) Die Proboscidea und Lamnungien stellen Repräsentanten von Ord- nungen dar, die ihre Verknüpfungen mit andern nur sehr wenig vollständig erkennen lassen. Sie bieten verwandtschaftliche Verhältnisse zu den Rodentia. Hyrax über- dies noch Beziehungen zu den Ungulaten.

5) Die Celaceen erscheinen durch fossile Formen (Zeuglodon) mit den Pinni-

Literatur. 435

Insectivora.

Cbrysochloris, Talpa, Sorex, Myogale, Erinaceus. Ch iroptera.

Pteropus, Rhinolophus, Glossophaga, Vespertilio, Ves- perugo. Primates.

Hapale, Callithrix; Ateles, Mycetes, Cebus; Cynoce- phalus , Iduus , Cercopithecus ; Troglodytes , Hylo- bates, Pithecus; Homo.

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28»

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Körperform.

§ 316.

Unter äusserlichem Zurücktreten der Metamerie sind dorsale und ventrale Flächen allgemein unterscheidbar, dem vorderen Pole der Langs- ame des Körpers nahe liegt die Eingangsöffnung des Nahrungscanais in ventraler Stellung, und ebenso ventral, aber vom aboralen Pole mehr oder minder weit entfernt, findet sich die Afteröffnung. Von grösseren Körper- abschnitten sind drei auch in den niedersten Abtheilungen unterscheidbar. Der vordere birgt eine respiratorische Vorkammer des Nahrungscanais und ist demgemäss durch seitliche Durchbrechungen der Leibeswand ausge-

Körperform. Gliedmassen. 437

zeichnet. Er trügt die höheren Sinnesorgane und lüsst bei den Cranioten durch Concrescenz und Differenzirung den Kopf entstehen.

Der zweite Abschnitt, bei Amphioxus am dorsalen Tbeile ohne 'scharfe Grenze dem vorhergehenden sich anschliessend, bildet den die Leibes- hohle mit ihren Contentis bergenden Rumpf, der nur durch die Analöffnunjz vom letzten oder caudalen Körpertheil abgegrenzt ist, und damit diesen äusserlich wenig gesondert erscheinen lässt.

Piesen Abschnitten sind wir schon bei den Tunicaten begegnet. Bei den Ascidienlarven (vergl. Fig. 208] besitzt der vorderste, später zum Haupltheile des Körpers sich ausgestaltende Abschnitt die Anlage der Athemhöhle, und den die Sinnesorgane tragenden Theil des Nerven- systems. Daran schliesst sich eine wenig gesonderte Strecke mit dem Darmrohr, und gehl ohne scharfe Grenze in den caudalen Abschnitt über. Die erste Ausprägung der Anlage des Kopfes oder seines Aequivalenles bei allen Vertebraten lässt ihn als den phylogenetisch ältesten Körpertheil deuten , und gibt einen Fingerzeig auf jene Zusammenhänge ab.

Mit der Ausbildung des Kopfes und der in ihm und an ihm differen- zirten Organe empfängt der Wirbelthierkörper ein ihn von Wirbellosen auch äüsserlich schärfer sonderndes Attribut, dessen Werth schon aus der beträchtlich grösseren Zahl in ihm aufgegangener Metameren hervor- leuchtet. Fernere Sonderungen treten mit der Bildung paariger Glied- massen auf; die hinteren geben bei den Gnatbostomen für Rumpf und Schwanz eine schärfere Grenze ab, und das Gleiche wird für den Kopf und Rumpf durch die Vordergliedmassen geleistet.

Die Ablösung der Vordergliedmassen vom Kopfe , unter den Fischen bereits bei Selachiern ausgeführt, sondert vom Rumpfe einen Halsabschnitt als Verbindungsglied mit dem Kopfe. Wir begegnen diesem Verhalten von den Amphibien an. Weitere Sonderungen betreffen den Rumpf, der bei den Amnioten in eine Hals-, Brust- und Lendenregion getheilt wird.

Der Caudalabschnitt des Leibes unterliegt einer allmählichen Verän- ' derung. Bei Fischen kaum abgegrenzt, schliesst er sich bei Amphibien (Urodeien) und Reptilien (Eidechsen , Crocodile) zwar durch die Hinter- gliedmassen vom Rumpfe geschieden, doch durch bedeutenderes Volum an letzteren enger an. Nachdem er bei den Vögeln sich rückgebildet zeigt, empfängt er erst bei den Sdugethieren durch bedeutende Minderung seiner Stärke selbst bei ansehnlicher Länge den Charakter eines Körper- anhanges.

Uliedmassen.

§347.

Die vom Körper der Wirbelthiere ausgehenden , vorwiegend als Be- wegungsorgane fungirenden Gliedmassen müssen wir in paarige und un- paarige sondern. Die unpaaren entstehen aus einer senkrechten, den

«8

II. 9. Wirbelthiere.

d

Körper vom Kopfe bis zum After umziehenden Membran , einer Forlsatz- bildung des Integumentes. Indem in dieser Membran feste Gebilde und besondere Muskeln auftreten , gestaltet sich der blosse Hautsaum zu einer Flosse. Dieses Organ behält entweder die ursprüngliche Continuität

der Anordnung bei (Fig. 214. A A), oder sondert sich durch

Rückbildung einzelner Strecken und Ausbildung der bestehenbleibenden in mehr- fache Abschnitte. Diese wer- den nach ihrer Lagerung in Rücken-, Schwanz- und Afterflosse (Fig. 2U..B,d, c, a) unterschieden. Sie fun- giren vorwiegend als Steuer- ruder und nur der Schwanz- flosse kommt insofern auch eine höhere locomotorische Redeutung zu, als der Schwanztheil des Körpers bei der Ortsbewegung eine wichtige Rolle spielt. Diese den Fischen allgemein zukommenden Gebilde sind auch bei den Amphibien in frühen Entwickelungsstadien , bei einem Theile (vielen Urodelen) sogar bleibend vorhanden, ohne dass in ihnen Stütz- apparate entstehen.

Rei den Reptilien sind nur noch Andeutungen des senkrechten Haut- saumes wahrnehmbar, den meisten fehlt die Einrichtung gänzlich , wie sie denn ebenso den höheren Classen abgeht, denn das bei manchen Ce- taceen erscheinende senkrechte Flossengebilde ist als eine erst innerhalb der Ordnung erworbene Organisation zu beurtheilen. Das gilt auch von der horizontalen Schwanzflosse dieser Säugethiere.

Fig. 214. Schema der unpaaren Flossen. A Primitiver Zn- stand. B Differenzirter Zustand, d Dorsalflosse, (d' Fett- flosse.) c Caudal-, a Analflosse, p Bru6t-, t Bauchflosse.

§ 318.

Im Gegensatze zu vielen Abtheilungen der Wirbellosen, deren paa- rige Gliedmassen entweder auf Alle oder doch auf eine grosse Zahl von Metameren vertheilt sind, trifft sich bei den Wirbelthieren eine bis jetzt ausnahmslose Reschränkung dieser Gliedmassen auf ein vorderes und ein hinteres Paar.

Sie geben sich als homodyname Organe zu erkennen, die im Ein- klänge mit der Verschiedenartigkeit ihrer Leistungen sich allmählich ver- schieden gestalten. Sie sind wahrscheinlich aus umgebildeten respirato- rischen Anhängen des Kopfes (Kiemenbogen und deren Strahlen) ent- standen, daher keine absolut neuen Einrichtuhgen.

Den Acrania wie den Cyclostomen fehlen sie, dagegen bestehen sie bei den Gnathostomen allgemein. Wie auch innerhalb einzelner Abthei- lungen derselben eine Rückbildung dieser Gliedmassen Platz greift, so ist dieses stets ein secundärer, den vollkommen entwickelten Zustand vor-

Gliedmassen. 439

aussetzender Befund. Das bezeugen die mannichfaehen Stadien der Ver- kümmerung der Gliedmassen und ibrer Theile.

Der bei den Fischen bestehende niedere Zustand lässt die Glied- massen als ein einheitliches, der äusseren Gliederung in einzelne grössere Abschnitte entbehrendes Ganze erscheinen, dessen Oberflächenentfaltung bei der Ruderfunction des Organes von Bedeutung ist. Vorder- und Hin- tergliedmassen, hier ab Brust- und Bauchflossen unterschieden, sind im Wesentlichen von übereinstimmendem Bau, doch hat in der Regel die Brustflosse in Zusammenhang mit ihrer Lage am voluminöseren Theile des Körpers eine bedeutendere Grösse. Ihr kräftigerer Bau wird auch aus der ihr zukommenden Initiative und dem darin Hegenden functionellen Uebergewicht im Vergleiche zur hinteren Gliedmasse erklärbar.

Entsprechend einer gleichartigen Bewegungsweise im Wasser kamen auch die Gliedmassen der fossilen Enaliosaurier, wie uns deren Skeict- reste lehren , mit den Flossen der Fische , wenigstens durch den Mangel einer queren Gliederung überein.

Unter den Amphibien tritt eine transversale Gliederung der Glied- massen auf, indem nunmehr einzelne Abschnitte scharf von einander ge- trennt sind. Wir unterscheiden an der vorderen : Oberarm , Vorderarm and Hand, denen Oberschenkel; Unterschenkel und Fuss an der Hinter- gliedmasse entsprechen. Diese Scheidung steht in Verbindung mit der grösseren Längenentfaltung der beiden ersten Abschnitte, welche zu ein- ander in das Verhältniss von Hebelarmen treten und damit eine Winkel- steilung gegeneinander eingehen.

Zu der hierin sich aussprechenden Sonderung tritt eine Differenzirung der Endstrecke, an der von nun an eine meist auf 5 beschränkte Zahl von Endgliedern in den Fingern und Zehen unterscheidbar wird. Da ein am meisten nach aussen ragender Körpertbeil modificirenden Einwirkungen in höherem Grade ausgesetzt ist als ein anderer, so begegnen wir hier zahlreichen Anpassungen und wenig Körpertheile bieten so mann ichfache Veränderungen als jene Endabschnitte der Gliedmassen : Hand und Fuss.

Die primitive Vereinigung der Finger wie der Zehen in eine durch Hand und Fuss repräsentirte Ruderplatte erhält sich in der Schwimmhaut auch bei manchen Reptilien , bei vielen Vögeln an der Hintergliedmasse und sogar bei einer Anzahl von Säugethieren, immer in Anpassung an die Function der betreffenden Gliedmasse als Ruderorgan.

Die mit der Ortsbewegung auf dem Lande erlangte , aber bei der Locomotion im Wasser noch vielfach verwendete WinkelsteHung gestaltet sich allmählich für beiderlei Extremitäten verschieden, der Verschieden- heit der Function entsprechend, welche Vorder- und Hinterextremität bei der Bewegung auf dem Boden besitzen.

Bei den Amphibien (B) sind diese Verhältnisse bereits deutlich wahr- nehmbar, aber die Verschiedenheit der Stellung zwischen Ober- und Unterarm, Ober- und Unterschenkel, ist minder beträchtlich. Oberarm und Oberschenkel sind fast gleichartig nach aussen gerichtet. Eine

440

II. 9. Wirbelthiere.

B

5

0 aT

bedeutendere Differenz prägt sich bei den Reptilien (C) aus, und erreicht bei den Säugelhieren eine noch höhere Stufe, indem die Ebenen, in denen die Winkelstellung beiderseitiger Gliedmassen stattfindet, zur

senkrechten Medianebene des Kör- ji pers eine parallele Stellung neh-

men. Daraus entspringt eine gros* sere Selbständigkeit der Glied- massen, die nunmehr zu Stützen des Körpers geworden sind, in- dem sie ihn vom Boden erheben. Durch jene Aenderung in der Stel- lung der Ebene, in welcher der von der Extremität gebildete Winkel liegt, kommt für die Säugethiere (D) eine totale Verschiedenheit der Winke] zwischen den gleich werthi- gen Abschnitten zum Ausdruck, und diese verhalten sich an Vorder- und Hinterextremität in umgekehr- tem Sinne. Der Winkel zwischen Ober- und Unterarm ist nach vorn, jener zwischen Ober- und Unter- schenkel nach hinten offen.

Innerhalb des Rahmens dieser allgemeinen Modificationen der Gliedmassen finden auf engere Ab- theilungen beschränkte, aus der speciellen Verschiedenheit der phy- siologischen Leistung erklärbare Veränderungen statt. Die Hinter- gliedmasse übernimmt in überwie- gender Ausbildung die complicir- tere Function eines Sprungorganes , wie bei den Fröschen, oder sie kann sich vorwiegend zum SlUtzorgane des Körpers gestalten , so dass dadurch die Vordergliedmasse, wenigstens für die Ortsbewegung auf dem Boden, eine untergeordnetere Rolle spielt oder in dieser Richtung ganz ausser Function tritt. Dieses Verhältniss führt sich nach mancherlei bei fossilen Reptilien erkannten vorbereitenden Stufen bei den Vögeln ein, deren Vordergliedmasse unter den Carinaten die Bedeutung eines Flugorganes gewonnen hat.

Integument.

§ 349.

Im primitiven Zustande erscheint als Körperhülle auch bei den Wir- belthieren eine Zellscbichte , das äussere Keimblatt Ectoderm.

Fig. 215. SchematUche Darstellung der Diffe- renzirnng und der veränderten Axenrichtung der Gliedmassen der Wirbelthiere. A Fisch. B Amphibium (die zum Vergleiche mit den An- dern notwendige Seitendarsteilung gibt den An- schein einer Erhebung des Körpers, ebenso wie in der nächstfolgenden Figur. C Beptil. D Säagethier. a Schultergürtel, p Becken gürtel.

lalegumeot. 44 1

Mit der weiteren Entwicklung wird jener Zellenschichte noch eine aas dem Mesoderm entstandene Bindegewebescbiehte zugetheilt, beide zusam- men repräsentiren nunmehr des Integument der Wirbekhiere, und sind gleiobmässig an dem Aufbau und der Ausbildung verschiedenartiger Or- gane betheiligt.

Diesem Integumente (Cutis) kommen also seiner Genese gemäss zwei Straten zu: eine oberflächliche, den Epithelialbildungen der Wirbellosen homologe Oberhaut (Epidermis), unmittelbarer Abkömmling des Eclo- derms, und eine tiefer liegende Bindegewebsschichle, die Lederbaut (Corium) , die mit ihren tiefsten, lockeren Schichten das Unterhaulbinde- gewebe vorstellt. Mittels Durchflechlung der Faserzüge wird der Leder- baut eine derbe Beschaffenheit. In ihr verbreiten sich die Blutgefässe, ebenso die Nerven der Haut, mit mannichfaltigen sensorischen Apparaten wie mit Drüsenorganen in Verbindung stehend.

Häufig ist die Lederhaut der Sitz von Pigmenten. Sowohl an Dicke als in der feineren Textur bietet sie zahlreiche Verschiedenheiten. Von diesen ist eine lamellöse Schichtung in der Haut der Fische , Amphibien und Reptilien bemerkenswert!) , wobei senkrechte Faserzüge die Schieb* ten in Abständen durchsetzen. Als eigenthümliche Bildungen erscheinen warzenartige Erhebungen ihrer Oberfläche , die von niedrigen Httgelcben bis zu langen konischen Fortsätzen variiren. Diese Hautpapillen wer- den in den einzelnen Abtbeilungen der Wirbel thiere zum Ausgangspunkt einer Reihe mannichfaltiger complicirlerer Organe.

Contractile Formelemente (glatte Muskelfasern) finden sich gleichfalls in der Lederhaut bei Vögeln und Säugethieren vor. Eine andere Modifi- calion der Cutis gebt durch Texturveränderung vor sich, indem sich Tbeile derselben durch Verknöcherung in Hartgebilde umwandeln, entstehen in die Haut eingebettete Knochenplatten der verschiedensten Form uod setzen ein Hautskelet zusammen. Endlich stehen mit der Cutis Drüsenorgane in Verbindung , die von der Epidermis her gebildet und deshalb den EpidermoYdalorganen beizuzählen sind.

§ 320.

Die Epidermis ist eine einfache Lage bei Amphioxus, sonst be- steht sie aus mehrfachen Zellschichlen , welche die Lederhaut mit allen ihren Erhebungen und Einsenkungen Uberkleiden. Als ein Erbstück aus niederen Zuständen tritt auch noch bei Wirbelthieren ein Wimperepithel auf, beschränkt sich aber auf Embryonalstadien bei Fischen, und kommt bei Amphibien nur im Larvenzustande an gewissen Ktfrperstellen vor. Von den einzelnen Schichten erscheinen die unteren, der Lederhaut näher liegenden, als jüngere, welche verloren gegangene Theile der oberflächlichen Schichten wiederersetzen. In der Consistenz, der Ver- bindungsweise und der Form bieten die Epidermiszellen zahlreiche Ver- schiedenheiten. Pigmentführende Zellen sind nicht selten zwischen den

442 H. 9. Wirbeltlnere.

anderen vertheill. Durch die Bewegungserscheinungen ihres Protoplasma vermögen sie zuweilen einen Farbenwechsel zu verursachen (Chromato- phoren) , der bei Fischen wie bei Amphibien beobachtet ist. Bei den im Wasser lebenden Ana mnia ist die gesammte Epidermis locker, und die Weichheit ihrer Elemente verleiht der ganzen Schichte häufig eine gallert- artige Beschaffenheit, so dass sie sogar lange Zeit für eine von Drüsen secernirte Schleimschichte gehalten ward.

Dem Zustande der Epidermis der Anamnia stellt sich ein anderer gegenüber, durch Verhorn ung der Zellen charakterisirt, bei Amphibien beginnend, bei den Amnioten verbreitet. Die Zellen bilden resistente Plätt- chen oder Fasern, die, ineinander geschoben, in verschiedenem Maasse abgegrenzte, feste Theile vorstellen. DerVerhornungsprocess betrifft immer nur die oberflächlichen Schichten, die tieferen bleiben auch hier indiffe- rent. Mit stärkerer Verdickung der verhornten Schichten entstehen man- nichfaltige Formationen von Platten, Höckern und schuppenartigen Gebil- den (Reptilien). Die Lederhaut nimmt an diesen Gebilden Antheil, indem sie fast immer jenen Epidermisformationen entsprechende Erhebungen besitzt, die aus vergrösserten Papillen hervorgehen. Die Schuppen von Eidechsen und Schlangen sind somit Fortsätze der gesammten Cutis. Die- ser verhornte Ueberzug hat sich bei den Vögeln nur an beschränkteren Körpertheilen erhalten, an den Kiefern als Schnabelscheide, wie an den Füssen in Form von Tafeln, Plättchen, Höckern u. s. w. In Verbindung mit einem knöchernen Hautskelete finden sich grössere Hornplatten bei den Schildkröten, unter den Säugethieren in einzelnen Familien der Eden- taten. Die in einzelnen Abtheilungen oder in noch engeren Kreisen vor- kommende Verhornung der Epidermis ist nicht direct auf die bei Reptilien bestehende Organisation zu bezieben , sie ist vielmehr aus Anpassungen an bestimmte äussere Verhältnisse hervorgegangen. Dagegen treffen wir an manchen Körperstellen Horngebilde der Epidermis, die bei ihrer grossen Verbreitung und Beständigkeit als vererbte Einrichtungen gelten müssen. Es sind die Nägel und Klauenbildungen an den Enden der Gliedmassen. Schon bei den Amphibien (Salamander) finden sich Andeu- tungen hiefür; bei Reptilien und Vögeln erscheinen sie allgemein; selbst an einzelnen Fingern der zum Flugorgan verwendeten Hand der Vögel haben sich nicht selten solche Nägel erhalten. In der Hufbildung vieler Säugethiere erlangten sie eine voluminösere Entfaltung.

EpidermoYdalgebilde.

§ 321.

Ausser den erwähnten Horngebilden gehen noch andere Differen- zirungen aus der Epidermis hervor. Von diesen nehmen Federn und Haare durch ihre Verbreitung in den beiden oberen Classen der Wirbel- thiere, wie auch durch ihre eigen thümliche Erscheinung eine hervor-

Epidermoid« Igebilde.

443

!fSv!

ragende Stelle ein. Man pflegt beide als »ehr nahe verwandte Organe anzusehen, da sie manches Ueherein stimm ende bieten. Dennoch ergeben sie sieb als divergente Bildungen. Die erste Anlage für Feder wie Haar stellt eine Verdickung der Epidermis, dann einen hocke r förmigen Vorsprung (Fig. 216.4) vor, in welchen eine Cutispapille einwachst. Beim Haar ist dieser Vorsprung unan- sehnlich , mächtiger bei der Feder. Sie sind jenen Erhebungen ähnlich, die bei Reptilien verbreitet sind. Zur Anlage der Feder wachsen die Hocker in pa- pi Den form ige Fortsätze i B C\ aus Feder- zotten}, die aus einer äusseren Epi- dermislage [C e) und einer darunter befindlichen Papille zusammengesetzt sind. Auch die Anordnung dieser ersten Federanlagen in bestimmt abgegrenzte Felder (Federfluren, Pterylien) verweist auf Verbältnisse, die bei den Reptilien in der Anordnung der Schuppen be- stehen. Die Feder ist in jenem ein- fachen Zustande somit ein blosser Fort- satz der Epidermis und der darunter liegenden Cutis. Die Einsenkung der die Cutispapille tragenden Federanlage in die Haut und die damit entstehende Bildung eines »Federfollikelsu ist eine spatere Erscheinung, ebenso wie die Differenzirung der Feder in Schaft und Fahne. Diese Trennung erfolgt erst nach Abstossung der Federscheide, einer aus der ersten Anlage stammenden Epidermisschichte. In den Form- Verhältnissen der Feder ergeben sich je nach der Ausbildung des Schaftes oder der Fahne zahlreiche unseren Zwecken fernerstehende Verschieden- heiten.

Die bei der Federent Wickelung erst spät auftretende Bildung eines Follikels, der den ab »Spule« bezeichneten Abschnitt des Federschanes und die in denselben sich verlängernde gefassreiche Papille umschliesst, cbarakterisirt das erste Auftreten des Haares. Für dieses ist die papillen- artige Epidermis verdickung ein sehr frühe und rasch vorübergehender Zustand; denn das Haar legt sieb nicht in jener ersten Erbebung, son- dern immer in einem von der Epidermis aus in die Cutis einge wucherten Follikel (vergl. Fig. 9t(j I) /f an, in dessen Grund sich dann die Cutis- papille (Fi erhebt. Aus der eingewucherten Epidermis differenzirt sich unter Verhornung der Zellen der Schaft des Haares [F tes), andere zellige Theile des Follikels bilden die Wurzelscheiden.

Die verschiedenen Formen der Haare , mögen sie als Wollhaare oder

444 H. 9- Wirbelthiere.

Contourhaare, Borsten oder Stacheln erscheinen 7 sind nur Modificationen eines und desselben Zustandes der ersten Anlage.

§ 322.

Die aus der Epidermis differenzirten Drüsen ergeben sich im ein- fachsten Zustande als Modificationen einzelner Zellen , deren Protoplasma in feine Körnchen sich sondert, die nach aussen entleert werden. Diese zwischen den anderen Epidermiszellen vertheilten Schleimzellen {Becherzellen) stellen einzellige Drüsen vor (Fische). Sie finden sich noch bei Amphibien , bei denen bereits complicirtere Drüsenorgane ver- breitet sind. Diese erscheinen als flaschen form ige über das lntegument verbreitete Schläuche, in mehreren Formen unterscheidbar. In vielen Füllen erreichen sie eine bedeutende Grösse und bilden höckerförmige, die Haut rauh oder warzig gestaltende Hervorragungen (Kröten und Sala- mander). Zuweilen sind grössere Massen von Hautdrüsen gehäuft und werden für bestimmte Körperstellen charakteristisch (Parotiden).

In geringerem Grade sind Hautdrüsen bei Reptilien verbreitet. Bei den Eidechsen führen die sogenannten »Schenkelporen« in Drüsen, welche als zusammengesetzte Schläuche erscheinen, deren Secret erhärtende, das Lumen der Drüsen ausfüllende Zellen sind. Bei den Vögeln ist das Vor- kommen von Hautdrüsen in hohem Grade beschränkt. Ein Aggregat von Drüsen stellt die besonders bei Schwimmvögeln sehr ansehnliche Bürzel- drüse (Glandula uropygii) vor, deren Secret zum Einölen des Gefieders dient. Bei den Säugethieren scheiden sie sich in zwei scharf getrennte Gruppen : Schweiss- und Talgdrüsen , die vielfach mit den Haarfollikeln verbunden sind. Beiderlei Drüsen sind mehr durch die anatomische Be- schaffenheit als durch die Qualität des Secretes, welches nur für einzelne Fälle näher bekannt ist, zu unterscheiden, wie denn eine und dieselbe Drüsenform an verschiedenen Loyalitäten verschiedene Verrichtungen be- sorgt. Als Schweissdrüsen werden einfachere, terminal gewundene Schläuche bezeichnet, während die Talgdrüsen mehr gelappte Bildungen vorstellen. Häufig vereinigen sich mehrere derselben an einem Haarbalg, sie können sogar im Verhältniss zu letzterem so ansehnlich entwickelt sein, dass der Haarbalg als ein Anhang der Drüse sich darstellt Ausser- ordentlich zahlreiche Modificationen erleiden die Talgdrüsen in Form, Zahl, Grösse, wie auch in der Qualität des Secretes. Sehr verbreitet lie- fern beide Drüsenapparate specifische Riechstoffe verschiedener Art, die in der Oekonomie der Thiere eine bedeutende Rolle spielen. Solche Drüsen erscheinen in vielen Säugethierordnungen an den verschiedensten Loca- litäten der Körperoberfläche ausgebildet.

§ 323.

Die wichtigste Differenzirung von Hautdrüsen erfolgt bei allen Säugethieren in der Bildung von Milchdrüsen,

E pide rmoid *)ge bi Ide .

445

die zur Gescblechtsfunction in Beziehung treten. Sie finden sich regel- mässig an der ventralen Körperfläche meist in symmetrischer Lagerung. Jede »Milchdrüse« besteht aus einem Complexe einzelner Drüsen schlauche, die entweder getrennt bleiben, oder ihre Ausführende vereinigen.

Bei den Monolremen treten diese Organe noch wenig ans der Reihe anderer Hautdrüsen. Jeder der beiden hier bestehenden Apparate wird durch eine Gruppe von Schlauchen gebildet, die einzeln die Haut durch- setzen. Das die Mundungen tragende Feld ist nur durch mangelnde Be- haarung ausgezeichnet und liegt bei Ornithorhvnchus in der Ebene des benachbarten Integumenles . Bei Ecbidna findet es sich in je einer taschen- förmigen Eiasenkung (MammartascheJ , die zur Aufnahme des Jungen zu dienen scheint.

Bei den übrigen Saugetbieren treten in der Bildung der Zitzen besondere, wobl durch das Saugegeschaft allmählich ausgebildete Vor- richtungen auf, welche dem Jungen eine günstigere Verbindung mit dem Milchdrusenapparal gestalten, und zugleich jeden einzelnen Milchdrüsen - comnlex aussertich unterscheidbar machen.

In der Bildung der Zitzen ergeben sich zwei sehr verschiedene Zu- stände. Für beide erscheint vor der Entstehung der Zitze ein gleichmäs- siges indifferentes Stadium

(Fig. 217. -1; , indem ein , A

ziemlich flachesDrüsenfeld b) an seinem Boden einzelne in die Lederhaul wachsende Drüsen aufweist , und durch eine ringförmige Erhebung [<*) vom benachbarten Integu- menle sich abgrenzt. Diese Einrichtung entspricht der Mammarlascbe bei Echidna. Bei der Hehrzahl der Sauge- thiere besteht sie nur vor- übergehend, vielmehr flacht sie sich frühzeitig ab und das Drüsenfeld erhebt sich in seiner die DrllsenmUndungen tragenden Mitte \B) zu einer Papille oder Zitze , auf deren Spitze stets eine Anzahl von Drttsengängen ausmündet.

In der anderen Einrich- tung persistirt die Mammar-r

lasche. Durch fortgesetzte Erhebung des Drusenwalles (a) senkt sich das Drüsenfeld immer liefer , der Band der Mammarlascbe wuchst zu einer

mkrecht« n SrbicMtn. A lad Haren lar Zi

n Orttaifelda. B Erhebung itt Drtm!

C Eibabnng d*i DraeanfaldwaUat in

a Wall det DrtttiifaUu. i. Drns*i

446 H- 9. Wirbelthiere.

Pseudo-Zitze aus, von deren Spitze dann ein einfacher Canai zum Drüsen- feld hinführt (C).

Dieses Verhalten ist bei einem Theile der Ungulaten beobachtet. Uebergangsformen zwischen beiden Befunden der Bildung der Zitze lassen sich bei Beutelthieren (Halmatums) und Nagern (Murina) wahrnehmen. Die Zahl der durch die Zitzen unterscheidbaren Milchdrüsen ist für die einzelnen Abtbeilungen verschieden. Sie entspricht im Allgemeinen der Zahl oder doch dem Maximum der Zahl der gleichzeitig erzeugten Jungen. Sie schwankt selbst innerhalb einzelner Ordnungen ; auch die Lagerung ist verschieden. In der Regel bilden sie zwei Reihen, die bei grösserer Zahl von der Inguinal- bis zur Pectoralregion reichen (Carnivoren, Schweine) . Bei manchen Didelphen sind sie kreisförmig am Abdomen angeordnet. Bei geringer Zahl nehmen sie entweder eine abdominale Stellung ein, wie bei manchen Didelphen , oder sie sind nur in der Leistengegend vorhan- den (Einhufer, Wiederkäuer, Getaceen), oder sie sind endlich auf die Pectoralregion beschränkt (Elephant, Sirenen, manche Prosimii, Chiropte- ren und Primaten). Beim Vorkommen von mehr als einem Zitzenpaar werden zuweilen einige Drüsen abortiv, so dass neben den ausgebildeten und functionsföhigen rUckgebildete Organe bestehen , durch rudimentäre Zitzen erkennbar. Aehnlicherweise rückgebildet ist der ganze Apparat bei den Männchen.

Als eine Anpassung des Integumentes an die durch Milchdrüsen ge- leistete Ernährung der Jungen sind die bei Beutelthieren bestehenden Hautduplicaturen hervorzuheben , durch welche ein die zitzentragende Fläche des Abdomens umschliessender Sack, das Marsupium, gebildet wird. Seine Ausbildung scheint zu dem Grade der Reife der neugebore- nen Jungen im umgekehrten Verhältnisse zu stehen.

Hautskelet. § 324.

Durch Erzeugung von Hartgebilden erhöht sich die Leistung des In- tegumentes als Schutzorgan für den Körper , und bei voluminöserer Ge- staltung jener Theile kann es sogar ein Hautskelet hervorgehen lassen. Die hier in Betracht kommenden Gebilde sind zwar in manchen Fällen be- züglich ihrer Genese unvollständig erkannt, allein sie dürfen doch alle den knöchernen Bildungen beigezählt werden , denen sie in den höheren Abtheilungen sogar vollständig entsprechen.

Den Ausgangspunkt für mannichfache Formen bieten die Hautzähnchen (Placo'fdschüppchen) , die bei Sela- chiern über das ganze Integument verbreitet sind. Man unterscheidet an ihnen eine der Lederhaut inaerirte meist rhomboidal ge- staltete Basis und einen davon sich erhebenden meist in schräg gerichtete Spitzen auslaufenden Abschnitt, der von Epidermis überkleidet wird. An

E pi d sr m cid b 1 ge l)i 1 d e .

einzelnen Stellen , wie i. B. am Kopfe, besitzen sie häufig eine gewölbte Oberflache und liegen unregelmäßig, indess sie ara Rumpfe nicht seilen in

ganz regelmässigen schrägen Reihen (Fig. 219) sich vorfinden. Sie ent- stehen auf Papillen derLederhaul (Fig. 218 p], über welche eine von der Epidermis gebildete Schichte sieb hinweg- sieht, die auf dem vorspringenden Theil der Papille eine scbmeliarlige Substanzlage ab- scheidet, indess der Körper der Papille von der Spilze her ossifi- cirt. Epidermis und Corium hetheiligen sich also gleichmassig an diesen Gebilden. Die ossincirte Papille bietet einen centralen Hohlraum dar, von dem aus feine verzweigte Canale nach der Oberflache ausstrahlen. Das PlacoldschUppchen zeigt somit den Bau des Zahnbeines, von Schmelz überzogen, an der Basis in eine aus Knochengewebe ge- bildete Platte forlgesetzt, und darf in dieser Uebereinstimmung mit Zahngehtlden als Hautzahnchen bezeichnet werden. Bei den Rochen sind diese Gebilde entweder ganz verloren gegangen (Zitterrochen) oder sie werden durch grossere Gebilde vertreten, die in Form von Stacheln oder grosseren Knochen zäh neu gehäuft oder vereinzelt vor- kommen (Stachelrochen).

Die Hautzahnchen der Haie sind bei »■■"" "('r"J""u01™""*" den Ganotden ziemlich allgemein in grossere

Knochenplatten umgewandelt, die bei den Rhombiferen am Körper nicht nur die gleiche Anordnung, sondern auch einen im Wesentlichen aber-

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Fig. 2l<>. H.nüihnrhsn TfnCfnlil-

448 M. 9. Wirbelthiere.

einstimmenden feineren Bau besitzen. Grössere Knochentafeln mit klei- neren wechselnd finden sich bei den Stören. Sie besitzen meist noch vollständig die Rhombenform, die bei anderen GanoYden (den Cycliferen) verloren ging. Daran reihen sich die meist flachen und dünnen Schuppen der Teleostier. Sie erscheinen durch Mancherlei von den Ganol'dschup- pen verschieden , und repräsentiren ein durch die Mannichfaltigkeit der Formen charakterisirtes Auslaufen des bei den GanoYden bestehenden, von den Selachiern ableitbaren Typus.

Bei vielen Teleostiern erleidet die Beschuppung eine Rückbildung bis zu gänzlichem Schwinden. Andererseits entstehen von der Schuppen- bildung einigermassen verschiedene, aus Verschmelzung von Hautzähnchen hervorgehende Theile, wie die Platten und Stacheln der Plectognathen. bei denen es unter festerer Verbindung der Platten zu einer zusammen- hängenden Panzerbildung kommen kann (Panzerwelse, Ostracion, Lopho- branchier) .

Gleichfalls aus Goncrescenzen von Hautzähnchen ableitbare Stücke erscheinen in dem die Gliedmassen überziehenden Integumente bei GanoYden und Teleostiern. In Compensation des rückgebildelen inneren oder primären Skeletes der Gliedmassen bilden diese Knochenstückchen reiche, terminal oft dichotomisch verzweigte Strahlen und setzen dann einen Stützapparat der Flossen zusammen (secundäres Flossenskelet). Häufig ist der den Vorderrand der Flosse einnehmende Strahl massiver, oder stellt einen mächtigen, sogar dem inneren Skelete verbundenen Stacbelstrahl vor, der nicht blos die übrigen Radien überwiegen, sondern auch, wie bei den Panzerwelsen, sogar die gesammte Brustflosse reprä- sentiren kann.

Hertwig, 0., lieber d. Bau u. die Entw. der Placoidschuppea-u. der Zähne der Selachier. Jen. Zeitschr. Bd. VIII. Derselbe, lieber das Haulskelet der Fische. Morph. Jahrb. II.

§ 325.

Von besonderer Wichtigkeit werden die Ossiticationen des Integu- mentes an jenen Körperstellen , wo Theile des inneren Skeletes an die Oberfläche treten. Die hier vorhandenen Ossificationen bilden sich auf dieselbe Weise wie die Knochentafeln an anderen Stellen der Körperober- fläche und sind wieder von einem in den Hautzähnchen gegebenen in- differenten Zustande ableitbar. Während den mannichfachen über den Rumpf verbreiteten Hautknochen eine auf die Fische beschränkte Bedeu- tung zukommt, besitzen andere einen höheren Werth: es sind in bestimmter Anordnung erscheinende Knochenplalten , die besonders am Kopfe mit Beständigkeit auftreten und dort die Anfänge des knöchernen Schädels, zunächst des Schädeldaches vorstellen (vergl. Fig. 220). Diese Hautknochen gehen durch Vererbung auf alle mit

Epld« rm oida Ige bl Ide .

knöchernem Schade) versehenen Wirbeltbie verbinden sieb mit anderen, erst spater schade! auftretenden Ossifica- tionen. So trifft es sich zuerst bei den Stören. Neben den grossen Knochentafeln finden sich zahlreiche kleinere, von denen der grtsste Theil keine allgemeinere Bedeutung bat. Die speciel leren Verhaltnisse werden wegen dieser Beziehungen zum inneren Ske- lete bei letzterem auseinander gesetzt werden. Uebrigens sind es nicht Scha- delknochen allein , welche aus Ossifica- lionen des Integumentes hervorgeben, such andere Skeleltbeile (z. B. die Cla- vicula) besitzen einen ähnlichen Ur- sprung.

Endlich nimmt noch eine Kategorie von Knochen ihre Entstehung auf die gleiche Weise aus PlacoYdscbUppchen : die Knochen in der Begrenzung der Hundhohle, als deren Aus- gangspunkt aus verschmolzenen Pia coKd Schüppchen entstan- dene zahntragende Platten nachgewiesen sind.

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§ 326.

Haulknochengebilde treffen wir in den höheren Classen, bei den Amphibien und zwarfbei den fossilen Archegosauriern, deren llaut- knochen in Gestalt von schildförmigen Tafeln verbreitet waren. Nur in rudimentärer Form finden sich solche Haulknochen vereinzelt bei leben- den Amphibien. Bei Ceratophrys liegt ein Knochenschild in der Haut des Rückens, bei Bracbycepbalus sind drei mit mehreren Wirbeln verbunden. Scheinbar ausserhalb der Reihe dieser Gebilde stehen die unter den Cöci- lien ziemlich allgemein' verbreiteten knöchernen Schuppen, die in laschen- artige Vertiefungen eingesenkt sind.

Ausgedehnter sind sie bei Reptilien vorhanden, die sich hiedurch dem alten Aoiphibiensfamme nahern. Bei den fossilen Teleosauriern wie bei den lebenden Crocodilen stellen Hautknochen über das ganze Integu- ment verbreitet eine Art Panzer her, und auch bei Scincolden finden sich aneinanderschliessende knöcherne Platten im lntegumente in allgemeiner Verbreitung. Aehnliche Hautossificationen bilden hei den Schildkröten

G*I«nb*nr. Grnndms d. i«fl. Aniiomie. I. Aul. i'j

450 "■ 9- Wirbellhiere.

durch ihre Verbindung mit inneren Skelettheilen eine einseitig entwickelte aber sehr vollständige Form des Haulskelets, sowohl an der dorsalen Flüche des Körpers als Ruckenschild, wie an der ventralen als Bauchscbüd (Plastron}. Am Blicke nscbilde ist eine mediane Reihe von Knochen zu unterscheiden, die mit den Wirbeldornen verschmolzen ist, wohl auch von ihnen ausgebt. Lateral folgen grossere mit den rippenartigen Quer- foi-LsHtzen verschmolzene Platten, wozu noch rings um den Rand des Schildes besondere Marginalplatten kommen. Diese fehlen bei Trionys. Am Plaslron sind meist i paarige und ein unpaares Stück unterscheidbar. Alle diese Theile zeigen eine verschiedengradige Ausbildung in den ein- zelnen Familien.

Wahrend die Hautknochen der Reptilien wahrscheinlich als eine Fort- setzung des Knochenpanzers der Fische gellen dürfen, müssen wir die bei den Edentaten vorkommenden Ossifikationen als selbständige, aus An- passungen hervorgegangene Einrichtungen bcurlheilen.

Inneres Skelet.

§ 327. Von grösserer morphologischer Bedeutung als die vom Integumente gelieferten Skeletgebilde ist das innere Skelet, welches einerseits An- knüpfungen an die Einrichtungen Wirbelloser bietet, andererseits durch eine lange Reihe wechselvoller Befunde sich durch alle Abtheilungen der Wirbellhiere verfolgen lässt.

Als erster Zustand erscheint das innere Skelet in Form eines die Lunge des Körpers durchziehenden stall form igen Gebildes, in ein- fachster Weise aus indifferenten Zellen zu- sammengesetzt und umgeben von einer aus Abscheidung dieser Zellen hervorgegangenen CuuVularhildung. Dieser primitive Stütz- apparat ist die Rtlckensaile (Chorda dorsalis, Notoehordj, die wir bereits bei Tunicaten trafen. ,Yergl. § 3)13.) Die von ihr gebildete Hülle ist die Chordascbcide es). Die eiste Anlage der Chorda findet un- mittelbar unter dem centralen Nervensysteme stall, und zeigt sich nicht überall in gleicher Beziehung zu den Keimblättern, doch durfte die mittelbare oder unmittelbare Abstammung vom Mesodcrm abzuleiten sein. Das einheil- Kuckexni«!. a «m. r im«n. |jch^ aDftnglich in allen Füllen jeder Gliede- rung entbehrende Verhallen der Chorda spricht für die llerleilung dieses Orpanes aus einem ungegliederten Zustande dos Organismus, womit auch sein frühzeitiges Auftreten baraiomrt.

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I anere9 Skelet.

451

Die Chorda besitzt constante Lagebeziehungen m den wichtigsten übrigen Organen, lieber fbr liegt das centrale Nervensystem , unter ihr findet sich der respiratorische und DUtritorische Apparat. Zur Um- schliessung des bezeichneten dorsalen und ventralen Raumes erstrecken sich, von dem die Chorda umgebenden Bindegewebe Fortsätze aus und senken sich zugleich in die Kürpermuskulatur ein , die dadurch in eine Anzahl hinter einander liegender Abschnitte getheilt wird. BeiAmphioxus verbalten sich diese Abschnitte insofern asymmetrisch, ab sie beiderseits alterniren.

Der niedere Zustand des durch die Chorda reprSsentirten Axenske- lels bleibt bei den Leplocardiern bestehen, eigentümliche gewebliche Modilic.itioneii aufweisend. Bei allen übrigen Wirbeltbieren erscheint die Chorda nur für die ersten Enlwickelungsstadien als ausschliessliches Axenskelet, und neue Dinerenzirungen lassen sie allmählich in ihrem funclionellen Werlbe sinken. Solche treten sowohl an der Chorda als in dem sie umgebenden Gewebe auf, welches man wegen seiner Be- ziehungen zum spateren Skelele als »skelelogene Schichte« oder als »skeletbildendcs Gewebes bezeichnet. Die Chordazellen stellen ein dem Knorpel almliches Gewebe dar, und die Chordascheide gewinnt durch Verdickungen ihrer Schichten eine selbständigere Bedeutung für die SlUtzfunction . Hit der Bildung von Knorpel- gewebe [Fig. 82) b. k) um die Chorda tritt die vorher nur angedeutete Gliederung des Axen- skelets in einzelne als Wirbel bezeichnete Ab- schnitte auf, welche als der am Axenskelete erscheinende Ausdruck einer Meta- merenbildung des Gesa mmlkörpers sich darstellen und durch ihre Reihenfolge die Wir- belsäule bilden. An jedem Wirbel unter- scheiden wir den die Chorda einschliessenden Abschnitt als Körper und mittelbar oder un- mittelbar davon ausgehende, den dorsalen und ventralen Binnenraum des Leibes umscbliessende SpaugenstUcke als Bogen. Die letzteren unter- scheiden wir nach ihren Beziehungen zu jenen beiden Räumen als obere und untere Bogen.

Hit der Gliederung des Axenskeletes bildet bei den Cranioten am vordersten Abschnitte ein bestimmt abgegrenztes Stück das primitive Cra- ■•»»■Im* «Aorta, i y™*. nium.

Gin unteres Bogensystem , welches den vordersten , als Athmungs- organ fungirenden Abschnitt des Tractus intestinalis umschliessl, wird als Kiemen- oder Visceralskelel unterschieden. Cranium und Visceral skelet bilden zusammen den vordersten Abschnitt des gesammlen Skeiets, das Skelet des Kopfes. Die hier sich anschliessenden übrigen

Fig. Kl ». Qnrrtchnitt dmch du Bacifnt sin* Junten LkIdl CT Chorda, a Cborditchtiu. •» Kneten-

452 II. ». Wirbelthiere.

Skeletbildungen werden durch die mehr oder minder gleichartig bis zum Schwanzende des Körpers verlaufende Wirbelsäule repräsentirt, deren obere Bogen in inniger Verbindung mit den Korpern fortbestehen. Von den unteren Bogen dagegen gliedern sich auf der die Leibesböhle um- schliessenden Strecke bewegliche spangenförmige Stücke ab, die Rippen. Dazukommen endlich noch Skelettheile der Gliedmassen, die durch besondere Apparate , den Brust- und den SchultergUrtel , dem Rumpfskelete verbunden sind.

Der knorpelige Zustand des primitiven Skeletes wiederholt sich all- gemein auch in den höheren Abtheilungen, spielt aber hier nur eine vor- übergehende Rolle, indem Knochengewebe allmählich an seine Stelle tritt, und die Skelettheile damit auf eine functionell höhere Stufe hebt. Dem entsprechend erscheint in den morphologischen Befunden eine rei- chere Differenzirung. Aber auch für das knöcherne Skelet kommt dem Knorpel noch eine grosse Bedeutung zu. Von Belang ist auch eine durch Kalkeinlagerung bedingte Modification des Knorpels, welche nicht blos der Ossification knorpelig angelegter Skelettheile vorausgeht, sondern auch, als meist oberflächliche Verkalkung an den Knorpelskeleten nie- derer Gnathostomen (Selachier) eine definitive Einrichtung bildet.

Wirbelsäule.

§ 328.

Die Trennung des Rückgrates in Schädel und Wirbelsäule ist bei Amphioxus noch nicht vollzogen ; das gesammle Axenskelet wird gleich- artig durch die Chorda repräsentirt. Bei den Granioten ist die Scheidung eingetreten. Die niedersten Verhältnisse des Rückgrates bieten Cyclosto- men, deren weiterentwickelte Chorda sammt ihrer Scheide den Haupttheil der Wirbelsäule repräsentirt. Um die Ghordascheide findet sich knorpel- arliges Gewebe, welches sich sowohl in seitliche Leisten, als auch in die Wand des dorsalen Canals fortsetzt. Dieses Gewebe ist eine continuirliche Differenzirung der skeletogenen Schiebte und darf nicht mit den die Wir- belsegmente begründenden Knorpeln zusammengeworfen werden. Somit besteht hier, strenggenommen, noch keine Trennung des Rückgrates in einzelne Wirbel, nur Spuren hiervon finden sich bei Petromyzon, bei welchem die Wand des dorsalen Ganais am vorderen Abschnitte einzelne, oberen Bogen entsprechende Knorpelslücke umschliesst, sowie auch An- deutungen unterer Bogen vorkommen.

Auch bei Chimären und DipnoY persistirt die Chorda in ihrem ur- sprünglichen Verhalten. Bei den Chimären bilden ringförmige Verkalkun- gen der ansehnlichen Chordascheide die Andeutung einer Segmcntirung des Chordarohrs, allein sie kommen in viel grösserer Anzahl als die Wir- belsegmente vor, welche nur durch der Chordascheide aufgesetzte Bogen- stücke vorgestellt werden. Am vordersten Abschnitte umwachsen sie die

Wirbelsäule.

453

Chorda und lassen , unter sich verschmelzend, ein grosseres einheitliches SlUck hervorgehen. Bei den Dipno) bildet sich um die primitive Chordascheide noch ein besonderes, aus der skeletogenen Schichte ent- standenes Bohr, welchem die knorpeligen, oberflächlich ossificirten Bogen- sUlclto aufgesetzt sind.

In hohem Grade weiter ausgebildet erscheint das Axenskelet der Selacbier. Um die Chorda treten die Anlagen oberer und unterer Knor- pelbogen auf, welche , die Cborda umwachsend , knorpelige, ringförmig gestaltete Wirbelkörper herstellen. Der die Cborda umscbliessende Tbeil des Knorpels sondert sich von dem peripherischen in die Bogen sich fort- setienden, und reprfisentirt damit, ähnlich wie bei den DipnoY, eine Art von knorpeliger Scheide {skeletogene Chordascbeide) , welche der cuticu- laron Scheide angelagert ist.

Bedeutende Verschiedenheiten im Baue der Wirbelsäule der Selachier entspringen aus der Art des Wacbslbums der Chorda und ihrer Scheide. Bald stellt der Knorpel ein cylindrisches Bohr vor, au welchem die Wirbel nur durch die Bogen und ringförmige Stücke der skeletogenen Scheide repräsentirt sind ; bald zeigt sich ein interverlebrales Wachs thum der Chorda (Fig. 222 B), welche da, wo der Wirbel (v) mit der Entstehung

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der BogenstUcke sich zuerst um die Cborda angelegt hat, auf dem früheren Umfange besteben bleibt. Aus diesem Verballen entstehen biconeave, (amphieöle) Wirbelkörper [D] , deren Vertiefungen von der inlcrvertehralen Chorda ausgefüllt werden. Hiedurch sind die für den Bau der Wirbel fast aller Übrigen Fische massgebenden Verhaltnisse angebahnt.

II. 9. Wirbeltbiere.

§ 329. Bei den Ganoiden schliessen die niedersten Zustünde der Wirbelsäule an die einfachste Organisation der Seiachter sich an. Ausser den oberen, mit den Wirbelkürpern zusammenhängenden Bogen betheiligen sieb bei den Stören wie bei Selachiern und Chimären noch besondere Schall ■- knorpel am Verschlusse des Rückgratcanals.

Die Chordascheide bildet bei den Stören ein ansehnliches Rohr, eine Scheidung in Wirbel wird nur durch die aufsitzenden Bogenstucke ange- deutet. Von dieser niedersten Form wird die Wirbelsaule der übrigen Ganoiden durch eine weile Kluft getrennt. Amia schliesst sich den Teleosliern an. An den Verbindungsstellen der Bogen mit den Wirbel- körpern erhält sich ein Knorpelrest, der bei Polypterus fehlt, so dass Bogen und KOrper knöchern vereinigt sind.

Am meisten verschieden zeigt sich Lepidosteus, bei welchem die Knorpelanlage des Wirbels intervertebrale Einschnürungen der Chorda erzeugt. An dem die Einschnürungen bildenden Knorpel entsteht eine intervertebrale Gelenkhoble, so dass die opisthoeölen Wirbelkörper mit einander articuliren. Hierin bietet sich ein Anschluss an die Amphibien, doch geht der verlebrale Chordarest später verloren und es bildet sieb ein knöcherner, mit den oberen Bogen continuirlich verbundener Wirbelkörper aus.

An der Wirbelsäule der Teleoslief wird eine Reduction der knorpeligen Anlage charakteristisch. Diese Reduction ist als eine allmähliche nachweisbar und sogar an einer und derselben Wirbelsäule lässt sich die von vorne nach hinten vor sich gehende Abnahme der Knorpelanlage in gewissen Entwickelungsstadien erkennen. In der Regel erscheinen um die Chorda vier, oberen und unteren Bogen zugehörige KnorpelslUcke (Fig. 221 b.H'i, die sieb in verschiedenem Hasse an derBogenbildung beiheiligen. Nur seilen werden voll- Fig. m senimcbt« ständige obere Bogen durch sie hergestellt. Mit dem »ttoMu? Wirbel, tob Auftreten von Knochensubstanz werden diese Knorpel Esoi loiifls. cd meist ins Innere des Wirbelkörpers eingeschlossen cbord».cicbord«s<;o«id*. und stellen dann auf senkrechtem Querschnitte ein itiin'i'üiiitm' schräg stehendes Knorpelkreuz vor (vergl. Fig. Bogt,D»ni«ge» eniBore- 223. k k'}, dessen Schenkel gegen die knöchernen ch*iid. * !■■««■«■« ßogen gerichtet sind. Immer findet sich inlerveite- gr.tt.ii.]. brales Wachslbum der Chorda, welches den Wirbel-

körper amphieöl erscheinen iässt.

§ 330. Die Wirbelsäule der Fische ist nur in eine Rumpf- und eine Scbwanzregion unterschieden. Beide sind durch das verschiedene Ver-

Wirbelsäule. 455

halten der untern Wirbelfortsätze ausgezeichnet, während die oberen Bogen in Verbindung mit der Wirbelsaule ihr gleichartiges Verbalten bei- behalten und meist durch mediane Fortsätze (Proc. spinosi) ausgezeichnet sind. Die untern Bogen erscheinen am Rumpfe in Hippen und diese tra- gende Querfortsatze (Parapophysen) gegliedert. Am Schwänze erhalten sie sich bei Selachiern und Ganolden mit dem Wirbelkörper in conlinuir- licher Verbindung, und laufen , ähnlich den oberen Bogen, in Dornfort- satze aus.

Bei den Teleostiern gehen die rippenlragenden Querfortsälze unter allmählicher Gonvergenz am Caudalabschnilte in untere Bogenbildungen Über, die, obwohl sie Dornforlsälze bilden, jenen der Selachier und Ganolden nicht homolog sind.

Das caudale Ende der Wirbelsäule lauft bei Chimären, Dipnol und vielen Teleostiern unter gleichmassiger Verjüngung aus, zeigt aber bei den meisten Fischen bedeutende, mit der Entfallung der Schwanzflosse zusammenbangende Modificationen. Diese betreffen zunächst die unleren Bogen stucke , welche bei den Haien terminal bedeutend verbreiterte Dorn fortsalze bilden, denen die vorzuglich ventral entwickelte Schwanz- flosse verbunden ist. Bei manchen Haien , mehr noch bei den Stören, geht dieses Schwanzskelet eine sehr ungleiche Differenzirung ein. Die mächtigere Ausbildung der unleren Dornforlsatze ist nämlich von einer Ruckbildung der oberen Dornforlsälze wie der oberen Bogen der letzten Gaudalwirbel hegleitet, woraus eine Aufwärtskrümmung des Gaudalendes der Wirbelsäule resullirt. Der bei den Haien untere Lappen der Schwanz- flosse empfängt damit eine terminale Stellung.

Bei den Teleostiern tritt noch eine Verkümmerung desAxentheils der Wirbelsäule hinzu. Indem eine Anzahl der letzten meist verschmelzen- den Wirbelkorper mit ihren oberen Bogen sich unvollständig oder gar nicht mehr entwickelt , indess deren untere Böge nslücke erhalten bleiben, oiuss die Aufwärlskrummung sich in demselben Hasse steigern, als Zahl- und Volumsentfaltung der un- leren BogenslUcke Über die oberen das üe berge wicht gewinnt. Dieser Zustand .Fig. 224) setzt sich durch Ruckbildung einer grosseren Anzahl von Wirbelkörpern hier noch weiter fori, so dass nur noch deren untere Bogen bestehen (Physostomen). BckmOsw*.

Endlich verschwinden die Wirbel völlig und die Reste der unteren Bogen des Scbwanztheiles verbinden sieb als senkrechte Platten mit einem einzigen, das Ende der Wirbelsäule darstellenden Wirbel, von dem

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456 H- 9- Wirbelthiere.

ein aufwärts gerichteter griffeiförmiger Fortsatz (Urostyl) das Ende der Chorda aufnimmt (Acanthopteri).

Mit diesen von der Wirbelsäule gebildeten Theilen verbinden sich vom Integumente gelieferte Stutzorgane , die in die Schwanzflosse ein- gehen. Bei Selachiern sind das die sogenannten Hörn faden, bei GanoYden und Teleostiern Ossificationen, welche die Strahlen der Flosse bilden.

Wie die Schwanzflosse so erhalten auch die anderen unpaaren Flossen ihre Slützorgane theils vom Axenskelete, theils vom Integumente. Bei Selachiern treten von Dornfortsätzen abgegliederte Knorpelstücke in jene Flossenbildungen ein, und gewinnen allmählich eine selbständige Bedeu- tung. Bei GanoTfden und Teleostiern sind sie als »Flossenstrahlträger« discrete Knochenstucke geworden, aus dem Zusammenhange mit den Dornfortsätzen gelöst. Sie stehen mit den Flossenstrahlen in Verbindung, welche bald aus einzelnen Knochenplättchen zusammengesetzte geglie- derte Gebilde sind, bald durch solide Knochenstäbe (Stachelstrahlen) vor- gestellt werden.

§ 331.

Bei den Amphibienwirbeln umwächst die knorpelige Anlage der Bogen die Chorda, und bildet an letzterer durch intervertebrale Wuche- rungen Einschnürungen (Fig. 222. C). Bei vielen wird an diesen Stellen die Chorda zerstört. Bei den Anuren persistirt die Chorda in Mitte des Wirbelkörpers , wovon nur jene eine Ausnahme bilden , deren Wirbel- körper Über der Chorda angelegt wird (Hyla, Bombinator, Pelobates etc.) . Aus dem intervertebralen Knorpel gehen mit dem Auftreten von Gelenk- höhlen die Gelenkenden der Wirbelkörper hervor. Unvollständig sind diese Intervertebralgelenke bei den meisten Urodelen, deren Wirbelkörper alle Stadien der Gelenkbildung erkennen lassen.

Bei anderen Urodelen besitzt der intervertebrale Knorpel nur eine geringe Entwickelung , so dass die Chorda von ihm nur wenig oder auch gar nicht eingeschnürt wird. Sie erhält sich in der ganzen Länge der Wirbelsäule, abwechselnd eingeschnürt und erweitert bei Menobranchus, Siredon, Menopoma. Bei den letzteren tritt die Betheiligung des Knor- pels am Aufbau der Wirbel beträchtlich zurück und es lässt sich eine bei den Salamandrinen beginnende bis zu Proteus hinführende Reihe nach- weisen, in welcher der Intervertebralknorpel allmählich ruckgebildet wird. In demselben Masse als diese Rückbildung stattfindet, wird der Wirbel durch Ablagerungen von knöchernen Schichten dargestellt, die sogar t heil weise direct der Chordascheide auflagern können.

Anlagen oberer und unterer Bogen sind am Rumpfe nicht mehr dis- cret, vielmehr scheinen beide hier in einer gemeinsamen Knorpelmasse zusammengetreten zu sein. So geht von hier an ein bei Fischen erkenn- bares Verhalten verloren und die Anlage des knorpeligen Wirbels wird frühzeitig einheitlich gestaltet.

Wirbelsäule.

457

Die Verkümmerung des hinteren Endes der Wirbelsäule bei den Amiren lügst eine geringe Wirbelzahl zur Entwickelung kommen. Mit dem Verschwinden des Schwanzes bildet sich dann aus einigen Wirbel- anlagen ein langes, dokh förmiges, gewöhnlich als Steissbein bezeichnetes Knochens ttick (Fig. 225. c), so dass mit diesem höchstens zehn Wirbelsegmenle unterscheid bar sind. In viel grosserer Zahl erscheinen sie bei den L'rode- len, bei Amphiuma bis über 100, Menopoma 48, Salamandra 42, und bei den Cocilien gegen 230.

Von den Fortsätzen der Wirbel sind die Quer- fortsätze {tr] bei Salaraa ndrinen wenig voluminös, die vorderen meist in zwei Schenkel getheilt, an- sehnlicher aber einfach sind sie bei Anuren. Obere Dornfortsatze bestehen nur rudimentär. Gelenkver- bindungen der Bogentheile der Wirbel finden sich unter Ausbildung paariger Gelenkfortsätze in allge- meiner Verbreitung.

Durch die Verbindung des Beckengurteis mit der Wirbelsäule trennt sich nicht nur der Caudal- abschnitt scharfer vom Rumpftheile, sondern es wird noeb ein Sacralabschnitt durch einen Wirbel reprä- sentirt, der meist durch mächtige Querfortsaue besonders bei Pipa) sich auszeichnet.

Gsomims, Ualers. Über die Wirbelsäule der Amphibien. Leipzig 1861.

§ 332.

Um die Chorda dorsalis bildet sieb bei den Sauropsiden die Anlage der Wirbelsäule, ähnlich wie bei den Amphibien. Knorpelige Wirbel- körper senden eben solche Bogensttlcke aus , die den Rllckgratcanal ab- schliessen. Auchdieiniervertebrale Einschnürung der Chorda besteht (vergl. Fig. 222. D) , doch geht die ganze Chorda (mit Ausnahme bei den Ascala- bolen) zu Grunde. Die Trennung der eontinuirlicben Anlage in einzelne Wirbelkörper geschiebt ähnlich wie bei den anuren Amphibien, und bei Eidechsen und Schlangen geben daraus proeöle Formen hervor. Bei Crc— codilen und Vögeln werden die zwischen den Wirbelkörpern des Halses liegenden Knorpelpartieen der Anlage zu einem besonderen interverte- bralen Apparate verwendet.

Von den oberen Bogen erstrecken sich Gelenkfortsatze zu den nächst vordem und hinlern Wirbeln. Sie sind sehr entwickelt an der Hals- wirbelsäule der Schildkröten. Obere Dornfortsätze finden sieb in ver- schiedenem Masse, besonders an den Rumpfwirbeln, bei den Crocodilen und vielen Eidechsen auch noch an den Schwanzwirbeln vor. Querforl- sätze nehmen entweder vom Wirbelkörper selbst, oder doch dicht an

458

II. 9. Wirbelthiere.

Fig. 226. Halswirbel von Vultur cinerens. c Körper, p Bogenstücke. Dornfortsati. co Rippen- rudiraent.

diesem ihren Ursprung. Sie sind an der Rumpf- und Schwanzwirbel- säule der Crocodile ansehnlich entfaltet, am meisten jedoch hei den Schild- kröten , wo sie von den im Integumente entstandenen Knochen platten des

Rückenschildes umwachsen werden. In einen oberen und unteren Theil gespalten erscheinen sie bei Schlangen. Rippen sind bei Reptilien und Vögeln längs des ganzen Rumpftheiles der Wirbelsaule vor- handen, und fehlen nur den Schildkröten.

Die bei den Reptilien beweglichen Halsrippen verwachsen bei den Vögeln (Fig. 226. co) mit den Wirbeln und begrenzen mit letzteren ein Foramen transversarium.

Untere Bogen finden sich am Gaudaltheile der Wirbelsäule bei Eidechsen, Schildkröten und Croco- dilen, wo sie sich immer zwischen zwei Wirbel- körpern befestigen und zur Herstellung eines Caudalcanals beitragen. Rudimentär sind sie bei den Vögeln vorhanden. Ganz verschieden hier- von sind untere Fortsätze, die bei Schlangen, Eidechsen und Vögeln direct von den Wirbelkörpern ausgehen.

Die Vergleichung mit den Amphibien lässtan der Wirbelsäule der Reptilien und Vögel eine

reichere Gliederung wahrnehmen. Durch die Verbindung einer Anzahl von Rippen mit einem Brustbein son- dert sich sowohl ein Halstheil der Wirbel- säule, wie auch ein Len- dentheil schärfer. Der letztere umfasst die prä- sacrale, mit nur kurzen Rippen ausgestattete Wirbelgruppe und ist deutlich bei Eidechsen und Crocodilen. Die mangelnde Sternalver- bindung bei Schlangen lässt Brust- und Hals- abschnitt indifferent er- scheinen, wie auch eine Lendenregion nicht un- terscheidbar ist. Auch

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Fig. 227. Sacraltheil der Wir- Fig. 228. Sacraltheil der Wirbel- belsaule eines Reptile mit saule eines Vogels,

den benachbarten pra- und postsacralen Wirbeln.

Beide schematische Figuren sind ?on der ventralen Fliehe dar- gestellt und teigen linkerseits die Nervengeflechte. Für beido Figuren : a erster Sacralwirbel, 6 zweiter Sacralwirbel. 1, 2, 3, 4 . . . Prasaerahrirbel. 1', 2*, 3', 4' ... . Postsacralwirbel (Candalwirbel).

Wirbelsäule. 450

bei den Schildkröten bieten die Wirbel des Rumpfes ein gleichartiges Verhalten dar. Die Differenzirung jener Abschnitte ist keine scharfe, in- sofern bei Eidechsen und Crocodilen wie bei Vögeln die letzten Rippen des Halstheiles nur wenig an Lange von den nächstfolgenden an das Ster- num gelangenden verschieden sind. Aehnliches gilt vom Lendentheile der Eidechsen , der bei den Vögeln sogar mit dem eigentlichen Sacral- abschnitt sich verbindet. Der sacrale Theil der Wirbelsäule bietet eine Vergrösserung, indem bei Reptilien mindestens noch ein zweiter Wirbe! (Fig. 227. a b) zu dem schon bei Amphibien vorhandenen tritt. Diese Wirbel gehen zugleich festere Verbindungen ein, und verschmelzen völlig unter einander bei den Vögeln, zu deren primitiven Sacralwirbeln (Fig. 228. a b) noch eine grössere Anzahl prilsacraler und postsacraler Wirbel sich fügt, die alle mit dem Darmbein Verbindungen eingehen. Im so- genannten Sacrum der Vögel sind sowohl thorakale als lumbale wie caudale Wirbel zu erkennen, welche die Ge- sammtzahl bis auf 23 (bei Struthionen) erheben. Die beiden echten Sacralwirbel sind bei Hühnervögeln , vielen Schwimmvögeln , auch bei Raubvögeln sehr deutlich unterscheidbar.

Die schwankendsten Verhaltnisse bietet der Caudalabschnitt , an welchem sowohl bei Schildkröten als Vögeln eine bedeutende Reduction sich ausspricht.

Unter den Vögeln tritt bei den Carinaten ausser der Reduction der Zahl auch eine Verschmelzung von 4 6 discret angelegten Wirbeln ein, woraus der letzte, ein grösseres Stück darstellende, gewöhnlich als »Steissbein« oder »Pflugscharbeina bezeichnete Abschnitt der Wirbelsaule hervorgebt, der in Anpassung an die Beziehung zu den Steuerfedern meist in eine senkrechte Platte sich auszieht.

§ 333.

Bei den Saugethieren umwachst die knorpelige Anlage der Wirbel- saule die Chorda dorsalis und bildet an der je einem Wirbelkörper ent- sprechenden Stelle eine Einschnürung, so dass die Chorda sich interverte- bral langer erhalt (Fig. 222 E) . Aus dem sie hier umgebenden Gewebe bildet steh die intervertebrale Bandscheibe aus, in welcher der Chordarest als »Gallertkern« fortbesteht. Von den Wirbelkörpern aus erstreckt sich der Knorpel in die oberen Bogen. Sowohl im Wirbelkörper als an den Bogen entstehen selbständige Ossificationen und die von da aus ver- knöchernden Stücke verschmelzen erst nach Abschluss des Wachsthums.

Die Bogen bilden an den meisten Wirbeln Dornfortsatze. Bei den langhalsigen Ungulaten [Giraffe, Kameel, Pferd) fehlen sie an der Hals- wirbelsaule , sind dagegen am Rumpftheile bedeutend entwickelt. Letz- teres gilt auch von den Cetaceen , an deren Caudaltheil sie noch ansehn- licher sind. Allgemein besteben Gelenkfortsatze, die nur bei den Cetaceen Rückbildungen erlitten haben. Als Querfortsatze pflegt man sehr ver-

460 H- 9- Wirbelthiere.

schiedenartige Bildungen zu bezeichnen, die bald von den Wirbelbogen, bald von den Körpern entspringen. Den einfacheren Zustand bieten diese Processus transversi an der Hals- und Brustregion. An ersterer erleiden sie eine Gomplication durch die Verbindung mit Rippenrudimenten, die mit ihnen verwachsend ein Foramen transversarium umschliessen helfen. An der Brust tragen sie gleichfalls Rippen . die ihnen ventralwärts ange- schlossen sind. Doch können sie auch terminal Rippen tragen , wie die hinteren Brustwirbel der Cetaceen. Beim Uebergang der Brustwirbel in den Lumballheil der Wirbelsäule erscheint in grosser Verbreitung eine Differenzirung der Querfortsätze in drei besondere Fortsätze. Nach vorne gerichtete, zuweilen sehr ansehnlich werdende Höcker bilden die Pro- cessus ma miliares, die auch auf die Wurzel der vorderen Gelenk- fortsätze rücken können. Nach hinten und aufwärts gerichtete Fortsätze stellen die Proc. accessorii vor, und ein dritter Fortsatz ist lateral, häufig auch abwärts gerichtet, und bildet die Proc. transversi (Pr. laterales) der Lendenwirbel.

Die einzelnen Abschnitte der Wirbelsäule sind bei den Säugethieren schärfer als bei den Reptilien und Vögeln differenzirt. Vornehmlich ist es die Halsregion, die, durch den constanten Besitz von 7 Wirbeln ausge- zeichnet, von dem Brustabschnitte sich bestimmter abgrenzt, indem ihre Rippenrudimente zu den Brustrippen nur ausnahmsweise allmähliche Uebergänge bieten. Eine Vermehrung der Halswirbel bei Bradypus auf 8 oder 9 erklärt sich aus dem Uebergänge von Brustwirbeln in den Hals- abschnitt, ebenso wie eine Verminderung auf 6 bei Gholoepus und dem australischen Manati aus einer vollständigen Entwickelung der Rippe des siebenten Halswirbels ableitbar ist.

Die Lendenregion ist durch den Mangel beweglicher Rippen ausge- zeichnet. In der Sacralregion findet sich meist nur ein das Darmbein tragender Wirbel, dem sehr häufig noch ein zweiter sich ähnlich verhält. Seltener erstreckt sich die Darmbeinverbindung noch auf einen dritten Wirbel. Indem diese untereinander und noch mit einem oder einigen Cauda) wirbeln verschmelzen, bildet sich ein einheitlicher Abschnitt als »Os sacrum« aus, an welchem wir also die echten Sacralwirbel von den unechten aus Caudalwirbeln entstandenen zu unterscheiden haben. Bei Edentaten wird die Zahl der Sacralwirbel durch Verbindung der Sitzbeine mit der Gaudalwirbelsäule vermehrt. Auf diese Weise entsteht eine Aus- dehnung des Sacraltheiles über 8 9 Wirbel.

Der Schwanztheil der Wirbelsäule ist auch bei den Säugethieren der variabelste, er bietet innerhalb der meisten Abtheilungen sowohl Zustände grosser Entwickelung, als auch bedeutende Rückbildungen. So erhebt sich die Wirbelzahl bei den Affen bis auf 30, um bei einigen selbst unter jene Zahl zu sinken, welche noch beim Menschen sich erhalten hat.

Wie sich dadurch der letzte Abschnitt dem vordersten oder Halstheil entgegensetzt, so ist der zwischen inne liegende bezüglich der Zahlen- verhältnisse minder constant als der Halsabschnitt, aber auch minder

Wirbelsäule. 461

schwankend als der Gaudaliheil der Wirbelsäule. Die Zahl der Dorsolum- balwirbel stellt sich sehr hoch bei den Halbaffen (23 24 bei Lemur), bei Gholoepus (27), bei Einhufern (24) u. a., am höchsten bei Hyrax (29). Geringer ist sie bei den übrigen Abtheilungen.

Innerhalb der grösseren Abtheilungen spricht sich die gemeinsame Abstammung der einzelnen Gattungen in einer ziemlich vollständigen Uebereinstimmung der Gesammtzahl der Dorsolumbalwirbel aus. Für die Beutelthiere und Artiodactylen ergeben sich durchgehend \ 9 ; und ebenso viel oder 20 herrschen bei den meisten Nagern, den Raubtbieren (2f bei Paradoxurus und Procyon) und der Mehrzahl der Primaten , wahrend sie bei einigen der letaleren auf \ 8 oder 4 7 sinkt, womit zugleich die meisten Ghiropteren übereinstimmen.

Die Verschiedenheiten innerhalb der Dorsolumbalregion entspringen dann aus dem Verhalten der Rippen, deren Rückbildung eine Vermehrung der Lumbaiwirbel hervorruft.

§ 334.

Bei den mannichfachen Dtfferenzirungen der Wirbel sind die extre- men Zustünde in der Regel durch Uebergangsformen verknüpft. Nur an den beiden vordersten Wirbeln prägt sich eine ausschliesslich auf diese beschränkte Einrichtung aus, die aus der Verbindungs- und Bewe- gungsweise des Schädels an dem Rückgrate hervorgeht.

Bei den Fischen bestehen in der Verbindung zwischen Schädel und erstem Wirbel zuweilen eigenthümliche Einrichtungen , bei Rochen sogar Gelenke, die auch bei Teleostiern an seitlichen Fortsätzen sich finden. An- dere Modificstionen beginnen bei den Amphibien. Der erste Halswirbel ist ringförmig, indem er gewöhnlich der Querfortsätze entbehrt, die nur bei Verschmelzung mit dem folgenden Wirbel vorkommen (Pipa). Dieser erste Wirbel wird als Atlas bezeichnet. Bei den Reptilien bleibt der Körper des Atlas, vor jenem des zweiten, als Epistropheus unter« schiedenen Wirbel gelagert, von seinen Bogenstücken getrennt, und ver- bindet sich enger mit dem Körper des Epistropheus als mit letzteren. Da- bei entsteht unter diesem Körper ein besonderes, die Bogenstücke ventral vereinigendes Stück, und bei den Grocodiien findet sich noch ein dorsales Schlussstück des Bogentheils. Bei den Schlangen verwächst in der Regel der dem Körper des Atlas entsprechende Theil mit dem zweiten Hals- wirbel, und bildet dessen Zahnfortsatz, ebenso bei den Vögeln, bei wel- chen auch die ventrale Bogen Verbindung im Vergleich zu jenem »Processus odontoYdes« eine bedeutendere Grösse erreicht.

Das Verhalten bei den Reptilien repräsentirt bei den Säugelhieren einen embryonalen Zustand, der bei den Monotremen länger währt, als bei denUebrigen, und selbst bei Beutelthieren häufig durch Trennung des Allaskörpers vom Epistropheus fortbesteht. Sonst geht der Körper des Atlas vollkommen in den Zahnfortsatz des Epistropheus auf. Die untere Vereinigung der Bogen wird bei Marsupialien nur durch ein Ligament

462 "• 9- Wirbelihiere.

hergestellt oder es entsteht an dessen Stelle ein distincter Knochen , bei den Monodelphen eine knöcherne ventrale Spange zwischen den beiden Bogenhälften.

R,i p p e n. §335.

Als Rippen bezeichnet man Skelettheile, die aus den unteren Bogen- stücken der Wirbel hervorgingen , vorübergehend oder dauernd mit der Wirbelsäule beweglich verbunden sind, und in der Regel einen subverte- bralen Raum spangenartig umziehen. Dieser Raum zerfallt in zwei , so- wohl nach dem Umfange, als nach den eingelagerten Organen differente Abschnitte. Der vordere ist die Leibeshöhle. Der hintere Abschnitt setzt sich in den Schwan» fort und bildet den engen, zuweilen in zwei über- einander verlaufende Theile geschiedenen Gaudalcanal. So sehen wir die Verhältnisse bei Fischen , bei denen auch in der Gliederung der Körper- regionen die indifferentesten Zustände walten.

Die Vergleichung der Contenta der beiden Strecken des subvertebra- len Raumes lässt eine Verschiedenheit ihrer Volumzustände wahrnehmen. Während im Caudalcanal Blutgefässe oder höchstens noch Theile der Nie- ren eingelagert sind , in allen Fällen Organe von wenig variablem Volum, werden an den Organen der Leibeshöble bedeutende, häufig in regelmäs- siger Folge von Füllung und Entleerung sich äussernde Volumschwan- kungen wahrnehmbar. Diesem Verhalten entsprechen die an den unteren Bogen wahrnehmbaren Einrichtungen. Sie erscheinen als unmittelbare Fortsätze der Wirbel am caudalen Abschnitt, und sind unbeweglich; dagegen sind sie am abdominalen Abschnitte in Anpassung an den veränderlichen Umfang des von ihnen umspannten Raumes von den Wirbeln abgegliedert und mehr oder minder beweglich den Wirbel- körpern oder davon ausgehenden Fortsätzen (Querfortsätzen] angefügt.

Somit betrachten wir die Rippen alsDifferenzirungen des unteren Bogensystems, von welchem je nach der Ausdehnung der Leibeshöhle längs der Wirbelsäule eine verschieden grosse Zahl von Bogenstücken in die freiere Rippenform übergeht. Diese die Genese der Rippen erklärende Auffassung lässt dann die nach Art der Rippen sich verhaltenden, aber nicht mehr die Leibeshöhle umschliessenden un- teren Bogenbildungen nicht als primitive Gebilde beurtheilen, sondern als solche, die einmal Rippen waren, und somit eine bedeutendere Ausdeh- nung der Leibeshöhle nach hinten voraussetzen.

§ 336.

Nachdem die indifferenten unteren Bogen bereits bei der Wirbel- saule ihre Beachtung fanden, liegen uns hier nur die Rippen und ihre Derivate vor. Sie fehlen nur den Leptocardiern und Gyclostomen voll—

Rippen.

463

ständig, auch den Chimären. Bei den übrigen Wirbelthieren treffen wir sie bald in rudimentärer Form, bald ausgebildet und dann auch zu einem ventralen Abschlüsse gelangend. Letzterer lässt ein besonderes Skelet- stück, das Stern um, hervorgehen.

Sämmtliche Rumpfwirbel können Rippen tragen. Meist ganz gleich- artig erstrecken sie sich bei den Fischen bis zur Caudalregion. Niemals gehen sie untere, ventrale Verbindungen ein, denn wo sie hier mit ande- ren Skelettheilen zusammenhängen, gehören diese dem Hautskelet an (Clupeiden). Rudimentär treffen wir sie bei den Selachiern, meist nur durch kurze Knorpelstückchen vorgestellt, ansehnlicher sind sie bei den Stören (Acipenser). Sie finden sich nicht in der unmittelbaren Um- Schliessung der Leibesböhle , sondern lagern mehr oder minder weit in der Muskulatur, wodurch die oben für die Entstehung der Rippen gege- bene Erklärung nicht beeinträchtigt wird.

Die GanoYden mit knöchernem Skelete besitzen die Rippen in voll- ständiger Ausbildung. Am Caudalabschnitte der Wirbelsäule gehen sie wie bei Selachiern und Stören alimählich in untere Bogen über, die an- fangs auf dieselbe Weise wie vorher die echten Rippen mit den Wirkelkörpern verbunden sind.

Bei den Knochenfischen bieten sich bezüglich der Rippen sehr variable Verhältnisse. Häu- fig sind sie rudimentär oder feh- len vollständig (Lophobranchier, Gymnodonten u. a. m.). Dass auch untere Bogen Rippen tra- gen können (Fig. 229. C), ist

aUS derselben oben beurtheilten «!•»• Verschiedenes Verhalten der Rippen und der ~ - _ , Qnerforte&tze bei TeleosMern. e Wirbelkörper, o Obere

Genese der unteren Bogen der Bogen> u Qnerfortsttie. r Rippen.

Teleostier verständlich. In ein- zelnen Abtheilungen der Physostomen erleiden die vordersten Rippen Umbildungen, indem aus ihnen mit der Schwimmblase sich verbindende Knochen hervorgehen, die eine zum Gehörorgane leitende Kette formiren (CyprinoYden) . Rippenartige Gebilde sind bei Polypterus zwischen dorsale und ventrale Seitenrumpfmuskeln eingelagert, bis zum lntegumente sich erstreckend. Sie finden sich ebenso bei Amia und den Physostomen, zu- weilen sehr mächtig , so dass sie für die eigentlichen Rippen angesehen werden. Meist sind sie gleich vom Anfange an gabelig getheilt.

Unter den Amphibien bieten die Gymnophiona die vollkommenst entwickelten Rippen, die nur dem ersten und dem letzten Wirbel ab- geben. Rudimentär treten sie bei den Urodelen auf, als kurze, mit zwei Schenkeln beweglich angefügte Stücke, nach hinten in einfachere Formen übergehend. Wie schon bei Selachiern, erstrecken sie sich in die Musku-

latur. Auch der Querfortsalz des Sacralwirbels tragt ein Rippenrudi- ment, welches die Verbindung mit dem Becken vermittelt. Bei den Anuren sind sie gleichfalls rudimentär, oder fehlen ganzlich.

§ 337.

Unter den Reptilien durften sich die Schildkröten den anuren Am- phibien anreihen, Bippen fehlen am llalstheile der Wirbelsaule ganzlich, und von den rippenartigen Fortsätzen, die am Rumpfe mit Hautknochen sich verbinden, ist zweifelhaft, ob sie nicht den Querfortsatzbildungen zuzuweisen seien. Bei den Übrigen Reptilien ist eine Verbreitung der Rippen an fast allen Rumpfwirbeln vorhanden. Eidechsen und Schlangen fehlt die Rippe des Atlas, bei ersteren auch wohl die des zweiten Hals- wirbels. Wahrend bei ihnen ein Theil der Rumpfrippen mit einem Ster- num verbunden ist und dadurch eine grossere Scheidung der rippen- tragenden Abschnitt« der Wirbelsaute bedingt, verhalten sich die Rippen der Schlangen vom zweiten Halswirbel an bis zum Rumpfende in ziem- lich gleichartiger Weise. Alle zeichnen sich durch sehr bewegliche Ver- bindung mit der Wirbelsäule aus.

