GruDdzüge der Zoologie. Zweite Auflage. '7 2-^"- GRÜ^DZIIGE ^^ DER ZOOLOGIE. ZUM GEBRAUCHE AN UNIVERSITÄTEN UND HÖHEREN LEHRANSTALTEN SOWIE ZUM SELBSTSTUDIUM. Von D« CARl'c^LAÜS 0. ö. PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND VERGLEICHENDES ANATOMIE. DIRECTOR DES ZOOLOGISCH-ZOÜTOMiSHEN IiNSTlTUTS A.N DER USIVERSIT.VT GÖTTINGES. ZWEITE VERMEHRTE AUFLAGE. MARBURG UND LEIPZIG. N. G. ELWERT'SCHE UNIVERSITÄTS-BUCHHANDLUNG. 1872. ^'T^X )\ y\ /\ wi .^^•■" ^>^7>s Vorwort zur zweiten Auflage. ller ansehnliche Umfang, zu welchem die neue Bearbeitung der »Grundziige der Zoologie« anzuwachsen im Begriffe steht, möchte gar manchen Fachgenossen gegen die Brauchbarkeit des Lehrbuches in der Hand des Anfängers einnehmen und zu der Ansicht bestimmen, aus der beabsichtigten Verbesserung der so sehr verbesserungsbedürftigen ersten Auflage sei eine Ver- schlechterung geworden. Ein näherer Einblick in das Buch wird indessen vielleicht ausreichen, dieses an sich so natürliche Bedenken wenigstens einigermassen abzuschwächen. Man wird' sich alsbald überzeugen, dass die Benutzung der allgemeinen Capitel auch ohne Eingehn auf die specielleren das systematische Detail enthaltenden Abschnitte in gleicher Weise wie in der früheren Auflage ermöglicht bleibt. Dagegen hoffe ich, dass nunmehr das Buch durch Erschliessung eines weit reicheren Materiales auch dem Strebsamem und Vorgeschrittenem einen ausgiebigem und gründlichem Gebrauch gestattet und nicht nur zur nähern Orientirung, sondern auch in vielen Gruppen zur Bestimmung der Hauptgattungen mit Nutzen verwendet werden kann. Selbstverständlich konnte es nicht im Plane liegen, das Detail bis zur Bearbeitung sämmtlicher Gattungen und Untergattungen auszudehnen, eine Arbeit, welche an sich sowohl die Kräfte des Einzelnen hätte übersteigen, als den knapp zugemessenen Umfang eines Lehrbuches hätte weit überschreiten müssen. VI Vorwort zur zweiten Auflage. Dass die specielle Behandlung nicht ganz gleichni^ssig aus- gefallen ist, insofern die wissenschaftlich wichtigen anatomisch und physiologisch zur Zeit gründlicher erforschten Gruppen ein- gehender berücksichtigt wurden als andere und wiederum aus den in sehr reichem Detail von Arten und Gattungen bekannten Gebieten (Decapoden, Insekten, Gastropoden) eine relativ spär- liche Zahl von Formen aufgeführt wurde, dürfte bei der Beschränkung an Raum angesichts des zu erreichenden Zieles keinem ernstlichen Tadel unterliegen. Die etwas ausführlichere Bearbeitung des allgemeinen Theiles, insbesondere die Behandlung der Transmutations- und Selektions- lehre (Darwin) wird hoffentlich um so mehr dem jüngeren Publikum willkommen sein, als ich mich einer möglichst objektiven Darstellung derselben bemühte. Dass ich den speciellen Theil nicht nach Stammbäumen und Stammtafeln, sondern in der bisher üblichen Weise nach weitern und engern Kreisen behandelt habe, wird schwerlich von anderer Seite als von überschwenglichen Hyperdarwinisten getadelt werden. Schhesslich mag bemerkt werden, dass der allgemeine Theil bereits im Herbste des verflossenen Jahres gedruckt worden ist. Möchte die neue Bearbeitung in gleichem Masse als die erste Auflage wohlwollende Aufnahme und milde und nachsichtige Beurtheilung finden. Göttingen im Oktober 1870. Der Verfasser. Inhaltsübersicht. Seite Vorwort • • • • ' «-vi Allgemeiner Theil . • J —96 Organische und anorganische Körper 1—4 , , x-fhier und Pflanze 5—10 •^'Organisation und Entwicklung des Thieres im Allgemeinen . . 10—35 Geschichtlicher Ueberblick 36—44 Bedeutung des Systems 44 — 96 Cuvier'scher Artbegriff 45 Varietät und Bastardbildung 46—48 Lamarck und Geoffroy Saint Hilaire 49 Darwins Selectionslehre 51—53 Entstehung der Arten aus Varietäten 54—55 Migration 57 Wahrscheinlichkeitsbeweis der Transmutations- und Selectionslehre . 60 Morphologie 61 Bedeutung rudimentärer Organe 63 Entwicklungsgeschichte 64—66 Geographische Verbreitung 67—74 Geologische Aufeinanderfolge 74 AUmähliges Erlöschen alter und Auftreten neuer Arten . . .77 UnVollständigkeit des geologischen Berichtes 79—82 Uebergangsformen verwandter Arten 83 — 86 Paläontologische Entwicklung der Hufthiere 87 — 89 Gesetz fortschreitender Vervollkommnung . . . . .90-92 Zurückweisung einer besondern Vervollkommnungstendenz . .93 Zurückweisung einer sprungweise fortgerückten Entwicklung der Arten 93—96 jiföoj VIIJ Inhaltsübersicht. Seite Specieller Theil 97 I. Typus. Protozoa, ürthiere 97 Schizomyceten . 99 Myxomyceten 99 Monaden 100 Flagellaten ... 101 Gregarinen , . . . 102 1. Classe. Rhizopoda, Wurzelfüsser 104 1. Ordnung. Foraminifera 105 2. Ordnung. Radiolaria 109 3. Ordnung. Rhizopoda sphygmica 113 2. Classe. Infusoria, Iniusionsthierchen 117 1. Ordnung. Suctoria 130 2. Ordnung. Holotricha 131 8. Ordnung. Heterotricha 132 4. Ordnung. Hypotricha 133 5. Ordnung. Peritricha 134 Noctilucen 135 IL Typus, Coelenterata (Zoophyta) 137 J. Classe. Porifera, Spongien 143 2. Classe. Anthozoa, Korallenthiere 155 1. Ordnung. Alcyonaria, Octactinia 162 2. Ordnung. Zoantharia, Polyactinia . 164 3. Classe. Hydromedusae, Polypomedusae 169 1. Ordnung. Hydroidea, Hydroiden 173 2. Ordnung. Siphonophorae, Röhrenquallen 186 3. Ordnung. Acalephae, Quallen 193 4. Classe. Ctenophorae, Rippenquallen 200 III. Typus. Echinodermata, Stachelhäuter 207 1. Classe. Crinoidea, Haarsterne ....... 225 1. Ordnung. Brachiata, Annlilien 229 2. Ordnung. Blastoidea 230 3. Ordnung. Cystidea 230 2. Classe. Asteroidea, Seesterne 231 1. Ordnung. Asteridae 283 2. Ordnung. Ophiuridae 235 Inhaltsübersicht. IX 3 Classe. Echinoidea, Seeigel . 1. Ordnung. Desmosticha .... 2. Ordnung. Petalosticha .... 4. Classe. Holothurioidae, Seewalzen 1. Ordnung. Pedata 2. Ordnung. Apoda IV. Typus. Vennes, Würmer 1. Classe. Platyhelminthes, Plattwürmer 1. Ordnung. Cestodes, Bandwürmer .2. Ordnung. Trematodes, Saugwürmer 3. Ordnung. Turbellaria, Strudelwürmer 2. Classe. Nemathelminthes, Rundwürm 1. Ordnung. Acanthocephali, Kratzer 2, Ordnung. Nematodes, Fadenwürmer Chaetoguathes (Sagitta) 3. Classe. Bryozoa, Moosthierchen 1. Ordnung. Lophopoda, Armwirbier 2. Ordnung. Stelmatopoda, Kreiswirbier 4. Classe. Rotifera, Räderthierchen 5. Classe. Gephyrei, Sternwürmer . 6. Classe. Annelides, Ringelwürmer 1. Unterclasse. Hirudinei, Biutegel 2. Unterclasse. Chaetopodes, Borstenwürmer 1. Ordnung. Oligochaeta 2. Ordnung. Polychaetae . V. Typus. Arthropoda, Gliederfüssler 1. Classe. Crustaceae, Krebse . 1. Ordnung. Cirripedia, Rankenfüsser . 2. Ordnung. Copepoda, Ruderfüsser 3. Ordnung. Ostracoda, MuscheLkrebse 4. Ordnung. Phyllopoda, Blattfüsser Poecilopoda, Molukkenkrebse Arthrostraca , Ringelkrebse 7. Ordnung. Thoracostraca, Schalenkrebse 2. Classe. Arachnoidea, Spinnenartige Thiere 1. Ordnung. Lingiiatulida, Zungenwürmer 2. Ordnung. Acarina, Milben 3. Ordnung. Tardigrada. Tardigiaden . 5. Ordnung. 6. Ordnung. Inhaltsübersicht. 4. Ordnung. Phalangida, Afterspinnen 5. Ordnung. Araneida, Spinnen . 6. Ordnung. Pedipalpes, Scorpionspinnen 7. Ordnung. Scorpionidea, Scorpionen 8 Ordnung. Solifugae, Walzenspinnen !, 3. Classe. Myriopoda, Tausendfüsse 1. Ordnung. Chilognatha, Chilognathen 2. Ordnung. Chilopoda, Scolopender . (&, 4. Classe. Hexapoda, Insekten 1. Ordnung. Ehynchota, Schnabelkerfe 2. Ordnung. Diptera, Zweiflügler 3. Ordnung. Lepidoptera, Schmetterlinge 4. Ordnung. Orthoptera, Geradflügler . 5. Ordnung. Neuroptera, Netzflügler . 6. Ordnung. Coleoptera, Käfer . 7. Ordnung. Hymenoptera, Hautflügler VI. Typus. Mollusca, Weichthiere • 1. Classe. Tunicata, Mantelthiere . 1. Ordnung. Tethyodea, Ascidien 2. Ordnung. Thaliacea, Salpen ' 2. Classe. Brachiopoda, Armfässer 1. Ordnung. Ecardines, Angellose 2. Ordnung. Testicardines, Angelschalige ; 3. Ciasse. Lamellibranchiata, Muschelthier 1. Ordnung. Asiphonia .... 2. Ordnung, Siphoniata .... >' 4, Classe. Gastropoda, Bauchfüsser 1. Unterclasse. Scaphopoda .... 2. Unterclasse. Pteropoda, Flossenfüsser 1. Ordnung. Thecosomata 2. Ordnung. Gymnosomata f 3. Unterclasse. Gastropoda, Bauchfüsser 1. Ordnung. Opisthobranchia, Hinterkiemer 2. Ordnung. Prosobranchia, Vorderkiemer 3. Ordnung. Pulmonata, Lungenschnecken / 4. Unterclasse. Heteropoda, Kielfüsser Inhaltsübersicht. XI I 5. Classe. Cephalopoda, Kopffüsser . 1. Ordnung. Tetrabranchiata , Vierkiemer 2. Ordnung. Dibranchiata, Zweikiemer . VII. Typus. Vertebrata, WirbeltMere • 1. Classe. Pisces, Fische 1. Unterclasse. Leptocardii, Röhrenherzen 2. Unterclasse. Cyclostomi, Rundmäuler 3. Unterclasse. Euichthyes, Echte Fische 1. Ordnung. Chondropterygii, Knorpelfische 2. Ordnung. Ganoidei, Schmelzsc hupper 3. Ordnung. Teleostei, Knochenfische ' 4. Ordnung. Dipnoi, Lungenfische 2. Classe. Amphibia, Lurche 1. Ordnung. Apoda, Blindwühler 2. Ordnung. Caudata, Schwanzlurche ' . 3. Ordnung. Batrachia, Frösche . . ' 3. Classe. Reptilia, Reptilien . . ' 1 Unterclasse. Plagiotremata, Lepidosaurii 1. Ordnung. Ophidia, Schlangen 2. Ordnung. Saurii, Eidechsen 2. Unterclasse. Hydrosauria, Wasserechsen 1. Ordnung. Enaliosauria, Meerdrachen •, 2. Ordnung. Loricata, Crocodile 3. Unterclasse. Cheloni , Schildkröten . ' 4. Classe. Aves, Vögel . . ^ . ' 1. Ordnung. Natatores, Schwimmvögel 2. Ordnung. Grallatores, Stelzvögel 8. Ordnung. Gallinacei, Hühnervögel . 4. Ordnung, Columbinae, Tauben 5. Ordnung. Scansores, Klettervögel 6. Ordnung. Passeres, Gangvögel .' 7. Ordnung. Raptatores, Raubvögel . ] 8. Ordnung. Cursores (Ratitae), Laufvflgel 5. Classe. Mammalia, Säugethiere 1. Ordnung. Monotremata, Kloakenthiere 2. Ordnung. Marsupialia, Beutelthiere 3. Ordnung. Edentata, Zahnarme Thiere 4. Ordnung. Cetacea, Walfische Seite 766 776 778 781 797 828 830 884 832 842 949 878 881 892 894 900 909 922 922 935 947 948 949 952 958 990 997 1004 1009 1011 1015 1025 1029 1032 1055 1057 1063 1066 Inhaltsübersicht. Seite 5. Ordnung. Perissodactyla, Unpaarzeher 1072 6. Ordnung. Artiodactyla, Paarzeher .... 1076 7. Ordnung. Proboscidea, Rüsselthiere 1087 8. Ordnung. Rodentia, Nagethiere .... 1089 9. Ordnung. Insectivora, Insektenfresser 1097 10. Ordnung. Pinnipedia, Flossenfüsser 1101 11. Ordnung. Carnivora, Raubthiere .... 1103 12. Ordnung. Chiroptera, Fledermäuse 1110 13. Ordnung. Prosimii, Halbaffen .... 1115 14. Ordnung. Primates, Affen ..... . 1118 Mensch . 1123 Allgemeiner Theil. Organische und anorganische Naturkörper. In der Körperwelt, welche sich unseren Sinnen offenbart, macht man die erste und allgemeinste Unterscheidung in organische, lebende, und anorganische, leblose Körper. Die erstem, die Thiere und Pflanzen, erscheinen in Zuständen der Bewegung, sie erhalten sich unter mannich- fachen Veränderungen ihrer gesammten Erscheinung und ihrer Theile unter stetem Wechsel der sie zusammensetzenden Stoffe. Die anorga- nischen Körper dagegen befinden sich in einem Zustande beharrlicher Euhe, zwar nicht nothwendig starr und unveränderlich, aber ohne jene Selbständigkeit der Bewegung, welche sich im Stoffwechsel offenbart. Dort erkennen wir eine Organisation, eine Zusammensetzung aus ungleichartigen Theilen (Organen), in denen die Stoffe in flüssiger und gelöster Form wirksam sind, hier beobachten wir eine mehr gleichartige, wenn auch nach Lage und Verbindungsweise der Moleküle nicht immer homogene (Blätterdurchgänge der Krystalle) Masse, deren Theile so lange in ruhendem Gleichgewichte ihrer Kräfte beharren, als die Einheit des Ganzen ungestört bleibt, und deren Eigenschaften mit der chemischen Mischung gegeben sind. Zwar sind auch die Eigenschaften und Veränderungen der lebenden Körper den chemisch-physikalischen Gesetzen der Materie streng unter- worfen, und man weist diese Abhängigkeit mit dem Fortschritte der "Wissenschaft immer eingehender und schärfer nach, allein es müssen doch mindestens eigenthümliche, ihrer Natur nach unbekannte, materielle Anordnungen und besondere in ihrem Wesen unerklärte Bedingungen für den Organismus zugestanden werden. Diese Bedingungen, welche man als vitale bezeichnen kann, ohne desshalb ihre Abhängigkeit von materiellen Vorgängen bestreiten zu müssen, unterscheiden eben den Claus, Zoologie. 2. Auflage. 1 2 Organische und Organismus von jedem todten Körper und offenbaren sich 1) in der Art der Entstehung; 2) in der Art der Erhaltung; 3) in der Form und Struktur des Organismus. Die Entstehung lebender Körper kann nicht durch physikalisch chemische Agentien aus einer bestimmten chemischen Mischung unter bestimmten Bedingungen der Wärme, des Druckes, der Electricität etc. veranlasst werden, sie setzt vielmehr die Existenz gleichartiger oder mindestens sehr ähnlicher Wesen voraus, aus denen sie auf dem Wege der elterlichen Zeugung erfolgt. Eine selbständige, elternlose Zeugung (generatio aequivoca, Urzeugung) liegt zwar nicht im Bereiche der Unmöglichkeit, scheint aber bei dem Stande unserer Erfahrungen selbst für die einfachsten und niedersten Lebensformen als gegenwärtig wirksam in Abrede gestellt werden zu müssen , wenngleich in der jüngsten Zeit einzelne Forscher (Pouch et) durch Resultate bemerkenswerther aber zweideutiger Versuche zu der entgegengesetzten Ansicht geführt worden sind. Die Existenz der generatio aequivoca würde unserm Streben der physikalisch-chemischen Erklärung einen sehr wichtigen Dienst leisten, sie erscheint sogar als nothwendiges Postulat, um überhaupt das erste Auftreten der Organismen naturhistorisch zu erklären. Ein zweites wichtiges Merkmal des Organismus, an welches sich die Erhaltung alles Lebens knüpft, ist der beständige Verbrauch und Ersatz der den Leib zusammensetzenden Materie, der Stoffwechsel. Jede Wachsthumserscheinung setzt Aufnahme und Veränderung materieller Bestandtheile voraus, jede Bewegung, Absonderung und Lebensäusserung beruht auf Umsatz von Stoffen, auf Zerstörung und Neubildung chemischer Verbindungen; vornehmlich sind es die sog. organischen 8ubstSLiizeu , die ternären und quaternären zusammengesetzten Kohlenstoff- Verbindungen (jene aus Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff, diese ausser den drei Stoffen noch aus Stickstoff gebildet), und unter diesen wiederum die Eiweisslörper , welche im Stoffwechsel einen Umsatz erleiden und ent- weder (Thier) unter dem Einflüsse der Oxydation in Substanzen einfacherer Zusammensetzung gespalten oder (Pflanze) erst durch Substitution aus einfachem und in letzter Instanz anorganischen Substanzen aufgebaut werden. Mit Unrecht hat man früher organische und anorganische Stoffe in scharfem Gegensatz aufgefasst und jene weit zusammengesetzteren Substanzen lediglich als Producte des Organismus betrachtet. Nun aber hat es sich längst gezeigt, dass beide nicht nur auf dieselben Gesetze der Atomlagerung und Constitution zurückzuführen sind, sondern dass auch die ersteren in nicht geringer Zahl (Harnstoff, Weingeist, Essig, Zucker) künstlich aus ihren Elementen durch Synthese hergestellt werden können. Diese Thatsachen weisen auf die Wahrscheinlichkeit der synthe- tischen Gewinnung aller organischen Verbindungen und selbst der Eiweisskörper hin und beweisen, dass bei der Entstehung organischer anorganische Xaturkörper. 3 Substanzen dieselbe Kraft wirksam ist, welche für die Bildung der anorganischen Körper massgebend ist. Trotz dieser Ausgleichung aber bleibt der Stoffwechsel ein wesentlicher Charakter des Organismus gegenüber den anorganischen Körpern; an ihn, an die wechselnde Zer- störung und Erneuerung der Stoffe knüpfen sich Nahrungsaufnahme und Ausscheidung als nothwendige Eigenschatten des Lebendigen. Sodann spricht sich die Eigenthümlichkeit des lebenden Körpers in seiner gesammten Form und in der Zusammenfügung seiner Theile — Organisation — aus. Die Gestalt des anorganischen Individuums, des Krystalles, ist von geraden unter bestimmten Winkeln zusammen tretenden Linien (Kanten, Ecken) und ebenen, selten sphärischen, mathematisch bestimmbaren Flächen umgrenzt und in dieser Form unveränderlich, die des Organismus ^) dagegen minder scharf bestimmbar und innerhalb gewisser Grenzen veränderlich. Das Leben äussert sich eben als eine zusammenhängende Reihe wandelbarer Zustände auch in der gesammten Erscheinung; den Bewegungen des Stoffes geht Wachsthum und Form- veränderung parallel. Es beginnt der Organismus — wie man im Allge- meinen behaupten darf — als einfache Zelle und entwickelt sich von dieser Anlage im Eie oder Kdme unter allmählig fortschreitenden Differenzirungen und Umgestaltungen seiner Theile bis zu einem be- stimmten Höhepunkt mit der Fähigkeit der Fortpflanzung, um zuletzt mit dem Untergange als lebendiger Körper in seine Elementartheile zu zerfallen. Daher besitzt auch die Masse des organischen Leibes eine mehr oder minder fest-flüssige Beschaffenheit, welche sowohl für die chemischen Umsetzungen der Stoffverbindungen (corpora non agunt nisi soliita), als für die Umgestaltungen der gesammten Form noth- wendig erscheint, sie ist nicht homogen und gleichartig, sondern aus festen und flüssigen Theilen gebildet, welche sich selbst wieder als Zusammenfügungen eigenthümlich organisirter Elemente darstellen — Organe , Gewebe — . Die letzte Einheit aber der organischen Gewebe ist die Zelle, ein kugliger IBallen einer weichflüssigen einen Kern (Nucleus) umschliessenden eiweisshaltigen Substanz {Zellinhalt, Frotoplasma), häufig von einer strukturlosen Hülle {Zellmembran) umgrenzt. — In dieser organischen Grundform, aus welcher sich alle Gewebe und Organe des Thieres und der Pflanze aufbauen, hegen bereits alle Charaktere des Organismus ausgesprochen, die Zelle ist daher in gewissem Sinne die erste Form des Organismus und selbst der einfachste Organismus. Während ihr Ursprung bereits auf vorhandene gleichartige Zellen hin- weist, wird ihre Erhaltung durch den Stoffwechsel ermöglicht. Die ]) Die Thatsache, dass es eine Menge von festen Absonderungsprodiicten im Organismus gibt (Schalen, Gehäuse), deren Form sich mathematisch bestimmen lässt, hebt natürlich den Unterschied nicht auf. 1* 4 Organische und unorganische Naturkörper. Zelle hat ihre Ernährung und Ausscheidung, ihr Wachsthuni, ihre Be- wegung, Formveränderung und Fortpflanzung. Unter Betheiligung des Zellkernes erzeugt sie durch Theilung oder endogene Bildung von Tochter- zellen neue Einheiten ihrer Art und liefert das sich organisirende Material zum Aufbau der Gewebe, zur Bildung, Vergrösserung und Veränderung des Leibes. Mit Recht erketint man daher in der Zelle die besondere Form des Lebens und das Leben in der Tliätiglteit der Zelle. Man wird diese Auffassung von (-er Bedeutung der Zelle als Criterium der Organisation und als einfachste Grundform des Lebens aufrecht erhalten können trotz der Thatsache, dass der Kern in einzelnen Fällen fehlt (Niedere Pilzformen, gewisse Psorospermienbildende Gregarinen) und dass es homogene, unter den stärksten Vergrösserungen strukturlos erscheinende Körper gibt, sog. Moneren (E. Haeckel), welche ihren Lebensäusserungen nach unzweifelhaft Organismen sind, obwohl sie nach dem gegenwärtiigen Stande unserer Erfahrungen jeglicher Organisation ent- behren. Dieselben erweisen sich als zähe Klümpchen eines eiweisshaltigen Plasmas ohne Kern und bilden morphologisch gewissermassen die Vor- läufer einzelliger Organismen. Einzelne als Moneren betrachtete Formen (Protomonas, Vamxjyrella) stimmen mit den einzelligen Monaden in Ent- wicklung und Lebensweise überein, bei andern bleibt nach dem Stande der gegenwärtigen Erfahrungen die Wahrscheinlichkeit") nicht ausge- schlossen, dass sie doch in gewissen noch nicht näher bekannten Ent- wicklungsphasen Zellen entsprechen {Frotogenes Protamoeba) oder (Vibrioniden) ihrem Ursprung nach auf Zellen zurückzuführen sind. Auch für die Moneren konnte bislang die Entstehung durch Urerzeugung nicht nachgewiesen Averden, wenn wir aber auch der Hypothese volle Berechtigung zugestehen, dass die einfachsten Lebewesen zu irgend einer Zeit aus Anorganen, in welchen dieselben chemischen Elemente als in den Organismen vorkommen, sich hervorbildeten, so dürfen wir doch andererseits nicht ausser Acht lassen, dass wir über die natürlichen Bedingungen und physikalischen Kräfte*), welche zur Bildung der ersten und einfachsten Lebewesen führten , nichts wissen und dass in den oben erörterten Eigenschaften des Lebendigen ein wesentlicher Gegensatz zu den anorganischen Körpern ausgesprochen liegt. Von einer fundamentalen Uebereinstimmung , welche nach Haeckel für Krystall und Monere so- wohl in der Entstehung als in der Art des Wachsthums bestehen soll, kann bei dem gänzlichen Mangel eines Beweises zur Zeit keine Rede sein. 1) Aus beiden Gründen erscheint es bedenklich, mit E. Haeckel den sog. Moneren zu einer Einheit vom "Werthe eines Stammes zusammenzufassen. 2) Yergl. Theodor Schwann, Mikroskopische Untersuchungen 1839, E. Haeckel, Generelle Morphologie Bd. I. 1866. Thier und Pflanze. Thier und Pflanze»). Die Unterscheidung der lebendigen Körper in Thiere und Pflanzen beruht auf einer Reihe unserm Geiste frühzeitig eingeprägten Vor- stellungen. Bei dem Thiere beobachten wir freie Bewegungen und » selbständige aus Innern Zuständen entspringende Handlungen, welche ?- Bewusstsein und Empfindung wahrscheinlich machen, bei der meist im Erdboden befestigten Pflanze vermissen wir freie Lokomotion und selbst- ständige auf Empfindung hinweisende Thätigkeiten. Indessen sind diese Begriffe nur einem verhältnissraässig engen Kreise von Geschöpfen, den höchsten Thieren und Pflanzen unserer Umgebung entlehnt. Mit dem Fortschritte unserer Erfahrungen drängt sich uns die Ueberzeugung auf, dass die Begriffe von Thier und Pflanze in der Wissenschaft einer Er- weiterung bedürfen. Denn wenn wir auch nicht in Verlegenheit gerathen, ein Wirbelthier von einer phanerogamen Pflanze zu unterscheiden, so reichen wir doch mit denselben auf dem Gebiete des einfachem und niedern Lebens nicht mehr aus. Es gibt zahlreiche niedere Thiere ohne freie Ortsveränderung und ohne deutliche Zeichen von Empfindung und Bewusstsein, dagegen Pflanzen und pflanzliche Zustände mit freier Be- wegung und Irritabilität. Man wird daher die Eigenschaften von Thieren und Pflanzen näher zu vergleichen und hierbei die Frage zu erörtern haben, ob überhaupt ein durchgreifendes Unterscheidungsmerkmal beider Organisationsformen besteht und eine scharfe Grenze beider Naturreiche anzunehmen ist oder nicht. -^ 1) In der gesammten Gestalt und Organisation scheint für Thiere ^^•*^<^^'^ und Pflanzen ein wesentlicher Gegensatz zu existiren. Das Thier besitzt bei einer gedrungenen äussern Form eine Menge innerer Organe von compendiösem Baue, während die Pflanze ihre ernährenden und aus- scheidenden Organe als äussere Anhänge von bedeutendem Flächen- umfange ausbreitet. Dort herrscht eine innere, hier eine äussere Entfaltung der endosmotisch wirksamen Flächen vor. Das Thier hat eine Mundöffnung zur Einfuhr fester und flüssiger Nahrungsstoffe, welche im Innern eines mit mannichfachen Drüsen (Speicheldrüsen, Leber, Pankreas etc.) in Verbindung stehenden Darmes verarbeitet, verdaut und absorbirt werden. Die unbrauchbaren festen Ueberreste der Nahrung treten als Kothballen aus der Afteröffnung aus. Die stickstoffhaltigen Zertsetzungsprodukte werden durch besondere Harn- organe, Nieren, meist in flüssiger Form ausgeschieden. Zur Bewegung 1) Vergl. C. Gegenbaur, de animalium plantarumque regni terminis et diflferentiis. Lipsiae. — C. Claus, über die Grenze des thierischen und pflanzlichen Lebens. 1863. Leipzig. W. Engelmann. — E. Haeckel, Generelle Morphologie. 1866. Bd. \. pag. 198-238. 6 Tliier und Pflanze. und Circulation der resorbirtcn Ernährungsflüssigkeit (Blut) ist ein pulsirendos Pumpwerk (Herz) und ein System von Blutgefässen vor- handen, während die Bespiration bei den luftlebenden Thieren durch Lungen, bei den Wasserbewohnern meist durch Kiemen vermittelt wird. Bei der Pflanze hingegen zeigt der vegetative Apparat eine weit ein- fachere Gestaltung. Die Wurzeln saugen flüssige Nahrungsstoffe auf, während die Blätter als respiratorische Organe Gase aufnehmen und austreten lassen. Die complicirten Organsysteme des Thieres fehlen, und ein mehr gleichartiges Parenchym von Zellen und Canälen, in denen sich die Säfte bewegen, setzt den Körper der Pflanze zusammen. Indessen sind die hervorgehobenen Unterschiede keineswegs durch- greifend, sondern nur für die höheren Thiere und höheren Pflanzen gültig, da sie mit (Jer Vereinfachung der Organisation allmählig ver- schwinden. Schon unter den Wirbelthieren , mehr noch bei den Weich- thieren und Gliederthieren reducirt sich das System der Blut-Gefässe und Bespirationsorgane. Die Lungen oder Kiemen können als gesonderte Organe fehlen und durch die gesammte äussere Körperfläche ersetzt sein. Die Gefässe vereinfachen sich und fallen sammt dem Herzen vollständig hinweg, das Blut bewegt sich dann in mehr unregelmässigen Strömungen in den Räumen der Leibeshöhle und in den wandungslosen Lücken der Organe. Ebenso vereinfachen sich die Organe des Ver- dauungssystemes; Speicheldrüsen und Leber verschwinden als drüsige Anhänge des Darmes, dieser wird in ein blind geschlossener, verästelter oder einfacher Schlauch (Trematoden) oder fällt nach Verlust der Wandungen mit dem Leibesraume zusammen (Coelenteraten). Endlich kann auch die Mundöfi'nung fehlen (Cestoden) und die Aufnahme flüssiger Nahrungsstoff"e ähnlich wie den Pflanzen endosmotisch durch die äussere Körperfläche erfolgen. Bei solchen Reductionen des Innern Baues er- scheint es begreiflich, dass sich auch in der äussern Erscheinung und in der Art des Wachsthums die einfachem und niedern Thiere (Siphono- phoren, Cestoden), oft in hohem Grade den Pflanzen annähren, mit denen sie namentlich dann verwechselt werden können, wenn sie zugleich der freien Ortsveränderung entbehren (Pflanzenthiere, Polypen, Hydroiden). 2) Zwischen thierischen und pflanzlichen Geweben besteht eben- falls im Allgemeinen ein wichtiger Unterschied. Während in den pflanzlichen Geweben die Zellen ihre ursprüngliche Form und Selbst- ständigkeit bewahren, erleiden dieselben in den thierischen auf Kosten ihrer Selbstständigkeit die mannichfachsten Veränderungen. Daher er- scheinen die pflanzlichen Gewebe als gleichartige Zellcomplexe mit wohl erhaltenen scharf umschriebenen Zellen, die thierischen als höchst ver- schiedenartige Bildungen, in denen die Zellen selten als scharf um- schriebene Einheiten nachweisbar bleiben. Der Grund für dieses ungleiche Verhalten der Gewebe scheint in dem verschiedenen Baue Tliier und Pflanze. 7 der Zelle selbst gesucht werden zu müssen, indem die Pflanzenzelle von doppelten Membranen, dem Innern zarten Primordialschlauch und der dicken äussern Cellulosekapsel, umgeben wird. Indessen gibt es auch Pflanzenzellen mit einfachem Primordialschlauch (Primordialzellen) und andererseits thierische Gewebe, welche durch die ümkapselung der selbst- ständig gebliebenen Zellen den pflanzlichen ähnlich sind (Chorda dorsalis, Knorpel). Man wird auch nicht, wie dies von mehreren Forschern ge- schehen ist, die Vielzelligkeit als nothwendiges Merkmal des thierischen Lebens betrachten können. Allerdings gibt es zahlreiche einzellige Algen und Pilze, während kein entschieden thierischer Organismus mit Sicherheit auf die Form der einfachen Zelle zurückgeführt wurde, allein es ist nicht nachzuweisen, wesshalb überhaupt kein einzelliges Thier existiren könne, zumal die Zelle der Ausgangspunkt auch für den thierischen Körper ist. 3) Am wenigsten kann in der Fortpflanzung ein Criterium gefundenTorf]»]! werden. Bei den Pflanzen ist zwar die ungeschlechtliche Vermehrung durch Sporen und Wachthumsprodukte vorherrschend, allein auch im Kreise der niederen und einfach gebauten Thiere erscheint dieselbe Art der Vermehrung weit verbreitet. Die geschlechtliche Fortpflanzung aber beruht im Wesentlichen bei Thieren und Pflanzen auf den gleichen Vorgängen, auf der Vermischung männlicher (SamenJcörper) und weiblicher Zeugungs- stofie (Eizellen)^ deren Form in beiden Pteichen eine grosse Analogie und bei niederen Pflanzen sogar eine völhge Uebereinstimmung mit manchen Thieren zeigen kann. Der Bau und die Lage der Geschlechtsorgane im Innern des Körpers oder als äussere Anhänge bietet um so weniger einen Anhaltspunkt zur Unterscheidung von Thier und Pflanze, als in dieser Hinsicht in beiden Reichen die grössten Verschiedenheiten möglich sind. ^ 4) Die chemischen Bestandtheile und Vorgänge des Stoffivechsels i, ,, sind bei Thieren und Pflanzen im Allgemeinen sehr verschieden. Früher glaubte man auch in der chemischen Constitution des thierischen und pflanzlichen Leibes einen wesentlichen Gegensatz zu erkennen, da die Pflanze vorzugsweise aus ternären Verbindungen, das Thier vorwiegend aus quaternären stickstofthaltigen Verbindungen besteht, und man schrieb mit Recht für jene dem Kohlenstoff, für dieses dem Stickstoff eine vor- wiegende Bedeutung zu. Indessen sind auch für den thierischen Körper die ternären Verbindungen, die Fette und Kohlenhydrate, von grosser Bedeutung, während andererseits die quaternären Proteine in den thätigen, zur Neubildung fähigen Theilen der Pflanze eine grosse Rolle spielen. Das Protoplasma, der Inhalt der lebenden Pflanzenzelle, ist stickstoß'reich und von eiweissartiger Beschaffenheit, den mikrochemischen Reaktionen nach mit der Sarcode, der contraktilen Substanz niederer Thiere, übereinstimmend. Zudem werden die als Fibrin, Albumin und 8 Thier und Pflanze. Casein unterschiedenen Modifikationen der Eiweisskörper auch in Pflanzentheilen wiedergefunden. Auch gelingt es nicht Stoffe namhaft zu machen, welche ausschliesslich der Pflanze oder dem Thiere ange- hören und in denselben tiberall nachweisbar sein müssten. Das Chlor o- pJujll (Blattgrün) kommt auch bei niederen Thieren vor (Stentor, Hydra, Bonellia), fehlt dagegen den Pilzen. Die Cellulose, eine der äusseren Membran der Pflanzenzelle eigenthümliche stickstofflose Substanz, wurde in dem Mantel von Weichthieren ( Ascidien) nachgewiesen. Das Cholestearin und einige die Nervensubstanz charakterisirende Stoffe sind auch in Pflanzentheilen (Leguminosen) nachgewiesen worden. Von weit grösserem Werthe ist der Unterschied in der Ernährung und im Stoff"wechsel. Die Pflanze nimmt neben bestimmten Salzen be- sonders Wasser , KoJdensäure und Ammoniah auf und baut aus diesen binären anorganischen Substanzen die organischen Verbindungen höherer Stufe auf. DasThier bedarf ausser der Aufnahme von Wasser und Salzen einer organischen Nahrung, vor allem einiger Kohlenstoff- Verbindungen (Fette) und der stickstoffTialtigen Eiweisskörper , welche im Kreislauf des Stoffwechsels wieder zu Wasser, Kohlensäure und zu Stickstoff haltigen Spaltungsprodukten (Amiden und Säuren), Kreatin, Leucin Harnstoff etc. Harnsäure, Hippursäure etc. zerfallen. Die Pflanze scheidet Sauerstoff aus, den das Thier zur Unterhaltung des Stoffwechsels durch seine Respirationsorgane aufnimmt. Die Richtung des Stoff- wechsels und der Respiration ist daher in beiden Reichen eine zwar sich gegenseitig bedingende, aber genau entgegengesetzte. Das Thier- leben beruht auf Analyse zusammengesetzter Verbindungen und ist im Grossen und Ganzen ein Oxydationsprocess, durch welchen Spannkräfte m lebendige verwandelt werden (Bewegung, Erzeugung von Wärme, Licht). Die Lebensthätigkeit der Pflanze dagegen basirt auf Synteseund ist im Grossen und Ganzen ein Reduktionsprocess, unter dessen Einfluss Wärme und Licht gebunden und lebendige Kräfte in Spannkräfte übergeführt werden. Jedoch zeigt sich auch dieser Unterschied nicht für alle Fälle als Criterium anwendbar. Die Schmarotzerpflanzen und Pilze saugen organische Säfte auf und haben eine dem Thiere entsprechende Respiration, indem sie Sauerstoff aufnehmen und Kohlensäure ausscheiden. Nach Saussure 's Untersuchungen steht es fest, dass die Aufnahme von Sauerstoff in bestimmten Intervallen für die Pflanzen sogar nothwendig ist, dass an den nicht grünen, des Chierophylles entbehrenden Pflanzen- theilen und bei mangelndem Sonnenlicht zur Nachtzeit auch an den grünen Theilen eine dem Thiere analoge Einathmung von Sauerstoff und Ausathmung von Kohlensäure stattfindet. lUrKd u.- 5) Die ivillkürliclic Bewegung und Empfindung gilt dem Begriffe , « nach als der Ha^tclmrakter des thierischen Lebens. In früherer Zeit *^ ^ hielt man das Vermögen der freien Orts Veränderung für eine nothwendige Thier und Pflanze. 9 Eigenschaft des Thieres und betrachtete desshalb die festsitzenden Polypenstöcke als Pflanzen, bis der von Peyssonnel geführte Nach- weis von der thierischen Natur der Polypen durch den Einfluss be- deutender Naturforscher im vorigen Jahrhundert allgemeine Anerkennung erlangte. Dass es auch Pflanzen und pflanzliche Entwicklungszustände mit freier Ortsveränderung gibt, wurde erst weit später mit der Ent- deckung beweglicher Algensporen bekannt, so dass man nun auf Merk- male, aus welchen die Willkür der Bewegung gefolgert werden konnte, zur Unterscheidung der thierischen und pflanzlichen Beweglichkeit sein Augenmerk richten musste. Als solches galt längere Zeit gegenüber den gleichförmigen, mit starrem Körper ausgeführten Bewegungen der Pflanze die Contraktilität der Bewegung. Anstatt der Muskeln, welche bei niedern Thieren als besondere Gewebe hinwegfallen, bildet hier eine ungeformte eiweisshaltige Substanz, Sarcode, die contraktile Grundsub- stanz des Leibes. Allein der als Frotoplasma bekannte zähflüssige Inhalt der Pflanzenzelle besitzt ebenfalls die Fähigkeit der Contraktilität und ist in den wesentlichsten Eigenschaften mit der Sarcode') gleich. Beide zeigen die gleichen chemischen Reaktionen und stimmen in dem häufigen Auftreten von mmpern, Vacuolen und Körnchenströmungen überein. Auch pulsirende Piäume, contractile Vacuolen, sind nicht aus- schliessliches Attribut der Sarcode, sondern können ebenso in dem Protoplasma der Pflanzenzelle vorkommen (Goniiim, Chlamydomonas, Chaetopliora). Während die Contraktilität des Protoplasma's allerdings in der Regel durch die Cellulosemembran gehemmt wird, tritt sie an den nackten Schwärmzellen der Volvocinen, Euglenen und Sajjrolegnien, vollends an den amöbenartigen i ntwicklungsformen der Schleimpilze, Myxomi/ceten , in gleicher Intensität mit der Sarcode der Infiisorien, Poriferen und Ehisopoclen auf. Bei den gleichartigen Bewegungser- scheinungen niederer Thiere und Pflanzen suchen wir vergebens nach einem Criteriura der Willkür, deren Deutung dem subjectiven Ermessen des Beobachters unterworfen bleibt. Das Vermögen der Empfindung, welches überall da, wo es sich um willkürliche Bewegungen handelt, vorausgesetzt werden muss, ist keineswegs bei allen thierischen Organismen mit Sicherheit nachzuweisen. Viele niedere Thiere entbehren des Nervensystems und der Sinnesorgane und zeigen auf Reize geringe und nicht gerade intensivere Bewegungen als vegetabilische Organismen. Die Irritabilität aber erscheint auch auf dem Gebiete höherer Pflanzen weit verbreitet. Die Sinnpflanzen bewegen ihre Blätter auf mechanische Reize der Berührung {Mimosen, Bionaea). 1) Vergl. W. Schulze, das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzen- zellen. Leipzig 1863. — W. Kühne Untersuchungen über das Protoplasma und und die Contraktilität. Leipzig. W. Engelraann. 1864. 10 Die Organisation und P^ntwickliing Viele Blüthen öffiien und schliessen sich unter dem Einflüsse des Lichtes zu gewissen Tageszeiten. Die Staubfäden der Centaureen verkürzen sicli auf mechanische und elektrische Reize in ihrer ganzen Länge, und nach ähnlichen Gesetzen als die Muskeln der höhern Thiere. Demnach erscheint die Irritabilität ebenso wie die Contralctilität als Eigenschaft auch der pflanzlichen Gewebe und des Protoplasmas der Pflanzenzelle, und es ist nicht zu bestimmen, ob WillMr und Empfindung, die wir an diesen Erscheinungen der Pflanze ausschliessen , bei den ähnlichen Reizungs- und Bewegungsphänomenen niederer Thiere mit im Spiele sind. Wir finf'en daher in keinem der besprochenen Merkmale thierischen und pflanzlichen Lebens ein durchgreifendes Criterium und sind nicht im Stande, das Vorhandensein einer scharfen Grenze beider Reiche nachzu- weisen. Thiere und Pflanzen entwickeln sich von dem gemeinsamen Ausgangspunkt der ungeformten contraktilen Substanz ') allerdings nach verschiedenen Plänen, die bei dem Beginne ihrer Entfaltung noch mannichfach in einander übergreifen und erst mit der vollkommenem Organisation in ihrem vollen Gegensatze deutlich werden. In diesem Sinne wird man, ohne eine scharfe Grenze zwischen beiden Organisations- reihen statuiren zu wollen, den Begriff des Thieres durch die Zusammen- fassung der jenen Plan bezeichnenden Merkmale umschreiben können. Man wird demnach das Thier zu definiren haben: als den - frei und willkürlich beweglichen, mit Empfindung begabten Organismus, ) der seine Organe im Innern des Leibes durch innere Flächenentfaltung entwickelt, einer organischen Nahrung bedarf, Sauerstoff einathmet, unter dem Einflüsse der Oxydationsvorgänge im Stoffwechsel Spannkräfte in lebendige Kräfte umsetzt und Kohlensäure nebst stickstoffhaltigen Zer- setzungsprodukten ausscheidet. Die AVissenschaft, welche die Thiere zum Gegenstand hat und die- selben in ihren Form- und Lebenserscheinungen sowie in ihren Beziehungen zu einander und zur Aussenwelt zu erforschen sucht, ist die Zoologie. Die Organisation und Entwicklung des Thieres im Allgemeinen. Der zur Feststellung des Begriffes »Thier« vorausgeschickte Ver- gleich von Thier und Pflanze hat bereits auf die grosse Mannichfaltigkeit und auf zahlreiche Abstufungen der thierischen Organisation hingewiesen. 1) Die Aufstellung eines Zwischenreiches für die einfachsten Lebensformen ist weder wissenschaftlich gerechtfertigt noch aus practischen Rücksichten erfor- derlich. Im Gegentheil würde die Annahme eines Protistenreiches (Haeckel) die Schwierigkeit der Grenzbestimmung nur verdoppeln. des Thieres im Allgemeinen. 11 Wie sich aus der Eizelle in allmäliliger Differenzirung der comi)licirte Organismus aufbaut und oft auch während des freien Lebens Zustände durchläuft, welche in aufsteigender Stufenfolge zu einer immer höhern Entfaltung der Theile und zu vollkommenem Leistungen der Organe führen, so offenbart sich in der grossen Reihe der thierischen Lebens- formen ein ähnliches Gesetz der allmählig fortschreitenden Entwicklung, des Aufsteigens vom Emfachen zum Mannichfaltigen sowohl in der Form des Leibes und in der Zusammensetzung seiner Theile als in der Voll- kommenheit der Lebenserscheinungen. Allerdings leiten sich die Abstufungen der thierischen Organisation überhaupt nicht wie die des sich entwickelnden Individuums in einer einzigen continuirUchen Reihe auseinander ab, sondern die Parallele der Entwicklungsformen des Thierreichs als Gesammtheit und verschiedener Zustände der einzelnen Lebensform weicht in so fern auseinander, als wir gegenüber der einfachen Entwicklungsreihe des Individuums eine Anzahl zwar hier und da mehrfach in einander übergreifender aber doch in ihrer höhern Entfaltung wesentlich verschiedenartiger Baupläne der thierischen Organisation zu sondern haben. Unter Organen verstehen wir die gröbern Theile des Thierleibes, welche als untergeordnete Einheiten eine bestimmte gemeinsame Leistung ausführen und gewissermassen die Werkzeuge darstellen, auf deren ineinandergreifender Thätigkeit das Leben beruht. Unter Gewehen da- gegen die Theile und untergeordneten Einheiten der Organe, welche eine bestimmte, mit Hülfe des Mikroskopes erkennbare, auf die Zelle und deren Derivate zurückzuführbare Structur besitzen und durch die Sum- rairung ihrer Leistungen die Gesammtfunction des Organes zur Folge haben. Organe und Gewebe zerfallen in vegetative \\\\(\. animale, indem sie entweder zur Ernährung und Erhaltung des Thierkörpers dienen, oder Bewegung und Empfindung, die sog. animalen, das heisst dem Thiere (nach dem ursprünglichen Begriffe) vor der Pflanze eigenthüralichen Lebenserscheinungen bedingen. Bei sehr einfachen und niederen Thieren, wie z. B. bei parasitischen Infusorien, den Opalinen, genügt die äussere Leibeswandung, ähnlich wie die Membran der Zelle, zur Aufnahme der Nahrungsstoffe und zur Abgabe der Ausscheidungsproducte , somit zur Vermittlung der wesent- lichen vegetativen Verrichtungen. Der gleichmässige Leibesinhalt führt, ohne in Gewebe und Organe differ^nzirt zu sein, die animalen Ver- richtungen aus, indem er sich bewegt und zugleich mit denselben Theilen, falls man den Begriff der Empfindung schon für die ersten Stufen des sich entwickelnden psychischen Lebens gebrauchen darf, auch empfindet. Wie sich aber in der Entwicklungsgeschichte des Individuums in dem Kreise der höheren Thiere bereits frühzeitig ein innerer Leibesraum 12 Die Organisation und Entwicklung zur Verdauung sondert , so kommt schon sehr bald auf einer noch ver- hältnissmässig niedern Organisationsstufe, z. B. bei den Süsswasser- polypen, zu der äussern Fläche der Körperwandung eine innere ver- dauende Fläche als Wandung eines Leibesraumes hinzu, während das bewegende und empfindende Parenchym aus gleichmässigen, contraktilen Zellen zusammengesetzt erscheint. Bei noch höher organisirten Thieren, z. B. bei den Arthropoden , gestalten sich die äussern und Innern Flächen, welche die Ernährung und Ausscheidung besorgen, noch weit mannich- faltiger, indem sie sich durch Aus- und Einstülpungen zur Erzeugung sehr verschiedener Organe vergrössern , welche als mit Zellenlagen aus- gestattete Drüsen zu besonderen Aufgaben und Verrichtungen des vegetativen Lebens dienen. Auf diesem Wege entstehen die Hautdrüsen und die Kiemen, die Speicheldrüsen und die Leber, die Lungen (oder Tracheen) und die Harnorgane (oder Nieren), während die als Blut bekannte Ernährungsflüssigkeit bestimmte Bäume des Leibes erfüllt, in diesen durch ein pulsirendes Herz fortgetrieben wird und schliesslich in einem durch selbständige Wandungen begrenzten Systeme von Gefässen circulirt. Mit der complicirteren Gestaltung des vegetativen Organ- systemes schreitet gleichzeitig die Sonderung der animalen Organe in Muskeln und Nerven vor, und es treten äussere und innere Hartgebilde als Skelet zur Stütze und zum Schutze der zu bewegenden Weichtheile auf. , Die zunehmende Mannichfaltigkeit der Organisation beruht demnach neben der Vergrösserung der vegetativen Flächen und neben der Differenzirung der animalen Organe auf einer fortschreitenden Arbeits- theilung, insofern sich die verschiedenen für den Lebensprocess erforder- lichen Leistungen schärfer und bestimmter auf einzelne Theile des Ganzen, auf Organe mit besonderen Functionen, concentriren. Indem die letztern aber ausschliesslich zu bestimmten Arbeiten verwendet werden, können sie durch ihre besondere Einrichtung diese in reicherem Masse und vollendeterem Grade zur Ausführung bringen und unter der Voraussetzung des geordneten Ineinandergreifens der Arbeiten sämmtlicher Organe dem Organismus Vortheile zuführen , welche ihn zu einer höhern und vollkommenem Lebensstufe befähigen. Mit der Mannichfaltigkeit der Organisation steigt daher im Allgemeinen die Höhe und Vollkommen- heit der Lebensstufe, wenn gleich in dieser Hinsicht die besondere Form und Anordnung der Organe, wie sie durch den bestimmten Bauplan vorgezeichnet wird, und die durch diesen beschränkten Lebensbedingungen als compensatorische Factoren in die Wagschale fallen. In sehr innigem Zusammenhange mit der Mannichfaltigkeit und Höhe der Organisation und mit den Abänderungen derselben in den verschiedenen Bauplänen steht die Grösse und das Volum des thierischen Leibes. Wie die fortschreitende Differenzirung des Organismus während der Entwicklung des Einzelwesens an das Wachsthum des Körpers an- des Thicres im Allgemeinen. 13 knüpft, so lässt sich auch beim Vergleiche der Thierformen untereinander die zunehmende Mannichfaltigkeit, Arbeitstheilung und Vervollkommnung der Organisation mit der Grössen- und Massenzunahme des Leibes in Verbindung setzen. Die einfachsten und niedersten Thiere sind im Allgemeinen auch die kleinsten, die Organisationstypen der bedeutendsten Durchschnittsgrässe die complicirtesten und höchsten. Diese Wechsel- beziehung von Volum und Organisation , auf welche wir schon zu sehr durch die Thatsachen der Entwicklungsgeschichte hingewiesen werden, um dieselbe besonders auffallend finden zu können, erweist sich auch bei näherer Betrachtung aus einfachen geometrischen Gründen , aus dem Verhältnisse von Masse zur Fläche bei steigendem Wachsthum, durchaus nothwendig. Wir haben bereits die Leistungen der vegetativen Organe , mit deren Mannichfaltigkeit auch die Entwicklung der animalen Organe im Allgemeinen fortschreitet, auf Flächenwirkungen zurückgeführt, welche im einfachsten Falle ausschliesslich durch die äussere Wandung des Körpei'j' besorgt werden konnten. Dieser Fall galt für die Zelle und die niedersten kleinsten Zellen-ähnlichen Organismen, wie z. B. für die Opalinen, Da nun bei zunehmender Masse des Körpers das Volum im Cubus, die Oberfläche aber nur im Quadrate wächst, so wird die letztere, ein bestimmtes Verhältniss zwischen Oberfläche und Masse als zur Ernährung nothwendig vorausgesetzt, sehr bald nicht mehr aus- reichen, den W^echselverkehr der Stoffe für sich allein zu vermitteln. Die Oberfläche wird sich demnach vergrössern müssen und auf dem doppelten Wege der Ein- und Ausstülpung neue endosmotisch wirksame Flächen gewinnen, um das gestörte Verhältniss zwischen Fläche und Masse wiederherzustellen. Indem zunächst ein innerer Leibesraum und äussere Anhänge des Leibes entstehen, welche schon durch ihre ver- schiedene Lage eine Arbeitstheilung ihrer Leistungen nothwendig machen, ist der erste Schritt sowohl zu einer complicirten Körperform als zu einer mannichfaltigern Organisation geschehen, welche mit zunehmender Grösse unter fortschreitender Arbeitstheilung der neu gebildeten Flächen eine complicirtere und höhere werden muss. Auf diese Weise scheint der Weg bezeichnet zu sein, welcher zum Verständniss der zwischen Grösse, Organisation und Lebensstufe bestehenden Wechselbeziehung führt. Die Organe des Thierleibes stehen aber auch untereinander in einem sich gegenseitig bedingenden Verhältniss, nicht nur ihrer Form, Grösse und Lage nach, sondern auch bezüglich ihrer Leistungen; denn da die Existenz des Organismus auf der Sumaiirung der Einzelwirkungen aller Theile zu einer einheitlichen Aeusserung beruht, so müssen die Theile und Organe in bestimmter und gesetzmässiger Weise einander angepasst und untergeordnet sein. Man hat dieses aus dem Begriffe des Orga- nismus als nothwendig sich ergebende Abhängigkeitsverhältniss sehr 14 Die Organisation und Entwicklung passend als »Correlation« der Theile bezeichnet und ist schon vor vielen Decennien zur Aufstellung mehrerer Grundsätze geführt worden, deren vorsichtige Anwendung mancherlei fruchtbare Gesichtspunkte lür eine vergleichende Betrachtungsweise lieferte. Jedes Organ muss mit Rück- sicht auf das bestimmte Mass seiner Arbeit, Avelche zur Erhaltung der gesammten Maschine erforderlich ist, eine bestimmte Menge arbeitender Einheiten umfassen und demgemäss in seiner räumlichen Ausdehnung auf eine gewisse Grösse beschränkt sein, andererseits aber auch eine besondere theils durch seine Funktion, theils durch die gegenseitige Lage der Organe bedingte Gestalt besitzen. Vergrössert sich ein Organ in aussergewöhnlichem Masse, so geschieht die Massenzunahme auf Kosten benachbarter Organe, deren Formbildung, Grösse und Leistung modificirt, beziehungsweise beeinträchtigt werden. Somit ergibt sich das von Geoffroy St. Hilaire wenn nicht zuerst erkannte, so doch als solches bezeichnete »principe du balancement des organes« , mit Hülfe dessen jener Forscher sowohl zur Begründung der Lehre von den Miss- bilduugen (Teratologie) als zu Erklärungsversuchen mancher Organi- sationseigenthümlichkeiten gewisser Thierformen geführt wurde. Indess sind die physiologisch gleichen , d. h. im Allgemeinen dieselbe Arbeit besorgenden Organe , wie z. B. das Gebiss oder der Darmcanal oder die Bewegungswerkzeuge, im Einzelnen grossen und mannichfachen Modi- fikationen unterworfen, und es hängt die besondere Ernährungs- und Lebensweise, die Art wie und unter welchen Verhältnissen das Leben jeder einzelnen Gattung möglich wird, von der hesondem Einrichtung und Leistung der einzelnen Organe ab. Man kann daher nach der besondern Form und Einrichtung eines einzigen Organes oder nur eines Organ- theiles auf den besondern Bau sowohl zahlreicher anderer Organe als des gesammten Organismus schliessen und das ganze Thier seiner wesent- lichen Erscheinung nach gewissermassen construiren, wie das zuerst Cuvier für die Säugethiere der Vorzeit mit Hülfe spärhcher Bruchstücke von versteinerten Knochen und Zähnen in grossartigem Mass&tabe aus- führte. Stellt man nun das Leben des Thieres und die Erhaltung der thierischen Maschine nicht einfach als Resultat, sondern als Zweck der besonderen Einrichtung und Leistung aller einzelnen Organe und Theile hin, so ergibt sich das Cuvier'sche »principe des causes finales« (des conditions d'existence) und mit demselben die sog. teleologische Be- trachtungsweise, mit der wir freilich nicht zu einer mechanisch-physika- lischen Erklärung gelangen, die indessen unter der Voraussetzung, dass es sich nicht'wieimSinneCuvier'sum einen ausserhalb der Natur gesetzten Endzweck, sondern um einen anthroporaorphistischen Ausdruck für die vothwendigen Wechselbeziehungen zwischen Form und Leistung der Theile und des Ganzen handelt, zum Verständniss der complicirten des Thieres im Allgemeinen. 15 CoiTelationen und der harmonischen Gliederung des Naturlebens vor- treffliche Dienste leistet. Die Verbind ungsweise der Organe und die Art ihrer gegenseitigen Lagerung ist keineswegs, "wie Geoffroy St. Hilaire mit seiner Theorie der Analogien aussprach , im ganzen Thierreiche nach ein und demselben Schema durchgeführt, sondern lässt sich mit Cuvier auf verschiedene Organisationspläne, Typen, zurückführen, welche durch eine Summe von Characteren in der Gestaltung und gegenseitigen Lagerung der Organe bezeichnet sind. In der gemeinsamen Grundform ihres Baues stimmen höhere und niedere Entwicklungsstufen desselben Typus überein, während ihre untergeordneten Merkmale in der mannichfachsten Weise abändern. Es ist die Aufgabe der Morphologie, das Gleichartige der Anlage unter den verschiedensten Verhältnissen der Organisation und Lebensart für die Thiere desselben Bauplanes nachzuweisen. Diese Wissenschaft hat gegenüber den Analogieen, welche in den verschiedensten Bauplänen auftreten und die gleichartige Leistung, die physiologische Verwandt- schaft ähnlicher Organe betreffen, z. B. der Flügel des Vogels und der Flügel des Schmetterlings, die Homologieen zu bestimmen, das heisst die Theile von verschiedenen Organismen desselben Typus, welche bei einer ungleichen Form und unter abweichenden Lebensbedingungen eine verschiedene Function erfüllen, z. B. die Flügel des Vogels und die Vorderbeine des Säugethieres , als gleichwerthige Theile auf die gleiche ursprüngliche Grundform zurückzuführen. Ebenso werden die Organe gleicher Anlage , welche sich an dem Körper desselben Thieres wieder- holen, wie die Vordergliedmassen und Hintergliedmassen, als homologe bezeichnet. Die vegetativen Organe umfassen im weitesten Sinne die Vorgänge der Ernährung, welche für jeden lebendigen Organismus nothwendig, Thieren und Pflanzen gemeinsam sind, bei den erstem aber in allmähliger Stufenfolge und im innigsten Verbände mit den immer höher vorschrei- tenden animalen Leistungen zu einer weit reichern und mannichfaltigern Entwicklung gelangen. An die Aufnahme von Nahrungsstoffen schhesst sich beim Thiere die Verdauung der Nahrungsstoffe an; die durch die Verdauung löslich gewordenen, assimilirbaren Stoffe werden zu einer ernährenden den Körper durchdringenden Flüssigkeit (Blut), welche in mehr oder minder bestimmten Bahnen zu allen Organen gelangt und denselben Bestandtheile abgibt, aber auch von ihnen die unbrauchbar gewordenen Zersetzungsstofte aufnimmt und bis zu deren Ausscheidung in bestimmten Körpertheileh weiter führt. Die zur Ausführung der ein- zelnen Functionen der Ernährungsthätigkeit ailmählig zur Sonderung v-n iWw , N-<»-->^r oce^s,es und geschieht durch die Athmungs- oder Bespirationsorg^ne, welche entweder für die Luftathmung oder für die Athmung im Wasser eingerichtet sind. Im einfachsten Falle besorgt die gesammte äussere Körperbe- deckung den Austausch beider Gase, wie auch überall da, wo besondere Respirationsorgane auftreten, die äussere Haut bei der Athmung mit in Betracht kommt. Auch können innere Flächen, insbesondere die der verdauenden Cavität und des Darmes, sowie bei Ausbildung eines ge- sonderten Blutgefässsystenies die gesammte Leibesh()hle (Echinodermen), bei diesem Austausch betheiligt sein. Die Wasserathmung stellt sich natürhch weit ungünstiger für die Zufuhr des Sauerstoffes heraus, als die directe Athmung in der Luft, weil nur die geringen Mengen von Sauerstoff in Verwendung kommen können , welclie der im Wasser ver- theilten Luft zugehören. Daher findet sich diese Form der Athmung bei Thieren mit minder energischem Stoffwechsel und tieferer Lebensstufe (Würmer, Molluscen^ Fische). Die Organe der Wasserathmung sind äussere, möglichst! fiächenhaft entwickelte Anhänge, welche aus baum- förmig verästelten Schläuchen oder zahlreichen, eine grosse Oberfläche bildenden Blättchen bestehen, die sog. Kiemen. Die Organe der Luft- athmung dagegen entwickeln sich als Einstülpungen im Innern des Körpers und bieten ebenfalls die Bedingungen einer- bedeutenden Flächen- wirkung zum endosmotischen Austausch zwischen Luft und den Blutgasen. Dieselben sind entweder Lungen und erscheinen dann entweder als hohle dicht neben einander gestellte Fächer, welche im Blute scliwimmen (Spinnen), oder wie bei den Wirbelt hieren als geräumige Säcke mit fort- gesetzter drüsenartiger Einstülpung ihrer Wandung, welche ein äusserst reiches Netzwerk von Capillaren trägt, oder sie sind Luftröhren, Tracheen, und bilden als solche ein im ganzen Körper verästeltes System von Röhren, welche die Luft nach allen Organen hinführen; dort ist die Respiration localisirt , hier überall auf alle Gewebe und Organe des Körpers aus- gedehnt. Die Intensität der Athmung steht, wie bereits hervorgehoben wurde, in geradem Verhältniss zur Energie des Stoffwechsels. Thiere mit Kiemenathmung und spärlicher Sauerstoffaufnahme sind nicht im des Thieres im Allgemeinen. 19 Stande, grosse Mengen von organischen Bestandtheilen zu verbrennen und können nur ein geringes Quantum von Spannkräften in lebendige Kräfte umsetzen. Dieselben erzeugen daher nicht nur verhältnissmässig wenig Muskel- und Nervenarbeit, sondern produciren auch in nur ge- ringem Masse die eigenthümlichen als Wärme sich darstellenden Molekularbewegungen. Thiere aber mit spärlicher Wärmebildung, deren Quelle nicht in den Respirationsorganen, sondern in den thätigen Ge- weben zu suchen ist, vermögen nicht ihre selbsterzeugte Wärme den Temperatureinflüssen des umgebenden Mediums gegenüber selbständig zu bewahren. Bei dem beständigen Wärmeaustausch zwischen thierischem Körper und umgebendem Medium muss bei Thieren mit geringer Wärme- produktion die Temperatur des äussern Mediums massgebend sein für die Temperatur des thierischen Körpers und diese mit jener bald steigen bald sinken. Daher erscheinen die niedere Thiere als Wechselwarme oder wie man sie minder treffend bezeichnet hat, als Kaltblüter. Die höhern Thiere dagegen, welche bei hoch entwickelten Respirationsorganen und energischem Stoffwechsel eine bedeutende Menge von Wärme erzeugen, vermögen sich einen Theil der letztern unabhängig vom Sinken und Steigen der Temperatur des umgebenden Mediums als constante Eigenwärme zu erhalten. Man bezeichnet daher diese Thiere als Homöotherme oder Warmblüter. Für den Austausch der Gase ist der beständige Wechsel des Sauerstoff tragenden Mediums, welches die respiratorischen Flächen umgibt, von der grössten Bedeutung. Wir treffen daher sehr häufig besondere Einrichtungen an, durch welche sowohl die Entfernung der bereits verwendeten, des Sauerstoffs be- raubten und von Kohlensäure gesättigten Theile bewirkt, als der Zufluss neuer Sauerstoffhaltigen und von Kohlensäure freier Mengen des respira- torischen Mediums herbeigeführt wird. Im einfachsten Falle kann diese Erneuerung wenn auch minder vollständig durch die Bewegung des Körpers oder durch continuirliche Schwingungen der Kiemenanhänge herbei- geführt werden, durch Bewegungen, welche nebenher noch nicht selten, falls die respiratorische Flächen in der Umgebung des Mundes angebracht sind, als Strudelung {Anneliden) zur Herbeischaffung der Nahrung in Verwendung kommen. Sehr häufig sitzen die Kiemen als Anhänge der Bewegungsorgane z. B. den Schwimm- oder Gehfüssen an (Krebse, Annehden). Vollkommener gestalten sich die Einrichtungen, wenn die Kiemen in besonderen Räumen eingeschlossen liegen, (Fische, Decapoden) oder wenn die Athraungsorgane selbst, wie dies für die Tracheen und Lungen gilt, innere Höhlungen des Leibes sind, die in mehr oder minder regelr- massigem Wechsel ausgepumpt und mit frischer Luft erfüllt werden müssen. Hier wie dort sind es Bewegungen benachbarter Körpertheile (Decapoden, Fische) oder rhythmische Verengerungen und Erweiterungen 20 Die Orgaiiisatiüu uud Entwicklung der Lufträume, sog. Athembeicegungen, welche die Erneuerung des respiratorischen Mediums reguHren. Von diesen vornehnüich bei den LuftathmendenThieren zunächst in die Augen fallenden Bewegungen ist die Bezeichnung Athmung oder Respiration auf den erst secundär von der Luft -Einfuhr und Ausfuhr abhängigen endosmotischen Process der Sauerstoff-Aufnahme und Abgabe übertragen worden, und in diesem Sinne streng genommen um so weniger zutreffend, als es sich bei den Respirationsbewegungeu der mit Kiemenräumen versehenen Thieren um Ein - und Ausströmung von Wasser handelt. Bei den höhern Thieren mit rothem Blute ist der Unterschied der Blutbeschaffenheit vor und nach dem Durchtritt des Blutes durch die Athmungsorgane eine so auffallende, dass man schon an der Färbung das Kohlensäure reiche Blut von dem Sauerstoff reichen sofort zu erkennen vermag. Das erstere ist dunkelroth und wird schlechthin als venöses bezeichnet, das aus dem Kiemen oder Lungen ausströmende Blut hingegen hat eine intensiv hellrothe Färbung und führt den Namen arterielles Blut. Während wir oben die Bezeichnung venös und arteriell im anatomischen Sinne gebrauchten, um die Natur der Blutgefässe zu bezeichnen, je nachdem sie das Blut zum Herzen hinführen oder dasselbe von Herzen wegführen, haben wir hier den gleichen Namen im physiolo- gischen Sinne zu nehmen als Ausdruck für die beiderlei Blutsorten vor und nach dem Durchtritt durch das Respirationsorgan. Da dieses letztere aber entweder in die Bahnen der venösen oder arteriellen Gefässe eingeschoben ist, so muss es im erstem Falle venöse (Molluscen und Vertebraten) Gefässe geben, welche arterielles Blut, im letztern Falle (Vertebraten) arterielle Gefässe, welche venöses Blut führen. Die Athmungsorgane stehen in gewisser Beziehung vermittehid zwischen den Organen der Ernährung und Ausscheidung, indem sie Sauerstoff aufnehmen und Kohlensäure abgeben. Ausser diesem Gas werden aber eine Menge von Auswurfsstoffen des Organismus , welche aus der Körpersubstanz in das Blut eintreten, aus demselben meist in ffüssiger, aber auch in fester Form ausgeschieden. Diese Function besorgen die Excretionsorgane, Drüsen von einfachem oder complicirtem Baue, welche als Einstülpungen der äussern Haut oder der Innern Darmfläche sich auf einfache oder verästelte Röhren, auf traubige und aus Läppchen zusammengesetzte Schläuche zurückführen lassen. Unter den mannichfachen Stoffen , welche mit Hülfe der EpiteHal- auskleidung der Drüsenwandungen aus dem Blute entfernt, zuweilen auch noch zu den verschiedenartigsten Zwecken verwendet werden, er- scheinen die stickstoffhaltigen Zersetzungsproducte des Körpers besonders wichtig. Die Organe, welche diese Endproducte des Stoffwechsels ausscheiden, sind die Uarnorgane oder Nieren. Unter den niedern Thieren durch die sog. Wassergefässe vertreten, erscheinen dieselben des Thieres im Allgemeinon 21 bei den Arthropoden meist als Anhangscanäle des Darmcanales (Mal- pighische Gefässe) , während sie bei den 3IoUuscen und WirheUhieren als Nieren zwar ebenfalls vom Darracanal aus ihren Ursprung nehmen, aber doch zu einer grössern Selbstständigkeit gelangen und meist in besonderen Oeffnungen, bei den Wirbelthieren häufig mit dem Geschlechts- apparat vereinigt nach aussen münden. Sehr allgemein vermittelt die äussere Körperfläche besondere Aus- scheidungen, die freilich häufig noch wichtige Leistungen für den Haus- halt des Thieres besorgen und vornehmlich als Waffen zum Schutze und zur Vertheidigung in Verwendung kommen können, wie dies aber auch für Excretionen gilt, welche von Anhangsdrüsen am Anfangs- oder Endtheil der Darmfläche abgesondert werden (Speicheldrüsen, Giftdrüsen, Spinndrüsen, Analdrüsen). In die Kategorie der Hautdrüsen gehören in erster Linie die Schweiss- und Talgdrüsen der Säugethiere, von denen jene in Folge der leichten Verdunstung des flüssigen Secretes, auch für die Abkühlung des Körpers von Bedeutung sind, diese das Integunient und seine besondere Bekleidung weich und geschmeidig erhalten. Als eine dichte Anhäufung der letztern kann man die Bürzel- drüsen der Wasservögel in Betracht ziehen , deren Aufgabe es ist, das Gefieder einzuölen und beim Schwimmen des Thieres vor Durchtränkung zu schützen. Auch die einzelligen und gehäuften Hautdrüsen, welche sich so sehr verbreitet bei Insekten finden, gehören grossentheils in die Kategorie der Oel- und Fettdrüsen. Kalk- und Pigment- absondernde Zellanhäufungen finden sich vornehmlich in dem Körperintegumente der Weichthiere verbreitet und dienen zum Aufbau der so schön ge- erbten und mannichfach geformten Schalen und Gehäuse. Unter den awi?w«?ßM yerrichtungen, welche dem Thiere als solchem im Gegensatze zu der Pflanze eigenthündich sind, fällt zunächst am meisten die Locomotion in die Augen. Die Thiere führen zum Zwecke des Nahrungserwerbes und um Angriffen zu entgehen, Bewegungen ihres Körpers aus, im einfachsten Falle durch die Contractihtät des gleichartigen Parenchyms (Sarcode, Rhisopoden). Zur Unterstützung der Bewegung im Wasser treten dann als die einfachsten Anhänge des Körpers Cilien auf. sowohl bei Thieren, deren contractiles Parenchym Sarcode ist (Infusorien) als bei vorgeschrittenerer Difi"erenzirung der bewegenden Leibessubstanz. Dieselbe nimmt auf einer bereits höheren Stufe den Character von pflanzenähnlichen aber äusserst contractilen Zellparenchymen an (Coelenteraten , Hydra), oder erscheint in der Ge- stalt von Fasern, welche sich im Zustande der Contraction verbreitern und verkürzen, im Zustande der Erschlaff'ung verschmälern und ver- längern. Diese letztere Form der bewegenden Leibessubstanz wird Muskel genannt, erfährt aber wiederum sehr verschiedene Grade der Differenzirung und Abstufungen der Leistung. Im Allgemeinen wird 2'^ Die Organisation und PJntwicklung man zwei verscliiedene Typen von Muskeln unterscheiden können , den der contractilen Faserzelle, welcher besonders bei Coelenteraten, Echino- dermen , Würmer und Molluscen vorkommt und den des quergestreiften Primitivbündels, der besonders die Musculatur der Arthropoden und Vertehraten zusammensetzt, wenn gleich für die letztern auch die in der Regel glatte Faserzelle durch ihre grosse Verbreitung über die vom Willen unabhängigen Organe eine grosse Rolle spielt. Beide Formen des Muskelgewebes, die freilich nicht ganz unvermittelt von einander abzu- grenzen sind, zeigen auch physiologisch wichtige Unterschiede ihrer Leistung, indem sich die aus quergestreiften Bündeln zusammengesetzte Muskelsubstanz bei der Reizung momentan zusammenzieht, und alsbald nach Aufliören des Reizes sofort wieder in den Zustand der Ruhe zu- rückkehrt, während die glatte Faserzelle erst allmählig nach längerer Wirkung des Reizes zur Contraktion gelangt und in diesem Zustand längere Zeit verharrt. Zudem ist die Wirkung der erstem weit energischer und zu einem grössern Ausschlag, zu einer intensivem Kraftleistung befähigt, daher finden wir denn auch die quergestreiften Muskeln vor- nehmlich zu der einen bedeutenden Kraftaufwand voraussetzenden, willkürlichen Lokomotion des Körpers verwendet. Indessen sind auch vom Willen unabhängige Organe, wenn von ihnen eine rasche und sehr kräftige Arbeit verlangt wird, aus quergestreiften Muskel gebildet (Hers). Die zunächst zur Locomotion des Leibes in Verwendung kommende Musculatur erscheint in der Regel und namentlich bei den einfachem Formen der Bewegung mit der äussern Haut innig verwebt und bildet einen Hautmuskelschlauch (Würmer) , dessen abwechselnde Verkürzung und Verlängerung den Körper fortbewegt. Auch kann die Musculatur auf einen Theil der Haut, welcher die Lage der Bauchfläche bestimmt, besonders concentrirt sein und einem fussähnlichen Bewegungs- organ seine Entstehung geben (Molluscen) ^ oder in verschiedene sich hintereinander wiederholende Muskelgruppen zerfallen (Anneliden), Arthropoden, Vertehraten). Der letztere Fall bereitet schon eine rasche und vollkommere Bewegungsart vor, indem sich feste in der Längsachse aufeinander folgende Abschnitte der Haut, oder auch eines Innern er- härteten Gewebsstranges als Segmente oder Ringe sondern, welche durch die Muskelgruppen verschoben werden und feste Stützpuncte zu einer kräftigen Muskelwirkung darbieten. Mit dem Auftreten dieser SJceletbüdungen, welche theils als äussere Ringe durch Erhärtung der Körperhaut (Chitin) ihren Ursprung nehmen, theils im Innern des Körpers (Knorpel, Knochen) als Wirbel zur Entwicklung gelangen und in beiden Fällen eine Gliederung in der Längsachse des Rumpfes nothwendig voraus- setzen, überträgt sich allmählig die zur Locomotion erforderliche Musculatur von der Hauptachse des Leibes auf Nebenachsen desselben und gewinnt auf diesem Wese die Bedingungen zur Ausführung der schwierigsten des Thieres im Allgemeinen. 2'-) und vollkommensten Formen der Fortbewegung. Die festen Thelle in [der Längsachse des Rumpfes verlieren dann ihre ursprüngliche gleichartige Gliederung , erhalten eine verschiedenartige Form , verschmelzen theil- weise und bilden verschiedene feste Regionen (Kopf, Hals, Brust, Leib etc.), im Allgemeinen durch ein ziemhch starres Skelet in der Hauptachse des Körpers ausgezeichnet, welches durch die ausgreifenden Verschiebungen paariger Extremitäten oder Gliedmassen in einem weit vollendetem Grade fortbewegt wird. Natürlich besitzen auch die Glied- raassen ihre festen Stützen für die Muskelwirkung als äussere oder als innere, mit dem Ächsenskelet mehr oder minder fest verbundene, meist säulenartig verlängerte feste Hebel. Die Empfindung , die wesentlichste Eigenschaft des Thieres, knüpft sich ebenso wie die Bewegung an bestimmte Gewebe und Organe, an das Nervensystem. Da wo sich ein solches noch nicht aus der gemein- samen contractilen Grundmasse (Sarcode) oder dem gleichartigen Zellen- parenchym des Leibes gesondert hat, werden wir die ersten Anfänge einer dem Organismus zur Wahrnehmung kommenden Reizbarkeit vor- aussetzen dürfen, die wir kaum als Empfindung bezeichnen können, denn die Empfindung setzt das Bewusstsein von der Einheit des Körpers voraus, welches wir den einfachsten Thieren ohne ein gesondertes Nerven- system kaum zuschreiben werden. Da, wo ein Nervensystem auftritt, lassen sich an demselben Zellen und Fasern unterscheiden. Die erstem häufen sich als Ganglienzellen vorzugsweise in den Centralorganen (Ganglien) an, welche als Heerde zur Erzeugung der Nervenerregung und als Sitz der Empfindung , des Willens und Urtheils anzusehen sind. Die Fasern strahlen von den Ganglien nach den zu innervirenden Organen aus, und stehen mit den Zellen als Ausläufer derselben in directer Ver- bindung. Dieselben führen die Erregung vom Centrum nach den peri- pherischen Organen, oder leiten umgekehrt Eindrücke von der Peripherie nach dem Centrum. Im erstem Falle vermittlen sie Bewegung (moto- rische Nerven) und Secretion , im letztern Empfindung (sensibele Nerven) und Sinneswahrnehmung (Sinnesnerven). Die Anordnung des Nervensystems lässt sich auf drei Grundformen zurückführen: 1) die radiäre der Echinodermen; 2) die bilaterale der Gliederthiere und Molluscen; 3) die bilaterale der Wirhelthiere. Im erstem Falle wiederholen sich die Centralorgane in den Radien als sog. Ambulacralgehirne und werden durch eine um den Schlund verlaufende ebenfalls Ganglien enthaltende Commissur verbunden. Die bilaterale Anordnung des Nervensystems setzt eine unpaare oder paarige Ganglien- masse voraus, welche am vordem Körperpole über dem Schlünde liegt und schlechthin als oberes Schlundganglion oder Gehirn bezeichnet wird. Von diesem Centrum strahlen im einfachsten Falle (Turhellarien, niedere Molluscen) Nerven in seitlich symmetrischer Vertheilung aus. 24 Die Organisation und Entwicklung Auf einer höherii Stufe tritt ein Nervenring um den Schlund und ein zweites unter dem Schlünde gelegenes Ganglion hinzu, welches auch mit dem Gehirn zu einer gemeinsamen Ganglienmasse verschmolzen sein kann (einige Gliederthiere , Molluscen'). Endlich bei auftretender Gliederung des Körpers vermehrt sich die Zahl der Ganglien, und es kommt zum Gehirn ein Bauchmark als homonome {Anneliden) oder heteronome {Arthropoden) Ganglienkette hinzu. Auch hier kann wieder eine grössere Concentration der Nervencentra durch Verschmelzung des Gehirnes und Bauchmarkes herbeige'ührt werden (zaMreichG Arthropoden). Bei den Wirbel thieren endlich ordnen sich die Nervencentra auf der Kückenseite zu dem als Rüchenmarh bekannten Strange an, dessen Ghederung in der mehr oder minder gleichmässigen Wiederholung der austretenden Nervenpaare ihren Ausdruck erhält. Der vorderste Theil des Rückenmarks erweitert und differenziirt sich mit Ausnahme von Amphioxus zu der Bildung des Gehirnes. Als ein verhältnissmässig selbständiger Theil des Nervensystemes sondert sich bei den höher organisirten Thieren das sog. sympathische oder Eitigeiceidenervensystem {Sympathicus). Dasselbe bildet Ganglien und Geflechte von Nerven, welche zwar in inniger Verbindung mit den Centraltheilen des Nervensystemes stehen, aber vom Willen des Thieres unabhängig, die Organe der Verdauung, Circulation und Respiration, sowie die Geschlechtsorgane innerviren. Das Nervensystem besitzt sodann noch peripherische Apparate, deren Function es ist, gewisse Verhältnisse der Aussenwelt als Eindrücke einer bestimmten Qualität zur Perception zu bringen, die Sinnesorgane. Es sind meist eigenthümlich gestaltete Anhäufungen von stäbchenförmigen, mit Ganglienzellen in Verbindung stehenden Nervenenden, durch welche unter dem Einflüsse äusserer Einwirkungen eine Bewegung der Nerven- ßubstanz eingeleitet wird, welche, nach dem Centralorgan fortgeleitet, in diesem als specifische Sinnesempfindung zum Bewusstsein gelangt. Natürlich werden dieselben sich ganz allmählig aus dem Gemeingefühle abheben und erst auf einer höhern Entwicklungsstufe mit den Sinnes- perceptionen unseres eigenen Körpers der Qualität nach verglichen werden können. Am meisten mag unter den Sinnen der Gefühlssinn und Tastsinn verbreitet sein. Derselbe liegt theils über die gesammte Körperoberfläche verbreitet, theils auf Verlängerungen und Anhänge derselben concentrirt. Diese erheben sich bei den Coelenteraten , Echinodermen und Acephalen als Tentakeln in der Peripherie des Leibes, bei den Thieren mit ge- sondertem Kopfe sind sie contractile oder starre und dann gegliederte Fortsätze des Kopfes, sog. Fühler oder Antennen, welche sich bei den Würmern als paarige Girren an allen Leibessegmenten wiederholen können. Bei einer höhern Ausbildung des Nervensystems ist man auch des Thieres im Allgemeinen. 25 im Stande, besondere Nerven der Haut und der Tastorgane mit ihren Endigungen nachzuweisen; bei den Arthropoden sind es meist Borsten oder Zapfen, welche als Cuticularanhänge über der gangliösen Endan- schwellung eines Tastnerven liegen und den mechanischen Druck von ihrer Spitze nach dem Nerven fortpflanzen, bei höheren WirbeltJiieren sind es Papillen der Haut, in welchen die als Tastkörper bekannten Gebilde mit den Enden der Tastnerven liegen. Ausser dem allgemeinen Gefühle und der Tastempfindung tritt bei den höhern Thieren das Unterscheidungsvermögen der Temperatur als besondere Form des Ge- fühles hinzu. Eine besondere Empfindung der Mund- und Eachenhöhle ist der Geschmack. Derselbe wird erst bei den höchsten Thieren nachweisbar und knüpft sich an die Ausbreitung eines besonderen Geschmacksnerven {^Nervus glossopharyngeus) , welcher beim Menschen die Spitze, Ränder oind Wurzel der Zunge, die Vorderfläche des weichen Gaumens und den «untern Theil des Gaumensegels zu Geschmacksorganen macht. Der fGeschmack verknüpft sich in der Regel mit Tast- und Temperatur- empfindungen der Mundhöhle sowie mit Geruchseindrücken. Verbreiteter scheint der Geruchssinn zu sein, der sich freilich bei -U- Mit dem Verfalle der Wissenschaften gerieth auch die Natur- geschichte auf lange Zeit in Vergessenheit. In den Mauern christlicher Klöster fanden die Schriften des Aristoteles und Plinius ein Asyl, welches die im Heidenthum begründeten Keime der Wissenschaft vor dem Unter- gange schützte. Während im Laufe des Mittelalters zuerst der spanische Bischof Isidor von Sevilla (im 7. Jahrh.) und später Albertus Magnus (im 13. Jahrh.) Bearbeitungen der Thiergeschichte nach dem Vorbilde von Plinius lieferten, traten im 16. Jahrhundert mit dem Wiederauf- blühen der Wissenschaft die Werke des Aristoteles hervor , aber es regte sich auch das Streben nach selbstständiger Beobachtung und Forschung. Werke, wie die von C. Gessner, Aldrovandus, Wotton zeugten von dem neu erwachenden Leben unserer Wissenschaft, deren Inhalt pach der Entdeckung neuer Welttheile immer mehr bereichert wurde. Dann im nachfolgenden Jahrhundert , in welchem Harvey den Kreislauf des Blutes, Keppler den Umlauf der Planeten entdeckte und Newtons Gravitationsgesetz der Physik eine neue Bahn vorzeichnete, trat auch die Zoologie in eine ihre fruchtbarsten Epochen ein. Swammerdam in Leyden zergliederte mit bewundernswürdigem Fleisse den Leib der Insekten und Weichthiere und beschrieb die Metamorphose der Frösche. Malpighi in Bologna und Leeuwenhoek in Delft benutzten die Er- findung des Mikroscopes zur Untersuchung der Gewebe und der kleinsten Organismen (Infusionsthierchen). Der Italiener Picdi bekämpfte die elternlose Entstehung von Thieren aus faulenden Stoßen und schloss sich dem berühmten Ausspruch Harvey's »Orane vivum ex ovo« an. Im 18. Jahrhundert gewann vornehmUch die Kenntniss von der Lebens- geschichte der Thiere eine ausserordentliche Bereicherung, Forscher wie Reaumur, Rösel von Rosenhof, De Geer, Bonnet, J. Chr. Schaeffer etc. lernten die Verwandlungen und die Lebensgeschichtc der Insekten und einheimischen Wasserthiere kennen, während zugleich Liuuc's systemji aaturae. 39 durch Expeditionen in fremde Länder aussereuropäische Tliierfürmen in reicher Fülle entdeckt wurden. In Folge dieser ausgedehnten Beo- bachtungen und eines immerniehr wachsenden Eifers, das Merkwürdige aus fremden Welttheilen zu sammeln, war das Material unserer Wissen- schaft in so bedeutendem Masse angewachsen, dass bei dem Mangel einer präcisen Unterscheidung, Benennung und Anordnung die Gefahr der Verwirrung nahe lag und der Ueberblick fast unmöglich wurde. Unter solchen Umständen musste das Auftreten eines Systematikers wie Carl Linne (1707 — 1778) für die fernere Entwicklung der Zoologie von gi'osser Bedeutung werden. Ohne sich gerade weitgreifender Forschungen und hervorragender Entdeckungen rühmen zu können, wurde dieser Manu durch die scharfe Sichtung und strenge Gliederung des Vorhandenen, durch die Einführung einer neuen Methode sicherer Unterscheidung, Benennung und Anordnung Begründer einer neuen Richtung und in ge- wissem Sinne Pieformator der "Wissenschaft. Indem er für die Gruppen verschiedenen Umfanges in den Begriffen der Art, Gattung, Familie, Ordnung, Classe eine Reihe von Kategorieen aufstellte, gewann er die Mittel, um ein System von scharfer Gliederung mit präciser Abstufung seiner Fächer zu schaffen. Andererseits führte er mit dem Principe der binären NomenJclatur eins feste und sichere Bezeichnung ein. Jedes Thier erhielt zwei aus der lateinischen Sprache entlehnte Namen, den voranzustellenden Gattungsnamen und denSpecies- namen, welche die Zugehörigkeit der fraglichen Form zu einer bestimmten Gattung und Art bezeichneten. In dieser Weise begründete Linne nicht nur eine klare Sichtung und Ordnung des Bekannten, sondern schuf zur übersichtlichen Orientirung ein systematisches Fachwerk, in welchem sich spätere Entdeckungen leicht an sicherem Orte eintragen Hessen. Das Hauptwerk Linne's »systema naturae«, welches in dreizehn Auflagen mannichfache Veränderungen erfuhr, umfasst das Mineral-, Pflanzen - und Thierreich und ist seiner Behandlung nach am * besten einem ausführlichen Cataloge zu vergleichen, in welchem der Inhalt der Natur wie der einer Bibliothek unter Angabe der bemerkenswerthesten Kennzeichen in bestimmter Ordnung einregistrirt wurde. Jede Thier- und Pflanzenart erhielt nach ihren Eigenschaften einen bestimmten Platz und wurde in dem Fache der Gattung mit dem Speciesnamen einge- tragen. Auf den Namen folgte die in kurzer lateinischer Diagnose aus- gedrückte Legitimation, dann folgten die Synonyma der Autoren und Angaben über Lebensweise, Aufenthaltsort, Vaterland und besondere Kennzeichen. Wie Linne auf dem Gebiete der Botanik das künstliche, auf die Merkmale der Blüthen begründete Pflanzensystem schuf, so war auch seine Classitikation der Thiere eine künstliche zu nennen, weil sie nicht auf der Unterscheidung natürlicher Gruppen beruhte, sondern meist 40 Geschichtlicher Ueberblick. vereinzelte Merkmale des innern und äussern Baues als Charaktere be- nutzte. Bereits vor Linne hatte der Engländer Ray mit grossem Scharfl)lick die Mängel der Aristotelischen Unterscheidungen aufgedeckt, ohne dieselben von Grund aus zu beseitigen und durch neue, richtigere Begriffe zu ersetzen. Linne brachte diese schon von Ray angedeuteten Verbesserungen in seiner Eintheilung zur Durchführung, indem er nach der Bildung des Herzens, der Beschaffenheit des Blutes, nach der Art der Fortpflanzung und Respiration sechs Thierclassen aufstellte. 1) SäugetJiiere , Mammalia. Mit rothem warmen Blute, mit einem aus zwei Vorkammern und zwei Herzkammern zusammengesetzten Herzen, lebendig gebärend, 2) Vögel, Aves. Mit rothem warmen Blute, mit einem aus zwei Vorkammern und zwei Herzkammern zusammengesetzten Herzen, eierlegend. 3) Amphibien, Amphibia. Mit rothem kalten Blute, mit einem aus einfacher Vor- und Herzkammer gebildeten Herzen, durch Lungen athmend. 4) Fische, Pisces. Mit rothem kalten Blute, mit einem aus einfacher Vor- und Herzkammer gebildeten Herzen, durch Kiemen athmend. 5) Insecten , Insecta ' ). Mit weissem Blute und einfachem Herzen, mit gegliederten Fühlern. 6) Würmer, Vermes. Mit weissem Blute und einfachem Herzen, mit ungeghederten Fühlfäden. Linn^'s Einfluss betrifft vorzugsweise die descriptive Zoologie, für welche erst jetzt eine Uebersicht des Formengebietes und eine strenge Methode der Behandlung gewonnen war. Die systematische Anordnung entsprach freilich keineswegs überall der natürlichen Verwandtschaft, da einseitige, meist der äussern Form entlehnte Merkmale besonders zur Unterscheidung der Unterabtheilungen verwendet wurden. Es bedurfte einer genauem und besseren Kenntniss von dem innern Baue, um durch Vereinigung einer grösseren Reihe äusserlicher und anatomischer Charaktere einem auf natürliche Verwandtschaft gegründeten Systeme den Weg zu bahnen. Während die Nachfolger Linne's die trockene und einseitig zoogra- phische Behandlung weiter ausbildeten, und das geghederte Fach- werk des Systems irrthümlich als das Naturgebäude ansahen, be- gründete Cuvier durch Verschmelzung der vergleichenden Anatomie mit der Zoologie ein natürliches System. Georg Cuvier, geboren zu Mömpelgard 1769, und erzogen auf der Karlsacademie zu Stuttgart, später Professor der vergleichenden Anatomie am Pflanzengarten zu Paris, veröffentlichte seine umfassenden Forschungen in den »Legons d'anatomie 1) Bereits Ray unterschied die blutlosen Thiere des Aristoteles in Kleinere = Insecta und Grössere = Mollia, Crustacea, Testacea. Die vier Typen Cuvier's. 41 comparee<^ (1805). In diesem Werke unterschied er noch neun Thier- classen: Mammaha, Aves, Reptilia, Pisces als Vertebrata, Molkisca, Crustacea, Insecta, Vermes, Zoophyta als Evertebrata. Erst 1812 stellte er in sei' er berühmt gewordenen Abhandlung über die Eintheilung der Thiere nach ihrer Organisation eine neue wesentlich veränderte Clas- sifikation auf, welche seit Aristoteles den bedeutendsten Fortschritt der Wissenschaft bezeichnete und als Grundlage des natürlichen Systemes gelten kann. Nach Cuvier stellten die Classen Linne's nicht die höchsten und allgemeinsten Abtheilungen dar, er unterschied vielmehr über denselben vier höhere, ebensoviel verschiedenen Organisationsplänen entsprechende Kreise {Emhrachements) , welche in Classen zerfielen. In jedem Organisationsplane erkannte Cuvier die Form des Baues und die gegenseitige Lagerung der Organe als unveränderlich an, während die Unterabtheilungen desselben, welchen Namen sie auch führen mochten, auf Modifikationen der Entwicklung und auf HinzufUgung unwesentlicher Theile zurückgeführt wurden. Diese vier Baupläne (Typen) Cuvier's sind folgende: 1) Wirhelthiere, Vertebrata. (Blutthiere des Aristoteles). Gehirn und Rückenmark sind eingeschlossen in eine knöcherne Skeletsäule, Wirbelsäule, welche sich aus Schädel und Wirbeln zusammensetzt. Zur Seite der medianen Wirbelsäule heften sich die Rippen und höchstens vier Gliedmassen an. Alle besitzen rothes Blut, ein muskulöses Herz, einen Mund mit horizontalem Ober- und Uuterkiefer und die vollständige Zahl von Sinnesorganen. Sie umfassen die vier Classen der Mammdlia, Aves, Ecptilia, Pisces. 2) Weichthiere, 3Iollusca. Thiere ohne lokomotives Skelet, von weicher contraktiler Körperbedeckung, in welcher sich häufig feste Schalen als Gehäuse einlagern. Das Nervensystem setzt sich aus mehreren durch Fäden verbundenen Ganglienmassen zusammen , deren wichtigste (Gehirn) über dem Oesophagus liegen. Man unterscheidet Gesichts- und Gehörorgane. Ein Circulationssystem und besondere Respirationsorgane sind vorhanden. Die 6 Classen werden unterschieden als: Cephalopoda (^fiaXaxia des Arist.), Gastropoda, Fteropoda, Acephala, Brachiopoda, Cirropoda. 3) Gliederthiere. Articulata. Das Nervensystem besteht aus zwei langen in Ganglien anschwellenden Fäden, Ganglienknoten. Der erste Ganglienknoten liegt als Gehirn über dem Oesophagus, die übrigen an der Bauchfläche. Die Körperbedeckung ist bald weich bald hart und zerfällt durch Querfalten in eine Anzahl Ringe, von welchen die Muskeln umschlossen werden. Häufig trägt der Rumpf an seinen Seiten Glied- massenpaare. Sind Kiefer in der Umgebung des Mundes vorhanden, so stehen sie seitlich. Als Classen werden unterschieden: llexapoda, Arachnida, Crustacea, Annelides. 42 Geschichtlicher Ueberblick. 4) Badiärthiere, Radiata. Die Organe liegen nicht symmetrisch bilateral, sondern wiederholen sich in radiärer Vertheilung im Umkreis ((er Centralachse. Weder Nervensystem noch Sinnesorgane sieht man deutlich geschieden. Einige zeigen Spuren einer Blutcirculation. Ihre Respirationsorgane liegen immer an der Oberfläche des Leibes. Als Classen der Radiaten wurden aufgestellt: Echinodermata , Acalepha, Entosoa, Polypi, Infusoria. Den Anschauungen Cuvier's, der wie keiner seiner Zeitgenossen das anatomische und zoologische Detail tibersah, standen allerdings lange Zeit die Lehren bedeutender Männer gegenüber. In Frankreich vor allem vertrat Etienne Geoffroy Saint Hilaire die bereits von Buffon ausgesprochene Idee vom Urplane des thierischen Baues, nach welcher eine unterbrochene, durch continuirliche Uebergänge vermittelte Stufenfolge der Thiere existiren sollte. Er war davon überzeugt, dass die Natur stets mit denselben Materialien arbeite. Diese Induction aber war zu übereilt , indem sie über die Wirbelthiere hinaus nicht mit den Thatsachen stimmte, und beispielsweise die Ansicht, die Insecten seien auf den Rücken gedrehte Wirbelthiere, wie vieles andere doch nur der Theorie zu Liebe erfunden war. In Deutschland traten Männer wie Göthe und die Naturphilosophen Oken und Sehe Hing für die Einheit der thierischen Organisation in die Schranken , ohne freilich stets den Thatsachen in strenger und umfassender Weise Rechnung zu tragen. Schliesslich ging aus diesem Kampfe , der in Frankreich sogar mit Heftigkeit und Erbitterung geführt worden war, die Auffassung Cuvier's siegreich hervor, und die Prinzipien seines Systems fanden zuletzt fast ungetheilten Anhang. Allerdings wurden durch die späteren Forschungen mancherlei Mängel und Irrthümer seiner Eintheilung aufgedeckt und im Einzelnen vieles verändert, allein die Grundanschauung von der Existenz der Typen erhielt sich und wurde noch durch die Resultate einer neu sich entwickelnden Wissenschaft, der Entwicklungsgeschichte der Thiere im Allgemeinen bestätigt. Die wesentlichsten der nothwendig gewordenen Modifikationen des Cu vi er 'sehen Systemes beziehen sich unstreitig auf die Vermehrung der Typenzahl. Während man schon seit längerer Zeit die Infusorien von den Badiaten trennte, und als Protozoen den übrigen vier Bau- plänen zur Seite stellte, hat man neuerdings durch Trennung der Badiaten in Coelenteraten und Echinodermen , sowie der Articulaten in Arthropoden und Vermes die Zahl der Grundpläne auf 7 erhöht, ohne überall für die Unterscheidung der ünterabtheilungen *) zu einer befriedigenden Einigung gelangt zu sein, 1) Vergl. die zahlreichen Systeme jüngerer Zoologen in Agassiz's An essay of Classification. 1859. ? I f Unsere gegenwärtige Eiutheiluiig. 43 In der neuesten ^Zeit hat jedoch die Cuvier'sche AuflFassung auch I 1 darin eine Modifikationen erfahren, dass die Vorstellung von der scharf i 1 gesonderten Isolirung, dem ohne üehergänge begi-enzten Abschlüsse eines jeden Bauplanes aufgegeben zu werden beginnt. Es haben sich bei eingehenderem Studium Verbindungsglieder und Verknüpfungen ver- schiedener Typen nach mehrfachen Richtungen hin nachweisen lassen, durch welche die scharfen Gegensätze der Organisationspläne besonders für die ersten Anfänge und tiefsten Stufen ihrer Gestaltung gemildert werden. Man kennt Verbindungsglieder zwischen Protozoen und Würmern, zwischen Würmern und Echinodermen, zwischen Arthropoden und W^ürmei-n, zwischen Würmern und Molluscen, ja selbst Formen, über deren Einordnung in diesen oder jenen Typus man im Zweifel bleiben kann. Man hat selbst in der Entwicklungsgeschichte für ver- schiedene Typen sehr übereinstimmende Erscheinungen beobachtet (Amphioxus, Coelenteraten und Ascidien), die auf einen genetischen Zusammenhang derselben hinweisen. Aber eben so wenig wie die Uebergangsformen zwischen Thier und Pflanze die Unterscheidung der beiden allgemeinsten Begrifie im Reiche des Organischen aufzuheben im Stande sind, wird durch jene Verbindungsglieder die Idee verschiedener Grundformen widerlegt, sondern nur ein ähnhcher oder gemeinsamer Ausgangspunkt für die Ausbildung verschiedener Formreihen wahr- scheinlich gemacht. Wir werden diese 7 Typen in folgender W^eise zu charakterisiren haben : 1. Frotozoa. Geschöpfe von geringer Grösse und einfachem Baue, ohne zellig gesonderte Organe, mit vorwiegend ungeschlechtlicher Fortpflanzung. Classen: JRhizopoda, Infusoria. 2. Coelenterata. Thiere von radiärem nach der Grundzahl 4 oder 6 gegliederten Baue, mit einem für Verdauung und Circulation gemeinsamen Leibesraum (Castrovascularraum). Classen: Foriferi, Anthozoa, Uydrasniedusae , Ctenophori. 3. Echinodermata. * Thiere von radiärem vorherrschend fünfstrahligen Baue, mit ver- kalktem oft stacheltragenden Hautskelet, mit gesondertem Darm und Gefässsystem, mit Nervensystem und Ambulacralfüsschen. Classen: Crinoidea, Ästeroidea, Echinoidea, Holothurioidea. 4. Vernies. Seithch symmetrische Thiere mit ungegliedertem, geringeltem oder gleichartig (homonom) segmentirtem Körper, ohne gegliederte Segmentanhänge (Gliedmassen). Der Embryo bildet sich in ,der Regel 44 Geschichtlicher üeberblick. durch Umwandlung des gesammten Dotters ohne vorausangelegteii Primitivstreifen. Classen: Platyelmia, Nematehnia, Annelides. 5. Ärthropoda. Seitlich symmetrische Thiere mit heteronom segmentirtem Köri^er und gegliederten Segmentanhängen (Gliedmassen), mit Gehirn und Bauch- ganglienkette. Die Bildung des Embryo's im Eie geschieht fast durch- gängig mittelst Anlage eines bauchständigen Primitivstreifens. Classen: Crustacea, Arachnoidea, Myriapoda, Hexapoda. 6. Mollusca. Seithch symmetrische Thiere mit weichem ungegliederten Körper, ohne lokomotives Skelet, meist von einer einfachen oder zweiklappigen Kalkschale, dem Absonderungsprodukt einer Hautduplikatur (Mantel), bedeckt, mit Gehirn, FussgangHon und Mantelganglion. Classen: Bryozoa, Tunicata, Brachiopoda , Lamellibranchiata, Gastropoda , Cephalopoda. 7. Vertehrata. Seitlich symmetrische Thiere mit einem Innern knorpligen oder knöchernen und dann gegliederten Skelet (Wirbelsäule), welches durch dorsale Ausläufer (obere Wirbelbogen) eine Höhle zur Aufnahme des Rückenmarks und Gehirnes, durch ventrale Ausläufer (Rippen) eine Höhle zur Aufnahme vegetativer Organe uraschliesst, mit höchstens zwei Extremitätenpaaren. Die Anlage des Embryo's im Ei wird durch einen rückenständigen Primitivstreifen gebildet. Classen: Pisces, Amphibia, Reptilia, Aves , Mammalia. Bedeutimg des Systemes. lieber den Werth des Systemes ist man nicht überall und zu allen Zeiten gleicher Ansicht gewesen. Während im vorigen Jahrhundert der französische Zoolog Buffon, welcher in eleganter Sprache und mit rednerischem Pomp die Naturgeschichte der Säugethiere und Vögel bearbeitete, ein abgesagter Feind aller Theorie, das System für eine reine Erfindung des menschlichen Geistes hielt, glaubt in neuerer Zeit L. Agassiz allen Abtheilungen des Systemes eine reale Bedeutung zuschreiben zu können. Er erklärt das natürliche, auf die Verwandt- schaft der Organisation begründete System für eine Uebersetzung der Gedanken des Schöpfers in die menschliche Sprache, durch dessen Er- forschung wir unbewusst Ausleger seiner Ideen würden. Offenbar aber können wir nicht diejenige Anordnung eine mensch- liche Erfindung nennen, welche als Ausdruck für die Verwandtschafts- Bedeutung des Systemes. Speciesbegriff. 45 stufen der Organismen aus den in der Natur begründeten Beziehungen der Organisation abgeleitet ist. Und ebenso verkehrt ist es, den sub- jektiven Antheil unserer Gcistesthätigkeit hinwegleugnen zu wollen, da sich in dem System stets ein Verhältniss der Thatsachen des Naturlebens zu unserer Auffassung und zum Staude der wissenschaftlichen Erkenntniss ausspricht. In diesem Sinne nennt Göthe treffend natürUches System einen sich widersprechenden Ausdruck. Das Reale , welches die Natur dem Forscher zur Aufstellung von | Systemen zu Gebote stellt, sind die Einzelformen als Objekte der Be- \l obachtung. Alle systematischen Begriffe von der Art an bis zum h T^/i^Ms beruhen auf Zusammenfassung von Gleichem und Aehnlichem h und sind Abstraktionen des menschlichen Geistes. ' Die grosse Mehrzahl der Forscher stimmte allerdings bis in die neueste Zeit darin überein, auch die Art oder Spezies als selbstständig geschaffene und unveränderliche Einheit mit gleichen in der Fort- pflanzung sich erhaltenden Eigenschaften anzusehen. Man war bis in die neueste Zeit von dem Grundgedanken der Li nne' sehen Species- definition, »species tot sunt diversae, quot diversae formae ab initio sunt creatae« im Wesentüchen befriedigt. Auch stand diese Anschauung mit einem auf dem Gebiete der Geologie herrschenden Dogma im Causal- nexus, nach w^elchem die aufeinander folgenden Perioden der Erdbildung durchaus abgeschlossene, jedesmal von Neuem geschaffene Faunen und Floren bergen und durch gewallige, die gesammte organische Schöpfung vernichtende Katastrophen begrenzt sein sollten. Keine Lebensform, glaubte man, könnte sich über die Zeit einer vernichtenden Erdkata- strophe hinaus von der frühern in die nachfolgende Periode hinein er- halten haben, jede Thier- und Pflanzenart sei mit bestimmten Merkmalen durch einen besonderen Schöpfungsakt ins Leben getreten und erhalte . sich mit diesen Eigenschaften unveränderlich bis zu ihrem Untergange. Da sich jedoch die von einander abstammenden Thiere und Pflanzen durch zahlreiche grössere und kleinere Abweichungen unterscheiden, kann der Artbegriff neben der Zugehörigkeit in den gleichen Gene- rationskreis nicht durch die absolute Identität, sondern nur durch die Uebereinstimmung m den wesentlichsten Eigenschaften definirt werden. Die Art oder Species ist demnach im engen Anschluss an die Cuvier'sclie Definition der Inbegriff aller Lebensformen, welche die wesentlichsten Eigenschaften gemeinsam haben, von einander abstammen und sich zur Erzeugung fruchtbarer Nachkommen kreuzen lassen. Indessen lassen sich dieser Begriffsbestimmung, welcher die Vor- aussetzung zu Grunde liegt, dass sich das "Wesenthche der Eigenschaften durch alle Zeiten in der Fortpflanzung unveränderlich enthalten müsse, keineswegs alle Thatsachen des Naturlebens befriedigend unterordnen, und es weisen schon die grossen Schwierigkeiten , welche der Artbestim- 46 Bedeutung des Systemes. mung in der Praxis entgegentreten und zwischen Art und Varietät keine scharfe Grenze ziehen lassen, auf das Unzureichende des Begriffes hin. Die zu ein und derselben Art gehörigen Individuen sind unter- einander nicht in allen Theilen und Eigenschaften gleich, sondern zeigen ganz allgemein, wenn man es so ausdrücken darf, nach dem Gesetze der individuellen Variation , mannichfache Abänderungen , die bei ge- nauer Betrachtung zur Unterscheidung der Einzelformen hinreichen. Es treten auch im Kreise derselben Art Combinationen veränderter Merkmale auf und veranlassen bedeutendere Abweichungen , Varietäten, welche sich auf die Nachkommen vererben können. Man nennt die grösseren, mit der Fortpflanzung sich erhaltenden Variationen constante Varietäten oder Abarten, Rassen, und unterscheidet natürliche oder geographisch begründete Rassen und Jcünstliche oder Culturrassen. Die ersteren finden sich im freien Naturleben, meist auf bestimmte Lokalitäten beschränkt, sie sind, wie man annimmt, in Folge klimatischer Bedingungen unter dem Einfluss einer abweichenden Lebensweise und Ernährung im Laufe der Zeiten entstanden. Die Culturrassen verdanken dagegen ihren Ursprung der Zucht und Cultur des Menschen und be- treff"en ausschliesslich die Hausthiere. Leider ist freilich der Ursprung der meisten natürlichen und künstlichen Rassen in ein tiefes Dunkel gehüllt, welches die Wissen- schaft schwerlich jemals vollkommen zu lichten im Stande sein wird. "Was aber schwer in die Wagschaale fällt, ist der Umstand, dass es für einige als Abarten geltende Varietäten sehr zweifelhaft erscheint, ob sie als Abänderungen aus einer einzigen Art hervorgegangen sind, oder von mehreren Arten abstammen, wie z. ß. für die Rassen des Hundes, der Katze etc. Für die zahlreichen Varietäten des Schweines und Rindes ist sogar die Herkunft von verschiedenen Arten ziemlich sicher erwiesen (Rü t i m ey e r). Es können aber Varietäten, die mit mehr oder minder grosser Sicherheit auf die gleiche Abstammung von derselben Art zurückgeführt werden, unter einander sehr auff"allend verschieden sein, und in wichtigeren Merkmalen abweichen, als verschiedene Arten im freien Naturleben, z. B. erscheinen die Culturrassen der Taube, deren gemeinsame Ab- stammung von der Felsentaube (Columba livia) von Darwin sehr wahr- scheinlich gemacht worden ist, einer so bedeutenden Abänderung fähig, dass die als Purzel tauben, Pfautauben, Kröpfer, Perückentauben bekannten Varietäten von dem Ornithologen ohne Kenntniss ihres Ursprungs für echte Arten gehalten und sogar unter verschiedene Gattungen vertheilt werden müssten. Auch im freien Naturleben sind sehr häufig Varietäten der Qualität ihrer Merkmale nach von Arten nicht zu unterscheiden. Das Wesentliche der Charaktere pflegt man in der Constanz ihres Vorkommens zu finden Unfruchtbarkeit der Bastarde und Ausnalimsrdlle. 47 und die Varietät daran zu erkennen, dass die sie auszeichenden Merkmale variabeler sind als bei der Species. Gelingt es weit auseinander stehende Formen durch eine Reihe continuirlich sich abstufender Zwischenformen zu verbinden, so hält man sie für extreme Varietäten derselben Art, während dieselben bei mangelnden Zwischengliedern, auch wenn die sie trennenden Unterschiede geringer, nur gehörig constant sind, als Arten gelten. Man begreift unter solchen Umständen, wie anstatt eines objektiven Kriteriums der augenblicklicher Stand der Erfahrung, das subjective Ermessen und der natürliche Takt der Beobachter über Art und Varietät entscheidet und dass die Meinungen der verschiedenen Forscher in der Praxis weit auseinandergehen. Wir werden daher zur Bestimmung des Wesentlichen an den Eigenschaften , wenn es gilt Arten von Varietäten zu sondern , auf den wichtigsten Charakter des Artbegriffes zurückgewiesen, der freilich in der Praxis fast niemals berücksichtigt wird, auf die gemeinsame Ähstanimiüig und die JEähiglceit der fruchtbaren Kreuzung. Doch stellen sich auch von dieser Seite der Begrenzung des Artbegriffes un- überwindliche Schwierigkeiten entgegen. Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass auch Thiere ver- schiedener Arten sich miteinander paaren und Nachkommen, Bastarde, erzeugen, z. B. Pferd und Esel, Wolf und Hund, Fuchs und Hund. Selbst entfernter stehende Arten, welche man zu verschiedenen Gattungen stellt, vermischen sich gelegentlich zur Erzeugung einer Nachkommen- schaft, wie solche Fälle von Schaaf und Ziege , Ziege und Steinbock zur Beobachtung gekommen sind. Allein die Bastarde erweisen sich in der Regel unfruchtbar, sie bilden Zwischenstufen mit gestörtem Generations- system ohne Aussicht auf Fortbestand, und auch im Falle der Zeugungs- fähigkeit, die man häufiger an weiblichen Bastarden beobachtet hat, schlagen sie in die väterliche oder mütterliche Art zurück. Indessen gibt es für die Sterilität der Bastarde Ausnahmsfälle, welche als wichtige Beweise gegen die Abgeschlossenheit der Art zu sprechen scheinen. !Man kennt ein Beispiel von vier Generationen der Bastarde von Hund und Wölfin. Is. G. St. Hilaire erhielt die Bastarde zwischen Schakal und Hund durch drei, Flourens durch vier Gene- rationen. Nach den in Frankreich in grossem Massstabe angestellten Züchtungsversuchen zwischen Hasen und Kaninchen scheint es, als wenn die zuerst von Roux inAngouleme für den Handel gezüchteten Hasen- kaninchen (Lievres-lapins) beinahe vollständig fruchtbar sind. Doch wird neuerdings die Angabe bestritten. Vollkommen fruchtbar scheinen die 1) Die Aufstellung des Begriffes der Subspecies oder Unterart, zu welchem die Systematik gedrängt worden ist, steht im vollständigem Widerspruch zu dem Art begriff der Schule und ist das sprechendste Zeugniss, dass die Systematiker selbst das Relative in der Unterscheidung von Art und Varietät anerkennen. 48 Bedeutung des Systeraes. Bastarde von Phasiamis colchicus und Ph. torquatus , ferner von Cer- vulus vaginalis und C. Reevesi zu sein, ebenso die Bastardgänse von Anser cinereus und An. ct/gnoides, welche in ganzen Heerden des Nutzens halber in Indien gehalten werden. Auch die Bastarde vom Ziegenbock und Schafe, in Chili wegen des Felles gezüchtet, sollen dort unter sich vollkommen fruchtbar sein. Ebenso haben sorgfältige Versuche über Bastardirung von Pflanzen, insbesondere die Beobachtungen von W. Herbert zu dem Ergebniss geführt, dass manche Bastarde so vollkommen fruchtbar wie die reinen Stammarten unter sich sind. Selbst im freien Xaturleben beobachtet man Mischungsformen verschiedener Arten, die nicht selten für selbständige Arten gehalten und als solche beschrieben wurden (Tetrao medius , Bastard von Auerhahn und Birkhuhn. Äbramidopsis Leukartii, Bliccopsis ahramorutilus u.a. sind nach v. Siebold Bastarde). Mag aber auch immerhin die Sterilität der Bastarde für die Verhältnisse des freien Naturlebens als Gesetz gelten, so scheint es andererseits für die der menschlichen Cultur unterworfenen Thiere kaum zweifelhaft, dass nach allmähliger Gewöhnung und Umänderung aus ursprünglich ver- schiedenen Arten persistente Zwischenformen durch Kreuzung erzielt werden können. Schon Pallas sprach in diesem Sinne die Ansicht aus, dass nahe verwandte Arten, welche sich anfangs nicht mit einander paaren oder nur unfruchtbare Bastarde liefern, nach lange fortge- setzter Domesticirung fruchtbare Nachkommen mit einander zeugen. Und in der That ist es bereits für einige unserer Hausthiere wahr- scheinlich gemacht, dass sie in vorhistorischer Zeit auf dem Wege unbewusster Züchtung als die Abkömmlinge verschiedener Arten ihren Ursprung genommen haben. Insbesondere versuchte Rütimeyer diesen Weg der Entstehung für das Rind (Bos taurus) nachzuweisen, welches er als neuen Stamm durch die Kreuzung von mindestens drei verschiedenen Stammformen (Bos primigenius, hrachyceros , frontosus) herleitet. Bei alledem wird man den erörterten Ausnahmsfällen gegenüber auf die stets vollkommene Fruchtbarkeit der Blendlinge, d. h. der durch Kreuzung verschiedener Rassen gleicher Art erzeugten Nachkommen, ein grosses Gewicht legen, doch gibt es auch hiervon einige Ausnahmen. Abgesehen von den Fällen, in welchen die Begattung verschiedener Rassen aus mechanischen Gründen unmöglich ist, scheinen sich nach den Beobachtungen zuverlässiger Thierzüchter gewisse Rassen nur schwierig zu kreuzen, ja sogar einzelne durch Zuchtwahl vom gemeinsamen Stanmie hervorgegangene Formen überhaupt nicht mehr fruchtbar zu begatten. Die von Europa aus in Paraguay eingeführte Hauskatze hat sich dort nach Rengger im Laufe der Zeit wesenthch verändert und eine entschiedene Abneigung gegen die Europäische Stammform gewonnen. Das europäische Meerschwein paart sich nicht mehr mit der brasiliani- schen Form, von der es wahrscheinlich abstammt. Das Porto-Santo- Lamarck uud Geoffroy, Saint-Hilaire. 49 Kaninchen, welches im 15. Jahrhundert von Europa aus übertragen wurde, hat sich in dem Grade verändert, dass seine Kreuzung mit mehreren andern Rassen nicht mehr gelingt. Wir können daher auch in Bezug auf Zeugung und Fortpflanzung behaupten, dass wohl ein bedeutender Unterschied, aber keine absolute Grenzlinie zwischen Art und Varietät besteht. Bei der offenbaren Schwierigkeit, den Artbegriff scharf zu definiren, waren schon am Anfange dieses Jahrhunderts angesehene und ausge- zeichnete Naturforscher, einerseits durch die fast ununterbrochene Stufen- reihe der Formen, andererseits durch die Resultate der künstlichen Züchtung zur Bekämpfung der herrschenden Ansicht von der Entstehung und von der Unabänderlichkeit der Arten veranlasst. Lamarck stellte bereits im Jahre 1809 in seiner Philosophie zoologiqne die Lehre von der Abstammung der Arten von einander auf, indem er die alimähligen Veränderungen zum kleinen Theil von den wechselnden Lebensbedingungen, grossentheils aber von dem Gebrauche und Xicht- gebrauche der Organe ableitete. Die Art und Weise seiner Erklärungs- versuche stützte sich freilich nicht auf eine streng ausgebildete und tiefer durchdachte Theorie, sondern mehr auf eine zum Theil recht grobe Anschauungsform, die in einzelnen Fällen geradezu lächer- y lieh erschien , in andern wohl möglich sein , niemals aber bewiesen werden konnte. So sollte z. B. die lange Zunge der Spechte und Ameisenfresser durch die Gewohnheit dieser Thiere entstanden sein, die Nahrung aus engen und tiefen Spalten und Oeffnungen hervorzuholen. Der Hals der Giraffe verdankte seine Länge dem beständigen Hinauf- recken nach dem Laube höherer Bäume. Die Schwimmhäute zwischen den Zehen bildeten sich in Folge der Schwimmbewegungen zahlreicher zum Wasserleben gezwungener Thiere. Neben der Anpassung legte Lamarck das grösste Gewicht zur Erklärung seiner Abstammungslehre auf die Vererbung, auf welche er die Aehnlichkeitsabstufungen der ein- zelnen Gruppen zurückführte. Das Auftreten der einfachsten Organismen erklärte er auf dem Wege der Urzeugung und nahm an, dass anfangs nur die aller einfachsten und niedrigsten Thiere und Pflanzen waren. Geoffroy Saint-Hilaire sprach als Verfechter der Idee von dem einheitUchen Organisationsplane aller Thiere vor seinem Gegner Cuvier im Jahre 1828 die Ueberzeugung aus, dass die Arten nicht von Anfang an in unveränderter Weise existirt hätten. Obwohl im Wesentlichen mit der Lehre La marck's von der Entstehung und Transmutation der Arten in Uebereinstimmung, schrieb er der eigenen Thätigkeit des Organismus für die Umbildung einen {geringem Einfluss zu und glaubte die Umbil- dungen durch die direkte Wirkung der Veränderungen der Aussenwelt (monde ambiant) erklären zu können. So sollten bloss durch Vermin- Claus, Zoologie. 2. Auflage. 4 50 Bedeutung des Systems. derung des Kohlensäure-Gehaltes in der Atmosphäre aus Eidechsen Vögel entstanden sein, indem, wie er sich dachte, der durch den grössern Sauerstoffgehalt gesteigerte Athmungsprocess eine höhere Bluttemperatur und energischere Muskel- und Nerventhätigkeit bewirkt habe, und die Schuppen zu Federn geworden seien. Endlich ist Göthe^) als geistvoller Anhänger der Transmuta- tionslehre zu nennen. Während derselbe in seinen naturwissenschaft- lichen Arbeiten (die Metamorphose der Pflanzen, Wirbeltheorie des Schädels, über den Zwischenkiefer des Menschen) von dem Gedanken erfüllt war , in der Mannichfaltigkeit der Erscneinungen die Einheit der Grundlage nachzuweisen, sprach er sich an zahlreichen Stellen seiner übrigen Schriften und Werke für die Umbildungen der organischen Formen und für die Einheit des Lebendigen aus ; doch blieben seine eben so schönen als bedeutenden Aussprüche mehr geistreiche Apercus , es fehlte ihnen das Fundament einer ausgebildeten auf Thatsachen ge- stützten Theorie. Auf die Ansichten dieser Forscher musste dann später die durch Lyell und Forbes herbeigeführte Umgestaltung der geologischen Grundanschauungen zurückzuführen. Anstatt durch die Cuvier'sche Lehre von gi'ossen Erdrevolutionen und aussergewöhnlichen, alles Leben vernichtenden Katastrophen, suchte Lyell (Principles of Geology) die geologischen Veränderungen aus den noch heute ununterbrochen und allmählig wirkenden Kräften mit Benutzung sehr bedeutender Zeiträume zu erklären. Indem die Geologen mit Lyell die Hypothese von zeit- weise erfolgten Störungen des gesetzmässigen Naturverlaufes aufgaben, mussten sie auch die Continuität des Lebendigen für die aufeinander folgenden Perioden der Erdbildung annehmen, und die grossen Ver- änderungen der organischen Welt auf kleine und langsam, aber während grosser Zeiträume ununterbrochen wirkende Einflüsse zurückzuführen 1) Von den bezüglichen Stellen, welche von E. Haeckel in gi-össerer Zahl zusammengestellt sind, mögen hier nur folgende angezogen werden. Alle Glieder bilden sich aus nach ew'gen Gesetzen, Und die seltenste Form bewahrt im Geheimen das Urbild. Also bestimmt die Gestalt die Lebensweise des Thieres Und die Weise zu leben, sie wirkt auf alle Gestalten Mächtig zurück. So zeiget sich fest die geordnete Bildung, Welche zum Wechsel sich neigt durch äusserlich wirkende Wesen. Aus „der Metamorphose der Thiere". Eine innere und ursprüngliche Gemeinschaft liegt aller Organisation zu- Grunde ; die Verschiedenheit der Gestalten dagegen entspringt aus den nothwen- digen Beziehungsverhältnissen zur Aussenwelt, und man dari daher eine ursprüng- liche, gleichzeitige Verschiedenheit und eine unaufhaltsame Umbildung mit Recht annehmen, um die ebenso constanten als abweichenden Erscheinungen begreifen zu können. Transmutationslehre. Ch. Darwin. 51 suchen. Die Veränderlichkeit der Art , die Entstehung neuer Arten aus älteren Stammformen im Laufe unendlicher Zeiträume wird demnach seit Lyell als nothwendiges Postulat von der Geologie in Anspruch ge- nommen, um auf natürlichem Wege ohne die Voraussetzung wiederholter Schöpfungsakte die Verschiedenheiten der Thiere und Pflanzen für die aufeinander folgenden Perioden zu erklären. Indessen bedurfte es einer besser begründeten und durch ein festeres Fundament gestützten Theorie, um der bereits durch Lamarck und Geoffroy Saint Hilaire vertretenen aber unbeachtet gebliebenen Transmutationshypothese grösseren Nachdruck zu verleihen, und es ist das Verdienst des grossen englischen Naturforschers Ch. Darwin, mit Benutzung eines umfassenden wissenschaftlichen Materiales für die Ent- stehung und Umwandlung der Arten eine Lehre begründet zu haben, welche in engem Anschlüsse an dieAnsichten Lamarck's undGeoffroy's und im Einklang mit den von Lyell aufgestellten Voraussetzungen so- wohl durch die Einfachheit des Princips als durch die objektive geistvolle und überzeugende Durchführung, trotz der Widersprüche zahlreicher Gegner, schon jetzt zu fast allgemeiner Anerkennung gelangt ist. Darwin 'j geht in seinem Versuche, die Descendenz und Transmutations- hypothese zu begi'Unden, von dem Gesetze der Erblichkeit aus, nach welchem sich die Charaktere der Eltern auf die Nachkommen übertragen. Jedoch besteht daneben eine durch die besondern Ernährungsverhältnisse bedingte Anpassung, eine beschränkte Variabilität der Formgestaltung, ohne welche die Individuen gleicher Abstammung identisch sein müssten. Mit der Vererbung des Gleichartigen verknüpft sich die individuelle Variation in den Eigenschaften der Nachkommen, und es entstehen auf diesem Wege Abänderungen, auf welche von Neuem das Gesetz der Vererbung Anwendung findet. Vornehmlich sind die Cultui-pflanzen und Hausthiere, deren Einzelwesen weit mehr variiren, als die im freien Naturzustande lebenden Geschöpfe, zu Abänderungen geneigt, und CuUurfähiylceit ist im Grunde nichts anderes, als die Fähigkeit, veränderten Bedingungen der Ernährung und Lebensweise den Organismus unterzuordnen und an- zupassen. Es beruht die künstliche Züchtung, durch welche es dem Menschen gelingt, mittelst zweckmässiger Auswahl bestimmte, seinen Bedürfnissen entsprechende Eigenschaften der Thiere und Pflanzen zu erzielen, auf der Wechselwirkung von Vererbung und individuellen Variation, beziehungsweise Anpassung, und es ist sehr wahrscheinlich, dass auf diesem Wege die zahlreichen Hausthierrassen in früheren Zeiten 1) Ch. Darwin, On the origin of species by means of natural selection. London 1859, übersetzt von Bronn. Stuttgart 18G0. Dasselbe bereits in fünfter Auflage. London 1869; ferner Ch. Darwin, das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication , übersetzt von V. Carus. Bd. I u.U. Stuttgart 1868. 