Die mit dem Stemum verbundenen Rippen der Eidechsen und Cro- codile sind immer in mehrere Abschnitte gesondert, von denen meist nur der obere, vertebrale, vollständig ossificirt. Die sternalen Enden bleiben

in der Regel knorpelig und fügen sich nur zu wenigen Paaren direcl dem Slernum an. Eine grössere Anzahl verbindet sich nicht selten zu einem dem hinleren Slernalende angefügten Knorpel bogen. Die Trennung einer Rippe in zwei SlUcke kommt schon an den letzten Halsrippen vor und bildet damit einen Uebergang zu dem Verhalten der Bruslrippen.

Die Verbindung der Halsrippenrudimenle mit der Wirbelsäule führt bei den Vögeln an dem grossten Theile der Hals Wirbelsäule zu einer volligen Verwachsung, dagegen ist ihre Verbindung an den letzten Hals- wirbeln freier, und bildet einen Uebergang zu den das Slernum erreichen- den Brustrippen. Die letzteren treffen sich, wie bei Eidechsen, in gerin- gerer Anzahl und sind gleichfalls in ein vertebrales und slernales Stück Os slemocostale) geschieden. Die vertebralen Stucke sind durch rllrk-

Rippen. 465

wärts gerichtete Fortsätze (Processus uncinati) ausgezeichnet , welche an den Körper der nächstfolgenden Rippe sich anlagern und dem Thorax ein festeres Gefüge verleihen. Diese Einrichtung kommt auch manchen Sauriern (Sphenodon) zu und besteht auch bei Crocodilen. Diese Fortsätze sind nicht knorpelig angelegt, sondern sind secundäre Ossifikationen. Bei den Vögeln entbehrt der ins Sacrum aufgenommene Lumbaltheil der Wirbelsäule der Rippen, dagegen finden sich unzweifelhafte Rudimente an den echten Sacralwirbeln vor, so dass das llium auch hier nicht direct mit den Wir- beln, sondern mit den jenen angefügten Rippenrudimenten sich verbindet. Aehnliche Rudimente sind auch bei Crocodilen erkennbar. Bei entwickelter Schwanzregion bestehen an demselben die gleichen, den Gaudalcanal um- schliessenden Gebilde, die oben als Rippenrudimente gedeutet sind.

Bezuglich der Costo-Vertebralverbindung ist bei Sauriern, Crocodilen und Vögeln eine doppelte Anfttgestelle verbreitet, indem die Rippe mit einem Capitulum (ß) am Körper, mit einem Tuberculum (a) am Querfortsatze articulirt. Für die hinteren Rippen bahnt sich allmäh- lich eine einfache Verbindung an.

Bei den Säugethieren sind die Halsrippen vollständig in die Wirbel aufgegangen und nur hin und wieder tritt am letzten Halswir- bel eine freie Rippe auf. Die in verschiede- Fig. »i. TnorsaWirbeiTonButeo ner Zahl vorhandenen Brustrippen lassen die Tili»*!». * Köri*r «*«• Wirbel.

m . t. . . „. A 04J. « Oberer Dornfort*at». frQnerfort-

Trennung in die zwei oben erwähnten Stücke >fttl ,0 Bippe a T«berc«ium. darin erkennen , dass die Verknöcherung nie p capitnium.

die ganze Rippe gleichroässig ergreift, son- dern eine sternale Portion knorpelig lägst. Wenn auch diese verknöchert (Edenlaten, Celaceen), so bildet sie ein selbständiges Stück, welches bei Ornithorhynchus an den fünf letzten Rippen , ähnlich auch bei Manis, nochmals getheilt ist.

Nur die vorderen Rippen erreichen das Brustbein. Die hinteren ver- binden sich entweder mit dem Sternalende nächstvorderer, oder sie laufen frei aus, und schliessen somit an rudimentäre Formen an, zu welch* letzteren auch die bei Cetaceen vorkommenden , sogar der Ver- bindung mit der Wirbelsäule entbehrenden letzten Rippen gehören. In der Lendenregion sind die Rippen mit den Querfortsätzen verschmolzen. Dass der Querfortsatz selbst die Rippe repräsentire , ist jedoch nicht be- gründbar. Viel bestimmter sind Rudimente von Rippen an den 2 3 ersten Sacralwirbeln nachweisbar, wo sie wie in den unleren Gassen die Verbindung mit dem Darmbein vermitteln. Sie erscheinen hier unter der Form den Querfoftsätzen angefügter ventraler Stücke. Endlich bestehen bei langgeschwänzten Säugethieren auch die als untere Bogen erscheinen- den Rippenrudimente. Die für die Halsrippen allgemeine doppelte Ver- bindung setzt sich auf den Brustabschnitt fort, vereinfacht sich aber für die hinteren Rippen.

Oegenbanr, Qrmidriss d. vergl. Anatomie. 2. Aafl. 80

II. 9. Wirhellhicrc.

D.'is Rruslhein bildet den ventralen Ahschlus.t des durch die Rip- pen dargestellten Bogengerüstes. Es entsteht aus einer mit den Rippen gleichen Anlage, als ein die betreuenden Rippen jedcrscils unter einan- der verbindender Knorpel st reif. Ks erscheint somit als paariger Skelel- theil, aus dessen medianer Verse hm eliung das spätere Verholten hervor- geht. Wir treffen es erst bei den Amphibien. Es lässl also für diese einen Zustand voraussetzen, in welchem die Rippen zu einer sternalen Verbin- dung gelangt waren. Von diesem Zustande hat sich hier, ausser den Rippenrudimenlen, nur der die Slernalanlage vorstellende Theil erhalten, dessen Conservirung durch die Verbin- dung mit dem SchultergUrtel verständlich wird. So erscheint es bei den Salaman- drinen als eine breite dünne Knorpel- platte, die zur Aufnahme der CoracoKd- si ticke des Schul tergUrlels liefe Falze zeigt. Bei den Anuren {Fig. 232. p] Irin es sogar an den hinteren Rand der unter einander median vereinigten Coracof- dea fco) und stellt einen theil weise ossi ficirenden Anhang des Scbullergürlels vor, an dem sich das hinlere Ende als breite Knorpel platte erhillt. An die breiteren Sternalformen der Amphibien sehliesst sich die Brustbein platte der Eidechsen und Crocodile an. Mau trifft sie hier meist von rhomboidaler Gestalt und in ähnlichen Be- ziehungen zum SchultergUrtel {Fig. 233. *). Dem häufig knorpelig bleibenden Stern um (Fig. 233. s) verbinden sich meist nur wenige Rip- penpaare und an seinem Hinterrande entsen- det es einen oder zwei gleichfalls Rippen auf- nehmende Fortsetze. In dem paarigen Vor- kommen dieses zweiten Slernallbeiles ist eine Forldauer des embryonalen Verhallens zu sehen.

Das stets ossificirte Sternum "der Vögel isl die weiter entwickelte Sternalplalte der Repti- lien, an welcher das hinlere SlUck nicht mehr sich ausbildet. Ks nimmt gleichfalls nur we- nige {bis (i Rippenpaare auf. Als ein breites, vorne stark gewölbtes KnochcnslUck trifft man es bei den Roliten. Die Carmaten dagegen sind

ligen Tbtile find scfamfArt.

< Stnn.lpl.il».

Fig. m

Vif. IS5 9Unnn <n

durch eine an der vorderen conveien Fläche des Brustbeins vorsprin- gende Crisla (Fig. 234. crs) ausgezeichnet, welche als Oberflächen Ver- größerung für Muskelursprunge dient. Die Gestalt des Sternums steht somit mit der Entfaltung der Muskulatur in Zusammenhang, wie auch der Umfang des Ster- nums und seiner Crisla der Aus- bildung des Flug Vermögens ent- spricht. Das hinlere Ende zeigt sehr häufig paarige, durch Mem- branen verschlossene Oelibungen |Raub- und Schwimmvogel) ; durch Durchbruch der Umgren- zung dieser Oeffnungen gegen den hinteren Slernalrand entstehen Ausschnitte, zwischen denen die sogen. Processus abdominales vor- springen .Fig. 235;. Auch durch seine Verbindung mit dem Schul- ' cnnwia.

lergürtel bietet das Sternum der Vogel enge Anschlüsse an die entspre- chenden Verhältnisse der Reptilien.

Bei den SUugethleren scheint das Sternum von dem der vorhergehen- den Classen durch seine in der Ossifikation ausgesprochene reicher« Gliederung ausgezeichnet. Es setzt sich, wenn auch durch continuirlichen Knorpel angelegt, aus hinter einander gereihten Knochen zusammen, die

nicht selten aus paarigen Ossifika- tionskernen entstehen und häufig

zu einem Stücke verschmelzen. Von Einfiuss auf die Gestaltung

des Sternums ist die Beziehung

zum Schultergürtel . Bei Verbin- dung mit Schlüsselbeinen zeichnet

sich der vorderste Abschnitt durch

grossere Breite aus, er bildet das

Manubrium. Auf der Vorderfläche

dieses Abschnittes bildet sich bei

den fliegenden Süugethieren ein

leisten förmiger Vorsprung aus (Fig. " >. Bippcnknocpi-i. i 3chwaiWrtMit,

336. c'}, der functionell mit der

Crisla der Vogel Übereinstimmt. Bei fehlenden Schlüsselbeinen ist das

Vorderende des Sternums meist ansehnlich verschmälert. Das Hinterende

lüuft in allen Füllen in ein medianes, hilulig knorpelig bleibendes Stück

(Fig. 837 x) (Processus siphoides) aus.

468 H. 9. Wirbelthiere.

Mil dem Sternum erscheint in grosser Verbreitung ein besonderer Skelettheil, das Episternum, welches in zwei nach Entstehung und Verbindungsweise verschiedenen Formen vorkommt.

In der einen wird das Episternum nur durch Knochengebilde vor- gestellt, welche der ventralen Flache des Sternum aufliegen. So erscheint es bei den Reptilien als ein kreuz- oder T-förmiges Knochenstuck (Fig. 233 t) , dessen beide Aeste die Schlüsselbeine tragen, während das Mitlel- stück sich an das Sternum schliessl, oder sogar mit ihm verwächst (Asca- laboten). Bei den Grocodilen sind mit den Schlüsselbeinen auch die Queräste des Episternums verloren gegangen, und bei den ChamUleonten fehlt das ganze Episternum. Auch bei den Vögeln wird es vermisst.

Der zweite Typus dieser Bildungen besteht aus knorpelig präformir- ten Skeleltheilen, die vor dem Sternum liegen. Die ungeschwänzten Am- phibien besitzen ein hieher gehöriges Gebilde (Fig. 232 e) als ein durch die CoracoYdstücke vom Sternum getrenntes und somit vor dem Schulter- gürtel gelagertes Knochenstück.

Bei den Säugethieren bildet das Episternum stets ein Zwischenglied zwischen Sternum und Schlüsselbein. Es erscheint bei den Monotremen,

als ein dem Sternum angefügter, in zwei seitliche Aeste auslaufender Kno- chen. Bei den Beutelthieren (Didelphys; bleiben die seitlichen Aeste (Fig. 238) beweglich; während das Mittelstück mit dem Sternum verschmilzt. Dadurch wird bei anderen eine Auflösung des Episternum herbeigeführt. Dann er- scheinen nur die seitlichen Stücke ent- weder als Knorpel , oder auch als knö- cherne Theile und schliessen sich dem

Fig. »b. Bpii.ter.ui mit «einen Vertun- Slernalende der Clavicula an (Nage- dungen von einer jungen Ben teiratu. thiere, lnsectivoren , Edentaten). Bei

st Vordere« Ende de8 Sternmns (ossiflcirt,. den prjmalen bilden diese EpiStemal- •f Episternum (knorpelig), cl CUricula. c ,.,, ,. . . . .10.

Die beiden er*t*n Rippen. gebilde die Zwischenknorpel des Sterno-

claviculargelenks.

Gegenbaiir, C, (Jeher die episternalen Skelettheile und ihr Vorkommen bei den Säugethieren und beim Menschen. Jen. Zeilschr. I. Parker, W. K., Structure and dcvelopement of Ihe Shoulder girrile aud Sternum. Ray Soc. 4 868.

Kopfskelet.

§ 339.

Der indifferente Zustand eines Kopfes iHssl bei den Acrania kein discreles Kopfskelet unterscheiden. Sowenig aber der Kopf der Cranioten als eine absolute Neubildung gelten kann , ebenso wenig kann dies vom

Kopfskelet. 469

Kopfskelet angenommen werden , und wenn bei Amphioxus der vordere respiratorische Körperabschnitt potentia dem Kopfe der Graniota ent- spricht , so müssen auch die dort vorhandenen Skelettheile einem Kopf- skelet potentia homolog sein. Dies betrifft jene Chordastrecke sammt dem von ihr aus den vordem Abschnitt des Ceniralnervensyslems umschliessen- den Gewebe, sowie das Gerüste der Atbemhöhle.

Bei denCranioten ist dieser vordere Körpertheil vom hintern nicht blos ventral, sondern auch dorsal diflerent, und empfängt mit der Verände- rung seines functionellen Werthes durch Beziehungen zu zahlreichen anderen Organen bedeutende £igenthUmlichkeiten, die ihn als Kopf unterscheiden lassen und ihm damit eine SuperiorilBt über den übrigen Leib zugestehen. Er steht in Beziehung zu dem Eingange des Nahrungscanais, tragt die wichtigsten Sinnesapparate und birgt den zum Gehirne entfalteten Theil des centralen Nervensystems. Diese Beziehungen sind ebenso viele Gau- salmomente für die eingetretene Umgestaltung.

An dem Kopfskelet sind \) der Schädel und 2) das Kiemenskelet unterscheidbar.

\) Als Schädel (Cranium) bezeichnet man den in der Fortsetzung des Bückgrats liegenden, ein Continuum bildenden Theil des Axenskelets. Er hat mit ersterem eine Beihe von Einrichtungen gemein, indem er einer Summe von Körpern und oberen Bogen von Wirbeln entspricht. Dieses findet sich nicht blos in der Textur , sondern auch in den Structurver- h&ltntssen ausgedrückt, sowie in Bezug auf das centrale und peripherische Nervensystem. Die Ghorda dorsalis setzt sich in den Basaltheil des Cra- niums fort, bald dauernd, bald nur vorübergehend. Durch die Ausbil- dung höherer Sinnesorgane kommt dem Cranium eine weitere Bedeutung zu. Ein hinterer Abschnitt umschliesst jederseits das Hörorgan und kann .als Ohrkapsel unterschieden werden. Darauf folgt jederseits nach vorne zu eine die Augen beherbergende Einbuchtung (Orbita), indess am vor- dersten Theile Höhlungen zur Aufnahme des Biechorgans bestehen. Der ursprüngliche Zustand dieses Graniums ist knorpelig, er bildet das »Pri- mordialcranium«.

2) Mit dem knorpeligen Schädel verbindet sich ein den Anfang des Nahrungscanais umschliessendes , ursprünglich gleichfalls knorpeliges Bogensystem, die Kiemenbogen, eine den Bippen der Wirbelsäule im Allgemeinen ähnliche, aber doch nicht ganz damit homodyname Ein- richtung. Die einzelnen Bogen sind verschieden gestallet, verweisen aber sämmtlich auf eine primitive Gleichartigkeit. Die üflannichfaltigkeit ihrer Form ist von einer aus verschiedenartigen Anpassungen hervorgegan- genen Diflerenzirung ableitbar.

§ 340.

Die Beziehungen des Kopfskelets zur Wirbelsäule riefen Versuche hervor in ersterem eine Zusammensetzung aus einzelnen den Wirbeln

470 II. 9. Wirbelthiere.

gleichartigen Abschnitten nachzuweisen , wonach das Kopfekelet nur als eine Modification der Wirbelsäule erschien. Man glaubte dabei in dem Verhalten einzelner Segmente des knöchernen Schadeis Anhallepunkte zu jener Vergleichung zu finden, die sich jedoch in dem Masse unsicher herausstellte, als sie einen bereits sehr modificirlen Zustand in Betracht zog. Zudem sind die den einzelnen 3, 4 oder 5 sogenannten »Schädel- wirbeln« zugelheilten Kopfknochen sehr verschiedenen Ursprungs, und grossentheils dem Schädel ursprünglich fremde Gebilde.

Die Untersuchung der Primordialcranien niederer Wirbelthiere, be- sonders mit Bezugnahme auf die aus dem Cranium tretenden Nerven, lehrt, dass am Kopfskelete allerdings noch Spuren einer ursprunglichen Zusammensetzung aus den Wirbeln homodynamen Metameren erkennbar sind , aber eben dadurch wird dargethan , dass diese Metamerie des Cra- niums mit der am knöchernen Cranium theilweise angedeuteten Segmen- tirung nicht congruent ist.

Diese andere Auffassung gründet sich vorzuglich auf folgende Ver- hältnisse :

\) Es ist nachweisbar, dass die Bogen des Kiemcnskclets dem Cra- nium angehörige untere Bogenbildungen vorstellen.

2) Zwischen den Kiemcnbogen und den unleren Bogen der Wirbel- säule ist eine allgemeine Uebereinstimmung zu erkennen, folglich wird

3) das Cranium einem Abschnitte der Wirbelsäule vergleichbar sein, der mindestens ebenso viele wirbelartige Abschnitte begreift als Kiemen- bogen an ihm vorkommen.

4) Am Cranium selbst besieht eine Reibo von wichtigen Uebcrein- stimmungen mit der Wirbelsäule.

a) Die der Wirbelsäule zu Grunde liegende Chorda dorsalis durch- setzt das Cranium in denselben Verhältnissen wie an der Wirbelsäule.

b) Sämmtliche an diesem Abschnitte austretende Nerven ver- halten sich homodynam mit RUckenmarksnerven.

c) Die Verschiedenheilen des Cranium von der Wirbelsäule sind als Anpassungen an gewisse ausserhalb des Cranium entstandene Einrichtungen , somit als erworbene Zustände erklärbar. Sic lassen also einen Befund voraussetzen , in welchem das Cra- nium noch nicht jene Eigenthümlicbkeiten besass, somit noch nicht von der Wirbelsäule bedeutend verschieden war.

5) Die Differenzirung des Craniums erscheint dadurch aus der Con- crescenz einer Summe von Wirbeln entstanden, wie solche Concres- cenzen auch an der Wirbelsäule vorkommen. Modificationen des so con- tinuirlich gewordenen Abschnittes ergaben sich durch theils direct von aussen her, theils von innen her (durch die Entfaltung des Gehirnes; wirkende umgestaltende Einflüsse.

Kopfekelet. 471

6) Da aar an dem von der Chorda durchsetzten Abschnitte des Cra- niums das Verhalten der Nerven mit Rückenmarksnerven übereinstim- mend nachgewiesen werden kann , ist nur dieser Abschnitt von Wirbeln ableitbar, und diesem gehört zugleich das Kiemenskelet an. Dieser Theil des Craniums ist somit als verlebraler von dem vordem oder ever- tebralen zu sondern, der keine Beziehungen zu Wirbeln erkennen lässt, und wohl eine secundärc, aber vom vertebralen Abschnitte aus entstandene Bildung vorstellt.

Die Zahl der in das Granium eingegangenen Wirbel ist bis jetzt in ihrem Minimum auf 9 bestimmbar. Damit ist nicht ausgeschlossen , dass sie sogar noch viel beträchtlicher war. Mehrfache, auf eine stattgefundene Rückbildung von Visceralbogen verweisende Thatsachen im Gebiete der Verbreitung wie der Ursprungsverhällnissc der Nerven bei Selachiern verweisen auf jene Annahme. Nicht minder steht hiermit das Verhalten von Amphioxus im Einklang, wo noch eine beträchtliche Summe von Kiemenbogen fortbesteht. Der ganze längs des Kiemengerüstes sich erstreckende Abschnitt des primitiven Rückgrates (Chorda sammt peri- chordalem Gewebe) würde also dem bei den Cranioten ins Cranium übergegangenen Abschnitte des Axenskeletes homolog sein.

Geg£Nbaua,C, Untersuchungen zur vergl. Anat. der Wirbelthiere. III. Das Kopf- skelet der Selachier als Grundlage zur Beurtheilung der Genese des Kopf- skeleles der Wirbelthiere. Leipzig 4873.

Schädel.

§344.

Die Schadelbildungen der Cranioten sondern sich in zwei weit von einander stehende Abtheilungen. Bei der einen ist das oben erwähnte innere Kiemenskelet ausgebildet und zeigt seine vordersten Abschnitte zu Kieferlheilen gestaltet , die durch directe oder indirecle Verbindung mit dem Cranium dasselbe in seiner Gestaltung beeinflussen. Diese Einrich- tungen bestehen bei den Gnathostomen. Die andere Form ist bei den Cycloslomen repräsentirt, bei denen zwar Spuren gleicher Einrichtungen des Kopfskelets wie bei den Gnathostomen sich erkennen lassen , allein die Veränderungen sind so bedeutend , dass sichere Vergleichungcn nicht für alle Theile auszuführen sind.

Die Chorda setzt sich in die Basis einer das Gehirn umschliessenden, im Vergleiche zu den übrigen dem Schädel zuzurechnenden Skelettheilen beträchtlich kleinen Kapsel fort. Bei Petromyzon sind dieser Kapsel Fig. 239 d) seitlich zwei das Gehörorgan aufnehmende Ausbuchtungen (Gehörkapseln) (f) angefügt, unter welchen zwei divergirende , dann bogenförmig nach vorne verlaufende Spangen entspringen. Diese verbin- den sich vorne mit einem von der Hirnkapsel ausgehenden Fortsatze. Dem vorderen oberen Theile der letzteren sitzt eine unpaare , bei Myxi-

472

11. 9. Wirbellhlere.

nolden und Pelromyzonten sehr verschieden gestaltete Nasenkapsel y auf, und unter dieser entspringt eine breite Knorpelpia ttc, welche einen complicirten, die Mundoflbung von oben her umschliesscnden Apparat (f. k. I. m als festen Rahmen desGaumen-Schhmd- gewolbcs unter sich gelagert hat. Nach hinten setzt sieb die Scbädelkapsel in das Rückgrat fort.

Die zweite foim des Schädels wird durch die Verbindung mit einem die Mundöli'iiung umsc bliessenden Apparate ausgezeichnet, der, aus einem Kiemen- bogen hervorgegangen, sich in ver- schiedenem Masse mit dem Schädel verbindet. Ein Abschnitt davon bleibt als Unterkiefer in freier Beweglichkeit (Gnatbostomen) . '

* MmbnaiMr Tkaü de > Sch*d«i|e Kilbe •. Dieser Bogen ist in zwei als Kiefer

kuiai ""»rtMiiiinira »■" ' "mtndtii fungirende Stücke diffeienzirl, ein obe- Eadede>»ib»>. «porinti im kaMturan res, das Palalo- Quadralum , und ein c.iid«b.. i iiiiitn Daekpbttt d>B Hin- unteres , der knorpelige Unterkiefer. m lahuf d?»»«. *N»ch j. mTl«™*' D'lb '>alal° - Quadralum articulirt mit der Schädelbasis, setzt sich aber bei horizontaler Ausdehnung nach hinten auch mit dem zweiten Bogen in Zu- sammenhang, dessen oberes Stück gleichfalls mit dem Schädel beweglich verbunden ist. Den unteren Abschnitt dieses zweiten Rogens bildet das Zungenbein. Indem jenes obere Stück des zweiten Bogeiis häufig bedeu- tender sich entwickelt, gewinnt es den Anschein eines Trageappnrates der beiden aus dem ersten Bogen hervorgegangenen primitiven Kiefertheile, und wird zum llyomandibulare. Vor dem Kieferbogen liegen die Rudimente anderer Bogen in über- und Unterlippe ein- gebettet, die Lippenknorpel.

Die vom Kiemenskelete in engere Beziehung zum Schä- del tretenden Theile sind also folgende :

I) Die beiden Labialknor- pcl (Fig. 240 a und 6, c:, der vordere aus einem, der hin- tere aus zwei Stücken be- stehend. 2) Der Riefe rbogen (/), aus einem oberen Palato-Quadratum (oj und einem unteren Stücke - Unterkiefer (u) bestehend.

Fif. 210. Scildol ond Vii iPehom«). occ OrclplUln AügM höhle. </* Elbmoidi tlac. t>, t meiUr Ltpp<nk»I|»l .ck litt den XiebrboEene 1. /iZi

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inbofta. 111 VW

Schädel. % 473

3) Der Zungenbeinbogen (//), von dem nur das obere Stück (Hyo- mandibulare) nähere Beziehungen zum Schädel eingeht.

An sämmtlichen Bogen (mit Ausnahme der Labialknorpel) finden sich einzelne nach hinten gerichtete Knorpelstäbchen angereiht, welche die Kiementaschen stutzen, und als Kiemenstrahlen bezeichnet werden. Sie gehen vielfache Modifikationen ein und treffen sich am Palalo-Quadra- tum in beschränkter Zahl in der Wand des eine rudimentäre Kiementasche vorstellenden Sprilzloches (Spritzlochknorpel).

Während wir diese Theile des Kiemenskelets mit dem Schädel be- trachten, werden die übrigen Bogen (/// VIII) weiter unten (§353) vorgeführt.

Das geschilderte Verhalten des Kopfskelets treffen wir bei den Sela- chiern. Alle Theile bestehen aus Knorpel, der in der Regel eine dünne verkalkte Schichte als Ueberzug hat, aber niemals verknöchert. An der knorpeligen Schädelkapsel bildet den vordersten Abschnitt die Ethmoidal- region. An ihrer Unterfläche lagert jederseits eine Nasengrube (n) . Zwi- schen denselben sendet der Schädclknorpel häufig einen Fortsatz (Rostrum) nach vorne. Der darauf folgende Abschnitt bildet mit seinen Vertiefungen die Orbitae, von oben und von hinten her von einem Knorpeldache über- ragt. Der breiteste hierauf folgende Theil (la) umschliesst seillich das Ohrlabyrinth und geht an der hinteren Fläche in die Hinterhauptregion (occ) über, welche bei manchen Haien (Notidani) continuirlich in die Wirbelsäule sich fortsetzt.

Sowohl an Palato-Quadratum als Unterkiefer sind im Schleimhaut- überzuge Zähne entfaltet, welche die mächtige Ausbildung dieser Knor- pelstücke erklären. Dem Palato-Quadratum ist hinten das Hyomandibulare angefügt, um entweder direct ins unlere Stück des Zungenbeinbogens sich fortzusetzen (Notidanij oder gegen dasselbe eine freiere Beweglichkeit zu besitzen. Das Hyomandibulare gewinnt so unter den Haien eine grosse Ausbildung, und wird durch allmähliche Verbindungen mit dem Unter- kiefer zu einer Art von Kieferstiel. Das HyoYdstück erscheint dann nicht mehr als die Fortsetzung des Hyomandibulare, und verliert endlich bei den Rochen sogar die Verbindung mit demselben, welches dann aus- schliesslich die Kiefer trägt.

Von diesem Verhalten weicht der Schädel der Chimären ab , indem eine continuirliche Verbindung der Palato-Quadratstücke mit dem Knor- pelcranium besteht. Das mit einem Fortsatze des Craniums articulirende Unterkieferslück ist das einzig bewegliche. Auch der zum Theile ossiti- cirte Schädel der Dipno'f bietet ähnliche Zustände.

§ 342.

Das Knorpelcranium persistirt bei den Stören am vollständigsten (Fig. 244), erhält sich auch zum Theile bei den übrigen GanoKden und bei Teleostiern in verschiedenem Maasse, besonders bei Salmo und Esox. Am

474

II. 9. Wirbt Ithiere.

meisten bleibt der etbmoldale Abschnitt knorpelig. Von da an ist durch den gesatnmten Wirbellhierslamm in der ersten Anlage ein Knorpelcra- nium nachweisbar, d»s bei allen Moditicalionen von dem primitiven Zu- stande sich ableiten lässt, und daher als ein Best jenes Zu Standes gel- len darf.

Die an diesem Primordialcranium auftretenden Ruckbildungen sind zum grossen Tlieile durch Ossilicalionen bedingt, welche an ihm Plati greifen. Knöcherne Theile, welche die Function als Stütz- und Schulzorgane besser erfüllen als der Knorpel , treten an des letzteren Stelle , und die Ausbildung solcher mit dem Knorpelcranium in Verbindung tretenden Knochen erklärt zugleich die Huckbildung des Knorpelgewebes. Ein höherer, vollkommenerer Zustand hat den niederen verdrängt.

Wie mit dem Knorpelcranium, so treten aueb mit den Knorpelslucken lies Kiemenskeleles knöcherne Theile in Zusammenhang, sodass allmählich das gesammle Kopfskelel aus dem knorpeligen Zustande in den knöcher- nen Übergeführt wird. Die sich hieran betheiligenden knöchernen Ele- mente sind fast alle von den Uaulskelelbildungeu ableitbar, die wir als

m. hr KiemoDbogsn.

ilaulxilbochcn bei den Selnchiern trollen. Ein Thcil dieser Knochen tritt an der Aussenfliichc des k norpel era n iurns auf, bildet die Deckknochen des Schädels (vcrgl. oben § 325}. Es sind das im lnlcgumenle gebildete, durch Vergrosserung von Placoidschüppchen entstandene Platten, von denen eine Anzahl bereits bei den Stören die Lagebeziehungen ein- nimmt, die ihnen von da an in den höheren Abtheilungen bleibt.

Ein anderer Theil entsteht in der Schleimhaut der Mundhöhle, auf den in die Begrenzung der letzteren eingehenden Stücken der Knorpel- bogen des Kiefer- und Kiemenskeleles. Die Genese dieser Knochen ist hei den Amphibien aus Concrescenz zahnartiger Bil- dungen nachgewiesen, die wieder mit den Ha u Uahncbeu

Sctmdel. 475

gleichartig sind, und gleichfalls bei den Selachiern in der Aaskleidung der Hund- und Kiemenhohle getroffen werden.

Durch Verschmelzung einzelner Zahneben entstehen iah n tragende Plauen , welche an den gebotenen primordialen Skelelunlerlagen Stutz- punkte gewinnen, und allmählich mit jenen Verbindungen eingehen. Bei einem Theile dieser Platten erhalten sich die Zahnchen, bei einem ande- ren geben sie verloren, oder kommen gar nicht mehr zur Entwicklung, so dass ihr Producl, der Knochen, allein sich fort vererb!, und daDn, den Knorpel bedeckend, oder auch umwachsend, als eine pericfaondrale Ossi- lication sieb darstellt. So vermag ein grosser Theil des knöchernen Kopf skelels in Beiner Genese aus den Beziehungen erklärt zu werden, welche Ossifioationen der äusseren Haut wie der Auskleidung der Mundhöhle zu ihm gewinnen. Für einen kleinen Theil der Kopfknochen dagegen ist die Phylogenie noch in Dunkel gehüllt.

Hektwiu, 0-, lieber das Zshnsystem der Amphibie». Arch. f. mikr. Anal. Bd. XI. Supplement.

§ 343.

Bezüglich der einseinen KnocbenstUcke zerlegen wir das Primordial- cranium in die oben unterschiedenen Regionen. Die Occipitalregion wird aus vier Knocbenstuckon zu- sammengesetzt. In unmittel- barer Fortsetzung der Wir- belkörper findet sich das Occipitale basilarc (Fig. 243. 06} . Es besitzt eine mit der Chorda gefüllte hintere Con- cavilat, die der vorderen Concavital des ersten Wir- belkörpers entspricht. Seit- lich schliessen sich die Oc- cipitalia lateralia (Ol) an, welche immer den grüsslcn Theil des Hinterhauplloches, zuweilen es auch völlig um- grenzen. Von oben her tritt das Occipitale superius [Os] ein , meist durch eine an- sehnliche senkrecht stehende Lebte ausgezeichnet , die sich den Domfortsalzen der Wirbelsäule anschliesst.

Der folgende Abschnitt u m seh liesst wen i gsten s tbct I- weise das Labyrinth, wo- nach die bezüglichen Kno-

iiliD B.iar. A Seitlich« In- ianachnitt. Die knorpelig* Thai le

1 dargestellt. Ob UeciplUle baailan. Ol 0«. eaperiia. Sf Se,4mo*um, BpO Occip. IIa. Hb SpheBoidale baailare. Alt lli- ■rbjloiphrüoid. tu Frontale «uteri o«. Ff t. Fr Frontale. .Va Naeale. Fi Parupae- . P< Prasauillare. ff Uelouifl.cb* fOr m. Kth Kthmeldalinorpel. tat Aoatiitte- üJTnulLfl dea Nonua lagt».

476 H. 9. Wirbelthiere.

chen auch bezeichnet worden waren. Das beständigste und damit wichtigste Petrosum ( Proolicum ) enthalt die Durchlrittsstelle für den Nervus trigeminus, oder begrenzt sie doch von hinten her. Es reicht bis zu dem Basaltheile des Schädels und kann sich da auch mit dem ander- seitigen innerhalb der Schädelhöhle verbinden. Ein zweites Stück bildet

das Occipitale externum (Epioticum , welches oben an die Occipilalia late- ral ia angeschlossen, meist einen Schä- delvorsprung vorstellt (Fig. 243). Ein drittes , Intercalare ( Opisthoticum } , liegt meist seitlich vor dem Occipitale laterale , und erscheint ausserordent-

Fig. 243. Hinterer Abschnitt eines Cnuiiuras |jCh Variabel (Fig. 243. 6). Dieses Stück von Gada* (seitliche Ansieht). 1 Occipitale ^ .^ . den mej8l|m WHen kefae

basilare. 2 Occ. laterale. 3 Occ. supenus.

5 Parasphenoid. 6 intercalare. 6r Squamo- Beziehungen zum Labyrinth , sowie «um. 7 occip. ext. i5 retrosum. 12 Post- letzteres auch sehr häufig noch andere

frontale. 11 Frontale, c Einlenkewtelle für ,. , r.. . , . k .

das Hyomandibaiare. Knochen für sich in Anspruch nimmt,

z. B. die Occ. lat. Endlich gehört die- ser Region noch ein äusseres Belegstück des Primordialcraniums an, welches allmählich mit dem letzteren sich inniger verbindet. Es ist an der Articulationsstelle des Hyomandibulare betheiligt, und bildet meist einen nach hinten und seitlich ausgezogenen Fortsatz. Es ist das Squa- mosum (Fig. 242. A. Sq, 243. 6).

An dem folgenden Abschnitte sind in der Ausbildung der Knochen bedeutende Verschiedenheiten bemerkbar, in Zusammenhang mit dem Ausdehnungsgrad der Scbädelhöhle. Erstreckt sich nämlich der Raum der Schädelhöhle weit nach vorne , so entspricht dem eine grössere Voll- ständigkeit der Wandungen des Primordialcraniums , während eine Re- duetion jenes Raumes eine Verkümmerung seiner Wandungen und eine theilweise Substitution derselben durch membranöse Gebilde hervorruft. So findet sich in vielen Fällen ein nicmbranöses Seplum interorbitale oder es bestehen Rudimente von Knochen, die bei Andern ausgebildet sind.

Als Ossificationen dieses Abschnittes erscheinen seitlich und hinten das Ali-Sphenotd (Sphenoidale laterale posterius), vorne das Orbito-Spheno'id (Sphen. later. anter.). Bei Amia bestehen letzlere von einander getrennt, auch bei manchen Teleosliern, während bei Anderen die beiderseitigen Stücke am Boden der Schädelhöhle zusammentreten, endlich sogar zu einem Stücke verschmelzen, oder rudimentär werden. An der Basis dieses Ab- schnittes liegt ein aus dem Knorpel des Primordialcraniums hervorgegan- genes Basisphenoid als ein meist unansehnlicher Knochen, der oben mit dem Alispheno'id in Verbindung steht. Beim Besteben eines die Schädel- basis von der Orbita her schräg nach hinten durchsetzenden Augenmus- kelcanals bildet jener Knochen einen Pfeiler zwischen den beiderseitigen Canälen. Nicht selten scheint er ganz zu fehlen. An der Grundfläche

Schädel

477

erstreckt sich längs des Primordialcraniums das mächtige Parasphenofd (Pig. 242. Ps, 243. 5), welches bereits bei den Stören auftrat.

Am Dache erhalt sieb das Primordialcranium nur selten vollständig; in der Regel bietet es eine von Deckknochen überlagerte Lücke. Zunächst der Hinterhauptregion liegen zwei Parictalia (Fig. 2Ü. 7), die zuweilen durch einen vorderen Fort- satz des Occip. superius (3) von einander getrennt sind. Vor ihnen trifft man die Frontalis, häufig durch ein Frontale principale (11) vertreten. Seit- lich davon erstrecken sich die beiden Poslfron- talia (12) biszumSquamosum, und nehmen an der Gelenkverbindung für das H vornan dibulare (beil.

In der Elbmotdalregion besieht ein mittleres Stuck: Etbnutfdale medium (16) und zwei ihm seitlich angeschlossene Elhmoldalia lateralia (14) (Frontalia anteriore Clubs':. Letztere bilden die Unterlage der Nasenkapseln. Häufig erhall sich das MiltelstUck der Kthmoidalia knorpelig. Als Beleg- stück der Grundfläche der Etbmoidalregion er- scheint der Vomer, nach hinten mit dem Para- sphenofd in Verbindung, paarig bei Lepidosteus.

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4 Epioticu™.

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§ 344.

Der Kieferapparal der Selachier erhalt sich bei den G.inolden und Teleostiern nur theilweise , indem an seine Stelle knöcherne Gebilde treten. Eine Complication entsteht durch die Verbindung des Hyoman- dibulare mit den aus dem Palalc-Quadralknorpel hervorgegangenen Kno- chen. Dabei lassen sich die ursprünglichen Verhältnisse, wie sie in den embryonalen Zustünden bestehen, aus den Einrichtungen der Selachier ableiten. Wahrend die vorderen Enden der Palalo-Quadrala bei Sela- rbiern und bei den Stören ligamentös verbunden waren, sind sie bei den übrigen Ganolden und den Teleostiern der Seile des Primordialkraniums angelagert, und werden durch die Kthmofdalregion von einander gelrennt, welche mit ihrer Basalflilche in die Umgrenzung der Mund- höhle eintritt.

Das Hyomandibulare (Fig. 245. Hm) bildet fast stets einen ansehn- lichen, mit Squamosum und Post frontale arlieulirenden Knochen. Ein von ihm abgegliedertes, bei Selacbiern durch einen Forlsatz dargestelltes, bei den SWren (Fig. 241. s) bereits selbständiges Sttlck bildet das Symplecti- eum , an dessen Verbindungsslelle mit dem vorigen sich der unlere Ab- schnitt des Zungenbein böge ns inserirt.

Aus dem Palatoquadratknorpel geht das Quadralum [(>) hervor, wel- ches das Unterkiefergelenk tragt. An das Quadralum fügt sich nach vorne

478 H- 9- Wirbeltliiere.

das im Winkel gebogene Ektoplerygohl (&/>/) und zwischen diesem und dem Hyomandibulare findet sich das platle, meist viereckige Melaplery- go'fd [Jtt). Median von dem Eklopterygoid trifft man das Enlopterygoid, und aus dem vordersten linde des Palato-Quadralknorpels geht endlich das dem Schädel meist beweglich verbundene Palatinum hervor.

Vor dem Palatinum liegen noch zwei nicht durch Knorpel vertretene Knochen, von denen der hintere, meist dein Palatinum angefügte als Maxillare (Fig. 245. M.r), der vordere Praemaxiilare (fir) benannt ist.

<ilir. [Vngl. Fig. 2«. A.) Fr Frontal*

i Infri Orbital *noshfnrinj. Hm HjOMK-

dibulare. S# Hjinpl«li.nni (als von *ui.s»n fichtbur dugriUllt). Ml MfUj.Wr»goid. Kpl Ekta-

pterjgoid. 0 tJoadratBn. Mi Huillue. P i PrMDUllUu*. Art Articulare. ihf lugllue. ßl)«l-

talc Op OpMTnlnm. Afp Praeopsrcnlnm. &'ojt SnbqpPrfulnm. J»/> lnl«np»rculuni. (i>B»nd.

Sie erscheinen als neue Theile, die von nun an eine bedeutende Rolle spielen. Es wird aber in hohem Grade wahrscheinlich, dass die beiden oberen Lippenknorpel der Selnchier die Grundlage für sie abga- ben. Bald sind sie selbständig beweglich, sogar v ors treck bar , bald schmiegen sie sich fester dem Schädel an. Das letztere gilt besonders für das Praemaxiilare, welches häufig dem vordersten Theile der Ethmoidal- region fest verbunden ist. Beide begrenzen die Mundoffnung, doch kann bei längerer Gestallung des Praemaxiilare der Oherkieferknocben davon ausgeschlossen werden, sowie auch wieder die Verkümmerung des Prae- maxiilare dem Maxillare einen Überwiegenden Anlheil an jener Beziehung zur Mundoffnung verleiht.

Am Unterkiefer erhält sich die knorpelige Anlage als MBCKEL'scher Knorpel am vollständigsten. An ihr entsteht das den Knorpel sebeiden- arlig umfassende Dentale {!)). Aus dem Gelenklheil des Knorpels bildet sich das Articulare (Art) und unter diesem findet sieb dns Angulare (Ang). An der Innenfläche des knöchernen Unterkiefers ei Isleht als Belegstück des Knorjwls zuweilen noch ein besonderer Knochen, das Operculare.

Schädel. 47.9

§345.

Von den mit dem Kieferapparate verbundenen, jedoch ihm ursprüng- lich nicht zugehörigen Skelettheilen nimmt das Skclet des Kiemendeckels eine hervorragende Stelle ein. Bei den Selacbiern finden sich an Stelle dieses knöchernen Skelets knorpelige, zuweilen verzweigte Stücke, bei- den Theilen des Zungenbeinbogens als Kiemenstrahlen ansitzend. Wie diese Knorpel, so umschliesst auch den knöchernen Apparat eine gemein- same Membran, dem letzteren angepasst, und ihn zu einer über die da- hinter liegenden Kiemenspalten sich erstreckenden Schutzvorrichtung gestaltend.

Bei den Stören tritt zuerst der grösste dieser Knochen , das Oper- culum auf, dem sich bei den übrigen GanoYden wie bei Teleostiern an- dere anfügen (Fig. 245). An dem Verbindungsknorpel zwischen Hy ©man- dibulare und Symplecticum nimmt das Praeoperculum [Pr Op) seine Ent- stehung. Häufig verbindet es sich inniger mit den genannten Theilen des Kieferstiels (Welse). Nach hinten vom Praeoperculum folgt das Suboper- culum (Sop), mit dem Operculum auch bei Ceratodus vorhanden , dann unten das Knteroperculum (Jop), durch ein Band (lig) mit dem Unterkiefer in Zusammenhang.

Als accessorische Knochen treten noch andere aus Theilen des Haut- skelets gebildete Stücke auf, von denen die Infraorbitalia die ansehnlich- sten sind (vergl. Fig. 245.iV/i). Sie bilden eine den unteren Orbitalrand bogenförmig umziehende Reibe, in der das hinterste Stück dem Postfron- lale, das vorderste dem Ethmoidale laterale sich anschliesst. Eine ansehn- liche Grösse erreichen einige derselben bei den Cataphracten (Trigla).

Auch die als Nasal ia geltenden Stücke gehören wegen ihrer Unbe- ständigkeit hierher, und ebenso noch manche andere, als Modificationen von Schuppen mit dem sogenannten Schleimcanalsysteme in Verbindung stehende Stücke.

Vrolik, A. Jv Ueber die Verknöcherung u. die Knochen des Schädels der Teleoslei. Niederland. Archiv f. Zoologie. I. Parker, W. K., Deve- lopment of the Skull in the Salmon. Philos. Transact. 1878.

§ 346.

Im Schädel der Amphibien erhalt sich das Primordialem nium zu- weilen sehr ausgebildet. Doch verliert es sehr häufig seine Decke und auch noch den Boden , indem oben und unten Lücken im Knorpel ent- stehen.

Mit dem Primordialcranium in unmittelbarer Verbindung steht das Palato-Quadratum , welches sich hinten an die Ohrkapsel des Schädels anfügt, und nach vorne, die Orbiten im Bogen umziehend, entweder frei ausläuft (z. B. bei Urodelen), oder in der EthmoTdalregion sich dem Cra- nium verbindet. Hinten und seitlich trügt es das Kiefergelenk. Damit sind

480

II. 9. Wirbelthiere.

Verhältnisse ausgeprägt, die bei ^Chimären sich fanden, auch bei den Dipnoi, mit welch' letzteren auch manche OssiGcationen des Craniums der Amphibien übereinkommen.

Aus dem Primordialcranium geht nur eine geringe Anzahl von Kno- chen hervor. In der Hinterhauplsregion bestehen nur Occipitalia lateralia (Fig. 246), deren jedes einen Gondylus [co] bildet. Die folgende Region

Fig. 246. Schädel des Frosches. A von oben, B von unten, C von hinten, 1) seitlich. In A nnd B sind von der rechten Hälfte des Craniums die Deckknochen entfernt, so dass das Primordial- kranium mit seinen Ossificationen vollständig sichtbar wird, in A mit der Lücke am Dache der Schadel- höhle. Pa, Fr Parieto-Frontale. Na Nasale. Ps Parasphenoid. Ty Tympanicum. Pt PterjgoSd. PI Pala- tinum. Vo Vomer. JJugale. Mx Maxillare. Px Praem axillare, o Occipitale laterale. Pt Petroaum. co Condylus occipitalis. Co Columella. fo Fenestra ovalis. Austrittslöcher von Nerven : 0 Opticus. Tr Trigeminus. Vg Yagus. Am Unterkiefer: da Dentale. aAngulare. Art Articulare.

der Gehörkapsel bietet bedeutende seitliche Vorsprtinge dar, welchen weiter nach aussen der hintere Abschnitt des Palato-Quadratum angefügt ist. Der vordere Theil dieses Abschnittes besitzt eine Ossification , das Petrosum. Es birgt nur den vorderen Theil des Labyrinthes, dessen hin- terer Abschnitt vom Occipitale laterale umschlossen wird , und lässt den Trigeminus durchtreten. Zuweilen finden sich Spuren eines Occipüale externum. Eine Fenestra ovalis bildet an der Labyrinthregion eine Durchbrechung, welche von einem Knochenstückchen bedeckt wird.

Die Orbitalregion zeigt im vordem Abschnitte theilweise Ossifica- tionen von verschiedener Ausdehnung. Sie ergreifen nur die Seitenwand des Craniums {Siredon). oder stellen ein ringförmiges Knochenstück her, welches Cuvibr » Gürtelbein c genannt hat. Dieser Knochen kann in die Ethmotdalregion übergreifen und bis zum Grunde der Nasenkapseln

dringen.

Als Deckstücke finden sich paarige Scheitel- und Stirnbeine. Bei den

Anuren verschmelzen diese jederseits zu einem Parieto-Frontale {Pa Fr).

Schädel. 4SI

Vor diesem, durch die Stirnbeine von einander geschieden, liegen die Nasalia (Na), die hier zum ersten Male als beständige Stücke vorkommen. An der Schädelbasis besteht noch das ParasphenoYd [Ps] in gleichem Ver- halten wie bei den Fischen , und vor diesem in der EthmoYdal regio n ein paariger Knochen (ro), der als Vomer gedeutet wird.

Bezüglich des Palato-Quadratum treten einfachere Zustände als bei den Fischen auf. Der ganze Abschnitt erhält sich zuweilen grossentheils knorpelig. Eine Verknöcherung an der Gelenkstelle mit dem Unterkiefer entspricht dem Quadratum der Fische. Bei manchen ist das Palato-Qua- dratum in einen vorderen und hinteren Abschnitt geschieden (Triton). Die Verbindung mit dem Cranium ist keine vollständige, denn am unteren Theile findet sich zwischen ihm und der Schädelkapsel eine deutliche Articulationsflflche (Rana).

Am Palato - Quadratknorpel entstehen zwei Deckknochen ; der obere (Ty)y bei den Fröschen durch einen starken nach vorne gerichteten Fort- satz ausgezeichnet, entspricht vielleicht, jedoch nicht sieber, dem Squa- mosum der Fische. Da er das Tympanum tragen hilft, kann er als Tym- panicum bezeichnet werden. Der untere Knochen erstreckt sich als Ptery- goYd (W) längs des Knorpelbogens nach vorne. Sein vorderes Ende erreicht das quer hinter dem Vomer liegende Palatinum (PI). Bei einem Theile der Amphibien geht vor dem Unterkiefergelenk noch ein Knochen nach vorne ab, das sogenannte Jugale (Quadratojugele) .

Praemaxillaria (Px) und Maxillaria [Mx] erscheinen als Belegknochen des Primordialcraniums, für welches Verhältniss bei manchen Fischen vermittelnde Zustände sich vorfinden. Das Maxillare bietet verschiedene Grade seitlicher Ausdehnung , und erstreckt sich bei den Anuren in der Regel bis zum Jugale nach hinten. Die Verbindung des Praemaxillare mit dem Primordialcranium vermittelt ein zur medianen Nasengegend empor- ziehender Fortsatz.

Diese Kieferslücke bilden nicht die ursprüngliche Begrenzung der Mundöffnung, wie durch das Vorkommen besonderer, vor dem Primor- dialcranium liegender Knorpel (Roslrale und Adrostale) von Anuren- Larven erwiesen wird.

Im Unterkiefer besteht der primordiale Knorpel wie bei den Fischen, und ebenso bilden sich die knöchernen Theile im Wesentlichen jenen der Fische entsprechend aus.

Parker, W. K., Development of the Skull in the frog. Philos. Transact. 4874. WiEDKRSHEiM, R., Das Kopfskelet der Urodelen. Morphol. Jahrb. III.

§ 347.

Die Schädel der Sauropsiden bieten eben so viel Gemeinsames als sie sich von der Schadelbildung der Amphibien wie von jener der Sauge- thiere entfernt zeigen.

Das an seinem Dache meist unvollständige Primordialcranium ossifi- cirt viel vollständiger als bei den Amphibien und die bedeutende Entfal-

Üegenb&ar, Grundrias d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 84

482 H. 9. Wirbelihiere.

tung der an und aus dem Palato- Quadratknorpel entstehenden Knochen Uisst nur einen kleinen Theil des eigentlichen Graniums zu Tage Hegen Eine grössere Entfaltung der Schädelkapsel bei den Vögeln lässt die Theile derselben deutlicher wahrnehmen, als man sie bei den Reptilien antrifft. In der Occipitalregion sind die vier schon den Fischen zukommenden Knochen unterscheidbar. Von diesen nimmt das Occipitale basilare mit den Occipitalia lateralia Theil an der Bildung eines einzigen Condylus. Die Beziehung der Knochen zum Foramen magnum ist eine wechselnde.

Bei den Schildkröten läuft das Occipitale superius in eine ansehnliche Crista aus. An der knöcher- nen Ohrkapsel besteht, wie schon bei den Am- phibien , eine Fenestra ovalis. Dazu kommt noch die membranös verschlossene Fenestra rotunda. Vor dem Occipitale laterale liegt bei allen Repti- v 01, a i-,Jt a ^en und Vögeln das Petrosum (Prooticum), dessen

Fig. 247. Schildkröten-Schi- D ; " .

dei von hinten. i Occipitale vorderer Rand durch die Austrittsstelle des dritten hasiUre. 2 Occip. laterale. 3 Trigeminus-Astes markirt ist. Ein anderer Kno-

nofT rs^tnosn»"??«" chen (Opisthoticum) begrenzt mit dem vorher- trosam. 17 Qaadratum. gehenden den hinteren Theil der Fenestra ovalis,

erhält sich aber nur bei den Schildkröten selb- ständig, indem er sonst mit dem Occipitale laterale verschmilzt. Dazu treten noch einzelne, bei Vögeln sogar mehrfache, kurze Zeit selbständige Ossifikationen , die nicht bestimmt auf discrete Schädelknochen anderer Wirbelthiere*beziehbar sind. Alle Theile der Ohrkapsel verschmelzen bei den Vögeln nicht nur unter. sich, sondern auch mit den benachbarten Knochen.

Als Squamosum (Sq) erscheint bei den Schlangen (Fig. 249. C) ein vorragender Knochen, der das Quadrat um trägt. Bei den übrigen Repti- lien wie bei Vögeln besitzt es eine ähnliche Lage, ist aber mehr zwischen Ohrkapsel, Scheitelbein und Poslfrontale, tbeilweise im Dache der Pauken- höhle, gebettet.

Der sphenoYdale Abschnitt bietet je nach der Ausdehnung der Schä- delhöhle sehr ungleich entwickelte Zustände. Ein BasisphenoYd ist allge- mein vorhanden, ebenso wie das meist unansehnliche PraesphenoYd, während das ParasphenoYd nicht mehr entwickelt scheint. Doch können zwei an der Basis der Schläfengegend bei Vögeln auftretende, mit ein- ander verschmelzende Knochen (Basitemporalia), auf ein ParasphenoYd bezogen werden. Von den Th eilen der seitlichen Schädel wand kommt den Vögeln sowohl ein Alisphenoid, als auch ein OrbilosphenoYd »u, letzteres wenigstens beim Strausse. Auch die Crocodile sind mit einem Alisphenoid versehen. Dagegen besteht bei den meisten Eidechsen ein membranöses Septum interorbitale , in welchem von jenem Knochen nur Andeutungen wahrnehmbar sind.

Ein bei Eidechsen (Lacerta, Varanus, Podinema) vom Scheitelbein bis zum PterygoYd herabtretendes Knochenstück (Columello) 'Fig. 248. i4.ro), wird bei den Schildkrölen durch eine direct vom Parietale absteigende

Schade!.

4s:t

breite Knochenplalte repräsentirt, die bier zur Begrenzung der Schadel- höhle mit beitragt, und bei den Schlangen ist eine aholiebe, die Schädel- hohle umschli essen de Fortsalzbildung noch auf das Frontale ausgedehnt.

Von Deckknochen besteben

Parielalia , bald paarig (Schild- kröten und Vogel;, bald unpaar [Schlangen , Eidechsen , Croco- dile] (Fig. 248. Pu). Auch das Stirnbein ist bei den meisten Eidechsen und den Crocodilen unpaar (Fig. 848. B. fr). Paarig bei Laccrla, Monitor [A. fr], wie bei Schlangen, Schildkröten und Vögeln. Poslfronlalia begrenzen bei Reptilien den hinteren Band der Orbita [Fig. 24t*. Pf, «49. B. C. Pf).

Die Etbmoidalregion bietet median ansehnliche Reste des Primordialcraniums (Schildkrö- ten). Ethmofdalia lateralis (Prne- frontalia] begrenzen bei den Reptilien den Vorderrand der Orbilen, und bei den Vögeln scheinen sie sich mildem mittle- ren Tbeile des Elbmoid zu ver- binden. Der Voiner ist- !>r>i Schlan- gen und Eidechsen paarig (Fig. 200. i»]. Aul" der olwren Flüche <-*i™«"»-

treffen wir die hei den Schildkrölen fast allgemein, und aueb bei einigen Eidechsen fehlenden Nasalia. Ein neuer Deckknochen an der Aussen fläche der Ellimoulalkapsel ist das I.acrymale der meislcn Eidechsen, der Oro- codilc und Vögel Tigg. 248. 2t9. /.).

§348. Der primitive Palalo-Qundratknorpel erleidet an seinem vorderen Ab- schnitte frühzeitige Rückbildung, sodass die ihm angehörigen Knochen- stücke sich zum Thi-il direct am Schädel entwickeln. Der hintere Ab- schnitt des Palalo-Quadraluni besieht als Quadrat um (Fig. 249 Q) fort. Bei Eidechsen. Schlangen und Vögeln ist das Quadro tum beweglich. während es bei Crocodilen und Schildkröten mit dem Schädel in feste Verbindung trat. Der ganze am Pa lato -Quadratknorpel differenzirte Kno- cbencomplex ist innig und unbeweglich mit dem Crnnium vereinigt, wah- rend bei beweglichem Quadrat Win mindestens ein Theil jener Knochen sich gleichfalls Iteweglich erhalt.

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Kin anderes Verhäkniss sieht in Zusammenbang mit der Entwieke- lung der Nasenhöhle. (Siehe auch Mundhöhle.) Die hei Fischen zur Seile

der Schadelbasis aufgetretenen Knochen gelangen gegen die Medianlinie.

sodass die Schadelbasis von der Begrenzung der Mundhöhle mehr oder minder ausgeschlossen wird. Die hei den Amphibien dicht am Vorder- en de des Schädels in die Mundhöhle führenden Nasenhöhlen zeigen ihre innere Oeffnunf; bei den Reptilien immer weiter nach hinten gelagert, indem horizontale Fortsätze von Oberkiefer, Gaumenbein, Flügelbein allmählich vor ihnen in mediane Verbindung gelangen. Damit scheidet sich die Nasenhöhle vollständiger von der Mundhöhle ab, und bildet eine Über dieser liegende Räumlichkeit, deren Boden als Dach der Mundhöhle den »harten Gaumen« vorstellt. Diese Veränderungen sind am wenigsten bei Eidechsen, Schlangen und Vögeln entwickelt, mehr bei Schildkrölen und am vollkommensten bei Crocodilen.

Die bei Fischen den Kiefersliel bildenden Stücke (HynmandibuUre mit Symplecticum] haben ein ähnliches Schicksal wie bei den Amphibien erlitten, indem sie die Beziehung zum Kopfskelet aufgegeben haben. Aus

schade). 485

ihrer Anlage schein! die Columella mit Adnexis gebildet: ein tbeils knöchernes , tbeils knorpeliges Skeletstuck , welches in die Dienste des Hörapparates getreten ist.

Bei beweglicher Verbindung des Quadratum mit dem Schädel (Ophi- dier, Saurier und Vögel) bestehen auch an den angeschlossenen Ttieilen des Oberkiefergaumenapparates verscbiedengradig entwickeile Gelenke. Diese fehlen bei Crocodilen und Schildkröten, deren Quadralum zwischen Squamoeum und den Knochen der Ohrkapsel sieb eingefugt bat. Eine Uebergaogsform iu diesem Zustande bildet Sphenodon , dessen Schädel zwar den Typus der Eidechsen zeigt, allein das Quadratum mit Plerygold und Squsmosum in einer festen Verbindung besitzt.

§ 319.

An das Quadratum schliessen sich, ahnlich wie bei den Amphibien, zwei nach vorne ziehende Knochen reihen. Medial finde! sich das Plery- goTd (Fig. 850. Pt), bei Vögeln, Schlangen und Eidechsen an der Schädel- basis articulirend. Beide sind median durch eine Naht ver- bunden und zugleich der Schadelbasis fest angefügt bei Schildkröten und Crocodilen (Fig. 25). PK), bei letzteren um seh Hessen sie die Choanen. Schlangen, Saurier und Croco- dile besitzen ein das Pterygofd mit dem Haxillare verbinden- des äusseres FlUgelbein (Os transversum) Figg. 850. A. Tr, 854. B. Tr). Ob es dem Ek topterygoYd der Fische ent- spricht, ist unsicher.

Vor dem Plerygofd liegen die Palatina {PuCj, bei Schild- kröten und Crocodilen in me- dianer Naht Verbindung , bei Schlangen, Eidechsen und Vö- geln von einander getrennt und medial die Choanen begren- zend(Fig.850. Put). Am Schild- krOienschadel tritt der Vomer (Fig. 851. A. Vo) zwischen den beiden Palatina tum Dache der HuodbOhle herab , wahrend über der Nasenhöhle beide

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486 "• 9- Wirbellhiere.

Gaumenbeine an der Basis cranii sieb vereinigen. Meist als lange und platte Knochen erscheinen rlie Gaumenbeine der Vögel (Fig. 250. B. Pol), mit ihrem vorderen Ende legen sie sich einem Fortsatz des Oberkiefer- knochens (Mr') an oder A B treten auch mit einem

Fortsatz des PraemaxU- lare Eusammen.

Die Praem axillaris (ftr) sind bei den mei- sten Sauriern {unter den Schildkröten bei ChelysJ wie bei den Vögeln verschmolzen, und bei letztem durch lange FronlaUbrteatze ausgezeichnet. Ihre Ausdehnung steht hier im Verhallniss zur Lange des Schnabels, an des- sen Gestallung sie be- deutenden Antueil neh- men. Rudimentär er- scheinen sie hei den Schlangen (Fig. H9. C. Px) , und bei den Schild- kröten sind sie unan- sehnlich. Der Hauptao— iheil an der Begrenzung des Oberkieferrandes kommt somit dem Kapil- läre (J/xj zu , welches bei Crocodilen und Eidechsen, am meisten aber bei Schinngen eine beträchtliche Ausdeh- nung, und bei den letzteren zugleich «ine grosse Beweglichkeit besitzt

Eine laterale Reihe von Knochen beginnt am Quadralum mit dem Quadrat- Jochbein, welches den Schlangen abgeht. Bei den Sauriern entspringt es vom Quadratuni an dessen Verbindungsstelle mit dem Schä- del. Es setzt sich vorne in ein zweites Stück fort, welches theils mit dem Postfrontale, theils mit einem den unteren Orbitalrand umziehenden Ju- gale sich verbindet Bei den Vögeln ist das Quadrato-Jugale (Fii>. 250 B. Qj\ ein dünnes KnochenstUck, lateral vom Mandihulargelcnk des Qua- dralum entspringend. Schildkröten und Crocodilc besitzen es mit einer grösseren Strecke des Quadralum verbunden und das Jugale stützend, welches die Orbila begrenzen hilft.

Der Unterkiefer arliculirL in allen Füllen mit dem Quadralbein, und

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Schädel.

487

besteht noch aas denselben Theilen wie bei Fischen. Ein Supraangulare und Complementare tritt hinzu.

Bei Schildkröten und Vögeln verschmelzen beide Dentalia sehr früh- zeitig, und bei den Vögeln erhallen sich für die andern Knochen meist nur Spuren der ursprünglichen Trennung. Beide Hälften sind bei den weitmSiuligen Schlangen gegeneinander beweglich verbunden.

Pinien, W K. , Structure and development of tbe skull in Ibe ostrich tribe. Philns. Traoiscl. 1888. Derselbe, On tbe sinicture and develop. of the skull of the common Fowl. Pbll. TranMCt. 18«9.

§ 350.

Am Sttugelhierschtldel erscheint das knorpelige Primordialcranium meist nur an seinen basalen Theilen ausgebildet, und auf frühe Entwicke- lungszustande beschrankt. Der aus dem Knorpel ernn in m entstehende Tbeil des Schädels ist auch hier von den aus anderen Elementen hervor- gegangenen Abschnitten unterschieden, geht aber mit diesen innige Ver- bindungen ein. Als Gehirnkapsel weist er mit einer grosseren Ausdeh- nung auch eine grossere Anzahl zur Umsch Messung beilragender Knochen auf. Seine Scheidung in einzelne Segmente tritt deutlicher als in den niederen Abtheilungen hervor, muas aber als eine seeundare Anpassung beurtheilt werden 340}.

Am Occipitalsegment bilden die seillichen Stucke (Fig. 252 Of) mit je einem ThetledesOccipitale basilare (Fig. 253 Ob) die Gelenk topfe des Hinter- hauptes und begrenzen mit jenem das Poromen magnum indem sie oben das Occipi- lale superius {Os) zwischen sich fassen. Letzteres kann auch von dem Rande des Foramen magnum ausge- schlossen sein. Eine Ver- wachsung der vier Stücke zu Einem ist eine fast regel- mässige Erscheinung, doch können sie auch lange ge- trenntbleiben (Beutelthiere).

Bei vielen SBugelhieren 'manchen Beutel (hieran, lin- gualen etc.) steigen von den Ocoipilalia lalcralia lange Fortsätze (pm) herab (Pro- cessus paramasloYdei) .

In der Region der Gehörkapsel finden sich nur im frühesten Zustande dlscrete Ossincationen von Knorpelpartiea. Sie bilden Knochenkerne,

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II. B. Wirbelthiere.

welche Iheilweise den bei Fischen und Reptilien bestehenden Knochen entsprechen und verschmelzen bald zu einem einzigen Stücke, dem Pe- trosuo) (/Vi, dessen grösserer Abschnitt mit der lateralen Ausdehnung der Schadelhöhle an die Basis cranü rückt. Der laterale Theil des Pelrosum erbalt Anlagerungen von anderen, aus dem umgebildeten Kiemenskelete stammenden Knochen und wird zur medialen Wand der Paukenhöhle, an weicher sich ausser einer. Feneslra ovalis noch eine Feneslra rotunda vor- findet. Der hintere, gleichfalls mit einem selbständigen Knochenkerne ossificirende Abschnitt des Petrosum ist in seitlichen) Anscbluss an die Occtpitalia lateralia und wird als Pars masloidea unterschieden, da er beim Menschen den Process. mastoldes tragt. Oben fügt sich an das Pe- trosum das Squamosum [Sq], welches zuweilen mit dem Petrosum zum Schlafenbein (Temporale) verschmilzt, dessen »Schuppen es bildet. Bei Einigen ist es ganz von der Schädel h üble ausgeschlossen, bei Anderen tritt nur ein kleiner Theil zur Innenfläche des Schädels (Cetaceen, Wie- derkäuer] . Erst bei den Primaten ist dieser Theil beträchtlicher und führt zu dem für den Menschen bekannten Verhalten. Ein nach vorne gerichteter Fortsatz (Processus zygouialicus) des Squamosum trägt zur Bildung des Jochbogens bei.

Die vor der Schläfenheinregiou befindliche Sphe no'idal regio n wird aus zwei vollkommen entwickelten Segmenten zusammengesetzt. Das ßasalslück des hinteren Segments (Sphenoidale ba- silare, Basisphenoid) (Fig. 253. Spb) sUJssl unmittel- bar an das ÜccipiUiIe basi- lare, und trägt seitlich die Alae temporales (Alisphe- iio id i . Vor dem Basisphe- noid liegt das Praesphenold [Ps] mit den Alae orbita- les (Orbitospbenoid) . Die beiden medianen Stücke bleiben bei den Säuge- lliiercn stets oder doch sehr rächt« nattat»8l»hb»iH, a»na Tordcrei lud in die ni.t lange getrennt. Beim Men- cntreriito imorpeiig« H»«)BS(iinid««ainä tick toriHetit). ä«1 gehen verschmelzen sie

UliBckeln im Elhmoid. Vo Yomer. i Sinn« fiantili». fii« , , .

abrige Bmlsknui w>* .p vor* erbend«. FiS«. frühzeitig Zum sogenann-

ten Körper des Keilbeines. Am Schädeldache treffen sich wieder die bekannten DeckslUcke, die bei bedeutender Ausdehnung der Schädelhöhle an Umfang gewinnen. Die Parietal ia (Figg.2!>2, 253 Pu) sind häufig (bei Monotremen, manchen Beu- telthieren, den Wiederkäuern und Einhufern) unter einander verwachsen. Zwischen sie fügt sich von hinten her ein an das Occipitale superius grenzendes Knochenstuck , das Interparietale , welches meist wie bei den

Schädel. 489

Primaten mit dem Occipitaie superius (Figg. 252, 253 Jp), aber auch mit den Parietalien (bei Nagern und Wiederkäuern) verschmilzt.

Die Frontalia [Fr) im Anschlüsse an die Alae orbitales sind immer paarig, bei einzelnen verwachsen sie, z. B. bei Elephas, Rhinoceros, auch bei den Prosimiae, Insectivoren und Chiroplern und den Primaten.

Der vorderste Abschnitt des Primordialcraniums bietet die bedeu- tendsten Modificationen. Er entfaltet sich zur Wandung der Nasenhöhle, unter Bildung mannichfacher lateral einragender Vorsprtlnge. Von unten her lagern sich an ihn Skelettheile des Kiefergaumenapparates, gegen welche eine mediane Knorpellamelle , als Scheidewand der Nasenhöhle, herabsteigt. An dieser entsteht als Belegknochen der Vomer (Fig. 253 Vo), Durch Verknöcherung beider Seitenhälften des Ethmoldknorpels und der davon ausgehenden lamellösen Fortsätze (Muscheln) entstehen zwei Eth- moldstUcke. Sie begrenzen einen Theil der Schädelhöhle vor dem PraespbenoYd , und sind zum Durcblass des Olfactorius durchbrochen. Bei Ornithorhyncbus sind hier nur zwei Oeffnuogen, dagegen finden sieb zahlreichere bei den Uebrigen, jenen Abschnitt zur Siebplatte gestal- tend. Durch Verschmelzung beider seitlichen Hälften mit dem medianen Stücke (Fig. 253 Eth) [Laraina perpendicularis] geht ein unpaarer Knochen hervor.

Die Muscheln bieten ausserordentliche Verschiedenheiten und tragen durch reichverzweigte Lamellenbildung zur Oberflächenvergrösserung der Nasenräume bei. In der Regel wird der EthmoYdalabschnitt von anderen Knochen, vorzüglich jenen des Kiefer-Gaumenapparates, so überlagert, dass kein Theil seiner Oberfläche zu Tage tritt. Ausser bei einigen Eden- taten, gelangt nur bei den Primaten ein Theil der seitlichen Fläche in die mediale Begrenzung der Orbjta als »Lamina papyraceao.

An der Aussenfläcbe der Etbmo'idalregion finden sich als Beleg- knochen die Lacrymalia und Nasalia. Erstere [L] sind minder beständig und scheinen mit benachbarten Knochen zu verschmelzen, so dass sie als discrete Theile vermisst werden (Pinnipedier). Auch den Delphinen fehlen sie. Wie bei den Reptilien und Vögeln bilden sie einen Theil der vorderen Begrenzung der Orbita, und treten gleichfalls auf der Antlitzfläcbe des Schädels vor, von der sie sich bei Primaten an die mediale Orbitalwand zurückgezogen haben.

Bezüglich der Nasalia [Na) besteben nur untergeordnete, tbeils durch eine Rückbildung (Cetaceen) , theils durch beträchtliche Volumsentfaltung ausgedrückte Verschiedenheiten. Ihre Ausdehnung entspricht der Nasen- höhle, und steht mit einer Verlängerung des Gesichtstheiles des Schädels in Zusammenhang. Klein sind sie bei den Primaten.

§ 351.

Die bedeutendsten Eigentümlichkeiten des Säugethierschädels er- weisen sich an dem vom primitiven Kieferskelete gebildeten Abschnitte.

490 U- 9* Wirbelthiere.

Ein dem Quadratum entsprechender Knochen lagert an der Aussenflache der Ohrkapsel. Er bildet ein Gehörknöchelchen, den Ambos.

Die vor dem Quadratum längs der Schädelbasis entwickelten Skelet- theile sind innig mit dem Cranium verbunden.

Die Pterygo'fdea (Fig. 253 PI) sind meist platte Knochenstucke, welche der InnenflUche besonderer vom Basispheno'id entwickelter Fortsätze sich anlagern. Sie umschliessen seitlich die Choanen und können sogar, im Gaumengewölbe sich vereinigend, die Choanenöffnung auch unten be- grenzen (bei Echidna, Dasypus, auch bei einigen Cetaceen). Bei den meisten Säugethieren erhalten sie sich getrennt, und auch bei den Pri- maten bleiben sie es längere Zeit, bevor sie mit den genannten Fortsätzen des Keilbeines sich vereinigen , um die medialen Lamellen der absteigen- den Keilbeinfortsätze (Processus pterygol'dei) vorzustellen. Die Palatina bilden am häufigsten die untere Choanenumschliessung und den hinter- sten Abschnitt des harten Gaumens. Die Maxillaria erscheinen nach Maassgabe der Länge der Antlitzregion ausgedehnt , sind immer die an- sehnlichsten Kieferstücke. Bedeutendere Verschiedenheiten bieten die Praemaxillaria , wrelche in der Regel gleichfalls zur seitlichen Begrenzung der Nasenhöhle beitragen. Rudimentär, oder im Yerhältniss zum Maxillare schwach entwickelt sind sie z. B. bei manchen Chiroptern und Edentaten. Sie begrenzen das Foramen incisivum. Bei den Affen verwachsen sie mit den Maxillaria, und gehen diese Verbindung beim Menschen sogar so frühzeitig ein, dass man lange Zeit an ihrer Existenz zweifeln konnte.

Die bei Sauropsiden vorhandene, äussere, vom Quadratum zum Maxil- lare ziehende Reihe ist bei den Säugethieren auf das Jugale reducirt, wel- ches den Jochfortsatz des Squamosum mit dem Maxillare zum Jochbogen verbindet. Wenigen fehlt das Jugale (Sorex), oder es erreicht, vom Ober- kiefer ausgehend, keinen Anschluss am Jochfortsatz (Myrmecophaga, Bra- dypus). Indem es sich mit einem Forlsatze des Stirnbeins verbindet, stellt es eine hintere Orbitalumgrenzung her, und trennt damit die Orbita von der Schläfengrube, wofür viele Stadien unterscheidbar sind. Am vollständigsten ist dieser Vorgang bei den Primaten vollzogen, deren un- tere Orbitalfissur den Rest der bei den anderen Säugethieren weiten Communication zwischen Orbita und Schläfengrube vorstellt.

An der Aussenflüche des Pelrosum entsteht bei den Säugethieren als Rahmen für das Trommelfell das Tympanicum. Ob es mit dem bei Am- phibien ebenso genannten Knochen homolog ist, ist ungewiss. Immer erscheint es zuerst als ein knöcherner, nicht vollständig geschlossener Ring (Annulus tympanicus) (Fig. 254 at), der in mannichfaltige Formen auswächst. Als einfacher Annulus bleibt es bei Monotremen und Beutel* thieren, auch manchen Insectivoren u. a. Häufig erhält es sich vom Pe- trosurn getrennt, am losesten bei den Walfischen mit ihm verbunden. Es bildet bei vielen eine knöcherne, in den äusseren Gehörgang fortgesetzte Kapsel. Eine solche Bulla ossea findet sich besonders bei Beutel thieren, Nagern, Ferae, auch bei den Artiodactylen , vor. Bei manchen Beutel-

Schädel. 491

liieren, deren Tympanicum nicht Über das ringförmige Stadium hinaus gelangt, findet sieb eine anscheinend gleiche Bulla, die aber hier von einer Ausdehnung der Basis der Alan temporales gebildet wird (Dasyu- rus, Pelaurista, Perameles) . Indem das Tympanicum mit dem Pelrosum und Squamosum verschmilzt, hilft es das Schläfenbein zusammensetzen (Primaten) .

§ 358.

Der primitive Unterlief erknorpel ändert bei den Säugelhieren schon frühzeitig die Richtung der bei den Übrigen Wirbelthieren eingeschlagenen Differenzirung. Der sonst

das Articulare bildende Tbeil wird zu einem Gehör- knöchelchen, dem Hammer (Fig. 2"ii ■»,), von dem der nicht weiter sich entfaltende Meckel'sche Knorpel (/»] aus- geht.

An der Ausse od liehe des Heckcl'schcn Knorpels entsteht als Belegknochen das Dentale. Es bildet mit dem anderseitigen median zusatnmenstossend den ge- sammten, an der unteren Fläche des Jochfortsatzes des Squamosum seine Arti- culationsstelle mit dem Schädel findenden Unterkie- fer. Somit liegt hier eine neue Bildung vor, wahrend

die ursprungliche keineswegs verschwunden ist, sondern in anderen func- tionellen Beziehungen fortbesteht. Der Meckel'sche Knorpel (/>; erhält sich noch einige Zeit an der Innenfläche des knöchernen Unterkiefers, schwindet aber dann, und nur die innerhalb der Paukenhöhle bis zur Glaser'schen Spalte gelangende Strecke bleibt durch Verknöcherung als Processus folia- nus des Hammers fortbestehen. Die frühzeitige Differenzirung, sowie die relativ bedeutende Grösse der genannten Gehörknöchelchen bestätigen, dass in ihnen auf niederen Zuständen voluminöser entfaltete Skeletlheile zu erkennen sind.

Beide Hälften des Unterkiefers bleiben bei einer grossen Anzahl von Säugethieren gelrennt, bei anderen verschmelzen sie bald (Perissodactyle, Cbiroptern, Primaten). Niedere Formzustände sprechen sich im geraden Verlauf des Unterkiefers der Honolremen aus, denen ein deutlicher Pro- cessus coronotdes fehlt, der auch bei Anderen nur angedeutet ist (Cetaceen) .

2M. Seitliche Aniichl in Bchlitla einet auiuclilich mil den Gebürbno.: heichen. Ein Theil der oberen E miig der pMienhehlt mwie das Trommelfell ittwi mmoi!. at Anneins tyn|>»oicDt, tdd welchem ein ob»i

mun Meekelii. u der Inneneelle dei Untertiefi himiebond. i Anbot, t SMlg-blt«]. il Proeeiini .1 19. fiJ LiRaiDftntua eljlobjoideum mm vorderen Ht

492 H. »- Wirbelthiere.

, Das aus dem oberen Abschnitte des primitiven Zungenbeiuhogens hervorgehende Stuck (Hyomandibulare der Fische) scheint die Anlage ftlr ein drittes Gehörknöchelchen, den Stapes, abzugeben.

Kiemenskelel.

§ 353.

Mit dem vordersten Theile des Axenskeletes steht ein ventrales Bo- gensystem in Verbindung, welches für den als Albemhöhle fungirenden Abschnitt des Nahrungscanais die SlUUorgane bildet. Die Zahl der Bogen und damit die Ausdehnung des Apparates nach hinten bangt von der Ausdehnung jenes respiratorischen Raumes ab. Diese Gebilde treten in zwei sehr verschiedenen Typen auf.

Der erste Typus besieht bei den Acrania Amphioxus). Hier be- sitzt jenes Gerüste an seinem vordersten Theile einen die Mund Öffnung umziehenden K norpel bogen , der mit nach vorne gerichteten Knorpetstäb- chen besetzt ist. Der Übrige Apparat ist aus einer homogenen Substanz gebildet, welche ahnlich wie bei Balanoglossus (vergl. § 1 42) ein compli- cirtes Gitterwerk vorstellt. Das Kiemengitter jeder Seite besieht ftlr sieb, ohne ventralen Zusammenhang.

Auf diese Einrichtung kann der bei den Graniolen besiehende zweite Typus nicht unmittelbar bezogen werden. Er wird in seinem ersten Zu- stande nur durch knorpelige Tbeile dargestellt, die eine geringere Zahl von Bogen bilden, und bei streng symmetrischer Vertheilung einen ven- tralen Abschluss mittels einer Gopula besitzen

Bei den Cyclostomen besteht das Kiemenskelel aus complicirleren, jedersnils sowohl oben zur Seite des RUckgrales, als unten unter sich in Zusammenbang stehenden Knorpelleisten, deren oberflScb liebe Lagerung sie als äusseres KiemengerUsle bezeichnen lässl. Von diesem sind auch noch bei Selachiern zuweilen sehr deutliche Spuren vorhanden, ob- gleich bereits ein anderer , innerer Stützapparat besieht , welcher von da an durch die ganze Reihe der Wirbelthiere sich fortsetzt.

Die einzelnen Bogen be- sitzen deutliche Spuren ur- sprünglicher Gleichartigkeit, die durch allmähliche Aende- rung der funclionellen Be- ziehungen in Folge einer Ar- beitsteilung einer Mannich faltigkeil wich. Von diesen Bogen mussten einige bereits beim Gran iu m besprochen werden , deren hier nur in Kurze gedacht werden soll.

Kiemenskelet. 493

Der erste umzieht den Eingang in den Nahrungscanal und ist in zwei Stücke gegliedert, ein oberes, das Palalo-Quadratum (Fig. 255. o), ein unteres Stück, der primitive Unterkiefer (u). Die folgenden Bogenpaare erballen sieb entweder in ihrer urprünglichen Function als Stützen der Riemen- bogen oder sie geben eine Reibe anderer Modificationen ein.

Diese sämmtlichan Bogen lassen sich als ursprünglich gleichartig fun- girende nachweisen. Die Beziehung zum Atbemapparat scheint nicht blos an den vorderen Bogen durch deren Umwandlung zu Riefern verloren gegangen, sondern auch von den hinteren Bogen her fanden allmählich functionelle und auch anatomische Rückbildungen statt, so dass die Wahr- scheinlichkeit besteht, dass in diesen Befunden nur die Enderscheinung eines Red uetionsprocesseg vorliegt, der an einer viel beträchtlicheren Bogen- zahl begann. Das Riemenskelet der Cranioten wäre demnach der Ueberrest eines an Bogen ursprünglich viel reicheren Apparates. Diese Auflassung wird unterstützt durch die Vergleichung mit Amphioxus, sowie durch Erwä- gungen, deren bei dem Riemenapparate und beim peripherischen Nerven- system gedacht wird.

Von den Fischen bis zu den Amphibien ist an diesem Apparat eine allmähliche Entfremdung seiner ursprünglichen Beziehungen bemerkbar, und von den Reptilien an geht die Verbindung mit den Athmungsorganen gänzlich verloren.

§ 354.

Sämmtliche Riemenbogen stehen in ventraler Verbindung durch un- paare Stücke, die Copulae. Die einzelnen Bogen bieten stets eine Gliede- rung in mehrfache, meist beweglich unter einander verbundene Abschnitte. Sowohl der Rieferbogen als der obere Tbeil des Zungenbeinbogens gewin- nen, wie oben dargelegt, Beziehungen zum Cranium, und lösen sich damit aus dem Verbände mit den übrigen Bogen ; denen nur der untere, oder HyoYdabschnitt des zweiten oder Zungenbeinbogens sich anschliesst.

Die folgenden Bogen haben die Verbindung mit dem Cranium gröss- tenteils aufgegeben, oder stehen mit ihm nur in unmittelbarem Zusam- menhange , entweder der Schädelbasis , oder bei grösserer Ausdehnung sogar dem Anfangstheile der Wirbelsäule angeheftet. Bei manchen Sela- chiern ist der Zungenbeinbogen mit den Riemenbogen noch gleichartig gestaltet (Fig. 255/7). In der Regel zeigt er eine Vergrösserung seiner Co- puia, die eine Stütze der Zunge abgibt. Bei den Selachiern und Chimären besitzt dieser Bogen noch seine ursprüngliche Bestimmung als kiemen- tragender Skelettheil. Diese Beziehung ist sowohl bei den Ganoiden als Teleostiern zurückgetreten , da jene Kieme rudimentär ward und die Ra- dien des in Hyomandibulare und Symplecticum umgewandelten oberen Stückes durch den Opercularapparat vorgestellt werden (S. 479].

Der untere Abschnitt des Zungenbeinbogens oder das HyoYdstück trägt dann an der Stelle der Rnorpelradien knöcherne Strahlen (Fig. 256 /, r) (Radii branchiostegi), zwischen denen eine den gesammten Riemen-

II. 9. Wirbeltbiere.

appaiat deckende Membran sich ausspannt. Aus dem Zungenbein bog« d gehl somit ein Schutzorgan des Alhmungsapparates hervor.

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Die in respiralori sehen Beziehungen stehenden Bogen paare finden sich zu fünf, selten sechs oder sieben (Nolidani). Erstcrc Zahl ist die ausschliessliche bei Knochenfischen. Wahrend die ersten Bogen (/. //. ///) sich noch regelmässig an Copulae [f. g) ansetzen, sind die letzten meist zu mehreren Paaren [IV. V) mit einem Stücke («) vereinigt und bieten immer, sowohl in Zahl wie an Volum, Rückbildungen dar. Das letzte, nur aus einem einzigen StUcke jederseits bestehende Paar [VI], trllgl gar keine Kieme mehr, auch am vorletzten kommt häufig nur ein ein- seitiger Besatz mit Kicmcnbiilllrben vor; dagegen gewinnen am letzten Zahnbildungen eine bedeutendere Entfaltung, welche diesen Tbeil nicht selten als Kauapparat fungiren lassen. Eine Verschmelzung der beider- seitigen letzten Bogenrudimenle zu einem StUcke besteht bei den Pha- ryngognalhen.

Andere Modilicationen der hinteren Kiemenbogcn werden hei den Labyrinlhohranchiern sowie bei manchen Clupeiden getroffen, und he- ruhen auf der Umbildung einzelner Bogenglicder zur Ullischliessung von Wasser aufnehmenden Bäumen.

Aehnlich wie der Zungenbeinbogen der Selachicr mit Knorpelanhün- gen ausgestattet war, bieten auch die folgenden Bogen einen Besatz knor- peliger, die Wandung der Kiemenlasche stutzender Strahlen. Auch diese

Gebilde sind bei den GanoYden und Teleostiern rudimentär geworden, und erscheinen als feine Knorpellamellen zwischen den Reihen der Kie- men blü liehen.

§ 355.

Eine bedeutende Reduction betrifft das Kiemenskelet der Amphibien, von denen die einer Metamorphose unterworfenen mit einer Rückbildung der Kiemen die allmähliche Umwandlung auch dieses Apparates wahr- nehmen lassen. Bei den Perennibranchiaten erhüll sich derselbe, und auch bei den Derotremen erleidet er nur geringe Veränderungen. Er wird aus vier oder fünf Dogenpaaren gebildet, von denen das erste, wie bei den Fischen, einen Zun- genbeinbogen (Fig. 257 6) vorstellt. Die folgenden Bogen vereinigen sich in eine gemeinsame Co- pula. Die letzten erreichen selbst diese nicht selb- ständig, sondern sind jederseils unter sich ver- bunden. Zu der Reduc- tion der Bogen tritt somit eine noch bedeutendere der Copulae. Von dieser Einrichtung bleibt nach der Metamorphose nur

(Kick Duo»

das Hyoldstuck (Fig. 258 b) vollständig. Es verbindet sich mit der meist ansehnlichen Copula [a], welche zum Körper des Zungenheins wird. Vom zweiten Bogen erhifll sich bei den Salamandrinen ein grosseres Stück, und vom dritten ein kleines, indess bei den Anuren eine jederseils die summt- liehen Kiemen bogen aufnehmende Knorpel platte mit der Copula zu Einein Stücke zusammentritt. Diesem sind dann aus den Enden der ursprüng- lich paarigen Platte entstehende slabföTmige Stücke (Columellae) ange- fügt (Fig. 258 c).

Die mit der Aenderung seiner Verrichtung wahrnehmbaren Um- wandlungen des Kiemenskelcls gehen ein sprechendes Beispiel ab für den mächtigen Einfluss der Anpassung an iiussere Lebensbedingungen auf die innere Organisation.

§ 356. Die bei einem Theile der Amphibien im Individuum auftretende Ruckbildung erscheint in den höheren Classen als ein vererbter Zustand. Ausser den zum Gehörorgan getretenen Theilen wird Alles, was vom reichen Kiemenskelet der Fische sich sonst noch entwickelt, zu dem als Zungenbein bezeichneten SlUlzorgane der Zunge. Die Copuln bildet

496

II. 9. Wirbelthiere.

dessen »Körper«, an dem die Bogenreste als »Hörner« befestigt sind. Meist sind die Reste von zwei Bogen in Verwendung, nämlich das Hyotdstück des primitiven Zungenbeinbogens und Theile des ersten Kiemenbogens.

Der einfache, selten aus mehreren Stücken bestehende Körper ist bei den Reptilien mit zwei bis drei , oft sehr rudimentären BogenstUcken

besetzt. Sie sind entweder einfach oder in zwei Stücke getheilt. Am reichsten sind die Bogen bei den Schildkröten, wo deren bis drei vorkommen, dann bei den Eidechsen ; bei den Crocodilen besitzt der breite gewölbte Zungenbeinkörper nur ein ein- ziges Bogenpaar. Nur auf einen knorpeligen Bogen- rest reducirt , erscheint der Apparat bei den Ophi- diern, von denen manche sogar auch diese Spuren verloren haben (Tortrix, Typhlops etc.) Zwei Bogen- paare sind bei den Vögeln nachweisbar. Der rudi- mentäre erste Bogen verschmilzt zu dem sogenannten Os entoglossum (Fig. 259. 2), hinter dem die eigent- liche Zungenbeincopula liegt. Der zweite Bogen da- gegen erfährt eine bedeutende Ausbildung und stellt die aus zwei ansehnlichen Gliedern gebildeten Hör- ner (4 5) vor, die meist hinten um den Schädel, aber ohne directe Verbindung mit demselben, herum- ziehen. Hinter der Copula tritt noch der Rest einer zweiten als Kielstück (3) auf.

Bei den Säugethieren bleiben zwei Bogen mit dem einfachen Zungen- beinkürper verbunden. Die vorderen Hörner sind die ansehnlichsten und treten, aus mehreren (3) Gliedern zusammengesetzt, mit dem Petrosum in Zusammenhang. Indem das mittlere Glied nur durch ein Ligament ver- treten wird, kommt eine Trennung dieses Theiles zu Stande, so dass dann das oberste Stück , wenn es , wie beim Orang und beim Menschen , mit dem Petrosum verschmilzt, als Griffel fortsatz des letzleren sich darstellt. In diesem Falle wird der übrige Theil durch das Ligamentum slylo- hyoideum gebildet, und am Zungenbeinkörper bleibt der Rest des Bogens als ein unansehnliches, häufig nicht einmal verknöcherndes Stück befestigt. Die hinteren Hörner sind, immer nur durch ein einziges Glied gebildet, bei den meisten Säugethieren die kleineren , selten fehlen sie ganz, wie bei manchen Nagern und Edentaten. Bei den Primaten übertreffen sie die vorderen Bogenreste an Grösse. Sie besitzen Verbindungen mit dem Kehl- kopf, dessen Schildknorpel ihnen durch Bänder angefügt ist.

Fig. 259. Zungenbein- apparat des Haushuhnes. 1 Zungenbeinkörper (Co- pula). 2 Os entoglossum. 3 Kiel. 4 Vorderes 5 Hinteres Glied des Zun- genbeinbornes.

Bkelet der Gliedmassen.

§ 357.

Die zwei Gliedmassen paare der Wirbelthiere bieten in -dem Verhalten ihres Skeletes, bei aller Verschiedenheit der Ausbildung in den einzelneu

Skelet der Gliedmassen. 497

Fällen, gemeinsame Einrichtungen, die uns in ihnen homodyname Gebilde erkennen iassen. Wir unterscheiden einen im Rumpfe liegenden bogen- förmigen Abschnitt, der auf der niedersten Stufe eine Knorpelspange vorstellt, und nach seiner Lagerung als Brust- oder Schulter-) und Beckengürtel unterschieden wird.

An dem Extremitätengürtel ist das Skelet der freien Gliedmasse be- festigt. Dieses erscheint in seinen einfachsten Befunden durch Knorpel- stabe (Radien) dargestellt, in verschiedener Ausdehnung, Gliederung und Beziehung zu einander. Einer dieser Radien ist machtiger als die anderen, und tragt von diesen noch eine Anzahl seitlich angereiht. Ich bezeichne die Grundform des vom Extremitätengürtel in die freie Giiedmasse treten- den Skeletes als Archipterygium. Der Hauptstrahl ist der Stamm dieses Urflossenskelets, dessen Verhalten uns zugleich den Weg für die Ableitung des Giiedmassenskeletes zu zeigen vermag. Mit Radien besetzte Knorpelbogen bilden das Kiemenskelet. Darauf lassen sich die Skelet- formen der Gliedmassen beziehen , und es eröffnet sich die Möglichkeit, sie sich von solchen aus entstanden zu denken. Am Kiemenskelet der Selachier sind die Knorpelspangen mit einfachen Radien besetzt (Fig. 260 ab). Bei manchen ist ein mittlerer mächtiger entfaltet. Indem die be-

a * c

Fig. 'ItHJ. Schemata zur Erläuterung der Homodynamie des Extremitiien-Skeletee mit jenen der Kiemen

a, 6, c, d. Kiemenbogen ron Selachiern. « Archipterygiumform.

nachbarten schwächeren dem stärkeren naher rücken (c) wird ein Ueber- gang zu dem gleichfalls realisirten Befunde geboten, in welchem der stär- kere Mittelstrahl einige schwächere Radien trügt '//) . Diese Differenzierung Eines Radius, der damit auf eine höhere Stufe tritt, ist mit der primitiven Form des Gliedmassenskelets verknüpfbar, und wie wir den Gliedmassen- gürtel mit einem Kiemenbogen vergleichen, so ist der Mittelstrahl mit seinem secundüren Radienbesatze dem Skelele der freien Gliedmasse ver- gleichbar.

Grössere Schwierigkeiten erheben sich bei der Prüfung der Lage- verhältnisse der Gliedmassen. Wenn aus der Vergleichung des Skeletes eine Uebereinstimmung mit dem Kiemenskelete hervorgeht, und darauf eine Ableitung von Kiemenbogen möglich wird , so kann das nur unter der Voraussetzung geschehen, dass beide Gliedmassen ursprünglich ra- dientragende Kiemenbogen waren, die eine von den übrigen Kiemenbogen verschiedene Differenzirungsrichtung einschlugen, und vom Kiemenappa- rate sich lösten. Die hintere entfernte sich mehr, die vordere weniger

Üegenbaur, Grnndris« d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 32

49S H. 9.,Wirbelüuere.

von der ursprünglichen Stätte, unter Veränderungen, die selbstverständ- lich auch den übrigen Organismus betrafen. Die vordere Gliedmasse zeigt noch Beziehungen zum Kopfe durch Muskeln, die von Cerebralnerven versorgt werden , und liegt bei den Fischen mit ihrem Bogen sogar dicht hinter den Kiemen bogen. Vollkommen selbständig erscheint in dieser Hinsicht die hintere Glied masse. Für sie muss eine weite Wanderung vorausgesetzt werden, wenn die aus der Vergleichung des Skeletes gefol- gerte Homodynamie richtig ist. Bedeutende Lageveränderungen sind jedoch auch für die vordere Gliedmasse ins Auge fallend, wenn man be- achtet, wie sie von den Fischen an bis zu den Vögeln immer weiter nach hinten tritt, indem die Zahl der Halswirbel immer mehr anwächst. Da aber eine Neubildung von Wirbeln, die nur durch Einschiebung neuer Metameren des Körpers auftreten könnte, keine Thalsache für sich sprechen hat, muss jene offenliegende Lageverschiedenheit aus einem successiven HinterrUcken der Gliedmasse erklärt werden . und daraus ergibt sich zu- gleich derselbe Prozess, den wir für die Hinterglied massen postuliren. So sehen wir also hier vorerst nur die Möglichkeit einer Ableitung der Glied- massen, und stehen dabei vor vielen Fragen, für welche erst nach verglei- chender Prüfung der den Gliedmassen zugehörigen Muskeln und Nerven eine sichere Beantwortung zu erwarten ist.

Gkgenbaur, C, Zur Morphol. der Gliedmassen der Wirbelthiere. Morphol.Jabrb.il.

Vordere Gliedmassen.

Brustgürtel.

§ 358.

Der Brustgürtel tritt in der einfachsten Gestalt als ein Knorpelstück auf, welches bei Selachiern einen ventral geschlossenen, dicht hinter dem Kiemenapparate gelagerten Bogen bildet. Durch Beziehungen zu Mus- keln der Gliedmassen erhalt der Bogen eine bestimmte, am meisten bei den Rochen ausgeprägte Sculptur.

Die Trennung des Knorpelbogens in zwei Hälften vollzieht sich bei den GanoYden, und mit dem durch den Knorpel vorgestellten primären Schultergürtel verbindet sich aus ursprünglich dem Integumente angehörigen Knochenstücken ein neuer Apparat , der im Verlaufe seiner fernem Differenzirung bis zu den Säugethieren eine wichtige Rolle spielt.

Wir haben also ausserdem primären aucb einen secundären Schultergürtel zu unterscheiden. Ersterer bleibt bei den Stören knorpelig; auf ihm entwickeln sich einige Knochenplatten des Integu- mentes, von welchen ich die beiden unteren als Clavicula und Infra- claviculare, die beiden oberen als Supraclavicularia gedeutet habe. Am primären Schulterknorpel sind aus den bei den Selachiern vorkommenden Canülen weitere Räume geworden. Bei den übrigen GanoYden und Te- leostiern bleibt meist nur ein Theil noch knorpelig , ein anderer ossificirt,

Brustgürte!.

499

doch erscheint das gesammte Stück dem Volumen nach in Rückbildung. In der Regel gehen aus ihm bei Teleostiern zwei Knochen (/>) hervor, mit denen sogar Theile des Flos- aenakelets sioh inniger verbinden können. Dagegen hat die bei den Stören noch unansehnliche Clavi- cula an Ausdehnung zugenommen (Fig. §64 c). Sie verbindet sich in der ventralen Medianlinie mit janer der anderen Seite, sowie durch Supraclavicularia (a b mit dem Schädel« Bei der eingetre- tenen Rückbildung des primären Schultergürtels, der ihr wie ein blosser Anhang angefügt ist, bil- det die Clavicula die Hauptstütze der vorderen Extremität.

Fig. Ml. Rechte BrustgurtelhilfU und BraetfloaM TonGadiu. e Clavicula. a b SipraeUvicnltm. d Accei9orucbe6 Stück, e Coracold. / Scapula. g Basal!« der Flosse. A Strahlen des «ecundaren

FloiaeaakftlaU.

§ 359.

Die bei den Fischen am knorpeligen ScbultergUrtel entwickelte Cla- vicula erleidet bei den höheren Wirbelthieren eine Reductton. Dagegen «mpftngt der primäre Apparat einen höheren Werth durch seine Verbindung mit dem Brustbein wie durch grössere Beweglichkeit seines obersten (dorsalen) Abschnittes, der nicht mehr mit dem Axenskelete sich fest verbindet. Die Verbindungsstelle mit dem Skelete der freien Gliedmasse bezeichnet eine den Gelenkkopf des Humerus aufneh- mende Pfanne | von der aus der primäre ScbultergUrtel sich in zwei Abschnitte theilt.

Der dorsale Abschnitt stellt die Scapula vor, der ventrale sondert sich in ein hinteres Stück, das GoracoYd, und ein vorderes, welches bei auftretender Verknöcherung von der Scapula aus ossißeirt, das ProcoracoYd.

Unter den Amphibien erscheint der Schultergürtel bei den Urodelen jederseits als ein grösstenteils knorpeliger, nur in der Nähe der Gelenkpfanne ossificirender Skelet- theil. Das verbreiterte Dorsalende der Sca- pula, Suprascapulare, bleibt meist knorpelig oder zeigt eine selbständige periostale Ossi* fication. Von der knöchernen Scapula erstreckt sich die Ossification zuweilen auf das Proco-

Fig. 262. Schultergftrtel : A vom Frosch, ff von einer Schildkröte, C von einer Eidechse. 5 Scapula. af Suprascapulare. co Procoracoid. co' Coracold. cl Clavicula. c Epister- num. st Sternum. Die knorpeligen Theile sind durch Punktirung unter- schieden.

32»

500 II- 9* Wirbelthiere.

racoid. Bei den Anuren sind die beiden ventralen Fortsätze (Fig. 262. A co, co') des Schultergürtels jederseits mit ihren Knorpelenden in Ver- bindung, welche auch in eine mediane Vereinigung eingehen kann (Rana). Der ventrale Abschnitt des Schultergürtels umschliesst somit jederseits eine Oeffhung. Selbständig verknöchert das CoracoYd (co'), während das ProcoracoYd in nähere Beziehungen zu der Clavicula (d) tritt.

Jede Hälfte des Schultergürtels der Reptilien bietet gleichfalls ei» einziges Stück dar, in seiner Form dem der Amphibien enge angeschlossen» Das meist breite CoracoYd ist nicht selten von fensterfbrmigen Oeffnungeo durchbrochen (Eidechsen). Ein bei den Amphibien nur angedeuteter Fortsatz der Scapula wird als Verbindungssteile mit der Clavicula (Fig. 262. C. d) zum Acromion. Bei den Schildkröten erscheint die Scapula» als ein meist cyliodrisches Knochenstuck (B. s), welches am Schulter- gelenke in einem Winkel unmittelbar in das ProcoracoYd (B. co) sich fort- setzt. Das Ende des letzteren steht mit dem knorpeligen Ende des Cora- coYd durch ein Ligament in Verbindung.

Gänzlich [ist das ProcoracoYd bei den Crocodtlen verschwunden , so dass nur Scapula und CoracoYd den Schultergürtel zusammensetzen* Daran reihen sich die Vögel, deren schmale, leicht gekrümmte Scapula an der Gelenkpfanne mit dem starken CoracoYd verbunden ist, welches, wie bei den [Reptilien, der Sternalplatte sich einfügt. Durch das Vor- handensein der Andeutung eines ProcoracoYd bieten die Rauten eine nähere Verwandtschaft mit Sauriern dar.

Von den Säugethieren besitzen nur die Monotremen ein vollständige» CoracoYd. [Bei den übrigen schwindet es bis auf einen von der Gelenk- pfanne entspringenden Fortsatz der Scapula (Processus coracoYdes), und nur in seltenen Fällen persistirt auch das Sternalende des CoracoYd, wie ich es als ein dem Manubrium sterni jederseits ansitzendes Knorpelstück bei Sorex und Mus auffand. Der scapulare CoracoYdrest betheiligt sich zwar gleichfalls noch an der Bildung der Gelenkpfanne, allein auch diese Beziehung tritt zu Gunsten der Scapula zurück, die so zum ausschliess- lichen Träger der vorderen Extremität sich ausbildet und derselben damit eine grössere Freiheit der Bewegungen sichert. An dem Reste des Cora- coYd äussert sich die ursprüngliche Selbständigkeit durch den Besitz eines besonderen Knochenkernes, bis die vollständige Verschmelzung mit der Scapula eintritt.

Die Form der Säugethierscapula nähert sich jener der Reptilien , ist aber durch das Auftreten neuer Theile nicht unwesentlich davon verschie- den. Bei den Monotremen besteht die Andeutung einer Spina scapulae, die mit einem Acromion ausläuft. Bei den übrigen Säugethieren ist der laterale Rand jener breiten Kante in eine bedeutendere Leiste entwickelt, welche nunmehr durch die Ausbildung auch des medialen Randes in eine vorspringende Knochenplatte als Spina scapulae eine Ober- und Unter- grätengrube unterscheiden lässt. Immer entwickelt sich das Vorderende der Spina zu einem Acromialfortsatz. Unter den übrigen Verschieden-

Vordere Extremität. 501

tieften ist die bei Chiropteren und Primaten auftretende Verbreiterung der Basis scapulae hervorzuheben.

§ :*60.

Durch die Entfallung des primären Schultergürtels tritt der secun- däre, die Cla vicula vorstellende Apparat 358) entweder gänzlich in den Hinlergrund oder er wird zu Leistungen verwendet, welche seinen bei den Fischen bestehenden Verhältnissen fremd sind. Unter den Am- phibien besitzen nur die Anüren eine Glavicula (Fig. 262 A dn als Deck- knochen des Procoracoid. Selten löst sie sich vom Brustgürtel, wie dies vollständiger erst bei den Reptilien eintritt (B d) . Sie bildet dann einen den Acromialfortsatz der Scapula mit dem Episternum [B c) in Verbin- dung setzenden Knochen. Bei den Vögeln erscheint die Clavicula in ähn- licher Weise , ist bei Dromaeus unansehnlich , und fehlt den übrigen Ra- uten, indess beide Claviculae bei den Carinalen frühzeitig zu einem unpaaren Knochen, derFurcula, verwachsen, und mit der Crista sterni ligainentös verbunden sind (Fig. 234 f,.

Das selbständige Auftreten dieses ursprünglich als Belegknochen •eines Knorpelstückes entstehenden Skeletlheiles führt bei den Säuge- ihieren zu einer bisliologischen Aenderung, indem die Clavicula sich hier grossentheils aus einer knorpeligen Anlage bildet, in vielen Punkten ähn- lich wie jeder andere knorpelig vorgebildete Knochen. Dieser Knochen •erhält sich jedoch nur bei einem Tbeile der SUugethiere , jenen, deren Vordergliedmasse eine freiere Verwendung empfängt. Er ist spurlos bei den Ungulaten verschwunden und erscheint bei Anderen in Rudimenten, die zuweilen nur durch Bandmassen vorgestellt sind (Carnivoren).

Vordere Extremität.

§ 361.

Die höchst mannich faltigen Skeletformen der freien Gliedmassen lei- teten sich von einer nur in vereinzelten Fällen noch bestehenden Grund- form ab , welche den ersten und damit niedersten Zustand des Flossen- .skelels vorstellt, das Archipterygium. Dieses wird durch einen aus gegliederten Knorpelstücken bestehenden Stamm gebildet, der. dem Schultergürtel angelenkt, an zwei Seiten mit meist gleichfalls gegliederten Radien besetzt ist. Ausser den am Stamme befindlichen Radien finden sich noch solche direct dem Gliedmassengürtel angefügt (vergl. Fig. 260 rf; .

Geratodus bietet eine solche Form des Flossenskelets in einem bise- rial mit Radien besetzten Flossenstamm. Dagegen fehlen die Radien am Schultergürtel. Auch dieser biseriale Radienbesatz des Flossenstammes erleidet nun verschiedenartige Moclificationen. Unter den DipnoY erhält sich bei Protopterus nur die mediale Radienreihe, in Gestalt dünner Knorpelstäbchen T indess die laterale bei den Selachiern zu einer bedeu-

502

II. 9. Wirbellhie

tenden Entfaltung gelangt. Von der medialen Reibe bestehen meist nur unansehnliche Reste {Fig. 263. fi'j, die aber immerhin deutlich genug sind, um der Annahme einer einstigen ausgedehnteren biserialen Anord- nung der Radien das Wort zu reden. An den Stamm schliessen sich noch Radien an, die mittels grösserer Plattenstocke [p. ms) sich demSchultergurtel verbinden. Zuweilen sind die Gliedslücke der Radien in polygo- nale Platten aufgelöst, die gleichfalls unter einander verschmelzen können, wie solche Concrescenzen auch an den die Flossen- basis darstellenden Stücken \p. ms) ersicht- lich sind. Indem wir die solchen Basal- slücken angefügten freibleibenden Radien jenen zurechnen, lassen sich am gesammlen Flossenskelete drei Abschnitte unterschei- den : das Pro-, Meso- und Metaplerygium.

Das Metaplerygium ;ffl() stellt den Stamm des Archiplerygium vor, sammt den die- sem ausiuenden Radien. Propterygium ijt) und Mesoplerygium [ms] sind aus den am K|. sm. Brum »««eukal« von ScbullergUrtel sitzen gebliebenen Radien ber- desPr«ptM>-ginma. «,t de* Jieupte- vorgegangen nachweisbar. rjginmi. b m*di»i«r FioiHniud. Durch bedeutende Entfaltung des Pro-

lUSt'nnniiwiuAHhiptorTciBiu pterygiums entsteht die eigentümliche Flos- ■n. Wspuokiin.in Linitnenupietben senform der Rochen, zu welcher das Verhalten d.n R^diea, di8 gräSsiünih«i8 u«r»i von Squatina hinleitel. Ein Radius ist hier mtiiiii"w' änge"rd™ei"ind"L *u einem Trager von Radien geworden und bildet, allmählich sich nach vorne richtend, einen Stamm für das Propterygium, ähnlich wie ihn dasXetaptengium im Stamm des Archiplerygium besitzt. Im Wesentlichen kommen mit den Haien auch die Chimaeren tiberein.

§ 362.

Von einem dem Brust Qossenskclet der Haie ähnlichen Zustande ist das bezügliche Skelet der Ganorden ableitbar, welches eine peripherische Reduclion des erslcren vorstellt (vergl. Fig. 264). VerbfUtnissmassig nur wenige Radien lenken dem Flossen stamme \B) an, und ebenso sind die am Schultergürtel sitzenden rudimentär gebildet. Die Reduclion des peri- pherischen Flossenskelels ist bei den Teleostiern noch weiter vorge- schritten, und der ganze primäre Stützapparat der Brustflosse besteht meist aus vier bis fünf häufig sich gleichartig verhaltenden Elementen (Fig. 261 <ji , welchen eine sehr wechselnde Anzahl kleiner, immer knor- pelig bleibender Stückchen peripherisch angefügt ist. Diese dienen dann

Vordere Extremität. 503

Bis Stützen für das sekundäre Skelel der Flossen strahlen h). Basalslücke lassen sich nur bei Wenigen (Welse '■ , und aueb da nur schwierig auf ihre ursprüngliche Bedeutung zurückführen. Nach dem bei den GanoVden an- getroffenen Befunde müssen wir in jenen Stücken als constan testen Bestandtbeil das Basale des Mela- pterygiuni, sowie die Basalia einiger Radien erken- nen. Der gleichartigen Function gemäss sind diese Theile einander ähnlich geworden, so dass nur die Rückführung auf das Ganoldenskelet den Zusammen- hang mit dem primären Znstand aufdeckt.

in vielen Abtbeilungen der Teleostier treten ausser ferneren Reductionen in der Zahl jener Stücke noch bedeutendere Umwandlungen ein. Hieher gebort der enge Anschluss an den Schultergürtel und die unbewegliche Verbindung mit dessen Bestandtheilen (Catapbradi).

Auf diese Weise lässl sich von dem reich ent- falteten Flossenskelele der Selachier bis zu jenem Teleostier eine conti nuirlicbe Reihe erkennen, deren wichtigste Veränderungen in allmählichen Reductio- nen kleinerer oder grosserer Abschnitte besteben. Die Reduclion schreitet von der Peripherie zur Basis vor, so dass leutere den bestandigsten Tbeil bildet. Was das primäre Flossenskelet dadurch an Volumentfaltung einbüsst, wird compeusirt durch das Auftreten von Ossificationen des Inlegumentes, welche, wie an den unpaaren Flossen, bald gegliederte, bald auch starre, auf beiden Flachen der Flosse entwickelte Knochensirahlen vorstellen.

. B Bis da d*> XtUpUij^iuiii. R KnS- i K.uil ilr. Iil in.

Of.ck^iack, C. , Untersuchungen z Leipzig 1845.

ergleich. Anatomie der Wirbel thiere. II.

§ 3fi3.

Am Skelele der Vordergliedmasse höherer Wirbelthiere ist vom Ar- chipterygium der Stamm mit einseitig an ihm aufgereihten Radien er- kennbar, aber ausser dem Stamme sind keine Radien dem Gliedmassen- gtlrlel angefügt. Die Anordnung der Radienglieder in schräg zum Gliedmassenslamme geordneten Reiben eben der Richtung der primitiven Radien entsprechend ist durch die erfolgte transver- sale Umgliederung verwischt, kann aber in den niedersten Formen nicht unschwer erkannt werden. Aus der Umgliederung gehen neue Abschnitte hervor, indem quere Reihen von Radiengliedern mit dem entsprechenden Gliedstücke des Stammes zu längeren Stücken sieb ent- wickeln. Diese Veränderung ist aus der geänderten Function ableitbar, der gemäss die Gliedmasse aus einem Ruderorgan in einen zusammen- gesetzten Hebelapparal sich umgebildet bat.

Sü-1

II. 9. U'iibelthiere.

Zuerst erscheiol unter den Enaliosauriern bei Ichthyosaurus das Ba- sale des Archipterygiums als ein grösserer Knochen von der übrigen Hasse meist gleichgrosser Stücke der Gliedmasse gesondert, und darf als Hu nierus bezeichnet werden. Bei Plesiosaurus sind zwei darauffolgende, bei den ersteren noch indifferente Stücke gleichfalls voluminöser geworden, und entsprechen den Unlerarmknochen : Radius und Ulna; darauf folgt eine doppelte Querreihe kleinerer Stucke, die einen Garpus vorstellen, und auf diese folgen wieder längere Knochenreihen, welche Hetacarpus und die Phalangen der Finger reprasentiren. Die nach Auflösung von Stamm und Radien in einzelne Stacke auftretende Umgliederung lasst sich hier in einzelnen Stadien erkennen.

Daran scbliessen sich die bei Amphibien nachweisbaren Einrichtungen, die wir bei der hier bestehenden Verkümmerung eines Fingers aus dem an der Hinlergliedmasse vollständigen Befunde ergänzen können. Hienach ist der Stamm des Archipterygiums in einer lateralen Reihe von Skelettheilen zu suchen, die vom numerus durch Ulna zum fünften Finger ver- läuft und im Carpus zwei Stucke besitzt. Auf die hieran gereihten Strahlen vertheilen sieb die übrigen Skeleltheile. Ein Strahl beginnt mit der Speiche (Radius) und läuft in den er- sten Finger aus. Ein zweiter, dritter und vier- ter beginnt im Carpus, um im 2 4. Finger zu enden. Der primitive Carpus setzt sieb demtu- folge aus 1 0 Stücken zusammen, fünf Carpalia tragen die Finger, drei schliessen sich den Vor- derarm k noch en an: Radiale, lntermedium, Ulnare, und zwei Centralia (cc) weiden von ' diesen und jenen eingeschlossen. ptrrjginm c »bleiben. Die Funclionsänderuug dieser Gliedmasse

erscheint in Verbindung mit einer Axen- drehung des numerus, die in den höheren Abiheilungen auch ontoge- netisch nachweisbar ist. Sie bedingt zunächst eine Verschiedenheit der Stellung der Gliedmassen im Vergleiche zu jener niederer Formen.

§ 364.

Von der vom Archiplerygium abgeleiteten Grundform des Glied- massenskeletes erhalt sich ein mehr oder minder vollständiges Abbild, und gerade von den charakteristischen Verhallnissen bleiben oft in allen Abtheilungen der Wirbelthiere unverkennbare Spuren bestehen, gegen welche die zahllosen, grösstenteils in Reductionen und Concrescenzen sich aussprechenden Abweichungen zurücktreten. Diese Modilicationeii

Vordere Extremität. 505

erklären sich aus der Mannichfaltigkeit der Verwendung der Gliedmasse, sowie gänzliche Rückbildungen einzelner Theile oder sogar der ganzen Gliedmasse wieder von einer Aussergebrauchstellung abhangig sind.

Bei den Amphibien sind die beiden oberen Abschnitte in bedeuten- der Ausbildung, bieten jedoch ausser der Verschmelzung von Radius und Ulna bei den Anuren keine so bedeutenden Differenzen als der Carpus sie aufweist.

Von den primitiven Carpalstücken verschwinden einzelne in der distalen Reihe mit der häufigen Verkümmerung von Fingern , die meist auf 4 beschränkt sind , oder es können auch Verschmelzungen von zwei bis drei distalen Carpalstücken eintreten (Frösche etc.). Ebenso sind an den proximalen Carpalstücken Concrescensen nachweisbar.

Am Armskelet der Reptilien bestehen die einzelnen Abschnitte am wenigsten verändert bei den Schildkröten, welche nicht nur 9 Carpal- stücke, sondern auch die 5 Finger vollständig besitzen. Von den drei Carpalien der ersten Reihe sind bei den Eidechsen zwei mit einander verschmolzen, sowie auch jene der zweiten Reihe auffällige Modificationen und beim Schwinden einzelner Finger eine Reduction aufweisen. Bedeu- tender ist die Veränderung des Carpus bei den Crocodilen. Das Radiale hat hier das Uebergewicht über das Ulnare erhalten , und die zweite Car- palreihe wird nur durch einige zum Theile knorpelig bleibende Elemente repräsentirt. Dabei bieten die zwei ulnaren Finger eine Verkümmerung gegen die drei radialen dar. Rückbildungen der Gliedmasse finden sich bei den scblangenartigen Sauriern in den verschiedensten Stadien ausge- prägt. Gänzlicher Mangel dieser Theile zeichnet die Schlangen aus.

Reductionen der Hand sind bei den Vögeln, bei welchen die gesammte VorderextremiUU zum Flugorgan umgewandelt ist, noch weiter ausgeprägt. Im Carpus bilden sich nur zwei Knochen (Fig. 26f> cc'} bedeutender aus,

Fig. 2W>. Armskelet von Ciconia alba, h Humerat». w Ulua. r Kadius. ff' Carput-. m Metavarpus

p p' p" Phalangen de* 1—3 Finge«.

indess ein der zweiten Carpusreihe entsprechender Knorpel mit den Basen des Metacarpus frühzeitig verwächst. In der Hand bleiben drei Finger mehr oder minder ausgebildet, die sich bei den Saururen discret erhalten, indess bei Ratiten und Carinaten das Metacarpale (m) des zweiten und dritten , meist auch noch jener des ersten, zu Einem Knochenstücke ver- wachsen. Am dritten Finger kommt noch das Rudiment eines 4. vor.

In der Zahl der Phalangen ergeben sich von den Eidechsen bis zu den Vögeln Rückbildungen. Vom ersten Finger der Radialseile bis zum

506

II. 9. Wirbelthiere.

vierten besteht eine Zunahme der Phalangen von zwei bis fünf, nur der fünfte enthält eine geringere Zahl. Bei den Crocodilen ist diese Zunahme nur bis zum dritten Finger vorhanden ; bei den Vögeln besitzt meist der zweite Finger zwei Phalangenstücke (//), der erste und dritte nur eines [P P")t selten besteht am ersten und zweiten Finger eine Phalange mehr.

Fürbringer , M. , Die Knochen und Muskeln der Extremitäten bei den scblan- genartigen Sauriern. Leipzig 1870.

§ 365.

Die grössere Mannichfallfgkeit der Anpassungs Verhältnisse an ver- schiedene Verrichtungen spricht sich bei den Säugelhieren in bedeutenderen Verschiedenheiten im Bau desArmskelets aus. Die Elemente des letzteren lassen bezüglich der Zahl der Carpalia an die niederen Zustände, wie sie etwa bei Schildkröten bestehen, anknüpfen. Wenn auch durch Verküm- merung einzelner Finger viele Modifikationen der Hand bestehen , so ist doch der Extremität, selbst in unteren Abtheilungen der Säugethiere, ein mehrseitiger Gebrauch erhalten. Eine freiere Beweglichkeil der beiden Knochen des Vorderarms, sowie die Verbindung der Hand mit einem derselben (dem Radius1, enthebt die Vorderextremität ihrer niederen Function als blosser Stützapparat, und lässt sie zum Greiforgane sich um* gestalten. Die letzlere Erscheinung kommt sowohl .bei Didelphen als auch bei Monodelphen zum Ausdruck und erreicht ihre höchste Form bei den Primaten. Der Carpus besitzt die drei primitiven Stücke der ersten Reihe. Nicht selten kommt auch noch ein Centrale vor (Nager, Insecti- voren , Halbaffen, beim Orang und, frühzeitig schwindend, beim Men- schen). Die distalen Carpalknochen bieten eine Verschmelzung der beiden ulnaren zu einem Hamalum dar (vergl. Fig. 268. /. //). Einen besonderen, dem Ulnar ran d des Carpus angefügten Knochen, bildet das

Pisiforme, das bei vielen eine sehr bedeutende Grösse erreicht. Es findet sich schon bei Reptilien und ist als einziger Rest einer bei Enaliosauriern reicheren Reihe nachweisbar.

Die aus dieser Formenreihe hervorgebildeten Modifikationen stehen in engstem Connexe mit der Verrichtung. Wir treffen in ihnen sowohl beträcht- liche Verlängerungen einzelner Abschnitte bei der Verwendung des Armes zum Flugorgane (Chiroplera), sowie auch Verkürzungen und massivere Gestaltung einzelner Theile in vielen Fällen, wo der Arm gleich- falls in vorwiegend einseitige Verwendung, wie beim 'uit^LJ%^nLDl7l Graben etc. kommt, wofür Monotremen, manche phin. s Scapuu. k Hu- Edentaten, Talpa etc. Beispiele liefern. Der Aus- mern,. r Radi«, n üin*. bildung , welche hier die einzelnen Tbeile des Arm-

c Carpus. m Metacarpua. , , , , . ,, . . i. *>,,.. .

Ph Phalangen. skelets darbieten , stellen sich die Rückbildungen

Vordere Extremität.

507

entgegen, welche der Vordergliedmasse der Cetaceen geworden sind. Sie bildet ein in seinen einzelnen Ahschnitton wenig bewegliches Ruder, dessen einzelne Elemente sogar jede Gelenkverbindung verlieren können und zu einer ungegliederten flossenartigen Masse vereinigt sind (Pig. 267).

Bei einer anderen Reibe wird die VorderextremiuH blosses StUls- und Bewegungsorgan, unter Rückbildung eintelner Finger. Dass hier kein primärer Zustand vorliegt, ergibt sich aua der relativen Stellung der Vorderarm knochan , die einen Pronalion und Sunination besitzenden Zu- stand voraussetzen lösst Mit der einseitigen Verwendung der Gliedmasse geht jene Bewegung verloren, Radius und Ulna werden unbeweglich ver- bunden, was zu einer Rückbildung eintelner Tbeile dieser Knochen und völliger Verwachsung derselben (Uhren kann. So erscheinen sie bei den ArtioHactylen, unter denen bei den Wiederkauern das distale Ende der Ulna rudimentär wird. Bei den Tylopoden und Einhufern ist letzteres ganz geschwunden und der obere Theil der Ulna ist mit dem Radius zu Einem Knochen vereint.

In dem Verhalten der Finger lassen sich zwei Reihen von Zustanden unterscheiden. Beiden fehlt der erste Finger, der schon bei den digiti- graden Carnivoren ausser Function tritt Fig. 268 II). Von den Übrigen

aber ist bei den Artiodactylen der dritte und vierte vorwiegend entfallet (III. IV), so dass die beiden anderen (2 und 5) oft nicht zur Berührung des Bodens kommen 'Schweine, Moschuathiere). Dann gebt der fünfte Finger verloren, so dass nur der dritte und vierte entwickelt sind und der zweite einen unansehnlichen Anhang vorstellt Anoplotherium . Das Uebergewicht des dritten und vierten Fingers wird noch bedeutender

50$ II 9. Wirbelthiere.

durch die Verschmelzung der beiden Metacarpalien (IV ■, indess der »weile und fünfte Finger rudimentär wird (Rinder, Schafe, Hirsche etc.; . Die Reihe der Perissodactylen beginnt gleichfalls mit vierfingerigen Formen, aber hier besitzt nur Ein Finger (der dritte, das üebergewicht (Tapire) (T . Mit Ruckbildung des fünften schon im letzten Falle kleinsten Fingers

(Palaeolherium schliesst sich der zweite und vierte dem dritten als An-

>

hang an (Uipparion) und durch die Reduction der beiden seitlichen Finger auf ihre blossen Melacarpalstücke, die als »Griffelbeine « dem ansehnlichen Metacarpus des dritten Fingers angelagert sind (17 . wird der letztere zur einzigen Stütze der Gliedmasse (Equus).

Die Zahl der Phalangen der einzelnen Finger bietet nur bei den Wal- thieren eine Vermehrung, bei allen Uebrigen ist sie für den ersten Finger auf zwei, für alle anderen auf drei festgestellt.

Hintere Qliedmassen.

Beckengürlel.

§ 366.

Die Verhältnisse des Beckengürtels stehen wieder mit der Ver- schiedenartigkeit der Leistungen der Extremität in Zusammenhang. Die Homologie beider Skeletabschnitle wird daher um so vollständiger zu er- kennen sein, je gleichartiger die Function beider Extremitäten und je nie- derer die Stufe der Differenzirung ist.

Auch dem Beckengürlel liegt ein einfaches Knorpels lück zu Grunde. Dieses besitzt bei den Selacbiern nur selten eine dorsale Ausdehnung. Bei den Gano'fden und Teleostiern sind beide Hälften des ossificirten Skelel- theiles in medianem Zusammenhang. Sie erleiden bedeutende Lagever- änderungen, indem sie verschieden weit nach vorne gegen den Schuller- gürtel gerückt sein können (Pisces thoracici), und endlich sogar mit diesem sich verbinden (Pisces jugularesj .

Bei den Amphibien treten beide Beckenknochen mit der Wirbelsäule in Verbindung ; zugleich lassen sich an der Verbindungsstelle mit dem Femur zwei Abschnitte unterscheiden: der dorsale, einem Querfortsatze (resp einem Rippenrudimente) angeheftete, wird als Ilium, der ventrale, median mit dem der anderen Seite verbundene als Scham-Sitzbein be- zeichnet (Urodelen) . Es besteht aber Grund zur Vermuthung, dass er nur einem Sitzbein (Ischium) entspricht. Eine Modification erleidet diese Form bei den Anuren (vergl. Fig. 225), indem die langen und schmalen Darm- beine (//) sich mit den zu einer senkrechten Scheibe umgewandelten und unter einander verschmolzenen Scham-Sitzbeinen (is) vereinigen.

Bedeutender entfaltet sich das llium der Reptilien, bei Chamaeleo ist es einer Scapula ähnlich, und in ein einem Suprascapulare vergleichbares Slück fortgesetzt. Mehr in die Länge gestreckt ist es bei Eidechsen .Fig. 269. Jli% kürzer und breiter bei Crocodilen (Fig. 270. Jl . Die Rich- tung des Knochens gehl nach vorne, so dass seine Becken-

Beckengürtel.

509

Verbindung hinter dem Acelabulum liegt. Bei Eidechsen und Schildkröten geht der ventrale Theil des Beckens vom Acelabulum her in zwei divergente Stücke aus Fig. 269) , die eine weite Oeffnung (Foramen obturatum) umschliessen. Der vordere Schenkel wird als Schambein (/*), der hintere als Sitzbein (J$) benannt. Beide Knochen jeder Seite zeigen verschiedene Grade der medianen Verbindung unter sich, die sogar auf-

Fig. 260. Linksseitige Ansicht des Beckens von Monitor. Jl Darmbein. Ja Sitzbein. P Scham- bein, a Hinteres Ende des Darmbeines. 6 Vor- derer Höcker desselben.

Fig. 270. Linksseitige Ansicht des Beckens von Alligator lue ins. x $ Zwei Aeste des Sitz- beines, welche mit r«, zwei Fortsatsen des Darm- beines eine im Pfannengrnnd befindliche Durch- brechung o umschliessen. Uebrige Bezeichnung wie in nebenstehender Figur.

gehoben sein kann. Hievon ist das Becken der Crocodile (Fig. 270) in manchen Punkten verschieden , indem von der Pfanne ein einziger Knochen (Js) ventralwärts abgeht, der mittelst zweier Fortsätze [x. y) mit dem Ilium sich verbindet. Er scheint nur ein Sitzbein vorzustellen, und ein ausserhalb des Acetabulums liegender, mit dem Sitzbeine articuliren- der Knochen [p) mit dem anderseitigen in die vordere Bauchwand con- vergirend, stellt sich als Schambein dar.

Hieran reihen sich die Becken fossiler Dinosaurier, deren ilium durch einen nach vorne gerichteten Fortsatz ausgezeichnet ist, von welchem die lebenden Saurier wie die Crocodile nur eine Andeutung [b] zeigen. Die Pfanne erscheint gleichfalls durchbrochen und verbindet sich mit einem langen , schräg nach hinten und abwärts gerichteten Sitzbeine , das mit dem anderseitigen nicht vereinigt ist. Vom vorderen Pfannenrande geht ein langes, gleichfalls frei endendes Schambein aus, in parallelem Verlaufe mit dem Sitzbein.

In diesem Verhalten birgt sich schon das Wesentliche des Vogel- beckens (Fig. 274) . Das Darmbein [Jl) erstreckt sich hier nicht nur weit nach hinten 'o«), sondern lässtauch den vorderen Fortsatz zu einer breiten Platte [bb] sich gestalten. Diese dehnt sich längs des Lendenabschnittes der Wirbelsäule, sogar noch auf den thoracalen aus, und zieht dadurch eine beträchtliche Anzahl von Wirbeln in den Bereich des Beckens. Von der

510

II. 9. Wirbeltbiere.

durchbrochenen Pfanne aus tritt das Sitzbein (Js) ziemlich parallel mit dem hinteren Darmbeinstücke nach hinten und ähnlich verläuft das

schwache, mit einem klei- nen Abschnitte an der Pfanne betheiligte Scham- bein (P*. dessen das Sitz- bein überragende Enden meist convergiren und bei Strulhio sogar eine Sym- physe bilden. Zwischen Darm- und Sitzbein , wie zwischen diesem und dem Schambein treten ver- schiedenartige Verbindun- gen eiu.

Fig. 271. Linksseitige Anficht eines Vogelbeckens. Der pnnktirte Abschnitt bezeichnet den durch Knorpelwachsthwn sich nach hinten verlängernden Theil der drei Stücke des Beckens. Die punktirte Linie grenzt den ohne Betheilignng von Knorpel nach vorne wachsenden Theil des Darmbeines (66) ab. Bezeichnung wie in den vorhergehenden Figuren.

Bedeutend verschieden ist das Becken der Säugethiere. Die pri- mitive Sacral Verbindung liegt stets vor der Pfanne. Das

Ilium ist aber von vorne nach hin- ten gerichtet, und der bei Vögeln hintere Rand des Iliums entspricht dem vorderen des Säugethier- Darmbeines. Von den Amphibien aus entstehen demnach zwei diver- gente Darmbein - Stellungen . Bei den Amphibien ist es von der Sa- cralverbindung lateral und abwärts gerichtet : bei Reptilien und Vögelo schräg vorwärts, und bei Säugern dagegen schräg caudalwärts. Der ventrale Theil des Beckens um- schliesst ein Foramen obluratum, und bildet mit dem anderseitigen einen ventralen Abschluss.

Flg. '272. Linksseitige Ansicht des Beckens einer:

Hundts, ü llium. is Ischinm. p Oa pubis. tl

Vorletzter Lnmbalwirbel. rc Caudalwirbel.

Der primitive Beckenknorpel lässt das Ilium und lschium hervor- gehen; das Schambein entsteht aus einer gesonderten Anlage, die mit der Darm-Sitzbein-Anlage in der Pfanne sich verbindet (Mensch) . Daraus ergibt sich ein Grund für die Auffassung des Schambeins als eines selb- ständigen Skeleltheiles, der bei den Grocodilen in dieser Selbständigkeit beharrt. Das Darmbein der Säugethiere verbindet sich mit wenigen Wir- beln. Auch das Sitzbein kann mit falschen Sacralwirbeln Verbindungen eingehen (Dasypus, Bradypusl. Die Verbindung der beiden ventralen Schenkel in einer Scham-Sitzbeinfuge bei den Beutel thieren, vielen Na- gern, Artiodaclylen und Perissodactylen bedingt eine langgestreckte Form des Beckens. Bei Insectivoren und Carnivoren beschränkt sich die Ver-

Hintere Extremität. 51 1

bindung mehr auf die beiden Schambeine, und in den höheren Ordnun- gen findet dies noch entschiedener statt.

Ab eine selbständige Anpassung besteht bei Manchen (Insectivoren und Ghiroptern an der Stelle der Scbambeinsymphyse eine blosse Band- verbindung, welche bei weiblichen Individuen sogar eine bedeutendere Ausdehnung erhalten kann (Erinaceus) .

Bei dem Mangel einer hinteren Extremität erliegt auch der Becken- gflrtel einer Rückbildung. Rudimente von ihm finden sich bei den Cetaceen.

Vor den Schambeinen finden sich bei Monotremen und Beuteltbieren noch zwei nach vorne gerichtete Knochenstücke, die Beutelknochen (Ossa marsupialia) , bei Thylacinus zu unansehnlichen Knorpelrudimenten rück- gebildet.

Gegekbaur. C, Beiträge zur Keuntniss des Beckens der Vögel. Jen. Zeitschr. VI. Hoff mann. C. K., Beiträge zur Kenntnis* des Beckens der Amphibien u. Reptilien. Niederltnd. Aren. III.

Hintere Extremität.

§ 367.

Die für die Vorderextremität geschilderten Einrichtungen greifen in ähnlicher Weise auch für die hintere Gliedmasse Platz. Sie bildet bei den Fischen die Bauchflosse. Ihr Skelet zeigt bei den Selachiern eine ähn- liche Beschaffenheit wie jenes der Brustflosse und als bedeutendste Ver- schiedenheit kann im Vergleiche mit jener ein einfacheres Verhalten der Radien angeführt werden. Gewöhnlich ist das Basale des Flossenstammes beträchtlich verlängert. Die dem Basalstück folgenden Glieder gehen bei den Männchen eine besondere Veränderung ein, die sie zu einem Begat- tungsorgane umbildet.

Aus einer der Reduction des Brustflossenskelels sehr ähnlichen peri- pherischen Rückbildung ist das Skelet der Bauchflosse bei GanoYden ab- leitbar, und von diesen jenes der Teleostier. Doch zeigt sieb entsprechend der geringeren Entwicklung der gesammten Bauchflosse meist eine be- deutende Vereinfachung, sowohl im Volum als in der Anzahl der einzelnen Stücke. In beiden Abtheilungen findet dieselbe Betheiligung des Haut- skelets an der Flächen vergrösserung der Bauchflosse statt ,. wie es für die Brustflosse aufgeführt ward.

Bezüglich der Vergleichung der Hinterextremität der höheren Wir- bellhiere mit der Bauchflosse der Fische muss wieder vom Archiptery- gium ausgegangen werden , welches wie dort als der niederste Zustand erscheint. Die Gliederung der Extremität in einzelne sich folgende Abschnitte bildet eine Wiederholung des am Armskelete getroffenen Verhaltens. Wir unterscheiden Femur, Tibia und Fibula, endlich am Fusse : Tarsus, Metatarsus und die Phalangen. Die vier inneren Zehen lassen sich mit den

512 II. *. Wirbelthiere

sie tragenden Skelettbeiien gleichfalls als Glieder von Radien betrachten. die von einer vom Femur durch Fibula zur Aussenzehe verlaufenden Knochenreihe ausgehen. Zehn Stucke setzen den Tarsus zusammen, drei davon schliessen an den Unterschenkel an, Fihulare, lntermedium, Tibiale. Zwei stellen Centralis vor, und fünf distale Tarsalia tra- gen die Metelarsusknochen. (Vergl. Fig. 265., Bei den Enaliosauriern bilden die Skelet- theile der Hinterextrem im eine vollständige Wiederholung jener der vorderen, und selbst bei einem Tbeile der Amphibien (den Urode- len] treffen wir im Hauptsächlichsten ein gleiches Verhalten, so dass es einer speziellen i Aufführung nicbt weiter bedarf. Da sich bei den meisten Urodelen die Ftlnfzahl der End- stücke oder Zehen der Hinlergliedmassen er- halt, so ist die Uebereinstimmuog mit der primitiven Form noch deutlicher als am Armskelete. Bei Cryptobranchus, Mcnopoma u. a. bestehen sogar die beiden Centralia. Dagegen ist bei den Anuren eine bedeuten- dere Veränderung ausgeprägt : Tibia und Fi- bula verschmelzen. An der Stelle der proxi- malen drei Tarsalsttlcke treffen wir zwei lange aber an den Enden häutig verschmolzene Knochen , die gewöhnlich als Astragalus und Calcaneus bezeichnet werden. Auch die distale Reihe der Tarsalia bietet bedeutende Reductionen. Endlich ist noch das Vorkom- men des Rudimentes einer sechsten Zehe be- achtenswert h.

(. iTi. BJ|)[<

368.

los«. Di« imntiirbn Linie., sind gej jen Schildkröten ist bei unwichtigen

"«i«(i»nMibi!|.Uni! *" Modifikationen der grösseren Stücke der Ex- tremität eine allmähliche Concrescenz ein- zelner Knochen des Tarsus bemerkbar, welche für das Verständnis» des Fussskelels sowohl der übrigen Reptilien als auch der Vogel belangreich ist. Ein Intermedium ist mit dem Tibiale zu einem Astragalus vereinigt, und diesem ist noch das Centrale angeschlossen, oder auch völlig mit ihm verschmolzen. Ebenso stellt das vierte und fünfte Tarsale einen einzigen Knochen, das Cubo'fd, vor. Durch die Entstehung Eines KnochenstUckes aus Knochen der ersten Tarsal reibe und durch die feste Verbindung dieses Stuckes mit Tibia und Fibula ergibt sich eine eigenlhUmlicheArticulalions- weise desFusses. Er bewegt sieh in einem Intertarsalgelenk.

Hintere Extremität.

513

Etwas verschieden gestaltet sich das Fussskelet der Crocodite. Tibia und Fibula articuliren hier mit zwei Knochen, davon der fibulare die grösste Beweglichkeit besitzt Der der Tibia ver- bundene grossere Knochen entspricht jenem der Schildkröten. Ihm articolirt ein Knorpelstuck , das sich enger mit dem Hetatarsus verbindet, wahrend mit dem Fibulare ein Cubold articulirt. Durch die Selbständigkeit des Fibulare wird eine erst bei den Säugethieren wieder auftretende Eigenlhumlichkeit dargestellt. Bei Eidech- sen zeigt der aus vier primären Elementen hervorgegangene Tarsalknochen (Fig. 274. A. ta) in seiner Anlage keine Andeutung seiner einzelnen Bestandteile mehr. Er verbindet sich unbeweglich mit Tibia und Fibula, indess die distalen Tarsusstuoke [ii) in verschiedenem Hasse dem Hetatarsus sich anschliessen. Am vollständigsten scheint dies bei fossilen Sauriern (Orni- tfaosceliden) der Fall gewesen zu sein.

in diesen Einrichtungen sehen wir eine Vorbildung dea Baues des Vogelfusses, der im embryonalen Zustande (Fig. 273. B) die bei manchen Reptilien bleibend gege- benen Verhaltnisse zeigt. Die Fibula (p) reicht bis zum Tarsus. Letzterer legt sich aus zwei Knorpelsttlckeu an, das obere ((*) F^ jM~V„„»,i,t „u, a«itiit ist zweifellos dem bei Reptilien aus vier (Eid*eka*)M)nBdYo'aia(£), latita- Elementen sich zusammensetzenden Kno- "■'■ •■»«z««"« z«un& a*-t*-

, ... . . .teilt. /Fenint. I Tibi*. «Fibula, (t

chon homolog , das untere (ÜJ entspricht out«, m unter» Tuuntt<*. -. Min- der distalen Reibe von Tarsusknochen. taimu. t- v liautuuiiuct* Den Hetatarsus bilden ursprünglich gleich- Zahan'

falls fünf discrete Knorpelstucke, von denen aber nur vier [B. I IV) Zehen tragen , indess das fünfte sehr unansehnliche völlig mit dem unteren Tarsussttlck verschmilzt. Die Veränderung des embryonalen Ver- hältnisses zeigt sich am Unterschenkel in einer Ruckbildung der Fibula (Fig. 275. 6'), welche spater wie ein unansehnlicher, niemals den Tarsus erreichender Anhang ib ') der Tibia ib) ansitzt. Hit der Tibia verwächst der obere Tarsalknorpel und bildet ihren Gelenkkopf, der untere Tarsal- knorpel vereinigt sich mit dem durch Verschmelzung der drei längeren Hetatarsusknocben entstehenden einheitlichen Stücke (cj, an welchem Trennungsspuren meist nur noch am distalen Ende in den einzelnen Capitula fortbestehen (Fig. 275. c'). Das Hetatarsale der ersten oder Innenzehe erhalt sich selbständig und bleibt meist ein kleiner, dem

Oaiaibur, Onadrita i. wjl. Anatomie. 2. AnJ. 33

514

II. ». Wirbellhiere.

^

grossen » Laufknochen a Tarso-Metatarsus angefügter Anhang. Am Vogel- fasse sind somit bei den Reptilien ausgesprochene Einrichtungen weiter

entwickelt , indem die Theile , welche dort rar feste Verbindungen zeigten, verschmolzen, aber die Bewe- gung des Fusses findet in demselben intertarsalgetenk statt.

Bezüglich der Zehen treffen wir die Fttnfiahl auch bei Reptilien vorherrschend: erst bei den Vögeln sin- ken sie auf vier oder drei, sogar auf zwei Struthio). Die Phalangen der Zehen zeigen hn Allgemeinen eine Zunahme von der aus zwei Stacken bestehenden Innenzebe an bis znr vierten Zehe, an der man fanf Phalangen zählt. Dies eilt für Eidechsen. Crocodile und Vögel. Eine geringere Zahl besitzen Amphibien und Schildkröten. Unter den Reptilien sind Re- ductionen der Gliedmasse bei schlangenartigen Sau- riern verbreitet, allgemein bei Schlangen, bei denen nur die Peropoda noch Rudimente besitzen.

GEGE*iAm, C. . Untersuchungen zur Y*rgle4ch. Anal. I Leipzig 4864.

Fif. 275. Hintere Ex- tremität von Bnteo rnlg&ris. a Femur. ATiba. 6' Fibula, c Tnrso - Metetarsns. c ' !>&ss«lbe Stock Uolirt tob T»rne gesehen, d d' d"d" Vier Zehen.

§ 369.

Die eisentbümlicben Differenzirnneen des Skeletes der Hintergliedmasse der Reptilien und Vögel stellen die Säuget hiere ausser Anscbloss. Im Allgemeinen sind die Umgestaltungen weniger manniehfaltig als an der Vordergliedmasse. Das Femur ist bei den Perisso- dactvlen. manchen Nagern u. a. durch einen dritten Trochanter ausgezeichnet. Am Untersehenkel erhält die Tibia die Haupt- rolle, die Fibula wird häufig, besonders bei den Ungnlaten, rudimentär. Bei den Artiodactylen erhält sich das distale Endstück , weiches mit der Tibia wie mit dem Tarsus Astragalus articulirt, und anscheinend dem letzteren zugetheilt wird. Auch Verwachsungen der vollständigen Tibia und Fibula kommen vor 'z. B. bei Nagern. Inseelivoren .

Den am meisten charakteristischen Abschnitt bildet der Tarsus . der

<

mit 2 Stucken sich dem Unterschenkel anschliesst , aber meist nur mit Einem 'Astragalus) das Sprunggelenk bildet. An dem zweiten Knochen 'Calcaneus) ist die bei Crocodilen angedeutete Fortsatzbildung weiter ent- wickelt. Das Centrale erhält sich selbständig , rückt aber als Naviculare an den inneren Fussrand vor. Mit dem Calcaneus bildet es bei einigen Prosimiae eine bedeutende Verlängerung Macrotarsi . Von den fünf dista- len Knochen sind die zwei äusseren stets nur durch das CuboYd vertreten, die drei inneren bleiben zumeist getrennt Keilbeine . Mit der Verminde- rung der Zehen tritt häufig auch an den letzteren eine Reduction ein , sie können sogar mit dem Metatarsus verschmelzen . wie z. B. bei Bra-

lloskelsystem. 5 1 5

<iypus. Auch das CuboYd kann mit dem Nnvicalare vereinigt sein (Wie- 4erkMer).

Aus der ursprünglichen Function eines 9tütt- und Bewegungsorgan©« trildet sieh auch für den Fuss die Function eines Greiforganes heraus, und dadurch nähert sich der Fuss auch in manchen Formerscheinungen dem Ende der Vordergliedmasse: der Hand. In allem Wesentlichen seines Baues hat er dabei nicht aufgehört Fuss tu bleiben , wefan wir an den -anatomischen Begriffen von Hand und Fuss festhalten und nicht die func- tionellen Verhältnisse in den Vordergrund stellen, in welchem Falle auch •der Rüssel des Elephanten eine »Handa wäre.

Jene Umbildung des Fusses besteht bei manchen Beutlern, den Halb- affen und den Primaten. Ihr Schwerpunkt liegt in der Ausbildung der -ersten Zehe in einer dem Daumen der Hand analogen Weise. Auch beim Menschen bestehen Andeutungen dafür, dass sein Fuss froher ein Greif- organ war. Wird diese Function aufgegeben , so ist eine Verkümmerung jener Innenzehe in dem Maasse die Folge, als der Fuss bei der Locomotion nicht mehr mit der ganten Sehlfläcbe auftritt. Die kürzere Innenzehe ist dann ausser Function gesetzt (DigitigradeCarnivoren). Ganz geschwunden ist sie demgem&ss bei den Ungulaten , deren Gliedmassen ausschliesslich •der Locomotion dienen und Stützen des Korpers sind. Das Verhalten des Metotaraus und der Zehen bietet jenem der Vordergiiedmasse parallele Be- funde bei Artto- und Fertssodaetylen. Bei letzteren ist die allmähliche Umwandlung des Fusses aus einem vierteiligen in einen einzeiligen in •einer ahnlichen palaeontologischen Reihe erkannt wie das schon bei der Vordergiiedmasse erwähnt ward.

Muskelsystem.

§ 370.

Das Muskelsystem der Wirbelthiere sondert sich in der Embryonal- anlage aus dem Mesoderm und bietet eine der Hetamerie des gesammten Körpers entsprechende Gliederung dar. Vor der Differenzirung des Skelets stellt die unter dem Integumente lagernde Muskulatur mit jenem «inen Hautmuskelschlauch vor, jenem gegliederter wirbelloser Thiere in vielen Beziehungen ähnlich , wenn auch nicht geradezu von einem sol- chen ableitbar.

Die Beziehungen zum Skelete, die Bildung einer" Skeletmuskulatur, sind somit in dem Maasse erworben, als sie an die Ausbildung des Skelets .geknüpft sind. Bei Amphioxus, dessen Skelet wesentlich in der Chorda dorsalis besteht , ist das Muskelsystem , wenigstens am Rumpftheile des Korpers, ohne jene Beziehungen und nur an dem die AthembOhle um- scbliessenden Körperabschnitte scheinen Verbindungen mit dem Visce- ralskelei zu bestehen. Die gesammle Muskulatur ist in zwei seitliche, dorsal und ventral durch Bindegewebe getrennte LKngsmassen geordnet«

33 #

516 H. 9. Wirbelthiere.

Diese Längsmuskelzüge sind durch bindegewebige Septa in eine Reihe voi) Metameren Myocommata) geschieden und jene Septa dienen ebenso» zum Ursprünge wie zur Insertion der zwischen ihnen gerade verlaufenden Fasern. Während diese Muskelraasse dorsal sich längs des ganzen Kör- pers erstreckt, wird sie ventral am vorderen Körperabschnitte durch die Beziehungen zum Kiemenskelet modificirt.

Auch bei den Cyclostomen ist der grösste Theil der Muskulatur nocb ohne unmittelbare Verbindung mit dem Skelete, indem die oberflächlichen Lagen wieder nur mit Bindegewebe in Zusammenhang stehen, und jene Metameren bildenden Septa über den ganzen Rumpf- und Gaudaltheil des* Körpers vertheilt vorkommen. Doch erscheint sowohl am Kopfe wie am Visceralskelet eine selbständige Sonderung einzelner mit Skelettheilea verbundener Muskeln.

Die Ausbildung des Skelets ruft eine Verbindung mit der Muskulatur hervor, indem Skelettheile zwischen Muskelmassen, den bindegewebigen Septis folgend, einwachsen. Damit wird die primitive Gleichartigkeit der Muskulatur des Körpers aufgelöst, und es beginnt eine Scheidung, welche sich einerseits in dem Auftreten einer Skeletmuskulatur, andererseits ia der eigenartigen Entfaltung des nicht mit dem Skelete sich verbindenden Restes des Gesammtmuskelsystems zu einer Hautmuskulatur ausspricht.

Das gesammte Muskelsystem bedarf noch sehr der methodischen Un- tersuchung, bevor es die Stufe erreicht, auf der unsere Kenntnisse des Skeletes sich befinden. Wir müssen uns deshalb in dieser Darstellung, auf eine Skizze mit wenig sicheren Linien beschränken.

Hautmuskeln. §371.

Indem wir die Haulmuskeln als ursprünglich mit jenen des Skelets einen gemeinsamen Complex bildend ansehen , sind jene Muskeln davon zu trennen, welche dem Integument als solchem angehören.

Unter den Cyclostomen erscheint ein Theil der Rumpfmuskulatur durch mangelnde Verbindung mit Skelettheilen im Wesen als Hautmus- keln, und selbst bei den niederen Gnathostomen steht ein bedeutender Theil der grossen seitlichen Rumpfmuskelmassen nur durch die vom Skelete ausgehenden sehnigen Zwischenbänder mit diesem in Zusammenhang, ist daher noch nicht zur Skeletmuskulatur in dem Sinn geworden, dass Ur- sprung und Ende eines Muskelbündels Skelettheilen angefügt ist. Aus diesem mehr indifferenten Verhalten wird das Fehlen gesonderter Haut- muskeln begreiflich. Doch erscheinen wenigstens in der äusseren Wand der respiratorischen Vorkammer bei Selachiern deutliche Hautmuskellagen als Theile eines gemeinsamen Constrictors.

Auch an manchen anderen Körperstellen finden sich nicht mit den grossen Seitenmuskeln zusammenhängende subcutane Muskeln, denen

Muskelsystem. 517

eine längs der Seitenlinie der Teleostier verlaufende , durch intensivere Färbung ausgezeichnete Schichte beizuzählen sein wird. Bei den Am- phibien treten Hautmuskeln theils am Kopfe zur Bewegung der Nasen- Öffnungen, tbeils bei Anuren in der Nähe des Steisses auf. Die -an den äusseren Nasenöffnungen liegenden Muskeln kommen reicher ent- wickelt auch den Beptilien zu. Eine funciionell bedeutende Wichtig- keit erreichen Hautmuskeln bei den Schlangen , indem sie eine bei der Locomotion wirksame Bewegung der Schuppen bewerkstelligen.

Die Vögel besitzen grössere platte Hautmuskeln an verschiedenen Körpertheilen ; wie bei Beptilien (Chelonier) ist eine continuirliche Muskel- Schichte am Halse verbreitet, andere Hautmuskeln nehmen ihren Ursprung vom Skelete, wie z. B. die in die Flugbaut tretenden , dieselbe spannen- den Musculi patagii. Auch die zur Bewegung der Armschwingen und der Steuerfedern dienenden Muskeln gehören in diese Kategorie.

In höherem Grade ist die Hautmuskulatur der Säugethiere entwickelt. Heist lagert unter dem Integumente des Bumpfes ein grosser, den Rttcken- 4heil des Körpers bedeckender und von da auch auf Hals und Kopf sieb fortsetzender Muskel, der an verschiedenen Stellen der Haut mittelst seh- niger Theile sich inserirt und von seinen vorderen Partien auch eine Insertion an den Huroerus abgibt. Er ist am meisten bei Echidna, bei Dasypus uod beim Igel entwickelt , bei welchen er das Zusammen- kugeln bedingt. Bei den meisten Affen besitzt der grosse Hautmuskel die- selbe Ausdehnung wie bei den Übrigen Säugethieren , in grösserer Selb- ständigkeit erscheint er jedoch am vorderen Abschnitt. Beim Orang und <Chimpanse ist letzterer durch eine die Seitentheile des Halses einneh- mende und von da auf das Gesicht sich fortsetzende Muskelplatle vorge- stellt, die beim Menschen auf das Platysma myoides beschränkt ist.

Muskulatur des Skelets.

§372.

Die aus der Verbindung des Muskelsystems mit dem Skelete ent- springende DiBerenzirung der Muskeln steht mit jener des Skeletes im -engsten Zusammenhange, wie sich denn beide Theile stets in einem aus der gemeinsamen Function entspringenden gegenseitigen Anpassungsver- hältnisse darstellen. So ist grösseres Volum eines Skelettheiles mit einer Volumszunahme der bezüglichen Muskeln verbunden , und die Rückbil- dung eines anderen Skeletstückes entspricht der Verkümmerung seiner Muskulatur. Ebenso ist die grössere functionelle Selbständigkeit der Mus- keln an eine bedeutendere Differenzirung geknüpft.

Aus dieser Sonder ung entstehen einzelne Muskelsysteme, deren jedes -wieder in untergeordnete Complexe mehr oder minder discreter Muskeln verfällt. Als solche Systeme können die Muskeln des Rumpfes, die Muskeln des Kopfskelets und die Muskeln der Gliedmassen unterschieden werden.

M8

. 9. Wirbelthiere.

Die Muskeln des Rumpfes, SelteorumpfmuskelD, bilden die bereits oben erwähnte primitive Muskulatur. Sie besteben aus zwei, die Seitentbeile des Körpers einnehmenden , vom Kopf bis mm caudalen Ende verlaufenden Muskelmassen (M. laterales), welche in der Median- linie des Rückens, wie in jener des Bauches von einander geschieden sind. Unter den Cyclostomen erscheint der ventrale Theil dieser MuskeV- mossen bei den MyxinoYden durch einen schrägen Verlauf seiner Fasern ausgezeichnet. Ob dadurch ein neues System vorgestellt wird, ist zweifel- haft. Jede Hälfte zerfallt in eine dorsale und ventrale Partie, welche in einer horizontal durch die Wirbelsaule gelegten Ebene von einander ge- schieden sind, so dass im Ganzen vier Seitenmuskeln bestehen.

Jeder der vier Seitenrumpfmuskeln wird bei den Fischen durch eine den Wirbeln entsprechende Anzahl von sehnigen Blattern (Ligament» intermuscularia) in einzelne Abschnitte geschieden, welche auf der Ober- flache durch die als Inscripliones tendineae tu Tage tretenden freien Rander jener Blatter leicht unlerscheidbar sind. Da die Muskelfasern zwischen je zweien der Sehnenblatter stets parallel verlaufen, so bieten letztere Ursprung wie Insertion für einen Abschnitt dar. Die Muskeln stehen dadurch nur in mittelbarer Ver- bindung mit dem Skelele. Der Verlauf der sehnigen Septa ist anfänglich plan, ändert sieb aber in einen gebogenen, und zwar in der Weise , dass in jedem dor- salen Muskel eine untere aus in einander steckenden, mit der Spitze nach vom gerichteten Kegein iFig. 976. .4. a) gebil- dete, und eine obere aus Kegelslucken bestehende Schichte [b] erkannt werden- kann. Die Spitzen dieser unvollständigen Kegel sehen nach hinten. An den ven- tralen Muskeln ergibt sich insofern ein umgekehrtes Verhalten, als die Kegel [a] oben, die Kegelslucke b') nach unten ge- lagert sind. Auf einem senkrechten Quer- durchsebnitte am Schwänze eines Fischet* sieht mau daher jederseits zwei an ein- icenlriseher Ringe (die durchschnittenen Hohlkegel}, und Über dem oberen wie unter dem unteren noch kttnere- oder längere Bogenlinien (die Durcbschnittsbilder der unvollständigen Kegclstücke) .

Aehnliche Verhallnisse bestehen im Wesentlichen noch für die Seiten- muskeln der Perennibranchialen wie der Larvenzuslande der Uhrigen Amphibien, so dass dieselbe Zickzacklinie der Ligamenta interaiuscularia nur in weniger scharfen Biegungen zu beobachten ist. Bei dem mehr ge- raden Verlauf der Ligamenta intermuscularia ist die Kegelbildung v

Fig. »S.

b nnd V Da ich schnitt nniolliUnüiger oberer and unterer Kegeln Intel. dWit- belkarper. B Zickzacklinien Ist ober- flächlichen Enden Ligg. inteimneCD- luia am Schvinze von Scomber. (Nach

ander stosseode Systeme <

Muskefeystem. 519

gegangen. Bei den ausgebildeten Selamandrinea ist der Bauchlheil des Seitenmuskels am Rumpfe umgewandelt und nur noch am Schwänze zeigt sieb zwischen oberer und unlerer Hälfte eine symmetrische Bildung; der peraiatirende Rückentbeil dagegen verhält sich ganz fisehöhnlich dnreh Ligamenta intermuscularia in einzelne Abschnitte getrennt.

§ 373.

In den Amnioten sind aus dem Bauebiheü der Seitenmuskulatur des Rumpfes andere Muskeln hervorgegangen, dagegen besteht er am Schwanae der Reptilien und Säugetbiere unter HodificatioDen noch fort, und erleidet ähnliche Umwandlungen wie der Rückentheil, der sich gleichmassig auch über den Schwans erstreckt.

Während bei den Eidechsen eine Trennung des dorsalen Seitentmia- kels durch Ligamenta intermuscularia noch erkannt werden kann, hat eine weiter gehende Differenairung bei den Uebrigen eine Reihe discreter Rückenmuskeln entstehen lassen. Wir treffen diese bei Säugethieren in eine oberflächliche und eine tiefe Partie getrennt. Die erstere umfasat den nur auf den Halstheil beschrankten Splenius, der theils am Schädel, theils an Querfortsätzen vorderer Halswirbel inserirt. Dann gehört jener oberflächlichen Partie noch der Sacrospinalisi an, der in eine mediale and laterale Portion zerfällt (ilieooetalis und Longisaua&us) . Beide besiüsen ge- meinsame vom Kreuzbein und Darmbein entspringende Fleisebmaaseot. Accessorische Ursprünge treten in der ganzen Länge des Muskels bis Htm Schädel auf, theils von den Rippen, theils von den Querforteälsen kom- mend. Die Insertionen gelangen vom Iliocostalts und vom Longissimus aa Rippen , von letzterem auch noch an Querfortaätze. Die tiefe Lage witd vom Tran&versospinalis gebildet, der aus einem von Querforts&tzen ent- springenden, zu Dornfortaätzen gelangenden System von Bündeln darget» stellt, und naeh verschiedenen Schichten bald mehr bald minder gesondert ist (Semispinalis, Multifidus).

Die zum Hals gelangenden Abschnitte dieser Muskeln zeigen meist eine der Beweglichkeit dieses Theiles entsprechende voluminösere Entfall tung, die sie auch als besondere Muskeln hat beschreiben lassen. Dasselbe gilt von den selbständiger ausgebildeten zum Schädel gelangenden Enden. Die Schädelportion des Longissimus ist der Traehelomastoideus, die des Semispmalis ist der Biventer und Complexns. Endlich gehören ru dieser Gruppe die Musculi spinales und die Interspinales. Den vordersten Spi- nalis bildet der Rectus capitis post. major; der Rectus capitis p. minor ist der erste Inlerspinalis.

Kleine, die senkrechten Flossen der Fische bewegende Muskeln werden aus den primitiven Seitenrumpfmuskeln hervorgegangen anzusehen sein.

§374.

Als eine aus den Seitenrumpfaiuskeln hervorgehende Gruppe müssen die lntercosta Imuskeln betrachtet werden. Bei den Fischen ist diese

520 H. 9. Wirbellhiere.

noch nicht differenzirt, insofern die zwischen den Rippen und ihren Aequiva- lenten befindlichen Muskeln nochTheile der Seilenmuskeln sind; die Rip- pen selbst liegen in den Ligamenta intermuscularia. In den höheren Wirbel- thierabtheilungen findet eine schärfere Sonderung statt. Am machtigsten entwickelt sind diese Muskeln bei den Schlangen. Auch die zwischen den mit Wirbeln verschmolzenen Rippenrudimenten oder zwischen Querfort- sätzen vorkommenden Muskeln (Intertransversarii) gehören der inter- costalen Gruppe an. Ferner gehören hieher die Levatores costarum, sowie die an der Innenfläche der Thoraxwand liegenden Muskeln (Thoracici in- terni) und die Scaleni. Die Ausbildung aller dieser Muskeln erleidet je nach dem Umfange und der Beweglichkeit der Rippen bedeutende Ver- schiedenheiten und zu den Hebern können, wie bei den Schlangen, noch besondere Rückzieher hinzukommen.

Dem Systeme der Intercostalmuskeln werden wahrscheinlich auch die breiten Bauchmuskeln beigezählt werden dürfen, welche an den Rip- pen entbehrenden Stellen der Bauchwand zu finden sind. Sie bestehen aus dem M. obliquus externus , obliquus internus und transversus abdo- minis. Der Obliquus externus entspricht dem Intercost. ext., der Inter- nus dem Intercost. internus. Die bei manchen Amphibien wie bei den Eidechsen bestehenden Inscriptiones tendineae haben als Reste der primi- tiven Zwischenmuskelbänder zu gelten. Der Ursprung des Obliq. externus ist meist weit über den Thorax ausgedehnt, und bei Reptilien in mehrere Schichten gesondert.

Auch ein Transversus abdominis besitzt schon bei den Amphibien eine bedeutende Ausdehnung , ebenso unter den Reptilien mit Ausnahme der Schlangen , denen er fehlt. Er erstreckt sich bis vorne in die Brust« gegend. Bei den Vögeln reicht er bis zum hinteren Sternalrande, dagegen findet er sich bei Säugethieren in grösserer Ausbreitung vor.

Als ein verhältnissmässig wenigst veränderter Rest der primitiven Muskulatur erscheint der Reclus abdominis, welcher den Längsver- lauf seiner Fasern beibehält und in seinen Inscriptiones tendineae wie- derum Spuren primitiver Septa besitzt. Er tritt erst von den Amphibien an allgemein vom Brustbein bis zum Becken, jedoch bei geringerer Länge des Slernumscontinuirlich in den Sternohyoldeus übergehend (Amphibien).

Bei den Crocodilen ossificiren die queren Sehnenstreifen, und stellen die sogenannten »Bauchrippen« vor. Zu den geraden Bauchmuskeln muss auch der M. pyramidalis gezählt werden, der den Salamandrinen, Croco- dilen, Straussen und endlich vielen Säugethieren zukommt. Monotremen und Beutelthiere besitzen ihn in besonderer Ausbildung, so dass er, von einem Rande des Beutelknochens entspringend , nahe bis ans Brustbein reicht, und dabei den Rectus überlagert.

§ 375.