4* 52 Selections- und Transmutationslehre. grossentheils unbewusst vom Menschen geschaffen sind, wie heutzutage mit Absicht neue Abarten in immer grösserer Zahl gezüchtet werden. Aber auch im Naturleben wirken cähnliche Vorgänge, um Abänderungen und Varietäten ins Leben zu rufen. Es gibt auch eine natürliche Züchtung, welche durch den Kampf der Organismen um die Existenz ins Leben gerufen, bei der Kreuzung eine natürliche Auswahl veran- lasst. Alle Thiere und Pflanzen stehen, wie bereits Decandolle und Lyell mit Scharfsinn erörtert haben, in gegenseitiger Mitbewerbung und ringen unter einander und mit den äussern Lebensbedingungen um ihre Erhaltung. Die Pflanze kämpft mit grösserm oder geringerm Glück gegen die Verhältnisse des Klimas, der Jahreszeit und des Bodens, sie entzieht durch tiberreiches Wachsthum anderen Pflanzen die Möglichkeit des Fortbestehens. Die Thiere stellen den Pflanzen nach und leben in gegenseitigem Vernichtungskriege; die Fleischfresser nähren sich grossen- theils von den Pflanzenfressern. Dabei sind alle bestrebt, sich in starkem Verhältnisse zu vermehren. Jeder Organismus erzeugt weit mehr Ab- kömmlinge als überhaupt bestehen können. Bei einer bestimmten Grösse der Fruchtbarkeit muss jede Art einer entsprechenden Grösse der Zer- störung ausgesetzt sein, denn fiele die letztere aus, so würde sich die Zahl ihrer Individuen in geometrischer Progression so ausserordentlich vermehren, dass keine Gegend das Erzeugniss ernähren könnte. Fiele umgekehrt der durch die Fruchtbarkeit, Grösse, besondere Organisation, Färbung etc. gegebene Schutz hinweg, so müsste die Art bald von der Erde verschwinden. Unter den verwickelten Lebensbedingungen und gegenseitigen Beziehungen ringen selbst die entferntesten Glieder (wie der Klee und die Mäuse) ums Dasein , aber der heftigste Kampf betrifft die Einzelwesen derselben Art, welche die gleiche Nahrung suchen und den gleichen Gefahren ausgesetzt sind. In diesem Kampfe aber werden diejenigen Individuen, welche durch ihre besonderen Eigenschaften am günstigsten gestellt sind, am meisten Aussicht haben, zu überdauern und ihres Gleichen zu erzeugen, also auch die der Art nützlichen Ab- änderungen fortzupflanzen und in den Nachkommen zu erhalten, be- ziehungsweise zu vergrössern. Wie die künstliche Züchtung eine durch die Vortheile des Menschen bestimmte, absichtliche Auswahl trifft, um allmählig merkliche Abänderungen zu schaffen, so führt die natürliche Züchtung in Folge des Kampfes um die Existenz zu einer natürlichen Auswahl, welche die der Thierart vortheilhaften Abänderungen ins Leben ruft. Da aber der Kampf ums Dasein zwischen den nächststehenden Lebensformen um so heftiger sein muss , je mehr sie sich gleichen , so werden die am meisten divergirenden die grösste Aussicht haben, fort- zubestehen und Nachkommen zu erzeugen, daher ist die Divergenz des Characters und das Erlöschen der Mittelformen nothwendige Folge. So werden durch Combinirung nützlicher Eigenschaften und durch Malthus Bevölkerungslelire. Wallace. 53 Häufung ursprünglich sehr kleiner vererbter Eigenthümlichkeiten immer weiter auseinander weichende Varietäten entstehen, was Darwin an freilich erdachten Beispielen nachzuweisen sucht, und es erklärt sich, wesshalb alles an den Organismen zweckmässig eingerichtet sein muss, um die Existenz auf die beste Weise sicher zu stellen. Die grosse Reihe von Erscheinungen, welche man bisher nur teleologisch umschreiben konnte, wird somit auf Causalverhältnisse, auf nothwendig wirkende Ursachen, zurückgeführt und in ihrem natürlichen Zusammenhange erklärt. Diese Lehre von der natürlichen Züchtung (ßelectionstheorie\ stützt sich einerseits auf die Wechselwirkung von Vererbung und An- passung, andererseits auf den tiberall in der Natur nachweisbaren Kampf ums Basein f und erscheint als das Fundament der Darwin'schen Theorie. In ihrem Grundgedanken eine Anwendung der Populationslehre von Malthus auf das Thier- und Pflanzenreich, wurde sie gleichzeitig mit Darwin auch von Wallace") entwickelt, von Darwin aber in der umfassendsten wissenschaftlichen Begründung durchgeführt. Freilich müssen wir eingestehn, dass die Züchtungslehre Darwin's, obwohl auf biologische Vorgänge und offenbar wirksame Gesetze des Naturlebens gestützt, doch weit davon entfernt ist, die letzten Ursachen und den physikalischen Zusammenhang für die Erscheinungen der Anpassung und Vererbung aufzudecken, da sie nicht die Gründe nachzuweisen vennag, wesshalb diese oder jene Variation als nothwendig bestimmte Folge veränderter Lebens- und Ernährungsbedingungen auftreten muss und wie sich die mannichfachen und wunderbaren Erscheinungen der Ver- erbung als Functionen der organischen Materie ergeben. Offenbar ist es eine e^M'as starke Uebertreihung, wenn begeisterte Anhänger die Theorie Darwin's Newton's Gravitationstheorie als ebenbürtig an die Seite setzen, weil »dieselbe auf ein einziges Grundgesetz, eine einzige wirkende Ursache, nämlich auf die Wechselwirkung der Anpassung und Vererbung« gestützt sei. Sie übersehen aber ganz und gar, dass es sich hier nur um den Nachweis eines mechanisch causalen Zusammenhangs zwischen hiologischen Erscheinungsreihen, nicht im entferntesten aber um eine chemisch-physikalische Erklärung handelt. Mögen wir immerhin be- rechtigt sein, die Erscheinungen der Anpassung auf Vorgänge der Ernährung und des Stoffumsatzes zu beziehn, die Erblichkeit eine, »physiologische Funktion« des Organismus zu nennen, so muss uns doch klar sein, dass wir zur Zeit diesen Erscheinungen gegenüberstehn, wie der Wilde dem Linienschiffe. Während uns die mannichfachen That- sachen der Vererbung vollkommen räthselhaft bleiben, sind wir wenigstens 1) Vergl. C. Haeckel, Natürliche Sehöpfungsberichie. Berliu 1868. pag. 23, 25 etc. 64 Selections- und Transmutationslehre. für gewisse Veränderungen der Organe zuweilen im Stande, uns in allgemeiner Umschreibung physikalische Gründe aus den veränderten Bedingungen des Stoffwechsels zu Recht zu legen; nur selten vermögen wir — wie im Falle der Wirkung des Gebrauchs und Nichtgebrauchs — in mehr direkter Weise die vermehrte oder verminderte Ernährung, also eine chemisch-physikalische Ursache, für die Vergrösserung oder Ver- kümmerung der Organe einzusehn. Man hat Darwin mit Unrecht vorgeworfen, dass er in seinem Erklärungsversuche für das Auftreten von Varietäten dem Zufall eine bedeutende Rolle einräume, das ganze Gewicht auf die Wechselver- kettungen der Organismen im Kampfe ums Dasein lege, dagegen den direkten Einfluss physikalischer Wirkung auf Formabweichungen unter- schätze. Dieser Vorwurf scheint mir jedoch aus einer unzureichenden Würdigung des ganzen Principes zu entspringen. Darwin sagt selbst, dass der öfter von ihm gebrauchte Ausdruck Zufall — für das Auftreten irgend welch' kleiner Abänderung — eine ganz incorrekte Ausdrucksweise sei, nur geeignet, unsere gänzliche Unwissenheit über die physikalische Ursache jeder besondem Abweichung zu bekunden. Wenn Darwin allerdings durch eine Reihe von Betrachtungen zu dem Schlüsse kommt, den Lebensbedingungen, wie Klima, Nahrung, für sich allein einen nur geringen direkten Einfluss auf Veränderlichkeit zuzuschreiben, da z. B. dieselben Varietäten unter den verschiedensten Lebensbedingungen ent- standen seien und verschiedene Varietäten unter gleichen Bedingungen auftreten, auch die zusammengesetzte Anpassung von Organismus an Organismus unmöghch durch solche Einflüsse hervorgebracht sein können, so erkennt er doch den primären Änlass zu geringen Abweichungen der Struktur in der veränderten Jßeschaffenheit der Nahrungs- und Lehensbedingungen; aber erst die natürliche Zuchtwahl häuft und ver- stärkt jene Abweichungen in dem Masse , dass sie für uns wahrnehmbar werden und eine in die Augen fallende Variation bewirken. Gerade auf der innigen Verknüpfung direkter physikalischer Einwirkung mit dem Erfolge der natürlichen Zuchtwahl beruht die ganze Stärke der Darwin'schen Beweisführung. Die Entstehung von Varietäten und Bässen, die sich mittelst der natürlichen Züchtung in ungezwungener Weise erklärt, ist aber nur der erste Schritt in den Vorgängen der stetigen Umbildung der Organismen. Wie langsam und allmählig auch der Process der Zuchtwahl wirken mag, so bleibt doch keine Grenze für den Umfang und die Grösse der Veränderungen, für die endlose Verknüpfung der gegenseitigen Anpas- sungen der Lebewesen, wenn man für die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl sehr lange Zeiträume in Anschlag bringt. Mit Hülfe dieses neuen Faktors der bedeutenden Zeitdauer, welche nach den Thatsachen der Geologie nicht von der Hand gewiesen werden kann und in unbe- Entstehung neuer Arten aus Varietäten. 55 grenztem Masse zur Verfügung steht, fallt die Kluft zwischen Varietäten und Arten hinweg. Indem die ersteren im Laufe der Zeit immer mehr auseinanderweichen — und je mehr sie das thun und in ihrer Orga- nisation differenzirt werden, um so besser werden sie geeignet sein, verschiedene Stellen im Haushalte der Natur auszufüllen, um so mehr an Zahl zuzunehmen — so gewinnen sie schUesslich die Bedeutung von Arten, welche sich im freien Naturleben nicht mehr kreuzen oder wenigstens nur ausnahmsweise noch Nachkommen erzeugen. Die Varietät ist daher nach Darwin beginnende Art. Varietät und Art sind durch continuirliche Abstufungen verbunden und nicht absolut von einander getrennt, sondern nur relativ durch die Grösse der Unterschiede in den morphologischen (Formcharakteren) und physiologischen (Kreuzungs- fähigkeit) Eigenschaften bezeichnet. Dieser Schluss Darwin's, die Uebertragung der Resultate der natürlichen Züchtung von Varietät auf Art, findet von Seiten der Gegner, welche meistens in den herkömmhchen Begriffen befangen, diesen die Erscheinungen des Naturlebens unter- ordnen, eine hartnäckige und oft erbitterte Bekämpfung. Wenn sie auch die Thatsachen der Variabilität nicht läugnen können und selbst denEinfluss der natürlichen Zuchtwahl auf Bildung von natürhchen Rassen zugestehen, so bleiben sie doch dem Glauben an eine absolute Scheide- wand zwischen Art und Abart treu. Wie wir aber bereits oben erörtert haben, sind wir faktisch nicht im Stande, eine solche Grenzlinie zu ziehen. Weder die QuaUtät der unterscheidenden Merkmale noch die Resultate der Kreuzung liefern uns entscheidende Criterien für Art und Abart. Die Thatsache aber, dass wir nicht im Stande sind, eine be- friedigende Definition für den ArtbegrifF festzustellen, dass wir Art und Varietät nicht scharf von einander abzugrenzen vermögen, fällt für die Zulässigkeit der Darwin'schen Schlussfolgerung um so schwerer in die Wagschale, als weder die Variabilität der Organismen und der Kampf um das Dasein, noch die sehr lange Zeitdauer für die Existenz des Lebendigen bestritten werden kann. Die Variabilität der Formen ist ein feststehendes Faktum, ebenso der Kampf ums Dasein. Gibt man aber diese beiden Faktoren zu, so folgt nothwendig die Wirksamkeit der natürlichen Züchtung wenigstens bis zur Bildung von Varietäten und Rassen, obwohl die direkte Beobachtung nicht einmal dies zu er- weisen im Stande ist. Denkt man sich nun aber denselben Process, welcher zur Entstehung von Varietäten führt, in einer immer grössern Zahl von Generationen fortgesetzt, während viel grösserer Zeiträume wirksam — und man wird in der Verwendung enormer Zeiträume um so weniger durch eine Grenze gebunden sein, als solche die Geologie zur Erklärung ihrer Erscheinungen fordert, — so werden sich die Ab- weichungen immer höher und zu dem Werthe von Artverschiedenheiten steigern. 56 Selections- und Transmutatiouslehre. Man wird indessen mit Recht fragen, wesshalb wir nun nicht die unzähligen Uebergänge, welche nach der Selectionstheorie zwischen Varietäten und Arten existirt haben, in der Natur aufzufinden im Stande sind und den Einwurf» erheben, dass unter den erörterten Voraus- setzungen statt der mehr oder minder wohl begrenzten Arten ein buntes Chaos von Formen zu erwarten sei. Da jedoch die natürliche Zucht- wahl ausserordentlich langsam und nur dann wirkt, wenn vortheilhafte Abänderungen auftreten, von den Abänderungen aber stets die diver- gentesten Glieder für den Kampf ums Dasein am günstigsten ausgerüstet sind, so werden die zahlreichen kleinen Zwischenstufen längst verschwun- den sein, wenn im Laufe der Zeit eine als solche erkennbare Varietät zur Entwicklung gelangt ist. Natürliche Zuchtwahl geht stets mit Ver- nichtung der Zwischenformen Hand in Hand und bringt durch den Ver- vollkomnmungsprocess nicht nur meist die Stammform, sondern sicher in allen Fällen die allmähligen Uebergänge der Reihe nach zum Er- löschen. Freilich sollte man wenigstens Reste von nähern oder ent- fernteren Mittelgliedern in den Ablagerungen der Erdrinde eingebettet finden, und diese sind auch in der That für einige Formen bekannt geworden. Dass wir nicht grössere und zusammenhängende Reihen continuirhch aufeinanderfolgender Abänderungen in umfassenderem Massstabe nachzuweisen im Stande sind, erklärt sich aus der grossen UnVollständigkeit der geologischen Urkunde, wie wir später näher be- gründen werden. Man sollte ferner tiberall da, wo auf zusammenhän- genden Ländergebieten in verschiedenen Breiten und Höhen, unter ab- weichenden geographischen Verhältnissen der Bodenbeschaffenheit und des Klimas verwandte Varietäten oder stellvertretende Arten, welche von gemeinsamer Stammform ausgegangen sind, nebeneinander leben, in den Grenzbezirken die Existenz von Mittelformen erwarten. In Wirk- lichkeit aber sind geographische Varietäten und vicariirende Arten gewöhnlich so vertheilt, dass sie an den Grenzen ihrer Verbreitungs- bezirke seltener w^erden und zuletzt ohne Zwischenformen ganz ver- schwinden, zuweilen kommen jedoch in den schmalen Grenzdistrikten Zwischenvarietäten in beschränkter Individuenzahl vor. Wir müssen jedoch berücksichtigen, dass viele jetzt zusammenhängende Gegenden in früheren Perioden, wie die Continente noch zur Tertiärzeit als Insel- gruppen, von einander gesondert waren, andere Gebiete durch schwer zu überschreitende Schranken hoher Gebirge und breiter Ströme in Regionen getheilt sind, in welchen der Verkehr für zahlreiche Organismen sehr gehemmt, die Ein- und Auswanderung schwer beweglicher Formen vollkommen abgeschnitten sein kann. Isolirung aber muss in hohem Grad die Entwicklung vicariirender Abänderungen und stellvertretender Arten in den getrennten Gebieten begünstigen, da die verschiedenen Lebensbedingungen die Verhältnisse der Concurrcnz im Kampfe ums ' Mangel der zahll. sen Mittelformen. Migration. 57 Dasein verändern, hingegen die Entstehung geographischer Mittel- formen ganz unmöglich machen. So bedeutend immerhin der Einfluss sein mag, den die räumliche Isolirung auf Entstehung von Varietäten und Arten ausübt, so erscheint dieselbe doch keineswegs, wie neuerdings M. Wagner') in seiner Migrationslehre darzuthun glaubte, als nothwendige Bedingung für den Erfolg der ZuchtwaJd. Allerdings kann nicht bestritten werden, dass sich die ersten unmerklich kleinen Abänderungen, welche den Anfang zur Entstehung einer Varietät bilden, im Kampfe mit einer lieber zahl von unveränderten Individuen befinden. Da aber ihre erworbenen Eigen- thümlichkeiten Nutzen gewähren, so werden sie sich auch ohne den Vortheil räumlicher Sonderung zu erhalten vermögen. Schon durch den hesondern Nutzen einer neu erworbenen Eigenschaft wird die Kreuzung mit den Individuen der Ueberzahl, wenn auch nicht gleich beseitigt, so doch beschränkt und die Eigenschaft allmählig über eine immer grössere Menge von Formen ausgebreitet und verstärkt. Hier vermag der Vor- theil der Eigenschaften an sich schon ganz allmählig auf Kreuzung einen ähnlichen Einfluss als die Separirung auszuüben. Für den Erfolg der künstlichen Züchtung erscheint allerdings die Sonderimg der Individuen unumgängliche Bedingung, indessen ist in diesem Falle der Schluss von der künstlichen auf die natürliche Zucht- wahl um so weniger zutreffend, als dort die für die Auswahl massgeben- den Eigenschaften von der Neigung und dem Nutzen des Menschen ab- hängen und keineswegs dem Thiere selbst Vortheil bringen. Aber auch noch andere Schwierigkeiten und Widersprüche 2) lassen sich für Wagner 's Auffassung nachweisen. Vor Allem würde schwer einzusehen sein, wie neue Varietäten und Arten auf demselben Baumgebiete in zeitlicher Aufeinanderfolge während allmähliger geographischer und klimatischer Veränderungen aus alten Arten hervorgehen könnten. Gerade ausgedehnte und zusammenhängende Gebiete sind für die rasche Erzeugung von Ab- änderung und für die Entstehung verbreiteter und zu einer langen Dauer befähigten Arten wegen der Mannichfaltigkeit der Lebensbedingungen besonders günstig. Auch treffen wir zuweilen in den Schichten ein und 1) Moritz Wagner, Die Darwin'sche Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen. Leipzig 1868. 2) MitReclit hat bereits Weismann in seinem Vortrag ^Ueber die Berecli- tigung der Darwin'schen Theorie* auf einen andern Widerspruch von Wagners (jrundanschauung hingewiesen. Auch durch die Wanderung eines einzigen Paares über schwer zu passirende Schranken kommt keine absolute Abschliessung gegen die Stammart zu Stande, da ja unter den Nachkommen desselben nur wenige die An- fänge zu neuen nützlichen Eigenschaften besitzen, die meisten mit der Stammform noch völlig übereinstimmen werden. Auch in diesem Falle wird ja durch die natürliche Züchtung und keineswegs durch Isolirung die Kreuzung mit einer Ueber- zahl von Individuen der Stammart verhindert. Ö8 Selections- und Transmntatioiislehre. derselben Ablagerung an der gleichen Oertlichkeit zusammengehörige Varietäten, ja selbst Reihen von Abänderungen an. Wir werden daher die Ansicht M. Wagner 's, dass die Bildung einer Varietät oder begin- nenden Art der Natur nur da gelingen könne, wo wenige Individuen die begrenzenden Schranken ihres Standortes überschreitend von nach- rückenden Artgenossen lange Zeit räumlich getrennt bleiben, als aus einer Ueberschätzung des W^erthes der Migration entsprungen zurück- weisen müssen. In noch grössern Zeiträumen werden sich die Arten bei gleich- zeitigem Erlöschen der Zwischenglieder und Aussterben mancher altern unter den neuen Verhältnissen des Kampfes um das Dasein nicht mehr entsprechend ausgerüsteten Arten so weit von einander entfernen, dass wir sie zu verschiedenen Gattungen stellen, in abermals grössern Zeit- räumen werden die von gleicher Abstammung herzuleitenden Gattungen nach dem Masse ihrer Verschiedenheiten in Gruppen zerfallen, welchen wir den Werth der Unterfamilie und Famihe zuschreiben , und so weiter werden sich diese in Unterordnungen und Ordnungen , die Ordnungen in Unterclassen und Classen zerspalten , mit denen wir endlich zur Haupt- abtheilung des Organisationsplans oder Typus gelangen. Werden wir somit zu der Anschauung geführt, dass die Abkömmhnge von ein und derselben sehr alten Art eine Classe bilden und unterstellen wir mit Darwin weiter, dass nur sehr wenige der ältesten Species Abkömmlinge hinterlassen haben, so wird es begreiflich, warum in jeder Hauptabtheilung nur wenige Classen zu unterscheiden sind. Aber auch die verschiedenen Stammformen der Classen führen schliesslich in der aller frühesten Zeit der Existenz organischen Lebens auf denselben Ausgangspunkt zurück, und es waren ursprünglich sehr einfache Grundformen, aus deren Nach- kommenschaft der Gesammtinhalt der Typen entsprungen ist. Da aber auch die verschiedenen Baupläne durch mannichfaltige vornehmlich die einfachem Glieder verbindenden Uebergangsformen mehr oder minder eng verknüpft sind, so wird sich die Zahl der ursprünglich vorhandenen Grundformen vielleicht auf die Einheit reduciren, und mögUcherweise bei dem Zusammenhang zwischen Thier- und Pflanzenreich die ungeformte contractile Substanz, Sarcode und i'rotoplasraa, der Ausgangspunkt alles organischen Lebens gewesen sein. So hat denn nach Darwin die Art die Bedeutung einer selbständig geschaffenen und unveränderlichen Einheit verloren und erscheint in dem grossen Entwicklungsgesetz als ein vorüber- gehender auf kürzere oder längere Zeitperioden beschränkter und veränderlicher Formenkreis, als der Inbegriff der Zeugungskreise, welche bestimmten Existenzbedingungen entsprechen und unter diesen eine ge- wisse Constanz der wesentlichen Merkmale bewahren. Die verschiedenen Kategorien des Systems bezeichnen den näheren oder entfernteren Grad der Blutsverwandtschaft, und das System ist der Ausdruck der genea- Mangel des directen Beweises für dieselbe. 59 logischen auf Abstammung gegründeten Verwandtschaft. Dasselbe muss aber i als eine lückenhafte und unvollständige Stammtafel erscheinen, da die ausgestorbenen Urahnen der Organismen unserer jetzigen Periode aus der geologischen Urkunde nur sehr unvollkommen zu er- schliessen sind, unzählige Zwischenglieder fehlen, und vollends aus den ältesten Zeiten keine Spuren organischer UebeiTeste erhalten sind. Nur die letzten GUeder des unendlich umfassenden und verästelten Stammbaumes stehen uns in ausreichender Zahl zur Verfügung, nur die äussersten Spitzen der Zweige sind vollständig erhalten, während von den zahllosen auf das mannichfaltigste ramificirten Zweigen und Aestchen nur hier und da ein Knotenpunkt erkannt wird. Daher erscheint es bei dem gegenwärtigen Stande unserer Erfahrungen ganz unmöglich, eine hinreichend sichere Vorstellung von diesem natürlichen Stamm- baum der Organismen zu gewinnen, und wenn wir auch in E. Haeckels genealogischen Versuch die Umsicht und Kühnheit des Gedankengangs bewundern, so müssen wir doch zugestehn, dass zur Zeit im Einzelnen einer Unzahl von Möglichkeiten freier Spielraum bleibt, und das sub- jektive Ermessen anstatt das objektiven Thatbestandes zu sehr in den Vordergrund tritt. Wir werden uns daher vorläufig mit einer unvollständig erkannten mehr oder minder künstlichen Anordnung begnügen , obwohl wir im Stande sind, theoretisch den Begriff des natürlichen Systemcs festzustellen. Wenn wir die Beweisgründe der Darwin' sehen Selectionstheorie und der auf dieselbe gegründeten Transmutationstheorie einer Kritik unterziehen, so kommen wir sehr bald zu der Ueberzeugung, dass eine direkte Beweisführung zur Zeit und vielleicht überhaupt für die Forschung unmöglich ist, da sich die Lehre auf Voraussetzungen stützt, welche der Controle der direkten Beobachtung entzogen sind. Während nämlich für die Umwandlungen der Formen unter natürlichen Lebensbedingungen Zeiträume gefordert werden, die auch nicht annähernd menschlicher Beobachtung zur Verfügung stehen, sind anderseits die bestimmten und sehr complicirten Wechselwirkungen, welche im Naturleben die Lebens- formen im Sinne der natürlichen Züchtung zu verändern bestreben, nur im Allgemeinen abzuleiten, im Einzelnen aber so gut als unbekannt. Auch entziehen sich die in der freien Natur lebenden unter dem Ein- flüsse der natürlichen Züchtung stehenden Thiere und Pflanzen dem Experiment des Menschen vollständig und die verhältnissmässig wenigen Formen, welche der Mensch früher oder später in seine volle Ge- walt gebracht hat, sind durch die Jcünstliche Zuchtwahl verändert und umgestaltet. Die Wirkung der natürlichen Züchtung im Sinne Darwin' s ist daher überhaupt nicht direkt zu beweisen, sondern nur an erdachten Beispielen zu beleuchten und wahrscheinlich zu machen. Immerhin geben uns die Resultate der künstlichen Züchtung, die zahlreichen 60 Selections- und Transmutationslehre. und bedeutenden Umgestaltungen'), durchweiche die Culturerzeugnisse in so manichfacher Weise den Bedürfnissen des Menschen angepasst wurden, um so werthvollere Hinweisungen, als es sich ja auch hier um natürliche, das heisst aus der Natur des Organismus zu erklärende Anpassungen der Form an die veränderten Lebensbedingungen handelt. Wir werden daher der ISelectionstheorie in ihrem Cardinalpunkte, welcher die Entstehung von Arten aus Varietäten betrifft, doch nur die Bedeutung einer Hypothese zugestehen können. Für den Werth derselben aber besitzen wir einen Prüfstein in den Thatsachen und Er- scheinungen des Naturlebens. Je besser und befriedigender sich dieselben nach der zu Grunde gelegten Hypothese erklären lassen, um so grösser wird die wissenschaftliche Berechtigung derselben sein, um so mehr werden wür zu ihrer Annahme gedrängt werden. Auf diesem Wege der deduktiven Erörterung lässt sich zunächst darthun, dass die gesammte Wissenschaft der Morphologie ein langer und eingehender Wahrscheinlichkeitsbeweis für die Richtigkeit der Trans- mutationslehre ist. Die aufUebereinstimmung in wichtigen oder gering- fügigen Merkmalen gegründeten Aehnlichkeitsabstufungen der Arten, welche man schon längst metaphorisch mit dem Ausdruck »Verivandt- schaft« bezeichnete, haben wie bereits dargelegt wurde zur Aufstellung der sys^^ematischen Kategorien geführt, von denen die höchste, Kreis oder Typus, die Gleichheit in den allgemeinsten auf die gegenseitige Lagerung der Organe bezüglichen Eigenschaften er'ordert. Die Uebereinstimmung zahlreicher und mannichfaltiger Thiere in dem allgemeinen Plane der Organisation, wie z.B. der Fische, Reptilien, Vögel und Säugethiere in dem Besitze einer festen die Axe des Körpers durchsetzenden Säule, zu welcher die Centraltheile des Nervensystems rückenständig, die Organe der Ernährung und Fortpflanzung bauchständig liegen, erklärt sich sehr gut nach der Selections- und Descendenztheorie aus der Abstammung aller Wirbelthiere von einer gemeinsamen die Charaktere des Typus be- sitzenden Stammform , während die Vorstellung von einem Plane des Schöpfers auf eine Erklärung überhaupt Verzicht leistet. In gleicherweise gewinnen wir ein Verständniss für die Gemeinsamkeit der Charaktere, durch w^elche sich die übrigen Gruppen und Untergruppen von der Classe an bis zur Gattung auszeichnen und sehen die Ursache ein, wess- halb wir im Stande sind , eine Subordination aller organischen Wesen in Abtheilungen unter Abtheilungen auszuführen, da die von einem Urahnen abstammenden und abgeänderten Nachkommen bei der fort- schreitenden Divergenz der Charaktere und der beständigen Unter- drückung der minder divergenten und minder verbesserten Formen in 1) Vergl. Darwin. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication, L'eberse'zt von V. Carus. I und II Band. Stuttgart 1868. Die Morphologie als Wahrscheinlichkeitsbeweis- Gl Gruppen und Untergruppen zerfallen müssen. Wie sich aber die Be- dingungen der Classification aus der gemeinsamen Abstammung ableiten lassen, so erklären sich auch die Schivierigleiten derselben aus der An- nahme, dass die Charaktere enger Verwandtschaft von gemeinsamen Ahnen vererbt sind, dass die Nähe der Bhitverwandtschaft und nicht ein unbe- kannter Schöpfungsplan das unsichtbare Band ist, welches die Organis- men in verschiedenen Stufen der Aehnlichkeit verkettet. Die Systematiker der alten Schule, welche das Ideal eines Systemes in der scharfen Umgrenzung aller Gruppen erkannten, pflegten darüber bittere Klage zuführen, dass sie so oft mit paradoxen Zwischenformen und unbegreiflichen Uebergangsstufen von der Natur »vexirt« würden. Dagegen erscheinen nach der Desceudenzlehre die Mängel einer scharf gegliederten Classi- ficirung durchaus verständlich. Unsere Theorie fordert sogar die Existenz von Uebergangsformen zwischen den Gruppen näherer und entfernterer Verwandtschaft und erklärt aus dem Erlöschen zahlreicher nicht genü- gend ausgerüsteter Typen im Laufe der Zeit, dass gleichwerthige Gruppen einen so sehr verschiedenen Umfang haben und oft nur durch ganz vereinzelte Formen repräsentirt sein können, dass wir zuweilen gezwungen sind, für eine einzige noch lebende Art (^Amphioxus lanceolatus) oder Gattung {Limulus) eine Gruppe vom Werthe einer Ordnung oder gar Classe aufzustellen. Auch für die mannichfachen und bedeutenden Abweichungen zwischen männlichen und weiblichen Individuen, sowie für das Vorkommen eigenthümlich gestalteter zu besondern Leistungen ausgerüsteter Indi- viduengTuppen (Arbeiter) neben den Geschlechtsformen finden wir eine sehr ansprechende Erklärung in der natürlichen Zuchtwahl und den besondern Bedürfnissen der Anpassung. Die sexuellen Charaläere können sich zuweilen in dem Masse steigern, dass sie zu wesentlichen und tief- greifenden Modifikationen des Organismus, zu einem Dimorphismus im Kreise derselben Art führen (Zwergmännchen der Lernaeen, Rotiferen). In dem Kampfe zwischen den Männchen um den Besitz der Weibchen werden die am meisten durch die Organisation (Stärke, besonders Wafien, Stimmproduktion, Schönheit) bevorzugten Individuen siegreich sein, von den Weibchen aber werden im Allgemeinen diejenigen ihre Aufgabe am besten erfüllen, welche die für das Gedeihen der Nach- kommenschaft besonders günstigen Eigenschaften besitzen. Indessen können auch auf mehr passivem Wege Verschiedenheiten in der Zeit- dauer der Entwicklung, in der Art des Wachsthums etc. unter den besondern Lebensverhältnissen der Art Nutzen bringen (Zwergmännchen). In ganz ähnlicher W'eise verhält es sich nun überhaupt mit all' den unzähligen Thatsachen, welche die vergleichende Anatomie (die Wissenschaft, welche als ein Theil der Morphologie die Verschieden- heiten der Organsysteme bis ins Einzelne auf Modifikationen desselben 62 Selections- und Transmutationslehre. Gesetzes zurückzuführen strebt und die Abstufungen der natürlichen Gruppen begründet) zu Tage gefördert hat. Betrachten wir beispielsweise die Bildung der Extremitäten oder den Bau des Gehirnes bei den Wirbelthieren, so finden wir trotz der grossen, zuweilen reihenweise sich abstufenden Verschiedenheiten eine gemeinsame Grundform, die aber in den Besonder- heiten ihrer Theile, entsprechend den jedesmaligen Leistungen und An- forderungen der Lebensweise , in den einzelnen Abtheilungen auf das Mannichfaltigste modificirt und in geringerm oder höherm Masse diffe- renzirt erscheint. Der Flosse der Wale, dem Flügel des Vogels, dem Vorderbeine des Vierfüssler und dem Arme des Menschen liegen nach- weisbar dieselben Knochenstücke zu Grunde, dort verkürzt und ver- breitert in unbeweglichem Zusammenhang, hier verlängert und nach Massgabe der Vei'wendung in verschiedener Art gegliedert, bald in vollkommener Ausbildung aller Theile, bald in dieser oder jener Weise vereinfacht und theilweise oder völlig verkümmert. Das so verbreitete Vorkommen rudimentärer Organe welches der Schöpfungslehre ein Räthsel bleibt, erklärt sich nach der Selectionstheorie in befriedigender Weise aus dem Nichtgebrauch. Durch Anpassung an besondere Lebens- dingungen sind die früher arbeitenden Organe ganz allmählig oder auch wohl plötzlich ausser Funktion gesetzt und in Folge der mangelnden üebung im Laufe der Generationen immer schwächer geworden bis zur totaler Verkümmerung und Rückbildung. Dass die rudimentären Organe im Haushalte des Organismus überhaupt nutzlos') wären, lässt sich 1) Die Haeckel'sche Definition der rudimentären Organe als Theile des Körpers, die für einen bestimmten Zweck eingerichtet und dennoch ohne Funktion sind, ist aus doppeltem Grunde verfehlt. Einmal ist sie eine teleologische im Widerspruche mit der Polemik desselben Autors gegen die Teleologie, dann aber ist so auch unrichtig, weil rudimentäre Organe sehr häufig eine nachweisbare Funktion besitzen. So ist denn auch die auf diese falsche Definition gegründete Lehre Haeckel's von derD?/sfeüeoZo^ie(L'nzweckmSssigkeitslehre) eine verfehlte zu nennen, um somehr als der Verf. mit sich selbst in Widerspruch geräth. Aus der Lehre der natür- lichen Züchtung folgt mit Nothwendigkeit, dass die Einrichtungen, die im Kampfe ums Dasein Bestand leisten, von Nutzen und desshalb zweckmässig für den Organismus sind. Wenn wir freilich zuweilen zu der Vorstellung geführt werden, es könnte Manches noch besser und zweckmässiger sein, oder sei gar unzweckmässig, so beruht dieselbe offenbar auf unserer einseitigen Betrachtungsweise und unvoll- ständigen Einsicht des Naturzusammenhanges. Oft erscheinen uns auf den ersten Blick Organstummel unnütz, während wir bei näherer Betrachtung ihren Nutzen einsehen oder wenigstens wahrscheinlich machen können, wie bei der Afterklauen der Riesenschlangen, dem Brustbeinrudiment der Blindschleiche, den Zahnrudimeuten im Embryonalleben der Widerkäuer und Wale. In andern Fällen sehen wir den Nutzen rudimentärer Theile nicht ein, wie z. B. bei dem unter der Haut verborgenen Augenrudiment der Höhlenbewohner und sind desshalb geneigt, ihr Vorhandensein überhaupt für uuzweckmässig zu erklären, vergessen dann aber ganz, abgesehen Bedeutung rudimentärer Organe. 65 durchaus nicht für alle Fälle behaupten, im Gegenthcil haben die- selben oft eine andere wenn auch schwierig nachweisbare Nebenfunktion (der primären Funktion gegenüber) für den Organismus gewonnen. So treffen wir z, B. bei einigen Schlangen (Riesenschlangen) zu den Seiten des Afters, kleine mit je einer Klaue versehene Hervor- ragungen, ÄfterMauen, an. Dieselben entsprechen abortiv gewordenen Extreniitätenstumraeln und dienen nicht etwa wie die Hinterbeine zur Unterstützung der Lokoraotion, sondern sind wenigstens im männ- lichen Geschlecht Hülfswerkzeuge der Begattung. Die Blindschleichen besitzen trotz des Mangels von Vorderbeinen ein rudimentäres Schulter- gerüst und Brustbein vielleicht im Zusammenhang mit dem Schutzbe- dürfniss des Herzens oder eines Nutzens bei der Respiration. Wenn wir sehen, dass sich im Foetus vieler Wiederkäuer obere Schneidezähne entwickeln , die jedoch niemals zum Durchbruch gelangen, dass die Em- brj'onen der Bartenwale in ihrem Kiefer Zahnrudimente besitzen, die sie bald verlieren und nie zum Zerkleinen der Nahrung gebrauchen , so liegt es weit näher, diesen Gebilden eine Bedeutung für das Wachsthum der Kieler zuzuschreiben, als sie für durchaus nutzlos zu halten. Die Flügelnidimente des Pinguins werden als Ruder verwendet, die der Strausse zur Unterstützung des Laufes und wohl als Waffen zur Yer- theidigung, die Flügelstummel des Kiwis dagegen scheinen uns be- deutungslos. Ebenso sehen wir den direkten Nutzen nicht ein , welchen von der Haut bedeckte Augenrudimente unterirdisch lebenden Thieren gewähren, da sie niemals sehen können, indessen liegt hier wie in andern ähnlichen Fällen die Anschauung nahe, dass die Erhaltung des wenn auch noch so sehr reducirten Organes an sich unter veränderten Lebens- verhältnissen für neue Anpassungen sehr bedeutungsvoll werden kann. Uebrigens wird man, da der Nutzen der Eigenschaften von dem Princip der natürlichen Züchtung gefordert wird, diesen schon in der Reduktion des nicht gebrauchten Organs erkennen und auf die Erscheinungen der "Vererbung, des conservativen Faktors der natürlichen Züchtung, als Hinderniss für die völlige Beseitigung des Ueberrestes hinzuweisen berechtigt sein. Auch die Resultate der EnUcicMiingsgeschichte d.h. der individuellen Entwicklung vom Ei bis zur ausgebildeten Form, in welcher die moderne Forschung schon seit Jahrzehnten den Schlüssel zum Verständniss der Systematik und vergleichenden Anatomie zu suchen gewohnt ist, von der UnvoUkommenheit unserer Einsicht, dass in der natürlichen Züchtung neben der Anpassung auch die Vererbung eine Rolle spielt und die völlige Be- seitigung gewisser Charaktere sehr schwierig, unter Umstünden vielleicht unmöglich macht. Wir müssen daher in solchen Fällen folgerichtig in der Thatsache der Rückbildung und Verkümmerung die Zweckmassigkeit erkennen und dürfen nicht etwa in dem Vorhandensein des Restes eine üuzweckmässigkeit suchen. 64 Selections- und Transmutationslehre. Stimmen durchaus zu den Unterstellungen und Schlüssen derDarwin'schen Selections- und Bescendenzlehre. Schon die Thatsache, dass die zu einem sog. Bauplan gehörigen Thiere in der Regel sehr ähnhche aus derselben Anlage hervorgegangene Embryonen haben und dass der Verlauf der Entwicklungsvorgänge überhaupt — von einigen bemerkenswerthen Ausnahmen abgesehen — eine um so gi-össere Uebereinstimmung zeigt, je näher die systematische Verwandtschaft der ausgebildeten Formen ist, unterstützt die Annahme gemeinsamer Abstammung und die Voraussetzung verschiedener Ab- stufungen der Blutsverwandtschaft in hohem Grade. Sind in der That die engern und weitem Kreise, welche systematischen Gruppen ent- sprechen genetisch auf nähere und entferntere Grundformen zu be- ziehen , so wird auch die Geschichte der individuellen Entwicklung um so mehr gemefnsame Züge enthalten, je näher sich die Formen der Abstammung nach stehen. Freilich gibt es zahlreiche und oft sehr bedeutende Ausnahmen von diesem im Allgemeinen gültigen Gesetze, aber auch diese werden bei näherer Betrachtung zu mächtigen Stützen der Darwin'schen Lehre. Wir haben nicht selten die Thatsache zu con- statiren, dass die nächsten Verwandten in ihrer individuellen Ent- wicklung einen sehr differenten Gang nehmen, indem sich die einen mittelst Metamorphose oder gar Generationswechsel, die andern in direkter Continuität ohne provisorische Larvenstadien ausbilden und beiden Entwicklungsweisen nicht unbeträchtliche Abweichungen der Embryonal- bildung parallel gehn (Verschiedene Quallengattungen. Distomeen — Poly- stomeen. Süsswasserkrebse — Marine Decapoden etc.). Andererseits be- obachten wir, dass bedeutender abweichende und unter sehr verschiedenen Existenzbedingungen stehende Thiere, in ihrer postembryonalen Entwicklung bis zu einer frühem oder spätem Zeit ausserordentlich übereinstimmen (frei lebende Copepoden, Schmarotzerkrebse, CiiTipedien). Diese können aber widerura, wofür dasselbe Beispiel Geltung hat, in der Bildungsweise des Fötus innerhalb der Eihüllen weit differiren, indem bei den einen der Embryonalleib in allseitiger Begrenzung, bei den andern von einseitig angelegtem Primitivstreifen aus seine Entstehung nimmt. Und so haben wir mehrfache Beispiele, dass sich die Entwicklungsweise des Embryos von der allgemein gültigen des bestimmten Typus entfernt, dagegen an die anderer Typen anlehnt, wie unter den Wirbelthieren bei Ämphioxus, dessen erste Embryonalbildung mit der von Äscidien, Coelenteraten, Echinodermen übereinstimmt. Alle diese Fälle aber erklären sich theils aus den im Einzelnen abzuleitenden P>scheinungen der Anpassung, die nicht nur in dem Stadium der geschlechtsreifen Form, sondern in jeder Entwicklungsperiode des Lebens ihren Einfluss ausübt und Veränderungen bewirkt, die sich in correspondirenden Altersstufen vererben, theils weisen sie auf den genetischen Zusammenhang sehr entfernt stehender Bedeutung der Entwicklungsgeschichte des Individuums, 65 Kreise, selbst auf den gemeinsamen Ausgangspunkt verschiedener Typen hin. Die mannichfachen und wundervollen Erscheinungen der Metamor- phose liefern zahlreiche Belege für die Thatsache, dass die Anpassungen der Jugendformen an ihre Lebensbedingungen ebenso vollkommen als die des reifen Thieres sind; durch dieselben wird es sehr wohl verständlich, wesshalb zuweilen Larven mancher zu verschiedenen Ordnungen gehörigen Insekten untereinander eine grosse Aehnlichkeit haben , die Larven von Insekten derselben Ordnung dagegen sehr unähnlich sein können. ^Venn sich im Allgemeinen, wie bereits oben dargelegt wurde, in der Ent- wicklung des Individuums ein Fortschritt von einfacherer und niederer zu complicirterer , durch fortgesetzte Arbeitstheilung vollkommenerer Organisation ausspricht — und wir werden zu diesem Vervollkomm- nungsgesetz der individuellen Entwicklung in dem grossen Gesetz fort- schreitender Vervollkommung für die Entwicklung der Gruppen eine Parallele kennen lernen — so kann doch in besondem Fällen der Ent- wicklungsgang zu mannichfachen Rückschritten führen, sodass wir das reife Thier für tiefer stehend und niederer organisirt erklären als die Larve. Auch diese als »regressive Metamorphose« bekannte Erscheinung , wie wir sie bei xmrasitisclien Crustaceen nnd den Cirri- pedien finden, stimmt zu den Anforderungen der Züchtungslehre vor- trefflich , da auch die Rückbildung und selbst der Verlust von Theilen unter vereinfachten Lebensbedingungen bei erleichtertem Nahrungs- erwerb (Parasitismus) für den Organismus von Vortheil sein kann. So führt uns auch die Entwicklungsgeschichte des Individuums zu den rudimentären Organen zurück , deren Auftreten bereits vorher durch die Würdigung der anatomischen Unterschiede verwandter Artengruppen in ähnlicher Motivirung beleuchtet worden war. Aber auch noch eine andere Betrachtungsweise ist geeignet, die Thatsachen der Entwicklungsgeschichte als Beweisgründe für die Descen- denzlehre ins rechte Licht zu setzen. An zahlreichen Beispielen last sich der Nachweis führen, dass sich in den aufeinander folgenden Entwicklungs- phasen des Fötallebens Züge der einfachem und tieferstehenden sowie der vollkommener organisirten Gruppen desselben Typus wiederspiegeln. In den Fällen einer complicirten freien Entwicklung mittelst Metamorphose, deren Auftreten in der Regel mit einer ausserordentlichen Vereinfachung der fötalen Entwicklung innerhalb der Eihüllen verknüpft ist, wird die Beziehung aufeinander folgender Larvenstadien zu den verwandten engeren Formkreisen des Systemes, zu den verschiedenen Gattungen, Familien und Ordnungen direkter und zutreffender. Gewisse frühe Embryonalstadien der Säugethiere wiederholen Bildungen, die zeitlebens bei niedern Fischen fortdauern, spätere Zustände zeigen Organisationseigenthflmlichkeiten, welche persistenten Einrichtungen der Amphibien entsprechen. Claus, Zoologie. 2. Auflage. ä 66 Selections- und Transrautati onslehre. Die Metamorphose des Frosches beginnt mit einem Stadium, welches in Form, Organisation und Bewegungsweise an den Fischtypus anschliesst und führt durch zahlreiche Larvenphasen hindurch, in welchen sich die Charaktere der anderen Amphibienordnungen (Perennibranchiaten, Sala- mandrinen) und einzelner Familien und Gattungen derselben wieder- holen. Das Gleiche gilt vielleicht in noch höherem Masse für die Metamorphose der Crustaceen im Allgemeinen und die der Copepoden im Besondern. Die unbestreitbare Aehnlichkeit zwischen aufeinander- folgenden Stadien in der Entwicklungsgeschichte des Individuums und verwandter Gruppen des Systemes berechtigt uns eine Parallele zu constatiren zwischen der Entwicklungsgeschichte des Individuums und der Entwicklungsreihe der Arten, welche freilich in den Be- ziehungen der systematischen Gruppen einen höchst unvollkommenen Ausdruck findet und erst aus der Urgeschichte, für die uns die Palä- ontologie bislang nur dürftiges Material lieferte, erschlossen werden kann. Diese Parallele, die natürlich im Einzelnen gar mancherlei grössere und geringere Abweichungen zeigt, erklärt sich aus der Descendenzlehre, nach welcher, wie dies von Fr. Müller') so trefflich erörtert wurde, die EntivichlungsgescMclite des Individuums als eine kurze und ver- einfachte Wiederholung, gewissermassen als eine Recapitulation des EntwicMungsganges der Arten erscheint. Die in der Entwicklungs- geschichte des Individuums erhaltene geschichtliche Urkunde muss oft wegen der mannichfachen und zahlreichen Anpassungen während des jugendlichen, beziehungsweise Larvenlebens mehr oder minder verwischt und undeutlich werden, Ueberall da, wo die besondern Bedingungen im Kampfe um die Existenz eine Vereinfachung als nützlich erfordern, wird die Entwicklung einen immer geradern "Weg vom Ei zum fertigen Thiere einschlagen und in eine frühere Lebenszeit bis schliesslich ins Eilebeu zurückgedrängt werden, und durch den gänzlichen Ausfall der Metamor- phose eine Unterdrückung der geschichtlichen Urkunde eintreten. Da- gegen wird sich in den Fällen mit allmählig vorsclireitender Verwandlung, mit stufenweise sich verändernden und unter 2) ähnlichen oder gleichen Existenzbedingungen lebenden Jugendzuständen die Urgeschichte der Art minder unvollständig') in der des Individuums wiederspiegeln. Gegenüber den Thatsachen der Morphologie ergeben sich aus der 1) Fr. Müller: Für Darwin. Leipzig 1864. 2) Bei Larvenzuständen, die unter ganz besonderen und sehr abweichenden Lebensbedingungen stehen, liegt die Annahme einer erst secundär erworbenen An- passung nahe. Vgl. z. B. die Metamorphose von Sitaris und zahlreicher anderen Insekten. 3) Vergleiche die Entwicklung von Peneus, welche unter der Voraussetzung, dass die von Fr. Müller als jüngstes Larvenstadium beschriebene Naupliusform wirklich in die Entwicklungsreihe von Peneus gehört, ein solches Beispiel liefert. Thatsachen der geographischen Verbreitung. 67 Betrachtung der geographischen Verbreitung für unsere Theorie grosse Schwierigkeiten, vornehmlich weil die Erscheinungen äusserst verwickelt und unsere Erfahrungen noch viel zu beschränkt sind, um die Aufstellung durchgreifender allgemeiner Gesetze möglich zu machen. Wir sind noch weit davon entfernt, uns ein nur annähernd vollständiges Bild von derVertheilung der Thiere über die Erdoberfläche entwerfen zu können und müssen vor Allem unsere völlige Unwissenheit über alle Folgen der klimatischen und Niveauveränderungen, welche die verschiedenen Ländergebiete in der Jetztzeit erfahren haben, ebenso unsere Unkenntniss der zahlreichen und ausgedehnten, durch die mannichfachsten Transportmittel unterstützten Wanderungen von Thieren und Pflanzen eingestehn. Gleichwohl lassen sich die wichtigsten Erscheinungen der geographischen Verbreitung nach der Selectionstheorie unter der Voraussetzung eingetretener Wanderungen recht gut erklären. Zunächst fällt die Thatsache schwer ins Gewicht, dass weder Aehn- lichkeit noch Unähnlichkeit der Bewohner verschiedener Gegenden allein aus den klimatischen und physikalischen Verhältnissen erklärlich ist, dass hin- gegen die Grösse der Verschiedenheit mit dem Grade der räumlichen Abgrenzung, mit den Schranken und Hindernissen, welche freier Wan- derung entgegen treten, in engem Zusammenhange steht. Alte und neue Welt, mit Ausschluss des nördlichsten polaren Gebietes vollkommen getrennt, haben eine wesentlich verschiedene Fauna und Flora, obwohl in beiden rücksichtlich der klimatischen und physikalischen Lebens- bedingungen unzählige Parallele bestehen, welche das Gedeihen der nämlichen Art in gleicher Weise fördern würden. Vergleichen wir die Länderstrecken von Südamerika mit entsprechend gelegenen Gegenden gleichen Klimas von Südafrika und Australien, so treffen wir drei ganz abweichende Faunen und Floren, wie sie kaum unähnlicher gedacht werden können, während die Naturprodukte in Südamerika unter ver- schiedenen Breiten und ganz abweichenden klimatischen Bedingungen nahe verwandt erscheinen. Hier wechseln im Süden und Norden Organismengruppen , die zwar der Art nach verschieden , aber doch den gleichen oder nahe verwandten Gattungen mit dem eigenthümlichen eben für Südamerika charakteristischen Gepräge angehören, »Die Ebenen der Magellanstrasse sind von einem Nandu {Ehea Americana) bewohnt und im Norden der Laplata-Ebene wohnt eine andere Art derselben Gattung, doch kein echter Strauss {Striithio) oder Emu {Bromajiis), welche in Afrika und beziehungsweise in Neuholland unter gleichen Breiten vorkommen. In denselben Laplataebenen finden sich das Aguti (Dasyproctd) und die Viscache (Lagostomus), zwei Nagethiere von der Lebensweise unserer Hasen und Kaninchen und mit ihnen in die gleiche Ordnung gehörig, aber einen rein amerikanischen Organisationstypus bildend. Steigen wir zu dem Hochgebirge der Cordilleren heran, so 68 Selections- und Transmutationslehre. treffen wir die Berg-Viscache (Lagidium); sehen wir uns am Wasser um, so finden wir zwei andere Südamerikanische Typen, den Coypu {Myopotamiis) und Capybara [Hydrochoerus) statt des Bibers und der Bisamratte«. Nach dem allgemeinen Gepräge ihrer Land- und Süsswasser- bewohner wird die Erdoberfläche vielleicht am besten in acht Pro- vinzen *) eingetheilt, welche sich räumlich durch Scliranken ausgedehnter Meere oder hoher Gebirgsketten, weiter Sandwüsten etc. abgrenzen. Diese Provinzen sind 1) die circumpolare für die nördlichste Erdhälfte. 2) die paläarMische für den Norden der alten Welt : Europa, Nordasien bis Japan. 3) die mediterrane oder Mittelmeerprovinz, welche den Süd- abhang von Europa und Nordrand von Afrika nebst Kleinasien, den Azoren und Canarischen Inseln umfasst. 4) die arktische für den Norden der neuen Welt. 5) die neotropische für Südamerika , Westindien und Mexico. 6) die äthiopische für Afrika südlich vom Atlas und Madagascar. 7) die indische, welche Südasien und die Westhälfte des malayischen Archipels einschliesst und 8) die polynesische , für Australien und Polynesien. Die Schranken sind freilich keineswegs für alle Erzeugnisse absolute, sondern gestatten für diese oder jene Gruppen üebergänge aus dem einen Gebiete in das andere. Die Hindernisse der Aus- und Einwanderung erscheinen zwar hier und da für die Jetztzeit unüber- steiglich, waren aber gewiss in der Vorzeit unter andern Verhält- nissen der Verthedung von Wasser und Land von der Gegenwart verschieden und für manche Lebensformen leichter zu überschreiten. Wenn man schon längst für ziemlich abgeschlossene Verbreitungs- bezirke den Ausdruck Schöpfungscentra gebraucht hat — wofür man freilich passender mit Rütimeyer die Bezeichnung Verbreitungs- centra anwenden sollte — so liegt die Vorstellung von dem endemischen Auftreten bestimmter typischer Artengruppen und der allmähhgen Aus- breitung^) derselben bis zu den Grenzen des betreffenden Gebietes zu 1) Vergleiche die treffliche Abhandlung von Rütimeyer, . Ueber die Her- kunft unserer Thierwelt, Basel und Genf 1867. 2) Besonders lehrreich erscheint in dieser Hinsicht die höchst eigenthümliche Lebewelt von Australien und Polynesien, die der grossen Mehrzahl ihrer Formen nach zwar ziemlich abgeschlossen ist, indessen wiederum in zahlreiche für bestimmte Gebiete, die einzeln Inseln und Inselgruppen charakteristische Faunen und Floren zerfällt. Für die Pflanzen und Schmetterlinge hält die Abgrenzung am wenigsten Stand, da die Flora von Neuseeland mit der von Südamerika eine gewisse Ver- wandtschaft zeigt, und die Schmetterlinge von Australien und Polynesien so sehr den Charakter der indischen Falter tragen, dass sie zu der continental-asiatischen Falter- fauna bezogen werden müssen. Auch die Vögel und Fledermäuse Australiens sind mit denen Ostindiens nahe verwandt, dagegen sind die eigentlichen Landthiere, die Beutler und schwerfälligen Echsen und die Schlangen und Schnecken grösstentheils eigenthümliche Formen des Landes, wenn auch mehr oder minder auf die Nachbar- Vorkommen gleicher Arten an sehr entternteu Punctcn, 69 Grunde, eine Vorstellung, welche sehr wohl mit der Lehre von der Ent- stehung der Arten durch allmählige Abänderung harmonirt. — Auch für die Vertheilung der Meeresbewohner wiederholen sich die nämlichen Gesetze, hier bilden ausgedehnte Festländer oder grosse offene und insellose Meere die Schranken, welche für die Ver- schiedenheit der Küstenfaunen massgebend sind. Beispielsweise differiren die Meeresthiere der Ost- und Westküste von Süd- und Centralamerika so bedeutend , dass mit Ausnahme einzelner Fische keine Thierformen gemeinsam sind. Ebenso treffen wir in dem östlichen Inselgebiete des stillen Meeres eine von der Westküste Südamerikas ganz abweichende marine Thierwelt. Schreiten wir aber von den östlichen Inseln des stillen Meeres weiter westhch, bis wir nach Umwanderung einer Halb- kugel zu den Küsten Afrikas gelangen, so stehen sich in diesem umfang- reichen Gebiete die Faunen nicht mehr scharf gesondert gegenüber. Viele Fischarten reichen vom stillen bis zum indischen Meere, zahlreiche Weichthiere der Südseeinseln gehören auch der Ostküste Afrikas unter fast genau entgegengesetzten Meridianen an. Hier sind aber auch die Schranken der Verbreitung nicht unübersteiglich, indem zahlreiche Inseln und Küsten den wandernden Meeresbewohnern Ruheplätze bieten. Indessen giebt es eine Reihe von Thier- und Pflanzenarten, welche als Kosmopoliten auf allen Welttheilen vorkommen und andere, die durch scheinbar unübersteigliche Schranken getrennt, verschiedenen Provinzen angehören und an den entferntesten Punkten angetroffen werden. Diese Fälle erklären sich theilweise mit Hülfe der ausser- ordentlich mannichfaltigen , die Verbreitung leicht beweglicher Formen überaus begünstigenden Transportmittel und aus den geographischen und klimatischen Veränderungen, welche sich nachweisbar in den jüngsten geologischen Zeiten ereignet haben. Das Vorkommen gleicher Thier- schaft ausgebreitet. Die 3Ionotremen gehören ausschliesslich Tasmanien und der gegenüberliegenden Festlandsküste an. Dagegen erscheint Neuseeland von Australien abgeschlossen und mit einer ganz eigenthümlichen Fauna versehen, die sich bei dem Mangel acht einheimischer Säugethiere, Schlangen und Schildkröten vornehmlich durch die flügellosen Vögel vom Kiwi bis zu den Moas von Eiesengrösse auszeichnet, ludessen ist das Gebiet der flugunfähigen Vögel ein viel grösseres, die Casuare (Casuarius) breiten sich von den Molukken über die polynesischen Inseln nach Neu-Guinea, Neubrittanien und den Nordrand von Australien, und die Emu's (Dromajus) selbst bis nach Tasmanien aus. Andererseits haben Afrika und Süd- amerika ihre Straussengattung. Bezüglich der Vertheilung der Säugethiere Austra- liens, die mit Ausnahme von zwei möglicher Weise einheimischen Gattungen (Hydromys, Hapalytis) Beutelthiere sind, so erstrecken sich dieselben — von der ausschliesslich amerikanischen Gattung Didelphys abgesehn — durch den Malayi- schen Archipel bis nach Celebes; umgekehrt gehen Säugethiere des asiatischen Continentes über die Sundainseln bis zu den Molukken, so dass Rütimeyer mit Recht die Säugethier-Bevölkerung der Inseln zwischen Australien und Asien von diesen beiden Continenten ableitet. 70 Selections- und Transmutationslehre. und Pflanzenarten auf hohen Bergen, welche durch weite Tiefländer ge- sondert sind, die üebereinstimmung der Bewohner des hohen Nordens mit denen der Schneeregionen der Alpen und Pyrenäen, die Aehnlichkeit beziehungsweise Gleichheit von Pflanzenarten in Labrador und auf den v>'eissen Bergen in den vereinigten Staaten einerseits und den höchsten Berge Europa's andererseits scheint auf den ersten Blick die alte Anschauung zu unterstützen, dass die nämlichen Arten unabhängig von einander an mehreren Orten geschaff"en worden seien, findet aber eine ausreichende Erklärung aus den klimatischen Zuständen einer sehr neuen geologischen Periode, in welcher über Nordamerika und Centraleuropa ein arktisches Klima herrschte (Eiszeit) und Gletscher von gewaltiger Ausdehnung die Thäler der Hochgebirge erfüllten. In dieser Periode wird eine einförmige arktische Flora und Fauna Mitteleuropa bis in den Süden der Alpen und Pyrenäen bedeckt haben, die, weil von der einförmigen Polar- bevölkerung aus eingewandert, in Nordamerika im Wesentlichen dieselbe sein musste. Nachdem die Eiszeit ihren Höhepunkt erreicht hatte, zogen sich mit Zunahme der mittleren Temperatur die arktischen Be- wohner auf die Gebirge und allmählig immer höher bis auf die höchsten Spitzen derselben zurück, während in die tiefer liegenden Regionen eine aus dem Süden einwandernde Bevölkerung nachrückte. So erscheinen auch die Abänderungen begreiflich, welche die alpinen Bewohner der einzelnen getrennten Gebirgsketten untereinander und von den arktischen Formen auszeichnen, da die Beziehungen der alten Alpenarten, welche schon vor der Eiszeit die Gebirge bewohnten und dann in die Ebene herabrückten, einen Einfluss ausüben mussten; daher treff"en wir neben vielen identischen Arten mancherlei Varietäten, zweifelhafte und stell- vertretende Arten an. Nun aber bezieht sich die üebereinstimmung auch auf viele subarktische und einige Formen der nördlich-gemässigten Zone an den niederen Bergabhängen und in den Ebenen Nordamerikas und Europas, die sich nur unter der Voraussetzung erklärt, dass am Anfange der Eiszeit auch die Lebewelt der subarktischen und nördlich gemässigten Zone rund um den Pol herum die gleiche war. Da aber gewichtige Gründe mit Bestimmtheit darauf hinweisen, dass vor der Eiszeit während der Jüngern Pliocänperiode, deren Bewohner zum Theil der Art nach mit der Jetztwelt tibereinstimmten, das Klima weit wärmer als gegenwärtig war, so wird es in der That wahrscheinlich, dass zu dieser Periode subarktische und nördlich gemässigte Formen viel höher nach Norden reichten und in dem zusammenhängenden Lande unter dem Polarkreise, welches von Westeuropa an bis Ostamerika vorhanden ist, zusammentrafen. Wahrscheinlich aber haben in der noch wärmeren altern Pliocänzeit ") eine grosse Zahl derselben Thier- und Pflanzenarten die 1) In der noch älteren Miocänzeit herrschte auf Grönland und Spitzbergen, Vorkommen ähnlicher oder gleicher Arten in entgegengesetzten Halbkugeln. 71 zusammenhängenden Länder des hohen Nordens bewohnt und sind dann mit dem Sinken der Wärme alhnählig in der alten und neuen Welt südwärts gewandert. Auf diese Weise erklärt sich die Verwandtschaft zwischen der jetzigen Thier- und Pflanzeubevölkerung Europas und Nordamerikas, welche so bedeutend ist, dass wir in jeder grossen Classe Formen antreffen, über deren Natur als geographische Rassen oder Arten gestritten wird, ebenso erklärt sich die noch nähere und engere Verwandtschaft der Organismen, welche in der Jüngern Tertiärzeit beide Welttheile bevölkerten. Erwägt man, dass die südliche Wanderung in den vorgeschichtlichen Zeitperioden auch für die Meeresbewoliner Geltung gehabt hat, so wird das häufige Vorkommen von verwandten Arten an der Ost- und Westküste Nordamerikas, in dem Mittelländischen und Japanesischen Meere (vor- nehmlich Crustaceen und Fische) verständhch, für das wir nach der alten Schöpfungslehre gar keine Erklärung haben. Das Auftreten gleicher oder sehr nahe stehender Arten in ge- mässigten Tiefländern und entsprechenden Gebirgshöhen fMtgegengesetster Hemisphären erklärt sich aus der durch eine Menge geologischer That- sachen gestützten Annahme, dass zur Eiszeit, für deren lange Dauer sichere Beweise vorliegen, die Gletscher eine ungeheuere Ausdehnung über die verschiedensten Theile der Erde auf beiden Halbkugeln ge- wonnen hatten, und die Temperatur vielleicht über die ganze Erdoberfläche hin bedeutend gesunken war. Am Anfange dieser langen Zeitperiode, als die Kälte langsam zunahm, werden sich die tropischen Thiere und Pflanzen nach dem Aequator zurückgezogen, ihnen die subtropischen und die der gemässigten Gegenden, diesen endlich die arktischen gefolgt sein. Die alte Aequatorial-Flora und Fauna der vorausgegangenen (postpliocänen) Zeit ging wahrscheinlich grossentheils unter, während die der subtropi- schen Gegenden vereinigt und der Zahl nach reducirt (viele tropische Organismen mussten erlöschen) die Bevölkerung der Aequatorialgegenden bildete. Da bekanntlich manche tropische Bewohner einen merklichen Grad von Kälte aushalten können, so mochten damals manche Thiere und Pflanzen, in die geschütztesten Thäler zurückgezogen, der Zerstörung entgehen und in spätem Generationen mehr und mehr den besondern Temperaturbedingungen angepasst werden. Auch die Bewohner der ge- mässigten Regionen traten, dem Aequator nahe gerückt, in neue Ver- hältnisse der Existenzbedingungen ein und überschritten zur Zeit der grössten Wärmeabnahme in ihren kräftigsten und herrschendsten Formen auf Hochländern (Cordilleren und Gebirgsketten im Nordwesten des die damals noch zusammenhingen, ein Klima, wie etwa zur Zeit in Norditalien, was aus den interessanten paliiontologischen Funden der Nordpolexpeditionen hervorgeht. 72 Selections- und Transmutationslehre. Himalayas), theilweise vielleicht auch in Tiefländern (wie in Indien) den Aequator. Als nun die Eiszeit ihren Höhepunkt ereicht und die Tem- peratur allmählig wieder zunahm, stiegen die gemässigten Formen aus den tiefer gelegenen Strecken theils vertical über Gebirgshöhen empor, theils wanderten sie nordwärts mehr und mehr in ihre frühere Heimatli zurück. Die Formen aber, welche den Aequator tiberschritten hatten, gelangten auch in die entsprechenden Breiten der entgegengesetzten Halbkugel, erlitten aber unter den veränderten Concurrenzbedingungen geringe oder tiefgreifendere Modifikationen. Man begreift aus den er- örterten Folgen der grossen klimatischen Veränderungen, w^elche sich in ganz allraähligem Verlaufe während der sog. Eiszeit zugetragen haben, wie es gekommen ist, dass in Neuholland eine Anzahl Europäischer Pflanzen- gattungen, sogar in einzeln identischen Arten auftreten und südaustra- lische Formen auf Berghöhen von Borneo wachsen und über Malacca, Indien bis nach Japan reichen, dass auf den Abyssinischen Gebirgen Europäische Pflanzenformen und einige stellvertretende Pflanzenarten vom Cap der guten Hoffnung gefunden werden, dass nach Hooker mehrere auf den Cameroon Bergen am Golfe von Guinea wachsende Pflanzen mit denen der Abyssinischen Gebirge und mit solchen des ge- mässigten Europas nahe verwandt sind. Aber schon vor der Eiszeit mögen sich gewisse Thier- und Pflanzenformen über sehr entfernte Punkte der südlichen Halbkugel verbreitet haben, unterstützt theils durch gelegentliche Transportmittel, theils durch die besonderen, von den jetzigen abweichenden Verhältnisse der Vertheilung von Wasser und Land, und nur so kann man sich das Vorkommen ganz verschiedener ^) Arten südlicher Gattungen an entlegenen Punkten, die ähnliche Gestaltung des Pflanzenlebens an den Südktisten von Amerika, Neuholland und Neuseeland erklären. Gegen die Theorie gemeinsamer Abstammung mit nachfolgender Abänderung durch natürliche Zuchtwahl scheint auf den ersten Blick die Verbreitungsweise der Süsswas«erbewohner zu sprechen. Während wir nämlich mit Rücksicht auf die Schranken des trocknen Landes erwarten sollten, dass die einzelnen Landseen und Stromgebiete eine besondere und eigenthümliche Bevölkerung besässen, finden wir im Gegentheil eine ausserordentliche Verbreitung zahlreicher Süsswasserarten und beobachten, dass verwandte Formen in den Gewässern der gesammten Oberfläche vorherrschen. Indessen kann man die Verbreitung von Süss- wasserbewohnern theils dem Einflüsse des Niveauveränderungen und Höhenwechsel während der gegenwärtigen Periode zuschreiben, theils aus der Wirkung ausserordentlicher Transportmittel erklären. Zu den letztern gehören weite Ueberschwemmungen und Fluthen, Wirbelwinde, 1) In dem Grade abweichend, dass die Zeit von Beginn der Eiszeit zur Stärke der Abänderung nicht wohl ausgereicht haben kann. Eigenthümlichkeiten der Inselbevölkerungen. 73 welche Fische und Pflanzen und deren Keime von einem Flussgebiet in das andere übertragen. Mit dieser Erklärungsweise steht im Einklang, dass auf entgegengesetzten Seiten von Gebirgsketten, welche schon seit früher Zeit die Wasserscheue gebildet haben, die Fische eine grosse Verschiedenheit zeigen. Auch der passiven Ueberführung von Sttsswasser- schnecken, Eiern, Pflanzensamen durch flugfähige Wasserkäfer und wandernde Sumpfvögel, scheint für die Verbreitung der Süsswasser- bevölkerung von grossem Einfluss gewesen zu sein. Endlich können auch vom Meere aus Seethiere in verschiedene Flussgebiete eingetreten und sich allmählig an das Leben im süssen Wasser gewöhnt haben. Eine andere Reihe von Thatsachen, welche der Theorie gemein- samer Abstammung mancherlei Schwierigkeiten bieten, jedoch ebenfalls unter einigen Voraussetzungen grossentheils mit derselben im besten Einklang stehen, betrifft die Eigenthümlichkeiten der Inselbevölkerung und ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung der nächstliegenden Fest- länder. Es ist eine durchgreifende Erscheinung, dass die Inselbewohner eine relativ nur geringe Zahl von Arten repräsentiren , unter diesen aber oft, wenigstens für bestimmte Gruppen, unverhältnissmässig viele en- demische Formen auftreten. Nach Darwin erklärt sich diese Thatsache ungezwungen, indem Arten, welche in ein neues mehr oder minder isolirtes Gebiet eintreten oder auf einen bestimmten Bezirk abgeschlossen werden, unter den veränderten Bedingungen der Concurrenz vornehmhch dann Modifikationen erfahren müssen, wenn sie nicht durch fortwährendes Nachrücken unveränderter Einwanderer mit dem Mutterlande in Con- tinuität erhalten werden. Unter den 26 Landvögeln der Galopagos- inseln sind 21 oder gar 23 eigenthümhche Arten, während von 11 See- vögeln, welche leichter hierher gelangen, nur 2 dieser Inselgruppe aus- schliesslich angehören. Dagegen zeigt die Vögelfauna der Insel Bermuda, welche gelegentlich von Nordamerikanischen Vögeln besucht wird, nicht eine einzige eigenthümhche Art. Aehnlich verhält es sich mit den Vögeln von Madeira, die theils Afrikanischen theils Europäischen Arten entsprechen, während die Fauna der Landschnecken (nicht aber der See- schnecken) und Käfer auf dieser Insel eine ganz eigenthümliche ist. Manchen Inseln fehlen gewisse Classen von Thieren, wie z. B. den Galopagosinseln und Neuseeland die Säugethiere, deren Stelle hier durch die Riesenvögel, dort durch Reptilien vertreten wird. Ueberhaupt vermisst man auf zahlreichen von dem Continent entfernter gelegenen Inseln eigentliche Landsäugethiere , obwohl kein Grund vorliegt, die Existenzfähigkeit wenigstens kleinerer Arten in Zweifel zu ziehen, dagegen finden sich fast auf jeder Insel fliegende Säugethiere und zwar häufig in ganz be- sonderen Species. Für die Fledermäuse aber wird die Wanderung durch das Flugvermögen ausserordentlich begünstigt, während die Landsäuge- thiere nicht über weite Meeresstrecken hinüberzukommen vermögen. • * Selections- und Traiisrautationslehre. Merkwürdig ist der allgemeine Mangel von Fröschen, Kröten unel Molchen auf fast allen oceanischen Inseln, obwohl eingeführte Batrachier auf einigen derselben so gut fortkommen, dass sie bald zur Plage werden. Indessen erklärt sich diese Thatsache aus der Schwierigkeit, welche der Transport des in Meereswasser rasch absterbenden Laiches bietet. Am wichtigsten aber erscheint die Verwandtschaft der Inselbewohner mit denen des nächstliegenden Festlandes. Beispielsweise haben die Thiere und Pflanzen der Galopagosinseln , welche einige hundert Meilen vom Festlande entfernt liegen, einen durchaus amerikanischen Charakter, obwohl die geologische Beschaffenheit, das KHma und die allgemeinen Lebensbedingungen ganz andere sind. In dieser Hinsicht zeigen die Galopagosinseln eine auffallende Analogie zu den Cap Verdischen Inseln, deren Bevölkerung aber wiederum in ähnlicher Weise ein durchaus Afrikanisches Gepräge trägt, ohne jedoch die gleichen Arten zu enthalten. In kleinerm Massstabe wiederholt sich zuweilen dieselbe Erscheinung auf den einzelnen Inseln derselben Gruppe, deren Bewohner eine grosse üebereinstinimung zeigen, jedoch distincte nahe verwandte Arten bilden. Auch hat man in einzelnen Fällen eine Beziehung nachgewiesen zwischen der Tiefe des Meeres, welches Inseln von einander und vom Festlande trennt und dem Verwandtschaftsgrade der entsprechenden Bevölkerungen. Alle diese Verhältnisse erklären sich sehr wohl aus der Annahme statt- gefundener Colonisation mit nachfolgender Anpassung und Abänderung. Die Bevölkerung der Inseln, welche vor geraumen Zeiten unter einander und mit dem Festlande zusammenhingen oder durch Hebung aus dem Ocean emportauchten, ist in beiden Fällen auf die des Festlandes zurück- zuführen, sei es in Folge der ursprünglichen Continuität oder nachträg- licher durch mannichfache Transportmittel unterstützte Einwanderung; sie musste dann mit der Zeit eine um so grössere Zahl eigenthümlicher Abänderungen und Arten bilden , je vollständiger die Isolirung und je länger die Dauer derselben war. Eine dritte grosse Reihe von Thatsachen, durch welche die Lehre von der langsamen Umgestaltung der Arten, die allmählige Entwicklung der Gattungen, Familien, Ordnungen etc. bestätigt wird, ergibt sich aus den Resultaten der geologischen und paläontologischen Forschung. Zahlreiche und mächtige Gesteinsschichten, welche im Laufe der Zeit in bestimmter Reihenfolge nach einander aus dem Wasser abgelagert wurden, bilden im Vereine mit gewaltigen aus dem feuerflüssigen Erdinnern hervorgedrungenen Eruptivmassen, den sog. vulkanischen und plutonischen Gesteinen, die feste Rinde unserer P>de. Die erstem oder sedimentären Ablagerungen, sowohl in ihrer ursprünglich meist horizontalen Schichtung als in dem petrographischen Zustand ihrer Gesteine durch die Eruptiv- gesteine mannichfach verändert, enthalten eine Menge von begrabenen zu Stein gewordenen Ueberresten einer vormals lebenden Thier- und Die geologische Aufeinanderfolge vorweltlicher Organismen. 75 Pflanzenbevölkerung, die geschichtlichen Dokumente von dem Leben in den frühern Perioden der Erdentwicklung. Obwohl uns diese sog. Petrefaktcn mit einer sehr bedeutenden Zahl und grossen Formen- maunichfaltigkeit vorweltlicher Organismen bekannt gemacht haben, so bilden sie doch nur einen unendlich kleinen Bruchtheil der ungeheueren Menge von Lebewesen, welche zu allen Zeiten die Erde bevölkert haben. Indessen reichen dieselben zur Erkenntniss aus , dass zu den Zeiten , in welchen die einzelnen Ablagerungen entstanden, eine verschiedene Thier- und Pflanzenwelt existirte, die sich von der gegenwärtigen Fauna und Flora um so mehr entfernt, je tiefer die betreff"enden Gesteine in der Schichtenfolge liegen, je weiter wir mit andern Worten in der Geschichte der Erde zurückgehn. Untereinander zeigen die Versteinerungen ver- schiedener Ablagerungen eine um so grössere Verwandtschaft, je näher dieselben in der Aufeinanderfolge der Schichten aneinander grenzen. Jede sedimentäre Bildung eines bestimmten Alters hat im Allgemeinen ihre besondern am häufigsten auftretenden Charakterversteinerungen (sog. Leitmuscheln), aus denen man mit einer gewissen Sicherheit auf die Stelle zurückschliessen kann, welche die zugehörige Gesteinsschichte in dem geologischen Systeme einnimmt. Zweifelsohne sind die Petrefacten neben der Aufeinanderfolge der Schichten das wichtigste Hülfsmittel zur Bestimmung des relativen geologischen Alters der abgelagerten Bildungen, jedenfalls weit wichtiger, als die Beschaff"enheit der Gesteine an und für sich. Wenn allerdings auch in früherer Zeit die Ansicht massgebend war , dass die Gesteine der- selben Zeitperiode stets die gleiche, die zu verschiedenen Zeiten abgesetzten dagegen eine verschiedene Beschaffenheit darbieten müssten, so hat man doch neuerdings diese Vorstellung als eine irrige aufgegeben. Die ge- schichteten oder sedimentären Ablagerungen entstanden zu jeder Zeit unter ähnlichen Bedingungen wie gegenwärtig durch Absatz von thonigem Schlamm, von fein zerriebenem oder gröberm Sand, von kleineren oder grösseren Geschieben und Gerollen, durch chemische Niederschläge von koh- lensaurem und schwefelsaurem Kalk und Talk, von Kieselerde und Eisen- oxydhydrat, durch Anhäufung fester Thierreste und Pflanzentheile. Zu festen Gesteinen wie Thon- und Kalkschiefer, Kalkstein, Sandstein, Dolomit und Conglommeraten mancherlei Art wurden sie erst im Laufe der Zeit durch Wirkung verschiedener Ursachen, durch den gewaltigen mechanischen Druck aufliegender Massen, durch erhöhte Temperatur, durch innere chemische Vorgänge u. s. w. umgestaltet. Wenn auch in vielen Fällen der besondere Zustand der Gesteine Anhaltpunkte zur Orientirung über das relative Alter bieten mag, so steht es doch fest, dass gleichzeitige Sedimente einen ganz abweichenden petrographischen Charakter zeigen können, während andererseits Ab- lagerungen aus sehr verschiedenen Perioden gleiche oder kaum zu unter- 76 Seleotions- und Trausroutationslehre. scheidende Felsarten gebildet haben. Indessen wurde auch namentlich in früherer Zeit der Werth der Petrefakten für die Altersbestimmung bedeutend überschätzt. Mögen immerhin bei der grössern Gleichförmigkeit von Temperatur und Klima in früheren Zeiten Thier- und Pflanzenarten eine weit allgemeinere Verbreitung gehabt haben als in der Gegenwart, so konnten doch unmöglich sämmtiiche Formen über die ganze Erde hin gleichmässig verbreitet gewesen sein. Die Bewohner hoher Ge- birge mussten von denen des Tieflands, die Bevölkerung der Küsten von der pelagischen der hohen See verschieden sein. Die alte Vorstellung, dass gleichzeitige Ablagerungen überall die gleichen Versteinerungen enthalten müssten, konnte sich daher nur so- lange aufrecht erhalten, als die geologischen Untersuchungen auf kleine, Länderdistrikte beschränkt blieb. Ebenso wenig vermochte die au jene Vorstellung sich eng anschliessende Anschauung Geltung zu be- wahren, dass die einzelnen durch bestimmte Schichtenfolgen charakterisirten geologischen Abschnitte scharf und ohne Uebergänge abzugrenzen sein. Weder petrographisch nach paläontologisch sind die einzelnen Forma- tionen ' ), wie man die Schichtencomplexe eines bestimmten Verbreitungs- Quartärzeit Tertiärzeit Secundärzeit 1) Zur Uebersicht der geologischen Perioden und ihrer wichtigsten Forma- tionen mag die beifolgende Tabelle dienen. Becente Periode (Marine und Süsswasserbildungen) Post-Pliocäne od. Diluvial Periode (Erratische Blöcke,Eiszeit, Löss) Pliocän Periode (Subappeninenformation, Knochensand von Eppelsheim etc.) . (Molasse. Tegel bei Wien. Braunkohlen in Nord- deutschlaud) (Flysch, Nummulitenformation-Pariserbecken). Mastrichter Schichten. Weise Kreide. Oberer Grünsand. Gault. Unterer Grünsand. Wealden. (Purbeck-Schichten. Portland-Stein. Kimme- ridge Thon. Koral-Rag. Oxford Thon. Great- Oolits. Unter Oolith. Lias. — Weiser, Brauner, Schwarzer Jura.) Keuper, Muschelkalk, (Oberer Muschelkalk, Gyps und Anhydrit, Wellenkalk}. Bunter- sandstein). (Zechstein, Rothliegendes — Unterer New-red- Sandstone-Permformation) (Steinkohlenformation Englands, Deutschlands und Nordamerikas. Kulmformation. Kohlen- ( kalkstein). Devonische Periode Spiriferenschiefer Cypridinenschiefer , Stryn- gocephalenkalk etc. — Old-red-Sandstone) Silurische . . . (Ludlow-Wenlock-Caradoc-Schichten etc.) Camhrische . . . (Azoische Schiefer etc.) Miocän Eocän . Kreide Periode Jura Periode Trias Periode Dyas Periode Kohlenperiode Primärzeit Allmähliges Erlöschen alter und Auftreteu neuer Arten. 77 gebietes aus einer bestimmten Zeitperiode benennt, in der Weise geschieden, dass die Hypothese plötzHch erfolgter gewaltsamer Um- wälzungen, allgemeiner die gesamrate Lebewelt vernichtender Katastrophen heutzutage ihre Beutung verloren hat. Man kann vielmehr mit Sicherheit behaupten, dass sowohl das Aussterben der alten als das Auftreten der neuen Arten keineswegs mit einem Male und gleichzeitig an allen Theilen der Erdoberfläche erfolgte, da gar manche Arten aus einer in die andere Formation hineinreichen, und eine Menge Organismen aus der Tertiärzeit gegenwärtig nur wenig verändert oder gar in identischen Arten fortleben. Wie aber die Zeit, welche man die recente nennt, in ihren Anfängen schwer zu bestimmen und weder nach dem Charakter der Ablagerungen, noch nach dem Inhalt der Bevölkerung scharf von der diluvialen, der sog. Vorwelt überwiesenen Zeit abzugrenzen ist, so verhält es sich auch mit den engern und weitern Zeitperioden vor- weltlicher Entwicklung, welche ähnlich den Abschnitten menschhcher Geschichte zwar auf grosse und bedeutende Ereignisse gegründet, aber doch in unmittelbarer Continuität stehn. Dass dieselben aber nicht plötzliche über die ganze Erdoberfläche ausgedehnte Umwälzungen waren , sondern in lokaler Beschränkung ■ ) einen langsamen und all- mähligen Verlauf nahmen , dass die vergangene Erdgeschichte auf einem steten Entwicklungsprocess beruht, in welchem sich die zahlreichen in der Gegenwart zu beobachtenden Vorgänge durch ihre auf lange Zeiträume ausgedehnte Wirksamkeit zu einem gewaltigen Gesammtetiekt für die Umgestaltung der Erdoberfläche summirten, hat Lyell durch geologische Gründe in überzeugender Weise dargethan. iEozoische Periode (Laurention Kocks in Canada. Eozoonkalk in Bayers, Schottland.) Periode der ersten Ablagerungen (Metaraorphische Schiefer. \ Glimmerschiefer, Gneis) Zeit der Erstarrung der Erdrinde (Gneiss, Granit theilweise) Nach Prof. Ramsay fassen die Formationsgruppen in England eine Mächtigkeit von 72,584 Fuss also beinahe 13? Englische Meilen und zwar die Formationen der Primärzeit 57,154' Secundärzeit 13,190 72,584'. Tertiarzeit 2,240' 1) „Jede sedimentäre Formation erstreckte sich schon bei ihrer Ablagerung nur über ein räumlich beschränktes Gebiet, beschränkt einerseits durch die Aus- dehnung des Meeres- oder Süsswasserbeckens und andererseits durch die ungleichen Ablagerungsbedingungen innerhalb derselben. Zu derselben Zeit erfolgten an anderen Orten ganz andere, mindestens etwas verschieden gereihte Ablagerungen, d. h. Formationen von gleichem Alter aber von abweichender Zusammensetzung (Parallelbildungen). So sind gleichzeitig Meeres-, Süsswasser- und Surapfformationen aus verschiedenen Gesteinen und mit verschiedenen Petrefakten abgelagert worden, während die Landflächen frei blieben". Vergl. B. Cotta, die Geologie der Gegen- wart. 78 Selections- und Transmutationslehre. Die Ursache für die ungleichmässige Entwicklung der Schichten und für die Begrenzung der Formationen haben wir vornehmlich in Unter- brechungen der Ablagerungen zu suchen, die wenn räumlich auch noch so ausgedehnt, doch nur eine lokale Bedeutung hatten. Wäre es möglich gewesen, dass irgend ein Meeresbecken während des gesammten Zeitraums der Sedimentärbildungen gleichmässig fortbestanden und in stetiger Continuität neue Ablagerungen gebildet hätte, so würden wir in demselben eine fortschreitende und durch keine Lücke unterbrochene lieihe von Schichten finden müssen, die wir nach Formationen abzu- grenzen nicht im Stande sein würden. Das ideale Becken würde nur eine einzige Formation einschliessen , in welcher wir zu allen andern Formationen der Erdoberfläche Parallelbildungen fänden. In Wirklich- keit aber erscheint überall diese ideal gedachte zusammenhängende Schichtenfolge durch zahlreiche oft grosse Lücken unterbrochen, welche den oft so bedeutenden petrographischen und paläontologischen Unter- schied angrenzender Ablagerungen bedingen und den Zeiträumen der Ruhe, resp. der wieder zerstörten Sedimentär-Thätigkeit entsprechen. Diese Unter- brechungen der lokalen Ablagerungen aber erklären sich aus den stetigen Niveauveränderungen, welche die Erdoberfläche in Folge der Keaktion des feuerflüssigen Erdinhalts gegen die feste Rinde, durch plutonische und vulkanische Thätigkeit, zu jeder Zeit erfahren hat. Wie wir in der Gegenwart beobachten, dass weite Länderstrecken in allmählig fort- schreitender Senkung (Westküste Grönlands, Koralleninseln), andere in langsamer seculärer Hebung (Westküste Südamerikas, Schweden) be- griflen sind, dass durch unterirdische Thätigkeit Küstengebiete plötzlich vom Meere verschlungen werden und durch plötzliche Hebung Inseln aus dem Meere emportauchen, so waren auch in den frühern Perioden Senkungen und Hebungen vielleicht ununterbrochen thätig, um einen allmähligen, seltener (und dann mehr lokal beschränkten) plötzlichen Wechsel von Land und Meer zu bewirken. Meeresbecken wurden in Folge langsamer Aufwärtsbewegung trocken gelegt und stiegen zuerst als Inselgebiete, später als zusammenhängendes P'estland empor, dessen verschiedene Ablagerungen mit ihren Einschlüssen von Seebewohnern auf die einstige Meeresbedeckung zurückweisen. Umgekehrt versanken grosse Gebiete vom Festland unter das Meer, vielleicht ihre höchsten Gebirgsspitzen als Inseln zurücklassend, und wurden zur Stätte neuer Schichtenbildung. Für die erstem Ländergebiete traten Unterbrechungen der Ablagerungen ein , für die letztern war nach längerer oder kürzerer Ruhezeit der Anfang zur Entstehung einer neuen Formation bezeichnet. Da aber Hebungen und Senkungen, wenn sie auch Gebiete von grosser Aus- dehnung betrafen, doch immer eine lokale Beschränkung besitzen mussten, so traten Anfänge und Unterbrechungen der Formationen gleichen Alters nicht überall gleichzeitig ein, auf dem einen Gebiete dauerten die Ab- Uuvollständigkeit des geologischen Berichtes. 79 lagerungen noch geraume Zeit fort, während sie auf dem anderen schon längst aufgehört hatten, daher müssen denn auch die obern und untern Grenzen gleichwerthiger Formationen nach den verschiedenen Lokahtäten eine grosse Ungleichförmigkeit darbieten. So erklärt es sich auch, dass die übereinander liegenden Formationen durch ungleich mächtige Schichtenreihen vertreten sind, die übrigens selten vollständig, durch Ablagerungen aus andern Gegenden zu ergänzen sind. Die gesammte Folge der bis jetzt bekannten Formationen reicht indessen nicht zur Herstellung einer vollständigen und ununterbrochenen Skala der Sedi- mentärbildungen aus. Es bleiben noch immer mehrfache und grosse Lücken zurück, deren Ergänzung in späterer Zeit von dem Fortschritt der Wissenschaft zu erwarten ist. Nach den bisherigen Erörterungen kann sowohl die Con- tinuität des Lebendigen als die nahe Verwandtschaft der Organismen in den aufeinander folgenden Zeiträumen der Erdentwicklung theils aus geologischen theils aus paläontologischen Gründen als erwiesen gelten. Indessen verlangt die Darwin'sche Lehre, nach welcher das natürliche System als genealogische Stammtafel erscheint, mehr als diesen Nach- weis. Dieselbe fordert vielmehr das Vorhandensein unzähliger Ueber- gangsformen, sowohl zwischen den Arten der gegenwärtigen Lebewelt und denen der Jüngern Ablagerungen, als zwischen den Arten der ein- zelnen Formationen in der Reihenfolge ihres Alters, sodann den Nach- weis von Verbindungsgliedern zwischen den verschiedenen grössern Gruppen der heutigen Thier- und Pflanzenwelt, deren Aufstellung und Begrenzung nach Darwin ja nur durch das Erlöschen umfassender Artcomplexe im Laufe der Erdgeschichte zu erklären ist. Diesen An- forderungen verjnag freilich die Paläontologie nur in höchst unvollkom- mener Weise zu entsprechen, da die zahlreichen und fein abgestuften Varietätenreihen, welche nach der Selectionstheorie existirt haben müssen, in der geologischen Urkunde fehlen. Dieser Mangel, den Darwin selbst als Einwurf gegen seine Theorie anerkennt, verliert indessen einen grossen Theil seiner Bedeutung, wenn wir die Bedingungen näher erwägen, unter denen überhaupt organische üeberreste im Schlamme ab- gesetzt und als Versteinerungen der Nachwelt erhalten werden, wenn wir die Gründe kennen lernen, welche die ausserordentliche ünvoll- ständigkeit der geologischen Berichte beweisen. Zunächst werden wir nur von denjenigen Thieren und Pflanzen üeberreste in den Ablagerungen erwarten können, welche ein festes Skelet, harte Stützen und Träger von Weich theilen besitzen, da aus- schliesslich die Hartgebilde des Körpers, wie Knochen und Zähne der Vertebraten, Kalk und Kieselgehäuse von Molluscen und Rhizopoden, Schalen und Stacheln der Echinodermen, das Chitinskelet der Arthro- poden etc. der raschen Verwesung Widerstand leisten und zu all- 80 Selections- und Transmutationslehre. mähliger Petrifikation gelangen. Von zahllosen und besonders niedern Organismen (Niedere Wirbelthiere, Nacktschnecken, Würmer, Quallen, Infusorien), welche festerer Skelettheile entbehren, werden wir daher kaum jemals in dem geologischen Berichte Kunde erhalten. Aber auch unter den versteinerungsfähigen Organismen gibt es grosse Classen, welche nur ausnahmsweise und durch Zufall Spuren ihrer Existenz hinterlassen haben, und das sind gerade diejenigen Formenreihen, die wir in der Gegenwart am eingehendsten in allen ihren Beziehungen ver- folgen können, die Bewohner des Festlandes. Nur dann können von Landbewohnern versteinerte Ueberreste zurückbleiben, wenn ihre Leichen bei grossen Fluthen und Ueberschwemmungen oder zufällig durch diese oder jene Veranlassung vom Wasser ergriffen und hier oder dort an- geschwemmt von erhärtenden Schlammtheilen umgeben werden. Auf diese Weise erklärt sich nicht nur die relative Armuth fossiler Säuge- thiere, sondern auch der Umstand, dass von vielen derselben (die Beutler in dem Stonesfielder Schiefer) fast nichts als der Unterkiefer erhalten ist, der sich nicht nur während der Fäulniss des Leichnams sehr leicht los- löst, sondern auch durch seine Schwere dem Antriebe des Wassers am meisten Widerstand leistet und zuerst zu Boden sinkt. Auch hat man für viele Arten und Artengruppen nur ein einziges oder doch nur wenige Exemplare aufgefunden, obwohl dieselben selbstverständlich in sehr grosser Zahl und Verbreitung existirt haben. Sodann ist aus der Primär- und Secundärzeit nicht eine eine einzige Knochenhöhle und Süsswasser- ablagerung bekannt geworden. Günstiger müsste sich die Erhaltung für Süsswasserbewohner , am günstigsten für die Seebevölkerung ge- stalten, da die marinen Ablagerungen den lokal beschränkten und ver- einzelten Süsswasserbildungen gegenüber eine ungleich bedeutende Ausdehnung haben. Nun aber finden keineswegs zu jeder Zeit über die gesammte Ausdehnung des Meeresbodens hin so reichliche Niederschläge statt, dass die zu Boden sinkenden Organismen rasch von Schlammtheilen umschlossen und vor dem Zerfall bewahrt werden. Auch konnten sich überall da, wo Seiikungs- und Hebungsperioden in kürzerer Zeit aufeinander folgten, unmöghch Ablagerungen von längerem Bestände bilden, da die dünnen Schichten, welche sich während der Senkung niederschlugen, bei der spätem Hebung durch die Wirkung der Brandung grossentheils abge- spühlt oder ganz zerstört werden mussten. Auf seichtem stetbleibendem Meeresgrunde oder in weiten und seichten Meeren, welche in allmähliger Hebung begriffen sind, werden wohl Ablagerungen von grosser Aus- dehnung, aber nicht von bedeutender Mächtigkeit entstehen können, selbst wenn die Niederschläge vor der Zerstörung durch die Wogen gesichert sind. Die Bildung von mächtigen Formationen scheint über- haupt nur unter zwei Verhältnissen möghch zu sein, entweder in einer sehr grossen Tiefe des Meeres, gleichviel ob der Boden in langsamer UüvoUständigkeit des geologischen Berichtes. 81 Hebung oder Senkung begriffen ist, — dann aber müssen die Schichten arm an Versteinerungen bleiben, weil bei der relativen Armuth des Thier- und Pflanzenlebens in bedeutenden Tiefen nur spärhche Organismen- reste zur Verfügung stehen — oder auf seichtem, der EntwicMung eines reichen und mannichf altigen Lehens günstigen Meereshoden, welcher lange Zeiträume hindurch in allmühliger Senkung hegriffen ist. In diesem Falle behält das Meer ununterbrochen eine reiche Bevölkerung, so lange die fortschreitende Senkung durch die beständig zugefiihrten Sedimente ausgeglichen wird. Alle Formationen, welche bei einer grossen Mächtigkeit in allen oder in den meisten ihrer Schichten reich an Fossilien sind, mögen sich auf sehr ausgedehntem und seichtem Meeres- grunde während langer Zeiträume allmähliger Senkung abgesetzt haben. Wenn somit schon aus der Entstehungsweise der Ablagerungen und bei den mancherlei Schwierigkeiten der Erhaltung organischer üeberreste in Sedimenten die grosse Lückenhaftigkeit der paläontologischen Residuen resultirt, so kommt noch die bereits früher erörterte Ursache, wesshalb sich nicht unter den jetzt lebenden Thieren und Pflanzen all' die zahl- losen unmerklichen Zwischenglieder ^) der als Varietäten erkennbaren Abänderungen nachweisen lassen, als in gleichem Masse auf die vor- zeitlichen Organismen anwendbar, zur Erklärung der grossen Unvollstän- digkeit des geologischen Berichtes hinzu. Auch ist in Betracht zu ziehen, dass die untersten sehr mächtigen Schichtencomplexe , in welchen die Reste der ältesten Thier- und Pflanzenwelt begraben sein mochten, 1) Ein merkwürdiges Beispiel von Uebergangsformen lebender Arten hat jüngst H, W. Bates mitgetheilt. ,Eine Allgemeine Aehnlichkeit der Species mit denen von Guayana ist einer der Hauptzüge in der Zoologie des Amazonenthaies; aber in den Niederungen findet sich eine grosse Zahl lokaler Varietäten, und viele von ihnen sind so verändert, dass sie für besondere Species gelten können, was sie nach der angenommenen Definition von Art auch wirklich sind. In dem etwas trocknen Distrikt von Obydos haben die Formen grössere Aehnlichkeit mit ihren guayanischen Urbildern behalten*. Wir scheinen hier einen Blick in die Bildung neuer Species werfen zu können. Von den Varietäten und nahe verwandten Species der dem tropischen Amerika eigenthümlichen Faltergattung Heliconius ist H. Melpomene in Guayana, Venezuela etc. sehr verbreitet und schmückt die sandigen Gänge in den Wäldern von Obydos, während ihre Stelle in feuchten Wäldern des Amazonenthaies von H. Thelxiope vertreten wird. Nun kommen aber an zwei Stellen von Walddistrikten , welche zwischen den trocknen und feuchten Gebieten die Mitte halten, bastardähnliche Uebergangsformen in einer vollständigen Kette von Abstufungen vor, so dass es schwer hält, dieselben nach Varietäten zu sonderr. Da sich jedoch beide Arten nicht paaren, wohl aber an verschiedenen andern Oert- lichkeiten mit einander in Berührung kommen, wo die Uebergangsformen fehlen, so scheint der Schluss berechtigt, dass beide Species ursprünglich dieselbe Species waren und H. Thelxiope von Melpomene abzuleiten ist. Vergl. H. W. Bates, der Naturforscher am Amazonenstrom. Leipzig 18GC. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 6 82 Selections- und Transmntationslehre. durch die Gluth des feuerflüssigen Erdinnern so völlig verändert und umgestaltet worden sind, dass die eingeschlossenen Versteinerungen un- kenntlich gemacht und zerstört wurden. Nur hier und da haben sich in Lagern der krystallinischen sog. metamorphischen Primordialgesteine Spuren organischen Lebens {Eozoon canadcnse) in kenntlichem Zustande erhalten. Endlich dürfen wir nicht vergessen, dass unsere Kenntniss der geologischen Formationen eine noch sehr beschränkte ist. Nur ein sehr kleines Gebiet der Erdoberfläche wurde bislang in allen seinen Schichten ausreichend erforscht. Ueber die geologischen Verhältnisse und Petrefacten ferner Welttheile haben wir noch von späteren Unter- suchungen umfassende Aufschlüsse zu erwarten, der grösste Theil aber der Erdrinde, der ausgedehnte Meerboden mit allen seinen organischen Einschlüssen bleibt unserer Einsicht vielleicht auch in fernster Zukunft verschlossen. So wird man mit Lyell und Darwin die geologische Urkunde als eine Geschichte der Erde bezeichnen können, »die unvoll- ständig geführt und in wechselnden Dialekten geschrieben wurde, von der auch nur der letzte bloss auf einige Theile der Erdoberfläche sich beziehende Band auf uns gekommen ist. Doch auch von diesem Bande ist nur hier und da ein kurzes Capitel erhalten und von jeder Seite sind nur da und dort einige Zeilen übrig. Jedes Wort der langsam wechselnden Sprache dieser Beschreibung, mehr oder weniger verschieden in den aufeinander folgenden Abschnitten, wird den anscheinend plötzlich umgewandelten Lebensformen entsprechen, welche in den unmittelbar aufeinanderliegenden aber weit von einander getrennten Formationen begraben liegen«. Offenbar wird wenigstens so viel mit aller Sicherheit feststehn, dass sich nur ein sehr kleiner Bruchtheil der untergegangenen Thier- und Pflanzenwelt im fossilen Zustand erhalten konnte, und dass von diesem wiederum nur ein kleiner Theil unserer Kenntniss erschlossen ist. Desshalb dürfen wir nicht etwa aus dem Mangel fossiler Beste auf die Nichtexistenz der postulirten Lebewesen schliessen. Wenn die Zwischen Varietäten bestimmter Arten in dem Verlauf der Formation fehlen, oder wenn eine Art zum ersten Male in der Mitte einer Schichten- folge auftritt und alsbald verschwindet, oder wenn plötzlich ganze Gruppen von Arten erscheinen und ebenso plötzlich aufhören, so können diese Thatsachen Angesichts der grossen Unvollständigkeit des geologi- schen Berichtes um so weniger zur Widerlegung gegen die Selections- theorie herangezogen werden, als für einzelne Fälle Reihen von Ueber- gangsformen zwischen mehr oder minder entfernten Organismen bekannt geworden sind und sich zahlreiche Arten als Zwischenglieder anderer Arten und Gattungen in der Zeitfolge entwickelt haben, als ferner nicht selten Arten und Artengruppen ganz allmählig beginnen, zu einer ausserordentUchen Verbreitung gelangen, wohl auch in spätere Uebergangsformen der Ammoniten. 83 Formationen hinübergreifen und ganz allmählig wieder verschwinden. Diese positiven Thatsachen aber haben bei der Unvollständigkeit der versteinerten Ueberreste einen ungleich höhern Werth. Was die Uebergangsformen zwischen verwandten Arten betrifft, so mögen dieselben in weit grösserer Zahl vorhanden sein, als in der Paläontologie seither angenommen wurde. Allein die Mehrzahl der Formen gelten als besondere Arten. Wenn es schon dem Zoologen und Botaniker für Thiere und Pflanzen der Lebewelt gar oft unmöglich ist, dieselben als Varietäten oder Arten zu bestimmen, so gilt dies noch in viel höherm Grade für die als Petrefacten erhaltenen Reste der vormals lebenden Organismen. Dem Paläontologen steht nur die morphologische Seite des Speciesbegriffs und noch dazu in sehr unvollkommener Weise zur Ver- werthung, da ja nur die festen Theile des Organismus mehr oder minder vollständig und von einer beschränkten Individuenzahl erhalten sind. In der Praxis werden vom Paläontologen Species und Varietäten unter Voraussetzungen der Linne'schen Speciesdefinition lediglich nach Rück- sichten unterschieden, welche von dem jeweiligen Stande der Erfahrungen abhängig einen ganz unsichern Anhalt gewähren. Nahe verwandte oft nur durch minutiöse Unterschiede abweichende Formen gelten als besondere Arten, sobald sie ohne Uebergänge hinreichend scharf von einander ab- gegrenzt werden können, während mitunter recht verschiedene Formen, die durch allmähhge Zwischenglieder zu verbinden sind, als extreme Varietäten betrachtet werden. Je geringer aber die Zahl der bekannten Individuen ist, auf deren Merkmale sich die Formbeschreibung gründet, um so schärfer wird in der Regel die Sonderung der Art gelingen, während die Benutzung einer sehr grossen Zahl von Individuen die Artbegrenzung bedeutend erschwert. Auch erschüessen sich unserer Kenntniss mit dem Fortschritte der Wissenschaft oft Reihen von Ab- stufungen und Verbindungsgliedern zwischen vormals als Arten geson- derten Formen, dann werden diese alsbald vom Range der Species zu dem der Varietät herabgesetzt. Unter den obwaltenden Verhältnissen aber leuchtet es ein , dass sich der Paläontolog überhaupt nicht in der Lage befindet, für zahllose als besondere Species unterschiedene nahe Verwandte den Beweis der Artverschiedenheit beizubringen. Art und Varietät müssen vollends für den Paläontologen ganz relative Kategorieen der Unterscheidung sein. Von den zahlreichen ') Beispielen allraähliger, reihenweise zu ord- nender Uebergänge, welche uns die Paläontologie liefert, möge es hier genügen, nur auf wenige hinzuweisen. Aus der so ausserordentlich reichen Formenwelt der vorweltlichen Cephalopoden sind es vornehmlich 1) Vergl. Quenstedt, Handbuch der Petretaktenkunde. 2. Auflage. Tübingen 1867. 6* 84 Selections- und Transmutationslehre. die Ammo7ieen, deren Arten in Reihen von Varietäten abändern und durch die Extreme derselben theilweise in einander übergehen. Ammo- nites capricormis, eine Charakterversteinerung des Lias, bildet den Aus- gangspunkt für eine Menge bereits von Schlottheim als Spielarten erkannte Varietäten, die theilweise als besondere Arten unterschieden wurden, A. amaltheus, ebenfalls aus dem Lias (Araaltheenthon), bietet eine so grosse Zahl von Abänderungen, dass kein einziges seiner Kennt- zeichen überall nachweisbar bleibt, glatte und bedornte, Riesen und Zwergformen mit einander wechseln. A. Farkinsoni, ein wichtiger Typus für die Unterregion des braunen Jura, variirt so sehr, dass man ihn als Gruppe zusammengehöriger Arten betrachten könnte. Aber auch die als Gattungen beziehungsweise Familien zu sondernden Gruppen der Ammoneen lassen sich durch Verbindungsglieder aus einander ab- leiten und in diesem Zusammenhange durch die allmählige Stuienreihe der Formationen verfolgen. Die ältesten Ammoneen, die Goniatiten (mit ungezackten winkligen Loben, aber noch nach unten gekehrter Siphonaldute) ähneln noch sehr den Nautiliten, aus denen sie entsprungen sein mögen und treten zuerst im Jüngern Uebergangsgebirge auf. Aus ihnen entwickeln sich die vornehmlich für den Muschelkalk charakteri- stischen Ceratiten (mit einfach gezähnten Loben und glatten Sätteln, aber bereits nach oben gekehrter Siphonaldute), denen endlich die echten Ammoniten (mit rings gezackten und schief geschlitzten Loben) folgen. Diese letztern gewinnen eine ungemeine Verbreitung in der Juraformation und reichen bis zur Kreide hinauf, in der sie in eine grosse Anzahl von Nebenformen ohne regelmässige Spirale {Scaphites, Ilamües, Turrüites) mit freier Entwicklung der Schalenwindung auslaufen. Ebenso wie die Ammoniten haben auch die Belemniten durch ihre zahlreichen Form- übergänge zur Aufstellung einer grossen Reihe nicht scharf getrennter Arten Veranlassung gegeben. Unter den Bruchiopoden, die in der Vor- welt unendlich mannichfaltiger als in der Gegenwart entwickelt waren, ist es vorzugsweise die Gattung Terebratula, deren Arten eine ausser- ordentliche Verbreitung besassen. T. hiiüicata reicht mit kleinen nicht scharf zu sondernden Varietäten aus dem braunen Jura bis in die Tertiärzeit, T. altüorsata der Silurforraation ist von T. angustata des Muschelkalks und T. pala des Jura kaum zu unterscheiden. Von vor- weltlichen Gastropoden stehen beispielsweise die vielen Arten der Gattung Turritella einander so nahe, dass eine sichere Abgrenzung unmöglich ist. Die Gattungen Turbo und Trochus gehen durch Reihen vermit- telnder Arten in einander über. Die in dem Steinheimer Süsswasser- kalksande massenhaft angehäufte Valvata multiformis *) variirt in so 1) Vergl. Hilgendorf, Heber Planorbis multiiormis im Steinheimer Süss- wasserkalk. Monatsberichte der Berl. Academie 1866. Das Verhältniss der Jetztwelt zu der diluvialen und tertiareu. 85 zahlreichen und bedeutenden Abänderungen von ganz flach zusammen- gedrückten bis kreiseiförmig ausgezogenen Gehäusen, dass man ohne die vorhandenen Verbindungsglieder mehrere Arten unterscheiden würde. Dazu kommt, dass nicht sämmtliche Varietäten bunt durch einander liegen, sondern auf verschiedene Zonen der Ablagerung vertheilt sind, indem die flachen als planorhiformis zu bezeichnenden Formen in den ältesten Schichten beginnen und durch allmählige Zwischenglieder der höhern Schichten in die kreiseiförmige als T. trochiformis zu benennende Abänderung übergehn. Der vorliegende Fall würde uns off"enbar ein Beispiel liefern für den allmähligen Umbildungsprocess, welchen eine Art durch zahllose unmerkliche Abstufungen hindurch im Laufe vieler Jahrtausende erleiden kann. Mit Kücksicht auf den Nachweis geringfügiger Varietäten und Uebergangsformen zwischen Arten und Gattungen scheint die Fest- stellung des Verhältnisses zwischen den Thieren und Pflanzen der Gegen- wart und denen der jüngsten und Jüngern Ablagerungen von besonderer Bedeutung. Neben den zahlreichen Resten von identischen oder nur wenig abgeänderten Arten werden wir im Diluvium und in den verschie- denen Formationen der Tertiärzeit für zahlreiche jetzt lebende Arten die unmittelbar vorausgehenden Stammformen finden müssen. Merk- würdigerweise tritt nun die Annäherung vorweltlicher Arten an die der Jetztwelt bei den tiefer stehenden und einfacheren Organismen weit früher auf, als bei den Thieren höherer Organisation. Schon in der Kreide kommen nach Ehrenberg Rhizopoden vor, welche von lebenden Arten nicht abzugrenzen sind. Unter den Weichthieren treten lebende Arten zuerst in der ältesten Tertiärzeit auf, deren Säugethierfauna einen von der gegenwärtigen noch ganz verschiedenen Charakter trägt. Die Molluscen der Jüngern Tertiärzeit stimmen schon in der Mehrzahl ihrer Arten mit den jetztlebenden überein, während die Insekten jener For- mationen noch recht bedeutend abweichen. Dagegen sind die Säuge- thiere sogar in den postpliocänen oder diluvialen Ablagerungen den Arten und selbst zuweilen der Gattung nach wesentlich verschieden, doch erhalten sich eine Reihe von Formen über die Eiszeit hinaus in unsere gegen- wärtige Epoche hinein. Gerade aus diesem Grunde wird es vielleicht für die Säugethiere am ersten gelingen, den Verbindungsfäden heutiger und fossiler Formen nachzuspüren und die Stammformen einzelner Arten durch verschiedene Stufen von Gattungen hindurch zurückzuverfolgen. In der That hat auch bereits Rütimeyer den Versuch einer paläonto- logischen Entwicklungsgeschichte für die Hufthiere^) und vornehmlich die Wiederliäuer ^) gewagt und ist, gestützt auf sehr detaillirte geolo- 1) Rütimeyer, Beiträge zur Kenntniss der fossilen Pferde. Basel 1863. 2) Derselbe, Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes etc. Schweizer Denkschriften XXI[. 1867. R. hat sehr richtig in dem Milchgebiss ein für den Nach- 86 Selections- und Transmutationslehre. gische und genetische (Milchgebiss) Vergleicliungen zu Resultaten gelangt, welche es nicht bezweifeln lassen, dass ganze Reihen heutiger Säugethier- species unter sich und mit fossilen in collateraler oder direkter Bluts- verwandtschaft stehen. Auch die Aufeinanderfolge von nahestehenden Arten und Gattungen eigenthiimlicher für bestimmte Ländergebiete noch jetzt charakteristischer Thiergruppen in den diluvialen und tertiären Ablagerungen derselben Gegenden, die nahe Beziehung ausgestorbener Thierformen zu den auf demselben Continente noch jetzt lebenden gibt für die liChre gemein- samer Abstammung mit fortschreitender Abänderung wichtige Anhalts- punkte. Zahlreiche fossile Säugethiere aus dem Diluvium und den jüngsten (pliocänen) Tertiärformationen Südamerikas gehören den noch jetzt in diesem Welttheil verbreiteten Typen aus der Ordnung der Edentaten an. Faulthiere und Armadille von Riesengrösse {Megatherium, Megalonifx, Glyptodon, Toxodon etc.) bewohnten ehemals denselben Continent, dessen lebende Säugethierwelt durch die Faulthiere, Gürtel- thiere und Ameisenfresser ihren so specifischen Charakter erhält. Neben jenen Riesenformen sind aber in den Knochenhöhlen Brasiliens auch kleine, ebenfalls ausgestorbene Arten bekannt geworden, die den jetzt lebenden theilweise so nahe stehen , dass sie als deren Stammformen gelten könnten. Dieses Gesetz, »der Succession gleicher Typen«, findet auch auf die Säugethiere Neuhollands Anwendung, deren Knochenhöhlen zahlreiche mit den jetztlebenden Beutlern dieses Continents nahe ver- wandte Arten enthalten. Dasselbe gilt ferner für die Riesenvögel Neu- seelands und, wie Owen und andere zeigten, auch für die Säugethiere der alten Welt, die freilich durch die circumpolare Brücke mit der Nordamerikanischen in Continuität standen, und von der auf diesem Wege zur Tertiärzeit altweltliche Typen selbst bis nach Nordamerika gelangen konnten. In ähnlicher Weise haben wir das Vorkommen centralameri- kanischer Typen {Bidelphys) in den altern und mittlem Tertiär- formationen Europas zu erklären. Für die Thierwelt dieses Alters war weis der Blutsverwandtschaft ausserordentlich wichtiges Besitzthum erkannt und demselben einen ganz ähnlichen Werth zur Beurtheilung der Abstammung bei- legen können, den wir oben bereits für die Entwicklung durch Metamorphose den Larvenstadien als Eecapitulationen des Entwicklungsganges der Art eingeräumt hatten. Das Milchgebiss erscheint in der That gewissermassen als vererbtes Familieneigenthum, das definitive Gebiss dagegen als erworbenes Besitzthum eines engern, besondern Ernähruugsbedingungen angepassten Kreises, Das Milchgebiss wiederholt die Einriebtungen alter Stammformen. Beispielsweise entspricht das von Dicotyles dem definitiven Gebisse der Palaeochaeriden , das Milchgebiss unseres Pferdes steht dem bleibenden Gebiss des fossilen Pferdes näher als sein Ersatz- gebiss, das vom fossilen Pferde ähnelt dem definitiven Gebiss von Ilipparion, dessen Milchgebiss wieder auf Anchiterium zurückweist. Die paläontologisclie Entwicklung der Ilufthiere. 87 freilich noch viel weniger als für die der späteren Tertiärzeit die Unter- scheidung von Thierprovinzen durchführbar. Die älteste Tertiärfauna Europas, wie wir sie aus den Resten des Eocäns kennen, findet, wenn gleich durch ganz andere Säugethiergattungen vertreten, ihre nächste Parallele in der gegenwärtigen Bevölkerung des tropischen Afrikas, greift indessen mehrfach nach Asien und Amerika über und scheint die Wurzel- formen für die heutzutage über den Tropengürtel der alten und neuen Welt, vornehmlich aber Afrikas ausgebreitete Thierwelt zu enthalten. Jedenfalls ergibt die eingehende Prüfung der miocänen oder mittel- tertiären Bevölkerung, die zwar in Europa schärfer von der eocänen abgegrenzt erscheint, in Nordamerika dagegen durch Zwischenformen mit der altern verbunden ist, dass die miocänen Arten ihrem Ursprung nach auf die eocänen zurückzuführen sind. Hier finden wir in den Ab- lagerungen von Nebraska die in Europa bisher vermissten Uebergangs- glieder der altweltlich-eocänen Änaplotherien und Palaeochaeriden zu den specifisch amerikanischen Wiederkäuern und Schweinen und erkennen in dem Anchiterium das Verbindungsglied zwischen Änaplotherien und Pferden. Dieser merkwürdige Wechsel der Pflanzenfresser wird dann in den obermiocänen und pliocänen Schichten, sowie in den Diluvial- bildungen durch allmählige Zwischenglieder fortgeführt. Die Pachydermen und Omnivoren Hufthiere nehmen von der eocänen Periode aus in ähnhcher Weise ab, wie die Formen der Wiederkäuer in den jungen Epochen immer reicher und mannichfaltiger sich gestalten. Unter denselben wird die ältere hornlose mit vollständigem Gebiss (Änoplotherien und Moschus- thiere) durch Geweihträger und Hohlhörner mit specifischem Wieder- käuergebiss ohne Eckzähne und obere Schneidezähne ersetzt, indem neben den mit allen Zahnarten versehenen Moschusthieren ') zuerst Hirsche und später Antilopen und Rinder erschienen. Offenbar wichen die altern Glieder aus der grossen Gruppe der Hufthiere in ihren Charakteren am wenigsten aus einander, im Laufe der Zeit aber nahm die Specialisirung nach gewissen Richtungen hin fortschreitend zu, so dass sich die Wiederkäuer und Pferde von den Pachydermen und Omni- voren Hufthieren immer weiter entfernten und zur schärfern Ausprägung ihrer Charaktere führte. Unter den Rindern, deren Ursprung wahr- scheinlich auf Antilopen zurückführt, sind die Büffel die ältesten. Die asiatische Gruppe derselben scheint in dem miocänen Hemibos oder Frobuhalus sivalensis der sivahschen Hügel Indiens, mit welchem die 1) Neben den Tapiren treten das Nashorn und die Rüsselträger mit streng an die Pflanzennabrung angepassten Gebisse auf, von dem ganzen Reichthum omnivorer Hufthiere bleiben nur die Schweine zurück. Unter den Raubthieren ver- schwinden die Beutler, und Bären und Hunde treten an die Stelle der früher so verbreiteten Viverren. 88 Selections- und Transmutationslehre. lange Zeit für eine Antilope gehaltene Anoa von Celebes ganz nahe verwandt ist, ihre Stammform gehabt zu haben. Der spätere pliocäne Bubalus palaeindicus mit rinderartig verkürztem Hinterhaupte weicht von der stark gehörnten Varietät des Continental -asiatischen Büffels, dem Arni, nur wenig durch die stärkern Hürner ab, ohne desshalb durch grössere Unterschiede, als sie die verschiedenen Individuen des heutigen asiatischen Büffels unter einander zeigen, von denselben getrennt zu sein. Für die Ableitung der beiden afrikanischen Büffel {B. hrachy- ceros und caffer) fehlen bislang noch die Verbindungsglieder, die wir wahrscheinlich in noch unbekannten fossilen Formen Afrikas zu suchen haben. Für die beiden jetzt lebenden Auerochsen, dem Bison americanus und europaeus ist wahrscheinlich der über beide Continente (über Amerika in den beiden als B. latifrons und antiquus unterschiedenen Abänderungen) verbreitete diluviale Bison priscus, welcher eine merkwürdige Mischung der Charaktere zeigt, die gemeinsame Stammform gewesen. Die Rinder im engern Sinne führt ßütimeyer auf eine Wurzelform zurück, welche im pliocänen Terrain Italiens als »Bos etruscus« fossil gefunden wird. Mit dem primitiven Schädelbau dieser fossilen Rinderart stimmt ein noch lebendes Rind, der Banfing'^) (Bos sondaicus) sowohl in seiner Jugend als im erwachsenen Alter des weiblichen Geschlechtes überein. Wir finden an dem Schädel dieses Thieres in den verschiedenen Alters- stufen beiderlei Geschlechts eine solche Fülle von Modalitäten, dass wir den Banting gewissermassen als eine Quelle künftiger Species signalisiren dürfen (Rtitimeyer). Zweigformen desselben, die bereits stabil geworden in weit engern Formgrenzen sich bewegen, scheinen der auf dem indischen Continent verbreitete, vom Gayal specifisch nicht zu trennende Gaur {Bos Gaurus) und der den Gebirgsregionen Central- asiens angehörige Yak (Bos grunnies) zu sein. Eine noch direktere Beziehung ergibt sich zwischen Banting und dem Indischen Buckelochsen, 1) Rütimeyer urtheilt über die Schädelform dieses auf Java, Borneo etc. lebenden Rindes: j,Wenn irgendwo die strenge anatomische Beobachtung eines noch heute vor unseren Augen lebenden Süugethiers die Ueberzeugung tief einprägen muss, dass Mittelformen zwischen verschiedenen, sei es lebenden, sei es fossilen Species existiren, so geschieht dies am Banting, wo wir vom jungen weiblichen Thiere bis zum erwachsenen männlichen, ja selbst an einem Individuum in dem kurzen Zeitraum weniger Jahre alle Modifikationen des Schäidels sich Schritt für Schritt verwirklichen sehen, welche die Familie der Büffel vom miociinen Hemibos bis zum heutigen Bubalus caffer oder die Familie der Rinder von dem pliocänen Bos etruscus bis zum heutigen Taurus in langer Reihenfolge geologischer Perioden durchgemacht hat. Würden wir die verschiedenen Alters- und Geschlechtsstufen des Banting an verschiedenen Wohnorten lebend oder in verschiedenen geolo- gischen Terrains fossil antreffen, so würde jeder Anatom sich berechtigt glauben, daraus verschiedene Species zu bilden*. Eugereon. Trilobiten. Halosaurier. Archaeopteryx. 89 (lern Zehi (JBos indicus), der in Asien und Afrika als Hausthier eine weite Verbreitung erhalten hat und noch in höherem Grade als das europäische Rind variirt. Wahrscheinlich aber ist fremder Beimischung, Kreuzung mit dem indischen Büfifel etc., die seit allen Zeiten in reich- lichem Masse stattfand, ein Antheil an der grossen Variabilität bei- zulegen. Die schlechthin als europäische Rinder zu bezeichnenden Ta^(m^en endlich stehen ihrer Schädelform nach als die äursersten Endglieder der Reihe da, obwohl sie allerdings schon in der pliocänen Zeit und noch dazu auf asiatischem Boden einen Repräsentanten haben (Bos nomadicus). Die Parallelform zu demselben tritt in Europa erst im Diluvium als JBos primigeniiis auf und ist zugleich mit Bos frontosus und hracJiyceros als Stammart der vielen in Europa verbreiteten Rinder- rassen anzusehen. Durch die Kenntniss der zahlreichen üeberreste fossiler Hufthiere sind uns so mannichfache Verbindungsglieder von Arten und Gattungen erschlossen, dass die frühere Emtheilung der Hufthiere in Einhufer, Zweihufer (Wiederkäuer) und Vielhufer (Dickhäuter), wie sie auf Grund der lebenden Repräsentanten am natürlichsten schien, nicht mehr auf- recht erhalten werden kann. Aber noch auf anderen Gebieten hat uns die Paläontologie mit Verbindungsghedern von Gruppen höherer Stufe, selbst von Ordnungen und Classen bekannt gemacht. Die ältesten Insektenreste aus der Steinkohlenformation verknüpfen Merkmale der Orthopteren und Neuropteren, eine andere ebenfalls der Primärzeit an- gehörige Insektenform {Eugereon Boeckingi) verlangt die Aufstellung einer besondern Ortlnung, welche zu den Neuropteren und Hemipteren Beziehungen bietet. Die ebenfalls sehr alten, vornehmlich zur Silurzeit verbreiteten und später völlig erloschenen Trilobiten scheinen den Uebergang von Entomostraken und Malocostraken zu vermittlen. Zahl- reiche fossile Sauriergattungen begründen Ordnungen und Unterordnungen (Halosaurier, Pterodactyher, Thecodonten), aus denen sich kein einziger Repräsentant in die Gegenwart erhalten hat. Selbst für die streng ab- geschlossene, in dem Körperbau einförmige Classe der Vögel wurde vor nicht langer Zeit freilich nur in einem einzigen unvollständigen Ab- druck des Sohlenhoferschiefers eine üebergangsform zu den Reptilien {Archaeopteryx Uthographica) entdeckt, welche von dem Vogeltypus abweichende Einrichtungen der Flugwerkzeuge besass, vornehmlich statt des kurzen mit senkrechter Knochenplatte abschliessenden Vogelschwanzes einen langen aus zahh-eichen (20) Wirbeln zusammengesetzten Reptil- schwanz mit zweizeilig angeordneten Steuerfedern trug und sich sowohl in der Gliederung der Wirbelsäule als in dem Bau des Beckens den langschwänzigen Flugeidechsen annäherte. Dieser merkwürdige Ueber- rest aus dem obern Jura, dessen eigenthümliche Combination von Charakteren zu der Frage Veranlassung geben konnte, ob man ein 90 Selections- und Transmutationslehre. Reptil mit Vogelfedern — wie in der That A. Wagner glaubte {Ory- phosaurus) — oder einen Vogel mit Reptilschwanz vor sich habe, macht uns mit einer erloschenen Uebergangsgruppe von Geschiipfen bekannt, die zur mittleren Secundärzeit vielleicht in grosser Artenzahl lebte. Vergleichen wir, von den ältesten Formationen an aufsteigend, die Thier- und Pflanzenbevölkerungen der zahlreichen aufeinanderfolgenden Perioden der Erübildung, so wird mit der allmähligen Annäherung an die Fauna und Flora der Jetztwelt im Grossen und Ganzen ein stetiger Fortschritt zu höherer und vollkommener Organisation offenbar. Aus den ältesten Formationen der Primordialzeit , die sich freilich grossen- theils in metamorphischem Zustande befinden, ihrer ungeheuren Mächtig- keit nach aber unermessliche Zeiträume zu ihrer Entstehung nothwendig gehabt haben, sind nur ganz vereinzelte Reste, wie das Eozoon canadense in den untersten laurentischen Schichten bekannt geworden. Fast die gesammte und gewiss reichhaltige Organismenwelt dieser Periode ging unter, ohne deutlichere Spuren als die Graphitlager der krystallinischen Schiefer zurückzulassen. In den ältesten und sehr umfangreichen Schichtengruppen der Primärzeit, die als Cambrische, Silurische und Devonische Formationen (üebergangsgebirge oder Grauwackenformation) unterschieden werden, finden sich aus der Pflanzenwelt noch aus- schliesslich Cryptogamen, besonders Tange, die unter dem Meere mäch- tige und formenreiche Waldungen bildeten. Zahlreiche Seethiere aus sehr verschiedenen Gruppen, Zoophyten, Weichthiere (namentlich JBrachiopodcn) ^ Krebse (Larvenähnliche Hymenocaris , Trilohiten) und Fische, letztere mit höchst eigenthümlichen einer tiefen Organisations- stufe entsprechenden gepanzerten Formen {Cephalaspidefi) belebten die warmen Meere der Primärzeit. Erst in der Steinkohle treten die ältesten Reste von Landbewohnern, Amphibien (^Apateon, Ärchegosaurus) , In- sekten und Spinnen auf, in den Foimationen der Dyas erscheinen dann Reptilien in grossen eidechsenartigen Formen (Proterosaurus), während noch immer die Fische, aber ausschliesslich Knorpelfische und Ganoiden und unter den Pflanzen die Gefässcryptogamen (Baumfarrn, Lcpidodendreu, Calamiten, Sigillarien, Stigmarien) dominiren. In der Secundärzeit, welche die Formationen des Trias, des Jura- systems und der Kreide umfasst, erlangen von Wirbelthieren die Eidechsen nnd in der Pflanzenwelt die bereits schon zur Steinkohlenzeit vereinzelt auftretenden Nadelhölzer und Cycadeen eine solche vorwiegende Bedeutung, dass man nach ihnen wohl die ganze Periode als flas Zeit- alter der Saurier und Gymnospermen genannt hat. Unter den ersteren sind die colossalen auf das Land angewiesenen Dinosaurier, die FJug- eidechsenoderPterodactylier und die Seedrachsen oder Halisaurier mit den bekanntesten Gattungen Ichthyosaurus und Plesiosaurus der Secundär- zeit ganz eigen thümlich. Auch Säugethiere finden sich schon, freilich Gesetz fortschreitender Vervollkommnung. 91 mehr vereinzelt, sowohl in den obersten Schichten des Trias als im Jura und ZNvar ausschliesslich der niedersten Organisationsstufe der Beutler angehörig, ebenso lebten schon "Vögel, von welchen Fussspuren im rothen Sandstein von Connekticut erhalten sind. Blüthenpflanzen erscheinen zuerst in der Kreide, die auch die ältesten Reste entschiedener Knochen- fische einschliesst. Aber erst in der Tertiärzeit erlangen die Blüthen- pflanzen (namentlich die Blumenblattlosen) und die Säugethiere, unter denen auch die höchste Ordnung der Affen ihre Repräsentanten findet, eine so vorwiegende Entfaltung, dass man diesen Zeitraum als die der Laubwälder und Säugethiere bezeichnen kann. In den obern Tertiär- ablagerungen steigert sich dann die Annäherung an die Gegenwart für Thiere und Pflanzen stufenweise. Während zahlreiche andere Thiere und Pflanzen nicht nur der Gattung, sondern auch der Art nach mit lebenden identisch sind, gewinnen die Arten und Gattungen der höhern Thiere eine immer grössere Aehnlichkeit mit denen der Gegenwart. Mit dem Uebergang in die diluviale und recente Zeit nehmen unter den Blüthepflanzen die höheren Typen an Zahl und Verbreitung zu, und wir werden in allen Ordnungen der Säugethiere mit Formen bekannt, welche in ihrem Bau nach bestimmten Richtungen immer eingehender specialisirt und desshalb vollkommener erscheinen. Im Diluvium finden wir zuerst unzweifelhafte Spuren für das Dasein des Menschen, dessen Geschichte und Culturentwicklung nur .den letzten Abschnitt des relativ so kleinen recenten Zeitraums ausfüllt. So unvollständig auch die geologische Urkunde sein mag, so genügt doch das von ihr gebotene Material zum Nachweise einer fortschreiten- den Entwicklung von einfacheren und niederen zu complicirteren und höheren Organisationsstufen, zur Bestätigung des Gesetzes fortschreitender Vervollkommnung ') auch für die Aufeinanderfolge der Gruppen. Freilich vermögen wir nicht den ganzen Verlauf des Fortschritts zu übersehen, da die Organismenwelt der ältesten und umfassendsten Zeitperioden fast 1) Offenbar hat die Begriffsbestimmung der Vervollkommnung mit mancherlei grossen Schwierigkeiten zu kämpfen, da wir keinen absoluten Massstab für die Beurtheilung der Vollkommenheitsstufen haben. Die einen Organismengruppen desselben Typus und derselben Classe nehmen in dieser, die anderen in jener Richtung eine höhere Stellung ein, wie die Knochenfische in dem Erhärtungsgrade des Skelets, die meisten Knorpelfische in der Ausbildung der gesammten Organisation. Organismen aus verschiedenen Classen (wie etwa Papagei und Maus) sind nur äusserst schwer, solche aus verschiedenen Typen (wie Tintenfisch und Honigbiene) oft gar nicht nach der Höhe ihrer Organisationsstufe zu vergleichen. Immerhin wird es möglich sein, das Verhältniss der weitern und engern Typen zu einander im Grossen und Ganzen nach dem Massstabe der Differenzirung zu beurtheilen imd darnach die Höhe der Organisation zu bestimmen. Auch für die nahestehenden Glieder derselben Gruppe ist der Grad der Specialisirung jund Arbeitstheilung für e«a!rosowa Ehbg. Verästeiter Acineten- Holotricba. 131 stock. Dendrocometes St. Saugröhren verästelt, nicht contraktil, und Ophryodmdron Clap. Lachm. Die Saugröhreu entspringen auf langem retraktilen Stamm. 2. Gruppe. Holotriclia. Der Körper ist über die ganze Oberfläche dicht mit feinhaarigen Wimpern bedeckt, die stets kürzer sind als der Körper und in Längsreihen zu stehen scheinen. Adorale Wimperzonen fehlen, wohl aber können einzelne längere Wimpern oder Klappen in der Nähe der Mundöflhung stehen. 1. Fam. Opalinina. Mund- und Afterlose parasitische Infusorien, deren Selbst- ständigkeit von manchen Forschern (M. Schultze, Külliker) noch bezweifelt wird. Opalina uncinata M. Seh. und recurva Clap. Mit Klamnierhaken. Bewohner von Planarien. 0. lineata M. Seh. und prolifera Clap. Bewohner von Naideen, letztere Proglotitenähnliche Glieder abstossend. 0. ranarum. Park, et Jon. Mit lichten Blasen anstatt der contraktilen Vacuole und kernartigen Gebilden im Darm der Frösche. Von Stein werden die 4 Gattungen Opalina, Hopletophrya , Anoplophrya , Hapto- phrya unterschieden. 2. Fam, Trachelina. Mit metabolischem Körper, der sich in einen halsartigen Fortsatz verlängert, mit bauchständigem Mund ohne längere Wimpern. Amphileptus. Mund rechts neben der convaven Bauchkante des halsartigen Vorderendes, ohne Schlund. A. fasciola. Ehbg. Trachelius Ehbg. Mund etwas hinter der Halsbasis mit fast halbkugligem innen fein längsgestreiften Schlund. Innenparenchym von Sarkodesträngen durchsetzt. Tr.ovum Ehbg., DileptusDu']., D.margaritifer, anser, gigas. LoxodesEhhg. Loxophgllum Du}. 3. Fam. Enchelina St. Mit endständigem Mund und sehr verschiedener Con- sistenz der Cuticularsubstanz. Prorodon E. Körper oval, lang bewimpert mit borstenförmig bezahntem Schlund. P. teres Ehbg. Holophrya Ehbg. Der kuglig ovale Körper lang bewimpert ohne Schlund. Hier schliessen sich die Gattungen Actinobolus St., Urotricha Clap. Lachra., Perispira St., Plagiopogon St. an. Coleps Ehbg. Mit gepanzertem Körper und kurzem längsfaltigen Schlund. C. hirtus Ehbg. Enchelys Ehbg. Der ovale Körper mit spitzerm schräg abgestutzten Mundende, kurz bewimpert, ohne Schlund. E. farcimen Ehbg. Enchelyodon Clap. Lachm. Mit bezahntem Schlund. Lacrymaria Ehbg. Der metabolische runde Körper an dem Endtheil des Halses, der köpfchenartig abgeschnürt ist, mit längern über den Mund hinausragenden Wim- pern. L. olor Ehbg. Phialina vermicularis Ehbg. Trachelocerca sagitta Ehbg. Traclielophyllum pusillum Clap Lachm. 4. Fam. Paramaecina St. Mit bauchständigem Mund und längern Wimpern in einem Peristomausschnitt. Paramaecium E\\hg. Mit stark vertieftem Peristom, schrägelliptischer MundöEFnung und kurz bewimpertem Schlund. P. bursaria Focke. Körper gedrungen mit sehr breit beginnendem Peristom, After am Hinlerende. P. aurelia. Körper gestreckt, Peri- stom lang und eng. After in der Mitte des Körpers. Colpoda. Mund in einer Vertiefung, am unteren Piaude desselben ein Busche! längerer Wimpern. C. cucullus Ehbg, Nassula Ehbg. Körper metabolisch mit bezahntem fischreusenförmigen Schlund. N. elegans Ehbg. Hier schliesst sich Cyrtostomum St. an. C. leucas Ehbg. Ferner Ptychostomiim St., Conchophtirus St , Isotricha St. 9* 132 Heterotricha. 5. Fani. OinetochiUna St. Mit bauchständigem, rechtsgelegenem Mund und un- dulirenden Hautklappen, die entweder im Innern des Schlundes liegen oder äusserlich in der Nähe des Mundes stehen. Leucophrys Ehbg. Mit häutiger Platte im Schlünde. L. patula Ehbg. Hier schliessen sich Panophrys Duj. und Colpidium St. an. Ophryoglena Ehbg, Körper oval mit Tastkörperchen, Mund von 2 zitternden Hautfallen eingefasst. 0. acummata £. Glaucoma Ehbg. Zwei augenlidartige zitternde Klappen fassen den elliptischen Mund ein. Gl. scintillans Ehbg. Cinetochilum Perty. Mit nur einer solchen Klappe und 2 langen Borsten am Hinterende. C. margaritaceum Ferty. TrichodaEbbg. Mit undulirender Membran vorder MundöfTnung 1\ pura Ehbg., pyriformis Ehbg. Hier schliessen sich Pleurochilidium St. und Flagiopyla St. an Pleuronema Duj. Mit riunenlörmigem l'eristom am rechten Seitenrande, welches hinter der Körpermitte zu einem den Mund enthaltenden Ausschnitt führt. Im Peristom ist eine breite undulirende Membran befestigt, welche entfaltet weit über den rechten Körperrand hinausragt, am freien Innenrande des Peristoms ist noch eine zweite undu- lirende Membran. P. natans Clap. Lachm. Cyclidium Ehbg. In der Peristomfurche, welche bis zur Mitte des Körpers reicht, liegt nur eine undulirende Membran. C. glau- coma Ehbg. Leinbadion bullinum Perty. 3. Gruppe. Heterotricha. Der Körper ist auf .seiner ganzen Oberfläche dicht mit feinhaarigen Wimpern bekleidet. Daneben zieht sich eine adorale Reihe längerer stärkerer querstehender, in rechtsgewundener Spirale, in grader oder schräger Längszone angeordneter Wimpern zu dem mehr oder minder weit nach rückwärts auf der Bauchseite gelegenen Mund hinab, der stets am Grunde eines entwickelten Peristoms liegt. After meist am hintern Körperende. 1. Farn. Bursarina St. Die adoralen Wimpern bilden eine gerade oder schräge nicht spiralig gewundene Längslinie und umsäumen nur den linken Seitenrand des Peristoms, das nur ausnahmsweise den linken Rand der Bauchseite einnimmt. Sie setzen sich in den meist sehr entwickelten Schlund hinein fort. Der ovale, form- beständige Körper meist stark comprimirt. Plagiotoma Duj. Peristom ohne Ausschnitt, blos aus einer am linken Seiten- rande herabziehenden adoralen Wimperzone gebildet. PI. lumbrici Duj. J5a/a«r-; ,^ !''T7 6. Fam. Ophryoscolecina St. Körper nackt, am Vorderende mit einem um- utülpbaren maschenförmigen Wirbelorgan. Leben im Panzen der Wiederkäuer. Ophryosculex St. Mit querem halbringförmigen Wimperbogen in der Körper- mitte. 0. inermis, Purkinjei St. Entodiniuni St. Der plattgedrückte Körper entbehrt des Winiperbogens. E. caudatum, bursa St. u, a. 136 Noctilucen. Im Anschluss an die Infusorien wird man den Protozoen die Noctüucen^) zu- rechnen können, eine Gruppe kleiner Meeresthiere, deren pfirsichförmiger von fester Haut umgrenzter Körper einen geisseiförmigen Anhang trägt. An der Basis desselben findet sich eine tief rinnentörmige Einbuchtung mit der durch den Besitz eines zahnartigen unbeweglichen Vorsprungs und eines dünnen hervorschnellbaren Fadens ausgezeichneten Mundöffnung. Der Weichkörper besteht aus einer unregel- roässig gestalteten Masse contraktiler Substanz, welche einen Nucleusurtigen Körper umschliesst und in der Peripherie zwischen hyaliner Flüssigkeit zahlreiche Sarkode- sträuge und anastomosirende Sarkodefäden mit Körnchenströmung nach der Innenseite der Haut entsendet, wo dieselben durch feine Netze verbunden sind (Kerne. W. Engelmann ). Die contraklile Substanz erstreckt sich auch in die Geissei hinein und nimmt hierein quer- gestreiftes Änsehn an. Die Nahrung, aus Diatomaceen bestehend, gelangt durch die Mund- Oß'nunff in den centralen Sarcodeleib und auch, von einer grossen Menge contraktiler Substanz umschlossen, in die peripherischen Stränge. Darm und Afteröffnung, welche Huxley beschrieb, scheinen zu fehlen, die Entleerung der verbrauchten Reste erfolgt durch die Mundöffnung. Die Bedeutung eines dreikantigen der Haut angelagerten Stabes, dessen verdicktes Ende zwei kleine höckerförmige Hautvorsprünge veranlasst, ist nicht klar. Mehrfach wurde die Regeneration der Haut — nach Austritt des gesammten Sarcodeleibes mit dem stäbchenförmigen Körper — beobachtet. Die Fortpflanzung erfolgt durch Theilung (Brightwell) hauptsächlich im Winter und Frühjahr, vielleicht auch unter Betheili- gung des Nucleusartigen Körpers, Wäre die Auffassung von Dönitz, nach welcher der weiche Körperinhalt einen in die Fäden sich fortsetzenden also dendritischen Hohl- raum darstellt, richtig, so würde die Beziehung der Noctilucen zu den Coelenteraten näher liegen. Natürlicher scheint mir jedoch — auf Grund eigener Untersuchungen — die Gleichstellung des Weichkörpers mit dem Sarcodeleib der Rhizopoden, Die Noctilucen verdanken ihren Namen dem Leuchtvermögen, welches sie allerdings mit zahlreichen höher organisirten Seethieren, insbesondere den zarten hyalinen Quallen, theilen. Unter geeigneten Bedingungen steigen sie aus der Tiefe an die Oberfläche des Meeres in so ungeheurer Menge empor, dass die Meeroberfläche auf weite Strecken hin eine schleimige Beschaßenheit und einen rüthlichen Schein gewinnt, nach Sonnen- untergang, aber vornehmlich schön am Abend bei bedecktem Himmel, die prachtvolle Erscheinung des Meerleuchtens bietet. Die in der Nordsee und im atlantischen Ocean verbreitete bekannteste Art ist N. miliaris. 1) Suriray, Description du Noctiluca miliaris. Guerin, Magazin de Zoologie. 1836. A. de Quatrefages, Observations sur les Noctiluques. Annales de sciences naturelles. 3. Ser, Tom. 14. W. Busch, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte einiger wirbellosen Thiere. 1851. Krohn, Notiz über Noctiluca miliaris. Archiv für Naturgeschichte, 1862. Huxley, On the structure of noctiluca miliaris. Qaat. Journ. of Microsc. Sciences. Vol. III. Woodham Webb., On the Noctiluca miliaris. Ebendas. 1855. Brightwell, On Self-Division in Noctiluca. Ebendas. 1857. W. Dönitz, Ueber Noctiluca miliaris. Müllers Archiv. 1868. II. Coelenterata, Pflauaenthiere. 137 IL Typus. Coelenterata, Coelenteraten. (Zoopliyta, Pflanzenlhiere). TJiiere mit zellig differenzirten Organen, von vorwiegend radiärem Körperhau, mit centralem Verdauungsraum und peripherischem in denselben einführenden Ganalsystem. Der Ausbildung differenter, aus Zellen zusammengesetzter Gewebe und Organe, deren Mangel für die Protozoen so charakteristisch ist, begegnen wir zuerst bei den Spongien oder Poriferen, einer formen- reichen Gruppe vorwiegend mariner Organismen, über deren Natur und Stellung bis in die neueste Zeit viel gestritten wurde. Unter den Jün- gern Forschern war es vornehmlich R. Leuckart, welcher die bereits von Cuvier vertretene Ansicht von der nahen Verwandtschaft der Spongim und Polypen auf Grund der inzwischen näher bekannt ge- wordenen Organisationsverhältnisse zur Geltung zu bringen suchte. Freilich zeigen die Polypen wie die übrigen mit ihnen näher oder ent- fernter verwandten Zoophyten (Medusen, Siphonophoren, Eippenquallen) eine höher vorgeschrittene Diflferenzirung der Gewebe, indem neben den äussern und Innern Zellschichten und Cuticularbildungen mannichfache Skeletformen von gallertiger Consistenz oder horniger und kalkiger Beschaffenheit aus dem Gewebe der Bindesubstanz, glatte und quer- gestreifte Muskeln, selbst Nerven und Sinnesorgane (Medusen und Rippenquallen) auftreten. Ueberall aber beobachten wir eine innere verdauende Höhlung des Leibes, die mit einem einfacher oder compli- cirter gestalteten peripherischen Ganalsystem in Verbindung steht. Wir vermissen noch die Sonderung von Leibeshöhle, Darmcanal und Blut- gefässen, die Arbeitstheilung der Innern Flächen in Verdauungs- und Kreislaufsorgane. Die vegetativen Verrichtungen knüpfen sich vielmehr im Wesentlichen an die continuirlich zusammenhängende Fläche eines Innern Leibesraumes, welcher sowohl die Verdauung d. h. die Herstellung einer ernährenden Flüssigkeit, als die Circulation derselben im Körper besorgt und desshalb mit Recht für die Polypen und Quallen als GastrovascularrsLum bezeichnet wurde. Diese Einrichtung der Leibes- höhle — der Mangel eines abgeschlossenen mit eigenen Wandungen versehenen Darmkanals und Gefässsystems — die im Wesentlichen auc; 138 Holocoela uud Gastrocoela. für die Spongien Geltung hat, war es gerade, durch welche E. Leuckart') die Sonderung der Cuvier'schen Strahlthiere in die Typen der Echino- dermen und Coelenteraten begründete und die Aufstellung eines beson- deren Bauplanes der Coelenteraten stützte. Gelangt man durch die Parallele des Canalsystems der Spongien mit dem Gastrovascularapparat der Polypen zu der üeberzeugung, dass auch die Spongien Coelenteraten sind und die einfachste und am tiefsten stehende Organisationsform dieses Typus repräsentiren , so weist doch ein näherer Vergleich auf nicht unwesentliche morphologische und physiologische Unterschiede der Innern Canalsysteme beider Gruppen hin, die uns in Verbindung mit anderen wesentlichen Abweichungen berechtigen, die Spongien als Holocoelen sämmtlichen übrigen Coelenteraten oder Gastrocoelen gegen- über zu stellen. Der gesammte Körperbau der Coelenteraten wird im Allgemeinen mit Recht ein radiärer genannt, obwohl bei den meisten Spongien die strahlige Anordnung der Theile weniger hervortritt, auch durch Unregel- mässigkeiten des Wachsthums vielfach gestört ist und andererseits bei den Siphonophoren und Ptippenquallen Uebergänge zur bilateralen Sym- metrie unverkennbar sind. In der Piegel liegt der Numerus 4 oder 6 für die Wiederholung der gleichartigen Organe im Umkreis der Leibes- achse zu Grunde und es sind von jedem Punkte derselben ebensoviele Radien nach der Peripherie zu ziehn, deren Theilungsebenen den Körper in congruente Hälften zerlegen. Reducirt sich die Anzahl der Theilungs- ebenen -bei 4 vorhandenen Radien auf zwei, in rechtwinkliger Kreuzung durch die Achse hindurchgehenden aber ungleichen Ebenen (zweistrah- lige Rippenquallen), so bedarf es nur einer ungleichraässigen Entwick- lung der in eine dieser Ebenen fallenden gleichartigen Körpertheile, um die andere zweite Ebene als Theilungsebene auszuschliessen. Die erstere wird zur üfetZianebene , indem sie den Körper in eine rechte und linke nun nicht mehr congruente, sondern spiegelbildliche gleiche Hälfte zer- legt. Aus dem zweistrahlig radiären Körper ist ein seitlich symme- trischer geworden (Schwimmglocken der Siphonophoren, Siphonophoren- larven). Die Gestaltungstörmen, denen wir im Kreise der Coelenteraten begegnen, sind die der Spongie, des Polt/pen, der Scheibenqualle oder Meduse und der Rippenqualle. Die Spongie erscheint in ihrer ein- fachsten individuellen, die wesentlichsten Eigenthümlichkeiten desSpongien- baues repräsentirenden Grundform als cylindrischer festsitzender Hohl- schlauch mit grösserer Ausströmungsöffnung, Oscidum, am freien Pole. Die contraktile von einem Nadelgerüst gestützte Wandung wird von zahlreichen kleinen Einströmungslöchern durchbrochen, welche Wasser 1) K. Leuckart, Ueber die „Morphologie und Verwandtschaftsverhältnisse niederer Thiere". Braunschweig. 1848. Schwammintlividuum, Polyp. Scheibenqualle. 139 und Nahrungsstoffe in den innern bewimperten einer verdauenden Cavität entbehrenden Centralraum einführen. Sowohl ^urch Verschmelzung ur- {:;prünglich gesonderter Individuen als durch Neubildung auf dem Wege der Knospung und Sprossung, sowie durch Ausbildung bewimperter Nebenräume der verdauenden Cavität entstehen sehr mannichfach ge- staltete mit einem complicirten Canalsystem ausgestattete Spongienstöcke, deren Natur als polyzoische Organismen meist durch die Anwesenheit mehrerer oder zahlreichere Oscula erkennbar wird. Der Folyp stellt einen cylindrischen oder keulenförmigen Hohl- schlauch dar, welcher ebenfalls am hintern Pole seiner Längsachse an- geheftet ist und an dem entgegengesetzten freien Pole eine grössere Oeffnung, die Mundöffnung, besitzt. Diese ist von einem oder mehreren Kränzen von Fangarmen umgeben und führt entweder in eine einfache cylindrische Leibeshöhle (Hydroidpohjpen) oder mittelst eines kurzen Magenrohres in einen complicirteren mit peripherischen Taschen ver- sehenen Leibesraum {Antliozoen) ^ mit welchen ein System feiner durch Poren ausmündender Canäle der Körperwand in Communikation steht, üebrigens kann sich der Polyp bei dem Mangel der Fangarme zu einer noch einfachem sog. polijpoiden Form reduciren. Durch Knospung und Sprossung entstehen auch hier polyzoische, aus zahlreichen innig ver- bundenen Individuen zusammengesetzte Polypenstöcke. Die frei schwimmende Scheibenqualle ist eine abgeflachte Scheibe oder gewölbte Glocke von gallertartiger bis knorpliger Consistenz, an deren unterer Fläche ein centraler hohler Stiel mit der endständigen Mundöffnung herabhängt. Häufig setzt sich dieser Mundstiel in der Um- gebung des Mundes in mehrere umfangreiche Lappen und Fangarme fort, während von dem Scheibenrande eine grössere oder geringere An- zahl fadenförmiger Tentakeln oder Fangfäden entspringen. Der Central- raum des Leibes, in welchen der hohle Mundstiel einführt, ist die Magen- höhle, von welcher peripherische Taschen, einfache oder ramificirte Radial- canäle nach dem Scheibenrande verlaufen und hier in der Regel durch ein Ringgefäss verbunden werden. Diese Canäle führen wie die peri- pherischen Taschen der Anthozoen die Ernährungsflüssigkeit und re- präsentiren das Gefässsystem. Die muskulöse untere Fläche des glocken- förmigen Körpers besorgt durch abwechselnde Verengerung und Er- weiterung ihres concaven Raumes die Locomotion der Qualle, indem der Rückstoss des Wassers in entgegengesetzter Richtung forttreibend wirkt. Auch bei den Scheibenquallen kommen mehr oder minder redu- cirte Formen als sog. Medusoide vor. Für die Rip2>enqualle erscheint als Grundform die mit 8 Meridianen von Platten (Rippen) besetzte Kugel, welche durch die Schwingungen ihrer als kleinen Ruder wirkenden Platten im Wasser bewegt wird. Auch bei den Rippenquallen liegt die Mundöffnung an dem einen Pole 140 Rippenqualle. Gestaltung der Leibesböhle. der Leibesachse und führt durch ein enges aber langgestrecktes am hintern Ende verschliessbares Magenrohr in den centralen Leibesraum. Von diesem erstrecken sich einfache oder verästelte Canäle in zwei- strahlig symmetrischer Vertheilung nach den Eippen, laufen unterhalb derselben in den Meridianen fort und werden zuweilen noch durch ein Ringgefäss am Mundpole vereinigt. Nach den erörterten Gestaltungsverhältnissen ergeben sich für die morphologische und physiologische Ausbildung der innern Flächen mehr- lache, eine höhere Entwicklung anbahnende Abstufungen. Bei den Spon- gien sind die zahlreichen Hautporen die MundöiTnungen , welche in das innere Canalsystem und die Centralhöhle des Leibes führen ; ob wir aber die letztere auch physiologisch als verdauende, einen Nahrungssaft bereitende Magenhöhle aufzufassen berechtigt sind, oder als einen der verdauenden Cavität zwar entsprechenden, diese jedoch nur vorbereitende Ernährungseinrichtung zu betrachten haben, in welche die feinen ein- gestrudelten Nahrungsstoffe mit den umgebenden Amoeben-Zellen in Berührung treten, um von diesen direkt incorporirt zu werden, ist durch die gegenwärtigen Erfahrungen nicht bestimmt zu entscheiden. Mag auch die grosse als Osculum bezeichnete Auswurfsöffnung unter Ura- kehrung der Strömungsrichtung gelegentlich fremden Körpern den Eintritt in den Centralraum gestatten, immerhin bleibt ein nicht unwesentlicher Unterschied in den Ernährungseinrichtungen der Spongien, die wir dess- halb im Gegensatze zu den übrigen Coelenteraten, den wahren Gastrocoelen, Holocoelen nennen könnten. Bei diesen fungirt die centrale Leibeshöhle als unzweifelhafte verdauende Cavität, die eine freilich mit Seewasser ge- mischte verdünnte Ernährungsflüssigkeit bereitet, die als Nahrungssaft oder Blut in die peripherischen Räume und gefässartigen Canäle gelangt und vornehmlich durch Wimpereinrichtungen in diesen inneren Flächen bewegt und umher geführt wird. Bei den Korallenthieren , den Polypen der Änthosoengruipi^e, sowie bei den Rippenquallen endlich wird sogar die Sonderung der verdauenden und blutführenden Leibesräume dadurch eingeleitet, dass ein kürzeres oder längeres an feinen Fäden verschliessbares Magenrohr in die Gastro- vascularhöhle hineinhängt, dessen Wandungen die Aufgabe der Verdauung, zuweilen vielleicht ausschliesslich zufällt. Das Körperparenchym besteht bei den Spongien vornehmlich aus dicht aneinander gelagerten ' amoebenähnlichen Zellen und''Geisselzellen, die durch ein Gerüst von ein- oder mehrarmigen Kalk und Kieselnadeln oder von Hornfasern gestützt, eine so grosse Selbständigkeit bewahren, dass man eine Zeitlang die Spongien als Aggregate von Amoeben be- trachten konnte. Bei den Uijdroidpohjpen bilden contraktile, ebenfalls zum Theil bewimperte Zellen das mehr pflanzenähnhche , durch minder grosse Selbständigkeit seiner Theile bereits fester verbundene Leibes- Nesselorgane. Skeletbildungen. Nervensystem. 141 parenchym. Bei zahlreichen Polypen, insbesondere den Anthozoen, sowie bei den Scheibenquallen und Rippenquallen treten in der Regel glatte seltener quergestreifte Muskelfasern, ferner Gewebe der Bindesubstanz und selbst die Elemente des Nervensystems hinzu. Bei den Gastrocoelen sondert sich als Oberhaut eine Lage von Zellen, welche meist Flimmerhaare tragen und eigenthümliche, in der Haut des Menschen ein lebhaftes Gefühl des Brennens und Nesseln er- zeugende Gebilde, die Nessel- oder Angelorgane, einschliessen. Es sind kleine, in Zellen entstandene Kapseln mit einer Flüssigkeit und einem spitzen, spiralig aufgerollten Faden, welcher unter gewissen mechanischen Bedingungen, z. B. unter dem Einflüsse des Druckes bei der Berührung plötzlich nach Sprengung der Kapsel hervorschnellt und entweder in den Gegenstand der Berührung mit einem Theile des flüssigen Körperinhaltes eindringt, oder an demselben nur innig klebt und hdii^X, {Moehius). An manchen Körpertheilen , ganz besonders an den zum Fangen der Beute dienenden Tentakeln und Fangfäden häufen sich diese kleinen mikrosko- pischen Waften in reichem Masse an, oft in eigenthümlicher Anordnung zu Batterien von Nesselorganen {Nesselknöpfe) vereinigt. Neben den aus Nadeln und Fasern zusammengesetzten Skeleten der Spongien beobachten wir im Körper der Coelenteraten Skeletbildungen von sehr verschiedener Beschaffenheit, bald gallertige, knorpelige, selbst hornige und verkalkte Zellausscheidungen, bald Einlagerungen fester Kalkkörper in die Gewebe der Haut, seltener Gewebe einer Art Binde- substanz von gallertiger bis knorpliger Beschaifenheit (Gallertscheibe der grössern Scheibenquallen). Ein Nervensystem ist bisjetzt keineswegs überall nachgewiesen. Von Fritz Müller wurde am Scheibenrande kleiner Medusen aus der Hydroidengruppe ein das Ringgefäss begleitender Strang aufgefunden, welcher an der Basis der Tentakeln und zwischen denselben Anschwel- lungen bildet und von diesen zarte und scharf begrenzte Fäden entsendet. Dieser Strang gilt insbesondere nach den histoloi'ischen Untersuchungen E. Haeckels mit um so grösserer Wahrscheinlichkeit als Nervenring, weil seine Anschwellungen die als Sinnesorgane zu deutenden Rand- körperchen tragen. Bei den Rippenquallen liegt das Nervencentrum als ein einfaches muthmassliches Ganglion an dem hintern Körperpole. Für Sinnesorgane werden die RandJcörper der Scheibenquallen und ein frei vorragendes Bläschen am Ganglion der Rippenquallen gehalten. Die ersteren stellen entweder einfache, auch mit lichtbrechenden Körpern versehene Pigmentflecke, ÄugenßecJce, dar, oder Bläschen mit einem oder mehreren glänzenden Concrementen , Gehörbläschen. Das auf dem Ganglion aufsitzende Gehörbläschen der Ctenophoren ist mit einem zit- ternden, durch zarte Fäden befestigten Häufchen von glänzenden Con- crementen {Otolithen') gefüllt und an der Innenwand theilweise bewimpert. 142 Fortpflanzung. Generationsweclisel. Zum Tasten und Fühlen mögen neben der gesaramten Körperoberfläche insbesondere die Tentakeln und Fangarme dienen. Bei der im Ganzen gleichartigen Beschaffenheit der Gewebe er- scheint die ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Knospung und Theilung sehr verbreitet. Bleiben die auf diesem Wege erzeugten Einzelformen untereinander vereinigt, so entstehen die bei den Spongien und Polypen so verbreiteten Thierstöcke, welche bei fortgesetzter Vermehrung ihrer Individuen im Laufe der Zeit einen sehr bedeutenden Umfang erreichen können. Ueberall aber, vielleicht mit Ausnahme der Spongien, tritt auch die geschlechtliche Fortpflanzung hinzu, indem in den Geweben des Leibes, meist in der Umgebung des Gastrovascularraumes, an ganz bestimmten Stellen des Leibes Eier oder Samenfäden erzeugt werden. Sehr häufig treffen die Eier erst ausserhalb ihres Entstehungsortes mit den Samenfäden zusammen, sei es nun schon in dem Leibesraum, sei es ausserhalb des mütterlichen Körpers in dem Seewasser. Nicht selten nehmen die beiderlei Zeugungsstoffe in dem Körper des nämlichen Indi- viduums ihre Entstehung, wie z. B. bei den Spongien, einigen Änthosoen und den hermaphroditischen Rippenquallen. Dagegen gilt für die An- thozoenstöcke im Allgemeinen die monöcische Vertheilung der Geschlechter als Regel, indem die Individuen des gleichen Stockes theils männlich, theils weiblich sind. Diöcisch sind z. ß. Veretillum, Biphyes, Äpolemia. Die Entwicklung der Coelenteraten beruht grossentheils auf einer mehr oder minder cornplicirten Metamorphose, indem die aus dem Eie schlüpfenden Jugendformen von dem Geschlechtsthiere in Gestalt und Bau des Leibes abweichen und als Larven allmählig sich umgestaltende Zustände mit provisorischen Organen und Verrichtungen durchlaufen. Die meisten verlassen das Ei in Gestalt einer flimmernden Larve, deren Körper aus einer äussern (Ectoderm) und Innern Zellschicht [Entoderni) besteht, erhalten Mund beziehungsweise Osculum und Leibesraum, sowie Organe zum Nahrungserwerb, sei es unter den Bedingungen einer freien Locomotion oder nach ihrer Anheftung an festen Gegenständen des Meeres. Gewinnen die von dem Geschlechtsthiere verschiedenen Jugend- zustände zugleich die Fähigkeit der Sprossung und Knospung, so führt uns die Geschichte der Entwicklung zu interessanten Formen des Generationswechsels*'). Die Brut der grössern Scheibenquallen stellt bewimperte Larven dar, welche sich später festsetzen, in kleine Polypen umgestalten und durch eine Anzahl von Theilstücken ihres Leibes eine Reihe kleiner Quallen, die jugendlichen Zustände der spätem Geschlechts- thiere, hervorbringen. In andern Fällen wächst die anfangs freibeweg- liche Larve durch Knospung und Sprossung in einen kleinen Polypenstock 1) J. Steenstrup, Ueber den Generationswechsel oder die Fortpßanzung und Entwicklung durch abwechselnde Generationen. Kopenhagen. 1842. Spongien, Poriferen. 143 aus, dessen Individuen vorzugsweise die Aufgabe zufällt, Nahrungsstoife zu erwerben und zu verarbeiten. Später knospen dann an diesen Stöckchen der Hydroidpolypen, bald am gemeinsamen Stamme, bald an verschiedenen Theilen einzelner Individuen die Geschlechtsthiere als medusoide Anhänge oder wirkliche kleine Medusen hervor. Indem aber oft die ungeschlechtlich erzeugten Individuen der Jugendgeneration mit einander vereinigt bleiben und sich in die Arbeiten des gemeinsamen Thierstockes theilen, auch verschiedene, den besonderen Leistungen entsprechende Einrichtungen in ihrem Baue zeigen, kommt es zu einer zweiten mit dem Generationswechsel nicht selten verbun- denen Erscheinung, zum Polymorphismus^). Die polymorphen Thier- stöcke, z. B. die Siphonopho7-en , sind aus verschiedenen Individuen- gruppen zusammengesetzt, von denen die einen diese, die anderen jene besonderen Verrichtungen übernommen haben. Als Folge dieser Arbeits- theilung aber erhält nothwendig der gesammte Thierstock den Charakter eines einheitlichen Organismus, während die Individuen physiologisch zu der Bedeutung von Organen herabsinken; auch die Generation der Geschlechtsthiere bleibt dann meist auf der Stufe medusoider Gemmen zurück, die nur hier und da zur selbständigen Isolirung kommen und morphologisch die Form der Meduse erlangen. Fast alle Coelenteraten sind Meerthiere, und nur wenige, wie unter den Spongien die Spongillen und unter den Hydroidpolypen die Gattungen Hydra und Cordylophora, gehören dem Süsswasser an. I. Classe. ISpou^iae ^). Porifera. §iioii^ieii^ ücliivämiue. Körper von meist schwammiger Consistens, aus Aggregaten memhran- loser, amoebenartiger Zellen gebildet, in der Regel mit einem aus Uorn- fäden oder Kiesel- und Kalkgebilden bestehenden festen Gerüste, mit einem innern Canalsystem^ zahlreichen Hautporen und einer oder mehreren Auswurf soff mmgen iOscula). Die Spongien, deren Stellung bis in die jüngste Zeit zweifelhaft war, müssen gegenwärtig, nachdem durch eine Reihe vortrefflicher 1) Vergl. R. Leuckart, Ueber den Polymorphismus der Individuen. Giessen, 1851. 2) G. D. Nardo, System der Schwämme. Isis. 1833 und 1834. Grant, Observations and Experiments on the slruct. and funct. of Sponges. Edinb. phil. Journal. 1825—1827. Bowerbank, On the Anatomy and Physiologie of the Spougiadae. Philos. Transact. 1858 und 1S62. 144 Spongieiikörper. Skelet. Untersuchungen über den Bau, die Gewebe und die Fortpflanzung Licht verbreitet ist, als Coelenteraten betrachtet werden. Sie bestehen aus einem contraktilen Gewebe, welches meist auf einem festen, aus Fäden und Nadeln zusammengesetzten Gerüst in der Art ausgebreitet ist, dass an der äusseren Peripherie grössere und kleinere Oeflhungen, im Innern der Masse ein System von Canälen und Schläuchen entsteht, in welchen eine con- tinuirliche Strömung des Wassers unterhalten wird. Die Spongien sind die ersten unter den niedern thierischen Organismen, welche eine Zu- sammensetzung aus vielen zelligen Elementen nachweisen lassen, bei denen es bereits schon zur Sonderung differenter Zellen, Zellcomplexen und Geweben gekommen ist. Amoebenartige Parenchymzellen, zusammen- hängende Sarcodemassen, netzförmige Sarcodehäute, Flimmerzellen, Faserzellen und Fasergewebe, Eier, beziehungsweise Sporen und Samen- fäden und endlich geformte Zellausscheidungen treten als Theile des Spongienkörpers auf. Das contraktile Parenchym besteht grossentheils aus körnchenreichen beweglichen Zellen, welche nach Art der Amoeben, ohne eine feste äussere Membran zu besitzen, Fortsätze ausstrecken und wieder einziehen, auch fremde Gegenstände durch Umfliessen in sich aufnehmen können. Das feste Gerüst oder Skelet, welches wir nur bei den weiclien und ganz unregelmässig geformten Ealisarcinen vermissen, wird ent- weder aus Hornfasern oder Kiesel- und Kalknadeln gebildet. Die Horn- Lieberkühn, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Spongillen. Miiller's Archiv. 1856. Zur Anatomie der Spongien. Ebendaselbst. 1859. Die Bewegungs- erscheinungen bei den Schwömmen. Ebendaselbst. 1863. Beiträge zur Anatomie der Kalkspongien. Ebendaselbst. 1865. Ueber das contraktile Gewebe derselben. Eben- daselbst. 1867. Carter, On the ultimate Structure of Spongilla. Ann. of nat. bist. 1857. Max Schultze, Die Hyalonemen. Ein Beitrag zur Katurgeschichte der Spon- gien. Bonn. 1860. 0. Schmidt, Die Spongien des adriatischen Meeres Leipzig. W. Engehnann. 1862. Derselbe, Supplement dieses Werkes. I. II. lU. Leipzig. W. Engelmann. 1864. 1866. 1868. Duchassin de Fonbressin et G. Michelotti, Spongiaires de la mer caraibe. Naturk. Verh. van de Holl. Maatsch. de Welensch. te Haarlem. 1864. A. Kölliker, Icones hisliologicae. Leipzig. W. Engelmann. 11*^64. F. Müller, Ueber TJarwinella aurea etc. Archiv für Mikrosk. Anatomie. Bd. L 1865. N. Miklucho-Maclay, Beiträge zur Kenntniss der Spongien. Jenaische Zeil- schrift. Bd. IV. 1868. S. Lov6n, Ueber Hyalonema boreale. Archiv für Naturg. 1858. C. Claus, Ueber Euplectella Aspergillum. Marburg 1868. E. Haeckel, Ueber den Organismus der Schwämme. Jenaische Zeilschrift. Bd. V. 1869. Vergleiche ferner die Arbeiten von Ehrenberg, Hancock, Gray, Barbozau.a. Skeletgebilde. Organisation der Larve. 145 fasern erscheinen fast ausnahmslos als Netze und Geflechte von sehr verschiedener Dicke und zeigen meist eine streifige auf Schichtung hin- weisende Struktur. Sie entstehen wahrscheinlich, wie zuerst 0. Schmidt aussprach , als erhärtende Sarcodetheile im Parenchym. Die Kalknadeln sind einfache oder zwei-, drei- und vierstrahlige Spicula und nehmen ebenfalls als Ausscheidungsproducte im Innern von Zellen ihren Ursprung, Die Kieselgebilde, welche eine ganz ähnliche Entstehung nehmen, bieten die grösste Mannichfaltigkeit von Formen und sind theils zusammen- hängende Gerüste von Kieselfasern, theils freie Kieselkörper, meist mit einfachem oder verästelten! Centralfaden und Centralkanale. Als solche treten sie in der Form von Nadeln, Spindeln, Walzen, Haken, Anker, Rädern und Kreuzen auf und entstehen in kernhaltigen Zellen wahr- scheinlich durch ümlagerung einer organischen Erhärtung (Centralfaden), Diese isohrt entstandenen Kieselnadeln können eine sehr bedeutende Länge erreichen und auch durch geschichtete Häute von Hornsubstauz oder selbst Kieselsubstanz (Euplectella) umschlossen und untereinander verbunden sein. Die Anordnung des beweglichen Parenchyms auf dem festen Gerüst ist nun stets eine solche , dass ein einfacher oder complicirt verzweigter mit Wimpereinrichtungen versehener Leibesraum entsteht, in welchen zahlreiche Poren der äusseren oft als Hautschicht abgegrenzten Paren- chymlage einführen, während eine oder mehrere grössere Oeffnungen, Oscula, vornehmlich als Auswurfsöffnungen fungiren. Um die sehr mannichfachen Abweichungen, welche sowohl die äussere Formgestaltung als die Entwicklung des Innern Canalsystemes darbietet, morphologisch zu begründen und als Modifikationen einer einheitlichen Organisations- reihe darzulegen, wird man zu einer vergleichenden Untersuchung des Baues , der Entwicklungs - und Wachsthumsvorgänge der einfachern und complicirtern Spongienformen verwiesen. Als Ausgangspunkt nehmen wir die frei bewegliche flimmernde Larve der viviparen Kalkschwämme, deren Leibeswandung in der Um- gebung eines centralen vorn geoff'neten Hohlraums aus zwei difierenten Zellschichten, dem Ectoderm und Entoderm, zusammengesetzt ist. Nachdem die schwärmende Larve zur Ruhe gekommen und an dem geschlossenen Pole eine Befestigung gewonnen hat, haben die Zellen des Ectoderms ihre Wimpern eingezogen, dagegen die Zellen des Ento- derms neue in den Leibesraum hineinragende Geissein (jede Zelle eine Geissei) gebildet. Das Ectoderm zeigt im Allgemeinen eine mäch- tigere Entfaltung , bleibt auch nur bei den kleinern Kalkschwämmen eine einfache Zellenlage, producirt in seinen Zellen die Skeletgebilde und ge- winnt sei es durch scheinbare oder wirkliche Verschmelzung seiner Zellen das Ansehn von ungeforraten mit Kernen und Nadeln durchsetzten Claus, Zoologie. 2. Auflage. Ift 146 Bau von Olyntlius, Leucosolenia, Sycon. Sarcodemassen. Mikroskopisch kleine Hautporen oder Einströmungs- üffnungen , welche sich schliessen , verschwinden und durch neugebildete ersetzt^werdcn können, entstehen als Parenchymlücken durch das Aus- einanderweichen der Zellen des Ectoderms und führen direkt das Wasser in den Leibfsraum. Nach E. Haeckel sollen dieselben einer sehr kleinen Kalkspongie, Frosycum, fehlen, dagegen das grosse Osculum wie bei Hydra als Auswurfs- und Einströmungsöffnung zugleich dienen. Eine einfache mit Hautporen versehene Spongienform mit endständigem Osculum wird durch die Gattung Olynthus (E. Haeckel) und durch die stockbildende aus zahlreichen Hohlcylindern zusammengesetzteiei t c mannichfaltig gestalteter Kieselnadeln. Axinella 0. S. (Gmnija Nardo). Verzweigte elastische Schwämme mit festerer Axe, gebildet aus einem vornehmlich longitudinalem Hornnetzwerk, welches lang- gestreckte gebogene Kieselnadeln einschliesst. In dem die Axe umgebenden 152 Halichondrieu. llindenschwämme. Pareiichym fehlen die Hornfasern. A. cinnamonea, faveolaria (Grantia cinnamonea, faveolaria Nardo), intensiv schwefelgelb gefärbt, verrucosa, canndbina (Spongia ver- rucosa, cannabina Esp.), polypoides 0. S., Adria. Easpaüia Nardo. Dunkel gefärbte biegsame Schwämme, welche sich aus einer dünnen Kruste als Basis in Form schlanker unverzweigter oder dichotomischer Ruthen federkieldick erheben. B. typica Nardo, stelUgera 0. S., Quarnero. {Raspaigella entbehrt der deutlichen Hornfasern ganz und schliesst an Beniera an). Clathria 0, S. Von Grund aus verxweigt, ein dichtes Netzwerk bildend. Die Nadeln theils vollständig in der Hornsubstanz eingeschlossen, theils mit den spitzen Enden in die unregelmässigen Maschenräume hineinragend. C. coralloides (Spongia clathnis Esp. = Grantia coralloides Nardo), oroides, pelUgera 0. S. Hier schliessen sich die Gattungen Acanthella, Dictyonella, Suherotelites an. JS'spen'a Nardo. Form meist ästig. Die Kieselnadeln sind zu einem zerreislichen uicht elastischen Netzwerk vereinigt, welches getrocknet so spröde wie Glasfäden wird. Eigenthümliche Kieselkürper mit stielförmigen Mittelstück von Haken- und Pantoffelform, sowie Sförmig gekrümmte Nadeln kommen vor. E. Contarenii {Spongia Contarenii iMartens), Venedig, iunicata 0. S., velutata {Spongia velutata Lhkn.), massa 0. S., Adria. Desmacidon hhVi, Führt von 3Iyxilla zu Esperia und charakterisirl sich durch dreizähnige symmetrische Doppelhaken, die bei Esperia zu den unsymmetrischen Anker- haken werden. D. arciferum, caducum 0. S., Algier. Hier schliesst sich Scopalinaan ohne zusammenhängendes Hornnetz. S. toxotes. c. Compagineae. Ohne Fasernetz, zuweilen von bedeutender Festigkeit und dann mit kittartig zusammenhaltender Sarcode anstatt der Fasern. {Isodictya ßbk.) Beniera Nardo. Von geringer Consistenz, mit einfachen gleichförmigen Nadeln. Zahlreiche Arten kommen im Brackwasser vor. B. digitata, semitubulosa, palmata (HalicJiondria semitubulosa, palmata Lbkn.), filograna 0. S. Suberites Nardo. Von vorwiegend knollig klumpiger Form mit geknöpften Nadeln, die in der Regel in netzartigen Zügen liegen. S. domuncula, massa Nardo. Hier schliessen sich die Gattungen Fapillina {^Baphyrus Bbk.), Callites 0. S. und ■ Polymastia Bbk. an. Vioa Nardo. ßohrschwamni (Cliona Grant). Mit geknöpften Nadeln und ober- Oächlicben krystallinischen Kieselplättchen. V. typica an Austerschalen, celata Lbkn. Myxilla 0. S. Schwammmasse weich, fast nur mit knotigen Kieselnadeln und Szähnigen Doppelhaken. M. fasciculata Lbkn., anhelans Lbkn., rosacea Lbkn. u. a. Hier schliessen sich Cribrella 0. S. und Sclerilla 0. S. (mit bereits theilweise sich isolirenden Fasersträngen) an. Spongilla Lam. Süsswasserspongien mit einförmigen Kieselnadeln und rfthrig verlängerten Oscula. Lieberkuhn unterscheidet zahlreiche Arten vornehmlich nach der Verschiedenheit der Gemniulaeschalen und Nadeln. S. lacustris, fluviatilis Lbkn. 5. Gruppe. Corticatae, Rindenschwämme. Kieselhornspongien mit eigenthümlicher Rindenschiclit, welche durch festeres Fasergewebe und die umschliessenden Kieselkörper von dem weichern faserlosen Innen- parenchyra unterschieden ist. Eigenthümlich ist das Auftreten von kugligen und ankerförmigen Kieselkörpern und von Kieselsternchen, welche auf die Gummineen zurückweisen. Spirastrella 0. S. In der wenig ausgesprochenen Rindenschicht eine eigen- thümliche Art von strahligen Kieselkörpern mit spiralig gestellten Strahlen. S. cunctatrix. Algier. Glasschwänmie. Kalkscliwämme. 153 Ancorina 0. S. Rindenschicht ohne Sternchen und Kugeln, von frei hervor- ragenden Ankernadeln durchsetzt. A. cerebrinn, verrucosa 0. S. Quarnero. Caminus 0. S. Von kugliger Gestalt mit grossem Osculum. Die sprüde Rinde besteht fast nur aus Kieselkugeln, das Parenchyra aus einfachen Kieselnadeln. C. vul- canü Sebenico. Geodia Lara. Höckrige, von unregelmässigen Caniiien durchsetzte Rinden- schwämme, in deren Rinde ausser Kieselkugeln verschieden geformte Kadeln liegen. G. placenta, gigas, tuberosa 0. S., Quarnero. Tethya Lam. Kuglige Schwämme mit engem Canalsystem und dicker leder- artiger Rinde, in welcher Kieselsternchen und einfache spindel- und stabförmige Kadelo liegen. C. lyncureum John^t. Hier schliesst sich Steletta 0. S. an. 6. Gruppe. Hyalospongiae, Glasschwämme. Mit zusammenhän- genden Kieselgerüsten und geschichteten freie Kieselkörper verkit- tenden Fasernetzen von Kieselsubstanz, häufig mit Büscheln von langen Kieselhaaren zur Befestigung, a. Skelet besteht aus einem netzförmigen Geflecht von Kieselfasern. Dactylo- calyx Bbk. Netzwerk unregelmässig aus cylindrlschen Fasern gebildet. D. pumieea Stutchb. Barbados. D. Frattii Bbk. b. Lange Kieselnadeln von verschiedener Form sind durch geschichtete Kiesel- lagen zu einem festen Netzwerk verbunden. Eiiplectella Owen. Das zierliche Netzwerk der cylindrlschen Wand steht mit einem Schopf von Kieselhaaren in Verbindung, welche mit zahlreichen Widerhäkchen besetzt, mit einem Ankerkhopfe endigen und fremde Gegenstände umschlingen. Am freien Ende des Cylinders liegt die Auswurfsöffnung, von siebförmig gegitterter Platte bedeckt. Zahlreiche mannichfaltig gestaltete Kieselsterne liegen zwischen dem Balken- nelze. E. aspergillum Owen. Philippinen. Im Leibesraume des Glasschwammes leben Aega spongiphila und ein kleiner Palaemon. (E. cuciimer Ovv., speciosa G., corbicula Valenc). Hier schliessen sich Holtenia Carpenteri \V. T. von den Faroer-Inseln an. Polyzoische Glasschwämme sind Hyalothauma Ludekingi Herkl. Marsk. und Eurete SchuUzei Semper, von den Philippinen (mit Aega hirsuta) Durch die letztere Form wird der Uebergang zu der merkwürdigen Gattung Hyalonema gebildet. H. Sieboldii Gray. Japan. H. boredle Lov6n. Nordmeer. 7. Gruppe. Calcispongiae, Kalkschwämme. Meist farblose, selten rothgefärbte Spongien und Spongienstöcke , deren Skelet aus kohlen- saurer Kalkerde besteht und als ein Complex vornehmlich dreiarmiger Kalknadeln erscheint. a. Honozoische Kalkschwämme. Olynthus E. Haeck. Die Hautporen der Körperwand führen in den bewim- perten schlauchförmigen Centralraum mit einfachem Osculum. 0. pocillum {Spongia pocillum Fabricius). Grönland, simplex. Neapel, hispidus. Helgoland. Für die mit einem Peristomkranze frei hervorragender Nadeln versehenen Formen ist von E. Haeckel eine besondere Gattung Olynthium aufgestellt worden. Bei Prosyeum sollen nach demselben Beobachter Haufporen fehlen. Sycon Risse. In den Centralraum des ein- fachen Schwanimes munden viele bewimperte, kegelförmig hervorragende Radijjr- canäle ein. Das Osculum wird von einem Peristomkranz von Nadeln umstellt. S. raphanus 0. S., ciliattim Lbkn , Humboldti Risse. Letzterer fehlt den Gattungen Ute 0. S , U. clabra 0. S und Sycarium E. Haeck. (S. tdrimlus 0. S. Grünland). 154 II. Classe. Anthozoa, Corallenthiere. An der Spitze eines dünnhäutigen Rüssels liegt das einfache Osculum bei Sycionella 0. S., S. tubulosa, quadrangulata. Dunstervillia Bbk. Osculum mit doppeltem (innerem verticalen, äusserem hori- zontalen) Peristomkranz von Kadeln. Oberfläche getäifelt. D.elegans^h\'i,corcyrensisO.S. Durch den Besitz radialer Fächer anstatt der Canale charakterisieren sich die Gattungen Artynas Gray und Cyathiscus E. Haeck. , durch unregelmässige Parietal- canäle, Dyssycum E. Haeck., Sycinula 0. S. u. a. Auch kann das Osculum ganz fehlen, wie bei den als besondere Gattungen (?) unterschiedenen Clistolynthus, Bau wie Olynthus E. Haeck., Sycocystis (Sycon), Ärtynella E. Haeck. (^Artynas), Liposto- mella E. Haeck. (Dyssycum). b '). Polyzoische Kalkschwämme. «) Der verästelte oder mehr massige Stock mit mehreren Auswurfsöffnungen. Leucosolenia Bbk. (Granlia). Der Körper der grossentheils verwachsenen Indi- viduen mit verästelten Parietalkanälen. Clathrina Gray. Leibesraum fächerig. G. sülphurea. ß) Der verästelte Stock enthält nur eine gemeinsame Auswurfsöffnung für sämmt- liche Individuen. (Coenosyca E. Haeck.). Nardoa 0. S. Canalwände von einfachen Hautporen durchsetzt, N. lacunosa 0. S. {Grantia lacunosa Johnst), reticulum 0. S. (Nardopsis E. Haeck.), Hierher gehört die in ihrer Entwicklung mit der Olynthusiorm beginnende das Stadium der Leucosolenia und Tarrusform (mit mehreren Oscula) durchlaufende Guancha blanca. Auch gibt es verästelte Stöcke, welche der Auswurfsöffnung überhaupt ent- behren. Sycorrhiza E. Haeck. (Leucosolenia) coriacea. Dritt. Küste. II. Classe. Antliozoa ^) — Polypi^ Corallenthiere. Polypen und Polypensiöcke mit Magenrohr und Mesenterialscheide- wänden, mit innern GescJdechtsorganen (ohne medusoide Geschlechts- generation), häufig Corallen bildend. Die hierhergehörigen Polypen zeichnen sich vor den Polypen und polypoiden Formen, welche wir unter den Hydromedusen antreffen, nicht 1) Diese vorläufige Gruppirung soll jedoch keine systematische sein, da sich wahrscheinlich monozoische Arten auch polyzoisch gestalten können und letztere das Stadium der erstem durchlaufen. 2) Vergl. ausser Linne, Spalanzani, Lamarck u. a. Pallas, Elenchus Zoo- phylorum. 1766. Esper, Die Pflanzenthiere. 1788—1806. Rapp, Ueber Polypen im Allgemeinen und Actinien im Besonderen. Weimar 1829. Ehrenberg, Beiträge zur physiologischen Kenntniss der Corallenthiere im All- gemeinen und besonders des rothen Meeres, desgl. über die Natur und Bildung der Corallenbänke. Abb. d. Berl. Acad. 1832. Darwin, The Structure and Distribution of Coralre^fs. London. 1842. J. D. Dana, United States Expl. Expedition, Zoophyta. Philadelphia. 1846. M. Edwards et Jul. Ilaime, Recherches sur les Polypiers. Ann. des scienc, natur. 1838-52. M. Edwards, Histoire naturelle des Corailliaires. 3 Tom. Paris. 1857 — 1860. Jul. Haime. Memoire sur le Cerianthe. Ann. des Sc. nat. III. Ser. 1854 und zahlreiche andere Aufsätze. Magenrohr. Mesenterialfalten. 155 nur in der Regel durch eine viel bedeutendere Grösse, sondern auch durch eine complicirtere Bildung des Gastrovascularraumes aus.' Der letztere ist nicht etwa eine einfache in die Tentakeln sich verlängernde Aushöhlung des Körpers, sondern zerfällt durch zahlreiche Scheidewände, Mesenterialfalten, welche von der Leibeswandung in radiärer Anordnung nach Innen ausstrahlen, in ein System von senkrechten Taschen. Diese communiciren untereinander meist nur am Grunde des Leibeshöhle und stehen oft mit einem Systeme saftführender Gänge in Verbindung, welche sich in den Wandungen des Körpers verzweigen und durch Poren nach aussen münden können. In ihrem obern Verlaufe schliessen sich die Taschen zu canalartigen in die Höhlungen der Tentakeln einführenden Räume, indem die Ränder der sie begrenzenden Mesenterialfalten mit der äussern Wandung eines von der Mundöffnung herabhängenden Oesophagus beziehungsweise Magenrohres verwachsen. Das Letztere aber besitzt an seinem hintern Ende, da wo die peripherischen Taschen in die Centralhöhle münden, eine verschliessbare Oeffnung, durch welche sein Inhalt mit dem des Gastrovascularraumes in Communication steht. Indem das Magenrohr vornehmlich zur Verdauung der aufgenommenen Nahrung verwendet werden kann, die Taschen und Höhlungen des Leibesraumes aber die Blutflüssigkeit im Körper umherbewegen, er- scheint die Sonderung von Verdauungsorganen und blutführenden Ge- fässen angebahnt. Die vordere Oeffnung im Centrum der Mundscheibe fungirt zugleich als Auswurfsöffnung und lässt unverdaute Speisereste, ferner die Secrete knäuelartig gewundener Fäden, der Mesenterial- ßamente und die Geschlechtsprodukte aus dem Körper austreten. Indessen kann auch (Cerianthus) am hinteren Körperpole eine Oeffnung, vorkommen. Der Polypenleib besteht aus einer äussern (zuweilen mit abgeschiedener Cuticula, Zoanthus) und Innern (Entoderm) Zellenschicht und in der Regel einer intermediären mehr oder minder stark entwickelter Lage bindegewebiger Substanz, die wahrscheinlich auf Differenzirungen des ursprünglich einfachen Ectoderm's zurückzuführen ist. Selten tritt die Bindesubstanz in Form eines Gallertgewebes auf (Alcyonium), am ver- breitetsten erscheint sie als feste von spindel- und sternförmigen Zellen durchsetzte (Zoanthus), häufig jedoch (Älci/oniden, Gorgoniden) der- selben verlustig gegangene homogene Bindesubstanz, die indessen auch zu echtem fibrillären Bindegewebe sich umgestalten kann. Spärlich Lacaze-Duthiers, Histoire naturelle des Corall. Paris. 1864. Memoire sur las Antipathaires, Histologie du polypier des Gorgones, und Deuxi6nie memoire sur les Antipathaires. Annales des sciences naturelles 1864 und 1865. Gosse, Actinologia brittanica. London. 1860. Kölliker, Icones histologiae II. Leipzig. 1865. Vergl. ferner die Arbeiten von Delle Chiaje, Sars, Agassiz, Hollard, Hainie, Verrill, Stimpson, Fr. Müller, Wright, Gosse, Semper, Kölliker, Graeffe etc. 156 Geschlechtliche Fortpflanzung. Metamorphose. scheint die Bindesubstanz bei den 3Iadreporarien zu sein (Veretillum cynomoriwn^ Ammothea, Actinia). Auch Muskelfasern finden sich in der Unterbaut ziendich häufig, zuweilen selbst als Kingmuskellage geson- dert, wenngleich sie auch in einzelnen Fällen fehlen können. Bei der von Lacaze-Duthiers genau untersuchten Edelcoralle (Corallium rubrum) sind die Zellen des Ectoderms klein und wie wohl überall mit zahlreichen Nesselkapseln durchsetzt. Die Zellen des die Leibeshöhle und deren Canalsystem auskleidenden Entoderms sind grosse Flimmer- zellen mit grobkörnigen, theil weise fettigem Inhalt. Bei Corallium hängen den Scheidewänden der Leibeshöhle gestilte Kapseln an, welche die reifen Geschlechtsstoffe in sich einschhessen. Dieselben entstehen im Innern der Scheidewände, drängen sich aber mit zunehmender Masse mehr und mehr hervor. Im Zustande der Reife platzen die Kapseln, und die Befruchtung erfolgt noch vor dem Austritt des Eies mittelst der von aussen in den Leibesraum aufgenommenen Samenfäden. Die Geschlechtsstoffe entstehen an den Seitenrändern derMesenterial- falten oft in bandförmigen oder krausenartig gefalteten Verdickungen, und zwar sind die Geschlechter in der Regel getrennt. Es werden jedoch auch gleichzeitig (Edelkoralle) hermaphroditische Individuen angetroffen, selten sind alle Individuen hermaphroditisch, z. B. bei Cerianthus. Bei stockbildenden Polypen herrscht bald die Vereinigung männlicher und weiblicher Thiere, bald wie bei den Alcyonarien die Trennung derselben auf verschiedene Stöcke vor. Die aus den befruchteten Eiern hervorgehenden Embryonen werden als bewimperte Larven lebendig geboren und besitzen im Innern ihres aus Ectoderm und Entoderm zu- sammengesetzten Körpers einen Leibesraum, welcher an dem bei der Bewegung nach hinten' gerichteten Pole mittelst einer Mundöffnung zum Durchdruch kommt. In solcher Gestalt setzen sich die Larven nach längerm Umherschwärmen mit dem geschlossenen Pole fest und treiben in der Umgebung des Mundes einen Kranz von 4, 8 oder 6 Tentakeln. Im erstem Falle vermehrt sich bei Cerianthus die Zahl der Arme bald auf 6, dann 9 und mehr, wäbrend die gleich anfangs Sarmigen Octactinien mit dem weitern Wachsthum keine grössere Zahl der Fangarme erhalten; die 6armigen jungen Polypen hingegen vergrössern meist in fortschreitender Progression die Zahl ihrer Fangarme oft bis ins Unbegrenzte. Schon vor der Neubildung von Tentakeln erfolgt eine Complication in der Innern Gestaltung des ursprünglich einfachen Leibesraumes; es legen sich Darmrohr und Scheidewände an, deren Zahl bei den Sarmigen Polypen auf 8 beschränkt bleibt, bei den vielarmigen dagegen gleichmässig mit der Vermehrung der Fangarme zunimmt. Neben der geschlechtlichen Fortpflanzung besteht sehr allgemein die ungeschlechtliche Vermehrung durch Sprossung und Theilung. Bei KnospuDg. TheiluDg. Bildung von Polypenstöcken. 157 der Edelcoralle entstehen neue Individuen durch Zellwucherungen der oberflächlichen Schicht. Dieselben gewinnen einen innern Hohlraum und eine endständige Oeflfnung, in deren Umgebung der Tentakelkranz her- vorsprosst. Bleiben die durch Knospung und unvollständige Theilung erzeugten Individuen untereinander verbunden, so kommt es zur Ent- stehung von Polypenstöcken, welche eine sehr verschiedene Form und bei fortgesetztem Wachsthum einen sehr bedeutenden Umfang erreichen können. In der Regel liegen die Individuen in einer gemeinschaftlichen Körpermasse, Coenenchyni oder Sarcosom, eingebettet und communiciren mehr oder minder unmittelbar, gewöhnlich erst mittelst der Parietal- canäle, so dass die von den Einzelpolypen erworbenen Säfte dem ge- sammten Stocke zu Gute kommen. Lacazc-Duthiers unterscheidet an dem Canalsystem der Edelcoralle eine tiefer liegende Gruppe von meist gröbern Längscanälen, auf welche die Canellirung des sog. Achsenskeletes zurückzuführen ist, und ein mehr oberflächliches engmaschiges Netz- werk, durch welches vornelimlich die Leibesräunie der Polypen unter- einander im Zusammenhang stehen. Peripherische OeÖnungen des Canal- systemes nach Art der Hautporen des Schwammkörpers sollen hier voll- ständig fehlen, dagegen die Mündungen junger noch tentakelloser Polypen- knospen leicht zu der Deutung von Hautporen Veranlassung geben. Ein solcher Polypenstock bietet uns ein zutreffendes Beispiel für einen aus gleich- artigen Gliedern zusammengesetzten Thierstaat, ohne Arbeitstheilung und Polymorphismus seiner Individuen. Nur die Arbeit der Geschlechts- erzeugnisse vertheilt sich in der Regel auf verschiedene Individuen, die aber sonst in gleicher Weise organisirt, zugleich alle vegetativen und animalen Verrichtungen übereinstimmend besorgen. Indessen ist durch neuere Untersuchungen auch eine Art Polymorphismus für manche Polypen- stöcke der Anthozoen bekannt geworden. Schon V er rill erwähnt das Vorkommen rudimentärer Polypen bei den Pcnnatuliden, und Kölliker liefert den eingehenden Nachweis, dass in der That an diesen Polypen- stöcken (Ualoptoriden) neben den grössern Individuen mit gefiederten Armen, Geschlechtsorganen und 8 Mesenterialfilamenten kleinere Indi- viduen ohne Tentakeln und Geschlechtsorgane mit nur 2 Mesenterial- filaraenten existiren, welche nach der Ansicht jenes Forschers vornehmhch die Aufnahme und Abgabe des Wassers besorgen sollen. Da dieselben jedoch einen Gastrovascularraum mit 8 Scheidewänden und einem birn- förmigen Magenrohr besitzen, wird es wahrscheinlich, dass auch sie der Funktionen der Nahrungsaufnahme und Verdauung nicht völlig entbehren. Von besonderer Bedeutung sind dieSkeletbildungen der Polypen, die Polyparien. Während man früher mitEhrenberg, Dana und vornehmlich M.Edwards für die Hartgebilde der Corallenthiere eine doppelte Form der jintstehung annahm und den Skeleten der Unterbaut gegenüber die Kog. Achsenskelete der Rindeucorallen als (Juticularbildungan auf Aus- 158 Skeletbildungen. Achse. Rinde. Scheidungen oberflächlicher Zelllagen zurückführte, hat es sich in neuerer Zeit zuerst durch die Untersuchungen von Lacaze-Duthiers und dann durch die umfassenden Arbeiten Kölliker's herausgestellt, dass auch die letztern in der Bindesubstanz der Unterhaut ihre Entstehung nehiien. I^ur in wenigen Familien, Äctinien, Cerianthiden, und einzelnen Gattungen werden Skeletbildungen vollkommen vermisst. In vielen Fällen bleiben dieselben weich und biegsam oder nehmen einen hornigen (chemisch der Chitinsubstanz verwandten ' Charakter an (Achse der Gorgoniden, Anti- pathiden), in andern Fällen zeigen sie eine kreideartig zerreiblicüe Beschaf- fenheit (Rinde der Gorgoniden), sehr häufig aber erscheinen sie steinhart und besitzen einen erstaunlichen Grad von Festigkeit (Achsen der Edel- coralle. Madreporen). In der umfangreichen Abtheilung der Octactinien oder Alcyonarien ist das Auftreten von mannichfach geformten, glatten oder warzigen oft lebhaft gefärbten Kalkkörpern in der Grundsubstanz der bindegewebigen Unterhaut für die Skeletbildung überaus wichtig. Nur bei wenigen Alcyonarien ( Virgularia mirahilis, Cornularia) wurden Kalkspicula vermisst. Dieselben bestehen aus einer chemisch noch nicht genügend bekannten, an nur spärliche organische Substanz gebundenen Kalkablagerung und können in allen Theilen des Polypenstockes, in der Achse sowohl als in dem Coenenchym , ja selbst in dem freibleibenden vorstreckbaren Leibesabschuitt der Einzelpolypen enthalten sein. In der Achse finden sich Kalkkörper nur bei den Gattungen Sclerogorgia, Mopsea, Melithaea, Solandria und Corallium. Wo sie wie in dem vor- streckbaren Leibe der Einzelpolypen in spärlichen und wenn auch oft regelmässigen Gruppen auftreten, verleihen sie dem Parenchym eine etwas grössere Festigkeit, im Falle einer dichteren Anhäufung gewinnt das Gewebe je nach dem Verhalten der umschliessenden Grundsubstanz eine verschiedene, mehr lederartig biegsame, hornige oder feste ver- kalkte Beschaöenheit. Zuweilen nimmt das die Kalkkörper umlagernde von Ernährungscanälen durchsetzte Gewebe einen hornigen Charakter an nnd erscheint als ein Netzwerk von Fasern, dem Hornfasergerüst der Spongien vergleichbar (Rindenlage der weichen Glieder der Meli- thaeacem, ungegliederte Achsen der Sclerogorgia). Indessen können die Kalknadeln auch untereinander zu grössern zusammenhängenden Hart- gebilden, sowohl durch unmittelbare Verwachsung, als unter Betheiligung einer verkalkten Zwischensübstanz (harte Glieder und Centralstrang der Achsen von Melithaeaceeu und Corallinen) verschmelzen und dann zu sehr festen und steinharten Skeletbildungen Veranlassung geben. In dem Achsenskelet der von Lacaze-Duthiers so genau untersuchten Edeicoralle {Corallium rubrum) unterscheidet man ein meist dreikantiges Centralblatt, welches von einer dicken concentnsch geschichteten Rinde umgeben wird. Jenes ist die erste Bildung des Skeletes und entsteht, wie man sehr bestimmt an jungen noch solitären Einzelpolypen erkennt, Skelet der Tubiporinen und Madreporarien. 159 in der Tiefe als rinnenförmig gebogenes Blatt im Umkreis des Magens durch Verklebung ursprünglich isolirter Kalknadeln. Die dreikantige Form verdankt dasselbe dem nachfolgenden Wachsthumsprocesse, durch welchen aus dem Polyp mittelst Knospung eine kleine Colonie mit meh- reren in drei Längsreihen übereinanderstehenden Polypen hervorgeht. Die um den centralen Kern sich später ablagernden Kalkschichten werden ebenfalls aus zahlreichen durch Zwischensubstanz verkitteten Nadel- körpern gebildet. In gleicher Weise entstehen die mehr vereinzelten Kalkgebilde, welche in der Umgebung des steinharten Achsenskelets der Edelcoralle die rothe Färbung der weichen Rinde bedingen als Ab- lagerungen isohrter Nadeln im Sarcosom. Häufig nehmen jedoch die Kalkkörper an der Bildung horniger Achsen überhaupt keinen Antheil und es ist ausschliesslich die verhornte bindegewebige Substanz, welcher das Skelet seine Festigkeit verdankt (hornige Achsen der Gorgoniden und Antipathiden) ^ in andern Fällen finden sich krystaUinisch kalkige Einlagerungen in der Hornsubstanz (Flexaura), oder es verkalkt die Hornsubstanz selbst (Achse der Gorgonellaceen, Frimnoaceen und Fen- natuliden, sowie die harten Glieder von Isis). In allen diesen Fällen enthält das Achsenskelet einen abweichend aber sehr mannichfach ge- stalteten Centralstrang. Unter Ausschluss von Kalkkörpern entstehen endlich die festen Kalkskelete der Tubiporinen und sämmthcher Madre- porarien, wahrscheinlich durch Verkalkung des Coenenchyms. Dieselben bestehen aus einer doppelbrechenden Kalksubstanz von fasriger Struktur und strahlig-krystallinischem Gefüge, die nach dem Ausziehen der Erd- salze (Kohlensaurer Kalk, Phosphate und Fluorverbindungen) nur ein Minimum eines organischen Rückstandes hinterlässt. Am Einzelthiere der Madreporarien erfolgt die Bildung des Skelets von der Fussliäche aus und schreitet von da in der Weise fort, dass neben dem verkalkten FussUatt im untern Theile des Polypenkörpers ein mehr oder minder becherförmiges Mauerhlatt entsteht, von welchem zahlreiche senkrechte Plättchen (Sepia) in die Mesenterialfalten hinein- strahlen. In dem becherförmigen Kalkgerüste des Einzelpolypen wieder- holt sich daher mehr oder minder vollständig die Architektonik des Gastrovascularraumes , indem die Septa den von den Mesenterialfalten umschlossenen Taschen entsprechen. Auch wächst die Zahl der Strahlen, wie die der Scheidewände und Tentakeln mit dem Alter der Polypen nach demselben Gesetze. Indessen werden durch innere und äussere Diö'erenzirungen des Kalkbechers und seiner Septa eine grosse Zahl von systematisch wichtigen Modifikationen des Skeletes hervorgerufen; zuweilen erhebt sich in der Achse des Bechers eine säulenartige Kalk- masse {Columella), und in deren Umgebung, getrennt von den Strahlen des Mauerblattes, ein Kranz von Kalkstäbchcn [Fali). Es können ferner zwischen den Seitenflächen der Strahlen, Spitzen und Bälkchen als 160 _^ , /> Formen der Polyparien. Lebeiiswoise. Sj'napticula oder auch hori/^ontale Scheidewände {Dissepimenta) zur Ausbildung kommen, wie andererseits auch die Aussenfläche des Mauerblattes vorspringende Rippen (Costae), und zwischen diesen ähnliche Dissepimente aufzuweisen hat. Die grossen und mannichfachcn Formverschiedenheiten der Polypen- stöcke sind aber nicht allein durch die abweichenden Skeletbildungen ihrer Einzelpolypen bedingt, sondern das Resultat eines verschiedenen Wachsthums durch Sprossung und unvollkommene Theilung. Die Spros- sung erfolgt nach bestimmten Gesetzen von verschiedenen Stellen des Mutterthieres aus, sowohl an der Basis, als an der Seitenwandung und am Kelchrande des Polypen. Die unvollkommene Theilung findet meist in der Länge des Thieres statt und scheint damit zu beginnen, dass sich die Mundöffnung in eine Längsspalte auszieht und abschnürt. Zu- weilen wird die Theilung nicht einmal bis zur vollkommenen Abschnürung der Miindscheiben durchgeführt, und die verbundenen Individuen bleiben von einem gemeinsamen Mauerblatte umschlossen, in welchem lange und gewundene Thäler bemerkbar sind. In diesem besonders bei den Maeatidrincn ausgeprägten Falle treten zwar zahlreiche Mundöffnungen und Magenschläuche auf, allein die Gastrovascularräume bleiben in unmittelbarer Communication , die Septalsysteme erstrecken sich in voll- ständiger Continuität über die ganze Länge der gewundenen Thäler hin. In anderen Fällen bleiben die mit gesonderten Mundscheiben und Septen versehenen Individuen durch die Verschmelzung ihres Mauerblattes in der ganzen Länge verbunden {Astraeen). Oder es setzt sich endlich die Theilung durch die ganze Länge des Thieres bis zur Basis fort, an welcher die Einzelpolypen durch das verkalkte Coenenchym zusammen- gehalten werden. Während die beiden ersten Wachsthumsformen be- sonders die lamellösen und massigen Polypenstöcke erzeugen, bedingt die letztere die sogenannte Rasenform z. B. der Gattungen Eusmilia, Mussa. Selten trennen sich die durch Theilung oder Knospung erzeugten Individuen vom Mutterthiere los, eine Art der Vermehrung, welche z.B. bei den Actinien beobachtet wird. Die Anüioeoen sind sämmtlich Bewohner des Meeres und leben vorzugsweise in den wärmern Zonen, wenngleich einzelne Typen der fleischigen Octactinien und auch Actinien sich über alle Breiten hinaus bis in den hohen Norden erstrecken. Auch eine Isidine {Isidella lofotensis) wurde^ von Sars im hohen Norden beobachtet. Die Polypen, welche Bänke und Riffe erzeugen, beschränken sich auf einen etwa vom 28. Grade nördlicher und südlicher Breite begrenzten Gürtel und reichen nur hier und da über denselben hinaus. Auch ist die Tiefe, in welcher die Thiere unter der Meeresoberfläche leben, eine begrenzte und für die einzelnen Arttn zum Theil verschiedene; die meisten Arten erstrecken sich von der I>bbegrenze bis zu 20 Faden Tiefe, viele aber leben auch Corallenriffe und Inseln. Krebse als Parasiten. 161 noch weit unterhalb derselben. In sehr bedeutender Tiefe können die Polypen eben so wenig, wie oberhalb der Ebbegrenze an den vom Wasser zeitweise entblössten Orten leben. Meist bauen dieselben in der Nähe der Küsten und erzeugen hier im Laufe der Zeit durch die Ab- lagerungen ihrer steinharten Kalkgerüste Felsmassen von kolossaler Ausdehnung , welche theils als Corallenriffe {Atolle, Canalrife, Strand- riffe) der Schifffahrt gefahrbringend sind, theils zur Grundlage von Inseln werden können. In beiden Fällen kommt der Wirksamkeit der Corallen- thiere eine allmähhge Niveauveränderung , Hehmg des Meeresgrundes zu Hülfe, wie andererseits auch die Ausbreitung der Corallenbänke in die Tiefe durch eine seculäre Senkung des Bodens herbeigeführt werden kann. Indessen haben auch die Strömungen des Meeres einen wesent- lichen Einfluss auf Gestaltung und Wachsthum der Elfte. Nicht selten betheiligen sich an der Bildung derselben verschiedene Arten, wie z. B. nach Weinland die Corallenriffe an der Küste von Hayti in einer Tiefe von etwa 100' bis zu 50' aus Ästraeen, weiter nach oben aus Maean- drinen bestehen und etwa 14' unter dem Meeresspiegel zerbrechliche, vielverzweigte Madreporen und senkrechte Fachwerke zusammen- setzende Milleporen enthalten. Dass man mit Unrecht den Corallen ein sehr langsames, erst im Laufe von Jahrhunderten bemerkliches Wachsthum zugeschrieben hat, geht aus einer Beobachtung Darwin's hervor, nach welcher ein im persischen Meerbusen versunkenes Schiff schon nach 20 Monaten mit einer 2 Fuss dicken Corallenkruste überzogen war. Jedenfalls ist der Antheil, den die Anthozoen an der Veränderung der Erdoberfläche nehmen, ein wesentlicher, und wie dieselben gegenwärtig theils die Küsten vor der zerstörenden Wirkung der Brandung beschützen, theils durch Condensirung gewaltiger Kalkmassen zur Bildung von Inseln und festen Gesteinen beitragen, so waren sie auch in noch grösserem Um- fange in frühern geologischen Epochen thätig, von denen namentlich die Corallenbildungen der Palaeozoischen und der Jurassischen Formationen eine sehr bedeutende Mächtigkeit besitzen. Die erstem zeigen nach den Untersuchungen von M. Edwards und Haime Eigenthümlichkeiten in ihrem Bau, durch welche sie sich von allen andern sowohl spätem Formationen angehörigen als den jetztlebenden Corallen unterscheiden. Gegenüber dem neozoischen Typus charakterisiren sich die paläozoischen Corallen (Madreporaria rugosa) fast ausnahmslos durch die auf den Numerus 4 zurückführbare Zahl der Septalfächer, obwohl sie in der äussern Gestalt vielen Riffe bauenden Formen der Jetztzeit sehr ähnlich sehn. Merkwürdig ist eine bei einigen Corallen beobachtete Missbildung, welche durch einen parasitischen Brachyuren veranlasst wird. Dieselbe beruht darauf, dass die Zweige, zwischen denen sich der Krebs fest- gesetzt hat, in Folge der von demselben erzeugten Wasserströmungen Claus, Zoologie. 2. Auflage. 11 I(i2 1. Ordnung. Alcj'onai'ia. Alcyonidae. Tennatulidac. flächenhalt auswachsen und sich oberhalb des Parasiten kugelartig schliesscn (Solche Beobachtungen wurden z. B. bei den allerdings zu den Hydroideu gehörigen Poa7Zo/?ora cespitosa Y er rill — Hapalocarcimis — und Seriatopora hystrix Graeffe gemacht). Auch in Maeandrinen und Astraeen sind ähnliche Krebse gefunden worden. tjmM^ 1. Ordnung: Alcyonariä (Octactinia Ehbg.). Polypen und Polypenstöcke mit 8 gefiederten Fangarmen und ebensoviel unverJcalläen Mesenterialfalten. Die Kaikabscheidungen der Cutis führen zur Bildung von fleischigen Polyparien oder minder festen zerreiblichen Rinden in der Umgebung eines bald weichen, bald hornigen, bald steinharten Achsenskelets oder zur Entstehung fester Kalkröhren (TuMjJora). Die Trennung des Ge- schlechts auf verschiedene Individuen und auf verschiedene Stöcke (diöcisch) gilt als Regel. Indessen können sich auch, wie bei der Edel- koralle Verhältnisse wiederholen, wie sie für die Linneische Pflanzen- classe Polygamia charakteristisch sind, indem gleichzeitig Zwitterstöcke (monöcisch) und wenngleich selten Zwitterindividuen zur Beobachtung kommen. 1. Farn. Alcyonidae. Festsitzende Stöcke ohne Achse mit fleischigem nur spärliche Kalkkörper enthaltenden Polypar. Die langen Leibeshühlen der Einzellhiere sind nach der Basis des Polypars gerichtet. 1. Subf. Cornularidae. Einzeithiere durch basale Sprossen und wurzelförmige Ausläufer verbunden. Cornularia Lam. Polyp retractil. C. crassa Edw., cornucopiae Schweig. Mittelmeer. Bhizoxenia Ehhg. Polyp nicht retraktil. B. fiUformis Sars. Nor- wegen. E. rosea Dana. Mittel meer. Clavularia Quoy. Gaim. Sarcodictyon Forb. Anthelia Sav. Sympodium Ehbg, Einzeithiere sind: Haimea Edw. Hartea Edw, 2. Subf. Älcyoninae. Die Polypenstöcke entstehen durch laterale Knospung und bilden dann gelappte und ramificirte Massen unter reichlicher Coenenchymentwicklung. Älcyonium L. Das geliippte oder fingerförmige Fortsätze bildende Polypar mit retraktilen Polypen. A. palmatum Pall., digitatum L. , flexibile Dan,, confertum Dan., arborcum Sars., letztere in bedeutenden Tiefen. Sarcophyton Sars. Ammothea Sav. Xenia Sav. Nephthya Sav. Spaggodes Less, Paralcyonium Edw. 2. Farn. Pennatulidae Seefedern. Polypenstöcke, deren nackte ireie Basis im Sande oder Schlamme steckt, meist mit hornig biegsamer Achse. Die langen Leibes- hühlen der Einzeithiere nach der Basis des Stammes gerichtet, 1. Subf. Pavonarinae. Virgularia Lam, Polypar stabförmig, die Polypen sitzen auf kurzen Trägern, die in zwei Reihen angeordnet sind. V. juncea Pall. Funiculina Lam. Die entwickelten Polypen sitzen in Querreihen am stablürmigen Polypar. P\ finmarchica Sars., Christii K. D., quadrangularis Pall. Nordische Meere. Lygas mirdbilis. — Scytalium Sarsii. 2. Subf. Pennatulinae. Pennatula L. Das federförmige Polypar mit Seiten- zweigen, an welchen die Polypen sitzen. Auf der Rückenseite des Schafts liegt eine grössere Wasseröffnung, an der Spitze des Stiles eine feinere. P, rubra, phosphorea Ellis. Mittelmeer — Pteroides Herkl. — Sarcoptüus Quoy. 3. Subf. Veretillinae. VeretiUum Cuv, Das cylindrische Polypar trägt über- all an allen Seilen retraktile J'olypen. V. cynomorium Pall. Mittelmeer. V. pusillum Gorgonidae, Riiulencorallen. 16:-) (CaremMZana Herkl.) Phil. Palermo. — Lituaria Val. (Mit bulbrtser Basis des Stammes). Sarcobelemnon Herkl. — Kophobelemnon Asbj. 4. Subf. Benillinae. Benilla Lam. Das nierenförmig abfrepiattete Polypar wird von einem Stile getragen , dessen Ende eine feine Oeffnung besitzt. In der Mitte der oberen Scbeibenfläche findet sich eine grosse Oeffnung zur Füllung des Ga«tro- vascularsystems mit Wasser. B. reniformis Fall,, violacea Quoy. Gaim. Amerika. Umbellaria groenlandica Lam. 3. Fam. Gorgonidae. Rindencorallen. Festsitzende Polypenstöcke mit hor- nigem oder kalkigem, bqumlörmig yerästeltem Achsenskelet, welches von einer weichern oder zerreiblichen, aus Körpern des Coenenchyms gebildeten Kalkrinde über- zogen wird. Die kurzen Leibeshöhlen der contraktilen Einzelpolypen stehn senkrecht zur Achse , durch Längsgefasse und verästelte Canäle communicirend. 1. Subf. Gorgoninae. Slit ungegliederter horniger oder verkalkter Achse, die eine Ausscheidung des Parenchyms ist. Die Aeste des Stockes verwachsen oft an den Berührungsstellen. Nach Valenciennes u.Kölliker kann man folgende Gruppen bilden: a) Primonaceae. Mit oberflächlicher Lage stacheltragender Kalkkörper und dünnem Coenenchym. Einzelthiere papillenähnlich vorspringend. Primnoa. Lamx. Achse verkalkt. P. lepadifera Lamx. Kordische Meere. P. flabellum, verücillaris Ehbg, Muricea elongata Lam., Jiorrida Moeb. , spinifera Lamx. Echinogorgia Köll. Behryce PI il. u. a. G. b) Pieicawraceae (Euniceidae Köll.). Mit dickem an der OberHäche nicht stach- ligem, aber mit einer Rindenlage von Keulen versehenem Coenenchym. Achse verkalkt oder hornig. Plexaura, mit verkalkter Achse. P. ßexuosa Lamx. IJunicea mam- mosa Lamx. Plexaurella Köli. c), Gorgonaceae. Mit glattem, dünnem Cönenchym, kleinen, vorwiegend spindelförmigen Kalkkörpern und horniger Achse. Gorgonia Edw. Die Einzelthiere bilden auf dem verästelten Polypar vorspringende Warzen. G. verrucosa Fall. Mitte!- nieer. Leptogorgia Edw. H. Mit dünnem hautartigen Cönenchym ohne Warzen, L. viminalis L. Atl. Ocean. Bhipidogorgia Val. Mit fächerförmigem Polypar. B. flabellum L. Antillen. Lophogorgia Edw. H. Das fächerförmige Polypar mit mehreren Hauptästen am abgeplatteten Stamme. L. palma Edw. Cap. Pterogorgia setosa, pinnata Edw. Xiphigorgia anceps Fall., setacea Edw, Hymenogorgia quercifolia Val. Phyllogorgia dilatata Edw. Phycogorgia Val. d) Gorgonellaceae. Mit glattem dünnem Cönenchym, kleinen Kalkkörpern von der Form warziger Dopdelkugeln und verkalkter lamellöser Achse. Gorgonella Achse lamellös radiarstreifig. G. gramiulata Esp. Gorgonia reticuliim Esp. Ver- runcella Edw. H. Juncella Val. 2. Subf. Briareaceae. Gorgoniden, deren Inneres aus unverschmolzenen Kalkkörpern besteht. Briareum gorgonideum ßlainv. Paragorgia arborea Edw. (Alcyonium arboreum L.) Nordische Meere. Solanderia gracilis Duch. Mich. 3. Subf. Sclerogorgiaceae. Die ungegliederte Achse besteht aus Hornsubstanz und verschmolzenen Kalkkörpern. Sclerogorgia Köll. S. suberosa Esp., verruculata Esp, 4. Subf. Isidinae. Die gegliederte Achse ist aus abwechselnd hornigen und kalkigen Stücken gebildet, von denen die letztern einen lamellösen Bau besitzen. Isis Lamx. Die Kalkglieder wechseln mit hornigen Stücken I. hippuris. 5. Subf. Melithaeaceae. Die weichen Gliederstücke der Achse bestehen aus getrennten Kalknadeln, die von Hornsubstanz und Bindegewebe umgeben sind, die harten aus verschmolzenen Kalknadeln. 11* 1G4 Tubiporidae. — 2. Ordnung. Zoantharia. Melithaea Lam. Achse von zahlreichen Ernährungscanalen durchzogen. M. ccJiracea, retifera Lam. — Mompsea Lamx. Achse ohnej Ernährungscanäle. M. dichotoma Lamx., erythraea Ehbg. 6. Subf. Corallinae. Die ungegliederte steinharte Achse ist aus krystallinischer Grundmasse und mit derselben verschmolzenen Kalkkörpern gebildet. Corallium Lam. C. rubrum. Edelcoralle, Mittelmeer. Das steinharte rolh ge- färbte Achsenskelet wird zu Schmucksachen verarbeitet nnd ist ein sehr geschätzter Gegenstand des Handels. Der Corallenfang wird vornehmlich an den Küsten von Algier und Tunis eifrig betrieben. Dort sammeln sich im Frühjahr und am Anfang des Winters wohl 200 — 300 Schiffe, aus denen grosse eigenlhümlich gefertigte Netze ausgeworfen und an den Felsen hergezogen werden, um die Corallen in den Maschen zu verwickeln, abzureissen und emporzuschaffen. Der Erwerbszweig ist so bedeutend, dass allein an den dortigen Küsten jährlich etwa 30000 Kilogramm Corallen im Werthe von circa22 Millionen Francs gefischt wird. 4. Fam. Tubiporidae, Orgelcorallen. Folyparien einem Orgelwerke ähnlich. Die Polypen sitzen in parallelen durch niedere Scheidewände gesonderten und mittelst horizontaler Platten verbundenen Kalkröhren , welche von zahlreichen einfachen und gabiich getheilten Canälen durchsetzt sind. Ebenso sind die innern Scheidewände und die äussern Verbindungsplatten mit einem complicirten Kanalsystem versehen. Das Polyparium ist daher wahrscheinlich als innere von weicher Hautschicht überkleidete Skeletbildung des Cönenchyms anzusehn, und die Röhren entsprechen den verkalkten Mauerblättern der Madreporarien. Die Polypen sind völlig retraktil. 4. Farn. Tubiporina, lubipora L. , Indischer Ocean, ptirpurea Dan., Rothes Meer'). pyJJ,^ 2. Ordnung: Zoantharia. (Polyactinia Ehbg. exparte). Folt/pen und Folypenstöcke mit 6, i2, 24 und zahlreichen in fort- schreitender Zahl vermehrten Fangarmen, die meist mehrfache alternirend gestellte Kreise um die Mimdöffnung bilden, und einer gleichen Zahl von meist verkalkten Septen des Gastrovascularraumes entsprechen. Der Leib kann sowohl ganz weich sein und jeglicher Skeletbildung entbehren, als eine hornige lamellöse Achse besitzen. In den meisten Fällen aber (Madreporaria) erzeugt derselbe ein steinhartes verkalktes 1) Hier schliesst sich die Ordnung der Madreporaria Bugosa an. Paläozoische Corallen mit zahlreichen nach der Vierzahl angeordneten Septen der Einzclkelche. Während man früher die Corallen der ältesten Formationen mit den Madreporen vereinigte oder gar nach dem Vorgange Agassiz's eis Hydroidpolypen betrachten konnte, scheint es am natürlichsten, diese nur wenige Familien umfassende Polypen- gruppe wegen der Vierzahl des Septalsystems den Octactinien anzureihen und mit denselben der Abtheilung der Tetracorallia einzuordnen. Die Einzellhiere vermehren sich durch Knospung (selbst innerhalb des Kelchrandes) zur Bildung gemeinsamer Stöcke, für welche der vollständige Mangel des Cönenchyms charakteristisch ist. Mit M. Edwards und Haime unterscheidet man die vier Familien der Stauridae, Cyatho- phyllidae, Cyathoxonidae und Cystiphyllidae mit mehreren Unterfamilien und zahl- reichen Galtungen und Arten. Actiniaria. Actinidae. Cerianthidae. Ifif) Polyparium von strahlig-fasrigem , krystallinischem Gefüge. Auch hier gilt die Trennung des Geschlechtes als Regel, indessen kommen sowohl diöcische Stöcke (Gerardia) als auch hermaphroditische Individuen vor. Die Polypen bergen ziemlich allgemein ihre Jungen so lange Zeit iu ihrem Gastrovascularraum , bis dieselben den Strahleuhau und die Ten- takelanlageu erlangt haben. Viele Madreporarien sind für die Ent- stehung der Corallenriffe und Inseln von Bedeutung. 1. Unterordnung: Actiniaria.' (Malacodermata). Pleischpolypen. Der Körper der Polypen weich, ohne Hartgebilde. 1. Fam. Actinidae. Mit alternirenden Kränzen von Fangarmen, welche je einem perigastrischen Räume entsprechen. 1. Subf. Minyadinae. Mit blasig aufgetriebenem als hydrastatischer ApparHt wirksamen Fusse. Minyas Cuv. Mit kurzen einfachen Fangarmen und warzigem Körper. M. cyanea Cuv. Südsee. — PlotacÜs Edw. Nautactis Edw. 2. Subf. Actininae Edw. Mit einfachen Fangarnien und scheibenförmigem Fuss. Anemonia. Tentakeln nicht zurückziehbar, Körperwand glatt. A. sidcata Penn. {Anthea cereus Johnst.) — Comactis Edw., Ccractis Edw. u. a. G. — Actinia L. Mit ziemlich gleichartigen zugespitzten und contraktilen Tentakeln, nacktem Körper und Pigmenthöckern des Scheibenrandes. A. equina L. Cereus Oken. Mit warziger Körperwand, ohne Pigmenthöcker des Scheibenrandes. C. coriaceus Edw. Corynactis AUm. Capma Forb. Cystactis Edw. Echiriactis Edw. Adamsia Forb. Edwardsia Qtrf. 3. Subf. Phyllactinae. Mit einfachen und zusammengesetzten Fangannen. Phyllactis Edw. Körperwand glatt. Die zusammengesetzten Tentakeln sitzen am Rande der Kopfscheibe. P. praetexta Dan. Ulactis. Edw. Rhodactis Edw. 4. Subf. Thalassianthinae. Tentakeln sämmtlich zusammengesetzt, verästelt oder Papillentragend. Thalassianthus F. S. Lt. Die Zweige der Tentakeln schlank und vierfach ge- fiedert. T. aster F. S. Lt., Rothes Meer. — Actinodendron Blainv. Zweige der Fang- arme verdickt, papillentragend. — Actineria Blainv. Die unverzweigten Tentakeln mit Fäden besetzt. — Phymanthus Edw. Sarcophianthus Less. 5. Subf. Zoanihinae. Mit lederartiger fremde Körper einschliessender Unter- haut, durch basilare Ausläufer Stöcke bildend. Zoanthus Cuv. Breitet sich mittelst Stoloncn aus. Z. sociatus Less. — Palythoa Lamx. Polypar flächenhaft ausgebreitet. 2. Fam- Cerianthidae. Der langgestreckte hermaphroditische Polypenleih, oft mit ausgeschiedener Hauthulse, trägt einen äussern marginalen und Innern labialen Kranz von p-angarmen; dieselben alternircn nicht miteinander, indem je ein Rand- und Lippen- tentakcl zu einem gemeinsamen Interseptalraum gehören. Im Magenrohr finden sich zwei gegenüberstehende Furchen , von denen die tiefere durch den Verlauf von zwei sehr starken bis zum Grund der Leibeshöhle reichenden Scheidewänden bezeichnet wird. Die übrigen Scpten enden schon in der Mitte der Leibeshöhle. Das zugespitzte Hinter- ende heftet sich im Sande an und kann (^Cerianthus) durch einen Porus geöffnet sein. Die Larven besitzen zuerst vier Tentakeln, vermehren aber die Zahl derselben durch nebeneinanderknospende Tentakeln auf sechs. So scheint der genetische Zusammen- hang zwischen 4zäl:ligen und 5zähligen Polypen angedeutet. hJi^.-üx C'"^ v f^fX-^lZ. 106 Antipatharia. Madreporaria tabulosa. Cerianthus Delle Ch. Mit Hauthülse und hinterm Porus. C. memhranaceus (Gmel.) H., cylindricus Ren., Mittelmeer. Saccanthus Edw. Ohne Magenfurche und hintern Porus. S. purpurascens Edw., Nizza. 2. Unterordnung: Antipatharia. Polypenstöcke mit weicher unverkalkter Rinde (zuweilen Kiesel- spicula von Spongien einschliessend), mit horniger Skeletcichse. Die Oberfläche mit einem Flimmerüberzug. Die Einzelthiere besitzen meist nur sechs, in einigen Fällen jedoch auch eine grössere Zahl (24) von Fangarmen {Gerardia). Einzelne Arten {Behryce mollis) sind indess ausser Stande, ein eigenes Skelet zu bilden. ^^ , 1. Fam. Antipatliidae. Meist mit 6 stummeiförmigen Tentakeln, welche nicht eingezogen werden können. Von den sechs radiären Scheidewänden sind 4 abortiv und nur 2. den Ecken des langgezogenen Mundes entsprechende von normaler Grösse und mit Mesenterialfäden versehen. Skeletachse hornig. Cirrhipathes ^\di\ny . Die einfache Axe unverästelt. C.Sj9zVaZis Blainv., Mittelmeer. Antipathes Pall. Schwarze Achse verästelt. A. suhpinnata, larix Ellis. Arachnopathes Edw. Die Aeste der schwarzen Achse verschmelzen zur Bildung eines buschartigen Balkennetzes. Bei Rliipndopathes Edw. liegen die Aeste in einer Ebene. Hyalopathes Edw. Mit halbdurchsichtigem Achsenskelet. 2. Fam. Gerardidae. Mit 24 cyiindrischen Tentakeln von abwechselnder Länge. Neben monöcischen kommen auch diöcische Stöcke vor. Gerardia Lacz. Duth. Das glatte Achsenskelet mit dünner Kruste überzogen. G. Lamarcki H. ei.Tj)U^ 3. Unterordnung: Madreporaria. Polypen und Polypenstöcke mit verkalktem Cönenchym, 1. Gruppe: Tabulosa^) Edw. Röhrencor allen. Einfache und zu Stöcken vereinigte Polypen mit röhrenförmigem, der Septa entbehrendem, undurchbrochenem Skelet. Als fossile auf die paläozoische Zeit beschränkt. t*wvrviVimperüberzug; die weiblichen Formen enthalten 2 Eier, die männlichen Samenfäden. D. conferta Aid. 7. Farn. Tubularidae. Polypenstöckchen von chitinigem Periderm überzogen, die Polypen tragen innerhalb des äussern Tentakelkranzes einen inneren, der Proboscis aufsitzenden Kreis fadenförmiger Tentakeln. Die Geschlechtsgemmen sind sessil und entspringen zwischen beiden Kreisen von Fangarmen oder sind freischwimmende Medusen der Oceanidengattungen Hybocodon, Ectopleura, Steenstrupia u. a. Tubularia. Die Hydroidstöckchen bilden kriechende Wurzelverzweigungen, auf denen sich einfache oder verzweigte Aestchen mit den endständigen Polypenköpfchen er- heben. Die Geschlechtsgemmen sessil. T. {Thamnocnidia Ag.) coronata Abiig., diöcisch. Die ausschwärmenden Planulae entwickeln sich nach der Befestigung zu jungen Polypen, welche der Gattung Arachnactis Sars zu entsprechen scheinen, Nordsee. T. spectabüis, tenella Ag., T. calamaris Pall. {indivisa L.) u. a. Ectopleura Ag. Die auf Tubularia-ähnlichen Slöckchen sprossenden Medusen besitzen einen kurzen Mundslil mit einfacher MundöfTnung und zerstreuten Pigment- fleckchen an der Basis der 4 Bandtentakeln. E. Dumortieri Van Ben. {^Tubularia Dumortieri Van Ben.). Hybocodon Ag. Die endständige Gruppe kürzerer Tentakeln ist in zwei Kreise vertheilt. Medusen glockenförmig mit einem einlachen unpaaren langen Randfaden am Ende eines der 4 Radiärcanäle, und zahlreichen Medusenknospen an der bulbösea Basis desselben. H. proUfer Ag. Verwandt ist Sarsia prolifcra Forbes. Corymorpha. Der von gallertigem Periderm umhüllte Stil des solilären Polypen befestigt sich mit wurzeiförmigen Fortsätzen und enthält Radiärcanäle, welche in die weite Magenhöhle des Polypenköpfchens führen. Die frei werdende Meduse {Steen- strupia) glockenförmig mit unpaaren Randfaden aber bulbösen Anschwellungen am Ende der anderen Radii?rcanäle. C. nutans Sars., nana Alder. Bei nahe verwandten Arten {Amalthea 0. S.) tragen die Medusen 4 gleiche Randtentakeln. C. uvifera Sars., Sarsii, Januarii Steenst. Monocaulos Allm. Unterscheidet sich nur durch die sessilen Geschlechtsgemmen. M. glacialis Sars., pendula Ag. Nemopsis Ag. Das solitäre Polypar wie bei Corymorpba, aber ohne Periderm. Meduse vom Bougainvillialypus , daher die ausschliessliche Berücksichtigung des Geschlechtsthieres zu der Stellung von Nemopsis in die vorhergehende Familie führt. Aeaulis Stimps. 8. Fani. Pennaridae. Die Polypen der federartig verzweigten nnd mit chitini- gem Periderm überzogenen Hydroidstöckchen besitzen zwei Kreise von Tentakeln, von denen die des Innern zur Proboscis gehörigen keulenförmig sind. Die zwischen beiden Kreisen sprossenden Medusen {Globiceps) erlangen eine sehr hohe 4 oder Sseitige iilockenform, haben 4 Radiärcanäle und ebensoviel rudimentäre Randfäden. Campanulariae. Sertularidae. Pliimularidae. Campanulariclae. Iö3 Pennaria. Die Tentakeln der endständigen Gruppe zerstreut. P. distycha Goldf. (Sertularia pennaria Cav.), gibhosa Ag. Globiceps Ag. Die Tentakeln des distalen Kreises nicht zerstreut. G. tiarella Ayr. — Heteractes Allm. Einzelpolyp. Meduse mit einem langen und drei rudimen- tären Randfäden. H. annulicornis. — Vorticlava Aid. Endlich bleiben eine Anzahl Oceaniden zurück, deren Herkunft auf keine der frühern Familien bezogen werden kann. Tiara Less. (Oceania Forb.) pileata Forb., Nordsee und Mittelmeer, octona Forb. — Oceania flavidula Pör. Les., armata Küll., globulosa Forb. — Conis mitrata Brdt., Tiirritopsis nutricula Mc. Cr. u. a. 3. Gruppe. Campanulariae (Vesiciilatae , Randbläschenmedusen). Die Ramifikationen der Polypenstöckchen sind von einer chitinigen, hornigen Skeletröhre überzogen, welche sich in der Umgebung der Polypenköpfchen zu becherförmigen Zellen erweitert In diese kann das Polypenköpfchen Proboscis und Tentakehi meist vollständig zurück- ziehn. Die Geschlechtsgemmen entstehen fast regelmässig an der Wan- dung proliferirender Individuen, welche der Mundöffnung und der Ten- takeln entbehren und sind bald sessil, bald sondern sie sich als kleine Scheibenquallen. Diese gehören — jedoch nicht ausnahmslos {Leptoscyphus, Lizzia) — in die Medusengruppen der Eucopiden, TJiaumantiaden und Aequoriden und sind meist durch den Besitz von Randbläschen und durch die Production der Geschlechtsstoffe in den liadiärkanälen characterisirt. Auch ist die Möglichkeit nicht zu leugnen, dass einige der hier auf- genommenen Randbläschenmedusen eine dLrekte Entwicklung haben. 1. Farn. Sertularidae. Verzweigte Hydroidstöckchen, deren Polypen in flaschenförmigen Zellen an entgegengesetzten Seiten der Aeste sich erheben. Ein Tentakelkranz in der Umgebung des Mundes. Die sessilen Geschlechtsgemmen entstehen an tentakeliosen proliferirenden Individuen, welche in grossem Zellen sitzen. Dynatnena Lamx. Zellen zweilippig, paarweise einander gegenüberstehend. D. pumila L. 1). {Diphasia Ag.) rosacea, fallax Johnst. D. {Amphisbelia Ag.) opercidata L., Nordsee. Sertularia. Die Zelle« stehen alternirend gegenüber. Die Zellen der pro- liferirenden Individuen mit einfacher Oeffnung. S. abietina, cupressina L. S. (J.jn- phitrocha Ag.), rugosa L., Belgische Küste. Halecium Oken. {Tlioa Lamx., die Polypen können sich nicht ganz zurückziehn), halecinum L. — Thuiaria thuia L. 2. Fam. Plumularidae. Die Zellen der verzweigten Hydroidstöckchen einreihig und in doppelter Form als schmale und breite Zellen der Niihrpolypen. Plumularia Lam. Stamm fiederartig verzweigt, Zellen der proliferirenden In- dividuen achselständig. P. pinnata, setacea Lam. — Äglaophenia Lamx. A. Pluma {Plumularia cristata Lam.), pennatula Lamx. — Äntennularia antennina Lam., Euro- päische Meere. 3. Fam. Campanularidae = Eucopidae. Die becherförmigen Zellen sitzen vermittelst geringelter Stile auf, die Polypen besitzen unterhalb ihrer conisch vor- tretenden Proboscis einen Kreis von Fangarmen. Die Geschlechtsgemmen sind sessil oder lösen sich als flache oder glockenförmige Medusen der Eucopidengruppe. Campanularia Lam. Die Zellen der verästelten Stöckchen mit ganzem oder gezähneltem Rand ohne Deckel. Die proliferirenden Individuen sitzen den Verzweigungen 184 ThauiDlantidae. Aequoiidne. auf und erzeugen freie Medusen von glockenförmiger Gestalt mit kurzem 41ippigen Mundstil, 4 Radiärcanälen, ebensoviel Randfiiden und 8 interradialen Randblaschen. Nach der Trennung bilden sich die Interradialtentakeln aus. C. {Clythia) Jolmstoni h\A. z=ivolubüisSohr\st. Von Van Beneden wurde die Entwicklung der Hydroidstöckchen aus dRui befruchteten Ei und der bewimperten Larve verfolgt. C. dichotoma Köil., Gegenhaiiri Sars., C. {Platyjjyxis Ag.) cylindrica Ag., bicopliora Ag. DieEntvvicklungs- stadien der Meduse sind öhniieh den von Gegenbaur als Euco^ie campanulata, tliau- mantoides und affinis beschriebenen Formen, Obelia ?6r. Les. Unterscheidet sich von Gampanularia durch die Medusen. Dieselben sind flach scheibenförmig nnd haben zahlreiche Randtentakeln, aber ebenfalls 8 interradiale Bläschen. 0. dichotoma L. = {Gampanularia gelatinosa Van Ben.), geniculata L.; ähnlich ist diaphana Ag. (Eucope diapliana A. Ag., deren gesammte Entwicklung bekannt ist), Laomedea Lamx. Die Geschlechtsgemmen bleiben sessil in der Zelle des pro- liferirenden Trägers. L. {Orthopyxes Ag.) volubiliformis Sars., caliculata Hincks., flexuosa Hincks., exigua Sars., L. (Hinclisia Ag.) tincta Hincks. Gonothyraea Allm. Geschlechtsgemmen sind unvollkoaimene Medusen mit einem Kreis fadenförmiger Tentakeln und rücken an die Spitze des proliferirenden Individuums. G. Lovcni Allm., graciUs Sars. Calycella Hincks. Die an dem aufrechten Stamm mit kurzem Stil aufsitzenden Becher enden mit einem deckelartigen Randsaum. Geschleclitsgemnien|sessil.^ C. syringa L. iCampanularia syringa Lam. — Wrightia syringa Ag.) C. lacerata Hincks. Campanulina Van Ben. Polypenbecher mit zartem deckelartigen Randsaum. Die Geschlechtsgemmen werden als Medusen mit 4 Radiärcanälen, 8 interradialen Rand- bläschen und 2 Randfäden frei. C. tenuis Van Ben. = acuminata Aid. Merkwürdigerweise gibt es Campanularia-ähnUcha Hydroidstöckchen, welche Oeeaniden-nrlige Medusen erzeugen. Die von Allman als Laomedea tenuis be- schriebene Campanularide {Leptoscyplius) producirt eine Li2zia-ü\\n\\c\\& Meduse. 4. Farn. Tliaumantidae. Der halbkuglige Medusenkörper besitzt einen kurzen Mundstil mit gelapptem Mundrande, 4 Radiärcanäle und zahlreiche Randtentakeln. Die Geschlechtsorgane liegen bandähnlich in der Länge der Radiärcanäle. Augen- flecken oft vorhanden, Randbläschen fehlen. Die Hydroidstöckchen sind nach Wright bei Ttiaumantias inconspicua und nach A. Agassi z hei Lafoea calcarata Campanu- ?a?"ta-ähnlich. Möglich, dass sich einige Formen direkt ohne Generationswechsel entwickeln. Lafoea Lamx. L. calcarata. Die hohe glockenförmige Meduse verlässt das Hydroidstöckchen mit 2 langen Randtentakeln und 2 knospenförmigen Anlagen von Randtäden. L. cornuta Lamx. , L. dumosa Sars, u. a. Laodicea Less. [Thaumantias Ggbr.), L. inconspicua Forb, cellularia A. Ag., pilosella Forb., mediterranea Ggbr. Staurophora Mertensü Brdt., laciniata Ag. Hier schliessen an die Melicertiden mit Melicertum Oken., M. campanuJa P6r. Les., fusillum Esch. Folyorchis penicillata A. Ag. , ferner die Geryonopsiden mit Tim,a formosa, limpida A. Ag., Eirene {Geryonopsis Forb.) coerulea A. Ag. 5. Farn, Äequoridae. Medusen von breiter scheibenförmiger Gestalt mit weitem, kurzem Hagenstil und olt vielgelapptem Mundrand, mit zahlreichen Radiärcanälen und Randfäden. Randblaschen sind vorhanden. Die Geschlechtsorgane bilden hervorragende Streifen an den Radiärcanälen. Hydroidstöckchen von Campanularia-ähnlicher Form sind bislang nur bei Zygodactyla vitrina durch Wright bekannt geworden. Immer- hin bleibt es möglich, dass einige Aequoriden der Hydroidammen ganz entbehren. Trachymedusae. Trachynemidae. Aeginidae. Geryonidae. Charybdaeidae. 185 Cr ematostoma flava A. Ag. — Äequorea Per. Les., A. albida A. Ag., ciliata Escb. — Zygodactyla Brdt. , Z. vitrina Gosse, grönlandica Brdt., crassa A. Ag. — Bhegmatodes A. Ag. , B. tenuis, floridanus A. Ag. — Stomobrachmm tentaculatum A. Ag. — Halopsis ocellata A. Ag. 4. Gruppe. Trachymedusae. Medusen mit starrem, oft knorpel- hartem Gallertscliirm, zuweilen mit stark entwickelten Zellen, gelapptem Schirmrand. Sie entwickeln sich direkt ohne Hydroidenammen durch Metamorphose. 1. Vam. Tracliynemidae. Mit starren kaum beweglichen Randfäden. Die Geiiilalorgane entwickein sicli in bläsciienförniigen Ausstülpungen der 8 Radiärcaniile. Tracliynema Ggbr. mit herabhängendem Magen. T. ciliatum Ggbr., Messina. Sminthea Ggbr. (Tholus Less.) eury gaster , leptogaster Ggbr., S. tympanum, globosa Ggbr., Messina. lihopalonema Ggbr. Scheibe flach mit keulenförmigen Tentakeln. R. velatum Ggbr., Messina. Hierher gehören vielleicht auch die Fam. der Aglauridae {Aglaura Per. Les., Lessonia Eyd. Soul.) und Circeidae {Circe Mert.). 2. Fam. Aeginidae. Mit taschenförmigen Aussackungen des Magens, welche sich bis zum Scheibenrand erstrecken und aus dem Epithel der unteren Wand die Genitalprodukte bilden. Starre Randfäden entspringen über dem Scheibenrand. Sinnes- bläschen gestilt und frei. Ringkanal sehr eng, oft vermisst. Aegina Esch. Mund einfach, die 4 Tentakeln allerniren mit je 2 Magentaschen. A. citrina, rosea Esch. — Aegineta Ggbr. — Aeginopsis Brdt. Mund gelappt. Ae.me- diterranea J. M. — Aegineta Ggbr. {Pegasia Per. Les.). Mehr als 6 Randfäden , die mit den einfachen Radiärtaschen alterniren. A. rosacea, prolifera Ggbr. Cunina Esch. [Foveolia V^t. Les). Tentakeln entspringen in der Verlängerung der Magenlaschen, ü. albescens Ggbr., C. Köllikeri Fr. Müll., C. rhododatyla E. H. 3. Fam. Geryonidae. Schirm mit langem cylindrischen oder conischen den Magen einschiiessenden Stil, in dessen Wandung 4 oder 6 Canäle vom Magengrunde aus emporsteigen und in die Radiärcanäle übergehn. Zwischen denselben oft Centri- petalcauäle. Die 4 oder 6 Geschlechtsorgane sind flache Erweiterungen der Radiär- canäle; 8 oder J2 Randbläschen, 4 oder 6 sehr bewegliche Randtentakeln, dazwischen oft ebensoviel interradiale Randfäden. Entwicklung durch Metamorphose. 1 Subf. Liriopidae. Vierstrahlige Geryoniden ohne Centripetalcanäle. Liriope Less. Mit 4 Radialcanälen , 4 oder 8 Tentakeln und 8 Randbläschen. L. tetraphylla Cham., Indischer Ocean. L. appendiculata Forb , England. L. rosacea, hicolor Esch. u. a. Glossocodon E. H. Mit Zungenstil. Gl. mueronatits Ggbr , eatharinensis Fr. Müll., euryhia E. H., letztere im Mittelmeer. 2. Subf. Carmarinidae. Secbsstrahlige Geryoniden oft mit Centripetalcanälen. Leuckartia Ag. Ohne Zungenkegel und ohne Centripetalcanal. L. probosci- dalis Forslc, Mittelmeer. Geryonia Per. Les. Mit Centripetalcanälen ohne Zungenstil. G. umbella E. H. u. a. Carmarina E. H. 31it Zungenkegel und Centripetalcanälen. C. hastata E. IL, Nizza. 4. Fam. Charybdaeidae. Magen mit taschenförmigen Ausbuchtungen, welche verästelte Canäle abgeben. Randcanal fehlt. Scheibenrand gelappt mit Tentakeln und zusammengesetzten Randkörpern. Charybdaea marsupialis Per. Les., Mittelmcer. — Tamoya haplonema, quadru- mana Fr. Müll., Brasilien. 186 2. Ordnung. Siphonophorae. 2. Ordnung: Siphonophorae ')» Schwimmpolypen. Röhrenquallen. Polymorphe, freischivimmende PolypenstöcJce mit polypoiden Er- nährung sthieren, Fangfäden und medusoiden Geschlechtsgemmen, meist auch mit SchwimmglocJcen, Beckstücken und Tastern. In morphologischer Beziehung scliliessen sich die Siphonophoren unmittelbar an die Hgdro'idenstöcke an, erscheinen indessen noch mehr wie diese als Individuen und zwar in P'olge des hoch entwickelten Polymorphismus ihrer polypoiden und medusoiden Anhänge. Die Leistun- gen der letztern greifen so innig in einander und sind so wesentlich für die Erhaltung des Ganzen nothwendig, dass wir physiologisch die Sipho- nophore als Organismus und ihre Anhänge als Organe betrachten können. Dazu kommt die geringe Selbständigkeit der medusoiden Geschlechts- generation, die nur ausnahmsweise (Velelliden) die Stufe der sich lösenden Meduse erlangt. Anstatt des befestigten ramificirten Hydro'idenstockes tritt ein frei- schwimmender, unverästelter, selten mit einfachen Seitenzweigen ver- sehener, contractiler Stamm auf, der häufig in seinem obern, flaschen- förmig aufgetriebenem Ende (Luftkammer), oft unterhalb eines apicalen lebhaft gefärbten Pigmentüecks einen Luftsack in sich einschliesst. Ueberall findet sich in der Achse des Stammes ein Centralraum, in welchem die Ernährungsflüssigkeit durch die Contractilität der Wandung und durch Wimperbewegungen in Strömung erhalten wird. Der mit Luft gefüllte Sack, der in der Spitze des Stammes zuweilen von radialen Scheidewänden wie eine Blase getragen wird und sich in manchen Fällen zu einem umfangreichen Behälter ausdehnen kann (Fhysalia), hat die 1) Eschscholtz, System der Acalephen. Berlin. 1829. Lesson, Histoire naturelle des Zoophytes. l'aris. 1843. Kölliker, Die Schwimmpolypen von Messina. Leipzig. 1853. Sars, Fauna littoralis Korvegiae. I. 1846. C. Vogt, Recherches sur les animaux inferieurs. 1. Mem. sur les Siphonophores. (M^m. de rinst. Genevois.) 1854. C. Gegenbaur, Beobachtungen über Siphonophoren. Zeitschrift für wissensch. Zoologie 1853, ferner, Keue Beiträge zur Kenntniss der Siphonophoren. Kova acta. Tom. 27. 1859. R. Leuckart, Zoologische Untersuchungen I. Giessen. 1853, ferner. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. Archiv lür Naturg. 1854. Th. Huxley, The oceanic Hydrozoa. London (Ray Society). 1859. C. Claus, lieber l'hysophora hydrostalica. Zeitschrift für wissensch. Zool. 1860, ferner, Neue Beobachtungen über die Struktur und Entwicklung der Siphonophoren. ebendas. 1863. E. Haeckel, Zur Entwicklungsgeschichte der Siphonophoren. Eine von der Utrechter Gesellschaft fUr Kunst und Wissenschaft gekrönte Preisschrift. Utrecht. 1869. Bau des Stammes, der Saugröhreii und Taster. 187 Bedeutung eines hydrostatischen Apparates. Derselbe dient bei den Formen mit sehr langem spiraligen Stamme (Physoplioriden) vornehmlich zur Erhaltung der aufrechten Lage des Siphonophorenleibes , hann aber in einzelnen Fällen seinem gasförmigen Inhalt freien Austritt durch eine apicale Oelinung gestatten. Am Stamme der Physophoriden {Apolemia) unterscheidet man (Claus) unterhalb des Ectoderms eine äussere Schicht von Ringfaseru nnd eine innere mächtige Lage von radialen Faserplatten von longitu- dinalem Verlauf und federförmig gereiftem Gefüge. Auf diese folgt eine hyaline Stützlamelle, welche (ausgeschiedene Bindesubstanz) in die radialen Platten zur Stütze ihrer muskulösen Fasern und Faserzellen strahlen- förmige Ausläufer entsendet. Unterhalb dieses Skeletgewebes liegt eine Schicht breiter Ringfasern und die wimpernde epitheliale Auskleidung des Centralcanals, das Entoderm. In einem Radius (ventrale Linie) bildet das hyaline Skeletblatt eine ansehnliche nach aussen vorspringende wulst- förraige Verdickung, welcher eine krausenartig gefaltete Erhebung des Stammes entspricht, an der die Knospen mit doppelter Zellenlage ihrer Wandung hervorsprossen. Die aus diesen Knospen an der Bauchseite (Claus) des Stammes hervorgegangenen Anhänge des Stammes, deren Canäle und Innenräume mit dem Centralcanal communiciren, sind überall mindestens polypoide Ernährungsthiere mit Fangfäden und medusoiden Geschlechtsgemmen. Die Nährthiere, schlechthin Folypen oder auch Saugröhren und Magenschläuche genannt, sind einfache, mit einer Mund- öffnung versehene Schläuche, die niemals einen Tentakelkranz besitzen, wohl aber an ihrer Basis einen langen Fangfaden tragen. Meist unter- scheidet man an dem schlauchförmigen Polypenleib drei hintereinander gelegene Abschnitte, ein sehr contractiles Endstück, den Rüssel, ein bauchiges Mittelstück mit stark in das Innere vorspringenden Leber- streifen, den Magen, und endlich ein stilförmiges aber dickwandiges Basalstück, an dessen Grunde der Fangfaden entspringt. Die Polypen enthalten ebenso wie die ganz ähnlich geformten Taster zwischen beiden Zellenlagen ihrer Wandung eine Stützlamelle und circuläre wie longitudinale Züge von Muskelfasern. Das grossblasige Entodenn er- zeugt vornehmlich in dem Mittelabschnitt eine Anzahl (6 oder 12) von Längswülsten, deren Zellinhalt sich in ein zähes wandständiges den Zellkern umschliessendes Protoplasma und in eine centrale Zellflüssigkeit sondert und verschieden gefärbte, namentlich grüne, braune Körnchen- ballen (Leberwülste) einschliesst , deren Auftreten zur Verdauung der Nahrungsstoffe Bezug haben mag. Der äusserst bewegliche Rüssel ist an der Spitze durch den Besitz von Nesselkapseln ausgezeichnet. Der Fangfaden kann sich meist zu einer bedeutenden Länge ent- falten und bei der Contraction in Spiraltouren zurückziehen, seltener stellt derselbe einen einfachen Faden dar, in der Regel trägt er zahl- 188 Bau der Faugfäden, Xesselknöpfe uud Geschlechtsgemmeii. reiche imverästeltc Seitenzweige, die selbst wieder in nicht minder hohem Grade contractu erscheinen. In allen Fällen sind die Fangfäden mit einer grossen Zahl von Nesselorganen besetzt, welche an manchen Stellen eine sehr dichte und gesetzmässige Gruppirung erhalten und namentlich an den Seitenzweigen durch eine besonders dichte Anhäufung nicht selten grosse, lebhaft gefärbte Anschwellungen, Nesselhiöpfe , entstehen lassen , an denen sich in mehr oder minder complicirter Anordnung ganze Batterien verschiedener Sorten dieser mikroskopischen Waffen anhäufen. Die Geschlechtsgemmen erlangen eine ziemlich hohe morphologische Stufe ihres medusoYden Baues, indem sie in der Umgebung des mit Eiern oder Samenfäden gefüllten centralen Stiles oder Klöpfels einen glockenartigen Mantel mit Ringgefäss und ßadiärgefässen zur Ent- wicklung bringen. Meistens entspringen sie in grösserer Zahl auf gemeinsamen Stile und sitzen in Gestalt einer Traube entweder unmittelbar an dem Stamme oder auch an der Basis verschiedener An- hänge , selbst von Ernährungspolypen , z. B. Velella. Männliche und weibliche Zeugungsstoffe entstehen durchgängig gesondert in verschieden gestalteten Knospen, diese aber finden sich meistens in unmittelbarer Nähe an demselben Stocke vereinigt; indessen gibt es auch diöcische oder wenn man die Gemmen als Geschlechtsorgane betrachtet , getrennt geschlechtliche Siphonophoren , z. B. Äpolemia uvaria und Diphyes acuminata. Sehr häufig trennen sich die medusoiden Geschlechts- anhänge nach der Keife der Zeugungsstoffe von dem Stocke, selten aber werden" sie als kleine Medusen hei (Chri/soinitra), um erst während des freien Lebens die Geschlechtsstoffe hervorzubringen. Ausser diesen constanten und keiner Siphonophore fehlenden An- hängen gibt es noch einige andere, welche ein beschränkteres Vorkommen zeigen und sich ebenfalls auf modificirte Polypoiden oder Medusoiden zurückführen lassen. Hierher gehören die mundlosen wurmförmigen Taster, die sich durch Form und Bau an die Polypen anschliessen und ebenso wie diese einen wenngleich einfachem und kürzern Fangfaden (ohne Seitenzweige und Nesselknöpfe) besitzen, ferner die blattförmigen, knorplig harten Bedcschuppen, welche zum Schutze der Polypen, Taster und Geschlechtsknospen dienen, und endlich die als SchwimmglocJcen bekannten Anhänge unterhalb des Luftsackes. Diese letztern wieder- holen den Bau der Meduse, entbehren aber der Mundöffnung und des Klöpfels, sowie der Tentakeln und Randkörper. Dafür aber erlangt im Zusammenhange mit der ausschliesslichen lokomotiven Leistung der Schwimmsack des glockenförmigen Körpers eine um so bedeutendere Ausdehnung und kräftigere Muskelausstattung. Die Siplionophoren entwickeln sich aus dem Inhalte eines ausser- halb der Eikapsel befruchteten hüllenlosen Eies auf dem Wege all- mähligen Wachsthums und fortschreitender Sprossung. Entwicklung und Metamorphose der Siphonophoren. 189 Die Klüftung des Dotters in die ersten Furclmngskugeln erfolgt unter Betheiligung des Keimbläschens. Nach Ablauf der totalen P'urchung erscheint der Dotter in einen kugligen Ballen polygonaler Zellen mit bewimperter äusserer Oberfläche umgewandelt. Der freischwimmende Zellballen sondert sich mit der weiteren Entwicklung in Bildungs- und Nahrungsdotter, gewinnt am apicalen Pole (Fruchthof), an dem sich zuerst Ectoderm und Entoderm als Zellenlagen abgrenzen, im Innern des Ectoderms eine centrale Höhlung (primitive Leibeshöhle) und treibt medusoide und polypoide Knospen, mit deren Differenzirung als Schwimm- glocke oder Dcckstück, Polyp und Fangfaden dem Larvenkörper die Mittel des Schutzes, der Locomotion und des selbständigen Nahrungs- erwerbes zu Theil werden. In einzelnen Fällen kann der Nahrungs- dotter als dottersackförmiger Anhang lange Zeit bestehen. Während sich am Larvenkörper der Bipliyiden zuerst die Schwimmglocke ausbildet (Gegenbaur), gestaltet sich die bilaterale Larve der Physophoriden, wie vornehmlich E. Haeckel gezeigt hat, in ein apicales kapuzenför- niiges bilaterales Deckstück und einen von diesem überdeckten Polypen um, in dessen Fussende (Phi/sophora) als Anlage des Stammes durch Diflerenzirung des Entoderms der Luftbehälter zur Sonderung kommt (als der untere abgeschnürte Theil der primitiven Leibeshöhle). Seitliche Knospen des primitiven Stammes entwickeln sich zu dem Fangfaden des ersten Polypen mit sehr einfach gebauten provisorischen Nesselknöpfen und zu dem ersten Tentakel. Anfangs ist es ausschliesslich die Substanz des Nahrungsdotters (der bald im Polypenleib eingeschlossen liegt, bald als selbststänJiger Dottersack dem Larvenkörper anhängt), auf deren Kosten das Wachsthum und die Umgestaltung der Larve erfolgt. Mit dem Durchbruch der Mundöffnung am primitiven Polypen beginnt der selbst- ständige Nahrungserwerb. Die weitere Entwicklung der jungen Physophoride beruht vor- nehmlich auf Neubildung von Anhängen, die sich zu Tentakeln und Nebentangfäden , beziehungsweise zu Deckstücken umformen, dann aber auf der fortschreitenden Vergrösserung und Abgrenzung des Stammes. Schwimmglocken treten am obern Theil des Stammes erst spät auf und zwar stets nach Verlust des einfachen apikalen Deckstückes {Fhyso- 2)hora) oder der Krone von Deckstücken (Ägahnopsis , Agalma, Gry- stallodes), unter welche sich sämmtliche Anhänge des Larvenstöckchens zurückziehn konnten. Demnach ist die Entwicklung der Siphonophore eine Art Metamorphose (Claus). Nur bei Äthorybia v^erhindert die Persistenz der Deckschuppenkrone das Auftreten einer Schimmsäule mit Schwimmglocken. Der provisorische Larvenbau der Ägalmiden ist hier zu einer bleibenden Einrichtung geworden. Später wird auch die Zahl der Polypen vermehrt, die einseitig ventral-knospenden Schimmglocken ordnen sich in Folge der spiraligen Drehung des Stammes zur Bildung 190 Physophorae. Athorybiadae. Physophoridae. Agalmidae. einer zwei- oder vielzeiligen Schwimmsäule, und endlich tritt der Stock durch Knospung von Geschlechtsgemmen in das Stadium der Geschlechts- reife ein. 1. Gruppe. Physophorae. Mit kui'zem sackförmig erweiterten oder langgestrecktem spiraligen Stamme, mit fiaschenförmigem Luft- sack, häufig mit Schwimmglocken, welche unterhalb der Luftkammer eine zweizeilige oder mehrzellige Schwimmsäule zusammensetzen. Deck- stücke und Taster sind meist vorhanden und wechseln mit den Polypen und Geschlechtsgemmen in gesetzmässiger Anordnung. Der Larvenkörper bildet zuerst unterhalb eines apicalen De^kstückes einen Polypen mit Luttkammer und Fangfäden aus. 1. Fam. Athorybiadae. Die Stelle der Schvvimmsäule wird durch einen Krone wirteiförmiger gestellter Deckstiicke vertreten , zwischen denen zahlreiche Tentakeln hervortreten. Die Fangfäden der Polypen mit lateralen Nesselknöpfen. Äthorybia Esch. (Änthophysa). A. rosacea Esch., Miltelmeer. A. heliantha Quoy. Gaim. 2. Fam. Physophoridae. Stamm verkürzt und unterhalb der zweizeiligen Schwimmsaule zu einem spiraligen Sack erweitert. Deckslücke fehlen. Statt derselben ein äusserer Kranz von Tentakeln mit darunter liegenden Geschlechlsträubchen und Polypen nebst Fangfaden. -^r^'l '''»•lii Physophora FoTsk. P.hydrostatica, 'Slitle]meer, Ph Hipp i, 'Messiaa. P.magnifica E.H., Canarische Inseln. — Stephanospira Ggbr. Blasiger Theil des Stammes in Spirale aufgelöst. 8. insignis. 