Das bei den Fischen bestehende Kiemenskelet besitzt ein besonderes zwischen den einzelnen Abschnitten sich wiederholendes System von

Muskelsystem. 521

Muskeln. Da die primären Kieferstücke gleichfalls diesem Skelete ange- hören , so werden die ihnen zukommenden Muskeln als Differenzirungen des Muskelapparates des Kiemenskelets zu gelten haben. Ein Theil der Muskulatur des letzteren entspringt vom Schädel, ein anderer gehört den einzelnen Bogen an, und noch andere Muskeln besitzen eine quere An- ordnung und bedingen eine Annäherung der beiderseitigen Bogen. Von den Kiemenbogen gehen Muskeln zu den Kiemenstrahlen. Bei den Sela- chiern sehr entwickelt, sind sie bei den Knochenfischen rudimentär, und erscheinen am Zungenbeinbogen in die Muskulatur des Kiemendeckels und der Kiemenhautstrahlen umgewandelt. Den Amphibien kommt wäh- rend des Larvenzustandes eine ähnliche Muskulatur zu, sie ist zum Theile aus jener der Fische ableitbar, und erhält sich bei den Perennibranchiaten. Mit dem Verschwinden des Kiemengerüstes und der dabei wachsenden Selbständigkeit des Zungenbeins geht ein Theil der Kiemenmuskulatur an dieses über.

Was die Kiefermuskeln betrifft, so ist ein Adductor der beiden Stücke des Kieferbogens bei den Selachiern in ziemlicher Differenzirung in meh- rere Theile als die Anlage des Kaumuskelapparates zu erkennen. Mit der Befestigung des Palato-Quadratums oder der an ihm gesonderten Knochen am Cranium erhalten diese Muskeln ihren Angriffspunkt am Unterkiefer. Bei Amphibien und Reptilien hat sich von der Kaumuskelmasse eine innere Portion als Pterygoideus gesondert, die selbst wieder in zwei Ab- theilungen (Pt. externus und internus) zerfallen kann (Saurier) ; auch die Scheidung des Temporaiis und Masseter ist durch Schichtenbildung ange- deutet. Das Herabziehen des Kiefers besorgt in beiden Classen ein Muskel, der einen kurzen aber mächtigen Bauch am Hinterrande des Unterkiefers bildet. Er entspricht dem hinteren Bauche des Digastricus der Säuge- thiere. Eine Vermehrung der Muskeln zeichnet die Schlangen aus, indem sowohl Adductoren der Unterkieferhälften als besondere, das Quadratbein und einzelne Knochen des Gaumengerüstes bewegende Muskeln bei den Eurystomata in nicht unbedeutender Entwickelung getroffen werden. Aehnliche Muskeln , als Heber der Flügel bei ne und des Quadratbeins be- stehen auch noch bei den Vögeln und bewirken die Bewegung des Ober- kieferapparates. Von den eigentlichen Kiefermuskeln hat der Temporaiis die grösste Ausdehnung, und der in den unleren, mit beweglichen Kiefer- hälften versehenen Abtheilungeu vorhandene Adductor wird durch einen quer zwischen den Kieferästen ausgespannten Muskel von anderer Bedeu- tung vertreten.

Die Kaumuskeln der Säugethiere stimmen in Zahl, Ursprung und Insertion mit der menschlichen Bildung überein und weichen ausser einem allgemein grösseren Volumen nur in jenen Verhältnissen ab, die durch Form der Ursprungs- und InsertionsQächen an den betreffenden Knochen gegeben sind.

522 II- ». Wirbellhiere.

§ 376,

Von den paarigen Glied massen besitzen die Flossen der Fische sowohl an ihrem Gürtel als an dem freien Abschnitte eine Anzahl von Muskeln, die mfo denen der übrigen Wirbellhiere noch keineswegs er- folgreich verglichen werden können. Sie scheiden sich in Muskeln, die zum Gliedmassengürtel treten , und in solche, die der Gliedmasse selbst angehören.

Mit der Unigestaltung der Gliedmassen tritt eine Veränderung bezüg- lich der Muskulatur ein, und zwar zunächst eine Vereinfachung der Zahl, aber auch eine Vermannichfachung der Leistung in Folge der grösseren Freiheit und Selbständigkeit der Skelettheile.

Als bedeutendste Verschiedenheil gegen die bei den Fischen vor- handenen Einrichtungen ist die bei höheren Wirbelthieren stattfindende Ausbreitung der Muskulatur des Brustgürtels und der Vorderextremilät über die dorsale und ventrale Körper- f lache hervorzuheben. Die aus den oberen Seitenrumpfmuskeln hervor- gegangene Muskulatur wird von zur GHedmasse gelangenden Muskeln überlagert, die bei den Fischen durch eine vom Kopfe entspringende Muskelpartie vertreten sind. Diese sind weniger bei den Perennibran- chiaten, mehr bei den Caducibranchiaten gesondert; und lassen die Muskeln erkennen, welche in den höheren AbtheiFungen den Cuculiaris mit dem Sterno - CleidomastoTfdeus vorstellen. Sie empfangen Nerven vom Kopfe. Dazu kommen Muskeln, die vielleicht aus der Rumpfmusku- latur hervorgingen, und theils vom Rücken, theils von der Brust her zur Gliedmasse treten.

Die übrigen , den Gliedmassen selbst zukommenden Muskeln leiten sich von den bei Fischen mehr gleichartigen Schichten ab, welche die dorsale und ventrale Flache des Brustflossenskelets bedecken. Mit der Reduction des letzteren und den Modifikationen seiner einzelnen persisti- renden Tbeile kommt auch der Muskulatur eine bedeutende Aenderung zu, und daraus erwächst die der functionellen Mannicbfaltigkeit des Werthes der Gliedmassen gleichlaufende Verschiedenheit des anatomi- schen Verhaltens der Muskulatur in den einzelnen Abtheilungen.

Für die hintere Gliedmasse bestehen zunächst durch die Verhältnisse des Beckengürtels zum Axenskelete die Muskulatur beeinflussende Fac- toren. Der Mangel eines Zusammenhanges jener Skelettheile lässt bei den Fischen eine grössere Selbständigkeit des Beckengürtels auftreten, die bezüglich der Muskulatur durch die Indifferenz der letzteren compensirt wird. Die innigere Verbindung des Beckengürtels mit dem Axenskelete bei den Amniolen lässt gleichfalls die Beweglichkeit zurücktreten, und damit die Ausbildung einer dieser vorstehenden Muskulatur. Die der Gliedmasse selbst angehörige Muskulatur besitzt theils ihren Ursprung am Beckengürtel , theils am Gliedmassenskelet , und erscheint im Grossen in

Elektrische Organe. 523

ähnliche Gruppen gesondert wie jene der Vordergliedtnasse, den aus der functionelten Verschiedenheit beider resulUrenden Modifioftüenen*

§ 377-

Eine besondere Gruppe bilden die subvertebralen Muskeln. Solche, welche unterhalb der Wirbel und ihrer lateralen Fortsätze, somit am thoracalen Abschnitt innerhalb des Thorax liegen.

Einen vorderen Abschnitt der unteren Muskeln der Wirbelsäule bildet der Musculus longns, der bei Reptilien zuerst erscheint und meist schon innerhalb der Brusthöhle beginnend sich längs der Halswirbelsäule bis zum Schädel erstreckt. Er zerfallt in mehrere , nach ihrer Insertion als Longus colli et capitis unterschiedene Portionen.

Eine andere subvertebrale Muskulatur scheint zur Bildung des Zwerchfells zu führen. Eine solche Einrichtung fehlt den Fischen, und auch bei den Amphibien ist es noch fraglich , ob einzelne die Speise- röhre umgreifende Muskel bündel als Anfänge eines Zwerchfells betrachtet werden dürfen. Unter den Reptilien besitzen Schildkröten einen musku- lösen Beleg der die Lungen umschliessenden Peritoneallamelle, theils von Wirbelkörpern, theils von den rippenartigen Querfortsiitzen entspringend. Bei den Crocodilen fehlt ein Zwerchfellmuskel, da man in der sehr ent- wickelten Peritonealmuskulatur schon wegen ihres Ursprungs von der vorderen Beckenwand keine direct hieher beziehbare Bildung wird er- kennen dürfen. Andeutungen einer muskulösen Bedeckung der Lungen bestehen bei Vögeln, am meisten bei Apteryx ausgebildet.

Erst bei den Sttugethieren erscheint ein ausgebildeter Zwerchfell- muskel als Scheidewand zwischen Bauch- und Brusthöhle. Die schräge Stellung de« Muskels bei Reptilien und Vögeln setzt sich damit in eine quere um. Die fleischigen Partieen entspringen theils von Wirbelsäule, theils von Rippen, und gehen in ein Centrum tendineum über, das selten fehlt ^ Delphine). *

Hühphry, G. M. , Observation s in M>oIogy. Cambridge and London 4873. FütBMiWEft, M., Vergl. Anat. der Schul termaskein. Jen. Zeitschr. VII. VIII. Morphol. Jahrb. II. de Man, Vergl. myolog. u. neurolog. Stud. Leiden 1873. Vetter, B. , Vergl. Anat. der Kiemen- u. Kiefermuskulatur der Fische. Jen. Zeitschr. VIII.

Elektrische Organe«

§ 378.

Eigentümliche, nur einer kleinen Aniahl von Fischen zukommende Apparate stellen die sogenannten elektrischen Organe vor, die in anato- mischer Hinsicht durch die in ihnen stattfindende Endigung machtiger Nervenmassen, in physiologischer aber durch die Entwickelang von Elek- tricität wichtig geworden sind. Die Nerven bieten in ihren Endapparaten

524

Wirbellbiere.

mit jenen der motorischen Nerven in den Muskelfasern Übereinkommende Verhältnisse, und auch aus der Genese dieser Organe ergibt sich manches, was auf ihre Abstammung aus umgewandelten Muskeln hindeutet. Es besteht deshalb zureichender Grund, diese Organe dem Muskelsysteme anzureihen, wenn uns auch ihr früherer Zustand, in welchem sie wahr- scheinlich Muskeln vorstellten, noch unbekannt ist.

Die mit diesen Organen ausgestatteten Fische gehören zu den Gat- tungen Torpedo und Narcine unter den Rochen. Gymnotus unter den Aalen , Malapterurus unter den Welsen ; auch Mormyrus besitzt ahnliche Organe. Ein pseudo-eleklriscber Apparat ist bei Raja vorhanden.

Obwohl in Lage wie in dem gröberen anatomi- schen Verhallen in den einzelnen Galtungen sehr von einander abwei- chend, kommen die er- wähnten Organe darin tlberein, dass sie aus verschiedenartig gestal- teten, durch Bindegewebe abgegrenzten und mit einer gallertartigen Sub- stanz gefüllten »Kästchen« zusammengesetzt er- scheinen. Zu der einen Flache dieser »Kästchen» treten die Nerven heran, um feine Netze zu bilden, aus denen schliesslich eine die Nervenendigun- gen darstellende «elektri- sche Platte» hervorgeht.

Das Verhalten dersel- ben zum gesammten Ap- parate, sowie die Be- ziehungen zu den Nerven ergibt sich in Folgendem für den Zitterrochen (Torpedo). Das elektri- sche Organ (oe< liegt hier zwischen dem Kopfe, den Kirmensacken (Fig. 277 br) und dem Proplery- gium der Brustflosse, die ganze Dicke des Körpers

Nervensystem- 525

durchsetzend und von einer sehnigen Membran umhüllt, welche oben wie unten vom Integumente überzogen wird. Jedes Organ seist sich. aus zahl- reichen , parallel stehenden Prismen zusammen , die ihrerseits wiederum aus einer Reihe aufeinander geschichteter Elemente, den oben erwähnten Kästchen, bestehen. Letztere sind durch Bindegewebe inniger unter einander vereinigt; alle empfangen die in die Prismen eindringenden Nerven von unten her, und die freien Flächen der elektrischen Platten sind dorsal gerichtet. Zum Organe treten fünf starke Nervenstämme, Rami electrica, welche verschiedenen Kopfnerven, vorzüglich dem Vagusbezirke angehören, und zwischen den Prismen sich vertheilen.

Bei den übrigen elektrischen Fischen besitzen die bezüglichen Organe zwar einen mit dem Geschilderten bezüglich der fetteren Verhältnisse übereinstimmenden Bau, allein in der Oertlichkeit ihres Vorkommens, auch im Verhalten der »Kästchen« ergeben sich Verschiedenheiten. So liegen beim Zitteraal die Organe am SchwanztheMe des Körpers dicht un- ter der äusseren Haut. Beim Zitterwels ist das Organ unter dem Integu- mente über die Oberfläche des Körpers verbreitet, und bei den Mormyren finden wir wieder den Schwanz damit ausgestattet. Entsprechend ver- schieden verhalten sich auch die Nerven, woraus man scbliessen darf, dass die genannten Organe trotz ihrer histologischen und physiologischen Uebereinstimmung morphologisch verschieden sind.

Schdltzi, M., Zur Kenntniss d. elektr. Org. d. Fische. Abh. d. Naturforsch. Gesellsch. Halle 4898.

Nervensystem.

§379.

Die Gentralorgane des Nervensystems lagern über der Axe des Rückgrates, in dem von dem oberen Bogensystem des Axenskelets um- schlossenen Canale. Sie bestehen aus symmetrisch angeordneten Nerven- massen, die nur bei den Acrania in der ganzen Länge ein mehr gleich- artiges Verhalten darbieten, während sie bei den Cranioten in zwei grössere Abschnitte, das Gehirn und das Rückenmark, gesondert sind. Wenn auch in letzterem einige Aehnlichkeit mit der bei wirbellosen gegliederten Thieren bestehenden Ganglienkette nicht zu verkennen ist, so kann doch das Rückenmark von dieser keineswegs abgeleitet werden ; vielmehr ist das centrale Nervensystem der Wirbelthiere als eine in hohem Maasse weiter entfaltete Ausbildung der oberen oder Gerebralganglien wirbelloser Thiere anzusehen. Die erste Anlage erfolgt aus einer Differenzirung des Ectoderm. Wahrend die daraus entstehende »Medullarplatte« bei den Wirbellosen sich nicht in der ganzen Lange der Körperanlage ausdehnt, oder wenn auch anfänglich von solcher Lange, doch mit dem weiter wachsenden Körper nicht mehr gleichen Schritt halt (Ascidien) , so findet ihre Ausdehnung bei der Wirbel- thieranlage in einer deren Langewachsthum adäquaten Weise statt, und

5X6

II. 9. Wirbelthiere.

Mm«M,

i IT Dir itt c

bedingt damit für das Central nerve nsvstcm eine der Gesammllange des Rdrpers tntsprechende Ausdehnung.

Aas der Medularolalte gehl mit Erhebung ihrer in du benachbarte Eclodenn (Hornblatt (Fig. 378. h\ sieh fortsetzenden Bänder (w) eine Kinne hervor, die allmäWicfa xu einem Rohre sich absobliesst. Die- ses ruckt von der Oberflache all- mählich in die Tiefe, indem nicht nur das Hornblatt, sondern auch aus dem Mesoderm gesonderte Theile darüber wachsen. Das so gebildete Medullarrohr bleibt bei Aoiphioms als ein gleichartiger Strang besteben, an dem der vorderste Abschnitt eine Erweiterung seines Centralcanals besitzt. Bei den C ran i ölen dagegen treten noch vor voll- standigem Schlüsse des Rohres am vordersten Abschnitte Ausbuchtungen (Fig. 279. a) auf, welche die Anlage des Gehirnes abgeben, in* dess der übrige Theil des Medullarrohrs unter gleichartiger Difleremirung als Anlage des Rückenmarks erscheint.

Ausser der für die Vergleiohung Überaus wichtigen Lage hat die Anlage des Nervencen trumderVertebralen mit jenem mancher E verle- braten noch gewisse Beziehungen zu höheren Sinnesorganen (vorzüglich zum Sehorgan) ge- mein, und hier sind es vor Allem die Tunicaien, die nähere Anschlüsse darbieten. Wie bei die- sen schliefst sich auch bei Vorlehnten das Hedullarrohr nicht gleiohmassig, sondern bleibt am cerebralen Abschnitte einige Zeit eine Communication nach aussen besteben. Bei der Vergluichung mit dem Nervensystem der Tu- nicaten ist der aus dem eigentlichen Central- organe bei Ascidienlarven und Appemdicula- rfBHinbiM«n. «■ sin* rhom- Den 417 dorsal sich fortsetzende und auf boid>iii der Landenge (end. t den Schwanz Übergebende Strang von Bedeu- »fcF™™**"'/'*««««"^ tun8' der> durch gaoglionare Einlagerungen minier» Kiimbi.tt. / iura- ausgezeichnet, den Weg anzudeuten scheint. arii»«nbut. «ich bik;hw».i auf we|cnem der hintere Abschnitt des Central- nerve nsy stems der Verlebraten sich phylogenetisch ausbildete, und allmäh- lich zum Ruckenmarke ward. Da dort zwischen dem eigentlichen Central- orgone und jenem Strange jedenfalls so weil eine Differenz besteht , dass letzterer nicht die gleichartige Fortsetzung des ersleren, nicht einen blos durch seine Lage verschiedenen Abschnitt desselben vorstellt, muss ange-

enan die JltdiUarpUtta (6) aj nub oben olfcne Rinne hijd

Nerveiwy9tem.

527

«omnen werden, dass des Gehirn, oder bei Amphioxas der vorderste Ab- schnitt des Heduüarstrauges, den primitiveren Theil des Nervencentrums vorsleHt, wie er denn auch der in der Anlage zuerst erscheinende ist. Die Gleichartigkeit der ilttckenanarksanJage mit jener des Gehirns wäre dann ein erst von den Veitefaraten erworbener Zustand, welcher phylogenetisch einen von dem primären Nervenoentrum sich fortseisenden Strang, den wir beute noch bei Tonicaten wahrnehmen , zum Ausgange hat. Nach dfeser Auffassaogsweise würde das gesammte Medultarrobr phylogene- tisch nicht aus einer einfachen Ausdehnung eines kürzeren Nervencen- trums im die Dinge, sondern aus der allmählichen Ausbildung eines an- fänglich nur einen peripherischen Apparat vorstellenden Nervenstranges hervorgegangen sein. Die Verschiedenartigkeit des Verhaltens von Gehirn (exolusive Medulka oblongata i einerseits und Röckenmark andererseits be- zttgbch der yertheilung von grauer und weisser Substanz kann zur fer- neren Begründung dieser Deutung dienen , für die übrigens auch noch andere Thatsachen sprechen.

A. Centralorgane des Nervensystems.

a Gehirn.

§ 380.

Aus der Anlage des Gehirnes entstehen an- fitaglich drei (Fig. 880. a) auf einander folgende blasen form ige Abschnitte, deren Brnneoräume unter sich -zusammenhangen. Der letzte davon setzt sich in das ihm folgende Medullarrohr ohne scharfe Grenze fort. Diese primitiven Gehirn- blasen lassen neue Abschnitte hervorgehen, so dass man bald deren fünf unterscheidet. Den ersten bezeichnet man als Vorderhirn (Fig. 281. a), der darauf folgende stellt des Zwi- schenhirn [b) dar; eine dritte Erweiterung bildet das Mittelhirn [B. Cc), auf welches das Hinterhirn (d), sowie das unmittelbar ins Rückenmark übergehende und mit dem Hinter* kirn zusammengehörige Nachhirn' (e) folgen. Das Hinterhirn erscheint als der vorderste Theil des Daches des Nachhirnes, so dass er keines- wegs die Selbständigkeit der übrigen Hirnblasen tbeüt. Anfänglich in dieser Reihe hintereinander gelagert, erstrecken sich die Blasen in der Fort- setzung der Langsame des Rückenmarks, um jedoch sehr bald gegen letzteres in Winkelstellung zu treten. Diese wird durch ungleiche Wachs-

Fig. 280. Senkrecht« Medinn- echnitte durch Wirbelthier- birne. A Von einem jungen Seiaehier (Heptanchns). B Vom Embryo der Natter. C Von einem Ziegen -Em- bryo, a Vorderhirn, b ZwU schemhiro. c Mittelhirn (in A zu d gehörig), d Hinterhirn. $ Naehbirn. Primitiver flirn- schlita. h Hypopbysis.

528

II. 9. Wirbelthiere.

thumserscheinungen am oberen und am unteren Abschnitte bedingt, indem die oberen Theile bedeutender an Volum zunehmen. Minder voluminös sich entwickelnde Partieen werden durch Ausdehnung einzelner Strecken der oberen Theile bedeckt. Zwischen Vorder- und Zwischenhirn bildet sich unter Verdünnung der Wand eine spaltähnliche Stelle, an welcher von den Umhüllungen des Gehirns ein Fortsatz ins Innere sich erstreckt. Sie ist keine eigentliche Lücke, sondern wird nur durch eine allmähliche Ver- dünnung der Wandung dieses Abschnittes dargestellt. Aus einem Theile dieses Daches entwickelt sich die Epiphysis (Glandula pinealis) .

Der untere Abschnitt des Zwischenhirns stellt den Boden der zweiten Hirnblase dar und bildet eine allen Granioten gemeinsame als Trichter bezeichnete Ausbuchtung. Gegen sie wächst von der Unterseite des Kopfes her eine Einsenkung des Ectoderms, welche, später sich abschnü- rend, einen Theil des dem Trichter angefügten Hirnanhangs (Hypophysis) vorstellt. Die bis gegen den Eingang in die Mundhöhle rückende Stelle der Hypophysis-Einsenkung lässt in der ganzen Bildung ein dem Nerven- system ursprünglich fremdes Organ erscheinen , über dessen Bedeutung für jetzt nur Vermuthungen bestehen können.

Aehnlich wie zwischen Vorder- und Hinterhirn tritt auch am Dache des Nachhirnes eine Verdünnung der oberen Wandung auf, so dass hier nur noch die äusserste gefässreiche Schichte des Nervencentrums, die Pia mater, als Decke sich erhält. Der dadurch überdeckte ansehnliche Binnen- raum bildet die Rautengrube.

Wie die Räume der Gehirnblasen unter einander communiciren , so stehen sie auch später als Hirnkammern oder Ventrikel der aus den Hirn- blasen hervorgegangenen Abschnitte mit einander in Zusammenhang.

Das Gehirn der Gyclostomen bietet die einfachste Form dar, und unter diesen nehmen die MyxinoYden die niederste Stufe ein , indem die einzelnen Abschnitte ziemlich gleichartig sich darstellen.

Ein vom Vorderhirn aus gebildeter, die Riech— nerven entsendender Abschnitt (Bulbus oder Lobus olfactorius) erscheint meist als ansehnlicher, bei den Selachiern durch einen verschieden langen Tractus olfactorius mit dem Gehirne verbundener Lappen (Fig. 281. h). Der Bionenraum des Vor- derhirns setzt sich in sie fort. Auch Verschmel- zungen mit dem Vorderhirn kommen vor. Das Vorderhirn selbst bietet bei den Selachiern (</) eine die übrigen Abschnitte übertreffende Volums- entfaltung und zeigt Spuren einer Tbeilung in zwei , vier , und mehr paarige Abschnitte. Auch

fscyiunm cAuImj'T Lob! bei Ganorden (Fig. 282. g) wird es ansehnlich oir&ctorii. g Vorderhirn, d getroffen , indess es bei vielen Teleostiern gegen zwischen- Bnd Mittelhirn. 6 andere Hirntheüe an Volum bedeutend xu-

Hinterhirn, a Nachhirn, o

Nasenkapseln. (Nach Bosch.) rück tritt.

Nervensystem.

529

Das Zwischenhirn ist bei den Selachiern (Fig. 281 d) deutlich vom Miltelhirn getrennt, bei vielen Teleostiern mit diesem enge verbunden. Der vordere Theil seines Daches tragt die oben erwähnte Spulte, und dieser Abschnitt ist tiic-lil teilen zu einer ansehnlich in die Lange gezoge- nen Strecke ausgebildet , die wie eine L&ngscommissur zum Vorderhirn verlauft. (Manche Haie und GenoTden.) Der Best des ursprünglichen, den hinteren Theil der Spalte abschliessenden Daches ist zuweilen sehr an- sehnlich und in zwei Hemisphären pet heilt, so bei Selachiern und vielen Teleostiern. Der das Infundibuhim umfassende Boden dieses Abschnittes bildet an der Hirnbasis Lobi inferiores , bei den Cycloslomen einfach und auch bei den Selachiern nur Andeutungen einer Trennung zeigend. Erst bei Teleostiern sind sie bedeutender entfaltet. Das folgende Miltelhirn erscheint unansehnlich bei den Myxinoidon, mehr hei Pelromyzon ent- wickelt. Bei den Selachiern soll es mit dem Zwischenhirn vereinigt sein, während man einen ihm wenigstens- durch die Lageheziehungen ent- sprechenden Theil als Cerebetlum deutet. Dieses erlangt hier eine volu- minöse Entfaltung, so dass es die vor oder hinler ihm liegenden Hirntheile deckt (Fig. 281 b . Eine verfall Itnissmüssig bedeutende Grösse erreicht dieser Gehirntheil hei den Teleostiern, bei denen er zuweilen als eine nach vorne oder in die Höhe gerichtete Protul>eranz erscheint. Der hinler dem Mittelhirn liegende übrige Theil des Gehirns muss als Gan- zes betrachtet werden. Als Ur- sprungsstütte der meisten llirnnerven kommt ihm eine besondere Wichtig- keit in. Sein Dach ist ungleich- artig ausgebildet. Am hinteren grosseren Abschnitte bildet es sich nilmlich frühzeitig zurück, so dass der nach vome zu erweiterte Binnenraum (Sinus rhomboidal is) nur memhranfis geschlossen winl. Der Band der Bautengrube er- scheint hei Selachiern und Chi- li iure n nach vorne zu stark gewulslel (Lobi nervi trigemini). Bei Ganolden und Teleostiern ist er einfacher. Bei allen aber tritt er median in eine quere Lamelle über (Fig. 282 6. c). welche die Baulen- ßrube von vorne her deckt und bei stark voluminösem Miltelhirn von die- sem überragt winl. Diese Querlamelle scheint dem Cerelwllum der höhe- ren Wirbellhiere zu entsprechen , indess Boden und seitliche Theile der Baulengrube durch das Nachhirn (Medulla oblongata) gebildet sind. Von den Selachiern zu den Teleostiern ist eine Ahnahme des Volums der

tl»gnil>iiir, Or«idri.» i. x»rgl. AnluBir. 2. Aufl. 3t

Fig. IS). «eil™ »ob Po lypt.ro p. biehir. i. II SslUlck. C Von nnt*n. A LoH ulfl Vorn>rnlrn. / ZwlmknUn. i itulnit

er llimtwhin. NMob.it». (Modull» tUoinl» K.olftctari». oS.oi.ti.-oii. iNicn J. MC1.1.M.)

II.

Wirbellhiere.

Medulla oblongala bemerkbar, die bei vielen Haien den längsten Abschnitt des Gehirns vorstellt. Sie entspricht damit einem primitiven Zustande, in welchem sie mit dem Mitlelhirn der bedeutendste Theil des gesammten Gehirnes ist.

Bei beträchtlicherer Entfallung geben sich in den Seilentheil der Raulengrube einragende Anschwellungen kund , die in einer Reihe gela- gert den Ursprungss teilen derVaguswuneln entsprechen (Lobi nervi vagi}. A eh n liehe , aber über die verengerte Raulengrube zusammenschliessende Di fferen rirungen sind die Lobi eleclrici der Torpedines. (Vergl. Fig. 277 /v.v

§381.

Das Gehirn der Amphibien schliessl sich in vielen Punkten jenem der Fisohe an. Das Vorderhirn (Fig. 283 6) erscheint in iwei Ilemisphürcn ge- theill und zeigt Andeutungen einer Ausdehnung nach hinten. Der von ihm umschlossene Raum trennl sich nach beiden Hüllten in die Seiten- venlrikel, die sich nach vorne in die Lobi olfac- (orii («} fortsetzen. Letztere erscheinen anfäng- lich an der Seite des Vorderhirns (b) und sind diesem unmittelbar angefügt, können alier aueb mit dem Vorderbirn sowie unter sich unmittelbar verschmolzen sein. Von ihrer unteren Flüche, schon weit hinten gegen das Vorderhirn beginnt der Olfactorius abzutreten. Das Zwischen Mm diflerenzirt sich wahrend des Larveniustandes aus einem mit dem Mitlelhirn gemeinsamen An- schnitte. Vor ihm findet sich der llirnscnliu, weicher in verschiedenem Grade sich aufs Zwi- sefaenhirn fortsetzt und die Epiphysis tragt. Er fuhrt nach vorne in die von den beiden Hemi- sphären des Vorderhirns umschlossenen Seileu venlrikel. Die Unlerflache dieses Abschnittes trügt eine den Lobi inferiores entsprechende Er- habenheil.

Das Mitlelhirn bleibt bei den Urodelen auf

einer von den Anuren durchlaufenen Stufe, und

erlangt erst bei den letzleren ein beträchtlicheres

Volum und eine Tbeilung in zwei Hälften (ci.

Das Hinlerhirn hält sich dagegen in seiner primitiven Form als eine (liier

die Rautengrube sich brückende Lamelle [ä).

Am Gehirne der Reptilien tritt die bereits hei den Fischen vorhan- dene, durch bedeutendere Enlwickelung der oberen Theile bedingte Beu- gung in der Region des Zwischen- und Millelhirns stärker hervor und bewirkt eine Lage Veränderung, die sich in die höheren Abiheilungen fort-

g.lSI. Gehirn

dfwlorii. 6 Vnnlerlii Slittelhmi. d Hintain Narahin. i lnfTindil.nl Kantmgrab*. hi Rndir

Nervensystem

531

setzt. (Vergl. die Durchschnitte in Fig. 280.) Das Vorderbirn bietet sich in ansehnlicher Entwicklung in Gestalt von xwei das Zwischenhirn decken den Hemisphären dar, die ihre grosste Breite am hinteren Abschnitte be- sitzen. Ihnen unmittelbar angeschlossen finden sich die Lobi olfaclorii.

Pig. IM. A Gehirn »hm Befcildkrr.tf |n«h Bojamh). B sine- Togal». S»1incbt< M.Jim- »clmittt. I Tordeiklru. /// MilUlhirn. IV Hinterbirn. F Sofbliim. ei (Mfmrlorfn.. « Optleii. * HrpophjHii. a im A) V^iLin.lnriR bridor lfrniiapnlr»n 4M ■ttUtthlru, c CamniMU*. mnUrior.

Bedeutend gross sind die Seitenventrikel , die am Ilirnschlilze mit dem zwischen den Hälften des Zwischenhims gelagerten dritten Ventrikel com- municiren, der ein ansehnliches Infundibulum besitzt. Eine Furche theill das Miltelhirn in zwei zuweilen sehr stark vortretende Hemisphären. Das llinterhirn zeigt bedeutendere Verschiedenheiten; bei Schlangen und Eidechsen bleibt es als schmale aber senkrecht erhobene Lamelle auf nie- derer Stufe; bei Schildkröten (Fig. 284 A, jr] und Crocodilen ist es breiter geworden und bei den letzteren ist ein medianer Abschnitt durch bedeu- tendere Grosse ausgezeichnet.

Dieser Zustand verknüpft die Reptilien mit den Vögeln, die durch ein Ueberwiegen des Vorderhirns sich auszeichnen, dessen Hemisphären häufig sehr in die Breite entwickelt sind. Sie stehen durch eine schmale vordere Commissur in Zusammenhang (Fig. 284 B. c), und umschliessen eine von der seitlichen Wand her einra- gende Ganglienmasse, welche die pri- mitive Höhle in einen engen, von dem dünnwandigen Hemisphären - Dache bedeckten Raum verwandelt, und den grössten Theil des Vorderhirns »um. b ant«i. <■ BuiM «Muiarii. i b>- darstelll. Sie sind bereits bei den «■*»*»■ *•• v«*.rki™.. « mumm™, a

. .... . . . .... HintwlilrB. J1 Snlcnthrll« deHielW <

Amphibien nachweisbar und bei den »»»kw™. (Kuk e. o. c«™.)

Reptilien sogar sehr ansehnlich (Fig.

2H6 A. st). Das kleine, von den Hemisphären des Vorderhirns völlig bedeckte Zwischenhirn ist an seinem Dache gespalten. Das beim Embryo sehr grosse Miltelhirn ist in zwei zur Seite gedrängte Hälften getheill (Fig. Ü85 c), in welche sich der gemeinschaftliche Binnenraum fortsetzt.

532 H. s- Wirbelthiere.

Am Cerebellum bietet der ansehnliche mittlere Abschnitt quere Lamellen um) deckt durch sein Volum fast das ganze Nachhirn.

Das Gehirn der Süugelhiere bietet nur in seinen frühesten Zustanden unmittelbare Anknüpfungen an niedere Formen [vergl. Fig. 280j , indem es sich durch eigenth Um liehe Differenz innigen vom Vogel- und Replilien- gehirne weiter entfernt. Die umfassendsten Veränderungen zeigt das

Vorderhirn, mit dessen Unterflache die in der Regel hohl bleibenden Lobi olfaclorii zusammenhangen, und je nach der Ausbildung der Vorderlap- pen minder oder mehr von diesen bedeckt werden. Beide Hemisphären des Vorderhirns sind immer durch einen auch vorne liefgehenden Ein- schnitt gelrennt. Ihre Verbindung geschieht anfanglich durch eine vor dem primitiven Hirnschlitze gelagerte Commissur, und durch jene Oeff- nung gelangt man in die Räume des Vorderhirns, die Seiten Ventrikel. Hit der ferneren Ausbildung entfallen sich die hinleren Theile der Hemisphä- ren, die anfänglich wenig bedeutende Spalte wird in die Breite gezogen, uud verschwindet dabei von der Oberfläche, indem die hinlere Wand der nach hinten und seillich ausgedehnlcn Seiten Ventrikel sie vollständig deckt. Damit sieht eine Differenzirung der primitiven Commissur zu einem Commissi) rensysleme in Zusammenhang, wobei Honotremen und Marsupialia den niedersten Zustand repriLsenliren. Die primitive Kom- missur diuVn-nzirl sich zunächst in einen unleren und einen oberen Ab-

Nervensystem. 533

schnitt; ersterer stellt die Commissura anterior vor, letzterer bildet eine schmale über den Vorderrand des Zwischenhirns sich lagernde Brücke, unter welcher jederseits der Eingang zum nach hinten und unten ausge- dehnten Seitenventrikel liegt. Im vorderen Räume der letzterem springt das Corpus striatum wulstartig vor (Fig. 286 B C st), und in dem hinte- ren Räume findet sich ein mit dem oberen Theile des Commissurensystems in Zusammenhang stehender gewulsteter Vorsprung , welcher den Rand der immer mehr über das Zwischenhirn sich lagernden Spalte von hinten umgrenzt (Ammonshorn oder Pes hippocampi major] (C, h ) .

Eine Umbildung der oberen Gommissur ergibt zwei differente aber zusammenhängende Gebilde. Das eine umzieht mit seinem seitlichen Rande den Eingang in die Seitenvenlrikel von oben her, um seitlich und abwärts in einen Streif überzugehen , der dem Hippocampus major sich anlagert. Dieses Gewölbe (Fornix] [B C f) beginnt vorne mit aufsteigen- den Schenkeln (Säulen), legt sich etwas verbreitert über das Zwischen- hirn weg, und setzt sich in die hinteren absteigenden Schenkel fort. Es steht oben im Zusammenhang mit einem anfänglich mit dem Fornix ver- bundenen Theile des Commissurensystems, dem Balken, der sich vorne von ihm abhebt. Die Ausdehnung dieser Commissuren nach hinten zu hängt von der Entwickelung der Hemisphären des Vorderhirns ab, welche bei Nagethieren , Edentaten, lnscctivoren noch wenig entfaltet sind. In dem Grade ihrer Volumsentfaltung nimmt die Commissura anterior an Umfang ab. Bei Monotremen und Didelphen sehr beträchtlich, wird sie zu einem dünnen vor den Säulen des Fornix lagernden Strange. Nach Maassgabe ihrer Ausdehnung nach hinten überlagern die Vorderhirn- Hemisphären die folgenden Abschnitte.

Bezüglich der Oberfläche des Vorderhirns bieten viele Säugethiere durch die glatte Beschaffenheit der Hemisphären einfache, dem embryo- nalen Verhalten entsprechende Zustände, die sich durch Windungen und Furchen compliciren. Die Windungen treten in regelmässiger Weise und in symmetrischer Anordnung auf, um erst bei reicherer Entfaltung eine Asymmetrie einzugehen, wie sie z. B. beim Menschen sich darstellt. Aber selbst da lassen sich die Windungen in Gruppen sondern , deren Grenzen von den zuerst auftretenden und bei anderen Säugethieren allein persistirenden Furchen vorgestellt sind. Für diese Windungen bestehen nur* in den ersten Zuständen einige gemeinsame Verhältnisse. Mit ihrer Complication erscheinen für die einzelnen Abtheilungen der Säugethiere selbständige Befunde, die dem Grade näherer oder entfernterer Ver- wandtschaft Ausdruck geben.

Das Zwischenhirn scheidet sich in zwei unmittelbar hinter den Strei- fenkttrpern der Seitenventrikel des Vorderhirns liegende Massen: die Seh- httgel (Thalami optici; . Am Hinterende der sie trennenden Spalte lagert die Epiphysis. Die Höhle dieses Abschnittes reducirt sich auf einen zwischen beiden Sehhügeln liegenden schmalen Raum, dessen Fortsetzung abwärts in das vom Tuber cinereum getragene Infundibulum führt.

534

II. 9. Wirbeltblere.

Das eine Zeit lang den grössten Abschnitt des Gehirnes vorstellende Mitlelhim (vergl. Fig. 380 C c) lüsst seinen primitiven Binueuraum all— mählich in einen engen Canal (Aquaeductus Sylvü) verwandeln, der den dritten Ventrikel mit dein vierten verbindet. Die Oberfläche ist durch eine seichte Längs- und Querfurche in vier Hügel (Fig. 286 B C III] ge- schieden, daher als Corpus bigeminuni, Vierhugel, bezeichnet. Sehr schwach ist diese Scheidung bei den Monotremen.

Am Ilinlerhirn (Cercbellum) bleibt das mit Fischen und Amphibien übereinstimmende Verhalten nur während früher Embryonalperiode. Die einfache Lamelle entwickelt sich zu einem ansehnlichen Gebilde, an wel- chem, wie bei Crocodilen und Vögeln, der mittle« Abschnitt zuerst sich dißerenzirl. Doch stellt derselbe bei den Beulet thieren lungere Zeit eine dünne Qucrcommissur vor, indess die seitlichen Thcilc schon voluminöser gestaltet erscheinen. An beiderlei Theilcn entstehen quere, in verschie- dene Gruppen geordnete Lamellen. Der mittlere Abschnitt bleibt Über- wiegend bei den Monotremen, ansehnlich auch noch bei Bculclthicren, Bdenlalen, Chiroplern. Erst bei den Carntvoren und Ungulalen treten die Scilenlheile als »Hemisphären des Cercbellum« voluminöser auf, und bei den meisten Primaten priiponderiren sie derart, dass das mittlere Stück, als »Wurm« bezeichnet, dagegen zurücktritt.

Durch die Ausdehnung dos Vorderhirns werden die Übrigen Ab- schnitte des Gehirns allmählich überdeckt. Bei manchen liculellhieren, auch bei Nagern (vergl. Fig. 287 A) und Insec- tivoren ist dies noch nicht fUr die Vierhügel eingetreten, und selbst bei den ineisten übri- gen Säugclbieren bleibt das Hinterhirn ganz oder doch grossenlheils frei , indess bei Prima- ten auch dieser Ab- schnitt völlig unter die llinterlappen der Hemi- sphären des Vorderhirns tritt, worin die an- thropoiden Affen sich dem Menschen am näch- sten stellen. Mit der Ausbildung der Hemi- sphären des Hinterhirns entsteht an der unteren Flache dos primitiven Nachbims eine Quercommissur, die Varolsbrückc, welche den vorderen Abschnitt des Nachhirns als mit dem Cercbellum inniger verbunden

i mit dem Anfang den

erscheinen lössl. Diese Drücke ist wenig bei Monotonien und Harsupia- lien, am meisten bei den näheren Primaten entwickelt.

Mmij.iovicB, V. *., EntwickaliiDgigesch. des Geh f ras. LcipeiR 4877.

b; Rückenmark. §383.

Das aus der Hedulla oblongala oontinuirlich sich förtsetiende Blicken- mark entsteht durch Entwickelung der seitlichen Hälften der Wand des primitiven Hedulla rrohrs. In dem Maasse als die lateralen Tbeile ihr Volum entlallen, bildet sich eine vordere LHngs- spalteaus. Der primitive Hohl- raum des Rohrs wird tum Central Ca na 1.

Die centralen Apparate des Rückenmarks nehmen die inneren Tbeile ein, und bil- den eine graue Harkmasse, welche auf dem Querschnitte in Gestalt seitlicher, nach hinten und nach vorne gehen- der Säulen (llürner) erscheint (Fig. 288 d. e).

Durch die Verkeilung der centralen Apparate im Innern des Rückenmarks, in den von der Nachbarschaft des Cen- tralcanals (c) ausgehenden grauen Säulen , findet sich die weisse , aus Nervenfasern bestehende Startmasse, vorwiegend nach aussen davon, und bildet, thcils durch die vorderen und hinleren Lüngsfurcbcn (a. 6), thcils durch die Anslrittsstellen der Nervenwurzeln von einander geschiedene Ulngsstränge (j. h. i). Darin ergibt sieb eine Eigenthumlichkeit des Rückenmarks und ebenso ein bedeutungsvoller Unterschied von dem Bauchmarke der Annulatcn und Arthropoden.

Das RUckenmark erstreckt sich bei den Cyclo- slomen bandartig platt, ahnlich auch bei Chi- mera, sonst mehr cylindrisch geformt, durch den Rückgrates na t, gegen das Ende sich allmäh- lich verjüngend. Den Ursprüngen stärkerer Nerven entsprechen häufig besondere Anschwellungen, bei Arien von Trigla jvcrgl. Fig. 289 B) auffallend

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536 H- 9- Wirbelthiere.

entwickelt, und in geringer Zahl das ausnehmend kurze Rückenmark von Orthagoriscus u. a. zusammensetzend (A).

Wie die vom Ruckenmarke entspringenden Nervenmassen dessen Volumsverhältnissc influenziren , zeigt sich in den vier höheren Wirbel- thierclasscn, bei denen die bedeutende Entwickelung der Extremitäten und die dahin gelangenden mächtigen Nervenstränge mit einer an einzel- nen Abschnitten sich äussernden voluminösen Bildung des Rückenmarks in Zusammenhang steht. Dadurch entsteht eine Hals- oder Brust- und eine Lendenanschwellung, die in einzelnen Füllen, z. B. bei Schildkröten und Vögeln, sehr beträchtlich sind. Durch Offenbleiben der in den Ccn- tralcanal sich fortsetzenden primitiven Medullarhöhle entsteht an der Len- denanschwellung der Vögel ein Sinus rhomboTdalis , jenem ähnlich, wel- cher dem verlängerten Marke allgemein zukommt. Er ßndet sich auch bei Embryonen von Säugetbieren vorübergehend vor (Fig. 279. d).

In der Regel verläuft das Rückenmark durch den ganzen Rück- gratcanal, doch zieht es sich bei Amphibien (Anuren), Vögeln, am auf- fallendsten aber bei manchen Säugethieren durch die Ungleichmässigkeit der Entwickelung der umschliessenden und umschlossenen Theile mehr nach vorne, so dass die für die hinteren Körpcrparlieen von ihm abgehen- den Nerven eine Strecke weit im Rückgralcanal verlaufen , ehe sie ihre Austrittes teile erreichen.

c) Hüllen des centralen Nervensystems.

§ 384.

Da der Binnenraum des Schädels an das von ihm umschlossene Ge- hirn sich anpasst, so füllt letzteres anfänglich stets die Schädelhöble aus. Das Gleiche gilt vom Rückenmarke für den Rückgratcanal. Die Oberfläche des gesammteu centralen Nervensystems wird dabei von den vom Skelete gelieferten Wandungen durch Theile getrennt, die entweder dem Skelete oder dem Nervensystem angehören oder interstitieller Natur sind. Es sind das die Hirn- und Rückenmarkshüllen.

Die periostale Auskleidung der bezüglichen Skelclräumc lässt die Dura mater entstehen. Diese Membran ist in den unteren Abtbeilungen als blosse. Periost- (resp. Perichondriuni-) Schichte nachweisbar, und em- pfangt erst von den Reptilien an eine bedeutendere Mächtigkeit, womit sie den Anschein einer selbständigen Bildung gewinnt. In der Schädelhöhle bildet sie l>ei Vögeln einen Fortsatz zwischen die Hemisphären des Vor- derhirns Hirnsichel), der auch bei Säugethieren allgemein vorkommt, und hier mit einem besonders in den höheren Abiheilungen ausgebil- deten, zwischen Gerebeilum und Hinterlappen des Vorderhirns eindrin- genden Fortsätze dem Tcntorium cerebelii zusammenslösst. Bei vielen Säugethieren (Carnivoren , Einhufern etc.) verknöchert das Tcnto- rium. — Der Rückenmarksabschnilt der Dura inatcr bietet geringere

Nervensystem. 537

Eigentümlichkeiten. Bei Säugethiercn ist er schon vom Foramen occipi- lale an vom Periosle gesondert uud bildet einen das Rückenmark lose umschlicssenden Sack.

Die dem Nervensystem angchörigc Pia mater ist eine ersteres überkleidende Bindegewebsschichte , in welcher die Blutgefässe der Ner- vencentren verlaufen. Sie dringt in die Vertiefungen zwischen den ver- schiedenen einzelnen Abschnitten ein. Vom grossen Gehirnschlitze aus sendet sie, mit der Decke der Spalte verbunden, Gefüssconvolute (Ader- geflechte) ins Innere der Seitenventrikcl des Vorderhirns. Ueber den Sinus rhomboTdalis des Nachhirns erstreckt sie sich dachförmig hinweg, häufig gleichfalls Plexus bildend.

Die grösste Mannichfaltigkeit bietet die ArachnoYdes. Bei Fischen erscheint sie, so lange das Hirn die Schiidelhöble ausfüllt, als eine dünne Bindegewebsschichte , die kaum den Namen einer Membran verdient, da sie mit Pia wie mit Dura mater gleich innig zusammenhängt. Mit der Ent- stehung eines weiteren Raumes zwischen Hirn und Sehädelwand geht aus jenem Gewebe entweder ein iympherfülltes Netzwerk hervor (Squatina), oder es wandelt sich in Gallertgewebe um Scymnus) , oder lässt Fettzellen entstehen (viele Teleoslicr) . Die höheren Wirbeltbiere zeigen die Arach- noYdes meist als zarte Bindegewebsschichte, bei den Süugethieren in der vom Menschen bekannten Diflerenzirung.

B. Peripherisches Nervensystem.

§ 385.

Die aus den Ccntralorgancn tretenden Nerven werden nach beiden Abschnitten in Rückenmarksnerven und Hirnnerven unterschieden, die bei den Acrania noch gleichartig sind. Nur ein vorderer stärkerer Stamm ist bei Amphioxus durch seinen Verlauf wie durch reichere Verästelung am vorderen Körperende ausgezeichnet. Er ist wohl einem der Hirnner- ven der höheren Wirbelthiere vergleichbar, doch muss hiebei beachtet werden , dass in der Gesammtorganisation des Amphioxus den Cranioten gegenüber der Zustand der Indifferenz gegeben ist. Die übrigen Nerven des Medullarrohrs (jene für Riechgrube und Auge ausgenommen) bieten das Verballen von Rückenmarksnerven dar, und zeigen das Eigentüm- liche des Allernircns im Abgange vom Medullarstrangc. Die Gleichartig- keit dieser Nerven lasst annehmen, dass die bei den Cranioten bestehende Verschiedenartigkeit der Cerebral- und Spinalnerven ein mit der Entfal- tung des Kopfes erworbener Befund sei,. Die Nerven entbehren der Gan- glien und werden durch einfache Wurzeln gebildet, worin wieder eine bedeutende Kluft gegen die Cranioten zu erkennen ist. Da bei Amphioxus kein »Kopf« in dem Sinne besteht, wie wir solchen bei den Cranioten kennen, kann folgerichtig auch eine Scheidung in Kopf- und Spinalnerven nicht vorgenommen werden. Wir können höchstens die bis zur hinteren

1-

538 U- 9- Wirbelthtere.

Grenze der Kiemenhöhle abgehenden Nerven als die indifferenten Aequi valentc der Kopfnerven der Craniotcn gelten lassen, und die übrigen fol- genden Nerven als Spinalnerven ansehen.

a) Rücken marksnerven.

§ 386.

#

Die zuerst in der Bildung von Urwirbeln auftretende Metamerie des Wirbcllhierkörpers äussert sich nicht minder in dem Verhalten derRücken- marksnerven und ihrer Vertheilung. Je einem Wirbelabschnitte entspricht ein Nervenpaar. Jeder Nerv kommt durch die Vereinigung von zwei von den Seitenhälften des Rückenmarks austrelenden Wurzeln zu Stande. Die obere oejer sensible Wurzel bildet vor ihrer Vereinigung mit der unte- ren oder motorischen ein Ganglion, und die daraus hervortretenden Fasern vermischen sich mit denen der unteren , um den Stamm eines Spinal- nerven herzustellen. Bei den Selachiern treten untere wie obere Wurzeln gelrennt durch besondere Oeffnungcn des Rückgratcanals. In der Regel verlassen die Nerven den Rückgratcanal zwischen zwei Bogen.

Jeder Spinalnerv theilt sich in zwei Hauptäste , ein Ramus dorsal is versorgt Muskulatur und Haut des Rückens, ein Ramus ventralis begibt sich an die Seitentheile und die Bauchwand des Körpers und sendet einen Ramus visceralis zu den Eingeweiden. Dieser letztere stellt die Verbin- dung des sogenannten sympathischen Nervensystems mit dem cerebro- spinalen her.

Bei den Fischen treffen die Spinalnerven immer auf ein Ligamentum intermusculare. Sie folgen genau der Melamerie des Leibes, so lange die- selbe noch ausgesprochen ist.

Die Stärke der Nerven entspricht der Ausbildung der von ihnen ver- sorgten Theile. Mit dem Auftreten von Extremitäten erlangen die be- treffenden Rami ventrales eine besondere Mächtigkeit, und dann bildet eine Anzahl Rami ventrales vorderer Spinalnerven (Cervicalnerven) ein Geflecht (Plexus brachialis), aus welchem die Nerven der vorderen Extre- mität sich ablösen , sowie aus weiter nach hinten vor dem Becken oder im Becken gebildeten Geflechten (dem Plexus lumbalis u. Plexus sacralis) die Nerven der hinteren Extremität hervorgehen. Diese Geflechtbildungen stehen wohl mit den Lageveränderungen in Zusammenhang , welche die Gliedmassen eingegangen sind. (Vergl. S. 497 u. 498.)

Drei bis vier Nerven bilden den Plexus brachialis der Amphibien (bei Fröschen der 2., 3. und 4. Spinalnerv). Bei den Reptilien wird der Plexus brachialis meist aus dem 6. 9. Cervicalnerven zusammengesetzt, der 7. 10. bildet ihn bei Varanus, und bei Alligator kommt noch der erste Thoracalnerv hinzu. Die Vögel zeigen ihn aus dem letzten Ccrvical- und ersten Thoracalnerv oder aus dem 11. und 12. Ccrvical- oder 12. Thora- calnerv gebildet. Bei den Säugethiercn beiheiligen sich die 3, 4 oder

Nervensystem. 539

5 letzten Gervicalnerven und der erste, zuweilen auch noch der zweite Tboracalnerv an der Plexusbildung.

Die für die HintercxtremiUiten bestimmten Nerven geben bei den Amphibien aus einem meist durch drei Nerven gebildeten Geflechte her- vor. Ein daraus entstehender vorderer Nerv bildet den Nervus cruralis, ein stärkerer, aus fast allen in den Plexus eingehenden Ramis sich zu- sammensetzender Nerv stellt den Ischiadicus vor, welcher auch bei den höheren Wirbelthieren den Hauptnerv der Extremität bildet.

Gesonderter erscheinen Plexus cruralis und Plexus sacralis bei den Reptilien und Vögeln. Bei ersteren gehen meist 4 Nerven in diese Geflechte ein. Die Vögel bieten zumeist 7 8 grösstenteils für den Ischia- dicus bestimmte Nerven, während er bei den Süugothicren wieder aus einer viel geringeren Zahl sich zusammensetzt.

b) Hirnnerven.

§ 387.

Die von der beschreibenden Anatomie der Reihe nach aufgeführten Cerebralnerven sondern sich bei vergleichender Prüfung nach wichtigen anatomischen Verhältnissen iu zwei scharf getrennte Abiheilungen. Die eine, grössere, begreift mehr oder minder mit Spinalnerven übereinkom- mende oder doch von solchen ableitbare Nerven , die andere dagegen solche, welche auch nicht die geringste Aehnlichkcit mit Spinalnerven besitzen.

Die letztere Abtheilung umfasst zwei spezifische Sinnesnerven , den Olfactorius und den Opticus.

Der Olfactorius wird aus einem Gomplexe von Nerven fädeben gebildet, die aus dem Lobus olfactorius entspringen, und in der Riech- Schleimhaut ihre Verbreitung nehmen. Je nach der Lagerung des Lobus in grösserer oder geringerer Nähe der letzteren setzen diese Nerven jeder- seits einen Stamm zusammen (wie bei vielen Fischen , auch bei Amphi- bien, Reptilien und Vögeln, unter den Sauge thieren bei den Monolrcmenj, oder sie verlassen einzeln die Schädelhöblc , indem sie eine »Lamina cri- brosa« durchbohren (Selachier und Säugcthiere) .

Der aus dem Zwischen- und Mittelhirn stammende Opticus bildet sich mit einem Theilc des Auges aus einer vom primitiven Vorderhirn entstehenden Blase [der Augenblase), deren Stiel er vorstellt. Nach Diffe- renzirung der Vorderhirnblase ist er mit dem Zwischen- und Mittelhirn in Zusammenhang. Bei den Cycloslomen verläuft der Opticus jeder Seite zum betreffenden Auge, und nur dicht an der Austrittsstelle ist eine Ver- bindung zwischen den beiderseitigen Nerven zu erkennen. Bei den Gna- thostomen dagegen tritt eine grössere Strecke der Opticus an der Hirnbasis hervor, und es wird hier eine Durchkreuzung der Fasern (Chiasma) er- sichtlich. Die bis zu dieser Stelle verlaufenden Faserstränge stellen den

540 IL •• Wirbelthiere.

Tractus n. optici vor und bilden einen Theil des Gehirns, der bei den Cyclostomen noch nicht an die Oberfläche hervorgetreten ist. Das Chiasma ist also keine Neubildung, sondern eine Differcnzirung. Die Kreuzung ist eine vollständige bei den Knochenfischen : Der Opticus des rechten Auges tritt zum linken , der des linken zum rechten , indem der eine über oder unter dem andern hiawegläuft. Seltener tritt der eine Opticus durch eine Spalte des anderen (Clupea), oder es besteht ein mehrfacher Durchtritt einzelner Nervenbündel. Bei Selachiern und Ganoüden scheint eine theil- weise Kreuzung vorzukommen, und so verhalten sich auch im Allgemeinen die höheren Wirbelthiere.

Wie diese beiden Sinnesnerven keinen einzigen der für die Spinal- nerven aufgeführten Charaktere erkennen lassen, sind sie auch nicht auf Metameren beziehbar. Sie gehören auch jenem Theile des Craniums zu, der nicht aus Concresccnz von Wirbelsegmcnten ableitbar ist (vergl. § 340) , und dürften jenen Nerven entsprechen, die wir bei Wirbellosen zu den gleichen Organen gehen sehen.

§ 388.

Die zweite Abtheilung umfasst die nach dem Typus der Spinalnerven sich verhaltenden Nerven. Sie lassen zum Theile zwei Wurzeln unter- scheiden; ihr Ramus dorsalis ist häufig sehr gering entwickelt, in Zusam- menhang mit dem unansehnlichen Verbreitungsbezirke. Der Ramus ventralis ist dadurch der Hauptast, der an den Kiemen bogen und deren Derivaten sich verzweigt. Der Ramus visceralis tritt zur Schlundwand. Die hiehcr gehörigen Nerven entspringen am Boden der Rautengrube, theilweise auch in deren Forlsetzung zum Aquaeduct. Sylvii, treten aus dem Nachhirn hervor und verlassen die Schädelhöhle, indem sie den vertebralen Theil des Craniums durchsetzen 340). Während diese Verhältnisse an den dem primitiven Zustande am nächsten stehenden Kopfnerven der Selachier am vollständigsten sich erkennen lassen, treten um so bedeutendere Veränderungen ein, je weiter der Organismus von jener tiefen Stufe emporstieg oder in anderer Richtung sich differenzirte.

An den einzelnen Nerven, d. h. so wie sie als mit Spinalnerven homodynam aufzufassen sind, nehmen wir verschiedene besondere Er- scheinungen wahr. Einzelne Aeste eines Nerven erscheinen im Ueber- gewichte über andere, die dagegen rückgcbildet sind, oder die Wurzeln eines Nerven schlagen eine selbständige Bahn ein und bieten den Schein selbständiger Nerven. Während in diesem Falle ein Nerv sich aufgelöst hat, so ist an anderen Nerven eine Concresccnz aufgetreten, so dass ur- sprüngliche Nervencomplexe wie ein einziger Nerv sich darstellen.

Letzteres Verhalten zeigt sich an zwei Gruppen der vorzuführenden Hirnnerven, die ich nach den in ihnen vorherrschenden Nerven als Tri- geminus- und Vagus-Gruppe unterschieden hal>e.

Nervensystem. 541

§ 389.

Die Trigeminusgruppe versorgt den vordersten und grössten Theil des Kopfes. Ihr gehören zu:

erstens der Trigeminus als bedeutendster Nerv der Gruppe, der, einer mächtigen Diflerenzirung der Endgebiete entsprechend, einem weiter entfalteten Spinalnerven homolog ist (Fig. 290 7V . Als Ramus dorsalis besitzt er den Ramus ophthalmicus, der die Orbita wie die Ethmo'fdal- region versorgt. Ein bei Teleostiern vorkommender Schilde] höhlenast hat wohl gleichfalls als Ramus dorsalis zu gelten. Der Ramus maxillaris su- perior verläuft stets am Roden der Orbita und verbreitet sich mit sensiblen Zweigen in der Oberkieferregion. Sein Infraorbitalast ist besonders bei Säugelhieren der bedeutendste. Der R. max. sup. stellt mit dem Ramus maxillaris inferior einen Ramus ventralis vor, der bei Selachiern sehr klar als Nerv des Kieferhogens sich erkennen lässt, und dadurch als der bedeutendste Abschnitt des Trigeminus erscheint. Seine Verbreitung geschieht zu den Kiefermuskeln wie zum Integumente und einem grossen Theile der Mundhöhlenschleimhaut (Ramus lingualis). Den Ramus inte- stinalis rcpräsentirt ein Ramus palatinus des zweiten Astes, bei Fischen direct zum Gaumen tretend, bei höheren Wirbelthieren erst nach Verbin- dung mit einem sympathischen Ganglion (Ganglion sphenopalatinum) dort- hin gelangend.

Dem Trigeminus im Ursprungs- und Verbreitungsgebiete zugehörig und wie abgelöste Theile derselben sich darstellend, erscheinen die Augen- muskelnerven , namentlich der Oculomotorius und Trochlearis. Wenn auch die Angaben , dass bei Lepidosteus und Lepidosiren die Augen- muskelnerven vom R. ophthalmicus trigemini abgegeben würden, und bei Salamandrinen der Trochlearis von einem Zweige jenes Nerven ver- treten sei, noch sehr der Bestätigung bedürfen, so dass jenen Fällen viel- leicht mehr ein Anschluss der Augenmuskelnerven an den Trigeminus als ein gänzliches Fehlen derselben zu Grunde liegt, so ist doch damit die Annahme, dass in dem discrelen Austritte jener Nerven aus dem Nachbirn Sonderungsvorgänge wirksam waren, nicht zurückzuweisen. Dass der R. I. trig. der motorischen Elemente entbehrt und dass die in seinem Rereiche befindlichen Muskeln durch selbständig erscheinende Nerven versorgt werden, bleibt immer ein schwer wiegendes Factum.

Der zweite der Trigeminusgruppe beizuzahlende Nerv ist der Facialis mit dem Acusticus. Der letztere scheint einem ausschliesslich sensiblen Ramus dorsalis eines Spinalnerven homolog, und ist mit seinem Endge- biete von dem nolhwendig vorauszusetzenden ursprünglichen Verbrei- tungsniveau auf der Kopfoberfläche in dem Maasse in die Tiefe gerückt, als das Labyrinth Wüschen vom Integumente sich abschnürte und in die Tiefe der Schädelwand eingetreten ist (vergl. unten über das Hörorgan). Wenn dieses den ursprünglichen Verlauf eines Ramus dorsalis aufwärts

542 H. 9. Wirbelthiere.

durch die Schädelwand voraussetzt, so harmonirl damit der Verlauf dor- saler Aeste anderer Kopfnerven, selbst der des Ramus ophthalmicus trigeraini.

Der Facialis (Fig. 290 Fo) verhält sich als ein dem Zungenbeinbogen angehörender Ramus ventralis. Ausser der Muskulatur dieses Abschnittes versorgt er auch Hautlheile, ist somit anfanglich gemischter Natur. Rei den Teleostiern geht er Verbindungen mit dem Trigeminus ein, und schon bei manchen Haien verschmilzt er mit demselben. Ebenso erscheint er bei den ungeschwänzten Amphibien mit dem Trigeminus vereinigt . Diese Verbindung ßndet jedoch erst im Verlaufe der Ontogenie statt. Rei i\en Urodelen wie bei den höheren Wirbelthieren erhält er sich selbständig und bei den Säugethieren hat er seine sensiblen Elemente anschefnend eingebüsst. Hier empfiingt er durch die Ausbildung der Gesichtsmusku- latur ein bedeutenderes Verbreitungsgebiet, während sein Ramus stnpe- dius, Ramus digastricus und stylohyo'ideus dem ursprünglichen Zungen- beinbogen-Gebiete zugehören, wie auch der Ramus auricularis. Als Ramus visceralis erscheint der bei Fischen vorhandene Ramus palatinus, der bei den Säugern durch den N. petrosus superficialis major vorgestellt wird, und durch das Ganglion sphenopalalinum zur Muskulatur des Gau- mensegels tritt. Einen schon bei Fischen bestehenden Verbindungszweig des Facialis mit cjem dritten Aste des Trigeminus bildet die Chorda Umpani.

Dem Facialis muss auch noch ein Augenmuskelnerv, der Abducens, beigezählt werden, wie aus dem Verhallen des Ursprungsgebietes hervor- geht. Er versorgt den Rect. ext. allgemein , bei Petromyzon auch noch den Rect. inferior. Die Lage des Rectus exlernus macht verständlich, class er einem anderen Nervengebiete angehört.

§ 390.

In der Vagusgruppe bietet deren erster Nerv, der Glossopharyn- geus, die einfachsten Refunde. Rei den Selachiern ist er discret, und scheint auch bei den Teleostiern sich allgemein so zu verhalten, dagegen verlässt er bei Chimära die Schädelhöhle mit dem Vagus, mit welchem er auch bei Cyclostomen wie bei Lepidosiren verbunden ist. Aehnlich verhält es sich bei den Amphibien, indess er bei den Amnioten in allge- meiner Selbständigkeit sich trifft.

Er besitzt bei Fischen (manchen Haien) einen Ramus dorsalis, der im Granium emporsteigend sich oberflächlich verästelt. Der Hauptslamm (Fig. 290 Gp) erscheint damit als ventraler Ast, der längs des ersten Kie- menbogens sich verbreitet und als Eingeweideast einen Ramus pharyngeus zur Schlund wand schickt. Dieses Verhalten wird mit der Umwandlung des ersten Kiemenbogens dahin modificirt, dass der Ramus pharyngeus mit dem in der Zungcnschleimhaul endigenden Ramus lingualis den Haupt- theil des Nerven vorstellt.

Nerve nsyslem.

543

Ad den Glossopharyngcus reibt sich im Austritte aus dem Nachhirn unmittelbar der Vagus an, dessen Beurtbeilung die Kenntniss seines ein- fachsten Verhallens voraussetzt, wie es am vollständigsten liei Haien iu erkennen ist (vergl. Fig. 290). Der Vagus wird hier von einer grossen

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Anzahl discrel vom Nachhirn bis ziemlich weil hinler der Rauten« rube hervortretender Wurzeln zusammengesetzt, von denen die vorderen, dicht hinter dem Glossopharyngcus austretenden, die stärkeren sind. Daran schliessen sich nach hinten zu immer schwächere an. Die letzteren sammeln sieb nach vorne verlautend zu einem den vorderen sich an-

544 H. 9. Wirbellhiere.

fügenden Stämmchen. Der hiervon gebildete gemeinsame Stamm verlässt die Schädelhöhle in schräg nach hinten und aussen gerichtetem Verlaufe und sendet auf diesem Wege einen schwachen Ramus dorsalis zur Occi- pitalregion empor.

Aus dem Granium getreten lässt der Vagusslamm eine der Zahl der Kiemenbogen entsprechende Zahl von Kiemenästen abgehen (Fig. 290 j. Der erste Kiemenast [br1) verlauft zum zweiten Kiemenbogen und sendet noch einen feinen Zweig zum ersten. Darin kommen die Rami branchiales des Vagus mit dem Glossopharyngeus wie mit dem Facialis Uberein , die gleichfalls zu den nächst vorhergehenden Rogen feine Zweige entsenden. An der Theilungsstelie jedes Kiemenastes tritt ein Ramus pharyngeus ah. Die Fortsetzung des Vagusstammes tritt als Ramus intestinalis (J) auf den Darmcanal und verzweigt sich an Schlund und Magen , gibt auch Aesle zum Herzen. Vor der Abgabe der Kiemenäsle geht vom Vagusstamme ein ansehnlicher Ast dorsal wärts nach hinten, der als Ramus lateralis (L) längs der Seilenlinie des Körpers an die Haut bis zum Schwänze sich verzweigt.

Während die den Vagusstamm zusammensetzenden Nervenwurzeln in einer Reihe das Nachhirn verlassen, gehören dem Vagus noch andere Wurzeln zu, die unterhalb der vorgenannten als höchstens fünf, meist nur 3 oder 2 Fädchen aus dem Nachhirn austreten, und jedes durch einen besonderen Ganal in der Schädelwand nach aussen gelangen. Sie gehen theils zu Muskeln , theils verbinden sie sich mit den ersten Spinalnerven, und können als untere Vaguswurzeln bezeichnet werden , während die vorbenannten obere sind. Die Austrittsöffnungen der unteren liegen in gleicher Reihe mit den Austrittsöffnungen der unteren Wu rz el n der Spinalnerven, die Auslriltsstelle des Complexes der obe- ren Wurzeln liegt höher und fällt in eine Linie mit den Durch- lässen der oberen Wurzeln der Spinalnerven.

§ 391.

Aus den vorhin aufgeführten Thatsachen ergibt sich für den ge- ammten Vagus die Auffassung als eines Complexes zahl- sei eher mit Spinalnerven homodynamer Nerven. Dafür rsprechen einmal die mehrfachen getrennt austretenden unteren Wurzeln, dann aber vorzüglich die Verbreitung des aus den oberen Wurzeln sich bildenden Stammes. Indem jeder Ramus branchialis des Vagus sich völlig gleich verhält einem Ramus venlralis eines Spinal- nerven, indem ferner die von ihm versorgten Kiemenbogen als ur- sprünglich dem Cranium angehörige Rogen zu gelten haben (vergl. § 340 und da endlich jeder der anderen Bogen (Kiefer-, Zungenhein- und 1 . Kiemenbogen) ebenso von je einem Nerven versorgt werden , wie ein Metamer des Rumpftheiles von einem Spinalnerven, so erscheint auch die Summe jener oberen Wurzeln des Vagus als das Aequivalenl einer Summe

Nervensystem. 545

einzelner Nerven, deren Beirag mindestens der Maximalzahl der von ihnen versorgten Kiemenbogen entsprechen muss. Diese von mir gegebene Deu- tung des Vagus findet ihre Bestätigung in derOntogenie dieser Nerven, wie sie bei Haien neuestens aufgedeckt ward. Da Gründe zur Annahme be- stehen , dass schon bei den Selachiem eine bedeutende Rückbildung der Zahl ursprünglich vorhandener Kiemen stattfand, wie ein solcher Vorgang, wenn auch nur in kleinem Maasse, noch innerhalb des Selachierstammes zu beobachten ist, so ist die Fortsetzung des Vagus auf eine Strecke des Darrarohrs weniger aus einem Uebergreifen des Nerven auf ein ihm ur- sprünglich fremdes Gebiet, als aus dem Uebergange einer ehedem der Kie- menspalten tragenden Wandung des Schlundes angehörigen Strecke in einen ausschliesslich der Nahrungsaufnahme dienenden Abschnitt des Tractus intestinalis zu erklären. Auch für die Herzaste findet sich nichts Befremdendes, sobald die Entstehung des Herzens zum Tbeile innerhalb des vom Vagus versorgten Gebietes gebührend gewürdigt wird.

Was den Ramus lateralis betrifft, so erscheint in demselben ein sen- sibler Ast des Vagus , der wohl erst allmählich mit der Ausdehnung des von ihm versorgten Sinnesapparates der Seitenlinie sich in diesem Maasse entfaltet hat.

Im gesammten Vagus tritt uns also, ganz ähnlich wie es in kleinerem Maassstabe für andere Nerven, z. B. den Facialis und Trigeminus der Amphi- bien, erweisbar war, eine Vereinigung von Nerven entgegen, die sowohl in ihrem Austritte, wie im peripherischen Verbalten noeh die Spuren eines ursprünglich discreten Bestandes erkennen lassen, und so gelangt diese Auffassung des Vagus mit der Deutung des hinteren Theiles des Graniums in engste Verbindung.

Die Erscheinung der Goncrescenz discreter Nerven setzt sich am Va- gus der Selachier noch weiter fort, und hebt, indem bei den meisten (allen Rochen) die einzelnen Wurzeln dichter an einander treten, die Andeutung einer Selbständigkeit auf, welches Verhalten auch für die übrigen Fische vorwaltet.

Eine Umbildung einzelner Verhältnisse erleidet der Vagus bei Te- leostiern. Von den hinteren Wurzeln desselben sind nämlich einige Fäd- chen mit einer unteren Wurzel zusammengetreten und bilden einen be- sonderen das Cranium verlassenden Nerven, der zu der Muskulatur des Schultergürtels verlaufen soll. Die Verhältnisse dieses Nerven bedürfen genauer Prüfung.

Das übrige peripherische Verhalten des Vagus kommt mit dem oben geschilderten U berein. Ein einem Theile der Teleostier zukommender Dor- salast des Vagus verdient besondere Erwähnung. Derselbe verbindet sich mit einem aus dem Trigeminus kommenden Dorsalast R. recurrens) und verläuft, von einzelnen Spinalnerven Verbindungszweige empfangend, zur Basis der Rückenflosse.

G«g«nbaur, Ornndriss d. rergt. Anatomie. 2. Aufl. 35

546 U- 9- Wirbelthiere.

§ 392.

Bei den Amphibien verhüll sich der Vagus für die Dauer des Beste- hens der Kiemen in einer mit den Fischen übereinkommenden Weise und sendet sogar einen Bamus lateralis ab, der bei den Caducibranchiaten nach Rückbildung der Kiemen mit den Kiemenästen gleiches Schicksal theilt.

Die Amnioten besitzen den Vagus nur aus dem vorderen Abschnitte der bei den Selachiern als obere Wurzeln beschriebenen Reihe, und der daraus gebildete Stamm nimmt seine Vertheilung am Tractus intestinalis bis zum Magen herab, nachdem durch den Mangel von Kiemen die Kie- menäste verschwanden, oder, was wohl richtiger, theilweise in Rami pha- ryngei umgebildet sind. Wie bei den Fischen die aus dem Darmrohre differenzirte Schwimmblase Vaguszweige empfängt, so erhält auch der eine gleiche Genese besitzende Athmungsapparat der Amphibien wie der Amnioten Nerven vom Vagus, von denen sich einzelne mit der Ausbil- dung eines Kehlkopfes und seiner Muskulatur zu Constanten Zweigen ge- stalten. Auch die Beziehungen zum Herzen erhalten sich fort, und mit der allmählichen Entfernung des intestinalen Endgebietes des Vagus vom Kopfe gestaltet sich derselbe zu einem langen Nervenslamm.

Der hintere Abschnitt der bei den Selachiern in den Vagus eingehen- den Wurzeln schliesst sich bei den Amnioten zu einem Nervenstämmcben zusammen, dem Accessorius Willisii, theilweise mit dem Vagus ver- bunden theilweise zu Muskeln des Schultergürtels vertheill. Die den Nerven bildenden Wurzelfäden reichen mit ihrem Ursprünge aus der Me- dulla besonders bei Säugethieren weit nach hinten, zwischen die Austrilts- stelle der oberen und unteren Wurzelreihen von Spinalnerven gelagert, und zwar beim Menschen bis zum 6. oder 7. hinab.

Endlich formiren auch die unteren Wurzeln des Vagus-Gebietes bei den Amnioten einen besonderen Nervenstamm, den Hypoglossus, der die Muskeln der Zunge versorgt. Von seinem primitiven Verhalten behält er die Zusammensetzung aus mehreren und zwar getrennt aus dem Schädel tretenden Wurzelfäden bei, die auch noch bei Säugethieren zu zweien sich vorfinden.

Somit trifft sich für den hinteren aus dem Nachhirn austretenden Nervencomplex die grösste Summe von Umgestaltungen. Wahrscheinlich aus einer den ursprünglichen Kiemenbogen entsprechenden Anzahl von discreten Nerven entstanden, erscheint er noch am indifferentesten bei den Selachiern, sondert bei Teleostiern einen hintern Abschnitt als besondern Nerven ab, indess bei den Amnioten aus jenem Complex drei verschie- dene Nerven gebildet sind: Vagus, Accessorius und Hypoglossus.

Gegenbacr, C, Ueber die Kopfnerven von Hexanchus und ihr Verhältniss zur Wirbeltheorie des Schädels. Jen. Zeilschr. Bd. VI.

Sinnesorgane. 547

c) Eingeweidenervensyslem.

§ 393.

Nach dem Abgange aus den Cerebrospinalnerven stehen die Einge- weideaste durch Verbindung mit den nächst folgenden unter sich in Zu- sammenhang, und bilden damit eine längs der Wirbelsäule verlaufende, auch an die Schädelbasis sich fortsetzende Commissur : den Grenzsträng des Eingeweidenervensystems oder des Sympathicus. An den Verbin- dungsstellen mit den Rami viscerales der Cerebrospinalnerven finden sich Ganglien, die Ganglien des Grenzstranges, und von da aus setzen sich die aus den dem Sympathicus eigenen Fasern und Cerebrospinalfasern be- stehenden Nerven zu ihren Verbreitungsbezirken fort. Die einzelnen, sei es direct zu den Eingeweiden tretenden, sei es erst den Grenzstrang durch- setzenden Nerven, sammeln sich meist in grössere für die Hauptabschnitte der Eingeweide bestimmte Stämme, die als Nn. cardiaci, splanchnici etc. bekannt sind. Sie bilden zahlreiche Ganglien enthaltende Geflechte, wie denn auch vereinzelte Ganglienzellen vielfach in dem Verlaufe der sympa- thischen Nervenbahnen eingeschaltet sind.

Die Verbreitung dieser Geilechte findet am Darmrohr und allen aus demselben hervorgehenden Organen, sowie amGefässsystem und den Uro- genitalorganen statt.

Den Acrania scheint dieser Theil des Nervensystems zu fehlen, und unter den Gyclostomen wird er bei den Myxinoiden vermisst, wo der Va- gus wenigstens das Darmgebiel des Sympathicus versorgen soll. Von den Fischen an besteht dagegen allgemeine Verbreitung dieses Nervensystems, wenn auch mit zahlreichen Modificationen. Die dem Sympathicus zukom- menden Fasern stellen auf einer niedern Entwickelungsstufe bleibende Elemente vor, ähnlich wie die Fasern der Cerebrospinalnerven der Cyclo- stomen.

Sinnesorgane.

§ 394.

Für alle Sinnesorgane der Verlebraten bestehen Differenzirungen des Integumentes. Die Art der Betheiligung des letzteren ist nach der Qualität des Organes verschieden. Wie bei den Wirbellosen scheiden wir die Sinnesorgane in solche, welche speci fischen Wahrnehmungen vorste- hen als höhere Sinnesorgane, und in solche, welche indifferenterer Natur verschiedenartigen Wahrnehmungen" zu dienen scheinen , die man sämmtlich dem Gefühlsinne unterstellt.

Da unter den nicht zu den bekannten specifischen Sinnesorganen zu zählenden Apparaten manche durch eine hochgradige Differenzirung sich auszeichnen, ohne dass die Einrichtungen erlaubten, sie als einfach dem »Tastsinn« dienende Organe anzusehen, ist es nicht ungerechtfertigt, ausser den bekannten noch andere specifische Sinnesorgane anzunehmen.

35»

548

II. 9. Wirbellbiere.

Fig. »I. Iki'horfiin

Die grössle Mamiichfalligkeit der bieber bezüglichen Organe wallet

hei den Fischen, und scheint mit dem Leben im Wasser in Zusammenhang

zu stehen, da manche dieser Einrichtungen bei

Amphibien wiederkehren. Die wichtigsten Organe

dieser Art sind folgende :

1. Becherförmige Organe. In die Epi- dermisschichte eingebettete, grössere, von langen, spindelförmigen Zellen umgebene Gebilde, welche stäbchenförmige Endapparale von Nerven bergen. Sie sind in der Haut von Teleostiern und vom Stör beobachtet und scheinen auch bei Amphibien ver- breitet zu sein. Auch am Kopfe von Reptilien kommen sie vor.

2. Scbleimcanalc. Ein am Kopfe von Fischen in regelmässiger Form sich verzweigendes Rühren System verlauft in der Lederhaut und öffnet sich an bestimmten Stellen mit Seitenzweigen nach aussen. Nahe der Mündung enthalt die Röhre den Endapparat eines Nervenzweigs. In gleichem Verhalten vom Kopte aus erstreckt sich ein Ganal längs der Seite des Körpers bis zum Schwänze.

haut »online«, n Nerven- Sowohl an dieser Se i te n 1 i n i e wie am Kopftheile e. schclm') " des Röhren Systems erhallen die Nervenendigungen bei GanoYden und Teleostiern einen vom Haut- skelete gelieferten Schulzapparal , indem sie entweder in modilicirtc Schuppen oder sogar auf Strecken in den Deckknochen des Kopfes einge- bettet sind. Die bei den Amphibien (Larven und Perennihranchialen] be- stehende Verbreitung becherförmiger Organe oder diesen ähnlicher Bil- dungen liings der Seitenlinien deutet auf einen Zusammenhang dieser Organe mit den nSchleimcanalena der Fische hin.

3. Gallertröhren. Verschieden lange mit Gallerte gefüllte dünn- wandige Röhren münden mit feinen Oeffnungen aus, und tragen am ent- gegengesetzten Ende in einer ampullenartigen, mannicbfallig gestalteten Erweiterung gleichfalls Nervenendigungen. Diese Organe sind am Kopfe der Selachier in grosser Menge, meist in die Nahe des Roslrums gelagert, aber auch an entferntere Theile, so z. B. bei den Rochen bis über die Brustflossen erstreckt (Fig. 977. I).

Bei den höheren Wirbel thieren erscheinen die Nervenendigungen im Integumenle, mit minderen Complicaüonen, wie die in den Cutispapillen gelagerten Tastkörperchen, die schon von den Amphibien an beobach- tet sind.

Modißcalionen verschiedener Körpertheile in Verbindung mit Ausbil- dung der dem bezüglichen IntegumentUbenuge zukommenden Endorgane der sensiblen Nerven lassen besondere als Tastorgane fungirende Appa- rate entstehen. Die einzelnen Vorrichtungen dieser Art sind ausserordenl-

Sinnesorgane. 549

lieh manniebfach, und gehören zu den aus speciellen Anpassungen ent- standenen Bildungen, daher sie nur kurz zu erwähnen sind. Bei den Fi- schen werden solche Organe durch die bei vielen in der Nähe des Mundes stehenden »Barteln« vorgestellt, an denen Häufungen der Becher-Organe sich vorfinden. Sie treffen sich bei Stören, Welsen, manchen Cyprinot- den etc. Bei den Triglen fungiren einige von den Brustflossen abgelöste nervenreiche Strahlen vorzugsweise als Tastorgane. Bei den Vögeln hat der Tastsinn nicht selten seinen Sitz in der weichen Spitze des Schnabels ; so bei den Schnepfen, Enten etc. Dann finden wir bei den Säugethieren als Tastapparate steife, borstenähnliche, an der Oberlippe oder auch über den Augen stehende Haare, die nicht allein beträchtlich verlängert sind, sondern auch durch den Nervenreichthum ihrer Follikel von den übrigen Haarbildungen sich auszeichnen. Endlich dienen bei vielen Säugethieren die Gliedmassen selbst, sowohl durch den Nervenreichthum ihrer Volar- und Plantarfläche, als durch die Beweglichkeit ihrer Endglieder zu solchen Verrichtungen.