3. Fam. Agalmidae. Stamm ausserordentlich langgestreckt und spiralig ge- wunden, mit zwei- oder mehrzeiliger Schwimmsäule. Deckstücke und Tentakeln vor- handen. Forskalia KöW. (Stephanomia M. Edw,). Schwimmsäule vielzeilig. Die Polypen sitzen am Ende von stilförmigen spiralig gedrehten Seitenanhängen des Stammes, welche zahlreiche übereinandergelagerte Deckschuppen tragen. Auch die Taster sitzen auf besondern Stilen, welche jedoch der Deckstücke entbehreu und kurz bleiben. Die traubenförmig gruppirten Geschlechtsgemmen erheben sich an der Basis der Taster. Nesselknöpfe nackt mit einfachem Endfaden. F. contorta M. Edw., ophiura Delle Gh., Edwardii Köll., formosa Kef. Ehl., sämmtlich im Mittelmeer. Haiistemma Huxley. Mit zweizeiliger Schwimmsäule und nackten einfachen Nesselknöpfen. Die Polypen sitzen ebenso wie die Taster und Deckschuppen unmittelbar am Stamme. H. rubrum Vogt, punctatum Köll., Mittelmeer, carum A. Ag. {Nanonia cara A. Ag.). Hier schliesst sich Stephanomia Per. Les. an, deren Schwimmstucke jedoch unbekannt geblieben sind, mit umhüllten in einfachem Faden endenden Nesselknöpfen. S. Ämphitrites Per. Les. Agalmopsis Särs. Stamm sehr conlraktil mit blattförmigen, dünnen, durch weite Zwischenräume getrennten Deckstücken, Die Nesselknöpfe mit 2 seitlichen Endfädeu und mittlerem Sack. A. elegans Sars., A. Sarsii Köll., A. clavatum Lkt, Agalma Esch. Stamm verhältnissmässig starr und wenig verkürzbar mit keil- förmigen dicken eu^ aneinander liegenden Deckstiicken. Nesselknöpfe mit doppeltem Endfaden und medianem Sack. A. breve Huxley, Okeni Esch. A. (Crystallodes E. H. Die Individuengnippen erhalten sich in ihrer einseitigen Lage an der Ventralliuie des Stammes), rigidmn, Canarische Inseln. Physaliae. Diphyae. 191 4. Fani. Apolemidae. Stamm sehr lang mit zweizeiliger Schwimmsäule. Die Anhänge des Stammes vertheilen sich nach Individuengruppen, welche je unter einem Kranze von blasig aufgetriebenen etwas gekrümmten Deckstücken in weiten Abständen von einander entfernt liegen. Fangfäden ohne Nesselknöpfe. Äpolemia Esch., A. uvaria, Mittelmeer. Diöcisch. 5. Kam. RliizopJiysidae. Der langgestreckte Stamm mit grossem Luftsack ohne Schwimmsäule, Deckstücke und Taster, mit Polypen und Fangfäden in weiten Intervallen. Rhizophysa Per. Les. B. fiUformis Forsk., Mitteimeer. 2. Gruppe. Physaliae. Stamm zu einer geräumigen Blase er- weitert, fast horizontal liegend mit sehr umfangreichem nach aussen geöffneten Luftsack. Schwimmglocken und Deckstücke fehlen. An der Ventrallinie des Sackes sitzen grosse und kleine Polypen mit sehr kräf- tigen und langen Fangfäden, sowie die an tasterartigen Polypoiden befestigten Geschlechtsträubchen. Die weiblichen Gemmen scheinen zu freischwimmenden Medusen zu werden. 1. Farn. Fhysalidae. Mit den Charakteren der Gruppe. Physalia Lam., P. ca- ravella Esch. {Arethusa Til.), pelagica, utriculus Esch., Atl. Ocean. 8. Gruppe. Biphyae. Mit langem cylindrischen des Luftsacks entbehrenden Stamm und zweizeiliger {Hippopodidae) oder nur aus zwei grossen gegenüberstehenden Schwimmglocken gebildeten Schwimmsäule. Taster fehlen. Die Anhänge entspringen gruppenweise in gleichmässigen Abständen und können zwischen die Schwimmglocken zurückgezogen werden. Jede Individuengruppe besteht aus einem kleinen Polypen nebst Fangfaden (mit nackten Nesselknöpfen) und Geschlechtsgemmen, zu denen in der Regel noch ein schirm- oder trichterförmiges Deckstück hinzukommt. Dieselben lösen sich bei einigen 2)^2?7^2/^(?e« sdsEudoxien vom Stammesende ab zu selbständiger Existenz. Die Geschlechtsgemmen erreichen oft einen hohen Grad medusoider Differenzirung. An dem Larvenkörper bildet sich zuerst die Sj^hwimmglocke. 1. Farn. Hippopodidae. Mit zweizeiliger Schwimmsäule an einer obern seit- lichen Abzweigung des Stammes (Kebenachse), ohne Deckstücke für die Individuen- gruppen. Männliche und weibliche Geschlechtsgemmen sitzen in Form von Träubchen an der Basis der Polypen. Gleba Forsk. Die Schwimmglocken mit sehr flachem Schwimmsack von der Form eines Pferdehufes. G. Hippopus Forsk. (Hippopodius luteus, neapolitanus), G. {Vogtia) pentacantha Köll., Mittelmeer. 2. Fam. Diphyidae. Mit zwei sehr grossen gegen einander überstehenden Schwimmglocken am obern Ende des Stammes. Jede Individuengruppe hat ihr Deck- stUck und enthält eine einfache Geschlechtsgemme von bedeutender Grösse und medu- soider Differenzirung. indem der glockenförmige mit Gefässen versehene Mantel einen centralen die Geschlechtsstoffe umschliessenden Klöpfel umhüllt. Bei Abyla und Diphyes lösen sich die Individuengruppen als Eudoxien. Praya Blainv. Beide Schwimmglocken mit abgerundeter Oberfläche, ziemlich gleichgross und gleichgebildet, in fast gleicher Höhe parallel neben einander liegend. Mantel derselben sehr dick und mit besonderen Gefässapparat, Schwimmsack ver- hältnissmässig klein. P. cynibiformis Delle Ch. (P. tnaxima Ggbr ), diphyes Blainv., 192 Veleliae. Chrysomitra. Rataria. Mittelmeer und Ocean. Zu Praya gehört vielleicht Diplophysa Ggbr. als Eudoxien- form. Sphaeronectes KöUikeri Huxiey. Diphyes Cuv. Die zwei Schwiminglocken mit kantiger Oberfläche, ungleich gebaut, die vordere mit dem Saltbehälter von kegelförmiger oder pyramidaler Gestalt, stets zugespitzt und meist grösser als die hintere, welche an ihrem rinnenförmig aus- gehöhlten Innenrande oder in besonderm Canal den Anfangstheil des Stammes umschliesst und in einer Vertiefung am Innenrande der ersteren befestigt ist. Deckstücke trichterförmig. Geschlechtsgemmen oft diöcisch vertheilt. a) Mit Canal des hinteren Schwimnistücks. 3 i^. D. campanulifera Quoy. Gaim. Die drei Kanten laufen in den iMündungen beider Schwimmglocken in Zahne aus. D. Steenstrupi G., D. acuminata Lkt. , diöcisch mit Eudoxia campanulata. Zühne fehlen an der Mündung. D. Siebolclä Köll., beide im Mittelmeer, b) Mit rinnenförmiger Höhlung des hintern Schwimmstücks. D. Sarsii Ggbr., Grönland, fur^ida Ggbr., Messina, bilobaSars, fiordsee, quadrivalvis {Galeolaria filiforviis Delle Ch. , aurantiaca C. Vogt). Mit klappenlörmigen Fortsiitzen an der Schwimmsackmündung vornehmlich an der hinteren grösseren Schwimmglocke. Ahyla Esch. Die vordere Schwimmglocke sehr klein mit dickem Mantel. Die Innenseite desselben in einen Fortsatz zur Aufnahme des Stammendes und der stil- förmig verlängerten Kuppel der sehr grossen hintern Schwimmglocke verlängert. Die letztere besitzt an der Innenseite einen Canal zur Aufnahme des contraktilen Stammes. Deckstücke finden sich erst in der hintern Hälfte des Stammes an den reifern Individuen- gruppen, welche sich als Eudoxien lösen. A. pentagona Esch. Die hintere Schwimm- glocke besitzt eine fünfkantige Oberfläche, mit Eudoxia cuhoides, Mittelmeer. A. tri- gonae Ggbr. mit Eudoxia trigona, Ocean. A. perforata Ggbr., Guineaküsle. A. Vogtii Huxiey, Südsee. 4. Gruppe. Veleliae. Stamm zu einer flachen Scheibe zusammen- gedrückt, mit einem Systeme canalartiger Käume (Centralhöhle). Ober- halb derselben liegt der Luftsack in Gestalt eines scheibenförmigen, aus concentrischen nach aussen geöffneten Canälen zusammengesetzten Be- hälters von glasheller knorpelharter Consistenz. Auf der untern Fläche der Scheibe sitzen die polypoiden und medusoiden Anhänge, im Centrum ein grosser Hauptpolyp und in dessen Umgebung zahlreiche kleinere Polypen, welche an der Basis die Geschlechtsgemmen tragen, endlich folgt nicht weit vom Scheibenrande ein Tentakelkranz. Die Geschlechts- geramen werden als kleine Medusen (^Chrysomitra) frei, welche erst nach der Trennung die Geschlechtsstoffe erzeugen. 1. Fam. Velellidae. Mit den Charakteren der Gruppe. Als Jugendformen wird man die Ratarien mit scheibenförmiger Luftkammer, centralem Polypen und peri- pherischen Knospen an der Unterseite zu betrachten haben. Dieselben gehören viel- leicht ausschliesslich zur Gattung Forpita, da der senkrechte segelartige Aufsatz in den vorgeschrittenem Entwicklungsstadien immer mehr verkümmert, auch die Gestal- tung des Luftsacks eine grosse Aehnlichkeit mit Porpita zeigt. Velella Lam. Körperscheibe oval mit schräg verlaufendem senkrechten segel- ,^y artigen Kamm. V. Spirans Esch., Mittelmeer. F. muiiea ßosk., Golf von Mexico. Porpita Lam. Körperscheibe rund ohne Kamm. P. mediterranea Esch. P. linnaeana Less., Florida. 3. Ordnung. Acalej^hae, Acalepben, 193 3. Ordnung: Acalephae ^) (Phanerocarpae Esch.), Acal6pheii.Vfcj.»^, ^ ''f^i^A^^ lw.tAs<«SA -WvA,^; vrrv^ ^> W»»(4*.rt/L. 'j*>' 208 Fünfstrahliger Bau. das man die Echinodermen mit den Quallen und Polypen in dem Organisationsplane d^r Radiaten vereinigte. Erst ist neuerer Zeit hat sich zuerst R. Leuckart sowohl auf Grund der Verschiedenheit des Innern Baues jener Thiere, als durch den auch von anderer Seite ge- führten Nachweis von dem Uebergange der radiären und bilateralen Architektonik für die Selbstständigkeit des Echinodermentypus aus- gesprochen, und fast alle Jüngern Zoologen haben sich dieser Auffassung angeschlossen. Nur Agassiz hält an der Gemeinsamkeit der Coelente- raten und Echinodermen als Radiärthiere fest. Die gesammte Organisation der Stachelhäuter erscheint indess von der der Coelenteraten so sehr verschieden und zu einer so viel höhern Stufe vorgeschritten, dass die Zustammenstellung beider Gruppen als Radiaten unzulässig ist, um so mehr, als die radiäre Gestaltung des Baues zahlreiche Uebergange zu der bilateralen bietet und leicht durch Modificationen dieses letztern abgeleitet werden kann. Von den Coelenteraten entfernen sich die Echinodermen durch den Besitz, eines gesonderten Darmes und Gefäss- systems, sowie durch eine Reihe eigenthümlicher Verhältnisse ihrer Organisation und Entwicklung, dagegen treten sie durch die Holothurien zu den seitlich symmetrischen Würmern, insbesondere zu der hoch or- ganisirten Gruppe der Sipunculaceen in nahe Beziehung. Im Gegensatz zu der Grundzahl 4 oder 6, welche für den radiären Bau der Coelenteraten massgebend ist, herrscht hier der Numerus 5 für die Lagerung der Organe im Umkreis der Leibesachse vor. Indessen treten nicht selten namentlich bei einer grössern Anzahl von Strahlen mannichfache Unregelmässigkeiten ein. Gehen wir von der Kugel (Sphaeroid) mit etwas verkürzter Hauptachse und abgeflachten nicht gleichgestalteten Polen als Grundform aus, so wird durch die Haupt- achse derselben die Längsachse des radiären Körpers und durch die beiden Pole die Lage der Mundöffnung (oraler Pol) und der Afteröffnung (analer Pol) bestimmt. Durch die Längsachse sind 5 Ebenen denkbar, welche den Körper je in zwei symmetrische Hälften theilen. Die Con- gruenz dieser Hälften wird durch die differente Form und Bedeutung der beiden Pole verhindert, und es kann nur von einer spiegelbildlichen Uebereinstiramung beider Theile die Rede sein. Die 10 Meridiane, welche in gleichen Intervallen von einander entfernt, die fünf Schnitt- ebenen begrenzen, verhalten sich untereinander in so fern abweichend, als fünf alternirende die Hauptstrahlen, JRadien, bezeichnen, in denen A. Agassiz, On the Embryology of Echinoderms. Memoirs of the American Academy. 1864. Derselbe, Embryology of the Starfish. L. Agassiz, Contributions etc. Vol. V. 1864. Vergl. die Aufsätze von Lütken, Koren, Daniellsen, Wilson, E. Haeckel, Sars, Job. Müller, V. Hensen u. a. « Radius. Interradius. Irreguläre Bilateralform. 209 die wichtigsten Organe, die Nerven, Gefässstämme , Ambulacralfüsse, Leberschläuche etc. liegen, während ihre fünf gegenüberliegenden Meri- diane den fünf Zwischenstrahlen, Interradii, entsprechen, in welche ebenfalls gewisse Organe hineinfallen. Nur bei voller Gleichheit der Strahlen und Zwischenstrahlen erhält der Echinodermenleib eine fünf- gliedrige streng radiäre Gestalt {reguläre EcJiinodermen); indessen ist leicht nachzuweisen, dass diese reguläre Radiärform mehr ideal ist und wohl niemals im strengen Sinne zur Durchführung kommt. Indem nämlich stets ein oder das andere Organ, z. B. Madreporenplatte, Stein- canal, Herz etc. auf die einfache Zahl reducirt bleibt, ohne in die Achse zu fallen, so wird ausschliesslich diejenige Theilungsebene , in deren Radius oder Interradius die unpaaren Organe hineinfallen, die Bedin- gungen für die Zerlegung des Leibes in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften erfüllen können. Nicht selten aber besitzt ein Strahl eine ungleiche Grösse und Ge- staltung, und dann tritt selbst an der äussern Form des Echinoderms eine Irregularität entgegen, welche unverkennbar die bilaterale Sym- metrie zum vollen Ausdruck bringt. Der Echinodermenleib geht aus einem fünfgliedrigen radiären in einen zwei und eingliedrigen bilateralen über, indem die Ebene des unpaaren Strahles zur Medianebene wird, zu deren Seiten zwei Paare von gleichen Strahlen sich wiederholen. Wir unterscheiden ein Oben (Scheitelpol) und Unten (ventraler Pol), ein Rechts und Linhs (die beiden paarigen Strahlen und deren Zwischen- strahlen), ein Vorn (unpaarer Radius) und Hinten (unpaarer Interradius). Bei den irregidären Formen aber schreitet die zweiseitig symmetrische Gestaltung weiter vor. Nicht genug, dass der unpaare Radius eine ab- norme Grösse und Form erhält, dass die Winkel, unter welchen sich der Hauptstrahl mit den Nebenstrahlen schneidet, keineswegs alle unter- einander, sondern nur paarweise gleich bleiben; auch die Afteröffnung rückt aus dem Scheitelpole nach der ventralen Hälfte in den unpaaren Interradius (Clypeaster), während sich zugleich beide Pole oder nur der Mundpol in der Richtung des unpaaren Radius verschoben zeigen und excentrisch werden. Nur wenige reguläre Echinodermen bewegen sich auf allen 5 Radien und dann selten in der ganzen Länge ihrer Meridiane; weit häufiger wird die dem Mundpole zugehörige Zone zur Bauchfläche, indem sie sich abflacht und vorzugsweise oder ausschliesslich Locomotions- organe erhält {Amlmlacrale Zone). Durchweg hat dieses Verhältniss für die irregulären Echinodermen Geltung, die sich nun auch nicht mehr nach allen 5 Strahlen gleichmässig, sondern vorherrschend in der Richtung des unpaaren Radius fortbewegen. Indem hier der Mund bei gleich- zeitiger Verschiebung des Mundpoles nach dem Vorderrande rückt, scheinen vorzugsweise die beiden hintern Radien (Bivium) zur Bildung Claus, Zoologie. 2. Auflage. 14 210 Formen des Echinodermentypus. der Bauchiiäche verwendet (Spatangiden). Anders dagegen bei den walzenförmigen Holothurien. Hier behalten Mund und After ihre nor- male Lage an den Polen der verlängerten Achse, und der Körper flacht sich nicht selten in der Richtung der Achse in der Art ab, dass drei Radien {Triviuni) mit ihren entsprechenden Bewegungsorganen auf die söhlige Bauchfläche zu liegen kommen. Auch am Körper der wurm- förmig gestreckten Holothurien unterscheidet man einen unpaaren und zwei paarige Radien, allein der unpaare Radius und dessen Interradius bezeichnen nicht die Richtung von Vorn nach Hinten, sondern die der Bauch- und der Rückenfläche. Die mannichfachen Körperformen der Echinodermen lassen sich leicht aus der flachen sphäroidischen Grundform ableiten. Hier erscheint die Hauptachse verkürzt, der apicale Pol etwas zugespitzt oder auch abgeflacht und die ventrale Hälfte zu einer mehr oder minder aus- gedehnten Fläche abgeplattet (Echinoidea). Durch eine bedeutende Verlängerung der Achse ergibt sich die cylindrische Walzenform (Holo- thurioidea), durch eine bedeutende Verkürzung die runde oder bei gleichzeitiger Verlängerung der Radien die pentagonale Scheibe. Ver- längern sich die Radien um das doppelte oder mehrfache der Inter- radien, so erhalten wir die Form des bald flachen, bald gewölbten Sternes (Ästeroidea), dessen Arme entweder einfache Fortsetzungen der Scheibe bilden und Theile der Leibeshöhle umschliessen (Asteridae, See- sterne), oder als selbstständigere und beweglichere Organe von der Leibeshöhle schärfer geschieden, in der Regel einfach (Ophiuridaej Schlangensterne), selten verzweigt (Eurgalidae) sind, aber auch einfache gegUederte Seitenfäden, Pinnulae, {Crinoidea) tragen können. Als ein wichtiger Character der Echinodermen gilt die Verkalkung der Haut zu einem meist festen , mehr oder minder beweglichen , selbst staiTen Panzer. Bei den lederartigen Holothurien bleiben diese Skelet- bildungen freilich auf isolirte, bestimmt gestaltete Kalkkörper beschränkt, welche in Form von gegitterten Täfelchen, von Rädern, Stäben oder Ankern in dem Integument eingelagert sind; in solchen Fällen ist der Hautmuskelschlauch kräftig entwickelt und bildet fünf Paare von starken Längsmuskelbündeln , über welchen eine continuirliche Lage von Kreisfasern die innere Oberfläche der Haut auskleidet. Bei den See- sternen und Schlangensternen bildet sich an den Armen ein bewegliches Hautskelet mit äussern und innern wirbelartig verbundenen Kalkstücken aus, während die Rückenfläche von einer in Höcker und Stacheln aus- laufenden, oft mit Kalktafeln erfüllten Haut bedeckt ist. Vollkommen unbeweglich aber wird das Hautskelet bei den Seeigeln, indem 20 Reihen von festen Kalkplatten in Meridianen geordnet, durch Nähte sich ver- binden und eine dicke unbewegliche Kapsel zusammensetzen. Diese Plattenreihen ordnen sich in zwei Gruppen von je 5 Paaren, von denen Pedicellarien. Wassergefasssystem. Madreporeuplatte. 211 die einen in die Strahlen hineinfallen und von Oeffnungen zum Durch- tritt der Ambulacralfüsschen durchbrochen sind {Ämhalacralxilatten), die andern ebenfalls paarweise nebeneinanderlaufenden Reihen den Inter- radien zugehören und jener Poren entbehren {InteramhulacralplaUen). Auch in das Innere des Körpers werden oft Fortsätze des Hautskelets entsendet. Die Crinoideen endlich besitzen einen aus fünfeckigen Kalk- stücken gebildeten Stil, welcher an der Rückenscheibe des Körpers beginnt und sich an feste Gegenstände anheftet. üeberall bleibt die äusserste dünne Lage des Integuments unver- kalkt und trägt an vielen Stellen {^Semitae) ein Wimperepithel. Freilich löst sich dieselbe von den warzigen Vorsprüngen und Stacheln regel- mässig ab, so dass die verkalkten Lagen zum Vorschein kommen. Als Anhänge des Hautpanzers sind die höchst mannichfach gestalteten Stacheln und die Pedicellarien zu erwähnen. Die erstem sind auf knopf- förmigen Erhabenheiten der Seeigelschale beweglich eingelenkt und werden durch besondere Muskeln der weichen oberflächlichen Hautschicht erhoben und zur Seite gebeugt ; die Pedicellarien sind gestilte und durch ein besonderes Kalkgerüst gestützte, beständig klappenrlo, zwei-, drei- oder vierschenklige Greifzangen, welche besonders den Mund der Seeigel umstellen und auch auf der Rückenfläche der Seesterne sich vorfinden. Ein Hauptcharacter der Echinodermen liegt in dem eigenthümlichen System von Wassergefässen und den mit demselben verbundenen schwell- baren Ämbidacralfüsschen. Das Wassergefasssystem, wegen dieses Zu- sammenhanges auch Amhulacralgefässsystem genannt, besteht aus einem den Schlund umfassenden Ringgefässe und fünf in den Strahlen liegenden Radiärgefässen , welche an der Innenfläche ihrer Wandung bewimpert und mit einer wässrigen Flüssigkeit gefüllt sind. Ganz allgemein ver- binden sich mit dem Gefässringe blasige contractile Anhänge, die Polischen Blasen, sodann traubige Anhänge und ein Steincanal (selten in mehrfacher Zahl vorhanden), welcher die Communication des flüssigen Inhalts mit dem Seewasser vermittelt. Der Steincanal, von den Kalk- ablagerungen seiner Wandung so genannt, hängt entweder in die Leibes- höhle hinein und nimmt von da aus durch die Poren der Wandung Flüssigkeit auf {HolotJmrien) oder endet an der äussern Körperbedeckung mittelst einer porösen Kalkplatte, Madreporenplatte, durch welche dann das Seewasser in das Lumen des Canalsystems hinein gelangt. Die Lage der Madreporenplatte wechselt übrigens mannichfach, indem sie bei den Clypeastriden in den Scheitelpol fällt, bei den Cidariden und Spatangiden interradial in der Nähe des Scheitels (keineswegs immer in dem unpaaren Interradius des Afters), bei den Asterien ebenfalls interradial auf der Rückenfläche, bei Enryale und den Ophiiiriden aber auf einem der fünf Mundschilder liegt. Mehrere Steincanäle und 14* 212 Ambulacralfüssclien. Darmcanal. Madreporenplatten besitzen z. B. OphidiasteraiYten und JEchinaster echinites. Bei den Holothurioiden fehlt die Madreporenplatte, und der Steincanal besorgt die Wasseraulnahme von der Leibeshölile aus. An den Seiten der fünf oder mehrfachen ßadialstämme entspringen die als Ämbulacralfüsschen bekannten Anhänge. Dieselben ragen als schwellbare, meist mit einer Saugscheibe versehene Schläuche an der Oberfläche des Echinodermenkörpers hervor, treten durch Oeflnungen und Poren des Hautskeletes hindurch und entspringen in Verbindung mit contractilen Ampullen mittelst kurzer seitlicher Stilchen an den Radiärstämmen. Während in diesen letztern die Flüssigkeit durch die schwingenden Wimpern in Strömung erhalten wird, dienen die con- tractilen Ampullen dazu, ihren flüssigen Inhalt in die Saugfüsse einzu- treiben und dieselben schwellend zu machen; während die Polischen Blasen Pumpapparate für den gesammten Gefässinhalt sind, haben sie die Bedeutung von Specialpumpen für die Saugfüsschen. Indem sich zahlreiche Füsschen strecken und mittelst der Saugscheibe anheften, dann sich contrahiren und den Echinodermenleib nachziehen, kommt eine langsame Bewegung in der Richtung der Radien zu Stande. Indessen erleidet die Anordnung und Vertheilung der Füsschen mannichfache Modificationen. Bald sind die- selben reihenweise in der ganzen Länge des Meridians vom Mundpole bis in die Nähe des Scheitels gestellt, Cidariden und Pentacta, bald unregelmässig über die ganze Körperfläche oder nur über die söhlige Bauchfläche ausgebreitet, Holotlmrien, bald erscheinen dieselben auf die Oralfläche beschränkt, wie bei allen Ästerien. Wir unterscheiden dann eine ambulacrale Zone von einer antiambulacralen Zone, von denen die erstere mit der Mundfläche und Bauchfläche, die letztere mit der Rücken- fläche zusammenfällt. Uebrigens zeigen auch die ambulacralen Anhänge einen verschiedenartigen Bau und dienen keineswegs immer zur Loco- motion. Ausser den Locomotionsfüssen gibt es grosse tentakelartige Schläuche, welche den Tentakelkranz um den Mund der Holothurien zusammensetzen; in anderen Fällen sind die Anhänge kiemenähnhch gefiedert und bilden die aus den grossen Poren einer füniblättrigen Rosette austretenden Amhulacralkiemen der Spantangiden und Clypeastriden. Daneben aber besitzen die irregulären Seeigel ganz allgemein auf der Bauchfläche Saugfüsschen, welche bei den Clypeastriden fast mikrosko- pisch klein werden und in sehr bedeutender Zahl in verästelten Reihen oder in gleichraässiger Vertheilung über die ganze Oberfläche verbreitet sind. Bei den Spatangiden mit reihenweise in Meridianen angeordneten Saugfüsschen treten auch sogenannte Tastfüsschen mit pinselförmigem Ende auf. Alle Echinodermen besitzen eine Mundöff'nung und einen von der Leibeshöhle gesonderten Darmcanal, welcher in drei Abschnitte, Speise- röhre, Magendarm und Enddarm zerfällt und sich meist im Centrum Leberschläuche. Blutgefasssystem 213 des Scheitels, selten in einem Interradius an der Bauchtiäche nach aussen öffnet. Es kann indessen auch der Darm blind geschlossen sein, wie z. B. bei allen Ophiuriden und Euryale, ferner bei den Gattungen Astropecteti, Ctenodiscus und Liüdia, welche der Afterötfnung entbehren. Nicht selten finden sich in der Umgebung des Mundes hervorragende, mit Spitzen besetzte Platten des Skeletes, oder es bilden wie bei den Cidariden "jund Clypeastriden spitze mit Schmelzsubstanz über- zogene Zähne einen kräftigen beweglichen Kauapparat, welcher noch in der Umgebung des Schlundes durch ein System von Platten und Stäben (Laterne des Aristoteles) gestüzt wird. Eine andere Bedeutung hat der meist aus 10 Platten gebildete Knochenring, welcher sich bei den HoJotJmrien in der Umgebung des Schlundes findet und (den sog. Auriculae der Echiniden homolog) zur Befestigung der Längsbündel des Hautmuskelschlauchs dient. Bei den Seesternen ist der Darmcanal durchweg kurz, sackförmig und mit blindgeschlossenen, verzweigten Anhängen besetzt, welche theils in den Interradien der Scheibe liegen, theils weit in die Arme hinein- reichen. Am umfangreichsten erscheinen bei den Ästerien fünf Paare vielfach gelappter Schläuche an der mittleren Abtheilung des Darmcanals. Kürzer sind die fünf in die Zwischenstrahlen fallenden Blindsäckchen des kurzen Rectums, welche wahrscheinlich als Harnorgane fungiren, während die erstem die verdauende Fläche vergrössern. Bei den übrigen Echinodermen streckt sich der engere Darm zu einer bedeutenden Länge und verläuft entweder wie bei Comatula um eine Spindel in der Achse der Scheibe gewunden, oder wie bei den Seeigeln durch Fäden und Membranen in mehrfachen Bogen an der innern Fläche der Schale befestigt. Auch bei den HolotJmrien ist der Darmcanal in der Hegel weit länger als der Körper, meist dreifach zusammengelegt und durch eine Art Mesenterium befestigt. Mit dem Enddarm stehen in einzelnen Gattungen {Molpadia, BohadscJiia etc.) drüsenähnliche Anhänge, die Ciwier'schen Organe, in Verbindung. Von dem sehr schwierig zu verfolgenden Blutgefasssystem kennt man nach Tiedemann bei den meisten Echinodermen ramificirte Gefäss- stämme am Darme und einen Ringcanal, welcher vom Gefässringe des Ambulacralsystemes umgeben wird. Von dem Ringcanale strahlen in die Radien ebensoviele sich weiter verzweigende Gefässstämme aus. Dazu kommt ein zweiter Gefässring unter dem Scheitelpole, welcher bei den Ästerien und Seeigeln mit dem oralen Ringgefäss durch ein pul- sirendes Herz verbunden ist. Von den Holothurien kennt man ausser dem Gefässringe um den Oesophagus nur zwei Gefässstämme mit ihren Verzweigungen am Darme. Das Blut ist eine klare, selten getrübte oder gefärbte Flüssigkeit, in welcher sich Zellen als Blutkörperchen finden. Besondere Respirationsorgane finden sich keineswegs überall, die 214 Hautkiemen. Wasserlungen. Ambulacralgehirn. gesammte Fläche der äussern Anhänge, sowie die Oberfläche der in der Leibeshühle suspendirten Organe, und besonders des Darmes scheinen bei dem Austausch der Gase des Blutes in Betracht zu kommen. Das Wasser tritt nämhch, wie für die Asterien nachgewiesen ist, durch Poren des Hautskeletes in den Leibesraum ein und wird durch Wimpern der Leibeswandung in Bewegung erhalten ; anf diesem Wege wird die Ober- fläclie der Innern Organe stets von Wasser umspühlt und auch die Füllung des Wassergefässsystemes bei den Holothurien von dem porösen Steincanal aus vermittelt. Als besondere Respirationsorgane betrachtet man die blattförmigen und gefiederten Ambulacralanhänge der irregulären Seeigel (Ämhulacralkiemen') , ferner die blinddarmförmigen mit der Bauchhöhle communicirenden Schläuche einiger regulären Seeigel und der Asterien (Hautkiemen), welche bei diesen als einfache Eöhrchen über die ganze Rückenfläche zerstreut sind, bei jenen als 5 Paare ver- ästelter Röhrchen in den Ausschnitten der Schale die Mundöffnung um- geben, endlich die sogenannten Wasserlungen der Holothurien. Die letztern sind zwei sehr umfangreiche, baumähnlich verästelte Schläuche, welche mit gemeinsamem Stamme in den Enddarm einmünden und von hier aus ihr Lumen mit Wasser füllen, wie sie andererseits wiederum ihren wässrigen Inhalt mit grosser Gewalt durch die Afteröffnung aus- spritzen können. Das Nervensystem besteht aus fünf, in die Strahlen fallenden (oder zahlreichen, der Zahl der Radien entsprechenden) Hauptstämmen, welche bei den Ästenden unmittelbar unter der häutigen Auskleidung der Am- bulacralrinne hinlaufen, auch bei den Crinoiden ausserhalb des Am- bulacralskelcts der Arme liegen und zahlreiche Fäden nach den Füsschen, Muskeln der Stacheln und Pedicellarien etc. austreten lassen. Diese Stämme sind als Centraltheile des Nervensystemes anzusehen, als »Äm- bulacralgehirtie<^ , wie aus ihrem Belege mit Ganglienzellen hervorgeht und theilen sich um den Mund in gleiche Hälften, welche sich zur Bil- dung eines ebenfalls Ganglienzellen enthaltenden Nervenringes vereinigen. Als Tastorgane deutet man fühlerartige Ambulacralfüsschen , welche bei den Asteriden an der Spitze der Arme in einfacher Zahl auftreten, ebenso die Tentakeln der Holothurien und die pinselförmigen Tast- tüsschen der Spatangiden. Augen kommen bei den Seeigeln und Asteriden vor. Die Bedeutung der sogenannten Augenflecken von Synapta als Sinnesorgane dürfte noch zweifelhaft erscheinen. Bei den Cidariden sind es 5 um den Scheitelpol auf besonderen Platten (Ocellarplatten) gelegene Pigmentflecken, an denen ein Nerv des Ambulacralgehirnes endet. Am genauesten sind die Augen der Asteriden bekannt. Nach Ehrenberg 's Entdeckung liegen dieselben als rothe Pigmentflecken auf der Unterseite der Strahlen im Endtheil der Ambulacralrinne; wie aber E. Haeckel nachgewiesen hat, sind es kuglig gestilte Erhebungen, Augen. Uehörbläschen. Fortpflanzung. 215 welche unter ihrer convexen, von einer einfachen Hornhaut überzogenen Oberfläche eine grosse Zahl (80 — 200) kegelförmiger Einzelaugen bergen. Diese letztern erscheinen mit ihren Achsen gegen einen gemeinschaft- lichen Mittelpunkt gerichtet und bestehen aus rothen, einen lichtbrechen- den Körper umfassenden Pigmentanhaufungen. Leider konnte das Ver- hältniss der in den gemeinschaftlichen Bulbus eintretenden Nerven nicht ermittelt werden. Fünf Paare sog. Gehörbläschen sind durch Baur am Ursprünge der 5 radialen Nerven von Synapta bekannt geworden. Die Fortpflanzung scheint stets eine geschlechtliche zu sein, und zwar gilt die Trennung des Geschlechtes als Regel. Hermaphroditisch sind \mx Synapta undnachMetschnikotf Ophiura {Amphiura) squamata. Die Fortpflanzungsorgane sind übrigens bei Männchen und Weibchen äusserst gleichartig gebaut, so dass wenn nicht die Farbe der meist milchweissen Samenflüssigkeit und der röthlichen oder gelblich braunen Eier zur Erken- nung des Geschlechts ausreicht, erst die mikroskopische Prüfung der Con- tenta die Entscheidung gibt. Geschlechtsunterschiede der äussern Form oder bestimmter Körpertheile existiren nichts da sich bei dem Ausfall der Begattung die geschlechtlichen Leistungen in der Regel auf die Bereitung und Ausscheidung der Zeugungsstoffe beschränken. Eier und Samen- fäden begegen sich daher mit wenigen Ausnahmen erst in dem Seewasser ausserhalb des mütterlichen Körpers und nur selten kommt die Befruch- tung im Leibe der Mutter zu Stande, wie z. B. bei der viviparen Amphiura und bei Phyllophorus urna. Die Zalil und Lage der Geschlechtsorgane ent- spricht meist streng der radiären Bauart, doch treten in dieser Hinsicht mancherlei Abweichungen auf. Bei den regulären Seeigeln liegen in den Zwischenstrahlen an der Innern Schalenfläche des Rückens 5 gelappte, aus verästelten Blindschläuchen zusammengesetzte Ovarien oder Hoden, deren Ausführungsgänge durch 5 Oeffnungen der interradialen Skelet- platten (Genitalplatten) im Umkreis des Scheitelpoles nach aussen münden. Bei den Asteriden liegen 5 Paare von Genitaldrüsen in ähnlicher An- ordnung zwischen den Strahlen, zuweilen aber erstrecken sie sich in die Arme hinein, auch finden sich bei einigen Oeffnungen für den Durchtritt der Zeugungsstoöe auf der Rückenfläche, indem in jedem Interradial- raum zwei Stellen von Oeffnungen siebförmig durchbrochen sind. Bei den Ophiuriden entwickeln sich ebenfalls in der Umgebung des Magens 10 gelappte aus Blindschläuchen zusammengesetzte Zeugungsdrüsen, deren Producte in die Leibeshöhle fallen und von da durch Spalten- paare an der Bauchseite zwischen den Armen nach aussen gelangen. Die irregulären Seeigel haben meist eine geringere Zahl (4, 3, selbst 2) von Genitalporen und dem entsprechend wohl auch von Geschlechts- organen. Bei den Ilolothurien reduciren sich die letztern sogar auf eine einzige vielfach verzweigte Drüse, deren Ausführungsgang nicht weit vom vordem Körperpole innerhalb des Tentakelkreises an der 216 Metamorphose. Bilaterale Larven. Rückenseite ausmündet. Die Crinoideen endlich erzeugen grossentheils ihre Geschlechtsproducte an den Pinnulae der Arme und lassen dieselben durch Dehiscenz der Wandung nach aussen gelangen. Die Entwichlung der Echinodermen erfolgt seltener direct oder mit nur unbedeutender Metamorphose, in der Regel beruht dieselbe auf einer sehr complicirten Metamorphose, für welche eigenthümlich gestaltete bilaterale Larven charakteristisch sind. Die erstere Art der Entwicklung gilt nur für wenige Holoihurien und einige Ästeroideen, welche entweder lebendige Junge gebären (Amphiura squamata) oder nur wenige aber grosse Eier ablegen und diese während ihrer Entwicklung in einem Brutraume des mütterlichen Körpers beschützen. Ueberall aber ist das erste Jugendstadium ein bewimperter Embryo. In den Fällen einer complicirten, durch bilaterale Lavenstadien ausgezeichneten Metamorphose verwandelt sich der Eidotter nach Vollen- dung der totalen Furchung in einen kugligen Embryo, dessen zelUge Wandung eine helle Centralsubstanz {Gallertkern, V. Hensen) um- schliesst und an der Oberfläche zarte Wimperhaare trägt. Nachdem derselbe die Eihtillen verlassen hat, bildet, sich an einer bestimmten verdickten Stelle seiner zelligen Wandung, wie schon Kr ohn und neuerdings A. Agassiz für Asteracanthion nachwies, eine grubenförmige Vertiefung, welche allmählig immer tiefer greift und unter gleichzeitiger Streckung des Larvenkörpers zu einer in die Längsachse des Leibes hineinwachsenden Höhlung, der Anlage des Darmcanales, sich umgestaltet. Merkwürdigerweise gehen nach V. Hensen von der Zellenschicht der Darmanlage die Zell- wucherungen aus, welche in der ursprünglich gleichmässigen Gallert- substanz des Körpers einwandern und dieses Gewebe mit Zellen ver- sorgen. (Vgl. die Entwicklung der Rippenquallen). Oft treten diese Zellen in sehr grosser Zahl und von mehr rundlicher Form auf und füllen das Zwischengewebe, die sog. Leibeshöhle grossentheils aus. Metschnikoff) glaubt in ihnen die Bildungselemente der Cutis und des Kalkskelets zu erkennen. Die Anfangs streng radiäre Form der Coelenteraten-ähnUchen Larve wird mit fortschreitendem Wachs- thum mehr und mehr bilateral. Zunächst flacht sich die eine Seite des gestreckten Körpers ab, das blinde Ende der verdauenden Höhlung nähert sich dieser Fläche und bricht an derselben nach aussen durch. Die der primitiven Einbuchtung entsprechende Oefi"nung fungirt als After, die zuletzt entstandene wird zur Mundöß'nung. Noch vor Durchbruch der Mundöffnung hat sich nach A. Agassiz aus dem blinden Ende der Darmhöhle eine doppelte Ausstülpung hervorgebildet, durch deren Abschnürung zwei zu den Seiten des Darmes gelegene Säckchen 1) Hetschnikotf, Studien über die Entwicklung der Echinodermen und Neniertinen. St. Petersburg. 1869. Bipinnaria. Brachiolaxia. Auricularia. 217 selbständig werden. Bei den Auricularien und auch bei Tornaria tritt diese Ausstülpung jedoch unpaar auf. Das linksseitige (Metschnikoft') Säckchen — durch die Lage der Mundöffnung wird die vordere Hälfte der Bauchfläche bezeichnet — öftnet sich auf der Rückenfläche nach aussen in dem bereits durch J. Müller bekannt gewordenen Rückenporus und bildet die erste Anlage des spätem Wassergefässsystems. Während sich der Darm in drei Abschnitte, Schlund, Magen und Enddarra, gliedert, beginnen sich die Wimpern auf der Umgebung der sattelförmig einge- drückten Bauchfläche zu concentriren. Zunächst entstehen vor und hinter der weiten Mundöffnung zwei halbmondförmige dicht bewimperte Quer- wülste, welche mit ihren seitlichen Enden zusammenlaufen und in die so charakteristische Wimperschnur der Echinodermenlarve auswachsen. Mit dem fortschreitenden Wachsthum nehmen die Larven der See- igel, Schlangensterne, Seesterne und Holothurien eine verschiedene und nicht unwesentlich differirende Gestaltung an. Es entstehen durch ab- weichende Wachst humsvorgänge eine Reihe von Larvenformen, deren Bau und Entwicklungsweise vornehmlich durch die umfassenden und berühmten Untersuchungen von Job. Müller bekannt geworden ist. Der wulstige Rand mit der rücklaufenden Wimperschnur erhält Einbiegungen und Fortsätze mancherlei Form in durchaus symmetrisch bilateraler Ver- theilung, deren Zahl, Lage und Grösse die besondere Gestaltung des Leibes bestimmt. Wir unterscheiden immer deutlicher einen vordem und einen hintern ventralen Abschnitt der Wimperschnur von den seit- lichen, die Rückenwand bildenden Theilen derselben, welche vorn und hinten dorsoventrale Umbiegungen bilden und so in die erstere übergehn. Indessen können die dorsalen Ränder am vordem Körperpole auch un- mittelbar in einander übergehn, so dass der vordere oberhalb des Mundes gelegene Abschnitt seine selbstständig rücklaufende, das sog. Mundschild begrenzende Wimperschnur besitzt. Diese Eigenthümlich- keit in der Gestaltung der Wimperschnur ist für die als Bipinnarien, Brachiolarien und Tornarien unterschiedenen Larven der Seesterne charakteristisch. In allen andern Fällen beobachten wir nur eine einzige rücklaufende Wimperschnur. Bei den Larven der Holothurien (Synaptiden), den sog. Auricularien, bleiben die Fortsätze kurz und weich, sie finden sich an den dorsalen Seiten- rändern und als Auricularfortsätze an der hintern dorsoventralen Um- biegung der W^imperschnur , ebenso an dem hintern ventralen Schirm und an dem Mundschild. Aehnlich verhalten sich die Fortsätze der Bipinnarien, welche wenngleich viel länger und gestreckter (vornehmlich der mediane des Mundschildes und der Rückenfläche) stets der Kalk- stäbe entbehren. Die Brachiolarien unterscheiden sich von jenen durch den Besitz von drei vordem zwischen Mundschild und Rücken gelagerten Armen, welche im Verein mit einem saugnapfähnlichen Nackenschild als 218 Tornaria. Pluteus. Haftapparate wirken, Uebrigens treten diese Haftorgane, wie es scheint, immer erst während der spätem Entwicklung auf, so dass dem Brachiolaria- stadium ein Bipinnaria-ähnViches (Brachina A. Ag.) oder mit derselben identisches (V. Hensen) Stadium vorausgeht. Bei den Tornarien (mit endständiger Afteröffnung) ') finden sich am vordevn Körpertheil zwei halbmondförmige Augenflecken, während die hintere Partie des Leibes eine dritte kreisförmige Wimperschnur entwickelt, auf die noch eine sehr zarte vierte folgen kann. Auch die Anlage des Herzens wurde hier beobachtet. Die bilateralen Larven der Ophiuriden und Seeigel, die sog. Pluteus- formen zeichnen sich durch ihre umfangreichen stabförmigen Fortsätze aus, welche stets durch ein System von Kalkstäbchen gestützt werden. Die PluteusiRvwen der Ophiuriden besitzen sehr lange Auricularfortsätze, ferner Fortsätze an der vordem dorsoventralen Umbiegung des Randes, sowie am dorsalen Seitenrand und am Rande der hintern ventralen Decke. Die P^M^ew^larven der Seeigel dagegen entbehren der Auricular- fortsätze ganz, entwickeln aber Fortsätze am Rande der vordem ven- tralen Decke. Für die Larven der Spatangiden erscheint der Besitz eines unpaaren Scheitelstabes, für die von Echinus und Echinocidaris das Vorkommen von Wimperepauletten charakteristisch. Die Verwandlung dieser seitlich symmetrischen Larven in den Leib des spätem Echinoderms erfolgt nicht überall in derselben Weise, indem derselbe nach Joh. Müller bei den Seeigeln, Seesternen und Ophiuriden als eine Art Neubildung im Innern des Larvenkörpers auftritt und von den Theilen des letztern vornehmlich den Magen, Darm und Rücken- schlauch in sich aufnimmt, während der üebergang der Auricularie in die Holothurie {Synapta) ohne Verlust des äussern Larvenkörpers durch Vermittlung eines puppenartigen Zwischenstadiums erfolgt. Indessen sind nach den neuesten Untersuchungen Metschnikoff 's auch im erstem Falle die Hauttheile des Larvenkörpers an der Bildung des spätem Echinoderms wesentlich betheihgt. Stets entwickelt sich unterhalb der Haut — und zwar durch Ab- schnürung von der Wassergefässanlage aus -- eine Bildungsmasse, welche die »wurstförmigen Körper« oder die »Lateralscheiben« liefert. Dieselben (bei den Bipinnarien durch das rechte scheibenförmige Säckchen selbst, sowie durch die hintere Partie des linken Säckchens vertreten), um- wachsen von zwei Seiten den Magen und werden nach Metschnikoff zur Muskelschicht (äusseres Blatt) und zum Peritoneum des spätem Echinoderms (inneres Blatt). Zwischen beiden Blättern der verwachsenden 1) Vergl. insbesondere Metschnikoff, Untersuchungen über die Metamorphose einiger Seethiere. Nach diesen zeigt die wurmförmige aus Tornaria hervorgehende Larve die grösste Aehnlichkeit mit Balanoglossus. Zeitscbr. für wiss. Zoologie. Bd. XX. Metamorphose. 219 Seitenscheiben nimmt die Leibeshöhle ihre Entstehung. Der Canal oder Schlauch des Rückenporus gibt während der fortschreitenden Entwicklung seine einfache Form auf und gestaltet sich zum Ringcanal mit den An- lagen der Ambulacralstämme und der ersten Saugfüsschen beziehungs- weise Tentakeln. Bei den Äiiricularien und allen durch Pliiteus- metamorphose sich entwickelnden Ophiuriden umwächst die Anlage des Wassergefässsystems den Oesophagus, um sich unter Bildung von Blind- schläuchen und secundären Ausstülpungen ringförmig zu schliessen. Bei den Ästenden und Echinoideen aber bleibt sie ohne Beziehung zum Larvenoesophagus, nimmt eine Rosettenform an und wird erst später nach Metschnikoff von dem neu entstandenen Oesophagus durchbohrt. Nur im letztern Falle findet die Bildung einer neuen Schlundröhre statt, während bei den Auricidarien und Ophiuriden der Larvenschlund zu dem des spätem Thieres wird. Die Anlage des definitiven Skelets und der Echinodermenhaut erfolgt ausserhalb der Seitenscheiben in dem mit rundlichen Zellen, »Cutiszellen«, erfüllten Zwischengewebe unter Betheiligung der sich verdickenden Oberhaut, sei es dass iwie bei den Auricidarien und Ästeriden die gesammte Larvenhaut direkt in die ent- sprechenden Theile des Echinoderms umgewandelt wird, sei es dass dieselbe wie bei den Ophiuriden und Echiniden nur theilweise zur Ver- wendung kommt, indem ein Theil der Larvenhaut mit den provisorischen Kalkstäben resorbirt oder wohl auch abgeworfen wird. Der Rücken- porus, der überall (nur die Auricularien verlieren denselben in einem spätem Entwicklungsstadium) seine ursprüngliche Lage bewahrt, be- zeichnet die Stelle, in welcher durch die Skeletbildung der Cutis die Madreporenplatte entsteht, der von ihm ausgehende Canal des Rücken- schlauches wird zum Steincanal. Das Skelet und Perisom des definitiven Echinodenns hat bei den Schlangensternen und Seesternen eine seitlich symmetrische anfangs senkrecht gestellte allmählig sich verschiebende und in die Horizontalstellung (zur Längsachse der Larve) übergehende Anlage. Dieselbe besteht bei den Ophiuriden aus 5 zapfenförmigen von der verdickten Epidermis überkleideten Ausstülpungen, »Hohlkehlen«, von denen 2 an der linken Bauchseite, 3 an der linken Rückenseite liegen. Auch das Wassergefässsystem mit seinen 5 blinddarmförmigen Ausstülpungen ist hier anfangs in verticaler Richtu-g an der linken Seite des Pluteuskörpers gelegen und geht den Hohlkehlen entsprechend den Oesophagus umwachsend in eine horizontale Lage über. Bei den Bipinnarien legt sich das Echinodermenskelet als senkrechte Platte an, die mit ihren eingeschlossenen Skleletstücken eine Drehung in die Verticalachse erfährt, während sich ihre Epidermoidalverdickungen in 5 Gruppen, 3 ventralen und 2 dorsalen, ordnen. Bei den Echinoideen wird eine besondere Ilauteinstülpung, wie zuerst AI. Agassiz erkannte, zu dem von Joh. Müller als ümbo und auf einer vorgeschrittenen 220 Metamorphose der Auricularien. Entwicklungsstufe als Seeigelscheibe bezeichneten Gebilde, welches in eine nähere Beziehung zu den 5 Larven des Wassergefässbläschens tritt und die Epidermis der Bauchfiäche des Echinoderms liefert. Auch hier er- zeugt indess die Larvenhaut die Hautgebilde des Seeigels, während das provisorische Larvenskelet in einzelne Stücke zersplittert, gewinnt der Körper eine mehr rundliche Form, und die Pluteusarme beginnen zu atrophiren. Die fünf aus der Kosette des Wassergefässsystems hervor- gebildeten Füssclien kommen ähnlich wie die freilich doppelt so zahlreichen Füsschen am pentagonalen Körper des jungen Schlangensterns zum Durch- bruch, und beginnen tastende und kriechende Bewegungen. Schliesslich gelangen die Arme und Ueberreste des Larvenskeletes zur vollkommenen Resorption. Ein Abwerfen einzelner Arme findet vielleicht nur bei den Ophiuriden statt. Indessen ist von Joh. Müller für Bipinnaria asterigera die Trennung des Seesternes von dem ganzen Larvenkörper durch Abreissen des Larvenschlundes behauptet worden. Die Entwicklung der Auricularien schliesst sich zwar durch die vollkommene Verwendung der Larvenhaut am nächsten an die der Bipinnarien an, zeigt aber doch einige erhebliche Abweichungen vor- nehmlich durch die Einschiebung des sog. Puppenstadiums. Wenn die Lateralscheiben mit ihrer spaltenförmigen Höhlung (Leibeshöhle) in der Umgebung des Magens zu einem Schlauche verschmolzen sind, und die Anlage des Wassergefässringes mit seinen 11 blinddarmförniigen An- hängen die Schlundröhre umwächst, beginnt in der äussern Erscheinung der Auricularie eine auffallende Umformung. Durch Zerreissen der lon- gitudinalen Wimperschnur entstehen an der Bauchfläche zehn isolirte Wimperabschnitte, von denen vier der Mundöffnung am nächsten stehen. Diese nähern sich dem Munde mehr und mehr und verbinden sich zu einem Ring, während die übrigen Wimperstücke ganz allmählig eine mehr horizontale d. h. zur Längsachse senkrechte Lage erhalten. Gleichzeitig werden die äussern Ausbuchtungen eingezogen, so dass der Körper die Form einer Tonne gewinnt, an deren Oberfläche die quergerichteten Wimperstücke zur Bildung von Wimperreifen verwachsen. Zuerst erscheint der mittlere Wimperreifen, der aus dem Rückentheil der Wimperschnur hervorgeht. Während der Umgestaltung der bilateralen Auricularie in die tonnen- förmige mit 5 Wimperreifen versehene Puppe zieht sich der etwas vor- getretene Mundtheil des Oesophagus mit dem ihn umgebenden aus der Wimperschnur hervorgegangenen Ring in das Innere des Körpers ein. Der dicke epidermoidale Ring tritt (vergleichbar der Seeigelscheibe) in nähere Beziehung zu dem Wassergefässsystem und wird zum Ueber- zuge der fünf Tentakelblindschläuche, entsendet aber auch längs der fünf kleinern nach hinten röhrenförmig sich verlängernden und die An- lagen der Wassergefässstämme darstellenden Blinddärmchen des Gefäss- Directe Entwicklung. 221 rings bandförmige Fortsätze , aus denen sich die Längsmuskeln ' ) und wahrscheinlich die Ambulacralstämme des Nervensystems entwickeln. Schlund und Mundöffnung gehn also keineswegs, wie man bisher annahm, verloren, und es bleibt eine wenngleich kleine Eingangsöffnung, welche in eine von der eingestülpten Epidermis bekleideten Höhle führt, in deren Grunde die 5 den Mund umgebenden Tentakeln zur Entwicklung kommen. Diese brechen schliesslich, nachdem die sog. Leibeshöhle der Puppe durch den mächtig vergrösserten Lateralscheitenschlauch verdrängt, und ihre Zellen (Cutiszellen) zur Bildung der Cutis mit ihren Kalkeinlagerungen verwendet worden sind, durch die erweiterte Eingangshöhle hervor und beginnen kriechende Bewegungen, durch welche nach allmähligem Ver- lust der letzten Puppenmerkmale die jnnge Synaptide zu einer sedentären Lebensweise übergeführt wird. In andern Fällen, bei mit Saugfüsschen versehenen Holothurien, kommen zu den 5 Mundtentakeln noch ein oder zwei ventrale Bauchfüsschen als Bewegungsorgane des jüngsten Holo- thurienstadiums hinzu. Bei der mehr direkten Entwicklungsweise, welche für einige See- sterne, Ophiuriden und Holothurien Geltung hat, wird die bilaterale Larvenform mehr oder minder vollständig unterdrückt, die Zeit des UmherschW'ärmens wird entweder bedeutend abgekürzt oder fällt ganz hinweg , indem sich die Jugendform in einem geschützten Brutraume oder gar innerhalb des mütterlichen Körpers entwickelt und dann lebendig geboren wird. In dem letztern für Amphiura squamata gültigen Falle finden sich an der Jugendform wenigstens Reste eines Larven- körpers und Larvenskelets , so dass man Anhaltspunkte gewinnt, um diese mehr direkte Entwicklung durch Rückbildung des provisorischen Larvenapparates aus jener entstanden und als eine nothwendige mit der Vergrösserung des Eimaterials und den dargebotenen Schutzeinrich- tungen in Causalität stehende Vereinfachung zu erklären. Am meisten geschützt ist die Bruthöhle bei Fteraster militaris^). Hier liegt dieselbe oberhalb des Afters und der Geschlechtsöffhungen und wird von der mit Kalkkörperchen erfüllten Oberhaut gebildet, welche sich über die Stacheln des Rückens emporgehoben hat. Etwa 8 bis 20 grosse Eier (von 1 mm. Durchmesser) gelangen in den Innenraum der Bruthöhle und gestalten sich dort zu ovalen Embryonen um, welche 1) Nur die Ringmuskelluge soll aus dem äussern Blatte des Lateralscheiben- schlauches ihre Entstehung nehmen. Nun liegen aber die Forlsätze des Wimperschnur- ringes, welche die Längsmuskeln erzeugen, ausserhHlb jenes Schlauches, während die Langsmuskeln der Holothurioideen innerhalb der Ringmuskellage verlaufen, ein Wider- spruch, den Metschnikoff durch die mir unverständliche Annahme einer secundären ÜBiwachsung keineswegs aufgeklärt hat. 2) Nach den Beobachtungen von Sars, Danielssen und Koren. 222 Pteraster militaris. Entwicklung von Echinaster Sarsii etc., einige Saugfüsschen erhalten und in fünfeckige Sterne übergehn. Die Anlage des Embryos erfolgt in der Weise, dass sich an einem Dotter- segmente vier schildförmige Verdickungen und unter diesen einige Saug- füsschen bilden. Durch scheibenförmige Ausbreitung der Anlage und Vermehrung der Schilder und Ambulacralfüsschen entwickelt sich der Stern, an welchem man in der Umgebung einer centralen halbkugligen Hervorragung der Mundscheibe das ambulacrale Ringgefäss mit den 5 Gefässstäramen und 2 — 3 Paaren von Sauufüsschen in jedem Strahle erkennt. Bei Echinaster Sarsii bildet sich ein Brutraum auf der Bauch- fläche aus, indem der Seestern die Spitzen seiner fünf Arme über Mund und Bauchfläche zusammenschliesst. Das vollständig bewimperte Junge gewinnt am vordem Ende einen kolbigen Fortsatz, welcher sich in mehrere Haftkolben theilt und dem Haftorgan der Brachiolaria ver- gleichbar, den Körper an der Wand des Brutraums befestigt. Dieser provisorische Apparat geht mit der Umwandlung des ovalen Körpers in eine fünfeckige Scheibe allmählig zu Grunde und wird durch die hervor- knospenden Ambulacralfüsschen ersetzt. Verdauungscanal und Ambulacral- gefässe werden wie es scheint von Anfang an in einer dem pentagonalen Echinodermenleib entsprechenden Form angelegt, in jedem Strahl bilden sich dann 5 Saugfüsschen aus, zwei paarige und ein unpaares, von denen das letztere der Ecke des Pentagons am nächsten liegt; die fünf Ecken treten allmählig stärker hervor, erhalten Augenpunkte und Tentakel- furchen, Stacheln kommen zum Vorschein und die Mundöfl'nung zum Durchbruch, das Haftorgan fällt ab und das Junge entschlüpft dem Brutraume des Mutterthieres, um allmählig unter kriechender Bewegung und selbstständiger Ernährung zu einem kleinen Seesterne auszuwachsen. Ganz ähnlich verhält sich die Entwicklung von Äster acantJiion Mülleri. Eine merkwürdige Verbindung der radiären und bilateralen Form zeigt die wurmförmige Asterienlarve von J. Müller, über deren Entwicklungs- modus leider bislang nichts näheres bekannt wurde. Dieselbe gleicht auf der Rückenfläche einem fünfringeligen Wurme, auf der Bauchfläche einem fünfstrahligen Sterne, welcher aus den drei vorderen Ringen des Wurmes entstanden ist. Auch für mehrere Holothiirien wurde die einfache direkte Ent- wicklungsweise nachgewiesen. Bei Holothuria tremula nimmt der be- wimperte Embryo nach den Beobachtungen vonDanielssen und Koren eine birnförmige Gestalt an und erhält alsbald den Wassergefässring und fünf Tentakeln. Während diese letztern anstatt der geschwundeneu Wimperhaare als Bewegungsorgane dienen, bildet sich Darmcanal und Hautskelet. Später mit fortschreitendem Wachsthum verästeln sich die Tentakeln, und es wachsen zwei Ventralfüsschen hervor, mit deren Auf- treten die Bewegung auf der Bauchfläche erfolyt. Aehnlich entwickeln sich nach Kowalewsky Fsolinus brevis, Pentacta doliolum , Phyllo- von Holothuria tremula, Psolinus brevis etc. 223 phonis urna und vielleicht alle echten Holothurien mit terminaler Mund- öffnung und grossem Nahrungsdotter. Bei den drei genannten Arten sind die aus dem mütterlichen Körper ausgeworfenen Eier bereits be- fruchtet — zum Beweise für den Eintritt des mit Samen gemengten Seewassers in die weibliche Geschlechtsmündung. Nach durchlaufener Furchung (die Bildung der 2 ersten Dottersegmente geschieht unter Theilung des Keimbläschens) gestaltet sich der Dotter zu einem kugligen Embryo mit bewimperter einfach geschichteter Zellwandung, Indem sich die Zellwand an dem einen Pole gegen die Centralhöhle sackförmig einstülpt, entsteht die Anlage des Darmcanals mit der Mund- ößnung. Gleichzeitig zerfällt die ursprünglich einfache Zellschicht der Wandung in eine überaus zarte durchsichtige peripherische und eine viel stärkere centrale Lage, von denen jene freilich erst später eine deut- liche Zellstruktur erkennen lässt und zur Oberhaut wird, während die centrale Schicht den Muskelschlauch und die bindegewebige Wandung des Körpers liefert. Während die anfangs breite und spaltförmige, nach und nach aber verengerte Mundöffnung auf die Bauchseite rückt, tritt an der gegenüber liegenden Rückenseite eine Einstülpung auf, welche zum Rückenschlauchc wird und in einen bewimperten ringförmigen Canal auswächst. Bevor noch die beiden Aeste in der Umgebung des Oesophagus zum Canal geschlossen sind, entstehen drei neue und dann noch zwei mit jenen nach vorn gerichtete Aeste, welche die Haut in Form von Warzen vor sich hertreiben und zu Mundtentakeln werden. Auch geht aus dem Ambulacralring ein nach hinten gewendeter Ast hervor, welcher sich bald in zwei Aeste theilt und zwei Warzen an dem hintern ventralen Ende, die zwei hintern Bauchfüsschen der jungen Holothurie bildet. Uebrigens wird das Auftreten eines besonderen Blut- gefässsystems neben dem mit Muskelfäden umsponnenen Wassergefäss- system von Kowalewsky in Zweifel gezogen, jedenfalls das Wasser- gefässsystem wegen der Anwesenheit von Blutkörperchen als embryonales Blutgefässsystem in Anspruch genommen und die Comraunikation, be- ziehungsweise Verschmelzung beider Systeme behauptet. Die weitere Entwicklung der jungen Holothurie besteht in der Verlängerung des Darmcanals, der gabhgen Spaltung der Mundtentakeln und in der Bil- dung von Kalkkörpern, welche zuerst an dem Theile des Wassergefäss- systems beobachtet werden, welcher an dem später verschwindenden Porus excretorius zum Kalksacke sich umgestaltet. Bei Pentacta doliolum durchbrechen die Jungen sehr frühzeitig die EihUllen und zwar noch vor Anlage des Darmes als gleichmässig bewimperte Larven. Nachdem der Ernährungsapparat gebildet ist, concentriren sich die Wimpern auf fünf breite Wimpergürtel, von denen der vordere als breiter Wimperwulst vor der Mundöfinung liegt. Dann erscheinen anfangs drei Tentakeln mit Saugpapillen am Ende, später noch zwei Tentakeln und zwei Ventral- 224 Lebensweise. Reproductionsvermögen. füsschen. Fhyllophorus urna endlich durchläuft eine ähnliche Ent- wicklung in der Leibeshöhle der Mutter, in der die Jungen anfangs mittelst der Flimmercilien umherschwimnien, bis sie nach Auftreten der fünf Mundtentakeln und der beiden Ventralfüsschen als kleine Holothurien geboren werden. Eine mit den Echinodermenlarven ähnliche wenngleich einfachere Gestaltung werden wir später bei zahlreichen Wurmlarven (Nemertinen, Sipunculiden, marine Chaetopode)i) wiederfinden. Dieselbe bietet ebenso wie die durch die Reduction des Ambulacralsystems ausgezeichnete, zu dem Körperbau der Gephyreen hinführende Organisation der Synaptiden wichtige Anhaltspunkte zur Begründung der Verwandtschaft von Echino- dermen- und Wurmtypus, Neigt man sich der Autiassung zu, die Echinodermenmetamorphose als einen Generationswechsel zu betrachten, so wird man die Möglichkeit der Ansicht von E. Haeckel begreiflich finden, nach welcher die Echinodermen als echte Stöcke gegliederter Würmer durch innere Knospung oder vielmehr durch fortschreitende Keimknospenbiklung im Innern echter Wärmer ihre Entstehung nehmen. Schon Reichert fasste in ähnhchem Sinne die Echinodermen als Thier- stöcke auf, und Baur ') wies treffend zur Widerlegung auf die Entwick- lungsgeschichte hin. Auch führt die Haeckel'sche Hypothese, indem sie die offenbar begründete Verwandtschaft der Holothurien mit denGephyreen zur Stütze heranzieht, zu einem andern Widerspruch, da nach ihr die zur Längsachse des Gesammtleibes senkrecht gestellte Achse des Strahles der Längsachse des Wurmkörpers entsprechen müsste, während es bei den Holothurien die Längsachse des Gesammtleibes ist, auf welche die des Wurmkörpers bezogen wird. Alle Echinodermen sind Meeresbewohner und ernähren sich bei einer langsam kriechenden Locomotion grossentheils von Seethieren, besonders Mollusken, aber auch von Fucoideen und Tangen. Nur die gestilten Crinoideen entbehren der freien Locomotion, ihre Ambulacral- anhänge haben die Bedeutung von Strudelorganen gewonnen. Zahlreiche Echinodermen leben in der Nähe der Küsten auf dem Boden des Meeres, andere kommen in beträchtlichen Tiefen vor. Merkwürdig ist die grosse Reproduktionskraft der Seesterne, die Fähigkeit, verloren gegangene 1) Baur, Beiträge zur Naturgeschichte der Synapta digitata. Dresden 1864. p. 59. „Wenn das Echinoderm ein Individuenstock ist, so müssen die individuellen ßestandtheile des Echinodernis, die Individuen des Stockes homologe Theile sein, es waren entweder die Radien oder homologe Theile der Radien. Die ursprünglichen Knospen aber, ans welchen der Echinodermenleib sich in der Larve zusammensetzt, sind nicht einander homolog, und sie entsprechen nicht den Radien des Echinodermen- leibes, sondern de» durch alle Radien desselben sich hindurchziehenden heterologen Bestandtheilen des Echino>!erms. Sie müssen de shalb als Primitivorgane und könnne nicht als Primitivindividuen des Echinoderms betrachtet werden". I. Classe. Criuoidea, Crinoideen. 225 Körpertheile z, B. Arme, mit allen ihren Einrichtungen, mit Nerven und Sinnesorganen durch neue zu ersetzen. Schon in der silurischen Formation Englands und Nordamerikas sind fossile Ästenden gefunden worden, welche mit den theilweise vor der Silurzeit vertretenen Crinoideen die ältesten Echinodermenreste darstellen. I. Classe. Crinoidea *), Crinoideen. Kuglige, becher- oder Tielch förmige Echinodermen ohne Madre- porenplatte, in der Regel mit einem vom Scheitelpol entsxmngenden gegliederten KalJcstile und gegliederten, Pinnulae tragenden Armen. Die Haut auf der antiamhulacralen Seite getäfelt, die Ämbulacra in Form von Tentakeln in den Reichfurchen oder zugleich auf den ge- gliederten Armen entwickelt. ' Für die Gesammtform des Körpers ist das Vorhandensein eines gegliederten Stiles characteristisch, welcher am Scheitelpole entspringt und sich mit seinem untern Ende an festen Gegenständen anheftet. Bei der Gattung Antedon (Comatula) ist derselbe jedoch auf die Jugend beschränkt. Der die Eingeweide enthaltende Leib erscheint als Kopf oder als 1) J. S. Miller, A natural history of ihe Crinoidea, or lily-shaped animals. Bristol. 1821. J. V. Thompson, Sur le Pentacrinus europaeus, l'^tat de jeunesse de genre Comatula. L'inslitut. 1835. Derselbe, Memoir on the starfish of the genns Comatula. Edinb. new phü. Journ. Vol. 20. 1836. Joh. Müller, Ueber den Bau von Pentacrinus caput Medusae. Abhandl. der Berl. Acad. 1841. Derselbe, Ueber die Gattung Comatula und ihre Arten. Ebendaselbst 1847. Leop. V. Buch, Ueber Cystideen, Abhandl. der Berl. Acad. 1844. Busch, Beobachtungen über den Bau und die Entwicklung einiger wirbelloser Seethiere und über die Larven der Comatula. Müllers Archiv. 1849. Ferd. Römer, Monographie der fossilen Crinoideenfarailie der Blastoideen. Archiv für Naturgeschichte. 1851. Lütken, Om Vestindiens Pentacriner med nogle Bemaerkninger om Penlacriner og Soelilier i Almindelighet. Nalurh. Forenings Meddelelser. Kjöbenhavn. 1864. W. Thompson, On the Embryology of the Antedon rosaceus. Phil. TransactioM Roy. Soc. Tom. 155. Carpenter, Researches on the slructure, physiology and development of Antedon rosaceus. ibid. Tom. 156. M. Sars, M^moires pour servir a la connaissance des crinoides vivants. Christiania. 1868. Vergleiche auch die Abhandlungen von Koninck, Forbes, Allman, Beyrich tt.a. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 15 226 Körperbau. Kelch und sitzt nur selten unmittelbar mit seinem dorsalen Scheitel fest. Die meist pentagonalen Stilglieder sind durch Bandmasse verbunden und von einem die Ernährung vermittelnden Centralcanal sowie von einem oft fünfrheiligen Faserstrang erfüllt; in gewissen Abständen tragen sie wirtelförmig gestellte, ebenfalls durchbohrte und gegliederte Ranken. Aeusserlich wird der becherförmige Leib auf der Rückenseite von regelmässig gruppirten Kalktafeln bedeckt, während die obere Fläche, an welcher die Mundöffnung und der After liegen, von einer lederartigen Haut bekleidet ist. Am Rande des Bechers ent- springen bewegliche einlache oder gablich getheilte oder mehrfach ver- ästelte Arme, deren festes Gerüste aus bogenförmigen Kalkstücken besteht und sich auf den Kalktafeln der Rückenfläche erhebt. Fast überall tragen die Arme an ihren Hauptstämmen oder deren Zweigen Seitenanhänge, Pinnulae, welche alternirend den einzelnen ebenfalls alternirenden Armgliedern zugehören. Der Mund liegt in der Regel im Centrum des Bechers ; von hier aus erstrecken sich über die Scheibe nach den Armen deren Verzweigungen und Pinnulae rinnenartige Furchen, die sog. Ämbulacralfurchen , welche von einer weichen Haut überzogen sind und die tentakelartigen Ambulacralanhänge tragen. Die Afteröfiiiung kann fehlen; wenn dieselbe vorhanden ist, liegt sie excentrisch auf der ambulacralen Fläche. Unter der weichen Haut der Ambulacralfurche verläuft das Ambulacralgefäss (?) und etwas tiefer der Centralstanim des Nervensystems. Steincanal und Madreporenplatte sind nicht nachgewiesen und scheinen ganz zu fehlen. Neuerdings ist indessen das Vorhanden- sein des Ambulacralgefässsystems überhaupt in Abrede gestellt worden. Die Geschlechtsstoffe entstehen unter der Haut der Pinnulae und sind nur bei den Cystoideen vom Kelch umschlossen. Die Ent- wicklung, von Busch nur bruchstückweise für die lebende Gattung Comatula erforscht, ist neuerdings durch die Untersuchungen Thompson's und Carpenter's in ihrem ganzen Umfang bekannt geworden und beruht auf einer complicirten Metamorphose, deren Larven- zustände mehrfache Eigen thümlichkeiten bieten. Die aus dem Eie aus- geschlüpfte Larve besitzt bereits eine an die Holothurienpuppen erinnernde Gestaltung und erscheint wie diese mit Flimmerreifen umgürtet. Aber ausser den vier Wimpergürteln und einem Haarschopfe am hintern Pole trägt sie noch eine gleichförmige Wimperbekleidung. Der vornehmlich aus einer hyalinen bindegewebigen Grundsubstanz zusammengesetzte Körper umschliesst einen Verdauungsapparat, welcher zwischen zwei Wimperreifen mit weit klaffender Mundöffnung beginnt und vornehmlich der hintern Körperhälfte angehört. Rückenporus und Wassergefässsystem fehlen. Wenn die Larve eine Länge von 1,5 bis 2 mm erreicht hat, beginnt die Anlage des spätem Echinodermenleibes, indem sich in dem vordem Körperabschnitt zwei hintereinander liegende Ringe von je 5 Kalkscheiben Entwicklung von Antedon (Comatula). 227 ablagern, denen noch eine hintere Reihe von 7 bis 8 neben dem Darm- kanale liegenden Kalkringen folgt. Die 10 vordem Kalkscheiben bilden die Anlagen der oralen und basalen Kalkplatten des Kopfes, während die hintern Kalkringe zu dem im Innern der Larve entstehenden Stile werden. Auch der Darm des Echinoderms nimmt unabhängig von dem Larvendarm in dem Köpfchen seine selbstständige Entstehung. Später ver- liert die Larve durch das üebergewicht des wachsenden Echinodermenleibes ihre ursprüngliche Form und wird zu einem birnförmigen Körper, der unter Verlust der Flimmerreifen und Larvenorgane zu Boden sinkt und sich mit dem scheibenförmig vergrösserten Endstücke des Stiles an fremden Gegenständen befestigt. Mit dieser Wandlung ist der Eintritt in das zweite Entwicklungs- stadium bezeichnet, in welchem sich der Gegensatz von Kopf und Stil allmählig schärfer ausprägt und unter Verwerthung der bindegewebigen Grundlage des Larvenleibes die Penfacrinusform immer vollkommener ausbildet. Die fünf Oralplatten, welche am vordem Kopfende zapfen- förmig vorspringen, sind beweglich und werden wie die fünf sog. Genital- platten der armlosen Crinoideen bald zu einer konischen Spitze erhoben, bald in scheibenförmiger Abflachung ausgebreitet. Dagegen treten die hintern Ränder der Basalplatten mit dem vordersten Stilsegmente (Centrodorsalplatte), hinter welchem neue Stilglieder gebildet werden, in feste Verbindung, während in den Zwischenräumen der übrigen Stil- glieder zarte Faserbündel auftreten. In der Mitte der dünnhäutigen Kopfscheibe liegt die weite verschliessbare Mundöffnung, die in einen vorläufig noch blindgeschlossenen Magen mit bräunlichem Zellbelag (Leber) führt. In ihrem Umkreis erheben sich die 5 ersten Ambulacralfüsschen als fünf mit Seitenzweigen versehene Tentakeln, deren Innenraura mit dem inzwischen gebildeten (?) Wassergefässringe communicirt. Bald steigt die Zahl der ambulacralen Anhänge auf fünfzehn, da in jedem Radius zwischen den Oralplatten des Kopfes zwei neue hinzutreten. Aber auch in den Interradien an der Innenseite der Oralplatten, haben sich je zwei kleinere und nicht contraktile Füsschen erhoben, die ebenfalls mit dem Gefässringe verbunden sind. Auch sind neue Skeletstücke in den radialen Zwischenräumen der Oralplatten an der Basis der Ambulacral- füsschen entstanden , die Anlagen der fünf Radialplatten , deren weitere Entwicklung an das Auftreten der Arme anknüpft. Diese letzteren bilden sich als zapfenförmige Auswüchse der Kopfscheibe vor den Radial- platten und erhalten je ein Paar hinter einander liegender dorsaler Skelet- stücke, die sich auf den Vorderrand der Radialplatten stützen. An der gefurchten Bauchseite der Arme erheben sich steife Ambulacralfüsschen von den inzwischen gebildeten (?) Radiärgefässen des Wassergefässringes. Die Leibeshöhle entsteht durch Ablösung der Körperwand von der 15* 228 Entwicklung von Antedon. Aussenfläche des Magens und wächst unterhalb der Radialgefässe bis an die Enden der Arme fort. An diesen wird die Spaltung in gabiige Aeste durch Anlage zweier neben einander liegender Skeletstücke vor- bereitet. Indem sich dann die einfachen Basaltheile der Arme in solchem Grade erweitern, dass sie sich wie Theile der Kopfscheibe ausnehmen, scheinen die auswachsenden Gabeläste ebensoviel Armen zu entsprechen Nachdem durch Auswachsen des Enddarmes an zwei benachbarten Radial- platten der anfangs durch eine Analplatte gestützte After entstanden ist, erfährt noch die Gestaltung der Kopfscheibe durch ungleiches Wachs- thum der Skeletstücke wesentliche Veränderungen. Insbesondere redu- ciren sich die Oralia auf Kosten der Radialia und verschwinden schliesslich vollständig. Auch die Basalia werden von den Radialstücken und der Centrodorsalplatte überwuchert. NachCarpenter, dessen Beobachtungen vornehmlich über die spätem Zustände der Metamorphose von Antedon rosaceus Aufschluss gegeben haben, beginnt die Bildung der 5 Dorsalranken etwa um die Zeit, in welcher sich das erste Stengelglied zur spätem Dorsocentralplatte ver- breitert. Die ersten 5 Ranken stehen in gleicher, die später auftretenden in ungleichmässiger Entfernung. Die Arme, deren Wachsthum auf Neu- bildung terminaler Glieder beruht, erhalten Pinnulae, sobald die Zahl der Armglieder auf 12 gestiegen ist und tragen dieselben alternirend bald rechts bald links an allen folgenden Gliedern. Die Pinnulae ent- stehen aber nicht durch axilläre Knospung, sondern durch Spaltung der Armglieder in 2 Aeste, von denen der eine zur Verlängerung des Armes dient, der andere zur Pinnüla wird. Schliesslich kommt es nach ö- bis 6-monatlicher Entwicklungszeit zur Abtrennung der Krone vom Stamme, der bei einer Länge von etwa i Zoll 20 Glieder umfasst. Die frei ge- wordene entfaltete Krone erreicht dann aber erst einen Gesammtdurch- messer von circa \ Zoll und hat noch mancherlei Umformungen zu er- leiden, indem die Ueberreste der Analplatte und der Oralplatten ver- schwinden. Auch hat sich die Centrodorsalplatte noch keineswegs vollständig entwickelt, wie denn auch die Zahl der Ranken und der Armglieder vervollständigt wird. Andere Comatula-arten freilich, wie (J. Sarsii, bleiben weit länger gestilt und erreichen in dem viel grössern Penta- cnnMSZustand (mit 40—50 Stilgliedern. Sars) ihre volle Entwicklung. Auch der freigewordene und ausgebildete Haarstern ist übrigens durch seine Rückenranken an fremde Gegenstände fixirt, die er freilich ge- legentlich verlässt. Dann benutzt das Thier die gefiederten Doppelarme zur freien Schwimmbewegung, um sich einen neuen Standort aufzusuchen. Die Nahrungsaufnahme geschieht in der Art, dass mikroskopisch kleine Thiere längs der Ambulacralfurchen durch Flimmerhaare dem Munde zugeleitet werden. Die Pinnulae mit ihren Ambulacralfüsschen scheinen vornehmlich zur Respiration zu dienen. 1. Ordnung. Bracliiatu, Arnililien. 220 Die meisten Crinoideen sind aus der lebenden Schöpfung ver- schwunden und gehören den ältesten Perioden der Erdbildung, dem Uebergangsgebirge und der Steinkohlenformation an. Schon in der Secundärzeit nimmt die Zahl der Crinoideen ab. Die wenigen jetzt lebenden Formen beschränken sich auf die Gattungen Pentacrinus, Holopus, Rhizocrinus, Äntedon (Comatida), Actinometra und Phanogenia aus der Ordnung der Brachiata und leben theilweise in bedeutender Meerestiefe. 1. Ordnung, Brachiata (Crmoidea s. str.), Annlilien. Kelch mit grossen, Pinnulae tragenden Armen, ohne dorsale Kelch- poren, in der Regel gestilt. Die Bildung der Kelchtafeln bietet mehrfache auf eine allgemeine Grundform zurückführbare Ä.bweichungen. Auf die Basalstücke (Basalia), folgen oft ein oder zwei Kreise von Nebenbasalstücken (Parabasalia), oder auch gleich mit Ausschluss der letztern die radial geordneten der Richtung der Arme entsprechenden Radialia zuweilen mit Interradialia in den Zwischenstrahlen. Den Radialstücken schliessen sich entweder die Arme direkt an, indem das letzte Stück (höchster Ordnung) zwei Gelenk- flächen für je zwei Arme bildet oder es spalten sich zuvor die Radien in je zwei Distichalreihen , Radialia distichalia, zuweilen mit Inter- distichalia und Interpalmaria. Die meist dichotomisch gespaltenen Arme bestehen entweder nur aus freien Gliedern oder diese sind zum Theil paarweise unbeweglich verwachsen {Syzygien Joh. Müll.) und tragen alternirend jedoch nur am obern Gliederstück eine Pinnula. 1. Unterordnung^. Tesselata. Tnfellilien. Mit vollständiger Täfelung des Kelches, häufig mit Parabasal- und Distichaistücken. Besitzen eine gemeinsame Oeffnung für Mund und After (?). Kelchambulacrala fehlen, ebenso die entsprechenden Ambulacral- furchtn. Diese umfangreichste Crinoidengrnppe beginnt im untern Silur und hat ihre letzten Ausläufer in der Kreide. Hierher gehören die Gattungen: Rhodocrinus , Glyptocrinus , Platycrinus, Cyafhocrinus, Cypressocrinus, Actinocrinus u. v. a. 2. Unterordnung Articulata. Gliederlilien. Die Täfelung des Kelches minder vollständig, die Radifllia beginnen sogleich meist ohne Parabasalia. Kelchdecke häutig oder schwach getäfelt mit Ambulacra und Furchen. Die ältesten mit Sicherheit be- kannten Gliederlilien sind die Encriniten des Trias {Encrinus, Fentacrinus), die höchste Entwicklung erreichen sie im Jura (Eugeniacrinus, Apiocrinus). Von da an nehmen sie ab, sind aber in der Gegenwart noch in mehreren Gattungen vertreten. i. Fam. Pentaerinidae. Der kleine Kelch mit 10 mehrfach gabiig getheilten Armen und fünfseiligem Stil mit Cirrenwirteln. Von fossilen Formen sind die be- kanntesten: Encrinus liliiformis aus dem Muschelkalk (die Stilglieder sind die Sp«ngen- steine), Apiocrinus, Bourgueticrinus. Pentacrinus caput-Medusae Mill. Mund central, Afterröhre excentrisch wie bei Antedon, das zweite Badialslück des Kelches ist mit dem dritten durch Articulatioa verbunden. Zwischen den rankentragenden nitdrigen Stilglicdern liegen 15—18 Glieder- 230 Blastoideen. Cystideeu. stücke eingeschoben. Die Porengruppen reichen bis zum neunten Rankenwirtel des Stiles. Lebt in 25 — 30 Klafter Tiefe in den Westindischen Meeren (Guadeloupe). F. Müllen Oerst. Das zweite Radialstück des Kelches ist mit dem dritten durch Naht zu einer Syzygie verbunden. Zwischen den rankentragenden sehr hohen und doppelten Stiigliedern liegen 4—10 Gliederstucke eingeschoben. Die Poren reichen nur bis zum vierten oder sechsten Rankenwirtel des Stils, Findet sich ebenfalls in den West- indischen Meeren. P. decorus Thomps., eine Art, bei welcher sämmtliche Radialstücke durch Articulation verbunden sind. Mhizocrinus lofotensis Sars. , circa 80 mm. lang, lebt in bedeutender Tiefe (100— 300 Klafter) in den hochnordischen Meeren und zwar mittelst der Ranken seines Stiles befestigt. Die untere Partie des Stiles gebogen und auf fremden Gegenständen kriechend, die obere frei und senkrecht erhoben. Ist nach Sars am meisten mit Bourgueticrinus verwandt und bildet den Uebergang der fossilen Apiocriniden zu der lebenden Gattung Antedon. Antedon Frem. {Gomatula Lam., Alecto F. S, Lkt.). Afterröhre excentrisch, Mund central. Kur in der Jugend gestilt und in diesem Entwicklungszustand als Pentacrinus europaeus beschrieben. Im ausgebildeten Zustand mittelst der Rückenranken der breiten die Basalia bedeckenden Platte zeitweilig fixirt. Es sind zahlreich lebende Arten mit 10 bis 40Armen bekannt geworden. A. rosaceus, A. Sarsii Düben und Koren (ComatuJa mediterranea \.ßm.-=i Alecto CMropaea F. S. Lkt.). Als Schmarotzer an der Oberfläche von Antedon ist die merkwürdige Myzostoma zu erwähnen. Actinometra Joh. Müll. Mit centraler Afterröhre und lateralem Mund. A. Bennetti Joh. Müll. Schifferinseln. — Phanogenia Lovön. Ph. typica, Ostindien. Zu den Articulaten wird man auch die lebende Gattung Holopus D'Orb. stellen. Hier fehlt der Stil, und der mit 8 Armen versehene Kelch sitzt an den säulenlörmig verlängerten Scheitelpole fest. After fehlt. H. Bangii, Westindien. Die beiden andern Ordnungen der Crinoideen sind die Blastoideen und Cystideen, beide auschliesslich mit fossilen Gattungen und Arten. Die ersteren, wegen iiirer vielen Eigenthüralichkeiten auch als Classe gesondert, haben die Gestalt von Blüthenknospen , sind armlos und sitzen mittelst eines fünfstrahligen gegliederten Stiles fest. Das Kelchgerüst besteht aus drei Basalstücken, fünf radialen »Gabelstücken« und fünf interradialen Deltoidstücken , zwischen denen fünf Pseudo- Ambulacralfelder liegen. Diese letzteren setzen sich zusammen aus einer äusseren Pinnulaeschicht, einer mittlem, das sogenannte Lancetstück, die Porenstückchen und Porenwandstückchen enthaltenden Schicht und aus einer innern Schicht von Längsröhren, Eine Oeffnung am obern Pole wird als Mund, eine andere excentrisch gelegene als After gedeutet, während man fünf interradial gelegene Porenpaare für Genitalspalten hält. Die Blastoideen beginnen im obern Silur mit der Gattung Fen- tremites (Pentatremites) und erreichen ihre grösste Mannichfaltigkeit im Devon und Kohlengebirge, über das sie nicht hinausreichen. Elaeacrinus, Eleiitherocrinus u. a. Die Cijstideen haben einen meist kurzen rankenlosen Stil, selten einen unmittelbar aufgewachsenen Kelch und in der Regel schwache Arme in verschiedener Zahl mit gegliederten Pinnulae. Der Kelch ist II. Classe. Asteroi Jea. Seesterne. 231 aus zahlreichen zonenweise über einander liegenden Kalktäfelchen ge- bildet und von eigenthüralichen Dorsalporen durchbrochen. Der Mund liegt fast stets central und entsendet Tentakelfurchen nach den nahe liegenden Armen. Der After liegt excentrisch. Als Genitalöffnung betrachtet man eine centrale von einer Pyramidenklappe überdeckte Spalte. Sie treten vereinzelt meist in der Cambrischen Formation auf, erreichen im Silur ihr Maximum und finden sich nur noch vereinzelt in der Stein- kohlenformation. Edriaster, Caryocysütes, SiJhaeronites u. a. IL Classe. Asteroi dea ' ) , ISeesterne. Echinodermen mit flachem pentagonalen oder sternförmigen Körper, dessen Ämbulacrcdfüsschen auf die JBaiichfläclie {amhulacrale Zone) beschränkt bleiben. An den verlängerten Radien (Armen) liegen die ventralen Sheletstüche im Inneren des Körpers unterhalb der Nerven- und Wasser gefässstämme und stehen unter einander wirbelartig in beweglicher Verbindung. Die Seesterne characterisiren sich zunächst durch die vorherrschend pentagonale oder sternähnliche Scheibenform des Körpers, dessen Bauch- tiäche die Ambulacralfüsschen trägt, während die antiambulacrale Rücken- fläche derselben stets entbehrt. Die Radien strecken sich gegenüber den Interradien 'zu einer meist ansehnlichen Länge und bilden mehr oder minder weit hervorstehende bewegliche Arme mit verschiebbaren Skeletstücken. Diese bestehen aus quergelagerten Paaren von Kalk- platten (Ambulacralplatten) , welche sich vom Munde an bis gegen die Spitze der Arme erstrecken und durch Gelenke wirbelartig unter ein- ander verbunden sind. Von der kugiigen oder flachen Kapsel der Echinoideen verhält sich das Skelet sehr verschieden, indem sich die Ambulacralplatten ebenso wie die noch näher zu beschreibenden Inter- ambulacralplatten auf die Bauchfläche beschränken und in das Innere des Körpers hinein gelagert auf ihrer Aussenseite Ambulacralfurchen erzeugen, in welchen ausserhalb der Skeletstücke unter der weichen, bei den Ophiuriden besondere Kalkplatten aufnehmenden Haut die Nerven und Ambulacral- 1) Joh. Henr. Linck, De Stellis marinis über singularis. Lipsiae. 1733. A. S. Retzius, Dissertatio sistens species cognitas Asteriarum. Lund. 1805. J. Müller und Troschel, System der Ästenden, Braunschweig. 1842. Th. Lyman, Ophiuridae and Astrophytidae. Illustrated Catalogue of the Mus. of Comp. Zool. At Harvard College Nr. 1. Cambridge. 1865. Vergl. ausserdem die Aufsätze von Krohn, Düben, Kor6n, Sars, M.SchultKe, J. Müller, Metschnikoff, Lütken, A. Agassiz, E. Heller u. a. 282 Bau der Asteroideen. gefäststämme verlaufen. Auf der Rückenfläche erscheint das Hautskelet in der Regel lederartig, indess auch zuweilen mit Kalktafeln erfüllt, welche sich in Stacheln, Höcker, Papillen fortsetzen und eine sehr man- nichfache Bedeckung bilden können , am Rande liegen in der Rücken- haut sehr oft grössere Kalkplatten, obere Bandplatten , in einer rand- ständigen Reihe. Auf der ventralen Fläche unterscheidet man ausser den in das Innere des Körpers hineingerückten Ambulacralplatten , die Adamhulacrdlplatten , ferner die marginalen [untern Bandplatten') und intermediären Inter ambulacralplatten. Die drei letzteren Kategorien von Tafeln entsprechen den Interambulacralplatten der Echinoideen ; während dieselben aber im letztern Falle zwei (oder mehrere) in der ganzen Länge des Interradius vereinigte Reihen darstellen, weichen sie bei den Asteroideen von den Mundecken aus winkelig auseinander und gehören den benachbarten Seiten zweier Arme an. Die wirbelartig verbundenen Ambulacralplatten lassen zwischen ihren Seitenfortsätzen Oeffnungen zum Durchtritt der Ampullen der Saugfüsschen frei. Die rechten und linken Stücke einer jeden Doppelreihe sind entweder durch eine Naht unbeweglich vereinigt, Ophiiiriden , oder in der Mitte der Armfurche durch ineinander greifende Zähne beweglich verbunden, Asterien; nur die letztern besitzen Quermuskeln an den Ambulacral- wirbeln und krümmen ihre Arme nach der Ventralfläche zusammen. Die Schlangensterne biegen mittelst ihrer ausschhesslich longitudinalen Muskeln die Arme ganz besonders in der Horizontalebene nach rechts und hnks schlängend. Die Mundöffnung liegt stets im Centrum der Bauchfläche in einem pentagonalen oder sternförmigen Ausschnitt, dessen Ränder meist mit harten Papillen besetzt sind. Die interradialen Ecken werden durch je zwei zusammenstehende Adambulacralplatten gebildet und wirken häufig als Organe der Zerkleinerung. Die Afteröffnung kann fehlen, im andern Falle liegt dieselbe stets im Scheitelpole. ' Andere Ambulacralanhänge als Saugfüsschen treten niemals auf, die Madreporen- platte findet sich in einfacher, auch wohl mehrfacher Zahl interradial auf dem Rücken {Asterien)^ oder an der Innern Fläche von einem der Mundschilder (Ophiuriden), an welchem äusserlich auch ein Porus vor- handen sein kann. Die Entwicklung erfolgt in einzelnen Fällen ohne bilaterale Larven mit Wimperschnüren; da wo die letztern als Ent- wicklungsstadien auftreten, sind es Formen des Fluteus (Ophiiiriden) oder die Bipinnarien und Brachiolarien (Asteriden). Fossile Seesterne finden sich bereits im untern Silur (wie z. B. Falaeaster, Archasterias , Palaeodiscus , Protaster, letztere beiden als ZwLschcnformen von Seesternen und Schlangensternen. Auch sind ver- schiedene Asteracanthion (Uraster) Arten aus dem untern Silur bekannt geworden. 1. Ordnung. Asteridae. 233 1. Ordnung: Asteridae, Ästenden, Asterien, Seesterne, deren Arme als Fortsetzungen der Scheibe die Anhänge des Darmes sowie oft Theile der Geschlechtsdrüsen in sich aufnehmen und auf ihrer Bauchfläche eine tiefe unhedechte Amhulacralfurche be- sitzen, in tvelcher die Füsschenreihcn stehen. Die meist breitarmigen Asterien besitzen in der Regel eine After- öffnung, doch kann dieselbe auch einzelnen Gattungen (Astropccten, Ctenodiscus, Luidia) fehlen. Die Madreporenplatte liegt auf der Rücken- fläche, ebenso die Genitalöffnungen, wenn solche (Siebplatten) überhaupt nachzuweisen sind. Bei den afterlosen Seesternen gelangen die Zeugungs- stoffe, da hier die Ausführungsgänge der Geschlechtsdrüsen fehlen, in die Leibeshöhle, und Genitalporen sind bis jetzt nicht bekannt geworden. Die gelappten verästelten Anhänge des Magens erstrecken sich in den Hohlraum der Arme hinein, auf deren ventraler Fläche 2 oder 4 Reihen von Füsschen in einer tiefen, am Rande von Papillen besetzten Am- bulacralrinne verlaufen. Nur bei Brisinga ist der innere Raum sehr eng und canalartig, nimmt aber auch ganz kurze Fortsätze des Magens auf. JPedicellarien kommen den Asterien zu, ebenso die auf den Tentakel- poren der Rückenfläche sich erhebenden Hautkiemen. Die Asterien er- nähren sich grossentheils von Weichthieren und kriechen mit Hülfe ihrer Füsschen langsam am Boden des Meeres umher. Einige wenige ent- wickeln sich mittelst sehr einfacher Metamorphose in einem Brutraume des Mutterthieres , die meisten durchlaufen die freien Larvenstadien der Bipinnaria und Brachiolaria. Als Schmarotzer von Seesternen sind namentlich Crustaceen hervorzuheben {Forcellina Fr. Müller und eine Caprelline: Fodalirius typicus). Asteracanthiotia.rten sind bereits im untern Silur gefunden worden. Im Jura treten Astrogonitim und Solaster, in der Kreide, Oreaster u. a. auf. Die Gattungen der Asterien werden nach der besondern Gestalt des Körpers, sowie nach der Form der Integumentfortsätze charakteri- sirt und von Müller und Troschel nach der Zahl und Beschafienheit der Füsschenreihen bei vorhandener oder fehlender Afteröffnung in Reihen, theilweise vom Werthe von Familien geordnet. 1. Fam. Asterücanthidae. Die walzenförmigen mit breiten Saugscheiben enden- den Ambulacralfüsschen bilden 4 Reihen in jeder Bauchfurche. After vorhanden. Nach Stimpsoti gibt es übrigens Asteraeanthiden mit 2, 6 und 8 Fussreihen. Asteracanthion Müll. Trosch. (Ästerias). Arme verlängert. Der Körper mit Stacheln oder geslilten Knöpfchen besetzt. Die Haut zwischen den Stacheln nackt. A. glacialis 0. F. Müll , tenuispinus Lam., rubens Retz.. shmmtlich in den europaischen Meeren. A. helianthus Lam. Mit circa 30 Armen, im stillen Meere. A. Müllen Sars. 2. Fam. Solasteridae. Die walzenförmigen mit breiter Saugscheibe endenden Füsschen bilden 2 Reihen der Bauchfurche. After vorhanden. Echinaster Müll. Trosch. Die Arme conisch oder cylindrisch verlängert In der Haut ein zusammenhängendes Netz von Balken, von welchen Stacheln ausgehn. 234 AsteridengattuDgeu. Die Haut zwischen denselben mit Tentakelporen. E. sepositus Retz. Purpurroth, in den europäischen Meeren. E. spinosus, hrasiliensis , solaris etc. Kleine gruppen- weise gestellte Stacheichen tragen: E. (Cribrella) sanguinolenta 0. F. Müll., Sarsii Müll., Kordsee. Verwandt ist Pedicellaster Sars. Solaster Forbes. Arme verlängert. Körper überall mit Pinselfortsätzen besetzt. Haut dazwischen nackt. Pedicellarien fehlen. S. papposus Retz., mit 13 bis 14 Strahlen. S. endeca Retz., mit 8—10 Strahlen, beide in den europaischen Meeren. Chaetaster Müll. Trosch. Die verlängerten Arme überall mit Platten besetzt, welche auf dem Hipfel dicht gestellte Borsten tragen. Ch. subulatus Lam., Miltelmeer. Ophidiaster Ag. Körper mit gekörnten Plättchen besetzt, dazwischen gekörnte Porenfelder mit vielen Poren. Pedicellarien fehlen. 0. ophidiamcs Ag., Sicilieu. 0. attenuatus Gray., Sicilien. Bei Scytaster Müll. Trosch. sind die Poren nur einzeln vorhanden. S. variolatits Linck., Ind. Ocean. Bei Leiaster Pet. fehlt die granulirte Täfelung. Culcita Ag. Der pentagonale Körper stumpfliantig, die Kanten mit hohen Seiten- flächen, aber ohne Platten. Körper getäfelt und gekörnt, die Bauchfurchen setzen sich eine Strecke auf den Rücken fort. G. coriacea Müll. Troch., Rothes Meer. G. discoidea Lam. Asteriscus Müll. Trosch. Der pentagonale oder kurzarmige Körper unten platt, oben platt oder gewölbt, scharfrandig ohne Randplatten. A. palmipes Linck., Mittel- meer. A. verruculata Retz , Europ. Meere. Pteraster Müll. Trosch. Mit fünf kurzen und dicken Armen. Rückenseite von nackter Haut überzogen, mit Büscheln dünner Stachelchen. Der Rand wird von einer Reihe langer Stacheln gebildet, welche durch die nackte Haut bis zum Ende verbunden sind. Keine Pedicellarien. Pt. militaris 0. F. Müll., Grönland und Spitzbergen. Oreastcr Müll. Trosch. Bauchseite platt, Rückenseite bergartig gewölbt, Arme gewölbt oder gekielt. Am Seitenrande zwei Reihen granulirter Platten, von denen die ventralen auf der Bauchseite liegen. Der Körper mit kleinern oder grössern, granulirten oder Tuberkeln und Stacheln ähnliche Erhabenheiten tragenden Platten besetzt. 0. reticulatus Rondelet, Ostküste Amerikas. 0. turritus Linck., Ind. Ocean, O. tuberculatus Müll. Trosch., 0. mammillatus Müll. Trosch., Rothes Meer. Astrogonium Müll. Trosch. Der pentagonale platte Körper besitzt 2 Reihen von Randplatten, die beide zur Bildung des Randes beitragen. Dieselben sind bis auf eine Einfassung von Granula nackt, tragen indess zuweilen auf der Mitte Tuberkeln. Bauch und Rücken mit frei li genden Platten getäfelt. A. phrygianum Parelius, Atl. Ocean. A. granuläre 0. F. Müll,, Nordeurop, Meere. Goniodiscus Müll. Trosch. Von Astrogonium durch die auf der ganzen Ober- fläche gekörnten Platten unterschieden. G. pentagonulus Lam., China. Stellaster Gray, Sowie die Randplatten, sind auch die Tafeln beider Scheiben- flächen granulirt, die ventralen Randplatten jede mit einem hängenden Stachel. St. equestris Retz., Ocean, Asteropsis Müll, Trosch. Körper pentagona! oder mit kurzen Armen. Unter- seite flach. Oberseite erhaben, zuweilen auf den Armen gekielt. Von den beiden Randplattenreihen bildet nur die eine Reihe den scharfen Rand. Die Zwischenräume der Hautplatten, zuweilen auch die Platten selbst sind völlig nackt, A. carinifera Lam., Ind. Ocean und Rothes Heer. Archaster Müll. Trosch. Der platte Körper mit verlängerten Armen. Rand mit 2 Plattenreihen, von denen die untern bis an die Furchenpapillen reichen und mit Schuppen bedeckt sind, die sich am Rande in bewegliche Stacheln umbilden können. Der ebene Rücken mit Papillen. A. typicus Müll, Trosch,, Ind, Ocean, 2, Ordnung. Ophiuridae. Schlangensterne. 235 3. Kam. Astropectinidae. Die Füsschen sind conisch und ohne Saugscheibe und bilden zwei Reihen in jeder Bauchfurche. After fehlt. Ästropecten Linck. Der platte Körper mit verlängerten Arnrien und 2 Reiben grosser Randplatten, ähnlich wie bei Archaster. A. aurantiacus Fhil., Europ. Meere. A. hispinosus Otto, Mittelmeer. A. spinulosus Phil., Sicilien. A. pentacanthus Delle Ch., Mittelmeer. Liiidia Forbes. Arme verlängert. Nur eine Reihe von Randplatten mit Stacheln auf der Bauchseite. Der ganze Rücken ist mit Faxillen besetzt. L. Savignii And., Mittelmeer und englische Küste. L. maculata Müll. Trosch,, Japan. Ctenodiscus Müll. Trosch. Der platte fast pentagonale Körper mit zwei Reihen von glatten Randplatten, die sich auf der Bauchseite in transversale Schienen fortsetzen. Die Berührungsränder der Schieneh und Randplntten sind mit feinen Slachelchen kamm- förmig bewimpert Rücken mit Paxillen. Ct. polaris Sabine, Grönland. 4. Farn. Brisingidae. Die Arme von der Scheibe abgesetzt mit nur ganz engem canallörmigen Innenraum, zwei Füsschenreihen der Bauchfurche. After vorhanden. Brisinga Asbj. Mit langen cylindrischen Armen, die ebenso wie der Rückeu dünne Stacheln tragen. B. endecacnemos Asbj., Norwegen. 2. Ordnung: Ophiuridae, Schlangensterne. Seesterne, deren meist cylindrische Arme seharf von der Scheibe abgesetzt sind und keine Anhänge des Darmes aufnehmen. Die Am- bulacralfurche wird von Bauchschildern der Haut bedecJct, so dass die Ambulacralfüsschen an den Seiten der Arme hervorstehn. Pedicellarien fehlen, ebenso der After. Die Ophiuriden unterscheiden sich sofort durch die cyhndrischen, schlangenartig biegsamen Anne, welche von der flachen Scheibe scharf abgesetzt sind und keine Fortsätze des Darmes und der Geschlechts- drüsen einschliessen. Die grosse Beweglichkeit der mit Rücken, Bauch- und Seitenschildern bedeckten Arme fällt vorzüglich in die Horizontal- ebene und vermittelt nicht selten eine kriechende Locomotion zwischen Seepflanzen. Die Ambulacralfurche wird stets durch besondere Haut- platten bedeckt und die Füsschen finden sich seitlich zwischen Stacheln und Plättchen der Oberfläche. Selten sind die Arme verästelt und können auch mundwärts eingerollt werden; in diesem Falle wird die Bauchfurche {Astrophyton) durch eine weiche Haut geschlossen. Die Afteröffnung fehlt stets, ebenso die Pedicellarien. Die Geschlechts- producte gelangen in die Leibeshöhle und durch interradiale Spalten- paare nach aussen. Die Madreporenplatte liegt auf der Bauchfläche meist unter einem Mundschilde. Wenige gebären lebendige Junge, z B. Amphiura squamata, hier ist die Metamorphose reducirt; noch mehr bei Ophiopholis bellis, deren Embryonen in den nach aussen abgelegten Eibüscheln eine direkte Entwicklung nehmen. Die meisten durchlaufen die bilateralen Larvenstadien der Pluieusform, z. B. Ophiolepis ciliata — Ophioglypha lacertosa mit Pluteus paradoxus. Die ältesten bekannt 236 Ophiurae. Ophiuridengattuiigen. gewordenen Ophiuriden finden sich im Muschelkalk z. B. Aspidura, Aplocoma u. a. 1. Unterordnung: Ophiurae. Mit einfachen, unverzweigten Armen, die zum Gehen verwendet werden, mit Bauchschildern der Ambulacralfurche. Zwischen dem Ur- sprünge der Arme liegen am Munde 5 Mundschilder. Mit vier Genilalspailen in jedem Interbrachialraum. Papillen an den Mundspalten. Ophiura Lani. (Ophioderma Müll. Trosch.) Scheibe granulirt, Mundspalten mit harten Papillen eingefasst. Anne an den Seiten mit Papillen und Stacheln. 0. longicauda Linck., Mittelmeer. 0. Januarii, brevispina, brevicauda, cinerea u. a. A. Bei Ophiocnemis Müll. Trosch. sind die Mundspalten nackt ohne Papillen, und grosse Badialschilder bedecken den Rücken der Scheibe. 0. marmorata Lam. Mit zwei Genilalspalten in jedem Interbrachialraum. a) Gattungen, deren Scheibe mit Harlgebilden bedeckt ist, mit grossen Mund- schildern und einem Ausschnitt der Scheibe am Ursprung der Arme. Ophioglypha Lyman {Ophiura Forb.). Scheibe mit ungleichen nackten Kalk- schuppeii bedeckt. Radialschilder nackt. Armstacheln gewöhnlich in dreifacher Zahl. Tentakelschuppen zahlreich. Mundpapillen vorhanden, aber keine Zahnpapillen über den Zähnen. 0. lacertosa Linck. {Ophiolepis eiliata Müll. Trosch.), Europ. 3Ieere. 0, Sarsii Lülk., robusta, albida u. a. A. Hier schliesst sich Ophiocten Lutk. an, bei welcher die Seitenpapillen oben zu- sammenstossen. 0. Kroyeri Lütk , Grönland. Ophiolepis Lütk. (Müll. Trosch. p. p.). Scheibe mit nackten Radialschildern und Schuppen bedeckt, welche von einem Kranze kleiner Schüppchen eingefasst sind. Mundpapillen vorhanden, aber keine Zahnpapillen über den Zähnen, Mund- schilder breit, in die Interbrachialräume verlängert. Armstacheln kurz und glatt in verschiedener Zahl. 0. paucispina Say. , Küste von Florida. 0. annulosa Blv., Ind. Ocean. 0. cincta Müll. Trosch., Rothes Meer. Hier schliessen sich die Galtungen Ophioceramis Lyman. (0. Januarii Lütk.), Ophiozona Lyman., Ophioplocus Lyman., Ophiopeza Pet., Ophiarachna Müll. Trosch. an. b) Gattungen, deren Scheibe mit Hartgebilden bedeckt ist, mit kleinen Mund- schildern, ohne Scheibenausschnilt am Ursprung der Arme. Ophiocoma Ag. Scheibe gleichmässig granulirt mit bedeckten Radialschildern, mit Zähnen, Zahnpapillen und Mundpapillen. Ein oder zwei Schuppen an den Tentakel- poren. 0. pumila Lütk., Küste von Florida. 0. scolopendrina Lam., Ind. Ocean. 0. nigra 0. F. Müll., Nördl. europ. Meere, u. a. A. Ophiomastix Mull. Trosch. Scheibenrücken mit einzelnen Stacheln. Ueber den Armstacheln keulenförmige am Ende in mehrfache Zacken auslaufende Stacheln. 0. annulosa Lam , Java. 0. venosa Pet, Zanzibar. Ophiacantha Müll. Trosch. Scheibe mit rauhen Höckerchen oder kleinen zackigen Körperchen besetzt, mit bedeckten Radialschildern. Zähne, Mundpapillen, aber keine Zahnpapillen. Die zahlreichen rauhhöckrigen 'Armstacheln erstrecken sich am Anfange der Arme soweit über den Rücken, dass die Stachelkämme beider Seiten sich beinahe vereinigen. Dasselbe findet auch an der Bauchseite am Ende der Arme statt. 0. setosa Retz., Sicilien. 0. spinulosa Müll. Trosch., Spitzbergen. Ophiopholis Müll. Trosch. Scheibe mehr oder minder mit Körnern oder kleinen Dornen bedeckt. Zähne, aber keine Zahnpapillen. Jederseits drei Mundpapillen an den Mundspalten. Armstacheln kurz und flach. Dorsale Armschilder von einer Ein- Euryalae. 237 Fassung von Ergänzungsplättchen umgeben. 0. bellis {scolopendrica) Linck. 0. acu- leata 0 F. Mull. Nördliche Europäische Meere. Ophiostigma Lutk. Scheibe grnnulirt. Zähne, aber keine Zahnpapillen. Mund- papillen. Die Mundschilder berühren sich und bilden einen Ring um den Mund. Drei kurze zarte Armstacheln. 0. tenue Lütk. 0. isacanthum Say., Florida. Ophiactis Lütk. Die runde Scheibe ganz mit Radialschildern und Schuppen bedeckt, von denen die letztern Stacheln tragen. Zähne, aber keine Zahnpapillen, Wenige (gewöhnlich 2 oder 4) Mundpapillen an jedem Mundwinkel. 0. simplex Le Comte, Panama. 0. virescens Lütk., Centralamerika. Amphiura Forbes. Die zarte Scheibe mit nackten Schuppen bedeckt und mit unbedeckten Radialschildern umsäumt Zähne, aber keine Zahnpapillen. Sechs, selten acht Mundpapillen an jedem Mundwinkel. Armstacheln kurz und regelmässig. Arme schlank, mehr oder weniger abgeflacht. Ä. fiUformis 0. F. Müll., Nordsee. A. squa- mata Delie Ch., Mittelmeer bis zur Massachusetts Bai. Hier schliessen sich die Gattungen Ophionereis Lütk. (0. reticulata Say.>, Ophiophragmus Ly man, Ophiocnida Lyman, Hemipholis \. Ag.. OpMopsila Forbes an. c) Gattungen ohne Mundpapillen an den Mundspallen. Ophiothrix Müll. Troscb. Scheibe mit Körnchen oder beweglichen Härchen oder Stachclchen besetzt. Aus der Haut des Rückens treten Radialschilder vor, die nackt sein können. Zahne und Zahnpapillen. Armstacheln echinulirt. Die Schuppen an den Tentakelporen undeutlich oder fehlend. O./ra^ft'to 0. F. Müll., Europ. Meere, u. z.a. A, Ophionyx Müll. Trosch. Scheibe mit einzelnen mehrzackigen Stachelchen besetzt. Nut Zahnpapillen am Mund. An den Armen befinden sich unterhalb der echinulirten Stacheln noch bewegliche Haken. 0. armata Müll. Trosch. 0. scutellum Grube, Mittelmeer. d) Gattungen mit nackter Scheibe ohne Schuppen, Granula und Stacheln. Ophiomyxa Müll. Trosch. Mundpapillen und Zähne in Form von gezahnelten Plättchen. Armstacheln zum Theil von der nackten Haut eingehüllt, an der .Spitze frei und echinulirt. Arme rundlich mit unvollkommen entwickelten Armplalten. Keine Schuppen an den Tentakelporen. 0. pentagona Lam., Sicilien. Ophioscolex Müll. Trosch. Mundpapillen und Zähne slachelartig. Die glatten Armstacheln von einer nackten zurückziebbaren Haut eingehüllt. Keine Schuppen an den Tentakelporen. 0. glacialis Müll. Trosch., Spitzbergen. Hier schliessen sich Ophiarthrum Pet und Ophioblenna Lütk. an. 2. Unterordnung: Euryalae. Mit einfachen oder verzweigten Greifarmen, welche mundwärts eingebogen werden. Dieselben entbehren der Schilder, ihre Bauchfurche ist durch eine weiche Haut geschlossen. Statt der Armstaclieln finden sich Papillenkämme auf der Bauchseite der Arme. Zehn strahlige Rippen auf dem Bücken der Scheibe. Von den jetzt lebenden Gattungen sind keine fossilen Beste bekannt, dagegen gehört wahrscheinlich die Gattung Saccocoma aus dem lithographischen Schiefer, von Joh. Müller als Bepräsentant einer besondern Crinoideengruppe (Crinoidea costata) betrachtet, hierher. - Aster ophy ton Linck. (Gorgonocephalus Leach. , Euryale Lam.). Arme vom Grund aus anfangs dichotomisch , später ungleich verzweigt. Keine Mundschilder zwischen den Armen. Zahnpapillen und Mundpapillen ähnlich und stachelförmig. 238 III. Classe. Echinoidea, Seeigel. Kleine Papillenkämme an der Bauchseite der Arme, welche mit Häkchen bewaffnet sind. Zwei Genitalspalten in jedem Interbrachialraum, A. arborescens Rondelet., Mittelmeer. A. verrucosum Lam., Indischer Ocean. A. Linckii, eucnemis, Lamardcii u a. A. Trichaster \g. Arme erst gegen das Ende regelmässig dichotomisch verzweigt, Mundschilder vorhanden. Mundpapillen und Zähne walzenförmig. Zwei Genitalspalten in jedem Interbrachialraum. Tr. palmiferus Lam., Indien. Asteronyx Slull. Trosch. Scheibe gross mit nackter Haut und einfachen unver- zweigten Armen. Mundschilder fehlen. Die Mundränder mit stachelähnlichen Papillen besetzt. Papillen der Arrneimit Häkchen. Zwei Genitalspalten in jedem Interbrachial- raum, beide in einer Vertiefung dicht am Munde. A. Loveni Müll. Trosch., Norwegen. AsterocTiema Oerst. Die kleine Scheibe mit granuiirter Haut und einfachen fadenförmigen Armen. A. oligactes Fall., Westindien. Asteroporpa Oerst. Die kleine höckrige Scheibe mit sehr langen unverästelten Armen. Mund mit spitE .kegelförmigen Papillen. A. annulata Oetst. Lülk. A, afjinis Lütk., Westindien. III. Classe. £cliiiioidea ^ ) ^ Seeigel. Kuglige, her js förmige oder scheibenförmige Echinodermen mit un- hetveglicheni aus KalJctafeln zusammengesetzten Slcelet, welches als feste Schale den Körper umschliesst und bewegliche Stacheln trägt, stets mit Mund und Afteröffnung , mit locomotiven und respiratorischen Ambu- lacralanhängen. Die Skeletplatten der Haut verbinden sich zur Herstellung einer festen, unbeweglichen Schale, welche armförmiger Verlängerungen in der Richtung der Strahlen entbehrt und bald regulär radiär, bald irre- gulär symmetrisch gestaltet ist. Die Kalkplatten liegen durch Nähte fest aneinander und bilden meist 20 meridionale Reihen, von denen je 1) Ch. Desmoulins, Etudes sur les Echinides. Bordeaux. 1835—1837, L. Agassiz, Monographie de Echinodermes vivans et fossiles 1 — 3. Lieferung. NeuchSlel. 1838—1843. L. Agassiz et E. Desor, Catalogue raisonn6 des familles, des genres et des espfeces d'Echinides. Ann. Seien, nat. 3, Ser. 1847. J. Gray, Gataiogue of the recent Echinida or See Eggs in the collection of the Bri'ish Museum. l855. Lütken, Bidrag til kundskab om Echinoderme. Vidensk. Meddelelser Kjöben- havn. 1863. L. J. de Pourtales, Preliminary Report of the Echini and Star-fishes dredged in deep water between Cuba and the Florida Reef. Bulletin of the Museum of Comp. Zool 3 Ser. 1869. Vergl. ausserdem die Schriften von Lamarck, A. Agassiz, Verrill. Gray, Lütken, Lov6n, v. Martens, Troschel, Stewart, Grube, Peters, Bölscheetc. Ueber tossile Echinoideen bandeln die Werke von Forbes, Desor und Th. Wright. Bau der Seeigel. 239 zwei benachbarte alternirend in die Strahlen und Zwischenstrahlen fallen. Die erstem werden als Amhulacralplatten von feinen Porenreihen zum Durchtritt der langen Saugfüsschen durchbrochen und tragen ebenso wie die Interumbulacralplatten kuglige Höcker und Tuberkeln, auf welchen die beweglichen, äusserst verschieden gestalteten Stacheln ein- gelenkt sind. Auf der meridianförmigen Anordnung der Plattenreihen bei gleichzeitiger Continuität der Interambulacralreihen beruht die Körper- form des Seeigels im Gegensatz zu der des Seesternes. Für die innere Organisation ist die Lage der Nerven und Ambulacralgefässstämme unter- halb des Skeletes entscheidend. Zwischen den Stacheln, besonders zahl- reich in der Umgebung des Mundes finden sich Fedkellarien, bei einigen JEchiniden auch verästelte Kiemenschläuche. Die Genitalporen liegen in der Umgebung des Scheitelpoles auf besonderen Platten, von denen in der Regel eine zugleich Madreporenplatte ist; die in die Radien fallenden Intergenitalplatten dienen oft zum Durchtritt der Nerven der oberhalb gelegenen Ocellen und sind ebenfalls durchbohrt. Reguläre und irreguläre Seeigel gehen allmählig durch Verbindungsglieder aus- einander hervor. Indem ein Radius kürzer oder länger wird, als die untereinander gleichen Strahlen, entstehen länglich ovale, seitlich sym- metrische Formen, zwar noch mit ventralem Mund und After, aber bereits mit unpaarem vordem Radius {Äcroclaclia — Echinometra). Bei den irre- gulären Seeigeln rückt die Afteröffnung aus dem Scheitelpol in den un- paaren Interradius (Clypeastriden), oft aber erhält auch die Mundöffnung eine vordere excentrische Lage {Spatangiden) und entbehrt in diesem Falle stets des Kauapparates. Bei vielen regulären Formen sind alle Ambulacralanhängp (Füsschen) von gleicher Form und mit einer durch Kalkstückchen gestützten Saugscheibe versehen; bei andern entbehren die dorsalen Füsschen der Saugscheibe und sind zugespitzt, oft auch am Rande eingeschnitten. Die irregulären Seeigel besitzen neben den Füsschen in der Regel Ambulacralkiemen auf einer von grössern Poren ge- bildeten Rosette der Rückfläche. Die locomotiven Füsschen werden bei den Clypeastriden sehr klein und breiten sich entweder über die ganze Fläche der Ambulacren aus, oder Deschränken sich auf verzweigte Strassen an der Bauchfläche. Bei den Spatangiden treten an der Oberfläche eigenthümliche Streifen, Semitae, hervor, auf denen anstatt der Stacheln geknöpfte Borsten mit lebhafter Wimperung verbreitet sind. Die Ent- wicklung erfolgt durch die Larven der Fluteusfovm mit Wimperepauletten (Reguläre Echiniden) oder Scheitelstangen (Spatangiden). Die Seeigel leben vorzugsweise in der Nähe der Küste, viele jedoch auch in bedeutender Tiefe, und ernähren sich langsam kriechend von Mollusken, kleinen Seethieren und Fucoideen. Einige Echinusarten be- sitzen das Vermögen, sich Höhlungen in Felsen zum Aufenthalte zu bohren. Fossile Seeigel finden sich schon im Silur, aber die paläo- 240 I. Ordnung. Desmosticha. Seeigel mit Band-Ämbulacren. lithischen ') Formen weichen wesentlich von denen späterer Perioden und der Jetztzeit ab, vor Allem darin, dass zwischen je zwei ambulacralen Plattenreihen mindestens drei, ja meist sogar fünf oder sechs inter- ambulacrale Plattenreihen eingeschaltet sind. Erst die Echinoideen der Secundärzeit zeigen den Typus der jetztlebenden »echten typischen Seeigel«. 1. Ordnung: Desmosticha E. H. Seeigel mit Band-Ambulacren. Reguläre Seeigel mit centralem Mund und After, mit Zähnen und Kaugerüst, auch irreguläre Formen mit längerm oder Icürzerm Haupt- radius, selten ohne Kaugerüst und mit excentrischem After, aber stets mit bandförmig von einem zum andern Pole verlaufenden Ambidacren ohne petaloide Differenzirung. Dieselben treten bereits in der Trias auf mit der Familie der Cidariden. 1. Fam. Cidaridae {Ängustistellae), Turbanigel. Mit kugligem, am Mundpole abgeflachtem Körper und apicalem After. Ambulacralfeider schmal mit einrachcn höchstens doppelten Porenreihen. Interambulacrairelder breit mit grossen perforirten Stachelwarzen und sehr grossen keulenförmigen Stacheln. Peristom ohne Einschnitte, Zähne meiselförmig. Mundkiemen fehlen. Cidaris Lam. Interambulacra mindestens 4 mal so breit als die Ambulacra mit zwei Reihen grosser Tuberkeln. Porenreihen schmal. C, hystrix Lara , C. Stockest Ag., Mittelmeer. C. papillata Flem., Kordeurop. Meere. C. imperialis Lam., Südsee. C. metularia Lam, {Gymnocidaris A. Ag.), Westindien. Fossil sind C. pentagona venusta (Keuper) u. a. Goniocidaris Desm. Mit zickzackförmigen Eindrücken in der Mitte der Am- bulacra und Interambulacra. G. geranioides Desm., Neuholland. Hier schliessen sich Leiocidaris Desm., Dorocidaris A. Ag. und die iossilen Bhabdocidaris , Proci- daris etc. an. 2. Fam. Echinidae {Latistellae) Seeigel. Mit kugligem regelmässigen Körper und apikalem After. Ambulacralfeider breit, ebenso wie die Interambulacralfelder mit Tuberkeln. Mundhaut ohne Kalkplatten, aber mit Mundkiemen, für welche im Peristom 10 Einschnitte liegen. 1. Subf. Hemicidaridae. Mit dicker Schale und kleinen gekerbten und per- forirten Tuberkeln der Ambulacra, deren Poren in einfachen nur am Mundumfang mehrfachen Reihen stehen. Enthält ausschliesslich fossile Formen z. B. Hemicidaris, Hemidiadema, Hypodiadema, Acrocidaris etc. 2. Subf. Diadematidae. Mit kuglig abgeflachter oder pentagonaler aber dünner Schale, breiten Ambulacra, welche zwei bis vier Reihen von Tuberkeln tragen, mit schmalen Porenreihen. 1) Man hat daher die Palaechinoideen als Unterclasse von den Autechiniden gesondert und eine nähere Beziehung derselben zu den Cystideen nachzuweisen ver- sucht. Melonites, Protechinus, Palaechinus, Archaeocidaris etc. Mit der Perm- tormation hOren dieselben auf (Eoddaris Kaiserlingii). Echinidae s. str, 241 Diadema Gray. Schale abgeflacht, etwa doppelt so breit wie hoch. Stacheln sehr lang und hohl. D. setosum Gray. D. Lamarckü Rouss. D. Savignyi Mich., Ost- afrikanische Küste. D. europaeum Ag., Mittelineer. D. mexicanum A. Ag. Astropyga Gray. Schale sehr zusammengedrückt, dreimal so hoch als breit, unten abgeplattet. Stacheln jmSssig lang, solide. A. ra^Ziato Gray. A. mossambicaVeX. Echinothrix Pet. Schale wie bei Diadema. Der glatte Theil des Ambulacral- feldes nicht gabelförmig getheilt. Die Tuberkeln der Ambulacralplatten sind viel kleiner als die der Interambulacralplatten und tragen feine borstenfrtrmige Stacheln. E. cala- maris Fall. {Echinus calaniaris Pallas). E. turearum Rumpf, beide in Ostindien. Savignyia Desm. Die Ambulacra besitzen unregelmässige Granula anstatt der Tuberkeln. S. Desorii Ag., Rothes Meer. Hier schliessen sich die fossilen Gattungen Pseudodiadema , Hetnipedina (Jura) etc. an. 3. Subf. Echini. Mit dünner Schale und breiten Ambulacren, welche zwei oder mehrere Reihen grosser gekerbter oder glatter, perforirter oder nicht per- forirter Tuberkeln tragen, mit meist kurzen und pfriemenförmigen Stacheln. a) Oligopori. Gattungen mit nur drei Porenpaaren auf einer Ambulacral- platte. Eehimis Lin. Mit verhältnissraässig kleinen, glatten und undurchbohrten, gleich grossen Tuberkeln, fast kreisförmigem tief eingeschnittenen Peristom und nackter Mund- haut. E. melo Lam., Mittelmeer. E. acutus Lam., Nordsee. E. sjahaera 0. F. Müll. E, Flemingii Ball., Kordeurop. Meere. Psammechinus Ag. Mit ungleich grossen, verticale Reihen bildenden Tuberkeln und Kalkschuppen in der Peristomhaut. Ps. miliaris Ag., Nordsee. Ps. norvegicus Düb., Kor. Ps. microtuberculata Blainv., Mittelmeer. Ps. verruculatus Lütk., Japan. Amblypneustes Ag. Schale sehr hoch und dünn, mit Nahtporen zwischen Am- bulacral und Interambulacralplatten, mit kleinen unregelmässigen Tuberkeln, deren kurze Stacheln keulenförmig sind. A. ovum Ag., Südsee. Hier schliessen sich Psilechinus Lütk. Salmacis Ag. Mespilia Desm. Temno- pleurus Ag. u. a. an. Echinocidaris Desm. Die schmalem Ambulacra mit zwei, die breitern Inter- ambulacra mit wenigstens vier Tuberkelreihen. E. aequituherculata Desm., Mittelmeer. E. loculata Desm., Nordsee. Fossil sind Qlypticus, Temnechinus, Codiopsis, Stomechinus u. v. a. b) Polypori. Gattungen mit vier, fünf bis zehn Porenpaaren auf einer Am- bulacralplatte. ToxopneusUs Ag. Mit ungleich grossen Tuberkeln und massig ausgeschnittenem Peristom. Die Poren bogenförmig angeordnet zu wenigstens 5 Paaren um je einen Tuberkel. T. neglectus Desm., Nordsee. T. lividus Lam. {Echinus lividus Lam.), Mittelmeer und Nordsee. T. Droebachiensis Düb. Kor., Scandinavien. Sphaer echinus Desm. Mitgleichmässig grossen Tuberkeln und lief ausgeschnittenem zehneckigem Peristom. Die Poren bogenförmig angeordnet zu vier Paaren auf einer Platte. S. esculentus Desm., Nordsee. Hier schliessen sich die Gattungen Loxechinus Desm , Tripneustes Ag., Bolctia Desm. an. Heliocidaris Desm. Mit abgeplatteter dicker Schale und unregelmässig ver- theilten Poren, die nur unten drei parallele Reihen bilden, H. variolaris Desm., Südsee. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 16 242 2. Onlnung. Tetölosticha. Cassidulidae. 3. Farn. Echinometridae. Oiierigel. (Latistellati polypori transversi Desor). Mit ovaler, durch Verlöngerung oder Verkürzung des Hauptradius bezeichneter Schale, nndurchbohrlen Tuberkehi und quere Bogen bildenden Porenpaaren, mit Mundkiemen. Fossil nicht bekannt. Echinometra Klein. Der unpaare Radius verlängert. Füsschen untereinander gleich, mit Saugscheibchen. Stacheln gross pfriemenförmig. E. lucunter kg. E. ob- longa Blainv., Südsee. E. rupicola A. Ag. , Panama. Acroeladia Ag. Der unpaare Radius verkürzt. Stacheln sehr dick und gross, die der Mundseite kleiner. A. trigonaria, mamillata Ag., Sudsee. Podophora Ag. (Coldbocentrotus Brdt.j. Der unpaare Radius verkürzt. Die Stacheln abgeplattet, an der Ruckenseite zu polyedrischen mosaikförmig sich berührenden Tafeln umgebildet. Die Füsschen am Rücken zugespitzt, ohne Saugscheibe. P. atrata Brdt., Seychellen. P, pedifera Brdt., Valparaiso. Ausschliesslich fossile Formen enthalten die Familien der Salenier und Galeri- tiden. Erslere enthalten leicht abgeplattete Formen, bei denen überzählige Scheitel- plättchen den After aus dem Scheitelpole verdrüngt haben. Die jurassischen Acrosa- lenier sind durch perforirte StacheUiöcker ausgezeichnet, während die auf die Kreide beschränkten Hyposalenier undurchbobrte Stachelhöcker besitzen. Die Galerüiden mit Kauapparat und mit kuglig pyramidal erhabener Schale, bei denen ebenfalls der After aus dem Scheitel gerückt ist, sind ebenfalls auf Jura und Kreide beschränkt. 4. Fam. EcMnonidae. Nussigel. Kleine Seeigel von länglicher Form mit vier Genitalporen und aus dem Scheitelpol gerücktem After. Kauapparat fehlt. Sie werden mit den Galeritidcn vereint, sind aber fossil nicht bekannt. Echinoneus Van Fhels. After zwischen Mund und Hinterrand. E. orbicularis Desm., Antillen. E. semilunaris Lam. Die Familie der fossilen, im Lias, Jura und in der Kreide vorkommenden TJysastriden zeichnet sich aus durch die Divergenz der Ambulacralenden des Biviums und Triviums am Scheitelpole. Mund und After ex- centrisch. Dysaster, Collyrites, Metaporinus u. a. 2. Ordnung: Petalosticha E. H. Irreguläre Seeigel mit hlumenhlattförmiger Amhulacralrosette, stets mit excentrischem After, mit centralem oder excentrischem Mund. Dieselben treten erst im Jura auf. 1. Fam. Cassidulidae. Helmigel. Von rundlicher Schalenform mit meist cen- tralem Mund, ohne Kauapparat, mit pentagonalem Scheibenausschnitt, der von einer peristomialen Ambulactalrosette umgeben sein kann. Sie sind meist fossil und treten bereits im untern Jura auf. 1. Subf. Echinanthinae. Mit peristomialer Amhulacralrosette. Nucleolites Lam. After in einer Furche. Mund excentrisch. N. recens Edw., Australien. Echinolampas Gray. After quer. E, oviformis Gray., Südsee. Hierher gehören die fossilen Gattungen Echinobrissus, Clypeus, Cassidulus, Echinanthus u. A., die theils jurassisch sind, theils der Kreide oder der Tertiärzeit angehören. Die beiden andern Unterfamilien, die Ciaviastrinen {Archiacia, Claviaster) und die Caratominen (Caratomus, Pygaulus, Amblypygus) enthalten ausschliesslich fossile Formen aus der Kreide und Tertiärzeit. Clypeastridae. 24)1 2. Farn. Clypeastridae. Schildigel. Die kuglige oder mehr oder minder flach pentagonale Schale mit centralem Mund und Kauapparat, mit sehr breiter ambulacraler Rosette. Der After excentrisch auf der ventralen Seite oder doch nahe am Rand. Aladreporenplatteapical von 4 oder 5 Genitalöifnungeu umgeben. Von denEchinocyamus- arten der Kreide abgesehn treten sie zuerst in der altern Tertiiirzeit auf. 1. Subf. Laganinae. Die runde oder pentagonale Scheibe mit einlachen Ambulacralfurchen oder ohne dieselben, mit sehr engen Interambulacralfeldcrn und meist offenen petaloiden Ambulacren. Die Kiefer stützen sich auf je einen der fünf Auricularfortsätze. Echinocyamus Van Phels. Schale klein, platt und elliptisch, hinten abgestutzt, mit innern Scheidewänden, mit langen offenen petaloiden Ambulacren, mit nicht con- jugirten Poren. E. angulosus Leske, Nordsee. E. tarentinus Ag., Mittelmeer. Fibularia Lam. Mit eiförmiger bis kugeliger Schale, ohne innere Scheide- wände mit langen offenen petaloiden Ambulacren, mit conjugirten Poren. F. Ovulum Lam., Mittelmeer. F. volva Ag, Rothes Meer, Moulinsia Ag. Schalenrand mit 20 Einkerbungen. Petaloide Ambulacra offen. M. cassidulina Ag., Martinique. Laganum Klein. Die grosse Schale platt mit Peristomrosette , ohne innere Scheidewände. Petaloide Ambulacra fast geschlossen. Interambulacralfelder schmal, etwa halb so breit als die ambulacralen. L. orbiculare Ag. , Java. Mumphia Desm. Unterscheidet sich von Laganum durch die langen offenen Ambulacra. E. rostrata Ag. Arachnoides Klein. Die sehr flache Schale mit 5 geraden einfachen AmbuIacraN furchen auf der Unterseite, mit 5 Genilalporen. L. placenta Ag. , Südsee. Fossil sind die Gattungen Buna, Scutellina, Sismondia. 2. Subf. Clypeastrinae. Mit sehr entwickelten petaloiden Ambulacren und auf den Auricuiä schwankenden Kiefern. Clypeaster Lam. Mit dicker, etwas gewölbter Schale, deren Höhle durch senk- rechte Scheidewände getheilt ist, mit 5 Genitalporen. C. rosaceus Lam., Antillen. 3. Subf. Scutellinae {Mellitina). Mit flacher scheibenförmiger, zuweilen durchlöcherter oder gelappter Schale, mit bogigen oder verästelten Ambulacralfurchen der Unterseite (Porenfascien). a) Gattungen ohne Einschnitte oder Löcher. After nahe am Rande. Dendraster Ag. Scheitel weit nach hinten. Untere Ambulacralfurchen sehr verästelt, selbst auf die obere Fläche reichend. Aller näher dem Rande als dem Munde. D. excentricus Ag., Californien. Die von A. Agassiz aufgestellte Gattung Scaphe- chinus unterscheidet sich durch den marginalen After. Echinarachnius Van Phels. Mit weit offenen petaloiden Ambulacren und 4 Genitalporen. Untere Ambulacralfurchen nur einmal verästelt. After marginal. E. parma Gray., Atl. Ocean. Hier schliessen sich die fossilen Mortonia und Scutella an. b) Gattungen mit Löchern oder Jiinschnilten in den Radien, aber ohne Loch hinter dem Alter. Lobophora Ag. Einschnitte oder Löcher nur in den beiden hintern Radien, mit kurzen breiten petaloiden Ambulacren und 4 Genitalporen. L. bifora Ag,, Madagascar. Sehr nahe verwandt ist die fossile Amphiope Ag. CrustulumT rosch. Löcher in allen 5 Radien, mit4GenitaIporen. C. gratulans Trosch. c) Gattungen mit Löchern oder Einschnitten in den Radien und unpaarem Loch hinter dem nahe dem Munde gelegenen After. 16* '244 Spatangidae. Meilita Klein. Petaloide Ambulacra breit und geschlossen, mit 4 Genitalporen. M. quinquefora \g. M. hexapora \g. M. testudinata Klein, Amerika. Encope Ag. Die zwei hinteren petaloiden Ambulacra länger, mit 5 Gcnital- poren und einer innern Wand um die Mundhöhle. JS. subclausa Ag. , micropora Ag. E. emarginata Ag., Amerika. Leodia Gray. Pelaloide Ambulacra schmal und offen. Untere Ambulacral- furchen erst in der Nähe des Randes verästelt, mit Genitalporen. Hier schliesst sich die fossile Gattung Monophora an. d) Gattungen mit Einschnitten am Hinterrande der Schale, unter denen ein un- paarer hinter dem After diesen näher an den Mund drängt. Botula Klein. Schale hinten durch tiefe Einschnitte gefingert, vorn mit Löchern durchbrochen, mit zweimal verästelten Ambulacralfurchen, mit 4 Genitalporen. B. Bumphii Klein, Afrika. Echinodiscus Breyn. Unterscheidet sich von Botula durch den Mangel der Löcher in der Schale. 3. Fam. Spatajigidae , Herzigel. Mit ovaler oder herzförmiger dünner Schale und ungleichen petaloiden Ambulacren, mit excentrischem queren meist zweilippigen Mund, ohne Kauapparat. After am Rande. Meist vier, zuweilen aber drei oder nur zwei Genitalöffnungen. Oft finden sich auf der Schale bandförmige Streifen mit bewim- perten Stachelchen (Semitae). Treten bereits in der Kreidezeit auf, auf welche die Änanchytiden sogar beschränkt sind. 1. Subf. Ananchytinae. Von länglicher Gestalt mit länglichem Scheitelschild und flachen nicht geschlossenen petaloiden Ambulacren. Umfasst die fossilen Gattungen Änanchytes, Holaster, Stenonia, Cardiaster, Hemipneustes u. A. ^ 2. Subf. Spatanginae. Das unpaare Blatt der Ambulacralrosette bis zum Munde verlängert, oft in einer Rinne gelegen. Scheitelschild kurz, Genitalplatten zu- sammengedrängt. Semitae meist vorhanden. a) Gattungen mit ausschliesslich subanaler Semite. Spatangus Klein. Herzförmig mit sehr breiten petaloiden Ambulacren, Inter- ambulacralfelder mit grossen perforirten Stachelwarzen, 4 Genitalöffnungen. S. pur- pureus Müll., Nordsee. S. meridionalis Risso, Mittelmeer. 8. spinosissimus Desm., Mittelmeer. Hier schliessen sich die fossilen Gattungen Micraster, Macropneustes an. Bei anderen fossilen wie Hemipatagus, Epiaster, Toxaster fehlen die Semitae ganz. b) Gattungen mit zugleich peripetaler Semite. Brissus Klein. Eiförmig, verlängert, ohne Furche von dem weit vorn gelegenen Scheitel zum Munde. Paarige Blätter der Ambulacralrosette ungleich, 4 Genitalporen. B. Scillae \g., Vl\Ue]meeT. B. ventricosus Lam., Antillen. JB. coZwm&am Ag., Amerika. Brissopsis Ag. Mit schwacher Furche von dem ziemlich medianen Scheitel zum Munde. Paarige Blätter der Rosette gleich. B. lyrifera Forbes, Nord! Meere. Hier schliesst sich Plagionotus Ag. an, sowie die durch den Porenmangel des vordem Blattes der Rosette ausgezeichneten Gattungen Meoma Gray un I Kleinia Gray. Bei den Gattungen Leskeia Gray, Faorina Gray, die ebenfalls eine unvollstän- dige Entwicklung des unpaaren Rosetlenblattes characterisirt , sowie bei Eupatagus Ag. und den fossilen Hemiaster und Toxobrissus fehlt die subanale Semite. c) Gattungen mit peripetaler und lateraler Semite. Schizaster Ag. Herzförmig, hinten sehr hoch, mit fünf tiefen Furchen um den weit nach hinten gelegenen Scheitel, in denen die paarigen Blätter der Rosette liegen. Meist 2 Genitalporen. S. canaliferus Ag., Mitteimer. S. fragilis Diib. Kor., Nordsee. S. cubensis D'Orb. IV. Classe. Holotlmrioideae, Seewalzeii. 24") Hier schliessen sich die Gattungen Agassizia Val. (mit nur je einem Porengan"- in den paarigen Blattern), Moera Mich., Prenaster Desm. und die ausschliesslich fossilen Periaster. Linthia, Pericosmus an. d) Gattungen mit innerer Semite an den Ambulacren. Ätnphidetus Ag. = Echinocardiwn Gray. Herzförmig, dünn. Subanale Semite vorhanden. A. cordatus Desm., ovatus Gray, Mittelmeer. A. laevigaster A. Ag., Amerika. Breynia Desm. Neben der subanalen ist zugleich eine peripetale Semite vor- handen. B. crux Andreae Ag., Südsee. Hierher gehört auch die fossile G^aZfoma Desm. IV. Classe. Holotlmrioideae ■)? Seeivalzen. Wurniförmig gestreckte EcMnodermen mit lederartiger , Kalk- körperchen enthaltender Körperhedeckung , mit einem Kranke meist retraktiler Mundtentakeln und terminaler Afteröffnung. Die Holothurien nähern sich durch ihre walzenförmige langgestreckte Körperform und die mehrfach ausgesprochene bilaterale Symmetrie den Würmern und besitzen insbesondere mit den Gephyreen (Sipunculaceen) schon äusserlich eine so auffallende Aehnlichkeit, dass sie lange Zeit mit denselben zusammengestellt wurden. Auch in der Innern Organisation haben sich zwischen Holothurien und Gephyreen so nahe verwandtschaft- liche Beziehungen ergeben, dass man an der Hand entwicldungs- geschichtlicher Betrachtungen die Urform beider Gruppen in einer Bhab- <^omoZ^M6'-ähnlichen Gestalt gefunden zu haben glauben konnte. Die Körperbedeckung bildet niemals eine feste verkalkte Schale, wie wir sie in andern Glassen der Echinodermen finden, sondern bleibt 1) Ausser den altern Werken und Schriften von J. Plauens, Bohadsch, Pallas, 0. Fr. Müller, Oken u. a. vergleiche besonders: G. F. Jaeger, De Holothuriis. Dissertatio inauguralis. Zürich. 1833. J. F. Brandt, Prodromus descriptionis animalium ab H. Mertensio in orbis terrarum circumnavigatione observatorum. Fase. I. Petersburg. 1835. J. Müller, lieber Synapta digitata und über die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Berlin. 1852. A. Baur, Beiträge zur Naturgeschichte der Synapta digitata, 3 Abhandlungen. Dresden 1864. Kowalewsky, Beitrüge zur Entwicklungsgeschichte der Holothurien. Peters- burg. 1867. Selenka, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Holothurien. Zeitsch. für wiss. Zoologie. Tom. XVH und XVIII. E. Semper, Reisen im Archipel der Philippinen. Tom. I. Leipzig. 1868. Dazu kommen die Werke und Abhandlungen von Delle Chiaje, Sars, Düben und Koren, Dalyell, Krohn, Leydig, Quatrefages, Pourtales, Troschel, Forbes, Grube, Verrill, A. Agassiz u. a. 24t) Integiiment. Ambulacrallüsschen. weich und lederartig, indem sich die Verkalkung auf Ablagerung zer- streuter Kalkkörper von bestimmter Form beschränkt. Die Kalkgebilde, die sich als Anker, Räder, Stühlchen darstellen, halten eine mehr ober- flächliche Lage ein, während andere, wie namentlich die verästelten Stäbchen, die durchlöcherten Scheibchen oder die grösseren Platten schwammigen Kalkgewebes einen tiefern Sitz in der Unterhaut einnehmen. Selten (Fsolus) treten grosse Schuppen in der Rückenhaut auf, welche selbst stachelartige Fortsätze entwickeln können {Echinocucumis). All- gemein findet sich ein fester aus 10 alternirend radialen und interradialen Kalkstücken gebildeter Kalkriug in der Umgebung des Schlundes als inneres Kalkskelet. Die bilaterale Symmetrie kommt nicht nur in Folge des Auftretens unpaarer Organe, sondern vornehmlich durch den oft scharf ausgeprägten Gegensatz von Bauch und Rückenfläche zum mehr oder minder deut- lichen Ausdruck. Nicht überall stehen die Ambulacralfüsschen gleich- massig in den fünf Radien, sondern sind unregelmässig über die ganze Oberfäche ausgebreitet (Sporadipode Dendrochiroten), oder beschränken sich als Bewegungsorgane auf die Reihen des Triviums (Molpadiden). In diesem Falle bewegt sich die Holothurie auf der mehr oder minder söhligen Bauchfläche {Fsolus). Im Allgemeinen besitzen die Füsschen eine cylindrische Form und enden mit einer Saugscheibe, auf der Rücken- fläche des Körpers aber sind sie oft conisch und entbehren als Ambu- lacralpapillen der terminalen Saugscheibe. Die Tentakeln, welche eben- falls mit dem Wassergefässsystem in Verbindung stehen und als eigen- thümlich modificirte Ambulacralanhänge gelten müssen, sind einfach cyUndrisch oder schildförmig (Äspidochirofa) oder fiederartig getheilt und selbst baumähnlich verzweigt (Dendrochirota). Bei einer Reihe von Formen fallen indess die Füsschen und mit ihnen sogar die Radialstämme des Ambulacralgefässsystems ganz hinweg {SynaptideM) und dann bleiben die Tentakeln als die einzigen Anhänge am Schlundringe übrig. Bei dem hohen Werthe, den die Ambulacralfüsschen für den Echinodermen- typus besitzen, ist diese Reduktion von grosser systematischer Bedeutung und zumal bei dem frühen Auftreten der Radialstämme und Füsschen im Körper des jungen Echinoderms, für die Bildung der Hauptgruppen {Fedata — Apoda ') in erster Linie zu verwerthen. Für die Bewegung des Körpers kommt stets der bedeutend entwickelte Hautmuskelschlauch in Betracht, dessen 5 je aus zwei Hälften bestehenden radialen Längs- 1) Gegenüber der Brand t'schen Ei ntheilung der Holothurien in Pneumonophora und ApneMtnona. Die sog. Lungen treteu viel später in der embryonalen Entwicklung auf und haben abgesehn von ihrer noch zweifelhalten Funktion als Athmungs Werk- zeuge gewiss nicht die Bedeutung für den Echinodernienleib als die Füsschen und Am- bulacralstäinnie. Nervensystem. Wasserlungen und Wimpertrichter. Cuvier'sche Organe. 247 muskeln sich an den radialen Stücken des Kalkringes selbst festsetzen oder besondere (Dendrochirota) , die Leibeshöhle durchsetzende Bündel zur Befestigung an die Kalkstücke entsenden. Dazu kommt ein innerer das Corium continuirlich auskleidender Ringmuskelschlauch. Das Nerven- system liegt dicht an der Mundscheibe unter dem Kalkringe an und lässt seine 5 Stämme durch Ocffhungen der 5 Radialstücke hindurch- treten. Diese Stämme entsenden Zweige zu den Füsschen und in die Haut. Als Gehörbläschen sind von Baur 10 am Ursprung der Radial- nerven von Synapta befindliche bläschenförmige Gebilde in Anspruch genommen. Für das Wassergefässsystem kann als charakteristisch gelten, dass der meist einfache und dann dorsale Steincanal frei in der Leibeshöhle mit einem der fehlenden Madreporenplatte vergleichbaren Kalkgerüst endet. Als ein Theil des Wassergefässsystems ist ein be- sonderer mit der Leibeshöhle communicirender Sinus anzusehen, welcher die Schlundwandung von dem Kalkringe trennt. Neben diesem con- stanten Schlundsinus werden von Semper noch ein Nebenschlundsinus und Geschlechtssinus als Nebenräume des Wassergefässsysteraes unter- schieden. Die Oefifnungen, durch welche das Seewasser in die Leibes- höhle gelangt, liegen wahrscheinlich in der Kloakenwandung. Vielleicht besteht auch ein Zusammenhang des Wassergefässsystems mit dem Bliit- gefässsystem, wie er bereits von Delle Chiaje und M. Edwards be- hauptet wurde. Als Respirationsorgane gelten die baumförmig ver- ästelten Anhänge am Enddarme, die sog. Wasserlungen, welche von dem Kloakenraume aus mit Wasser gefüllt werden und deren linke Hälfte wenigstens bei den Aspidochiroten von einem Blutgefässnetz innig um- sponnen wird. Dieselben fehlen jedoch bei den Synaptiden vollständig, während sich hier im Mesenterium isolirte oder gruppenweise vereinigte Wimpertrichter mit meist frei in die Bauchhöhle mündender Oeffnung vor- finden, welche ähnlich gelegenen Wimpercanälen der Sipunculiden ent- sprechen und wie diese zur EiTegung einer bestimmten Stromesrichtung der Leibesflüssigkeit beziehungsweise zur Excretion dienen möchten. Viel- leicht sind auch die sog. Wasserlungen der Holothurien Excretions- organe. Als solche betrachtete man bisher allgemein anderweitige freilich nicht constante (den Synaptiden durchweg fehlende) Anhänge der Kloake, die sog. Cuvier'schen Organe; indessen ist die drüsige Struktur dieser Gebilde neuerdings von Semper in Abrede gestellt worden, nach dessen Angabe sie als Waff"en dienen und nach Belieben aus der Kloake aus- gestossen werden. Der in Schlund, Magen und Darm zerfallende Darm- canal ist nur selten wie bei manchen Synaptiden einfach gradgestreckt, sondern macht in der Regel eine doppelte Biegung. In seinem vordem Abschnitte ist derselbe durch ein Mesenterium an die Mitte des Rückens suspendirt, auch der aufsteigende und zweite absteigende Darmast werden durch Mesenterien an zwei bestimmte Interradialfelder befestigt. Bei 248 Geschlechtsorgane. Lebensweise. Parasiten. den Bendrochiroten finden sich im eigentlichen Darme zahlreiche quer- gestellte Schleimhautfalten, die feine Blutgefässe tragen und nach Semper als Darmkiemen (?) fungiren sollen. Die Geschlechtsorgane bilden einen oder zwei (ßtichopus und Bendrochiroten) Büschel ver- ästelter Schläuche, deren gemeinsamer Ausführungsgang im dorsalen Mesenterium liegt und vorn auf der Rückenseite (Äspidochiroten und Synaptiden) oder zwischen den beiden dorsalen Tentakeln (Dewc^rocÄiVo^ew) sich öffnet. Die Synaptideti, nach Semper jedoch auch die Molpadiden (und somit sämmtliche Apoda (?j) sind hermaphroditisch und erzeugen in denselben Follikeln Eier und Samenfäden, wenn auch nicht immer gleichzeitig. Die Entwicklung erfolgt häufig direkt; da wo dieselbe auf einer complicirten Metamorphose beruht, sind die Larven Auricularien- formen und durchlaufen das tonnenförmige Puppenstadium. Die Holothurien sind vielleicht durchweg nächtliche Thiere und leben auf dem Meeresboden in der Nähe der Küsten meist an seichten Stellen, theilweise aber auch in bedeutenden Tiefen, wo sie sich langsam kriechend fortbewegen. Gegen den Norden scheinen sie sich im All- gemeinen in grössere Tiefen zurückzuziehen. Die fusslosen Formen be- wegen sich durch Contraktion ihres Körpers und mit Hülfe der Mund- tentakeln, die Synaptiden bohren sich in den Sand ein. Ihre Nahrung besteht aus kleinern Seethieren und wird mit Hülfe der Tentakeln in den Mund gebracht. Einige füllen ihren Darm mit Meeressand, den sie wie die festen Schalenreste mittelst des Stromes der Wasserlungen aus dem terminalen After ausspritzen. Merkwürdigerweise stossen nament- lich die Äspidochiroten leicht den ganzen stets hinter dem Gefässring abreissenden Darmcanal aus der Kloakenöffnung aus, vermögen denselben aber wieder zu ersetzen. Die Synapten zerbrechen ihren Körper bei der Beunruhigung in mehrere Theilstücke in Folge lebhafter Muskel- contraktion , und gewisse Stichopus2iYten sollen sogar nach Semper die Fähigkeit besitzen, ihre Haut in Schleim aufzulösen. Von den zahlreichen theils in den Lungen und Leibesraum, theils auf der Haut lebenden Schmarotzern interessiren vornehmlich kleine der Gattung Fierasfer zugehörige Fische, sodann die berühmt gewordenen Schneckenschläuche der Entoconcha Mülleri in Synapta digitata (und Holothuria edulis nach Semper). Ausserdem sind Pinnotheres, Eidima und Sti/Ufersirten und Änoplodium Schneidert als Parasiten beobachtet. BezügUch der geographischen Verbreitung ist hervorzuheben, dass mehrere Formen Kosmopoliten sind {Holothuria atra, arenicola, im- patiens), wenigstens in den tropischen Meeren rund um die Erde vor- kommen, und //. impatiens auch im Mittelmeere gefunden wird. Drei identische Arten der West- und Ostküste Mittelamerikas (H. languens, subdivisa, glaberrima) scheinen — wie auch die wenigen Fälle identi- scher Meeresfische — darzuthun, dass die üeberwanderung vor der '1. Ordnung. Pedata. Aspidochirotae. Dendrochirotae. 249 Existenz des Isthmus von Panama stattfand. Die weitverbreiteten und kosmopolitischen Gattungen {Holothuria, Thyone, Fsolus, Cucimiaria, Haplodacti/la, Chirodota, Synapta) scheinen auf das Gebiet des stillen indischen Oceans als Ursprungscentrum hinzuweisen. (Sem per). üeber das Auftreten der Holothurien in frühern geologischen Perioden ist bislang nur Unzureichendes bekannt geworden. Fossile Kalkkörperchen aus der Haut von Synaptiden und echten Holothurien sind mehrfach beschrieben, die ältesten aus dem Jura. 1. Ordnung. Pedata. Püssige Holothurien. Holothurien mit Lungen und mit Saugfüsschen, welche bald regel- mässig in den Madien liegen, bald sich über die ganze Bauchfläche ausbreiten, getrennten Geschlechts. 1. Fam. Aspidochirotae Brdt. Mit schildförmigen Tentakeln, welche frei in die Leibeshöhle ragende Ampullen besitzen. Der Kalkring besteht aus 5 grössern Radialstücken und 5 kleinern Interradialien. Der Schlund entbehrt der Retraktoren. Linker Lungenast mit den Gefässen des dorsalen Netzes verbunden. Gewöhnlich nur ein einziger Büschel GeschlechtsfoUikel auf der einen Seite {Stichopus ausgenommen) vom Mesenterium. Stichopus Brdt. Körper vierkantig, 20 (18) Tentakeln. Ambulacralfüsschen auf Warzen stehend, an der flachen Bauchseite einfach und in 3 Längsreihen geordnet, 2 Büschel von Geschlechtsfoliikeln am Mesenterium. St. regalis Cuv. ,; Mittelmeer. St. naso, variegatus Semper, Philippinen. St. japanicus Slk , Japan. Mülleria Jäger. 20 oder 25 Tentakeln. Die Füsschen am flachen Bauche dicht gestellt, einfach. Füsschen des convexen Rückens spärlich. After mit 5 Kalkzähnen bewaffnet. M. lecanora Jäger, Philippinen. M. nobilis Slk. Bohol. M. Agassizii Slk., Florida. Lahidodemas Slk. 20 Tentakeln. Füsschen in 5 zweizeilige Lüngsreihen ge- ordnet. L. Semperianum Slk., Sandwich-Inseln. Aspidochir Brdt. 12 Tentakeln. Sauglüsschen in 5 Reihen, vorn fehlend. Lunge Stheilig. A. Mertensii Brdt. , Sitka. Holothuria. 20 (selten 25 oder 30) Tentakeln. Ambulacralfüsschen des Bauches zerstreut, die des Rückens zuweilen in Reihen geordnet. After rund oder strahlig {Bohadschia Jäger). H. tubulosa Gmel. , Mittelmeer. H. intestinalis Rathke, Nördl. Meere. H. atra Jäger, lebt gesellig auf sandigen Stellen der Korallenriffe, Viti Inseln, Philippinen. H. edulis Less., Molukken, Neuholland, wird mit H. tremula u. a. Arten als Trepang in den Handel gebracht. H. {Sporadipus Grube, Füsschen gleichartig) arcmcoZa Semper Bohol. H. glabra Gr., Lussin. H. {Bohadschia Jäger) aj-^iMS Jag., Celebes. H. vitiensis Semper, H. ocellata i-äg. , Celebes. H. (Stichopoda Semper) Graeffei Semper, Luzon. H. monacaria Less., Oslküste Afrikas, Australien. 2. Fam. Dendrochirotae. Mit baumförmig verästelten Tentakeln, mit Retraktoren des Schlundkopfes, ohne Gefässumspinnung des linken Lungenbaumes. Geschlechts- organe in zwei Büscheln, jederseits vom Mesenterium. 1. Subf. Stichopoda. Die Ambulacralfüsschen in deutlichen Reihen. Inter- radialräume fast imuier ohne Füsschen. Cuctimaria Blainv. Körperform meist stumpt 5kantig, 10 Tentakeln. Die ein- fachen gleichartig gebildeten Ambulacralfüsschen in mehrfachen Längareihen der Radion. 250 2. Ordnung. Apoda. Molpadidae. C. frondosa Gunner. {pentactes 0. F. Müll.) {Pentacta frondosa Jaeger), Nordeurop. Meere. C. Korenii Lülk., Nordsee. C. maculata Semp. Bohol. u. a., Ocnus Forbes. 10 Tentakeln. Auf dem Rücken steht nur 1 Reihe von Am- bulacralfUsschen. Grosse Kalkschuppen In der Haut. 0. lacteus Forb. , Norwegen. 0. hrunneus, England. 0. minutus Fabr., Grönland. 0. assimilis Düb. Kor., Christian- sund. 0, pygmaeus Semper, Bohol. Colochirus Trosch. 10 Tentakeln. Aut dem Rücken nur Ambulacralpapillen, die Füsschen des Bauches in 2 deutlich getrennten Reihen. After mit Kaikzähncn. C. cucumis Semper, Bohol. Echinocucumis Sars. 10 Tentakeln. Füsschen in 5 Reihen. Haut dicht mit langgestachelten Kalkschuppen bedeckt. E. typica Sars, Norwegen. E. adversaria Semper, Bohol. Psolus Oken. Die Füsschen stehen in deutlichen Reihen auf einer scharf be- grenzten Bauchscheibe, fehlen aber am Rücken. Kalkkörper in Form grosser Kalk- schuppen. Ps. phantapus Strussenfeldt, Nordische Meere. Ps. squamatus Kor., Sund, Grönland. Ps. Fabricü Düb. Kor., Norwegen. Ps. antarcticus Philip., Magellanstrasse. 2. Subf. Sporadipoda. Die Ambulacrallüsschen umgeben den Körper gleich- massig, ohne eine Anordnung in Reihen zu zeigen. Thyone Okta. lOTentakeln. After mit Kalkzähnen. TÄ. t?iWoso Semper, Cebu. Th. raphanus Düb. Kor. , Bergen. Th. fusus 0. F. Müll. , Mittelmeer, Nordsee u. A. Th. (Stolus, After ohne Zahne). St. gibber Slk., Panama. Sl. firma Slk., China. Thyonidium Düb. Kor. 20 Tentakeln, 5 Paar grosse und 5 Paar kleine in alternirender Stellung. Füsschen stehen zuweilen minder dicht in den Radien gereiht. Th. pellucidum Vahl., Nordeurop. Meere. Th. Drummondii Thomps., Sund, Irland. Th. cebuense Semper. Orcula Trosch. 15 Tentakeln, von denen 5 kleiner. After ohne Bewaffnung. 0. Barthii Trosch. , Labrador. 0. punctata Slk. , Charleston. Phyllophorus Gr. Mit 12—16 Tentakeln, innerhalb derselben ein Kreis von 5 — 6 von kleineren. Die Radialstücke des Kalkringes sind wie bei den Synaptiden durchlöchert. Ph. urna Gr., Palermo, Neapel. Hier schliessen sich die Gattungen Hemicrepis J. Müll. (H. granulatus Gr.), Stereoderma Ayr. an. 2. Ordnung: Apoda. Füsschenlose Holothurien. Uolothurien ohne Füsschen, mit oder ohne Lungen, theilweise oder sämmüich (?) hermaphroditisch. 1. Unterordnung: Pnenmonophora. Füsschenlose Lungenholothurien mit cylindrischen oder schildför- migen oder gefingerten Tentakeln. Hermaphroditisch (?). 1. Fam. Molpadidae. Mit den Charakteren der Unterordnung. Haplodactyla Gr. Mit glatter Haut und 15 oder 16 einfachen cylindrischen Tentakeln. H. mediterranea Gr. Wurmförmig, Mitlelmeer. H. molpadiensis Semper, China, Cebu. Molpadia Cuv. Mit 12 bis 15 am Ende gefingerten Tentakeln und mit Retraktoren des Schlundes, M. borealis Sars, Nordische Meere. M. chilensis J. Müll., Chili. M. holothurioides Cuv., All. Meer. H. musculus Risso, Mittelmeer. Synaptidae. Rhopalodina. 251 Liosoma ßrdt. Mit kurzem cylindrischen Körper und 12 schildrörniigen Ten- takeln. L. arenieola Stimps., San Pedro. L. sitchaeense Brdt., Sitka. '/tj Caridina Stimps. Körper hinten stark verschmälert, Haut durch zahlreiche I Kalkkörper rauh. 12 fingerförmig getheilte Tentakeln. C. are«a. Die Glieder des letzten Abschnittes erscheinen jedoch schmäler und länger, Kopf keulenförmig mit 2 spaltförmigen, aber flächensländigen Gruben, Die Seilenfelder des Körpers enthalten in ihrer Rindenschicht eine Menge rundlicher Körnerhaufen, welche wahrscheinlich dem Geschlechtsapparate zugehören und im Zusammenhange mit den sog. gelben Gängen, welche nach Böttcher und Stieda in den Aofangstheil des Fruchtbehälters einmünden, als Dotterstöcke (v, Siebold) aufzufassen sind. Die Genitillöffnungen liegen in der Mitte des Gliedes übereinander. Die obere grössere führt in den männlichen Geschlechtsapparat, zunächst in einen muskulösen im sog. Cirrusbeutel eingeschlossenen und als Cirrus ausstülpbaren Endabschiiitt des Samen- leiters. Dieser erscheint unmittelbar vor seinem Eintritt in den Cirrusbeutel zu einer kugligen muskulösen Anschwellung aufgetrieben (Samenblase?), verläuft dann mehr- fach geschlängelt in der Längsrichtung des Gliedes an der Rückenfläche und erscheint in zwei Seitenäste gespalten. Diese nehmen die Ausführungscanälchen (vasa efferentia) der zarten Hodensäckchen auf, welche die Seitenpartien der Mittelschicht erfüllen. Die weibliche Geschlechtsöffnung führt in eine unterhalb des Cirrusbeutels gelegene häufig mit Siimen erfüllte Vagina, diese in den Anfangstheil des Fruchtbehälters, welcher als rosettenförmig gefalteter Schlauch in der Mitte des Gliedes eine eigen- thümliche Figur {Wappenlilie, Pallas) erzeugt. Unter dieser Rosette, theilweise zwischen den hintern Seitenhörnern und in den engen gewundenen Anfangstheil des Uterus (Knäuel) einmündend, liegt die sog. Knäueldrüse und zu deren Seiten die sog. Seitendrüsen (Eschricht). Die letztern sind nach Böttcher und Stieda als Ovarien zu betrachlen , während sie R. Leuckart als Dotterstöcke deutete, die Funktion der Knäueldrüse (Leuckart's Ovarium) dagegen ist noch nicht vollkommen klar gestellt, wahrscheinlich wird ihr Secret zur Bildung der Eischale verwendet. Die Eier ent- wickeln sich meist im Wasser und springen mittelst einer deckelartigen Klappe am oberen Pole der Eischale auf. Der ausschlüpfende Embryo trägt ein Flimmerkleid, mittelst dessen er eine Zeillang im Wasser umherschwärmt. Später häutet er sich und wirft das Flimmerkleid in tuto ab. Durch diese Ausstattung des Embryonalkörpers und den Aufenthalt desselben im Wasser wird es wahrscheinlich, dass die weitern Ent- Avicklungsstadien in einem Wasserthier durchlaufen werden. Wie und in welchem Bewohner der mit 6 Häkchen bewaffnete Embryo zum Scolex wicd, ist unbekannt, 270 Ligulidae. Tetrarhynchidae. TetrapLyllidae. und die Frnge nach dem Import dieses Bandwurms in den menschlichen Körper — trotz der Versuche Knochs - nicht zur Entscheidung gehracht. B. cordatus Lkt. Mit grossem herzförmigen Kopf ohne fadenförmigen Halstheil, mit zahlreichen Einlagerungen von Kalkkörperchen im Parenchym, wird nur circa 3 Fuss lang, im Darm des Menschen und des Hundes in Grönland. B. proboscideus, im Darm des Lachses. B. puntaius Rud. in Seefischen. Schistocephalus Crepl. Der gespaltene Kopf jedcrseits mit einer Sauggrube. Bandwurmieib gegliedert. S. solidus Crepl. lebt im geschlechtsreifen Zustand im Darm der Wasservögel, unentwickelt in der Leibeshöhle vom Stichling. Triaenophorus Rud. Kopf nicht abgesetzt, mit 2 schwachen Sauggruben und mit 2 Paar dreizackigen Haken Der Leib entbehrt der äussern Gliederung. Genital- ötfnungen randständig. T. nodulosus Rud. im Hechtdarm, unreif in Kapseln der Leber von Cyprinus. 3. Fam. Ligulidae (^Pseudophyllidae). Ohne eigentliche Sauggruben , bald mit Haken, bald ohne Haken. Der Bandwurm ohne Gliederung, zuweilen selbst mit einfachem Geschlechtsapparat. Leben in Knochenfischen und im Darm von Vögeln. Ligula Bloch. Körper bandförmig, ungegliedert, aber meist mit Metameren der Geschlechtsorgane. L. simplicissima Rud. , in der Leibeshöhle von Fischen und im Darm von Wasservögeln. L. Froglottis G. Wag., im Dickdarm von Scymnus. Männ- liche Geschlechtsöffnung marginal. L. tuba v. Sieb., im Darm der Schleihe. 4. Fam. Tetrarhynchidae. Kopf mit 4 vorstülpbaren , Widerhaken tragenden Rüsseln. GeschlechtsölTnungen randständig. Leben im Jugendzustand eingekapselt ia Knochenfischen, als geschlechtliche Bandwürmer im Darm der Haie und Rochen. In der Schwimmblase eingeschlossene Scolices wurden als Arten der Genus Anthoce- phalus Rud. {Florieeps Cuv.) beschrieben. Tetrarhynchus Cuv. T. lingualis Cuv. , lebt als Jugendzustand im Schollen, ausgebildet im Darm von Galeus, Spinax, Baja. T. tetrabothrius Van Ben. T. longi- collis, minutus Van Ben. u. a. A. 5. Fam. Tetraphyllidae. Kopf mit vier sehr beweglichen Sauggruben, welche meist als selbstsländige Abschnitte zur Sonderung kommen und oft mit Haken und Chitinstutzen bewaffnet sind. Leib gegliedert, Proglottiden abstossend. Geschlechts- ölTnungen randständig, leben in Haifischen. 1. Suhl. Phyllobothridae. Saugnäpfe ohne Haken und Stacheln. Echineibothrium Van Ben. Die vier langgestilten Saugnäpfe durch Querleisten wie gefenstert. E. minimum, im Darm von Trygon und Baja. Fhyllobothrium Van Ben. Die vier Sauggruben sessil, am äussern Rand ge- kerbt, sehr beweglich und gekräuselten Blättern ähnlich. P. lactuca Van Ben., im Darm von Mtistelus vulgaris, P. thridax Van Ben. im Darm von Squatina angelus, Anthobothrium Van Ben. Die vier Sauggruben kelchförmig ausgehölt, auf langem protraktilen Stil. A. comucopia Van Ben., im Darm von Galeus canis gemein. A. musteli Van Ben., im Darm verschiedener Haie. 2. Subf. Phyllacanthinae. Saugnäpfe mit je 2 oder 4 Chitinhaken bewalTnel. Acanthobothrium Van Ben. Jede Sauggrube ist mit zwei an ihrer Basis ver- einigten, an ihrer Spitze zweizinkigen Haken bewaffnet. A. coronatum Rud. Dujar- dinii Van Ben., in Haien und Rochen. Calliobothrium Van Ben. Jeder Saugnapf mit zwei Paar einfachen Haken, durch flache Leisten in 3 Querfächer abgetheilt. G. verticillatum Rud. in Haien. G. Eschriehtii, LeucTcartii Van. Ben. Onchobothrium Blainv. Jeder Saugnapf mit 2 einfachen, einer hufeisenför- migen Platte au&iizcnden Haken. 0. uncinatuni Rud. in Haien. 2. Ordnung. Trematodes, Saugwürmer. 271 Hier schliessen sich die wohl als Familie zu sondernden Diphyllideen mit der Gattung Echinobothrium Van Ben, an, deren Kopf 2 Saugscheiben mit ebensoviel bewaffneten Slirnzapfen trägt, und deren Hals mit Stacheln besetzt ist. E. typus Van Beil. in Raja. 6, Fam. Caryofhyllidae. Körper gestreckt ungegliedert, mit gefranstem Vorder- rande, ohne Sauggruben und Haken. Geschlechtsapparat einfach, im hintern Körper- abschnitt entwickelt. Entwicklung wahrscheinlich direkt ohne Generationswechsel. Der Wurmkörper repräsentirt den Scolex und den gegliederten Leib. Caryophyllaeus mutabilis Rud., Nelkenwurm im Darm der Cyprinoiden. 2. Ordnung. Trematodes '), Saugwünner. Parasitische solitäre Plattwürmer, von ungegliedertem, meist blatt- förmigem Körper, mit Gehirnganglion, mit Mundößnung und gabiig gespaltenem Darmcanal , ohne Afteröffnung, mit bauchständigem Haft- organ. Man hat die Trematoden, deren Bezeichnung dem Vorkommen einer oder mehrerer für Saugöffnungen gehaltenen Haftgruben entlehnt ist, nicht mit Unrecht den Proglottiden der Taenien an die Seite gestellt und als höher organisirte, mit Mund, Darmcanal und selbstständigen Befestigungsapparaten versehene Proglottiden betrachtet. Richtiger aber geht man vielleicht, um beide Platodengruppen auf einander zurück- zuführen, von Cestodenformen, wie der Gattung Caryophyllaetis aus, bei welcher die Gliederung des Leibes unterblieben ist und die Ausstattung mit Mund, Darm, Gehirn und Nerven unmittelbar zu der Organisation eines Saugwurmes führen würde, wie denn auch in der That ähnlich gestaltete und organisirte Trematoden wie Amphilina {Monostomimi foliaceum) und Amphiptyches als Verbindungsglieder zwischen beiden Gruppen da stehen. Der auch wohl in Folge der höhern Organisation 1) De Filippi, Memoire pour servir ä l'histoire g6n6tique des Tr^matodes. 1. 2. 3. 1854—57. Moulinie, Resum6 de l'histoire du developpement des Tr^matodes (H^m. In- stitut Genevois. 1855). Pagenstecher, Trematodenlarven und Trematoden. Heidelberg. 1857. G. Wagener, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer. Haarlem. 1857. Derselbe, Ueber Gyrodactytus elegans. Muller's Archiv. 1860. Diesing, Revision der Myzelminthen. Wiener Sitzungsberichte. 1858. 1859. Van Beneden, Memoire sur les vers intestinaux. Paris. 1861. Van Beneden et Hesse, Recherches sur les Bdelloides ou Hirudin^es et les Tr6matodes marins. 1863. R. Leuckart, die menschlichen Parasiten. I. Bd. 1863. Vergleiche die Aufsätze und Werke von Creplin, v. Nordmann, Dujardin, V. Siebold, Blanchard, Kölliker, Walter, G. Wagener, De la Valette u. a. 272 Bau. Nervensystem. Darmcunal. entschiedener individualisirte Leib streckt sich nicht mehr zu der be- deutenden Lcäuge des Bandwurinkörpers und entbehrt der Gliederung. Auch hier ist die Grundsubstanz eine Bindegewebsmasse , die oft den grössten Theil des gesammten Körpers ausmacht und in manchen Fällen, z. B. bei Disiomum hepaticum, aus grossen dichtgedrängten Zellen besteht. Die Haut und deren Muskelschlauch zeigt eine ganz ähnliche Beschaffenheit als bei den Cestoden, nicht selten finden sich in derselben noch einzellige Hautdrüsen an manchen Stellen, z. B. am Mundsaug- napfe des Leberegels, besonders angehäuft. Am vordem Pole des meist platten, oval gestreckten Leibes liegt die Mundöffnung, in der Kegel im Grunde eines kleinen Saugnapfes, des eben erwähnten Mundsaugnapfes. Dieselbe führt in einen musculösen Pharynx mit mehr oder minder ver- längerter Speiseröhre, welche sich in den gabiig getheilten, häufig ver- ästelten, stets blind geschlossenen Darmcanal fortsetzt. Der Excretions- apparat besteht aus einem die Gewebe durchsetzenden Netzwerk feiner Gefässe und zwei grössern seitlichen Stämmen, welche mittelst einer gemeinsamen contractilen Blase am hintern Pole ausmünden. Der Inhalt desselben ist auch hier eine wässrige, von körnigen Concretionen durch- setzte Flüssigkeit, ein wahrscheinlich dem Harne höherer Thiere analoges Excretionsproduct. Blutgefässe und Bespirationsorgane fehlen durch- aus. Dagegen findet sich das Nervensystem vor als ein dem Schlünde aufliegendes Doppelganglion, von welchem ausser mehreren kleinern Nerven zwei nach hinten verlaufende Seitenstämme austreten. Augen- flecken mit lichtbrechenden Körpern kommen zuweilen in jugendlichen, auf der "Wanderung begriffenen Entwicklungsformen vor. Zur Locomotion dienen neben dem Hautmuskelschlauche die als Sauggruben und Klammer- haken auftretenden Haftorgane, deren Zahl, Form und Anordnung sehr zahlreiche Modificationen bietet. Im Allgemeinen richtet sich die Grösse und Ausbildung der Haftorgane nach der Lebensweise und besonders nach dem endoparasitischen oder ectoparasitischen Aufenthalt. Die Bewohner innerer Organe besitzen minder entwickelte Klammerorgane, gewöhnUch neben dem Mundsaugnapf einen zweiten grössern Saugnapf auf der Bauchfläche, bald in der Nähe des Mundes, Bistomum, bald an dem entgegengesetzten Körperpole, Amphistomum. Indessen kann dieser grössere Saugnapf auch fehlen, Monostomum. Die ectoparasitischen Polystomeen zeichnen sich dagegen durch eine weit kräftigere Bewaff- nung aus, indem sie ausser zwei kleinern Saugnäpfen zu den Seiten des Mundes, eine oder auch zahlreiche grosse Sauggruben am hintern Körperende besitzen, die überdies noch durch Chitinstäbe gestützt sein können. Ferner kommen oft Ghitinhaken, besonders häufig zwei grössere Haken zwischen den hintern Saugnäpfen in der Mittellinie hinzu. Die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane sind mit seltenen Ausnahmen in dem Körper desselben Individuums vereinigt. In der Geschlechtsorgane. Entwicklung. 273 Regel liegen die beiden Geschlechtsöffnungen nicht weit von der Mittel- linie der Bauchfläche neben oder hintereinander, dem vordem Körper- ende ziemlich genähert. Auf die männliche Geschlechtsöffnung folgt der Cirrusbeutel , ein das vorstülpbare Endstück (Cirrus) des Samenleiters umschliessender Sack, dann der in zwei Aeste gethdlte Samenleiter und zwei grosse oder mehrlappige Hoden. Nicht selten erstreckt sich von einem der beiden Hoden ein dünner Canal zum weiblichen Geschlechts - apparat (Anfangstheil des Fruchtbehälters) , sodass die Begegnung der beiderlei Zeugungsstoffe direct in demselben Individuum ohne Begattung erfolgen kann. Die weiblichen Geschlechtstheile bestehen aus einer mehrfach geschlängelten Scheide, die zugleich als Fruchtbehälter dient, und aus den Eier-bereitenden Drüsen, welche wie bei den Cestoden in einen Keimstock und zwei Dotterstöcke, zuweilen noch mit besonderer Schalendrüse, zerfallen. Die erstere erzeugt die primitiven Eier und liegt als rundhcher Körper in der Regel vor den Hoden, die letzteren erfüllen als vielfach verzweigte Schläuche die Seitentheile des Körpers und secerniren die Dotterballen. Diese begegnen im Anfangstheile des Fruchtbehälters den primitiven Eiern und gruppiren sich in grösserer oder geringerer Zahl um die einzelnen Eikeime zusammen, um noch von complicirten Hüllen umschlossen zu werden. Vor dem Abschlüsse der Schalenbildung scheint die Befruchtung stattzufinden, da sich in dem Anfangstheil des Fruchtbehälters oder in einem mit demselben verbun- denen Receptaculum seminis Samenfäden finden. In dem Verlaufe des Fruchtbehälters häufen sich die Eier oft in grosser Menge an und durch- laufen bereits die Stadien der Embryonalbildung im mütterlichen Körper. Fast alle Trematoden sind Eier legend. In der Regel scheint eine gegen- seitige Kreuzung statt zu finden, wenn gleich zuweilen die Selbst- befruchtung durch einen Verbindungsgang der beiderlei Geschlechts- organe nicht ausgeschlossen ist. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen entweder {Folystomeen) die Form und Organisation der Eltern oder durchlaufen einen complicirten mit Metamorphose verbundenen Generationswechsel {Bistomeen}. Im erstem Fall sind die Eier von relativ bedeutender Grösse und werden an dem Aufenthaltsorte der Mutter befestigt. Im letztem Falle gelangen die kleinem Eier an feuchte Plätze, meist ins Wasser; die kleinen con- traktilen entweder nackten oder bewimperten Embryonen schlüpfen nach kürzerer oder längerer Zeit aus und suchen sich auf dem Wege selbst- ständiger Wanderungen ein neues Wohnthier auf. In der Regel ist es eine Schnecke, in deren Inneres sie eindringen, um nach Verlust der Wimperhaare zu einer weitem Stufe der Entwicklung vorzuschreiten. Meistens besitzen sie bereits Anlagen des Wassergefässsystemes, seltener zugleich eine Sauggrube mit Mundöffnung und Darmschlauch. In dem^ Claus, Zoologie. 2. Auflage. 18 274 Sporocysten. Eedien. Cercarien, neuen Träger nun wachsen die eingeführten Embryonen zu einfachen oder verästelten Keim schlauchen aus, zu Sporocysten (ohne Mund und Darm) oder Redien (mit Mund und Darm), deren Inhalt sich zu einer neuen Generation von Würmern umgestaltet. Die Keimschläuche er- zeugen als »Ammen« durch Keimkörner oder Sporen die Generation der geschwänzten Cercarien, oder auch als Grossammen ' ) eine Tochter- brut von Keimschläuchen, welche letztere dann erst die Ammen der Cercarien werden. Diese in früherer Zeit irrthümlich für selbstständige Thierarten ausgegebenen Cercarien sind nichts anderes als die Distomeen- larven, die oft erst nach einer zweimaligen activen und passiven Wan- derung an den Aufenthaltsort der Geschlechtsthiere gelangen. Mit einem äusserst beweglichen Schwanzanhahg und häufig einem Kopfstachel, auch wohl Augen ausgestattet, zeigen sie in ihrer übrigen Organisation bis auf den Mangel der Geschlechtsorgane bereits eine grosse Uebereinstim- mung mit den ausgebildeten Distomeen. In dieser Form verlassen die- selben selbstständig den Leib ihrer Amme (oft durch eine Geburtsöffnung der Kedie austretend) und des Ammenträgers und bewegen sich theils kriechend theils schwimmend im Wasser umher. Hier finden sie bald ein neues Wasserthier (Schnecke, Wurm, Insectenlarve , Krebs, Fisch, Batrachier), in dessen Gewebe sie, unterstützt durch die Bohrbewegungen des kräftig schwingenden Schwanzanhanges eindringen und nach Verlust des letztern eine Cyste im Umkreis ihres Körpers ausscheiden. Die Cercarienbrut aus dem Innern der Schnecke zerstreut sich so auf zahlreiche Geschöpfe, und aus den geschwänzten Cercarien werden encystirte junge geschlechtslose Distomeen, die erst auf passivem Wege mit dem Fleisch ihres Trägers in den Magen eines andern Thieres und von da, ihrer Cyste befreit, in das bestimmte Organ (Darm, Harnblase etc.) gelangen, in welchem sie sich zur Geschlechtsreife ausbilden 2). Wir haben somit in der Regel drei verschiedene Träger zu unterscheiden , deren Organe die verschiedenen Entwicklungsstadien der Distomeen (Keimschlauch, encystirte Form, Geschleclitsthier) beherbergen. Die Uebergänge von dem einen zum andern werden theils durch selbstständige Wanderungen (Embryonen, Cercarien), theils durch passive Uebertragung (encystirte Jugendform vermittelt. Indessen können in einzelnen Fällen Ab- weichungen von dem allgemeinen Bilde des Entwicklungscyclus eintreten. Die Embryonen von Monostomum flavum und mutahüe verlieren mehr als die Wimperhaare, um in den Keimschlauch überzugehn, verhalten 1) Bei Cercaria cystophora aus Planorbis marginatus sind nach G. Wagener die Grossainmen Sjwrocysten , «lie Ammen Bedien. 2) Ausnahmsweise kommt jedoch auch schon in den eingekapselten Trem«toden von Zwischenträgern geschlechlliciie Entwicklung vor. {Distomeen der Cercaria vir- gula in Ephemeralarven, Gasterostomum gracilescens in Cysten des Schellfisches). Distomeae. Monostomidae. 275 sich vielmehr zu demselben ähnlich wie die Pluteuslarven zum Echinoderm. Sie tragen bereits den spätem Keimschlauch wie einen constanten Parasiten in ihrem Körper, welcher in der Schnecke angelangt, mit Wimperhaaren, Augenflecken, Tastwärzchen und Excretionsorganen bis auf den centralen Keimschlauch zu Grunde geht. Manche Keimschläuche erzeugen schwanzlose Cercarien, das heisst jugendliche Distomeenj gewisse Cercarien können sich ohne in das Innere von Thieren gelangt zu sein an Pflanzen einkapseln, und endlich kommt es in seltenen Fällen vor, dass Cercarien mit Ueberspringung des encystirten Stadiums direct in den Wohnort des geschlechtsreifen Distomeen einwandern. Es gibt auch uneingekapselte junge Distomeen, welche an ihrem Aufenthaltsorte nie geschlechtsreif werden. 1. Unterordnung: Distomeae, Distomeen. Saugwürmer mit höchstens zwei Sauggruben, ohneHakenbewafi'nung, welche in innern Organen schmarotzen und sich mittelst Generations- wechsel entwickeln. Die Ammen und die Larven der (leschlechtsthiere leben vorzugsweise in Mollusken. 1. Fam. Monostomidae. Mit nur einem Saugnapf an oder im Umkreis des Mundes. Monostomum Zeder. Saugnapf im Umkreis des Hundes, Pharynx kräftig. Geschlechtsöffnungen nur wenig vom Vorderende entfernt. 31. mutabile Zeder, in der Leibeshöhle und Augenhöhle verschiedener Wasservögel, lebendig gehtrend, M.flavum Mehlis, in Wasservögeln, entwickelt sich aus Cercaria ephemera der Planorbis. M. attenuatum Rud., im Darm der Ente und des Sägers. M. lentis v. Nordm., Jugendliche Form ohne Geschlechtsorgane in der Linse des Menschen. M. bipartitum Wedl., paar- weise in Cysten, das eine Individuum vom lappigen Hinterleib des anderen umwachsen. Kolostomum Nitsch. Mit abgestutztem ausgehöhlten Vorderende. Geschlechts- öffnungen münden am Hinterende. H. erraticum Duj. = H. variabile Kitsch. Im Schwan, Enten und Alcen. VVarscheinlich ist Diplostomum v. Nordm. aus dem Auge von Süsswasserfischen der Jugendzustand. Hemistomum Dies. Mit abgeschnürtem Vorderende, das saugnapfähnlich ausgehölt ist. Männliche Geschlechtsöffuung vorn, weibliche hinten. H. alatum Dies., im Darm des Fuchses. Ämphilina G. Wag., darmlos. Rand des Körpers nach dem Bauche umgeschlagen. Vorn ein retraktiler Saugnnpf. Ä. foliacea Rud. = Monostomum foliaceum Rud. Amphiptyches G. Wag. {Gyrocotyle Dies.). Darmlos. Rand des Körpers ge- kräuselt. Vorn ein undurchbohrter Saugnapf. Ä. urna G. Wag., im Darm der Chimaera. Ob der Nematodenähnliche als Neviatobothrium filarina beschriebene Parasit von Sciaena aquila ein Saugwurm ist, bleibt noch zweifelhaft. 2. Fam. Distomidae. Zu dem vordem Saugnapf kommt noch ein zweiter bauchständiger Saugnapf hinzu, dessen Lage sehr variirt. Bistomum Rud. (Distomaf^ Mit zwei nicht weit von einander entfernten Saugnäpfen am vordem Körperlheil. Geschlechtsöffnungen meist dicht vor dem Bauchsaugnapf gelegen. I>. hepaticum L. Leberegel. Mit kegelförmigem Vorderende und zahlreichen stachel- 276 Distomidae. ähnlichen Höckercben an der Oberfläche des breiten blattförmigen circa 30 mm. langen Körpers. Lebt in den Gallengängen des Schafesund anderer Hausthiere und erzeugt die sog. Leberfäule derlleerden. Auch im Menschen kommt der Wurm gelegentlich vor und dringt sogar in die Ffortader und in das Gebiet der Hohlvene ein. Der langgestreckte Embryo entwickelt sich erst nach längerm Aufenthalt des Eies im Wasser, hat einen continuir- lichen Wimperüberzug und einen Xförmigen Augenfleck. Ueber die Ammen- und Cercarienform ist ebensowenig etwas Näheres bekannt, als über den Zwischenträger und über die Art der Uebertragung. Vermuthungsweise hat man die Treu tler'schen Hexathyridien als junge Leberegel gedeutet. (D. crassum Busk., aus dem Darm eines in London verstorbenen Laskar). D. lanceolatum Mehlis. Körper lanzetlörmig lang- gestreckt, 8 — 9 mm. lang, lebt mit I>. hepaticum an gleichem Ort. Der Embryo entwickelt sich erst im Wasser, ist birnförmig und nur an der vordem Hälfte bewim- pert, trägt auf dem zapfenartig vorspringenden Scheitel einen stiletförmigen Stachel. D. ophthalmobiiim Dies. Eine als Art zweifelhafte Form, von der nur 4 Exemplare in der Linsenkapsel eines 9monatlichen Kindes beobachtet worden sind. D. heterophyes V. Sieb. Rilh. Körper oval, vorn zugespitzt, nur 1—1,5 Mm. lang, im Darm des Menschen in Aegypten. D. clavigerum Van Ben., im Darm des Frosches mit Cercaria ornata-düs Planorbis. D.retusum'Ru6.-=endolobumDu'].('?), ebendaselbst mit Cercaria armata aus Sporocysten in Lymnaeus und Planorhis. Die auswandernde Cercarie kapselt sich in Keuropterenlarven ein. D. cygnoides Rud. mit dicht am Mundsaugnapf an- liegenden Pharynx, in der Harnblase des Frosches. Der bewimperte Embryo wird an den Kiemen von Cyclas oder Pisidium zur Grossamme und erzeugt hier Sporocysten. Diese produciren die in den Frosch direct einwandernde Cercaria macrocerca. D. globiporum, im Darm des Frosches mit Sporocysten an den Kiemen von Cyclas und Pisidium. D. militare Van Ben. =. ecJiiniferum Paludinae, im Darm der Ente und mehrerer Wasservögel mit Cercaria echinifera der Paludina. D. echinatum Van Ben., im Darm der Ente aus Cercaria echinata Lymnaei. D. tereticolle Zed., im Hecht. D. goliath. Van Ben., 80 Mm. lang in Pterobalaena. Einen zurückziehbaren Schwanz (D. appendiculatum) haben folgende Arten: Distomum ventricosum Rud., im Magen von Clupeideen. D. excisum Rud., im Magen von Scomber. D. tornatum Rud., im Magen von Coryphaena. D. rufoviride Rud., im Magen von Conger. Distomum filicolle Rud. (D. Okeni Köll.) findet sich paarweise in Schleimhaut- einsackungen der Kiemenhöhle von Brama Baji. Das eine Individuum ist drehrund, schmal und männlich entwickelt, das andere in der mittlem und hintern Leibesgegend sackförmig aufgetrieben und mit Eiern erfüllt. Vielleicht rührt die ungleichmässige Aus- bildung beider Individuen daher, dass die Begattung keine Wechselkreuzung war, sondern nur zur Befruchtung des einenlndividuums führte, welches nun seine weiblichen Geschlechts- funktionen vollkommen entfalten konnte. D.liaematobiiim Bilh. v. Sieb. :=zBilharzia Cobb., Gynaecophorus Dies. Körper langgestreckt schlank, getrennt geschlechtlich, das Weibchen schmächtig, cylindrisch , das Männchen mit starken Saugnäplen und rinnenförmig umgeschlagenen Seitenrändern, welche einen canalis gynaecophorus zur Aufnahme je eines Weibchens bilden. Leben paarweise vereint in der Pfordader, Milz, Darm- und Harnblasenvenen des Menschen in Abyssinien. Durch die in die Schleimhaut der Harnleiter, Harnblase und Dickdarm abgesetzten Eiermassen werden Entzündungen erzeugt, die oft Haematurie zur Folge haben. Wohl die Hälfte der erwachsenen Be- völkerung ägyptischen Stammes (Fellah und Kopten) leidet an diesem endemischen Uebel. Bhopalophorus Dies. Mit 2 stachelbesetzten retraktilen Rüsseln neben dem Uupdsaugnapf; sonstmit Distomum übereinstimmend. Bh. cor onattis Dies, in Didelpliys. Gasterostomum v. Sieb. Am Vorderrand des Mundsaugnapfes finden sich con- Polystomeae. Tristomidae. 277 tractile Fortsätze. GeschlechtsöiTnung am Hinterende. G. fimhriatum v. Sieb., im Darm des Hechtes, Aales etc., auch eingekapselt bei Cyprinus, entwickelt sich aus Bucephalus polymorp7ms. Amphistomiim Rud. (Diplodiscus). Der Bauchsaugnapf ist an das hintere Ende gerückt und tief gri.bentörmig ausgehöhlt. A. subclavatum Nitsch., im Dickdarm des Frosches mit Cercaria diplocotylea als Jugendforra. A. conicum Rud., im Kind. 2. Unterordnung: Polystomeae, Polystomeen. Saugwürmer mit zwei kleinen vordem und einer oder mehreren hintern Sauggruben, zu denen häufig noch Hakenbewaffnungen, vornehmhch am hintern Körperende hinzukommen, Sie leben meist als Ektoparasiten, theil- weise wie die Hirudineen, und entwickeln sich direkt ohne Generations- wechsel aus Eiern, die meist schon an dem Aufenthaltsorte des Mutterthieres zum Ausschlüpfen kommen. Augenpaare sind häufig vorhanden. Bei einigen Arten gewinnt der langgestreckte Körper bereits eine Ringelung. 1. Fam. Tristomidae. Die Bewaffnung des hintern Körperendes beschränkt sich auf einen einzigen grossen Saugnapf. Nitzschia V. Baer. Die hintere Sauggrube sehr gross, aber ohne Strahlen und Haken. N. elegans V. Baer., an den Kiemen des Störs. Epibdella Blainv. Der blattförmige Körper mit grossen hakenbewafTneten Saug- gruben am hintern Ende. E. hippoglossi Van Ben = (Phylline Oken) E. sciaenae Van Ben. Sehr nahe verwandt ist Phyllonella soleae Van Ben. Hesse. Placunella Van Ben. Hesse. Mit dünnem abgeplatteten Körper, dessen grosse hintere Sauggrube vorübergehende Strahlen und eine«i gefransten Rand besitzt und mit zwei Paaren von Haken bewaffnet ist. PI. pini Van Ben. Hesse, auf Trigla pini. PI. rliombi Van Ben., auf Rhombus maximus. Trocliopus Dies. Die endständige hintere Sauggrube mit permanenten Strahlen und mit zwei Haken bewaffnet. IV. tuhiporus Dies., auf Trigla hirundo. Tristoma Cnv. Die hintere Sauggrube mit permanenten Strahlen versehen, bauchständig. Tr. molae Blanch. Tr. coccineum Cuv., auf Xiphias gladius. Callicotyle Dies. Unterscheidet sich von Tristoma durch den Mangel der beiden vordem Sauggruben. C. Kroyeri Dies., im Rectum von Raja batis. Encotyllabe Dies. Hintere Sauggrube gestilt. E. pagelli Van Ben. Hesse. Cydatella Van Ben. Hesse. Vorderende mit einem Kranz von cilientragenden Tentakeln. 0. awMeZidtcoZa Van Ben. Hesse, auf einem röhrenbewohnenden Anneliden. Hier schliesst sich die von Van Beneden zu einer besondern Familie erhobene Gattung Udonella Johnst. an, deren Arten auf Caligusarten parasitisch leben. Der Körper mehr oder minder cylindrisch langgestreckt, mit grosser unbewaffneter hinterer Saugscheibe und zwei membranösen sehr beweglichen Sauggruben zu den Seiten des Mundes. U. pollachii Van Ben. Hesse, auf Caligusarten des Merlangus poliachius. U. triglae, lupi, merluccii, sciaenae Van Ben. Hesse. Als besondere Gattungen werden von Van Beneden und Hesse auf Grund der Oesophagealbewaßnung Echinella und Pteronella unterschieden. 2. Fam. Polystomidae. Mit mehreren hintern Saugscheiben, die meist paarig in zwei seitlichen Reihen angeordnet sind und durch Hakenbewaffnungen in ihrer Wirksamkeit unterstützt- werden. Genitalöffnungen häufig von Haken umgeben. Viele Arten sind nur wenige Linien lang. Octostoma Kuhn. = OctobotJirium v. Nordm. {Octocotyle Dies.). Sauggruben 278 Polystomidae. Gyrodactylidae, ohne Stile dem zungenförmigen Ende angelagert. 0. scombri Kuhn. 0. alosae Herrn, z=. 0. lanceolatum Duj. harengi, pilchardi Van Ben. Hesse. Hier schliesst sich Pleurococtyle scombri Grube an. Ophicottjle Van Ben. Hesse. Auf die 8 Sauggruben folgen noch 4 kleinere Sauggruben am äussersten Ende. 0. fintae Van Ben. Hesse. Glossocotyle Van Ben. Hesse. Vordere sehr schmale Partie des Körpers ab- geschnürt. Gl. alosae Van Ben. Hesse. Fhyllocotyle Van Ben. Hesse. Mit 3 Paar terminalen Sauggruhen und einem Schwanzanhang, der mit einer hakenbewaffneten Saugscheibe endet. Ph. gurnardi Van Ben. Hesse. Anihocotyle Van Ben. Hesse. Mit 4 Paar terminalen Sauggruben, von denen das vordere blasenförmig erweitert ist, die andern gestilt sind. A. merluccii Van Ben. Hesse. Pterocotyle Van Ben. Hesse. Mit 4 Paar terminalen Sauggruben , deren lange Stile an der Basis verschmolzen sind. Körper gegen die Mitte erweitert. Pt. morrhuae Van Ben. Hesse. Pt. palmata F. S. Lkt., auf Gadus molva. Platycotyle Van Ben. Hesse. Mit nur vier gestilten terminalen Sauggruben, PI. gurnardi Van Ben. Hesse. Choricotyle Van Ben. Hesse. Mit 4 Paar terminalen Säuggruben, deren lange nicht retraktile Stile bis zu ihrem Ursprung vollständig getrennt sind. Ch. chrysophryi Van Ben. Hesse. Dactycotyle Van Ben, Hesse, Die 8 terminalen Sauggruben werden von eben 80 vielen vollkommen freien und retraktilen Stilen getragen, D. luscae Van Ben., auf Morrhua lusca u. a. A. Microcotyle Van Ben. Hesse. Die hintere Partie durch eine tiefe Einschnürung gesondert und mit einer grossen Zahl kleiner hakenbewaffneter Sauggruben versehn. M. labracis Van Ben, Hesse u. a. A, Sehr nahe steht die Gattung Axine Abildg. mit A. bellones Abiig., A. triglae Van. Ben. Hesse. Gastrocotyle Van Ben. Die vordere Hälfte des Körpers schmal, die hintere verbreitert und in ihrer ganzen Länge mit kleinen Sauggruben bewaffnet. G. trachuri Van Ben Hesse. Aspidogaster v. Baer. Darm einfach, Hinterende mit einer zahlreiche Saugnäpfe tragenden Platte. A. conchicola v, Baer. auf Süsswasserfischen. AncyrocepJialus Crepl. Das vordere Leibesende mit 4 Haken, das Hinterende mit 6 Saugnäpfen in einfacher Reihe. A. paradoxus Crepl., an den Kiemen des Sanders. Diplozoon V. Nordm, Zwei Einzelthiere zu einem Xförmigen Doppelthier verschmolzen, dessen Hinterenden mit zwei grossen in 4 Gruben getheilten Haftscheiben bewaffnet sind. Im Jugendzustand als Diporpa solitär lebend. D. paradoxum v. Nordm., auf den Kiemen zahlreicher SUsswasserfische. Polystomum Zed. Körper platt, ohne Saugnäpfe am vordem Ende, mit 6 Saug- näpten und zwei grossen medianen bauchständigen Haken am Hinterende. P. integer- rimum Rud , in der Harnblase von Rana temporaria. Hier schliessen sich die Gattungen Plagiopeltis Dies. {PI thynni), Solenocotyle Dies. (& loUginis), Diclibothrium F. S. Lkt. (D. sturionis), Erpocotyle Van Ben. Hesse an, Onchocotyle Dies, Hinterende gespalten mit 2 Excretionsporen, in einiger Ent- fernung von denselben finden sich 6 Saugnäpfe, Vorderende ohne Saugnäpfe. 0, appen- diculata Kuhn, an den Kiemen von Haifischen. 0. boreale Van Ben., auf Scymnus glacialis. 3 Fani. Gyrodactylidae. Sehr kleine Saugwürmer mit grosser terminaler Schwanz- scheibe, welche einen sehr kräftigen Hakenapparat einschliesst. Der Körper des herma- phroditischen Wurmes birgt Tochter- und in diesen eingeschachtelt Enkel- und Urenkel- 3. Ordnung. Turbellaria, Strudelwürmer. 2'/ 9 generationen. v. Siebold glaubte beobachtet zu haben, dass sich aus einer Keimzelle von Gyrodactylus elegans ein junger Gyrodactylus entwickelt und dass dieser während seiner Entwicklung trächtig wird; da er Samen bereitende Organe vermisste, betrachtete er den Gyrodactylus als Amme. G. Wagener aber wies nach, dass die Fort- pflanzung eine geschlechtliche ist. Die Keime zu den eingeschachtelten Generationen scheinen aus Resten des befruchteten, das Tochterlhier bildenden Eies hervorzugehn. Gyrodactylus v. Nordm. Mit zwei Kopfzipfein und 8 aus dem Munde pro- traktilen Schlundkopfspitzen, in der Mitte der Schwanzscheibe zwei grosse Haken, an dem Rande derselben zahlreiche Häkchen. G. elegans v. Nordm., an den Kiemen der Cyprinoiden und Süsswasserfische. Dactylogyrus Dies. Mit vier Kopfzipfeln. Die Schwanzscheibe mit zwei grossen Haken und zahlreichen Randhäkchen, häufig mit einer kleinen centralen Scheibe. Eierlegend. D. amphibothrium G. Wag., an den Kiemen des Kaulbarsches. D. fallax G, Wag., auf Cyprinus rutilus. D. auriculatus Dies., an den Kiemen von Phoxinus u. v. a. A. Z). aequans G. Wag., an den Kiemen von Labrax, wurde von Diesing zu einer besondern, durch eine abweichende Gestaltung des Haltapparates charakterisirten Gattung, Diplectanum , erhoben, zu der Van Beneden noch eine zweite Art als D. sciaenae beschrieb. Calceostoma Van Ben. Vorderende lappenförmig ausgebreitet, Schwanzscheibe wie bei Udonella scharf abgesetzt, am Rande mit scheerenähnlichen Haken. C. elegans Van Ben , an den Kiemen von Sciaena aquila. Tetraonchus Dies. Mit vier centralen Haken der Sehwanzscheibe. T. monen- teron G. Wag., an den Kiemen des Hechtes. 3. Ordnung: Turbellaria'), Strudelwürmer. Freilebende Plattwürmer von oval gestreckter oder breiter blatt- förmiger oder bandartig verlängerter Leibesform, mit weicher flim- mernder Haut, ohne HaJcen und Saugnäpfe, mit Mund und Darmcanal. Die Strudelwürmer schliessen sich in ihrer äussern Körperform theilweise den Trematoden (Dendrocoelen), theilweise den Bandwürmern 1) Auasev den Werken und Schriften von 0. Fr. Müller, Dugfes, Blainville, Diesing, Grube, R. Leuckart, Leydig, M. Schultze, Stimpson, J. Müller, Girard, A. Boeck, Humbert u. a. vgl. A. S. Oerstedt, Entwurf einer systematischen Eintheilung und speciellen Be- schreibung der Plattwürmer. Kopenhagen. 1844. De Quatrefages, Memoire sur quelques Planari^es marines. Annales des sciences naturelles. 1845. 0. Schmidt, Die rhabdocölen Strudelwürmer des süssen Wassers. Jena. 1848. Ferner, neue Beiträge zur Naturgeschichte der Würmer. Jena. 1848. Van Beneden, Recherches sur la Faune littorale de Belgique. Turbellari^s. M6m. Acad. Bruxelles. 1860. L. K. Schmarda, Neue wirbellose Thiere beobachtet und gesammelt auf einer Reise um die Erde. Bd. I. Turbellarien, Rotatorien, Anneliden. Leipzig. 1859. R. Leuckart und A. Pagenstecher, Untersuchungen über niedere Seethiere. Müllers Archiv. 1859. 280 Haut. Pigmente. Musculatur. (Nemertinen) an, besitzen im letzteren Falle freilich nur selten einen gegliederten Leib, zeigen aber in ihrem Innern Baue theilweise eine grosse üebereinstimmung mit den Trematoden, über die sie sich freilich noch bedeutend erheben können. Mit ihrem freien Aufenthalte im süssen oder salzigen Wasser unter Steinen, im Schlamm und selbst in feuchter Erde steht sowohl der Ausfall der Saugnäpfe und Haftorgane, wie die gleichmässige Bewimperung der Oberfläche im Zusammenhang. Die Haut besteht aus einer einfachen Zellenlage oder aus einer feinkörnigen von Kernen durchsetzten Schicht, welche eine geschichtete Basalmembran zur Unterlage hat und an der ganzen Oberfläche, vielleicht überall, auf einer besondern homogenen, einer Cuticula vergleichbaren Grenzschicht Wimpern trägt. Als eigenthümliche Einlagerungen in der Haut treten nicht selten stab- und spindelförmige Körperchen auf, welche ebenso wie die Nesselkapseln der Cölenteraten in Zellen entstehen und wenig- stens theilweise auch die gleiche Function haben mögen, wenngleich die- selben auch wegen ihrer Anordnung in der Umgebung der Ganglien als Tastorgane aufgefasst wurden. In der Oberhaut finden sich oft ver- schiedene Pigmente eingelagert, unter denen besonders die grünen, mit Chlorophyll identischen Farbstoffbläschen z. B. bei Vortex viridis be- merkenswerth sind, auch kommen in derselben birnförmige Schleimdrüsen vor. Unter einer die Oberhaut stützenden Basalmembran breitet sich die Unterbaut aus, welche zwischen einer aus rundlichen oft geschwänzten und ramificirten Zellen gebildeten Bindesubstanz den mächtig entwickelten Hautmuskelschlauch birgt. Derselbe besteht aus einer äussern longitu- dinalen und einer Innern circulären Faserlage, daneben aber auch aus zahlreichen dorsoventraleu Faserzügen und vermag durch kräftige, wellen- E, Claparfede, Etudcs^ anatomiques sur las Annölides, Turbellariös, Opalines et Gr^garines observ^s dans les Hybrides. Mömoires de la Sog. de Phys. et d'hist. nat. de Genfeve XVI. 1861. 0. Schmidt, die dendrocölen Strudelwürmer aus den Umgebungen von Gratz. Zeitschrift für wiss. Zool. tom. X. 1860. Derselbe, Untersuchungen über Turbellarien von Corfu und Cephalonia. Ferner über Planaria torva. Ebendas. tom. XI, 1862. "W. Keferstein, Untersuchungen über niedere Seethiere (Nemertinen). Leipiig. 1862. E. Claparfede, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere. Leipzig. 1863. Knappert, Bijdragen tot de ontwikkelings-geschiedenis derZoetwater-PIanarien in Katuurk. Verband uitgegeven door het Provinciaal Genootschap van Künsten en Wetenschapen. Utrecht. 1865. — Embryog6nie des Planaires d'Eau douce communiqu6 par J. van der Hoeven. Archives Neerlandaises etc. Metschnikoff, Ueber Geodesmus Ulineatus. Bull. Acad. Imp. St. Petersburg. 1865. — Zur Naturgeschichte der Rhabdocoelen. Arch. für Naturg. 1865. W. Keferstein, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte einiger Seeplanarien von St. Malo. Abband), der Königl, Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1868. Nervensystem. Sinnesorgane. 281 förmig fortschreitende Bewegungen, durch energische Contraktionen in der Längs- und Querrichtung einen wesentlichen Einfluss auf die Lokomotion des Körpers zu äussern. P^ine Leibesliöhle zwischen Körper- wand und Darmcanal ist nicht immer deuthch nachzuweisen, in vielen Fällen jedoch mit Bestimmtheit erkannt. Das Nervensystem besteht wie bei den Trematoden aus zwei im voruern Körpertbeile gelegenen, durch eine längere oder kürzere Querbrücke verbundenen Ganglien, welche nach mehrfachen Eichtungen Nervenfäden aussenden, unter denen zwei nach hinten verlaufende Seitenstämme durch bedeutendere Stärke her- vortreten. Bei den dendrocölen Strudelwürmern liegt die starke Quer- commissur an der Bauchseite, und es bleibt eine dorsale Furche zwischen beiden Gehirnlappen, durch welche eine Magentasche ihren Verlauf nimmt (Leptopkma). Indessen wurde bei einzelnen Planariengattungen auch eine ringförmige Doppelcommissur am Gehirn nachgewiesen {Folycelis, Sphyiocephalits), und an den Seitenstämmen {SphyrocepJialus, Folycladus) ganglienähnliche Anschwellungen mit ausstrahlenden Nerven beobachtet. Bei den Nemertinen sind die Gehirnganglien am umfang- reichsten entwickelt und in einzelne grössere lappenförmige Abschnitte getheilt, dabei stets durch eine doppelte den sog. Rüssel umfassende Quercommissur verbunden. Die Seiten- oder Längsnervenstämme sind besonders mächtig, rücken zuweilen {Oerstedtia) an der Bauchseite näher zusammen und zeigen auch in einzelnen Fällen ganghenähnliche An- schwellungen. Von Sinnesorganen treffen wir bei den Strudelwürmern ziemlich verbreitet dunkle ÄugenflecJcen, welche in paariger Anordnung entweder den Gehirnganglien aufliegen, oder von denselben kurze Nerven erhalten. Häufiger treten grössere aber gewöhnlich auf die Zweizahl reducirte Augenflecken auf, in denen lichtbrechende Körper, sog. Krystall- kegel, in die Pigmentmasse eingelagert sind. Sog. Otolithenblasen scheinen seltener aufzutreten, z. B. unter den Nemertinen bei Oerstedtia pallida, wo sie in doppelter Zahl auf der Rückenseite jedes untern Gehirnganglions hegen, unter den JRhahdocoelen bei Monocelis in ein- facher Zahl, ebenfalls dem Ganglion aufliegend. Sicherlich ist die Haut als Sitz eines sehr entwickelten Tastvermögens anzusehn, und es mögen für diese Function auch die zwischen den Cilien hervorstehenden grössern Haare und steifen Borsten in Betracht kommen. Eigenthümliche Sinnes- organe scheinen zwei am Vorderende der Nemertinen vorkommende Wimpergruben und Seitenorgane zu sein, an denen ansehnliche Nerven eine ganglienähnhche Anschwellung bilden. Mundöff'nung und Darmcanal werden niemals vermisst, doch rückt die erstere häufig vom vordem Körperende auf die Bauchfläche nach der Mitte zu, ja über diese hinaus in die hintere Körperpartie. Der Darm kann jedoch wie es nach Metschnikoff's Angaben scheint in manchen Fällen der selbstständigen "Wandung entbehren und durch einen von Chymus ifk^r yrr (JUm^. Frosorhochtnus Kef. Kopf nicht abgesetzt, am Vorderende herzförmig ausge- schnitten und an der Rückenseite dreilappig. Der Rüssel tritt unterhalb des herzförmig gctheilten Vorderendes hervor. Mund in einiger Entfernung vom Vorderende. Augen vorbanden. Pr. Claparhdü Kef., lebendig gebärend, St. Vaast. Lobüabrum Blainv. Kopf nicht abgesetzt, vorn vierlappig, indem der vordere Rand in eine obere sehr viel tiefer gespaltene und in eine untere herzförmig aus- geschnittene Lippe getheilt ist, zwischen denen der Rüssel durchtritt. L. ostrearium Blainv., auf Austern, Canal. Hier schliessen sich die Gattungen Bichüus Stimps., Colpocephälus Dies., Emmeia Leidy, Hemicyclia Ehbg. an. 2. Farn. Ehochtnocephalidae. Dor Rüssel entbehrt der Bewaffnung. Die langen Kopfspalten nehmen die ganze Seite oder doch den vordem Theil des Kopfes ein. Am Gehirn deckt das obere Ganglion das untere völlig. (Nach A. Boeck ist jedoch das sog. untere Ganglion ein Gehörorgan, welches eine Anzahl fester Concretionen ein- scbliesst. das eigentliche untere Gehirnganglion ist dagegen nur wenig entwickelt und nur durch einen höckerförmigen Vorsprung bezeichnet). Die Seitennerven entspringen aus den Seiten der untern Ganglien von deren hintern zugespitzten Enden. a) Gattungen ohne Lappenbildung am Kopf. Lineus Sowb. Kopf deutlich vom Körper abgesetzt, etwas verbreitert. Augen fehlen meistens. Kopfspalten bis zur Höhe des Munde^. Körper hinten allmählig zu- gespitzt, sehr lang, gewöhnlich verkniiuelt. L. longissimus^Sealong-worm Aes^orVase •=. Borlasia angliae Oken =: Nemertes Borlasn Cuv.), wird 4—5 Fuss lang. Engl. Küste. Cerebratulus Ben. {Meckelia). Kopf nicht abgesetzt, verschmälert, mit abge- stutztem Ende, ohne Augen. Kopfspalten bis zur Höhe des Mundes. Körper platt, massig lang, nach hinten nicht verschmälert. C. marginatus Ren. = Meckelia so- matotomus F. S. Lkt. C. urticans (Cnidon Job. Müll.). Nemertes Cuv. (Kef.) Kopf nicht abgesetzt. Kopfspalten lang bis zur Höhe des Mundes. Augen meist vorhanden. Körper massig lang, platt. (Scheint generiseh nicht wesentlich von Cerebratulus verschieden). N. octoculata Kef., Canal. N. dre- panensis Uaachk. {Notospermus drepanensis). N. olivacea Johnst. , Nordsee. Verwandt sind die als besondere Gattungen beschriebenen Poseidon, Leodes, Renieria, Stimpsonia Gir. b) Gattungen mit Lappenbildungen am Kopf. Ophiocephalus Delle Ch. Kopf abgesetzt, wenig verschmälert, durch eine Sagittalfurche zweilappig, mit 4 kreuzweise gestellten Kopfspalten. Augen fehlen. 0. muraenoides Delle Ch., Neapel. Schmarda stellt für Polia coronata Qualref. = Nemertes coronatus Diesing die Gattung Loxorrhochma auf und charakterisirt dieselbe durch den Besitz von vier kurzen Querspalten des Kopfes. ' 3. Fam. Gymnocephalidae. Rüssel unbewaffnet , Gehirnbildung wie bei den Rhochmocephaliden. Kopfspalten fehlen. Cephaloihrix Oerst. Kopf nicht abgesetzt, sehr lang und zugespitzt. Körper drebrund, sehr lang, fadenförmig und sehr contraktil. Mund in einiger Entfernung vom Vorderende. C. bioeulata Oerst , Sund. C. ocellata, longissima Kef., Canal. II. Classe. Neniathclmiiithes, Rundwürmer. 2'Jo IL Classe. IVeinatlielinintliei^ ^ Riiiidiviiriner« Würmer von drehrundem , schlauch- oder fadenförmigem Körper, ohne Gliederung, aber häufig mit Bingelung, mit Fapillen oder mit Hakenbewaßnung am vordem Pole, getrennten Geschlechts. Die Gestalt des ungegliederten Leibes ist drehrund, mehr oder minder langgestreckt, schlauchförmig bis fadenförmig und in der Regel an beiden Körperenden zugespitzt. Stets fehlen Extremitätenstumniel und mit seltenen Ausnahmen bewegliche Borsten, dagegen kommen nicht selten besondere Waflen und Haftorgane als Papillen, Zähne und Haken an dem vordem Körperende vor, wie auch in einzelnen Fällen am Bauche kleine Sauggruben zur Befestigung während der Begattung auftreten können. Rücken und Bauchfläche sind nur in einer Ordnung (Nematodes) schärfer bezeichnet. In der Regel besitzt die Haut eine verhältnissmässig bedeutende Stärke der Cuticularschichten und einen vollkommen entwickelten Muskel- schlauch, welcher nicht nur Einschnürungen, Biegungen und Krümmungen, sondern bei dünnern fadenförmigen Nematoden auch Schlängelungen des Leibes gestattet. Die vom Hautmuskelschlauch umschlossene Leibes- höhle enthält die Blutflüssigkeit sowie die Verdauungs- und Geschlechts- organe. Ein JBlutgefösssystem und gesonderte Respirationsorgane fehlen durchaus. Dagegen scheint Qin Nervensystem überall vorhanden zu sein; von Sinnesorganen kommen bei freilebenden Formen nicht selten ein- fache Augenflecken oder mit lichtbrechenden Körpern ausgestattete Augen vor. Zum Tasten dient vielleicht überall vornehmlich das vordere Körper- ende, zumal wenn sich Papillen und lippenartige Erhebungen an dem- selben finden. Sehr verschieden gestalten sich die Verdauungsorgane. Bei den Acanthocei^halen fehlen Mund und Darm vollständig, und die Ernährung erfolgt wie bei den Cestoden durch die äussere Haut, die Nematoden dagegen besitzen stets eine am vordem Körperpole gelegene Mundöff'nung, einen Oesophagus und langgestreckten Darmcanal, welcher meist in der Nähe des hintern Körperendes auf der Bauchseite durch den After ausmündet. Nur ausnahmsweise fehlt diese Oeffnung. Die Excretions- organe treten in verschiedenen und zwar von dem Wassergefässsysteme er- heblich abweichenden Formen auf, bei den Nematoden als unpaare und paarige meist geöff'nete Schläuche, welche vornehmlich in die sogenannten Seitenfelder oder Seitenlinien fallen, bei den Äcanthoce2Jhalen als ein System sich verzweigender Hautcanäle, welche vielleicht richtiger zum Theil als Ernährungsapparate in Anspruch genommen werden. Mit seltenen Aus- nahmen sind die Nemathelminthen getrennten Geschlechts und entwickeln sich direct oder mittelst einer Metamorphose, deren Zustände nicht selten auf zwei verschiedene Träger vertheilt sind und auf dem Wege activer oder passiver Wanderung in einander tibergehn. 294 1. Ordnung. Acantliocephali, Echinorhynchen. Der grössten Mehrzahl nach sind die Rundwürmer Parasiten, entweder zeitlebens oder in verschiedenen Altersstadien, indessen kommen auch freilebende Formen vor, welche oft zu parasitischen Rund- würmern die nächste Verwandtschaft zeigen. Wir unterscheiden die beiden Ordnungen der Acanthocephali und Nematodes, von denen die erstere freilich von mehreren Zoologen wegen der ähnlichen Muskulatur mit den Gephyreen zusammengestellt wird. 1. Ordnung: Acanthocephali • ), Kratzer. Acanthocephalen. Schlauchförmige Rundwürmer mit vorstülpbarem HaJcen tragenden Rüssel, ohne Mund und Darm. Die Acanthocephalen oder, wie sie nach der Hauptgattung bezeichnet werden, die Echinorhynchen, besitzen einen schlauchförmigen oft quer gerunzelten Körper, dessen Vordertheil einen mit Widerhaken besetzten Rüssel darstellt. Dieser als Haftorgan dienende Rüssel, der nicht selten die Darmwandung des Trägers durchbohrt, kann in eine Rüsselscheide, einen in die Leibeshöhle hineinragenden Schlauch, umgestülpt werden, dessen hinteres Ende durch ein Band und durch Retractoren an der Leibes- wand befestigt wird. Im Grunde der Rüsselscheide liegt das Nervensystem als einfaches aus grossen Zellen gebildetes Ganglion, welches Nerven nach vorn in den Rüssel und durch die seitlichen sog. Retinacula nach den Wan- dungen des Körpers entsendet. Die sich von hier aus vertheilenden lateral verlaufenden Nervenfasern versorgen theils die Muskulatur des Körpers, theils den Geschlechtsapparat, für welchen sie vornehmlich im männlichen Thiere in Anschwellungen besondere Centra erhalten. Hier finden sich nach Schneider zwei seithche Ganglienknoten, welche durch eine ventral verlaufende Quercommissur verbunden, Nerven an den Ductus ejaculatorius und an die Bursa (theilweise an die Papillen derselben) entsenden. Sinnesorgane fehlen durchweg, ebenso Mund, Darm und After. Die ernährenden Säfte werden durch die gesammte äussere Haut aufgenommen, welche in ihrer weichen körnerreichen Subcuticular- 1) Duj ardin, Histoire natureUe (Jes Helminthes. 1845. Diesing, Systema helminthum. 2 Bde. 1850—1851. V, Siebold, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Berlin. 1848. G. Wagener, Helminthologische Bemerkungen etc. Zeitschrift für wiss. Zoologie. IX. Bd 1858. R. Leuckart, Helminthologische Experimentaluntersuchungen. III. Ueber i^cÄino- rhynchus. Nachrichten von der Götting. Universität etc. 1862. Nr. 22. Greelf, Untersuchungen über Echinorbynchus miliarius. Arch. für Natnrg. 1864. — üeber die Uterusglocke und das Ovariam der Echinorhynchen, Ebendas. A Schneider, Ueber den Bau der Acanthocephalen. Müller's Archiv. 1868. Vergi. femer die Aufsätze von Siebold und Pagenstecher. Uaut. Canalsysteui derselben. Leinnisci. Geschlechtsorgaue. 295 Schicht ein complicirtes System von Körnchen führenden Cauälen ein- schliesst. Erst auf die untere oft sehr umfangreiche und gelb gefärbte Hautschicht folgt der kräftig entwickelte, aus äussern Querfasern und innern Längsfasern zusammengesetzte Muskelschlauch, welcher die Leibes- höhle begrenzt. Wahrscheinlich fungirt das vielfach ramificirte System von Canälen, an dem sich zwei longitudinäle Hauptstämme erkennen lassen, als ein eigen thümlicher mit Säften gefüllter Ernährungsapparat, und der Theil desselben, welcher sich auf zwei hinter dem Rüssel durch den Muskelschlauch in die Leibeshöhle hineinragende Körper, Lemnisci, erstreckt, vielleicht als Excretionsorgan, da der Inhalt der vielfach ana- stomosirenden Canäle dieser Lemnisci in der Regel bräunlich gefärbt ist und aus einer körnchenreichen zelligen Masse besteht. Nach Schneider sollen die Gefässe der Lemnisci in einen Ringcanal der Haut münden, aber nur mit den vorausgelegenen netzförmig verbundenen Canälen des Kopftheils comnmniciren, während der ganz differente Inhalt der eigentlichen Hautgefässe (Ernährungsapparat) des Körpers von jenen völlig abgeschlossen in besonderen Strömungen sich bewegt. Die saft- führende Leibeshöhle umschliesst die mächtig entwickelten Geschlechts- organe, welche durch ein Band (ligamentum Suspensorium) am Ende der Rüsselscheide befestigt sind. Die Geschlechter sind überall getrennt. Die Männchen besitzen zwei verhältnissmässig grosse Hoden, ebensoviel ausführende Gänge, ein gemeinsames oft mit 6 oder 8 Drüsenschläuchen versehenes Vas deferens und einen kegelförmigen Penis im Grunde einer glockenförmigen am hintern Leibespole liervorstülpbaren Bursa. Die Geschlechtsorgane der grössern Weibchen bestehen aus dem im Ligamente entstandenen Ovarium, einer mit freier Mündung in der Leibeshöhle beginnenden Uterusglocke und einem Eileiter, welcher mit mehrfachen Drüsenanhängen ausgestattet, am hintern Pole nach aussen mündet. Sehr merkwürdig sind die Vorgänge der P^ibildung und die Fortleitung der Eier in dem ausführenden Apparate. Nur in der Jugend bleibt das Ovarium ein einfacher Körper und von der Haut des erwähnten Liga- mentes umschlossen. Mit der fortschreitenden Grössenzunahme theilt sich das Ovarium unter fortgesetzter Wucherung in zahlreiche Ballen von Eiern, unter deren Druck die Haut des Ligamentes einreisst; die Eierballen sowie die reifen aus ihnen sich lösenden länglichen Eier fallen in die Leibeshöhle, welche sich allmählig ganz und gar mit Eiern und Eiballen füllt. Erst aus der Leibeshöhle gelangen die bereits mit Em- bryonen versehenen Eier in die sich beständig erweiternde und ver- engernde Uterusglocke, von da in die Eileiter und durch die Geschlechts- öffnung nach aussen. Ueber die Entwicklung der Echinorhynchen haben die Untersuchungen R. Leuckart's und Greeff's Aufschluss gegeben. Die noch von den mehrfachen Eihäuten umschlossenen Embryoneu sind kleine am vordem Pole mit provisorischen Haken bewaffnete , längliche 296 2. Ordnung. Nematodes, Spulwürmer. Körper, welche einen centralen Körnerhauten enthalten. In diesem Zu- stand gelangen sie mit den Eihüllen in den Darm von Amphipoden {Ech. Proteus, polymorphus) und Wasserasseln (jEch. angiistatus), werden hier im Darm frei, durchbohren die Darmwandungen und bilden sich nach Verlust der Embryonalhäkchen zu kleinen rundlich gestreckten Echinorhynchen aus, welche Puppen vergleichbar mit eingezogenem Rüssel, von ihrer äussern festen Haut wie von einer Cyste umschlossen, in dem Leibesraume der kleinen Kruster liegen. Nur die Haut, Gefässe und Lemniscen gehen aus dem äussern Embryonalleib hervor, während sich alle übrigen vom Hautmuskelschlauche eingeschlossenen Organe, Nerven- system, Rüsselscheide, Geschlechtsorgane, aus dem centralen Körner- haufen entwickeln. Erst nach ihrer Einführung in den Darm von Fischen (Eck. Proteus) auch von Wasservögeln (^Ech. polymorphus), welche sich von diesen Krustern ernähren, erlangen sie die Geschlechtsreife, begatten sich und wachsen zur vollen Grösse aus. Die Hauptgattung Echinorhynchus lebt in zahlreichen Arten vorzugsweise im Darincanale verschiedener Wirbelthiere, deren Darmwandungen von Echinorhynchen wie besät sein können. EcJi. polymorphus , im Darm der Ente u. a. Vögel , durch- läuft seinen Jugendzustand als Ech. miliarius im Innern von Gammarus pulex. Ech. Proteus, im Darm zahlreicher Süsswasserfische , als Jugendiorm in demselben Amphipoden. Ech. angustatus, erfüllt als Jugendform fast die ganze Leibeshöhle von Asellus aquaticus (Greeff). Ech. gigas, von der Grösse eines Spulwurmes im Dünn- darm des Schweins. Auch im Dünndarm eines an Leukaemie verstorbenen Kindes wurde von Lambl ein kleiner noch nicht geschlechtsreifer Echinorhynchus aufgefunden. 2. Ordnung: Nematodes ' )j Nematoden. Fadenwürmer. Bundwürmer von langgestrecJctem, spul- oder fadenförmigem Körper, mit Mund und Barmcanal, meist parasitisch lebend. Die Nematoden besitzen einen drehrunden meist sehr gestreckten fadenförmigen Leib, dessen Bewaffnung, wenn überhaupt eine solche 1) Rudolphi, Entozoorum sive vermium intestinalium historia naturalis. 3 Bde. 1808—1810, sowie Bremser, Icones helminthum. Wien. 1823. Cloquet, Anatomie de vers intestinaux. Paris. 1824. Dujardin, Histoire naturelle des helminthes. Paris. 1845. Oiesing, Systema helminthum. 2 Bde. Wien. 1850—1851. Revision der Nematoden. Wiener Sitzungsberichte. 1860. Meissner, Beiträge zur Anatomie und Physiologie von Mermis albicans. Zeit- schrift für wissensch. Zoologie. 1854. Derselbe, Zur Anatomie und Physiologie der Gordiaceen. Ebendas. 1856. A. Schneider, Ueber die Seitenlinien und das Gefässsystem der Nematoden. Müller's Archiv. 1858. Mundbewaffiiiing. Oesophagus. Darm. 297 auftritt, durch Papillen am vordem Körperpole in der Umgebung des Mundes oder durch Spitzen und Haken, auch wohl einen Stachel innerhalb der Mundhöhle gebildet wird. Die am vordem Körperende befindliche Mundöfi'nung führt in eine enge Speiseröhre, welche in der Regel aus einem dreikantigen von einer dicken Lage radiärer (in der Peripherie auch oft longitudinaler) Muskelfasern umgebenen Chitinröhre besteht und häufig zu einem muskulösen Bulbus, Pharynx, anschwillt. Zwischen den Muskelfibrillen sind vornehmlich im hintern und bulbösen Abschnitte einzelne Kerne in einer körnigen Zwischensubstanz eingelagert und nicht selten (z. B. bei Eustrongylus) kanalartige Räume, selbst Drüsen- einlagerungen {Ascaris megalocephala) zu unterscheiden. In einzelnen Gattungen {Rhabditis,^ Oxyuris, Heterahis) bildet die Chitinröhre des Pharynx leistenartige Vorsprünge, sog. Zähne, nach denen hin die Radiär- muskeln in Form kegelförmiger Bündel convergiren. Seiner Funktion nach ist der Oesophagus im Wesentlichen als ein Saugorgan zu betrachten, welches durch geringe von vorn nach hinten fortschreitende Erweiterungen seines Lumens Flüssigkeiten aufnimmt und in den Darm leitet. Auf den Oesophagus folgt ein weiteres mit zelligen Wandungen versehenes Darmrohr mit der nicht weit vom hintern Körperende auf der Bauch- A. Schneider, Ueber die Muskeln und Nerven der Mematoden. Ebend. 1860. — — Neue Beiträge zur Anatomie und Morphologie der Kematoden. Ebend. 1863. Davaine, Traitö des Entozoaires et des maladies vermineux etc. Paris. 1860. Cl aparede. De la formation et de la fecondation des oeufs chez les vers Nematodes. Geneve. 1859. Lubbock, Sphaerularia bombi. Nat. bist. Review. I. 1860. Eberth, Untersuchungen über Nematoden. Leipzig. 1863. R. Leuckart, Helmithologische Experimentaluntersuchungen. Vierte Reibe: Nachrichten von der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1865. Nr. 8. Bastian, Monograph of ^the Anguillulidae. Transact. Lin. Soc. vol. XXV. P. II. 1865. Derselbe, On the anatomy and physiology of theNematoids, parasiticand free. etc. Phil, Transact. roy. soc, Tom. 155. 1866. A. Schneider, Monographie der Nematoden. Berlin. 1866. Grenacher, Zur Anatomie der Gattung Gordius. Zeitsch. für wiss. Zoologie. Tom. XVIII. A. Pagenstecher, Die Trichinen. Leipzig. 1865. R. Leuckart, Untersuchungen über Trichina spiralis. Leipzig und Heidelberg. 1856. 2te Auflage Perez, Recherches anatomiques et physiologiques sur l'anguillula terrestris. Annal. des sc. nat. 1866. Marchi, Monografia sulla storia genetica e sulla anatomia della Spiroptera obtusa. Torino. 1867. Claus, Ueber Leptodera appendiculata. Marburg. 1868. Vergl. zahlreiche Aufsätze von Zeder, Creplin, v. Siebold, R. Leuckart, A. Schneider, Eberth, Walter, Leydig, Vix, Davaine, Cobbold, Greeff. 298 Haut. Holomyarier. Meromyarier. Polymyarier. fläche mündenden Afteröff'nung. Es ist immer nur eine einzige Lage von dunkelkörnigen Zellen, welche sich an der einer äussern Muskel- schicht entbehrenden Stützmembran der Darmwand anlagert, und durch- weg noch eine innere das Lumen begrenzende homogene oder radiär gestreifte (Poren?) Cuticula trägt. Selten sind dieselben nur auf zwei Längsreihen beschränkt, die durch im Zickzack verlaufende Nähte in einander greifen (Rhabditis, Leptodera). Am hintern Darmstück, das in den mehr oder minder deutlichen Enddarm oder Mastdarm übergeht, finden sich jedoch meist besondere Muskelfasern auf der äussern Seite der Wandung angelagert, welche diesem Theil die Fähigkeit selbst- ständiger Contraktionen verleihen. Auch treten häufig noch Muskel- fasern von der Haut nach der Wandung des Mastdarms heran. Bei einigen Nematoden, den Saitenwürmern oder Gordiaceen (Gordius), kann der Darm im ausgebildeten geschlechtsreifen Zustande eine Rückbildung er- leiden, so dass sich erklärt, wie ausgezeichnete Beobachter hier nicht nur das Vorhandensein von Mund und After bestreiten, sondern sogar die perienterische Bindesubstanz (Zellkörper) von Gordius für das Aequi- valent des Darmes ausgeben konnten. Die derbe, oft quergeringelte und aus mehrfachen theilweise ge- faserten Schichten gebildete Cuticula liegt einer weichen feinkörnigen hier und da Kerne enthaltenden Subcuticularschicht (Hi/2wdßrmis) auf, welche als die Matrix der erstem anzusehn ist. Auf diese folgt nach innen der hochentwickelte Hautmuskelschlauch, an welchem bandartige, spindelförmige Längsmuskeln vorwalten. Die Körperoberfläche kann zuweilen Sculpturen, z. B. polyedrische Felder oder Längsrippen zeigen und Fortsätze in Gestalt von Höckerchen, Stacheln und Haaren besitzen. Häutungen, d. h. Abstreifungen der Cuticularscliichten scheinen aus- schliesslich im jugendlichen Alter vorzukommen. Die auf Zellen zurück- führbaren Muskeln setzen sich häufig in blasige oft mit Ausläufern versehene Anhänge fort, welche einen hellen, zuweilen körnig faserigen Inhalt (Marksubstanz) besitzen und in die Leibeshöhle hineinragen. Neuerdings hat nun Schneider drei Typen für den Bau und die Anordnung der Muskeln unterschieden und nach denselben ebensoviel Nematodengruip-pen aufgestellt, die indessen sicher nicht als natürliche Familien betrachtet werden können. Entweder ist die gesammte Muskel- schicht aus einem vielkernigen Blastem gebildet, in welchem eine Schicht radial stehender Platten mit fibrillärer Substanz eingebettet liegt (Holo- myarier) oder dieselbe besteht aus einzelnen Zellen, welche an ihrer Aussenseite und zwar entweder nur an dem der Haut anliegenden Theil oder in einem grossen Theile ihres ümfangs die fibrilläre Substanz ent- halten. Je nachdem nun im letztern Falle die Zahl der nach bestimmtem Gesetze angeordneten Muskelzellen auf dem Querschnitt eine nur geringe (8) oder-e4er eine beträchtliche ist, werden die betrefi'enden Nematoden als Seitenfelder mit dem Gefässapparate. Medianlinien. 299 Meromyarier oder Folyini/arier bezeichnet. In den letztern Fcällen stehen die Muskelzellen selbst durch quere Ausläufer der Marksubstanz, welche sich über den sog. Medianlinien zu je einem Längsstrange vereinigen, in gegenseitigem Zusammenhang. Fast überall, Gordius ausgenommen, bleiben am Nematodenleib zwei seitliche Längsstreifen von Muskeln frei, die sogenannten Seiten- linien oder Seitenfelder, welche zuweilen den anliegenden Muskelfeldern an Breite gleichkommen. Dieselben werden von emer feinkörnigen mit Kernen durchsetzten Substanz gebildet, oder sind wirkliche Zellstränge und umschliessen ein helles, Körnchen enthaltendes Gefäss, welches sich meist mit dem Gefässe der entgegengesetzten Seite in der vordem Körperpartie verbindet und in einer gemeinsamen Querspalte, dem Gefässporus , in der Medianlinie an der Bauchfläche ausmündet. Die "Seitenlinien gelten wegen ihres Baues als dem Wassergefässsysteme analoge Excretionsorgane. Ausser den Seitenlinien wird der Hautmuskel- schlauch durch die sogenannten Medianlinien (EücJcen- und Bauchlinien) unterbrochen, zu denen zuweilen noch sogenannte accessorische Median- linien in der Mitte zwischen Hauptmedianlinie und Seitenfeld hinzu- kommen können. Ueber die Function dieser von den Seitenlinien wohl zu unterscheidenden schmalen Streifen, welche als direkte Aus- läufer der Subcuticularschicht anzusehen sind und wie diese im Jugend- zustand Kernreihen enthalten können, herrscht bislang keineswegs vollkommene Klarheit. Sehr mächtig erscheint der einer Medianlinie entsprechende sog. Bauchstrang von Gordius, dem vielleicht die Be- deutung eines elastischen Stabes zukommt. Hautdrüsen sind vornehm- lich in der Nähe des Oesophagus und im Schwänze als einzellige Drüsen- schläuche beobachtet worden. Ein Nervensystem scheint allen Nematoden zuzukommen, wenngleich dasselbe bei der Schwierigkeit der Untersuchung erst bei wenigen Formen ausreichend nachgewiesen ist. Was Meissner bei Mermis albicans und nigrescens und Wedl und Walter bei einigen Strongyloideen als Nervensystem beschrieben haben, wird neuerdings von Schneider, Leydig etc. theils auf Anhänge des Muskelsystems, theils auf Zellen des Schlundes zurückgeführt, und einzelne Forscher wie z. B. Eberth, Leydig stellen noch neuerdings ein Nervensystem der Nematoden überhaupt ganz und gar in Abrede. Nach Schneid er 's genauen Un- tersuchungen findet sich bei den Nematoden (Ascaris megalocephala, Oxyuris curvula) ein Nervenring in der Umgebung des Oesophagus. Der- selbe liegt dem Schlünde sowohl als den Muskeln und Längslinien dicht an und entsendet nach hintep zwei Nervenstränge, welche in der Kücken- und Bauchlinie (N. dorsalis, ventralis) bis zur Schwanzspitze verlaufen, sodann nach vorn sechs Nervenstämme, von denen zwei in den Seiten- linien {N. laterales), vier in den Zwischenräumen zwischen Seiten- und 300 Nervensystem. Augenflecken. Tastpapilleu. Medianlinien (K submediani) verlaufen und die Papillen im Umkreis des Mundes versorgen sollen. Die Ganglienzellen liegen theils neben, vor und hinter dem Nervenringe, theils an den Fasersträngen selbst und sind zu Gruppen vereinigt, welche als ventrales Kopfganglion, dorsales Ganglion und Seitenganglien bezeichnet werden können. Leuckart, welcher ebenso wie Bastian, Claus u. a. das Vorhandensein der Ganglien und des Nervenringes bestätigt, unterscheidet noch eine Gangliengruppe in der Medianlinie dicht hinter dem After als Schwanzganglion. Von Sinnesorganen kommen bei einigen freilebenden Nematoden Augenflecken mit oder ohne lichtbrechende Körper am vordem Körperende vor. Zum Tasten mögen sowohl die in der Nähe des Mundes auftretenden Papillen als die Schwanzpapillen dienen. Die Nematoden sind getrennten Ge- schlechtes (mit Ausnahme des hermaphroditischen Pelodgtes und wahr- scheinlich der Äscaris niqrovenosa). Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen durch ihre geringere Grösse und durch das in der Regel gekrümmte hintere Körperende. Auch besitzen sie ein hervor- stehendes Begattungsorgan und bisweilen Haftgruben in der Nähe der Geschlechtsöffnung. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane werden durch langgestreckte einfache oder paarige oft vielfach geschlängelte Röhren gebildet, welche in ihren oberen Abschnitten Hoden und Ovarien, in ihren untern Leitungswege und Behälter der Zeugungsstoffe darstellen. Die meist paarigen Ovarialröhren, in deren äusserstem Ende die jüngsten Eikeime und nur ausnahmsweise (Leptodera appendiculata) dotter- bereitende Zellen entstehen, sitzen einer gemeinschaftlichen meist kurzen Vagina auf, welche durch die weibliche Geschlechtsöffnung so ziemlich in der Mitte des Körpers, freilich oft dem vordem oder hintern Pole beträcht- lich genähert, selten am hintern Körperende ausmündet. Der männliche Geschlechtsapparat mit seinen kugligen oder hutförmigen Samenkörpern, deren Bildung mit der Eibildung auffallende Uebereinstim- mungen zeigt (Ehachis etc.), stellt sich fast allgemein als ein unpaarer Schlauch dar und mündet gewöhnlich auf der Bauchseite nahe dem hintern Körperende mit dem Darm gemeinsam aus. In der Regel ent- hält der gemeinsame Kloakenabschnitt in einer taschenförmigen Aus- buchtung der hintern Wandung zwei spitze Chitinstäbe, sog. Spicida, welche durch einen besondern Muskelapparat vorgestülpt und wieder zurückgezogen werden und zur Befestigung des weiblichen Körpers während der Begattung dienen. In andern Fällen (Strongyliden) kommt noch eine glockenförmige Bursa als Begattungsorgan hinzu oder es wird der Endtheil der Kloake in Form eines Begattungsgliedes vor- gei-tülpt (Trichina). Dann liegt die Kloakenöffnung beinahe am äussersten Körperende (Äcrophalli), aber doch noch ventral. Fast überall sind in der Nähe des hintern männlichen Körperendes Papillen vorhanden, deren Zahl und Anordnung sehr wichtige Artcharaktere liefert. Geschlechtsorgane. Fortpflanzung, Entwicklung. 301 Die Nematoden legen theils Eier ab, theils sind sie lebendig gebärend. Im erstem Falle besitzen die Eier meist eine harte feste Schale, können aber in sehr verschiedenen Stadien der Embryonalbildung oder auch vor Beginn derselben vom Mutterthiere abgesetzt werden, im letztern Falle verlieren sie ihre zarte Hülle schon im Fruchtbehülter des mütterlichen Körpers (Trichina, OluUanus). Die Embryonenbildung wird durch eine totale Inirchung des Eidotters eingeleitet. Aus den beiden Zellschichten der Furchungskugeln differenziren sich Körperwand und Darmkanal, dessen Hautabschnitte schon am Embryo hervortreten. Anstatt der ursprünglich plumpen Form gewinnt der Embryo allmählig eine langgestreckt-cylindrische Gestalt und liegt nun meist in mehreren. Windungen in der Eischale eingerollt. Auch der Gefässporus und die Anlage der Geschlechtsorgane sowie selbst der Nervenring sind an dem mit Mund und After versehenen Embryo schon wahrzunehmen. Gleichwohl aber beruht die weitere freie Entwicklung auf einer Art Metamorphose, die oft dadurch complicirter wird, dass sie nicht an dem Wohnorte des Mutterthieres zum Ablauf kommt. Die Jugendzustände vieler, vielleicht der meisten Nematoden, haben einen ganz anderen Aufenthaltsort als die Geschlechtsthiere , indem verschiedene Organe desselben Thieres, in der Regel aber von zwei verschiedenen Thieren die jugendlichen und die geschlechtsreifen Nematoden enthalten. Erstere leben meist in parenchymatösen Organen frei oder in einer Bindegewebs- kapsel encystirt, letzlere dagegen vornehmlich im Darmcanal. Schon den altern Zoologen waren eingekapselte Rundwürmer bekannt, z. B. Filaria piscium des Dorsches und Ascaris incisa in Cysten der Leibeshöhle des Maulwurfs, Würmer, die man früher für sclbstständige Thiere hielt. Erst Dujardin und besonders v. Siebold, welche ency- stirte Nematoden in der Leibeshöhle der Fledermäuse, Wiesel, Raub- vögel, der Mistkäfers nachwiesen, betrachteten dieselben wie die Finnen als unvollständig entwickelte Würmer, hielten sie jedoch für zu- fälhg verirrte abnorme Formzustände, wogegen zuerst Stein durch Beobachtungen an Nematoden des Mehlkäfers Einsprache zu erheben veranlasst wurde. Dass freilich auch die Wanderung und Encystirung jugendHcher Nematoden in Ausnahmsfällen als eine »Verirrung« aufzufassen ist, hat neuerdings Leuckart für die OlullanusQ.y&iQii der Katze zu erweisen versucht. Fast durchweg besitzen die Embryonen eine besondere durch die Form des Mund- und Schwanzendes bezeichnete Gestalt, zuweilen aber auch in einem Bohrzahn oder in einem Kranze von Stacheln provisorische Ausstattungen. Früher oder später streifen sie ihre Haut ab und treten dann in ein zweites Stadium ein, das ebenfalls meist als eine weitere Larvenform aufgefasst werden darf, aus dem nun nach erneueter oder mehrmals vollzogener Häutung die Form des Geschlechts- 302 Entwicklung von Ascaris, Cucullanus, Spiroptera, Trichina, thieres hervorgeht. Indessen kann sich die Metamorphose dieses zweiten Stadiums auch auf ein einfaches WfTchsthum im Organismus des Zwischen- trägers reduciren {Ascariden). üebrigens bieten die Entwicldungsvorgänge der Nematoden zahl- reiche Modifikationen. Im einfachsten Falle geschieht die Uebertragung der von den Eihtillen noch umschlossenen Embryonen passiv durch die Nahrung, wie man dies wohl für Oxyuris vermicularis und Trichoce- phalus als erwiesen betrachten kann. Bei ^scamarten dagegen gelangen nach dem Katzenspulwurme zu schliessen die mit einem Bohrzahn ver- sehenen Embryonen wahrscheinlich zuvor in einen Zwischenträger und werden durch diesen, ohne jedoch in der Entwicklung wesentlich weiter vorzuschreiten, mit dem Trinkwasser und der Nahrung in den Darm importirt. In andern Fällen schreitet die Entwicklung der eingewan- derten Nematodenlarven in dem Zwischenträger bedeutend vor, s. z. B. beim Kappenwurm, Cucullanus elegans, dessen Embryonen in Cyclopiden einwandern, dann in der Leibeshöhle dieser kleinen Krebse eine zweimalige Häutung unter wesentlicher Formveränderung erfahren und schon die charakteristische Mundkapsel des geschlechtsreifen Zustandes gewinnen, zu welchen sie sich erst im Darm des Barsches ausbilden. Häufiger aber gelangen die Jugendformen zur Einkapselung und werden von ihren Cysten umschlossen in den Magen und Darm des definitiven Trägers übergeführt. In solchen Fällen kann die Einwanderung der Embryonen aber auch passiv erfolgen , indem dieselben noch innerhalb der Eischale mit der Nahrung in den Zwischenträger eintreten (die Embryonen von Spiroptera ohtusa der Maus entwickeln sich in der Leibeshöhle der Mehlwürmer zu encystirten Jugendformen). Bei der viviparen Trichina spiralis liegt insofern eine Modifikation dieses Entwicklungsmodus vor, als die Wanderung der Embryonen und die Ausbildung derselben zu den encystirten Muskeltrichinen in demselben Thiere erfolgt, welches die geschlechtsreifen Darmtrichinen enthält. Andere Nematodenembryonen entwickeln sich in feuchter schlam- miger Erde nach Abstreifung der Haut zu kleinen sog. JRhabditiden mit doppelter Anschwellung des Oesophagus und mit dreizähniger Pharyngeal- bewafl'nung, ernähren sich an diesem Aufenthaltsorte selbstständig und wandern schliesslich zu einem parasitischen Leben in den bleibenden Wohnort ein, wo sie noch mehrere Häutungen und Form Veränderungen bis zur Geschlechtsreife erfahren. Diese Entwicklungsweise gilt z. B. für den im Darm des Hundes vorkommenden Bochmius trigonocephalus und höchst wahrscheinlich für den nahe verwandten D. (Änchylostomum) duodenalis und die Sclcrostomen des Menschen. Endlich können die Nachkommen parasitischer Nematoden als freie Rhabditiden in feuchter Erde sogar geschlechtsreif werden und eine ganz besondere Generation von mänuüchen und weiblichen WUrmchen darstellen, deren Nachkommen Dochmius, Leptodera nigroveuösa, Filaria medinensis. 303 wieder einwandern und zu Parasiten werden. So z. B. bei Ascaris nigro- venosa aus den Lungen des braunen Landfrosches und der Kröten. Diese etwa 4 bis | Zoll langen Parasiten sind sämmtlich weiblichen Baues, enthalten aber Sainenkörper, die wahrscheinlich in dem hermaphroditischen Geschlechtsschlauch entweder früher als die Eier — ähnlich wie bei Felodytes — oder vielleicht gleichzeitig mit den letztern gebildet werden, und sind lebendig gebärend. Die Brut durchsetzt den Darm der Batrachier und häuft sich in deren Mastdarm an, gelangt aber schliesslich mit dem Kothe in feuchte Erde oder in schlammiges Wasser und bildet sich in kurzer Zeit zu der kaum 1 Mm. langen Pthabditisgeneration der A. nigrovenosa aus. In den befruchteten Weibchen dieser letztern ent- wickeln sich nur 2 bis 4 Embryonen, die aber schon im Innern des mütterlichen Körpers frei werden, in die Leibeshöhle desselben em- dringen und von den zu einem körnigen Detritus zerfallenden Körper- theilen der Mutter sich ernähren. Dieselben wandern als schlanke schon ziemlich grosse Eundwürmchen durch die Mundhöhle und Stimmritze in die Lunge der Batrachier ein. Aehnlich verhält sich vielleicht die Ent- wicklung von Filaria medinensis, deren Rhabditisgeneration wahr- scheinlich dem von Carter näher untersuchten JJrolahes palustris ent- spricht. Auch die in der rothen Nacktschnecke (Arion empiricorum) lebende Leptodera appendiculata zeigt in ihrer Entwicklung einen ähn- hchen Wechsel heteromorpher Generationen , der freilich insofern nicht nothwendig ist, als zahlreiche Rhabditidengenerationen auf einander folgen können. Auch darin verhält sich Leptodera eigenthümlich , das die parasitische Form in der Schnecke mundlos bleibt und sich als eine durch den Besitz von 2 langen bandförmigen Schwanzanhängen charakte- risirte Larve darstellt, welche erst nach der Auswanderung in feuchte Erde nach Abstreifung der Haut und Verlust der Schwanzbänder sehr rasch zur Geschlechtsreife gelangt. Die Nematoden ernähren sich grossentheils von organischen Säften, die sie durch die Saugbewegungen der Speiseröhre einziehn, viele, z. B. die Blautsauger , nehmen aber auch körperliche Elemente mit in ihren Darm auf oder vermögen mit ihrer Mundbewafll'nung Wunden zu schlagen und Gewebe zu zernagen. Sie bewegen sich unter lebhaft schlängelnden Krümmungen nach der Bauch- und Rückenseite, die somit als die natür- lichen Seitenflächen des Körpers erscheinen. Ihrer grössten Mehrzahl nach sind die Nematoden Parasiten, die freilich zuweilen in bestimmten Lebensstadien, sowohl in der Jugend (Bhabditis von Dochmius) als im geschlechtsreifen Zustand {Leptodera append'icidata, Gordius, Mermis) oder in bestimmten Generationen frei leben. Zahlreiche kleine Nematoden treten jedoch überhaupt in keinem Lebensalter als Parasiten auf, sondern bevölkern als freilebende Nematoden das süsse und salzige Wasser und den Erdboden. Dieselben 304 Desmoscoleciden. Trichoderma. zeigen manche Eigenthümlichkeiten einer im Ganzen vorgeschrittenen Organisation, vornehmlich aber höher entwickelte Nerven und Sinnes- organe. Einige Nematoden schmarotzen übrigens auch in Pflanzen, z. B. Änguillula tritici, dipsaci u. a., andere frei in faulenden vegeta- bilischen Substanzen, z. B. das Essigälchen in gährendem Essig und Kleister. Merkwürdig ist die Fähigkeit mancher kleinen Nematoden, der Austrocknung lange zu widerstehen und nach der Befeuchtung wieder aufzuleben. Die Nematoden bieten noch ein besonderes Interesse durch das Vorkommen zahlreicher nach andern Thierpruppen hinführender Typen, insbesondere von Ver- bindungsgliedern mit den Arthropoden [Ecliinoderes) und den Anneliden (Desmocolex). Die letztem, die Desmoscolesciden '), besitzen eine kopfförmige Anschwellung am Vorderende und hinter derselben ringförmige Wülste, durch welche der Leib eine Art Segmentiriing erhält. Diese segmentartigen Wülste (bei D. minutus 17 an Zahl) tragen hier mit Ausnahme des 11. und lö. je ein Borstenpaar, der Kopf aber 2 Paare von Borsten. Die auf dem Rücken (Bauchfläche, Greeff) beGndlichen Borsten sind nach Gree IT -wirkliche Bewegungsorgane, gewissermassen Fussstummel, deren Endabschnitt von der Form einer Lanzenspitze, in das Basalstück oder den Schaft etwas vorgestreckt un«l eingezogen werden kann. Die Bauch- und Kopfborsten enden mit einem feinen in ähnlicher Weise beweglichen Spitzentheil. Bezüglich der innern Organisation führt die an der Spitze des Kopfes gelegene Mundöffnung in einen cylindrischen muskulösen hinten erweiterten Oesophagus und dieser in den gradgestreckten Darm, der am 16ten Ringe nach aussen mündet. Als Augen scheinen zwei röthliche Pigmentflecken zwischen dem 4. und 5. Ringe betrachtet werden zu dürfen. Desmoscolex ist ge- trennten Geschlechts. Der einfache Ovarialschlauch mündet ventral zwischen dem 11 und 12 Segmente. Die abgelegten Eier (1—4) werden noch eine Zeit lang an der Ge- schlechtsöffnung getragen. Der ebenfalls unpaare Hodenschlauch mündet gemeinsam mit dem After. Als Begaltungsorgane finden sich zwei hornige Spicula, Männchen und Weibchen sind übrigens auch durch Eigenthümlichkeiten der Borsten unterschieden, indem die zwei Bauchborsten des 11. Segmentes am weiblichen Körper eine sehr bedeutende Länge besitzen. Die Thiere bewegen sich durch Krümmungen nach der Ruckenfläche ahnlich den Spannerraupen und kriechen mittelst der Bückenborsten auf dem Kücken. (Greelf hat desshalb den Rücken geradezu als Bauchseite bezeichnet). Die bekannteste Art ist Desmoscolex minutus Clap. Wesentliche und zu den Aema- toden theilweise noch näher hinführende Abweichungen zeigen die von Greeff be- schriebenen Arten: B. nematoides, adelphus und chaetogaster. An die Desmoscoleciden schliesst sich eine andere aufliallende geringelte Nematodenähnliche Form an, welche der Kopf- und Bauchborsten entbehrt, dagegen eine dichte Bekleidung von langen Borstenhaaren über den ganzen Körper trägt. Das an Chaetonolus erinnernde etwa 0,3 Mm. lange Thierchen, Trichoderma oxycaudatum Greeff, bewegt sich in eigenlhümlicben bogenförmigen Krümmungen des Leibes und stimmt in der innern Organisation mit den Nematoden überein. Das Männchen besitzt 2 Spicula. 1) Vergl. besonders R. Greeff, Untersuchungen über einige merkwürdige Thier- gruppen des Arthropoden- und Wurmtypus, Berlin. 1869. Ascai'idae. Ascaris. Oxyuris. 805 1, Fam, Ascaridae. Körper ziemlich gedrungen mit drei papillentragenden Mundlippen, von denen die eine der Rückenflüche zugehört und die beiden andern in der Ventrallinie zusammenstossen. Mundhöhle deutlich , selten mit Chitingebilden be- waffnet. Der hintere Abschnitt der Speiseröhre ist oft als Bulbus abgesetzt. Hinter- leibsende des Männchens ventrfil gekrümmt, meist mit 2 hornigen Spicula. Ascaris L. Polymyarier mit drei starken Mundlippen, deren Rand bei den grössern Arten gezähnelt ist. Pharynx nicht als Bulbus abgesetzt. Schwanzende meist kurz und kegellörmig, im mannlichen Geschlecht stets mit 2 Spicula, Die weibliche GeschlechtsöfTnung liegt meist so ziemlich am Ende des ersten Körperdrittlheils. Arten mit Zahnleisten. A. lumbricoides Cloquet , der menschliche Spulwurm , im Dünndarm des Menschen, aber auch des Schweines {A. suilla Duj.). Die Eier dieses grossen Nematoden gelangen in das Wasser oder in feuchte Erde und verweilen hier eine Reihe von Monaten bis zum Ablauf der Embryonalentwicklung. Bisher gelang es nicht die mit einem Bohrzahn bewaffneten Embryonen zum Ausschlüpfen zu bringen; es ist wahrscheinlich , dass sie in diesem Zustande in einen Zwischenträger gelangen, wo sie dann aus der Eischale befreit eine nur geringe Grössenzunahme erfahren, um in den Darm des bleibenden Trägers übergeführt zu werden. Die kleinsten im Darme des Menschen beobachteten Spulwürmer zeigten schon Zolllänge. A. megalocephala Cloquet, der grösste Spuhlwurm von IJ Fuss Länge, im Dünndarm des Pferdes und des Rindes. Die Zahnleiste am Rande der Lippen mit viel slärkem Zahnen als beim menschlichen Spulwurm. A. mystax Zed. , im Darm der Katze und des Hundes {A. marginata), aber auch gelegentlich Parasit des Menschen. A. transfuga Rud., im Darm von Ursus arctos. Arten mit Zahnleisten und Zwischenlippen A. depressa Rud., im Darm des Geiers. A. ensicaudata Zed., im Darm der Drossel. A. sulcata Rud., im Darm der Riesenschildkröle u. a. A. Arten mit Zwischenlippen ohne Zahnleiste. A. osculata Rud., im Darm der Grönländischen Robbe. A. acus Rud., im Hechtdarm. A. mucronata Schrank., im Darm der Quappe. A. labiata Rud., im Darm des Aales u. a. A. Heterakis Duj. Polymyarier mit drei kleinen papillentragenden meist gezähnelten Mundlippen. Oesophagus mit Bulbus und oft mit Zahnapparat, Das Schwanzende des Männchens mit grossem präanalen Saugnapf und zwei seitlichen Hautverdickungen, Die beiden Spicula sind ungleich, H. vesicularis Rud., im Blinddarm des Haushuhns. H. injlexa Rud., im Darm des Haushuhnes und Truthahns. H. maculosa Rud., im Darm der Taube. H. dispar Zed,, im Blinddarm von Anas tadorna, H. foveolata Rud. , im Dann und in der Leibeshöhle von Schollen. H. spumosa Sehn. , im Darm der Ratte u, v. a, A. Oxyuris Rud, Meromyarier mif meist drei Mundlippen, welche kleine Papillen tragen. Das hintere Ende der Speiseröhre zu einem kugligen Bulbus mit Zahnapparat erweitert. Hinterleibsende des Weibchens pfriemenförmig verlängert, des Männchens mit nur 2 präanalen und wenigen postanalen Papillen und mit einfachem Spiculum. 0. vermicularis L. Der Pfriemenschwanz oder Madenwurm. Weibchen etwa 10 «nm. lang, Männchen viel kleiner und seltener, in den Schleimhauffalten versteckt. Die abgelegten Eier enthalten bereits einen wenngleich noch unvollständig entwickelten Embryo, der wahrscheinlich ohne Zwischenwirth direkt mit dem Wasser übertragen wird. Der Madenwurm bewohnt zu Hunderten und Tausenden den Dickdarm des Menschen und ist über alle Länder verbreitet. 0. ambigita Rud., schon Claus, Zoologie. '2. Auflage. 20 ?:0G Stroiigylidae. Strongylus. Aristoteles bekannt und von ihm als Ascaris bereichnet, im Darm des Hasen und Kaninchens. 0. longicollis Sehn., im Dickdarm der Landschildkröte. 0. curvula Rud., im Blinddarm des Pferdes. 0. sinrotlieca (jyöry, im Darm von Hydrophiliis piceus. Nematoxys Sehn. 3Ieromyarier mit dreieckigem, dreiiippigem Mund, Beide Geschlechter tragen zahlreiche Papillen über den ganzen Körper. Zwei gleichmiissige Spicula. N. ornata Duj., im Mastdarm der Frösche und Tritonen. N. commutatus Kud., im Darm der Frösche und Kröten. Oxysoma Sehn. Meromyarier mit drei oder zahlreichen Mundlippen mit Pharyn- gealbulbus und Zabnapparat. Münnchen stets mit drei Paar präanalen Papillen und zwei gleichen Spicula. 0. brev icaudatum Zed., im Darm des braunen Frosches. 0. l^pturum Rud., im Darm der Riesenschildkröte. 2. Fam. Strongylidae. .Mundöffnung von Papillen umgeben, bald eng, bald klaffend und dann in eine chitinige Mundkapsel führend , deren Runder oft mit Spitzen und Zahnen bewaffnet sind. Die schlanke muskulöse Speiseröhre ohne Pharyn- gealbulbus, aber mit verdickten Leisten der innern Chitinauskleidung. Die männliche Geschlechtsöffnung liegt am Hinterleibsende im Grunde einer schirm- oder glocken- förmigen Bursa, deren Rand eine wechselnde Zahl von Papillen meist am Ende rippen- artigex Muskelstreifen trägt. Meist sind 2 Spicula vorhanden, die in der Tiefe der Bursa aus einer kleinen Papille hervortreten. Eustrongylus Dies. Polymyarier mit sechs vorspringenden Mundpapillen. Bursa glockenförmig und vollständig geschlossen mit gleichmässiger Muskelwandung und zahl- reichen Randpapillen. Spiculum nur in einfacher Zahl vorhanden. Weibliche Ge- schlechtsöffnung weit nach vom gerückt. E. gigas Rud. Pallisadenwnrm. Körper des Weibchens fadenförmig verlängert mit abgestuzlem Ende bei einer Länge von 3 Fuss nur circa 12 mm. dick. Auf den Seitenlinien je eine Längsreihe von Papillen, zu denen noch anale Papillen auch beim Weibchen hinzukommen. Lebt vereinzelt meist im Nierenbecken verschiedener Carnivoren, besonders aber von Fischottern und Robben, wird selten im Rinde und Pferde und im Menschen angetroffen. Warscheinlich wird dar Jugendzustand durch Fische übertragen. Durch Balbiani ist festgestellt, dass die Entwicklung erst im Wasser oder in feuchter Erde stattfindet und dass die Embryonen eine Art Mundstachel besitzen, die leste Eischale aber nicht selbstständig durchbrechen. Höchst wahrscheinlich ist Füaria cystica Rud. aus Symbranchus laticaudus und Galaxias eine Eustrongyluslarve. Das einzige aufbewahrte Exemplar aus dem Menschen befindet sich im Museum des College of surgeons in London. JB. tuhifex Kitsch aus Colymbus. Strongylus Rud. Meromyarier meist mit sechs Mundpapillen und kleinem Mund. Zwei konische Halspapillen auf den Seitenlinien. Das hintere Körperende des Männ- chens mit schirmförmiger dünnhäutiger Bursa, die an der Bauchfläche offen oder durch eine niedrige Querleiste geschlossen ist und am Rande auf einer Anzahl radiärer Rippen Papillen trägt. Zwei gleiche Spicula meist noch mit unpaarem Stützorgan. Die weib- liche Geschlechtsöffnung liegt selten über die Mitte nach vorn emporgeruckt, zuweilen aber dem hintern Ende genähert. Leben grossentheils in der Lunge und den Bronchien. St. longevuginatus Dies. Körper 26 mm. lang bei 5—7 mm. Dicke. Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt unmittelbar vor dem After uud führt in eine einlache Eiröhre. Nur ein einziges Mal in der Lunge eines 6jährigen Knaben in Clausenburg gefunden, St. paradoxus Mehlis, in den Bronchien des Schweins. St. filarid Rud., in den Bronchien des Schafes. St. micnirus Mehlis, in Aneurysmen der Arterien des Rindes, St. commutatus Dies., Trachea und Bronchien des Hasen und Kaninchens. St. auri- cularis Rud., im Dünndarm der Batrachier. Dochmius Duj. Mit den Charakteren von Strongylus, aber mit weitem Munde und horniger am Rande kräftig bezahnler Mundkapsel. Im Grund der Mundkapsel er- *^ ->-W.Tr^\i*»vc Öy,^ "117 . Dochmius. Sclerostomum. Olullanus. 307 heben sich 2 bauchständige Zähne, während an der Rückenwand eine kegelförmige Spitze schief nach vorn emporragt. B. duodenalis Dub. {Ancylostomum duodenale Dub.), 10 bis 18 mm. lang, im Dünndarm des Menschen, von Dubini in Italien ent- deckt, hier aber wie es scheint selten, in denNilländern von Bilharzund Griesinger massenhaft beobachtet. Mit Hülfe der starken Mundbewaffnung beisst er Wunden in die Darmhaut und saugt Blut aus den Darmgelüssen. Die häufigen von diesen Docbmien erzeugten Blutungen sind die Ursache der unter dem Namen der ägyptischen Chlorose bekannten Krankheit. Neuerdings ist das Vorkommen dieses Wurmes in Brasilien (Wucherer) festgestellt. D. trigonoeephahis Rud. , Hund. D. tubaeformis ZeA , Darm der Katze. D. cernuus Creplin, Schaf. D. radiatus Rud , Rind. Sclerostomum Rud. Mit den Charakteren von Strongylus, aber mit abweichender Mundkapsel. Dieselbe besitzt eine dorsale Längsrinne und ist am Vorderrand mit einer Reihe glatter spitzer Zähne eingefasst. Sc. equinum Duj. =. armatum Dies. Im Darm aber auch in Darmgefäss-^neurismen des Pferdes, 20 — 40 mm. lang. Lebt unter Rhabditisform eine Zeitlang frei wie Dochmius und wandert dann mit dem Wasser in den Darm des Pferdes. Von hier aus dringt aber der Wurm in die Gekrösarterien und dann erst von diesen aus wieder in den Darm, um geschlechtsreif zu werden. Sc. tetracanthum Mehlis, ebenfalls im Darm des Pferdes. Die Jugendformen kapseln sich nach der Einwanderung in den Darm in der Wandung des Dickdarmes und Coecums ein, verwandeln sich in der Cyste in die definitive Form und durchbrechen dieselbe wieder, um in den Darm zurückzugelangen. Sc. hypostomum Kud., im Darm des Schafes und der Ziege. Verwandle Arten sind von Diesing zu den Gattungen Deletrocephalus und DiapJianocephdlus erhoben worden. Auch sind von Molin eine grosse Zahl beson- derer Galtungen unterschieden worden, wie z. B. Globocephalus , Kalicephalus, Oesophagostomum, Crenosoma u. a. Pseudalius Du']. ■=: Prosthecosacter Dies. Holomyarier mit langem fadenförmigen Leib, zweilappiger Bursa und 2 gleichen Spicula. Sämmtliche Arten vivipar. Ps. in- flexusjiu]., I Fuss lang, in den Bronchien aber auch in den Vensn von Delphinus phocaena. Ps. minor und convolutus Kuhn., in den Kopfsinus und Bronchien desselben Thieres. Olullanus Lkt. Polymyarier (?) mit becherförmiger Mundkapsel , schwach mus- kulöser Speiseröhre, mit zweiklappiger Bursa und 2 kurzen Spicula. Weibchen mit drei Schwanzspitzen und vor dem After gelegener Geschlechtsöffnung, lebendig gebärend. 