Lkydig, Ueber Organe eines sechsten Sinnes. N. A. Acad. Leop. Carol. Vol. XXXIV. JoiKftT, Les organes da toucher. Ann. sc. nat. Ser. V. Tom. XVI.

§ 395.

Da der Geschmackssinn sich unserer Beurtheilung in dem Maasse ent- zieht, als ein Organismus dem menschlichen entfernt steht, wird über Ge- schmacksorgane der meisten Wirbelthiere mit wenig Sicherheil zu urtheilen sein. Es können daher nur im Allgemeinen die in der Mund- schleimhaut gelegenen Endorgane von Nerven hieher zählen. Diese bieten bei Fischen nichts Spezifisches dar, sind vielmehr mit den auch im äussern Integumente verbreiteten becherförmigen Organen in Uebereinstimmung, was aus der Genese der Mundhöhle leicht begreiflich wird. Am genaue- sten sind sie von der Gaumenregion bekannt (vgl. Fig. 291), an der bei den Cy prinoYden die Schleimhaut mit reichen Muskelfasern durchwebt ist. Bei den Amphibien erscheint die Zunge als der vorzugsweise Sitz jener Gebilde, die man auch als »Schmeckbecher« bezeichnet hat, und wenn die Zunge bei Reptilien und Vögeln in der Regel jenen Beziehungen entfremdet er- scheint, so findet sie sich doch wieder bei den Säugethieren mit denselben Schmeckbechern ausgestattet^ die an den Seitenflächen der Papulae circuni- vallatae angebracht sind.

Riechorgane.

§396.

Riech organe treten bei allen Wirbelthieren als flache, am Kopfe gelegene Gruben auf, in denen der Olfactorius mittelst stäbchenförmiger Endapparate vom umgebenden Medium Erregungen zu empfangen im Stande ist. Es ist also eine differenzirte Strecke des Integumentes, welche

550 H, s. Wirbelthlerc.

das Sinnorgau vorstellt. Wenn wir auch bei den im Wasser Lebenden Fischen und Amphibien keineswegs im Stande sind, diesen Gebilden genau dieselbe Function zuzuschreiben, die sie bei den in der Luft leben- den nachweisbar besitzen, so muss es doch gestattet sein, sie wenigstens mit dem Namen jener Organe zu bezeichnen, da wir sie in conlinuirlicher Folge zu den complicirieren, bestimmt Geruchswahrnehmungen dienenden Organen der höheren Wirbelthiere Übergehen sehen.

Bei den Leplocardiern ist jene Riecbgrube unpaar. Ebenso erscheint das Organ bei den Cyclostomen, jedoch in einen lieferen Schlauch (Fig. 330 (j) umgewandelt, der bei Pelromyzon blind geendigt (pr{, bei den Hyxinoiden in einen den Gaumen durchbohrenden Canal umgestaltet ist, dessen Wandungen ein Rohr von Knorpelringen stützt, Die Gnathoslomen besitzen paarige Riechgruben. Bei den Fischen bleiben sie meist in diesem Zustande bestehen oder erscheinen nur wenig verlieft. Vom Rande her ragen bei den Selachiern zwei Fortsätze gegen einander, durch welche die ursprunglich einfache Oeffnung in eine ein- und eine austeilende zer- legt wird. Die Knochenfische zeigen dies Verbal tniss noch weiter geslaltt'1, indem über die Grube eine Haulbrücke gespannt ist, und beide gelrennte Oeffnungen zuweilen sogar weit auseinander rücken. Beide Oeflnungen, am häufigsten die vordere, können röhrenförmig vorspringen. Die aus- kleidende Schleimhaut bildet bald radiäre bald parallele Falten, welche betriichtlicheOberfläcbcnvergrösserungen eingehen können. Die gesammle Fläche nimmt die Endigungen des Riechnerven auf. In einer andern Mo- dificalion erstreckt sich die Riecbschleimhaul über eine papillenarlige Vor- ragung, wobei unler Entfaltung der Oberflachen vergrösseruog nach aussen hin, die Grubenbildung aufgehoben wird.

Viele Seiachter und die Chimären besitzen eine Verbindung der Riech- grube mit der Mundöffnung, indem eine von ersterer ausgehende Rinne 'Nasenrinne; zum Mundwinkel fuhrt (Fig. 89!). Die Rinne wird häufig von einer medianen Hautfalle überlagert, und gestallet sich nicht selten zu einem tieferen Canale (Rochen). In dieser Einrichtung erkennen wir einen Schrill zu dem Verhallen der Übrigen Wirbel- thiere, deren Riechgruben nur wahrend einer frühen Embryonalperiode ober- flächlich gelagert sind. Die bei den

i:,;. ;>!'.! Unlert Fliehe dea Kopf« von c- . ., , .. j -. . . . ...

s-jiiinm, m «und, paiie. <> Eingui zur fischen bleibende Einrichtung geht hier N.ssogmbe. n Nupnki.pp. in Mtaiiirhtr vorüber, und ein wahrend der Weiter- L;.ge. ■' Anfgeschiag«»« su»kit»i. r enlwickclung sich abspielender Process

Xn.anTia». Die Pnnkle »teilen Xnaiaagm ,_.,... , , ,. „,. ,

t!fr s.'h'fim.'inui!,. .™. 'ässl die .Nasengruben in die Tiefe tre-

ten. Dies geschieht durch bedeutendes Wachslbum der die Gruben median, vorne und lateral begrenzenden Theile, und indem auch die Ränder der Nasenrinne gegeneinander

Sinnesorgane.

551

wachsen,, entsteht ein Canal, der von der Riecbgrube , und damit von aussen nach innen, zur primitiven Mundhöhle führt, und hinter dem Kieferrande sich öffnet.

Dieses Verhalten repräsentiren Dipoo? und Amphibien. Die innere Oeflhung des Nasencanals liegt bei den ersteren wie bei den Perenni- brancbiaten sogar noch innerhalb des weichen Mundrandes. Bei Salaman- drinen und Anuren ist sie von festen Kiefertheilen umgrenzt.

Die primitive Nasengrube selbst ist mit der Bildung eines Nasencanals in die Tiefe gerückt. Die Fläche der Nasengrube complicirt sich dabei durch Vorsprünge des EtbmoYdalknorpels (Muscheln). Bei den Amnioten kommen fernere Complicationen zum Vor- schein , durch welche der obere Theil der primitiven Mundhöhle zu einem die Nasen- grube aufnehmenden Räume sich gestaltet, in dessen oberem Abschnitte die Riech- schleimhaut ausgebreitet ist. Die primitive Riechgrube ist dabei nicht mehr als deutlich abgegrenztes Organ unterscheidbar, so dass die neue Einrichtung der Nasenhöhle am besten mit der Mundhöhle betrachtet wird. In der Schleimhaut der Nasenhöhle diffe- renziren sich Drüsen, die bei Amphibien eine relativ bedeutende Mächtigkeit besitzen, auch bei Säugern nicht fehlen. Mit dem die primitive Nasengrube weit ins Innere ver- legenden Vorgange steht die Bildung eines Organes in Zusammenhang, welches als ein von der Nasengrube abgelöster Theil erscheint. Es ist das Jacobson'sche 0 rga n. Ein am Boden der Nasenhöhle liegender, hinten blind geendigter Schlauch (Fig. 293../), in dessen Wandung Olfactoriusfasern Endapparate besitzen. Diese Organe finden sich bei Reptilien und Säugethieren , und münden durch die Stenson'schen Gänge in die Mundhöhle aus.

Fig. 299. Querschnitt durch Vama- h&hle *nd Jftcobeon'ecbes Organ.

sn Septum. (Nach J. t. Lacerta.)

Sehorgane. § 397.

Das Auge der Wirbelthiere erscheint im Wesentlichsten ähnlich ge- baut wie bei höher entwickelten Abtheilungen niederer Thiere, allein schon in der Ontogenie des Organes spricht sich ein anderer Typus aus, der nicjht minder in der feineren Structur wiederkehrt. Wir haben deshalb keine unmittelbare Verknüpfung mit den relativ ausgebildeten Zuständen des Sehorganes anderer Thierstämme und treffen nur bei Tunicaten An- deutungen hiefür. Auch bei Ascidienlarven wird das Auge nicht direct vom Ecloderm her, sondern vom vorderen Abschnitte des Centralnerven-

552 II. 9. Wirbel Ihiere.

Systems angelegt. Viel tiefer steht das was man bei Amphioius als Auge bezeichnet: einen dem vordem Ende des Centralnervensystems aufge- lagerten variablen Pigmentüeck.

An der Zusammensetzung des Auges belbeiligt sich zunächst das cen- trale Nervensystem und secundär das Integument. Ersleres Ittsst die lichl- nercipirenden, letzteres die licht brechenden Apparate hervorgehen. Als erste Anlage des Auges erscheint eine seitlich vom Vorderhirn sich ent- wickelnde Ausbuchtung (Fig. 294.1. er, die sich zu einer durch einen Stiel {&) mit der Hirn- anlage (c) zusammen- hängenden Blase ge- staltet. Die «primitiv« Augenblase« liegt unter dem Ectoderm von dem eine die vordere Wand dcrBlase gegen die hin- Fij. m a 9Bnv«fht.r goei.chcitt dirci. dti K.pf4iUgt .iui tere einstülpende Wu-

Flxac». c »«bin. Prialtto AngnMmw. b 811*1 dnulbcn. cfaerung ausgeht [B ).

1 l™» sl^i/™^^^^^ Unler dieser Wucherung

min) in die »«cundSr* Aug.i.blm» di* Linie i lieh einlenkend. Dt- Wächst vom Mesoderm hinter OIukArp». (Nach S. HclhUfKI . her ein Fortsatz gegell

die Augenblase, wel- cher auch deren seitliche Wand mit der vorderen Einstülpung in Zusam- menhang bringt. Die vordere und hintere Wand der primitiven Augcn- blase werden durch diese Vorgänge gegen einander gelagert, und das Ganze erhält als seeundäre Augenblase die (ieslalt eines Bechers, dessen Rand die vom Ectoderm gelieferte Wucherung umfasst. Letztere bildet die Anlage der Linse (/). Hinter derselben geht mit der Umbildung des Stieles der primären Augenblase in den Sehnerven, in diesen mit einge- schlossenes Gewebe in eine allmählich den gross len Tbeil der seeundaren Augeublase füllende Substanz Über, welche deu Glaskörper vorstellt. Von dem die seeundare Augenblase umlagernden Gewebe wird die innerste Schichte zu einer gefass baltigen Haut, der Choriojdea, indess ausserhalb der letzteren eine festere Faserschichte als Sclerotien die seeundare Augen- hlase umhüllt, und nach vorne zu gegen die Verbindung der Linse mit dem Ectoderm auswachst. Die Fortsetzung dieses Vorganges bedingt die Abschntlrung der Linse, und ein vor derselben gelagerter durchsichtiger Abschnitt der Faserhaut bildet die Cornea, die gleichzeitig mit der vor ihr liegenden Inlegumentanlage (Conjunctivae sich verbindet.

Wir finden so das Auge als rundliche Kapsel (Bulbus oculi), deren Hülle (Sclerolica- sowohl über den Sehnerven, und von da zur Dura Dialer sich fortsetzt, als auch vorne in die Cornea übergeht. Im Innern dieser Kapsel liegt die aus der eingestülpten primären hervorgegangene seeun-

Sinnesorgane. 553

(iure Aogenblate. durch die CborioTdca von der Sclerotica getrennt. Die secuod&re, durch das Einwachsen des »Glaskörpers» mit einer seitlichen Spalte versehene Augenblase umfasst vorn die Linse. Ihre beiden an die- sem Vorderrande wie an der seitlichen Spalte (Fig. 295. s in einander umbiegenden Schichten («. b gehen eine verschiedene Dißerenzirung ein, indem die innere [b) schon sehr frühzeitig bedeu- tend verdickte, mit ihrem hinteren Abschnitte zur Retina , die äussere dünne («' dagegen tum Ta- pelum nigrum wird. An der untern inneren Seile der Anlage des Augapfels wird mit dem Auftreten des Pigmentes im Tapelum nigrum ein heller

Streifen deutlich, der vom Sehnerv bis zum freien *in«Fi>tii*nibrjo. wni- Vorderrande der Cborioldea sich erstreckt. Er "^ "' * 1™«» '!■ ''in' entspricht der durch das Einwachsen der Glas- ,*,„ umM* d.r *.Sf„- körperanlage an der secundSren Augenblase auf- wp». e oUAb^f. a-Mn». tretenden Spalte [s] , die somit Retina und die

Pigmenlscbichle der Chorio'idca (Tapetum uigmtn] betreffen muss [Cho- riofdea Ispalte j .

An dieser Anlage des Auges ergeben sich manniebfache fernere Ver- änderungen. Der Vordeirand der seeundiiren Augenblase wuchst mit dem die Anlage der Cborioldea bildenden Gewebe zur Iris aus, welche die Pu- pille umgrenzt. Hit dem Eindringen des Culisfortsatzes in die seeunditte Augenblase, gelangen (bei Sauget bieren, Rlutgefusse in den Rinnenraum und verbreiten sich in der Peripherie der Glaskörperanlage, wo ihnen ein bedeutender Antheil an Ernährung und Wacbsthum dieses Gebildes zu- erkannt werden muss. Auch die Linse wird bei Säugethieren von einer gefassf uhrenden Rindcgewebskapsel umgehen, die vor der Geburl, hei manchen sogar erst später, wieder verschwindet,

MiLLEK, W'., Die Sla in mesenl Wickelung des Auges der Wirbellliiere. Lei|>tlg 1875. KesslB», L. , Zur Eiilwickelung des Auges der Wirbellhiir.'. Leipzig 1KT7.

§398.

Bezüglich der Form Verhältnisse des Bulbus ergibt sich für die Fische (Fig. 296] eine bedeutende Abflacbung des vorderen Segmentes, tnter den Amphibien besitzen die im Wasser lebenden einen vorne abgeflachten Bulbus, während unter den Reptilien bei Schlangen und Crocodilen eine bedeutendere Wölbung der Cornea charakteristisch ist.

Bei den meisten Vögeln (Fig. 298' wird der Bulbus in ein vorderes und hinteres Segment gelbeilt, wovon das erslere die stark convexe Cor- nea trügt. Diese Augenform erscheint am meisten bei Raubvögeln ausge- prägt, dagegen besteht bei Schwimm- und Stelz vögeln eine Abdachung der Cornea. Auch unter den Silugelhieren herrscht bei sphärischer Form des Bulbus doch eine grosse M;innirhfal(igkeil.

554 ". fl- Wirbellhiere.

Die Sclerotien kann durch verschiedene Formender Bindesubstanz dargestellt sein und wird bald aus Bindegewebe, bald aus knöchernen Thei- len oder aus Knorpel gebildet. Letzleres Verhalten findet sich bei Sein-

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chiern, Chimären und Gano'fden, ferner bei Amphibien vor. Bei den Kno- chenfischen sind diese Verbaltnisse am mannich faltigsten.

Bei Eidechsen, Schildkrölen und Vögeln wird der vordere, an die Cornea stossende Theil der Sclerotien durch einen Kranz flacher Knochen- stücke (Scleroticnlring; gestützt Fig. 296. »'). '^■=tfc Hit Ausnahme der Honotremen ist die Sclerotica

/1^A*J4L&*^ der Sauget hiere aus Bindegewebe dargestellt, bei MB Walfischen (Fig. 299. s) von bedeutender Starke. Die ChorioYdea setzt sich aus mehreren Schichten zusammen , die im Ganzen mit den (. X\ vom Menschen bekannten übereinstimmen. Vorne

^^UB bildet sie die faltigen , bei Selachiem und Gaooi-

den (Stör; wenig entwickelten, bei den meisten v,t. m. Auge vod B»i»en« Teleosliern fehlenden Ciliarforisatze und setzt Vti'x'Vw f.0"""1*'" sich von da als Iris fort, die mit ihrem Innen- rande die verschieden gestaltete Pupille begrenzt. Eine eigentümliche Modification der Choriotdea bildet das Tapetum lucidum, welches eine meist grünliche oder blauliche , metallisch schim- mernde Stelle von verschiedener Ausdehnung vorstellt und bald durch Gruppen nadeiförmiger Krystalle in den Zellen der Tapetenscbichte (Se- lacbier), bald durch ein faseriges Gewebe 'carnivore Säugetbiere und Wiederkäuer) dargestellt wird. Sie bedingt das Leuchten der Augen im Dunkeln.

Ein der ChorioYdea der Fische ausserlich anliegender Gefasspiexus stellt die sogenannte CborioTtlealdrUse vor. Am vorderen Abschnitt der Chorioldea bildet eine muskulöse Schiebt« den als Ligamentum ciliare be- kannten Ring. Von da aus setzt sich die Muskulatur in die Iris fort, in der radiäre und circulare Fasern vorkommen. Bei Fischen, Amphibien und Sllugethieren besteht diese Muskulatur aus glatten Fasern; aus querge- streiften bei Reptilien und Vögeln.

Sinnesorgane. 555

Die der ChorioYdea angelagerte Retina erstreckt sich bis zum Anfange des Ciliarkörpers nach vorne, auf letzterem wird sie abortiv. In ihr findet der Sehnerv seine Ausbreitung und Endigung. Die Vertheilung der Sehnerven- fasern nimmt die innerste, vom Glaskörper nur durch eine dünne Membran getrennte Schichte der Retina ein. Dann folgen mehrfache verschieden ge- baute Straten, bis endlich eine aus stäbeben- und zapfenformigen Gebil- den zusammengesetzte Schichte, die Stäbchenschichte, den Abschluss bildet. Diese den Stäbchen des Auges der Wirbellosen ähnlichen End- apparate sind also hier der Oeffnung des Auges abgekehrt, und da- durch unterscheidet sich das Wirbelthierauge von den Sehwerkzeugen der Wirbellosen in einem sehr wesent- lichen Punkte, der bei der Beurtheilung verwandtschaftlicher Be- ziehungen nicht ausser Acht bleiben darf.

Mit der Entstehung der seeundären Augenblase hängt die Bildung eines besonderen Organes zusammen, welches von der Uebergangsstelle des Sehnerven in die Retina in den Glaskörper eindringt, und ohne directe Verbindung mit der ChorioYdea einen geftsshaltigen, dunkel pigmentirten Fortsatz vorstellt. Ein solcher findet sich als Processus falciformis im Auge mancher Teleostier (Fig. 296 p) . Das bei manchen Fischen durch eine Schichte glatter Muskelfasern ausgezeichnete Ende bietet eine an den hin- teren Theil der Linsenkapsel befestigte Anschwellung (Campanula Hallen). Diese Fortsatzbildungen bestehen in etwas modificirter Weise auch im Auge der Reptilien und Vögel. Bei Eidechsen kommt eine kolbig ver- dickte, den Rand der Linsenkapsei erreichende Falte vor, die auch Wie- derholungen mehrerer Falten neben sich haben kann (Fig. 297 p) . Im Auge der Crocodile ist dieses Gebilde wenig entwickelt. Bei den Vögeln ist es durch Vermehrung der Falten ausgezeichnet, und wird als »Kamm« unterschieden (Fig. 298 p). Bei manchen Schwimm- und Stelzvögeln er- reicht es die Linsenkapsel. Bei den Struthionen ist das Ende des Kammes beutelartig erweitert (Marsupium) . Dem Apteryx fehlt er ebenso wie den Säugethieren. Damit stehen Verschiedenheiten in der Eintrittsstelle des Sehnerven in Zusammenhang, die je nach der Ausdehnung der Basis die- ses Fortsatzes verschieden weit sich nach der Seite zu erstreckt.

Hinsichtlich der Linse ist die nach den Medien wechselnde Form bemerkenswerth. Sehr gross und vollkommen sphärisch erscheint die Linse der Fische, auch bei Amphibien wiederholt sich die runde Gestalt und bei den im Wasser lebenden Säugethieren, indess sonst, wie bei Reptilien und Vögeln , mehr abgeplattete Formen , allerdings in verschie- denen Abstufungen , bestehen. Durch die Befestigung der Linse an den Ciliartheil der ChorioYdea wird der Binnenraum des Auges in einen vor- deren und hinteren Raum geschieden. Den hinteren füllt der Glaskörper, der vordere, zwischen Vorderfläche der Linse und Cornea liegende ist häufig auf einen minimalen Abschnitt beschränkt. Ihn füllt der Humor aqueus.

556 II. 9- Wirbcllhicrc.

§ 399.

Mit dem Auge stehen Hilfsorgane in Verbindung, theits zur Be- wegung, theils zum Schutze des Bulbus dienend. Die Bewegungen des Augapfels werden allgemein durch sechs Muskeln vermittelt. Von die- sen sind vier als gerade , zwei als schiefe zu unterscheiden. Sie sind bei den Myxino'i'den rückgebildet. Die geraden sind bei vielen Teleostiern in Anpassung an ihre durch bedeutenderes Volum des Bulbus bedingte Länge in einen Canal an der Schädelbasis eingebettet. Ihr Ursprung ist ziemlich weit hinter der Austrittsstelle des Opticus, erst in den höheren Abiheilungen werden Beziehungen zu dieser Stelle erlangt. Zu den vier geraden Augenmuskeln kommt bei Amphibien und Reptilien noch ein den Bulbus rückziehender Muskel. Dieser erhält sich auch bei den meisten Säugethieren und zerfallt in mehrere , von der Eintrittsstelle des Sehnerven in die Orbita zum Bulbus tretende Abschnitte (bei Carnivoren in vier). Von den beiden vorne an der medialen Orbitalwand entsprin- genden Obliqui gebt der obere bei den Säugethieren eine Aenderung ein. Er hat nämlich seinen Ursprung mit den geraden Augenmuskeln gemein, und sendet die Endsehne durch eine Gelenkrolle im Winkelverlaufe zum Bulbus.

Von den Schutzorganen des Auges sind die Augenlider Dupltca- turen des Integumentes. Die innere Lamelle dieser Falten ist eine Fort- setzung der auf den Bulbus sich erstreckenden Conjunctiva, die am Rande ins äussere Integument übergeht. Solche Augenlid bildungen bestehen bereits bei Fischen. Zwei wenig vorragende und bewegliche Duplicaturen erscheinen bei Selachiern als Andeutungen eines oberen und unteren Augenlides , und bei manchen Haien ist noch eine am vorderen Augen- winkel entstehende dritte Duplicatur vorhanden, die vor die Aussenfläche des Bulbus gezogen werden kann (Nickhaut). Ganoiden und Teleostier besitzen nur die unbeweglichen Falten oder auch nur Andeutungen da- von, und dann meist als vorderes und hinteres Augenlid unterschieden. Am häufigsten geht das Integument glatt an die Cornea über. Eine der- artige Verbindungs weise zeigt sich auch bei den Perennibranchiaten und Derolremen. Manche Salamandrinen und die Mehrzahl der ungeschwänzlen Amphibien sind mit horizontal gelagerten Augenlidern versehen, von wel- chen das unlere beweglichere als Nickhaut fungirt.

Bei den Reptilien und Vögeln ist nicht nur die Nickhaut, sondern auch ein oberes und unteres bewegliches Augenlid vorhanden. Bei man- chen Sauriern (Ascalabotae) und den Schlangen werden Augenlider als eine ringförmige Falte angelegt, die weiter vor wachsend schliesslich eine vor dem Auge liegende pellucide Membran bilden, welche die Cornea von aussen gänzlich abschliesst. Der circulären Anlage dieser Bildung ent- spricht das kreisförmige Augenlid der Chamäleonten. Für die horizontalen Augenlider wie für die Nickhaut besieht ein Muskelapparat. Während die beiden horizontalen Augenlider bei Säugethieren fortbestehen, ist die

Sinnesorgane. 557

Nickhaut Rückbildungen unterworfen. Sie besitzt wie die beiden anderen Augenlider eine Knorpellamelle als Stütze. Meist ist sie auf eine am vor- deren (inneren) Augenwinkel liegende Falte reducirt, die bei den Primaten als Plica semilunaris ihre ursprüngliche Bedeutung aufgegeben hat.

Ein den Augenlidern zugetheilter Drüsenapparat kommt erst bei Amphibien und Reptilien zur Sonderung. Eine unter der Nickhaut aus- mündende Drüse (Harder'sche oder Nickhaut-Drüse kommt bei Reptilien und Vögeln und ebenso bei Säugethieren vor, wo sie am inneren Winkel der Orbita gelagert ist; den Primaten fehlt sie. Ihr Secret ist ein von dem der Thränendrttsen verschiedenes.

Die am äusseren Augenwinkel gelagerten Thränendrttsen er- scheinen erst bei den Reptilien, von geringerer Grösse als die Harder'sche Drüse, und verhallen sich in dieser Weise auch bei den Vögeln. Eine grössere Ausdehnung besitzen sie bei Schildkröten und Säugethieren (mit Ausnahme der Celaceen), deren Thränendrüse aus einem Complexe ein- zelner, meist in grössere Massen gruppirter Drüsen besteht.

Für das unter das obere Augenlid abgesonderte Secret dieser Drüsen bildet sich ein besonderer Abführweg in die Nasenhöhle. Ein solcher durch eine Epithelialwucherung an der Oberfläche des Kopfes -sich an- legender Canal kommt schon bei Amphibien vor. Bei den Amnioten steht die Anlage des Thränennasenganges mit der Entwickelung des Gesichtes in Zusammenhang. Die zwischen dem Oberkieferfortsatze und dem äusse- ren Nasen fortsalze durch die Differenzirung dieser Theile gebildete , von der Gegend des inneren Augenwinkels gegen den Rand der Nasengrube führende Rinne, wird mit der Ausbildung jener Fortsätze mehr vertieft Tbränenrinne) und bald von ihren Rändern überwachsen , so dass sie einen Canal vorstellt, der nach Entstehung der Nasenhöhle in letztere, und zwar unterhalb der unteren Muschel ausmündet. Bei Reptilien (La- certa) findet die Mündung gegen die Choanen statt. Am inneren Augen- winkel scheidet sich dieser Thränencanal in mehrere Thränencanälchen, von denen eine grössere am unteren Augenlide liegende Anzahl (3 8) bei Crocodilen, eine geringere (21 bei Vögeln und Säugethieren besteht.

Hörorgane.

§ 400.

Das nur bei den Acrania vermisste Hörorgan der Wirbelthiere nimmt gleichfalls seine Entstehung aus dem Ectoderm, und wird wäh- rend der ersten Embryonalperiode als eine in der Höhe des Nachhirns nach innen sich erstreckende Wucherung angelegt. Ein solch' oberfläch- liches, somit die Endigungen eines Haulnerven tragendes Organ muss als der Ausgangspunkt der hochgradigen, sehr frühzeitig eingeleiteten Sonde- rung gellen. Aus der ersten Anlage gebt ein nach aussen communiciren- des Bläschen hervor, welches allmählich sich abschnürt (Fig. 300} und mit

II. 0. Wirliellhiere.

der Differenzirung der knorpeligen Schädelkapsel von deren hinterem seillichen Abschnitte umschlossen wird. Die primitive Olocysle ist die Anlage eines complicirlen Hohlraumsystemes , in dessen Wänden der

Fig.300. EnHnrtalanjdea Li

»riltge. fl Litb/iinthgrube. iJ Hinterer Beugung.

Acuslicus mit Endapparaten in Verbindung sieht. Aus ihm entsteht das häutige Labyrinth. Die es umgebenden Scbädellbeile bilden das knor- pelige oder knöcherne Labyrinth.

Der einfachste Zustand des Labyrinthes findet sich bei den Cyclo slomeu. .Von dem primitiven Bläschen hat sich bei Myxinoiden eine an zwei Stellen mit ihm in Zusammenhang bleibende Strecke gesondert, die einen halbkreisförmigen Canal bildet, und so das ganze Labyrinth ring- förmig erscheinen lüssi. Die Petromyzonlen bieten zwei dieser Canitle dar, jeder mit einer ampullenartigen Erweiterung beginnend, der Übrige Theil des Labyrinthbläschens bildet den »hautigen Vorhof u (Vestibulum), an dein eine besondere Ausbuchtung als Anlage einer neuen Differenzi- rung auftritt. Bei den Gnathoslomeu kommt es noch zur Bildung eines dritten Canals, so dass von nun an drei halbkreisförmige Canäle in den Vorhof mtlnden.

Bei der Etnsenkung des Labyrinlhbläschens bleibt die slielartige Verbindung bei Selachiern auf dem Schädeldache offen und schwillt un- ter dem Inlegumenlc zu einem Saccus endolymphaticus an. Sie ent- spricht dem Recessus lahyrinthi (Ductus endolymphaticus!, der bei Tele- osliern bis zum Schadeldach emporsteigt, und mancherlei Umbildungen eingehen kann. Dahin hat man die Ausdehnung dieses Theiles zu einem das Gehirn bei Urodelen bedeckenden, bei Anuren auch an die Basis ge- langenden Schlauches gerechnet. Schlangen und Eidechsen besitzen ihn bis zum Schadeldache gelangend, bei Embryonen mit Knlkkry stallen erfüllt und gleichfalls Erweiterungen bietend. Ausserhalb des Schädels mit Erweiterungen verseben findet er sich bei Phyllodactylus, wo er in die Halsgegend sich erstrecken kann. Der Zusammenhang dieser Bildun- gen mit dem primitiven Stiele der Olocyste wird in Abrede gestellt, so dass der Recessus lahyrinthi eine selbständige Einrichtung vorstellt. Die meisten dieser Verhältnisse bedürfen jedoch genauerer Prüfung. Bei den Vögeln besieht derselbe fr. /) nur vorübergehend als offener Raum, ähnlich auch bei den Sauget hie reD, wo er spater den sogenannten Aquae-

Sinnesorgane. 559

ductus vesiibuli bildet., Vorhof und Rogengange sind bei allen Fischen von beträchtlicher Grösse, bei Selachiem und Dipnoi vollständig von den Schadelwandungen umgeben, wahrend bei Teleostiern der mediale Theil frei in die Schadelbohle sieht (Fig. 301). Von den drei Bogengängen sind zwei, ein vorderer je) und ein hinterer {</), in der Richtung , von mehr

mm. * Auftlli <1« hinten»

i 1 1 Kelle der VcTbindongi- •Mra WlrM. Di* üibtcu

oder minder senkrechten sich kreuzenden Ebenen gelagert , ein dritter, äusserer, liegt in einer mehr horizontalen Ebene, und ist am hinteren Schenkel mit einer Ampulle versehen. Die beiden senkrechten besitzen ein gemeinsames Einmündest tick (c) in den Vorhof und an den beiden anderen Enden Ampullen.

Der Vorhof des Labyrinthes sondert sich schon bei den Fischen in mehrere Abschnitte. Ein oberer steht mit den Bogengängen in unmittel- barem Zusammenhange (Ulriculus, Alveus communis), sowie mit dem unter ihm gelegenen Saoculus. Sacculus und Utriculus enthalten Otolilhen von constsnter, nach den Abtheilungen wechselnder Form, oft ansehn- licher Grosse. Sowohl an der Wand beider Baume als auch an den Am- pullen der Bogengänge findet der Uebergang von Acusticus-Aesten im Endapparale statt, in den Ampullen liegen sie auf einer Querleiste [Crisla acustica), in den Sackcheu bilden sie die Maculae acusticae.

Von zahlreichen Modifikationen sind Verbindungen des hautigen Vor- hofes mit der Schwimmblase bemerkenswert!! ; die Einrichtung seihst kommt auf verschiedene Art zu Stande, findet sich am einfachsten bei einigen Percotden und SparoYden, wo der Vorhof sich zu durchbrochenen, nur membranos geschlossenen Stellen des Schadeis fortsetzt, an welche Ver- langerungen der Schwimmblase sich anlegen. Complicirter gestalten sich die Verhüllnisse bei vielen Familien der Physoslomen. Bei Cyprinolden erstreckt sich der Sacculus Vi) nach hinten, um sich mit dem der anderen Seile durch einen Sinus impar zu verbinden. Aus letzterem tritt jeder- seits ein hantiges Piickchcn (Atrium sinus imparis) zu einer am hinteren Schild? I abschnitte gelegenen OefTnung, welche zum Theile von einem Kno-

560 H. 9- Wirbelthiere.

chenslückchen verschlossen wird. Dieses verbinde/, sich durch Baödmasse mit einer Reihe verschieden geformter Knochenstückchen (*, k, l) von wel- chen das letzte und grösste dem vorderen Ende der Schwimmblase m) angeheftet ist. Diese Kniichelchen sind Umbildungen von Rippen, und bilden eine continuirliche Kette zwischen dem Vorhofe und der Schwimm- blase. In anderer Weise ausgeführte Verbindungen mit der Schwimm- blase besitzen SiluroTden und Clupeiden.

§ 401.

Das Labyrinth tritt von den Amphibien an im Umfang gegen die bei Fischen gegebenen Dimensionen bedeutend zurück. Relativ ansehnlich ist es noch bei den Amphibien, am wenigsten umfänglich bei Säugethieren. Verschiedenheiten liegen theils in der Art der Verbindung der beiden Vor- hofsräume, des Utriculus und Sacculus, untereinander, sowie in dem Ver- laufe der vom Utriculus entspringenden Bogengänge. Von den letzteren kann der hintere sich mit dem äusseren kreuzen (Vögel).

Dem mehr gleichartigen Verhalten des geschilderten Abschnittes des Labyrinthes gegenüber stellt sich ein erst in den höheren Abtheilungen selbständig entfalteter Theil, der bei den Säugethieren nach seiner Gestalt als Schnecke ^Cochlea) bezeichnet wird und von den unleren Abthei- lungen her eine continuirliche Reihe allmählicher Differenzirungen nach- weisen lässt. Bei Fischen findet sich hievon eine Spur in einer meist un- ansehnlichen Ausbuchtung des Sacculus. Sie führt bei den Selachiern viele kleine Otolithen, bei Teleostiern einen grösseren (Asteriscus) . Bei den Amphibien ist diese Ausbuchtung des Sacculus selbständiger gewor- den, ohne die Verbindung verloren zu haben und liegt noch nach hinten gerichtet.

Einen weiteren Schritt der Diflerenzirung zeigt dieser die Endigung eines Acusticuszweiges tragende Theil bei Reptilien und Vögeln, wo die ihn bildende Ausbuchtung vFig. 300. C. D. E. c) als ein kurzer Kegel von der medialen Labyrinthwand mit dem anderseitigen convergirend ab- wärts gerichtet ist. Mit etwas aufgetriebenem Ende stellt es die »Lagena* vor. Unter den Säugethieren erscheint dasselbe Organ nur bei den Mono- tremen noch auf jener Stufe, die es bei den anderen durchläuft, indem es in einen spiralig gewundenen Canal auswächst. Anfänglich nur von einer Verlängerung des Vorhofs ^Sacculus) gebildet, treten an ihm beson- dere Differenzirungen auf, indem jener vom Sacculus ausgehende Ganalis coohlea ris nur durch einen engeren Abschnitt (Canalis reuniens) mit dem Sacculus verbunden bleibt (Fig. 302). Das auf diese Weise selbständiger gewordene Organ wird auf seinem Verlaufe von zwei Seiten her von lympha- tischen Hohlräumen umlagert, die es auf seinen Windungen begleiten und an der Kuppel der Schnecke in einander übergehen. Der eine ist mil dem knöchernen Vorhofe verbunden, der andere an seinem Beginne davon abgeschlossen und steht nur mittelbar, eben durch jene Communicalion

Sinnesorgane.

561

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am Ende der Schnecke, mit dem Vorhofsraum in Zusammenhang. Somit sind drei Räume in der Säugethierschnecke unterscheidbar, von denen aber nur einer, der Ductus cochlearis, mit dem Vorhofslabyrinthe in Ver- bindungsteht. Die beiden andern bil- ^

den die Scalae : die So. vestibuli, und Sc. tympani. Beide Scalae um- fassen den nach der Peripherie der Windungen gela- gerten Schnecke n- gang, an dessen Boden die End- apparate des Schneckennerven (Corti'sches Or- gan) sich ausbrei- ten. Da die Scalae als Lücken in dem

—v

Fig. 302. Schemata zur Erl&uterung des Lab jrinthe 8. /Fisch. //Vogel. /// Saogathler. 0 Utriculnu. 8 Saccalu*. US Utricnlut n. Sacculns. Cr den DuCtUS COCh- C&nali* reonien«. Ä Bectsevs lahyrinthi. ÜC Anftmgitheil der Schnecke.

C Schnecke. L Lagen». K Knppelhlindiack. C Vorhofihlindeack des

Schneckencanals. (Nach Waldktkr.)

learis begleiten- den Gewebe auf- treten, so sind sie den Räumen gleich, welche zwischen den häutigen Bogengängen und ihren knöchernen Wandungen , oder auch zwischen häutigem und knöchernem Vorhofe sich bilden, und mit der Perilymphe erfüllt sind.

In dem an der Aussen fläche des Graniums liegenden Theile der Wan- dung des knöchernen Labyrinths treten von den Amphibien an Lücken auf, welche eine auf verschiedene Weise zu Stande kommende Communi- cation mit anderen dem Gehörorgane sich zufügenden Einrichtungen ge- statten. Eine solche Durchbrechung des knöchernen Vorhofs bildet die stets durch einen plattenformigen Skelettheil verschlossene Fenestra ovalis. Eine zweite erst bei den Reptilien bestehende, an die Ausbildung der Schnecke geknüpfte Oeffnung (Fenestra rotunda) liegt durch eine Mem- bran verschlossen in der Wand der Scala tympani.

Beide Einrichtungen stehen mit dem Auftreten äusserer Leitapparate in Zusammenhang.

Retxius, G.f Anatom. Untersuch. I. Stockholm 4 872. Hasse, C, Anatomische Studien. Leipzig 4 870— 487».

§402.

An das Hörorgan scbliessen sich allmählich andere Theile als Hilfs- organe an, die ursprünglich keinerlei Beziehung zu diesem Sinnesorgane

Oegenhanr, Onindrin d. rorgl. Anatomie. 2. Aufl. 36

"562 H. •• Wirbelthiere.

besitzen. Die erste, bei Selachiern und Ganolden als »Spritzloch« fortbe- stehende Kiemenspalte tritt von den Amphibien an in nähere Beziehung zum Labyrinthe. Indem sie an dessen Wand vorüberzieht; gestaltet sie sich zu einem Hohlräume, der an seinem weiteren, medial von der La- byrinthwand begrenzten Abschnitte die Paukenhöhle, an dem in die primitive Mundhöhle führenden Stücke die Tuba Eustachii vorstellt. An den Zustand des Spritzloches erinnert die anfänglich bestehende offene Com- munication von aussen nach innen. Dann bildet sich jedoch ein Verschluss der Spalte , der zu verschiedenen Zuständen führt. Bei den Cöcilien und Urodelen bleibt die Spalte durch darüber sich lagernde Muskeln geschlossen, so dass eine Paukenhöhle fehlt. Die Anuren schliessen sich mit einer Ab- theilung hier an (Pelobatiden) , bei welcher nur Andeutungen* einer Ausstül- pung der Rachenhöhlenschleimhaut vorkommen. Dagegen setzt sich diese Ausstülpung bei den meisten Anuren weiter fort, und fuhrt in eine Pauken- höhle, welche nach aussen durch das Trommelfell abgeschlossen wird. Bei den Reptilien fehlt den Schlangen und Amphisbänen die Paukenhöhle, die bei Chamäleo jedoch des Trommelfelles entbehrt, während diese Theile den übrigen Reptilien wie den Vögeln zukommen.

Die inneren Oeffhungen der Eustachischen Tuben sind bei Crocodilen und Vögeln in einen gemeinsamen Canal vereint, wie es unter den Amphi- bien bei Pipa der Fall ist.

Die mit der knöchernen Labyrinthwand in Verbindung tretenden Theile des Visceralskelets setzen den Apparat der Gehörknöchelchen zusammen, deren Homologien für die einzelnen Classen noch nicht fest- gestellt sind. Den ersten Abschnitt bildet ein die Fenestra ovalis ver- schliessendes , bei den Urodelen entweder plattes oder mit einem stiel- artigen Fortsatz versehenes Knöchelchen (Operculum) . Bald ist dasselbe knorpelig und sein Stiel knöchern (Siredon), bald trifft sich das umgekehrte Verhalten (Menopoma). Beide Theile sind bei den Cöcilien verknöchert. Aehnlich verhalten sich die Schlangen (Eurystomataj, bei denen ein Kno- chenstückchen (Columellaj sich zum Quadratbein erstreckt.

Beim Auftreten eines Trommelfells geht die Columeila mit diesem eine Verbindung ein, indem deren knorpeliges, häufig durch Fortsätze eigentümlich gestaltetes Ende in jenes sich einsenkt. Die Auskleidung der Paukenhöhle umfasst dann einen Theil der Columeila, und lässt letz- lere in verschiedenem Grade in der Paukenhöhle gelagert erscheinen. Diese Einrichtungen beginnen mit den Anuren, und finden bei Sauriern, Cheloniern, Crocodilen und Vögeln eine weitere Ausbildung. Mit zwei Schenkeln verbindet sich der Stab der Columeila mit seiner Platte bei einigen Vögeln (Dromaeus), während er sonst einfacher ist oder gegen die Platte zu nur eine Verbreiterung aufweist.

v Für die Säugethiere haben die Verhältnisse der Columeila gleichfalls noch ihre Geltung, mit der Modification jedoch, dass sie sich niemals direct ans Trommelfell befestigt. Sie ist zum Stapes geworden, dessen Gestalt bei Monotremen und manchen Beutelthieren noch an die Columeila erin-

Darmcanal. 553

oert. Bei den monodelphen Säugethieren waltet die Spaltung in zwei die Platte tragende Schenkel vor. Die anderen Gehörknöchelchen sind der mit dem Stapes verbundene Ambos, und der Hammer, der sich mit einem stielartigen Fortsätze dem Trommelfell einfügt. Was vorher ein- facher, durch die Columella allein, wird hier durch sie und zwei andere Knochen bewerkstelligt : eine Verbindung des Tympanum mit der Fenestra ovalis. Auch diese »Kette« von Gehörknöchelchen ist wenigstens zum grossen Tbeil in die Paukenhöhle gelagert, indem die vom Rachen her durch die Tuba sich fortsetzende Schleimhautauskleidung sie überzieht, Die Paukenhöhle selbst erhält jedoch eine andere Beziehung, da sie ausser der von der Labyrinthwand gebildeten Umgrenzung vorzüglich noch durch das Os tympanicum gebildet wird, welches als Rahmen für das Tympanum auftrat.

§ 403.

Aus einer Fortsetzung der Ränder der ersten Kiemenspalte geht das äussere Ohr hervor. Bei Amphibien, Reptilien und Vögeln fehlen der- artige Theile entweder vollständig, oder sie bestehen nur als vereinzelte, aus Anpassungen verschiedener Art entstandene Einrichtungen. So bildet bei Crocodilen eine Hautfalte einen Deckel über dem Trommelfell, und auch bei den Eulen erscheint eine bewegliche häutige Klappe. Schon bei den Sauriern kommt das Trommelfell tiefer zu liegen, und so entsteht ein kurzer »äusserer Gehörgang«. Verschieden von diesem ist der äussere Gehörgang der Säugethiere, indem gerade sein tieferer Theil vom Tympa- nicum gebildet wird. Daran schliesst sich das äussere Ohr, welches mit knorpeliger Grundlage in einen engen knorpeligen Gehörgang übergeht. Es fehlt den Monotremen. Die »Ohrmuschel« bietet zahlreiche Modificatio- nen, theils in der Gestaltung, theils in den Beziehungen zu einem sie be- wegenden Muskelapparate. Ausser den, auch beim Menschen zuweilen noch sehr leistungsfähigen Muskeln, welche das gesammte äussere Ohr bewegen, finden sich noch Muskeln an dem Knorpel der Muschel selbst, welche theilweise, freilich als rudimentäre Organe, noch dem Menschen zukommen. Einer grösseren Rückbildung erliegt dieses äussere Ohr bei den im Wasser lebenden Säugethieren. Reducirt bei Otaria, ist es bei anderen Pinnipediern ganz geschwunden, und ebenso bei Sirenen und Walfischen.

Darmcanal.

§ 404.

Der Darmcanal der Wirbelthiere bildet ein unterhalb des Axenskeletes verlaufendes Rohr, an welchem zwei Hauptabschnitte sehr frühzeitig so- wohl morphologisch als physiologisch gesondert erscheinen. Der vorderste Abschnitt steht unmittelbar mit der Leibeswand im Zusammenhang, und fungirt von Kiemenspalten durchsetzt als Athmungsorgan, indem an den

36*

5t!4

. Wirbeilhiere.

i wischen den Spalten liegenden, Blutgefässe tragenden Bogen respirato- rische Apparate zu Stande kommen. Dieser Abschnitt gehört somit nicht ausschliesslich den Verdauungsorganen au, wenn er auch zur Einführung von Nahrung verwendet wird. Er stellt eine Ailiem höhle vor, von deren Grunde erst der zweite Abschnitt als Nahrungscanal im engereu Sinne beginnt, durch die Pleuroperitoneal!] üble von der Leibes- wand gesonderl. Diese beiden Abschnitte des Darmrohrs haben die W i r hellliiere mit den Tuuicaten gemein. Bei den Acrania umfasst die respiratorische Vorkammer des Darmrohrs einen sehr ansehnlichen Abschnitt, der ähnlich wie bei den Asci— dien einen grossen Theil des Körpers vorstellt. Bei deo Craniolen empfängt dieser Raum eine allmähliche Be- schränkung, er behält zwar respiratorische Bedeutung, aber mancherlei andere Organe finden in ihm eine Son- derung; zum grossen Theile stellen sie Hilfsorgane für die Nahrungsaufnahme vor.

Respiratorische Vorkammer (Kopfdarm). § 405. Dieser Abschnitt erscheint bei Amphioxus in seinen» vordersten Theile gegen den die Mundöffnung tragenden Raum durch einen Wimperapparal abgegrenzt und ebenda befindet sich eine Anzahl beweglicher Fortsätze, welche gegen das Lumen gerichtet werden und dadurch das Eindringen von Fremdkörpern verhindern. Die nahezu zwei Fllnftheile der Gesammtlänge einnehmende^ Vorkammer (Fig. 303 d\ ist an ihren Wandungen vor* einer grossen Anzahl schräg stehender Spalten durch- brochen, wodurch ein complieirles Gilterwerk entsteht, dessen Stützen bereits oben ;S. 492) erwähnt sind. Das durch die Mundöffnung (a) eingenommene Wasser ge- langt durch die Spalten anfänglich direct nach in. i*n- aussen. Da aber zwei seitliche Hautfallen all— ima »»- mählich über die spalten tragende Fläche ven- . e AM», tralwärls sich fortsetzen und dort sich unter '*tkI(' M*' einander verbinden , so entsteht ein das Was- m. a Loi- ser austeilender , durch einen besonderen Po— naii«, un- rüg (c) ausmündender Peribranchialraum. Wir uft \""- wollen hier erinnern, dass etwas ähnliches n. m ai>- auch bei Ascidien sich einleitet (§310). Es *"*'"""u' wäre aber irrig, darin eine morphologisch ;>'aci.-> gleichartige Einrichtung wahrzunehmen. In

Kiemen. 565

«Jen Wandungen der Spalten verbreitet sich ein Gefässneti, das da vor- bei ström ende Wasser besorgt die Alhmung, die Spalten fungiren als Kiemenspalten, und die gesammte Ca vital stellt funktionell eine Kiemen- höble vor.

Zu diesem Verhalten kommen noch manche Eigentümlichkeiten, i. B. die asymmetrische Anordnung des Kiemengitters und die Unab- hängigkeit desselben von der Korpcrmelamerie , woraus eine bedeutende Verschiedenheit des ganzen Apparates von dem der Cranioten entspringt.

Die von der Kiemenhöhle eingenommene Korperstrecke entspricht einem Kopfe, da die zu ihr sich begebenden- Nerven bei den Cranioten aus dem Nachhirn hervorgehen. In dieser Beziehung reprSsentirl die Kie- menhöhle einen Kopfdarm. Die nutri lorische wie respiratorische Bedeu- tung desselben lasst an ihm mancherlei Differenzirungen entstehen, die iheils für die Wirbelthiere eigenthtlmlicb , theils als aus niederem Zu- stande ererbte Einrichtungen sich darstellen. Zu den letzteren gehört ausser den Kiemenspalten die an der ventralen Flache der Kiemenbohle sich bildende Bauchrinne (Hypobrancbialrinne), die in ahnlichem Ver- halten wie bei den Tunicaten (vergl. S. 424) den Larven der Petromy- zonten eigen ist, eine von gewulslelen Rändern eingefassle rinnenartige Verliefung [Fig. 304. h) vorstellend. Bei Amphioxus ist diese Bildung

Jig.3i

iluin. k Hjpobrm

gleichfalls vorhanden. Ihr in zahlreichen Umbildungsstadien verbreitetes Vorkommen bei allen Cranioten bringt diese sowohl unter sich in näheren Zusammenhang, wie sie auch für deren verwandtschaftliche Beziehungen zu Tunicaten ein nicht abzuweisendes Zeugniss ablegt. (Vergl. §416).

Kiemen.

§406.

Bei den Cranioten ist allgemein eine bedeutende Hinderung der Zahl jJer Kiemenspalten und damit entsprechend auch der Bogen des Kiemen- skeletes zu beachten. Diese Erscheinung darf als Ruckbildung

. 9. Wirbelthiere,

einer ursprunglich, ähnlich wie bei Amphioxus, grösse- ren Zahl dieser Gebilde aufgefasst werden, und findet in der Ausbildung der das respiratorische Gefässnelz tra- genden Flächen eine Compensatio». Diese Ausbildung äussert sich in der Entfaltung von Kiemen, wodurch die bei den Acrania auf zahlreiche Bogengebilde vertheilten Blutgefässe auf kleinere Strecken be- schrankt, und damit auf eine geringere Zahl jener Bogen geordnet sind. Der wesentliche Charakter der Kiemenbildung Hegt auch hier in einer gegen das die Respiration besorgende Medium gerichteten OherOächcu- vergrösserung, die entweder durch Blattchen oder durch cylindrisclie Fortsätze geschieht. Solche das reicher entfaltete respiratorische Blulge- fassnetz umsch Messen de Theile besetzen in man mehlartiger Ausbildung die Kiemen- bogen. In einem eigenthümlichen an den Befund von Amphioxus wenig sich anschlies- senden Verhalten treten uns die bezüglichen Organe der Cyclostomen entgegen, bei denen der früheste Zustand am meisten an die Gna- ihoslomen sich anschliesst, da die Kiemen- spalten noch einfache Durchbrechungen der Leibeswand sind (Fig. 30ij. Sie differenzirer» sich zu Röhren , deren mittlerer Theil unter Erweiterung seines Raumes eine Kiementasche (Fig. 305 br) vorstellt. Von der Wand der Kiemen laschen erheben sich die Kiemenbläu- chen als blättrige Falten , in denen das respi- ratorische Gefassnelz sich ausbreitet. Jede Kiementasche steht durch einen » inneren Kie- mengang« mit dem Anfangsstucke des Darm- rohrs in Verbindung. Nach aussen leitet ein äusserer Kiemengang [br'). In dem Verballen dieser beiden, von jeder Kiemenlasche entsprin- genden Canäle bestehen manche Verschieden- heilen. Der innere Kiemengang mündet ent- o.-j. Athmimgsorijin ton weder für sich am Darmrohre nach innen .. ii.ii.i» n, (Bdellosloma, Myxine) (Fig. 305), oder alle

nile. o Oenophngua. .'In- l . . ... . . _i i*

;l« meng» Ufa. tr Kismtn- vereinigen sich in ein unter dem Darm ver— j. br1 »ioihm K»m«- laufendes medianes Athmungsrobr, welches, jie ii emen eemnB- vorne m[t $em Darmrohr verbunden, den ein-

ichen bei s BQsmbndendeD '

igingf jederstite veieini- zelnen Kiemen laschen Wasser zuführt [Pelro—

Dnctne oesophago . cnta- myzon) . Die äusseren Kiemengänge kommen

amti. a. b Kimsenirttri** entweder einzeln an der Seile des Körpers iur

KiemeeinenAatubgebend. Ausmündung Bilellostoma , Pelromyzon) , oder

"■4 u«k*i ,Ls,b" "uh sammlliche Gänge einer Seite vereinigen sich

i. (Nicb j«h. Ht'LL».) in einen hinler dem Kiemen apparale liegenden

Kiemen. 567

Porus branchialis {s), wobei linkerseits noch ein besonderer, aus der Speiseröhre kommender Canai (Ductus oesophago -cutaneus) (c) hin- zutritt (Myxine). Diese verschiedenen Formen lassen sich aufeinander zurückführen und sowohl für das Verhalten der inneren als auch der äusseren Kiemengänge ist jener Zustand als der ursprüngliche zu erach- ten , welcher die directe Verbindung der respiratorischen Vorkammer mit der Körperoberfläche vermittelt. Dagegen ist die Bildung des Athmungs- rohrs, wie auch die Vereinigung der äusseren Kiemengänge das Ergebniss einer späteren Differenzirung.

§ 407.

Bei den Fischen stehen die Kiementaschen in engerer Beziehung zum Skelet. Die hier auftretenden Erscheinungen berechtigen zum Schlüsse, dass jeder Bogen des ursprünglichen Kiemenskelets Kiemen trug. Der obere Theil des ersten Bogens (Kieferbogen} ist hiervon nicht ausge- nommen , wie aus der grossen Verbreitung einer Kieme an der bei vielen Selachiern vorhandenen , zwischen dem ersten und zweiten Bogen (Kie- ferbogen und Zungenbeinbogen) gelegenen Oeffnung, dem sogenannten Spritz loch, hervorgeht. Auf den eine rückgebildete Kiementasche dar- stellenden Spritzloch-Ganal folgen die eigentlichen Kiementaschen, in der Regel fünf, selten sechs bis sieben (Notidaniden) . Die Wand der ersten wird vorn vom Zungenbeinbogen, hinten vom ersten, d. h. dem dritten primitiven Kiemenbogen gestützt, und so verhalten sich ähnlich die übri- gen Taschen. Bei allen erstreckt sich ein von dem inneren Kiemenskelet ausgehendes, von Knorpelstrahlen gestütztes Septum (s) nach aussen und dient als Hinterwand einer vorhergehenden , als Vorderwand einer nach- folgenden Tasche. Wie die Taschen mit spaltförmigen, von den knor- peligen Kiemenbogen begrenzten Oeffnungen mit der Rachenhöhle com- municiren , so münden sie andererseits mit ebenso vielen Spalten an der Seite des Körpers, bei den Rochen auf der ventralen Fläche aus. An den Wendungen der Kiementaschen liegen die Reihen der Kiemenblättchen, von denen im embryonalen Zustande fadenförmige Verlängerungen, als äussere Kiemen, nach aussen hervortreten. Solche fehlen auch dem Spritzloch nicht. An der letzten Kiementasche ist nur die vordere Wand mit einer Kieme versehen (Fig. 306 A).

Aus diesem Verhalten sind die Kiemeneinrichtungen der GanoYden, und davon jene der Teleostier abzuleiten. Die Spritzlochkieme, die im ausgebildeten Zustande der Selacbier nicht mehr respiratorisch fungirt, erleidet zunächst die bedeutendsten Rückbildungen. Bei einigen ein Spritzloch besitzenden GanoYden (z. B. Acipenser) ist die Kieme zur Pseudobranchie umgewandelt, deren Polyp terus und Amia entbeh- ren. Den Knochenfischen scheint sie zu fehlen, oder verlor alle Aehnlich- keit mit einer Kieme.

Die am Zungenbeinbogen angebrachte vordere Kiemenblättchenreihe der Selachier kommt unter den GanoYden als respiratorisch fungirende

56S ■!• 9. Wirbelthiere.

Kiemendeckelkieme gleichfalls noch vor (Acipcnser, Leptdosteus .

Ebenso besieht sie während der embryonalen Stadien der Teleosüer. allein hier nur in ver- gänglicher Weise. Bald besteht sie aus einer am Kiemendeckel be- festigten kürten Bläil- cheo reihe, bald ist sie an die Schadelbasis gerückt, zuweilen un- ter der Schleimhaut verborgen. Auch in diesem Zustande kön- nen noch knorpelige Stäbchen rudimentär in ihr vorkommen. Bei noch weiterer Rückbildung erscheint sie als ein drusen- artiges , aus einzel-

i'z;:^"«;;.^;;: .^r^; zuszrt'Ezz neo ^mbea iusam-

or Ki«D«iid*ck»i. mengeseUtes Gebilde

(Esox) .

HU dein gänzlichen Verluste des äusseren Kiemen skeltles ist das hei den Selachiern von jedem inneren Kiemenbogen entspringende Scptum geschwunden oder auf einen schmalen Saum reducirt. Dadurch kommen die Reihen der Kieme nblattchen bei Ganoftlen und Teleostiern in unmittel- bare Beziehung zu den betreffenden Kiemenbogen und werden steh dem- nach in zwei Reihen (Fig. 306 B b) an allen zwischen zwei Kiementaschen verlaufenden Bogen vorfinden. Die vordere Kiemenblatlchenreihe am Kie- menbogen eines Teleosliers oder Ganolden entspricht somit der Kieme an der hinteren Wand der Kiementasche eines Selachiers, und die hintere Blattchen reihe einer Teleostierkieme der vorderen Kieme in der Kiemen- tasche eines Selachiers.

Diese Beziehungen lassen sich in folgendem Schema ausdrucken, wobei b die indifferenten Zustande der Kiemeoblaitreihen , B ihre in den einzelnen Abtheilungen differenzirte Anordnung ausdrucken soll, ß be- deutet eine in eine Nebenkieme umgewandelte Kiemenblaitcbenreihe.

j. :m. HoriioaUlaehnltt i

Durch Ruckbildung der Kiementaschen-Septa wird der gesammle Kiemenapparat compendiüser, bat daher die Ausdehnung auf den Anfang der Rumpfregion, die er bei Selachiern aufwies, verloren, und lagert aus-

Kiemen. 569

schliesslich an der Schädelbasis. Während aber jedes vorspringende Septum (A.s) für die nächstfolgende Kiementasche ein Schutzorgan bildete, wird bei Chimären, GanoYden und Teleosliern ein solches von einem ein- zigen Bogen, nämlich vom Zungenbeinbogen, geliefert, dessen Integument nach hinten zu auswacbsend die sämmtlichen Kiemen bedeckt und bei GanoYden wie Teleostiern in den Operculanpparat und die Membrana branchiostega mit ihren verschiedenen SlULzorganen sich ausbildete {§354) (Bop).

§ 408.

Gewöhnlich sind bei den Teleosliern vier Bogen mit Kiemenblättcben besetzt, der vierte Bogen nur mit einer einzigen Reihe, oder es bestehen nur drei Blätteben tragende Bogen. Mit dem Schwinden der Blättchen am vierten, sowie der hinteren Blätlchenreihe am dritten Bogen schliesst sich in der Regel die vierte Kiemenspalte. Von den Modificalionen der Blätt- chen selbst mögen die quastenförmigen Kiemen der Lophobranchier her- vorgehoben werden. Eine Umbildung der Kiemenbogen erscheint in ein- zelnen Abtheilungen der Teleostier aus einer auf das Zurückhalten von Wasser im Kiemenapparate abzielenden Anpassung ableitbar. Hieher gehören die Organe der Labyrinlhobranchia ; Modificalionen einzelner Kie- menbogen oderKiemenbogenglieder bilden gewundene, lamellenartige Vor- sprttnge, durch welche ein über den Kiemen gelegener Abschnitt herge- stellt wird (Anabas, Polyacanthus) . Ein anderer Apparat kommt bei man- chen Glupeiden vor, und besteht aus einem spiralig gewundenen, als Aus- stülpung der oberen Rachenschleimhaut erscheinenden Schlauche (Kiemen- schnecke). Dieser hängt meist mit dem oberen Gliedstücke des vierten Kiemenbogens zusammen und enthält in seinen Wandungen Fortsätze die- ser Skelettheile (Heterotis, Lutodeira, Meletta u.a.). Ferner gehören hier- her dendritisch verzweigte Fortsätze von Kiemenbogen, die in besonderen Verlängerungen der Kiemenhöble geborgen noch ein respiratorisches Ge- ftssnetz tragen (Heterobranchus, Ciarias) .

Gleichfalls mit der respiratorischen Bedeutung dieser Räumlichkeit stehen Ausbuchtungen der auskleidenden Schleimhaut in Zusammenbang. So erstreckt sich bei Saccobranchus jederseits ein langer Schlauch von der Kiemenhöhle bis in die Seitenrumpfmuskeln, und bei Amphipnous geht jederseits hinter dem Kopfe ein solcher Sack hervor, dessen Eingangs- öffnung oben über der ersten Kiemenspalte liegt. Beide Bildungen ent- halten respiratorische Gefässnetze.

§ 409.

Aeussere Kiemen sind als Integumentgebilde den Vertebraten ur- sprünglich fremd, wie denn die sog. äussern Kiemen derSelachierembryo- nen nichts anderes sind, als verlängerte, zur Kiemenspalte hervortretende Fäden innerer Kiemen. Aber es können Kiemen auch zur Oberfläche ge- langen^ und sogar wie Integumentfortsätze sich ausnehmen. Dahingehören

570 H- 9- Wirbelthiere.

Befunde bei Jugendzuständen von Polypterus, dann das Verbalten einer Kieme von Protopterus, und allgemein die Kiemen der Amphibien. Die letzteren erscheinen als zwei bis drei Paare verästelter Fortsätze, welche von ebenso vielen Kiemen bogen entspringen. Bei den Perennibranchiaten bleibt dieser Apparat in Function . Bei den übrigen Amphibien (Caduci- branchiaten) gehen diese äusseren Kiemen verloren, um bei den unge- schwänzten Amphibien; denen sie nur während einer kurzen Periode zu- kommen, einer Entfaltung kürzerer innerer Kiemen Platz zu machen. Eine von vorn nach hinten wachsende Membran deckt die Kiemen und lässt äusserlich eine einzige Ausfuhr-Oefthung bestehen. Durch ferneres Aus- wachsen kommen die beiderseitigen Oeffnungen einander näher, um zu einer einzigen ventral zusammen zu treten.

Mit der Beendigung des Larvenstadiums trifft die inneren wie die äusseren Kiemen der Derotremen und Salamander eine Rückbildung, und die Kiemenspalten schliessen sich bei letzleren wie bei den Anuren ganz, indess bei den Derotremen jederseits eine Spalte übrig bleibt.

Nach Verlust der Kiemen wird die die respiratorische Vorkammer dar- stellende Kiemenhöhle zur primitiven Mundhöhle, in deren Begrenzung übrigens wesentlich dieselben Theile wie vorher zu finden sind.

Kiemenspalten und Gaumen der Amnioten.

§ 410.

Als eine wohl von kiemenbesitzenden Stammältern ererbte Einrich- tung erhalten sich auch bei den Amnioten die Schlund wand durchsetzende Spalten während gewisser Embryonalperioden. Das Auftreten dieser wie es scheintauf die Vierzahl beschränkten Kiemen- oder Visceralspal- ten erfolgt von vorne nach hinten, doch so, dass mit dem Erscheinender letzten, an den vorderen meist schon Veränderungen eingetreten sind. Allmählich erleiden sämmtliche eine Rückbildung, und verschwinden gänzlich, bis auf die erste, welche in Theile des mittleren und äusseren Ohres sich umgestaltet vergl. oben § 402).

Indem schon mit der Rückbildung der embryonalen Kiemenspalten die Verbindung mit den Anamnia sich lockert, tritt durch eine Differen- zirung der primitiven Mundhöhle eine neue Eigentümlichkeit auf. Sie führt zur Bildung der secundären Nasenhöhle und der secundären Mundhöhle. Der dahinter gelegene, nicht in diesen Vorgang mit einge- zogene Rest der primitiven Mundhöhle stellt den Pharynx vor. Das bei den Amphibien breite, beide Nasenhöhlen trennende EthmoYdalknorpel- stück wächst bei den Amnioten zu einer dünnen senkrechten Lamelle aus (Fig. 307 e), der Nasenscheidewand. Zum Theile bleibt diese knorpelig, zum Theile gehen knöcherne Gebilde an und aus ihr hervor, deren beim Kopfskelete gedacht ward.

Nasenhöhle.

571

Eine zweite Veränderung entsteht durch horizontale Leisten oder Fortsätze , die vom Oberkieferfortsatze des ersten Bogens ausgehen und allmählich eine, die primitive Mundhöhle in zwei Etagen theilende Platte (Fig. 307. p) , den Gaumen, entstehen lassen. Dieser bildet für den oberen Raum, die Nasenhohle (n), den Boden, für den unteren im) das Dach, indem die Nasenscheidewand diese Gaumenplatten er- reicht, sondert sie zwei Nasenhöhlen von einander, und in jede mündet nunmehr der Nasencanal aus, dessen äussere Oeffhung mit jener der Nasenhöhle zusammenfällt. Die durch die Gaumenplatte von der Mundhöhle, durch die senkrechte Nasen- scheidewand von einander getrennten hinteren Oeffnungen der Nasenhöhlen, Choanae, münden in den Pharynx ein.

Das Verhalten dieser Gaumenplatten reprä- sentirt sehr verschiedene Stadien. Bei Schlangen, Sauriern und Vögeln ist jener Scheidungsvorgang minder vollständig, die Choanen erscheinen als eine Längsspalte , indem die Gaumenfortsatze nur vorne einander erreichen, nach hinten zu aber von einander getrennt bleiben. Zuweilen sind die Choanen bei Vögeln getrennt und dann bedeutend schmal. Bei den Crocodilen sind sie am weitesten nach hinten gerückt, wie bei den Säugethieren öffnen sie sich nicht mehr in die secundäre Mundhöhle, sondern in den Pharynx. Dieser giebt durch die gleichfalls in ihn einmündenden, aus der ersten Vis- ceralspalte hervorgegangenen Tubae Eustachii als ein der ursprünglich respiratorischen Vorkammer angehöriger Abschnitt sich kund.

Den Gaumen stützen bei Reptilien und Vögein Skeletgebilde ''s. oben), bei den Säugethieren wird der hintere Theil durch Weichtheile fortge- setzt, welche das »Velum palalioum« bilden.

Fig. 307. Schematiche Dar- stellung der Sonderling der primitiren Mnndhöhle in Nasenhöhle «, n und secnn- dire Mundhöhle m. p Gau- menplatten, c Nasenscheide- wand.

Nasenhöhle.

§ 4M.

Während die Nasenhöhlen schon durch den vom Gaumen besorgten Abschluss von der Mundhöhle an Länge gewinnen, trägt hiezu noch die Ausdehnung des Gesichtstheiles des Kopfes nicht wenig bei, so dass sie in Länge wie in Höhe sich entfaltend, zu bedeutenden Räumen werden. Nur an ihrem oberen und hinteren Abschnitte findet die Endigung des Olfacto- rius statt (Regio olfactoria) , während der untere und vordere vorwiegend als Luftweg dient, und damitzu den Athmungsorganen Beziehungen empfängt Regio respiratoria ) . So zeigt sich denn auch die ganze Sonderung der Nasenhöhle in Connex mit der Ausbildung der Lungen, und deren höherem functionellem Werthe. Die Oberflächenvergrösserung des Binnenraums

572 II. 9. Wirbellhiere.

nimmt mannichfache Gestaltungen an. Immer betheiligt sich daran die vom Primordialcranium gebildete laterale Wand der Nasenhöhle, deren lamellenartige, gefaltete und gewundene Vorsprünge die Muscheln (Con- chaej sind.

Den Reptilien kommt nur eine Muschel zu, die von einem mit der äusseren Nasenöffnung beginnenden Vorhofe aus meist in horizontaler Lagerung nach hinten zieht, und bei den Schildkröten wenig, am meisten bei den Grocodilen entfaltet ist. Diese Muschel findet sich bei den Vögeln in grosser Mannichfaltigkeit. Bald ist sie einfach (Tauben), bald durch Einrollung complicirter (Raubvögel), oder sie kann auch in mehrfache La- mellen sich spalten (Slrauss). Vor und unterhalb dieser Muschel kommt ein muschelartiges Gebilde im Zusammenhang mit der Nasenscheidewand vor und dadurch von den stets lateralen Muschelbildungen unterschieden. Diese Pseudoconcha scheidet der Vorhof der Nase vom innern Nasenraume.

Eine andere Vorsprungsbildung liegt über der Muschel, in der Regel am oberen blinden Ende der Nasenhöhle, und entspricht einer Einbuch- tung der Nasenhöhlenwand durch einen luftführenden Sinus. Auf diesem den Tauben fehlenden Vorsprunge endet ein Theil des Olfactorius. Bei den Säugethieren werden drei Muscheln unterschieden. Die untere ent- spricht der einzigen Muschel der Reptilien und Vögel und bietet zahlfeiche Verschiedenheiten durch Ramificalion und mannichfache Windungen ihrer Lamellen, z.B. bei Garnivoren (am complicirtesten bei Lutra und Phoca). Am wenigsten entwickelt sind diese Muscheln bei manchen Beutelthieren (Macropus, Phascolomys) , dann bei den Affen (am einfachsten bei den Platyrhinen) und beim Menschen. Eine Rückbildung der Nasenhöhle un- ter Verlust ihrer olfactorischen Bedeutung hat bei den Walthieren stattge- funden. Die auf der oberen Schädelflache befindliche äussere Oeffnung führt in einen senkrecht absteigenden durch die Nasenscheidewand ge- theilten Canal, der durch einen Schliessmuskel von der Rachenhöhle ab- geschlossen werden kann und von Muschelbildungen keine Spur aufweist.

§ 412.

Der Nasenhöhle gehören accessorische Apparate an. Solche sind: 1) Nebenhöhlen der Nase. Diese entstehen durch Wucherung der Nasenschleimhaut in Theile der festen Wandung. Sie treten zuerst bei den Grocodilen auf, wo sich in der seitlichen Nasenhöhlenwand ein mit der Nasenhöhle communicirender Hohlraum findet. Bei Vögeln sind Verbindungen der Nasenhöhle mit Räumen benachbarter Knochen sehr verbreitet. Bei den Säugethieren communicirt die Nasenhöhle mit einer Anzahl in verschiedenen Knochen des Schädels liegender Höhlen, von denen die Sinus frontales hervorzuheben sind. Es sind im Stirnbein lie- gende, bald einfache, bald in kleinere Abschnitte getrennte Cavitäten, die bei Wiederkäuern mächtiger entwickelt sind. Andere Gommunicationen linden mit der Höhle des Keilbeins statt, sehr entwickelt z. B. beim Ele-

Mundhöhle. 573

phanten, wo die Hohlräume sich sogar durch Scheitel- und Schläfenbeine bis in die Condylen des Occipitale erstrecken. Endlich bestehen auch Verbindungen zwischen der Nasenhohle und dem Oberkiefer, den Sinus »axillaris bildend, der bei Beutelthieren und Wiederkäuern, sehr beträcht- lich bei Einhufern entfaltet ist. Bei Primaten minder umfangreich, fehlen sie den meisten Carnivoren, den Edentaten und Nagern.

2) Drüsen. Ausser den der Nasenschleimhaut im Allgemeinen zu- kommenden drüsigen Gebilden stehen noch grössere Drüsen mit der Na- senhöhle im Zusammenhang. In entwickelterem Zustande können sie auch ausserhalb der Nasenhöhle Platz nehmen. Solche Nasendrüsen fin- den sich schon bei Amphibien , dann bei Schlangen , auch bei Eidechsen und den Crocodilen , bqj den ersteren äusserlich dem Oberkiefer anlie- gend, bei den letzteren in eine Höhle des Oberkiefers eingeschlossen. Eine bald auf den Stirnbeinen, bald auf den Nasenbeinen gelegene äussere Nasendrüse ist auch bei Vögeln vorhanden. Unter den Säugethieren ist eine lateral gelagerte Drüse gleichfalls verbreitet, wenn sie auch in man- chen Ordnungen fehlt.

3) Jacobson'sches Organ. Dies ist ein am Boden der Nasen- höhle meist im Anschluss an das Septum nasale liegender, am Gaumen mit der Mundhöhle communicirender, aber gegen die Nasenhöhle abge- schlossener Canal , dessen Wandung an einem mann ichfach gestalteten Vorsprunge die Endigungen einiger am Septum herablaufender Olfacto- riuszweige trägt. Bei Schlangen und Eidechsen wird der Canal theilweise vom Vomer umschlossen, und bei den Säugethieren sind diese Organe mehr in die Länge gestreckt und setzen sich als Stenson'sche Gänge durch die Canales incisivi zur Gaumenfläche fort, vorzüglich bei Wiederkäuern und Nagern ausgebildet 396).

Mundhöhle.

§ H3.

Mit der durch die Gaumenbiidung eingeleiteten Scheidung der pri- mitiven Vorkammer des Darmrohres in die Nasenhöhle und die Mundhöhle wird eine Anzahl der primitiven Einrichtung zukommender Organe der Mundhöhle zugetheilt, indess andere erst als spätere Gebilde sich dar- stellen. Zu ersteren gehören die Zähne, die Zunge und mancherlei Drü- senorgane. Als neu entstandenes Gebilde erscheint der weiche Gaumen oder das Gaumensegel, welches erst bei den Säugethieren auftritt. Dieser muskulöse Apparat bildet die hintere Grenze der Mundhöhle , die er vom Pharynx scheidet. Eine mediane Verlängerung des Gaumensegels stellt das Zäpfchen vor, eine wie es scheint erst den Primaten zukommende Ein- richtung.

Die vordere und seitliche Begrenzung der Mundhöhle bilden bei Reptilien und Vögeln die vom Integumente überkleideten Kieferränder

574

II. 9. Wirbeltbiere.

mit den diesen zukommenden Hartgebilden. Bei Eidechsen und Schlan- gen stellt das Integument längs des Kieferrandes wulstarlige Lippen vor. Bei den Säugetbieren tritt mit Ausnahme der Honotremen das Integumenl von den Kieferrändern ab, und tl he rk leidet eine von den Kiefern ent- springende, eomplicirle Muskelschichte, welche die Grundlage der Lippen bildet und dieselben beweglich erscheinen lilssl. Dadurch entsteht ein vorder Hundhohle liegender Baum, Veslibulum oris. Dessen seitliche Abschnitte erscheinen als Wangenhohle, und stellen, grosser. Dehnbarkeit fähig, bei vielen Säugethieren laschen artige Ausstülpungen (Backentaschen der Na- ger und Affen her.

Organe der Mundhöhle.

§ »*■

Von den Organen der Mundhöhle sind die zum Ergreifen und tu Zerkleinerung der Nahrung dienenden Hartgebilde mannichfacher Art. Ein Theil davon entsteht durch Verhornung von Epithelzellen. Die saug napfartig gestaltete Muodöflimng der Cyclosto- men (Fig. 308) ist mit solchen Hornzähnen be- setzt, deren auch noch an einem zungenarligen Organe dieser Thiere vorkommen. Aehnliche Belege der Kieferränder bestehen auch bei Amphibien, theils im Larven zu stände als vor- übergehende Bildungen durch zahlreiche dicht nebeneinander gestellte Ziihnchen gebildet (Anu- ren), theils bleibend bei Siren.

Etwas verschieden von diesen Hora- Zahn- bildungen sind die ausgedehnleren Hornbelege der Kieferriinder der Schildkröten, Vogel und Honotremen , im Zusammenhange mit dem Han- gel wirklicher Zahne compensatorisebe Ein- richtungen darstellend. Wie auch diese Ge- bilde cur Zerkleinerung der Nahrung dienen, „„. _«-" so haben sie doch nichts mit den echten Zahn- bildungen zu tfaun, sind reine Epidermoids I- gebilde. Hieher geboren auch die Barten der Wale.

Die wahren Zähne sind das Product der Mundschleimhaut, an deren Bildung sowohl die Bindegewebsscbichte wie das Epithel betheiligt ist. Bei den Selachiem stimmen sie in Bau wie Genese vollkommen mit den Haut- zahnchen Uberein, mit denen auch grosse äussere Aehnlichkeilen bestehen, so dass bei der ContinuitSt der Matrix beider, sowie bei der vielen Sela- chiem zukommenden Verbreitung derselben Integumentschtlppchen Ober andere Strecken der Mundhöhlen wand, eine primitive Gleichartigkeit der Zähne mit jenen Schüppchen erschlossen werden kann. Die auf den Kiefer rändern sich entwickelnden Zähne erscheinen dem-

tig. 30S. Mi

Mundhöhle.

573

gemäss nur als voluminöser gestaltete, häufig auch sonst differemirlere Gebilde derselben Art, wie sie im Integu- mentc vorkommen. Im Gegensatz iu letzteren sind ihre Veränderungen aus Anpassung an neue Functionen er- klärbar, deren erste Entstehung wohl mit der Di fferenzi- rung des primitiven Kieferbogens zeitlich zusammenfiel. Die Ausbreitung dieser selben Gebilde in der primitiven Mundhöhle wird aus der Entstehung der letzteren durch eine von aussen her erfolgende Einstülpung verstanden.

Die Anlage aller Zähne erfolgt im Wesentlichen auf die gleiche Weise, die bereits oben (S. 447) bei den HantzHhnchen der Selachier angegeben ward. Die bindegewebige Zabnpapille lässt aus einer epilhelarligen Ober- flächenscbicbte (Odontoblasten) das Zahnbein hervorgehen , auf welchem eine Epitbelschicbt den Schmelz absetzt. Bei oberflächlicher Bildung der Zähne sind jene Schichten mit denen der benachbarten Schleimhaut con- linuirlich. Wo die Zahnanlage in die Schleimhaut eingesenkt ist, bildet sich eine in diese einwachsende Epithel Wucherung (Schmel zl eiste) , von welcher der die Zahnpnpille Überziehende Theil sich abschnürt und das Schmelzorgan bildet. Zu diesen zwei Substanzen kommt als drille die sogenannte Cement- oder Knochenscbichte.

Wie die Verbreitung der Zähne in der Mundhöhle und ihre Anlage- rang an das Knorpelskelet der Wandung zur Entstehung von Knochen fuhrt, ist oben (S. 474) erwähnt. Diese Knochen leiten sich von zabn- tragenden Platten ab , daher kann jeder derselben Zähne tragen. Bei Ganolden und Teleostiern finden sich so , ausser an den Kieferslucken, Zähne an den Palati na, an Vomer, Parasphenold, endlich an Zungen- bein und Kicmenbogen. Von den Kiemenbogen ist es meist der hinterste , der auf einCache Platten re- ducirt durch Zähne ausgezeichnet ist (Schlundzähne, Fig.- 256. vi). An den oberen Gliedern der Kiemen- bogen sind Zähne in grosser Verbreitung vorhanden.

Bei den Amphibien finden sich noch an Gau- menbein und Vomer Zahne , seltener am Parasphe- nold; Gaumenzähne und Zähne am PterygoTd be- stehen bat den Reptilien nur bei Schlangen und Eidechsen, während bei den Crocodilen die Zahn- bildung wie bei den Säugethieren auf die Kiefer- knochen beschränkt ist.

Bei den Selachiem sind sie theilweise beweg- lich, in Serien verschiedenen Altere angeordnet. Bei den meisten Fischen bebalten sie die oberflächliche Lagerung , und wo festere Verbindungen zu Stande kommen, geben diese aus Verwachsung mit den be- i Skelettbeilen hervor. Solches trifft sich

576 H- 9. Wirbelthiere.

auch bei den Amphibien , deren erste Zahnbildungen mit ihren Basen verschmelzend die betreffenden Knochen entstehen lassen. Bei den Reptilien entstehen die Zähne wie die späteren Zahnbildungen der Amphibien, selbständig, bald als blosse Anlagerungen (pleurodonte Sau- rier] , bald finden Einsenkungen der sich entwickelnden Zähne in die betreffenden KieferstUcke statt. Bei einem Theile der Saurier sind die Zähne dem Kieferrande angefügt (acrodonte Saurier) . Bei Geckonen und Schlangen, stets aber bei den Crocodilen, werden die sich bildenden Zähne von den Kieferrändern theilweise umwachsen und somit in Alveo- len gebettet. Bei den Säugethieren besteht ein ähnlicher Vorgang. Eine in die Schleimhaut des Kieferrandes einwachsende Epithelialmasse um- schliesst kappenförmig eine Papille, auf welcher die erste Zahnanlage erfolgt; indem diese follikelartige Bildung vom Kiefer umwachsen wird, nimmt der Zahn seine ganze Differenzirung innerhalb des Kiefers, um erst mit seiner allmählichen Ausbildung die Schleimhaut zu durchbrechen, von welcher das ihn erzeugende Säckchen sich abgeschnürt hatte.

Die Gestaltung der Zähne bietet ausserordentlich verschiedene Ver- hältnisse , so dass von breiten plattenartigen Gebilden bis zu langen und feinen stachelartigen Formen alle Uebergangszustände bestehen ; beson- ders bei den Fischen herrscht diese Mannichfaltigkeit. Grössere Gleich- artigkeit in der äusseren Gestalt bieten die Zähne der Amphibien , die wenigstens bei den lebenden Formen meist einfach konisch gestaltet sind, oder spärliche Zacken besitzen. Unter den Reptilien bieten die Saurier grössere Differenzen , auch theilweise die Schlangen , bei denen eine Ab- theilung eine Verbindung gewisser Zähne mit einem besonderen Gift- drtisenapparate besitzt. Konische Form der Zähne herrscht auch bei den Crocodilen , bei welchen unter den bereits gebildeten Zähnen stets neue, von den älteren bedeckte entstehen.

Den Vögeln fehlen die Zähne. Da aber fossile Formen* die Odontor- nithen (lchthyornis, Hesperornis) , erkannt sind, deren Kiefer einen Zahn- besatz trug, ist der Mangel eines Gebisses bei den gegenwärtig lebenden als ein erst innerhalb der Klasse erworbener anzusehen.

Unter den Säugethieren tritt eine grössere Verschiedenheit der ein- zelnen Zähne hervor, so dass das gesammte Gebiss mann ichfache Zahn- formen einschliesst. Diese theilen sich wieder in verschiedene Leistungen bei der Bewältigung der aufzunehmenden Nahrung und bieten zahlreiche, nach der Art der Nahrung wechselnde Eigenthümlichkeiten; nur bei den Delphinen bleibt der niedere Zustand der Gleichartigkeit aller Zähne fort- bestehen , und bei den Balaenen erfolgt nur eine Anlage von Zähnen , die in den Alveolarhöhlen sogar wieder rückgebildet werden.

Ein Wiederersatz der verbrauchten und dann ausfallenden Zähne wird bei den Fischen durch fortgesetzte , neben den alten auftretende Neubildungen eingeleitet. Die Zahnbildung wird damit zu einem durch das ganze Leben des Thieres fortlaufenden , sich stets erneuernden Vor- gange. Auch bei den Amphibien und Reptilien treffen wir gleichfalls

UundhOMc.

577

Folgen von Zahnen , so dass conti noirliche Neubildung das Gebiss voll- ständig erhalt. Dieser Vorgang beschrankt sich bei den meisten SSuge- thieren auf einen nur einmaligen Wechsel, indem das erste Gebiss (Milch- inhngebiss) durch ein zweites und an Zahnen reicheres ersetzt wird (Diphyodontes). Eines solchen Zahnwechsels entbehren die Cetaceen Mnnophyodonles} . Bei den Beuteithieren ist das diphyodonte Verhallen nur rudimentär, indem es sich auf jeder Kieferhalfte auf einen einzelnen Zabn beschrankt. Aehnlkhes bietet sich auch bei manchen Anderen (Ele- pbas, HalicoreJ, sowie auch die Nagethiere sich hier anreihen lassen. Dadurch verbinden sich beide Reihen und der Zahnwechsel der SSuge- thiere kann als ein Vorgang betrachtet werden , der aus einem den Aus- gang bildenden polypbyodonton Zustand sich entwickelt hat.

nmpnrative. London

§ HB.

Ein zweites Organ der Mundhohle bildet die Zunge. Bei den Fischen ist sie meist ein durch den SchleimhauUlberzug des Zungen- beinkorpers gebildeter, flacher, nur mit dem gesnmmten Kiemenskelet beweglicher Vorsprang , welcher wie an- dere Skelettheile der Wand jenes Binnen raumee häufig einen Zahnbesatz tragt. Eine seihständige Muskulatur tritt in diesem Organe erst bei den Amphi- bien auf, wo es als ein dickes, bei vielen sogar vorstreckbares Gebilde er- scheint. Es ist bei Pipa und Dactylelhra nicht ausgebildet. Meist ist nur das vor- dere Ende mit dem Boden der Mundhohle verbunden, und das hintere erscheint in zwei Lappen ausgezogen als der beweg- lichere Theil. Eine muskulöse Zunge be- steht gleichfalls bei den Reptilien , bei Schlangen und Eidechsen aus einer be- sonderen Scheide bervorstreckbar. Das Epithel der meist schmalen Zunge bildet in der Regel Schuppen und Hocker an der oberen Flache, und das vordere Ende zieht sich in swei dünne Spitzen aus

(Fissilingues) (Fig. 310. s). Breit und stick «m znng«»btin«. *' vord«™., flach ist die Zunge der Schildkröten und »" kt^£ Z™E^!Tz0»£. *'"" besonders der Crocodile. Bei den Vögeln

ist das vordere Ende der Zunge in der Regel von einer verhornten Epithel- schichte bedeckt, zuweilen sogar mit seitlichen Widerhaken (Spechte!

tieftibur, ürnndri» i. vtrgl. Anatomie . 1. Aufl. IT

578 "■ 9- Wirbelthiere.

oder feinen Borsleu besetzt (Tukane), und nur bei Papageien bildet die Zunge ein massiveres fleischiges Organ. Unter den Saugelhieren finden wir die Zunge durch bedeutendere Entwicklung der Muskulatur von beträchtlichem Volum und zugleich bezüglich ihres SchieimhaulUberzuges mit zahlreichen Di fferenzi rangen von Papillen. Die Function des Organs ist in hohem Grade an der Nahrungsaufnahme betheiligt. Bei manchen Prosimii und Chiropteren, auch bei platyrhinen Affen findet sich unter- halb der Zunge ein zuweilen sogar doppeller Vorsprung, die sogenannte Unterzunge. '

Hit der Hundhohle verbundene Drusenapparate entwickeln sich von der Schleimbaut der Hundhöhle aus, um dann bei voluminöserer Ausbildung und Lagerung ausserhalb der Schleimhaut nur ihre Ausfuhr- gänge dort einzusenken. Sie können somit als mächtiger entwickelte Drusen der Schleimhaut betrachtet werden. Derartige grössere Drüsen sind bei Amphibien am Gaumen zwischen den Nasenkapseln gelagert, und können bedeutender ausgedehnt auf den Schädel sich erstrecken (lntermax.illardrusen) . Bei den Reptilien sind die längs der Kieferränder gelagerten LippendrUsen zu nennen {Schlangen und Eidechsen). Ein mächtigeres Drusenorgan bildet die Giftdrüse der Schlangen, die wohl ebenso aus einer Hodificalion einfacher Drüsen hervorging. Bei den Schild- kröten kommt ein unter der Zunge gelagertes Drusenpaar vor, welches man als Speicheldrüsen ansieht. Achnliche Gruppen einzelner Drüsen besitzen auch die Eidechsen. Solche grossere, zur Bildung einer Hund- höhlenflüssigkeit beitragende Drüsen finden sich neben den an verschie- denen Stellen verteilten, conslant bei Vögeln und Säugetbieren vor, und werden als Glandulae submasillares , sublinguales und Parotides unter- schieden. Letztere münden bei den Vögeln im Hundwinkel aus, bei den Saugelhieren im Vestibulum oris. Den Cetaceen fehlen diese Drüsen und bei den Pinnipedieru sind sie gering entwickelt'. Ihren bedeutendsten Umfang erreichen die drei Drüsenpaare bei Pflanzenfressern mit überwie- gender Ausbildung bald des einen, bald des anderen Paares.

§ 416. Als eines aus der primitiven Kopfdarmhöhle sich differenzirenden Organes ist noch der Hypobranchialrinne und ihrer Derivate Erwäh- nung zu thun (vergL S. 565}, Ani- phiosus besitzt sie in der Länge der Kiemenhöhle. Unter den Cyclostomen ist sie nur noch während des ersten Larvenzustandes von Petromyion beobachtet (Fig. 304 A). Da sie nicht längs der ganzen Kieme nhöhle sich erstreckt, scheinen im Vergleiche zu den Tunicaten schon Reduktionen vorzuliegen. Mit der Difleremirung

MuodhOhle.

570

des als Zunge fungirenden Organs tritt die Rinne fernere Ruckbildungen ein, und gebt in einen allmählich vom oberen Baume sich abschnürenden Canal über (Fig. 3)1), der endlich sich vollständig trennt. Beim aus- gebildeten Thiere verwandelt er sich in einen vom zweiten bis vierten Kiemensackpaar sich erstreckenden Complex mit Epithel ausgekleideter Follikel, und bildet damit ein, in physiologischer Beziehung rathselhaftes Organ, die Gl. thyreotdea (Schilddrüse).

Bei den Gnathostomen kommt es nicht mehr zur Bitdung einer län- gere Zeit bestehenden Rinne, vielmehr schnürt sich an der homologen Stelle ein Fortsatz der Kopfdarmhöhle ab und bildet einen unpaaren von Epithel ausgekleideten Follikel. Unter allmählicher Sprossung löst sieb dieser in eine Summe einzelner Follikel auf, die durch Bindegewebe vereinigt bleiben. Bei Fischen liegt das Organ wenig weit von setner Bildungsstätte entfernt »m vorderen Ende des Kiemenarterienstammes zwi- schen diesem und der Copula des Zun- genbein bogens. Bei den Amphibien findet man die Thyreoidea in der Kehl- gegend als paariges Knötchen (unpaar bei Proteus) an der inneren Flache der hinteren ZungenbeinbOrner, zuweilen in mehrfache Gruppen vertheill. Unpaar, dicht vor den Aortenbogen liegend, er- scheint sie bei den Reptilien, paarig dagegen bei Vögeln (Fig. 312 t) in der Nahe des Ursprungs der Carotiden. In beiden Abiheilungen entfernt sie sich so- mit weit von der ersten Bildungsstätte, was durch das Zurücktreten der gros- sen Arten ensUlmme beeinflusst scheint. Unter den Saugel hie ren wird sie hei Honotremen , vielen Beutellhieren und *'•*■ 31J- ""■" "*» uai thjra*u« «j manchen Anderen gleichfalls in S Tbeile *1**" **ir*n ,*"*''* 7™:*«'** *g ** getrennt, während sie sonst ihre bei- den seitlichen Hassen durch eine mediane Querbrücke Isthmus; ver- bunden zeigt. Immer liegt sie dicht unterhalb des Kehlkopfes auf der Luftrohre.

Die Fortdauer dieses schon bei den niederen Wirbelthieren seine ur- sprüngliche Bedeutung aufgebenden Organs in der langen Reihe höherer Formen wird aus phylogenetisch sehr frühzeitig erfolgter Vererbung ver- standlich und zwar einer Einrichtung, deren Function bei Tunicaten mit der Nahrungsaufnahme in wichtiger Beziehung stand.

580 ' II- 9. Wirbelthiere.

Eigentlicher Darmcanal (Rurnpfdarm).

§ 417.

Aus dem hinteren Ende des Kopfdarmes beginnt der ausschliesslich der Aufnahme der Nahrung und ihrer Veränderung dienende Abschnitt des Tractus intestinalis, das Darmrohr im engeren Sinne, nachdem an seiner vorderen Grenze ein bei Fischen in indifferenterem Verhalten als Schwimm- blase, von den Amphibien an als respiratorischer, Lunge und Luftwege bildender Apparat, sich von ihm gesondert hat.

Der vorderste Abschnitt des Nahrungscanais entbehrt der scharfen Abgrenzung gegen den Kopfdarm. Da er ebenso wie der letztere vom N. vagus versorgt wird, besteht zur Annahme Grund, dass er ursprünglich aus dem respiratorischen Theil des primitiven Darmrohrs, nach Rückbil- dung einer grösseren Anzahl hinterer Kiemenspalten hervorging, und da- mit dem hinteren Abschnitte der bei Amphioxus um Vieles ansehnlicheren respiratorischen Vorkammer entspricht.

Bei den Cranioten entspringen nicht blos einige eigentümliche Ver- hältnisse der Darmanlage sondern auch spätere Zustände der Ontogenie des Darmes aus den Beziehungen des Eies zur gesammten Embryonal- anlage und aus einer Vermehrung des Dottermaterials.

Bei den Selachiern umwächst die Darmanlage den Dotter, aber nur der unter dem Axenskelete der Embryonalanlage befindliche rinnenförmige Theil der Gesammtanlage wandelt sich alsbald in den Darm um, und schliesst sich allmählich gegen den übrigen dotterführenden Theil ab, welch' letzte- rer dann als ein Anhang des Darms, als Dottersack, erscheint. Anfäng- lich scheinbar ausserhalb des Körpers gelagert, aber von einer Fortsetzung der integumentschichte umhüllt, steht der Doltersack nur durch einen Stiel mit dem Darm in Verbindung (äusserer Dottersack) und wird allmäh- lich in den Leib aufgenommen (innerer Doltersack). Unter allmählichem Verbrauche des Dotters bildet der Dottersack sich zurück. Eine gerin- gere Quantität dieses embryonalen Ernährungsmalenais, wie es im Dotter gefunden wird, bieten die Teleostier (und Ganoiden) dar. Der voluminösere Dotter des Eies der Reptilien und Vögel bedingt einen ähn- lichen Gegensatz zwischen Darmcanal und Dottersack, doch empfängt der Dotiersack keine Umhüllung vom Inlegumente, da die bei den Anamnia ihn umschliessenden Theile zur Bildung des Amnion und einer anderen fötalen Eihülle verwendet werden. AuchbeidenSäugethieren, bei noch bedeutender Reduction des Eimaterials, schnürt sich die Darmanlage von der den Dotiersack repräsenlirenden Keimblase ab (Fig. 34 9). Deshalb kann diese Einrichtung von einem durch reicheres Doltermaterial ausge- zeichneten Zustande abgeleitet werden. In der Entwickelung der Frucht im mütterlichen Organismus, und der mehr oder minder innigen Verbin- dung der Frucht mit dem Uterus ist die den Mangel eines reichlichen Dotlermaterials compensirende Einrichtung zu suchen. Vom Dottersacke

Vorderdarm. 581

erbglt sich aber doch ein Rudiment als »Nabelbläschen« , welches als ein mr Ernährung des Embryo nichts beitragende« Gebilde auch nicht in die Leibesbohle mit aufgenommen, sondern mit den Eibtlllen nach der Geburt vom Körper getrennt wird.

Die einzelnen Abschnitte des Nahrungscanais sind die auch bei Wir- bellosen unterschiedenen: Vorder-, Mittel- und Enddarm.

Die erste Strecke des eigentlichen Nahrungscanais erscheint bei Amphioxus als ein ausnehmend kurzer Abschnitt, unmittelbar vor einer nach vorne gewendeten Ausbuchtung, welche als Leber gedeutet wird. Beachtet man, dass die Leber stets aus dem als Mitteldarm su deutenden Abschnitt hervorgeht, sn dessen vorderer Grenxe sie sich bildet, so ergibt sich auch noch bei Craoioten vielfach eine ganx unansehnliche Aus- bildung des Vorderdarms. Die Cyclostomen, Ghimaera, auch manche Te- leostier repra&entiren dieses Verhalten. Dem gegenüber stellen sich die übrigen Cranioten, bei denen der Vorderdarm einen ansehnlichen Ab- schnitt vorstellt, der in Speiseröhre (Oesophagus) und Magen ge- schieden werden kann. Jedenfalls erscheinen diese Theile unter den Wirbelthieren erst bei den Gnalhostomen erworben. Für ihre Entstehung ist die Verbreitung des N. vagus an ihrer Wandung von Wichtigkeit. Da- durch findet die Auffassung Begründung, dass die fragliche Darmstrecke aus einem ursprünglich dem Kopfdarme zugehörigen Abschnitt sich hervor- gebildet hat. Die Reducliou einer grossem Zahl von Kieroenspallen, wo- durch eine Strecke der respiratorischen Vorkammer der ausschliesslich nu- tritorischen Function tugetheik wurde, . steht damit wohl in engem Zusammen- hange. Andrerseils ist die Ausdeh- nung dieser Strecke, voratlglioh an dem den Magen vorstellenden Ab- schnitte, so wie ihre Lagerung in die Leibeshohle von massenhaft aufgenom- mener Nahrung ableitbar. Die Abgren- zung des Magens vom Mitteldarm wird fast regelmässig durch eine Falte der Darmwand gebildet (Pyloruaklappe) .

Bei den Fischen gebt die sehr weite, mit UlngsfalMngen der Schleim- haut ausgestaltete Speiserobre meist ohne scharfe Grenxe in den Magen

582

II. 9. Wirbelthiere.

über, der von letzterer nur durch andere Beschaffenheit der Schleimhaut

#

zu unterscheiden ist. In der Regel bildet der Magen (Fig. 313) einen nach hinten gerichteten Blindsack, von dem ein nach vorne umbiegender engerer Abschnitt als »Pylorusrohr« unterschieden sich zum Mitteidarm (i) begibt. So bei allen Selachiern und GanoTden, auch bei vielen Teleostiern, indess andere durch den Mangel oder die beträchtliche Ausdehnung des Blind- sacks nach hinten mann ichfache Differenzen darbieten.

Unter den Amphibien finden wir bei Proteus eine niedere Stufe, in- dem hier das gerade verlaufende Darmrohe nicht einmal eine Magener- weiterung besitzt. Dagegen grenzt sich der Magen bei anderen Urodelen als ein weiterer Abschnitt ab, und dies bleibt auch für die Anuren, deren Magen zuweilen sogar in eine Querstellung übergeht (Bufo).

Unter den Reptilien zeigt der Vorderdarm bei Schlangen und Eidech- sen durch grössere Weite des Oesophagus und geraden Verlauf des Magens niedere Zustände an. Doch ist bei den Eidechsen ein an das Pvlorus- röhr der Selachier erinnerndes Verhalten bemerkbar , woraus eine all- mähliche Querstellung des Magens ableitbar wird. Bei Schildkröten und Crocodilen ist eine schärfere Sonderung des Oesophagus vom Magen auf- getreten, und bei ersteren zeigt sich durch bedeutendere Hebung des Pylorustheils eine grosse und kleine Curvatur. Durch Näherung der Car- dia an den Pylorus erhält der Magen der Crocodile eine rundliche Gestalt, und wird noch durch eine auf jeder Fläche der Muskelwand liegende seh- nige Scheibe ausgezeichner, wodurch eine Annäherung an den Magen der Vögel gegeben ist.

Eine mehrfache Arbeitstheilung bekundet der Vorderdarm der Vögel. Der Einfluss der . Anpassung an die Lebensweise, hier speciell an die Nahrung, tritt in der Mannichfaltig- keit der einzelnen Einrichtungen aufs deut- lichste hervor. Die der Länge des Halses entsprechende Speiseröhre erscheint in ihrem Verlaufe entweder gleichmässig oder mit einer erweiterten Stelle versehen (Fig. 3*4^4 , oder sie zeigt eine blindsackartige, wie ein Anhang erscheinende Ausbuchtung (B). Solche auch durch Modifikationen des Drüsenapparates der Schleimhaut charakterisirte Abschnitte (i, bilden den Kropf (Jugluvies) . Fleischfressende und körnerfressende Vögel besitzen ihn am inei- sten ausgebildet, und zwar erscheint er bei ersteren meist als spindelförmige Erweiterung,

Fig. 3u. a vorderdarm eines >ndess er bei letzteren als einseitige Ausbuch- Kaubvogeu i r,uteo i , b eines tung auftritt, die zu einem blindsackartigen, Hohne,,, oe Speiseröhre. »Kropf. bei raanchen sogar ein engeres Verbindungs-

yo Drüsenmagen. r Muskelmagen. .,.,«.. i * . j-«» . .

d Duodenum. stUck besitzenden Anbang ditrerenzirt ist.

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Vorderdarm. 5g3

Der darauf folgende , meist engere Abschnitt der Speiseröhre geht in •den Magen Über, an welchem zwei Theile unterscheidbar sind ; der erste Abschnitt wird als Vormagen (Proventriculus) (A, B. pv) bezeichnet, und empfängt durch eine Drüsenschichte eine ansehnliche Verdickung seiner Wand. Der zweite Abschnitt ist durch Ausbildung der Muskelschichte charakterisirt, deren Stärke je nach der Lebensweise der Thiere sehr ver- schieden ist. Wo sie mächtig entwickelt ist, bemerkt man jederseits eine Sehnenscheibe (.4. B). Bei Raubvögeln, auch bei vielen von animalischer Nahrung lebenden Schwimmvögeln ist die Muskelschichte wenig entfaltet. Sehr stark wird sie bei Körnerfressern (Hühnern, Gänsen, Tauben, Sing- vögeln). Dieser zur Verkleinerung der Nahrung dienende, den Mangel von Kauorganen compensirende Abschnitt enthält noch weitere hierauf hinzielende Einrichtungen , indem seine Innenfläche mit einer hornartig festen Lage überzogen wird, welche, häufig von bedeutender Dicke, als Reibplatte fungirt. Sie ist die Abscheidung einer drüsigen Schichte, deren Secret in jenen festen, starren Zustand übergeht.

Die Trennung des Vorderdarmes wird bei den Säugethieren durch die schärfere Abgrenzung der Speiseröhre vom Mageu vollständiger als in fast allen übrigen Abtheilungen ausgeführt. Die Gestaltung des Magens reiht sich in manchen Fällen an niedere Zustände an. Er behält bei den Phoken die Längsstellung bei, während bei den übrigen eine Schräg- stellung vorwaltet..

Als Anpassungsergebniss an die Nahrung muss eine Reihe von Eigen- tümlichkeiten betrachtet werden, die bald in einer Erweiterung des Rin- nenraumes, bald in einer Diflferenzirung des ursprünglich einheitlichen, und, wie es scheinen muss, gleichartig fungirenden Magens in mehrere functionell ungleich wert hige Abschnitte bestehen.

Das erste Verhäliniss gibt sich bereits bei der Schrägstellung des Magens kund, wobei die grosse Curvatur eine bedeutendere Ausdehnung erlangt, und, sich besonders nach der Gardialportion ausbuchtend, den Magenblindsack (Fundus) hervorruft. Er fehlt den meisten Camivoren, ist dagegen bei Monotremen, Reutet thieren, Nagethieren, sowie bei Eden- taten entwickelt und kommt den meisten Primaten zu.

Die stärkere Entwickelung des Magenblindsacks führt zur Scheidung in mehrere Abschnitte, welche Sonderung nicht selten nur an der Schleim- haut ausgedrückt ist (Equus) . Weiter setzt sich dieses Verhältniss durch eine quere Einschnürung fort; so wird der Magen bei vielen Nagethieren in einen Gardial- und Pylorustheil getrennt, zu welchen noch kleinere Ausbuchtungen treten können. Aehnliche complicirtere Magen bieten manche Reutelthiere (Halmaturus) und die Walthiere dar. Der Magenblind- sack bildet immer eine bedeutende Erweiterung, auf welche bei den Wal- thieren eine Anzahl dem Pylorusabschnitte angefügter Divertikel folgt, welche den Magen aus vier bis sieben durch verschieden weite Verbin- dungsstellen communicirende Räume zusammengesetzt darstellen.

Rei den Wiederkäuern ist die Gomplication durch Retheiliguog des

5S4 II. 9. Wirbelthierc.

Oesophagus entstanden, indem dessen Cardialendc sich einseitig ausge- buchte! dem Hagen anschliesst, und zwei Abschnitte des letzteren hervor- gehen lassl. Der erste erscheint als erweiterter Magenblindsack, wird als Rumen (Jugluvies) (Fig. BIS /■ bezeichnet, und fungirt wesentlich als Behälter für massenhaft auf- genommene Nahrungsstoffe. Dicht neben der Cardta st«ht er mit dem zweiten Ab- schnitte, dem Netitnagen (Re- ticulum) {//), tm Zusammen- hange, auf welchen als dritter Abschnitt der den Traguliden und Tylopoden fehlende Blättermagen (Oma- sus 1 ( /// ) folgt. Diesem schliesst sich als letzter aus dem Pylorustbeil gebildeter Abschnitt . der Labmagen Pti.su. n>z*n tim Antiiop«. a Voa t«n« icctch*». (Abomasus '■ an, dessen b v„b hiDiet. ttitMt. o. »peiteroh«. / Rum«, ii Schleimhaut die Labdrusen »t,„g^ mMMM^iruM.«. , p,u~. enth}(|1 Ejne vom0esophagus

in den Netzmagen gehende, durcheinenfaltenförmigenVorsprung(Fig.3t5ß. s) gegen die beiden ersten Abtheilungen des Magens abschliessbare Rinne (Schlundrinne) entspricht der Strecke des Oesophagus, welche in die Magenbildung mit einging, und die beiden ersten Abschnitte durch einseilige Ausbuchtung lieferte. Durch sie kann der aus dem Netzmagen in den Oesophagus und von da in die Mund- höhle gelangte Rissen nach vollzogenem Wiederkäuen unmittelbar in den Blätter- und Labmagen zurück gebracht werden, wahrend das Offenstehen der Schlundrinne den Eintritt des Futters in Rumen und Netzmagen ge- stattet Der Einfluss der Nehrung aufdieGrÖsseverhältnisse der einzelnen Abschnitte ergibt sich aus der Verschiedenheit, die Rumen und Labmagen in verschiedenen Altersperioden zeigen. Der Labmagen bildet einen relativ grösseren Abschnitt beim Säugling, indess er spater vom Rumen wohl zehnmal und mehr an Grösse Übertreffen wird.

Mitleldarm. § 419. Der meist durch eine ringförmige Falle, die Pylorusklappe, vom Magen abgegrenzte Mitleldarm .Dünndarm) ist an seinem Anfangsstucke durch die Verbindung mit Drusen organen (Leber und Bauchspeicheldrüse) cha- raklerisirt. In seinen Länge Verhältnissen ist er der variabelste Abschnitt des Darmrobrs. In geradem Verlaufe wird er bei den CyclosLomen, auch bei einigen Teleostiern und bei Chimaera getroffen. Bei letzteren ist er

durch eioe Spirale Falle ausgezeichnet, welohe, bei den Seiachtern bedeu- tender entwickelt, den grOssten Theil des Milteldarms in zahlreichen, bald dichteren, bald weiter abslebenden Umgangen durchsetzt (Fig. 316 C.t'a). Als eine eingerollte Längsfalte erscheint sie bei Carobarias. Diese Spiral- klappe bleibt auch den Ganolden , wo sie nur bei Lepidosleus fast bis zur Unkenntlichkeit rückgebildet ist, dagegen fehlt sie den Teleosliern.

Am Anfange des Mitteldarms der Selachier ist eine Erweiterung be- merkbar, an welcher Stelle bei den Stören ein grosses, ausserlicb mehr- fach gebuchtetes Drüsenorgan sich vorfindet, dessen Inneres in zahlreiche, den Bucbtungen entsprechende Räume getbeilt ist. Bei Lepidosteus sind die einzelnen Abschnitte scharfer von einander gelrennt und erscheinen als Gruppen kurzer Blindschlauche , die den Pylorusabschnitt des Mittel- - dnrms besetzen, und wie bei den meisten Teleosliern die Appendices py- lori«« [Fig. 318 A. B. ap vorstellen. Sie besetzen eine verschieden lange

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Strecke des Mitteldarms in wechselnder Zahl und Grosse. Bald mundet jeder gesondert in den Darm, bald vereinigen sich mehrere so grosseren Stammen, woraus verästelte Bildungen entstehen. Ueberaus sahireich sind sie bei Gadidon und Scomberolden. Bei manchen werden die ein- zelnen zu gemeinsamem Ausfuhrgange verbundenen Schlauche noch durch Bindegewebe zusammengehalten, so dass sie dann das Ansehen einer compacten Druse gewinnen (ScomberoTden) , sowie auch schon durch die häufige Vereinigung der Mündungen- die Verwandtschaft mit der DrUse der Störe ausgesprochen ist.

Bei vielen Teleosliern übertrifft der Mitleidann die ibm zugewiesene Strecke der Bauchhohle um bedeutendes an Länge , und findet sich dann in Windungen (Fig. 316 B. i) oder dureb mehrfaches Auf- und Absteigen in Schlingen gelegt. Darin spricht sich eine Anpassung an den Baum der

586

II. 9. Wirbelthiere.

Leibeshöhle ebenso aus, wie. das stets aus einer gerade gestreckten An- lage hervorgehende Auswachsen in die Länge wieder einer Anpassung an die durch die Ingesta beeinflusste Leistung entspricht.

Bei den Amphibien bleibt das einfache Verhalten des Mitteidarms nur selten bestehen (Proteus) , meist bildet er Fig. 317 i), wie auch bei den

Reptilien, ein längeres Rohr und demzufolge mehrfache Windungen, die am geringsten bei Schlangen, bedeutend bei Schildkröten und noch mehr bei Crocodilen ent- wickelt sind. Eine beträchtliche Längenausdehnung des Mitteldarms erfolgt bei den Larven der unge- schwänzten Amphibien , bei denen dieser Abschnitt eine in spiralige Windungen gelegte lange Schlinge vorstellt. Mit der Aenderung der Ernährungsweise geht in den letzten Larvenstadien eine Reduction vor sich, die den Darm wieder auf eine geringere Länge führt.

Die Länge des Mitteldarms ist bei den Vögeln gleich- falls nach den Nah rungs Verhältnissen beträchtlich ver- schieden. Er zeigt sich in Schlingen geordnet, von denen die erste ( Duodenalschlinge ) am meisten ausge- bildet ist und immer die Bauchspeicheldrüse umfasst.

Am Mitteldarm der Säugethiere erscheint das ver- schiedene Verhallen der Länge nicht minder in deut- licher Abhängigkeit von den Nahrungsverhältnissen und daraus ergeben sich für Fleisch- und Pflanzen- fresser verschiedenartige Zustände.

Ausser der Längenentfaltung des Mitteldarms bieten sich für die Oberflächenvergrösserung mehr- fache, von der Schleimhaut ausgehende Einrichtungen dar. Während in den unteren Abtheilungen gröbere Faltungen auftreten (Spiralklappe der Selachier], sehen wir bei den Amphibien und Reptilien vorzüglich feine Längsfaltungen der Schleimhaut vorherrschend. Solche bestehen zwar auch noch bei den Vögeln, allein sie zeigen sich als ungleiche Erhebungen, die sogar durch Querfalten verbunden sein können. Feine, in Zickzacklinien angeordnete Falten kommen bei Amphibien und Reptilien vor, und fin- den sich auch am Mitteldarm der Vögel wieder. Bei den Säugethieren herrschen Längsfaltungen der Schleimhaut bei Walthieren; bei den meisten übrigen ist die Schleimhaut glatt, oder erhebt sich in Quer- falten, die sehr allgemein mit Zotten besetzt sind. Bei geringer ent- wickelter Faltenbildung finden sich solche Zotten auch bei Vögeln bedeu- tend entwickelt, während sie bei Anwesenheit von Falten nur kleinere Erhebungen vorstellen.

Enddarm.

§420.

Der E n d - oder Hinterdarm erscheint in den unteren Abtheilungen als der unansehnlichste, nur durch ein kurzes, etwas weiteres Stück vorge-

Fig. 317. Darmcanal von MenobranchuB 1 a- teralis. p Anfang dea Vorderdarme mit dem Pharynx, oe Speiseröhre. t> Magen, i Mitteldarm. r Enddarm.

Endo. arm.

587

stellte Abschnitt (Fig. 313. r. 31 6. C. c). Einen eigen tbü ml ich drüsigen An- hang besitzt er bei den Selachiern ; Fig. 316. C. x, . Erst bei den Amphibien empfangt er durch grössere Lange und Weite einige Bedeutung, behalt jedoch ebenso wie bei Reptilien einen seiner Kurze entsprechenden geraden Verlauf bei, der ihn als »Recluma bezeichnen Hess. Gewöhnlich wird er vom Mittel dann durch eine Querfalte oder Klappe geschieden. Ein blinddarm artiger Anhang kommt vielen Reptilien zu, wenig bei Schlangen, mehr bei Eidech- sen entwickelt. Eine grossere Beständigkeit erhalten Blinddarme bei den Vögeln, deren Enddarm gleichfalls noch kurz und gerade gestreckt ist (Fig. 320;. Der Blinddarm ist meist paarig vorhanden, und wird nur in einzelnen Familien vermisst (z. B. bei den Spechten, Psittacus u. a.]. Die Ausbildung dieser Coeca bietet sehr verschiedene Grade, so dass sie bald ganz kurze papillenartige Anhange, bald sehr lange Schlauche (Apte- rys, Htlhner, Gilnsei vorstellen.

Die Langenenlfallung des Enddarms erreicht ihre höchste Stufe bei den Saugothicren, bei welchen dieser Tbeil als Dickdarm vom engeren Mittel- oder Dünndarm deutlich abgegrenzt erscheint. Seine bedeutendere Länge lagst ihn in Windungen lagern, so dass nur der letzte Abschnitt den geraden Verlauf des Enddarmes der Übrigen Wirbellbiere besitzt. Der erstere bildet in der Regel eine von der rechten Seite der Bauchhöhle nach vorne und von da nach links und wieder nach hinten umbiegende, ins Rectum sich fortsetzende Schlinge, welche zuweilen wieder in seeundare Schlingen zerlegt wird.

An der Grenze gegen den Dünndarm bestehen gleichfalls Blindsack- bildungen, selten zu zweien (Fig. 318. c. d), meist einfach vorhanden. Die Ausbildung dieses Blinddarmes lässt einen Zusammenhang mit der Nahrung erkennen. Bei Fleischfres- sern ist er kurz und kann sogar ganz- lich fehlen (Ursina, Muslelinaj; von bedeutendem Volumen tritt er bei Pflanzenfressern auf, wo seine Lange durch jene des Colons compensirt wird.

. _,. . , ,. . . a. HB. Blicainrm ana Lolon van 1.IEO-

Am Blinddarm selbst ergeben pBlilUt. d»,,^™. & Emman- sieb wiederum Differenzirungen. Das iüf **■ gnn>er«n u\ und (■■ uetm™ mi Ende desselben ist häufig verküm- »™**»"»- *£jhp™^1 d" Co1*"" mert (z.B. bei manchen Prosimiae und

vielen Nagern) (Fig. 318. c). Auch bei manchen Primaten, wie beim Men- schen entwickelt sich das anfanglich mit dem übrigen gleichweite End- stück nicht in demselben Haasse wie der Übrige Tbeil, und scheidet sich von dem letzteren, weiter werdenden Abschnitte immer deutlicher ab, bis es endlich einen blossen Anhang desselben, den Appendix vermifor- mis, vorstellt.

Der Enddarm öffnet sich anfanglich mit den Harn- und Geschlechls- wegen in einen gemeinsamen Raum, die Cloake. Dieses bei Selachiern,

5S5 II. 9. Wtrbelthier«.

Amphibien, Reptilien und Vögeln bestehend« Verhallen findet sich bei den Säugeihieren nur bei den Monolremen bleibend, bei den anderen auf em- bryonale Stadien beschrankt. Der Darm Offne! sich dann mittels des Afters nach aussen.

Anhangsorgane des Mitteldarms.

§ 4SI-

Mit dem Anfange des Miltcldarms stehen zwei grosse Drusenorgan*» in Verbindung, Leber und Bauchspeicheldrüse, beide aus den Wandungen der Darmanlage diflerenzirt.

Bei Ampbioxus erscheint ein als l.eber zu deutendes Organ in Gestalt eines nahe am Anfange des Nahrungscanais beginnenden, nach vorne ge- richteten Blindschlauches (Fig. 303./'], der eine grünlich gefärbte. Epithel- auskleidung besitzt. Ein ahnlicher Zustand findel sich bei den Cranioten in den ersten Bildungs- stadien gegeben, wo die Anlage der Leber als eine hinler der Anlage des Magens (Fig. 319. rf, liegende paarige Ausbuchtung [f, f) des Darrn- robrs erscheint. An ihr betheiligt sich die äussere aus einer Mesodermschichte gebildete, wie auch die Epithel schichte der Dannaolage (Enloderm). Da Reptilien, Vogel und Säugelhiere hierin tibereinstimmen, wird dieser Zustand als ein fundamentaler zu betrachten sein, der zugleich auf die Form Verhältnisse des Leberorgans bei Amphioxus und vielen wirbellosen Thiereti (Würmer, Mollusken) verweist.

Durch Wucherungen des Darmfaserblattes und Verbindung desselben vorzüglich mil dem venösen Abschnitte des Gefasssysiems , wie durch gleichzeitige Wucherungen des DarmdrUsen blaues entstehen Verhallnisse, welche die Leber der Craniota von jener der Acrania sowohl als der wirbellosen Thiere unterscheiden. Wahrend dip erste Anlage der Leber als eine Ausbuchtung gens. / d«r t.«wr. g Heiter- erscheint, gehen die späteren Differenzirungen mit d™ Mitleid"™'" »"find- aus Wucherungen des Entoderm hervor, welche dt™. fKuch bikthoff.) solide, in die Mesoderm schichte und den in die- selbe eingebetteten Gefässapparat einwachsende Zellenslritnge bilden, und, neue Sprossen treibend, sich schliesslich unter einander netzförmig verbinden. Diese anfanglich soliden Stränge stellen stimmt ihren seeundären etc. Auslaufern das Leberparenchym her, und lassen mil dem Auftreten intercellulärer, in der Axe der epithelialen Strange verlaufender Gange, die Gallen wege hervorgehen. Die beiderseitig

iWge des

AnbangsorgaiM des MiUeldarms.

3S9

entstandenen Lcberlappcn verschmelzen unierei nander au Einem Organe. Die zwei primitiven Ausbuchtungen stellen, nachdem lieb die Gallenwege von ihnen aus ins Leberparenchvm bildeten, und ins Nettwerk der Zelten- strange desselben sich fortsetzten, die AusfUfcrgange der Leber vor.

Die auf diese Weise vom Darme differenzirte Leber bildet ein ein- heitliches, meist sehr voluminöses Organ, welches in eine vom vorderen Abschnitt des Darmrobrs zur vorderen Bauchwand tretende Periumaal- iluplicalur eingebettet ist.

Bei den Fischen treffen wir die Leber bald nur als eine einzige unge- lappte Masse, bald aus zwei oder mehr Lappen bestehend. Zwei grossere Abschnitte besitzt sie bei den Amphi- bien i einfach ist sie meist bei den Schlan- gen, und nur am Rande gekerbt hei Sauriern, bei Crocodilen und Schild- kröten wieder in zwei Lappen getheilt, die bei den letzleren weit auseinander geruckt durch eine schmale QuerbrUcke vereinigt werden. Die Andeutung zweier Lappen bildet bald mehr, bald minder auch bei den Säugelhieren die Regel. Zwar sind bei Carnivoren, Nagern, eini- gen Beuleltnieren , Affen und Anderen, mehrlappige Formen vorhanden, diese lassen sich aber auf zwei grossem Haupt- lappen zuiuokfübren.

Im Verbalten der Ausfuhrgange Ductus hepato- enlerici) ergeben sich zahlreiche in Bezug auf die ursprüngliche Duplicittfl dahin aufzufassende Modifica- üwjen, dass entweder der erslere Zu- stand fortbesteht, oder dasa die beiden Ausfubrgänge allmählich mit einander verschmelzen, d. h. sieb vom Darme her zu Einem Gange umwandeln, oder dass endlich eine Rückbildung der primären Ausfubrgenge erfolgt, wobei Canlile seeundarer Ordnung zu Atisfubrgflngen werden , die dann in grösserer Anzahl vorkommen (bei Eidechsen und Schlan- gen). An diesen Ausfuhrgingen findet ^id««. 7^»™*™ w"»üZ~. sieb eine einseilige bliodsackartige Aus- buchtung, die Gallenblase (Fig. 380. f), und zwar in sehr mannich- fachen Beziehungen und keineswegs als constanles Gebilde.

Die Bauchspeicheldrüse entsteht auf eine ahnliche Weise wie diu Leber, aus einer hinter der Anlage der letzteren sich bildenden Aus*

4* iiutu b>»*t°-

590 U- 9- WirbeUhiere.

buchtung der Darm wand. Die Epithelschichte der Darmanlage bildet Wucherungen, ausweichen unter fortgesetzter Knospung die Drüsenläpp- chen mit ihren Ausführgängen entstehen, indess der Ductus pancreaticus aus der ersten Anlage der Drüse hervorgeht. Dieses nur in einzelnen Ab- theilungen der Fische vermissle, immer dem Anfange des Mitteldarms oder auch dem Magen benachbart gelegene Organ verbindet seinen Ausführ- gang häufig jenem der Leber, oder senkt ihn mit jenem in den Darmcanal ein. Nicht selten kommen zwei Ausfuhrgange vor (Schildkröten, Croco- dile, Vögel (Fig. 320) und einige Saugethiere) , von denen einer in der Regel mit dem Ductus hepato-entericus verbunden ist.

Mesenterium.

§ 422.

Mit der Bildung des Darmcanals entsteht die ihn überkleidende Peri- tonealduplicatur, durch welche er an die hintere Bauchwand befestigt wird. Diese den Darm umfassende Doppellamelle stellt das Mesente- rium vor, von dem der zum Magen tretende Abschnitt als Mesogastrium bezeichnet wird. Letzteres schlagt sich aber nicht einfach um den Magen, wie das Mesenterium des grössLen Theils des Mitteldarmes, sondern gehl mit seinen beiden Lamellen von dem Magen in eine zur vordem Bauch- wand sich fortsetzende Doppellamelle über, die erst an letzterer Stelle wieder mit dem Peritoneum der ßauchwand zusammenhängt. In dieser Fortsetzung des Mesogastriums zur vorderen Bauchwand ist die Leber auf- getreten, welche dadurch nicht nur gleichfalls einen Peritonealüberzug erhalt, sondern auch durch denselben sowohl mit dem Darmrohr (speciell dem Magen und dem Anfange des Mitteldarms) , wie mit der ventralen Wandung der Leibeshöhle in Zusammenhang sich findet. So lange das Darmrohr seinen ursprünglich geraden Verlauf behalt, sind auch die Ver- haltnisse des Mesenteriums einfach, und Besonderheiten werden nur durch theilweise Resorption grösserer Strecken desselben, z. B. bei Fischen, her- vorgerufen. Auch die Volumentfaltung der Leber bedingt Veränderungen an der vom Magen zur vorderen Baucbwand tretenden Duplicatur, die als Verbindungsstück mit dem Magen als kleines Netz bezeichnet wird. Ihr vorderer zur Leibeswand tretender Abschnitt stellt das Ligamentum Sus- pensorium der Leber vor. Andere Veränderungen werden durch die Be- ziehung zum Zwerchfell, durch Krümmung des Magens und durch die Ver- längerung des Mitteldarms hervorgerufen, welch' letztere das Mesenterium in krausenartige Falten legt (Gekröse . Diese Verhaltnisse treten bereits bei Fischen auf und zeigen sich noch einfach bei Amphibien, dann bei den Schlangen und Eidechsen, bei Schildkröten und Crocodilen besonders durch Veränderung der Lage und Form des Magens modificirt.

Am bedeutendsten sind die Veränderungen des Mesogastriums der Saugethiere. Mit einer Lageveranderung des Magens wachst es in einen weiten Sack aus (Bursa omentalis), der entweder über die Schlingen des

Mesenterium. 591

Mitteidanns herabhängt, wie bei den meisten Säugethieren, oder den Ma- gen theilweise umhüllt (Wiederkäuer) .

Das Mesenterium des Enddarms bleibt bei den Wirbelthieren mit kurzem Enddarm in seinem primitiven Zustande. Bei der bei den Säuge- thieren stattfindenden Längenentfaltung der als Colon bezeichneten Strecke des Enddarmes folgt das Mesenterium als Mesocolon mit, und rückt zu- gleich mit einem Abschnitte gegen die Wurzel des Mesogastriums empor, so dass beide dicht bei einander entspringen. Von da aus gehen nun bei den Primaten allmählich Verbindungen des Mesocolons mit der hinteren Doppellamelle des Mesogastriums vor sich , die mit der beim Menschen bestehenden Aufnahme eines Theiles des Colon (C. transversum) in die hintere Wand des Netzbeutels abschliessen. Zugleich verwachst die vordere und hintere Wand des Netzbeutels, wodurch das somit aus 4 Peritonäal- lamellen zusammengesetzte Omentum majus entsteht.

Pneumatische. Organe des Darmrohrs.

§423.

Wie für Alles von aussen her Aufzunehmende das Darmrohr die Bahn bietet: für das zur Athmung dienende Wasser, ebenso wie für die im Organismus als Nahrung zu verwerthenden Substanzen , so vermag der Darmtract auch Luft aufzunehmen . die in besonderen von ihm aus diffe- renzirten, also Theiie des primitiven Darmrohrs darstellenden, Räumen gesammelt wird. Diese Aufnahme von Lud hat wenigstens ein zeitweiliges Emporsteigen zur Wasseroberfläche zur Voraussetzung, und bildet damit eine nicht unwichtige Uebergangsstufe von den ausschliesslich »auf das Leben im Wasser angewiesenen Zuständen zu solchen , die auch ausser- halb dieses Mediums zu leben im Stande sind.

Die mit der Aufnahme von Luft entstehenden Apparate werden als Schwimmblasen bezeichnet. Welcher Art die praktische Bedeutung dieser Organe für den Gesammtorganismus ist, ist noch unbestimmt, doch werden sie bei ihrer grossen Verbreitung als wichtige Theiie angesehen werden müssen. Die Anordnung luflführender Räume im Körper im Wasser lebender Thiere kann nicht ohne Einfluss auf die specifischen Ge- wichtsverhältnisse des Körpers bestehen , daher wird die Annahme einer hydrostatischen Function für jene Organe begründet.

In diesem Verhalten tritt mit Aenderung der Kreislaufsverhältnisse eine wichtige Umwandlung ein. Die Organe fungiren respiratorisch, in- dem die in ihnen befindliche Luft mit dem der Wand des Organes zuge- führten Blute einen Gasaustausch eingeht, so dass sauerstoffreicheres Blut abgeführt wird. Damit tritt das Organ in die Reihe der Athmungsorgane und wird Lunge benannt. Bei einem solchen Umwandlungsprozesse hat man sich den Ausgang nicht in einer Umgestaltung des Blutgefässappa- rates vorzustellen , sondern vielmehr in dem Beginne eines Austausches der Gase zwischen dem Blute der Wandungen des Organs und der in

592 "• 9- Wirbelthiere.

letzterem enthaltenen Luft. Ein solcher muss eintreten, sobald das zuge- fUhrte Blut minder sauerstoffreich ist als die Luft des Organs. Erst daran werden sich die Veränderungen des Gefössapparates knüpfen.

Die pneumatischen Apparate des Darmrohrs sondern sich also in zwei functionell ausserordentlich verschiedene, aber morphologisch homologe Organreihen, deren jede für sich. zahlreiche Differenzirungen eingeht.

a) Schwimmblase.

§ *24.

Dieses Organ fehlt bei Amphioxus wie bei den Cyclostoraen. Bei einigen Haien Galeus, Mustelus, Acanthias) findet sich ein dorsal in den Schlund mündendes Divertikel der Wandung, welches als Rudiment einer Schwimmblase betrachtet werden darf. Den Ganoiden kommen Schwimm- blasen allgemein , den Teleostiern in grosser Verbreitung zu. Prüfen wir die bei Ganoiden bestehenden Einrichtungen näher, so treffen wir sie als einfache oder als paarige Sacke , die mit dem Schlünde durch einen kür- zeren oder längeren Luftgang in Verbindung stehen. Der Luftgang mündet an der oberen Wand des Vorderdarms aus, meist an derselben Stelle, wo bei den Selachiern der kurze Blindsack sich vorfindet. Sehr weit nach hinten ist die Ausmündung bei Acipenser gelegt, dessen Schwimmblase sich mit dem Magen verbindet. Bei Polypterus treffen wir eine paarige Schwimmblase (Fig. 321 A) mit Ausmündung an der ventralen Wand des Oesophagus, und bei Lepidosteus ist die dorsal gela- gerte, äusserlich einfache Blase durch sie durchsetzende Trabekel in zwei Längshälften getheilt, deren jede durch zahlreiche Vorsprünge und Balken wieder in kleinere zellige Hohlräume zerfällt, womit sie eine bedeutende Vergrößerung ihrer Innenfläche darbietet. Auch bei Amia ist die zel- lige Schwimmblase durch eine Falte getheilt und läuft vorne in zwei kurze Hörner aus. Die Ausmündung in den Darm geschieht bei den 3 letzterwähnten Ganoiden mit einem kurzen, etwas engen Ductus pneuma- ticus, der zu einer Längsspalte führt. Wir finden also bereits bei den Ganoiden eine Mannichfaltigkeit in dem Verhalten der Schwimmblase, welche Zustände aus dem Verhältuiss der nur auf wenige lebende For- men beschränkten Abtheilung beurthcilt werden müssen. Bedeutungsvoll ist es , dass in den verschiedenen Zuständen der Schwimmblase der Ga- nofden alle wesentlichen Einrichtungen erkennbar sind, welche das Or- gan bei den Teleostiern noch als Schwimmblase, bei den höheren Wir- belthieren als Lunge zeigt.

Der Luftgang erscheint in einer Abtheilung der Teleostier persistent (Physostomenj , bei anderen tritt er als vorübergehende Bildung auf, in- dem er nach der Entwickelung der Schwimmblase wieder verschwindet (Physoclysten), und endlich ist bei vielen die Bildung der Schwimmblase gänzlich sistirt. Dieses letztere Verhalten ist übrigens selbst innerhalb

Pneumatische Organe des Darmrohrs.

593

einzelner Genera variabel. Von der Gattung Scomber z. B. besitzen einige Arten eine Schwimmblase, anderen fehlt sie.

Die Verbindung des Luftganges mit dem Darm zeigt bedeutende Ver- schiedenheiten. Die Einmündung kann sowohl oben als seitlich geschehen, und zwar an allen Abschnitten des Vorderdarms vom Schlünde an bis zum Ende des Magens. Bezüglich der Form Verhältnisse besteht eine ausserordentliche MannichfaltigkeiL Eine Quertheilung in zwei hinter

einander liegende Ab-

A

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U

Tig. 321. Verschiedene Formen von Schwimmblasen. A von Poljpterns bichir nach J. XGllek. B von Johnius lobatns. C von Corvina trispinosa nach Clvibr und Valexcisxsucs. a Anhinge der Schwimmblase. 6 Mondring.

schnitte, von denen der letztere den Luftgang ab- sendet, besteht bei den CyprinoYden (vergl. Fig. 304 ntn). Bei Anderen kom- men seitliche Ausbuchtun- gen vor, die in einfache oder ramificirte Fortsätze übergehen können i Fig. 321 B. Ca). BeidenPhy- sostooien ist der häufig sehr enge und lange Luft- gang wenig geeignet Luft einzufahren und bei den Physoclysten kann von einer solchen Luftaufnahme ohnehin keine Rede sein. Die Luft der Schwimm- blase wird daher bei den Physoclysten als von den Wandungen der Blase abgeschieden aufgefasst werden müssen, und bei vielen Physostoroen wird der Luftgang nur zu einem zeitweisen Auslassen dieser Luft dienen können. Die Wandung des Organes bietet in ihrer Textur ahnliche Verhältnisse wie die Darmwand, doch ergeben sich manche eigentümliche, für unsere Zwecke unter- geordnete Dißerenzirungen. Dahin gehören auch die verschiedenen An- passungen der Schwimmblase an andere Apparate, wie z. B. die Verbin- dung mit dem Hörorgane bei vielen Physostoinen (vergl. oben S. 559).

Die Umwandlung der Schwimmblase in eine Lunge ist bei den DipnoY vor sieb gegangen. Wrenn das Organ auch in seinen äusserlichen Verhältnissen noch mit einer Schwimmblase übereinstimmt, so ist durch das Auftreten zuführender Venen und abführender Arterien eine wesent- liche Aenderung aufgetreten, die von nun an dasselbe als Athmungsorgan erscheinen lässt. Bei Ceratodus, wo es wohl nur zeitweise als Lunge fun- girt, wird es noch durch einen einheitlichen, nur mit der Andeutung einer Längstheilung versebenen, in der ganzen Länge der Leibeshöhle dorsal gelagerten Sack gebildet, bei Lepidosiren und Prolopterus ist es in zwei Hälften getheilt.

Gegenbanr, Gmndriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl.

88

594

II. 9. Wirbeltbiere.

b Lungen. § «5. Mit der Ausbildung der respiratorischen Form des aas der primitiven Darmwand gesonderten pneumatischen Anhangsorganes begegnen wir einer allmählichen Differenzirung des dem Ductus pneumaticus entspre- chenden Theiles, der die Luftwege hervorgehen tiftsst. Sie vermitteln die Communication der Lange mit dem Pharynx, und gliedern sich in mehrere mit neuen Functionen ausgestattete Abschnitte, unter denen ein stimmerzeugender Apparat die hervorragendste Rolle spielt. Die Longen selbst erscheinen als paarige Organe. Diese Duplicität beruht jedoch we- niger auf einer Weiterbildung der bei vielen Schwimmblasen angedeuteten oder auch ausgebildeten Theilung, als vielmehr auf der Entwickelang des Organes in Anpassung an seine Lage. Die stets ventrale Verbindung mit dem Pharynx macht begreiflich, dass ein von hier aus sich entfaltendes, luftführendes Organ, indem es eine gleichmässige Ausdehnung gewinnt, diese nach beiden Seiten ausbildet. Die Füllung mit Luft muss beide

Hälften eine dorsale Lage anstreben lassen, und daraus resultirt mit Notwendigkeit die Entstehung zweier völlig von einander getrennten Lungen, die nur durch die ventralen Luftwege unter einander verbunden sind. Für die Differenzirung der Luftwege haben wir als Ausgangspunkt einen kurzen, weiten, beide Lungrn mit dem Pharynx verbindenden Canal. Dieser entfaltet bei grösserer Längenentwickelung in seinen Wandun- gen knorpelige Stützorgane und spaltet sich in zwei zu den Lungen führende Aeste. Alsdann ist an den Luftwegen ein paariger und ein unpaariger Abschnitt zu unterscheiden. Als Stützorgane dieser bei den Amphibien meist sehr kurzen Canöle erscheinen zwei seitliche Knorpelstreifen (Fig. 322. A. a), die auf den Anfang der Lungen (b) sich fortsetzen (Proteus) ; bei Anderen (B) gliedern sich die oberen Enden (a) dieser beiden Stücke ab und bilden die Grundlage für einen besonderen Abschnitt, den wir nunmehr mit der Ver- richtung der Stimmerzeugung betraut sehen und als Kehlkopf (Larynx) bezeichnen. Dadurch ist also ein nt. 322. Knorpel des Kehlkopf Theil von den übrigen Luftwegen diflerent

geworden. Wahrend die letzteren in dem un- paaren Abschnitte, der Trachea, und in dem paarigen, den Bronchen, mehr gleichartige Ver- haltnisse darbieten, ergeben sich für den Kehl- kopf bedeutendere Verschiedenheiten. Bei den Amphibien bilden jene beiden als Stell* knorpel bezeichneten Knorpel (a) eine Stütze für zwei den Eingang zum Kehlkopf um*

bei Amphibien and Beptilien. A von Proteus, B von Sala- mandra, C von Ran a, Z) von Python, a Stellknorpel (Carti- lago arjrtaenoides). b ötütiknor- pel, bei A, B und C das Skelet des nnpaaren und paarigen Abschnit- tes der Luftwege bildend, bei D blos vom Anfange des nnpaaren Abflehnitte* (der Trachea) darge- stellt. (Nach Hrmi.k.)

Pneumatische Organe des Darmrohr«. 595

schlieasende Falten. Die durch Muskeln bewirkte Lageveränderung der Knorpel bedingt Oeffnung oder Schliessung des Eingangs zum Kehlkopfe. Sie sind daher auch functioneli von grösserer Bedeutung als die mehr in- differenten als Sttttten sich verbauenden Theile. Jene Stellknorpel ruhen auf den vorderen finden der beiden Längsknorpelleisten, welche bei Anderen durch quere, gegeneinander gerichtete Fortsätze ventralwärts eich verbinden und so bei vielen Amphibien einen unpaaren Abschnitt des SümmJadengerttstes entstehen lassen (C. c).

Bei den Reptilien ist zwar die transversale Verbindung der beiden Ltfngsleisten vollständiger, allein durch den conlinuiriichen Zusammen- hang derselben mit den Stellknorpel n wird besonders bei manchen Schlan- gen der niedere Zustand ausgedruckt. Bei Anderen ist die Ablösung jener Knorpel (D. a) vor sich gegangen. Auch bei Sauriern besteht dies Verhalten, nur dass hier der die Stellknorpel tragende Abschnitt sich zu einem meist geschlossenen Ringe umgeformt hat. Dadurch wird ein zwei- ter Theil des Kehlkopfs eis ringförmiger Knorpel unterscheidbar, der be- reits bei den Amphibien (C. c) in Bildung begriffen ist. Bei Schildkröten und Crocodilen ist dieser scharfer vom Trachealskelet abgesetzt und er- scheint mit seinem Vordertheile in beträchtlicher Verbreiterung. Nicht selten gehen sich Andeutungen einer Zusammensetzung aus mehreren KnorpeJringen an ihm zu erkennen. Bei den Vögeln wird dieses ringför- mige Stück aus einem vorderen breiteren und zwei hinteren schmalen Theilen zusammengesetzt, auf welch' letzteren noch ein kleines aufsitzt, welches die Stellknorpel tragt.

Bei den SBugethieren endlich ist das grosse Ringstück der Reptilien in zwei Abschnitte getheilt, indem die vordere hohe Platte den Schild- knorpel (Carl, thyreoides) vorstellt, wahrend ein zweites, vorzüglich hin- ten sehr massives Stück ringförmig bleibt (Gart. cricoKdes) und an seinem hinleren höheren Abschnitte die Stellknorpel (Cart. arytaentfdes) trögt.

§ 426.

Diesem Kehlkopfekelet verbinden sich noch andere mehr oder min- der zur Stimmerzeugung dienende Theile. Von solchen sind lateral im Eingange des Kehlkopfs gelagerte Schleimhautfalten bemerkenswert!), die bei straffer Ausspannung und Entfaltung von elastischem Gewebe zu Stimmbändern werden. Sie fassen eine Spalte zwischen sich, die Stimmritze, welche durch die Befestigung der Stimmbänder an den be- weglichen Stellknorpeln veränderlich ist. Stimmbänder finden sich bei den meisten Anuren und unter den Sauriern (Geckonen und Chamäleonten) , dann bei den Crocodilen. Den Schlangen fehlen sie.

Bei den Vögeln liegt der Stimmapparat in dem unteren Abschnitte der Luftwege, dem sogenannten unteren Kehlkopf, welcher Einrichtung der Stmmbandmngel im eigentlichen Kehlkopfe entspricht. Unter den Söuge- tbieren nur bei den Walthieren rttckgebildet, bieten sie im Wesentlichsten Anschlüsse an die beim Menschen bekannten Einrichtungen.

88*

598 II* 9. Wirbelthiere.

dagegen bei Triton. Auch bei anderen Salamandrinen ist dies noch häufig der Fall , dagegen ist bei den Anuren eine Sonderung in kleinere Räume durch ein reiches Maschennetz aufgetreten. Die Lunge wird dadurch geeignet , eine grössere Blutmenge dem Austausch der Gase aus- zusetzen. Dieses Verhältnis steigert sich bei den Reptilien. Obgleich viele (die meisten Saurier] sehr einfache Lungen besitzen , so ist doch sowohl bei Schlangen als bei Crocodilen und Schildkröten jede Lunge in eine Anzahl grösserer Abschnitte getheilt, die wieder in kleinere mehr- facher Ordnung zerfallen. Bei den Schlangen zeigen die Lungen durch ihre lange Gestalt eine Anpassung an die gestreckte Körperform , auf welche auch die in verschiedenem Masse erscheinende Verkümmerung je einer Lunge bezogen werden muss. Die Verlängerung der Lunge ist von der Ausbildung einer Eigentümlichkeit begleitet, dass nämlich der letzte meist beträchtlich ausgedehnte Abschnitt der Lunge unter Vereinfachung seines Baues nicht mehr respiratorisch ist. Solche aus der Athmungs- funclion tretende Abschnitte kommen auch bei Sauriern vor. Wie auch l>ei den Schlangen ist es hier der vorderste über die Verbindungsstelle mit den Luftwegen hinausragende Theil der ein dichteres Maschen werk trägt, wahrend das hintere Ende nur geringe Binnenfläcbenvergrösserungeo aufweist. Von diesem Abschnitte gehen bei den Chamäleonten besondere Blindschläuche aus , die weit in die Leibeshöhle einragen. Sie deuten eine Einrichtung an, welche bei den Vögeln andere functionelle Be- ziehungen gewinnt.

Hier entstehen während der Embryonalperiode gleichfalls zipfelför- inige Verlangerungen an der Oberfläche der Lunge, die sich aber mit an- deren Organen in Verbindung setzen und luftführende Hohlräume bilden. Dieser pneumatische Apparat wird schliesslich aus häutigen, zwischen die Eingeweide eingebetteten Säcken oder in die Skelettheile eindringenden Schläuchen dargestellt. Im letzteren Falle treten an die Stelle des schwindenden Knochenmarks lufthaltige Räume, welche eine bleibende Verringerung des specifischen Gewichtes des Thieres bedingen. Ebenso entsteht durch die Füllung der zwischen die Eingeweide gelagerten Säcke eine vom Willen des Thieres abhängige Gewichtsminderung, welche wie die erstere das Flugvermögen unterstützt.

Bezüglich des feineren Baues wird für die Lunge der Vögel eine Verbindung der feinsten Räume unter einander angegeben. Das Lun- genparenchym besitzt eine spongiöse Beschaffenheit. Bei den Säugetbieren ist der lappige Bau auf die kleinsten Abschnitte der Lunge fortgesetzt und gibt sich auch äusserlich in grösseren Lappen zu erkennen.

In der Lagerung der Lungen ergeben sich bedeutendere Eigentüm- lichkeiten. Die Lungen der Amphibien sowie der Eidechsen und Schlan- gen ragen in die Leibeshöble. Jene der Schildkröten und Vögel sind an die dorsale Wand des Thorax gelagert und werden an ihrer vorderen Fläche vom Peritonaeum überkleidet. Bei den Crocodilen liegt jede Lunge in einem serösen Sacke, von dem sie einen Ueberzug erhält. Aebnüch

Leibesböhle. 5Q9

verhalten sieh die Säugethiere, deren Lungen, mit einem Pleuraübersuge bedeckt, die seitlichen Hälften der Brusthohle einnehmen.

Leibeshohle.

§ 428.

Bei allen Wirbelthieren trifft sich im Anschlüsse an das Verhalten zahlreicher Wirbellosen die Sonderung eines den Rumpfdarm umgeben- den Hohlraumes, welcher durch Spaltung des mittleren Keimblattes her« vorgeht. . Es ist also eine im mittleren Keimblatte auftretende Höhle, welche nach Maassgabe ihrer Ausbildung das DarmdrttsenblaU und die von ihm aus difierenxirten Organe von den aus dem Süsseren Keimblatte entstandenen Theilen trennt. Die Beschränkung dieses Sonderungsvor- gflnges auf den Rumpftheil des Leibes scheint mit der Kiemenspaltenhil- dung am Kopfdarme in Zusammenhang zu stehen , indem letztere einer Annäherung jenes Vorganges nach vorne su, wenigstens lateral eine Grenze setzt. Wie bei Wirbellosen stellt das Cttiom eine einem Abschnitte des Gefilsssystems sugetheilte Räumlichkeit dar, insofern sie mit dem lymph- führenden Abschnitt desselben in Zusammenhang steht. Auch die hei vielen Wirbellosen bestehende directe Gommunioation nach aussen fehlt nicht ganz , wenn sie auch nicht mehr in bedeutendem Maasse entwickelt ist. Sie findet sich in dem in der Nähe der Analftffnung gelegenen meist paarigen Porus abdominalis, der bei Cyclestomen , aber auch noch bei Gnathostomen vorkommt, wie bei den Seüchiern, Chimären, bei Ge~ ratodus, vielen Teleostiern , und. in den Peritonealcanälen der Crooodile sein letztes , bei Schildkröten nur andeutungsweises Erscheinen findet. Auch ein offener Zusammenhang der Leibeshtfhle mit dem excretoriscben Apparat ist beachtens werth , inaoferne auch dadurch an niedere Zustände angeknüpft wird (s. Ezeretionsorgane) .

Die gesanunte Innenfläche des Cöloma besitzt eine Auskleidung von einer Eptthebobicbte, die an einer bestimmten Strecke besonders entfaltet das Keimepilhel vorstellt« Von ihm aus geschieht die Sonderung der weib- lichen Keimdrüsen. Im vorderen Abschnitte des Göloms ist in den nie- deren Abtheilungen Flimmerepithel an bestimmten Stellen verbreitet In Verbindung mit einer unterliegenden Biadegewebsscbichte constitoirt das Epithel des Göloms eine besondere Membran, das Peritonaeum, wel- ches sich von der Wandung her (als parietales Blatt) auf die im Räume des Cttloms liegenden oder in ihn einragenden Theile (Eingeweide) fort- setzt und dieselben gleichfalls überkleidet (viscerales Blatt) .

Bei den Anamnia ist das Ctflom eine einheitliche Gavilät , und er* scheint ebenso noch bei den meisten Reptilien, doch ist bereits bei Groco- dilen die Scheidung eines vorderen Abschnittes vom hinteren angebahnt. Bei den Sttugethiereu ist sie vollzogen. Der Zwercbfellmuskel trennt den hinteren Abschnitt des CiMoma als Bauchhöhle von einem vorderen , der die beiden Lungen enthalt, und durch eine mediane, auch den Herabeutel

600 H. 9. Wirbelthiere.

enthaltende Scheidewand in zwei seitliche, die Lungen umschliessencle Hillften (Pleurahöhlen) getrennt wird.

Gefäßsystem.

§ 429.

Die ernährende Flüssigkeit der Wirbelthiere bewegt sich in abge- schlossenen Canälen mit selbständiger Wandung und nur selten nimmt diese Bahn einen lacunären Charakter an. Dadurch unterscheidet sich die Bahn von jener der Mollusken, schiiesst sich aber enger an die bei Wür- mern bestehenden Verhältnisse an. Ihre Hohlräume bilden ein System von Canälen, ein Gefäss System. Die Entstehung desselben knüpft ans mittlere Keimblatt an, sowie denn auch die Derivate desselben wesentlich die Träger der Gefässe sind. Die Hauptstämme besitzen eine mediane Ixigerung und verzweigen sich nach der Gliederung des Körpers, in der nilgemeinsten Anordnung an manche Einrichtungen Wirbelloser erin- nernd. Diese Beziehungen kann man in dem Verhalten der Längsstämme zum respiratorischen Abschnitte des Darmcanals noch weiter begründet finden. Eine bedeutende Verschiedenheit tritt mit der Ausbildung eines Centralorgans für die Blutbewegung auf. Während dieses bei Arthropo- den und Mollusken wie bei den meisten Würmern aus dem Dorsalgefäss oder einem Theile desselben entsteht, sehen wir es beiden Wirbelthieren aus einem ventralen Abschnitte gebildet. Die Duplicität der ersten Anlage des Herzens, wie sie bei höheren Wirbelthieren erkannt wurde (Kanin- chen), kann nicht auf irgend einen bestimmten Gefässapparat bezogen werden, da uns ein solcher jenem ähnlicher nicht bekannt ist.

In den beiden grossen Gruppen der Wirbelthiere bieten sich bezüg- lich der Bewegungscentren der ernährenden Flüssigkeit bedeutende Ver- schiedenheiten dar, so dass wir den bei Amphioxus vorhandenen Apparat von jenem der Graniota trennen müssen. Bei dem ersteren erscheinen alle grösseren Gefässstämme contractu und erinnern dadurch an die bei Würmern bestehenden Einrichtungen. Die Fortbewegung des Inhaltes des Gefässsystems wird an vielen Stellen gefördert, ohne dass eine vor der andern bevorzugt wäre. Bezüglich der Anordnung dieser Gefässe ergibt sich Folgendes: Unter dem respiratorischen Abschnitte des Darm- canals zieht ein in regelmässigen Abständen Aeste zum Kiemengitter ent- sendender Längsstamm hin , diese Aeste sind Kiemenarterien. Sie sam- meln sich in einen über den Kiemen gelagerten Stamm, die Aorta, von wo aus weitere Vertheilungen im Körper vor sich gehen. Jede Kiemen- arterie besitzt an ihrem Ursprünge in einer conlractilen Anschwellung eine herzartige Bildung. Das vorderste Paar der Kiemenarterien läuft in zwei den Mund umziehende, ebenfalls contractile Bogen aus und verbin- det sich zum Anfang jener Aorta. Von diesem Gefässstämme. aus findet eine Vertheilung von arteriellen Blutgefässen in den Körper statt.

Gefö99*y«lem. gOl

Die Kenntniss dieser die Blutflüssigkeit vertheilenden Bahnen ist noch wenig sicher und ebenso bedürfen die rückführenden Gefässe noch einer genaueren Untersuchung. Das Vorkommen contractiler Sirecken auch an diesem Abschnitte des Gefesssysteins scheint jedoch festzustehen. Jeden- falls bietet der gesammte Apparat nur ganz im Allgemeinen Anknüpfungs- punkte mit dem Gefässsystem der Cranioten , und ist vielmehr der Aus- druck der anch sonst zwischen beiden Abtheilungen bestehenden Kluft.

Die Blutflüssigkeit von Amphioxus ist farblos, und führt sehr kleine, indifferente Zellen als Formbestandtheile.

§ 430.

Die Cranioten besitzen im Herzen ein einheitliches Organ für die Be- wegung der ernährenden Flüssigkeit, und sind überdies noch durch eine Differenzirung der Kreislaufbahnen ausgezeichnet, wodurch die ernäh- rende Flüssigkeit selbst in zwei Kategorieen geschieden wird. Ein Theii der beim Umlaufe durch den Körper in die Gewebe ausgetretenen, die- selben durchtränkenden Flüssigkeit sammelt sich in besonderen Bahnen, und wird dem Hauptstrome wieder zugeführt. Diese Flüssigkeit ist die Lymphe, ihre Bahn bildet das Lymphgeftfsssystem. Die von dem Herzen direct ausgehenden und in dasselbe zurückführenden Gefässe stellen das Blutgefässsystem vor. Die Lymphbahnen nehmen, so- weit sie in der Darmwand verbreitet sind , das durch den Vcrdauungs- prozess gebildete plastische Material, den Chylus, auf und führen ihn in den Blutstrom über. Sie liefern dem letzteren somit einen Ersatz für den auf dem Umlaufe durch den Körper in Folge des Stoffwechsels bestandig stattfindenden Verbrauch. Das Lympbgefesssystem bildet damit einen wichtigen Abschnitt des gesammten Gefilsssystems. Letzteres hat sich also hier wesentlich complicirt, und erscheint in dieser Gliederung in jene beiden Theile weit höher ausgebildet als die bei den Acrania und bei allen Wirbeilosen bestehenden Einrichtungen.

Mit der Scheidung der ernährenden Flüssigkeit in Blut und Lymphe gebt auch eine Differenzirung der Formbestandtheile dieser Flüssigkeiten einher. Jene der Lymphe erscheinen als indifferente, den Blutzöllen der meisten Wirbellosen ähnliche Zellen. Die Formelemente des- Blutes be- sitzen in ihrem ersten Entwickelungszustande die gleiche Beschaffenheit mit jenen, gestalten sich aber dann zu farbsloff haltigen Körperchen von bestimmter, nach den einzelnen Abiheilungen verschiedener Form. Sie bedingen durch ihre Menge die Färbung des Blutes im Gegensatz zur farb- losen Lymphe.

Abgesehen von Grösse- Differenzen kommen die Lymphzellen der Wirbclthiere mit einander überein. Dagegen bieten die an sich viel diffe- renteren Bhitzellen auch unter sich ziemliche Verschiedenheiten. Den Zellen- Charakter, soweit er aus dem Kerne hervorgeht, besitzen sie alle, wenn auch bei den Säugetbieren nur in der Fötalperiode. Ebenso allgemein ist

602 "• 9* Wirbelthiere.

den Blutkörperchen die platte, scheibenartige Gestalt. Bei Fischen, Amphi- bien, Reptilien und Vögeln sind sie dabei oval und biconvex, da die Mitte jeder Flüche einen leichten Vorsprung bildet. Biconcave runde Scheiben stellen sie bei Säugethieren vor, doch bestehen bei einzelnen (z. B. Tylo- poden) auch ovale Formen. Bezüglich der Grösse sind jene der Dipnol und Amphibien (besonders von Proleus, Siren u. a.) die bedeutendsten. Bei der wichtigen Rolle, welche den Blutkörperchen als Trägern der Gase in der Oekonomie der Wirbelthiere zukommt, ist deren Zahl, wie ihr Volum und die damit von ihnen repräsentirte Oberfläche von grösster Wichtigkeit. In den höheren Abteilungen bietet die relative Blutmenge nur geringe Schwankungen, und ebenso erscheint das Volumverhältniss zwischen Plasma und Blutkörperchen in keinen bedeutenden Differenzen. Dagegen ergibt sich gemäss der Vertheilung der gesammten Biutkörperchensubstanz auf grössere oder kleinere Formelemente ein bedeutender Unterschied zwi- schen den kalt- und warmblütigen Abtheilungen und von den ersteren wieder zwischen Reptilien und Amphibien, von denen die letzteren auch in dieser Hinsicht sich bedeutend tiefer stellen.

Welcher, H., Zeitschr. f. rationelle Med. XX. p. 290; und Aren. f. Mikrosk. VIII.

Herz und Arteriensystem.

§431.

Das Herz aller Craniota besteht in einem gewissen Stadium aus einem einfachen Schlauche. Allmählich länger werdend als der ihm zugewiesene Raum, legt er sich in eine S-förmige Schlinge, und geht damit in die Form über, die dem Herzen später zukommt. Mit der Umformung verbindet sich die Sonderung in zwei Abschnitte. Davon empfängt der hintere das Blut und übergibt es dem vorderen, der es in Gefässbogen zu einem längs des Axenskeleles verlaufenden Arterienstamme leitet, von welchem die fernere Vertheilung im Körper ausgeht. Man bezeichnet den ersten Abschnitt des Herzens als Vorhof, den zweiten als Kammer. Ein besonderer, gleich beim ersten Auftreten des Herzens vorhandener Raum umschlieast Kam- mer und Vorkammer als Pericardialhöhle, deren Wandung den Herzbeutel (Pericardium) vorstellt.

Diesen einfachen Zustand des Herzens treffen wir bei den Fischen. Eine Kammer und eine Vorkammer bilden die beiden Haupt- abschnitte. Die letztere empfängt aus einem dicht hinter ihr, und nur zum Thetl ausserhalb des Pericardiums gelagerten Sinus venöses Blut. Sie bietet in der Regel beiderseits Ausbuchtungen, welche gegen die vor ihr gelegene Kammer sich verlängern (Auriculae). Ihrer Function gemäss ver- halten sich die Wände des Herzens. Eine nur dünne nach innen netz- förmig vorspringende Muskelschicht besitzt die Vorbofswand. Sie hat das Blut nur in die Kammer zu treiben. Bedeutender ist die Leistung der Kammerwand, die demgemäss ein mächtiges Maschenwerk von Muskel-

Herr und ArierinusyslelD.

603

batkeii besitzt. Dieses springt nach innen vor and verkleinert damit den eigentlichen Rinnenrauin der Kammer. Dafür erfolgt eine CompensAtion durch den Zusammenhang der Maschsnrauine der Kammerwand mit der Hohle der Kammer. Zwei membranose Klappen finden sieh am Oaiitini »trioventficulare (Fig. 324. o) und verhindern eine RUckstauong des Blutes. Eben solche Taschenklappen finden sich meist iu drei am Ostium arteriosum der Kammer, Dia mechanischen Vorrichtungen zur Directien des Blntstromea sind hiemit ursprünglich an beiden Oatien der Kammer wesentlich gleiche. Der Binneoraum der Kammer seist sieb in den von letzterer abgehenden Arterien stamm fort, der mit einer Erweiterung (Bulbus arte- riosus) beginnt. Der hieran angeschlossene Theil der Kammer erscheint bei Selachiern und Chimären als eine Verlängerung, in deren Wand die Muskulatur der Kammer eine ringförmige Anordnung gewonnen hat. Dieser Abschnitt des Hertens ist der Conus arteriosus [B) . Seine Abgrenzung vom Bulbus arte- riosus bilden drei laschenfbrmige Klappen. Hinter diesen findet sieh noch eine Anzahl in Lungsreihen geordneter Klappen im Conus arteriosus. Ein ahn- liches Verballen bieten auch alle Ganoiden. Bei den Teleostiern dagegen ist der Conus arteriosus nur selten mehr erkennbar, und von den Klappen be- stehen fast immer nur iwei an der Grenze gegen den Arterien bulbus. Cerstodus besitzt Rudimente van iwei Klappenreiben hinter den vier an der Grenze des Conus stehenden Taschenklappen. Bei Protopterus bilden Längsfalten die Andeutung einer Scheidung des Conus.

Die Ruckbildung des Conus arteriosus der Teleoslier ist von einer Ausbildung des Bulbus begleitet, in dessen Wand eine Vermehrung des glatten Muskelgewebes stattfindet. Er gewinnt damit den Anschein eines selbständigen Abschnittes der mit dem Conus arteriosus nicht coufundirt werden darf. Mit Ausnahme der Dipnot fuhrt das Herz der Fische aus- schliesslich venöses Blut.

§ 432. Der Stemm der Kiemenarterie lagert bei allen Fischen unter dem Kiemenge rüste, und entsendet längs der Bogen des letzteren seine Aeste. Diese gehen während früherer Entwickelungsstadien unmittelbar in ein jederseitsan der Schadelbasis verlaufendes Utngsgefäsa über, ran welchem eine Arterie cum Kopfe, vorzüglich zum Gehirn und Auge sich fortseist h Carotis interna). Nach hinten vereinigen sich beide Längsstämme ^Aorten- wurzeln) zu einem unpaaren Hauptstamme, der Aorta. Vergl. Fig. 325. Mit der Entwickelung der Kiemenblällchen an den Kiemenbogen entfaltet

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IL 9. Wirbelthiere.

Fig. 325. Schema der Arterien-

bogen. 1—5. a Kiemenarterie.

a" Aorta, c Carotis.

sich allmählich in crstercn ein Gefässnelz von den Arterienbogen her. Mit der Ausbildung dieses Gefässnetzes werden die Arterienbogen aufgelöst. Jeder von ihnen wird durch ein Capillarnetz ersetzt, zu welchem ein Ast

der Kiemenarterie tritt, und aus welchem eine Arterie als Kiemen vene hervorkommt, um in die Bildung der Aorta einzugehen. Das aus dem Magen durch die Kiemenarterien den Kiemen zu- geführte Blut ist aber venöses Blut, da es aus dem Körperkreisläufe zum Herzen zurückkehrte ; mit der Vertheilung durch das Capillarnetz der Kiemen wird es wieder arteriell und gelangt als solches durch die Kiemenvenen in die Aorta und damit zum Umlauf durch den Körper.

Die Zahl der aus dem Arterienbulbus kom- menden Kiemenarterien entspricht der Anzahl der in Thätigkeit befindlichen Kiemen. Bei den Cycloslomen und den Selachiern ist sie am bedeutendsten. Fünf Paare kommen auch noch bei GanoYden vor, während bei den Knochen- fischen nur während des Embryonalstadiums eine grössere Anzahl (6 7) Arterienbogen vor- handen ist. Die beiden vordersten dem Kiefer- und Zungenbeinbogen angehörten gehen entweder keine Beziehungen zu Kiemen ein, oder die dem Zungenbeinbogen angehörige Kieme ist nur in vorübergehender

Function ( Opercularkieme ) . /•' *J Durch Verkümmerung der hinter-

sten, dem rudimentär werdenden letzten Kiemen bogen angehöri- ge n Kieme wird eine Minderung auf vier, ja sogar auf drei Paare gegeben.

Die Vertheilung der Ursprünge dieser Kiemenarterien kommt auf mannichfache Weise zu Stande. Sie entspringen entweder paar- weise vom einfachen, mit Abgabe des letzten Paares endenden Hauptstamme, oder einige gehen jederseits aus einem gemeinsamen kurzen Stamme hervor, wie dies be- sonders für die hinteren »Kiemenarterien der Selachier, auch mancher GanoYden und Teleostier der Fall ist, oder der Hauptstamm der Kiemen- arterie theilt sich gleich an seinem Ursprünge m zwei seitliche Aeste. von denen die einzelnen Kiemenarterien als Zweige hervorgehen (z. B. hei Bdellostoma unter den MvxinoidenV

Fig. :«2G. Kopf eines Teleostf er-Embryo mit Her Anlage des Gefasssysttms. (Schema.) a Vorhof. r Kam- mer, abr Kiemenarterie, c Carotis, ad Aorta. »Kiemen- spalten, t* Nasengrnbe. sr Sinns venosu». de Ductus

Curieri.