0. tricuspis Lkt., in der Magenschleimhaut der Katze. Jugendzustand eingekapselt in der Maus. Physaloptera Rud. Polymyarier mit zwei seitlichen Mundlippen, welche auf der Aussenseite je 6 Papillen, an der Spitze einen Zahn (Aussenzahn) und meist noch an der Innenseite Zähne (Innenzähne) tragen. Bursa geschlossen herzförmig mit 2 un- gleichen Spicula, mit 10 Papillenpaaren , zu denen noch eine präanale unpaare Papille hinzukommt. PJu clausa Rud., in dem Magen des Igels. Hier schliesst sich auch am besten die zu einer besondern Familie erhobene Gattung Cucullanus an, deren Bursa freilich sehr flach und schmal bleibt. C. elegans Zed., Kappenwurm, im Barsch, mit kräftiger Mundkapsel. 3. Farn. Trichotrachelidae. Holomyarier von massiger Grösse, deren lang- gestreckter Leib durch den Besitz eines halsartig dünnen und langen Vorderabschnitts ausgezeichnet ist. Mundöffnung klein, papillenlos. Speiseröhre sehr lang, in einem eigenlhümlichen Zellenstrang verlaufend. After ziemlich terminal. Penis einfach und beträchtlich lang mit röhriger Scheide oder durch die sich vorstülpende Kloake ersetzt. 20* 30Ö TrichotracLelidae. Trichocephalus. Trichiua. Trichocephalus Goeze, Mit peitschenförinig verlängertem Vorderleib und w.alzen- iOrinig aulgetriebenem scharf abgesetzten Hinterleib, welcher die Geschlechtsorgane ein- schliesst und beim Männchen eingerollt ist. Die Bauchfläche des Vorderleibes mit dicht gestellten Reihen von in die Haut eingelagerten Chitinstäbchen, Seitenfelder fehlen. Hauptmedianlinien vorhanden. Der schlanke Penis mit einer beim Hervortreten .sich umstülpenden Scheide. Die hartschaligen citronenförmigen Eier entwickeln sich erst im Wasser. T. dispar Ilud. Peitschen wurm, im Colon des Menschen. Die Würmer keben nicht frei im Darm, sondern mit dem fadenförmigen Vorderleib in die Schleim- haut eingegraben. Die Eier treten mit dem Kothe aus dem Körper des Wirthes noch ohne Zeichen beginnender Embryonalentwicklung, -die erst nach längerm Autenthalt im ■Wasser oder an feuchten Orten durchlaufen wird._ Massige Austrocknung zerstört die Keimfähigkeit ebensowenig wie beim menschlichen Spulwurm Die Embryonen er- langen übrigens in den Eihüllen eine nur massig vorgeschrittene Difl'erenzirung und lassen weder einen fertigen Darm noch die Geschlechtsanlagen erkennen. Nach Fütterungsversuchen, die R. Leuckart mit Tr. affinis des Schafes und Tr. erenatus des Schweines anstellte, entwickeln sich die mit den Eihüllen in den Darm übertragenen Embryonen zu Trichocephalen, und darf hiernach auch für den menschlichen Peitschen- wurm geschlossen werden, dass die Uebertragung direkt ohne Zwischenträger mittelst des Wassers oder verunreinigter Speisen erfolgt. In der ersten Zeit haarförmig und trichinenähnlich gewinnen die jungen Peitschenwürmer erst nach und nach die be- trächtliche Dicke des Hinterleibes. Tr. unguiculatus Rud., im Hasen und Kaninchen. Tr. depressiusculus Rud., im Hund. Tr. nodosus Rud., in Ratten und Mäusen Trichosomum Rud. Körper haarförmig dünn, doch ist der Hinterleib des Weibchens aufgetrieben. Seitenfelder vorhanden, ebenso die Hauptmedianlinien. Schwanzende des Männchens mit Hautsaum und einfachem Penis (Spiculum) mit Scheide. Tr. tenuissimum Dies, im Duodenum der Taube. Tr. Plica Rud., Harnblase des Fuchses. Tr. aerophilum üuj., Trachea des Fuchses. Tr. dispar Duj., in der Speise- röhre des Bussards. Tr. muris Creplin., im Dickdarm der Hausmaus. Tr. crassicauda, Harnblase der Ratte, soll nach R. Leuckart ein Zwergmännchen mit sich herumtragen. Einige Arten wie Tr. splenaceum der Spitzmaus und tritonis ver- lassen den Darm und setzen die Eier in Milz und Leber ab. Trichina Owen. Körper haardünn, ohne das Längsband von Chitinstäbchen. Haupt- medianlinien und Seitenlelder vorhanden. Weibliche Geschlechtsöfl'nung weit nach vorn etwa in der halben Länge des Zellenkörpers. Männliches Hinterleibsende ohne Spiculum mit 2 konischen terminalen Zapfen, zwischen denen die Kloake vorgestülpt wird. Tr. spiralis Owen, im Darme des Menschen und zahlreicher vornehmlich fleisch- fressender Säugethiere, kaum zwei Linien lang. Die viviparen Weibchen beginnen plwa acht Tage nach ihrer Einwanderung in den Darmkanal Embryonen abzusetzen, welche die Darmwandung und Leibeshöhle des Trägers durchsetzen und theils durch selbstständige Wanderung in den Bindegewebszügen , iheils wohl auch mit Hülfe der Blutwelle in die quergestreiften Muskeln des Körpers einwandern. Sie durchbohren das Sarcolemma, dringen in die Primitivbündel ein, deren Substanz unter lebhafter Wucherung der Muskelkerne degenerirt und wachsen in einer schlauchförmigen Aul- treibung der Muskelfaser innerhalb eines Zeitraumes von 14 Tagen zu spiralig zusammen- gerollten Würmchen aus, um welche sich innerhalb des Sarcolemma's und dessen Bindegewebsumhüllung aus der degenerirten Muskelsubstanz glashelle citronenförmigc Kapseln ausscheiden. In dieser anfangs sehr zarten, bald aber durch Schichtung ver- dickten und fest gewordenen, mit der Zeit allmählig verkalkenden Cyste kann die jugendliche Muskeltrichine Jahre lang lebendig bleiben. Wird dieselbe mit dem Fleische des Trägers in den Darm eines Warmblüters übergeführt, so wird sie aus ihrer Cyste Filaridae. Filaria. Spiroptera. 309 durch die Wirkung des Magensaftes befreit und bringt die bereits ziemlich weit ent- wickelten Geschlechtsanlagen rasch zur Reife. Schon 3 bis 4 Tage nach der Einfuhr sind die Muskeltrichinen zu Geschlechtstrichinen geworden, welche sich begatten und die in dem Träger weiter wandernde Brut (ein Weibchen wohl bis 1000 Embryonen) erzeugen. Als der natürliche Träger der Trichinen ist vor allem die Hausratte zu nennen, welche die Cadaver des eignen Geschlechts nicht verschont und so die Trichineninfektion von Generation zu Generation erhält. Gelegentlich werden aber trichinenhaltige Cadaver von dem Omnivoren Schwein gefressen, mit dessen Fleisch die Trichinenbrut in den Darm des Menschen gelangt und zur Ursache der so berüch- tiglen Trichinenkrankheit wird, welche, wenn die Einwanderung massenhaft erfolgte, einen tödtlichen Ausgang nimmt. 4. Farn. Filaridae. Meist I*t)lymyarier mit zwei oder sechs Lippen, oder auch ohne alle Lippenbildungen, zuweilen mit einer hornigen Mundkapsel, stets mit vier präanalen Papilienpaaren , zu denen jedoch noch eine unpaare Papille hinzukommen kann, mit zwei ungleichen Spicula oder mit einfachem Spiculum. Filaria 0. Fr. Müll. Körper fadenförmig verlängert, mit kleiner Mundöffnung, Die oft der Papillen entbehrenden Arten leben ausserhalb der Eingeweide meist im Bindegewebe, häufig unter der Haut. (Von Diesing in zahlreiche Gattungen getheilt). F. medinensis ') Gmel. (^Dracunculus), der Guineawurm, im Unterhautzellgewebe des Menschen in den Tropengegenden der alten Welt, wird zwei und mehrere Fuss lang. Der Kopf mit zwei kleinen und zwei grössern Papillen. Weibchen vivipar ohne Geschlechtsöffnung, Männchen nicht bekannt. Der eingewanderte Wurm lebt im Bindegewebe zwischen den Muskeln und unter der Haut und erzeugt nach erlangter Geschlechtsreife ein Geschwür, mit dessen Inhalt die Brut entleert wird. Man extrahirt den Parasiten langsam und mit grosser Vorsicht aus der Haut, da das Zerreissen des Wurmleibes und der Austritt der Brut an dem Gewebe hettige und gefährliche Ent- zündungen veranlassen soll. Carter hält einen kleinen häufigen Brackwasserwurm, Urolabes palustris, für den noch unausgewachsenen Guineawurm und ver- mulhet, dass die Weibchen nach ausgeführter Begattung in das Unterhautzellgewebe des Menschen einwandern. Vielleicht verhält sich die kleine geschlechtsreife als Uro- labes palustris beschriebene Rhabditide zu dem fusslangen Parasiten ähnlich wie Leptodera appendiculata zur Ascaris nigrovenosa des F'rosches. F. papillosa Rud., im Peritoneum des Pferdes. Mund mit einem festen Hornring, welcher jederseits einen Zahn bildet. F. gracilis Rud., im Peritoneum des Affen sehr verbreitet. F. immitis Leidy, im rechten Herzen des Hundes. F. musculi Rud., in der Maus. F. musielarum Rud., im Iltis u. v. a. A. Eine unreife als Filaria lentis {oculi humani) beschriebene Filaride ist in der Linsenkapsel des Menschen gefunden worden. Ichthyonema Dies. Holomyarier ohne After (?) mit abgestumpftem Schwanz- ende des Männchens und einem Spiculum. I. globiceps Rud., im Ovarium von Uranoscopus scaber. Vivipar. Kopftheil kuglig angeschwollen, Schwanzende des Männchens mit zwei seitlichen Lippen. Spiroptera^) Rud. Mundöffnung meist mit 2 oder 4 Lippen. Das Hinterende des Männchens ist meist spiralig aufgerollt und mit zwei ungleichen Spicula bewaffnet. Die Arten leben meist in Knötchen der Eingeweidewandung. S. megastoma Rud., in der Magenwand des Pferdes. S. strongylina Rud., im Magen des Schweins. S. 1) Vergl. Bastian, Transact. Linn. Society vol. XXIV. Bd. II. Carter, Ann. and. Mag.-of nat. bist. 1858. Molin, Sitzungsberichte der Wiener Acad. 1858. 2) Vergl. Mol in, Sitzungsberichte der Wiener Acad. 1860. olO , Mermithidae. Gordiidae, (Lyorhynchtts) denticulata Rud., im Magen des Aales, S. strumosa Rud., im Magen des Maulwurfs. S. dbtusa Rud. {murina R. Lkt.) , im Magen der Hausmaus. S. an- thuris Rud., in der Magenschleimhaut des Huhnes u. a. A. Spiroxys Sehn. Meromyarier mit den Charakteren von Spiroptera. Sp. con- torta Rud., in MagenknOtchen der Flussschildkröte. Hystrichis Mol. Der fadenförmige Körper vorn mit Widerhäkchen bestachelt, Mund von runden Lippen umgeben. Lebt parasitisch zwischen den Vormagenliäuten von Wasservögeln. H. cygni Mol. H. mergi, in dem grossen Säger. Diese Würmer sollen nach Molin mit zunehmender Anhäufung der Eier sackförmige Auftreibungen gewinnen und schliesslich zu einfachen Brutsäcken degeneriren. Hier schliesst sich auch die Gattung Tetrameres Crepl. {Tropidocerca Dies.) an, die freilich — wie so zahlreiche andere theilweise noch nicht genügend bekannte Nematodengattungen — von Diesing als Repräsentant einer besondern Familie getrennt worden ist. T. fissispina Dies. , im Proventrikel der wilden Ente. Vielleicht dürfte auch zu den Filaridcn die Gattung Ancyracanthus Dies, gestellt werden. Polymyarier mit vier kreuzweise um den Mund stehenden fiederspaltlgen Hautlappen. Das männliche Schwanzende mit einer grossen Zahl gradlinig geordneter Papillenpaare vor der After- öffnung. A. bidens Rud. Magenschleimhaut von Merops apiaster. A. cysticola Rud., in der Schwimmblase von Salmoniden. 5. F"am. Mermithidae. Afterlose Holomyarier mit sehr langem fadenförmigen Leib und 6 Mundpapillen. Das männliche Schwanzende ist verbreitert und mit 2 Spicula und drei Reiben zahlreicher Papillen versehn, Leben in der Leibeshöhle von Insekten und wandern in feuchte Erde aus, wo sie geschlechtsreif werden und sich begatten. Mermis Duj. , mit den Charakteren der Familie. M. nigrescens Duj., wandert oft an warmen Sommertagen nach heftigem Regen massenhaft aus Insekten aus und gab die Veranlassung zu der Fabel vom W^urmregen. Die Embryonen sollen nach R. Leuckart zuerst im Pharynx von Planaria lactea leben. M. albicans v, Sieb,, V. Siebold constatirte experimentell die Einwanderung der Embryonen in die Räupchen der Spindelbaummotte (Tinea evonymella). M. lacinulata Sehn. Vielleicht dürfte die in vieler Hinsicht noch räthselhafte Sphaerularia borhbi Leon Dufour vorläufig xu den Mermithiden gestellt werden, obwohl sie wahrscheinlich eine besondere Familie repräsentirt. Dieselbe lebt in der Leibeshöhle am obern Theil des Chylusdarmes überwinterter Hummelweibchen. Der Leib mit Längsreihen von Höckerchen, ohne Medianlinien und Seitenfelder, ohne Mund und After; der Darm ist zu einem geschrumpften zwei Zellreihen enthaltenden Strang geworden. Ovarium einfach aber vielfach gewunden. An dem einen Körperende findet sich immer ein kleiner schlanker Neraatod, nachLubbock das Männchen, befestigt, an welchem Mund und After beobachtet wurde. Kach Schneider entbehrt jedoch der kleinere Nematod der männlichen Geschlechtsorgane und ist der eigentliche Sphaerulariakörper, während der lange Schlauch, die vermeintliche Sphaerularia, der umgestülpte mit einer Darm- schlinge versehene Uterus des erstem ist. 6 Fam. Gordiidae. Holomyarier von sehr langgestreckter fadenförmiger Gestalt ohne Mundpapillen und Seitenfelder, mit Bauchstrang. Mund und vorderer Darm- abschnitt obliteriren im ausgebildeten Zustand in dem perienterischen Zellenkörper. Ovarien und Hoden paarig, zugleich mit dem After nahe am hintern Körperende aus- mündend. Uterus unpaar, mit Receptaculum seminis. Männliches Schwanzende zwei- gablig ohne Spicula. Leben im Jugendzustand mit Mund versehn in der Leibeshöhle von Raubinsekten, wandern aber zur Begattungszeit in das Wasser aus, wo sie voll- kommen gescWechtsreif werden. Die mit einem Stachelkranz versehenen Embryonen durchbohren die Eihiriien und wandern in Insektenlarven {Ephemeriden) ein, um Anguillulidae. Anguillula. Rhabditis. 311 alsbald zu encystiren. Wasserkäfer und andere Baubinsekten des Wassers nehmen mit dem Fleische der Ephemeridenlarven die encystirteii Jugendformen aut, die sich nun in der Leibeshöhle der neuen grössern Träger zu jungen Gordiaceen entwickeln. Gor- dius L. Mit den Charakteren der Familie. G. aquaticus v. Sieb. G. subbifurcus Meissner. G. setiger Sehn. 7. Farn. Anguillulidae. Freilebende Nematoden von geringer Körpergrösse, meist mit hinterer bezahnter Oesophagealanschwellung, in der Regel ohne Schwanz- drüsen, stets ohne Schwanzsaugnapf. Die Männchen besitzen zwei gleiche Spicula mit oder ohne Kebenslücke. Einige Arten (ßben an oder in Pflanzen parasitisch, andere in gährenden und faulenden Stoffen, die meisten frei in der Erde oder im süssen Wasser. Anguillula Ehbg. Holomyarier mit kleiner Mundhöhle, in welcher ein kleiner Stachel liegt. Weibliche GeschlechtsölTnung weit hint&n. Uterus unsymmetrisch in der Mitte des Oesophagus. Spicula kurz, ohne Kebenstück. A. scandens Sehn. = tritici Keedham , in gichtkranken Waizenkörnern. Mit der Aussat dieser Körner er- wachen die eingetrockneten Jugendformen in feuchter Erde, durchbohren die auf- geweichte Hülle und dringen in die aufkeimenden Waizenpflänzchen ein. Hier ver- weilen sie eine Zeit lang, vielleicht den ganzen Winter, ohne Veränderung, bis sich in der Achse des Triebes die Aehre anlegt. In diese dringen sie ein, wachsen aus und werden geschlechtsreif, während die Aehre blüht und reift. Sie begatten sich, legen die Eier ab, aus denen die Embryonen aus"kriechen, um zuletzt den ausschliess- lichen Inhalt der Körner zu bilden. A. dipsaci Kühn , in den ßlüthenköpfen der Weberkarde. A. rapacea, in den Wurzeln der Zuckerrunkelrübe (Schacht). Stein- buch fand Anguiiluliden in den Blüthen von Agrostis silvatica und Phalaris phleoides, Baspail in den Blüthen verschiedener Gräser. Bhäbditisüu]., von Schneider in Leptodera Du}, und PeZoie?*a Sehn, geschieden. Heromyarier mit kleinen meist von 3 oder 6 Lippen umstellten Mund, häufig mit dop- pelter Oesophagealanschwellung, die hintere mit dreiklappigem Zahnapparat. Weiblicher Geschlechtsapparat symmetrisch. Männchen mit 2 gleichen Spicula und Nebenstück, mit 3—5 Paaren von präanalen Schwanzpapillen. Eh. {Pelodgtes ■= Pelodera Sehn.) strongyloides Seh. Mund 6Iippig. Männchen mit 2 langen DrUsenschläuchen am Vas deferens, 2 Mm. lang, in feuchter Erde und faulenden Substanzen. Mh. papulosa Sc\in., Wi. pellio Sehn., beide 3 Mm. lang, in feuchter Erde und faulenden Substanzen. Bh. nigrovenosa ■= Anguillula ranae temporariae Perty. Gehört als freie Generation zu der parasitischen Ascaris nigrovenosa. — Bh. {Leptodera Sehn.) flexilis Duj. Kopf sehr spitz mit 2Iippigem Mund, in den Speicheldrüsen von Limax cinereus. Bh. Angiostoma Duj. = Angiostoma limacis Duj. Mit weiter horniger Mundkapsid, 6 — 7 Mm. lang, im Darm von Limax ater. Bh. appendiculata Sehn. = Leptodera appendicidata Sehn. Mund dreilippig, in feuchter Erde, 3 Mm. lang. Die mundlose mit 2 Schwanzbändern versehene Larve in Arion empiricorum. Die kleinere deneration von circa 1 Mm. Länge durchläuit ihre gesainmte Entwicklung in feuchter Erde. B. oxophila 0. Fr. Müll. = Anguillula aceti, glutinis 0. Fr. Müll. Bekannt als Essigälchen und Kleisterälchen, von 1 — 2 Mm. Länge. Mund ohne Lippen. Die beideii Spicula stark gekrümmt. In feuchter Erde und faulenden Stoffen leben zahlreiche Rhabditisarten, von denen einzelne als Bh. rigida, lirata, elongata etc. von Schneider näher beschrieben sind. Diplogaster M. Seh. Oesophagus mit mittlerm und hinterm Bulbus. D. longi- cauda CIs., in der Erde. 8. Farn. Urolabidae. Kleine freilebende zum Theil marine Nematoden, meist ohne hintere Oesophagealanschwellung, häufig mit Augen und bewaffneter Mundhöhle, mit Schwanzdrüsen und Schwanzsaugnapf. Männlicher Geschlechtsapparat häufig mit 312 UrolaWdae. Chaetosomidae. paarigen Hodenschläuchen. Nicht selten finden sich Borsten und feine Haare (Papillen) um den Mund. Eiichelidium Ebbg. Ohne Mundhöhle mit grossem Auge auf dem Oesophagus. Marin. E. marinum Ehbg. E. acuminatum Eberth. Urolabes Carl. = Dorylaimus Duj. Im Vorderende des durch drei Linien be- zeichneten Oesophagealkanals liegt ein Zahn zum Verstössen. Mundpapillen oft vor- handen. Die Männchen haben zuweilen kleine mediane Saugnäpfe vor dem After. Leben auch an Pflanzenstoffen und Wurzeln in der Erde. TJ. palustris. Ein in Ost- indien einheimischer Brackwasserwurm von J" Länge, welcher nach Carter als frei- lebendes Entwicklungsstadium zu Filaria medinensis gehört, ü. stagnalis Duj. U. linea Dies. U. marinus Duj. u. z. a. A. Hier schliessen sich die Gattungen Phanoglene, Aniblyura an. Enoplus Duj. Mundhöhle undeutlich , von drei kieferartigen Zähnen umfasst. Augen von dem anliegenden Pigmente nicht abgegrenzt. Zwei Spicula mit zwei gleichen hinteren Nebenstücken. Marin. E. tridentatus Duj., E. cirratus Eberth. E. Sieboldii Köll. u. z. a. A. Symplocostoma Bast. Mit länglich ovaler Mundhöhle, die von Linien und Leisten umfasst wird und im Grunde ein trichterförmiges Gebilde trägt. Die beiden Spicula lang, ohne Nebenstück. S. longicolUs Bast. S. tenuicollis Eberth. Oncholaimus Duj. Mit weiter scharf abgesetzter Mundhöhle, die drei zahnartige Vorsprünge in sich einschliesst. Mund oft von Papillen umgeben. Uterus zuweilen unsymmetrisch. Spicula mit oder ohne Nebenstück. 0. papillosus Eberth, attenuatus Duj. 0. echini Leydig, im Darm von Echinus esculentus. Einige Arten wie 0. rivalis Leydig leben im süssen Wasser, auf Humus und auf Dächern. Odontobius Roussel. Mit kleinen Zähnchen, aber ohne eigentliche Mund- höhle. Cirren stehen am Kopf. Augen fehlen. Spicula plump, gekrümmt, mit 2 Nebenstücken. 0. ceti Roussel. 0. micans, filiformis, striatus Eberth. Hier schliessen sich mehrere von Bastian aufgestellte Gattungen als Ck/atholai- mus, Spiliphera, Spira, Comesoma, Sphaerolaimus, Phanodertna u. a. an. Eine auffallende wahrscheinlich einer besondern Familie zugehörige Form ist der von Greeff als Eubostrichus beschriebene Nematode, dessen Haupteigenthümlich- keit in der aus verfilzten und verklebten Härchen gebildeten Hülle (Ausscheidung) besteht. Die Haut des sehr gestrecltten 8 Mm langen Laibes ist breit geringelt. Die Speise- röhre beginnt trichterförmig und besitzt entweder eine hintere Anschwellung (JB. pJia- Ificrus von Lanzarote) oder geht ohne solche in den Darm über {E. filiformis aus der Nordsee). After terminaU Ein Spiculum. 9. Fam. Chaetosomidae. Freilebende kriechende Nematoden mit breit an- geschwollenem Vorderleib und Kopf. Die Körperoberfläche ist mit einer Anzahl feiner Härchen besetzt, zu diesen Cuticularanhängen kommt an der Bauchseite vor der After- öffnung eine Doppelreihe cylindrischer geknöpfter Stäbchen, welche die sog. Doppel- flosse Claparfede's zusammensetzen. Am Kopf kann ein Halbgürtel (C/i. Claparedii) von beweglichen Haken liegen. Mund dreilippig. Oesophagus einfach oder durch eine mittlere Einschnürung abgetheilt oder mit hinterer Anschwllang (Ehabdogaster). Zwei Spicula. Leben im Meere auf Algen umherkriechend. Ehabdogaster Metschn. Kopf nicht deutlich abgesetzt. Schlund mit hinterem Bulbus. Bauchstäbchen hakenähnlich gekrümmt und weit nach vorn gerückt. Eh. cygnoides Metschn., Mittelmeer. Chaetosoma Clap. Kopf deutlich abgegrenzt. Schlund gerade oder durch eine Einschnürung in zwei Abschnitte gesondert. Bauchstäbchen gerade gestreckt. CJi. ophicephaliim Clap. St. Vaast. Ch. Claparedii Metscb., Salcruo. Sagitta. Chaetognathen. 313 In naher Verwandtschaft mit den Nematoden und zunächst an die Chaetosomiden anschliessend verdient die Gattung Sagitta, von R. Leuckart zu der Ordnung der Chaetognathen ') erhoben, eine beson- dere Betrachtung. Es sind langgestreckte hyaline Würmer mit eigen- thümlicher Mundbewaifnung und seitlichen horizontal gestellten Flossen- kämmen, deren Strahlen durch einen membranartigen Saum verklebt sind. Der Vorderabschnitt des Leibes setzt sich scharf als Kopf ab und trägt in der Umgebung des Mundes zwei seitlich ventrale Haken- gruppen, welche als Kiefer fungiren. Das Nervensystem besteht nach Krohn aus zwei die Augen tragenden Gehirnganglien und einem etwa in der Mitte der Körperlänge gelegenen Bauchganglion. Das gerad- gestreckte Darmrohr, vom Oesophagus an abwärts durch ein Mesenterium an der Leibesw'and befestigt, mündet an der Basis des langen mit einer horizontalen Flosse endenden Schwanzes in der Afteröffnung nach aussen. Die Sagitten sind hermaphroditisch und besitzen paarige mit Samen- taschen verbundene Ovarien, die durch zwei Oetinungen an der Basis des Schwanzes ausmünden und ebensoviel dahinter gelegene Hoden, deren Samenprodukte durch Oeffnungen an den Seiten des Schwanzes nach aussen gelangen. Die Sagitten leben frei im Meere und ernähren sich räuberisch von kleinern Crustaceen und Seethierchen. Von der einzigen Gattung Sagitta sind mehrere Arten, z. B. Sagitta bipunctata Krohn., S. germanica Lkt. Pag., aus den Europäischen Meeren, genauer beschrieben worden. III. Classe. Bryozoa^) = JPolyzoa^ Moostliierclien. Kleine, meist zu moosförmigen oder rindenartigen StöcJcchen ver- einigte Thiere mit hewimpertem TentaJcelJcranz , mit Darmlcanal und einfachem Nervenhnoten. Die Körperform und Lebensweise der Bryozoen nähert sich in hohem Grade den als Sertularinen und Campanularinen unterschiedenen - 1) Vergl, A. Krohn, Anatomisch-physiologische Beobachtungen über die Sagitta bipunctata. Hamburg. 1844. R. Wiims, De Sagitta mare germanicum circa insulam Helgoland incolente. Berolini, 1846, C. Gegenbaur, Ueber die Entwicklung der Sagitta. Halle. 1856. R. Leuckart und A. Pagenstecher, Untersuchungen über niedere Seethiere. Müller's Archiv. 1858. 2) Van Beneden, Recherches sur I'anatomie, la physiologie et l'embryogenie des Bryozoaires qui habitent la c6te d'Ostende. Mem. Acad. Roy. Bruxelle». Vol. XVIII. 1845. 314 III, Classe: Bryozoa, Moosthierchen. Polypen , so dass man beide Thiergruppen lange Zeit mit einander ver- einigen konnte, ja den Verband derselben hier und da noch heute festhält. Die genauere Erforschung des gesamniten Baues, der Nach- weis gesonderter Darm Wandungen mit Mund und After, sodann eines Nervenknotens möchte jedoch die Nothwendigkeit einer Sonderung der Bryozoen von den Coelenteraten über allen Zweifel erheben. Indess hat man sich bislang über die systematische Stellung der Moosthierchen noch keineswegs einigen können. Einige Forscher, wie besonders Steenstrup, Leuckart, Sraitt, Gegenbaur bringen dieselben zu den Würmern, andere Zoologen wie Milne Edwards, van Beneden, Hancock, AUman glauben in der morphologischen Aehnlichkeit mit den Tiinicaten entscheidende Anhaltspunkte zu finden, um die Moos- thierchen den Mollusken zuzurechnen. Den Namen Bryozoen verdanken unsere Thiere dem Moos-ähnlichen, dendritischen Aussehn ihrer Colonien, zu denen die oft mikroskopisch kleinen Einzelthiere in sehr einfacher aber äusserst gesetzmässiger Weise vereinigt sind. Es können die Bryozoenstöckchen aber auch blattförmige, selbst massige, polyparienähnliche Formen darstellen, oder als rinden- artige Krusten fremde Gegenstände überziehen. Nur ausnahmsweise bleiben die Individuen solitär, wie das sonderbare auf Capitella (Röhren- V«n Reneden, Rechercbes sur les Bryozoaires fluviatiles de Belgique. Eben- daselbst. 1847. Dumortier et van Beneden, Histoire naturelle des Polypes compos6s d'ean douce. Mem Acad. Roy. Bruxelles 1850. Busk, Catalogue of marine Polyzoa in the collection of the British Musenm. London. 1852—1854. All man, Monograph of the Fresh-water Polyzoa. London. 1856. (R. S.) F. A. Smitt, Om Uafs-Bryozoernas utveckling etc. Stockholm. 1865. Derselbe, Kritisk förteckning öfver Skandinaviens Hafs-Bryozoer. Ofvers. königl. vetensk. akad. förhandl. 1865. 1866. 1867. ♦ Kowalewsky, Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Loxo- soma neapolitanuvi. M^m. Acad. imp^r. St. Petersbourg. Tom. X. 1866. Hyat,Observations on Polyzoa SuborderPhylactolaemata. Proc. Essex Inst. Vol. IV. Heller, die Bryozoen des adriatischen Meeres. Verh. der K. K. zoologisch- botanischen Gesellschaft. Tom. XVII. Wien 1867. H. Nitsche, Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Phylacto- laemen Süsswasserbryozoen, insbesondere von Alcyonella fungosa Pall. Inaugural- dissertation. Berlin. 1868. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Bryozoen. Zeitschrift für wiss. Zool. Tom. XX. 1869. A. Schneider, Zur Entwicklungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen und Gephyreen. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. V. 1869. Vergleiche ausserdem die Schriften von A. Farre, Ehrenberg, Milne- Edwards, Thompson, d'Orbigny, Hinks, Sars, Busk, Claparede, Kefer- stein etc. Integiiment. Ectocyste. Endocyste. 315 wurm) schmarotzende Loxosoma. In der Regel besitzen die Stöckchen eine hornige oder pergamentartige, häufig auch kalkige, seltener galler- tige Beschaffenheit, je nach der Natur der zellähnlichen Gehäuse, welche dm'ch die Erhärtung der Oberhaut in der Umgebung der Einzelthiere entstanden sind. Jedes Einzelthier sitzt in einer sehr regelmässig und symmetrisch gestalteten Zelle, Ectocyste, deren vordere, oft durch Fortsätze geschützte Oeffnung das Hervorstrecken des weichhäutigen Vorderleibes mit dem Tentakelkranz gestattet. Die mannichfache (i estalt der Zellen , sowie die einem reichen Wechsel unterworfene Art ihrer Verbindung bedingt eine überraschend grosse Mannichfaltigkeit in den Formen der aus ihnen zusammengesetzten Colonien. Meistens sind die Zellen völlig von einander abgeschlossen, rücksichtlich ihrer Verbindung aber bald schief oder senkrecht aufgerichtet, bald wagrecht hingestreckt, bald in einer Ebene nebeneinander ausgebreitet, bald reihenweise unter Bildung von Ramiticationen an einander geordnet. Auch können sich dieselben auf besondern, die Zweige und Aeste der Colonie zusammen- setzenden GHedern erheben, so dass sie keineswegs für sich allein durch ihre Aneinanderfügung die Gesammtheit des Thierstockes bilden. Ihre Mündungen kehren sich entweder nach einer oder nach zwei gegenüber- stehenden Seiten zu oder dieselben liegen radiär im Umkreis einer ge- meinsamen Achse in zahlreichen Strahlen. Der äussern chitinisirten und häufig inkrustirten zur Zelle gewordenen Oberhaut liegt das weichhäutige Körper-Integument als Endocyste mehr oder minder dicht an. Dasselbe besteht aus einer äussern Zellenlage, die man als die Matrix der Ecto- cyste aufzufassen hat und einem Netzwerk sich kreuzender einer homogenen Membran anliegender Muskelfasern (äussere Ringsfaser-, innere Längs- faserschicht), deren innerer, die Leibeshöhle begrenzender Fläche ein zartes Innenepithel mit reichem Besatz von Flimmerhaaren dicht anliegt. An der Oeffnung der Zelle stülpt sich die weichhäutige Endocyste nach Innen zurück und bildet von da an das ausschliessliche Integument des Vorderleibes, dessen basaler Theil (Duplicatur) bei den meisten Süss- wassevformen durch die hintern sog. Parietovaginalmuskeln (abgelöste Längsmuskeln) zurückgehalten, eingestülpt bleibt. Dagegen kann die Hauptmasse des . Vorderleibes mit dem Tentakelkranze an der Spitze (Tentakelscheide) durch besondere die Leibeshöhle durchsetzende Muskeln eingezogen und hervorgestülpt werden. Die Tentakeln, die entweder wie bei den Lophopoden auf einer zweiarmigen, hufeisenförmigen Scheibe (LopJiophor) oder wie bei den Stelmatopoden im Kreise angeordnet sind, stellen hohle äusserlich bewimperte mit Längsmuskeln versehene Aus- stülpungen der Leibeswand dar, deren Hohlraum mit der Leibeshöhle communicirt und sich von dieser aus mit Blut füllt. Sie dienen daher sowohl zum Herb eistrudeln von Nahrungsstoffen als zur Vermittlung der Respiration. 316 Verdauungsorgaue. Nervensystem. Die Verdauungsorgane liegen in dem durch die Leibeswandung gebildeten Sacke frei suspendirt und sind an dem Integument nur an der Mund- und Afteröffnung, sowie durch den sog. Funiculus und durch Muskelgruppen befestigt. In der Mitte der kreis- oder hufeisenförmigen Scheibe, Mundscheibe, liegt die Mundöffnung, oft {Fhylactolaemata Allm.) von einem beweglichen Epiglottis-ähnlichen Deckel (Episiom) überragt. Dieselbe führt in einen mit selbstständigen Wandungen versehenen schlingenförmig umgebogenem Nahrungscanal , an welchem man eine langgestreckte, bewimperte, oft zu einem musculösen Pharynx erweiterte Speiseröhre, einen sehr geräumigen, blindsackartig verlängerten und am Ende des Blindsackes durch einen Strang, Funiculus, an der Leibes- wand befestigten Magendarm und einen verengerten nach vorn zurück- laufenden Enddarm unterscheidet. Der letztere führt in der Nähe der Mundscheibe aber meist ausserhalb derselben durch die rückenständige Afteröffnung nach aussen. Her^ und Gefässsystem fehlen. Die Blut- flüssigkeit erfüllt den gesammten Innenraum der Leibeshöhle und wird sowohl durch die Cilien der Leibeswand als durch die Contractionen der Muskeln umherbewegt. Diese lassen sich im Wesentlichen auf drei Gruppen zurückführen. Die erste Gruppe umfasst die grossen Retractoren des Folypids (Darmtractus nebst Tentakelkrone), welche bilateral sym- metrisch an den Seiten der Leibeswandung entspringen, theilweise die Länge des Leibesraums durchsetzen und vorn am Schlünde sich an- heften. Die zweite Gruppe, die sog. Parietovaginal-Muskeln, besteht aus einer grössern Zahl kurzer Muskelbänder, welche den basalen, nicht selten bleibend eingestülpten Theil des Vorderkörpers befestigen. Endlich sind als dritte Gruppe die sog. Parietal-Muskeln zu unterscheiden; die- selben haben den oben bereits beschriebenen Verlauf in der Leibeswand, die Muskelbänder der circularen Schicht bilden oft kleine Abschnitte von Reifen, deren Contraction einen Druck zur Austreibung des Vorder- körpers veranlassen mag. Zur Respiration dürfte sowohl die gesammte Oberfläche des aus- gestülpten Vorderleibes, als besonders die Tentakelkrone dienen, welche man oft morphologisch als dem Kiemensacke der Ascidien entsprechend aufgefasst hat. Das Nervensystem besteht aus einem oberhalb des Schlundes zwischen Mund und After gelegenen Ganglion, welches bei den Lopho- poden in der Höhe des Lophophors eingeschlossen liegt und durch einen zarten Schlundring (Nitsche) am Oesophagus befestigt, Nervenfäden nach den Tentakeln und nach dem Oesophagus entsendet. Sehr merk- würdig ist die zuerst von Fr. Müller für Serialaria nachgewiesene Einrichtung eines Colonialnervensystems, welches den gesammten Stock durchzieht, die Einzelthiere verbindet und die gegenseitige Abhängigkeit in den Bewegungen und in einander greifenden Leistungen der Einzel- Colonialnerrensystem. Polymorphismus. 317 thiere zu bedingen scheint. Hier findet sich in dem Thierstocke ge- wissermassen »als Sitz der Colonialverwaltung« ein Nervensystem, welches die Thätigkeiten der Einzelthiere beeinflusst und zum Zusammen- wirken bestimmt. Jeder Zweig (Stengelglied) dieses trichotomisch ver- ästelten Thierstockes wird in seiner ganzen Länge von einem Nerven- stamm durchsetzt, welcher aus einem ansehnlichen Ganglion am Grunde des Stengelgliedes beginnt und sich an seinem obern Ende zur Verbin- dung mit den Ganglien der benachbarten Stengelglieder in Aeste theilt. Dazu kommt ein dem Stamme autliegender und aus den Ganglien her- vorgehender Plexus, welcher den Zusammenhang mit dem Nervensysteme der Einzelthiere herstellt. Ein im Grunde jedes Einzelthieres gelegenes Ganglion nimmt einerseits Nerven des Plexus auf und gibt nach der anderen Seite einen nach dem Darm des Thieres verlaufenden Nerven ab, dessen Zusammenhang mit dem Oesophagealganglion jedoch nicht erkannt werden konnte. Besondere Sinnesorgane sind nicht bekannt geworden. Uebrigens sind keineswegs überall sämmtliche Individuen eines Stockes gleichmässig gebaut und zu gleichen Leistungen befähigt. Die Bryozoen bieten uns vielmehr Beispiele eines sehr ausgeprägten Poly- morphismus. Die bereits für Serialaria erwähnten Stengelglieder stellen eine solche abweichende Individuenform vor; dieselben besitzen abgesehen von ihrer bedeutenden Grösse eine sehr vereinfachte Organisirung und werden zur Herstellung der ramificirten Unterlage für die ernährenden Thierzellen verwendet. Ausser diesen Stammzellen gibt es hier und da Wurzelzellen, welche als ranken- oder stolonenartige Fortsätze zur Be- festigung dienen. Besonders verbreitet aber sind eigenthümliche indi- viduelle Anhänge mancher marinen Bryozoenstöcke, deren Bedeutung sich auf die Herbeischaffung der Nahrung zu beziehen scheint, die sog. Avicularien und Vibracula. Die Avicularien oder Vogelköpfchen, wie man sie nach der Aehnlichkeit ihrer Form genannt hat, sind zweiarmige Zangen, welche den Thierzellen meist in der Nähe ihrer Oetfnungen an- sitzen und (oftmals unter Hin- und Herbewegungen) sich zeitweilig öffnen und schliessen. Sie können kleine Organismen, z. B. Würmer schnappen, bis zum Absterben festhalten und die zerfallenen organischen Reste der durch die Tentakel-Wimpern veranlassten Strömung übergeben. Die Vibracula stellen ganz ähnliche Köpfchen dar, welche sich anstatt einer Zange in einen sehr langen äusserst beweglichen Borstenfaden fortsetzen. Endlich wird eine besondere Individuenform als Ovizelle unterschieden. Dieselbe erhebt sich oft heim- oder kuppeiförmig und wird von einem Eie ausgefüllt, welches aus der Körperhöhle aufgenommen wurde. Alle diese verschiedenen Zellen haben mit Rücksicht auf die gleichartige Entstehung die gleiche morphologische Bedeutung als Indi- viduen, ähnlich wie die vielgestaltigen Anhänge der Siphonophoren. 318 Fortpflanzung. Statoblasten. Die Fortpflanzung der Bryozoen erfolgt theils geschlechtlich, theils ungeschlechtlich, im letztern Falle entweder durch die den Gemmulae der Spongillen vergleichbaren Keime, Statoblasten, und auf dem Wege der Knospung. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane reduciren sich auf Gruppen von Samenzellen und von Eiern, welche meist in demselben Thiere nebeneinander entstehen, seltener auf verschiedene Individuen gesondert sind. Bei weitem die grösste Mehrzahl der Bryozoen scheint hermaphroditisch zu sein. Die mit zahlreichen Eizellen erfüllten Ovarien liegen der Innenfläche der vordem Körperwand an, während die Hoden mit ihren Samenkapseln entweder an dem obern Theile des vom Magen- grunde entspringenden Bandes, Funiculus, oder an der Insertionsstelle desselben an der Leibeswandung ihren Ursprung nehmen. Beiderlei Geschlechtsproducte gelangen in die Leibeshöhle, wo die Befruchtung erfolgt und die Entwicklung der Eier beginnt. Wahrscheinlich ist eine besondere Oetfnung zwischen der Basis zweier Tentakeln vorhanden, durch welche Eier oder Embryonen aus dem Körper des Mutterthieres austreten. Als Statoblasten^) bezeichnet All man eigenthümliche Fort- pflanzungskörper , welche früher als hartschalige Wintereier gedeutet waren, von jenem Forscher aber als abfallende, einer Befruchtung ent- behrende Keime erkannt wurden. Dieselben entstehen als Zellenhaufen vornehmlich gegen Ende des Sommers an dem strangförmigen Funiculus der Süsswasserbryozoen , besitzen meist eine linsenähnliche, beiderseits flachgewölbte Gestalt und werden von zwei uhrglas-förmigen harten Chitinschalen bedeckt, deren Peripherie häufig mit einem flachen aus Luft-haltigen Zellräumen bestehenden Ringe (Schwimmring) eingefasst ist, zuweilen auch {Cristatellu) einen Kranz von hervorstehenden Stacheln zur Entwicklung bringt. ländlich spielt die Fortpflanzung durch äussere und innere Knospen, welche in dauernder Verbindung bleiben, eine grosse Rolle, dieselbe beginnt schon sehr frühzeitig, kann sogar schon mit der Ausbildung des Embryos zusammenfallen und gibt zu der Entstehung der Colonien Veranlassung. Selten führt die AbschnürunQ^ einer Colonie durch Theilstücke zur Vermehrung der Thierstöckchen {Cristutella, Lophopus). Die Entwicklung ist bei den Phylactolaemen eine dem Generations- wechsel nahe stehende Metamorphose. Das befruchtete Ei gestaltet sich nach Durchlaufen des Furchungsprocesses zu einem bewimperten Embryo um, welcher einen Innern Hohlraum und an dem vordem Pole eine mit jenem communicirende Oeff"nung erhält. Indem sich die innere Wandung des Hohlraumes abhebt und in ihrer hintern Partie durch die vordere Oeffnung hervorstülpt, entsteht eine zapfeuförmige , am Mündungsrande 1) Ueber die Entstehungsweise derselben finden sich genaue Beobachtungen in den Schriften von Allman und besonders von Nitsche. Metamorphose. Knospung im Körper des Embryos. Marine Larven. 319 wie von einem Kragen umgebene Hervorragung, an welcher sich bald eine innere Knospe zeigt und zu dem eigentlichen Thier mit Darm- und Tentakelanlage heranbildet. Zuweilen (Älcyonella) entsteht alsbald neben der ersten noch eine zweite Knospe, die sich in ganz überein- stimmender Weise zu einem zweiten Individuum differenzirt, so dass der noch von der EihüUe umschlossene bewimperte Embryo gewissermassen schon ein Thierstöckchen mit zwei Individuen repräsentirt. In anderen Fällen (Plumatella) bleibt jedoch der Embryo einlach und verlässt mit nur einem Keime ausgestattet die Eihüllen, um eine Zeitlang mittelst der Wimperbekleidung frei im Wasser umherzusch wärmen. Später fallen die Wimpern des Sprösslings ab, derselbe heftet sich fest und wird unter fortschreitender Neubildung von Sprossen zu dem sich rasch vergrössern- den Thierstöckchen. Bei den marinen chilostomen Bryozoen gelangen die befruchteten Eier nach Huxley und Nitsche in besondere an der Mündung der Zooecien (Zellen) angebrachte Eierzellen, Ovicellen, welche aus einer helmförmigen Kapsel und einem blasenähnlichen Deckel bestehn. In diesem Behälter durchläuft das Ei die Furchung und entwickelt sich zu einem bewimperten Embryo, welcher als überaus contraktile Larve ausschwärmt und frei im Meere umherschwimmt. Die bewimperte Larve besitzt im Allgemeinen eine pfirsichförmige freilich oft mehr oder minder abgeflachte Leibesgestalt, trägt oberhalb der in einer tiefen Kerbe ge- legenen Mundüffnung einen Büschel längerer Geisseifäden und gegen- über an dem obern Körperpole einen breiten cylindrischen einziehbaren Fortsatz, dessen oberer Rand mit einem Kranze von unbeweglichen Borsten besetzt ist. Auch können braune und rothe Pigmentflecken in bestimmter Zahl und in symmetrischer Lage am Körper vorkommen. Nach einiger Zeit setzen sich die Larven fest, werfen die Wimpern ab und gestalten sich unter Verlust ihrer frühern Organisation zu einem in fester Membran eingeschlossenen Häufchen von Bildungsmasse um. Dieses formt sich in der Mitte des bedeutend verlängerten Behälters (bei Bugula flahellata) zu einem bräunhchen Körnerliaufen mit obern gelblichen Wulst, aus welchem die Anlage der Darmtraktus und der Tentakelkrone hervorgeht. Das primäre Zooecium entsteht aus der Bildungsmasse der umgewan- delten Larve in derselben Weise, wie jedes andere Zooecium aus einer Knospe am Bryozoenstock. Das primäre Zooecium treibt nun bald durch Sprossung neue Zooecien, es bilden sich Avicularien und schliess- lich, aber freilich erst nach dem Untergang der altern Zooecien, auch Wurzelfäden, welche durch Ausbreitung auf der Unterlage zur Befestigung des Stockes wesentlich beitragen. Neuerdings wurde von A. Schneider dargethan, dass der in allen Meeren verbreitete beschalte Cyphonauies, über dessen Deutung sehr verschiedene Ansichten ausgesprochen waren, die Larve von Membrani- pora pilosa ist. Der Körper dieser merkwürdigen Larve hat die Gestalt 320 Cyphouautes. Loxosomalarve. einer flachgedrückten Glocke, deren Höhle der Vorhof zur Mundöfifnuiig ist. Aussen von zwei Schalenklappen bedeckt, die sich längs des einen Randes, des Schlossrandes, verbinden, läuft derselbe vorn an der Spitze der Glocke in einen freiliegenden mit Wimpern besetzten Knopf aus, zu dem mehrfache Muskelfasern herantreten. Der im Grunde der Vorhofs- höhle gelegene Mund, nach welchen ein Wimperbesatz der Vorhofshöhle die Nahrungstheilchen hinleitet, führt in einen gerade am Rande nach hinten verlaufenden Darm, dessen Afteröffnung am Vorhofsrande von einer zwar geschlossenen aber aufwärts umbiegenden Wimperschnur um- säumt wird. An dem gegenüberliegenden Schlossrande ragt ein kegel- förmiges Organ in den Vorhof hinein, welches ebenfalls von Wimpern umsäumt ist und einen mit längern Wimperhaaren besetzten zungen- förmigen Fortsatz nach aussen vortreten lässt. Noch ist ein paariges räthselhaftes Organ von elliptischer Form zu erwähnen, das von Claparede als Schliessmuskel gedeutet wurde. In seiner weitern Ent- wicklung setzt sich der Larvenleib — wahrscheinlich mit Hülfe des kegelförmigen Organes — fest und bildet sich zu einem flach viereckigen Körper um, den die aufgeklappten und im Schlossrande gespaltenen Schalen schildförmig bedecken. Darm und Wimperapparat sind verloren gegangen, der Leibesinhalt stellt eine scheinbar strukturlose körnige Masse dar, in der man einen undeutlich abgegrenzten ovalen Haufen unterscheidet. Schliesslich verwandelt sich der Körper innerhalb der beiden verschobenen Schalenklappen in eine gleichmässige zellige Scheibe mit zarter doppelt conturirter Wandung. Die Zellscheibe, anfangs quer oval, streckt sich jetzt bedeutend in der Längsachse und verändert ihre Dimensionen in umgekehrter Richtung, die Wandung verkalkt bis auf einen ovalen Raum am Vorderende und wird zur Bryozoenzelle, während sich aus dem Zell- haufen des Inhalts der Darmtraktus und der Tentakelkranz nebst Tentakel- scheide diff'erenzirt. Nach 48 Stunden ist aus dem CyphoKautes eine Membranipora pilosa geworden, welche nach Verlust der Larvenschale ihre Tentakel vorstreckt und bereits noch ehe sie fertig ausgebildet ist an vier Punkten Knospen zu treiben beginnt. Auch die merkwürdige Loxosoma entwickelt sich mittelst Metamorphose. Die Larven derselben besitzen wie manche Annelidenlarven einen Flimmerreifen unterhalb der Mundöö'nung und tragen auf dem Scheitel einen Cilienbüschel. Die Statohlasten entwickeln, nachdem sie den Winter mit latentem Leben überdauert, aus ihrem Inhalte wahrscheinlich stets einfache un- bewimperte Thierchen, welche bei ihrem Ausschlüpfen bereits alle Theile des Muttertliieres besitzen, sich sogleich bleibend befestigen und durch Knospung zu neuen Colonien auswachsen. Die Bryozoen leben grösstentheils im Meere und nur in verhältniss- mässig geringer Zahl im süssen Wasser. Sie siedeln sich auf den ver- schiedensten Körpern an und überziehen parasitisch sowohl Steine, Muschelschalen, Corallen, Tange als die Stengel und Blätter von Süss- 1. Ordnung: Lophopoda = Phylactolaemata. 321 Wasserpflanzen. Nur einige Süsswasserformen , der Gattung Cristatella zugehörig, besitzen als Colonie eine freie Ortsveränderung. Hier sind die einer festen Entocyste entbehrenden Einzelthiere in drei länglich gestreckten concentrischen Reihen auf einer gemeinsamen contractilen Fussscheibe angeordnet, Avelche über Pflanzenstengel und feste Gegen- stände im Wasser fortkriecht. Wenige Bryozoen wie Terebripora und Spathipora bohren in Muschelschalen. Auch in der Vorwelt waren die Bryozoen überaus verbreitet, wie die zahlreichen von der Jui'assischen Formation an zunehmenden Ueberreste beweisen. Die Eintheilung der Bryozoen stützt sich im Wesentlichen auf die Art der Anordnung der Tentakeln, das Vorhandensein eines Epistoms und die Gestaltung der Zellmündung. 1. Ordnung: Lophopoda, Annwirbier. Phylactolaemata. JBryoBoen mit meist bilateralem hufeisenförmigen Tentakelträger und beweglichem Epistom, im süssen Wasser lebend. Die Lophopoden sind durchweg Süsswasserbryozoen und characte- risiren sich vornehmlich durch die zweiseitige Anordnung der sehr zahlreichen Tentakelfäden, welche sich auf einer zweiarmigen, huf- eisenförmigen Mundscheibe (Lophophor) erheben, üeberall findet sich über der Mundöfthung ein beweglicher zungenförmiger Deckel, dessen Vorhandensein Allmann zur Bezeichnung dieser Ordnung als Phylactolaemata bestimmte. Die Thiere besitzen meist eine sehr an- sehnliche Grösse und verhalten sich im Gegensatz zu den polymorphen Seebryozoen im Allgemeinen gleichartig; ihre Zellen communiciren häufig untereinander und bilden bald ramificirte, bald mehr spongiöse massige Stöckchen von überaus durchsichtiger, bald horniger, bald mehr weich- häutig lederartiger bis gallertiger Beschaff'enheit. Die Fortpflanzung geschieht durch Eier und meist auch durch Statoblasten. 1. Farn. Cristatellidae. Freibewegliche Stöckeben, auf deren oberer Fläche sich die Einzelthiere in langen concentrischen Kreisen erheben. Cristatella Cuv. Das hyaline Stöckchen mit gemeinsamer Fussscheibe zur Lokomotion. Die Statoblasten kreisförmig mit einem Schwimmring und Randdornen. PI. mucedo Cuv. 2. Fam. Plumatellidae. Festsitzende, massige oder veräftelte Stöckchen von fleischiger oder pergamentartiger Consistenz. Pectinatella Leidy. Stöckchen massig. Ektocyste gelatinös. Statoblasten kreis- rund mit Randdornen. P. magyiifiea Leidy. Lophopus Dum. Ectocyste gelatinös. Statoblasten ohne Randdornen. L. crystalUnus Fall. Alcyonella Lam. Die röhrenförmigen Zellen vereint, die Ectocysten von per- gamentartiger Consistenz. A. fungosa Fall. A. fläbellum Van Ben. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 21 322 2. Orduung: Steltnatojioda =. Gymnolaemata. Pliimatella Lara. Die röhrenförmigen Zellen distinkt. Ektocyste Aon per- gamentartiger Consistenz. PI. repens Lin., stricta AUm., elegans Alim. u. v. a. A. Fredericella Gerv. Die Arme des Lophophors verkümmert, so dass die Ten- takeln in ziemlich geschlossenem Kreise stehn. Fr. sultana Blmb. 2. Ordnung: Stelmatopoda , Kreiswirbler. Gymnolaemata. Grossentheils marine JBryozoen mit scheibenförmigem Tentahel- träger, in geschlossenem Kreise angeordneten lentaheln und unhedecktem Mund. Mit Ausnahme der Urnatelliden und Paludicelliden sind die Stelma- topoden marine Bryozoen. Dieselben entbehren durchweg des Epiglottis- ähnlichen Epistoms und besitzen einen geschlossenen Kreis von minder zahlreichen Tentakeln, welche einer runden Mundscheibe entspringen. Bei manchen Formen wie bei Alcyonidium gelatinosum ., Membranipora pilosa wurde ein flaschenförmiger flimmernder Ganal (Farre, Smitt) in der Leibeshöhle beobachtet, der neben den Tentakeln ausmündet und als Wassergefässcanal vielleicht den Schleifencanälen der Gliederwürmer entspricht. Statoblasten kommen nur selten vor (z. B. bei Faludicella), dagegen denselben entsprechende innere Knospen, die eine ungeschlecht- liche Vermehrung einleiten. Aus den Eiern gehn meist bewimperte Larven hervor. In einigen Gattungen wie Serialaria, Scrupocellaria und Bugula kommt ein Colonialnervensystem vor. Die Stöckchen sind meistens polymorph, oft aus Wurzel- und Stammzellen mit Vibracula und Avicularien zusammengesetzt. Die Ektocysten bieten einen ausser- ordentlichen Wechsel der Form und Verbindungsweise und sind bald hornig fest, bald kalkig inkrustirt. 1. Unterordnung: Cyclostomata. Die weiten und endständigen Zellmündungen entbehren der beweg- lichen Anhänge. Die meisten Gattungen und Arten sind fossil, viele leben aber noch in den hochnordischen Meeren. a. Badicellata = Ärticulata. 1. Fam. Crisiadae. Die Stöckchen erheben sich aufrecht und sind gegliedert. , Crisia Lamx. C. comuta Lam., Mittelmeer und Nordsee. C. denticulata Lam., C. ehumea Lin. Ebendaselbst. b. Incrustata = Inarticulata. 2. Fam. Diastoporidae. Die Stöckchen sind in Form einer Cruste ausgebreitet mit zerstreuten Zoücien. Biastopora Lamx., 1). repens Wood, Nordische Meere. I). Simplex Busk, B. patina Lara., auf Seepflanzen im arktischen Meere. B. mean- drina Wood iMesenteripora Biainv.), Grönland. 3. Fam. Tubuliporidae. Die Zoöcien stehen in zusammenhängenden Reihen. Idmonea Lamx, Das Stöckchen aufrecht nach Art eines verzweigten Stammes. I. atlantica Forbes, Arktisches Meer. I. serpens Lin., an der Westküste Skandinaviens. ryclostomata. Ctcnostomata. 823 Phalangella Gray. Die Stöckchen kriechend , flächenhaft entwickelt, Ph. palmata Wood, Arktisches Meer. Ph. fimbria Lara., Ph. flabellaris Fabr., beide in weniger bedeutenden Tielen des arktischen und der nordischen Meere. — Proboscina Aud., Stamm aufrecht mit verbreitertem Scheitel. Pr. incrassata D'Orb., penicillata Fabr., Fungia Couch. 4. Fam. Horneridae. Am Scheitel des aufgerichteten Stammes findet seitliche Knospung statt. Hornera Lamx. H. violacea Sars. H. lichenoides Lin. , Nordische Meere. 5. Fam. Lichenoporidae. Die Randknospung erfolgt im Kreis , aus dessen Centrum die Zoöcien ausstrahlen. — Discoporella Gray, 2>. verrucaria Lin., Arktisches Meer. c. Fasciculinea. 6. Fam. Frondiporidae. Die Zoöcien bündelweise vereinigt oder auf zu- sammengesetzte Reihen vertheilt. Die erste Knospung erfolgt seitlich. Frondipora ßlainv. F. reticulata Lin., Kamtschatka. 7. Fam. Coryniboporidae. Unterscheidet sich von den Frondiporiden durch die im Kreise erfolgende Randknospung. Corymbopora Mich. Die Zoöcien bündelweise vereinigt. C. fungiformis Smitt, Scandinavien. — Coronopora Gray. Die Zoöcien sind durch zusammengesetzte Reihen vertheilt. C. truncata Jameson, Betgen. Defrancia Bronn. Dnr Stamm einlach, nach Art eines Bechers ausgehölt und ausgebreitet. X>. lucernaria Sars, Spitzbergen. 2. ünterordnimg: Gtenostomata. Die endständigen Zellmündungen sind von einem ßorstenkreis um- stellt, welcher gewissermassen als Deckel des eingestülpten Thieres dient. Stammzellen und Wurzelfasern kommen häufig vor, l.Fam. Halcyonellidae. Zoöcien unter sich zu fleischigen Stöckchen von un- regelmässiger Form vereint. Älcyonidium Lamx. (^Halodactylus Farre). Aeussere Oberfläche der Zoöcien nackt. A. mytili Dal. A. hirsutum Flemng. A. gelatinosum Lin., Kordische Meere u. a. A. — Cycloum Hass. Die äussere Oberfläche der Zoöcien mit Papillen oder Borsten besetzt. A. papillosum Hass. 2, Fam. Vesicularidae. Die Zoöcien erheben sich als freie Schläuche auf dem verv.weigten , kriechenden oder aufgerichteten Stöckchen. Vesicularia Tbomps. {Valkeria Flemng.). Die ovalen langgestreckten Zoöcien sessil. Die Thiere mit 8 — 14 Tentakeln. V. uva Lin. V. cuscuta, Ostsee und nordische Meere. — {Farrella Ehbg.). Die Zoöcien gestilt. Die Thiere mit 10 — 16 Tentakeln. V. familiaris Gros. — F. pedicellata Aid., Norwegen. — Avenella Dal. Die cylindrisch linearen Zoöcien sessil. Die Thiere mit 18—20 Tentakeln. V. fusca Dal. Hier schliesst sich die bisher meist zu den Lophopoden zugezählte Familie der Pedicellinen an. Es sind marine Bryozoenstöckchen mit Stolonen, auf denen sich die langgestilten Einzelthiere mit ihren eingekrümmten Tentakeln erheben. Die Tentakeln stehen kreisförmig, aber auf einem Träger, der sich auf zwei an der Spitze verbun- dene Arme zurückführen lässt. Pedicellina Sars. P. belgica Van Ben. P. echinata Sars, Norwegen. 21* 324 Chilostomafa. Cellularina. Flustrina. Den Pedicellinen am nächsten verwandt ist die sonderbare Loxosoma Kef. Einzelthier mit 10 Tentakeln. Darmapparat mit einfacher von langen Cilien umstellter OefFnung, die zugleich als Mund und After fungirt. Getrenntgeschlechtlich. Fuss-Ende mit Drüse und 4 paarweise gestellten Haftorganen. L. singulare Kef. L. neapoli- tanum Kow. 3. Unterordnung: Chilostomata. Die Mündungen der hornigen oder kalkigen Zellen sind durch einen Ringmuskel des Lippenrandes verschliessbar. Avicularien, Vibra- cula und Ovizellen werden oft angetroffen. a. Cellularina. Die ZoOcien hornig trichterförmig, ihr unterer Theil conisch oder röhrenförmig. 1. Farn. Äeteidae. Die röhrenförmigen Zoöcien mit apicaler aber seitlicher nandung. Aetea Lamx. A. truncata Landsb. , Britannien und Norwegen. A. an- guina Lin. Von Belgien bis Norwegen. 2. Farn. Cellularidae. Die konischen oder vierseitigen Zoöcien der verästelten Stöckchen aufrecht, mit seitlicher elliptischer oder ovaler Mündung. Avicularien, Vibracula und Ovizellen sessil. Eucratea Lamx, Zoöcien in einer Reihe gestellt, unbewaffnet. Stamm kriechend oder schluff erhoben. E. echelata Lin., Nördliche Meere. — Cellularia Pallas. Zoöcien 2 oder Sreihig meist mit Avicularien und Vibracula bewaffnet. Stamm gegliedert. C. ternata Sol. Von Belgien bis Spitzbergen. C. scäbra Van. Ben. = Flustra scruposa Fabr. C. reptans Lin. In denselben Meeren. Bei C. Peachii Busk fehlen Avicularien und Vibracula. — Gemel- laria Sars. Zoöcien zweireihig mit dem Rückentheil verwachsen, unbewaffnet. G. loricata Lin. Europ. und Arktische Meere. — Caberea Lamx. Zoöcien zwei- bis vielreihig, mit Avicularien und Vibracula, Stamm ungegliedert. C. Ellisii Flemng., Nördl. und Arktische Meere. 3. Farn. Bicellaridae. Die Zoöcien conisch oder vierseitig, gebogen, ihre seit- liche Mündungsfläche elliptisch und schräg zur Medianebene der Achse gelegen. Avicularien gestilt. Bicellaria Blainv. B. ciliata Lin. als Ueberzug auf Fucoideen und Sertularinen, an den Küsten Frankreichs, Belgiens und Englands. B. Alderi Busk. — Bugula Oken. B. avicularia Lin., in den europ. Meeren bis Spitzbergen verbreitet. — Beania Johnst. B. mirabilis Johnst , England. b. Flustrina. Zoöcien quadratisch mit ebener Aussenfläche. 1. Fam. Flustridae. Zoöcien rechteckig oder zungenförmig, die der lebenden Arten häutig zu einer breiten incrustirenden Fläche vereinigt. Flustra Lin. Fl. membranacea Lin., Nördl. atl. Ocean. Fl. securifrons Fall., Mittelmeer und All. Ocean. Fl. papyrea PaU., Ebendaselbst. Fl. foliacea Lin. Von Frankreich bis Nor- wegen. 2. Fam. Cellaridae. Die Zoöcien setzen aufrechte und verästelte Colonien zu- sammen. Cellaria Lamx. (Salicornaria Johnst.), C. borealis Busk, Grönland und Spitzbergen. C. fistulosa Lin., Miltelmeer. 3. Fam. Membraniporidae. Zoöcien mehr verkalkt, zu einer incrustirenden Colonie vereinigt. Membranipora Blainv. M. lineata Lin., Nördl. atl. Ocean bis zum Eismeer. M. nitida Johnst., England. M. pilosa Lin., Miltelmeer und atl, Ocean u, a. A. Eschariiia. Celleporina. IV. Ciasse: Rotatoria. 325 c. Escharina. Zoöcien meist verkalkt, quadratisch oder halboval, mit seitlicher OefFnung. 1. Farn. Eschariporidae. Die Oeffnung der rhombischen bis cylindrischen Zoöcien halbkreisförmig, die Vorderseite gespalten oder durch einen medianen Porus durchbrochen. Escharipora D'Orb. Vorderseite der Zoöcien gespalten oder durch poröse Querfurchen gestreift. E. figularis Johnst., Nördl. Sleere. E. annulata Fabr., Skandinavien. — I'orina D'Orb. Die Vorderseite der Zoöcien glatt porös mit einem runden oder halbmondförmigen Medianporus. P. Malusii Aud. =: Lepralia biforis Johnst., Kördl. Meere. P. ciliata Pall. Mittelmeer und Ocean bis Spitzbergen. — Anarthropora Smilt. Die Zoöcien mit röhrenförmigen Mündungsabschnitt und Median- porus. A. monodon Busk. A. borealis ßusk, Norwegen bis Spitzbergen. 2. Fam. Myriozoidae. Zoöcien ;;uerst flach vierseitig oder wenig convex, dann rhombisch oder oval, zuletzt cylindrisch mit concav gekrümmten in der Mitte aus- gebuchtelen unteren Rand der Mündung. Escharella D'Orb. E. porifera Smitt, Arktisches Meer. E. auriculata Hass., Grönland und Spitzbergen. — Mollia Lanx. M. vulgaris Moll., Spitzbergen. 31. Jiyalina Lin. , Arktisches Meer. — Myriozoum Don. M. crustaceum Smitt, Arktisches Meer. 3. Fam. Echaridae. Die primitive Mündung der Zoöcien halbelliptisch oder kalbkreisförmig oder rund, die secundäre nach dem untern Rand für das eingefügte Avicularium verschmälert. Lepralia Johnst. L. pallasiana Moll., Kördl. Meere. — Porella Gray. P. laevis Flemng., Norwegen, — Eschara Ray. E. verrucosa Busk, Arktisches Meer. E. cervicornis Fall., Von Norwegen bis Grönland. — Escharoides M. Edw. E. rosacea Busk, Arktisches Meer. 4. Fam. Discoporidae. Zoöcien rhombisch oder oval mit halbelliptischer oder halbkreisförmiger Oeffnung, deren ünterrand einen stachelförmigen F'ortsatz bildet. Discopora Sm'M, J>. scwiwZaia Busk, Grönland und Spitzbergen. 2). cocciweo Abildg., Kördl. Meere. d. Celleporina. Zoöcien verkalkt, rhombisch oder oval mit endständiger Slüiidung. 1. Fam. Celleporidae. Colonie lamellär unregelmässig kriechend oder rundlich, zweigbildend und aufrecht. — Cellepora Fabr. Avicularium median und schräg an dem Unterrande der Mündung befestigt. C. scdbra Fabr., Arktisches Meer. C. ra- mulosa Lin., Nördl. Meere bis Spitzbergen. — Celleporaria Lamx. Ohne medianes Avicularium an der Mündung des Zoöciums. C. Hassallii Johnst., Nördl. Meere. 2. Farn. Heteporidae. Die oval-cylindrischen Zoöcien zu einem retikulirteu Stock vereinigt. Betepora Lam. JB. cellulosa Lin., Mittelmeer bis Arktisches Meer. IV. Classe. Rotatoria') = Rotiferi^ Räderttiiere. Würmer von meist ungleichartiger Leihesgliederung mit einem vor- stülpbaren Wimperapparate am vordem Körperende., mit Gehimg anglion, ohne Herz und Gefässssytem, getrennten Geschlechtes. Die Räderthicre stehen entschieden den Würmern näher als den Arthropoden, da sie der Extremitätenpaare durchaus entbehren und ein 1) Ehrenberg, Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Leipzig. 1838. F. Dujardin, Histoire naturelle des Infusoires. Paris. 1841. 326 Körperform und Bau. Räderorgan. dem Wassergefässsysteme der Würmer entsprechendes Excretionsorgan besitzen. Der Körper der Räderthiere ist in der Regel äusserlich ge- gliedert und zerfällt je nach der Stärke der Chitinhaut in mehr oder minder deutlich abgegrenzte Segmente, ohne aber diesen entsprechende Segmente der innern Organe zu besitzen. Man unterscheidet einen Vorderleib, welcher zuweilen in Kopf und Rumpf abgegrenzt, die ge- sammten Eingeweide in sich einschliesst und einen beweglich abgesetzten fussartigen Hinterleib, der meist mit zwei zangenartig gegenüberstehenden Borsten oder Stilen endet und theils zur Befestigung theils zur Bewegung dient. Dass dieser häufig geringelte oder segmentirte Fuss, welcher nicht selten wie z. B. bei Brachionus, Hydatina ein Klebstoff absonderndes Drüsenpaar enthält, als ein dem Vorderleibe continuirlich sich anschliessen- der Leibesabschnitt autzufassen ist und nicht etwa einem verschmolzenen Extremitätenpaare entspricht, geht unzweideutig aus den festsitzenden von Hülsen oder Gallertmassen umgebenen Tuhicularien hervor; wollte man den Hinterleib von Conochüus und ähnhchen Formen als Extremität deuten, so würde man kaum einen Schritt weiter zu gehen haben, um auch den Schwanzanhang der Cercarien in diesem Sinne aufzufassen, üebrigens kann auch die Ghederung des Vorderleibes vermisst werden und ein dicker staiTer Hautpanzer denselben umgeben. Andererseits können aber auch die äussern Leibesringe eine verschiedene Länge und Breite besitzen und durch ihre abweichende Form und Grösse die Heteronomität der Arthropoden vorbereiten. Ein wichtiger Charakter der Rotiferen liegt in dem am Kopfende sich erhebenden meist pinziehbaren Wimperapparat, welcher wegen der Aehnlichkeit mit einem oder mehreren rotirenden Rädern als »Räder- organ« bezeichnet wird. Nur in wenigen Fällen (Äpsilus, Taphrocampa, Balatro) ist das Räderorgan geschwunden, bei Äpsilus in Folge regres- siver Metamorphose. In seiner einfachsten Form erscheint dasselbe bei Dalrymple, Transact. Roy. Soc. 1849. H. Nägeli, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Räderthiere. Zürich. 1852. Fr. Leydig, Ueber den Bau und die systematische Stellung der Räderthiere. Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. VI. 1854. F. C oh n, Ueber Räderthiere. Ebendas. Bd. VII. 1856, Bd. IX. 1858. Bd. XII. 1862. Gosse, On the structure, functions and homologies of the manducatory organs of the class. Rotifera. Phil. Transact. 1856. E. Metschnikoff, Äpsilus lenliformis, ein Räderthier. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XVI. 1866. E. Claparfede, Miscellanöes zoologiques. Ann. des sciences nat, Tom. VIII. 1867. H. Grenacher, Einige Beobachtungen über Räderthiere. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XIX. 1869. Vgl. ausserdem die Arbeiten von Perty, Huxley, Williamson, Weisse, Davis II. a. Danncanal. Excretionsorgan. Xcrvensystera. 327 Notommata tardigrada als bewimperte Mundspalte, dann als der in seiner ganzen Circumferenz mit Cilien bekleidete Kopfrand, z. B. bei Hydatina und iVb^omma^aarten. Bei anderen Formen erhebt sich der bewimperte Samn über den Kopf hinaus bis zur Bildung sog. Doppel- räder, z. B. Phüodma, Brachionus, und gestaltet sich auf einer hohem Stufe zu einen bewimperten Kopfschirm um, z. B. Megalotrocha , Tubi- colaria. Endlich erscheint derselbe in knopfartige {Flosculariä) oder gar armförmige Fortsät'-je (Stephanoceros) verlängert. Mit Ausnahme der letzten Formen bilden die Wimpern einen continuirlichen Saum, welcher von der Mundöfl'nung ausgeht, wiederum zu derselben zurück- führt und vornehmlich die Aufgabe hat, kleine zur Nahrung dienende Körper herbeizustrudeln. Ausser dem Räderorgane besitzen die liotiferen noch eine zweite Reihe von sehr zarten Flimmercilien , welche vom Rücken aus an beiden Seiten zu der an der Bauchfläche des Räder- organs gelegenen Mundöfl'nung herabführen und die kleinen vom Strudel des Räderorganes erfassten Nahrungskörper in dieselbe hineinleiten. Die Verdauungsorgane bestehen aus einem erweiterten, mit einem beständig klappenden Kieferapparat bewaffneten Schlundkopf, einer engern Schlundröhre, einem grosszelligen , innen bewimperten Chylusdarm, an dessen Eingang zwei ansehnliche Drüsenschläuche aufsitzen und dem ebenfalls bewimperten Enddarm, welcher am Ende des Vorderleibes, da wo sich der fussartige Hinterleib inserirt, auf der Bauchfläche ausmündet. Indessen werden Enddarm und After bei einigen Rotiferen, deren Chylus- darm blindgeschlossen endet, z, B. Ascomorpha^ Asplanchna vermisst. Ein Blutgefässsy Stern fehlt durchaus, und die helle Blutflüssigkeit ist in der Leibeshöhle eingeschlossen. Was Ehrenberg als Gefässe beschrieben hat, sind die Muskeln und Muskelnetze unter der äussern Körper- bedeck ung. Ebensowenig finden sich gesonderte jRespirationsorgane, die gesammte äussere Bedeckung vermittelt die Athmung, Die sog. Respirationscanäle entsprechen den Segmentalorganen der Anneliden und sind wie diese Excretionsorgane. Es sind zwei geschlängelte Längs- canäle mit zelliger Wandung und mit flüssigem Inhalt, welche durch kurze und bewimperte Seitenzweige (Zitterorgane), meist wohl offene Wimpertrichter, mit der Leibeshöhle in Coramunication stehen und ent- weder direct oder vermittelst einer contractilen Blase (Respirationsblase) in die Kloake münden. Ehrenberg gab irrthümlich die Seitencanäle für Hoden und die Blase für eine Samenblase aus, eine Deutung, welche wiederum die bekannten Irrthümer in der Auslegung des Infusorienbaues veranlasste. Das Nervensystem der Rotiferen schliesst sich am nächsten dem der Turhellarien und Trematoden an. Die Centraltheile desselben bilden ein oft zweilappiges über dem Schlünde gelegenes Gehirn ganglion, von welchem Nerven zu eigenthümlichen Sinnesorganen der Haut und zu den Muskeln abgehen. Augen liegen nicht selten entweder als ein 328 Äugenfleck. Geschlechtsorgane. Sommereier. Wintereier. xförmiger unpaarer Piginentkörper oder als paarige mit lichtbrechenden Kugeln verbundene Pigmentflecken dem Gehirn auf. Die erwähnten Sinnesorgane der Haut, wahrscheinlich Tastorgane, sind mit Borsten und Haaren besetzte Erhebungen, selbst röhrenartig verlängerte Fort- sätze (Respirationsröhren des Nackens) der Haut, unter denen die Sinnes- organe mit ganglienartigen Anschwellungen enden. In früherer Zeit hielt man die Räderthiere für Zwitter, ohne freilich die männhchen Geschlechtsorgane nachweisen zu können. Erst die Entdeckung der seltenen und kleinen Rotiferenmännchen lieferte den sichern Beweis für die Trennung des Geschlechtes und für einen höchst auffallenden Dimorphismus der männlichen und weiblichen Thiere. Die Männchen unterscheiden sich nicht nur durch ihre weit geringere Grösse und mehr oder minder abweichende Körperforra von den Weibchen, sondern durch die völlige Abwesenheit des Verdauungsapparates, sie verlassen bereits in voller Ausbildung das Ei, nehmen keine Nahrung auf und leben nur verhältnissmässig kurze Zeit, Die Geschlechtsorgane reduciren sich auf einen mit Samenfäden gefüllten Hodenschlauch, dessen musculöser Ausführungsgang zuweilen auf einem papillenartigen Höcker am hintern Ende des Vorderleibes mündet. Die weiblichen Geschlechts- organe bestehen aus einem rundlichen oder mehr gestreckten, mit Ei- keimen gefüllten Ovarium zur Seite des Verdauungsapparates und einem kurzen Eileiter, welcher ein einziges oder nur wenige reife Eier, oft mit vorgeschrittener Embryonalentwicklung enthält und meist in der Kloake mündet. Fast sämmtliche Räderthiere sind Eier legend, aber durch- weg bringen sie zweierlei Eier hervor, dünnschalige Sommereier und dickschalige Wintereier. Beide tragen sie oft äusserlich an ihrem Körper mit sich herum, während allerdings die Sommereier nicht selten im Eileiter die Embryonalbildung durchlaufen. Wahrscheinlich entwickeln sich die erstem ohne Befruchtung parthenogenetisch (Cohn), da die Männchen zu jener Jahreszeit fehlen und stets aus Sommereiern hervor- gehn. Die dickschaligen oft dunkler gefärbten Wintereier mit ihrer zweiten äussern Schale werden im Herbst erzeugt und sollen befruchtet sein. Die Eier erleiden eine unregelmässige Dotterklüftung, indem sich meist an einem Pole die kleinern Furchungskugeln anhäufen. Der Embryo bildet sich stets ohne vorausangelegten Primitivstreifen. Die freie Entwicklung verläuft ohne oder mit unbedeutender, zuweilen rück- schreitender Metamorphose; am auffallendsten erscheint die letztere bei den im ausgebildeten Zustande festsitzenden Floscularien und Melicer- tinen. Die Räderthiere bewohnen vornehmlich das süsse Wasser, in welchem sie sich theils schwimmend mit Hülfe des Räderorgans fort- bewegen, theils mittelst des zweizangigen Fussendes an festen Gegen- ständen vor Anker legen. Auf diese Art befestigt strecken sie ihren Kopfthcil vor und beginnen das Spiel ihres Räderorganes behufs Herbei- Floscularidae. Pliilodinidae. 320 strudelung von Nahrungsstofien , als kleinen InJusorien, Algen, Diato- maceen. Bei der geringsten Beunruhigung aber ziehen sie Wiraper- apparat und Kopftheil, wohl auch den Fussabschnitt ein. Häufig geben sie ihren ßefestigungspunkt auf und kriechen mittelst der Fusszange unter abwechselnder Verlängerung und Verkürzung des Körpers wurm- förmig oder spannenartig umher. Einige Arten leben in Gallerthülsen und zarten liöhren, andere (Conochilus) stecken mit ihrem Fussende in einer gemeinsamen Gallertkugel und sind zu einer schwimmenden Colonie vereinigt, verhältnissmässig wenige leben als Parasiten. Es scheint, als wenn viele Arten einer nicht zu anhaltenden Austrocknung Widerstand zu leisten vermöchten. J. Farn. Floscularidae. Räderthiere von langgeslreclvter kolbiger Körper- fortn mit langem quergeringelten und festsitzenden Fuss, mei.^t von Gallerthülsen oder Röhreo umgehen. Der Kopfrand mit gelapptem oder tief gespaltenem Räderorgan. Die Embryonen und Jungen besitzen meist zwei Augenflecken und durchlaufen eine Metamorphose. Floscularia Oken. Kopfrand mit fünflappigem langbewimperten Räderorgan, Körper in durchsichtiger Gallerthülse. Schlundkopf mit zweizahnigen Kiefern. FT.. proboscidea Ehbg. Der Rückenlappen sehr lang. Fl. ornata Ehbg. = J^. hyacin- thina Oken. Fl. appendicidata Leydig = Fl. cornuta Dobie. Stephanoceros Ehbg. Mit fünfarmigem langbewimperten Wirbelorgan und Gallerthülse. St. Eiclihornii Ehbg. Tubicolaria Ehbg. Mit 2 langen Taströhren, vierlappigem, an der Bauchseite tief eingeschnittenem Räderorgan und Gallerthülse Wimperkranz doppelt. T. najas Ehhg. Melicerta Schrank. Mit 2 Taströhren und vierlappigem Bäderorgan, mit doppeltem Wimpersaum. Röhren aus grünen linsenförmigen Köinern, wahrscheinlich Algenzellen, gebildet. M. rin^ens Lin. Limnias Schrank. Mit zweilappigem Räderorgan und grüner Hülle. L. cera- tophylli Schrank. Lacinularia Schweig. Mit zweilappigem, an der Bauchseite lief eingeschnittenem Räderorgan und doppeltem Wimpersaum, in Gallertmasse haufenweise zusammenlebend. L. soeialis Lin. Eine nahe verwandte Form ohne Gallertmasse wird von Ehrenberg als Megalotrocha albo-flavicans unterschieden. Conochilus Ehbg. Weibchen colonienweise in freischwimmenden Gallertkugeln vereint. Der zweizipflige bewimperte Stirnrand unten mit 2 hakenförmig gebogenen Borsten, über der MundnlTnung ein kegelförmiger Vorsprung mit Borstenzapfen. After dorsal am Kopfende 2 Augenflecken. Männchen freischwimmend. C. volvox Ehbg. Oecütis Ehbg, Mit ganzrandigem Räderorgan, einzeln in cylindrischer Gallert- hülse, in der .lugend mit zwei Stirnaugen Oe. crystallinus Ehbg. Microcodon Ehbg. Einzelthiere ohne Gallerthülse von glockenförmiger Gestalt und langem dreigliedrigen Grifl"elfuss. Räderorgan scheibenförmig elliptisch mit doppeltem Wimpersaum, nicht retraktil. Auge einfach. M. clavus Ehbg. 2. Farn. Pliilodinidae. Freibewegliche, oft spannerartig kriechende Räder- thierchen mit zweirädrigem Wirbelorgan und gegliedertem, fernrohrartig einziehbarem Fuss, ohne Hülse. Callidina Ehbg. Kopfende in einen rüsselförmigen bewimperten Forlsatz aus- gezogen, augenlos. Ein kurzes Taströhrchen im Nacken. Fuss gpblig, sechsspitzig. C. elegans Ehbg. Hier schliessen sich die ebenfalls augenlosen Gattungen Hydrias 330 Brachionidae. Hydafinidae. Ehbg. und Ti/phUne Ehbg. an, welche des rtisselförmigen Fortsatzes entbehren (beide afrikanisch). Hotifer Fonlana. Räderorgan ausgeprägt zweirädrig. Rüsselfortsatz mit zwei Sfirnaugen. Taströhrchen des Nackens lang. Gabelfiiss mit Hörnchen, zweifingrig. E. vulgaris Oken. (B. redivivus Cuv.). R. citrinus Ehbg. B. macrurus Ehbg. Bei der nahe verwandten Gattung Actinurus Ehbg. endet der Fuss mit drei Fingern, A. neptunius Ehbg., bei Monolabis Ehbg. fehlen die Hörnchen am Fuss. M. conica Ehbg. 31. gracilis Ehbg. Philodina. Die beiden Augen liegen im Nacken hinter der Taströhre. P. erythrophtJialma Ehbg. Ph. roseola, megalotrocha Ehbg. u. a. 3. Fam. Brachionidae. Räderthiere mit zwei oder mehrfach gelheillem Räder- organ, mit breitem schildförmigen gepanzerten Körper und geringeltem oder kurz ge- gliedertem Fuss. Brachionus Hill. Panzer flach comprimirt, am Stirnrand ausgezackt. Auge unpaar in der Nähe der Taströhre des Nackens. Fuss lang geringelt B. Bakeri 0. Fr. Mull. B. Pala Ehbg. B. militaris Ehbg. B. polyacanthus Ehbg. u. z. a. Anuraea Ehbg. Körper sackförmig, comprimirt ,^ fusslos, mit Nackenauge. A. squamula 0. Fr. Müll. A. striata 0. Fr. Müll. A. inermis Ehbg. A. acuminata, foliacea Ehbg. u. z. a. Noteus Ehbg. Unterscheidet sich von Brachionus durch den Mangel des Nackenauges. N. quadricornis Ehbg. Pterodina Ehbg. Mit zwei Augen und einem griffeiförmigen Fuss, welcher aus der Mitte des flach gedrückten ovalen Körpers abgeht. Pt. Patina 0. Fr. Müll. Pt. elliptica Ehbg. Uuchlanis Ehbg. Panzer oval, seitlich zum Theil klaffend, mit kurzem ge- gliederten Gabelfuss und unpaarem Augenfleck in der Nackengegend. E. macrura Ehbg. E. triquetra Ehbg. E. lynceus Ehbg. Lepadella B. St. Vinc. Augenlos mit Gabelfuss. L. ovalis Lam. Monostyla Ehbg. Der langgestreckte Fuss endet mit einfachem Griffelglied. Nacken- auge vorhanden. M. quadridentata E\ihg. M.lunaris Ehh^. M.cornuta O.Vr.}\\i\\. Mastigocerca Ehbg. Panzer prismatisch mit einem Rückenkamm und Grifl'elfuss. Nackenauge vorhanden. M. carinata Lam. Salpina Ehbg. Panzer stark seitlich comprimirt mit ein oder zwei Leisten am Rücken, vorn und hinten in Spitzen auslaufend, mit Gabelfuss und Nackenauge. S. mucronata 0. Fr. Müll. S. spinigera Ehbg. S. brevispina Ehbg. Dinocharis Ehbg. Panzer mit scharfem Seitenrand ohne Spitzen mit einfachem Narkenauge und langem bestachelten, nicht zurückziehbarem Gabelfuss. D, Pocillum 0. Fr. Müll. Monura Ehbg. Körper mit 2 Stirnaugen und Grifl'elfuss. M. dulcis Ehbg, Colurus Ehbg. Panzer seitlich zusammengedrückt oder prismatisch mit Stirn- haken und zwei Stirnaugen und Gabelfuss. C. uncinatus Ehbg. Metopidia Ehbg. Panzer oval flach, vorn halbmondförmig ausgeschnitten oder cylindrisch mit zwei Stirnaugen und Gabelfuss. M. lepadella Ehbg. M. acuminata Ehbg. Von derselben unterscheidet sich die Gattung Stephanops Ehbg. durch den schirmartigen oder haubenlörmigen Stirnrand. St. lamellaris 0. Fr, Müll. Squamella B. St. Vinc. Panzer flach oval mit vier Augen und Gabelfuss. Sq. bractea 0. Fr. Müll. 4, Fam, Hydatinidae. Mit mehrfach getheiltem oder nur eingebuchtetem Räder- organ und zarter häufig gegliederter Haut. Der kurze Fuss endet meist zweilheilig mit 2 Borsten oder zangenförmig. Asplisnchnidae. Albertidae. 331 Hydatina Ehbg. Der schlauchförmige Leib mit kurzem Gabelfuss und viel- zähnigen Kiefern. Auge fehlt. H. senta 0. Fr. Müll, mit Enteropleahydatinac Ehbg. als Jliinnchen. Nahe verwandt ist Pleiirotrocha Ehbg., unterschieden durch den ein- fachen Zahn der Kiefer. P. gibha Ehbg, Furcularia Lam. Mit kurzem Gabelfuss und einfachem Stirnauge. F. forficula Ehbg. F. gracilis, gibha Ehbg. Hier scbliest sich die wimpernlose Gattung Taphro- campa Gosse an. Monocerca B. St. Vinc. Fuss mit sehr langem Griffel endend. Kackenauge vorhanden. M. rattus 0. Fr. Mull. M. bicornis Ehbg. Notommata Ehbg. Mit Nackenauge, zweifingrigem Gabelfuss ohne Griffel am Räderorgane. N. tardigrada Leyd. N. Brachionus Ehbg. N. Petromyzon Ehbg, N. parasita Ehbg u. a, A. Synchaeta Ehbg. Räderorgan mit einzelnen Griffeln zwischen den Wimpern. Mit Nackenauge. S. baltica Ehbg. S. peetinata, tremida, oblonga Ehbg. Scaridiiim Ehbg. Mit langem gegliederten aber nicht einziehbaren Fusse und mit Nackenauge. Sc. longicaudum 0. Fr. Müll. Diglena Ehbg. Mit zwei Stirnaugen und einem Gabelfuss. D. lacustris Ehbg. D. forcipata 0. Fr. Müll. D. catellina 0. Fr. Müll, Wird wie einige andere Rotiieren- gattungen in mehrere Genera aufzulösen seih. LindiaDw]. Wimperbesatz soll nach Dujard in vollkommen fehlen. EinNacken- auge. Fuss gabiig. L. torulosa Duj. Hattulus B, St, Vinc, Mit zwei Slirnaugen und Griflelfuss. B. lunaris 0. Fr. Müll. Distemma Ehbg. Mit zwei Nackenaugen und einem Gabelfuss. D.forfiadaEhbg, Zwei Stirnaugen und ein Nackenauge besitzen die Gattung Otoglena Ehbg. und Eosphora Ehbg., drei Nackenaugen die Gattung Triophthdlmus Ehbg., während sieb Cyclogena Ehbg. und Theorus Ehbg. durch gehäufte Augenflecken auszeichnen. Polyarthra Ehbg. Fusslos, mit einem Nackenaugo und je zwei kurzen Warzen jederseits , auf welchen je drei bewegliche Flossenborsten sitzen. P. trigla Ehbg. P. platyptera Ehbg. Triarthra Ehbg. Körper durch eine Querfalte in Kopf und Rumpf abgesetzt, mit gewölbtem Rücken und flachem Bauch, an welchem drei lange bewegliche Borsten sitzen. Zwei Slirnaugen. T. longiseta Ehbg. Hier schliessen sich die Gattungen Hexarthra und Ärthracanthus Schmarda aus Egypten an. Apsilus Metschii. Körper flach, linsenförmig mit breitem vorstülpbarem Kopftheil (Rüssel), ohne Wimperapparat und Fuss, mit einem als Saugscheibe wirkenden Chitin- ring. Männchen und junge Weibchen mit bewimpertem Stirnrand und zwei Stirnaugen. A. lentiformis Metschn. an NymphaeahVallern. 5. Fam, Asplanchnidae. Der sackförmige panzerlose Leib entbehrt des End- darms und des Afters. Asplanchna Gosse. Räderorgan nach dem Munde hin eingeschnitten. Kiefer bezahnt. Fussloss oder mit kurzem bauchständigen Fusse. Ein Augenflecken vorhanden. A. anglica Dal (A. BrigMwelU Gosse). A. Sieboldii Leydig. A. myrmeleo Ehbg. mit kurzem Gabelfuss an der Bauchseite. Ascomorpha Perty. {^Saceulus Gosse). Unterscheidet sich durch die verküm- merten zahnlosen Kiefer. A. germanica Leydig. A. helvetica Perty. 6. Fam Albertidae. Parasitische Rotiferen von wurmförmiger Gestalt, fusslos. Albertia Duj. Das Räderorgan beschränkt sich auf einen kurzen Wimpersaum des Stirnrandes oder fehlt ganz. A. vermiculus Duj. In der Leibeshöhle der Regen- wUrmer und im Darm von Limacinen. A. crystallina M. Seh. Darm von Nai«. 332 Ichthydineu. Echinoderea. Balatro Clap, Ohne Spur von Räderorgan und Augen mit zweilappigem Körperende. B. calvtis Clap. Lebt auf der Haut von Oligochaeten, Hierher gehört wahrscheinlich auch der im Darm einer Stylaria aufgefundene Anelcodiscus pellu- cidus Leidy. Im Anschluss an die Rotiferen •) lassen wir die kleine Gruppe der Eehinoderen folgen. Diese höchst merkwürdige Verbindungsgruppe von Würmern und Arthropoden enthält eine Reihe kleiner Meerbewohner, welche auf dem Grunde zwischen Algen im Sande, an Steinen etc. umherkriechen, ohne sich vom Boden erheben und schwimmend fortbewegen zu können. Der langgestreckt-walzenförmige äusserlich segmentirte Körper ähnelt auf den ersten Blick kleineren linearen Copepoden, wie CantJiocamptus sta- phylinus, von denen er sich aber alsbald durch den vollständigen Mangel von Glied- massen unterscheidet. Der vorderste Abschnitt, den man als Kopf bezeichnen kann, ist meist etwas aufgetrieben, abgerundet und mit zurückgebogenen Haken besetzt, die nachfolgenden drei Segmente sind ungetheilt, die übrigen aber in ein Tergalstück und zwei Sternalplatten gegliedert. Fusspaare fehlen, vielleicht sind aber die paarigen Borsten, welche sich an der Bauchseite mehrerer Segmente erheben, als Spuren von Extremitäten aufzufassen. (Vergl. die Entwicklung von Cyclops, deren Larven an den Stellen, wo sich Fusspaare anlegen, anfangs einfache Borsten tragen). Das Endsegment setzt sich 1) Die als Verwandte der Turbellarien bereits erwähnten Ichthydinen werden von Metschnikoff, dem neuerdings auch Claparede beistimmt, als Gasterotricha zu den Rotiferen gezogen. Obwohl nun in der Thal Rotiferen ohne Räderapparat bekannt geworden sind, so möchte doch die von M. Schultze angewiesene Stellung zu den rhabdocölen Strudelwürmern natürlicher erscheinen. Die Ichthydinen besitzen einen flaschenförmigen oder wurmförmigen Leib, welcher an seiner Bauchfläche bewimpert ist und am hintern Ende in 2 Furcalfortsätze ausläuft. Zwischen diesen mündet das Darmrohr aus, dessen muskulöser Oesophagus ebenso wie die Gestalt des Darmes an die Nematoden erinnert. Am vordem Pole liegt die rundliche MundöfTnung, nach welcher die ventrale Wimperbckleidung die Nahrungsstoffe hinzuleiten scheint. Borsten finden sich häufig in dichter Stellung vornehmlich am Rücken (Chaetonotus). Nerven sind nicht bekannt geworden, dagegen können Augenflecken selbst mit licht- brechenden Einlagerungen vorhanden sein. Wichtig erscheint die bei Chaetonotus entdeckte Anwesenheit von zweierlei Eiern, kleineren Sommereiern, die sich im Mutterleibe entwickeln und grösseren hartschaligen Wintereiern, aus welchen die Em- bryonen in vorgeschrittener Form ausschlüpfen. Metschnikoff lässt die Ichthydinen getrennten Geschlechts sein, konnte indessen jedoch nichts über die männlichen Geschlechiswerkzeuge ermitteln, während M. Schultze für Turbanella und Chaetonotus Samenfäden und Eier im Körper desselben Thieres beschrieb. Auch hat Claparede nachgewiesen , dass der marine Hemidasys Ägaso hermaphroditisch ist. Die bisher bekannten Gattungen sind: Chaetonotus Ehbg. (C?i. Larus 0. Fr. Müll., maxtmus M. Seh., hystrix Metschn.), Ichthydium Ehbg, (i. ocellatmn Metschn., J. Fodura 0. Fr. Müll.), Chaetura Metschn. (Ch. capricornia Metschn.) , Cephalidium Metschn. {C.longisetosum Vle\schn.), Turbanella, }ll. Seh. (T. hyalina M. Seh.), Basydites Gosse (D. goneathrix, antenniger Gosse), Hemidasys Clap. (£[. Agaso Clap.)*). *) Vgl. E. Metschnikoff, Ueber einige wenig bekannte niedere Thierlormen. ZeiUchr. für wiss. Zool. Tom. XV 1865. E. Claparede, Observations sur les Rotateurs. Ann. des scicnc. nat. 5. 5>er. Tom. VIH. V. Classe: Oephyrei, Stemwürmer, 333 nach Art einer Furca in zwei gabiig auseinander weichende Schwanzborsten fort. Der stark bulböse und mit Haken besetzte Kopf kann wie der Rüssel der Acanthocephalen vorgestülpt und wieder eingezogen werden. Auf seinem Scheitel liegt die rundliche Mundöffnung, welche in einer ausstülpbaren mit 'igliedrigen Kieferzangen bewaffneten Schlundkopf führt. Der nachfolgende Theil des Darmkanals gleicht dem der Nematoden und besteht aus einem cylindrisclien muskulösen Oesophagus und dem geradgestreckten am hintern Körperende ausmündenden Chylusdarm. Nach Greeff *), dem wir über- haupt die ausführlichsten Angaben über Echinoderen verdanken, besteht das Nerven- system aus einem huleisenförmigen Gehirnganglion, welches den Oesophagus umgreift und in der Regel mehrere Augenflecken trägt. Die weiblichen Geschlechtsorgane liegen paarig zu den Seiten des Darms und enthalten Eier und Nematoden ähnliche Embryonen. Ueber die männlichen Gescblechtswerkzeuge ist ebensowenig wie über die Entwicklung bislang Näheres bekannt geworden. — Von der einzigen Gattung Echinoderes sind eine Anzahl von Arten beschrieben worden. E. Dujardinii Clap. E. Setigera, canariensis, borealis, monocercus, lanuginosa Greeff. V. Classe. Clepliyrei*) = l§ipuiiculacea ^ Sterniviirmer. Meereshewohner von meist cylindrischer Körperform^ ohne äussere Gliederung, mit meist einstülpharem Rüssel und endständiger oder baiich- ständiger Mund Öffnung, mit Gehirn, Schlundring und Bauchstrang, getrennten Geschlechtes. Die Gephyreen schliessen sich in Form und Körperbau zum Theil den Holothurien so nahe an, dass sie lange Zeit mit denselben zusammen- 1) R. Greeff, Untersuchungen über einige merkwürdige Thiergruppen des Arthropoden- und Wurmtypüs. Berlin. 1869. Dujardin, Sur un petit animal marin, Echinodöre, formantun type intermediaire entre les Crustac6s et les vers. Annales des scienc. nat. 3. Serie. Tom. XV. 1851, Vergl. ferner die Aufsätze von Claparede und Metschnikoff. 2) Krohn, Ueber Thalassema. Müller's Archiv. 1842. Quatrefages, Memoire sur l'Echiure. Ann des scienc. nat. 3. Ser. Tom. VII. Schmarda, Zur Naturgeschichte der Adria. [ISeher Bonellia). Wien. 1852. L acaze-Duthiers, Recherches sur le Bonellia. Ann des scienc. nat. 1858. \V. Keferstein und E. Ehlers, Zoologische Beiträge. Leipzig. 1861. E. Ehlers, Ueber die Gattung Priapulus. Zeitschr. lUr wiss. Zool. 1861. — — Ueber Halicryptus. Ebendas. W. Keferstein, Beiträge zur Kenntniss der Gattung Phascolosoma. Zeitschr. für wiss. Zool. 1862. C. Semper, Mittheilungen über Sipunculiden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XIV. 1864. W. Keferstein, Beiträge zur analoniischen und systematischen Kenntniss der Sipunculiden. Ebendas. Tom. XV. 1865. Quatrefages, Histoire naturelle des Annel^s. Tom. II. 1865. Vergl. auch die Aufsätze von Quatrefages, Diesing, Krohn, M. Müller, Grube, 0. Schmidt, Jourdain etc. 334 Körpeiform und Bau. Nervensystem. Sinnesorgane. gestellt wurden. Wie diese besitzen sie meist einen gestreckten cylin- drischen Leib, dessen Gestalt übrigens auch mehrfache Besonderheiten bieten kann und leben als Seewiirmer in ziemlicher Tiefe im Sand und Schlamme unter Steinen. Was dieselben von den Holothurien scharf unterscheidet, ist der Mangel sowohl von Kalkbildungen der Haut, als des Am])ulacralapparates. Dazu kommt die Anwesenlieit eines meist mit einem obern Gehirnganglion verbundenen Schlundrin^es und ^nes Bauchstranges , welcher rechts und links zahlreiche Nerven entsendet. Indessen stehen die Sternwürmer wiederum durch die Einfachheit_des Bauchstranges, der in der Eegel nicht in Ganglien anschwillt (Echiurus besitzt allerdings schwache Ganglien), auch zu den übrigen AnneHden in einem bemerkenswerthen Gegensatz; man wird sich die Form des Nerven- systemes vielleicht durch den Ausfall von vier Nervenstämmen der Holothurien abgeleitet denken können. Von Sinnesorganen sind Augen- flecken hervorzuheben, welche bei einigen Sipunculiden direkt dem Gehirne aufliegen. Schwerlich dürften die rundlichen unter der Haut gelegenen Blasen der Sipunculiden (Hautdrüsen nach Keferstein und Ehlers), deren Zusammenhang mit Nerven nachgewiesen wurde, aus diesem Grunde (Semper) als Tastorgane zu deuten sein. Sicherer möchte man dem Rüssel und den Tentakeln die Funktion des Tastens zuschreiben können. Die Beschaftenheit der Haut schliesst sich streng an die der Würmer an; die obere mächtige Cuticularschicht liegt auf einer zelligen Matrix und erscheint nicht selten gerunzelt, quer und längs gefaltet, selbst in Ringel abgetheilt, ohne jedoch eine äussere Segmentirung zu bilden; die bindegewebige Unterhaut ist ebenfalls von ansehnlicher Stärke und umschliesst zalilreiche Drüsenschläuche (mit Nervenendigungen), welche durch Poren der Oberhaut nach aussen münden. Dann folgt der mächtig entwickelte Hautmuskelschlauch, welcher sich regelmässig aus einer obern Schicht von Ringfasern und einer untern Lage von breiten, mit den erstem jedoch auch durch Anastomosen netzartig verbundenen Längsfasern zusammensetzt und die Ringelungen und Felderungen der Cuticula veranlasst. x\uch können zur Unterstützung der Bewegung Hakenborsten am vordem und hintern Körperende reihenweise in der Haut eingelagert sein {Echiuriden). Fast überall findet sich am Vorderleib ein rüsselartiger Abschnitt, welcher entweder unbeweglich vorsteht oder durch besondere Retraktoren eingezogen werden kann, auch oft mit Papillen und Hornhaken bewafinet ist. An der Basis des Rüssels an der Bauchfläche {Echiuriden) oder an seiner Spitze {Sipunculiden), im letztern Falle von bewimperten Ten- takeln umstellt, liegt die Mundöff"nung. Dieselbe führt in einen zuweilen ebenfalls mit Zähnen bewafl"neten Schlund und einen innen und aussen bewimperten Darmcanal, welcher meist länger als der Körper in mehr- fachen Windungen die Leibeshöhle durchsetzt, mit verschiedenen Anhangs- Getässsystem. Excretionsorgane. 335 (Irüsen in Verbindung steht und in dem meist rückenständigen oft weit nach vorn gerückten After nach aussen mündet. Das Gefässsystem , dessen Räume wahrscheinlich mit der Leibes- höhle coramuniciren, besteht aus zwei Längsstämmen, dem Rückengefäss, welches wie bei den Anneliden den Darm begleitet und dem längs der Leibeswandung verlaufenden Bauchgefäss. Am einfachsten verhalten sich diese beiden Gefässstämme bei den jungen Sipuncididen, bei denen sie noch in ein Gefässsystem der Tentakeln , welches vornehmlich der Respiration dient, führen. Die Hohlräume der Tentakeln gtenen nämlich (Semper, Keferstein) mit einem Ringgefäss in Verbindung, zu welchem sich die Gefässstämme vereinigen. Auch in die Rüsselwandung und in die äussere Haut soll von hier aus das Blut eintreten. Bei den Echiuriden ist das Rückengefäss vielfach geschlängelt und kann sich {Bonellia) bis an das äusserste Ende des Rüssels fortsetzen. Auch das Bauchgefäss verhält sich hier complicirter, indem dasselbezahlreiche Seitenzweige an den Darm entsendet und eine wenngleich unregelmässige den Darm um- greifende Anastomose mit dem Rückengefäss bildet. Das Blut ist ent- weder farblos oder röthlich und bewegt sich in derselben Richtung wie bei den Anneliden, sowohl durch die Contraktionen einzelner Gefäss- abschnitte als durch die Flimmerbekleidung der Gefässwand getrieben. Verschieden von diesem Gefässblute ist die Zellenhaltige Leibesflüssigkeit. Dieselbe scheint sich durch Wasser verdünnen zu können, welches bei manchen Arten durch einen am hintern Körperende gelegenen und ver- schliessbaren Porus aufgenommen wird. Als Respirationsorgane fungiren bei Sternaspis zwei büschelförmige Gruppen von contraktilen blinddarmför- migen Schläuchen, welche Blutgefässe aus dem P]nde des Rückenstammes erhalten. Aehnlich ist das Rückengefäss bei jungen Sipunculiden am hintern Leibesende mit kleinen contraktilen Blinddärmchen besetzt, die freilich nicht in Verlängerungen des Integumentes übergehn. Auch der mit papillenartigen Schläuchen besetzte Schwanzanhang von Priapulus sowie die Tentakeln der Sipunculiden wird man als Athmungsorgane betrachten können. Als Excretionsorgane deutet man zweierlei Schläuche, von denen die einen mit dem Enddarm in Verbindung stehn und an die sog. Lungen der Holothurien erinnern, die andern dagegen den Segmental- organen der Anneliden entsprechen und an der Bauchfläche ausmünden. Die erstem sind vornehmlich bei Bonellia und den Echiuriden bekannt geworden, wo sie büschelförmig verzweigte Schläuche darstellen, welche mit zahlreichen Wimpertrichtern frei in der Leibeshöhle beginnen. Ein- lacher und blindgeschlossen sind dieselben bei Echirus. Auch bei den Sipunculiden wurden kurze Blindschläuche am Endtheil des Darmes beobachtet. Die andern Gebilde, die sog. Bauchdrüsen, welche bei den Sipunculiden in doppelter Zahl, bei Echiurus, Sternaspis, Thalassema 33ß Geschlechtsorgane. Samentaschen. Eierbehälter. von zwei bis zu vier Paaren auftreten, beginnen nach Semper und Jourdain ebenfalls mit freiem Wimpertrichter, übernehmen aber theil- weise wie die Segmentalorgane der Anneliden die Funktion als Samen- taschen und Eileiter. Bei Sternaspis bleibt das vordere Paar F^xcretions- organ, während das hintere in den Dienst des Geschlechtsapparats tritt. Die Gephyreen sind durchweg getrennten Geschlechtes. Indessen bestehen sowohl für die Keimbereitenden Organe als für die Ausführungs- wege in den einzelnen Gattungen so bedeutende Verschiedenheiten, dass es schwer hält, den allgemeinen Typus der Anordnung festzustellen. Bei den Priapulideu treten zwei Genitalschläuche auf, welche in der Nähe des Afters in ebensoviel Oeffnungen nach aussen münden. Bei den Echiuriden findet sich eine Art Geschlechtsdrüse (BonelUa) als dünnes strangförmiges Organ (Falte der Leibeswand) in der hintern Körperhälfte durch ein kurzes Mesenterium neben dem Nervenstrang befestigt. Die Eier fallen aus demselben in die Leibeshöhle und gelangen von hier aus in einen einfachen an der Basis mit trompetenförmiger Oeflinung versehenen Eierbehälter, welcher sich unterhalb der Mund- ötfnung an der Bauchfläche öff"net. Wahrscheinlich dürfte dieser Eier- behälter morphologisch als einseitig zur Ausbildung gelangtes Segmental- organ aufzufassen sein. Bei Echiurus sind es zwei ventrale Schlauch- paare, welche die Geschlechtsstoffe enthalten und ausführen, bei Ster- naspis und TJialassema aber bewahrt nur das hintere derselben diese Bedeutung. Bei den Sipunculiden entstehen wahrscheinlich sowohl Eier wie Samenfäden der viel seltenern Männchen an der Leibeswandung, vollenden ihre Ausbildung frei in der Leibeshöhle und werden von hier aus, sei es durch die nur in zweifacher Zahl vorhandenen Segmental- organe, sei es durch eine an dem Halse der letztern befindliche Spalt- öffnung nach aussen geführt. Die Entwicklung erfolgt auf dem Wege der Metamorphose und bietet Analogien zu den Anneliden und Echinodermen. Die länglich ovalen Larven sind mit Mund, Darm und After, ferner mit dem Nerven- centrum und Augenflecken ausgestattet, besitzen aber einen vordem die Mundpartie umsäumenden Wimperkranz , durch dessen- Bewegungen sie frei umherschwärmen. Im Einzelnen bieten die verschiedenen Gattungen mehrfache Eigenthümlichkeiten. Bei den Larven von Phascolosoma wird die obere Seite der Mundöff"nung von zwei mit Cilien besetzten Lappen überragt, zu denen noch ein medianer Fortsatz der Bauchseite als Unterlippe hinzukommt. In diesen Bildungen werden wir den Aus- gangspunkt zum Verständniss ') der Rüsselbildungen von BonelUa und TJialassema zu suchen haben, zumal da sie bei den Phascolosomen in i) Vergl. C. Gegenbaur, Gruudzüge der vergleichenden Anatomie. II. .\ufl. 1870. pag. 222. 1. Ordnung: Gepbyrei chaetiferi. Sternaspidae. Echiuridae. Ho7 mehr oder minder veränderter Form {Ph. minutum) persistiren können. Die merkwürdige als Actinotrocha 0 bekannte Larve, ^Yelche wahr- scheinlich zu der von den Gephyreen mehrfach abweichenden Gattung Fhoronis gehört, zeichnet sich durch den Besitz eines äusserst con- traktilen Kopfschirms aus, unter welchem sich ein Kranz von bewim- perten Tentakeln kragenartig erhebt. Während des weitern Wachs- thums entsteht an der Bauchfläche ein lang gewundener Schlauch, welcher den Darm der Larve in sich aufninmit, sich umstülpt und zur Leibeswand des Sipunculiden-artigen Wurmes wird, wälirend der Kopf- schirm und der Tentakelkranz zu Grunde gehen. Bei Fhoronis hippocrepia freilich erreicht nach Kowalewsky die aus dem Eie aus- schlüpfende Larve gar nicht die volle Actinotrochaforra. Die Gephyreen sind durchaus Meeresbewohner, leben zum Theil in bedeutender Tiefe im Sand und Schlamm, in Felslöchern und in Gängen zwischen Steinen und Corallen, auch wohl in Schneckenschalen und nähren sich ähnlich wie die Holothurien und manche Tubicolen. L Ordnung: Gephyrei chaetiferi. Körper mehr oder minder deutlich in Abschnitte getheilt, an beiden Körperenden oder nur vorn mit Borsten bewaffnet, der Enddarm meist mit Drüsenschläuchen. 1. Farn. Sternaspidae*). Körper deutlich gegliedert, vorderes und hinteres Körperende mit seitlichen Borsten bewaffnet. Die Bauchfläche am Hinterende mit einem flachen Hornschilde. After am Hinterende, auf einer retraktilen Papille, daneben ein Büschel von Kiemenschläuchen. Sternaspis Otto. Vorn jederseits 3 Borstenreihen. Hinten eine grössere Zahl seitlicher Borstsnbüschel. St. thalassemoides Otto (Tlialassema scutatum Kanzani), Miltelmeer. 2. Farn. Echiuridae. Körper ohne deutliche Gliederung, das Vorderende über den Mund hinaus in einen an der ünterfliiche gelurchten Rüssel verlängert. Vorn an der Bauchfläche 2 Haftborsten, am Hinterende zuweilen Borstenkränze. After terminal. Aeussere Kiemenschläuche fehlen. Echiuvus Cuv. Das contraktile Vorderende mit kurzem und breitem Rüssel- anhang. Hinter den 2 Hakenborsten 4 Genitalporen, hinten 2 Borstenkränze. l!. Pallasii Guerin, Küste von Belgien und England. E. Goertneri Qaairei. , St. Vaast. E. forcipatus Fabr., Grönland. Thalassema Goertn. Rüsselanhang ungetheilt. Hintere Borstenkränze fehlen. 2 Genitaiporen. TJi. Neptuni Goertn., Englische Küste. Th. gigas M. Müll., Küste von Italien u. a. A. 1) A. Schneider, lieber die Metamorphose der Actinotrocha branchiata. Müller's Archiv. 1862. 2) Werden von Delle Chiaje, v. Siebold, M. Müller, Malragren und Claparede wahrscheinlich mit vollem Rechte als Chaetopoden betrachtet. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 22 o38 2. Ordnung: Gephyrei inermes, Priapulidae. Sipunculidae. - BoncZKa Rolando. Rüsselanhang sehr lang, an der Spitze gabiig gethejlt. Hintere BorstenliräDze fehlen. 1 Genitalporus. B. viridis Rolando, Mittelmeer. Von S timpson ist eine nordamerikanische Echiuride ^h Äncistropus beschrieben. A. sanguineus Stimps. 2. Ordnung: Gephyrei inermes. Körper nicht in Ahsclinitte getheilt, ohne Borsten^ Miindöffmmg an der Spitze des rüsselartigen und meist retrahtilen Vorderleibes. 1. Fam. Priapulidae. Körper mehr oder minder cylindrisch. Rüssel ohne Tentakeikranz. Schlund mit Papillen und Zahnreihen bewaffnet. After am llinterende, etwas dorsal, meist von einem Schwanzanhange überragt, welcher papiilenförmige Schläuche (Kiemen) trägt. Darm gradgestreckt. Priapulus Lam. Rüssel längsgerippt, der mit Papillen besetzte Schwanzanhang mit Endporus. Genitalporen neben dem After. P. caudatus 0. Fr. Müll. {Holothuria priapus 0. Fr. Müll.). P. hrevicaudatus Ehl., Kordische Meere. Chaetoderma Lov^n. After zwischen zwei gefiederten Anhängen versteckt, welche retraktil sind. Körper mit Stacheln besetzt. Ch. nitidulum Lov. , Westküste Schwedens. Lacazia Quatref. Zahlreiche Kiemenschläuche sitzen in zwei Reihen auf dem retraktilen Schwanzanhang auf. L. longirostris Quatref. L. hibernica Mac Coy. Halicryptus v. Sieb. Schwanzanhang fehlt. Schlund mit Zähnen bewaffnet. After terminal am abgerundeten Hinterende. H. spinulosus v. Sieb., Ostsee, Nordsee, Spitzbergen. Hier schliesst sich Änoplosomatum Gr. an. A. utriculus Gr., Palermo. 2. Fam. Sipunculidae. Körper langgestreckt, cylindrisch mit retraklilem Rüssel, mit Tentakeln in der Umgebung des Mundes und rückenständigem After. Darm spiral- gewunden. Vor dem After ein Paar Segmentalorgane als Leiter der Geschlechtsprodukte. Sipunciilus Lin. In der Umgebung des Mundes eine blalttörmig zerschnittene gelappte Tentakelmembran. S. nudus Lin., Mittelmeer und Westküste Panamas. S. tessdlatus Kef., Messina. S. phalloides Pallas, Westindien. S. rohustus Kef., Schifferinseln. Phascolosoma F. S. Lkt. Tentakeln einfach fadenförmig oder blattförmig. Rüssel bis zum After einstülpbar. Darm nicht durch radiäre Muskeln an der Körper- wand befestigt. Haut mit Papillen besetzt. Die zahlreichen Arten werden von Kefer- stein in folgender Uebersicht zusammengestellt: 1) Mit Haken am Rüssel. a) mit gesonderten Längsmuskelsträngen, mit 4 Retraktoreft. Darmspira durch Spindelmuskel befestigt. Hautpapillen gross. Ph. laeve Kef. Ph. granulatim F. S. Lkt., beide im Mittelmeer. Ph. australe Kef. Sydney. Ph. nigrescens Vitiinseln u. a. A. b) ohne gesonderte Längsmuskelstränge, mit 2 oder 4 Kelraktoren ohne Spindel- muskel. Papillen klein. Ph. elongatum KeL , St. Vaast. Ph. vulgare Blainv. , St. Vaast. P. margaritaceum Sars, Bergen u. a. A. 2) Ohne Haken am Rüssel. a) Mit gesonderten Längsmuskelsträngen, 4 Retraktoren und vollständigem Spindel- muskel. Ph. Gouldii Pourl. Ph. Antillarum Gr. b) Ohne gesonderte Längsmuskelstränge, 4 oder 2 Retraktoren, ohne Spindel- muskel. Ph. Oerstedii Kef. Ph. boreale Kef., Grönland. Petalostoma Kef. Unterscheidet sich von Phascolosoma durch den Besitz von Phoronis. Gephyrei tubicdi. 339 «wei grossen soliden blattförmigen Tentakeln über dem Munde. Das Gefässsystem soll fehlen. Ph. minutum Kef. (Phascolosoma minutum Kef.), St. Vaast. Aspidosiphon Dies. Rüssel schar! abgesetzt. Hinter demselben und ebenso am Hinlerende des Körpers ein Schildchen. Steht Fhascolosoma sehr nnhe. A. MiUleri Dies. {Sipiinculus scutatus Müll. = Lesinia farcimen 0. Schm.), Mittelmeer. A. Steenstrupü Dies., St. Thomas. A. annulosum »ir., Zanzibar. Das Genus Loxisiphon Dies, fällt nach Grube mit Aspidosiphon zusammen. A. elegans Cham. Eisenh. A. aspergillum Quatref. , Isle de France. Ebensowenig dürfte JDicsingia Quatref. als Gattung aufrecht erhalten werden können. Dendrostomunt Gr. Oerst. Mit baumförmig verzweigten oder gefiederten Ten- takeln. D. pinnifolium Kef., St. Thomas. D. ramosum Gr. Oerst., St. Croix. Wenn es richtig ist, die borslenlose, bisher meist den Anneliden zugerechnete Gattung Phoronis zu den Gephyreen zu stellen, so wird man für dieselbe eine be- sondere Ordnung, vielleicht als Gephyrei tubicoli gründen müssen. JXach den Unter- suchungen Kowalewsky's besitzt Phoronis hippocrepia einen aus zahlreichen Kiemenfäden gebildeten Tentakelkranz, welcher an der Rückenseite nach innen schlingen- förmig umbiegt. Der Mund liegt in der Mitte des Tenlakelkranzes, und führt durch den Oesophagus in den Darm, welcher durch ein Mesenterium befestigt im hintern Ende schlingenartig umbiegt und vorn an der RUckenseite vor der Tentakelschlinge in dem After ausmündet. Neben dem letztern finden sich 2 Genitalporen, durch welche die befruchteten Eier nach aussen gelangen, um an den Tentakclladen bis zum Aus- schlüpfen der Jungen anzukleben. Von dem bislang unvollständig erforschten Nervensystem wurde ein Ganglienknoten zwischen Mund und Alter beobachtet. Die Haut sondert eine Chilinröhre ab, in welcher der Wurm nach Art der Rührenwürraer lebt. Unterhalb der Haut liegt der aus Ringfasern und einer innern Längsfaserschicht gebildete Hautmuskelschlauch. Rücken- und Bauchgefass sind mit zahlreichen zottenförmigen Anhängen besetzt, welche sich lebhaft contrahiren und vornehmlich die Blulbewegung unterhalten Aus der vordem Gefässschlinge entspringen die Blutgefässe der Tentakelfäden. Das Blut enthält grosse rothe Blutkörperchen. Beiderlei Geschlechtsprodukte nehmen ihre Entstehung in einem fettreichen Bindegewebe (Fettkörper) zwischen den Gefässzotten und fallen in die Leibeshöhle, in der die Befruchtung erfolgt. Die aus den Genitalporen ausgetretenen an den Kiemenfsden fixirten Eier durchlaufen eine totale Klüflung. Die Furchungs- kugeln ordnen sich peripherisch in der Umgebung einer Segmentationshöhle (ähnlich wie auch bei Sagitta) und bilden eine Ilohlkugel, deren Wand sich an einer Stelle zur Bildung der ersten Darmanlage einstülpt. Körperwand und Darm (eingestülpter Theil der Wand) bestehen zuerst nur aus einer einfachen Zellenschicht, bald aber zer- fällt die erstere in zwei Lagen, von denen die obere das Epithel der Haut, die untere die Muskelschicht sammt Fellkörper bildet. Der Embryonalkörper streckt sich alsdann mehr und mehr, die ursprüngliche terminale Darmöffnung gewinnt eine mehr bauch- ständige Lage, während der über sie hervorragende Theil sich abplattet und in einen schirmförmigen klappenartig vorgeschlagenen Anbang umbildet. An dem schlanken Embryonalkörper entstehen später fünf warzenförmige Fortsätze, zwischen denen der bisher blind geschlossene Darm in einer zweiten Oeffnung durchbricht. Der Embryo verlässt in dieser Form die Eihülle und schwimmt mit Hülfe seiner Winiperbekleidung, einer reducirten Aclinolrocha ähnlich, frei im Wasser umher. Immerhin ist die Ver- schiedenheit dieser'; Larve und der vornehmlich durch Schneider in ihren spätem Stadien erforschten Aclinolrocha branchiala merklich genug, um unsere Zweifel be- rechtigt erscheinen zu lassen, dass der aus der wahren Aclinolrocha hervorgehende Slpunculide eine PÄorontsart liefere. 22* 340 VI. C'.asse. Annelides, Ringelwürmer. VI. Classe. Aniielides, mngelwttriiier. Cylindrisclie oder abgeplattete Würmer mit serjmentirtem Leibe, mit Gehirn, ScMundring, Bauchganglienkette und Bliitgefässsystem. Die Gliederwürmer besitzen einen seltener abgeplatteten, in der Regel aber cylindrischen Leib, welcher stets in eine Reihe auf einander folgender Abschnitte, Ringe und Segmente zerfällt. Die Segmcntirung ist abgesehen von der häufig abweichenden Gestalt der vordem Ab- schnitte, welche zu einem Kopfe verschmelzen können, eine homonome, indem die Leibesabtheilungen meist vollkommen unter einander überein- stimmen und nicht nur äusserlich gleiche, durch Einschnürungen geson- derte Stücke vorstellen, sondern auch gleichartige Abschnitte der Innern Organisation, innere Segmente, wiederholen. Diese innern Segmente fallen entweder mit den äussern Gliedern des Körpers zusammen (Chaeto- podes), oder es kommen auf ein inneres Segment eine bestimmte Anzahl (3, 4, 5 etc.) durch Ringfurchen geschiedener äusserer Glieder (Hirudinei). Die chitinisirte Oberhaut erstarrt niemals so fest wie bei den Arthro- poden zu einem starren Panzer, sondern bleibt mehr oder minder weich und umschliesst den zur Bewegung dienenden aus Rings- und Längs- fasern bestehenden Hautmuskelschlauch. Besondere Bewegungsorgane treten theils in Form von Haftscheiben (Hirudineen) an den Körper- enden, theils als borstentragende Extremitätenstummel {Chaetopoden) an den einzelnen Leibesringen auf. Im letztern Falle kann jedes Segment ein rückenständiges und bauchständiges Paar von Fussstummeln besitzen, die allerdings auch durcli einfache in Hautgruben steckende Borsten vertreten sein können. Die am Vorderende bauchständig gelegene Mundöffming führt in einen muskulösen Schlund, der meist eine kräftige Kieferbewaifnung in sich einschliesst und oft als Rüssel hervorgestülpt wird. Dann folgt, den grössten Theil der Körperlänge durchsetzend, der Magendarm, welcher oft nach den Segmenten regelmässige Ein- schnürungen bildet oder seitliche Blindschläuche besitzt, selten aber gewunden erscheint. Die Afteröffnung liegt am hintern Körperende meist rückenständig. Das Nervenstjstem besteht aus einem obern Schlund- ganglion, dem Gehirne, und einer Bauchganglienkette, deren Hälften der Mittellinie in verschiedenem Masse genähert liegen. Vom Gehirne entspringen die Nerven der Sinnesorgane, die übrigen Nerven entspringen von den Ganglien der Bauchkette und von deren Längscommissuren. Fast überall findet sich daneben ein besonderes Eingeweidenervensystem {Sympathicus). Von Sinnesorganen kennt man paarige Äugenflecken mit lichtbrechenden Einlagerungen und complicirt gebaute Augen am Kopfe, ferner Gehörbläschen am Schlundringe (Kiemenwürmer) und 1. ünterclasse: HiruJiiiei = Discophori, Blutegel. 341 Tastfäden, letztere bei den Chaetopoden als Fühler am Kopf und als Girren an den Extremitätenstummeln der Segmente. Als Tastorgan scheint überall da, wo Fühler und CirrcH fehlen, das Vorderende des Körpers und die Umgebung der Mundöffuung zu fungiren. üeberall ist ein besonderes Gefässsystem vorhanden, aber auf sehr verschiedenen Stufen der Entwicklung. Bei zahlreichen Formen erscheint dasselbe nicht vollständig geschlossen, sondern mit der bluterfüllten Leibeshöhle in offener Communication. Meist finden wir zwei Hauptgefässstämme, ein Rückengefäss und Bauchgefäss, beide durch zahlreiche Queranasto- mosen mit einander verbunden. Indem sich bald das Rückengefäss, bald die Verbindungsgefässe, bald der ßauchstamm contractu zeigen, wird die meist gefärbte, grüne oder rothe Blutflüssigkeit in den Gefässen umherbewegt. Oft aber treten noch Seitengefässe hinzu, welche bei den Hirudineen ebenso wie ein mittlerer contractiler Blutsinus wahrscheinUch als selbstständig gewordene Theile der Leibeshöhle anzusehen sind (R. Leuckart). Besondere Ilespirationsorgane kommen unter den Chaetopoden bei den Kieinenwürmern vor. Das dem Wassergefäss- systeme analoge Excretionsorgan tritt in Gestalt schleifenförmiger Canäle (Segmentalorgane) auf, welche je ein Paar in den Seitentheilen eines Segmentes liegen, oft mit flimmernder Trichteröffnung frei in der Leibes- höhle beginnen und in besonderen Poren ausmünden. Bei der Selbstständigkeit des Segmentes, dem wir die Bedeutung einer untergeordneten Individualität zuschreiben können, wird das Vorkom- men der ungeschlechtHchen Fortpflanzung durch Theilung und Sprossung in der Längsachse (kleine Chaetopoden) nicht überraschen. Zahlreiche Anneliden {OligocJiaeten, Hirudineen) sind Zwitter, die marinen Chaeto- poden dagegen getrennten Geschlechtes. Viele setzen die Eier in be- sonderen Säckchen und Cocons ab, die Entwicklung erfolgt dann direct ohne Metamoi-phose. Die Meerwürmer und Gephyreen dagegen durch- laufen eine mehr oder minder complicirte Metamorphose. Die Anneliden leben theils in der Erde, theils im Wasser und nähren sich meist von auimaler Kost; viele (Flirudineen) sind gelegentliche Parasiten, Wir unterscheiden die Unterclassen der Hirudinei und Chaetopodes. 1. ünterclasse: Hiradinei') = Discophori, BlutegeL Körper hur 2 geringelt ohne besonders gestalteten Kopfabschnitt, mit endständiger ventraler Haftsclieibe, ohne Fussstummel, nieist her- maphroditisch und schmarotzend. Nicht selten ist der Leib der Hirudineen abgeflacht und erinnert t) Moquin-Tandoii, Monographie de la famille des Hirudinees. 2 edit. Paris. 1846. 342 Ringelung. Innere Segmentirung. Darmcanal. durch seine Form sowie durch den Besitz von Haftscheiben an die Trematoden, zu denen überhaupt (namentlich den ektoparasi tischen) diese Gruppe von Würmern so mannichfache Beziehungen bietet, dass sie von einigen Forschern zu den Plattwürmern gestellt wird. In der äussern Erscheinung des Leibes fällt die kurze Ringelung auf, welche übrigens auch in verschiedenem Grade undeutlich werden und ganz hin- wegfallen kann. Die äussern kurzen Ringel des Körpers entsprechen keineswegs etwa den innern Segmenten, sondern sind viel kürzere Leibesabschnitte, gewissermassen secundäre Theilstücke, von denen in der Regel 3, 4 oder 5 auf ein inneres Segment kommen. Als Haupt- befestigungsorgan fungirt eine grosse Haftscheibe am hintern Leibesende, zu welcher meist noch eine zweite kleinere Sauggrube vor oder in der Umgebung des Mundes hinzukommt. Fussstummel fehlen durchaus, wenn man nicht die eigenthümlichen Fortsätze der Histriohdelliden als solche deuten will. Borsten fehlen mit seltenen Ausnahmen; auch kommt es niemals zur Bildung eines scharf gesonderten Kopfes, indem sich die vordem Ringel von den nachfolgenden nicht wesentlich verschieden zeigen und niemals wie bei so vielen Chaetopoden Fühler und Girren tragen. Die Mundöffnung liegt in der Nähe des vordem Körperpoles stets mehr ventral, bald in der Tiefe eines vordem kleinen Saugnapfes {Clepsine), bald von einem vorspringenden, lööelförmigen , saugnapfähnlichen Kopf- schirm überragt (Gnathobdelliden). Dieselbe führt in einen muskulösen, mit Drüsenschläuchen versehenen Pharynx, der entweder in seiner vor- dem als Mundhöhle zu bezeichnenden Partie mit drei gezähneiten Längs- leisten, sog. Kieferplatten, seltener mit einer dorsalen und einer ventralen Kieferplatte {Branchiobdella) bewaffnet (GnatJiobdelliden) , oder einen vorstülpbaren in seinem vordem Abschnitt freiliegenden Rüssel enthält {RhynchohdeUiden). Der vom Schlund aus beginnende Magendarm liegt als geradgestrecktes Rohr in der Achse der Leibeshöhle und zeigt sich bald nach den einzelnen Segmenten durch Einschnürungen abgetheilt, bald in eine grössere oder geringere Zahl paariger Blindsäckchen (bei Clcpsine 6, bei Hirudo 9, bei Piscicola 10) erweitert, und führt in einen H. Kathke, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hirudineen, herausgegeben von R. Leuckart, Leipzig. 1862. R. Leuckart, Parasiten des Menschen. Bd. I. Leipzig. 1863. Van Beneden et Hesse, Recherches sur les Bdelloides ou Hirudine^s et les Trematodes marins. 1863. Leydig, Handbuch der vergleichenden Anatomie. Tübingen, 1864, sowie dessen Tafeln zur vergleichenden Anatomie. Dorner, Ueber die Gattung Branchiobdella. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Tom. XV. 1865. Vergl. die Aufsätze von Leydig, Budge, Grube, Quatrefages, de Filippi, Kcferstein, Baudeiot, Kupffer, Kinberg. Schleifenförmige Cauäle. Blutgefässsystem. 343 kurzen zuweilen ebenfalls noch mit Aussackungen versehenen Enddarm, welcher am hintern Pole oberhalb der Sauggrube in der Afteröffnung nach aussen mündet. Als Excretionsorgane sind die sog. schleifenför- migen Canäle anzusehen, von denen die Segmente der mittleren Körper- region je ein Paar in sich einschliessen. Indessen wechselt die Zahl derselben sehr, indem z. B. die an den Kiemen des Flusskrebses para- sitische Branchiohdella astaci nur 2 Paare, die Kieferegel meist 17 Paare enthalten. Die Schleitencanäle bilden ein labyrinthförmiges , in Schleifen und Schlingen zusammengelegtes System von Röhren mit drüsiger Wandung; sie beginnen zuweilen z. B. bei Nephelis, Clepsine und Branchiohdella mit offenem Wimpertrichter in der Leibeshöhle und setzen sich in einem meist blasig erweiterten contractilen Ausführung.s- gang fort, welcher ventral an der Seite des Segmentes oft auf einer kleinen Hervorragung nach aussen mündet. Besondere Respirations- organe fehlen mit Ausnahme von Branchellion und einigen verwandten Fischegeln, welche blattförmige Kiemenanhänge tragen. Ueberall finden wir ein Blutgefässsystem, aber in verschiedenem Stufen der Entwicklung und niemals wie es scheint ganz und gar von der blutführenden Leibes- höhle abgeschlossen.* Am einfachsten verhält sich Branchiohdella mit einem contractilen Piückengefäss und einem im vordem Körpertheile durch Schlingen mit dem erstem in Verbindung stehendem Bauchgefässe. Jenes scheint mit der weiten Leibeshöhle zu communiciren und aus der- selben das Blut zu beziehen, welches durch seine contractile Wandung nach vorn getrieben wird. Nach R. Leuckart ist das complicirtere Gefässsystem der übrigen Hirudin^ aus der Umbildung der Leibes- höhle in gefässartige Stämme hervorgegangen, sodass Organe, welche der Leibeshöhle angehören, in Bluträumen eingeschlossen liegen. Hier erscheint die Leibeshöhle in drei parallel nebeneinander hinziehenae con- tractile und mit einander durch Queranastomosen coinmunieirende Räume geschieden, in zwei Seitengefässe und den mittlem Blutsinus, welcher stets die Bauchganglienkette, aber zuweilen auch den Darmcanal (Clepsine) Pisciola) in sich einschliesst. Indessen kann der Mediansinus, wie dies für Hirudo gilt, der Art beschränkt sein, dass er am Kopftheil den Schlundring und an der Bauchseite die Ganglienkette umgibt. Dann aber hat sich am Darm ein feines Gefässnetz entwickelt. Im Zusammen- hang mit dieser Ausbildung von gefässartigen Räumen der Leibeshöhle erleiden die primitiven Blutgefässstämme beträchtliche Reduktionen , in- dem meist das Bauchgefäss ausfällt, bei Nephelis zugleich auch das Rückengefäss schwindet, so dass hier nur ein weiter Mediansinus und zwei laterale Gefässstämme vorhanden sind. Bei den meisten Kiefer- egeln besitzt das Blut eine rothe Färbung, die übrigens nicht den Blut- körperchen, sondern der Flüssigkeit angehört. Die so häufig im Innern des Rückengefässes angebrachten »Klappen« sind Organe der Blut- i 344 Nervensystem. Sinnesorgane. bereitung, zur Bildung der Blutzellen. In besonders reichem Masse sind den Hirudineen einzellige Drüsen unter der Haut und in dem binde- gewebigen tiefern Leibesschichten eigenthümlich. Die erstem enthalten eine feinkörnige, die Haut überziehende schleimige Flüssigkeit, während die tiefern unter demHautmuskelschlauche gelegenen Drüsenschläuche ein zähes helles Secret bereiten, welches ausserhalb des Körpers rasch erstarrt und bei der Eierablage zur Bildung der Cocons verwendet wird. Namentlich häufen sich diese Drüsenschläuche in der Nähe der Geschlechtsöffnungen in der als Sattel bekannten Leibespartie an. Das Nervensystem erlangt durchweg eine hohe Ausbildung und besteht aus dem Gehirne, einer Schlundcommissur mit unterer Schlundganghenmasse, welche wohl auch als untere Gehirnportion dem Gehirn zugerechnet wird (Leydig), und der Bauchganglienkette. Nur selten liegen die beiden Längsstämme der letztern mit ihren Ganglien gesondert in den Seitenhälften des Leibes (Malacohdella), bei allen andern Formen sind sie in der Medianlinie dicht aneinander gerückt und die Ganglien paarweise mit einander verbunden. Von jedem Ganglienpaare, deren gewöhnlich gegen 20 vorhanden sind, treten rechts und links bei den Kieferegeln zwei Nervenstämme ab, während von dem Gehirn und von dem letzten als Schwanzganglion zu bezeichnenden Knoten eine w^eit grössere Zahl von Nerven hervorgehn. Die erstem versorgen die Sinnesorgane, ferner die Muskeln und Haut der Kopfscheibe, die letztern vertheilen sich an der ventralen Saugscheibe. Daneben kennt man ein Eingeweidenervensystem (Sympathicus) , aus einem neben der Ganglienkette verlaufenden Magendarmnerven gebildet, welcher rechts und links die Blindsäcke des Magendarms mit Verzwei- gungen versorgt. Drei Ganglienknötchen, welche bei dem gemeinen Blutegel vor dem Gehirn liegen und ihre Nervenplexus an Kiefer und Schlund senden, werden von Leydig als Anschwellungen von Hirnnerven aufgefasst und stehen vielleicht der Schluckbewegung vor. Von Sinnes- organen kommen fast allen Blutegeln Augen zu, welche auf der Rücken- fläche der vordem Ringel in einer Bogenlinie paarweise hinter einander stehen. Dieselben sind Pigmentflecken mit einem lichtbrechenden Körper und hinzutretenden Sehnerven. Ausserdem finden sich nach Leydig auf den Kopfringeln becherförmige Gruben, beim medicinischen Blutegel etwa 60 an Zahl, welche grosse helle Blasen enthalten und mit einem eigenthümlich mit feinen Härchen endenden Nerven in Verbindung stehen. Die Qualität der diesen Sinnesorganen zu Grunde liegenden Empfindung ist nicht näher zu bestimmen, möglicherweise steht dieselbe der Ge- schmacksempfindung nahe. (Seitenlinien der Fische). Die Hirudineen sind ~ mit Ausnahme der MalacoMelliäen und Ilistriobdelliden Zwitter. Männliche und weibliche Geschlechtswerkzeuge münden wie bei vielen Seeplanarien in der Medianlinie des Vorderleibes hinter einander, die männliche Geschlechtsöffnung mit meist hervor- Geschlechtsorgane Ablage von Cocons. 345 ragendeni Cirrus vor der weiblichen. Es finden sich 6 — 12 Paare von Hodenbläschen in ebensoviel Segmenten und jederseits ein geschlängelter Samenleiter, in welchen die Hoden durch je einen kurzen Ausführungs- gang ihre Zeugungsstofie eintreten lassen. In seinem vordem Ende nimmt jeder Samenleiter einen eng gewundenen Verlauf und bildet einen knäuelförmigen Nebenhoden mit drüsiger Wandung, welcher sich in einen muskulösen Canal (Ductus ejucalatorius) fortsetzt. Dieser letztere ver- einigt sich mit dem der andern Seite zur Bildung eines unpaaren Begattungsapparates, welches eine Art Prostata trägt und entweder als zweihörniger , vorstülpbarer Sack {Bhyncliohdelliden) oder als langer und geknickter, fadenförmig vortretender Schlauch (Gnathobdeliiden) zur Ausbildung kommt. Der weibliche Geschlechtsapparat reducirt sich auf ein einziges Körpersegment und besteht entweder aus zwei langen schlauciiförmigen Ovarien mit gemeinsamer Ausführungsöffnung {lihyn- chobdelliden) , oder aus zwei bläschenförmigen Ovarien, zwei Ovidncten, einem gemeinsamen mehrfach geschlängeltem Eiergang und einer sack- förmig erweiterten Scheide mit der Genitalöffnung. Die Blutegel begatten sich vielleicht vornehmlich in Wechselkreuzung, und die männlichen Geschlechtsorgane geben einen von gemeinsamer Hülle umschlossenen Samenballen, Spermatophore , ab, welche entweder in die Scheide auf- genommen oder wenigstens in der Geschlechtsöffnung festgeklebt wird. Jedenfalls findet die Befruchtung der Eier im Innern des mütterlichen Körpers und wie es scheint überall in dem eigenthümlich gebauten Ovarialschlauch statt, und es kommt bald nachher zur Eierlage, welche ebenfalls mit eigenthümlichen Vorgängen verbunden ist. Zu diesem Zwecke suchen die Thiere geeignete Stellen an Steinen und Pflanzen auf oder verlassen das Wasser und wühlen sich wie der medicinische Blutegel in feuchter Erde ein. Die Genitalringe erscheinen zu dieser Zeit sattelförmig aufgetrieben, theils durch die Turgescenz der Geschlechts- organe, theils durch die reiche Entwicklung der Hautdrüsen, deren Secret für die Schicksale der abzulegenden Eier von besonderer Bedeutung ist. Während der Eierlage heftet sich der Leib des Blutegels mit seiner Bauchscheibe fest und umhüllt seinen Vorderleib unter den mannich- faltigsten Drehungen und Wendungen mit einer schleimigen Masse, welche besonders die Genitalringe gürtelförmig überdeckt und allmählig zu einer festern Hülle erstarrt. Dann treten aus den Genitalorganen eine Anzahl kleiner Eier nebst einer ansehnlichen Menge von Eiweiss aus, und der Körper zieht sein Kopfende aus der nun gefüllten tonnenförmigen Hülle heraus, welche sich nach ihrer Abstreifung durch Verengerung der end- ständigeu Oeflnungen zu einem «iemlich vollständig geschlossenen Cocon umgestaltet. Früher hielt man irrthtimlicher Weise die Cocons für die aus der Geschlechtsöfl'nung ausgetretenen Eier, während sie in Wahrheit Eibehälter sind, welche die sich bildenden Embryonen schützen und -Während ihrer Entwicklung mit dem nöthigen Nahrungsmateriale ver- 34G Entwicklung. Lebensweise. sorgen. So klein auch die Eier sind, die in sehr verschiedener niemals bedeutender Zahl in die Cocons abgesetzt werden, so besitzen doch die jungen Blutegel, wenn sie den Cocon verlassen, eine ansehnliche Grösse, die Jungen des medic. Blutegels z. B. eine Länge von circa 17 mm. und haben bereits im Wesentlichen bis auf die mangelnde Geschlechtsreife die Organisation der ausgewachsenen Thiere. Nur die Clepsinen werden sehr frühzeitig geboren und differiren von den Geschlechtsthieren sehr wesentlich sowohl hinsichtlich der Körperform als ihrer inneren Organi- sation. Mit einfachem Darme und ohne hintere Saugscheibe leben sie längere Zeit an der Bauchfläche des Mutterthieres angeheftet und er- reichen erst unter fortwährender Aufnahme neu abgeschiedener Eiweiss- masse ihre volle zum freien Leben taugliche Organisation. Sehr eigen- tliümlich gestaltet sich auch die Entwicklung des Embryos im Eie. Durch eine mehr unregelmässige Dotterklüftung entsteht ein kugliger Embryo mit Mund, Pharynx und Magendarm, zuny eilen (Nephelis) mit vortretendem Kopfzapfen. Mittelst kräftiger Schluckbewegungen des Pharynx erfolgt die Aufnahme des zur Nahrung dienenden Eiweisses, und der Embryo wächst rasch um das mehrfache unter Veränderung seiner ursprünglichen Form heran. Dann spaltet sich die Wandung des Embryonalleibes in eine äussere und innere Lamelle, von denen die erstere der äussern Leibeswand, die letztere der Magenwand entspricht, und an der Leibeswand entsteht mit fortschreitendem Wachsthum eine j schmale streifenförmige Verdickung, ein Bauchstreifen, welcher dem \ Primitivstreifen der Arthropoden entspricht, nur dass derselbe nicht an dem noch ungeformten Dotter, sondern an einem bereits fertigen, lebenden Embryo auftritt. Während zugleich in der Nähe des hintern Poles drei provisorische, als Urnieren zu deutende Drüsenpaare sich anlegen, gliedert sich der stets aus zwei Hälften bestehende Bauchstreifen in der Richtung von vorn nach hinten und bringt verschiedene Organe, die Bauchgangiien- kette, die schleifenförmigen Canäle und die benachbarten Fasern des Hautmuskelschlauches zur Sonderung, während aus den letzten Segmenten des Bauchstreifens die ventrale Saugscheibe hervorgeht. Zu dieser Zeit bildet sich auch das Gehirn und die Anlagen der Geschlechtsorgane; der sich verbreiternde Primitivstreifen krümmt sich über die Seitenwände des Embryo's hinaus und umwächst den allmählig durch Einschnürungen in seitliche Zipfel zerfallenden Darmcanal. Die Gestalt und innere Or- ganisation wird mehr und mehr dem erwachsenen Thiere gleich. Die Blutegel leben grossen theils im W^asser, aber auch, zum Theil gelegentlich beim Abstreifen der Cocons, in feuchter Erde. Sie bewegen sich theils spannerartig kriechend mit Hülfe der Haftscheiben, theils schwimmend unter lebhaften Schlängelungen des meist abgeflachten Körpers. Viele halten sich parasitisch an der Haut oder an den Kiemen von Wasserbewohnern auf, z. B.Fischen und Flusskrebs; die meisten aber sind gelegentÜche Schmarotzer, die nur zur Befriedigung ihres Nahrungs- Malacobdellidae. Branchiobdellidae. Rhynchobdellidae, 347 bedürfnisses die äussere und innere Haut von Warmblütern aufsuchen. In der Regel reicht bei den letztern die in beträchtlicher Menge auf- genommene Nahrung auf geraume Zeit hinaus. Einzelne endlich sind wirkliche Raubthiere, welche wie z. B. der Pferdeegel, Aulacostomictn gulo, Schnecken und Regenwürmer verzehren, oder wie die Clepsinen Schnecken aussaugen. Auch scheint die Nahrung keineswegs überall auf eine be- stimmte Thiergattung beschränkt , auch nicht in jedem Lebensalter die- selbe zu sein. Der medicinische Blutegel nährt sich z. B. in der Jugend- zeit von Insectenblut, dann vom Blut der Frösche und erst später wird ihm zur vollen Geschlechtsreife der Genuss eines warmen Blutes noth- wendig. j. Farn. Malacobdellidae. Getrennt geschlechtliche Rüsselegel mit grosser Mundöffnung, durchsichtiger zarter Haut, mit leicht vorstülpbarem Schlund. Die äussere Oberfläche bewimpert. Die Ganglien liegen in den Seiten des Körpers. Gefässsyslem unvollständig, aus einem Dorsalstamm und zwei Seitengefässen bestehend. Leben an dem Körper von Muschelthieren {Mya, Venus, Cyprina). Malacobdella Blainv. M. grossa Blainv. auf Cytherea und Mya. M. Valen- cienni Blainv., auf Mya truncata. 2. Fam. Histriobdellidae. Mit besonderem Kopfabschnitt und eigenthümlichen, Extremitäten-ahnlichen Bewegungsorganen am Vorder- und Hinterende, getrennt ge- schlechtlich. Die gestilten Eier werden einzeln abgesetzt. Histriobdella Van. Ben. Leib einer Dipterenlarve ähnlich. Kopfabschnitt mit zwei Paaren von Fortsätzen und einer grossen häutigen gestilten Saugscheibe. Hinterende mit zwei sehr beweglichen Stilgliedern, die ebenfalls als Saugscheiben benutzt werden. H. liomari Van. Ben. Auf Hummereieru. Saceobdella Van Ben. Hesse. Die Fortsätze des Kopfstückes fehlen. In der .Mitte des Leibes eine starke Auftreibung mit den Geschlechtsorganen. Am Hinterende 2 gestilte Sauggruben. S. nebaliae Van Ben. Hesse. 3. Fam. Acanthobdellidae. Körper fast spindelförmig, etwas flach, vorn zu- gespitzt, ohne Haftscheibe, dagegen jederseits mit einigen Paaren Hakenborsten bewaffnet, hinten mit einem Haftnapf, in dessen Boden der After liegt. Äcanthobdella Gr. A. Peledina Gr., Sicilien. 4. Fam. Branchiobdellidae. Der im ausgestreckten Zustand beinahe cylindrische Körper aus wenigen ungleich geringelten Segmenten zusammengesetzt mit zweilappigem Kopflappen ohne Augen, mit einem ausgebildeten Saugnapf am Hinterende. Schlund ohne Rüssel mit zwei flachen übereinander liegenden Kiefern. Branchiobdella Odier = Astacobdella Vallot. Kopflappen mit zarten Randpapillen. B. parasita Henle, an der untern Schwanzfläche, am Grunde der Fühler und Augen des Flusskrebses. B. astaci Odier, kleiner und minder ausdauernd an den Kiemen des Flusskrebses. Hierher gehört wohl auch die Gattung Myzobdella Leidy {M. lugubris auf Lupea diacantha), sowie Temnocephala Gay. mit fingerförmig gespaltenen Kopflappen und zwei Augen (T. chilensis Gay.). 5. Fam. Ehynchobdellidae, Rüsselegel. Körper lang gestreckt, cylindrisch oder breit und flach mit einer vordem und hintern Haftscheibe und kräftigem, vorstreckbarem Rüssel in der Mundhöhle, mit paarigen Augen auf der vordem Haftscheibe. 1. Subf. Ichthyobdellidae. Fischegel. Piscicola Blainv. (Ichthyobdella). Mund im Grund der vordem stark abgesetzten Haftscheibe. Meist 2 Paar Augen. P. geometra Lin., auf Süsswasserfischen. P. tna- rina F. S. Lkt. auf Anarrhicbas. P. hippoglossi Van Ben. u. a. A. 348 ünathobdellidae. Hirudo. Haemopis. Ophibdella Van Ben. Hesse. Mit einer sehr grossen Kopfhaftscheibe. 0. Idbracis Van Ben. Hesse. Pontobdella Leach. Haut derb und warzig. Vier Ringel bilden ein Segment. P. muricata Lin. Auf Rochen. Hier möchte sich auch die durch blättrige Seitenanhänge ausgezeichnete Gattung JBrancheUion Sav. anschliessen. B. torpedinis Sav. B. rhombi Van Ben. Hesse, sowie die Gattungen Calliobdella, Hemibdella Van Ben. Hesse, Cystobranchus Trosch, Ozobranchus Quatref., Phyllobranchiis Gir. 2. Suhf. Clepsinidae. Rüsselegel im engern Sinne. ClepsineSüv. Körper breit zusammenrollbar mit wenig abgesetzter Slundscheibe. in deren Grunde ('er Mund liegt, mit 1 — 4 Paaren von Augen. Meist gehen drei Ringel auf ein Segment Die untere Körperfläche befestigt sich an Steinen und bildet einen Brutraum für die Eier, deren Embryonen sehr frühzeitig ausschlüpfen und dann noch eine Zeit lang an der Mutter befestigt bleiben. Die Thiere ernähren sich von Schnecken. Cl. bioculata Sav. Mit 1 Augenpaar. Cl. eomplanata Sav. Mit 3 Augen- paaren und 6 Paar Magenbiindsäcken. Cl. marginata 0. Fr. Müll., mit 2 Augenpuaren u. v. a. A. Haementaria de Fil. Körper vorn zugespitzt, mit 21ippigem Mundsaugnapf, über welchem die Mundöffnung liegt. 2 Augen auf der Rückenfläche des zweiten Ringels. Fünf Ringel gehn auf ein Segment. Der lange Rüssel läuft vorn in eine feine Spitze aus und steht mit Drüsen in Verbindung Sollen den Menschen ansaugen. H. mexi- cana de Fil. H. officinalis de Fil., beide in den Lagunen von Mexico, die letztere nach Art des Blutegels benutzt. H. Ghilianii de Fil., im Amazonenstrom. 6. Fam. Gnathobdellidae, Kieferegel. Schlund mit drei häufig gezähnten Kiefer- platten bewaffnet, längsgelaltet. In der Regel kommen 4 bis 5 Ringe! auf ein Segment. Vor der Mundöffnung ein geringelter lölfelförmig vorspringender Kopfschirm, welcher eine Art Mundsaugnapf bildet. Blut meist roth gefärbt. Die Cocons mit spongiöser Schale. Hirudo Lin. Meist 95 deutliche Ringel, von denen 4 auf die löffeiförmige Überlippe kommen. Die drei vordem Ringel, der fünfte und achte, tragen die 10 paarigen Augen. Die männliche Geschlechtsöffnuiig liegt zwischen dem 24. und 25., die weibliche zwischen dem 29. und 30. Ringel. Die drei Kieferplatten fein gezähnt, nach Art einer Kreissäge bewegliclf, sehr geeignet eine leicht vernarbende Wunde in die äussere Haut der Menschen zu schlagen. Magen mit 1 1 Paaren von Seitenlaschen, von denen die letzte sehr lang ist. Die Cocons werden in feuchter Erde abgesetzt. H. medicinalis Lin. mit der als offieinalis unterschiedenen Varietät, besitzt 80 bis 90 feine Zähne am freien Kieferrande und erreicht die Länge einer Spanne Früher in Deutschland verbreitet, jetzt noch häufig in Ungarn und in Frankreich, wird in Blut- egelteichen gezüchtet und braucht drei Jahre bis zum Eintritt der Geschlechtsreife. H. interiupta Moq. Tand., Algier. H. mysomelas Virey. , Senogambien. H. granu- losa Sav., Bourbon. H. javanica Wahlbg. , Java. H. sinica Blainv. , China. H. gMiHäHesinata Schmarda, Sydney. Sämmtlich medicinisch verwendbar. Nahe verwandt ist Bdella Sav. {Limnatis Moq. Tand.J mit tief ausgehöhlter Mundscheibe und 4 Augen- paaren. Bd. niloüca Sav., Kil. Bd. aeqinnoctialis Pet. , Mosambique. Haemopis Sav. Leib minder flach, am Rande nicht scharf gesägt. Die Kiefer minder fein gezähnelt. H. vorax Moq. Tand., Pferdeegel, mit nur 30 gröbern Zähnen am Kieferrande, welche ihn zum Verwunden weicher Schleimhäute befähigen. Der Pferdecgel, in Europa und vornehmlich in Nordafrika einheimisch, beisst sich im Schlünde von Pferden, Rinrlern, auch des Menschen fest. Äulacostomum Moq. Tand. (Aulostomum). Körper wie bei Haemopis. Zähne der Kiefer stumpf. Magenblindsäcke unbedeutend. Darm weit. A. gulo Moq. Tand. Bei uns auch als Pferdcegel bekannt, von Weichthieren lebend. 2. Unterclasse: Chaetopodes, Borstenwürmer. 349 Nephelis Sav. (Helluo Oken). Leib dünn, am Bande nicht gesSgt, mit 4 Augen- paaren. Geschlechtsöffnungen zwischen dem 31. und 32., sowie zwischen dem 34. und 35. Uins^e. Anstatt der drei Kieler einfache Längsfalten im Schlünde. JV^. vul- garis Moq, Tand. Hier schliessen sich die Gattungen Oxyptychus Gr., Centropygus Gr., Trochetia Dutr., Liostomum Wagler. ferner Blennobdella Gay., Pinacobdella und Typhlobdella Dies. an. Die von van Beneden und Hesse beschriebene Heterohdella dürfte noch zu unreichend bekannt sein, u.ni eine zuverlässige Einordnung zu gestatten. 2, Unterclasse: Chaetopodes'), Borstenwümier. Freilebende Gliederwürmer mit paarigen Bündeln von Borsten, welche entiveder in Gruben eingelagert sind oder besondern Extremitäten- stummeln aufsitzen, häufig mit hesonderm Kopfabschnitt, mit Fühlfäden und Girren. Die Borsfcenwürmer leben mit einigen Ausnahmen frei, theils in der Erde, theils im Wasser, besonders im Meere und sind in äussere, 1) Savigny, Systeme des Annelides. Description de I'Egypte. Tom. 21 1826. y. Audouin et H. Milne Edwards, Classification des Annelides et de^criptions des especes qui habitent les cötes de la Franke. Annales des scienc. nat. 1832 u. 1833. Quatrefagcs, Etudes sur les types inferieures de l'embranchenient des Annel^s. Annales des sciences naturelles. 1848 — 1854. Ed. Grube, Die Familien der Anneliden. Archiv für Naturg. 1850 und 1851. — — Beschreibung neuer und wenig gekannter Anneliden. 5 Beiträge. Ebendas. 1846-1865. Williams, Besearches on the Structure and Homology uf the Beproductive Organs of the Annelids. Fhil, Transact. Boy. Soc. 1858 und 1859. Schmarda, Neue wirbello.^e Thiere. Leipzig. 1861. W. Keferstein, Untersuchungen über niedere Seelhiere. Leipzig. 1862. E. Claparfede, Becherches anatomiques sur les Annelides Turbellaries, Opalines et Gr^garines observes dans les Hebrides. Geneve. 1861. Derselbe, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbel- loser Thiere. Leipzig. 1863. Derselbe, Glanures zooloniiques parmi les Annelides. Geneve 1864. E. Ehlers, Die Borstenwürmer. I. und IL Abth. Leipzig. 1864 und 1868. Malmgren, Nordiska Hafts-Annulater. Oeivers. af K. Vet. Akad. Förh. 1865; sowie Annulale polychaeta. Helsinodors. 1867. Kinberg, Annulata nova. Oefvers af K. Vet. Akad. Förh. 1864, 1865, 1866. Quatrefages, Histoire naturelle des Anneles. Tom. 1 und IL 1865. E. Claparede, Les Annelides ch6topodes du golfe de Kaples. Geneve et Bale. 1868. E. Claparede und E. Metschnikoff, Beiträge zur Kenntniss der Entwicklungs- geschichte der Chaetopoden. Zeitschr. für wiss. Zool Tom. XIX. 1869 E. Claparede, Becherches sur des Ann^lides presentant deux fornns sexu^es distinctes. Arch. des scienc. de la biblioth univ. Geneve. 1869. Vergl. die Schriften von Quatrefages, M. Edwards, Grube, Kölliker, Johnston, Metschnikoff, Leydig, Sars u. v. a. , sowie Leydig's Tafeln zur vergleichenden Anatomie. 350 Körperbau, ßorsteneinlagerungen. Kopf. selten geringelte Segmente gegliedert, welche den Segmenten der inncrn Organe entsprechen und sich mit Ausnahme des vordem als Kopf unter- schiedenen Abschnittes meist ziemlich gleichartig verhalten. Haftscheiben wie bei den parasitischen Ilirudineen fehlen vollständig, dagegen treten an den Se.L'menten Extremitätensturamel mit eingelagerten Borsten auf, welche zunächst die freie Locomotion unterstützen, durch verschieden- artige Anhänge, Kiemen und Girren, auch die P'unctionen der Respiration und des Tastens übernehmen. Sehr wichtig für die Extremitätenstummel der Leibesringe erscheint der Besitz von beweglichen Borsten, deren besondere Form ausserordentlich variirt und zur Characterisirung der Familien und Gattungen verwendet wird. Man unterscheidet Haarborsten, Hakenborsten, Plattborsten (Paleen), Spiessborsten, Sichclborsten, Pfeil- borsten, Nadeln, Stacheln, je nach der Stärke, Gestalt und Art der Endigung. Auch können bei vollständigem Mangel von Fussstummeln und deren Anhängen die Borsten in Gruben der Haut einzeilig oder zweizeilig, d. h. in seitlichen Bauchreihen oder in Bauchreihen und Rückenreihen, von denen die letzteren sich oft der Bauchseite beträchtlich nähern, eingelagert sein. In diesen Fällen ist die Zahl der Borsten durchweg eine beschränkte, Oligochaeten, indessen kann dieselbe auch andererseits in grossem Masse überhand nehmen, so sehr dass die Haut an den Seiten mit langen Haaren und Borsten besetzt erscheint und sich über die ganze Rückenfläche ein dichter metallisch glänzender Haar- filz ausbreitet, Aphrodite. Die Anhänge der Fussstummel bieten einen nicht minder grossen Reichthum verschiedener Formen und variiren auch nicht selten an den verschiedenen Leibesabschnitten; dieselben sind zu- nächst einfache oder geringelte fühlerartige Fäden, Cirri, welche in Rücken- und Baucheirren und in Aftercirren (Endsegment) unterschieden werden. Dieselben sind meist fadenförmig und zuweilen gegliedert, oder conisch und dann oft mit einem besondern Wurzelglied versehn. In anderen Fällen erlangen die Girren eine mehr flächenhafte Verbreiterung und bilden sich auf der Rückenfläche zu breiten Schuppen und Blättern, Elytren, welche ein wahres schützendes Dach zusammensetzen {Aphro- diteen). Neben den Girren finden sich häufig fadenförmige oder geweih- artig verästelte, büschel- oder kammförmige Kiemen, bald auf die mittlem Leibesabschnitte beschränkt, oder über die ganze Rückenfläche ausgedehnt, bald nur am Kopfe und den vordem Segmenten (Kopfkiemer). Als Kopf bezeichnet man die 2 vordem Leibessegmente, welche zu einem mehr oder minder gesonderten Abschnitt verschmolzen sind und sich auch rücksichtlich der Segmentanhänge abweichend verhalten. Der vor- dere Theil (vorderes Segment) überragt als Kopflappen die Mundöfi'nung und trägt die Fühler und Palpen, sowie die Augen, der hintere Kopf- abschnitt (Mundsegment) die Fühlercirren. Die Körperbedeckung der Borstenwürmer, aus einer chitinigen Cuticula und einer subcuticularen feinkörnigen Matrix zusammengesetzt, Körperbedeckung. Verdauungscanal. Gefasssystem. 351 erlangt eine bedeutende Dicke und zeichnet sich an manchen Stellen, besonders an den Scitenwandungen der Segmente und selbst an den Segmentanhängen, durch den Besitz von Flimmercilien aus. Die Cuticula ist wohl immer geschichtet und nicht selten von Porencanälen durch- setzt, durch welche hier und da vielleicht das Sekret von Hautdrüsen ausfliesst, in vielen Fällen auch durch ein fasriges Gewebe unterstützt. Die Borsten sind in gewissem Sinne als Theile der Cuticula aufzulassen, da sie wie diese von Zellen secernirt werden. An ihrem basalen Ende von einer Fjinstülpung der Haut, (Borstenscheide) umhüllt, werden sie durch einen besondern mit der Längsfaserschicht zusammenhängenden Muskelapparat bewegt. Die Färbung des Integuments wird meist durch Anhäufungen kleiner Pigmentkörnchen in den untern Partien der Chitinhaut, aber auch durch unterliegende Pigmentzellen bewirkt. Hautdrüsen scheinen bald allgemein über den Körper verbreitet, bald an einzelnen Stellen gruppenweise vertheilt (Sphaerodorum, Fhyl- lodoce). Nicht selten kommen in der Haut stäbchenförmige Körper vor, in Zellen oft in besondern Schläuchen erzeugt. Die Hautmuskulatur besteht aus einer äussern meist ununterbrochenen Ringfaserschicht und einer Innern Lage von longitudlnalen Fasern, welche häufig vier geson- derte Bänder, zwei dorsale und ebensoviel ventrale bilden. Die innere freie Oberfläche der Muskeln wird wie vermuthlich auch die Oberfläche aller Eingeweide von einer Membran nach Art eines Peritoneums über- kleidet. Der Verdauungscanal verläuft meist in gerader Richtung von dem Mund nach dem am Körperende selten rückenständig gelegenen After und gliedert sich in Schlund und Magendarm, von dem sich ein geson- derter Enddarm absetzt. Oefter kommt es zur Ausbildung eines er- weiterten muskulösen Schlundkopfes, der mit Papillen oder beweglichen Kieferzähnen bewaffnet, nicht selten als Rüssel hervorgestreckt werden kann. Der Magendarm bleibt meist in seiner ganzen Länge von gleicher Beschaffenheit und zerfällt dann durch regelmässige Einschnürungen in eine Anzahl Abschnitte oder Kammern, welche den äussern Segmenten entsprechen und selbst wieder in seitliche Ausstülpungen und Blind- schläuche sich erweitern. In den Einschnürungen befestigen sich faden- oder membranartige Suspensorien (Dissepimeute) , durch welche die Leibeshöhle in ebensoviel hintereinander liegende Kammern zerfällt. Das Gefasssystem erlangt eine noch höhere Entwicklung als bei den Hirudineen und sclieint fast überall vollständig geschlossen zu sein, so dass die in der Leibeshöhle befindliche helle ErnahrungsflUssigkeit, welche wie das Blut eigenthümliche Körperchen enthält, mit dem meist gefärbten Blutinhalt der Gefässe nicht comnmnicirt. Diese lassen sich auf ein in der Regel in seinem ganzen Verlaufe dem Darme aufliegendes iJücÄew^/e/äss und auf ein BaucJu/cfüss zurückführen, welche sowohl im vordem und hintern Körperende als in den einzelnen Segmenten durch Seitenschlingen in 352 Kreislauf. Respiration. Kiemen. Verbindung stehn. Auch das Gefässsystem gliedert sich demnach der Segmentirung entsprechend. Der Kreislauf wird durch Palsationen ein- zelner Gefässabschnitte vornehmlich des Rückengefässes unterhalten, welches entweder in seinem ganzen V^erlaufe oder nur in einem beschränkten nach vorn gelegenen Abschnitt (Herz) contraktil erscheint. Indessen können auch erweiterte Queräste, selten auch das Bauchgefäss pulsiren. Im Rückengefässe bewegt sich das Blut von hinten nach vorn und strömt in die Seitengefässe ein, von denen aus sich mehr oder minder com- plicirte peripherische Gefässnetze in die Haut- und Darmwandung sowie in die Kiemen erstrecken. Das zurückfliessende Blut tritt durch die seitlichen Schlingen in das Bauchgefäss ein und strömt von diesem wieder in das hintere Ende des Rückengefässes ein. Von grosser Be- deutung für die besondere Gestaltung des Gefässsystems ist das Auf- treten von Kiemen, welche theils an dem Kopfe, theils an dem Rücken- theil vornehmhch der mittleren Leibessegmente sich erheben. In die- selben setzt sich das Gefässsystem im einfachsten Falle durch Gefäss- schlingen fort, von denen der eine Abschnitt zum arteriellen, der andere zum venösen Gefässstanime wird. Bei den Rückenkiemern treten die Gefässe vom Rückenstamme in die Kiemen ein, während die ausführenden Gefässe das Blut in das Bauchgefäss leiten. Bei den Kopfkiemern aber hat der beschränkte Ursprung der Athmungsorgane beträchtliche üm- fornmngen gewisser Gefässpartien zur Folge. So erweitert sich bei den TereheUen das Rückengefäss oberhalb des Schlundes zu einer Art Kiemenherz, welches paarige nach den Kiemen führende Aeste entsendet, während gleichzeitig zwei Queranastomosen als Herzen fungiren. Auch die Längsstämme können bei der reichern Ausbildung von Gefässver- zweigungen Modifikationen erleiden und theilweise im Gefässnetze sich auflösen. So ist z. B. bei Polyophthalmus der Rückenstamm längs des Mitteldarms aufgelöst und bei den Hermellen in dieser Partie ebenso wie das Bauchgefäss durch zwei Stämme vertreten. Besondere Bespirationsorgane fehlen bei den Oligochaeten und sind hier durch die gesammte Körperwandung oder vornehmlich durch einzelne Abschnitte derselben {Lmnbriculus) vertreten. Bei den Mieres- würmern treten sie jedoch als Kiemen auf und zwar entweder als An- hangsgebilde der Fussstummel oder als lange aus den Fühlern hervor- gegangene Fäden am Kopfe. In ersterm Falle sind sie entweder einfache Girren, welche Flimmerhaare auf der Oberfläche ihrer zarten Wandung tragen und Blutgefässschlingen aufgenommen haben oder sehr verlängerte Fäden {Cirratulus) oder in verschiedenem Grade ramificirte baumförmig verästelte {Amphinome) oder kammförmige {Eutiice) Schläuche, neben denen noch besondere Girren an den Rückenstummeln sich erheben. Auch können sie sich von den Fussstummeln sondern und direkt von der Rückenfläche entspringen. Bald sind sie mehr auf die mittlem Segmente beschränkt {Arenkola), bald an fast allen Segmenten, nach Segmentalorgane. Kittdrüsen. Nervensystem. 353 dem hintern Körperende sich vereinfachend, an der llückenfläche ent- wickelt {Etmice, Ämphinome). Bei den Röhrenbewohnern beschränken sich die Kiemen auf die zwei (Pectinaria, Sahellides) oder drei (Tere- lella) vordersten Segmente, werden aber zugleich durch zahlreiche büschel- förmig gehäufte und verlängerte Fühler des Kopfabschnitts ergänzt. Diese letztern enthalten zuweilen nur Leibesflüssigkeit {Pectinaria, Terehella), in anderen Fällen jedoch auch blutführende Gefässe {Siphonostoma). Am umfangreichsten gestalten sich dieselben bei den Sahelliden, wo sie sogar durch ein besonderes Knorpelskelet gestützt und mit secundären Zweigen federbuschartig besetzt sein können. Entweder stehen diese Fäden ein- fach im Kreise um die Mundöffnung herum oder in zwei fächerartige Seitengruppen geordnet {Serpuliden) , deren Basis sich nicht selten in eine Spiralleiste auszieht. Solche Kiemenbildungen dienen aber zugleich zum Tasten, zur Herbeischaffung der Nahrung und sogar zum Bau der Röhren und Gehäuse. Als Excretionsorgane beobachten wir den Schleifencanälen der Hirudineen entsprechende Segmentalorgane, welche sich paarweise in den Segmenten wiederholen, seltener wie bei \\e\enTubicolcn{TerebeUiden) nur bestimmten Segmenten angehören und, wie Williams nachgewiesen, eine allgemeine Verbreitung haben. Dieselben beginnen mit freier Mün- dung oft mittelst eines Wimpertrichters in der Leibeshöhle, besitzen eine drüsige Wandung und nehmen einen mehrfach geschlängelten und gewundenen Verlauf, um rechts und links je in einem seitlichen Perus des Segmentes auszumünden. Wie die Drüsengänge überhaupt auch zur Ausführung von Stoffen der Leibeshöhle dienen mögen, so sollen dieselben nach Ehlers bei den marinen Borsten Würmern zur Brunstzeit als Ei- leiter oder Samenleiter fungiren und die in der Leibeshöhle frei gewor- denen Geschlechtspi'odukte nach aussen schaffen. Von selbstständigen Drüsen im Körper der Chaetopoden verdienen vor allem diejenigen Hautdrüsen der Oligochaeten erwähnt zu werden, welchen die als Gürtel bekannte Auftreibung mehrerer Segmente ihren Ursprung verdankt. Das Secret dieser Drüsen scheint zur innigen Ver- bindung der sich copuhrenden Würmer zu dienen. Ferner kommen bei mehreren Serpuliden zwei grosse auf der Rückenfläche des Vorder - körpers mündende Drüsen vor, deren Inhalt zur Bildung der Röhren in welchen die Thiere leben, verwendet wird. Bei Siphonostomum münden am Kopfe zwei schlauchförmige Drüsen aus, welche eigenthümliche weisse Concretionen enthalten. Aehnliche Drüsenschläuche mit einer Gallerte gefüllt finden sich bei Ämmochares (nach Claparede in 4 Segmenten, nach KöI 1 iker in jedem Segmente) und dienen wahrscheinhch zur Bildung des Gehäuses. Das Nervensystem schliesst sich in seiner Gestaltung unmittelbar an die Hirudineen an. Die Gehirnganglien zerfallen meist in lappen- Claus, Zoologie. 2. Auflage. 23 354 Augen, Gehörblasen, Tastorgane. fönnige Abschnitte und sind einander bedeutend , selten freilich bis zur vollständigen Verschmelzung {Enchytraeus) genähert. Die Längsstränge des Bauchmarks lagern oft so dicht aneinander, dass sie einen einzigen Strang zu bilden scheinen {Oligocliaeten , zahlreiche Kieferwürmer). Bei den Röhrenwürmern weichen sie indessen schon merklich auseinander, so dass die Quercommissuren der Ganglien breit werden, am meisten im vordem Abschnitt der Ganglienkette bei den Serpuliden. In dem Neurilemma einiger Chaetopoden wurden von Leydig ähnlich wie bei den Hirudineen Muskelfasern beobachtet. Das System von Eingeweide- nerven besteht aus paarigen und unpaaren Ganglien, welche die Mund- theile und vornehmlich den vorstülpbaren Rüssel versorgen. Von Sinnesorganen sind Äugen am häufigsten verbreitet. Dieselben finden sich meist paarig auf der Oberfläche des Kopflappens, bald dem Gehirn aufgelagert, bald durch besondere Nervenstämme mit demselben verbunden. Indessen können sie auch am hintern Körperende liegen {Fahrida) oder an den Seiten aller Segmente sich regelmässig wiederholen (Polyoph- thalmus, Myxicola). Selbst auf den Kiemenfäden finden sich bei Sabella- arten Pigmentflecken mit lichtbrechenden Körpern angebracht. Am höchsten entwickelt, mit einer grossen Linse und einer complicirten Retina versehen, sind die grossen Kopfaugen der Gattung Alciope. Weit beschränkter erscheint das Vorkommen von Gehörorganen , welche als paarige Otolithenblasen am Schlundringe von Ärenicola, Fabricia, einigen Sabelliden und jungen Terebellen auftreten. Als Tastorgane ') fungiren die Fühler, Girren und Elythren, in denen bei zahlreichen Arten Nervenver- zweigungen beobachtet wurden, deren Enden in cylindrische Cuticularan- hänge, Papillen, eintreten und an deren Spitzen mit feinen starren Härchen in Verbindung stehen. Aber auch die Hautoberfläche anderer Körperstellen kann zum Sitze einer Tastempfindung werden, sowohl bei den der Fühler und Girren entbehrenden Oligochaeten als bei den Meereswürmern. An solchen Stellen sind entweder starre Härchen und Tastborsten ver- breitet, oder es finden sich wie bei Sphaerodorum peripatus Tastwärzchen mit Nervenenden. Bei dem übereinstimmenden Bau der Leibessegmente, welche in gewissem Sinne als untergeordnete Einheiten gelten können, erscheint die ungeschlechtliche Fortpflanzung einiger kleinen Chaetopoden nicht überraschend. Wir beobachten Theilungen nach vorausgegangener Knospung einzelner Körperpartien insbesondere des Kopfes oder grösserer Reihen von Segmenten, im ersteren Falle (fissipare Forlpflanzung) geht eine grössere Segmentreihe aus dem ursprünglichen Körper eines W^urmes in den Leib eines Sprösshngs über. So z. B. unter den Syllideen bei üyllis prolifera (und Filograna), wo sich durch eine einfache Quer- 1) Vergl, A. Kölliker, kurzer Bericht über einige etc. vergl. auat UiUer- suchungen. WUrzburg. 1864. Fissipare und gemmipare Fortpflauzung. Generationswechsel. '6j^ theilung eine Reihe der hintern mit Eiern gefüllten Segmente ^ ablöst, nachdem sie einen mit Augen und Fühlern versehenen Kopf erhalten hat. Im andern häufigem Falle (gemmipare Fortpflanzung) ist es nur ein einziges und gewöhnlich das letzte Segment, welches zum Aus- gangspunkt der Neubildung eines zweiten Individuums wird. In dieser Weise verhält sich die als Autolytus prolifer bekannte Syllidee, welche zugleich ein Beispiel von Generation.swecksel bietet und als Amme durch mehrfach wiederholte Knospungen in der Längsachse die als Sacconereis Helgolandica (Weibchen) und Polytostrichus Mülleri ■) (Männchen; bekannten Geschlechtsthiere erzeugt. Hier entsteht (ebenso wie bei Myrianida) vor dem Schwanzende der kvam^ eine ganze Reihe von Segmenten, welche nach Bildung eines Kopftheiles ein neues Individuum zusammensetzen. Indem sich dieser Vorgang zwischen dem letztüu Körperringe des Stammthieres und dem Kopftheile des Sprösslinges mehrfach wiederholt, entsteht eine zusammenhängende Kette von Indi- viduen, welche nach ihrer Lösung die Geschlechtsthiere vorstellen. Auch bei einer süsswasserbewohnenden Naidee, bei Chaetogasfer '^), kommt es durch eine gesetzmässige Sprossung in der Längsachse zur Bildung von Ketten, die nicht selten 12—16 freilich nur 4gliedrige Individuen ent- halten, während die Geschlechtsthiere aus einer viel grössern Zahl von Segmenten (nach R. Leuckart 23) bestehen. Verwandt ist auch die schon von 0. Fr. Müller beobachtete Vermehrungsart von Nais pro- boscidea, deren Stamm jedesmal aus dem letzten Segment den Leib des neuzubildenden Sprösslings erzeugt. Dagegen werden ]\Iutter- und Tochterindividuen von ISais ') in gleicher Weise geschlechtsreif. Auch bei Protula ist die geschlechtliche Entwicklung des proliferircnden Wurmes nachgewiesen. Die Chaetopoden sind mit Ausnahme der hermaphroditischen Oli- gochaeten und einzelner Serpuliden, z. B. Spirorbis spiriUum, Frotula Dysteri getrennten Geschlechtes. Männliche und weibliche Individuen erscheinen zuweilen nach Bildung der Sinnes- und Bewegungsorgane so auf- fallend verschieden, dass man sie für Arten sogar verschiedener Gattungen gehalten hat. Ausser der bereits erwähnten Sacconereis und Foly- bostrichus, zu denen noch Autolytus als Ammenform gehört, wurde ein ähnlicher Dimorphismus des Geschlechts von Malmgren fUi- die Lycoridengattung Het&onereis nachgewiesen, deren Männchen und Weibchen eine verschiedene Körpergestalt und Segmentzahl besitzen. 1) Vergleiche ausser den Untersuchungen 0. Fr Müller's, Quatrefasre's, L,euckart's, Kröhn's besonders A. Agassiz, On alternate generation of Annelid« and the embryology of Autolytus cornutus. Boston. Journ. Kat. Hist vol. lU. 1863. 2) C. Claus, Ueber die ungeschlechtliche Fortpflanzung von Chaetogaster. Würzb. Naturw. Zeilschr, 1860. . 3) M. Seh u Uze, Archiv für Katurgeschichte. 1849 und 1852. 23* 3öG Dimorphisnaus. Ileterogonie. Geschlechtsorgane. Derselbe Forscher hat das Verdienst , auch noch auf ein anderes merkwürdiges Verhältniss die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben, auf die Zugehörigkeit von Heteronereis in den Entwicklungskreis von Nerei- lepas. Während Malmgren die Beziehung dieser Formen zuerst auf einen Generationswechsel, später auf eine Metamorphose zurückführte, glaubte Ehlers die letztere nachweisen zu können und stellte als wahr- scheinlich dar, dass Heteronereis den {epitohen) Formzustand der vollen Geschlechtsreife repräsentire und als solche aus den atoken Formen der Nereis und Nereüepas hervorgehe. Claparede brachte sodann neue freilich noch in vieler Hinsicht räthselhafte Aufschlüsse. Er bestätigte durch direkte Beobachtung die für Nereis BumeriUi von Ehlers wahrscheinlich gemachte Verwandlung, erkannte aber, dass dieser Ent- wicklungsgang keineswegs für alle Individuen durchgreifend sei, sondern dass auch noch eine besondere geschlechtsreife Nereisgenersition existire, ausgezeichnet durch die geringe Körpergrösse und Segmentzahl, durch die Entstehungsweise der Zoospermien und durch die Uebereinstimmung, welche beide Geschlechter in ihrer äussern Körperform darbieten. Claparede entdeckte weiter, dass auch die Ileteronereisform in zwei verschiedenen Generationen auftrete, einer kleinern, sehr beweglichen, an der Oberfläche schwimmenden Form und einer grössern schwerfälligen auf dem Boden in der Tiefe lebenden Generation. Die Zoospermien der beiden Heteronereisformen sind identisch, von denen der Nereisgeneration jedoch verschieden. Die Erklärung dieser wahrscheinlich als Heterogonie zu deutenden Erscheinung ist zur Zeit unmöglich. Bei den Oligochaeten findet sich im Körper ein zum Theil hoch entwickelter Geschlechtsapparat. Die Ovarien und Hoden liegen in ganz bestimmten Segmenten und entleeren ihre Produkte durch Dehiscenz der Wandung in die Leibeshöhle. Entweder sind bestimmte Ausführungs- gänge vorhanden, welche die Geschlechtsprodukte nach aussen leiten {Oligochaetae limicolae) oder es haben die Segmentalorgane bestimmter Ringe diese Funktion übernommen {Oligochaetae terricolae). Bei den getrennt geschlechtlichen marinen Borstenwürmern entstehen die Eier oder Samenfäden an der Leibeswandung (Kerne der peritonealen Membran) in Organen, welche nur zur Zeit der geschlechthchen Thätigkeit vor- handen, entweder auf die vordem Segmente beschränkt sind oder in der gesammten Länge des Körpers sich wiederholen. Stets gelangen auch hier die Geschlechtsstofie aus den drüsigen sackförmigen Verdickungen der Leibeswand in die Leibeshöhle, erlangen in derselben ihre volle Reife und werden durch die Segmentalorgane, welche zur Brunstzeit die Rolle der Eileiter und Samenleiter übernehmen, nach aussen geführt. Nur wenige wie z. B. Eunice und Syllis vivipara gebären lebendige Junge, alle übrigen sind Eier legend ; viele legen die Eier in zusammen- hängenden Gruppen ab und tragen sie mit sich herum, während dieselben Entwicklung. Metamorphose der Polychaeten. 357 von den Oligochaeten wie von den Hirudineen in Cocons abgesetzt werden. Die Entwicklung des Embryos erfolgt allgemein durch Umbildung des gesammten Dotters in den Köi-per des jungen Thieres nach voraus- gegangener totaler, in der Regel freilich unregelmässiger Dotterklüftung. Wohl durchweg differenzirt sich wenn freilich auffallend spät und oft erst während des freien Lebens (vergl. Ämphioxus) ein Primitivstreifen an der Bauchseite der animalen Schicht. Mit Ausnahme der Oligochaeten durchlaufen die Jugendformen ge- wöhnlich eine Metamorphose und erweisen sich nach dem Ausschlüpfen als bewimperte, freischwärmende, mit Mund und Darm versehene Larven, deren Gestaltung übrigens sehr zahlreiche Modifikationen zulässt. Die "Wimperhaare sind meist in Form von \Viniperreifen entwickelt, entweder ausschliesslich am vordem Körperpol als Segelwulst oberhalb des Mundes z. B. Polynoelarve , oder auch wohl als doppelte Wiraperreifen an den entgegengesetzten Enden (telotroche Larven), indem sich zu dem Segel Wulst noch ein Afterwimperkranz -hinzugesellt. In andern Fällen {mesotroche Larven) umgürten ein oder mehrere Wimperkränze die Mitte des Leibes, während die endständigen Wimperreife fehlen, z. B. Chaetoptenis. Dazu kommt noch bei vielen Larven als eine besondere Auszeichnung der Besitz von langen provisorischen Borsten. Trotz der grossen Verschiedenheit der Körpergestalt lassen sich alle Chaetopodenlarven auf einen gemeinsamen Plan auch in ihrer weitern Entwicklung zurückführen. In ihrer ersten aus dem Ei hervorgegangenen Form bestehen dieselben ausschliesshch aus Kopf und Aftersegment und erzeugen mit dem weitern Wachsthum die fehlenden Segmente der Reihe nach von vorn nach hinten durch Einschaltun'i vor dem Endsegment. Sehr frühzeitig mit Augen und selbst Gehörorganen ausgestattet, strecken sie ihren Leib mehr und mehr in die Länge, erhalten Borsten und Extremitätenstummel und mit diesen eine fortschreitend grössere Zahl von Segmenten, während die provisorischen Eiririchtungen früher oder später verloren gehen. Nicht selten bilden sich auch mit dem fort- schreitenden Wachsthum neue mittlere W^impergürtel (Polytrochen) oder nur rückenständige oder bauchständige Wimperbogen aus, namentlich da, wo provisorische Borsten auftreten (Metachaeten)-, auch diese Ausstattungen sind nur dem Larvenleben eigenthümlich. Die Lebensverhältnisse der Borstenwürmer gestalten sich ebenfalls ausserordentlich mannichfach. Die meisten halten sich im Wasser, viele im schlammigen Grunde, verhältnissmässig wenige im feuchten Erdboden auf. Bei weitem die grösste Mehrzahl aber lebt im Meere, sei es nun auf dem Meeresgrund kriechend, oder an der Oberfläche schwimmend, Nereidae {Urrantia), sei es in eigens gebauten Röhren geschützt und an festen Gegenständen angeheftet, Tubicolae (Sedentaria). Die letztern (Limivora) ernähren sich ebenso wie die Oligochaeten hauptsächlich von B58 1, Ordnung: Oligochaetae. vegetabilischen Stoffen und entbehren der Schlundbewaffnung, die erstem dagegen (Bapacia) von Spongien, Weichtbieren, überhaupt animaler Kost und besitzen sehr verschiedene Ausrüstungen des Schlundes, der häufig mit Kiefern bewaffnet als Rüssel vorgestreckt wird. Die Fähigkeit verloren gegangene Theile, insbesondere das hintere Körperende und verschiedene Körperanhänge wieder zu erzeugen, scheint allgemein verbreitet. Selbst den Kopf und die vordem Segmente mit Gehirn, Schlundring und Sinnes- apparaten sind sowohl die Lumbrinen als einzelne Meereswürmer*) {Biopatra, Lycaretus) wieder zu ersetzen im Stande. Fossile Reste von Borstenwürmern finden sich vom Silur an in den verschiedensten Formationen. Vornehmlich sind Kalkröhren von Ser- puliden in reicher Menge bekannt geworden, während die vergänglichen Reste der Wurrakörper selbst verhältnissmässig selten und schlecht er- halten sind. Am besten kennt man Abdrücke verschiedener Meeres- würmer aus dem Sohlenhofer Schiefer, die neuerdings besonders durch Ehlers*) beschrieben wurden. ' 1. Ordnung: Oligochaetae '), Oligochaeten. Hermajphroditische Gliederwürmer ohne Schlundhewaffnung und Extremitätenstummel. Fühler, Girren und Kiemen fehlen stets. Entwicklung ohne Metamorphose. Der Kopftheil wird aus dem als Oberlippe vorstehenden Kopflappen und dem Mundsegment gebildet, ohne als besonderer Abschnitt von den 1) Vergl. Ehlers, die Neubildung des Kopfes und des vordem Körpertheiles bei polychaeten Anneliden. Erlangen. 1869. 2) Derselbe, über eine fossile Eunice etc. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XVIII, 'sowie, Ueber fossile Würmer aus dem lithogr. Schiefer in Baierr. Palaeonlograph. Vol. XYII. 1870. 3) Vergl. W. Hoffmeister, De vermibus quibusdam ad genus Lumbricorum pertinentibus. Berl. 1842, ferner, Die bis jetzt bekannten Arten aus der Familie der Regenwürmer. Braunschweig. 1845. d'Udekem, Nouvelle Classification des Annelides s^tigferes abranches. M(5m. Acad. de Belgique. 1858. Derselbe, Histoire naturelle du Tubifex rivulorum. Mdm. couronn. de l'Acad. roy. de Belgique. Tom. XXVI. 1855. E. Hering, Zur Anatomie und Physiologie der Generationsorgane des Regen- wurmes. Zeitschr. für wissensch. Zool Tom, VIII. 1856. d'Udekem, Ddvelopement du Lombric tenestre. M^m. cour. de l'Acad. de Belgique. Tom. XXVII. 1856. E. Claparede, Recherches anatomiques sur les Annelides etc. observ6s dans les Hybrides. Genfeve. 1860. Derselbe, Recherches anatomiques sur les Oligochaetes. Geneve. 1862. Buchholz, Beiträge zur Anatomie der Gattung Enchytraeus. Physikalisch- Oekonomische Schriften. Königsberg. 1862. Körperbau. Geschlechtsorgane. 339 nachfolgenden Segmenten wesentlich zu differiren. Niemals kommen Fühler und Palpen oder Fühlercirren an demselben vor, dagegen finden sich meist Tastborsten in reicher Zahl. Augen fehlen entweder oder sind einfache Pigmenttiecken. Als besondere dem Tastsinn nahestehende Sinnesorgane hat man (Buch holz, Leydig, Ratze 1) eigenthümliche Körper von kolbiger Gestalt gedeutet, welche in dem Integument zwischen den gewöhnlichen Zellen der Hypodermis vornehmlich am Kopfe ver- breitet sind. Dieselben sind einzellige Hautdrüsen, an deren Ende sich nach Leydig zarte Streifen vom. Habitus der Nerven anheften. Die Borsten sind iniinur spärlicher Zahl vorhanden und liegen niemals in besondern Fusssturameln eingepflanzt, sondern stets unmittelbar in ein- fachen Gruben der Haut, in denen sie wie in Drüsensäckchen durch Zellen ausgeschieden ihren Ursprung nehmen. Kleinere Nebenborsten dienen zur Reserve. Bei mehreren Gattungen {Lumbricus, Enchytraeiis) steht die Leibeshöhle, welche überall durch intersegmentäre Septa in Kammern getheilt ist, durch Poren der Rückenlinie mit der Aussenwelt in direkter Communikation. Der Darmcanal zerfällt bei den Lurabriciden in zahlreiche Abschnitte. Auf die Mundhöide folgt ein muskulöser Schlundkopf, der wahrscheinlich zum Saugen dient, auf diesen eine lange bis in das 13. Segment hineinreichende Speiseröhre mit anhängenden Kalkdrüsen, dann ein Kropf, ein Muskelmagen und endhch der eigent- liche Darm, der an seiner Rückenseite eine röhrenförmige Einstülpung, lyphlosolis (einer Spiralklappe vergleichbar) bildet. Bei den Limicolen verhält sich der Darmcanal einfacher, indem stets der Muskelmagen fehlt, indessen findet sich überall ein Schlundkopf und Oesophagus. Alle sind Zwitter, setzen ihre Eier einzeln oder in grösserer Zahl ver- eint in Kapseln ab und entwickeln sich ohne Metamorphose. Hoden und Eierstöcke liegen paarig in bestimmten Leibessegmenten, meist dem vordem Körperende genähert und entleeren ihre Producte durch Bersten Minor, üpon nierismatic muUiplication in some Annelida. Americ. Journ. Science and Arts. Vol. XXXV. F. Leydig, Ueber den Phreoryctes Menkeanus. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. I. 1865. Derselbe, Ueber die Annelidengattung Äeolosoma. Müllers Archiv. 1865. Ray Lankaster, On auHtomy of the earlhworm. Jour. microsc, Scienc. 1864. 1865. Fr. Ratzel, Beitrage zur Anatomie von Enchytraeus vermicularis. Derselbe, Zur Entwicklungsgeschichte des Regenwurms. Derselbe, Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntniss der Oligo- chaeten. Zeitschr. für wiss Zooi. Tom. XVIII. 1868. E. Claparede, Histologische Untersuchungen über den Regenwurm. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XIX. 1869. Vergl. die Aufsätze von Leo, Henle, Faivre, Clarke, Gegenbaur, Maggi u. z. a 360 1. Unterordnung: Terricolae. Lurabricid'ae. in die Leibeshöhle, aus welcher sie durch trichterförmig beginnende Ausführungsgänge, entweder besondere neben den Segmentalorganen bestehende Apparate (Liimbriciden) , oder durch die umgebildeteH Segmentalorgane entleert werden. Bei Tuhifex und Enchytraeus können die Ovarien in Eierzellengruppen zerfallen, welche in der Leibeshöhle flottiren. Als accessorische Geschlechtsapparate treten überall ein oder mehrere Paare von Samentaschen, receptacula seminis, auf. Auch findet sich fast durchgreifend zur Brunstzeit ein sog. Gürtel, clitellum, vor, welcher durch das Auftreten einer mächtigen Drüsenschicht (Säitlen- schichi Clap.) und Gefässschicht zwischen Hypodermis und Ringfaser- schicht bedingt wird. Die Entwicklung der Embryonen, durch Ratzel an Lutnbricus näher studirt, bietet vielfache Beziehungen zu den Hiru- dineen. Auch hier treten die colossalen Zellen auf, welche von Leuckart für Urnieren erklärt worden sind, und der Bauchstreifen bildet sich in gleicher Vollkommenheit aus. Wenige wie z. B. Chaetogaster leben parasitisch an Wasserthieren, die übrigen frei theils in der Erde, theils im süssen Wasser oder auch selbst im Meere. 1. Unterordnung: Oligocliaetae terricolae. Vorwiegend Erdbewohnende Oligochaeten mit besondern Eileitern und Samenleitern neben den Segmentalorganen. Die Samenleiter beginnen nicht mit freier Oeifnung in der Leibeshöhle, sondern in den die Hoden umhüllenden drüsigen Samenblasen. Genitalöffnungen innerhalb der Porenreihen der Segmentalorgane. Das Gefässsystem , ausgezeichnet durch einen ausserordentlichen Reichthum von Gefässverzweigungen, ent- hält stets zwei Bauchgefässstämme , einen oberen am Darm und einen unteren an der Körperwandung. 1. Fam. Lumbrieidae. Grosse Erdwürtner mit derber Haut und rothem Blut ohne Augen. Gefässbüschel umgeben die Segmentalorgane. Legen mehrere kleine Lier mit Eiweiss in ein gemeinsames Cocon ab, das ähnlich wie bei den Blutegeln vom Körper abgestreift wird. Lumbriciis Lin., Regenwurm. Kopflappen vom Mundsegment abgesetzt. Der Gürtel urafasst eine Reihe von Segmenten ungefähr am Ende des vordem Körper- viertheiles weit hinter den Genitalöffnungen. Borsten zweizeilig zu je 2 oder vierzeilig zu je \., gestreckt hakenförmig. Beim Regenwurm, dessen Geschlechtsorgane zuerst am genauesten von E. Hering beschrieben worden sind, besteht der weibliche Ge- schlechtsapparat aus zwei im 13. Segmente gelegenen Ovarien und zwei Eileitern, welche mit trompetenförmiger Oeffnung beginnen, mehrere Eier in einer kleinen Aus- sackung bergen und durch eine Mündung jederseits auf der Ventralfläche des 14. Segmentes nach aussen führen. Ausserdem finden sich im 9. und 10. Segmente 2 Paare von birnförmigen Samentaschen, welche in ebensoviel Oefl"nungen an der Grenze des 9. und 10. sowie 10. und 11. Segmentes münden und sich bei der Be- gattung mit Sperma füllen. An den männlichen Geschlechtsorganen unterscheidet man 2 Paare von Hoden, welche ähnlich wie die Ovarien gebaut, im 10. und 11. Segmente 2. Unterordnung: Limicolae. Phreoryctidae. Tubificidae. 361 liegen,"2 Samenleiter, welche mit 4 Snmentrichlern beginnen und sich im 15. Segmente nach aussen üffnen,5encllich zwei mehrfach gelappte durch eine Querbrücke verbundene Samenblasen, von denen Hoden und Samentrichter umschlossen werden. Diese Gebilde werden übrigens von D'üdekem und Claparede als die eigentlichen Hoden betrachtet. Die Begattung beruht auf einer Wechselkreuzung und geschieht in den Monaten Juni und Juli über der Erde zur Aachtzeit, Die Würmer legen sich mit ihren Bauchflachen aneinander und zwar in entgegengesetzter Kichtung so ausgestreckt, dass die Oeffnungen der Samentaschen des einen Wurmes dem Gürtel des andern gegenüberstehen. Während der Begattung tritt Sperma aus den Oeffnungen der Samenleiter aus, fliesst in einer Längsrinne bis zum Gürtel und von da in die Samentasche des andern Wurmes ein. Aehnlich wie bei den Hirudineen legen die Regenwürmer Eikapseln ab, in welche mehrere sehr kleine Eier nebst Samen aus den Samentaschen entleert werden; indessen kommt in der K^gel nur ein Embryo zur Entwicklung. Derselbe nimmt mit seinem grossen bewimperten Mund nicht nur die gemeinsame Eiweissmasse, sondern alle übrigen zerfallenden Eidotter in sich auf. L. agricola Hoffm. = terrcstris Lin. Eine der grössten Arten. L. communis Hoffm., klein, u. z. a. A. Criodrilus Hoffm. Kopflappen mit dem Mundsegment verschmolzen. Gürtel fehlt. Or. lacuum Hoffm.. Hypogaeon Sav. Körper wie bei Lumbricus, aber zugleich eine unpaare Borsten- reihe auf dem Rücken. Gürtel mit kleinen Borsten besetzt. H. hirtum Sav. Hierher gehört vielleicht auch Pontoscolex Schmarda nnd Megascolex Tempi. 2. Unterordnung: Oligochaetae limicolae. Vorwiegend Wasser bewohnende Oligochaeten , deren Segmental- organe in den Genitalsegmenten die Funktion von Samenleitern und Ovi- dukten übernehmen. Die als Harnorgane fungirenden Segmentalorgane beginnen im 7. Segmente, sind auch meist im 8. vorhanden, überspringen dann aber die Genitalsegmente, um sich vom 13. Ringe an regelmässig zu wiederholen. Ovarien meist paarig im 9. Segmente, bei Enchytraeus frei flottirende Zellenballen. Die Hoden liegen im 9. bis 11. Segment. Die Genitalporen liegen daher in der Porenreihe der Segmentalorgane. Gürtel, wenn vorhanden, umschliesst das Segment der männlichen Genitalporen. Bauchgefäss einfach. Niemals umschlingen besondere Gefässnetze die Segmentalorgane. 1. Fam. Phreoryctidae. Lange fadenförmige Wurmer mit dicker Haut und zweizeiligen Reihen von schwach gebogenen Hakenborsten. In der Regel stehen diese einzeln, selten zu je zwei, dann erscheint die zweite meist kleinere als Reservehorste. Die Gefässschlingen gehen vom Bauchgefäss aus und sind nicht contraktil. Die Ge- schlechtsorgane sind leider noch nicht ausreichend bekannt, doch scheinen besondere Ausführungsgänge neben den Segmentalorganen zu fehlen. Phreoryctes Hoffm. Mit 3 Paaren von Samentaschen im 6 , 7. und 8. Ring und mehreren Hodenpaaren im 9. bis 11. Ring. Ph. Menkeanus Hofl'm. Findet sich in tiefen Brunnen und Quellen und scheint sich von Pflanzenwurzeln zu nähren. 2. Fam. Tubificidae. Wasserbewohner mit 4 Reihen einfacher oder getheilter Hakenborsten , zu denen häufig noch Haarborsten kommen. Ein oder zwei erweiterte Gefässschlingen im 7. bis 9. Segment sind contraktil, zu denselben kommen noch drei nicht 3ü2 Lumbriculidae. Enchytraeidae. Naideae. i weiterte in der Umgebung der Geschlechtsorgane hinzu. Blut häufig roth. Die verhältnissmässig grossen Eier werden ohne Eiweiss in Cocons abgesetzt. Tubifex Lam. {Saenuris Hoffm,). Die Borsten beider Reihen gabiig getheilt, hakenförmig, zugleich mit haarRtrmigen Rorsten in der obern Reihe. Blut roth. Receptacula seminis im 9. oder 10., männliche Genilalporen am 10. oder 11. Segment. Samenleiter einfach, in denOviduct eingefügt (?j, an seiner untern erweiterten Fiirtie eine Samenblase eingepfropft. Leben im Grunde der Gewässer in Rühren. T. rivulorum Lam. Herz im 7., Receptacula im 9. Segment. 1\ Bonneti Clap. {Saenuris variegata HofTm.), Herz im 8., Receptacula im 10. Segment, beide Süsswasserbewohner. T. Uneatus 0. Fr. Müll., lebt im Meere, ebenso T. papillosiis Clap., St Vaast. Limnodrilus Clap. Unterscheidet sich von Tubifex durch die Abwesenheit von Haarborsten in der obern Borstenreihe. Das erste Hodenpaar liegt im 9., das zweite mit den Ovarien im 11. Segmente, an letzteren münden auch die Samenleiter. L. Hoffmeisterl Clap. L. UdeJcemianus Clap. L. Claparedianus Ratzel. Clitellio Sav. Jederseits mit zwei Reihen von einfachen oder getheilten Haken- borsten. Mit Gefässnetz der Haut. Samenblase dem Samenleiter nicht eingepfropft. Gürtel vom 10. bis 12. Segment Receptacula seminis öffnen sich am 10., die Samen- leiter am 11. Segment. Die Eier sollen nach Claparfede aus dem Ovarium in den Raum eines Sackes gelangen, welcher den Hoden scheidenarlig umschUesst (ähnlich bei Tubifex und Enchytraeus). Gl. ater Clap., St. Vaast. Cl. (^Peloryctes) arenarius 0. Fr. Müll., Nördl. Meere, -f rsa^^ory^r-a Vap'yc, 3. Fam. Lumbriculidae. Wasserbewohner, deren sämmtliche Gefässschlingen contraktil sind. Nur der Bauchstamm pulsirt nicht. Zwei Reihen von einfachen, ge- gabelten oder getheilten Hakenborsten. Samenleiter gegabelt. Zwei Paare von Samen- leitern im 10 und 11. Segment. Ein besonderer Oviduct meist nachgewiesen. Männ- liche Genitalporen am 10. Segment. Mehrere Eier werden in einem Cocon abgesetzt. Lumbriculus Gr. Jedes Segment mit einer contraktilen Gefässschlinge und schlauchförmigen ebenfalls contraktilen Anhängen ('( s Rückengefässes. Die Receptacula seminis öffnen sich am 9., die Oviducte am 12. Segment. Kein Gefässnetz der Haut. L. variegatus 0. Fr. Müll. Süsswasserbewohner von 3 — 4 Centimenter Länge, rothem braungefleckten Körper. L. limosus Leidy. Stylodrilus Clap. Unterscheidet sich von Lumbriculus durch den Mangel der contraktilen Gefässanhänge und durch den Besitz von zwei nicht contraktilen Penis- fäden. St. Heringianus Clap. Tricliodrilus Clap. Mit 2 Paar Receptacula seminis im 11. und 12. Segment. Jedes Segment besitzt eine grössere Zahl contraktiler Gefässschlingen. Tr. Allobro- giim Clap r. > . ■ , Hier schliesst sich wohl auch die Gattung Euaxes Gr. mit einfachen Haken- borsten an. E. filirostris Gr. ■c'KJvtj*w4vf.,l>v^i:& iÄ^fulit.^ ,i4*ih.. 4. Fam. Enchytraeidae. Zum TheilErdbeWohnendeOligochaeten ohne contraktile Gefässschlingen mit je zwei Reihen von zahlreichen kurzen, häufig an der Spitze ge- bogenen Borsten. Die Receptacula seminis liegen im 5 , die Genitalporen am 12. Segment. Die grossen Eier werden einzeln in Cocons abgesetzt. Enchytraeus Henle. Blut farblos. In der Dorsallinie jedes Segments 1 Porus. Ein Muskelmagen fehlt. E. vermicularis 0. Fr. Müll. E. albidus Henle, zwischen faulenden Blättern. E. galba Hoffm. E. latus Leydig, in feuchter Erde. E. Pagen- Steeheri Ratz., unter der morschen Rinde von Wasserpflanzen. Pachydrilus Clap. Blut roth. Die dorsale Porenreihe fehlt. Besitzen un- paare Geschlechtsdrüsen dicht hinter einander an der Ruckenfläche des Vorderleibes. '2. Ordnung: Polychaetae. 363 Unteres Ende der Samenleiter scheint als Begattungsorgan zu dienen. P. Krohnii in der Soole zu Kreuznarh. P. verrucosus Chip , Sehottland. Einer nahern Untersuchung bedürfen die Galtungen Serpentina Oerst. , Helo- drilus lloffm., Mesopachys Oerst., deren systematische Einordnung in Familien sich vor der Hand nicht sicher entscheiden lässt. 5. Farn, Naideac. Kleine I.imicoien mit zarter dünner Haut und hellem fast farblosen Blut mit oft weit rüsselartig verlängertem und mit dem Mundsegment verschmol- zenem Stiriilappen. Meist nur'das Rückengeliiss contraktil. ie Borsten einzeilig oder zweizeilig, pfriemenlörmig oder Hakenborsten. Die grossen Eier wer) unabweisbar erscheint. Ebenso wie die Fussstummel können auch selbst die Borsten vollständig wegfallen wie in der durch den Besitz zweilappiger Ruder- platten ausgezeichneten Familie der Tomopteriden. Bei einer anderen höchst merkwürdigen Wurmform, bei dem von Schneider entdeckten Foli/gordius fehlen nicht nur Fussstummel und Borsten, sondern auch wenigstens in der vordem Körperpartie die äussere Gliederung. Die Combination der Merkmale*) ist hier eine so eigenthümliche, dass man Folygordius als ein Zwischenglied der Nemertinen, Nematoden und Chaetopoden auffassen könnte (Gegenbaur) und dann für denselben eine eigne Ordnung aufzustellen genöthigt sein möchte. 1) Der Versuch, ans den Capitelliden und PolyopJiihalmus eine gleichwerthige Zwischengruppe, Haloscolecina , zwischen Oligochaeten und Polychaeten zu bilden (V. Carus) wurde bereits von Claparede mit Recht zurückgewiesen. 2) Die Polygordien sind dünne und lange drehrunde Würmer mit 2 Fühlern am Vorderende und ebenso viel Wimpergi üben in einiger Entfernung hin er den Fühlern. Der Leib ist in Glieder getheilt, welche ohne äussere Vertiefungen durch scharfe die Haut durchsetzende Linien bezeichnet, in der vordem Region jedoch nur durch die Anschwellungen des Darms «nd die Dissepimente im Innern ausgesprochen sind. Der von 2 wulstlörmigen Vorsprüngen umgebene iMund führt in die IVematoden-ähnliche Speiseröhre, diese in den langgestreckten, nach den Segmenten eingeschnürten Darm, der am hintern Körperende ausmündet. Der After ist von 8 Zacken (P. lacteus) oder 2 ungleichen Lippen (P. purpureus) umgeben. Kurz vor demselben erhebt sich ein Kranz von 24 feinhöckrigen Warzen, welche zum Anheften des Thiers verwendet werden. Unter der von zahlreichen Torenkaiiälen durchsetzten Cuticula verlauft der ausschliesslich aus Längsfasern (wie bei Gordius) gebildete Hautmuskelschlauch, der sowohl in der Rücken- und ßauchlinie als in den Seilenfeldern Unterbrechungen er- leidet. INach diesen gehen von der ßauchlinie bandartige Quermuskeln. Ueber das Nervensystem wurde nichts ausreichendes ermittelt. Vom ßlutgefässsystem verläuft der Hauptstamm auf der Rückenseite und entsendet vorn an jedem Segment ein Paar blind endender Quergefässe Nur die beiden Quergefässe am Vorderende verbinden sich durch eine quere Anastomose. Das ßlut ist rolhgefärbt, aber ohne ßlutkörperchen. Jedes Segment der mittlem Leibespartie enthält als Segmentalorgan ein überall gleich- weites innen wimperndes Rohr, welches sich durch die ganze Länge des Segmentes erstreckt. Die Geschlechter sind bei P. lacteus getrennt, bei P. purpureus in dem- selben Individuum vereinigt. Die Entwicklung geschieht durch JUetamorphose und zwar sind die Larven nach dem Loven 'sehen Typus gebaut, eilörmig mit einem mehr dem breitern Vorderende genäherten Wimperkranz oberhalb der Mundöifnung. Der hintere Theil der Larve wächst allmählig wurmförmig aus und gewinnt einen hintern Wimper- kranz, während sich auch hinter dem mit doppeltem Wimperkreis besetzten Wulst ein zweiler Wimperkranz unterhalb der Mundöffnung und am Vorderpol ein kegelförmiger an der Spitze bewimperter Aufsatz mit 2 Augenpunkten ausbildet. An demselben sprossen alsbald zwei Tentakeln, und der kugelig auigetriebene Vorderlheil verengert sich allmählig zum kegelförmigen Kopf. Vergl. Schneider, Müller's Archiv. 1868. 366 Geschlechtsorgane. Metamorphose. Von dem Blutgetässsystem ist hervorzuheben, dass dasselbe in einzelnen Familien vollständig fehlt (Capitdliden, Glyceriden und einige Aphroditiden). Dann erfüllt das Blut den peritonealen Leibesraum und wird durch Flimmerliaare des Peritoneums bewegt. Bei den Serpididen und Ämmochariden liegt der Darmcanal in einem gefässartigen Blut- raum. Die Geschlechtsorgane sind im Gegensatz zu den hermaphroditischen Oligochaetcn auf verschiedene zuweilen abweichend gestaltete Individuen vcrtheilt. Indessen sind auch eine Anzahl hermaphroditischer Polychaeten aus den Serpulidengattungen Spirorbis, Profida, Laonome, Scdmacina, Püularia beltannt geworden. In vielen Fällen ist unzweifelhaft die innere die Leibeshöhle begrenzende Fläche der Körperwand und zwar die peritoneale Auskleidung derselben Sitz für die Bildung der Geschlechts- produkte, die ebonso auch auf den Dissepimenten entstehen können. Die Achse dieser traubenförmig oder strangartig wuchernden Zellmassen wird häufig von zahlreichen und selbst contraktilen Blutgefässen durchsetzt. Eier und Samenfäden lösen sich von ihrer ursprünglichen Keimstätte und flottiren in der perivisceralen Cavität, in der ausnahmsweise auch grössere Eicrballen und Samenzellenmassen (Dasybranchus) frei werden können. Zur Ausfuhr der Geschlechtsstoffe dienen die Segmentalorgane, die ohne Zweifel vornehmlich in denjenigen Segmenten, in welche die Geschlechtsprodukte nicht hmeingelangen, als Excretionsapparate fungircn. Die Entwicklung ist im Gegensatze zu den Oligochaeten stets mit einer Metamorphose verbunden. Die Dottorklüftung ist ähnlich wie bei den Hirudineen in der Regel eine ungleichmässige, und schon die beiden ersten Klüftungskugeln zeigen eine ungleiche Grösse. Die kleinere rascher sich klüftende {animale) Hälfte liefert die kleinern Furchungskugeln, welche die grössern aus der Klüftung der grössern Hälfte hervorgegan- genen Kugeln umwachsen und einschliessen. Diese werden zur Bildung des Darmcanals, jene zum Aufbau der Leibeswand, Muskulatur und Nerven verwendet. In der weitern Entwicklung tritt bei allen Folychaeten- embryonen ein unverkennbarer Bauchstreifen als Verdickung der anin;alen Schicht auf, freilich oft erst dann, wenn der Embryo als Larve ein freies Leben zu führen begonnen hat {Amphioxus). Später differenziren sich in derselben die Ganglien der Bauchkette. Dagegen ist als eine früh- zeitige Ausstattung der Larve, deren Darm in Mund und Afteröfinung durchbricht, der sehr mannichfache , oft selbst bei den nächsten Ver- wandten abweichend gestaltete Wimperapparrt hervorzuheben, welcher das Ausschwärmen und die freie Schwimmbewegung der Larven im Meere möglich macht. 1. Unterordnung: Sedentaria. 367 1. Unterordnung: Sedentaria = Tubicolae, Röhrenbewohner. Polychaeten mit wenig entwickeltem, zuweilen undeutlich geson- dertem Kopf, ohne oder mit kurzem umstülpbaren Rüssel, stets ohne Kieferbewaffnung. Die Kiemen können vollständig fehlen, in vielen Fällen sind dieselben auf die 2 oder 3 vordersten Segmente beschränkt, stehen ausnahmsweise auch am Rücken der mittlem Leibesringe (Ärenicolidae), werden in der Regel aber zugleich durch zahlreiche fadenförmige Fühler und Fühlercirren des Kopfes (Capitibranchiata) vertreten, von denen ein oder mehrere an der Spitze einen Deckel zum Verschluss der Röhre besitzen können. Die Fussstummel sind kurz, niemals wahre Ruder und tragen meist Hakenborsten. Augen fehlen sehr häufig, in andern Fällen sind sie in doppelter Zahl am Kopf oder am Endsegment, zuweilen selbst an den Tentakelkiemen und dann stets in grosser Zahl vorhanden. Sehr oft zerfällt der Körper von dem wenig gesonderten Kopfe abgesehn in zwei oder auch in drei Regionen, deren Segmente sich durch verschie- denen Umfang und Ausstattung auszeichnen. Sie leben durchweg in mehr oder minder festen, eigens gebauten Röhren und ernähren sich von vegetabilischen Stofi'en {Liinivcra), die sie mittelst des Tentakel- apparates herbeischaffen. Im einfachsten Falle bewohnen sie Röhren im Schlamm, die sie zeitweise verlassen, oder es umgibt sich der Leib mit einer Schleimhülse {Siphonostoma), häufiger erhärtet die ausgeschiedene Masse zu einer pergamentartigen {Chaetopterus) oder kalkigen stein- harten Röhre {Serpalinen), oder es werden mannichfache äussere Stoff'e z. B. Sandkörnchen, Stückchen von Muschelschalen {Hermella, Terebdla), Schlamm (Sabella) in die Substanz der Röhre aufgenommen. Einige wie die FectinariasiYten kriechen wie Schnecken mit ihren Röhren um- her. Bei der Röhrenbildung sind den Thieren die langen Fühler oder Kiemenfäden des Kopfes in verschiedener Weise behülflich, wie z. B. die Sahellen den fein vertheilteii Schlaiiun durch die Cilien der Fäden im trichterföniiigen Grunde des Kiemenapparates anhäufen, mit einem aus besondern Drüsen ausgeschiedenen Kittstoff" vermischen und dann auf den Rand der Röhre übertragen, während die Terehellen mit ihren langen äusserst dehnbaren Fühlerfäden Sandkörnchen zum Baue der Röhre herbeiziehn. Auch gibt es Bohranneliden, welche Kalksteine und ^ Muschelschalen nach Art der lithophagen Weichthierc durchsetzen, z. B, Sahella terebrans, saxicola etc. Die Entwicklung kann in gewissem Sinne eine regressive Metamorphose sein. Am einfachsten gestaltet sich dieselbe da, wo das Mutterthier zum Schutze der Jungen eine Art Brut- pflege ausübt, z. B. bei Spirorbis spiriUum Pag., deren Eier und Larven in einer sackartigen Erweiterung des Deckelstils (eines vom Kiemen- apparat getrennt gebliebenen Fühlers mit apikalem Deckel zum Ver- schlusse der Röhre) so lange verweilen, bis die jungen Thiere zum Baue 368 Capitellidae. Opheliadae. Telethusidae. einer Röhre befähigt sind. Die schwärmenden Larven der meisten Tubicolen gestalten sich unter Rückbildung der Flimmerapparate, während Tentakeln sprossen und Borstenhöcker sich anlegen, zu wurmförmigen Stadien um, welche noch längere Zeit zuweilen in zarten Hülsen umher- schwimmen und allmählig unter Verlust der Augen und Gehörblasen Bau und Lebensweise der Geschlechtsthiere annehmen {Terebella). Eine scharte Abgrenzung zwischen Tubicolen und den frei schwimmenden Nereiden ist nicht wohl möglich, da auch unter den letztern zahlreiche Formen ihren Körper mit einer dünnhäutigen Röhre überziehen. 1. Farn. Capitellidae. Kopf nicht gesondert, meist mit ausstuipbaren bewim- perten Nackeiitentakeln und Augenflecken. Küssel kurz, papillentragend. Borstenhöcker rudimentär, die vordem mit Haar-, die hinlern mit Hakenborsten. Das rothe Blut er- füllt die Leibeshöhie. Die Larven {Capitella) sind telotroch und an der ganzen Bauch- fläche bewimpert mit conischem augentragenden Kopflappen, cylindrischem noch un- gegliedertem Bumpt und kurzem Alterscgment. Leben in Röhren. Capitella Blainv. {Lumhriconais Oerst.). Nur in der Mitte des Körpers kleine Erhebungen, in welche die Borsten eingepflanzt sind. Beim Männchen liegt vor und hinter der (lenitaiöfl'nung eine Querreihe gekrümmter Borsten. C. capitata Fabr., Nordsee und Canal. C. costana Clap. C. major Clap. , Neapel. Notomastus Sars. Die Borstenstummel des Rückens und Bauches sind un- gewöhnlich entwickelt. Die obern Kämmchen der Hakenborsten rücken am Anfange der hintern Leibesabtheilung ganz auf den Rücken. Kiemen fehlen. N. rubicundus Kef. , St. Vaast. N. lineatus Clap., Neapel. N. latericeus Sars, Norwegen. Dasyhranchus Gr. Borsten ähnlich wie bei Notomastus. Segmente 2ringelig. Mit bauchständigen Kiemen. Z>. caducus ür. , Mittelmeer. 2. Fam. Opheliadae. Körper aus verbältnissmässig wenig Segmenten zusammen- gesetzt. Kopflappen conisch, meist mit Augen oder mit 2 bewimperten Fühlern, oder mit 2 Wimpergruben, Mundsegment ohne Fühlercirren , meist mit Borstenbündelit. Ruder klein oder vollkommen fehlend, mit einlachen Borsten. Schlund nicht vor- stülpbar, ohne Bewafl'nung. Oft finden sich griffeiförmige Kiemen. After meist von einem Papillenkranz umstellt. Ophelia Sav. Kopflappen mit 2 bewimperten einstülpbaren Fühlern. Körper mit bauchständiger von Längswülsten begrenzter Sohle. Borstenbündel einzeilig. 0. radiata Delle Gh., Mittelmeer. 0. horealis Quatref. Ammotrypane Rathke. Körper ohne deutliche Sohle. Borslenbündel zwei- zeilig. A. limacina und Ä. oestroides Rathke, Nordsee. Polyophthalmus Quatref. Kopf mit 2 Winipergruben. Ausser den 3 Kopfaugen finden sich an zahlreichen Segmenten seitliche Augenflecken. Aftersegment mit Papillen. P. picttts Duj. P. pallidus Clap,, Neapel. Leben frei umherirrend. 3. Fam. Telethusidae = Arenicolidae. Kopflappen klein, ohne Fühler, Mund- segment mit Borstenbündeln. Rüssel mit Papillen besetzt, ohne Kiefer. Fussstummel wenig entwickelt, die obern kleine Höcker mit einem Bündel von Haarborsten, die untern Querwülste mit einer Reihe von Hakenborsten. Verästelte Kiemen an den mittlem und hintern Segmenten. Bohren im Sande Arenicola Lam, Kopf conisch abgerundet. Das erste Segment und mehrere der letzten ohne Fussstummel. A. marina Lin. {A. piscatorum Lam.), Nordsee und Mittelmeer. A. GrubiiCUp., Neapel. Malmgren bildet aus den sich anschliessenden Gattungen Eumeiiia Oerst. und Scalibregma Rathke eine besondere Familie. Miüdanidae. Ammocliaridae. Aricidae. 8G!) 4. Farn. Maldanidae ■=: Clymenidae. Körper drehrund, in 2 oder 3 Regionen gesondert. Kopflappen wenig entwickelt, mit dem Mundsegment versclimolzen, oft eine glatte oder gosiiiunte Nackenplalte bildend Augenflecke oft vorhanden. Afler meist von einem gezackten Trichter mit Papillen umgeben. Fühler und Kiemen fehlen. Rüssel klein , vorstiilpbar. Meist sind die obern Fiissstummel kleine in der hintern Region verschwindende Höcker mit ßUndeln von einfachen oder gefiederten Borsten, die untern (in der vordem Region fehlende) Querwülste mit Hakenborslen. Wohnen in langen Sandröhren. Clymene Sav. Körper aus drei Regionen gebildet, die vordere kurz geringelt, aus- schliesslich mit Haarbürsten. Kopf mit gesäumter Nackcnplatte, der letzte Ring ohne Fusshöcker, trichterförmig, am Rande mit Cirren gesäumt. Gl. amphistoma Sav., Golf von Suez, Generisch kaum verschieden ist Praxilla Malmgr. Fr. gracüis Sars, Finmarken. Pr. collaris Clap., Neapel. Leiocephalus Quatref. Entbehrt der Nackenplatle. L. vitermedius Oerst , Kor- wegen. L. coronatus Quatref., St, Malo. Axiothea Malmgr. Unterscheidet sich von Clymene vornehmlich dadurch, dass die 4 letzten Segmente borstenlos sind. A. constricta Clap,, Neapel. A. catenata Malmgr., Grönland. Nahe verwandt ist Leiochone Gr. , mit plattrandigem Endtrichter. Maldane Gr, Kopf mit Nackenplatte, Endsegment ohne trichterförmige Ausbreitung mit schmal gesäumter Bauchplatte. M. glehifex Gr, , Fiume. Generisch kaum ver- schieden dürfte Petaloproctes Quatref. sein. P. terricola Quatref., .St. Sebastian. M. Cristagalli Clap., Neapel. Hierher gehören auch Chrysothemis und Sabaeo Kinb, An die Maldanien schliessen sich innig die Amniocharidcn an, welche zu den Serpuliden überführen, Körper aus langgestreckten Segmenten zusammengesetzt, in einen Kran;: fiefzerschlitzter oder dichotomisch verästelter Lappen (Kiemenapparat) aus- laufend. Darm wie bei den Serpuliden von einen Blutraum umschlossen. Dorsale Bündel von gefiederten Haarborsten. Ventrale Hakenborsten in regelmässige Längs- reihen vertheilt. Malmgren und Claparede bilden aus der Galtung eine besondere Familie der Ammochariden. Ammochares Gr. (Owenia Delle Ch.). A. Ottonis Gr. = Oicenia filiformis Delle Ch., Mittelmeer. Mit 4 Paar Drüsenschläuchen, deren Secret wahrscheinlich zur Bildung der Röhre verwendet wird. Nahe verwandt ist Psammo- collus Gr, {Myriochele Malmgr,), 5, Fam. Aricidae. Körper rundlich, etwas flach gedrückt aus vielen kurzen Segmenten zusammengesetzt, Kopf ohne oder mit nur kleinen Fühlern oder Füiiler- cirren. Mundsegment mit Borstenhöckern, Rüssel kurz uiibevvalTnet, wenig oder gar nicht vorstülpbar. Seitliche Fusshöcker kurz zweiästig oder zweizeilig. Die kurzen lancet- oder fadenförmigen Kiemen rücken häufig mit den Fusshöckern gegen die Mitte des Rückeos. Borsten einfach linear, Aricia Sav. Die vordem Borstenhöcker haben am untern Ast einen Kamm von Papillen, die Kiemen lancet- bis cirrenförmig, an den hintern Segmenten mit den Seiten- höckern auf den Rücken hinaufrückend. A. sertulaia Sav. (besitzt 4 sehr kleine Fühler). A. foetida Clap., Neapel. Nahe verwandt ist Scoloplos Blainv. Sc. armiger Blainv., Nordsee. Theodisca Fr. Müll. Der vorstülpbare Schlund endet mit fingerförmigen Lappen. Tli. anserina Clap. Tli. liriostovia Clap., Mittelmeer. Verwandt ist Anthostomum Schmarda. Aonis Sav. Der kleine Kopflappen ohne oder mit einer Fühlerrudiment. Borstenhöcker zweizeilig, ohne die Unterschiede an den vordem und hinlern Segmenten wie bei Aricia. A. foliosa Aud. Edw., Canal. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 24 370 Cirratuliilae. Spionidae. Aus den Gattungen Sphaerodorum Oerst. und Ephesia Rathke mit warzen- fnrniigen IHervorragungen an den kurzen Rudern wurde von Malmgren eine besondere Familie der Sphaerodoridae gebildet, die indessen besser an die Sylliden anschliesst. 6. Fiim. Cirratulidae. Körper rund. Kopf lang kegelförmig, ohne Fühler und Fühlercirren. Fussstummel niedrig, mit einfachen Haar- und Hakenborsten. Kiemen- fäden und Rückenfilamente an einzelnen oder zahlreichen Segmenten. Cirratulus Lam. Die seitlichen Kiemenfäden tehlen in der hintern Körperpartie. C. borealis Lam., Nord-Meere. C. chrysoderma Clap., Keapei. Audouinia Quatref. Die seillichen Kiemenfäden finden sich bis zum hintern Körperende. A. Lamarckn Aud. Edw., Europ. Küsten. A. fiUgera Delle €h., Keapei. Kinberg unterscheidet noch die Gattungen Timarete, Promenia, Archidice und Lahranda. Dodecaceraea Oerst. Ohne Querreihe von Rückenfäden auf einem vordem Segment, mit nur 6iPaar seitlich gestellter Rückenfäden. Z>. eoncliarum Oerst., Nordsee. 7. Fam. Spionidae. Der kleine Kopflappen zuweilen mit fühlerartigen Vorsprüngen, meist mit kleinen Augen. Mundsegment mit 2 langen meist mit einer Rinne versehenen Fühlercirren (Fanglühlem). Seitenhöcker meist zweiästig mit ein- fachen Borsten. Cirrenförmige Kiemen oft vorhanden. Die Arterie und Vene derselben ohne seitliche Gefässschlingen, Die Weibchen legen diejEier in ihren Wohnrühren ab. Die ausschlüpfenden metachäten Larven, deren Hülle aus der Dotterhaut (chagrinirt, porös) hervorgegangen ist, sind telotroch, erhalten 2 bis 6 Augenflecken und mit der Segmentirung sehr lange Borstenbündel. Bei vielen Larven bilden sich an den Segmenten Wimperbogen zwischen den Bauchrudern oder Rückenrudern. Polydora Bosc. {Leucodore .lohnst.). Kopflappen conisch , meist ausgebuchtel, zuweilen mit Fühlern. Das fünfte Segment bedeutend länger als die übrigen, statt der Borsten einen Kamm von Kadeln tragend. Hinterende mit einer Saugscheihe. P.ciliata Johnst., P. coeca Oerst. , Nordsee. P. Agassizii Clap, , P. antennata Clap., Neapel. Spio Fabr. {Colobranchus Schmarda) Kopflappen conisch, meist ausgebuchlet oder zweitheilig. Segmente gleichmässig. F'ussslummel mit einem kleinen Läppchen ausgestattet oder ohne dasselbe. Kiemen zahlreich, schon am ersten oder zweiten Segmente beginnend, Analsegment mit einem oder mehreren Papillenpaaren. Sp. seti- cornis Fabr., Nord-Meere. Sp. Mecznikowianus Clap., Neapel. ^en'ne Johnst., im Wesentlichen nur dadurch verschieden, dass das Läppchen am obern F"ussaste ein mächtiger membranöser Anhang geworden ist, welcher bis zum Ende des Kiemenschlauches reicht. N. cirratulus Delle Gh. N. Sarsiana Clap., Neapel. Pygospio Clap. Zwei F'ühlercirren. Endsegment in 4 kammartige Fortsätze auslaufend. P. elegans Clap, , St. Vaast. Prionospio Malmgr. Die langen F'ühlercirren fehlen. Kiemen auf die vordere Partie des Leibes beschränkt, gefiedert oder einfach. Die beiden Ruderäste nur an den kiementragenden Segmenten gesondert oder mit einem blattförmigen Anhang P. Malmgreni Clap,, Neapel. P. Steenstrupii Malmgr., Island, Verwandte Gattungen sind Disoma Oerst., Spione Oerst. u. a. 8. Fam, Chaetopteridae. Körper gestreckt, in mehrere ungleichartige Regionen gesondert, Kopf oft mit Augenflecken, ohne oder mit kurzen Fühlern. 2 oder 4 selir lange Fühlercirren oft vorhanden. Viertes Segment mit eigenlhümlicher Borsten- bewafl'nung (Hakenplatten oder kammförmigen Haken). Bauchruder in der hintern und zuweilen auch in der vonlern Körperregion 2ästig. Rückenanhänge der mittlem Segmente flügeiförmig, oft gelappt. Bewohnen pergamentartige Röhren. Die frei- Chaetopteridae. Pherusidae. 371 schwimmenden Larven sind Mesotrochaformen mit einem oder zwei mittlem Wimper- gürteln, 2 oder 6 Augenflecken und einem zipfelförmigen Anhang am hintern Ende. Telepsavus Gab, Cosl. Kopf mit 2 langen gefurchten Fühlercirren. Leib aus 2 Regionen bestehend, die vordere flach mit einfachen compressen Ruderstunimeln und einem Borstenbündel; die hintere mit zusammengesetzten Füssen, mit blattför- migen vertical stehenden Uückenanhängen und doppelten mit vielen Haken bewalfneten Bauchstummeln. F. Costarum Clap., Neapel. Bei der nahe verwandten Gattung Spiochaetopterus Sars finden sich blattförmige als Kiemen fungirende Lappen nur am 11. und 12. Segment. Phyllochaetopterus Gr. Kopflappen sehr klein. 2 Paare von Fühlercirren, das kleinere mit sehr feinen Borslennadeln. Körper in drei Regionen getheilt, die vordere mit einfachen compressen Fussstummeln und einem Bündel einfacher i'orsten ; die mittlere mit doppelten Bauchhöckern, welche Hakenborsten tragen und vertikal stehen- den mehrlappigen feine Haarborsten einschliessenden Rückenanhängen ; die hintere mit doppellen ßauchhöckern und cylindrischen Rückenanhängen. P. major Clap., Neapel. P. socialis Clap., Neapel, Chaetoptenis Cuv. Kopf mit kleinen seitlichen Fühlern und 2 Augen. Körper in drei Regionen zerfallend. Viertes Segment mit kammförmigen Haken, CJi. per- gamentaceus Cuv. [variopedatus Ren.), Mittelmeer. Ch. Sarsii Boeck. , Ch. norve- gicics Sars, Nord-Meere 9. Farn. Pherusidae. Körper gestreckt cylindrisch. Kopf ringförmig, mit 2 starken gefurchten Fühlern, Mundpapillen und Kiemenfäden in den Vorderkörper zurück- ziehbar, dessen vorderes oder 2 vordere Segmente Borsten von auffallender Länge tragen. Borstenbündel zweizeilig auf winzigen oder flösschenähnlichen Fusshöckern oder direkt in der Haut eingelagert. Diese mit zahlreichen Papillen und langen Fäden, Schleim absondernd. Stylaroides Delle Ch. (Lophiocephalus Cost.). Der Kiemenapparat wird von einem langen membranösen Stil getragen. Die Borsten der beiden vordem Segmente zur Bildung der Kopfkapuze ausserordentlich lang, die der übrigen sehr klein. SL monilifer Delle Ch. (Siphonostomum papillosum Gr.), Neapel. Trophonia Aud. Edw. (Pherusa Blainv.) Die Borstenbewaffnung aller Segmente ausserordentlich entwickelt, von den Borsten der beiden vordem Segmente kaum ver- schieden. Tr. eruca Clap., Neapel. Verwandt ist Brada Stimps. Siphonostoma Otto (Chloraema Duj.). Haut von einer dicken Schleimlage umhüllt. Hautpapilten ausserordentlich lang. S. diplochaUos Otto (Edwarsii Duj.), Mittelmcer. 10. Farn. Terebellidae. Körper wurmförmig, vorn dicker. Der dünnere Hinter- abschnitt zuweilen als borstenloser Anhang deutlich abgesetzt. Kopflappen vom Mnnd- segment uudeutlich geschieden, häufig mit einem Lippenblatt über dem Munde. Zahl- reiche fadenförmige Fühler sitzen meist in 2 Büscheln auf. Mund ohne Rüssel. Nur an wenigen vordem Segmenten kammförmige oder verästelte, selten fadenförmige Kiemen. Obere Borstenhöcker mit Haarborsten, untere Querwülsle oder Flösschen mit Hakenborsten. Die Larven sind anfangs fast an der ganzen Oberfläche bewimpert, bald aber verlieren sie die Wimpern bis auf Reste am vordem und hintern Ende (die auf dem Seeboden lebenden Larven von Terebella Meckelii), oder sie erhallen mehrere Wimperbogen und Gehörkapseln (die pelagischen Larven von Terebella conchilega). An den jungen mit Borstenstummeln versehenen Würmern ist ein Kopflappen deutlich abgegrenzt/der zwei Augen und nur einen Fühler trägt. Anfangs sind nur die Haar- 24* 372 Terebellidae. Amphitritinae. Polycirrinae. horsten vorhanden und erst später, wenn die Röhre gebildet ist, treten auchHake^iborsten und die Kiemen auf. 1. Subf. Amphitritinae. Kiemen fast immer vorhanden. Kopflnppcii kurz, mit zahlreichen Fühlern, Uaarborsten gesäumt. Hakenborsten von gleicher Form. Amphitrite 0, Fr. Müll. Haarborsten nur am vordem Körperabschiütt vor- handen. 3 Paare von verästelten ziemlich gleichgrossen Kiemen. Augen lelilen. A. cirrata 0. Fr. Müll., Island und Spitzbergen. A. viminalis Gr., Lussin. Terebella Lin. Unterscheidet sich namentlich durch die geringere Grösse der hintern Kiemenpaare. T. Banielsseni Malmgr. , Nord-Meere. T. Meckelii Delle Ch. (nebulosa Gr.), Adriatisches Meer. T. (Lanice) conchilega Fall., Englische Küste. Für die mit nur 2 oder einem Kiemenpaar versehenen Terebelliden hat Malmgren eine Reihe besonderer Gattungen (Nicolea, Pista, Scione, Axionice) gegründet. Heteroterebella Quatref. {Lepraea Malmgr.). Haarborsten auch am hintern Körperabschnitt. Meist 3 Paar verastelter Kiemen, von denen die hintern an Grösse abnehmen. H. sanguinea Clap., Neapel. H. tetrix Johnst., Britannien. Heterophenacia Quatref. {Thelepiis R. Lkt. , Neottis Malmgr., 'firymaea Malmgr.). Haarborsten über den ganzen Körper. Zahlreiche fadenförmige Kiemen an zwei oder drei Segmenten. H. nucleolata Clap., Neapel. H. circinnata Fabr., Grön- land. Nahe verwandt ist Phenacia Quatref. Ph. triserialis Gr., Sicilien. Ph. retro- grada Clap., Neapel. 2. Subf. Polycirrmae. Kiemen Ichlen stets. Der Kopflappen bildet eine grosse selten dreigethcilte Oberlippe und ist mit zahlreichen Tentakeln besetzt. Haarborsten ungesäumt, oft nur am vordem Körperlheil. Polycirrus Gr. {Leucariste , Ereutho Malmgr.). Hakenborsten breite Platten. Haarborsten auf die vordere Korperregion beschränkt. P. Medusa Gr. P. haema- iodes Clap. P. Caliendrum Clap., Mittelmeer. Bei Aphlebina Quatref. {Polycirrus Malmgr.) erstrecken sich die Haarborsten des Rückens bis an das äusserste Körperende. Lysilla Malmgr. Hakenplalten iehlen ganz. L. Loveni Malmgr. Amaea Malmgr. Hakenborsten linear gestreckt. A. trilobata Sars, Nord-Meer. Malmgren unterscheidet drei weitere Unterfamilien als Artacamaceen , Tri- chobrancliideen und Caneplwrideen, letztere mit Terebellides Sars. T. Stroemii Sars, Nord-Meere bis Adriatisches Meer. Derselbe trennt von den Terebelliden die Ampharetiden als besondere Familie. Auch bei diesen ist der meist nur aus wenigen (20 bis 40) Segmenten ge- bildete Leib in eine vordere dickere und hintere dünnere Region gesondert, die ersterö mit Haarborsten und Haken tragenden Flüsschen, die letztere ohne die Haarborsten nur mit Haken tragenden Flösschen. Zahlreiche fadenförmige Tentakeln entspringen am Kopfliippen, unter welchem das Mundsegment eine Art Unterlippe bildet 4 oder 3 ladeiilörmige Kiemen stehen jederseits am Rücken der vordem Borsten tragenden Segmente, vor denen sich zuweilen ein Paleenkamm erhebt. Die Hakenplalten kamm- förmig, vielzähnig. Oft finden sich 2 oder zahlreiche Aftercirren. Bewohnen meist aus Schlamm gefertigte Röhren, die viel länger als der Körper sind. Ampharete Malmgr. Mit Paleenkamm am Rücken des dritten Segmentes und wenig zahlreichen bewimperten Tentakeln. Kiemen anf dem Rücken des drillen und vierten Segmentes. A, Grubei Malmgr., Grönland und Spitzbergen. A. arctica. Amphicteis Gr. {Lysippe, Sosane Malmgr ). Mit fächerförmig ausgebreitetem Paleenkamm am Rücken des dritten Segmentes und unbewimperten Tentakeln. Kiemen Ampharetidae. Amphictenidae. Heniipllidae. Serpulidae. 37! zu 4 Büscheln jederseits am Rücken des 3., 4. und selbst 5ten Segmentes. A. Gruneri Sars. {grönlandica Gr.), Westküste Skandinaviens. Sabellides M. Edw. Ohne Paleenkamm, mit wenigen zuweilen kurz bewim- perten Tentakeln. Jederseits 3 oder 4 Kiemenfadeii am Rücken des 3ten Segmentes. S. borealis Sars S. octocirrata Sars. S. (Samytlia Malmgr.) sexcirrata Sars. S. {Melinna Malmgr.) cristata Sars, Skandinavien. Kahe verwandt ist Branehiosabella zostericola Clap , St. Vaast 11. Fam. Amphictenidae. Von den Terebclliden vornehmlich durch den Besitz eines doppelten nach vorn gerichteten Paleenkammes am Mundsegment, sowie durch 2 Paare von Fühlercirren und kammförmigen Kiemen am zweiten und dritten Segmente unterschieden. Die geraden oder etwas gebogenen Röhren sind aus kleinen Sand- körnchen gebaut. Pectinaria Lam. (Aniphitrite, Amphictene Sav.). Der Körper endet mit einem platten den Alter bedeckenden Anhang. Jederseits 17 Bündel von Haarborsten und 13 Hakenplättchen, die vom vierten borstentragendon Segmente beginnen. P. belgica Pall , Britische Meere. P. neapolitana Clap., Mittelmeer P. (Amphictene Sav, Röhre leicht gekrümmt) auricoma 0. Fr Müll. , Kord-Meere. Generisch kaum verschieden dürfte Cistenidcs Malmgr. sein. C. hyperborea =. P. JEschrichti Sars. Malmgreu unterscheidet ferner die Gattungen Lagis und Petta. 12. Fam. Hermellidae. Der hintere Körperabschnitt ohne Segmente und Borstenanhänge. Kopflappen sehr ansehnlich von der Form eines fleischigen rechts und links herabgewölbten Lappens, am abgestutzten Stirnrand immer mit einem Paleenkranz und längs der untern Seite mit mehreren Fühlern besetzt. Mundsegment unten ein zweilheiliges Lippenblalt bildend, jederseits ein Borstenbündel. Die oberen Stummel sind Flösschen mit Hakenborsten, au einigen vordem Segmenten mit Paleen, die unteren mit dün.ien Haarborsten. Zungenförmige Kiemen sitzen am Rückenrande der meisten Segmente des Vorderleibes. Bauen Röhren von Sand. Sabellaria Lam. {Hermella Sav.). Kopflappen gross, seitlich herabgewölbt, an der Rückenseite nicht gespalten. Die an seinem Vorderrande sitzenden Paleen theils gegen die Mitte, theils nach aussen gerichtet, eine Krone mit drei { Hermella Qualrel.) oder zwei {Pallasia Qualref) Reihen von Paleen bildend. S. dlveolata Sav., Atl. Ucean. S. angliea Gr.. Kordsee. ahe verwandt ist Sylline Gr., hauptsächlich durch den Mangel der Baucheirren unterschieden. Odontosyllis Clap. Palpen verwachsen. Erstes Segment jederseits mit 2 kurzen Fühlercirren ohne Borsten, mit zahnartigen Verdickungen am Eingang der sehr langen Schlundröhre, Baucheirren vorhanden. 0. gihba Clap., Normaudie. 0. ctenostoma Clap., Neapel. Pterosyllis Clap. Palpen gesondert. Mit 2 flügelartigen Fortsätzen auf dem Nacken und 3 langen gegliederten Fühlern. Erstes Segment jederseits mit 2 langen gegliederten Fühlercirren ohne Borsten; Baucheirren blattartig erweitert; am Ein- gang der Schlundröhre 4 Zähne. F. lineolata Ach. Costa, Neapel. P. formosa Clap., Canal. Bei Gnathosyllis Schmarda liegen im Rüssel 2 zähnige Kiefer, bei Procome Ehl. finden sich 8 Paar verlängerte P'ühlercirren an den ersten Segmenten. Microsyllis Llap. Erstes Segment mit einem kleinen Fühlercirrus jederseits ohne Borsten. Baucheirren fehlen. Kopflappen mit verschmolzenen Palpen und 2 kleinen Stirnfühlern. Rückencirren sehr klein. M. brevicirrata Clap. Nahe verwandt, aber durch den Besitz von 3 Stirnfühlern unterschieden, ist die durch ihre Wimpergruben am Mundsegment ausgezeichnete Exotocas f^hl. E. (Exogene) gemmifera Pag. E. Kefersteinü Clap., ferner Faedophylax Clap. mit 3 Stirnfühlem und rudimentären Baucheirren. 1\ claviger Clap., Neapel. Sphaerosyllis Clap. Kopflappen von den 2 verschmolzenen Palpen deutlich getrennt, mit dem ersten Segment sehr innig vereint; dieses mit einem Fühlercirrus jederseits. Die 5 Kopffühler, Fühlercirren und Rückencirren an der Basis kuglig angeschwollen. Baucheirren vorhanden. S. hystrix Clap., Normaudie. Exogene Oerst. Erstes Segment ohne Fühlercirren und ohne Borsten, Rücken- und Baucheirren vorhanden. E. naidina Oerst. Isosyllis Ehl. Kopflappen mit 3 Stirnfühlern. Erstes Segment mit einem borstenführenden Ruder, mit Rücken- und Bauchcirrus wie die übrigen. I. macu- losa Edw. /. artnoricana Clap., Normaudie. Bei der nahe verwandten Gattung Oophylax Ehl. sind vier paarig geordnete Stirnfühler vorhanden. 0. cirrata KöU. Andere Gattungen sind : Cystonereis Köll. (mit 8 Stirnfühlernj, Trypanosyllis Clap., Grubea Quatref., SylUdes Oerst., Anaplosyllis Clap. b. Gattungen ohne oder mit ganz verkümmerten Palpen am Kopflappen (ohne Stirnpolster). Autolytus Gr. Kopflappen mit 3 Fühlern. Erstes Segment mit 2 Fühler- cirren jederseits. Nur der Rückencirrus des zweiten Segmentes bedeutend verlän- gert. Baucheirren fehlen. Mit Generationswechsel. Ä. prolifer 0. Fr. Müll. '384 Syllidac. Hesionidae. Ammenform. Das Männchen als Polyhostrichus Mülleri Kef., das Weibchen als Sacconereis helgolandica Müll, beschrieben. A. longisetosus A. Ag. u. a. A. Nahe verwandt ist Procereaea Ehl., bei der auch der Rückencirrus des dritten Segmentes eine bedeutende Länge zeigt. P. aurantiaca Clap,, Neapel. P. picta Ehl., Quarnero, {^Stephanosyllis scapularis Clap.). Heterosi/llis Clap. Mit 3 Stirnfühlern, von denen der mittlere sehr lang ist, mit 4 kurzen Fühlercirren und sehr langen Cirren des zweiten Segmentes. Bauch- cirren vorhanden. H. brachiata Clap., Normandie. Mijrianida Edw. Kopflappen mit 3 keulenförmig erweiterten Stirnfühlern. Erstes Segment mit 2 Paar verdickten Fühlercirren, die übrigen Segmente mit Ruder und keulenlörmigem Rückencirrus. Baucheirren fehlen. M. fasciata Edw- M. maculata Clap., Neapel. AmhlyosyUis ür. Kopflappen mit 3 Stirnfühlern. Erstes Segment mit 2 fadenförmigen Fühlercirren jederseits, die übrigen Segmente mit Ruder, langem fadenförmigen Rückencirrus. N. lineata Gr., N. rhombeata ür. Bei Eurysyllis Ehl. {Polymashis Clap.) bestehen die kurzen Cirren aus einem basalen Stück und einem kugligen Endabschnitt. E. tuberculata, Quarnero. Hier schliesst sich Spha erodorum Oerst. (Pollicüa Johnst.) an. Mit kugel- förmigen Hautanhängen (Rückencirren) , zahlreichen Papillen am vordem Körper- ende und 4 vorderen und 2 hinteren Fühler. Aeussere Segmentirung ohne Quer- furchen. Ruder einfach mit einem Bündel zusammengesetzter Borsten. S. peri- patus Gr., Mittelmeer. S. Claparedii Greeff, Dieppe. 9. Fam. Hesionidae. Körper kurz, abgeplattet mit wenigen Segmenten. Kopf- lappen mit Fühlern und 4 Augen, zuweilen auch mit Palpen, die folgenden Segmente mit grossen Fühlercirren, Ruder gross, einästig oder noch mit einem zweiten kleinern oberu Aste, mit Rücken- und Baucheirren, Haarborsten und zusammengesetzten Borsten. Rüsselröhre kurz, vorstülpbar, Endabschnitt dickwandig. Aftersegment mit 2 Aftercirren, oft mit rudimentärem Ruder. Hesione Sav. Kopflappen mit 4 Augen und 4 Fühlern ohne Palpen. Hinter dem Kopflappen mehrere Fühlercirren. Rüssel unbewaffnet Ruder einästig H. splendida Sav., rothes Meer. Bei Telamone Clap. sind nur 2 Fühler vorhanden. T. sicula Delle Ch. Pisione Gr. unterscheidet sich durch die rudimentären Ruder der 2 ersten Segmente und durch die 4 grossen Kiefer des Rüssels. Orseis Ehl. Kopflappen mit 4 Augen und 5 Fühlern, ohne Palpen. P>stes Segment jederseits mit 2 Fühlercirren. Ruder einastig. Vorderende des Rüssels mit einem Kranz spitzer Papillen. 0. fasciatus Gr., Mitteimeer. 0. pulla Ehl., Quarnero. Bei Oxydromus Gr. tragen die 4 ersten Segmente ein Paar Fühler- cirren. 0. longisetus Gr. Podarke Ehl. Kopflappen mit 4 Augen und 5 Fühlern ohne Palpen. Die 3 ersten Segmente mit Fühlercirren ohne borstentragende Ruder. Rüssel ohne Papil lenkranz. P. albocincta Ehl., P. agilis Ehl., Quarnero. Micro phtUalmus Sczelkowii Metschn., Helgoland. Ophiodromus Sars. Kopflappeu mit 4 Augen, 3 Fühlern und 2 zweigliedrigen Palpen. Ruder mit 2 fast gleich grossen Aesten. Jedersets 6 Fühlercirren. 0. vittatus Sars, Norwegen. Castalia Sav. Kopflappen mit 2 Fühlern, 4 Augen und 2 zweigliedrigen Palpen. Ruder mit nur einem oder noch einem zweiten obern tuberkelförmigen Aste. 8 Paare von Fühlercirren. Rüssel mit 2 Kieferznhnen. C. rosea Sav., C. punctata Oerst., nördl. Meere. Bei Tyrrhena Clap. ist auch ein unpaarer Fühler und ein Stirntuberkel vorbanden. T. Claparedii Ach. Cost., Neapel. Bei Psamathe Johnst. {Kefersteinia Qu.itref.) fehlen die Kiefer. P. cirrata Kef., Normandie. Alciopidae. Tomopteridae. 385 Periboea Ehl, Kopflappen mit 2 Fühlern und längern Sgliedrigen Palpen. Erstes Segment jederseits mit 3, zweites und drittes jederseits mit 2 Fühlercirrcn. P. longocirrata Ehl, Quamero. Die Gattung Cirrosyllis Schmarda scheint auch hierher zu gehören. C. picta Schmarda u. a. A. 10. Fam. Phyllodocidae. Körper gestreckt, meist mit zahlreichen Segmenten. Kopflappen nur mit Fühlern und Augen, die 2 oder 3 nachfolgenden Segmente mit Fühiercirren. Ruder unbedeutend mit zusammengesetzten Borsten, blattförmigem Rücken- und ßauchcirrus. An diesen wulstförmige Streifen mit Stübchenzellen (wie in den Flossen von Tomopteris). Rüssel aus einer langen meist papillen- tragenden Rüsselröhre und einem gestreckten dickwandigen Endabschnitt gebildet. Die Larven (Phyllodoce) sind monotroch wie die ersten Stadien vou Xephthys mit be- wimperter Baüchfläche und einem hakenförmig nach hinten gebogenen Busche von Wimpercilien an der Bauchseite des Yorderleibes. Phyllodoce Sav. Kopflappen mit 4 Fühlern, die beiden ersten Segmente mit 4 Paar Fühiercirren und oft mit rudimentärem Ruder : die übrigen Segmente gleich- förmig mit einfachem Ruder und fächerförmigem Bündel zusammengesetzter Borsten. Ph. lamelligera Johnst. , Quarnero. Ph. vittata Ehl., Quamero. Ph. corniculata Clap., Neapel. Ph. {Änaitis MalmgrJ cephalotes Clap., Neapel. Eulalia Sav. Kopflappen mit 5 Fühlern, die ersten Segmente mit 4 Paar Fühiercirren und zum Theil mit Rudern. Aftersegment mit 2 Aftercirren. E. (Eii- mi soviel Ruderfusspaaren, von denen das letzte indess häufig verkümmert ;^ ^[ ''^ und im männlichen Geschlechte als Haftorgan zur Begattung umgestaltet vT ^ ist. Das Abdomen besteht ebenso wie die Brust aus 5 Segmenten, ent-^~'° behrt aber aller GUedmassen und endet mit zwei gabiig auseinander- stehenden Gliedern (^Furca), an deren Spitze mehrere lange Schwanz- 0. F. Müller, Entomostraca seu Insecta testacea, quae in aqnis Daniae et Nor- vegiae reperit, descripsit. Lipsiae. 1785. Jurine, Histoire des Monocles etc. Gen^ve. 1820. * W. Baird, The natural history of the British Entomostraca. London. 1850. W. Lilljeborg, Crustacea ex ordinibus tribus: Cladocera, Ostracoda et) Copepoda, in Scania occurentibus. Lund. 1853. VV. Zenker, System der Crustaceen Archiv für Naturg. 1854. C. Claus, Zur Morphologie der Copepoden. Würzb. naturw. Zeitschr. 1860. 410 Körperbau. Nervensystem. Auge. borsten aufsitzen. Am weiblichen Körper vereinigen sich meist die beiden ersten Abdominalsegmente zur Herstellung eines gemeinsamen Genitalabs chniUes mit den beiden Geschlechtsöffnungen. Die vordem Antennen sind meist langgestreckt und vielgliedrig, sie dienen als Träger von Sinnesorganen besonders zum Tasten und Riechen, aber auch bei den frei umherschwimmenden Formen als Ruder und im männlichen Geschlechte oft als Greifarme zum Fangen und Festhalten des Weibchens während der Begattung. Die untern Antennen bleiben durchweg kürzer und tragen nicht selten doppelte Aeste; wohl überall dienen sie neben der Unterstützung der Locomotion zum Anlegen oder Anklammern an festen Gegenständen und sind mit Klaramerborsten und bei den para- sitischen Formen oft mit kräftigen Klammerhaken ausgestattet. Von Mundwerkzeugen liegen unterhalb der Oberlippe zwei bezähnte-; meist tastertragende Mandibeln, welche bei den freilebenden Copepoden als Kauorgane fungiren, bei den parasitischen aber in der Regel zu spitzen stiletförmigen Stäben sich umbilden und zum Stechen dienen. Im letz- teren Falle rücken dieselben meist in eine durch Vereinigung der Ober- lippe und Unterlippe gebildete Saugröhre. Die zwei auf die Mandibeln folgenden Unterkiefer sind durchweg schwächere Kauplatten und bei den Schmarotzerkrebsen nicht selten zu kleinen tasterartigen Höckern ver- kümmert. Dagegen zeigen sich die Maxillarfüsse weit gestreckter und werden sowohl zum Ergreifen der Nahrung als vornehmlich bei den Schmarotzerkrebsen zum Anklammern des Körpers benutzt. Die Ruder- füsse der Brust bestehen fast überall aus einem zweigliedrigen Basal- abschnitt und aus zwei dreigliedrigen, mit langen Borsten ausgerüsteten Ruderästen, welche nach Form und Bedeutung breiten Ruderplatten vergleichbar erscheinen. Nur das letzte (fünfte Paar) ist häufig rudi- mentär, einästig oder gar nur eingliedrig, im männlichen Geschlechte nicht selten als Greifapparat zur üebertragung der Spermatophore um- gebildet. Die innere Organisation bietet den Verhältnissen des äussern Körper- baues und der Lebensweise entsprechend mannichfache Abstufungen, üeberall findet sich ein Gehirn mit austretenden Sinnesnerven und einem Bauchstrang, der entweder in seinem Verlaufe zu mehreren (7) Ganglien anschwillt oder sich zu einer gemeinsamen untern Schlund- ganglieumasse concentrirt. Von Sinnesorganen kommt das unpaare oder auch paarige Auge ziemlich allgemein vor und fehlt nur einigen para- sitischen Copepoden im ausgebildeten Alter. Dasselbe tritt in seiner einfachsten Form als ein xförmiger dem Gehirn aufliegender Pigment- fleck auf, aus dessen Einbuchtung jederseits eine lichtbrechende Kugel hervorragt. In seiner weitern Entwicklung erlangt das Auge eine grössere Selbstständigkeit, erhält vom Gehirn aus einen ansehnlichen Sehnerven und wird mehr oder minder beweglich, während sich zugleich Verdauungsapparat. Athmung. Kreislauf. Fortpflanzung. 411 die Zahl iseiner lichtbrechenden Kugeln vergrössert, und selbst besondere Linsen des Hautpanzers als Cornealinsen hinzutreten. Endlicii bilden sich seitliche, den paarigen Seitenaugen der Malacostracen gleichwerthige Augen aus, zwischen welchen nicht selten Reste des unpaaren Auges zurückbleiben (Corycaeiden). Ausser dem Tastsirin, dessen Sitz ganz besonders in den Borsten der vordem Antennen, aber auch an manchen andern Stellen der Haut zu suchen ist, kommen Riechfäden als zarte Anhänge der vordem Antennen, vornehmlich im männlichen Geschlechte in weiter Verbreitung vor. Der Verdauungscandl zerfällt in eine kurze und enge Speiseröhre, einen weiten oft mit zwei einfachen Blindschläuchen beginnenden Magen- darm und einen engem Enddarm, welcher sich am Hinterleibsende auf der Rückenfiäche des letzten Abdominalsegmentes öfi'net. Häufig scheint die hintere Darmfläche zugleich die Function von Harnorganen zu über- nehmen, indessen findet sich zuweilen gleichzeitig ein der Schalendrüse der Phyllopoden vergleichbarer paariger Drüsenschlauch zu den Seiten der Kieferfüsse im Kopfbruststück, der möglicherweise ein ähnliches Absonderungsprodukt ausscheidet. Kiemen fehlen überall und die ge- sammte Hautoberfläche besorgt die Respiration, auch können die Circulationsorgane vollständig ausfallen oder durch regelmässige Schwin- gungen des Darmcanals (Cyclcps, Achtheres) ersetzt sein. In andern Fällen finden sich schwingende Plattenpaare, welche die Blutströmung in bestimmten Bahnen der Leibeshöhle unterhalten (Caligus), oder es tritt im Vordertheil der Brust oberhalb des Darmes ein kurzes sack- förmiges Herz auf (Calaniden), welches sich sogar in eine Kopfarterie fortsetzt {Calanella). Alle Copepoden >sind getrennten Geschlechts. Die Geschlechts- organe liegen grossentheils in den Seitenhälften des Cephalothorax sowie der Brustßegmente. Dieselben bestehen aus einer unpaaren oder paarigen Geschlechtsdrüse mit entsprechenden Ausführungsgängen, die in ihrem Verlaufe oder am Endabschnitt mit accessorischen Drüsen in Verbindung stehen und rechts und links am Basalgliede des Hinterleibes ausmünden. Fast regelmässig machen sich in der Form und Bildung verschie- dener Körpertheile Geschlechtsunterschiede geltend, welche bei einigen Schmarotzerkrebsen (Chondracanthen , Lernaeopoden) zu einem höchst aufi"allenden Dimorphismus führen. Die Männchen sind durchweg kleiner und leichter beweglich, ihre vordem Antennen und Füsse des letzten Paares, seltener die hintern Antennen und die Maxillarfüsse sind zu accessorischen Copulationsorganen umgestaltet und zum Fangen und Festhalten des Weibchens, wohl auch zum Ankleben der Spermatophoren eingerichtet. Diese letztem bilden sich innerhalb der Samenleiter mittelst eines schleimigen Secretes, welches in der Umgebung der Samenmasse zu einer festen Hülle erstarrt. Die grössern Weibchen bewegen sich 412 Eiersäckchen. Begattung. Entwicklung. oft weit schwerfälliger und tragen die Eier seltener in Bruträumen (Noto- delphyiden), in der Regel in Säckchen oder Schläuchen, rechts und links am Abdomen mit sich herum. Im letztern Falle besitzen sie eine besondere Kittdrüse, deren Absonderungsprodukt zugleich mit den Eiern austritt und die erstarrende Hülle der Eiersäckchen liefert. Während der Begattung, die beim Ausfall wirklicher Begattungsorgane überall nur eine äussere Vereinigung beider Geschlechter bleibt, klebt das Männchen dem Weib- chen eine oder mehrere Spermatophoren am Genitalsegment und zwar an bestimmten Oeffnungen fest, durch welche die Samenfäden in ein besonderes mit den Oviducten verbundenes Receptaculum seminis über- treten und die Eier entweder im Innern des mütterlichen Körpers oder während ihres Austritts in die sich bildenden Eiersäckchen befruchten. Die Eier erleiden in den Brutsäcken eine totale, bei zahlreichen para- sitischen Formen eine partielle Furchung. Im letztern Falle kann der Embryo an der Bauchseite des Blastoderms eine Verdickung (Primitiv- streifen) zeigen, wie dies bei den Embryonen der Lernaeopoden, Cali- ginen und Lernaeen der Fall ist, welche bereits eine grössere Zahl (7) von Gliedmassen (Zoea) zur Anlage bringen. Die Entwicklung beruht auf einer complicirten und bei vielen Schmarotzerkrebsen rückschreitenden Metamorphose. Die Larven schlüpfen als sog. NaupUusiormen aus, von ovalem Körper, mit unpaarem Stirn- auge und drei Paaren von Gliedmassen in der Umgebung des Mundes. Dieselben unterscheiden sich von den entsprechenden Naupliusformen ^ der Cirripedien vornehmhch durch den Mangel der Stirnhörner und des langen Rüssels. Kauwerkzeuge fehlen vollständig, indessen dienen einige nach dem Munde gerichtete Borsten an dem zweiten und dritten Glied- massenpaare zur Einführung kleiner Nahrungskörper in die Mundöffnung, welche in der Regel von einer grossen Oberlippe kappenartig überdeckt wird. Die hintere gliedmassenlose Leibespartie trägt am hintern Pole zwei Endborsten zu den Seiten des Afters, und die ganze vordere Hauptmasse des Körpers entspricht den drei vordem Kopfsegmenten, da sich später die drei Gliedmassenpaare in die Antennen und Man- dibeln verwandeln. Die Veränderungen , welche die jungen Larven mit dem weitern Wachsthum erleiden, knüpfen sich an mehrfach auf ein- anderfolgende Abstreifungen der Haut und beruhen im Wesenthchen auf einer Streckung des Leibes und auf dem Hervorsprossen neuer Gliedmassen. Schon das nachfolgende Larvenstadium weist ein viertes Extremitätenpaar, die späteren Maxillen auf; dann treten mit der nächst- folgenden Häutung auf einmal drei neue Gliedmassenpaare hervor, von denen die ersten den Kieferfüssen entsprechen, während die zwei letzten Paare die vordem Ruderfüsse in ihrer ersten Anlage vorstellen. Aut diesem Stadium erscheint die Larve noch immer iVaM^?ms-ähnlich und erst nach einer nochmaligen Häutung geht sie in die erste Cyclops- Metamorphose. Naupliuslarven. 413 ähnliche Form über. Dieselbe gleicht nun bereits im Bau der Fühler und Mundtheile dem ausgewachsenen Thier, wenngleich die Zahl der Gliedmassen und Leibesringe eine noch viel geringere ist. Die beiden letzten Gliedmassenpaare stellen bereits kurze zweiästige Ruderfüsse (noch mit eingliedrigen Aesten) vor, zu denen auch die Anlagen des dritten und vierten Ruderfusses in Form mit Borsten besetzter Wülste hinzugekommen sind. _ Der Leib besteht aus dem ovalen Kopfbruststück, dem zweiten bis vierten Thoracalsegment und einem langgestreckten Endgliede, welches mit den spätem Häutungen das letzte Thoracal- segment und alle Segmente des Abdomens durch fortschreitende Glie- derung erzeugt uud bereits mit der gabiigen Furca endet. Bei den Cyclopiden haben die hintern Fühler den Nebenast verloren, und die Mandibeln den frühern Schwimmfuss abgeworfen, während diese Anhänge bei den übrigen Familien meist mehr oder weniger verändert (der letzte als Mandibulartaster) persistiren. üebrigens gelangen viele Formen der parasitischen Copepoden, z. B. Lernanthropus , Chondracanthus , über diese Stufe der Leibesgliederung überhaupt nicht hinaus und erhalten weder die Schwimmfüsse des dritten und vierten Paares, noch ein vom stummeiförmigen Abdomen gesondertes fünftes Brustsegraent; andere Schmarotzerkrebse, z. B. Ächtheres, sinken sogar durch den spätem Verlust der beiden vordem Schwimmfusspaare auf eine noch tiefere Stufe der morphologischen Differenzirung zurück. Alle freilebenden und auch viele parasitische Copepoden durchlaufen mit den nachfolgenden Häutungen eine grössere oder geringere Reihe von Entwicklungsstadien, an welchen in continuirlicher Aufeinanderfolge die noch fehlenden Segmente und Gliedmassen (der Reihe nach von vorn nach hinten) her- vortreten, und die bereits vorhandenen Extremitäten zu einer gesetz- mässig fortschreitenden Gliederung gelangen. Einige Schmarotzerkrebse, (Lernaeopoden, Lernaeen) überspringen allerdings die Entwicklungsreihe der Naupliusformen , indem die Larve alsbald nach ihrem Ausschlüpfen die Haut abwirft und bereits in der jüngsten Cydopsform mit Klammer- antennen und stechenden Mundwerkzeugen entgegentritt. Viele durch- laufen von diesem oder von spätem Stadien an eine regressive Metamor- phose, sie heften sich als Parasiten an ein Wohnthier an, verlieren an ihrem unförmig wachsenden Leibe die Gliederung mehr oder minder vollständig, werfen ebenso auch die Ruderfüsse ab, die freilich öfter als Stummel erhalten bleiben, und können selbst des ursprünglich vorhandenen Auges verlustig gehn. Die Männchen aber bleiben in solchen Fällen oft zwergartig klein und sitzen dann häufig zu zweien in der Nähe der Geschlechtsöffnung am weiblichen Körper angekiammert fest (Lernaeopoden , Chondracanthen). In andern Fällen [Lernaeen) durchläuft die festgeheftete Larve die späteren Cyclopsstadien gewisser- massen als Puppenformen, aus denen die freischwünmenden Geschlechts- 414- 1. Unterordnung: Copepoila s. str. (Gnathostoraata.) thiere mit voUzäliliger Leibesgliederung hervorgehen. In diesem Falle tritt erst nach der Begattung an dem von Neuem festgehefteten, mächtig wachsenden Weibchen die ausserordentliche Umgestaltung des Leibes ein. 1. Unterordnung: Copepoda ') s. str. (Gnathostomata), freischwimmende Copepoden. Copepoden mit vollzähliger Leibesgliederung, mit wohl entwicJcelten Müder füssen, meist mit kauenden Mundwerkzeugen. Dieselben vertreten in Bau und Organisation den Typus der frei- lebenden Copepoden, ernähren sich selbstständig sowohl von kleinern Thleren als Theilen abgestorbener Thiere und schwimmen grossentheils frei umher. Niemals besitzen sie eme Saugröhre, wenngleich in ein- zelnen Fällen die Mundtheile auch zum Stechen eingerichtet sind. Einige halten sich wie es scheint zeitweilig in den geschützten Leibesräumen glasheller Seethiere, z. B. in Scbwimmglocken von Siphonophoren und in der Athemhöhle von Salpen auf, andere leben im ausgebildeten Zu- stand bereits dauernd in der Athemhöhle von Ascidien und zeichnen sich oft im weiblichen Geschlechte durch unförmige Auftreibungen des Leibes aus. Sie beleben sowohl die mit Pflanzenwuchs erfüllten süssen Ge- wässer als die Binnenseen und das offene Meer, in dessen reicher Fauna 1) Ausser den bereits citirten Werken von 0. Fr. Müller, Jurine, Lillje- borg, II. Edwards vergl. Tb. V. Siebold, Beiträge zur Naturgeschichte wirbelloser Thiere. Danzig. 1839 W. ßaird, The natural history of the British Entomostraca. London. 1850. Dana, The Cruslacea of the United States etc. Philadelphia. 1852 und 1853. S. Fischer, Beilrage zur Kenntniss der in der Umgegend von St. Petersburg sieb findenden Cyclopiden. Bull. Soc. Iinp. Moscou. 1851 und 1853. C. Claus, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden. Archiv für Katurg. 1858. Fr. Leydig, Bemerkungen über den Bau der Cyclopiden. Archiv für Natur- geschichte. 1859. T. Thoreil, Bidrag tili Kännedomen om Krustacer etc. K. Vet. Acad. Handl. 1859. C. Claus, Die freilebenden Copepoden. Leipzig. 1863. E. Haeckel, Beiträge zur Kenntniss der Corycaeiden. Jen. naturw. Zeitschrift. Bd. I. 1864. A. Boeck, Oversigt over de ved Korges Kyster jagttagne Copepoder etc. Vidensk-Selsk, Forh. Christiania 1864 C. Claus, Die Copepodenfauna von Kizza. Marburg. 1866. V. Czerniavskyi, Materialia ad zoographiam ponticam comparatam etc. Charcow. 1868. R. Buch holz, Beiträge zur Kenntniss der innerhalb der Ascidien lebenden parasitischen Crustaceen des Mittelmeeres. Zeitschrilt für wiss. Zool. Tom. XIX. 1869. Vergleiche ausserdem die Schriften von Goodsir, Templetou, Kröyer, Lubbock, S. Fischer, Zenker, Claus, G. 0. Sars, ßrady u. a. Cjclopidae. Karpactidae. 