Her* iiiu! Arlerieasy stein.

Fig. SIT. AortenbofH BrWrlcniUmm. llSAi

§ 433.

Von grösstem umgestaltenden Einfluss ist das Auftreten von Lungen, welche durch Uebernahme der vorher von den Kiemen besorgten Function bedeutende Aenderungen in der Anordnung der grossen Gefassslämme hervorrufen. Nicht minder äussert sich diese Veränderung im Bau des Herzens, wofür die DipnoY ein interessantes Beispiel liefern, in- dem hier eine Trennung der Räume des Her- zens beginnt. Bei Lepidosiren setzt sich von der Vorn ofswand ein Masebenwerk von Muskel- bnlLen als eine Art von Scheidewand durch den Vorhof fort. Letzterer zerfallt dadurch in einen rechten und linken Abschnitt , die beide jedoch zwischen den Balken viele Ver- bindungsstellen besitzen, und auch mit ge- meinsamer Oeffnung in die Kammer einmün- den. Der Venensinus mündet dann in die rechte Vorkammer und in die linke senkt sich eine Lungenvene ein. Muskulöse Vorsprung« lassen auch in der Kammer eine Scheidung «* *•«•■ «.u« nc* m «* *i«t» beginnen. Dem entspricht die Trennung des met« BoMu. br xifntuniH». Lumens des Arterienbulbus in zwei Baume, tfXäbnMtm. «Awi*.<Att*rf« von denen jeder besondere Arterien ent- *' H^™P, '

springen lasst. Diese bilden drei, längs der

vordem Kiemenbogen hinziehende GofMsse, von welchen das vorderste jederseits mit dem zweiten sich verbindet, und mit dem anderseiligen eine Aorta herstellt (ho!. Diese beiden Gelasse gehen keine Beziehungen zu Kiemen ein. Der dritte Bogen lasst Kiemenarterien entspringen, verbindet sich noch durch einen engen Gang (6) mit der Aortenwurzel, und setzt sich dann als Lungenarlerie (p) fort. Dieser Bogen verholt sich somit als Arteria branchio-pulmonalis, und die beiden vordem Bogen stellen, da sie keine Kie menge fasse entsenden, Aortenbogen dar.

In ähnlichem Verhallen treffen wir den Circulalionsapparat der Am- phibien. An deren Vorkammer ist die Scheidung bei den meisten voll- zogen, bei manchen unvollständig, wie bei Proleus; auch bei Salamandra bleibt noch eine Oeffnung im Senium bestehen. Körpervenen münden in den rechten, Lungenvenen in den linken Vorhof. Die Kammer ist einfach, und besitzt nur Andeutungen einer Scheidewand. Membran ose Taschen- klappen am Oslium atrioventriculare verhalten sich ähnlich wie bei den Fischen. Aus der Kammer entspringt ein muskulöser Arterienbulbus Fig. 328-on! , in welchem die bei Lepidosiren im Beginn getroffene Schei- dung sieh vollzogen hat. Er entsendet anfänglich bis tu fünf Paaren Arterien bogen . die bis auf vier oder drei sich rückbilden. Wie bei den Fischen entwickelt sich vom Herzen aus ein Gefdssnetz zu den Kiemen.

߻r>

II. 9. Wirbellhlere

Damit scheidet sich der Arlerienbogen in einen zu- und einen abführen- den Abschnitt : eine Kiemenarlerie und eine Kiemenvene, zwischen denen das Capillarnelz liegt. Die Kiemenvenen bilden die Wurzeln der Aorta. Jede Kiemenarlerie steht jedoch mit der bezüglichen Kietnenvene durch einen Ductus arteriosos, eine Strecke des ur- sprünglieben Arterieabogens, id Zusam- menhang. Die letzte Kiemenarterie sen- det , mit der Entwicklung der Lungen, Ähnlich wie bei Lepidoslren, einen Zweig zur Lungenarterie , oder diese [p) ist die directe Fortsetzung jenes Gelasses.

Die Rückbildung der Kiemen ruft bei einem Tbeile der Amphibien eine Aende- rung des bei den PerennibrancbiBlen fort- bestehenden Gefüss-Apparales hervor. Zunächst entwickeln sieb die zwischen Kiemenarlerien und Kiemenvenen bereits bestehenden di reden Verbindungen (vergl. Fig. 328) so, dass einige Arterien- bogen direct aus dem Herzen in die Aorten wurzeln sich fortsetzen. Der letzte, hercils die Pulmonalarterie entsendende Bogen entwickelt sich zum Stamme dieser Arterie und behält entweder nur unansehnliche Verbindungen (Ductus iirleric-sus) mit der Aorten Wurzel bei, oder gibt aueb diese auf und erscheint als selbständiges Gefäss. So verbinden sich ähnlich wie bei Lepidosiren mehrere Arterien bogen zur Aortenwurzel, indess einer der primitiven Gefässbogen zur Lungenarterie wird. Sowohl die Einrichtung des Herzens als auch das Verhalten der grossen GefUssslämme gestattet eine Mischung der beiden Blutarten. BtfOK, E.. Denksclir. d. Wien. Acatt. I.

§ 431.

Ein bedeutender Schritt in der Diflerenzirung der Kreislauforgane geschieht bei den Reptilien, deren Herz seine Lage in grösserer Entfer- nung vom Kopfe erhall. Es rückt von seiner Bildungsstätte aus allmählich nach hinten und wird in die Brusthöhle eingebettet, welche Lage es nun- mehr bei allen Amnioten behält. Der Kammerahscbnitt besitzt meist eine längliche Gestalt, breit ist er bei Schildkröten (Fig. 330) und manchen Sauriern. Von beiden stets durch ein Septum von einander geschie- denen Vorhafen nimmt der rechte wie bei den Amphibien die Körper- venen , der linke die Lungenvenen auf. Krslerer ist stets von grosseren) Umfange. Die stark muskulöse Kammerwand setzt sich besonders bei Schlangen, Schildkröten und Sauriern in ein den Binnenraum der Kam-

Hera and Artcrienaystem.

607

mer verkleinerndes In sehen werk fort, ähnlich wie bei Fischen und Am- phibien. Durch ein solches Maschenaetz wird auch prosstentheils die Kammerscheidewand dargestellt, nur dass einzelne Muskelbalken hier stärker entwickelt erscheinen. Die rechte Hälfte der Kammer empfängt venöses, die linke arterielles Blut, und danach können beide Abschnitte unterschie- den werden. Die L'n Vollständigkeit der Trennung der beiderseitigen Räume wird durch mancherlei Einrichtungen wenigstens taeilweise compensirt. Hieher gebort das Vorkommen einer Muskelleiste, welche den die Lungenarterie abgebenden Raum von dem übrigen Kammerraum partiell abschliessen kann. Vollständig ist die Scheidung der Kammer bei den Crocodilen.

Die membranösen Klappen des Ostium atrioventriculare sind an der rechten Herz- hafte bedeutender entwickelt. Bei den Cro- codilen ist rechterseits nur eine dieser Klap- pen vorhanden, die längs des Seplum der Ventrikel sich erstreckt, die andere wird durch einen Vorsprung der lateralen Muskel- waud der Kammer vertreten. Der ausserlich einfache Arterienbulbus gehl scheinbar aus der rechten Kammer hervor. Er ist jedoch in mehrfache Canäke gesondert, die mit beiden Kammern in Verbindung stehen. Am Ursprünge der Arterien sind Taschenklappen angebracht.

Von den fünf primitiven Arterienbogen sind die beiden ersten ver- gänglich, und die Übrigen erleiden nach den einzelnen Abibeilungen ver- schiedene Umgestaltungen. Bei den Sauriern bleibt jederseils der dritte bestehen und verbindet sich rechts mit dem vierten , der wie die beiden dritten , aus dem von der linken Kammer stammenden Gefasse hervor- geht. Der vierte linke, mit dem drillen seiner Seile verbundene Arterien- bogen correspondht dagegen mit der rechten Herzkammer. Der fünfte Bogen wird jederseils zum Theile in die anfänglich nur aus ihm entsprin- genden Pulmonalarterien Übergenommen , die mit der Differenzirung des primitiven Aortcnbulbus vom Pulmonalarterienstnmme abgehen. Somit entstehen jederseils zwei Aortenbogen, von denen einer, der zweite linke, venöses Blut führt. Er steht jedoch mit dem vorhergehenden in peripherer Verbindung, so das« eine Mischung der Bluttaten staufinden muss. Bei den Ophidiem ist die Verbindung des ersten persistenten Bogenpaares der Saurier mildem zweiten meist vollständig verschwunden, wodurch dieser Abschnitt nebst seiner Fortsetzung zur inneren Carotis wird. Bei den Schild- kröten ist der rechte arterielle (Fig. 330 ad) wie der linke venöse Aorlen-

Lqopnirt

606

II. S. Wirnehtiiere.

Damit scheidet sich der Arterienbogen in einen zu- und einen abführen- den Abschnitt : eine Kiemenarterie und eine Kiemenvene, zwischen denen das Capillarnetz liegt. Die Kiemen venen bilden die Wurzeln der Aorta.. Jede Kiemenarterie sieht jedoch mit der bezüglichen Kiemenvene durch einen Ductus arteriöses, eine Strecke des ur- sprünglichen Arterieohogens, in Zusam- menhang. Die letale Kiemenarterie sen- det , mit der Entwicklung der Lunge». Ähnlich wie bei Lepidosiren, einen Zweig zur Lungenarlerie , oder diese (p) ist dir directe Fortsetzung jenes Gelasses.

Die Rückbildung der Kiemen ruft bei einem Tbeile der Amphibien eine Aende- rung des beiden Perennibranchialen fort- bestehenden Geisse -Apparates hervor. Zunächst entwickeln sich die zwischen Kiemenarterien und Kiemsnvenen bereits bestehenden directen Verbindungen ■ur. ta AtUrienboibtH,. i - 4 Adtrito- (vergl. Fig. 328. so, dass einige Artericn-

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Bogen entwickelt sich zum Stamme dieser Arterie und behält entweder nur unansehnliche Verbindungen (Ductus jirleriosusj mit der Aorten wursel bei. oder gibt auch diese auf und erscheint als selbständiges Gebiss. Sc verbinden sich ühnlich wie bei Lepidosiren mehrere A rlerien liegen zur Aortenwurzel , indess einer der primitiven Gefässbogen zur Litngenarterir wird. Sowohl die Einrichtung des Herzens als auch das Verhalten Ar grossen Gefüsssläinme gestaltet eine Mischung der beiden ßlulnrten. Bmcu, E.. DenLscIir. d. Wien. Acatl. I.

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§ 434.

Ein bedeutender Schrill in der Difl'ercnzirung der Kreislauf"* geschieht bei den Reptilien, deren Herz seine Lag* in grosserer \ ming vom Kopfe erhalt. Es rückt von seiner Bildungsstätte nus alln nach hinten und wird in die Brusthöhle eingebettet, welche Loge« mehr Iwi allen Amnioten behilil. Iirr KriiMinei'.il" lifngliohe Gestalt, breit ist er bei Schildkröten (Hg-Ktf-fl Sauriern. Von beiden stets denen Vnrhiifen ninunl di-r rechte wie b venen. der linke die Lungenvenfj^iifl l'mfange. Die stark intiskulttt Schlangen. Schildkrötei

Her* und Arterlensystem.

607

nter verkleinerndes Maschenwerk (ort, ähnlich wie bei Fischen und Am- phibien. Durch ein solches Masohenneli wird auch grösflentheils die Kammerseheidewand dargestellt, nur dass einzeln« Muskelbalken hier starker entwickelt erscheinen. Die rechte Hälfte der Kammer empfängt venöses, die linke arterielles Blut, und danach können beide Abschnitte unterschie- den werden. Die Unvollstandipkeit der Trennung der beiderseitigen Räume wird durch mancherlei Einrichtungen wenigstens «heil weise compensirt. Hieher gehört das vorkommen einer Muskelleist« , welche den die Lungenarterie abgebenden Raum von dem ^■xrigen KammerrBum parlieH abschliessen kann. Vollständig ist die Scheidung der Kammer bei den Crocodilen.

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II. 9. Wirbelthie

lug *i.

bogen (oj) mii den aus dem letzten primitiven Bogen paare hervorge- gangenen Pulmonalarterien (pii. ps) durch einen Botallischen Gang io Zusammenhang. Dieser ist bei den Crocodilen verschwunden, so dass also hier aus der linken Kammer ein den rechten Aortenbogen und die Caroliden ent- se ödender Geftsastamm entspringt, während aus der rechten Kammer ein linker Aorten- bogen und die Pulmonalarlerie entspringen. Von der primitiven Verbindung dieser GefSss- stämme erhalt sich bei den Crocodilen im Arterienbulbus eine Coromunicalion zwi- schen dem arteriellen und venösen Stamme a!s Foramen Panitzae. Für die Mischung der Blularten ist dieses jedoch wohl nur von geringem Belange.

Im engeren Anschlüsse an den Gefass- apparat der Reptilien, besonders der Crocc- dile, findet sich jener der Vogel. Aber es besteht bei diesen insofern« eine bedeutende »täiunie Weiterbildung, als sowohl im Herzen als jrdtui. aucn jn (jen grossen Arterienslämmen die E°'* Scheidung des arteriellen und venösen Blutes vollzogen ist. Am Herzen erscheinen die Vorhofe kleiner durch geringere Ausbildung ihres vorderen (ventralen) Abschnittes. Die Musku- latur der Kammerwand ist besonders linkerseits bedeutend verstärkt. Die rechte Kaminer legt sich m ante! förmig um einen grossen Theil der linken. Die Atriovenlricularklappe der rechten Kammer wird durch eine das Ostium von aussen her umziehende von der Kammerwand her einra- gende muskulöse Leiste (Muskel klappe) vorgestellt, indess die bei Croco- dilen noch bestehende zweite, membrandse Klappe selten in Spuren besteht. Am linken Üslium kommt eine mit der Kammerwand durch Sehnen faden verbundene Klappe vor. Die Reductionen der primitiven Arlerienbogen entsprechen jenen der Reptilien, vorzüglich der Schlangen und Crocodile. Allein der linke Aortenbogen gelangt nicht zur bleibenden Ausbildung. Es besieht demnach nur ein einziger, rechter, Aortenbogen, der aus der linken Kammer entspringt. Mit ihm entspringen zwei Arle- rienstamme, Art. brachiocephaücae , welche sich je in eine Carotis com- munis und eine Subclavia theilen. Reste eines linken Aortenbogens erhalten sich zuweilen bei Raubvögeln in Form eines ligamenttfsen Stran- ges, der den Verlauf des Gefässes andeutet. Die aus dem letzten primitiven Arlerienbogen hervorgegangene Pulmonalarlerie ist somit der einzige aus der rechten Kammer entspringende Arterienstamm.

Fhitkch, G., Zur vergl. Anatomie der Amphibien heilen. Arcb. f. Anal, u Ph;-

Herr and Arteriensystem. 609

§ 435.

Das Herz der Säuget hiere kommt in der vollkommenen Trennung beider Hälften mit jenem der Vögel überein. Allein aus seinem Bau, wie aus der An- ordnung der grossen Geftssstämme tritt doch eine bedeutsame Verschieden- heit hervor. Nur die Anlage sowohl des Herzens als des gesammten, gleich- falls eine Mehrzahl von Bogenpaaren besitzenden Arterien-Systemes ist ge- meinsam. Während des Embryonalzustandes erhält sich die Communication zwischen beiden Vorhöfen, bei den Beutelthieren durch eine schlitzförmige Oeflhung, bei den placentalen Säugethieren durch eine grössere Lücke (Fora- men ovale) dargestellt. Diese Verbindung gestattet dem aus der Umbilical- vene durch die Vena cava inferior in die rechte Vorkammer gelangenden Blute den Eintritt in die linke Kammer und von da die Vertheilung in den Körperkreislauf durch die Aorta. Bei den Monodelphen wird die Oeffhung durch das Vorwachsen einer gegen den linken Vorbof gerichteten Scheide- wand (Valvula foraminis ovalis) allmählich geschlossen, so dass nach der Geburt eine vollständige Trennung der Vorkammern entsteht. Die Um- grenzungsstelle des ursprünglichen Foramen ovale bleibt als ein ringför- miger Wulst auch später unterscheidbar. Der vorderste (ventrale) Ab- schnitt des Raumes beider Vorkammern bildet bei den Säugethieren eine unansehnliche, beiderseits verschieden gestaltete Verlängerung, die »Herzohren«. Sie entsprechen dem grössten Tbeile der Vorhöfe der unteren Classen , indem der hintere Vorhofsraum wenigstens rechterseits aus einem bei jenen vom Vorbofe getrennten Venensinus gebildet wird [vergl. unter Venensystem) . Die Herzohren der Säugethiere sind daher Rückbildungen des vorderen Vorhofsabschnittes.

Wichtige Veränderungen bieten die Atrioventricularklappen. An deren Stelle bestehen in sehr frühen Stadien einfache häutige Duplica- turen, wie sie bei Fischen , Amphibien und auch noch bei Reptilien fun- giren. Die Ventrikel zeigen bei verhältnissmässig kleinem Binnenraume ihre Wand aus demselben spongiösen Muskelgewebe gebildet, wie wir es in den vorhin genannten Classen auch noch im ausgebildeten Zustande antreffen. Allmählich verdicken sich die Balken und ein Theil davon geht in die compactere Herz wand über. Der mehr nach innen zu verlaufende, das Lumen des Kammerraumes begrenzende Theil dieses Balkennetzes, welcher am Umfange des venösen Ostiums inserirt, setzt sich mit jenen Klappenmembranen in Verbindung. Indem der freie Rand der Klappe im Wachsthume zurückbleibt, und nur der mit den Muskelbalken zusammen- hängende Theil sich erhält, gelangt die Klappe in innige Beziehungen zur Kammerwand, so dass von letzterer her Muskelbalken in eine am Ostium entspringende Membran übergehen. Dieser bei den meisten Säugethieren vorübergehende Zustand bleibt bei Monotremen (Ornithorhynchus) in der rechten Kammer bestehen. Von der Ventrikelwand entspringende Muskel- balken gehen in eine membranöse Klappe über. Bei allen übrigen Säuge- thieren geht aus diesem Zustand ein anderer hervor. Die Muskelbalken

Gegenuaur, GrandrU« d. vergl. Anatomie. Aufl. 39

.(510 II* 9. Wirbelthiere.

ziehen sich gesen die Kammerwand zurück, bilden sich damit zu den Papillarmuskeln aus. indess ihr vorderer zur Klappe verlaufender Theil durch Sehnenfäden (Ghordae lendineae) vorgestellt wird. Die übrigen spongiösen Muskelnetze der Kammerwand bleiben als Trabeculae carneae bestehen. Die Atrioventricularklappen sind somit sammt den Chordae tendineae Differenzirungen eines Theiles des primitiven muskulösen Bal- kennetzes, welches mit primitiven Klappen sich in Verbindung gesetzt hat. Die gleichen Klappen in der linken Kammer des Vogelherzens neh- men auf die gleiche Art ihre Entstehung. Aus den Arterienhogen der Embryonalanlage diOerenziren sich bei den Säugethieren die grossen Ar- terienstämme in etwas anderer Anordnung. Die beiden ersten Bogen schwinden vollständig, der dritte stellt, wie sonst, einen Theil der Carotis her. Der vierte geht rechts in die Subclavia über, während er linkerseits den Aortenbogen hervorgehen lässt, von welchem die linke Subclavia selb- ständig entspringt. Garotiden und rechte Subclavia sind mit dem Anfange der Aorta vereinigt. Ein linkerAortenbogenist also bei den Säuge- thieren der Hauptstamm des arteriellen Gefässsystems. Aus dem fünften Bogen bildet sich die Art. pulmonales , die linkerseits während des Fötal- lebens durch einen Ductus arteriosus (Ductus Botalli] mit dem Aorten- bogen communicirt. Das in die rechte Kammer gelangende Blut der oberen Hohlvene wird dadurch von den Lungen ab und in die absteigende Aorta eingeleitet , die also bis zur Geburt gemischtes Blut fuhrt. Nach der Ge- burt schwindet die Communication zwischen der Pulmonalarterie und Aorta descendens und der betreffende Abschnitt (b) jenes Gefässes wird in einen Strang (Ligamentum Botalli) umgewandelt.

Sabatier, A., Etudes sur le coeur et la circulation centrale dans la serie des vertebre*. Montpellier 4873.

§ 436.

Die Körperarterien der Wirbelthiere nehmen bei Allen im frühe- sten Zustande ihren Ursprung aus dem Bulbus arteriosus. Bei den durch Kiemen athmenden wird das aus dem Bulbus entspringende arterielle Bogensystem (primitive Arlerienbogen ) , wie bereits oben 432) bemerkt, in die Gefässe des Kiemenkreislaufs aufgelöst, und erst aus den ausfüh- renden Gelassen der Kiemen (Kiemen venen), geht das System der Körper- arterien hervor. Der anfänglich direct durch die Arterienbogen zur Aorta entsendete Blutstrom wird mit der Entwickelung der Kiemen in neue Bahnen übergeführt, und gelangt somit auf Umwegen, die ihn dem Alh- mungsprocess unterziehen, zu seiner Vertheilung im Körper.

Bei den MyxinoTden vereinigen sich fast alle Kiemenvenen zur Bil- dung einer subvertebralen Aorta, die sich nach hinten als Hauptarterie des Körpers fortsetzt, aber auch nach vorne zu als »Arteria vertebralts impara verlängert ist. Auf ähnliche Weise sammeln sich zwei seitliche Längsstämme aus den Kiemenvenen, welche vorne mit je einem AM in

Heri und Arteriensystem.

611

die Arteria verlebralis impar eingehen, mit einem anderen Aste dagegen eine Carotis bilden. Die beiden Carotinen theilen sich in einen äusseren und inneren Zweig, von welchen der Kopf versorgt wird. Bei Petromyzon fehlt die vordere Verlängerung der Aorta, so dass die auf ähnliche Weise wie bei den MyxinoYden entstehenden Carotiden die einzigen vorderen Arterien sind. Bei den Selachiern und Chimären entsteht die Aorta aus einem jederseits durch die Vereinigung der Kiemenarterien hervorgeben- den Stamme. Aehnlich ist das Verhalten bei den GanoYden und Teleo- stiern. Die Carotiden nehmen ihren Ursprung aus der ersten Kiemenvene oder aus dem Vorderende des paarigen Arterienstammes, der jederseits als Aortenwurzel die Kiemenvenen sammelt und sich dann mit jenem der andern Seite zur Aorta vereint oder auch vorne eine solche Queranasto- mose eingeht, die einen arteriellen Circuius cephalicus an der Schädel- basis abschliesst. Eine besondere Augenarterie entsteht aus den Gefässen der Nebenkieme, in welche entweder ein directer Ast der ersten Kiemen- vene (Selachier) oder ein den Zungenbeinträger umziehender Zweig aus demselben Gefässe eintritt (Teleostier, . In* dem Ursprünge und der An- ordnung der einzelnen Gefcsse kommen viele Modificationen vor, wovon die bedeutendsten auf das Verhalten der Carotiden und der Augenarterie treffen.

Dieser Abschnitt des Gefässsystems verhält sich in ähnlicher Weise noch bei Amphibien. Die Kopfarterien entspringen bei den Perennibran- chiaten aus dem vorderen Theile der Aortenwurzeln ; bei den Caducibran- chiaten aus dem bleibenden vor- dem Arterienbogen, oder sie sind die Fortsetzungen des vordem Bo- gens selbst (Fig. 331. c). Eine zur Zunge tretende Arterie (/ repräsen- tirt dabei eine Carotis externa. Nach deren Abgang findet sich bei Fröschen, auch bei Salamandrinen, eine Anschwellung (c) des Carotis- Stammes, die sogenannte Carotiden- drüse. Das Lumen des Gefässes ist hier von einem Balkennetz durch- setzt, somit in zahlreiche engere Bahnen aufgelöst, ähnlich der Ein- schaltung eines Capiilarnetzes in die Bahn einer Arterie. Aus einer solchen Einrichtung, der unvollstän- digen Rückbildung eines Kiemen- gefässnetzes, scheint die Carotiden- drüse hervorgegangen zu sein. Das folgende Bogenpaar stellt Aorten-

tut

Fig. ^31. Arterien?) stein des Frosches, ha Bul- bus arterioeus. c Carotis. C Carotidendrüse. I Art. lingualis. ad Rechte , as link« Aorta, a Aortenstamni. m Eingeweidearterie. *f Recht«, m linke Subclavia, oes Speiseröhrentate. p Lun- genarterie, cvt Hant&ste derselben, occ Hinter

hanptiiweif?

39»

612

II. 9. Wirbelthiere.

bogen [ad as) vor, die nach hinten convergiren, schliesslich in einen un- paaren Aortenstamm (a) zusammentreten. Jeder Aortenbogen entsendet eine Subclavia (sd ss). Kurz vor der Vereinigungsstelle geht von der linken Aorta eine starke Eingeweidearlerie (m) hervor. Einen letzten Arterien- bogen stellt die A. pulmonalis vor. Sie gibt bevor sie zur Lunge tritt ip) einen ansehnlichen Hautasl ab (cut), der sich am Rücken und Nacken bis zum Hinterhaupte verzweigt, und für die respiratorische Function des integumentes Zeugniss ablegt.

Die Amnioten bieten in den ersten Zuständen unter sich viele über- einstimmende Verhältnisse des Arteriensystems. Die das Gehirn und das Auge versorgende Carotis interna (Fig. 332. A. B. c') erscheint als eine nach vorne gehende Fortsetzung der jederseitigen Aorten wurzel . Die äussere Carotis ist ein Zweig des dritten primitiven Arterienbogens. Schwindet der Zusammenhang dieses Bogens mit dem vierten, so gehen beide Caro- tiden jederseits aus einem gemeinsamen Stamme hervor (C) . Sie erscheinen im Allgemeinen als zwei an den Seiten des Halses mit dem N. vagus ver- laufende Stämme. Bei den Eidechsen hängen sie noch mit dem folgenden Arterienbogen zusammen und bewahren damit ihr ursprüngliches Verhal- ten. Die rechte gemeinschaftliche Carotis erleidet bei vielen Schlangen eine Rückbildung und kann sogar vollständig verschwinden.

Fig. 332. Entwicklung der grossen arteriellen (iefässstämme, dargestellt an Embryonen A eine» Reptils (Eidechse), B Vögeln (Hühnchen) und (7 Säuge t hl er s (Schwein). Bei Allen sind die beiden erbten Arterienbogenpaare verschwunden. In Ä and B bestehen der dritte , vierte und fünft« Bogen vollständig. Bei C bind nur die beiden letzten noch vollständig, und die Verbindung des dritten mit dem vierten ist gelöst. Vom fünften Bogen geht ein Ast (p).als Pulmon&larterie ab. Der Stamm von da bia zur Aorta bildet den Ductus Botalli. c Carotis externa, e' Car. int. Bei A nnd B vordere Fortsetzung der Aortenwnrzel, bei C mit Carot. ext. gemeinsamen Stamm bildend, a Vorhof. * Kammer. ad Aorta descendens. % Kiemenspalten, m Anlage der Vordergliedmasse, n Nasengrube. < Nach

H. Rathkk. )

Auch bei den Vögeln entspringt dieselbe Arterie mit einer Subclavia von einem gemeinsamen Stamme (Art. brachiocephalica) , verliisst aber ihre ursprungliche Bahn und lagert sich median an die Unterfläche der Halswirbel, indess die linke ihren Verlauf beibehält, indem bei Anderen

Herz und Arleriensyalem. 6)3

beide Carotiden diese Abweichung zeigen, wird ein LVbergang zu einer dritten Form gebildet, die durch eine Verschmelzuni: der heiden anein- ander gelagerten Ge fasse sich ausspricht. Dabei schwindet der isolirt verlaufende Theil der rechten Carotis und es entsteht ein linkerseits entspringender median verlaufender Gefass- stamm, der sich als sogenannte Carotis primaria zum Kopfe be- gibt. Dieses Verhallen besitzen manche Vflgel mit den Crocodilcn gemeinsam. Verschieden hievon islein hei Schlangen und manchen Sauriern bestehender unpaarer Caroliiienslnmm (Fig. 329 c, auf- zufassen, der gleichfalls vorne in zwei Kopfarterien Übergebt. Diese Bildung gehl aus der Annähe- rung der Ursprungsstellen beider Carotiden am rechten Aorten- bogen hervor. Aus der ver- einigten Ursprungsstelle entsteht ein gemeinsamer Arlerienslamm. Eine andere Eigen thü ml ich keil ist das Vorkommen einer un- paaren, vom rechten Aorten- bogen längs der Wirbelsäule nach vorne verlaufenden Sub- verlebralarterie (Fig. 349 sv).

Unter den Säugelhieren ergehen sich durch ähnliche Wandelungen der Geftissslumme

während der Entwicklung gleichfalls vielerlei Modilicniio- nen. Diese treffen unter andern besonders die heiden Endäste

der Carotiden, von denen die *'*■ *»■ »««■■* ■»■«•> «»««■»«.■ imu» *«i- innere, wie auch bei manchen LBRrtckTrtT'ii* l f *■' ' T iul"i!T'J'^''" '">- Sauriern und Vögeln keineswegs kantmUtea. >w «n.moir«duir>. »...Art. »n. ausschliesslich für die Schädel- ,lBi'lr» " xn »«!■•■»«« »i-un». ' c«oil.. «« höhle und die Sinnesorgane be- IB<*"' "„"'*„„ V«^V"-w»"rtVf™ stimmt ist.

Für die Arterien der Vorderglied mausen bestehen mehrfache, von ■einander sehr verschiedene Ursprungsstelion, so dass für die Genese dieses

614 II- 9. Wirbelthiere.

Gefässes die Vererbung eine minder bedeutende Rolle zu spielen scheint als die Anpassung.

Der Stamm der Aorta setzt sich in gleichmässigem Verhalten längs der Wirbelsäule fort, an dem für den Schwanztheil bestimmten Abschnitte als Arteria caudalis bezeichnet und bei verkümmertem Schwänze die Arteria sacralis media vorstellend. Der Endabschnitt liegt bei allen Wirbelthieren bei dem Vorhandensein sogenannter unterer Bogen in dem von diesen gebildeten Caudalcanal. Allein auch am Rumpfiheile des Körpers kann sie bei manchen Fischen in einen von Fortsätzen der Wirbelkörper gebil- deten Canal eingeschlossen werden, wie ein solcher z. B. beim Stör, aber auch bei manchen Teleostiern besteht.

Die Aorta entsendet in regelmässiger Folge entspringende, für die Metameren des Körpers bestimmte Arterien (Arteriae intercostales), ausser- dem die zu den Eingeweiden tretenden und endlich bei der Ausbildung von Hintergliedmassen solche die sich an diesen vertheilen. Von den Arterien der Eingeweide besteht bei Fischen gewöhnlich nur ein Haupt- stamm (A. coeliaco-mesenterica), zu dem bei manchen noch eine hintere Mesenterialarterie tritt. Für die Nieren wie fUr die Geschlechtsorgane gibt die Aorta eine grössere Anzahl von Arterien ab. Wie bei den Amphibien entspringt auch bei den Reptilien «Saurier, Chelonier die Art. coeliaco- mesenterica aus dem Ende des linken Aortenbogens, der mit dem rechten nur durch eine enge Strecke verbunden ist, oder es bestehen mehrere Kinge weidearterien (manche Saurier), besonders zahlreich bei den Schlan- gen in Anpassung an die gestreckte Körperform. Auch bei den Crocodilen kommen neben den vom linken Aortenbogen entsendeten Arterien noch selbständige Mesenlerialarterien aus der un paaren Aorta vor.

Mit dem Schwinden der linken Aorta bei den Vögeln ist der Aorten- stamm die ausschliessliche Ursprungsstelie der Eingeweidearterien.

Die Coeliaca und Mesenterica superior bilden bei den Säugethieren die Hauptarterien des Darmcanals. Eine Mesenterica inferior kommt als bedeutenderer Gefäss stamm erst bei den placentalen Säugethieren zum Vorschein.

Die bei den Fischen mehrfachen Renalarterien bewahren dieses Ver- halten bei Amphibien wie bei den meisten Reptilien, selbst bei den Vögeln bestehen noch mehrere Nierenarterien, von denen eine mittlere aus der Arteria ischiadica entspringt. Ausnahmsweise aber keineswegs selten kommt die Mehrfachheit dieser Arterien auch noch bei Säugethieren vor.

Die Arterien der hinteren Gliedmassen erscheinen erst nach der grösseren Ausbildung dieser Theile als directe Aeste der hinteren Aorta. Die beiden für diese Theile bestimmten Hauptstämme (Arteriae iliacaei sind nicht immer dieselben. Wie aus den Lagerungsbeziehungen luni Becken hervorgeht, können verschiedene Aeste das Gebiet jener Arterien versorgen. Bei den Sauropsiden sind die Arteriae ischiadicae die Haupl- slammc der Hinterextremitäten, die bei den Säugethieren von der Arieria cruralis versorgt werden. Im speciclleren Verhallen bestehen boi den

Veneasy stem.

615

Säugethieren zahlreiche Modificationen, die hier voo untergeordneter Be- deutung sind.

Venensj stem.

§ «7.

Das Venensystem der Wirbelthiere bietet durch zahlreiche, von den Fischen bis zu den Säugethieren hin wahrnehmbare Umwandlungen nicht minder wichtige Erscheinungen, als das arterielle Gebiet der Blutbahn. Für viele Punkte sind unsere Kenntnisse nicht völlig sicher. Das zum Herzen zurückkehrende Blut sammelt sich bei den Fischen in vier Längsstämmen, zwei vorderen und zwei hinteren. Die jeder Seite treten in einen Quer- stamm 'Ductus Cuvieri. Fig. 334. de) über, der mit jenem der anderen Seite in einen hinter dem Vorhofe des Herzens gelagerten Sinus [sv) einmündet. Das vordere, vorzüglich das Venenblut des Kopfes sam- melnde Paar bildet dje über den Kiemenbogen gela- gerten Jugularvenen ;/), das hintere Paar, wel- ches die Venen der Rumpfwand, der Nieren und auch der Geschlechtsorgane aufnimmt, die Ca rdi nai- ve Den c) ; eine unpaare Caudalvene verlauft unter der Arterie im Caudalcanal, sie theilt sich bei den Cyclostomen und den Selacbiern, auch noch bei manchen Teleostiern in zwei in die Cardinalvenen der betreffenden Seite sich fortsetzende Aeste. Bei vielen Teleostiern setzt sich diese Caudalvene mit einem stärkeren Aste in die rechte, mit einem schwächeren in die linke, dann > meist gleichfalls schwache Cardinalvene fort. Daraus leitet sich der lieber- gang der ganzen Caudalvene in die rechte Cardinalvene ab , wie solches bei einer Anzahl von Teleostiern beobachtet ist.

Indem die Caudalvene in die Niere Zweige absendet, die bald voll* ständig, bald theiiweise in diesem Organe sich auflösen, bilden diese Venae renales advehentes, welche ihr Blut durch Venae revehentes in die Cardinalvenen senden. Sie bilden damit einen Pfortaderkreislauf der Niere. Ein zweiter, ähnlich sich verhaltender Gefössapparat wur- zelt am Darm, und fuhrt das Venenblut desselben durch einen als Pf ort- ader bezeichneten Geftssstamm zur Leber. Darin vertheilt, wird es durch meist zu mehreren Stämmen vereinigte Lebervenen zum gemein- samen Venensinus geleitet.

An dieser Anordnung des Venensystems der Fische können wir den paarigen, meist symmetrisch erscheinenden Abschnitt von dem nur durch die Lebenrenen dargestellten unpaaren Abschnitt unterscheiden, und wol- len zunächst den ersteren in seinen Umwandlungen durch die Wirbel- thierreihe verfolgen, da er bei Allen wenigstens in den wesentlichsten

Fig. 334. Sehern* de» primitiven Vinea- •yitta*. j Jngular- vene. c Cu<ÜMlve&«. de Dnctoa Cumri. h Vwm bepaticae. «» Sin«« TtnoMu.

610

II. 9. Wirbelthiere.

Zügen sich in frühen Entwickelungsstadien als vererbte Einrichtung wieder vorfindet, und als die Grundlage des embryonalen Venensystems den Aus- gangspunkt für spätere Umgestaltungen abgibt.

§ 438.

Bei den Amphibien und Reptilien nimmt der Venensinus die beiden Jugularvenen auf, welche das gleiche Ursprungsgebiet wie bei den Fischen

besitzen. Sie persistiren von da an bei allen Wirbel- thieren, während das hintere Venenpaar, die Car- dinalvenen (Fig. 335. t>c), nur während der ersten Embryonalperioden in einem mit den Fischen über- einstimmenden Verhalten vorkommt. Sie sind die Venen der Urnieren (£/). Ihr vorderer Abschnitt ob- literirt, und ihr hinterer stellt, Venen anderer Gebiet«1 aufnehmend, Venao renales advehentes vor. Schon vor dem Schwinden des in die CuviBii'scheu Gänge einmündenden Theiles der Cardinalvenen entstehen bei den Reptilien vier andere Stämme, welche vor- züglich Intercostalvenen aufnehmen und als Venae vertebrales bezeichnet werden. Die vorderen und hinteren jeder Seite vereinigen sich und münden in die Jugularvene ihrer Seile ein. Die Verbindung mit der linken Jugularvene schwindet später, worauf die linken Vertebralvenen unter Entwickelung von Queranastomosen mit den rechten sich vereinigen, und wie diese in die rechte Jugularvene einmünden. Mit dem Aufhören der Verbindung der Cardinalvenen mit den Cuvira- schen Gängen erscheinen diese als Fortsetzungen der Jugularvenen, welche die von den Vorderglied massen kommenden Subclavien aufnehmen, und als obere Hohlvenen bezeichnet werden. Die aus den Körperwan- dungen das Blut sammelnden Vertebralvenen sind nur während des Em- bryonalzustandes in grösserer Ausdehnung vorhanden und erleiden meist eine bedeutende Rückbildung. Auch ihre ursprünglich paarige Anordnung wird aufgegeben (Schlangen), und der grösste Theil ihres Gebietes ordnet sich der Vena cava inferior unter.

Aehnliche Einrichtungen treffen wir bei den Vögeln. Ein Paar Jugu- larvenen, häufig in ungleicher Ausbildung, bildet die Hauptstämme für das aus den vorderen Körpertheilen rückkehrende Blut. An der Schädel- basis sind sie meist durch einen Querstamm mit einander verbunden, der gleichfalls vom Kopfe wie von der Halswirbelsäule Venen eintreten iässl. Mit der Rückbildung der linken Jugularvene bildet dieser Querstamm die Bahn für die Ueberleitung des Blutes in die rechte. Die Vertebralvenen sind dabei zu unansehnlichen Gefässen geworden. Die Jugularvenen ver- einigen sich mit den in die Subclavien zusammentretenden Venen der

U DC

Fig. :t:i5. Vorderer Ab- schnitt Aes Yenensystems»

eines Schlangen- Embryo, r Herzkammer. ha Bulbus arteriosus. c Vorhof. DC Ductus Cu- vieri. vc Cardinahrene. rj Jugularvene. vn Um- bilicalvene. V Urniere. I Labyrinthanlage. (Nach H. Rathkb.)

Veneosy stem.

617

Yorderextreinität und die beiden dadurch entstehenden Stämme erscheinen wieder als obere Hoblvenen. Indem diese noch hintere Vertebralvenen aufnehmen, gibt sich ein Abschnitt von ihnen als aus den bei den Fischen persistirenden Querstammen (Ductus Cuvieri) hervorgegangen zu erken- nen. Diese Hohlvenen münden jedoch getrennt in den rechten Vorhof ein, da der noch bei den Reptilien vorhandene Sinus hier (Fig. 336. I. sv)

fl

IV

Fig. $16. Verhalten der grossen Venenstamine aio Herzen. / Reptil (Python). // Vogel (SareoThamphns). III Beatelt hier (Halmaturne). IV Schwein, ttamntlich ron hinten darge- stellt, i Vena rar* inferior. * Vena cam snperior ainiatm. d Vena cata »aperior dextra. ap Arteria

pulmonales, a Aorta, et Sinne renosns.

einen Theil des Vorhofs bildet. Was die Vertebralvenen betrifft, so neh- men dieselben bei den Vögeln ihren Verlauf in einem von den Rippen umschlossenen Canal, so dass sie sich dadurch schon als von den Cardi- nalvenen verschiedene Gefässe darstellen.

§ 439.

Die Anlage des Venenapparates der Säugethiere stimmt mit jenem der niederen Wirbelthiere vollkommen überein. Zwei Jugularvenen (Fig. 334) nehmen Gardinalvenen auf, und die jederseits gebildeten ge- meinsamen Stämme treten in einen Venensinus, der sich mit dem Vorhofe verbindet, und später in den rechten Vorhof aufgenommen wird. In letzte- ren münden alsdann zwei discrete Venenstämme, von denen jeder in einen vorderen stärkeren und hinteren schwächeren Stamm sich fortsetzt. In den vorderen (Fig. 337. A> senken sich mit der Bildung der Vorderextre- mitäten die Venae subclaviae [s) ein, und die beiden aus dieser Verbin- dung gebildeten Venenstämme werden als obere Hohlvenen (Venae cavae sup. unterschieden.

Das Gebiet der Gardinalvenen wird mit der Entwicklung des System» der unteren Hohlvenen allmählich beschränkt, indem ein Theil des durch die Gardinalvenen gesammelten Blutes der unteren Hohlvene zugeleitet wird. Dabei erleiden die Gardinalvenen selbst eine Rückbildung durch Uebergang eines Theiles ihrer Wurzeln in neue Längsvenenstämme, Hie wie bei den Reptilien die Vertebralvenen vorstellen, und in das in den Crvisitschen Gang mündende Ende der Cardinal venen fortgesetzt sind.

618

II. 9. Wirbelthiere.

B

Fig. :i37. Schema der primitiven paarigen Venen bei .Säuge- th i e ren. A Die Vertebralvenen sind an die Stelle eines Theiles tler Cardin alvenen getreten, welche durch punktirte Linien an- gedeutet sind. B Die linke Jugularveiie ist an ihrem unteren Abschnitte rückgebildet, ihr Gebiet ist durch einen Querstamm mit der rechten vereinigt. C Die linke Jugularvene ist bis auf ein dem Herzen anliegendes Rudiment verschwunden, j Jugular- vene. * Vena subclavia, es Vena cava superior. c Cardinal vene. * Vertebralvene. cor Vena coronaria. as Vena azygos.

Durch die Minderung ihres Gebietes erscheinen diese Vertebralvenen

Fig. 337. A. B. v.) wie Zweige der aus den CuviBit'schen Gängen und den

Jugularvenen entstandenen Stamme, eben der oberen Hohlvenen. Diese

bestehen bei Monolremen, Beutel thieren, vielen Na- gern und Insectenfressern fort. Bei Anderen wird durch Entwickelung der Queranastomosen ein Theil des Gebietes der linken oberen Hohl vene B) der rechten (es) zu- geführt, wobei der linke obere Hohlvenenstamm sich rückbildet (Nager, Wiederkäuer, Einhufer1 . Bei vollständiger Ausbil- dung dieses Verhältnisses schwindet der grösste Theil des Stammes dieser Vene und es besteht von ihr nur der ursprünglich den linken Ductus Cuvieri bildende, zwischen linker Kammer und Vorkammer gelagerte Endabschnitl [C. cor), in welchen die Herzvenen münden, als Sinus der Kranzvene des Herzens fori. Eine halbringförmige Falte scheidet diesen Sinus auch beim Menschen von der eigentlichen Kranzvene, und die an seiner Mündung in die rechte Vorkammer befindliche Valvula Thebesii ist eine Zeit lang Klappe der linken oberen Hohlvene. Die rechte obere Hohlvene ist dann der ein- zige vordere Hauptstamm geworden (Cetaceen, Carnivoren, Primaten).

Mit der Reduction des linken oberen Hohlvenenstammes erleiden auch die Cardinalvenen oder die aus ihrem Gebiete hervorgegangenen Vertebralvenen bedeutende Veränderungen. Während sie im ersten Falle jederseits in die bezügliche Hohlvene münden [A)9 und auch im zweiten, durch Ausbildung einer rechten Hohlvene gegebenen Falle von der linken Seite her selbständig in den rechten Vorhof treten (ff), wird mit der Re- duction der direct zum Herzen führenden Bahnstrecke eine Verbindung niit der rechten Vertebralvene eingeleitet. Die linke Vertebralvene setzt sich durch Queranastomosen mit der rechten in Zusammenhang, und diese wird nach Auflösung der Verbindung des oberen Endes mit der linken oberen Hohlvene zur Vena hemi azygos, während die rechte in ihrem früheren Verhalten wenigstens der Lage nach fortdauernd, zur Vena a z ygos wird (Fig. 339). Beim Bestehen zweier oberer Hohlvenen bleiben die beiden Vertebralvenen nicht immer unverändert, vielmehr überwiegt auch hier nicht selten der eine Stamm über den anderen, der bis zum

Venensygtem. t>19

Verschwinden reducirt sein kann. Dann entsiebt eine von beiden Seiten her Intercostalvenen aufnehmende Vena azygos) welche bald in den linken, bald in den rechten oberen Hohlvenenslamm oder auch in die einzige obere Hohlvene einmündet, z. B. bei Carnivora* (Fig. 387. C. az).

Bei den meisten Säugelhieren werden die Wurzeln der Jugularvenen aus zahlreichen, von äusseren und inneren Kopftheiten kommenden Venen gebildet, von welchen eine einen Theil des Blutes aus der Schädelhöhle durch das Foramen jugulare ableitet. Sie stellt nur ein untergeordnetes Gefcss dar, indem die Hauptausfuhr jenes Blutes durch einen zwischen Petrosum und Squamosum oder nur in letzterem gelagerten Canal (Canalis temporal is) stattfindet. Unter Erweiterung des Foramen jugulare wird in anderen Fällen die dort beginnende Vene stärker und gewinnt allmählich über die anderen aus dem Schädel leitenden Bahnen die Oberhand, wobei sie sich zu der bei den Primaten vorkommenden Vena jugularis interna ge- staltet. Die Übrigen Venen vereinigen sich allmählich zur Jugularis externa, welche bei den meisten Säugethieren die vorherrschende bleibt.

§H0.

Das zweite grosse Venengebiet beginnt sehr unansehnlich bei den Fischen, indem es dort einzig durch die Lebervenen vorgestellt wird, die zu mehreren oder in einen Stamm vereinigt in den gemeinsamen Venen- sinus einmünden. Mit der Verminderung des Gebietsumfanges der Gar- dinalvenen bildet sich im Zusammenhange mit den Lebervenen ein neuer Bezirk, jener der unteren Hohlvene (Amphibien). Derselbe Venen- slamm sammelt Blut aus der Niere und wird damit zur Vena renalis revehens ;Fig. 338 .1. ci). Das Blut aus den Hinterextremilälen tritt in eine Vena iliaca {A. t), welche bei den urodelen Amphibien jederseits einen Ast der sich spaltenden Caudalvene -aufnimmt. Sie bildet , in die Niere sich auflösend, eine Vena renalis ad vehens. Ein Zweig der Vena iliaca tritt gegen die Medianlinie des Abdomen und nimmt von der soge- nannten Harnblase Venen \A.o) auf, worauf er sich mit jener der anderen Seile zu einem unpaaren zur Leber verlaufenden, und damit dem Pfort- adersystem sich verbindenden Stamm (a) Vena epigaslrica (Vena abdomi- nalis; vereinigt. Die Venen des Darmcanals und der Milz sammeln sich zu einem Pfortaderstamme, der längs der Leber sich auflöst.

Auch bei den Reptilien bilden Lebervenen und die rückfUhrenden Venen der Nieren eine untere Hohlvene {B. ci), die unter der rechten oberen Hohlvene in den gemeinsamen Venensinus einmündet, in den einzelnen Abtheilungen der Reptilien bestehen jedoch mannichfacbe Mo- dificalionen, und nur die Saurier und Ophidier zeigen noch manchen engeren Anschluss an die Verhältnisse des Venenapparates der Amphibien. Die Caudalvene theilt sich in zwei Stämme , welche bei den Eidechsen Venen der hinteren Extremitäten aufnehmen und Venae renales adveben- tes vorstellen. Mit diesen Venen verbinden sich Venen der Wirbelsäule.

0*>

II. 9. WirheUhi.-r

Aeholicb verhalten sieb auch die Crocodile, deren Vena caudalis (6. r gleichfalls sich theilt, dann aber einen die Venae renales advehenles [ra absendenden Quorslamm bildet. Die Venae renales revehentes bilden hei allen diesen einen vor der Wirbelsaule verlaufenden Stamm und in der Niere besieht ein Pfortaderk reislau f, der nur bei den Schildkröten zu fehlen scheint.

Ein anderes Venengehiel der Reptilien wird durch die Venae epi- gastricae oder abdominales dargestellt. Mit der EntWickelung der

Allantois bildet sieh aus dem dieselbe begleitenden Gefässnetze ein Ve- nenpaar aus, welches anfänglich (nach Rathee hei der Natter) mit den Enden der Cuvn «'sehen Gänge zusammen ausmündet. Diese Venae um- bilicales nehmen von der Bauchwand her Venen auf, und stehen auch mit der Bildung des Pfortaderk reis laufs der Leber in Verbindung. Bei den Schlangen verschwindet diese Umbilicalvene, nachdem die in sie ein- mündenden Venen der Bauchwand sich in einen Plexus auflösten, dagegen bleibt bei den Eidechsen eine der Umhiücalvenen mit ihrem Endah- sclmille bestehen und bildet mit den in sie mündenden Bauchvenen eine Vena epigastrica, die auch von der Harnblase Venen empfangt und nach vorn zur Leber zieht.

Bei Croeodilen und Schildkrölen bleiben die Enden der iwei l-m- bilicalvenenslUmme bestehen und werden, da die Venen der Bauchwand sich in sie fortsetzen , zu Theilen der Venae epigaslrirae. Wie die ein- fachen Venen der Amphibien und Eidechsen treten auch sie mr Leber,

Venensystem. 62 t

und verbinden sich bei den Crocodilen mit Aesten der Pfortader. Bei den Schildkröten vereinigen sie sich von beiden Seiten her in einen Querslamm, der die hier nicht zu einem Pfortaderstamme vereinigten, einzelnen Venae intestinales aufnimmt. In beiden Fällen vertheilen sie sich in der Leber, gehören somit zum Pfortadersysteme derselben. Bei den Crocodilen wie bei den Schildkrölen gehen die Venae epigastricae (B. a) aus den beiden Aesten der Caudalvene (c) hervor und nehmen dieCrural- veoe (c) auf, sowie vorher die Venae ischiadicae. Da aber bei den Croco- dilen auch die Venae renales advehentes aus der Caudalvene und der Vereinigung derselben mit den Venae ischiadicae entspringen, so wird ein Theil des aus dem hinteren Körperabschnitte kommenden Venenblutes in den Pfortaderkreislauf der Niere Übergeführt, und das übrige in jenen der Leber. Bei den Schildkröten dagegen wird bei dem Mangel zuführender Nierenvenen das gesammte Blut aus dem hinleren Körperende in die Leber geleitet, indem in die Venae epigastricae auch noch Vertebralvenen einmünden.

§44«.

Manche der bei den Reptilien bestehenden Venen erscheinen bei den Vögeln als vorübergehende Bildungen. Die untere Hoblveue (Fig. 338. C. ci) setzt sich zwar noch aus zwei aus den Nieren kommenden Stäm- men zusammen, aber diese nehmen die Venen der hinteren Gliedmassen (c) auf und können bei der Grösse dieser Gefeisse als deren Fortsetzung be- trachtet werden. Ausser den in den Nieren wurzelnden Zweigen ver- binden sich mit diesen Stummen noch zwei Venae hypogastricae (h). Sie sind an der Wurzel des Steisses durch eine Queranastomose verbunden, welche von hinten her die Caudalvene (c) aufnimmt und nach vorne eine zur Vena mesenterica ziehende Vena coccygeo-mesenterica (m) abgibt. Die letztere ist auch bei den Crocodilen als ein weiter Venenstamm vor- - handen, der mit dem die beiden Aeste der Caudalvene verbindenden Querstamme anastomosirt. Durch ihn wird ein Theil des aus dem Schwänze oder aus den Hinterextremitäten kommenden Venenblutes vom Nierenpfortaderkreislaufe abgeleitet.

Bei den Säugethieren ist nichts auf einen Nierenpfortaderkreislauf be- zügliches angedeutet. Die Verhältnisse der Umbilicalvenen und der Venae omphalo-mesentericae sind jenen der Reptilien ähnlich. Doch scheinen im Einzelnen, selbst für die grösseren .Stämme manche Abweichungen zu bestehen. Sehr frühzeitig bildet sich die von den Nieren und den Keim- drüsen das Blut sammelnde untere Bohlvene (Fig. 339 ci) aus, welche mit deu vereinigten Umbilicalvenen zusammentritt, und nach dem Schwinden der rechten Umbilicalvene die linke aufnimmt. Mit dem Ende des Hohlvenenstammes verbinden sich nach Auflösung der Cardinal- venen (c) die Venen des Beckens [hy) und der hinteren Extremität (*7), und ebenso die Caudalvene. .Zur Zeit, da die Umbilicalvene den grössten

622

II. 9. Wirbeltiere

Venenstamm vorstellt, erscheint die Cava inferior nur wie ein Zwei): desselben. An der Eintrittsstelle der Umbilicalvene in di« Leber bilden sich Aesle in letzteres Organ, wahrend gleichzeitig ähnliche Zweige aus der Leber in di*- Vereinigungsslelle der Umbilicalvene mit der Cava inferior treten; letzlere stellen die Lebervenen vor. Dadurch wird der Pforladerkreislauf in der Leber angebahnt. Indem das aus der L'mbilicalveDe dem Herzen zugeführle Blut den Umweg durch die Leber macht, bildet sich das zwischen ein- und ausführenden Venen liegende Stück der Umbilical- vene zurück , um den Ductus venosus Arantii vorzustellen. Das die Hesenterialvenen aufneh- mende Stück der Vena omphalo - mesenterica wird .dabei zum Stamme der Pfortader, wahrend die van der Umbilicalvene in die Leber gebildeten Aesle nach Obliterirung des Ductus Arantii die Aeste der Pforl- ader vorstellen. So wird die unlere Hohlvene zum hinteren Hauptslamme, in welchen die Venen des Beckens, der hinteren Extremitäten, der Nieren und der Geschlechlsorjfenc einmünden , indess die Venen di's Darmcanals und der Milz die Pforlnder bilden.

< Jugnlmri

§U2

Venu eim mf, i, venu Die Vertheiiung der Blutgefässe im Körper geschieht hqaticu. r veate r«- jn $er Regel unter allmählicher Verästelung der etn- Yeu fcjpogutrisi. * zelnen Stämme, bis dann aus den feinsten Verzwei- gungen der Arterien und Venen das System der Capit- ' faren hervorgeht, beiderlei Blutgerasse miteinander verbindend. Abgesehen von manchen eigenthUmlichen Einrichtungen besonderer Organe herrseht im Blutgcfassapparate mancher Körperlbeile bezüglich der Verlheihmp der Gelasse eine vom Gewöhnlichen etwas abweichende Weise. Eine Vene oder Arterie theilt sich nämlich plötzlich in ein BUschel feiner Aeste, die mil oder ohne Anastomosen sich entweder in das Capillarsyslem verlieren, oder sich bald wieder in einen Stamm sammeln. Eine solche Gefässver- Iheilung bezeichnet man seit Langem als Wundernetz, Rete mirabile. Ihre Bedeutung liegt offenbar in einer Verlangsamung des Blutstroms und Vergrösserung der Wandoberflache der Gefassbabn , woraus eine Verän- derung der Diffusionsverhaltnisse der ernährenden Flüssigkeit resoluren muss. Geht aus einer solchen Auflösung eines Gelasses wieder ein Ge- füssslamm auf die gleiche Weise hervor, so nennt man das Wundemeii bipolar oder amphicen Irisch, bleibt das Gefiissnelz aufgelost, so wird die Bildung als diffuses, unipolares oder monocentrisches Wunderneti be- zeichnet. Bald sind nur Arterien oder nur Venen Rete mirabile simples ,

Lymphgefässsystera. 623

t>ald beiderlei Gefässe unter einander gemischt (Rete mirahile geminum seu conjugatum an dieser Bildung betheiligt.

Solche Wunderneile 6nden sich als arterielle in der Pseudobranchie, in der ChorioYdea des Auges der Fische, dann sehr mann ichfaltig an der Schwimmblase. Bei Vögeln und Säugethieren kommen Wundernetze im Bereiche der Carotiden und ihrer Zweige nicht selten vor. Sehr verbreitet sind sie an den Gliedmassen der Säugethiere (Monotremen, Edentaten) . Auch im Bereiche der Eingeweidearterien bestehen WunderneUe sowohl an Arterien oder an Venen ; so bildet beim Schwein die Art. mesenterica ein arterielles Wunderneta. Allgemein verbreitet sind arterielle Wunder- neUe an den Endzweigen der Nierenarterien, wo sie die MALPiGHi'schen Glomeruti bilden, aus denen bekanntlich wieder eine Arterie zur Capillar- vertheilung auf den Harncanälchen hervorgeht. (Vergl. Fig 343 B.

L y m p h g e f ä s s s y s l e m .

§ 443.

Das Vorkommen eines mit dem Blutgefässsystem verbundenen Canal- systems, in welchem die auf dem capillaren Abschnitte des ersteren aus- getretene ernährende Flüssigkeit nach Durchtränkung der Gewebe als Lymphe wieder in den Blutstrom übergeführt wird, bildet eine beson- dere Einrichtung des Organismus der Cranioten. Sie scheint mit weiteren Ausbildungen des Körpers verknüpft zu sein, da sie bei Amphtoxus fehlt, und ontogeneliscb relativ erst spät aufzutreten beginnt, nachdem das Blut- gefässsystem sowohl in seinem arteriellen als venösen Abschnitte differen- zirt und in Thäligkeil ist. Eine besondere Bedeutung hat der am Darm- canale wurzelnde Abschnitt des Lympbgefässsystems, der das durch den Verdauungsprocess aus dem Chymus bereitete Ernährungsmaterial als Chylus aufnimmt und der Blutbahn zuführt.

Ausser der Rückleitung der Lymphe kommt diesem Canalsysleme noch eine andere, seine anatomischen Verbältnisse complicirende Verrich- tung zu. In seine Bahnen sind nämlich die Keimstätten der Formelemente der Lymphflüssigkeit, der Lymphzellen, eingebettet, die dem Blute zuge- führt allmählich in die Formbestandtheile des letzteren sich umwandeln.

Dieses Lymphgefösssystem bietet in den unteren Abtbeilungen der Wirbelthiere wenig Selbständigkeit dar, indem seine Bahn zum grossen Theile aus weiten, andere Organe, vorzüglich Arterien umgebenden Räumen vorgestellt wird. Die bindegewebige Arterienscheide umschliesst zugleich die Lymphbahn. Auch Venen können von weiten Lymph- gefitssen umgeben sein ; so liegt z. B. die Abdominalvene von Salamandra in ein Lympbgefäss eingeschlossen.

Ausser den Blutgefässe begleitenden Lymph wegen finden sich schon in den unteren Abtheilungen solche mit selbständigerem Verlaufe, wie in der Haut oder auch an Abschnitten des Darms und anderen Eingeweiden.

1

1)24 II. 9. Wirbdlhierc.

Peripherisch hildeu die Lymphge fasse durch zahlreiche Anastomosen Ca- pillarnetze oder diese reprüseutirende Räume. Daraus gehen allmählich weitere Räume, entweder Ca nute, oder unregelmässig abgegrenzt« Sinusse hervor, an deren Stelle erst bei den höheren Ab- -«■■. theilungen in ihrem Baue mit den Venen ver-

wandle Gefässe treten.

Wahrend die Lymphbahn von den niederen zu den höheren Wirbel thieren im Allgemeinen eine allmähliche Drfferenzirung aus dem Lacunen- sy stem der Wirbellosen ahnlichen Räumen zu einem distinet gebauten Canalsysleme wahrneh- men litsst, derart dass die interstitielle Natur der runW^L. Lymphwege mehr nur den peripherischen Ab-

- ff]~' t^ schnitten zukommt : so erhalt sich doch allgemein

noch eine aus niederen Zustanden ableitbare Ein- richtung in der Bedeutung der Leibeshühle als eines Lymphraumes. Die Leibeshöble der Wir- Fij. hk.^kii aiuct dar be|thiere schliessl sich damit näher an das Colom tritt icbeiyira) von einem vieler Wirbelloser an. Bei der bei manchen j.jm phnom rnngcbtii. a Fischen (Stör. Selachier) bestehenden Communi- i.imnBnmiii» "wt'Utdifr- cation der Leibeshöhle mit der Pericardialhöhle, «■n>* »nifemt, ,o ixs* iiis wird auch diese hierher gerechnet werden dürfen, (■.:uiE.fiH. frei liegt, r Tn- ebenso wie die Pleuralhöhlen der Säugethiere, die nurDiflerenzirungen des gemeinsamen Cöloms sind.

§ i".

Bei den Fischen erscheinen die Hauplslamme in Gestalt von Lymph- sinussen. Solcher finden sich meist zwei paarige vor, oder ein un paarer unterhalb der Wirbelsaule. Der unpaare Stamm thcilt sich nach vorne in zwei Aesle. In diese Stamme sammeln sich theils kleinere Sinusse, Ibeils engere Canale als Lymphgeflisse. Die Verbindung mit dem Venensystem geschieht meist an zwei Stellen. Ein Lymphsinus des Schlidels mündet jedcrseils in die betreffende Jugularvene ein, und am Schwänze ver- binden sich zwei, Seiiengefässstamme aufnehmende Sinusse durch eine .im letzten Schwanzwirbel zusammentretende Queranastomose mit der Caudalvene.

Neben einem sehr entwickelten subcutanen Lymphraumsystem, welches besonders bei den un geschwänzten Amphibien sich über einen grossen Theil der Oberfläche verbreitet, bildet der subvertebrale Lymph- raum der Amphibien einen gleich ansehnlichen Abschnitt. In ihn munden die Lymphgetasse des Darmes iChylusgefasse! , wie der übrigen Einge- weide ein , sowie auch von den Extremitäten her Verbindungen mit Lymphgcfassen bestehen. Bei den Reptilien treten unter dem Fort- bestehen mnnn!chfnrhpr , häufig auch subcutaner Lymphrilume engere

Lympbgefo.sse. 625

Beziehungen zu den Arterien auf, die Lymphgefässe bilden bald weile, die Arterien umgebende und von Balken durchzogene Räume (Fig. 340), bald stellen sie jene Blutbahnen begleitende Geflechte dar. Durch stär- kere Ausbildung jener Balken wird der Lymphraum in einzelne unter einander anastomosirende Ganäle zerlegt. Der die Aorta umgebende L^rophrauin theilt sich bei den Crocodilen und Schildkröten in zwei die Venen der Vorderextremität umgebende Stämme , in welche vom Kopfe und Halse wie von den Extremitäten Lymphgefässe einmünden. Aehnlich verhalten sich die Lymphstämme der Vögel , bei denen der vor der Aorta verlaufende Hauptstamm (Ductus thoracicus) , wie auch die kleineren Ge- fässe eine grössere Selbständigkeit erreicht haben. Die Einmündung der Ductus thoracici geschieht wie bei den Reptilien in die oberen Hohlvenen (Venae brachioeephalicae) . Eine zweite Verbindung findet sich am An- fange des Schwanzes mit den Venae ischiadicae oder den zuführenden Nierenvenen, worin Amphibien und Reptilien übereinkommen.

Bei den Säugethieren sind die Lymphgefässe hinsichtlich ihrer Wand noch bedeutender differenzirt, obgleich auch hier die Arterienscheide für Theile des Lymphstroms häufig die Bahnen abgrenzt. Sie bilden auf ihrem sonst meist die Blutgefässe begleitenden Verlaufe vielfache Anasto- mosen, weitmaschige Geflechte, und sind, wie jene der Vögel, durch Klappen ausgezeichnet. Sowohl die Lymphgefässe der hinteren Extremi- täten , als die Ghylusgefässe vereinigen sich noch in der Bauchhöhle in einen selten paarigen Hauptstamm , dessen Anfang häufig eine bedeu- tende Erweiterung (Cisterna chyli) auszeichnet. Daraus setzt sich ein in den Anfang der linken Vena brachioeephalica einmündender Ductus thora- cicus fort, und in dieselbe Vene münden beiderseitig die Stämme der Lymphgefässe vorderer Körpertheile (des Kopfes und der Vorderextre- mität) und der Brustwand.

In der Nähe der Einmündung in Venen zeigen die Lymphgeftfss- slämme meist beträchtliche Erweiterungen , deren Wand durch einen Muskelbeleg ausgezeichnet ist, und rhythmische Con- tractionen ausführt. Man bezeichnet derartige Ein- richtungen als Lymphherzen. Sie sind in verein- zelten Fällen am Caudalsinus von Fischen beobachtet, genauer dagegen bei Amphibien (Fröschen) und Rep- tilien (Schildkröten) bekannt; bei ersteren sowohl an den vorderen als an den hinteren Einmündestellen vorhanden , indess bei urodelen Amphibien wie bei Reptilien nur hintere Lymphherzen nachgewiesen sind. Diese letzteren kommen unter den Vögeln nur noch Fi&.34i.Catidai8inusaa. den Ratiten (Strauss, Casuaij , und einigen Schwimm- Anastomosirender q™

... , . , i i -i »i i ii_ i stamm 6. Seitengefasae e

vögein zu, indess sie bei anderen ihren Muskelbeleg und Ur9prttng der CftU. verloren haben und einfache blasenförmige Erweite- daivened. vonsnums rungen vorstellen. Bei den Säugethieren endlich «lanis (NftCh Htktl) scheinen derartige Gebilde nicht mehr zur Entwickelung zu kommen.

Oegenbaor, Grandrisa d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 4 0

6$6 iL 9. Wirbelthiere.

§ 445.

Was die Lymphzellen erzeugenden Apparate betrifft, so finden sich hiefür einfache Formen hei Fischen vor, wo im Verlaufe einzelner Lymph- gefässe Steilen bestehen, an denen eine Zellenproduclion in den Maschen reticulären Bindegewebes vor sich geht. Bei bedeutenderer Entwicklung dieser Einrichtung werden partielle Anschwellungen gebildet, die wegen der Beziehungen der Lymphgefässe zu den Arterien diese begleiten. Selbst bei den höheren Wirbeltbieren besteht dieses Verhalten, wenn auch die Arterienscheiden nicht mehr beständig die Bildungsstätten sind. Vor- züglich ist es die Schleimhaut des gesammlen Darmcanals, deren Lymph- bahnen mit solchen zellenerzeugenden Stellen in Verbindung sind , die follikelartige Anschwellungen herstellen. Sie finden sich zerstreut oder in verschiedenen Combinalionen gruppirt (geschlossene Drüsenfollikelj. Am Anfange der Darmwand bilden Gruppen solcher Gebilde die bereits erwähnten Tonsillen, und auf einzelnen Stellen der Schleimhaut des Mitteldarms dichter bei einander stehend , bilden sie die sogenannten » Pe YtR'schen Drüsen«, die bereits bei Reptilien vorkommen, aber erst bei Säugethieren eine grössere Verbreitung besitzen.

Die Vereinigung einer Anzahl solcher einzelnen Lymph- Follikel stellt grössere Gebilde, Lymphdrüsen, vor, die gleichfalls in die Bah- nen der Lymphe eingebettet erscheinen. Bei Fischen, Amphibien und Reptilien werden eigentliche Lymphdrüsen noch vermisst. Auch den Vögeln scheinen sie nur in beschränkter Weise (am Halse) zuzukommen, und erst bei den Säugelhieren treten sie allgemeiner auf, sowohl an dem ch ausführenden Abschnitte des Lymphsxstems im Mesenterium, als auch im übrigen Körper verbreitet. Bei einigen Säugethieren (z. ?. Phoca, Canis, Delphinus) sind die Mesenteiialdrüsen zu einer einzigen Masse, dem sogen. Pancreas Aselli vereinigt.

Zu den lymphzellenerzeugenden Organen gehört auch die Milz, die in ihrem feineren Bau von den Lymphdrüsen nur dadurch verschieden ist, dass die in ihr gebildeten Lymphzellen direct in die Blutbahn über- treten. Der letztere Abschnitt wird durch ein zwischen ein- und aus- tretende Gefasse eingeschaltetes feines Lacunensystem hergestellt, welches den grössten Theil der sogenannten Milzpulpa bildet.

Mit Ausnahme von Amphioxus ist die Milz bei allen Wirbeltbieren vorhanden und lagert stets in der Nachbarschaft des Magens, meist zu- nächst des Ca rdial sackes. Sie erscheint bald als ein längliches oder rundliches Organ von dunkelrother Farbe, zuweilen, wie z. B. bei man- chen Selachiern, in eine Anzahl von kleineren Läppchen zerfallen , von denen auch sonst einzelne als Nebenmilzen mit dem grösseren Organe vorkommen.

§ 446. Die allgemeine Verbreitung eines Organes, dessen Bau in einigen Punkten «in Lymphdrüsen erinnert, während seine Beziehungen zum

fixcretionsörgane. fr}*}

Lymphgefässsystem noch dunkel sind , gestattet für dasselbe kein gänz- liches Uebergehen, und so mag hier noch der Thymus gedacht sein. Die- selbe erscheint als ein gleichfalls aus drüsenartigen Follikeln zusammen- gesetztes Gebilde , welches in grössere und kleinere tappen getheilt ist und seine kleinsten Bläschen mit Zellen gefüllt erscheinen lässt. Bei den Selachiern liegt das Organ auf den Kiemensäcken , zwischen diesen und der Muskulatur des Rückens. Beim Stör und manchen Teleostiern hält man ähnliche an der hinteren oberen Grenze der Kiemenhöhle vorkom- mende Follikel für dasselbe Organ. Bei den Amphibien trifft man die Thymus als ein kleines Knötchen hinter dem Winkel des Unterkiefers. Aehnlich erscheint sie bei den Reptilien , bei Schlangen und Schildkröten über dem Herzen an der Carotis gelagert, und bei Crocodilen in Ueber- einstimmung mit den Vögeln (Fig. 312. th) vom Herzbeutel bis zum Unter- kiefer emporreichend. Der untere Abschnitt ist bei Säugethieren der ent- wickeltere, so dass sie nur selten aus der Brusthöhle heraustritt. Bei allen ist sie in den Jugendzuständen am beträchtlichsten entwickelt, erleidet dann Rückbildungen und nur selten behält sie den früheren Umfang auch im erwachsenen Zustande der Thiere bei (Pionipedier) .

Bis jetzt noch völlig räthselhaft ist ein unter den Wirbelthieren gleich- falls verbreitetes Organ , welches in den höheren Abtheilungen jederseits vor der Niere lagert und daher als Nebenniere (Glandula suprarenalis) bezeichnet ward. Bei den Anaraia sind diese Gebilde durch die Umhül- lung sympathischer Ganglien mittels einer aus zellenhaltigen Schlauchen zusammengesetzten Corticalschichle vertreten , und als gelbliche oder weissliche Körper über eine grössere Strecke vertheilt, indess sie bei den Amnioten jederseits Eine Masse darstellen, und in ihrer Marksubstanz gleichfalls noch Nervenelemente wahrnehmen lassen. Bemerkenswerlh ist ihr relativ bedeutendes Volum während der Fötalperiode bei Säuge- thieren. Die Bedeutung dieser Organe, welche mit der Unterstellung der- selben unter den durchaus unklaren und daher verwerflichen Begriff der » Blutgefässdrüsen « in nichts gefördert wurde, dürfte daher in jeder Hin- sicht noch festzustellen sein.

Excretionsorgane.

§447.

Die als Excretionsorgane unter den Wirbellosen verbreiteten Gin- richtungen erscheinen in ihren wesentlichsten Verhältnissen auch bei den Wirbelthieren und lassen auch darin für den Wirbelthierstamm Ver- knüpfungen mit niederen , im übrigen weit entfernt stehenden Formen erkennen. Bei Amphioxus hat man zwar bis jetzt vergeblich nach solchen Organen gesucht, aber bei allen Cranioten bestehen sie in gemeinsamem Typus. Dieser geht erst mit der allmählichen Ditfrrenzirung verloren und

40»

628

tl. 9. Wirbellhiere.

kann dann nur durch ontogenetische Prüfung erkannt werden. Don ein- fachsten Zustand reprüsentirt ein in der dorsalen Wand der Leibeshöhle verlaufender Canal , der hinten in der Nahe des Afters nach aussen , und vorne mit abdominalem Ostium in die Leibeshöhle ausmündet. Erkennt man in solchem Verhalten bedeutende Uebereinstimmungen mit den Ex- cretionsorganen der Würmer, so ist doch mit Hinblick auf die Metainerie des Wirbellhierkörpers die Eigenthümlichkeit nicht zu übersehen, dass dieser Urnierengang kein metameres Organ vorstellt, und damit auch zu den metameren Schleifen caniüen der gegliederten Würmer kein vollstän- diges Homologon abgibt. Er wird demnach aus einem noch niederen, d.h. einem noch nicht in Metameren getheilten Zustand des Organismus abzu- leiten sein und repräsentirt damit, wie die gleichfalls ungegliederte Chorda dorsalis, eines der phylogenetisch ältesten Organe.

Dieser Urnierengang ist aus dem Meso- derm entstehend erkannt worden , in der Anlage bald als solider Zellenstrang er- scheinend, bald rinnenartig vom Epithel der Peritonealhöhle sich difTerenzirend (Teleoslier) . Von denselben Theilen aus entsteht auch die Anlage von Canülen (Fig. 342. t)} welche bald beständig, bald vor- übergehend mit trichterartiger Mündung in die Bauchhöhle sich öffnen , und anderer- seits mit dem genannten Gange in Zusam- menhang treten (Selachier, Amphibien;. Sie stellen, auf ihrem Verlaufe in geknäuelte Drüsen aus wachsend, den secretorischen Abschnitt der Urniere vor. Auf einer be- stimmten Strecke wächst in eine Aus- buchtung dieser metamer angeordneten Canäle ein arterieller Gefässknäuel (GIo- merulus) ein und bildet ein in einer kap- selartigen Erweiterung liegendes Malpighi- sches Körperchen. Diese letztere Einrich- tung kehrt in allen Gestaltungen des Nie- renorganes wieder, wie auch immer es sonst im Bereiche der Wirbellhiere modificirt sein mag.

Als Grundform dieser Urniere wird ein Längscanal, weicher quere, mit Wimpertrichtern in die Bauchhöhle geöffnete CanHlchen aufnimmt, angesehen werden dürfen , wie die Anlage des Apparates wesentlich bei den Selachiern erscheint. Die Verbindung mit der Leibeshöhle, deren epitheliale Auskleidung jedenfalls einen bedeutenden Theii des Organ- systems hervorgehen lüsst, erlaubt eine Vergleichung mit den Excreüons- organen mancher Würmer, und verweist weil zurück auf jene Formen, in denen diese Organe die einzigen vom Mesoderm umwandelen Iiohlraum-

Fig. .142. Querschnitt eines Embryo von Vr istiuros. itg Urnierengang. t Anlag«» eines Trichterorgans, d Darm. hi Mcdullarrohr. ch Chorda, a Aorta. v Venen.

E icret ionsorg» oe. 629

bildungen sind (Plallwarmer). Die metsmere Anordnung der offenen Quereanale belieht sich auf die Metamerie des Gesammtorgantsmus der Veriebralen. Sie ist deshalb nicht mit ScblcifencanBlen der Anneliden zusammenzustellen , oder gar davon abzuleiten , weil diese an den Meta- mern selbst ausmünden § 1 (5) und nicht in einen Langscanal. Dieser ist es, der bei den Wirbelthieren schon durch sein erstes Erscheinen den Typus des gesammten Apparates bestimmt.

Wie aber die exeretorischen Organe einer grossen Anzahl von Wir- bellosen theilwcise ihre Function aufgeben , um als Ausleitewege für die Geschiechtsproducte zu dienen , so begegnen wir auch bei den Wirbel- thieren einem' solchen, bedeutende Umgestaltungen des primitiven exere- lorischon Organsystems hervorrufenden Verbalten. Dadurch löst sich, meist schon sehr frühzeitig, die ursprüngliche Anordnung auf. Wo sie auch in der Anlage nicht mehr wiederkehrt, ist das wohl gleichfalls auf Rechnung der erworbenen neuen Beziehungen zu setzen.

§ 41».

Ein besonderer Abschnitt der Urniere tritt hei Cyclostomen, Teieostiem und auch bei Amphibien am vordersten Ende des Urnieren- ganges auf, und verdient eine besondere Be- achtung , da er nicht nur früher als die übrige Urniere erscheint, sondern von letzterer meist auch raumlich getrennt ist. Dieser Theil besteht aus einer geringen Anzahl mit Wimperlrichtern beginnender Canäfchen , die meist knaucl- rormig gewunden sind. Auch ein einziges Ganalchen kann vorkommen. Zuweilen ist an den Canälchen auch ein Halpighi'sches Körper- chen bemerkbar. Eine Rückbildung dieser Vordernierc tritt bei Amphibien ein, und bei den Amnioten scheint dieser Abschnitt gar nicht zur Anlage zu kommen. Dagegen per sislirt er bei den Cyclostomcn, wo er mit einem Büschel in die Bauchhöhle ragender Wimper- trichter ausgestattet ist.

Die Urniere selbst zeigt sich am einfach- sten unter den Cyclostomen bei Bdellostotna. Ein langgestreckter Canal (Fig. 343. A Bti ent- sendet von Strecke zu Strecke lateral verlau- tende kurze Quercanälchen [!>), deren blindes, durch eine Einschnürung abgesetztes Ende (cj einen Blulgefassknauel {Glomerulus} (ß) ein- schlkssl. Die Quercanälchen bilden die secre-

630

II. 9. Wirbelthiere.

lorischen Apparate (Harncanälchen), der Urnierengang selbst erscheint hier als Sammelröhre , fungirt als Harnleiter. In voluminöserer Weise, allein mit ganz ähnlichem Verhalten der Harncanälchen , erscheinen die Nieren der Myxinen und Petromyzonten , die längs des hinteren Drittels der Leiheshöhle gelagert sind. Bei Beiden tritt der lateral verlaufende Harnleiter zum Bauchporus, bei den Petromyzonten, nachdem er sich mit dem anderseitigen zu einem unpaaren weiteren Abschnitte verbunden hat. Die Beziehung zu metameren Wimpertrichtern ist noch zu ermitteln. Bei den Selachiern ist das primitive Verhalten nur auf frühe Enlr wickelungsstadien beschränkt. Die Urniere erstreckt sich längs der Dor- salwand der Leibeshöhle, aus discreten Ganälchen angelegt, die mit Wimpertrich- tern (Fig. 344 i) von der Bauchhöhle her beginnen. Jeder Trichtercanal setzt sich, nachdem er zur Aufnahme eines Glomeru- lus (m) sich abgezweigt hat, zum Urnieren- gange fort. Durch längeres Auswachsen stellt jedes dieser Ganälchen ein durch Windungen gebildetes Läppchen (r) vor, so dass jede Niere aus einer Reihe solcher in den Urnierengang (it) sich sammelnder Knäuel zusammengesetzt wird. Der Ur- nierengang mündet in die Cloake. Sowohl am drüsigen Abschnitte dieser Niere wie an ihrem Ausführwege treten Veränderun- gen ein. Der vordere aus einer Anzahl Läppchen gebildete Abschnitt erfährt keine bedeutendere Ausbildung, welche dagegen dem hinteren zu Theil wird. Dieser ge- staltet sich, aus einer verschieden grossen Anzahl primitiver Läppchen zusammen- gesetzt (13 14 bei Acanthiasj, zu einem voluminöseren Organe, in welchem auch eine Vermehrung der Ganälchen durch Sprossung vorzukommen scheint. Dieser Theil behält seine Function als Niere, indess der vordere eine Rückbildung erleidet, und beim männlichen Geschlechle mit der Keimdrüse Verbindungen erlangt. Die Wimpertrichter ;Nephro- stomen} bestehen nur bei einem Theile der Haie fort, sie sind bei allen Rochen und vielen Haien verschwunden. Wo sie sich erhalten haben ist ihre Zahl reducirt.

Von den Veränderungen des primären Urnierenganges ist eine Spal- tung desselben von grosser Wichtigkeit. Sie beginnt an seinem vorderen Ende und schreitet nach hinten , so dass an seiner Stelle dann zwei Ca- näle sich finden. Der eine davon beginnt mit dem vorderen Abdominal-

Fig. 314. Kiu Abschnitt der Niere einen Acanth ia s-Embryo (Schema). i Wimpertrichter. »i Malpighi'tu-he Körper, r Nierenläppchen, u Urnieren- gang.

Excrelion sorga n e .

63 t

osiium des primären Ganges, und erscheint ferner ausser Beziehungen mr Niere. Es ist der Müller'scbe Gang. Der andere Canal bebalt die Verbindung mit der Untiere bei, es ist der seeundäre Urnieren- gang. Auch für den secund&ren Urnierengang bestehen Veränderungen, insofern er bei den Männchen ium Samenleiter wird. Die aus dem hin- teren Nierena bsebnitte kommenden Ausfuhrgänge sammeln sich dann zu einem gemeinsamen Harnleiter, der in einen Sinus urogenitalis ausmün- det, oder es fuhren mehrere Harnleiter mit getrennten Mündungen dort- hin. Bei den Weibchen sind auch die aus dem vorderen abortiven Stucke der Urniere kommenden Ausführgange mit dem Harnleiter verbunden.

GanoYden und Teleoslier lassen die Niere in ähnlichen Lageverhält- nissen wahrnehmen. Die Urniere erscheint wesentlich dem Volum nach weiter entfallet, und die Ausfuhrwege lassen zwar jene Sonderungsvor- gänge nicht in vollem Umfange erkennen, die bei den Selachiern eine bedeutende Complicalion hervorriefen, allein ein bei Ganorden dem Aus- fuhrgange angefügter Trichter mit weitem abdominalen Osiium spricht für die eingeleitete Sonderung eines Muller- sehen Ganges, so dass der Harnleiter nicht mehr dem prima" reo Urnierengange entspricht. Bei den Telcostiem tritt der seeundiire Tbeil der Druse am vorderen Abschnitte des l'rnierenganges zuerst auf, und bildet jenen Abschnitt, der bei vielen bis zum Kopfe reicht Kopfniere). Hieran scbliesst sieb der hintere spater gebildete an. Das Ganze stellt ein com- pactes Drusenorgan vor, welches vom Peritoneum Uberk leidet längs der Wirbelsaule sieb hinzieht, in einzelnen Abschnitten mehr, in anderen min- der ausgebildet. Eine Sonderung in Lappen wird meist durch voluminösere Entwicklung einzelner Abschnitte ausgedruckt. Die Aus- fuhrwege (Fig. 345. u) verlaufen bald an der vorderen Flache, bald mehr am lateralen Rande und treten meist zu einem unpaaren Abschnitte zusammen, der unter oder hinler der Genital- offnung mUndet. Au verschiedenen Stellen bieten die Ausführwege Erweiterungen, bald am gemeinsamen Abschnitte, bald am geson- derten; all' diese Gebilde fungiren zwar als »Harnblasen«, haben aber morphologisch mit der Harnblase der höheren Veitebraten keine Gemeinsamkeit.

Für die Nieren der Amphibien finden sich Anschlüsse an die bei Se- lachiern bestehenden Befunde. Bei allen spielen Wimperlricfatcr für die Anlage der Harncan&le eine Rolle. Aus den primären Harncanälen bilden

> Blixeurtlie Br-aite: Aui Führung dtriflltan.

(Huh H»tl.)

632

II. 9. Wirbelthierc.

sich durch Aufknäuclung wiederum Läppchen. Bei den Cöcilien bleiben diese meist gleichartig, bei Urodelen und Anuren findet eine Ausbildung und Vermehrung der hinteren statt, so dass dieser Theil gegen den vor- deren bedeutend überwiegt. An diesem Abschnitte ergibt sich zugleich eine ansehnliche Vermehrung der Wimpertrichter, welche eine persistente Einrichtung vorstellen. Der vordere Theil der Niere nimmt bei den Uro- delen die Ausführgange des Hodens auf, während bei Cöcilien und Anuren verschiedene Theile der Niere in dieser Verbindung stehen. Eine am pri- mären Urnierengange auftretende Differenzirung lässt auch hier einen Müller'schen Gang und einen seeundären Urnierengang entstehen (Fig. 348) . Der letztere dient als Ausführweg für die Niere , wird Harnleiter bei den Cöcilien, Urodelen und allen weiblichen Anuren, indess bei den Männ- chen mancher der letzteren der primäre Urnierengang als solcher fortzu- fungiren scheint. Die Ausmündung findet selbständig in die Cloake statt.

Müller, W., Das Urogenitalsystem der Cyclostomen. Jen. Zeitschr. IX. Skmper, C, Das Urogenitalsystem der Plagiostomen. Arbeiten aus dem zool. Institut zu Würzburg. 11 Spengel, J. W.y Das Urogenitalsystem der Amphibien. Ebenda. III.

am

§ 449.

Bei den Amniotcn kommt die Urniere gleichfalls zur Ausbildung. Sie erstreckt sich zu einer gewissen Zeit der Eiitwickelung durch die Lei- beshöhle , gegen welche sie von der dorsalen Wand her beiderseits vor- ragt. Der Urnierengang (Fig. 346 uy) ist auch hier das Erstgebildete. In ihn münden die Harncanälchen (u), die den drüsigen Theil des Organes vorstellen.

Der stets in der gleichen Function bleibende hintere Abschnitt der Ur- niere hat sich bereits bei Selachiern, mehr aber noch bei einem Theile der Amphibien ausgebildet , sowohl durch Vermehrung der Harncanälchen , als auch durch Gewinnung selbständiger Ausführwege. Dadurch werden die bei den Amnioten bestehenden Ver- hältnisse angebahnt. Bei Reptilien schliesst sich das nachträglich entste- hende Material von Harncanälchen zwar unmittelbar an den hinteren Theil der Urniere an (Lacerta), allein es verbindet sich nicht mit ihm zu Einem Organe, sondern stellt ein Neues vor, die blei- bende Niere. Diese besteht hier noch eine Zeit lang mit der Urniere, hat aber

Fig. :ilti. Querschnitt durch den Kinbryo eines Vogel« (Hühnchen). „1 Atniiumhühlo. am Amnion, rk Chorda, a Aortu. t C'urdinal- vene. u Urniere. ug Urnierengang. e Keim- epithel. /* PJeuroperitouealhohle. D barm-

rinne.

ExcretioDsorganc. 633

selbständige Ausleitewege (Ureteren) gewonnen, und übernimmt die Function der Urniere , in dem Maasse als diese sich rückbildet oder für den Genitalapparat verwendet wird. Bei den Vögeln sobeint die Anlage der bleibenden Niere selbständig zu erfolgen, und noch mehr ist das für die Säugethiere der Fall. In der Würdigung dieser Verhältnisse erscheint also die sogenannte bleibende Niere der Amnioten als ein an- fänglich an die Urniere sich anschliessendes , einen Theil derselben vor- stellendes Organ, das sich allmählich sowohl räumlich als zeitlich von ihr sondert. Eine Anlage von Wimpertrichtern ist nicht bekannt geworden. Auch die Scheidung des Urnierenganges besteht nicht mehr wie bei den Anamnia , vielmehr besitzt der Herrsche Gang eine gesonderte Anlage.

In Lage und Ausdehnung bieten die Nieren der Reptilien und Vögel manche an die Fische sich anschliessende Verhältnisse. Sie liegen weit nach hinten, der Gloake benachbart, nur bei den Schlangen weiter davon entfernt, und zugleich mehr in die Länge gestreckt. Durch die Bildung von Lappen bietet ihre Form grössere Jdannichfaltigkeit. Bei den Vögeln sind sie in die Vertiefungen zwischen den Querfortsätzen der Sacralwirbel ein* gebettet, und zerfallen meist in drei zuweilen mit einander verbundene Abschnitte, die je einen verschiedenen Umfang erreichen können. Die Ureteren (Fig. 349 u) sind meist am Innenrande der Nieren gelagert, von Stelle zu Stelle grössere Harncanäle aufnehmend (Schlangen, Schildkrö- ten), oder sie werden vom Nierenparenchym umschlossen, um meist erst am Ende des Organs hervorzutreten (Saurier, Crocodile). Bei den Vö- geln verlaufen sie zum grossen Theil ausserhalb der Niere. Bei Allen münden sie gesondert in die Gloake aus, oder in einen auch die Ge- schlechtswege aufnehmenden Sinus urogenitalis.

Die Nieren der Säugethiere bieten nach der Sonderung der als »Nie- rencanal« bezeichneten Anlage vom Urnierengange mancherlei Veränderun- gen, besonders für die Mündung der Ureteren.

Die am blinden» Ende des »Nierencanals« entstehenden Nieren treten nach ihrer Differenzirung hinter die Urnieren. Sie scheinen anfänglich eine glatte Oberfläche zu besitzen, welche mit der Ausbildung des drüsi- gen Parenchyms in einzelne Lappen uneben wird. In jedem Lappen treten die Harncanälchen auf einen papillenartigen Vorsprung zusammen, an welchen sich der gemeinsame Ausführgang des Lappens anschliesst. Er bildet die Nierenkelche, und deren Vereinigung das Nierenbecken, welches den Ureter hervorgehen lässt. Sehr zahlreich (gegen 200) sind die discret bleibenden Lappen bei den Cetaceen. Eine geringere Zahl besitzen die Pinnipedier. Auch bei vielen Carnivoren bleiben die Lappen getrennt (Ursus , Lutra) , indess bei andern eine Verschmel- zung der Lappen stattfindet. Dadurch erhalten die Nieren eine höcke- rige Oberfläche (z.B. beiliyaena, Bos, Elephas). Dies ist für Andere ein gleichfalls vorübergehender Zustand , und mit völliger Verschmelzung derCorticaisubstanzder Lappen empfängt die Niere eine glatte Oberfläche.

634 II. 9. Wirbelthiore.

au der wohl noch einzelne Furchen die ursprüngliche Trennung in Lappen andeuten. Im Innern der Niere dagegen erhält sich die Tren- nung mehr oder minder vollständig, und man findet die Zahl der ur- sprünglichen Lappen in den verschiedengradig verschmolzenen Papillen ausgedrückt. Die Verschmelzung kann auch mehrere oder sämmtlichc Lappen betreffen, so dass eine viel geringere Zahl von Nierenpapillen be- steht, die sogar in eine einzige zusammentreten können (Marsupialien, Edentaten, Nagethiere, manche Garnivoren und Primaten) .

Die aus dem Nierencanale gebildeten Ureteren senken sich nach ihrer Trennung vom Urnierengange anfänglich in den in der Bauchhöhle des Embryo verlaufenden , mit der primitiven Beckendarmhöhle verbundenen Abschnitt der Allantois ein Urachus-. Dieser bildet sich allmählich in ein spindelförmig erweitertes Organ um, die Harnblase, während die Fortsetzung des Urachus zum Nabel, und von da in den Nabelstrang, ob- literirt. Ersterer Abschnitt bildet das Ligamentum vesico-umbilicole me- dium. Die ursprünglich spindelförmige Gestalt der Harnblase erhält sich bei manchen Säugethieren (Robben), während sie bei anderen allmählich Modißcationen erleidet, an welche Differenzen in den Einmündungsver- hältnissen der Ureteren sich knüpfen. So öffnen sich die Ureteren bei vielen Nagern weit oben an der hinteren Blasenwand (Fig. 354. C. u).

Das fernere Verhalten der Ausführwege ist mit dem Geschlechls- apparate gemein und wird deshalb bei diesem Erwähnung finden.

Geschlechtsorgane.

§ 450.

Die Organe der Fortpflanzung sind bei den Wirbelthieren auf ver- schiedene Individuen vertheilt; die Trennung der Geschlechter ist Regel, von der jedoch bei den Fischen manche Ausnahme vorkommt. Auch in höheren Abtheilungen bestehen manche Einrichtungen welche auf Herui- aphroditismus gedeutet sind. Es scheint mir aber, dass nur die Zeu- gungsstoffe für jenes Unheil massgebend sein können, und nicht das Ver- halten der Ausfübrwege , welche dem Geschlechtsapparat ursprünglich fremd sind.

Von den Zeugungsstoffen ist die erste Genese der männlichen bis jetzt noch wenig sicher ermittelt, dagegen ist die Abstammung der weib- lichen aus der die Bauchhöhle auskleidenden Epithelschichte festgestellt. Damit erscheinen Verhältnisse wie sie bei Wirbellosen unter den Wür- mern bestehen. Bei Amphioxus bilden sich an zahlreichen Stellen der Leibeshöhle, oder in Räumen die mit letzterer zusammenhängen, Follikel- artige , von einer Schichte des Epithels umgebene , und Ausbuchtungen der letztem darstellende Gebilde , die als die Keimdrüsen sich darstellen. Die Eier entstehen hier zwischen indifferenten platten Zellen, welche zugleich das Siroma des Organes vorstellen. Auch in diesem Punkt«

Geschlechtsorgane. 635

stellt Amphioxus den Cranioten sich ferner, denn bei diesen ist es eine ganz bestimmte und beschränktere Localität, welche den Keimdrüsen Ursprung gibt. Die epitheliale Auskleidung der Bauchhohle behält an einer der Urnierenanlage entsprechenden Strecke langer als an anderen Stellen ihren ursprünglichen Charakter, und kann von jenen als Keim- epithel unterschieden werden (Fig. 346. e). In grösserer oder geringerer Ausdehnung findet hier zur Seile des Mesenteriums durch Bindegewebs« Wucherung eine faltenartige Erbebung statt, die Genitalfalte. Einsenk- ungen des Epithels stellen auf dieser die Anlage der Eier vor. Von einer einwachsenden Zellgruppe entfaltet sich eine Zelle zum Ei, die andern bilden eine das Ei umgebende Zellscbichte, das Follikelepithel, welches mit der es umgebenden Bindegewebsschicht den Eifollikel bildet. Bald gibt jede Einsenkung des Keimepithels nur einem einzigen Follikel Entstehung, wie es bei den Anamnta sich trifft (Selachier) , bald wuchern jene Zellgruppen weiter und bilden die Anlagen zahlreicher Follikel wie bei den Amnioten.

Die im Eifollikel um die Eizelle lagernden Zellen bleiben meist indif- ferent und tragen sowohl zur Ernährung des Eies wie zur Bildung der das Ei umgebenden Dotterhaut bei. Mehr oder minder bedeutende Mo- dißcationen betreffen iheils das Ei, theils die dasselbe umgebenden Zellen des Follikels. Diese bilden unter gleicbmässigem Wachsthume des Eies und des Follikels eine einfache epithelartige Schichte bei den Fischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln. Bei den Säugethieren dagegen ver- mehren sie sich bei relativ klein bleibender Eizelle und füllen eine Zeit lang den grössten Theil des Follikels aus. Unter Vergrösserung des letzteren entsteht allmählich in dessen Innern ein mit Fluidum gefüllter Raum , durch den die Zellschichte des Follikels an der Wandung sich ausbreitet (Membrana granulosa), wo sie an einer etwas verdickten Stelle das Ei umschliesst.

Die die Eizelle betreffenden Veränderungen gehen vom Dotter aus, und sind von einer Volumszunahme des Eies begleitet. Dieses trifft sich schon bei Teleostiern , deren Dotterkörnchen häufig bedeutende Verände- rungen eingehen. Aehnlich verhalten sich die Eier der Amphibien. In höherem Grade findet Vermehrung und eigentümliche Differenzirung der Dotterkörnchen in den Eizellen der Selachier, Reptilien und Vögel statt. Ihre Menge verleiht dem reifen Ei eine bedeutende Grösse.

Den männlichen Keimdrüsen dient die mit dem Keimepithel überkleidete Stelle gleichfalls als Bildungsstätte, aber es scheint, dass jenes Epithel nicht an dem Aufbau der Hoden direct betheiligt ist. Die erste Differenzirung der den Hoden zusammensetzenden Drüsenschläuche ( Samencanälchen ) ist noch unbekannt, und die Annahme ihrer Ent- stehung aus einem Tbeile der Urniere führt die Schwierigkeit herbei, jene Hodenbildungen zu erklären , die keinerlei Verbindung mit der Urniere eingehen.

Durch Differenzirungsvorgänge des Epithels der Samencanälchen ent- stehen die Formelemente des Sperma. Diese stellen bei allen

636 H. 9. Wirbelthiere.

Wirbelthieren bewegliche, von einem verschieden gestalteten dickern Theile , dem sogenannten Köpfchen ausgehende Fäden vor. Das Köpf- eben ist bald scheibenförmig oder elliptisch , wie bei vielen Säugethieren und Fischen, oder es ist langgestreckt bei SeJachiern , Amphibien, Vö- geln. Bei letzteren häufig korkzieherartig gewunden. Eine undulirende Membran zeichnet die Samenfäden mancher Amphibien (Salamandrinen und Kröten) aus.

§ 451.

Aus den als Genitalfalten bezeichneten Bildungen gehen die Keim- drüsen hervor. Bald ist es ein grösserer bald ein kleinerer Abschnitt der dadurch zum Ovarium oder zum Hoden sich gestaltet. Die Cyclostomeu zeigen die einfachsten Befunde. Die Ovarien der Petromyzonten er- scheinen als paarige, längs der Leibeshöhle sich erstreckende, viellach ge- faltete Lamellen , in denen die Eier entstehen. Aehnlich stellen sich die Hoden dar. Unpaar , der rechten Seite des Mesenteriums entspringend, trifft man die Keimdrüsen der Myxinen. Beiderlei Geschlechtsstoffe werden in die Leibeshöhle entleert, von wo sie durch den Abdominal- porus nach aussen gelangen.

An diese Einrichtung schliessen sich bei manchen Teleostiern die Ova- rien an, so z. B. beidenSalmonen, deren Eier gleichfalls in die Bauchhöhle gerathen und durch einen Abdominalporus entleert werden. Unter den Selachiern ist dasselbe noch bei Laemargus borealis der Fall , wobei den Ovarien bei geringerer Grösse der Eier eine bedeutende Ausdehnung zu- kommt. Bei den übrigen Fischen bestehen für beiderlei Geschlechter Ausführwege , die grösstenteils vielleicht sämmtlich durch die an der Urniere aufgetretenen Di flerenzi rangen (vergl. § 448) hervor- gingen.

Die GanoYden stehen in dieser Beziehung auf einer niederen Stufe, indem ihre Keimdrüsen der directen Ausführwege entbehren, und ihre Producte in die Leibeshöhle gelangen lassen. Hier dient ein dem Müller- schen Gang homologer Apparat in beiden Geschlechtern der Ausleitung, indem dem Harnleiter (seeundären Umierengang) ein verschieden langer mit trichterförmiger Oeffnung versehener Canal angefügt ist , der die Ge- schiechtsproduete aufnimmt. Harn- und Geschlechtswege sind somit eine Strecke weil gemeinsam. Es muss diese Thatsache als von besonderer Wichtigkeit angesehen werden , denn wir lernen durch sie den Müller- schen Gang als eine auch im männlichen Geschlechte verwendete Einrich- tung kennen. Das Auftreten dieses Ganges in beiden Geschlechtern ge- langt damit zum näheren Verständniss, und man hat nicht nöthig die Existenz jener Organe bei dem männlichen Geschlecht von einer ur- sprünglich bestanden habenden Zwitterbildung abzuleiten , welche in je- nem Zustande, wie er vorauszusetzen wäre, nicht erwiesen ist.

Aus den bei den GanoYden waltenden Einrichtungen lassen sich zwei andere Befunde ableiten. Der eine trifft sich bei der Mehrzahl der Te-

Geschlechtsorgane.

637

leostier, der andere bei den Selachiern, und daran im Anschluss bei Am- phibien und allen Amnioten.

Die männlichen Organe aller Teleoslier und die weiblichen mit der oben berührten Ausnahme, erscheinen in Schlauchform. Die keimberei- tende Stätte ist häufig auf eine Stelle des Schlauches beschränkt, und bildet von da aus je nach dem Ausbildungsgrade ihrer Producte eine mehr oder minder bedeutende Einragung. Die beiderseitigen Ausführ- gänge dieser Genitalschläuche Fig. 347. tt) verbinden sich~zu einem

Fig. ;147. UeschlechtforgaM und Darmcanal von Clnpea Harengag. os Oesophago ». r Magen.

up Appendireg pylorira*. * Darm, a Afteröffnnng. tn Schwimmblase, d.pn Luftgang, « Mtlx. tt Hoden.

rd Auaführgang derselben, g Genitalporne. br Kiemen. (Narh Hkandt.)

mit dem Genital porus mündenden gemeinsamen Wege. Bei diesen Kin- richtungen sind die Keimdrüsen in der Regel njeht durch den ganzen Apparat, sondern nur durch die an der Innenwand der Schlauch« vor- ragenden, oft gelappt oder auch ramificirt erscheinenden Heimstätten vor- gestellt. Deren Umhüllung bildet wahrscheinlich der sich schlauchförmig umgestaltende Müller sehe Gang, was übrigens noch ontogenetisch fest- zustellen ist.

Bei einer Anzahl von Teleostiern sind Zwitterbildungen beobachtet, indem dem Ovariaischlauch noch ein Hodenschlauch anliegt. Am bekann- testen in dieser Beziehung sind Arten der Gattung Serranus.

§ 452.

Unter den Selachiern hat sich die bei den Ga norden bestehende Hin- richtung für das weibliche Geschlecht erhalten und weiter ausgebildet. Die Keimdrüsen bilden sich meist nur an einer beschränkten Strecke der Genitalfalte aus, während der übrig bleibende Tbeil durch Wucherung des Stroma in ein eigentümliches Gewebe (epigonales Organ) sich um- wandelt. Die Ovarien sind in der Begel paarig, ziemlich weit vorne liegend. Bei manchen wird das linke rudimentär Mustelus, Galeus, Scyllium, Pristiurus, Carcbarias;. Die aus den Müller'schen Gängen ent- standenen langen Oviducte bilden mit ihren unter einander verschmol- zenen abdominalen Ostien eine weite , der bedeutenden Grösse der auf-* zunehmenden Bier entsprechende Trichtermündung. Das hintere Ende

(»3t.

II. 9. Wirbel thie

jedes Eileiters ist in einen durch grossere Weite und häufig auch durch stärkere Wandungen ausgezeichneten, bei den meisten als Uterus fun- girenden Abschnitt differeniirt , der in die Cloake ausmündet. Die Sonderung eines drüsigen Abschnittes nahe am abdominalen Ende des Eileiters kommt den Selachiern wie den Chimären zu, deren Geschlechts- organe, wie auch jene {1er Dipnoi, in den wesentlichsten Punkten Überein- stimmen.

Die männlichen Organe werden in diesen Abtheilungen durch meist kleine Hoden reprlisentirt, deren Ausfuhrgange mit dem vorderen Theile der Excretionsorgane sich in Verbindung setzten, so dnss dieser Theil der Urniere sammt ihrem Aus führgange zum Ge- schlechts appa rate verwendet wird. Mas Vas deferens begibt sich narli mehrfachen Windungen zur Cloake, nachdem es hei Chimära mit dem anderseiligen sich verbunden hat, und mündet meist mit dem Harn- leiter gemeinsam in einen Sinus urogenitalis, derauf einem papillen- artigen Vorsprunge in die Cloakv sich öfl'net. Vom Hllller'schen Gan^r bleibt ein Rest mit dem Osliiini abdominale bestehen, an der ent- sprechenden Stelle, wo dieser beim Weibchen sich findet. Auch vom hinleren Ende scheint bei Han- chen eine Sirecke in Verbindung mit der Cloake sich zu erhallen. In ansehnlicher Weise erhall sieb der Müller'sche Gang bei Chi- mara. Theile der Hintergliedmasse sind bei den Männchen der Se- lachier und Chimären in Begattungs- organe umgewandelt (S. 5<<).

Die Amphibien knüpfen bezüg- lich des Geschlechtsapparates enge an die Selachier an. Die Ovarien mfindnng. <Tbeiiw(i»e nsch sj-isokl.j (Fig. 3*8 A. ov) bilden je nach der

Zahl der in ihnen zur Reife kom- menden Eier verschieden machtige Lamellen , die in die Bauchhöhle einragen. Sie umschliessen bei den Urodelen einen Hohlraum, der bei den Anuren in mehrfache Räume getheilt ist. Der Müller'sche fianp bildet den Eileiter/»/;, der weit vorne mit trichterförmiger Oermunp

Geschlechtsorgane. 639

beginnt und immer selbständig in die Cloake ausmündet. Zur Zeit der Geschlechtsfunction bielet er meist eine ansehnliche Vergrößerung dar, die sich auch in reichen Windungen ausspricht. Bei lebendig gebüh- renden Arten (Salamandra) fungirt der letzte Abschnitt des Eileiters als Uterus.

Die Hoden verhalten sich hinsichtlich ihrer Lage den Ovarien ahnlich. Sie stellen bald ein einheitliches Organ vor, bald bestehen sie aus einer Reihe grösserer oder kleinerer und darum auch zahlreicherer Körper. Letzteres ist bei manchen Cöcilien der Fall , während Andere Uebergänge zur einheitlichen Gestaltung darbieten. Ein longitudinaler Sammelgang nimmt die Ausführgänge der einzelnen Abschnitte des Hodens auf, und gibt wieder Quercanäle ab, welche ebensovielen primären Abschnitten der Niere entsprechen, und mit diesen sich verbinden. Die Niere ist so- mit Ausfuhrweg des Sperma , welches durch den Harnleiter (secundäror Urnierengang) entleert wird. Auch bei den Anuren wird das Sperma aus dem Hoden durch ein zwischen diesem und der Niere Hegendes Netz von Canälchen letzterer zugeleitet. Aber die aus dem longitudinalen Sammel- gang in die Nieren eintretenden Canälchen durchsetzen die Niere, ohne mit Malpighf sehen Körperchen in Zusammenhang zu stehen , und mün- den direct in den Harnleiter. Nur Bufo macht eine Ausnahme, indem ein Zusammenhang der Vasa efferenlia mit den Malpighi'schen Körperchen besteht. Die Urodelen lassen nur den vorderen Abschnitt der Niere (Ge- nitalniere) in Verbindung mit dem Geschlechtsorgane erkennen. Aus einem im oder am Hoden [B. t) liegenden Sammelgange fuhren Quer- canäle [v. e) durch das Mesorcbiurn meist zu einem Längscanal, aus wel- chem wieder Canäle entspringen , die in den genannten Nierentheil ein- führen. Das Sperma durchläuft also nur einen bestimmten Abschnitt der Niere, und tritt nur durch die aus jenem kommenden Ausfübrgänge in den gemeinsamen Harnleiter über, der aus dem seeundären Urnierengang gebildet ist. In dem Maasse als dieser Theil derUrniere der Härnsecretion entfremdet ist, wird er dem Geschlechtsapparate zugetheill, so dass dann nur im Harnleiter eine Mischung beider Secrete stattfindet.

Der Müller'sche Gang persislirt auch bei den Männchen vorne frei, dann meist in dichtem Anschluss an den seeundären Urnierengang. Er erscheint vollständig (m) , sogar mit offenem Ostium abdominale, oder nur theilweise als Canal, und auf Strecken in einen soliden Strang umgewan- delt. Am meisten ist das bei den Anuren der Fall, unter denen er jedoch bei Bufo sehr ausgebildet anzutreffen ist. Bei den Cöcilien ist der hinlere Abschnitt in seiner Wand mit mächtig entfalteten Drüsen versehen, welche diesen Theil noch in Function erscheinen lassen.

An dem Hoden mancher Anuren (Bufo) liegt ein eigentümliches, grosse , eiähnliche Zellen führendes Organ, welches früher als rudimen- täres Ovarium gedeutet wurde. Es ist in seiner Bedeutung ebensowenig sichergestellt als die sogenannten Fettkörper, die bei Anuren am Vor- derende der Keimdrüse angeheftet erscheinen.

640 II. 9. Wirbelthicre.

Die Ausmündung des Geschlechtsapparates in die Cloake lässt diese auch bei der Geschlechtsfunction thätig sein. Bei weiblichen Urodelen (Salamandra ) nehmen die Cloakendrüsen Sperma auf, und fungiren als Receptacula seminis. Bei den Cöcilien vermag die Cloake der Männchen vorgestülpt werden und dient als Organ der Begattung.

Semper, C, Urogcnitalsyslcm der Selaehier. Spkngki. , Urogenilalsysleni der Amphibien, i. c.

§ *83.

Die Anordnung des Geschlechtsapparates der Sauropsiden wiederholt in den Grundzügen das für die Amphibien Geschilderte, und zeigt dabei eine Weiterentwickelung jener Einrichtungen. Die Ovarien lagern als traubige Gebilde vor der Wirbelsaule, oder ihr zur Seite, und bilden je nach dem Reifezustande der in dieser Abtheilung sehr voluminösen Eier verschieden grosse Organe. Bei den Schlangen sind die Ovarien iu ver- schiedener Höhe vertheilt. Das rechte grössere liegt meist vor dem linken. Die Vögel bieten eine Verkümmerung des rechten Eierstocks dar. Gleich- massig mit dem linken angelegt, bleibt er, indessder linke sich ausbildet, auf niederer Stufe stehen, und kann endlich ganz verschwinden. Rudi- mente davon finden sich bei Tagraubvögeln.

Die Oviducte entstehen wieder aus den Müller'schen Gängen und erscheinen im ausgebildeten Zustande als ansehnliche , meist gewunden verlaufende Canäle, die mit weitem abdominalen Ostium beginnen. Die Schleimhautauskleidung bietet zahlreiche Längsfalten und ist am unteren, auch mit stärkerer Muskel wand versehenen Abschnitte vom übrigen län- geren Theile verschieden, besonders bei Vögeln durch bedeutendere Fal- ten- und Zottenbildung ausgezeichnet. Diese Diß'erenzirung des Eileiters entspricht der Verschiedenheit der Function der einzelnen Strecken, von denen die längere vordere das Eiweiss secernirt, indess vom dickwandi- geren Endstücke die Schale gebildet wird. Dieser Abschnitt verbindet sich mittels einer kurzen engeren Strecke mit der Cloake. Der Rückbil- dung des rechtsseitigen Eierstockes entspricht bei den Vögeln die Rück- bildung des gleichseitigen Oviductes, von welchem nicht selten Reste in der Nähe der Cloake angetroffen werden. Während Schlangen und Eidechsen mit den Vögeln die Ausmündungsslellen der Oviducte gemein haben, findet bei den Schildkröten die Mündung in den Hals der soge- nannten Harnblase statt , dadurch erscheint ein Verhältniss vorbereitet, welches bei den Säugethieren typisch wird. Bei manchen Schlangen nimmt eine Ausstülpung der hinteren Cloakenwand die Ostien der Oviducte auf. Hinter den Ovarien erhält sich (bei Eidechsen und Vögeln beobachtet) ein Rest der Urniere.

Vom männlichen Apparate lagern die meist ovalen Hoden durch eine Bauchfellfalte befestigt an der Wirbelsäule , bald vor, bald median von den Nieren. Ihr Volum sieht mit dem Zustande ihrer Function in engem

Geschlechtsorgane.

641

Connex, was besonders bei den Vögeln hervortritt. Bei Schlangen neh- men sie eine den Ovarien entsprechende Lagerung ein. Die Vasa efle- rentiii begeben sich m einem meist nur aus wenigen Canälen beste he ade n Nebenboden , von dem ein Vas defe- re ns sich zur Cloake erstreckt. In gerade oi Verlaufe findet es sich bei Oocodilen, zahlreiche kleinere Win- dungen beschreibt es bei Schlangen, Eidechsen und Vögeln, indess es bei den Schildkröten (Fig. 349. e) ein Convolut von Windungen darstellt. Sein Endabschnitt ist hei manchen Sauriern und Vögeln , sowie bei den Crocodilen erweitert.

Die Vasa deferenlia münden bei Kidechsen noch mit dem Harnleiter verbunden in die Cloake aus, bei den Cheloniern in einen Sinus urogenitalis, der durch den Hals der Harnblase gebildet wird. Die Ausmundestelle jedes Samenleiters befindet sich zu- weilen auf einer pa pillenartigen Vor- ragung (Eidechsen, Vögel). Fig.m

Vom Müller'schen Gange besieht ^"" ein Rudiment in Gestalt eines vom h*d«nn. vorderen Ende des Nebenhodens nach s»«H«i«ii vorn verlaufenden Fadens (Eidechsen), "^JuLim.''.,' BU.uck. to'cwT'* sowie auch noch Beste des nicht zum

Nebenboden verwendeten Theiies des vorderen Abschnittes der l'rniere zu erkennen sind.

§ 151.

Bei den Säugelbieren erleidet der Geschlechtsappn rat durch Ausbildung der einzelnen Abschnitte der Ausfuhrgange und durch das Auftreten zahl- reicher accessorischer Gebilde bedeutende Veränderungen . Beim weib- lichen Apparate stehen diese zum grossen Theile mit den vom Embryo zum mütterlichen Organismus gewonnenen Beziehungen im Zusammen- hang. Die geringere Ausprägung der letzleren bei Honotremen bedingt daher mindere Modificationen , und damit zugleich direcle Anschlüsse an die niederen Abiheilungen der Wirbellhiere, specieil an die Sauropsiden. Die Oviducle tFig. 330 t) münden getrennt in einen Sinus urogenitalis der mit der Cloake [et] communteirt. Das unlere Ende des Eileiters ist durch dickere Muskelwand ausgezeichnet, bildet einen Denis (h) der aber

tiegtiibnif, OnndriM J. vorfl. AgMomiis. J. *W1. «)

<. -ffO.fTpiu

642

II. 9. Wirbellhiere.

nur jenen Bildungen entspricht, die auch hei manchen Anamnien und Sauropsiden als Uterus fungiren.

Bei den Beuteilbieren tritt eine ausser! iche Verbindung der weih- lichen Ausf Uhrgange auf . von denen jeder: Eileiter, Uterus, sowie als neuen Abschnitt eine Scheide hervorgehen lilsst, welche in den Sinus urogeni- talis mündet. Der mit einem sehr weiten Orincium abdominale beginnende obere Abschnitt bildet einOviduct [Fig. 3-il oi/', indess der folgende dick- ■wandige einen Uterus [wj vorstellt. Jeder der beiden IHeri mündet mit einem papillenarligen Vorsprung in den iiusserlich gemeinsamen Abschnitt . der

Owiui». (EileiW. t. Ctenu. - oben du Oatium in Uten» . darunter die UBndoDg dei Urel.

durch die Vereinigung der beiden MUller'schen Gänge entstand. Von diesem geht jederseits eine gebogen verlaufende Scheide ab (Didel- ph\ s oder an der Stelle des Beginnes der Scheide findet sich ein nach hinten zu ausgesackter und innerlich durch eine mediane Scheidewand gelheilier, oder in manchen Fallen auch ungelheiller Scheidenblindsack. von welchem aus die getrennt verlaufenden »Scheidencanäle° ;cr henkeifbrmig gekrüiiimt zum Sinus urogenitalis [eug) verlaufen iHalmJ- lurus .

Bei den monodelpben Süugelhieren werden die Urnierengänge mit den Müller'schen Gängen zu einem gemeinsamen Strange Genital sträng verbunden. Bei ihnen kommt die bei Halmalurus ausgebildete Ver- bindung der Ausfuhrwege auf der Mitte ihres Verlaufs, während der Embryonalperiode an den MUller'schen Gängen vor. An diesen bildet sich eine Strecke weit eine Verschmelzung der Lumina, die vor und hinter dieser Stelle gelrennt sind, und darin liegt eine Andeutung des gemein- samen Sackes, der hei Beutelthieren die Scheidencanäle absendet. Die

Geschlechtsorgane. 643

Verschmelzung der Lumina schreitet aber bei den monodelphen Säuge- thieren gegen das Ende des Genita Istranges vor, und formt damit einen einfachep Canal (Ganaiis genitalis), der in den Sinus urogenilalis sich öffnet. Somit bestehen zwei von einander gelrennt beginnende, aber dann in einen mehr oder minder langen unpaaren Abschnitt zusammen- tretende Canäle, die aus den getrennt angelegten Mülle r'schen Gängen hervorgingen. Durch verschiedenartige Differenzirung der Wandung ein- zelner Abschnitte entstehen die bereits bei den Beutelthieren unterschie- denen Theile, welche wesentlich durch die grössere oder geringere Ausdehnung der Dupliciläl Modificationen darbieten. Dem durch die Beziehungen zur Frucht vielen Anpassungen unterworfenen Uterus fallen die meisten Variationen zu. Zwei völlig gelrennte Uteri münden in eine Scheide bei vielen Na- gern (Lepus, Sciurus, A ft r Hydrochoerus elc. } und bei Orycteropus ( Fig. 352 A). Bei anderen Na- gelhieren vereinigen sich beide Uteri nur auf einer kleinen Strecke zu einer

. . Mm Fig. 352. Verschieden« Uterusformen A, B% C «Uterus.

gemeinsamen Ausmün- od Eileiter. x Schel(K

düng in die Scheide (z. B.

Cavia, Coelogenys, Mus}. Daraus gehen die Verhältnisse des Uterus der Inspclivoren, Carnivoren, Cetaceen und Ungulaten hervor, bei denen ein einfacher Uterus in zwei gelrennte Hörner auslauft (Ä), die in die Ovi- duete sich fortsetzen. Unter Verlängerung des gemeinsamen Uteruskör- pers erscheinen die Hörner verkürzt bei Ghiropteren und Prosimiae, und bei den Affen ist wie beim Menschen ein einfacher Uterus (C) vorhanden, <lev jedereeits einen Eileiter aufnimmt. Die Lange der Hörner des Uterus oder jene des gemeinsamen Uteruskörpers zeigt sich sehr verschieden, ebenso variirt auch die Länge der Scheide, deren Schleimhaut mannich- fache Modificationen bietet. Eine Strecke weil behalt die Scheide bei man- schen Nagern (Lagoslomus) die primitive Duplicilät. Ihre Mündungsstelle in den Sinus urogenilalis ist zuweilen durch eine vergängliche, als Scheiden- klappe (Hymen) unterschiedene Scbleimhautfalte ausgezeichnet. Sie ist bei Widerktiuern, Carnivoren u. A. beobachtet, bietet aber erst bei den Affen die beim Menschen vorkommenden Verhältnisse« Der ursprünglich nur zur Austeilung der Geschlecbtsproducte dienende Müller'sche Gang ist also unter Eingehen bedeutender functioneller Aenderungen in drei Abschnitte gesondert . von denen nur der erste als Fallopi'sche Tuba die primitiven Verhältnisse bewahrt.

Die meist wenig umfänglichen Ovarien besitzen je nach dem Ver- halten der Eifollikel zum Stroma ovarii mannichfache Verhältnisse. Bei sehr vielen Säugelhieren bieten sie eine traubige Form. Ihre primitive Lagerung bewahren sie seilen , meisl rücken sie weiter gegen das kleine

4<*

644 U. 9. Wirbelthicre.

Becken bin oder treten mit den Eileitern sogar vollständig in dieses ein. Zu den letzteren oder vielmehr zu deren trichterförmig erweitertem Ostium abdominale besitzen sie immer nahe Beziehungen, indem ein Fortsatz des Ostiumrandes sich zum Ovar erstreckt. Die die Ovarien wie auch die Eileiter tragenden Bauchfellduplicaturen (Ligg. uteri lata] bilden nicht selten das Eileiterostium mit dem Ovar umschliessende Taschen (z. B. bei Camivoren).

Von den Urnieren und ihren in den Genitalstrang mit eingeschlossenen Ausfuhrgängen erhalten sich Reste an der Seite des Uterus oder in den die Ovarien mit dem Uterus verbindenden Peritonealduplicaturen. Reste der UrnierengUnge bilden die sogenannten Gartn Ersehen Canäle, die bei Echidna die Uteri begleitend, in den Sinus urogenitalis münden, sonst nur auf Strecken bestehen. Ein in der Nähe der Ovarien liegendes lx- nierenrudiment wird als Neben ei erst ock bezeichnet.

§ 455.

Am männlichen Geschlechtsapparate der Säugethiere lin- den sich die Hoden anfänglich in gleicher Lage wie die Ovarien, am inneren Rande der Urnieren. Vom Urnierengange aus erstreckt sich ein Strang zur Leistengegend der Bauch wand (Leitband). Nach erfolgter Verbindung eines Theiles der Urnieren mit dem Hoden stellen erstere den Nebenhoden vor. Der Urnierengang ist wie beim weiblichen Geschlechte mit dem Müller'schen Gange zu einem Genitalstrang verbunden, welcher zu dem aus dem untersten Abschnitte der Allantois entstandenen Sinus urogenitalis tritt. Er bildet das Vas de/erens, indess der MUller'sche Gang verkümmert , und meist nur mit seinem Endabschnilte in ein blei- bendes, einem Sinus genitalis entsprechendes Organ, dem sogenannten Uterus masculinus, Übergeht, dessen Oeffnung in den Canalis urogenitalis in der Regel zwischen den Mündestellen der Samenleiter liegt.

Der in dieser Weise gestaltete Apparat zeigt an allen seinen Theilen mannichfache Modificationen. Die Hoden bleiben nur bei den Monotre- men fast ganz in ihrem ursprünglichen Lagerungsverhällnisse vor den Nieren. Wenig nach abwärts gerückt oder unterhalb der Nieren gelagert sind sie bei den Walthieren, bei Hyrax, beim Elephanlen und verschie- denen Edentaten zu treffen. Bei Anderen findet man sie in der Leisten* gegend der Bauch wand, durch welche sie hin durch treten bei vielen Na- gern, den Kamelen, und manchen Garnivoren [Lutra, Viverralj. Endlich gelangen sie bei Anderen durch den Leistencanal weiter von der Bauch- wand herab in eine vom Integumente gebildete Aussackung, das Sero- tum. Der bei der Wanderung des Hodens in das Scrotum, von dem mit dem herabsteigenden Hoden auswachsenden Peritonaeum gebildete Raum ^Canalis vaginalis) bleibt bei den meisten Säugethieren offen, und lässt so einen den Hoden umgebenden Hohlraum mit der Bauchhöhle communici- ren. Mit dem Herabsteigen des Hodens durch den Leistencanal hat der-

(ieschlecbloorgane.

645

selbe Tbeile der Bauch wand vor sich hergesttllpt. Bei offen lileibcndem Scheidencanal vermag der Hoden wieder in die Bauchhöhle zurückzutre- ten, was bei vielen Säagelhieren gewöhnlich zur Brunstzeit eintritt [i. B. hei Marsupialien. Nagern, Chir- optem , Inseclivoren u. A.). Eipenlbumlich ist die Lage des Sc rot u ms bei Beutel ihieren vor der Geschlechtsöffnung. Es ist eine selbständige Bildung, wah- rend bei den Monodetphen die Um- grenzung der primitiven L'rogeni- lalölTnung dazu verwendet wird.

Das unlere Ende des Vas de- ferens (Fig. 353 d erhall sich einfach bei Monolremen und Beu- lelthieren, Carnivoren und Cela- ceen. Sonst gehen von ihm Drü- scnbildungen aus, die man als »Samenblasem bezeichnet, weil sieb das Sperma in ihnen ansammeln kann [gl,. Diese Or- gane sind sehr entwickelt bei Insectivoren und vielen Nagern, bei erste re ii häufig in mehrere grosse Lappen gelheilt, bei letz- teren mehr durch Lunge und Aus- buchtungen ausgezeichnet. Auch der Endabschnilt des Vas defe- rens ist häufig drüsig gebaut.

Ausser den Samenleitern, deren die Samenbläschen auf- nehmender kurter Endabschnitt als Ductus ejaculalorius bezeich- net wird, münden bei manchen Sdugethieren Rudimente der Mül- le r'scben Gänge in den Sinus urogenilalis. Sie beslehen entwe- der aus einer einfachen oder paa- rigen Ausbuchtung, die einem rudimentüren weiblichen Sinus genitalis oder vielmehr dem Schcidenlhcil desselben entspricht , daberdie Bezeichnung als Uterus masculinus wenig genau ist. Zuweilen ist ein Abschnitt davon dem männlichen Sinus genitalis angehörig, indem die Samenleiter in ihm zur Ausmündung gelangen. Am ansehnlichsten sind diese Gebilde bei Nagern (Fig. 354 y], doch fehlen sie auch Anderen nicht ganz, und werden beim Menschen durch die Vesicula prostatica vorgestellt.

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646

II. 9. Wiibellhiere.

Der Canalis urogenilalis ist endlich noch mit anderen Drüsenorganen ausgestattet , den Prostatadrüsen. Diese können einen bedeutenden Um- fang erreichen , als paarige gelappte Bildungen sich dar- stellend (Nager, Elephas, Insectivoren [Fig. 353. gl' gl"]), oder sie sind durch zahlreiche kleinere Schläuche gebil- det, die durch Schichten glatter Muskelfasern zu einer der Wandung des Canalis urogenilalis angefügten Masse vereinigt sind. Durch Ausbildung der auch sonst diesen Drüsen zukommenden Muskulatur gestaltet sich die Pro- stata zu einem ringförmigen Körper.

B

§ 456.

v

Die Vereinigung der Ausfübrwege des Harn- und Geschlechtsapparates mit dem Endstücke des Darm- canals in den bereits oben (S. 587) als» Cloake« be- zeichneten Rau n findet sich in den unteren Abiheilungen verbreitet, es ist aber fraglich, ob dieses als primitiver Zu- stand anzusehen isl, denn es könnte als solcher auch die ge- trennte Ausmündung der Urogenitalorgane und des Tractus intestinalis gelten, wie sie bei Cycloslomen, GanoTden und Teleostiern besteht. Die Afteröffnung findet sich da vor den Urogenitalmündungen gelagert, doch kommt, beson- ders bei Ganoiden deutlich, eine diese Oeffnungen auf- "? nehmende Verliefung zu Stande, welche bereits die An-

Fig. 354. o»naiis uroge- deutung einer Cloake abgibt. Diese ist bei den

Selachiern ausgeprägt , und die sonst hinter der Afteröffnung liegenden Mündestellen des Urogenilal- apparates finden sich hier an der dorsalen Wand der Clonke.

Dieses Verhiillniss bleibt von da an allgemein, und eine Cloake besteht bei Amphibien, Reptilien und Vögeln in ziemlich gleichmässigem Verhalten, beiden letzteren mit einer der Hinterwand angefügten Aus- stülpung, der Rursa Fabricii Fig. 333 b) ausgestattet. Für die Säuge- thiere nmss die Cloake gleichfalls als ein gemeinsames Erbstück gelten, das aber nur bei den Mouolremen wenig modificirl fortbesteht, indess es den übrigen wichtige Umbildungen eingeht. Von diesen ist die schon bei den Amphibien spurweise beginnende Beiheiligung an der Sonderung der Begaltungsorgane bemerkenswert, und den Abschluss dieser Vorgange bil- det die Herstellung einer vom After gesonderten Urogenitalöffnung. Von anderen von der Cloake aus differenzirten Organen muss die Allantois hervorgehoben w erden , w eiche von der Vorderwand der Cloake resp. des sie darstellenden Theils der primitiven Enddarmhöhle entsteht. Bei Lepidosiren und den Amphibien bildet dieses Oman ein durch einen

nitalis mit Harnblase von Lepus cnnicnln». A Von hinten. B Hintere Wand des Uterus raascu- intts geöffnet. C Seit- liche Ansicht, r Harn- blase, u Ureter, d Sa- me uleit er. g Sinns geni- talis, uf/ Canalis uroge- nital».

Geschlechtsorgane. 647

kurzen Stiel von der vorderen Cloakenwand entspringendes , bei den letzteren meist in zwei vordere Ausbuchtungen verlaufendes Gebilde, welches frei in der Leibeshöhle liegt. Man bezeichnet es als Harnblase, als welche es auch zu f ungiren scheint , obs^hon die Ureteren entfernter von ihm münden. Auf seinen dünnen Wandungen verbreiten sich Blut- gefässe, davon die Arterien von jenen des Beckens stammen, die Venen zur Pforlader gehen.

Bei deu Amnioten empfängt dies Organ wahrend der embryonalen Entwickelung eine bedeutende Ausbildung , und wird zu einem volumi- nösen, weit über die Embryonalanlage hinauswachsenden, reiche Gefäss- verzweigung tragenden Sacke, welcher den vom Amnion umschlossenen Embryo umhüllt. Bei den Reptilien und Vögeln bildet er sich allmählich mit dem Schlüsse der Bauchwand zurück und verschwindet gänzlich. Nur bei den Eidechsen und Schildkröten erhält sich der in der Bauchhöhle be- findliche Theil der Allanlois , und erweitert sich zu einem nach beiden Seiten ausgebuchteten Sacke (Fig. 349 v}.

Anders gestaltet sich dieses Organ bei den Säugethieren in seinen Beziehungen zum sich entwickelnden Organismus. Es wächst wie bei Reptilien und Vögeln zu einer Blase aus, die durch einen engen, im Na- belstrange verlaufenden Stiel mit der Beckendarmhöhle communicirt. Der in der Leibeshöhle verlaufende Abschnitt des Stieles (Urachus) wan- delt sich zum Theil in ein Band (Lig. vesico-umbilicale medium) , zum Theil in die Harnblase und zum Theil in einen Sinus urogenitalis um, indem die Mündungen der Geschlechtsausführwege auf ihn übertre- ten. Bei Monotremen und Marsupialien scheint der peripherische Ab- schnitt sich ähnlich wie bei Reptilien und Vögeln zu verhalten , indess er bei anderen Säugethieren zur Bildung des »Chorion« beiträgt, welches sich vermittelst zottenartiger Erhebungen mit der Schleimhaut des Uterus verbindet. Durch weitere Entwickelung jener blutgefässhaltigen Zotten kommt fötales Blut in dem von der Allantois gebildeten Chorion zur pe- ripherischen Vertheilung. Dieses tritt in Wechselwirkung mit dem in der Uterusschleimhaut verlheilten Blute, tauscht mit diesem Stoffe aus. Durch innigere Verbindung mit Abschnitten der Uterusschleimhaut entsteht eine Place n ta , bei der wieder je nach der Art undAusdehnung der Verbin- dung des Chorion mit der Uterusschleimhaut und nach den Modificationen der letzteren mannichfache Verschiedenheiten entstehen.

§457.

Eine andere Reihe von Differenzirungsproducten der Cloakenwand stellen die Begattungsorgane vor. Während bei den Selacbiern dem Geschlechtsapparate fremde Organe Abschnitte der Hintergliedmassen zu Organen der geschlechtlichen Copula verwendet werden , und sich dem entsprechend modificiren, beginnt, bei den Amphibien durch eine innerhalb der Cloake vorragende PapiUe spurweise angedeutet, dieDifferen-

«48

II. 9. Wirbeltkit

zirung neuer Organe. Diese sind nach nvci Grundformen zu unter- scheiden , davon eine die Organe mit der hinteren Cloakenwand in Ver- bindung zeigt, die andere dagegen mit der vorderen.

Die eine davon herrscht bei Eidechsen und Schlangen. Die Begallungs- -organe erscheinen zuerst als äussere Anhange dicht hinter der Cloake und «erden später schlauchförmig eingestülpt [Fig. 355p) . um erst hei der Begattung hervorzutreten. Im ausge- stülpten Zustande lauft jedes dieser Organe in zwei mehr ödes minder stumpfe Enden von verschiedener Form aus. Auf der lateralen Seite verlauft eine etwas spiralig nach hinten, dann median gerichtete Rinne von der Cloake her und dient zur Ueberieilung des Sperma. Von den Muskeln sind die am blinden Ende der Schlauche inserirten Rückzieher die ansehnlichsten. Nahe an der Wurzel der Schlauche münden Drüsen y[, aus.

Die zweite Grundform umfasst mehrfach ver- schiedene aber stets von der vorderen Cloakenwand ausgehende Bildungen, die als Modificationen einer und derselben Einrichtung anzusehen sind. Eine Form dieser Organe findet sich bei den meisten Hallten, dann bei Penelopiden und Schwimmvögeln Anser;. Sie besteht in einem durch zwei fibröse Körper gestützten Rohre, welches ausgestülpt eine lende Rinne bildet. Ein elastisches Band bewirkt die Retraclion des Endstückes des Organes

Eine andere Form ist bei Schildkröten undCrocodilen sowie beiSlru- ihio repritsenlirl, und wird durch die mangelnde Aussttllpbarkeit von der vorigen unterschieden. Das Organ hat gleichfalls zwei eng mit einander verbundene von Schleimhaut Uberkleidele fibröse Körper zur Grundlage IFig. 3i0 p). An der dorsalen Flache befindet sich zwischen l>eideu eine Rinne (*), die bei Crocodilen und Schildkröten amAnfange, beim Sinusse litngs ihrer ganzen Ausdehnung mit eavernösem Gewebe ausgekleidet er- scheint. Indem dieses Gewebe vorn am Ende der fibrösen Körper (beim Strausse aus der Fortsetzung eines elastischen dritten Körpers, der unter den beiden fibrösen liegt , hervorgegangen} reichlicher wird, bildet sich ein schwellbarer Wulst, der eine Rulhe vorstellt. Besondere an die fibrö- sen Körper sich inserirende Muskeln wirken als Rückzieher der Rulhe, die bei Struthio noch eigene Hebemuskeln besitzt und in einer Ausbuch- tung der Cloake geborgen wird.

Der zweiten Grundform gehören auch die Begallungsorgane der Sau- gethiere an , unter denen die Monotremen sich scharfer von den Übrigen sondern. Ihre Begauungsorgane bestehen aus einem, von zwei Schwell- körpern gebildeten kurzen Penis, der in einer in die Cloake einmünden- den Tasche liegt. Vermittelst eines Muskels kann dieser dem l'rogeDital-

aus der Cloake lei

Geschlechtsorgane. 649

canal genähert werden , und durch eine an seiner Wurzel in der Nil he der Mündung des Sinus urogenitalis befindliche Oeffnung Sperma aufneh- men. Aus einer einseitigen Differenzirung eines Theiles der Cloaken wand hervorgegangen tritt dieses Organ ausschliesslich in Beliebungen zum Ge- schlechtsapparate, indess der Harn durch die Cloeke seinen Abflugs findet. Mit der Sonderung der Cloakenmündung in zwei Oeffnungen erlan- gen die Begattungsorgane engere Beziehungen zum Sinus urogenitalis. Während des embryonalen Zuslandes beginnt um die Cloekenöflhung eine Falte sich zu erheben, und an der vorderen Wand der Cloake wächst ein Höcker hervor, der auf seiner hintern Fläche eine zur Mündung 4ei Uro- genitaltanals führende Rinne trägt. Bei fortschreitendem Wachsthume des Embryo wird dieCloake seichter, und die Scheidewand zwischen der Oeff- nung des Enddarms und dem aus dem unteren Ende desUraehus gebilde- ten Canalis urogenitalis tritt schärfer hervor. Endlich finden sich die früher im Grunde der Cloake befindlichen Oeffnungen an der Oberfläche. Die vor- dere an der Basis des Genitalhöckers gelegene Spalte bildet die Mündung des Sinus urogenitalis, die hintereOeffhung stellt den Anus vor. Bei vielen Säugethieren bleiben beide Oeffnungen nahe bei einander und werden so- gar noch von gemeinsamer Hautfalte umzogen, und beim weiblichen Ge- schlechte bildet die Nachbarschaft beider Orificien die Regel. Am meisten ist dies bei Beutelthieren (wo noch ein gemeinsamer Sphincter für Anus und Urogenitalöffnung besteht) und bei Nagern der Fall , findet sich bei diesen sogar noch beim männlichen Geschlecht verbreitet.

§ 458.

Der Sinus urogenitalis bietet in beiden Geschlechtern verschiedene, aus den Functionen des betreffenden Geschlechts hervorgegangene Ausbil- dungszuslände. Beim männlichen Geschlechte wächst der Sinus uroge- nitalis mit dem Genitalhöcker in einen engeren, aber meist langen Canal (die sogenannte Harnröhre, Urethra aus, mit dessen Wandungen sich Schwellorgane verbinden. Sie stellen den Penis dar. Sowohl für dieses Organ als für seine Schwellkörper bestehen beim weib- lichen Geschlechte die gleichen nur minder mächtig entwickelten Theile, durch welche ein dem Penis entsprechendes Organ , die Clitoris, gebildet wird.

Die Schwellorgane werden bei den Beutelthieren durch zwei aus dem Genitalhöcker hervorgegangene, den Canalis urogenitalis umfassende Gebilde herge- stellt, die theilweise mit einander verschmelzen, bei Fig m ~ueip»itener Einigen auch an ihrem freien Ende getrennt sind Penis von Dideiphy» (Fig. 356 a b) und mit diesem die Eichel des Penis p*»«*«*. «»Hüft»

«.,, »v n i. .. i. 1. #• « der Eichel. » Fnrclie auf

bilden. Der Canalis urogenitalis setzt sich auf jede der innenflache der*ei- Hälfte als eine Binne (s) fort, die bei Aneinander- b«n. * umgebvog d*» schliessen beider einen Canal herstellen kann. Bei hint6r *er *«*««*-

nung gelegenen After«».

Anderen (Halmaturus) verbinden sich diese Schwell- (Nmi. Otto.)

(550 II« 9- Wirbelthiere. Geschlechtsorgane.

körper mit zwei anderen und begrenzen, mit ihnen einen cylindrischen Penis bildend, den Urogcnitalcanal. Die erst erwähnten Schwellkörper verschmelzen bei dea übrigen Säugethieren meist sehr frühzeitig zu einem, den Urogenitalcanal (Urethra) umfassenden Corpus cavernosum urethrae, dessen vorderstes, sehr verschieden gebildetes Ende die Eichel vorstellt. Die beiden anderen Schwellkörper (Corpora cavernosa penis), bei Beutelthieren noch ohne festen Zusammenhang mit dem Becken, ge- winnen Verbindung mit den Sitzbeinen und verlaufen über dem Cor- pus cavernosum urethrae, ohne in die Wand des Canalis urogenitalis ein- zugehen. Bei den meisten Säugethieren erstreckt sich der so zusammen- gesetzte Penis von der Schambeinfuge längs der Medianlinie des Bauches nach vorne, und endet mehr oder minder weit vom Nabel entfernt ; bei Anderen (Chiroptera, Primates) ist er frei und hängt von der Schambein- fuge herab. In beiden Zuständen bildet das Inlegument einen Ueberzug des Penis, der vorne eine auf die Eichel sich umschlagende Duplicatur, das Praeputium, vorstellt.

Beim weiblichen Geschlechte erreicht der Genitalböcker niemals die Ausbildung, die er beim männlichen Geschlechte erlangt , er stellt die Clitoris vor, die auf ihrer unteren Flache die von seitlichen Falten be- grenzte Oeffhung des Sinus urogenitalis trägt. Meist ist die embryonale Entfallung der Clitoris bedeutender als im erwachsenen Zustande , indem sie aus der Scham spalte ragt, und später in dieselbe zurücktritt. Doch setzt bei manchen Alien (Ateles) die Clitoris ihre Ausbildung fort, und ge- staltet sich zu einem umfänglichen Organe. Zwei Schwellkörper (Corpora cavernosa urethrae) liegen in der Wand des Sinus urogenitalis und um- fassen denselben bis zurClitoris, welcher ebenfalls ein Schwellkörperpaar zu Grunde liegt. Meist ist das Ende der Clitoris mit einer Eichel ausge- stattet, über welche gleichfalls ein Praeputium sich hinwegschlägt. Ein- zelne dieser Organe besitzen eine besondere Muskulatur die grossenlheüs wie die Muskeln der Schwellkörper aus einem gemeinsamen Schliess- muskel der Cloake sich gesondert haben , wie sich noch bei Beutelthieren erkennen lässl. Dazu treten bei vielen Säugethieren noch Hebemuskeln und Retractoren des Penis.

In den Sinus urogenitalis beider Geschlechter münden Drüsen- organe ein. Von solchen finden sich ausser den (S. 646) erwähnten Pro- statadrüsen noch andere , die bald einfach , bald mehrfach, bis zu vier Paaren (Beulelthiere) vorkommen und am Anfang des Penis liegen (Fig. 353. <;). Sie verbinden sich als Cowpfia'scbe Drüsen mit dem vom Schwellkörper umschlossenen Abschnitt. Bei Manchen hat man sie ver- misst (Cetaceen, Carnivoren). Beim weiblichen Apparat münden sie in den Scheidenvorhof aus (DuvERNEY'sche oder Barthol iN'sche Drüsen). Der Vorhaut a*i gehörige Drüsen (TvsoN'sche Drüsen ) entwickeln sich bei manchen Säugethieren zu ansehnlichen Apparaten, besonders bei Na- gern, unter denen die von Caslor am meisten entfaltet sind (Fig. 353 f).

Register.

Abdomen der Gliederthiere

251. Ahdominalporus 599. Acalephen 99. Acrania 480. Adrostrale 484. Alisphenoid 476. 482. 488. Allnntois 646. Ambulacralfüsschcn 212. Ambulacralplalten 216. Ambulacralrinne 209. Ambulacrum 209. Ammonilen 353. Ammonshorn 533. Amöben 80. Amphibien 432. Amphidisken 113. Analogie 66. Angulare 478. Anneliden 134. Anpassung 8. 60. Antennen 252. 258. Anthropotomie 2. Antimeren 63. Appendices pyloricae 585. Aracbniden 251. Arbeitsteilung 14 Archipterypium 4^7. 501. Anne der Cephaiopoden

346. Arlerien 54. Arthropoden 24 1 . Articulare 478. Ascidien 212. Ästenden 209. Atlas 461. Alrioventricularklappen der

Säugethiere , Entstehung

derselben 609. Auge der Cölenteraten 117.

Würmer 165.

Echinodermcn 224.

Arthropoden 278.

Mollusken 373.

Tunicalen 419.

Vertcbraten 551.

Augenblase, primitve 552. Augenblase, secundare 552.

Augenflecke 163. Augenlider 556. Augenmuskeln 556. Ausbildung des Organismus

57. 65. Ausführgänge der Drüsen

24. Avicularien 141. Axen des Körpers 61. Axenc) linder 84.

Basisphenoid 476. 482.

488. Basi temporale 482. Bauchganglienkette 159.

267. Bauchgefass 1*7. 179. Bauchmark 4 59. Bauchrinne 421. 565. 578. Bauchspeicheldrüse 588. Becherförmige Organe 548. Becherzellen 4 44. Beckengürtel 508. Belemniten 354. Bindegewebe 24. Bindesubstanzen 24. Blasenwünner 139. Blättertracheen 307. Blinddarm 587. Blindschläuche des Darmes

168. 172. Blut 183. 296. 895. 428. Blutkörperchen der Wirbel-

thiere 602. Blutzellen 30. Bogengänge 559. Bojanus'sches Organ 397. Borsten der Würmer 149. Brachiopoden 324. Bronchi 596. Bryozoen 137. Buccalganglien 871. Buccalmasse 380. 388. Bürzeldrüse 44 4. Byssusdrüse 348.

Captllaren 54. Carpus 504.

Centralkapsel der Radioin-

rien 86. Cephaloconus 846. Cephaiopoden 335. Cephalothorax 2(9. Cercaricn 140. Cerebellum 534. Cestoden 137. Chelonier 432. Chitinpanzer 263. Choanae 571. Chorda 416. 450. Chordascheide 450. 453. Chorioidea 554. Chromatophoren Moll. 347.

Verlebr. 442. Chvlu«magen 284. Cirren 143. 144. Ciiripedien 249. Cirrusbeutel 193. Ciavicula 501. Clitoris 650. Cloake 412. 587. 646. Complementare 487. Cölenteraten 95. Coelom s. Leibeshöhle. Coenenchym 107. Coenosark 107. Coenurus 140. Condylus occipilalts 480.

482. 487. Conjugation 92. Conjunctiva 552. Conus artertosus 608. Coracoid 501. Corium 441. Cornea 552. Cornea- Linse 279. Corpus striatum 538. Correlation 59. Corti'sches Organ 564. Cranium 469. 471. Crinoiden 211. Crustaceen 247. Cuticula 23. Cuticularbildungcn der

Würmer 147. der Arthropoden 263.

Ü52

Register.

Cutispapillen 443. Cuvier'sche Organe 230. Cydostomen 430. Cysticercus 14 0. Cvtode 15.

Darmbein 508. Darmcanal 49.

der Cölcnteraten 118.

Würmer 166.

Echinodermen 224.

Arthropoden 283.

Brachiopoden 329.

Molluskeu 378.

Tunicaten 425.

Wirbelthiere 56S.

D.innkiemen 174. iVekstück 102. Dentale 47S. Dermalporen 119. 125. DifTerenzirung 14. Dimorphismus 101. Dissepimente 177. Dottersack 580. Dotterstock 191. 194. Drüsen 23.

, einzellige 23.

Drüsengewebe 23. Drüsenmagen 583. Ductus endolymphaticus

538. Duodenum 586. Dünndarm 584.

Echinococcus 140. Echinodermen 205. Echinoiden 210. Ectoderm 36. Eierstock 55. Eifollikel 635. Eileiter 56. Ei röhre 318. Eizelle 56.

Eingeweidenerven 161. Ektopterygoid 478. Elastisches Gewebe 26. Elektrische Organe 524. Elvtren 143.

Eudapparate der Nerven 4 4. Enddarm 50. Endostyl 424. Entoderm 37. Enlomostraken 248. Entopterygoid 478. Epidermis 441. Epiphysis 528. Epipodium 343. Episternum 468. Epistropheus 46t. Epithelien 21. Ethmoidale 477. 483. 489. Excretionsorgane 48.

Excretionsorgane der Wür- mer 183.

Echinodermen 237.

- Arthropoden 4 03

Brachiopoden 331.

Mollusken 396.

Tunicaten 428.

Wirbelthiere 627.

Faserknorpel 27.

Faserzellen, contractile il,

Federn 413.

Federfluren 443.

Fenestra oyalis 480.

Fettkörper 294. 639.

Flagellum 22. 257.

Flossen 438.

Flossenskelet , seeundares 503.

Flügel 26t.

Flügeldecken 262.

Flügelmuskeln H00.

Foramiiiiferen 80.

Fortpflanzung der Proto- zoen 92.

Fortpflanzung, geschlecht- liche 54.

, ungeschlechtliche,

der Cölenteraten 99. 1 02.

Würmer 188.

Arthropoden 319.

Tunicaten 413.

Fortpflanzungsorgane 54. Frontale 477. 480.482.489. Frontale anterius 477.

posterius 477.

Funiculus 191. Furchungsprocess 20. Furcula 501. Fuss .Mull. 337. 351.

der Wirbelthiere 515.

Fussganglien der Mollusken

365. 367. Fussstummel 143.

Gallertgewebe* 24. Gallertrohren 548. Gallertscheibe 114. Ganglien 160. Ganglienzellen 34. (ianoiden 43 1. Gastraeatheoric 87. Gastralfilamente 126. Gastralsvstem 118. Gastropoden 334. Gastroparietaiband 329. Gastrovascülarsystem 1 19. Gastrula 37. Gefasssvstem 52.

der Würmer 177.

Echinodermen 234.

Arlhropoden 295.

Gefasssvstem der Brachio- poden 330.

Mollusken 388.

Tunicaten 426.

Wirbelthiere 600.

Gehirn 49. 527.

Gehirnganglien 155.

Gehirnhüllen 586.

Gehörknöchelchen 491 . 562.

Geisselzellen 22.

Generationswechsel 4 00. 140. 319. 414.

Genitalplatten 2(0.

Gephyreen 134.

Geschlechtscloake 405.

Geschlechtsorgane der Cö- lenteraten 127.

WTürmer 100.

Echinodermen 238.

Arthropoden 308.

Brachiopoden 332.

Mollusken 401.

Tunicaten 428.

Wirbelthiere 634.

Geschmacksorgane 45.

Gewebe 21.

Gewölbe 533.

Giftdrüsen 265. 578.

Gliederung der Würroer 138.

Glied massen der Arthropo- den 251.

der Vertebraten. vor-

dere 501.

hintere 514

Gonophor 100. Gregarinen 80. Grundformen der Thiere 6 1 .

Haar 443. Hand 506.

Härder sehe Drüse 557. Harnblase 634. 647. Harncanäle 292. Hauptaxe 61. Hautkieme 47. Hautknochen 448. Hautmuskelschlauch 41. Hiutmuskeln 516. Hautskelet 214. 263. H nutzäune 446. Hectocotylus 347. Hermaphroditismus 56. Herz 53. 179.181. 388. 427.

601. Hinterhirn 534. H od en 55. Holothurien 212. Homodvnamie 67.

Homologie 66. Homonomie 67. Homotypie 67.

Register.

653

Hörbläschen 46. Hörleiste 377. Hörorgane 46. Hörorgane der Cölenterateo

m.

Würmer «66.

Arthropoden 476.

Mollusken 376.

Tunicaten 420.

Wirbelthiere 357.

Hörplatte der Cephalopoden

377. Hornblatt 358. Hydroidpolypen 99. Hydrantli 99. Hyoid 493.

Hyomandibulare 473. 477. Hypophysis 528.

/ Jacobson 'sc hes Organ 531.

573.

Ueoparietalhand 33 f.

Infraorbttalia 479.

Infusorien 80.

Insecten 25 f.

Integument 39.

Integument der Cölente ra- ten HO.

Würmer 145.

Echinodermen 214.

Arthropoden 262.

Brachiopoden 326.

Moltosken 317.

Tunicaten 414.

Wirbelthiere 440.

Intercalare 476.

intermaxillardrüscn 378.

Interopercalum 479.

Interparietale 488.

lntervertebralknorpel 4 56.

Jugale 486.

Kalkskelet 215.

Kammern der Cephalopo-

denschalen 353. Kaumagen 283. 288. Keimblätter 22. 35. Keimschlauch 141. Keimstock 413. Kern 15. Kiefer der Würmer 173.

der Mollusken 380.

Kieferfüsse 253.

Kiemen 48. 51. 144. 254.

355. 420. 566.

Kiemenbogen 493. 567. Kiemendarm 420. 424. K iemen decke Ikieme 368. Kiemenherz INI. 395. Kiemen hohle 565. Kiemenschnecke 569.

Kiemenspalten 570. Kiemenstrahlen 473. Kittdrüsen 321. 317. Knochengewebe 28. Knorpelgewebe 27. Kopf 64. 348. 436.

Genese desselben 469.

Kopfskelet 468. Kopfdarro 564. Kopfganglion 266. Kopfknorpel 361. Kropf 288. 382. 382. Krystallkegel 164. 279. Kry stallstä bebe n 464.

Labialknorpel 472. Labyrinth 46. 558. Lab) rinlbla* sehen 558. Labyrinthkiemen 569. La er y male 488. 489. Lameilibraochiaten 834. Lamina papyracea 489. Larvenzustand 6. Larynx. 594.

Laterne des Aristoteles 228. Leber 5 1.1 7 5. 290. 385.588. Lederhaut 441. Leibeshöhle (Coelom 52.

der Würmer 136.

Echinodermen 230.

Arthropoden 294.

Brachiopoden 330.

Mollusken 3*7.

Wirbelthiere 399.

Lemniscus 186. Leuchtorgane 295. 416. Liebespfeil der Pulmonaten

405. Linse 555. Lipogastrie 120. Lipostomie 120. Lophophor 143. Lucernarien 109. Luftgang 592. Luftsack 104. Luftwege 594. Lungen 52. 229. 307. 594. Lymphe 601. Lymphbahnen 601. 623. Lymphdrüsen 626. Lymphherzen 623.

Madreporenplalte 218.234. Magen 50. Magenröhren 122. Malpighi'sche Gefttsse 292. Malpight'scheGlomeruli628. Mammartasche 445. Mantel d. Cirripedien 250.

Brachiopoden 325.

Mollusken 338.

Tunicaten 415.

Markscheide 84. Marsupi um 446. Maxülare 478. 481. 486. Meckel'scbe,r Knorpel 478.

49). Medulla oblongem 529 531.

534. Medusen 100. Medullarrohr 526. Membranen, unduiirendeöö.

Mesenterium 590. Mesoderm 38. Mesogastrium 390. Metamerie 64. Metaptcrygoid 478. Metazotta 72. Milchdrüsen 444. Milz 626. Mitteldarm 50. Mittelhirn 529. 330. 531.

534. Mollusken 332. Müller'scher Gang 681.635.

640. Mundhöhle, primäre 370.

seeundäre 578.

Muskelgewebe 31. 82. Muskelmagen der Würmer

173. Muskeln 40.

Muskelmagen der Vögel 383. Muskelsystem der Cölcntc-

raten 1 1 5.

Würmer 151.

Echinodermen 221.

Arthropoden 265.

Brachiopoden 261.

Mollusken 362.

Tunicaten 416.

Wirbelthiere 515.

Myophane 85. Myriopoden 251.

Nabelbläschen 381. Nachbirn 329. 534. 534. Nasalia 479. 480. 483. 489. Nasenhöhle 571. Nasenmuscbeln 489. 572. Nasenrinne 550. Naupkius 247. Neben axen 62. Nebenhoden 641. 644. Nebenniere 627. Needham'sche Tasche 409. Nemathelminlhen 484. Nemertinen 184. Nervengewebe 84. Nervensystem 42.

der Cölentereten 1 16.

Würmer 4 54.

Echinodermen 222.

Arthropoden 266.

654

Register.

Nervensystem der Brachio- poden 328.

Mollusken 363.

Tunicaten 447.

Wirbelthiere 525.

Netzbeutel 591. Nesselzellen 111. 348. Nervus recurrens 275. Neuromuskelzellen 31. Nidamentaldrüsen 408.» Niere 397. 6J8. Nickhaut 556. Nucleolus 98. Nucleus (der Infusorien) 93.

Occipitale basilare 475. 482.

487. Occipitale externum 476. Occipitale laterale 475. 480.

482. 487. Occipitale superius 475.

482. 4S7. Odontoblasten 30. Odontornithen 576. Ohrmuschel 563. Olfactorius 539. Ontogenie 2. Operculare, 478. Operculuni 479. Ophidier 433. Ophi Liren 210. Opticus 539. Oibilosphenoid 476. 482.

488. Organ 13. 35. Organapparat 39. Organismus 13. Organsyslem 39. Osteoblasten 29. Otoconie 377. Otocysten 46.

Otocysten der Würmer 166. Ololilhen 166. 377. 420. Oviposilor 315.

Pallialnerven 364. Palato-Quadratum 472. 479. Parapodien 1<3. Parasphenoid 477. 481. Parietale 477. 480. 482. 488. Parieto- frontale 480. Parlhenogenesis 319. Paukenhöhle 562. Paxillen 247. Pedicellarien 249. Penis 497. 342. 405. Penisschcide 4 93. Perisom 214. Peristom 80. Petrosum 476. 482. Phragmoconus 354. Phylogenie 2. 5.

Pinnulae 2. 7. Placenla 647. Placoidschüppchen 446. Placophoren 834. Plattwürmer 100. Pocilopoden 24 3. Pol fei der 118. Pclische Blasen 234. Polymorphismus 102. Polvstomie 4 24. Porencanäle 23. Poriferen 98. Porus excrelorius 184. Postfronlale 477. 483. Praefrontalia 483. Praemaxillare478.481.486.

Praeoperculum 479. Praesphenoid 488. Primordialcranium 473.469. Processus abdominales 467.

accessorii 460.

mammillares 460.

mastoides 488.

paramasloides 487.

stvloides 496.

transversi 460.

Procoracoid 501. Protisten 71. Protoplasma 15. Protozoon 72. Pseudobranchic 567. Pseudonavicellen 92. Pseudopodien 82. Pseudova319. Pteropoden 334. Pterygoid 481. Pterylien 4 43 Pvlorusrohr 582.

Quadrnto-Jugale 486. Quadratum 477. 481. Querfortsätze

453.

Radiarcanäle 123. Radiolarien bO. Radula 380. Randbläschen 117. Randkörper 4 17. Receplaculum seminis 405. Recessus labyrinthi 558. Redien 168. " Reduclion 5s. Reptilien 432. Retina 555. Retinula 279. Rhabdom 279. Riechgrube 373. 549. Riechorgane 45. Rippen 462. Rostrale 48'. Rückbildung 58.

Rückengefäss der Insecten 294.

der Würmer 4 79.

Rückenmark 44. 535. Rudimentäre Organe 9. 59. Rüssel der Nemertinen 4 49.

Sacculus 559. Salpen 442. Samenleiter 56. Samenzellen 55. Sarkolemma 33. Sattel der Lumbricinen 4 51. Saugmagen 288. Saugnapfe 453. 346. Säugelhiere 433. Saurier 432. Scalae 561. Scaphopoden 33^. Scapula 500. Schale 321. 350. Schalendrüse der Crusta- ceen 302.

der Ccstoden) 194.

Schambein 508. Scheidengang der Plalt- würmer 195.

Schleifencanal 1&8. Schieimcanäle 548. Schleimgewebe 25. Schloss 35t. Schlossband 851. Sehiundganglien 43. Schlundkopf 50. Schlundring 155. 4 57. Schmeckbecher 549. Schnecke 560. Schultergürtel 498. Schweissdrüsen 444. Schwimmblase 592. Schwimmglocken 102. Scrotum 64 4. Segment 64. Sehhügel 533. Sehorgane 46. Seitenfeld 152. Seitengefassc 477. Seitenlinie der Fische 548.

der Nematoden 4 52.

Seitenrumpfmuskeln 518. Selachier 431.

Semitae 214.

Senkfaden 410.

Sinnesorgane 44.

Sinus rhomhoidalis 529.

536. Sinus urogenitalis 647. Sipho 4 77. 842. 389. 354. Siphonophoren 4 0i. Sitzbein 508. Skelet 40. der Protozoen 85.

Register.

655

Skclet der Cölente raten 112.

Würmer 151.

Echinodermen 814.

Arthropoden 262.

Brachiopoden 330.

- Mollusken 864.

- Tunicaten 416. Wirbelthiere 450.

Soleuogastres 4 39. Speicheldrüsen 50. 475. 289.

384. 587. Speiseröhre 50. 581. Spermatophoren 204. 409. Spiculum 412. Spinndrusen 265. Spiralklappe der Fische

585. Spritzloch 473. Sprossenbildung 54. Squamosum 476. 482. 488. Steincanal 234. Stemtna 281. Stenson' scher Gang 551.

573.

Slernum 463. 466.

Stigma 803.

Stimmorgane der Insecten 264.

Stockbildung 99. 107.

Strobilation 406.

Stützlamelle 4 4 4.

Suboperculum 474.

Suhumbrella 428.

Supraaugulare 487.

Sympathisches Nervensy- stem der Vertebraten 547.

Symplecticum 477.

Syncytium 48.

Syrinx 596.

Systematik 69.

Talgdrüsen 444. Tnpetum lucidum 554. nigrum 552.

Tarsus 542. Tastborsten 162. Taststäbchen 4 62. 275. Tastwerkzeuge 45. Teleostier 434. Temporale 488. Tentakel 408. 441. 345.

372. Theilung 47. Thränendrüsen 557. Thränenrinne 557. Thorax der Arthropoden

254. Thymus 627. Thyreoidea 579. Tintenbeutel 387. Trachea 596. Tracheaten 243. Tracheen 303. Tracheenkiemen 264. 306. Transversum 485. Trematoden 133. Trichocysten 84. Trichter 125. 3t 4. Trigeminusgruppe 541. Trommelfell 562. Tuba Eustachi! 562. Tunicaten 410. Turbellarien 433. Tympanicum 484. Tympanum 278. Typus 69.

Unterkiefer 472. 494. Unterzunge 578. Urach us 647. Ureter 634. Urniere 49. Urnierengang 628. Urorgane 38. Urost>l 456. Uterus 56.

der Saugethiere 648.

Utriculus 559.

Yacuolen 94. Vagusgruppe 542. Varolsbrücke 534. Velum der Medusen 100. der Mollusken 838.

346. Venen 54. Venenanhänge derCephak -

poden 400. Vererbung 4. Vergleichung 66. Verhornung 442. Vermehrung 17. Verwandtschaft 70. Vibracularien 141. Vögel 438.

Vomer 477. 483. 485. Vorderdarm (Munddarm

50. Vorderhirn 529. 531. 583.

Wachsdrüsen 265. Wasserge fasse 282. Wimperkammern 119. Wiroperkranz 146. Wimperschnur 146. Wimperstreifen 425. Wimpertrichter 187. 188. Wimperzellen 28. Wirbelbo^en 451. Wirbelkörper 453. Wirbelsäule 452. Wirbelthiere 430. Wundernetz 622.

Zähne 574. Zelle 16. Zitzen 445. Zootomie 2. Zunge 517.

Zungenbeinbogen 473. Zwischenhirn 529.581. 533. Zwitterbildung 56. Zwitterdrüse 403.

Druck ton Breitkopf und H&rtel in Leipzig