415 ihnen eine wesentliche Rolle im Haushalt des thierischen Lebens zufällt. Schon in Landseen, in den Gebirgsseen Bayerns und im Bodensee bilden sie mit den Daphniden (Cladoceren) die Hauptnahrung geschätzter Fische, z. B. der Saiblinge und Ranken. Unter den marinen Formen sind Ceiochüus finmarchicus, Temora longicornis, Änomalocera Pater- sonii, Tishe furcata und Canthocamptus Strömii als Fischnahrung her- vorzuheben, die beiden letztern Arten wurden im Magen schottischer Häringe gefunden (Diaptomus castor im Magen des Küstenhärings Pommerns). Cetochilus australis soll nach Roussel de Vauzeme in der Südsee förmliche Bänke bilden, welche dem Wasser meilenweit eine röthliche Färbung verleihen. So begreift man, wie diese kleinen Cruster selbst als »Wallfischspeise« dienen. 1. Farn. Cyclopidae. Körpergliederung vollzählig. Beide Antennen des ersten Paares beim Männchen zu Greifarmeii umgebildet. Die Antennen des zweiten Paares 4gliedrig. Mandibulartaster rudimentär. Fünftes Fusspaar rudimentär, in beiden Geschlechtern gleich. Herz fehlt. Beiderlei Geschlechtsorgane paarig. Zwei Eier- ' säckchen. Cyclops 0. Fr, Müll. Mandibulartaster durch 2 Borsten vertreten. Maxillar- taster verkümmert. Kopf mit dem ersten Thoracalsegment verschmolzen. Leben im süssen Wasser. C. coronatus Cls. {C. quadricornis var. fuscus Jur.) , C. hrevicornis eis., C. tenuicornis Cls., C. serrulatus Fisch., C. canthocarpoides Fisch., sämmtlich überall in Deutschland, England etc. verbreitet. Cyclopina Cls. Mandibulartaster 2astig, mit verkümmertem Nebenast. Die innern Kieferfüsse 6gliedrig mit drei sehr kleinen Endgliedern. Marin. C. gradlis Cls., Messina. C. norvegica A. Boeck. OiiÄona Baird. Körper sehr langgestreckt. Mandibulartaster zweiästig mit niehr- gliedrigeni Nebenasl. Innere Kielerfüsse 4gliedrig. Dem fünften Thoracalsegmente sitzen zwei Paare von Fusshöckern an Marin. C. spinirostris Cls , Messina. C. hel- golandica Cls. 2. Farn. Harpactidae. Körper häufig mehr linear mit dickem Panzer. Beide Antennen des ersten Paares im männlichen Geschlechte zu Fangarmen umgebildet. Die Antennen des zweiten Paares meist mit Nebenast. Die Mandibeln und Maxillen mit kurzen aber zweiästigen Tastern. Der innere Kieferfuss abwärts gerückt mit Greif- haken. Das erste Fusspaar mehr oder minder modificirt. Das fünite Fusspaar oft blattförmig. Herz fehlt. Männlicher Geschlechtsapparat meist unpaar. Meist ein Eier- säckchen. 1. Subf. Harpactinae. Von linearer oder cyclopsähnlicher Leibesform. Setella Dan. Körper gestreckt linear. Die hintern Antennen dreigliedrig ohne Nebenast. S. aciculus Dan. S. messinensis Cls. Longipedia Cls. Erstes Fusspaar den nachfolgenden ähnlich und wie diese mit Sgliedrigen Aesten. Innerer Ast des zweiten Fusspaares sehr verlängert. Nebenast der hintern Antenne lang, 6gliedrig. L. coronata Cls., Nordsee und Millelmeer. Hier schliesst sich Ectinosoma A. Boeck an. Tachidius Lillj. Ohne die Verlängerung des innern Astes vom zweiten Fuss- paar, mit kurzem schmächtigen Nebenaste der hintern Antenne. T. hrevicornis 0. Fr. Müll., Dänemark und Norwegen. T. minutus Cls., Nizza. Euterpe Cls. Beide Aeste des ersten Fusspaares 2gliedrig. E. gracilis Cls., Helgoland. 410 Harpactioae. Peltidinae. Ätnymone Cts. Körper stark seitlich comprimirt, fast sphärisch. Erstes Fuss- paar mit eingliedrigen Aesten. Untere Kieferfüsse enden mit mächtiger Greifhand. A. sphaerica CIs., Nordsee und Mittelmeer. Tisbe Lillj. {Idya Phil.). Körper ziemlich breit, wenig abgeflacht Das erste Fusspaar mit kurzem 3gliedrigen Aussenaste und längerem 2gliedrigen Innenaste. Die hintere Antenne mit umfangreichem 4gliedrigen Nebenaste. T. furcata ßaird., Nord- see und Mittelmeer. Westwoodia Dan. Körper mit stark erweitertem Cephalothorax. Das erste Fusspaar mit eingliedrigem Aussenaste und 2gliedrigem zum Greifen dienenden Innen- aste. Mundtheile mit stark entwickelten Tastern. W. nobilis ßaird., Nordsee. Canihocamptus Westw. Beide Aeste des ersten Fusspaares Sgliedrig, wenig verschieden , der innere längere am Ende seines ersten sehr gestreckten Gliedes knie- förmig gebogen mit schwachen Borsten. Unterer Maxillarfuss schmächtig. Mandibular- taster einfach, 2gliedrig. C. staphylinus Jur. {Cyclops minutus 0. Fr. Müll.). C. tninutus Cls. Beide im süssen Wasser sehr verbreitet. C. parvulus Cls. Marine Form, Nizza. Cleta Cls. Erstes Fusspaar mit sehr verlängertem, aber nur 2gliedrigem innern Ast. Die innern Aeste aller Fusspaarc 2gliedrig. Unterer Kieferfuss von mittlerer Stärke. C serrata Cls., Nordsee. C. lamellifera Cls., Messina. Lilljeborgia Cls. Erstes Fusspaar mit 2gliedrigem, aber mit dem Aussenast gleich langem Innenaste Die innern Aeste aller nachfolgenden Fusspaare ganz rudi- mentär. L. linearis Cls., Nizza. Hier schliesst sich Jurinia Cls an mit ganz rudimentärem innern Kieferfüsse. J. armata Cls., Nizza. Harpacticus M. Edw. Beide Aeste des ersten Fusspaares bilden starke Greif- füsse; der äussere Ast 3gliedrig, mit sehr lang gestrecktem ersten und zweiten Gliede, fast doppelt so lang als der innere meist 2gliedrige. Unterer Maxillarfuss sehr kräftig. H. chelifer 0. Fr. Müll., Nordsee. H. nicaeensis Cls., Mittelraeer. Nahe verwandt sind die Gattungen Dactylopus Cls. (2). Strömii Baird) und Tkalestris Cls. (Th. harpactoides Cls.). 2. Subf. Peltidinae. Von den Harpactinen vornehmlich durch die flache, schild- förmige Leibesgestalt verschieden. Zaus Goods. Beide Aeste des ersten Fusspaares sind GreiiTüsse wie bei Har- pacticus. Der fünfte Fuss sehr breit, blattförmig. Das Basalglied der untern Kiefer- füsse sehr klein, die Greifhand dagegen von ansehnlicher Grösse. Z. spinosus Cls., Nordsee. Nahe verwandt ist Scutellidium Cls., deren erstes Fusspaar ähnlich wie bei Tisbe gebildet ist. Sc. tisboides Cls , Nizza. Eupelte Cls. Der äussere Ast des ersten Fusspaares GreifTuss, der innere nur 2gliedriger Ruderast. Die unteren Kieferfüsse mit sehr langem 2gliedrig€n Stil. E. gracilis Cls., Nizza. Älteutha Baird. {Carillus Goods.), Von Eupelte vornehmlich dadurch ver- schieden, dass der innere Ast des ersten Fusspaares Sgliedrig, der lange Stil der untern Kieferfüsse einfach ist. A. bopyroides Cls., Helgoland. Bei Oniscidium Cls. ist der innere Ast 2gliedrig, aber kein regelmässiger Ruder- fuss, der Stil des untern Maxillarfusses ebenfalls lang und einfach. 0. armatum Cls,, Mittelmeer. Porcellidiiim Cls. {Thyone Phil). Körper unvollzählig gegliedert. Mandibular- taster zu einem (ireiffuss verlängert. Der äussere Ast des ersten Fusspaares ist ein 3gliedriger Ruderii^t, der innere :;jgliedrig. P. tenuicauda Cls., Nizza. Calanidae. Calauiuae. Diaptomin&e. U7 3. Farn. Calanidae. Körper langgestreckt mit sehr langen vordem Anienueo, von denen nur die der einen Seite im männlichen Geschlechte geniculirend ist Die hintere Antenne zweiästig mit umfangreichem Nebenaste. Mandibulartaster 2iisfig, der hintern Antenne ähnlich. Die Füsse des Tünften Paares vom Männchen sind meist zu Greiftüssen umgeformt. Herz vorhanden. Männlicher Geschlechtsapparat unpaar. Meist ein Eiersäckchen. 1. Subf. Calaninae mit nicht geniculirenden männlichen Vorderantennen. Cetochilus Rouss. Vauz. Die vordem Antennen 25gliedrig. Das fünfte Thoracal- segment deutlich gesondert, das fünfte Fusspaar ein zweiästiger, den vorausgehenden Schwimmtüssen gleich gestalteter Ruderfuss in beiden Geschlechtern. C. septentrionalis tioods., Nord-Meere. Calanus Leach. Die vordem Antennen 24- bis 25gliedrig. Fünftes Thoracal- segment nicht gesondert. Fünftes Fusspaar einästig mehrgliedrig, beim Männchen nur wenig umgebildet G. mastigophorus CIs., Mitlelmeer. C. Claiisü Brady, Engl. Küste. Calanella CIs. Krtrper sehr lang und schmal. Vordere Antenne 23gliedrig mit sehr langem Basalgliede. Fünftes Fusspaar des Männchens gestreckt 4gliedrig, im weiblichen Geschlecht fehlend. C. medüerranea CIs., Mittelmeer. Hier schliesst sich PhaennaCh. an mit 24gliedrigen Antennen und gedrungenem fast kugligen KopfbruststUck. Euehaeta Phil. Vordere Antennen 23gliedrig. Fünftes Fusspaar des Männchens 2ästig, sehr lang und wesentlich umgestaltet, beim Weibchen fehlend. Der Sgliedrige Endabschnitt der untern Kieferfüsse sammt dem Miltelabschnitt gegen das ßasalglied knieförmig gebogen. Jedes F'urcalglied tragt beim Weibchen eine sehr lange Borste. E. Praestrandreae Phil., Ocean und Mittelmeer. Bei der nahestehenden Gattung Undina Dana mit 24gliedrigen Antennen treten an der rechten männlichen Antenne Umformungen auf, welche die Entstehung der Geniculation vorbereiten. U. messinensis CIs. 2. Subf. Diaptominae mit geniculirehder Vorderantenne im männlichen Ge- schlechte. Heterochaeta CIs. Vordere Antenne 25gliedrig, die linke des Männchens geni- culirend. Fünftes Fusspaar 2ästig, beim Männchen der äussere Ast mit Fanghaken. Die obern Maxillarfüsse viel grösser als die untern. Eine sehr lange Borste am linken Furcalglied. H. spini/rons CIs., Mittelmeer. Hemicalanus CIs. Körper stark abgeflacht. Vordem Antennen 25gliedrig, die linke des Männchens geniculirend. Das fünfte Fusspaar 2ästig, beim Männchen der äussere Ast mit Fanghaken. Augenlos. Mandibeln lang und dünn , nur 2zähnig. H. plumosus eis., Mittelmmeer. Die nahe stehende Gattung Leuckartia CIs. unterscheidet äich abgesehn von der mehr cylindrischen Körperfurm hauptsächlich durch die zahl- reichen Zähne der Mandibeln. L. flavicornis CIs. , Messina. Pleuromma CIs. Vordere Antennen 25gliedrig, beide im männlichen Geschlechte geniculirend. Fünftes Fusspaar lästig, beim Männchen jederseits Fangorgan. Neben dem Maxillarfusse der einen Seite eine knoptlörmige Pigmentkuge). P. abdominale Lubb., Ocean und Mittelmeer. Diaptomus Westw. Vordere Antennen 25gliedrig, die rechte des Männchens genikulirend. Fünftes Fusspaar 2ästig, der innere Ast beim Männchen borslenlos rudi- mentär, der äussere mit grossem Greifhaken. D. castor Jur. = Oyclopsina Castor M. Edw. In Deutschland und Frankreich sehr verbreitet. Süsswasserform. Ichthyophorha Lillj. [Centropages Kr.). Vordere Antennen 24gliedrig, die rechte des Männchens geniculirend. Fünftes Fusspaar 2ästig, der innere Ast bei dem Claus, Zoologie. 2. Auflage. 27 418 Pontfcllidae. Notodelphyidae. Männchen 3gliedrig, borstentragend, der rechte mit mächtiger Greifsange. I. denti- cornis CIs. I. hamata Liilj., Kordsee. Temora Baird. Vordere Antennen 24gliedrig, die rechte des Männchens geni- culirend. Fünftes Fusspaar kurz, mehrgliedrig, beim Männchen zu Fangorganen um- gebildet. Der innere Ast des ersten Fusspaares eingliedrig, der nachfolgenden Fuss- paare 2gliedrig. T. Finmarchica Gunner, Nord-Meere. Candace Dana. Vordere Antennen 23 bis 24gliedrig, die rechte des Männchens geniculirend. Fünftes Fusspaar Sgliedrig, beim Männchen an der rechten Seite Fang- fuss. Mandibeln mit 2 grossen Zähnen bewaffnet. Obere Kielerfüsse sehr gross, untere rudimentär. C. melanopus Cls., Ocean und Mittelmeer. Dias Lillj. (Äcartia Dana). Vordere Antennen 20gliedrig, knotig verdickt mit langen Borsten besetzt, die rechte des Männchens geniculirend. Kebenast der hintern Antennen sehr klein. Fünftes Fusspaar einästig, beim Männchen an der rechten Seite Fangfuss. D. longiremes Lillj., Nordsee und Mittelmeer. 4. Fam. Fontellidae. Calanidenähnlich. Die rechte vordere Antenne und der rechte Fuss des fünften Paares im männlichen Geschlechte Fangorgan. Ausser dem medianen Auge, welches oft in Form einer gestilten Kugel unterhalb des Schnabels vorspringt, ist ein paariges Seitenauge vorhanden. Herz vorhanden. Ein Eiersäckchen. Cdlanops Cls. Unteres Auge einfach und nicht in einen Stil gerückt. Seitliche Augen klein, ohne Cornealinsen. Vordere Antennen unvollzählig gegliedert, ßasal- theil der untern Kieferfüsse sehr mächtig. Endabschnitt 4gliedrig. C. messinensis Cls. Irenaeus GooAs, (Änomalocera Temp].). Obere Augen seitlich je mit 2 Cornea- linsen und ebensoviel lichtbrechenden Körpern. Unteres Auge gestilt. Nebenast der hintern Antenne schmächtig. Endabschnitt der untern Kieferfüsse 6gliedrig. I. Fater- sonii Tempi. = I. splendidus Goods., Ocean und Mittelmeer. Pontella Dan. (Pontia Edw.). Obere Augen in der Medianlinie verschmolzen unter 2 grossen zusammenstossenden Linsen. Unteres Auge gestilt. Nebenast der hintern Antenne mächtig entwickelt. Endabschnitt der untern Kieferfüsse 4gliedrig. P. helgolandica Cls,, Helgoland. P. Bairdii Lbk., Ocean. Pontellina Cls. Oberes Auge seitlich, jedes mit einer Linse versehn. Schnabel- basis oberhalb des gestilten untern Auges linsenartig verdickt. Endabschnilt der untern Kieferfüsse 6gliedrig. P. gigantea Cls., Ocean und Mittelmeer. 5. Fam. Notodelphyidae. Körper mehr oder minder abnorm gestaltet. Im weiblichen Geschlecht sind das vierte und fünfte Thoracalsegment zu einem verschmol- zenen und mächtig aufgetriebenen Brutbehälter (Matricalabschnitt) umgebildet. Hintere Antennen 3- bis 4gliedrig, ohne Kebenast, mit Klanunerhaken an der Spitze. Augen einfach. Herz fehlt. Mandibeln mit scharfem eine Anzahl spitzer Zähne einschlic.elliphilus Sars. an. Letztere führt zu der Bomolochus- Gruppe über. Nicothoe Edw. Thorax des Weibchens jederseits zur Bildung eines sackför- migen Anhangs erweitert. Vordere Antennen lOgliedrig. Hintere Antennen schmächtig. Säugrüssel kurz und scheibenförmig verbreitert. N. astaci Edw. An den Kiemen des Hummers. Vielleicht kann man die Gattung Nereicola Kef. hierherziehen. 2. Subf. Bomolochinae. Bomolochus Burm. Die Segmente des ffopfbruststücks stark aufgetrieben, durch tiefe Einschnürungen getrennt. Abdomen von ansehnlicher Grösse 4gliedrig. Vordere Antennen schlank, je nachdem der »ehr langgestreckte Basalabschnitt in Glieder getheilt ist oder nicht, 4 — 7gliedrig, dicht beborstet. Unterer Maxillarfuss ganz nach aussen gerückt, beim Männchen mit viel längern Fanghaken. Erstes Fusspaar sehr flach und breit, mit stark befiederten Schwimmborsten besetzt. Aussenast 1 oder 2gliedrig, Innenast Sgliedrig. Rudimentärer Fuss 2gliedrig. B. bellones Burm., Mittel- meer. B. soleae Cls., Nordsee u. a. A. Eucanthus Cls. Von birnförmiger Körpergcstalt mit grossem auch beim Weib- chen Sgliedrigem Abdomen. Vordere Antennen schlank, 4gliedrig, mit sehr lang ge- strecktem Basalabschnitt. Zwei starke Haken zur Seite der Klammerantennen. Unterer Kieferfuss mit grossen sichelförmig gekrümmten Fanghaken. Erstes Fusspaar zu einer breiten Platte umgebildet, mit eingliedrigem Innen- und Aussenast. Aussenast des vierten Fusses mit hakenförmigem Endglied. E. balistae Cls. 2. Fam. Ascomyzontidae. Körper cyclopsähnlich, jedoch mehr oder minder schild- förmig verbreitert. Antennen langgestreckt, 9 bis 20gliedrig. Mandibeln stiletförmig, in einem langen Saugrüssel gelegen. Obere und untere Kieferfüsse mit mächtigem Fanghaken versehen. Vier zweiästige Schwimmfusspaare. Fünfter Fuss rudimentär, einfach oder 2gliedrig. 2 Eiersäckchen. Artotrogus A. Boeck. Körper schildförmig verbreitert. Letztes Glied des stark gedrungenen Abdomens lang und stark verbreitert. Vordere Antennen gestreckt 9gliedrig. Saugschnabel sehr lang. Schwimmfüsse mit sehr schlanken Sgliedrigen Ae.sten. A. orhiculari^ A. Boeck., an den Eiersäcken einer Boris. Caligidae. Caliginae. 425 Äscomyzon Thor. Kürper fast liirnrormig mit hreitcrn KoptbrusUluck und an- sehnlich entwickeltem, verschmälertem Abdomen. Vordere Antennen langgestreckt, 20gliedrig. Die Klammerantennen mit kleinem Aebenast. Maxillen 2lappig. A. Lillje-. horgii Thor., in der Alhemhöhle von Ascidia parallelograma. Nahe verwandt ist Aste- rocheres A. Soeck mit 18gliedrigen Antennen. A. Lilljeborgii A. Boeck, auf Echi- naster sanguinolentus gefunden. Hier schliessen sich Dyspontius Thor, und vielleicht auch Doridicola Leydig an. 3. Farn. Caligidae. Körper flach, schildförmig. Auch das zweite und dritte Brustsegrnent meist mit dem Cephalothorax verschmolzen. Abdomen mit umfangreichem Genitalsegment, in seiner hintern Partie reducirt. Zuweilen entwickeln sich an den Segmenten flügeiförmige Anhänge (Elytren). Auge meist unpaar. Vordere Fiihler am Grunde zur Bildung eines breiten Stirnrandes verwachsen. Mandibeln stiletförnüg, in einem Saugrüssel gelegen. Hakenförmige Chitinvorsprünge seitlich vom Munde. Die hinlern Antennen und beide Paare von Kieferfüssen enden mit Klammerhaken. Die Ruderfusspaare theilweise einästig, das vierte oft zu Schreitfüssen umgebildet. Zwei lange einreihige Eierschnüre. 1. Subf. Caliginae. Schnabel kurz und dick. Elytren fehlen in der Regel. Caligus 0. Fr. Müll. Korper schildförmig, ohne Rückenplatten. Vordere Fühler mit halbmondförmigen saugnapfähnlichen Ausschnitten (lunulae) und 2 freien End- gliedern. Erstes Fusspaar einästig. Das zweite und dritte Fusspaar sind 2ästige Schwimmfüsse, jenes mit 3gliedrigen Aesten, dieses mit einer sehr breiten lamellösen Basalplatte und 2gliedrigen Aesten. Viertes Brustsegment frei, aber sehr stark ver- schmälert, das Fusspaar desselben einästig, hirnförmig., Abdomen oft mehrgliedrig. (Die mit Stirnbandern befestigten Puppen wurden von Bur meist er als Chalimus unterschieden). C. rapax Edw. , auf Cyclopterus lumpus. C. coryphaenae Stp. Ltk. Als Untergattungen kann man mit v.^ Nord mann Lepeophtheirus (^Anuretes Hell., Hermilms Hell.) auf Grund der fehlenden Lunulae sondern. L. pectoralis 0. Fr. Müll., L. sturionis Kr., L. hippoglossi Kr. Andere Untergattungen sind: Synestius Stp. Ltk. Der Genitalring des Weib- chens ist in 4 sehr lange keulenförmige Fortsätze ausgezogen. S. caliginus Stp. Ltk., auf Stromateus. Parapetalus Stp. Ltk. Der Genitalring des Weibchens von einem Hautring umsäumt, und das Abdomen in 2 sackförmige Seitenflügel verlängert. Bei Calistes Dana ist das vierte Fusspaar 2ästig und die Stirnlamelle ohne Lunulae. Hier schliessen sich Sciaenophilus Van Ben. und Caligodes Hell. an. Dysgamus Stp. Ltk. Von Caligus vornehmlich dadurch unterschieden , dass sämmtlich 4 Füsspaare zwei 2gliedrige Ruderäste besitzen. Lunulae der Antennen fehlen. D. atlantieus Stp. Ltk., frei im Ocean gefunden. Gloiopotes Stp. Ltk. Körper des Weibchens mit 2 flügeiförmigen fast recht- eckigen Blättern, welche das in 2 lange Fortsätze auslaufende Genitalsegment über- decken. Sonst mit Caligus im Allgemeinen übereinstimmend. Gl. Hygiomianus Stp. Ltk. Trebius Kr. Das Kopfbruststück umfasst nur das erste und zweite Brustsegment. Auch das dritte Brustsegment ist frei. Drittes und viertes Fusspaar mit 2 dreigliedrigen Aesten. Tr. caudatus Kr., auf Galeus vulgaris. Verwandt ist Alebion Kr. Elythrophora Gerst. (Arnaeus Kr.). Männchen am freien Thoracalsegment, Weibchen an diesem und am Genitalring mit Rückenplatten. Alle 4 Schwimmfuss- paare 2ästig. E. brachyptera Gerst. An den Kiemen von Coryphaena. Bei Caligeria Dana fehlen die Flügelanhänge am Genitalring, bei Euryphorus Nordm. ist der 426 Pandarinae. Dichelestidac. Genitalring des Weibchem mit einem scheibenförmigen Hautsaum umgürtet. E. Nord- manni Edw. b. Pandarinae. Schnabel lang und eng. Mächtige Elytren erheben sich am Rücken des Thorax. (Die Männchen iheilweise noch unbekannt, theilweisc früher als iVb^a^us-arten beschrieben). Dinematura Latr. Körper fast oblong mit sehr langgestrecktem Genital- segment, das vordere zweite und dritte ßrustsegment frei zwischen den Hinterlappen des Kopfschildes, ohne Elytren, das vierte mit 2 Rückenplatten von mittlerer Länge. Der 2gliedrige Endnbschnitt des Hinterleibes mit 3 Rückenplättchen und 2 mächtigen Furcalplatten. Erstes Fusspaar mit 2gliedrigen , zweites und drittes mit 3gliedrigen Ruderästen Viertes Fusspaar zu grossen häutigen Platten umgebildet. Bewohnen die Haut von Haifischen. D. producta 0. Fr. Müll D. paradoxus Otto. Bei Demoleus Hell, ist auch das vierte Fusspaar ein 2ästiger Schwimmfuss , bei Echfhrogaleus Slp. Ltk. sind die beiden freien Brustsegmente verschmolzen, das Ab- domen ohne die 3 Rückenplättchen und ganz vom Genitalsegment verdeckt, E. co- leoptratus Guer. Das Männchen als Nogagus lunatus beschrieben. Nahe verwandt ist Lütkenia Cls. L.asterodermi Cls. Pandarus Leach. Die Brustringe frei, sämmtlich mit Ruckenplatten, die beiden hintern median vereinigt. Genitalsegment von mittlerer Grösse, der Hinter- leib ungegliedert, von einer Ruckenplatte bedeckt, mit 2 griffelförmigen divergirenden Furcalgliedern. Die Aeste der 3 vordem Fusspaare 2gliedrig, des vierten Fusspaares einfrfch, sämmtlich ohne befiederte Ruderborsten. P. Cranchii Leach. = P. Car- chariae Burm. Perissopus Stp. Ltk. (Lepidopus Dana?). Unterscheidet sich von Pandarus durch die Grösse des Genilalsegmentes, welches den Hinterleib vollständig bedeckt, durch die mediane Sonderung der hintern Elytren und die rudimentären Aeste des dritten und vierten Fusspaares. P. dentatus Stp. Ltk., auf Carcharias. Verwandt find Phyllophorus M. Edw. und Gangliopus Gerst. Laemargus Kr. Vordere Fühler durch den freien Stirnrand weit getrennt, mit 3 Endgliedern. Zweiter und dritter Brustring frt i, beide sehr kurz , die beiden nach- folgenden Abschnitte beim Weibchen sehr umfangreich, jeder mit einer breiten in der Mitte gespaltenen RUckenplatte, von denen die zweite das Abdomen und die Eier- schnUre vollkommen bedeckt; die beiden hintern Beinpaare zu grossen Platten um- gebildet. L. muricatus Kr., auf Orthagoriscus mola. Verwandt sind die Gattungen Cecrops Leach. (Cecrops Latreillii Leach.) und Cecropsina Hell. 4. Fam. Dichelestidae. Körper langgestreckt, die Thoracalsegmente gesondert und von ansehnlicher (Jrösse Genitalsegment des Weibchens zuweilen sehr lang. Abdomen meist rudimentär. Vordere Antennen niehrgliedrig. Auge einfach. Klammer- antennen lang und kräftig. Saugrüssel meist vorhanden. Beide Maxillarfüsse starke Klammerorgane. Selten sind sänmitliche Fusspaare 2ästig und dann mehr Kl^mmer- füäse, meist besitzen nur die zwei vordem Fusspaare 2 Ruderäste und die hintern sind schliiuchförmig ohne Ruderhorsten oder ganz rudimentär. Männchen kleiner mit kräf- tigern Klammereinrichtungen. Zwei lange Eierschnüre. 1. Subf. Dichelestiruie. Körper vielgliedrig mit grossen freien Brustsegmenten. Eudactylina Van Ben. Kopf und erstes Brustsegment verschmolzen, fünftes Brustsegment ungewöhnlich gross mit rudimentärem Fuss. Die untern Kieferfüsse enden mit kräftiger Greifzange. Die vier Fusspaare 2ä9tig, mit kurzen Hakenborslen bewaffnet. Genitalsegraent von massiger Grösse, Hinterleib 2gliedrig. E. acuta van Ben. Hier schliesscn sich an: Ergasilina Van Ben., Enterocola Van Ben. Lamprogleniaae. Clavellinae. Lemantliropinae. 427 Nemesis Uoux. Kopf und erster Bruslring verschmolzen, die vier nachfolgenden Bruslringe von ansehnlicher Grösse. Genitulsegment und Hinterleib schmal und kurz. Vordere Antennen fadenförmig, vielgliedrig. Die Fusspaare tragen ■2gliedrige Stunimeläste. N. Lamnae Roux. Nahe verwandt ist Pagodina robiista Van Ben. DichelestiuniMerm. Kopf gross schildförmig, die 4 nachfolgenden freien Thoracal- segmente gross, die vordem mit kurzen Seitenfortsätzen. Genitalsegment gestreckt. Abdomen verkümmert, mit 2 blattförmigen Furcalgliedern. Vordere Antennen 8gliedrig, Ivlammerautennen mit scheerenförmigem Ende. Die beiden vordem Fusspaare mit 2 eingliedrigen Kuderästen, das dritte lappenfnrmig, das vierte fehlt. D. sturiotlis Herrn., an den Kiemen des Störs. Eine andere Gattung Anthosoma Leach. zeichnet sich durch 3 Paar blattförmige Seitenanhänge der Brustringe aus, zu denen beim Weibchen noch 2 Rückenplatten hinzukommen. A. Smithii Leach. z:=z Caligits crassus Abgd. Vielleicht dürfte Fhi- lichthys xiphiae Stp. hier anzuschliessen sein. 2. Subf Lamprogleninae. Körper vielgliedrig, Brustsegmente gross und frei, mit 4, beziehungsweise 5 Fusspaaren. Die hintern Antennen schmächtig, 3gliedrig, ohne Klammerhaken. Lamproglene Nordm. Kopf und Thorax geschieden , der erstere mit 2 sehr starken Kieferfusspaaten , von denen das vordere weit hinaufgerückt ist. Anstatt des Schnabels ein 2wulstiger (Oberlippe) Slundaufsatz. Die 4 freien Brustringe mit kurzen 2spaltigen Fussstummeln. L. pulchella Kordm., an den Kiemen von Cyprinoiden. Hier schliesst sich Donusa clymenicola Nordm. und wahrscheinlich auch Selius Kr. an. 3 Subf. Clavellinae. Sehr langgestreckte Formen mit kurzen Brustsegmenten und cylindrischem , beim Weibchen enorm verlängertem Genitalsegment. (Führen zu den Lernaeen über). Kroyeria Van. Ben. Kopf breiter als der halsartige Brusttheil, an welchem dicht hinter einander wie bei Lernaea vier Schwimmfusspaare mit je zwei Sgliedrigen Ruder- ästen sitzen Vordere Antennen 7gliedrig. Klanimerantennen kurz mit zangenförmigen Endabschnitt. Kr. lineata Van Ben., auf Galeus canis (Lonchidium aculeatum Gerst.) Cygnus Edw. Kopf und erster Brustring verschmolzen , die 2 nachfolgenden Brustsegmente durch tiefe Einschnürungen scharf geschieden. Vordere Antennen ögliedrig, die Klammerantennen enden mit kräftigen Klauen. Die beiden Ruderäste der 3 vordem Fusspaare 2glicdrig, des vierten einfach und borslenlos. C. gracilis Hell. Kahe verwandt ist Congericola Van Ben. (C. pallida Van Ben.) und Pseudo- cygnus Hell., letzterer mit nur .Sgliedrigen vordem Antennen und einfachen hintern Fusspaaren. Ps. appendiculatus Hell , an den Kiemen einer Coryphaena. Bei Clavella Oken ßnden sich nur zwei allerdings ebenfalls 2ästige Ruderiusspaaie. Cl. tenuis Hell., auf einer Monocentrus-aH. 4. Subf. Lernanthropinae. Körper nur in 2 oder 3 Abschnitte gegliedert, die hintern Brustsegmente mit dem Abdomen zu einem Abschnitt verschmolzen. Kur 2 Paare kleiner RuderfUsse. Lernanthropus Blainv. Vordere Antennen 6- und mchrgliedrig. Klammer- antennen sehr gross, mit mächtigem Greifhaken. Mundtheile wie bei den Pandariden. Die zwei vordem Fusspaare mit blattförmigem Basalabscbnitt und 2 einfachen stummei- förmigen Aesten, von denen der innere mit einem kurzen Hakendorn endet. Das dritte und vierte Fusspaar in lange zipfelförmige Schläuche umgebildet. Hinterleib kurz, roehrgliedrig, zuweilen von einer breiten Bückenplatte des Thorax bedeckt. Ii. Kroyeri 428 Chondracantbidae. Lernaeidae. Van Ben , auf Lahrax lupus. L. giganteus Kllr., auf Caranx carangus. L. para- doxus Nordm., auf Mugil u. z. a. A. Hier schliessen sich Aethon Kr. und Norion Nordm. an. ' 5. Fam. Chondracanthtdae. Körper meist ohne deutliche Gliederung. Thorax um- fangreich. Abdomen rudimentär, oft mit kurzen Hockern oder längern Blindsäcken symmetrisch bedeckt. Vordere Antennen kurz und weniggliedrig. Klammerantennen meist mit sehr kräftigem Hakengiied. Mandibeln schwach gekrümmte Stilette, frei- liegend , ohne Saugrüssel. Kieferfüsse kurz mit pfriemenförmiger Endspitze. Die 2 vordem Fusspaare sind rudimentär oder in lange zweizipflige Lappen getheilt, die hintern fehlen. Die birnförmigen deutlich gegliederten Männchen zwergartig klein, mit 2 rudimentären Fusspaaren , am weiblichen Körper befestigt. Qiondracanthus Delaroche {Lernentoma Blainv ). Vordere Fühler 2 bis Sgliedrig. Klammerantennen kurz, aber mit sehr kräftigem Klauenglied. Maxillen zu ganz kurzen einige Borsten tragenden Stummeln reducirt. Körper oft mit zipfelför- migen Auswüchsen und kugligen Auftreibungen überdeckt, 2 Eierschnüre. Ch. gib- bosus Kr., auf LopMus piscatorius. Ch. cornutus 0. Fr. Müll., auf Pleuronectes- arten. Ch. triglae Nordm. u. v. a. A. ThricMhacerus Kr. Die hintern Antennen erscheinen als dreigablige Hörner. Die zwei Fusspaare kleine mit Borsten besetzte Stummel , die vordem 2ästig. Tr. peristedii Kr. Tr. molestus Hell., auf Prionotus punctatus. Hier schliesst sich die nicht genügend gekannte Gattung Elias Kr. an. B. prionoti Kr. Sträbax Nordm. Körper langgestreckt, vorn mit kugligen Auftreibungen, am hintern Ende Penellen-ähnlich, mit 2 Büscheln von schlauchförmigen Ausstülpungen. St. monstrosus Nordm,, auf Scorpaena porcus. Splanchnotropn,s Hanc. Norm. Körper kurz und gedrungen. Beide Fusspaare 2itstig mit Hakenborsten. Sp. ^ract'Ks Hanc. Norm. Zu dieser Familie gehören wahrschein- lich die bislang leider noch nicht ausreichend untersuchten Gattungen Medesicaste Kr., Diocus Kr. (Z). gobiniis Fabr.), Tucca Nordm. (?), Tanyplcurus Stp. Llk. und Her- pyllobius Stp. Ltk. (Ä arcticus Stp. Ltk. = Silenium Polyno'es Kr.), Lamippe Bruz. (?). 6. Fam. Lernaeidae. Körper des Weibchens wurmförmig verlängert, ohne deutliche Gliederung, aber mit kleinen 2ästigen Buderfusspaaren oder wenigstens Resten derselben. Die vordere dem Kopfhruststück entsprechende Region meist mit einfachen oder verästelten Armen oder dicht gehäuften knospenförmigen Auswüchsen. Die hintere Partie und das Genitalsegment häufig enorm verlängert und aufgetrieben. Abdomen ganz rudimentär mit kleinen Furcalstummeln. Unpaares Auge meist wohl erhalten. Vordere Antennen mehrgliedrig, borstenförmig. Klammerantennen mit Haken oder Zange endend. Mund mit weitem Saugrüssel und stiletförmigen Mandibeln. Kieferfüsse an die Mundöffnung gerückt, beim Weibchen nur ein Paar erhalten. Männchen und Weibchen im Begattungsstadium frei umherschwärmend (Lernaea) mit 4 Schwimmfusspaaren. Entwicklungsweise wie bei den Caligiden. 2 Eiersäckchen oder 2 Eierschnüre. Sind mit ihrem Vorderleib in die Schleimhaut, in die Leibes- höhle oder Blutgefässe eingebohrt. Lernaeocera Blainv. Kopf mit 4 kreuzweise gestellten Armen und schwachen Klammerantennen. Thoracalringe und Genitalsegment gleichmässig verlängert, sack- förmig aufgetrieben und gebogen Säugrüssel sehr kurz, mit rudimentären Mandibeln, von den Kiefern (obern KieferfUssen) bedeckt. Untere Kieferfüsse knftlg. Zwei kurze aber weite Eiersäckchen. L. csocina Burm., X. cyprinacea L., i. gobina CIs. Verwandt ist Therodamus Kr., Th. serrani Kr., auch Naobranchia Hesse. Lernaea L. Kopfbruststück mit 2 verästelten Seilenarmen und einem einfachen Lernaeopodidae. 429 Hückenhaken. Die 4 kleinen Schwiinmfusspaare liegen dicht hinter einander. Genital- segment wurmförmig gestreckt, in der mittlem und hintern Partie sackförmig erweitert und in doppelter Umbiegung verdreht. Klammerantennen mit kräftiger Zange endend. Saugrüssel wohl entwickelt mit Mandibel und tasterförmiger Maxille. Nur 1 Kiefer- fuss erhält sich, am weiblichen Körper 2 lange Eierschnüre. L. branchialis L. , lebt an den Kiemen von Gadusarten der nordischen Meere. Bei den nahestehenden Haemohaphes Stp. Ltk. erhalten sich nur 2 Ruderfuss- paare. H. cyclopterina Fabr., mit knieförmig gebogenem kurze Widerhaken tragenden Vorderleib in einer Kiemenarterie von Cyclopterus, Cottus etc. eingelagert. Andere Gattungen sind: Lemaeonetna Edw. , Lerneaenicus Les., Feroderma Hell., Peni- culus Kordm. Penella Oken. Leib langgestreckt mit 2 oder 3 querstehenden Armen unter- halb des aufgetriebenen mit warzenförmigen Excrescenzen besetzten Kopf, dicht unter demselben sitzen wie bei Lernaea 4 Paare von Schwimmfüssen. Am Hinterende 6ndet sich ein langer mit Seitenfäden besetzter federförmiger Anhang. Mundtheile ähnlich wie bei Lernaea. Zwei lange Eierschnüre. P. crassicornis Stp. Ltk., in der Haut von Hyperoodon. P. exocoeti Holten, P. sagitta L. Hier schliesst sich P. {Lernaeolophus Hell), sultana Nordm. , Sphyrion Cuv., Lesteira Kr. und Lophura Köll. an, letztere mit 2 Büscheln von Schläuchen am sackförmig erweiterten Hinterende. L. Edicardsi Köll., auf Lepidoleprus. 7. Fam. Lernaeopodidae. Körper in Kopf und Thorax abgesetzt, letzterer mit dem ganz rudimentären Hinterleib zu einem sackförmig erweiterten Abschnitt vereint. Vordere Antennen kurz, wenig gliedrig. Klammerantennen auffallend dick und ge- drungen, an der Spitze spaltästig. Mundtheile mit breiter Saugröhre, stiletförmigen Mandibeln und tasterähnlichen Maxillen. Die äussern Maxillarfüsse sind im weiblichen Geschlechte zu einem mächtigen Doppelarm mit einem gemeinsamen knopfförmigen Klauen- theil verschmolzen und haften mittelst des letztern in dem Gewebe des Trägers. Die SchwimmfUsse fehlen vollständig. Die viel kleinern häufig als „Zwergmännchen" am weiblichen Körper angeklammerten Männchen mit Auge und sehr kräftigen aber freien Kieferfüssen und schmalem gegliederten Leib. Kückschreitende Metamorphose der mittelst Stirnband fixirten Larven. Zwei weite Eiersäckchen. Achtheres Nordm. Kopf kurz birnförmig, nach vorn zugespitzt. Leib breit, sackförmig, undeutlich 5ringelig. Männchen ähnlich geformt, aber kleiner. A. per- carum Nordm., in der Rachenhöhle und an den Kiemenbogen der Barsche. Bei Ba- sanistes Nordm. ist das Abdomen mit knotigen Anschwellungen besetzt. B. huchonis Schrank. Bei Lernaeopoda Blainv. ist der Leib sehr langgestreckt und ohne nach- weisbare Gliederung. L. elongata Grant., auf Squalus. L. salmonea L. Hier schliesst sich Charopinus Kr. an. Brachiella Cuv. Kopf wurmförmig gestreckt. Innere KieferfUsse bis an den Saugrüssel heraufgerückl. Aeussere armförmige Kieferfüsse lang, meist mit einem oder mehreren'cylindrischen Fortsätzen. Leib zuweilen in zipfelförmige Anhänge auslaufend. JB. impudica Nordm., Kiemen vom Schellfisch. B. thynni Cuv., B. fimbriata Hell., B. appendiculata Stp. Ltk. Nahe verwandt ist Tracheliastes Nordm. mit sehr weit vom Rüssel abstehenden Kieferfüssen und lang gestrecktem corrugirtem Leib. Tr. po- lycolpus Nordm., auf Rücken- und Schwanzflosse von Cyprinus Jeses. Anchorella Cuv. Die armförmigen Maxillarfüsse sehr kurz und bereits an der Basis verschmolzen. Kopf langgestreckt wurmförmig, obere Kieferfüsse dicht unter dem Saugrüssel. A. uncinata 0. Fr. Müll., an den Kiemen von Gadus-arten, A. emarginata Kr., auf Anarrhichas u. z. a. A. 430 3. Unterordnung: Branchiura. 3. Unterordnung : Branchiura ' ). Parasiten mit schildförmigem Kopfbruststüch und flacher gespal-' tener Schwansflosse, mit grossen zusa^nmengesetzten Augen, langem vor- stülpharen Stachel vor der Saugröhre des Mundes^ mit 4 langgestreckten spaltästigen Schwimmfusspaaren. Die Karpfenlcäuse , von einigen Forschern mit Unrecht als para- sitische Phyllopoden betrachtet, von andern als den Caligiden verwandt unter die Copepoden aufgenommen, entfernen sich von den letztern in mehrfacher Hinsicht so wesentlich, dass für dieselbe mindestens eine be- sondere Unterordnung aufgestellt werden muss. In der allgemeinen Körperform gleichen sie allerdings bis auf den in 2 Platten gespaltenen Hinterleib (Schwanzflosse) den Caligiden, indessen ist der innere Bau und die Bildung der Gliedmassen von jenen Schmarotzerkrebsen durch- aus verschieden. Die beiden Antennenpaare liegen vom Stirnrand ent- fernt und zeigen eine verhältnissmässig unbedeutende Grösse. Die äusseren sind fadenförmig und aus nur wenigen Gliedern gebildet, die oberen und Innern stehen mit einem mächtigen gebogenen Klammer- haken im Zusammenhang. Die Mundöffnung trägt eine breite Saug- röhre, in welcher fein gesägte Kieferplatten (von Thoreil als Man- dibeln und Maxillen (?) unterschieden) verborgen liegen. Oberhalb dieses Rüssels erhebt sich noch eine lange cylindrische in einen einziehbaren stiletförmigen Stachel auslaufende Röhre, welche den Ausführungsgang eines paarigen als Giftdrüse gedeuteten Drüsenschlauches in sich ein- schliesst. Zu den Seiten und unterhalb des Mundes sitzen die kräf- tigen Klammerorgane auf und zwar ein oberes den Kieferfüssen ent- sprechendes Paar, welches bei Argulus unter Verkümmerung des haken- tragenden Endabschnittes in eine grosse Haftscheibe umgebildet ist und ein zweites (vielleicht dem vordem Fusspaare entsprechendes) am breiten Basalabschnitte stark bedorntes Gliedmassenpaar , welches mit 2 mehr oder minder gebogenen Endklauen bewaffnet ist. Nun folgen die vier Schwimmfusspaare der Brustregion, bis auf das letzte in der Regel von den Seiten des Kopfbrustschildes bedeckt. Dieselben bestehen je aus einem umfangreichen mehrgliedrigen Basalabschnitt und aus zwei viel schmälern mit langen Schwimmborsten besetzten Aesten,. welche 1) Jurine, Memoire sur l'ArguIe foliac6. Annales du Museum d'hist. nat. Tom. VII. 1806. Fr. Leydig. lieber Argulu.s Joliaceus. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. II. 1850. C. Heller, Beitrüge zur Kenntniss der Siphonostonien. Sitzuiigsber. der Kais. Acad, der Wiss. zu Wien. Tom. XXV. 1857. E. Co mall a, Sopra una nuova specie di crostacei sifonostomi. Milano. 1860. Thor eil, Um tvenne europeiska Argulider. Oefvers af K Vet, Akad. Fürh. 1864. Bau und Fortpflanzung. 431 nach Form und Borstenbekleidung den Rankenfüssen der Cirripedien nicht unähnlich sehen. Die innere Organisation erhebt sich entschieden weit über die der verwandten parasitischen Copepoden und erinnert in mehrfacher Hin- sicht an die höhern Typen unter den Phyllopoden. Das Nervensystem zeichnet sich durch die Grösse des Gehirns und des aus 6 dicht ge- drängten Ganglienknoten zusammengesetzten Bauchmarks aus. Vom Gehirn entspringen ausser den 2 Antennennerven die grossen Sehnerven, welche vor ihrem Eintritt in die zusammengesetzten zitternden Seiten- augen in einer wahrscheinlich muskulösen Anschwellung liegen. Auch ein unpaares Slappiges Medianauge (kleeblattartige Gehirnportion) ist vorhanden und liegt der Unterseite des Gehirnes unmittelbar an. Auch vom Bauchmark gehen Nervenstränge aus, vornehmlich vom letzten Ganglion, welches mehrere Nervenpaare, die äussern zu den Füssen und in die Schwanzplatten, die innern zur Versorgung des Rückenschildes entsendet. Am Darmcanal unterscheidet man einen kurzen bogenförmig aufsteigenden Oesophagus, einen weiten in zwei ramificirte Seitenanhänge (Leber) auslaufenden Magendarm und einen Darm, der gerade nach hinten in der mittlem Ausbuchtung der Schwanzflosse oberhalb zweier der Furca entsprechenden Plättchen nach aussen mündet. Zur Circulation des farblosen mit Blutkörperchen erfüllten Blutes dient ein langes gefäss- artiges Herz, welches unmittelbar unter der Rückenhaut an der Basis der Schwanzflosse bis zum Gehirn verläuft. An der erstem bildet dasselbe eine vorhofartige Erweiterung mit 2 seitlichen und einer mittlem Spaltöffnung, zu denen noch ein arterielles Ostium am vordem ver- schmälerten Ende des Herzens hinzukommt. Als Respirationsorgan fungirt offenbar die gesammte Oberfläche des Kopfbrustschildes, indessen scheint in der Schwanzflosse eine besonders intensive Blutströmung statt zufinden, so dass man diesen Körpertheil zugleich als eine Art Kieme betrachten kann. Die Arguliden sind getrennten Geschlechts. Männchen und Weibchen unterscheiden sich durch mehrfache accessorische Sexualcharaktere. Die kleinern lebhaftem und rascher beweglichen Männchen tragen an den hintern Schwimmfusspaaren eigenthümliche Copulationsanhänge. Am Vorderrande des letzten Fusspaares erhebt sich ein nach unten und einwärts gekrümmter Haken, welchem am hintern Rand des vorletzten Fusspaares eine ansehnliche vorspringende Kapsel entspricht. Der paarige in der Schwanzflosse gelegene Hoden entsendet jederseits einen Ausführungsgang (Vas efferens) nach aufwärts in die Brustsegmente. Beide Gänge vereinigen sich über dem Darm zur Bildung einer bräunlich pigmentirten Samenblase, von welcher zwei besondere Gänge (Vasa deferentia) entspringen und zu den Seiten des Darmes herablaufen, um nach Aufnahme zweier accessorischer Drüsenschläuche auf einer medianen 452 Entwicklung. Argiilidae. Papille an der Basis der Schwauzflosse auszumünden. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem schlauchförmigen Ovarium, welches im Brusttheil unter dem Darm verläuft und mittelst eines kurzen Ovi- ductes an der Basis der Schwanzflosse ebenfalls auf einem papillenartigen Vorsprung ausmündet. Dazu kommen zwei rundliche an der ventralen Aufwulstung (Genitalsegment) der Schwanzplatte gelegene Samenbehälter (Receptacula seminis) von dunkler Färbung. Während der Begattung füllt das am Rücken des Weibchens festgeklammerte Männchen durch Um beugen des vorletzten Fusspaares an die Mündungsstelle der Samen- leiter die Kapsel der einen Seite mit Sperma und bringt dieselbe an die Papille der weiblichen Samentasche. Samenkapsel und Papille bleiben eine Zeit lang in einer sehr innigen Berührung, wobei wahrscheinlich der Haken des letzten Fusspaares die üeberführung des Samens aus der Samenkapsel in das Receptaculum des weiblichen Körpers vermittelt. Die Weibchen tragen ihre Brut nicht wie die echten Copepoden- weibchen in Eiersäckchen umher, sondern kleben die austretenden Eier als Laich an fremden Gegenständen an. Die etwa nach Verlauf eines Monats ausschlüpfenden Jungen durchlaufen unter wiederholter Häutung eine leider noch nicht ausreichend bekannt gewordene Metamorphose. Dieselben besitzen nach dem Ausschlüpfen die vordem Antennen mit dem Hakenstück und 2 Paar lange gefiederte Borstenfüsse (die spätem äussern Antennen undMandibeln (?)). Der Stachel am Mundrüssel ist schon vorhanden, ebenso die grossen Seitenaugen, die Hautdrüsen und der Darmapparat. Anstatt des spätem Saugnapfpaares haben sie ein starkes mit Klammerhaken endendes Fusspaar, dem ein zweites schwächeres (den untern Kieierfüssen entsprechendes (?)) Fusspaar folgt. Von den Schwimmfüsscn stehen nur die vordem als Ruderfüsse frei vor, die übrigen sind nur in der Anlage, dem Leibe eng angeschlossen, bemerkbar. Das letzte Leibessegment mit den FurcalgHedern entspricht der spätem Schwanzflosse. Etwa 6 Tage später erfolgt die erste Häutung, mit der das Thier seine vordem Borstenfüsse verliert, dagegen nunmehr 4 freie Schwimmfüsse besitzt. Nach der zweiten und dritten Häutung wird die äussere Form dem ausgebildeten Thiere immer ähnlicher und nach der vierten Häutung erfolgt die Umbildung des grossen vordem Fuss- paares in einen Saugnapf mit anhängendem rudimentären Hakengliede, welches selbst nach der letzten sechsten Häutung am ausgebildeten Thiere noch nachweisbar bleibt. Fam. Argulidae. Karpfenläuse. Mit den Charakteren der Unterordnung. Argulus 0. Fr. Hüll. Kieferfusspaar in grosse Saugnäpfe umgestaltet. Stilet- förmiger Stachelnpparat vorhanden. In der Regel tragen die beiden ersten Fusspaare einen zurückgebogenen geisseiförmigen Anhang. Ä. foliaceus L, (Pou de poissons Baldner), auf Karpfen und Slichling. A. coregoni Thor., A. giganteus Luc. Gyropeltis WeW. Kieferfusspaar endet mit einer Klaue. Stiietfürmiger Stachel fehlt. Schwanzflossen sehr lang, die 3 vordem Fusspaare mit geisseiförmigem Anhang. G. Kollari Hell., Kiemen von Hydrocyon, Brasilien. G. JJoradis Com. ' ' 3, Orduung: Ostracoda. 4:)^ 3. Ordnung: Ostracoda'), Muschelkrebse. Kleine mehr oder minder seitlich comprimirte Entomostraicen, mit einer ziveihlappigen , den Leib vollständig umschliessenden Schale*, mit nur 7 als Fühler, Kiefer, Kriech- und Schwimmfüsse fungirenden Gliedmassenpaaren und wenig entwickeltem vornehmlich dem Furcal- abschnitt entsprechenden Abdomen. "T)er Leib dieser kleinen Krebse liegt vollständig in einer ver- hornten und oft durch Aufnahme von Kalk erhärteten, zweiklappigen Schale eingeschlossen, deren Aehnlichkeit mit Muschelschalen den Namen Muschelkrebse veranlasst hat. Beide Schalenhälften, keineswegs in allen Fällen vollkommen gleich, stossen längs der Mittellinie zusammen und sind hier im mittlem Drittheil des Rückens durch eine mediane als elastisches Ligament fungirende Differenzirung des Aussenblattes anein- ander geheftet, während das zarte Innenblatt unmittelbar in die Haut des umschlossenen Körpers übergeht. Dem Bande entgegengesetzt ist die Wirkung eines zweiköpfigen Schliessmuskels , dessen Ansatzstellen an beiden Schalen als Muskeleindrücke zu unterscheiden sind. Die gemeinsame Sehne beider Muskelköpfe liegt bei den Cypriden und Cytheriden ziemlich in der Mitte des Körpers und ist für che Lagerung innerer Organe höchst bezeichnend. An den beiden Polen und längs der ventralen Seite sind die Ränder der Schalenklappen frei. Dieselben sind meist durch besondere Sculpturverhältnisse ausgezeichnet, oft verdickt und mit Borsten besetzt oder mit zahnartigen Vorsprüngen versehen, die 1) Ausser den Werken von 0. F. Muller, Jurine, Dana, M. Edwards, Baird, Lilljeborg vergl. H. E. Strauss- Dürkheim, Memoire sur les Cypris de In classe des Crustac^s. M6m. du Mus. d'hist. nat. Tom. VH. 1821. W. Zenker, Monographie der Ostracoden. Archiv für Naturg. Tora. XX. 1854. S. Fischer, üeber das Genus Cypris und dessen bei Petersburg vorkommende Arten. Mem. pres. Acad. St Petersburg. Tom. VII. 1854. Derselbe, Beitrag zur Kenntniss der Ostracoden. Abb. der Kötiigl. Bayr. Acad. der Wiss. München. Tom. VII. 1855. G. 0. Sars, Oveisigt at Norges marine Ostracoder. Vid. Selsk Forh. 1865. C. Claus, lieber die Organisation der Cypridinen , ferner über die Geschlechts- difffcrenzen von Halocypris. Zeitschrift für wiss. Zool. Bd. XV. 1865. Derselbe, ßeilräge zur Kenntniss der Ostracoden. 1. Entwicklungsgeschichte von Cypris. Marburg. 1868. G. S. Brady, A Monograph of the Recent British Ostracoda. Transact. of the Lin. Soc. vol XXVI. Fr. Müller, Bemerkungen über Cypridina. Jen. Zeitschr. Bd. V. 1869. Vgl. ausserdem die Werke von Reuss, Bosquet, Jones sowie die Schriften von Baird, Norman, Brady u. a. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 28 •431 Körperbau. Antennen. » nach Art eines Schlosses ineinandergreifen. Nicht selten sind sie zumal in der Mundgegend umgeschlagen und über einander geschoben. Oeffnen sich an diesem freien Rande die Schalenklappen, so treten an der ^/Bauchseite mehrere beinartige Ghegmassenpaare hervor, welche den / Körper meist mehr kriechend als schwimmend im Wasser fortbewegen. Eine deutliche Gliederi^ig des Leibes fehlt. Man unterscheidet einen aus Kopf und Brust bestehenden Vorderleib und ein verhältnissmässig schmächtiges nach abwärts gerichtetes Abdomen, welches vornehmlich aus zwei entweder fussartig verlängerten und dann meist vollständig getrennten oder aus hohen und lamellösen und dann meist in ganzer Länge verschmolzenen Seitenhälften besteht. Dieser morphologisch offenbar den Furcalgliedern entsprechende Endtheil des Leibes ist am hintern Rande mit Dornen und Haken bewaffnet und unterstützt durch intensive von vorn nach hinten schlagende Bewegungen die Locomotion, wie er andererseits auch als Waffe zur Vertheidigung benutzt zu werden scheint. Nur selten bleiben beide Hälften rudimentär und den Furcalgliedern der Copepoden überaus ähnlich, in solchen Fällen kann der voraus- gehende Abschnitt des Leibes, als Segment deutlich abgesetzt sein {Cyihere viridis Zenk.). fJ^,^ Am vordem Abschnitt des Körpers entspringen zwei Gliedmassen- paare, die man allgemein wegen ihrer Lage vor dem Munde als Antennen bezeichnet, obwohl sie dem Gebrauche nach entschieden mehr Kriech- und Schwimmbeine sind. Indessen trägt das vordere Paar wenigstens bei den Cypridinen Geruchsfäden und entspricht somit auch physiologisch dem ersten Fühlerpaar der übrigen Crustaceen. Zwischen und etwas oberhalb der vordem Antennen findet sich ein kurzer oder wie bei Cypridina und Conchoecia zapfen- oder stabförmig vorstehender Stirn- fortsatz. Die Antennen des zweiten Paares sind bei den Cypriden und Cytheriden beinartig und enden mit kräftigen Hakenborsten, mit deren Hülfe sie sich an fremden Gegenständen anklammern und gleichsam vor Anker legen. Bei den ausschliesslich marinen Cypridiniden und Con- choeciden aber ist dieses GUedmassenpaar ein 2ästiger öchwimmfuss, an welchem sich auf breiter triangulärer Basalplatte ein vielgliedriger mit langen Schwimmborsten besetzter Hauptast und ein rudimentärer im männlichen Geschlecht jedoch stärkerer und mit ansehnlichen Greif- haken bewaffneter Nebenast anheften. In der Umgebung der Mund- öffnung folgen unterhalb und zu den Seiten einer ansehnlichen Oberlippe 3 zwei kräftige Mandibeln mit breitem und stark bezahntem Kaurand. An der Basis dieser Platten erhebt sich ein meist 3gliedriger beinartig ver- /**•>• längerter Taster, der bei den Cypridiniden geradezu als Mandibular- '■. fuss fungirt, während hier die Kauplatte auf einen schwachen Fortsatz reducirt ist. Nur ausnahmsweise werden die Mandibeln zu stiletförmigen Stechwafien und rücken in einen von Oberlippe und Unterlippe gebildeten • Mundwerkzeuge und Beinpaare. 435 Saugrüssel hinein. Auf die Mandibeln folgen die Unterkiefer (Maxillen des ersten Paares), überall durch vorwiegende Entwicklung ihres Laden- theils und durch Reduktion des Tasters ausgezeichnet. Bei den Cypriden und Cytheriden aber trägt dies Basalglied des Unterkiefers noch eine grosse kamroförmig mit Borsten besetzte Platte, die gewöhnlich als Branchialanhang bezeichnet wird, obwohl sie offenbar nur indirekt durch ihre Schwingungen die Funktion der Athmung begünstigt und nicht etwa selbst als Kieme fungirt. Auch an den beiden nachfolgenden Gliedmassen (des 5ten und Gten Paares), welche bald zu Kiefern bald zu Beinen umgestaltet sind, kehrt diese Branchialplatte wieder, bei den Cypriden freilich nur in reducirter Form ausschliesslich am vordei-n Paare, bei den Cypridinen aber hier von sehr mächtiger Entwicklung. Die vordere dieser Gliedmassen (Maxille des zweiten Paares oder besser Maxillarfuss) fungirt bei den Cypriden vorwiegend als Kiefer, trägt aber, von dem rudimentären Branchialanhang abgesehn, einen kurzen nach hinten gerichteten gewöhnlich 2gliedrigen Taster, der indessen schon bei einzelnen Gattungen und ebenso bei den Conchoeciden zu einem 3gliedrigen oder gar 4gliedrigen kurzen Beine wird. Der Ent- wicklung nach ist in der That auch bei den erstem die Funktion dieser Gliedmasse als Bein die primäre und in der Kürze des Tasteranhangs nur eine Rückbildung zu erkennen. So verhält sich derselbe denn auch bei den Cytheriden ausschliesshch als Bein und repräsentirt hier das erste der 3 Beinpaare. Bei den Cypridiniden aber ist er vollständig Kiefer geworden und zwar mit enorm entwickelter Branchialplatte, die bei den Cytheriden und einzeln Cypridengd^iixmgQn ganz hinweggefallen ist. Die nachfolgende Gliedraasse (des 6ten Paares) ist nur bei den Cypridiniden noch nach Art eines Unterkiefers gestaltet, in allen andern Fällen zu einem langgestreckten mehrgliedrigen Kriech- und Klammerfuss geworden. Ebenso ist die Gliedmasse des 7ten Paares, die freilich bei den Con- choeciden ganz rudimentär wird, überall fussförmig verlängert, bei den Cytheriden wie die vorausgehende gebildet, bei den Cypriden aber empor gerückt, aufwärts gebogen und neben einer kurzen Klaue mit quer abstehenden Endborsten besetzt. Dieselbe dient hier ebenso wie der an Stelle des 7ten Extremitätenpaares fast am Rücken entspringende lange und cylindrische Fadenanhang der Cypridinen wahrscheinlich als Putzfuss. Bezüglich des Innern Baues besitzen die Ostracoden ein zweilappiges Gehimganglion und eine Bauchkette mit dicht gedrängten Ganglien- paaren ; von Sinnesorganen ausser den bereits erwähnten Riechfäden ein aus zwei (nicht selten gesonderten) Hälften zusammengesetztes Median- auge {Cypriden, Cytheriden) oder neben einem kleinen unpaaren Auge zwei grössere zusammengesetzte und bewegliche Seitenaugen (Cypri- 28* 430 Nervensystem. Dannkanal. Geschlechtsorgane. diniden). Der häufig (Cypris) mit gezähnten Seitenleisten bewaffnete Mund führt durch eine enge Speiseröhre in einen kolbig erweiterten als Kropfraagen bezeichneten Darmabschnitt, auf welchen ein weiter und langer Magendarm mit zwei langen seitlichen in die Schalenlaniellen hineinragenden Leberschläuchen folgt. Der After mündet an der Basis des Hinterleibes. Von besonderen Drüsen ist das Vorhandensein eines kolbig erweiterten Drüsenschlauches (Giftdrüse?) bei den Cytheriden zu erwähnen, dessen Ausführungsgang in einen stachelähnlichen Anhang der hintern Antennen mündet. Circulationsorgane fehlen fast durchweg, nur bei Cypridina wurde am Rücken, da wo die Schale mit dem Thier zusammenhängt, ein kurzes sackförmiges Herz nachgewiesen. In dieses strömt das nur spärliche Körperchen enthaltende Blut von hinten und unten_ein, um durch eine grössere vordere Oeffnung wieder auszutreten. Als ilespirationsorgan fungirt die gesammte Körperoberfläche, an welcher eine unterbrochene Wasserströmung durch die Schwingungen der blatt- förmigen borstenrandigenBranchialanhänge unterhalten wird. Bei manchen Cyp)-idiniden (Ästerope) findet sich jedoch in der Nähe des Putzfusses fast am Rücken jederseits eine Doppelreihe von Kiemenschläuchen, in denen das Blut eine lebhafte Strömung erfährt. Die Geschlechter sind durchweg getrennt und durch nicht un- merkliche Differenzen des gesammten Baues unterschieden. Die Männchen besitzen, von der stärkern Entwicklung der Sinnesorgane abgesehen, an verschiedenen Gliedmassen, an der zweiten Antenne {Cypridina, Con- choecia) oder am Kieferfusse {Cypris), zum Festhalten des Weibchens dienende Einrichtungen, oder auch zugleich ein völlig umgestaltetes Beinpaar (Conchoecia). Dazu kommt überall ein umfangreiches, oft sehr complicirt gebautes Copulationsorgan , das möglicherweise auf ein um- gestaltetes Gliedmassenpaar zurückzuführen ist. Für den männlichen Geschlechtsapparat, welcher jederseits aus mehreren langgestreckten oder kugligen Hodenschläuchen, einem Samenleiter und dem Begattungsgliede besteht, erscheint bei Cypris besonders das Vorhandensein einer sehr eigenthümlichen paarigen Schleimdrüse, sowie die Grösse und Form der Samenfäden bemerkenswerth (Zenker). Die Weibchen von Cypris besitzen zwei in die Schalen duplicaturen hineinragende Ovarialschläuche, zwei Receptacula seminis und ebensoviel Geschlechtsöffnungen an der Basis des Hinterleibes. Einige Cytheriden sollen lebendige Junge gebären. Die übrigen Ostracoden legen Eier, die sie entweder an Wasserpflanzen ankleben (Cypris), oder wie die Cypridiniden zwischen den Schalen bis zum Ausschlüpfen der Jungen herumtragen. Die freie Entwicklung beruht bei den Cypriden auf einer complicirten Metamorphose, welche für Cypris in vollständiger Reihe durch Claus bekannt geworden ist. p]s sind für Cypris 9 aufeinander folgende, nicht nur durch die abweichende Schalenform, sondern auch durch eine verschiedene Zahl und Gestaltung Entwicklung. Metamorphose. 437 (1er Gliedmassen bezeichnete Entwicklungsstadien zu unterscheiden, welche nach Abwerfung der Chitinhaut und Schale auseinander hervorgehn. Die aus dem Eie ausschlüpfenden Ci/jJrislüi'xen besitzen ähnlich wie die Kaupliusformexi nur drei Gliedmassenjoaare , sind aber seitlich stark comprimirt und bereits von einer dünnen zweiklappigen Schale um- schlossen. Von den Innern Organen tritt der Darmcanal und das ein- fache mit 2 lichtbrechenden Körpern versehene Auge hervor. Alle drei Gliedmassenpaare sind einästjge Kriech- und Schwimmfüsse , die beiden vordem den spätem Antennen ähnlich, die hintern enden mit gebogener Klammerborste und besitzen bereits die Anlage der Kaulade. Auch bei den Ostracoden erscheint demnach die Bedeutung der dritten Glied- raasse als Fuss die primäre. Erst im zweiten Stadium erscheinen die Mandibeln in ihrer bleibenden Gestaltung mit mächtiger Lade und mehr- gliedrigem Taster, während sich gleichzeitig die Anlagen der Maxillen und des vordem Fusspaares zeigen, welches letztere die Funktion des Klammerfusses übernimmt. Die Maxillarfüsse (Maxillen des 2ten Paares) treten erst im vierten Stadium hervor und zwar in ganz ähnlicher An- lage wie die Maxillen, mit dem spitzen Ende jedoch nach hinten ge- wendet. In diesem Alter besitzen die Maxillen bereits mehrere Kau- fortsätze und die Branchialplatte. Im fünften Stadium wird die Anlage der Furcalglieder bemerkbar, die Maxillarfüsse sind zu langgestreckten mehrgliedrigen Kriechfüssen mit Klammerborsten umgestaltet und haben an der Basis zugleich die Kieferlade erzeugt. Auch für den Maxillar- fuss erscheint daher ebenso wie für die Mandibel bei Cypris die Be- deutung als Fuss die primäre. Demnach verhält sich von den 7 Glied- massen ausschliesslich die mittlere, die eigentliche Maxille, ^eich mit iM6L^?stenJDifferenzirung als Kiefer und behält auch diese Bedeutung unverändert in allen Os^racoüfengruppen bei. Das hintere Fusspaar tritt erst im 6ten Stadium auf. Im 7ten Stadium haben sämmtliche Gliedmassen bis auf untergeordnete Einzelnheiten ihrer Borstenbewatfnung die bleibende Form gewonnen, und es werden die Anlagen der Geschlechts- organe sichtbar, welche in der nachfolgenden letzten Entwicklungsphase ihre weitere Ausbildung erfahren. Erst mit dem 9ten Stadium ist die Form und Ausbildung des geschlechtsreifen Thieres vollendet. Bei den marinen Ostracoden vereinfacht sich der Entwicklungsgang bedeutend fa^t bis zum völligen Ausfall der Metamorphose, Die Ostracoden ernähren sich durchweg von thierischen Stoffen, wie es scheint besonders von den Cadavem abgestorbener Wasserthiere. Zahlreiche fossile Formen sind fast aus allen Formationen, jedoch leider nur in ihren Schalenresten bekannt geworden. 1. Farn. Cypriäae. Schalen leicht und zart, die vordem Antennen meist Tgliedrig und mit langen Borsten besetzt, die des zweiten Paares einfach fussförmig, meist 4gliedrig, mit knieförmigem Gelenk und an der Spitze mit mehreren Klammer- 438 Cypridae. Cytheridae. borsten bewaffnet. Augen meist eng zusammengedrängt und verschmolzen, Mandibeln mit kräftig bezahnteni Kautheil und massig eutwickeltem 4gliedrigen Taster. Die Maxillen mit 3 fingerförmigen Laden, einem 2gliedrigen Taster und grosser borsten- randiger Platte. Die Maxillen des zweiten Paares (Kieferfüsse) tragen einen kurzen Taster, der beim Männchen meist fussförmig wird und mit einem Greilhakcn endet. Zwei Fusspaare, von denen das hinlere schwächere Paar aufwärts nach den Schalen umgebogen ist. Furcalgiieder sehr langgestreckt, fussförmig, an der Spitze mit Hakenborsten. Hoden und Ovarien zwischen die Schalenbläter tretend. Männlicher (ieschlechtsapparat fast durchweg mit Schleimdrüse. Grossentheils Süsswasserbewohner. Cypris 0. Fr. Müll. Die Antennen des ersten Paares mit langen Borsten besetzt. Die Kieferfüsse mit kurzem gestreckt conischen Taster und kleinem sog. Branchial- anhang. Ein Bündel von Borsten am zweiten Gliede der untern Antennen. C. fusca Str. C. pubera 0. Fr. Müll. C.fuscata Jur. u. a. A. Die Untergattuug Cypria Zenk, unterscheidet sich vornehmlich durch schlankere Gliedmassen und die viel grössere Länge des Borsteubündels der hintern Antenne. C. punctata Jur. C. vidiia 0. Fr. Müll. C. Ovum Jur. u. a., sämmllict in den süssen Gewässern Europas verbreitet. Generisch kaum verschieden sind Cypridopsis ßrd. uud Paracypris G. 0. Sars. Notodromus Lilij. (Cyprois Zenk.). Die Kieferfüsse ohne sogenannten Branchialanhang. Am zweiten Gliede der hintern Antenne sitzen sehr lange Borsten der Innenseite auf. Die beiden Augen gesondert. Die beiden Furcalgiieder des Weibchens verschmolzen. N. monachus 0. Fr. Müll. Candona Baird. Die untern Antennen ohne Borstenfascikel , die Kieferfüsse ohne sog. Branchialanhang Auge einfach. Leben mehr kriechend am Boden der Ge- wässer. C. Candida 0. Fr. Müll. G. reptans Baird. Pontocypris G. 0. Sars. Schalenoberfläche dicht behaart. Kieferfüsse mit fuss- ähnlichem 3gliedrigen Taster, aber ohne sog. Branchialanhang. Vordere Antennen Tgliedrig, langgestreckt, mit langen Borsten besetzt. Marin. P. serrulata G. 0. Sars, Norwegen. Bei Argilloecia G. 0. Sars sind die vordem Antennen kurz, aber dick und 5gliedrig. Bairdia M'Coy. Schalenoberfläche glatt. Schalenklappen ungleich. Auge fehlt. Kieferfüsse mit fussförmigem 4gliedrigen Taster. Vordere Antennen kurz und kräftig, 7gliedrig. Mandibulartaster ohne Nebenanhang. Die Furcalgiieder undeutlich 2gliedrig, entspringen von gemeinsamer Basis. Marin. B. {Macrocypris Brd.) Minna Baird., Korwegen. B. angiista G. 0. Sars, Norwegen, 2. Fam, Cytheridae. Schalen hart und compakt, meist kalkig und mit rauher Oberfläche. Vordere Antennen an der Basis knieförmig umgebogen, 5— Tgliedrig, mit kurzen Borsten besetzt. Hintere Antennen kräftig, 4 — ögliedrig, mit 2 bis 3 starken Haken am Endgliede, stets ohne Borstenbündel am zweiten Gliede, dagegen am Basal- gliede mit 2gliedrigem sichelförmig gekrümmten Geisselanhang, in welchen der Aus- fuhrungsgang einer Giftdrüse einführt. Mandibeln und Maxillen wie bei den Cypriden. Auf die Mundtheile folgen 3 Fusspaare, da der Taster des Kieferfusses in ein Fuss- paar umgebildet ist. Hinteres Fusspaar am mächtigsten entwickelt, aber nicht um- gebogen, wie die vordem mit Klauengliede endend. Hinterleib mit nur 2 kleinen lappenförmigen Furcalgliedern, Augen meist getrennt. Hoden und Ovarien nicht zwischen die Schalenblätter übertretend. Männlicher Geschlechtsapparat sehr ent- wickelt, aber ohne Schleimdrüse. Sind durchweg Meeresbewohner. Die Weibchen tragen oft die Eier und Embryonen zwischen den Schalen. Cythere 0. Fr. Müll. Vordere Antennen ögliedrig (selten ögliedrig). Hintere .Antennen 4gliedrig, von dem langen Geisselanhang meist überragt. Fusspaare in beiden Geschlechtern gleich. C. lutea 0. Fr. Müll., Nord-Meere und Mittelmeer. G. Coiiclioeciilae. i'ulycoi)iJ;\o. 4o;) viridis 0. F. Müll., Nord-Meere. C. pellucida Baird., Nord-Meere und Mittelmeer. Diese 3 Arten auch fossil in den diluvialen Ablagerungen Schottlands und Norwegens. Als Untergattungen könnte man Cytheropsis G. 0. Sars (Eucythere Brd.), Cythereis Jonesund Limnicythere Brd. unterscheiden. Cyprideis Jones (Cytheridea Bosq.). Von Cythere vornehmlich durch die Um- bildung des rechten männlichen Vorderfusses zum Greiffuss verschieden. C. torosa Jones, 0. Bairdii G. 0. Sars {Cythere angustata Baird.), Nord-Meere. Beide auch fo-ssil u. a. A. Uyobates G. 0. Sars. Die beiden vordem Fusspaare kurz und nur 3gliedrig, der rechte Fuss des letzten Paares beim Männchen Greiffuss. Augenlos. I. praetexta G. 0. Sars, Norwegen. Loxoeoncha G, 0. Sars. Vordere Antennen 6gliedrig, schlank, mit langen linearen Endgliedern. Mandibulartaster Sgliedrig. Füsse dünn und langgestreckt, in beiden Geschlechtern gleich. L. rhomboidea Fisch. Bei Xestolebris G. 0. Sars sind die Endglieder der 6gliedrigen Antenne kurz, ebenso die Füsse, der Mandibulartaster 4gliedrig. X. nitida Lillj. (Cythere viridis Zenk.). Bythocythere G. 0. Sars. Die vordem Antennen Tgliedrig. Mandibulartaster 4gliedrig. Die Kaiihiden der Maxillen sehr kurz und dick. B. acuminata G. 0. Sars. In den folgenden Gattungen sind die unteren Antennen 5gliedrig und zwar bei Cythe- ropteron G. 0. Sars die vordem Antennen Sgliedrig, bei Cytherura G. 0. Sars (mit zwei distincten Augen) und Sclerochilus G. 0. Sars (mit einem Auge) die vorderen Antennen 6gliedrig, bei Pseudocythere G. 0. Sars die vorderen Antennen 7gliedrig. Augen fehlen. Faradoxostoma Fisch. Kurzer Säugrüssel. Mandibeln stiletförmig. Vordere Antennen Ggliedrig, hintere Sgliedrig. Auge einfach. P. variabile Baird., Nord-Meere. 3. Farn. Conchoecidae. Schalen sehr dünn, fast häutig, weder verhornt noch verkalkt, mit vorderer Ausbuchtung zum Austritt der hintern Antennen. Augen fehlen. Stirnfortsatz mächtig entwickelt. Vordere Antennen im weiblichen Geschlecht klein und undeutlich gegliedert, beim Männchen umfangreich gegliedert und mit langen Borsten und Riechfäden besetzt. Hintere Antennen mit breiter triangulärer Basalplatte mit vielgliedrigem als Schwimmfuss dienenden llauptast und rudimentärem beim Männchen zum Greiforgan umgebildeten Nebenast. Mandibeln mit sehr kräftiger be- zahnter Kaulade und grossem fussförmigen 4gliedrigen Taster, dessen unteres Glied in einen Kaufortsatz ausgezogen ist. Das einzige Maxillenpaar mit 21appigem Kautheil und 2gliedrigem Taster. Zwei, beziehungsweise drei Fusspaare, das vordere kurz mit borstcn- randiger Platte, durch den Besitz einer konischen Lade an den Kieferfuss von Cypris erinnernd, das zweite sehr langgestreckt, ebenfalls mit borstenrandigcr Platte, in beiden Geschlechtern ungleich, beim Männchen mit kräftigen Greifbursten. Das dritte F'uss- paar ist wenn überhaupt vorhanden rudimentär. Abdomen mit 2 hohen borstenbcsetzten Lamellen (Furcalglieder) endend. Copulationsapparat mächtig entwickelt. Bleeres- bewohner. Conchoecia Dan. Mit den Charakteren der Familie. C. {Halocypris Lubb.) at- lantica Lubb. C. elegans G. 0. Sars. C. borealis G. 0. Sars, beide an den Lofoten gefunden. Hier mögen anhangsweise die beiden Familien Erwähnung finden, die G. 0. Sars freilich nur auf Untersuchung je einer einzigen Art hin aufgestellt hat. Die eine, Polycopidae^ wird durch den Besitz von überhaupt nur 5 Gliedmassenpaaren charakte- risirt und ist möglicherweise eine Jugendlorm (P. orbicularis)- Die andere, auf die Gattung Cytherella Bosq. gegründet, zeichnet sich aus durch den Besitz sehr grosser Antennen, von denen die vielgliedrigen vordem an der Basis knieförmig gebogen sind, 440 Cypridinidae. während die plattgedrückten und 28stigen hintern an die Copepodengliedmassen erinnern. Auf die kleinen tasterlragenden Mandibeln folgen noch 3 Gliedmassenpaare, von denen die 2 vordem je eine borstenrandige Platte tragen und als Maxillen bezeichnet werden, die hintern beim Weibchen eine einfache borstentragende Lade darstellen, beim Männchen deutlich gegliederte GreifTüsse sind. Das Abdomen endet mit 2 kleinen bedornten Platten. Eier und Embryonen werden zwischen der Schale getragen. C. abyssorum G. 0. Sars, Lofoten. 4. Fam. Cypridinidae. Schaienrand zum Austritt der Antennen mit tiefem Ausschnitt. Die vorderen Antennen in beiden Geschlechtern von ansehnlicher Grösse, 4 — 7gliedrig, am Ende des langgestreckten Basalgliedes knieförmig gebogen, mit starken Borsten und mit Riechfäden am Ende. Unpaarer Stirnzapfen vorhanden, zuweilen sehr lang. Die hinteren Antennen sind 2Sstige Schwimmfüsse mit umfangreichem triangulären Stamm , meist 9gliedrigem lange Schwimmborsten tragenden Hauptast und kleinem 2gliedrigen Nebenast, der im männlichen Geschlecht zu einem 3gliedrigen Greiforgan von ansehnlicher Länge wird. Kautheil der Mnndibel schwach oder ganz verkümmert, Taster Sgliedrig, fussförmig, von bedeutender Länge, als Mandibularfuss mit knie- förmigem Gelenke entwickelt. Drei Maxillenpaare, das zweite derselben mit grosser borstenrandiger Branchialplatte. Das einzige Fusspaar (7tes Gliedmassenpaar) durch einen cylindrischen geringelten Anhang (Putzfuss, Eier tragender Fussanhang (?)) ver- treten. Hinterleib aus 2 breiten am hintern Bande mit Haken bewaffneten Platten (Furcalabschnitt) gebildet. Besitzen ein sackförmiges Herz und häufig auch Kiemen, sowie stets zur Seite des unpaaren Auges ein grosses bewegliches zusammengesetztes Augenpaar, das namentlich im männlichen Geschlecht eine bedeutende Grösse erlangt. Slänncben mit complicirtem Copulationsapparat. Entwicklung ohne bedeutende Metamorphose. Eier und Junge werden zwischen den Schalen des Mutterthieres umher- getragen. Sämmtlich Meeresbewohner. Cypridina Edw. Vordere Fühler 6- bis 7gliedrig, mit kurzem Endgliede und mächtig entwickelter Riechfadenborste am drittletzten Gliede. Unter den Riechfaden- borsten des Endgliedes sind 2 oft beträchtlich verlängert (beim Männchen?). Schwimm- fussast der hintern Antennen mit sehr langgestrecktem Basalglied. Die Mandibel durch einen dicht behaarten Fortsatz am ßasalglied der Mandibularfüsse vertreten. Maxillen des zweiten Paares mit kräftig bezahnteni Ladentheil. C. messinensis CIs. = (C. mediterranea Costa?). C. norvegica Baird. C. Grubii Fr. Müll., Deslerro. C. Mariae Baird. {Cylindrolebris Brd.). Nahe verwandt ist Philomeles longicornis Lillj. (^Cypridina interpuncta Baird.). Asterope Phil. Vordere Antennen gedrungen , 5 bis 6gliedrig. Kinnbacken- forlsatz des Mandibularfusses säbelförmig und bezahnt. Am Nacken hinter den Putz- lüssen entspringt jederseits eine Reihe von Kiemenblattern. C. Agassizii Fr. Müll, C. nitidula Fr. Müll , Desterro. Hierher gehört wahrscheinlich auch C, oblonga Gr. Bradycinetus G. 0. Sars. Schale kuglig aufgetrieben und ziemlich hart. Vor- dere Antennen Ggliedrig mit gleichmässig starken Endborsten. Kinnbackenfortsatz des Mandibularfusses 2gablig, vor demselben 3 gezähnte Dornen. Zweites Maxillenpaar mit starkem mandibelähnlichen Endlheil. Augenpaar klein mit blassem Pigment. Br. glo- bosus Lillj., Norwegen. 4. Ordnung: Phyllopoda. 441 4. Ordnung: Phyllopoda*), Phyllopoden. Crustaceen von gesfrecJctem , off deutlich gegliedertem Körper, meist mit schildförmiger, mantelähnlicher oder sweischaliger Dupli- catur der Haut, mit mindestens 4 Paaren von meist blattförmigen, gelappten Schivimmfüssen. Eine Gruppe von äusserst verschieden gestalteten kleinern und grössern Crustaceen, welche in der Bildung ihrer blattförmigen gelappten Beine übereinstimmen, in der Zahl der Leibessegmente und Extremitäten, sowie in der Innern Organisation raannichfach abweichen. Der Leib ist entweder cylindrisch, langgestreckt und deutlich segmentirt, aber ohne Hautduplicatur der Kückenfläche, z. B. Branchipus, oder von einem breiten und abgeflachten Schilde bedeckt, welches am Kopfbruststück sich erhebt, indessen den hinteren Theil des ebenfalls deutlich segmen- tirten Leibes frei hervortreten lässt, z. B. Apus. In anderen Fällen ist der Körper ^eithch comprimirt und von einem zweilappigen schalen- artigen Mantel eingeschlossen, aus welchem der Vordertheil des Kopfes hervorragt, Daphniden, oder endlich der seitlich comprimirte Körper wird von der Rückenfläche aus vollständig von einer zweiklappigen Schale bedeckt, Estheriden. Eine deutliche Sonderung der Haupt- abschnitte unterbleibt in der Regel, doch setzt sich der Kopf zuweilen schärfer ab, während Brust und Abdomen meist gar nicht bestimmt abzugrenzen sind , indem sich die zahlreichen Fusspaare fast in der ganzen Länge des Rumpfes wiederholen. Sehr oft endet der Hinterleib mit einem nach unten gebogenen Schwanzanhang, welcher wahrscheinlich den beiden mit einander verschmolzenen Fur.calblättern entspricht und häufig an den Seiten des hintern Randes zwei Reihen nach hinten gerichteter Krallen trägt, von denen die beiden letzten an der Spitze des Schwanzanhanges entspringen und bei weitem am stärksten sind. 1) Ausser den Werken von 0. Fr. Müller, Jurine, Lilljeborg, Dana, Baird u. a. vergl. Zaddach, De Apodis cancriformis anatome et historfa evolutionis. Bonnae. 1841. S. Fischer, lieber die in der Umgebung von St. Petersburg vorkommenden Branchiopoden undEntoniostraceen. Menioires pres. ä l'acad. de St. Petersburg. Tom. VI. E. Grube, Bemerkungen über die Phyllopoden. Archiv für Katurg, 1853 und 1865. Fr. Leydig, lieber Artemia salina und Branchipus stagnalis. Zeitschr. für \nss. Zool. III. 1851. Derselbe, Monographie der Daphniden. Tübingen. 1860. F. E. Müller, Danmarks Cladocera. Naturh. Tidsskrift III. R. Tom. V. 1867. Derselbe, Bidtag til Cladocerernes Forplantningshistorie. Ebendai. Kjöbcn- havn. 1868, 442 Körperbau und üliodmassenbildung. Nerveusystem. Am Kopfe finden wir zwei Paare von Fühlern, welche indess am erwachsenen Thiere theils rudimentär, theils in eigenthümlicher Weise umgeformt sind. Die vordem, schlechthin als Tastantennen bezeichnet, sind zugleich die Träger der zarten Geruchsfäden und treten im männ- lichen Güschlechte oft durch ansehnlichere Grösse hervor. Nur selten werden dieselben zu Zwecken der Begattung verwendet. Die hintern dagegen sind häufig grosse zweiästige ßuderarme, können aber auch beim Männchen als Greiforgane umgeformt sein, z. B. Branchipiis. Von Mundwerkzeugen unterscheidet man überall unterhalb der ansehn- lichen Oberlippe zwei breite verhornte Mandibeln mit bezähnter Kau- fläche, denen noch ein oder zwei Paare von schwachen Maxillen folgen. Auch eine Unterlippe ist in vielen Fällen deutlich nachweisbar. Die Schwimmfüsse, welche meist in bedeutender Zahl auftreten, dann aber nach dem hintern Körperende zu kleiner und einfacher werden, bilden quergestellte mit mannichfachen Lappen und Anhängen versehene Blätter in dichter Aufeinanderfolge. Dieselben dienen zugleich als Hülfswerk- zeuge der Nahrungsaufnahme und Respiration. Auf den kurzen meist mit einem Kieferfortsatz versehenen Basalabschnitt folgt ein langer blatt- artiger Stamm, dessen Innenrand in mehrere borstentragende Lappen eingekerbt ist, während am Aussenrande zwei sogenannte Kiemen- anhänge entspringen, ein säbelförmig gestreckter, borstenrandiger, oft zweizipfeliger Anhang und dahinter ein borstenloses schlauchförmiges Säckchen. Indessen können auch die vordem Beinpaare als cylindrische Greiffüsse gestaltet sein und der Kiemenanhänge entbehren {Daphniden). In wie weit diese Blattfüsse oder Kiemenfüsse dem Thorax und Ab- domen angehören, lässt sich nicht sicher feststellen. Das Nervensystem derPhyllopoden besteht aus dem Gehirn und einer stricldeiterförmigen Bauchganglienkette, deren Ganglien durch Quer- commissuren mit einander verbunden sind, der Zahl nach aber je nach der Länge des Leibes und nach der Zahl der Fusspaare sehr variiren. Das Gehirn entsendet Nerven zu den beiden Antennenpaaren und zu den Augen. Diese sind theils zusammengesetzte Augen mit glatter Hornhaut und als solche meist in paariger Zahl und von ansehnlicher Grösse und vollständiger Beweglichkeit in die Seitenhälften des Kopfes, selten sogar in stilartige Erhebungen hineingerückt, theils unregelmässige Augenflecken oder kleinere xförmige Punktaugen, welche in nur einfacher Zahl auftreten und der Medianebene angehören. Am Verdauungs- canal unterscheidet man eine enge musculöse Speiseröhre, einen lang- gestreckten, selten gewundenen Magendarm, an dessen Anfangstheil zwei blindsackförmige Ausstülpungen oder zwei mehrfach gelappte Leber- schläuche aufsitzen, und einen am hintern Körperende in der Af teröfl'nung ausmündenden Enddarm. Ganz allgemein beobachtet man in der als Schale zu bezeichnenden Hautduplicatur ein geschlängeltes unter dem Sinnesorgane. Darracanal und Kreislauf. Fortpflanzung. 443 }i2imen der Schalendrüse bekanntes Excretionsorgan, welclies vielleicht dem Wassergetässsystem der Würmer entspricht. Ueberall findet sich ein Circulationsapparat entweder als kurzes sackförmiges Herz mit nur zwei seitlichen venösen und einer vordem arteriellen Spaltöffnung, oder als ein langgestrecktes gekammertes Rückengefäss mit zahlreichen Ostienpaaren. Die Blutbewegung erfolgt in bestimmten wandungslosen Bahnen des Leibes und ist trotz des Mangels von Gelassen eine sehr regelmässige. Zur Bespiration dient die gesammte, sowohl durch die Schalenduplicatur als durch die blattförmigen Schwimmfüsse sehr ver- grösserte Oberfläche des Körpers. Die sogenannten Branchialanhänge der Schwimmfüsse, in denen die Blutströmungen keineswegs reichlicher als in den Schalen auftreten, als besondere Kiemen zu betrachten, dürfte kaum zulässig sein, obwohl es nahe liegt, in der beweglichen borsten- randigen Platte eine ähnliche Function wie in den analogen Anhängen der Ostracodenkiefer zu erkennen. Alle Phyllopoden sind getrennten Geschlechtes , die Männchen und Weibchen auch durch äussere Unterschiede, namentlich durch den Bau der grössern und reicher mit Riechhaaren besetzten vordem Antennen und auch wohl der vordem Schwimmfüsse kenntlich, welche im männ- lichen Geschlechte mit Greifhaken ausgestattet sind. Im Allgemeinen treten die Männchen weit seltener und meist nur in bestimmten Jahres- zeiten auf, sodass man bei der unausgesetzten Fruchtbarkeit der Weibchen längere Zeit die Existenz derselben überhaupt bezweifelte. Indessen vermögen die Weibchen der DapJmiden auch ohne Begattung und Be- fruchtung Eier zu produciren, welche als sogenannte Sommereier spontan zur Entwicklung gelangen und zur Entstehung mehrfacher, männlicher Thiere entbehrender Generationen führen. Auch bei den grössern For- men dieser Ordnung erscheint eine ähnliche Parthenogenese sehr wahr- scheinlich, z. B, bei dem gemeinsamen Scheerenfusse , dessen Männchen erst seit wenigen Jahren bekannt geworden sind. Meist tragen die Weibchen die abgelegten Eier an besondern Anhängen oder auf der Rückenfläche in einer Art Bruthöhle unter der Schale mit sich herum. Die ausschlupfenden Jungen besitzen entweder bereits die Form der aus- gewachsenen Geschlechtsthiere {Cladoceren) oder durchlaufen eine com- plicirte Metamorphose, indem sie den NaupliasionwQxi ähnlich, als Larven mit zwei oder drei Gliedmassenpaaren geboren werden. Die Phyllo- poden bewohnen zum kleinem Theil das Meer, leben vielmehr vorzugs- weise in stehenden süssen Gewässern. Aus frühern Perioden der Erd- bildung sind zahlreiche, meist durch bedeutendere Körpergrösse aus- gezeichneten Crustaceenreste bekannt geworden, welche man — theil- weise freilich ohne ausreichende Begründung — als Phyllopoden betrachtet. 444 1. Unterordnung: Cladocera, Wasserflöhe. I.Unterordnung: Cladocera')) Wasserflöhe. Kleine seitlich comprimirte Phyllopoden von ungegliedertem Körper, der meist bis auf den frei hervortretenden Kopf von einer zweiTdappigen Schale umschlossen wird, mit grossen Ruderarmen und 4 bis 6 Paaren von Schwimmfüssen. Die vordem Antennen sind in der Regel rudimentär und enden mit einem Büschel zarter Riechfäden, die hinteren dagegen erscheinen zu zweiästigen, mit zahlreichen langen Borsten besetzten Ruderarmen um- gebildet. Auf die beiden Mandibeln und Maxillen, welche letztere jedoch verkümmern und vollständig hinwegfallen können , folgen 4 bis 6 Bein- paare, die indessen nicht immer sämmtlich blattförmige Schwimmfüsse sind, sondern in vielen Fällen theilweise {Daphnidae, Lynceidae) oder sämmtlich (Polyphemidae) cylindrische Schreit- und Greiffüsse sind und dann der Branchialanhänge entbehren. Der Hinterleib krümmt sich zwischen den Schalen nach unten, trägt auf der Rückenseite oft mehrere Höcker sowie nach hinten zu zwei grosse Fiederborsten und endet meist mit zwei grössern hakenförmigen Fortsätzen. Die innere Organisation erscheint der geringen Körpergrösse entsprechend ziemlich einfach. Die zusammen- gesetzten Augen verschmelzen in der Mittellinie zu einem grossen in 1) Ausser den bereits citirten Werken vergl. H. E. Strauss, Memoire sur les Daphnia de la classe de Crustaces. Mem. du Mus. d'hist. nat. Tom. V u. VI, 1819 u. 1820. Gruithuisen, Ueber die Daphnia sima und ihren Blutkreislauf. Nova acta Leop. Car, Tom. XIV. 1828. Li6vin, Die Branchiopoden der Danziger Gegend. Danzig. 1848. Zaddach, Holopedium gibberum. Archiv für Naturg. Tom. XXI. 1855. J. Lubbock, An account of the two methods of reproduction in Daphnia and of the structure of the ephippium. Philos. Transact. 1857. S. L. Lov^n, Evadne Nordmanni etc. Archiv für Naturg. Tom. IV. 1838, J. E. Schödier, Ueber Acanthocercus rigidus. Archiv für Naturg, Tom. XII. 1846, Derselbe, Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Cladoceren. Berlin. 1863. G. 0. Sars, Om de i Omegnen af Cbristiania forekommende Cladocerer. Vidensk. Forhdl. Christiania. 1861 und 1862. Lilljeborg, Beskrifning öfver tvenne märkliga Crustaceer af ordningen Cla- docera. Oefvers Kong Vetenk. Akad, Förh, 1861. 0. G. Sars, Norges Ferskvandskrebsdyr, forste Afsnit Branchiopoda 1, Cladocera ctenopoda. Christiania. 1865. J. E. Schödier, Die Cladoceren des frischen Haffs. Archiv für Naturgeschichte Tom. XXXII, 1866. Norman and Brady, A monograph of the British Entomoslraca belonging to the families Bosminidae, Macrothriciäae, Lyncidae. Nat. Hist. Transact, of Northumber- land and Durham. London. 1867. Vorgl. ferner die kleinern Abhandlungen von Seb. Fischer, Zaddach, Zenker, Lilljeborg, Schödier, Chyzer, R. Leuckart, Smitt, Sars, Claus, KIu nzinger u. a. Innerer Bau. Fortpflanzung und Entwicklung. 445 zitternder Bewegung begriffenen Stirnauge, unterhalb dessen das un- paare einfache Auge mit wenigen Ausnahmsfällen (Leptodora) erhalten bleibt. Indessen kann das letztere auch ausschliesslich vorhanden sein, und von dem erstem jede Spur fehlen {Monospilus). Das Gehirn ist gross und zweilappig, der meist strickleiterförmige, bei den Folyphemiden äusserst gedrungene Bauchstrang in vielen Fällen schwierig nachweisbar. Am Anfang des Darmcanals finden sich häufig zwei einfache als Leber- schläuche gedeutete Ausstülpungen. Das Herz besitzt eine ovale sack- förmige Gestalt und contrahirt sich äusserst rasch in rhythmischen Pul- sationen. Die Ovarien und Hoden liegen als paarige Schläuche zu den Seiten des Darmes, die erstem bieten bezüglich der Eibildung Analogien zu den Insecten (Dotterbildungszellen, Eizellen), die Oviducte münden am Abdomen oft wie es scheint an der Rückenfläche desselben, die Aus- führungsgänge der Hoden dagegen hinter dem letzten Beinpaare oder am äussersten Ende des Leibes in der Nähe der Endhaken. In einzelnen Fällen (DapJmella, Latona) finden sich zwei äussere Copulationsorgane am Abdomen. Die kleinem und seltenem Männchen erscheinen nur zu einer bestimmten Jahreszeit, meist im Herbst und unterscheiden sich durch die Copulationsorgane und die zahlreichem Riechfäden der vordem Antennen. Fehlen die erstem, so tragen die Tastantennen und vordem Füsse Greifhaken zum Festhalten des Weibchens. Im Frühjahr und Sommer sind es in der Regel nur die Weibchen, welche massenhaft unsere stehenden Gewässer bevölkern. Zu dieser Zeit pflanzen sich die- selben ohne Zuthun der Männchen durcii sog. Sommereier fort, welche mit Oelkugeln erfüllt, in einem Brutraume zwischen Schale und Rückenfläche rasch zur Entwicklung gelangen und schon nach wenigen Tagen eine junge freiwerdende Generation Uefern. Nur selten wie bei Acantho- cercus werden die P^ier an fremde Gegenstände angeklebt. Zur Herbst- zeit produciren dieselben Weibchen aus dem nämlichen Geschlechtsorgan, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der vollzogenen Begattung, grössere dunkelgefärbte Eier, sog. Wintereier, welche nur zu zweien in den Brut- raum eintreten und bei den Daphniden von einer festen Hülle der ab- zustreifenden Schale, dem sog. Sattel (EpJdppiiim) , sowie von einem Chorium umgeben werden. Die hartschaligen Eier überdauern den W-inter und lassen erst im nächsten Frühjahr die neue Brut zur Ent- wicklung kommen. Die Entwicklung des Eies wird wie es scheint in der Regel durch eine Dotterklüftung unter Bildung einer mit Nahrungs- dotter gefüllten Segmentationshöhle eingeleitet (Moiiia, Polyphemus). In anderen Fällen (Leptodora) wurde eine Furchung vermisst und wie bei dem Insektenei die Bildung einer peripherischen Zellenschicht, einer Keimhaut beobachtet, an welcher durch einseitige Verdickung der bauch- ständige Primitivstreifen seine Entstehung nimmt. An diesem erscheinen bald die ersten Andeutungen einer Segmentirung und die Anlagen der 446 Polypbemid&e. Leptodorinae, Polypheminae. Lyneeidae. Gliedmassen und zwar zunächst die der Antennen und Mandibeln (Naupliusl-dYxe:) , dann nach Abhebung einer Larvenhaut zwei Maxillen- paare und die Fu?spaare. Die Embryonen verlassen das Ei bereits mit sämmtlichen Gliedmassen und im Wesentlichen dem ausgebildeten Thiere (bis auf die Sexualcharaktere) ähnlich. Die Daphniden leben in un- geheuren Schaaren grossentheils im süssen Wasser, vornehmlich in Teichen, einzelne Arten auch in grössern Landseen, im Brackwasser und in der See. Sie schwimmen hurtig und meist stossweise in Sprüngen fort. Einige legen sich häufig mit der Rückenfläche an testen Gegenständen an und besitzen zu diesem Zwecke eine Art Rückensaugnapf {Sida^ Evadne); in dieser Haltung des Körpers sind dann die Schwimmfüsse durch Schwingungen zur Herbeistrudelung von kleinen Nahrungskörpern thätig. 1. Farn. Polyphemidae. Kopf stumpf abgerundet mit sehr grossem Auge. Leib von der zum Brutraum verwendeten Schale nicht umschlossen. Sämmtiiche Füsse sind deutlich gegliederte Greiffüs&e. Branchialanhänge sind rudimentär oder fehlen. Maxillen verkümmert und unbeweglich. 1. Subf. Leptodorinae. Sechs einfache fast cylindrische Fusspaare. Beide Aeste der grossen Ruderantennen 4gliedrig. Abdomen sehr lang und cylindrisch, aus 5 Segmenten bestehend, Leptodora Lillj. Kopf stark in die Lange ausgedehnt. Haut des weiblichen Körpers hinten in kleine Klappen verlängert, welche die Bruthöhle bilden, Abdomen sehr lang, cylindrisch und gegliedert, am Hinterende 2zinkig, ohne Schwanzborsten. Erstes Fusspaar mit kleinem innern Nebenast , ohne äusseren Anhang. Die nach- folgenden Paare einfach. Männliche Tastantennen sehr lang. L. hyalina Lillj., Schweden. 2. Suhl. Polypheminae. Vier Fusspaare. Der eine Ast der Ruderantennen Sgliedrig, der andere 4gliedrig. Abdomen meist klein mit Schwanzborsten an dem zuweilen langen Endabschnitt. Evadne Lov6n. Vordere Antennen dem nach unten gewendeten Kopf unbe- weglich anliegend. Kopf vom Körper nicht abgesetzt. Alle Füsse mit äusserem borslentragenden Nebenast, zweites und drittes Paar mit einem bezahnten Fortsatz. E. Nordmanni Lov^n., Nordsee, Fodon Lillj. {Fleopis Dana.). Von Evadne durch die Absetzung des Kopfes unterschieden. P. intermedius Lillj. P. polyphemoides R. Lkt. , Nordsee. Bythoirephes Leyd. Kopf durch eine Einschnürung vom Körper abgesetzt. Vordere Antennen frei. Alle Fusspaare mit rudimentärem borstenlosen Aussenast und innerm hezahnten Anhang. Fortsatz der Schwanzborsten in einen sehr langen Stachel ausgezogen. B. longimanus Leyd. , Bodensee, Polyphemus 0. Fr. Müll. Unterscheidet sich von Bythoirephes vornehmlich durch die lamellöse Gestalt des borstentragenden Nebenastes der Fusspaare und durch die Form des cylindrischen Schwanzfortsalzes, an dessen Spitze die Schwanzborsien entspringen. P. pediculus De Geer. , Landseen Deutschlands und Scandinaviens, 2. Fem. Lyneeidae. Kopf frei mit seitlich vorspringendem Dach, Leib nebst Beinen von einer grossen zweiklappigen Schale umschlossen und innerhalb derselben beweglich. Fünf oder sechs Beinpaare, nur theilweise lamellös. Die vordem mehr oder minder zum Ergreifen eingerichtet und ohne Kiemenanbänge. Beide Aeste der Ruderantennen Sgliedrig. Darm schlingenförmig gebogen. Daphnidae. Bosmininae. Daphninae. 447 Eurycercus Baird. Kopf durch eine Einschnürung gesondert. Sechs Fusspaare, das letzte rudimentär, das vordere im männlichen Geschlecht ohne Haken. Auge gross. Magendarm vorn mit 2 Blindsäcken. Zwei Samenleiter. After mündet an der Spitze des grossen compressen Hinterleibes. E. lamellatus 0. Fr. Mull. Sehr verbreitet in klaren Gevsässern. Lynceus 0. Fr. Müll. Kopf durch keine Incisur gesondert. Fünf Fusspaare, das vordere im männlichen Geschlecht mit kräftigem Haken. Der After mündet nahe der Basis des sehr langen compressen Jlinterleibes. Samenleiter einfach. Neuerdings in eine Menge Untergattungen gesondert. L. (Camptocercus) macrurus 0. Fr. Müll., rectirostris Schödl. , L. (Acroperus Baird.) leucocephalus Koch, L. {Alona Baird.) quadrangularis 0. Fr, Müll., L. acanthoeercoides Fisch., L. reticulatus Lillj. , L. rostratus Koch., L. {Fleuroxus Baird.) truncatus 0. Fr. Müll., L. trigonelliis 0. Fr. Müll., L. {Chydorus Leach.) sphaericus 0. Fr. Müll., L. globosus Baird. Monospilus G. 0. Sars. Schale vermittelst Anwachsschichten zusammengesetzt, Kopf durch eine deutliche Impression gesondert. Zusammengesetztes Auge fehlt. Sonst wie Lynceus. M. tenuirostris Fisch. Im Schlamm. Anchistropus G. 0. Sars. A. emarginatus (J. 0. Sars, Norwegen. 3. Fam. Daphnidae. Kopf frei mit seitlich vorspringendem Dach. Leib nebst Beinen von einer grossen zweiklappigen Schale umschlossen und innerhalb derselben beweglich. Meist fünf Beinpaare, nur theilweise lamellös, die vordem mehr oder minder zum Greifen eingerichtet. Der eine Ast der Ruderantennen Sgliedrig, der andere 4gliedrig. Darm fast stets geradgestreckt. 1. Subf. Bosmininae {Lyncodaphninae). Tastanlennen von ansehnlicher Grösse mit Reihen von Borsten und Zähnen besetzt. Der 4gliedrige Ast der kräftigen Ruder- antenne trägt 3, 4 oder 5 Borsten, der Sgliedrige stets 5 Borsten Oberlippe mit medianem Fortsatz. Kiemenanhang der hintern Beinpaare gross und hervorragend. Der Darm bildet nur ausnahmsweise eine Schlinge. Körperform i^ncews-ähnlich. Macrothrix Baird. Fünf Fusspaare. Schnabel spitz zulaufend, vom Vorderrand der Schale weil entfernt. Schale mit beweglichen Dornen am Bauchrand und retiku- lirter Sculptur. Der 4gliedrige Ast der Ruderantenne mit 4 Borsten, der Sgliedrige mit sehr langer Fiederborste am ersten Gliede. M. rosea Jur. M. laticornis Jur. Hier schliesst sich Drepanothrix Sars an. Pasithea Koch. {Lathonura Lillj.). Vier Fusspaare. Jeder Ast der Ruder- antennen mit 5 glatten Fiederborsten. P. rectirostris 0. Fr. Müll. Bosniina Baird. Sechs Fusspaare, das letzte rudimentär. Tastantennen sehr lang, vielgliedrig, hornförmig gebogen, im weiblichen Geschlecht stets unbeweglich und an der Basis verschmolzen. Riechhaare von der Spitze entfernt. Ruderantennen klein. Erstes Fusspaar beim Männchen mit langer Geisscl und starkem Haken, B. longi- rostris 0. Fr. Müll. B. cornuta Jur. B. diaphana P. E. Müll. Acanthocercus Schödl. {Acantholeberis Lillj.). Sechs Fusspaare, das letzte ru- dimentär. Der 4gliedrige Ast der Ruderantenne mit nur 3 Fiederborsten, die Fieder- borsten am ersten Gliede des 3gliedrigen Astes sehr lang. Darm hinten eine Schlinge bildend. A. curcirostris 0. Fr. Müll. (A. rigidus Schödl.), in Torfgräben. Bei Ilio- cryptus Sars fehlt die Darmschlinge. I. sordidus Li6v. 2. Subf. Daphninae. Tastanlennen von massiger Grösse oder klein. Der 4gliedrige Ast der Kuderantennen fast stets mit 3, der Sgliedrige mit 5 Borsten. Zu- sammengesetztes Auge gross. Fünf Fusspaare, das letzte entspringt in weitem Abstand von dem vorletzten. Magendarm mit 2 Blindsäckchen. Darm ohne Schlinge. Die Wintereier von dem „Ephippium" umschlossen. Moina Baird. Schale fast vierkantig, retikulirt. Kopf durch Impression gesondert, 448 Sididae. Holopedinae. Sidinae. ohne SchiiHbel und ohne deulliches Dach. Augenfleck fehlt, Tastantennen gross und beweglich mit geisseiförmiger Borste, beim Männchen mit kleinen gebogenen Haken- borsten. Leib mit kleinem oder ohne KUckenfortsatz. Brutraum durch einer. Schalen- auswuchs geschlossen. After von den Schwanzhaken ansehnlich entfernt. Erstes Fusspaar heim Männchen mit kräftiger Klaue und kleinem Geisselanhang. Ephippium mit nur einem Ei. M. brachiata Jur. Ceriodaphnia Dana. Schale oval oder rundlich, hexagonai gefeldert, ohne Stachelfortsatz. Kopf durch tiefe Impression gesondert, ohne Schnabel. Tastantennen frei, ziemlich gross und beweglich, beim Männchen lang mit kräftigem Haken. Leib nur mit einem Rückenfortsatz. Erstes Fusspaar des Männchens mit langem Geissel- anhang. Ephippium mit nur einem Ei. C. reticulata Jur. C. quadrangula 0. Fr. Mull. C. rotunda Str. Daphnia 0. Fr. Müll. Schale rautenförmig gefeldert, hinten jederseits in einen gezähnten Dorn auslaufend. Impression zwischen Kopf und Thorax fehlt. Tastantennen des Weibchens sehr klein, unbeweglich, des Männchens verlängert, mit kräftigem Haken. Leib mit 3 oder 4 Rückenfortsätzen. Ephippium mit 2 Eiern. JJ. pulex De Geer. D. longispina 0. Fr. Müll. D. (Hyalodaphnia) Kahlbergensis Schödl. Simocephalus Schödl. Schale hinten schräg abgeschnitten, ohne Fortsatz, mit schräg streifiger Sculptur. Kopf mit stark vorspringendem Dach und kleinem Schnabel, durch eine Impression vom Thorax gesondert. Tastantennen klein, in beiden Ge- schlechtern fast gleich. Leib mit 2 Ruckenfortsätzen. Erstes Fusspaar des Männchens ohne Geisselanhang und Haken. Ephippium mit nur einem Ei. S. vetulus 0. Fr. Müll. (Z>. sima Li6v.), S. serrulatus Koch. Scapholeberis Schödl. Schale fast rektangulär mit eingebogenem Bauchrand und Stachelfortsatz, hexagonai gefeldert. Kopf durch eine Impression gesondert. Tast- antennen sehr klein, bedeckt und unbeweglich, in beiden Geschlechtern gleich. Leib mit 2 Ruckenfortsätzen. Erstes Fusspaar beim Männchen ohne langen Fortsatz. Ephippium mit nur einem Ei. Sc. mucronata 0. Fr. Müll. 4. Fam. Sididae. Kopf durch deutliche Einschnürung gesondert, ohne oder mit nur wenig vorspringendem Dach. Leib nebst Beinpaaren von einer grossen zwei- klappigen Schale umschlossen und frei beweglich. Sechs Fnsspaare sämmllich lamellös, mit langen Schwimmborsten kammförmig besetzt, mit wohl unterschiedenem Branchial- anhang. Aeste der Ruderantennen 2 bis Sgliedrig. 1. Subf. Holopedinae. Ruderantennen beim Weibchen einästig, mit nur drei Endborsten, beim Männchen mit kleinem 2gliedrigen Nebenast. Holopedium Zadd. Schale sehr hoch buckeiförmig gewölbt, mit gelatinöser Hülle. Tastantennen ziemlich gross. Ruderantennen mit 2gliedrigem Aste, dessen Spitze 3 lange Borsten trägt. Erstes Fusspaar des Männchens mit Greifhaken. H. gibberum Zadd., Norddeutschland und Norwegen. 2, Subf. Sidinae. Schale gestreckt, ohne gelatinöse Hülle. Ruderantennen in beiden Geschlechtern mit zwei 2— Sgliedrigen , auch Seitenborsten tragenden Aesten. Latona Str. Kopf mit massigem Dach und plattem Schnabel. Tastantennen lang, geisselförraig, der untere Ast der breiten Ruderantennen Sgliedrig, der obere 2gliedrig. Basalglied des letztern in einen borstentragenden Fortsatz ausgezogen. Das erste Fusspaar des Männchens ohne Haken, dagegen finden sich Copulationsanhänge am Abdomen. L. setifera 0, Fr. Müll., in tiefen Teichen. Daphnella Baird. Kopf ohne oder mit Schnabel. Tastantennen des Weibchens ziemlich gross abgestutzt, des Männchens sehr lang geisseiförmig. Der untere Ast der Ruderantennen 3gliedrig, der obere 2gliedrig. Erstes Fusspaar des Männchens mit Greifhaken. D. hrachyura Li6v. D. Brandtiana Fisch. 1. Unterordüuug: Branchiopoda. 441) Svda Str. Kopf ohne Dach mit coniscliem Schnabel und grossem riickenstandigcn Haftapparat. Antennen des Weibchens ziemlich gross, abgestutzt, des Männchens sehr lang, geisselförniig. Der obere Ast der Ruderantennen Sgliedrig, der untere 2g!iedrig. Erstes Fusspaar des Männchens mit Greilhaken. S. crystallina 0. Fr. Müll. S. elon- gata De Geer. Nahe verwandt ist Limnosida G. 0. Sars. L. frantosa G. 0. Sars. 2. Unterordnung: BranoMopoda '), BrancMopoden. Phyllo^ioden von ansehnlicher Grösse mit deutlich segmentiriem Körper, meist von einer flachen schildförmigen oder seitlich comprimirten eweiklappigen Schale umschlossen, mit 10 bis 60 Paaren von blatt- förmigen Schwimmfüssen und wohl entwicJcelten Kiemenanhängen. Die Branchiopoden unterscheiden sich von den Cladoceren durch ihre bedeutendere Körpergrösse, beträchtlichere Zahl von Gliedmassen und complicirtere innere Organisation. Die Gestalt des Körpers kann dabei eine sehr verschiedene sein. Einige (Branchipoden) besitzen einen langgestreckten fast cylindrischen Leib und entbehren einer Hautdupli- catur der Rückenfläche vollständig, andere (^Äpusiden) sind von einer breiten und flachen schildförmigen Schale bedeckt, an deren tief ein- gebuchtetem Hinterrande der Endtheil des Abdomens mit seinen borsten- förmigen Furcalgliedern hervorragt. Wieder andere (Estheriden, (Limnadiden) tragen eine zweiklappige muschelähnliche Schale, welche wie bei Cypridina den ganzen Körper umschliesst. Alle besitzen zwei grosse zusammengesetzte Augen, die selbst von beweghchen Stilen ge- tragen sein können und ein medianes dem Cyclopsauge entsprechendes Nebenauge, beziehungsweise einen Pigmentfleck {Estheriden). Die vor- dem meist kurzen Fühler erschemen überall aus einer einzigen Glieder- reihe gebildet und tragen zahlreiche Riechfäden. Die hintern Fühler erreichen in der Regel (die Apusiden ausgenommen, bei denen ''sie 1) Ausser den bereits citirlen Schriften von Zaddacb, Grube, Li^vin u. ». vgl. Brongiart, M6m. sur le Limnadia. M6m. du Mus. d'hist. nat. Tom. VI. Joly, Recherches zool. anat. physiolog. sur l'Isaura cycladoides. Annales des scienc. nat. II. Ser. Tom. XVII. 1842. A. Kozubowski, Ueber den männlichen Apus cancriformis. Archiv für IVaturg. Tora. XXIII. 1857. C. Claus, Beiträge zur Kenntniss der Entomostraken. Marburg. 1860. Klunzinger, Beiträge zur Kenntniss der Limnadiden. Zeitschr. für w^issensch. Zool. Tom. XIV 1864. Lerebouillet, Observations sur la g^n^ration et le developpement de la Limnadie de Hermann. Ann, sec. nat. V. Ser. Tom. V. 1865. E. Grube, Ueber die Gattungen Estheria und Limnadia und einen neuen Äpiis. Archiv für Katurg. Tom. XXXI. 1865. Vergl. ferner die Schriften von Chyzer, Dybowski, R. Buchhoiz, Fritsch» King u. a. Claus, Zoologie. 2, Auflage. 29 450 Nervensystem. Herz. Geschlechtsorgane. ganz hin wegfallen) eine ansehnliche Grösse und dienen als zweiästige Ruderarme. Auf die kräftigen von der vorstehenden Oberlippe theil- weise bedeckten Mandibeln folgen überall zwei Paare von Maxillen, die sich meist als einfache borstenbesetzte Kauplatten darstellen, von denen das zweite Paar auch einen kleinen griifelförmigen oder lappigen Anhang tragen kann. Die Beinpaare wiederholen sich in 10 bis GOfacher Zahl und tragen grosse Branchialanhänge. In der Regel besitzen dieselben einen fünflappigen Stamm, an dessen Basis auch ein Maxillarlappen auftreten kann. Das Nervensystem zeichnet sich durch die Länge der überall strick- leiterförmigen Bauchganglienkette und durch die reiche Entfaltung von sensibeln an Tastborsten herantretenden Hautnerven aus. DerDarmcanal besitzt zwei seitliche, nur ausnahmsweise kurze und einfach schlauch- förmige (Branchipus) , in der Regel traubig verästelte und gelappte Leberanhänge. Das Herz erscheint als ein gestrecktes Rückengefäss mit einem {Esiherid) oder mehreren Paaren seitlicher Spaltöffnungen und bleibt entweder auf die vordere Partie der Brustregion beschränkt oder erstreckt sich durch die ganze Länge von Brust und Hinterleib {Branchipus). Gewundene Schalendrüsen von mächtigem Umfang wurden überall nachgewiesen. Die stets paarigen zu den Seiten des Darmcanals gelegenen Geschlechtsorgane münden im Allgemeinen an der Grenze von Brust und Hinterleib. Im weiblichen Geschlechte sind es kleine bei Limnetis taschenförmig eingefasste Spaltöffnungen, im männlichen Geschlechte können sich an die Ausmiindungsstellen vorstülpbare Begattungsorgane anschliessen (Branchipus'). Die Männchen unterscheiden sich von den Weib- chen auch durch accessorische Geschlechtscharaktere, vornehmlich durch die Bewaffnung der vordem oder zwei vordem Beinpaare mit Greifhaken (Estheriden) oder durch die Umbildung der hintern Antennen zu Greif- werkzeugen (Branchipus). Auch bietet nicht selten die Gestalt der vordem Antennen, des Kopfes und des Hinterleibes bemerkenswerthe Abweichungen im männlichen Geschlecht. Auffallend ist das seltene Vorkommen der Männchen, die nur unter gewissen Bedingungen in be- stimmten Generationen aufzutreten scheinen, mit denen parthenogenetisch sich fortpflanzende Generationen wechseln. Die Eier entwickeln sich allgemein unter dem Schutze des mütterlichen Körpers, entweder in einem taschenförmigen Brutraum des Abdomens {Branchipus) oder zwischen den Schalen des Mutterthieres an fadenförmigen {Estheriden) oder säckchenähnlichen {Apusiden) Anhängen bestimmter (9ten— Uten) Beinpaare getragen. Dieselben durchlaufen soweit bekannt eine totale Dotterfurchung und schlüpfen als kleine 2 oder 3 Gliedmassenpaare tragende Larven aus. Durch den Besitz von 3 Gliedmassenpaaren zeigen die Branchipusl&ryen eine vollkommene Uebereinstimmung mit der Vorkoimneu in Süsswasserlachen. Hymenocaris, Peltocaris etc. 401 NaupliusioYm. Den ausgeschlüpften Äpus\a.r\eTi fehlen noch die Glied- massen dss dritten Paares , während sich die Larven der Estheriden, die bereits beim Ausschlüpfen eine schildförmige Hautduplicatur besitzen können (Limnetis), durch den Mangel der vordem, den spätem Tast- antennen entsprechenden Gliedmassen unterscheiden. Die freie Ent- wicklung ist eine comphcirte mit zahlreichen Häutungen verbundene Metamorphose. Schon nach der ersten Häutung werden die Anlagen zu den vordem Schwimmfüssen bemerkbar. Die Branchiopoden gehören fast durchweg den Binnengewässern an und leben vornehmlich in seichten Süsswasserlachen. Einzelne Arten wie Artemia salina wurden in Salz- lachen gefunden. Merkwürdig ist neben ihrer grossen Verbreitung das zerstreute und gelegentliche Vorkommen an ganz bestimmten Lokalitäten, an denen sie wie Äpus und Branchipus Jahre verschwinden und dann nach Ueberschwemmungen und heftigen Regengüssen ebenso plötzlich wieder erscheinen. Wahrscheinlich vermögen die Eier von Apus an- haltender Trockniss Widerstand zu leisten. Auch in der Vorwelt hatten die Branchiopoden eine ausserordent- liche Verbreitung. Wie wir gegenwärtig EstheriaSiTten aus allen Welt- theilen kennen, so finden sich schon von den Devonischen Schichten an last in allen Formationen zweiklappige zu den Estheriden gehörige Schalen, z. B. Estheria (?) memhranacea im Old Red Sandstone Britan- niens, E. (Posidonomya) minuta im Keuper Deutschlands. Ob die zu den ältesten Petrefacten gehörige Hymenocaris aus der Primordialzone, sowie die ebenfalls theils silurischen theils der Stein- kohlenformation zugehörigen Gattungen Peltocaris, Ceratiocaris, Dictyo- caris, Bithyrocaris und Ärgas sämmtlich Phyllopoden sind, lässt sich nach den bis jetzt bekannt gewordenen Anhaltspunkten nicht be- weisen. Lu Habitus ihrer Form nähern sie sich theilweise den Äpiisiäen theilweise der irrthümlich als Phyllopod betrachteten Nebalia, vor allem aber gewissen MalacostraJcenlavwen , und es ist am walTScheinlichsteu, dass sie Verbindungsgruppen beider Formenreihen entsprechen, über deren Gliedmassengestaltung wir leider keine Vorstellung haben. 1. Farn. Estheridae. Körper von einer zweischaligen Chitinschale voll- ständig umschlossen. Kopf am Scheitel durch eine Incisur gesondert, in beiden Geschlechtern verschieden. Die zusammengesetzten Augen in der Mittellinie zu- sammengerückt. Die vordem Antennen vielgliedrig, die hintern meist 2ästige kräftige Ruderarme Die Zahl der Fusspaare schwankt zwischen 10 und 27 Paaren. Das vordere oder auch die beiden vordem Paare sind beim Männchen mit Greif- haken bewaffnet. Das Endsegment des fusslosen Hinterleibes trägt am Hinterrande zwei gefiederte Rückenborsten, hinter denen sich dasselbe in zwei verticale mit Endhaken versehene Blätter spaltet. Das Herz ist auf den vordem Theil der Kopf- brustgegend beschränkt. Die Larven entbehren noch der Schale, können statt der- selben jedoch von einem Rückenschild bedeckt sein (Limnetis) und besitzen nur 29* 452 FiStlierideao. Apusideac. zwei zum Schwimmen dienende Extremitätenpaare, die spätem Antennen des zweiten Paares und die Mandibeln. Linmetis Loven (Hedessa Lievin). Schale oval, mehr oder minder kuglig. Vordere Antennen kurz, keulenförmig, 2gliedrig. Maxillen des zweiten Paares fehlen. 10 bis 12 Fusspaare, das erste Paar des Männchens mit Greifliaken, 9tes und lOtes Fusspaar des Weibchens Eiertragend. Die Larven mit breitem Schild.' L. hracliynrus 0. Fr. Müll. {Hedessa Sieboldii Lievinj, Ostpreussen, Livland. L. Gouldii Baird., Canada. L. Wahlbergü Loven., Port Natal. Limnadia Brogn. Schale oval, sehr zart, mit stark gebogenem Rückenrand, ohne Wirbel. Kopf mit becherförmigem Haftorgan. Vordere Antennen nach dem Ende zu schwach, vielgliedrig. 18 bis 22 (24 und 26) Fusspaare, 9tes bis 12tes Fusspaar Eier tragend Hinterleib nicht abwärts gebogen. Die Naupliuslarven ohne Rückenschild, L. Hermanni Brogn., in Gräben bei Fontainebleau, Strass- burg, Breslau. L. Antillarum Baird., St. Domingo. Nahe verwandt ist Limnadella Gir., L. Kitei Gir., Cincinnati, Estheria Rüpp. {Cyzicus Aud. Isaura Joly). Schale mit schwach gebogenem Rückenrand und Wirbeln. Kopf mit grossem compressen Schnabel. Vordere Antennen fadenförmig, beim Männchen verdickt, gesägt, 12 — 17gliedrig. 2 Maxillen- paare. 24 (27 oder 28?) Fusspaare. Die zwei vordem Paare des Männchens mit Greifhaken. 9tes und JOtes Fusspaar des Weibchens Eier tragend, Hinterleib stark nach abwärts gebogen. E. cycladoides Joly. {E. tetracera Kryn.), Toulouse, Breslau, Ungarn. E. mexicana Cls., E. dahalacensis Rüpp. {E. gubernator Klunz.), Abyssinien. E. Birchii Baird., Australien u. a. A. 2, Fam. Apusidae. Leib von einem flach gewölbten mit dem Kopf und den vordem Brustsegmenten verwachsenen Rückenschilde bedeckt. An diesem sitzen die zusammengesetzten Augen, der Mitte genähert, vor denselben das einfache Auge. Die Tastantennen sind kurze zweigliedrige Fädchen, die hintern, welche bei der Larve einen zweiästigen Ruderarm bilden, sind ganz ausgefallen. Magen- anhänge stark entwickelt, Herz auf die Vorderhälfte des Rumpfes beschränkt. 60Paare von Kieferfüssen , von denen das vordere in drei lange Geissein ausläuft. Das Ute Fusspaar trägt beim Weibchen eine 2lappige, durch Umbildung des äussern Branchialanhangs und der Fussplatte entstandene Kapsel zur Aufnahme der Eier, An dem Segmente dieses Gliedmassenpaares liegt auch die Geschlechtsöffnung. Die hintern Segmente des mit zwei langen Schwanzfäden endenden Hinterleibes sind fusslos. Die nur selten aultretenden erst durch Kozubowski bekanntgewor- denen Männchen sind an der normalen Gestaltung des Uten Beinpaares kenntlich. Die ausschlüpfenden Larven besitzen nur die zwei vordem Gliedmassen der Nauplius- larven und entbehren noch eines Rückenschildes, Leben in Pfützen und Süss- wasserlachen mit BrancJiipus vergesellschaftet, verschwinden nach der Austrocknung des Wassers jahrelang und treten dann nach Ueberschwemmungen und heftigen Regengüssen an denselben Plätzen wieder massenhaft auf. Wahrscheinlich bleiben die Eier in dem ausgetrockneten Schlamm lange Zeit entwicklungsfähig. F ritsch glaubt sogar auf Grund bestimmter Beobachtungen behaupten zu können, dass sich die Eier nur dann entwickeln, wenn sie zuvor längere Zeit trocken gelegen haben. Apus Schaff. Mit den Charakteren der Familie. A. cancriformis Schaff., der krebsartige Kiemenfuss mit der kurzen Schwanzklappe. A. productus L. Der krebsartige Kiemenfuss mit der langen Schwanzklappe {Sch&Ser) = Lepidurus pro- ductus Le.ch., beide in Deutschland, Dänemark und Frankreich verbreitet. A. glacialis Kr., Grönland. A. longicauda Le Conte, Nordamerika. 3. Fam. Branchipodae. Leib langgestieckt, ohne Schalenumhüllung mit Brauchipodeae. Trilobiten. 45:] meist 11 Paaren von blattförmigen Kiemenfüssen und cylindrischem vielgliedrigen Abdomen, welches mit zwei Furcalplatten endet. Kopf scharf abgesetzt mit lang- gestielten beweglichen Seitenaugen. Die Tastantennen borstenförmig, die Antennen des zweiten Paares erscheinen als 2gliedrige abwärts gebogene Hörner, welche beim Männchen besonders mächtig sind und zum Ergreifen des Weibchens dienen. Darm mit zwei Blindschläuchen anstatt der Leber. Herz sehr lang, den ganzen Körper durchsetzend. In beiden Geschlechtern erweitern sich die beiden ersten Abdominal- segmcnte an der ßauchfläche und bilden einen stark vorspringenden Genitalhöcker mit den Geschlechtsöffnungen. Derselbe birgt beim Männchen die paarigen Samen- leiter und vorstülpbaren zapfenförmigeu Begattungsglieder, beim Weibchen den Eierbehälter mit Anhangdrüsen (Receptaculum seminis (?)). Die Entwicklung, durch totale Dotterklüftung eingeleitet, erfolgt im Uterus, die ausschlüpfenden Larven sind Naupliusformen mit 3 Gliedmassenpaaren. JBranehipus Schaff. (Chiroceplialus Prev.) Greifantennen des Männchens an der Basis mit zangenförmigem Fortsatz und oft mit fingerförmigen Anhängen. Ab- domen 9gliedrig, mit langen borstenrandigen Furcalplatten. B. pisciformis Schaff. = B. stagnalis L., in Lachen Deutschlands zugleich mit Apus cancriformis. Br. diaphanus Prev., Frankreich. Br. Josephinae Gr., Dorpat. Ärtemia Leach. Greifantennen des Männchens ohne Fortsätze der Basis. Abdomen mit kurzen nur an der Spitze mit Borsten besetzten Furcalanhängen. A. sälina L. , in Salzlachen bei Montpellier, Cagliari und Lymington. A. Milhau- senii Fisch, v, Waldh. Krym. Polyartemia Fisch. Mit 19 Fusspaaren und nur 3 bis 4 fusslosen Segmenten. P. forcipata Fisch., in Pfützen der Tundra. Man hat ziemlich allgemein zu den Phyllopoden eine Gruppe von Crustaceen gestellt, welche nur in den ältesten Perioden der Erdbilduiig lebten und als Fossile den ältesten Formationen angehören, die Trilo- biten ') oder Palaeaden. Leider sind uns dieselben obwohl in grossem Formenreichthum und in sonst vortreftlichem Zustande doch nur unter solchen Verhältnissen versteinert erhalten, dass die Unterseite des Körpers und mit ihr die Beschaffenheit der Gliedmassen verschlossen bleibt, so- mit also die Kenntniss derjenigen Charactere fehlt, welche allein über die Natur als Phyllopoden Entscheidung geben. Folgt auch aus dieser Art der Erhaltung die weichhäutige Beschaffenheit der Beinpaare-), so 1) Vergl. ausser den altern Schriften von Lhwyd, Hermann, Walch u. a. Brogniart, Histoire naturelle des Cnistaces-fossiles savoir Trilobites etc. 1822. H. Burmeister, Die Organisation der Trilobiten etc. Berlin. 1843. Beyrich, Untersuchungen über Trilobiten. Berlin. 1845 — 46. J. Barrande, Systeme silurien du centre de la Boheme 1852. Prague. 1852. S. W. Salter, A monograph et British Trilobites. London. 1864 — 1866. 2) Keuerdings scheint man in der That an der Bauchseite eines Asaphus Thcile von Extremitäten beobachtet zu haben (Notes on some specimens of Lower Silurian Trilobites by E. Billings, sowie Note on the Falpus and other Appendages of Asa-, phus etc. by H. Woodward. ^ Quat. Journ. of the Geolog. Soc. London. 1870), welche es wahrscheinlich machen, dass die Trilobiten mit den Isopoden in näherer Verwandt- schait standen. 454 Palaeadeu. Eurypterideu. ist doch der Schluss Burmeisters auf die Uebereinstimmung derselben mit denen der Phyllopoden nicht ausreichend gerechtfertigt. An dem häufig einrollbaren von dickem Schalenpanzer bedeckten Körper, welcher durchweg durch zwei parallele Längsfurchen in einen erhöhten Mitteltheil (Rhachis) und zwei Seitentheile (Pleurae) zerfällt und nur selten eine bedeutende Grösse erlangt, unterscheidet man einen vordem halbkreisförmig gewölbten Abschnitt als Kopf oder auch wohl als Kopfbruststück und eine Anzahl scharf abgesetzter liumpfsegmente, welche theils dem Thorax, theils dem Abdomen zugehören und durch ein grösseres schildförmiges Schwanzstück, Pygidium, beschlossen werden. Am Rande des Pygidiums schlägt sich der Panzer der Oberseite nach der ßauchfläche um und lässt nur den Mitteltheil der letztern zwischen scharf begrenzten Rändern des Schildumschlags frei. Die Seitentheile des Kopfes, dessen Mittelabschnitt als »Glabella« besonders vorspringt, tragen meist auf zwei Erhebungen grosse zusammengesetzte Facetten- augen und ziehen sich oft in zwei sehr lange nach hinten gerichtete Stacheln aus, während sie nach der Bauchfläche ebenfalls Duplicaturen bilden. Ausser einer der Oberlippe von Apus vergleichbaren Erhebung (üntergesicht , hypostoma) hat man keinerlei Mundwerkzeuge an der Ventralfläche des Kopfes nachgewiesen. Die Rumpfsegmente, deren Zahl zwar mannichfa»h variirt, aber doch für den ausgebildeten Zustand der einzelnen Arten ziemlich bestimmt ist, zeigen an ihren Seitentheilen ebenfalls ventrale meist eigenthümlich gestreifte ümbiegungen, sowie mannichfach gestaltete flügeiförmige Fortsätze und spitze lange Stacheln. Die Trilobiten waren Bewohner des Meeres und lebten wahr- scheinlich an seichten Plätzen in der Nähe der Küsten in Schwärmen zusammen, ihre Üeberreste repräsentiren die ältesten thierischen Orga- nismen und finden sich vorzugsweise in Böhmen, Schweden, Russland etc. schon in den untersten Schichten des Uebergangsgebirges. Nach der Beschaffenheit des Kopfes, besonders der Glabella, nach der Form des Pygidiums und nach der Zahl der Rumpfglieder hat man zahlreiche Familien unterschieden. Diu wichtigsten Gattungen sind : Earpes (H. macrocephalus Goldf.), Paradoxides (P. Tessini Brogn. = JEntomoli- thus paradoxus L.), Calymene (C. Blumenbachii Brogn.), Olenus (0. gibbosus Wahlb.), Ellipsocephalus {E. Hoffii Schlotth.), Phacops {Ph. caudatus Brunn.), Asaphiis {A. expansus Wahlb.), Ärges^ Bronteus u. a. Eine andere Gruppe fossiler Crustaceen, die ebenfalls zu einer be- sondern Ordnung erhoben zu werden verdient, ist die der Eurypteriden (von Woodward mit den Poecilopoden vereinigt*)- Der meist ge- waltige Körper besteht aus einem Kopfschild mit medianen Ocellen und 1) H. Wo od ward, A roonograph oi the British fossil Crustacea belonging to the Order Merostomata. Lendon. 1866. 5. Ordnung: Poecilopoda. 455 vortretenden grossen Randaugen (aber ohne Glabella) und aus zahlreichen (meist 12) flachen Rumpfsegmenten, welche nach hinten an Länge zu- nehmen und mit einem verhältnissmässig kurzen in einen Stachel aus- laufenden Schwanzschild enden. An der Unterseite des Kopfbrustschildes liegen um den Mund 5 langgestreckte bestachelte Beinpaare, von denen das letzte bei weitem grösst'3 mit breiter Ruderflosse endet. Auffallend ist die Annäherung der echten Eurypteriden in ihrer allgemeinen Körper- form an die Scorpioniden, während die Gattung Hemiaspis zu den Poeci- lopoden überführt. Die wichtigsten Formen sind: Eurypterus pygmaeus Salt., devonisch. Stylonurus Logani Woodw. Pterygotus anglicus Ag., 4 Fuss lang. Hemiaspis Umuloides Woodw. Sämmtlich aus dem obern Silur. 5- Ordnung: Poecilopoda'), Molukkenkrebse. Crustaceen mit dickschaligem geivölbten Kopfhrustschilde, flachem, schildförmigen Hinterleib und beweglichem Schwanz stachel, deren Kiefer durch die Coxalglieder der 5 Beinpaare vertreten sind, mit Kiemen an den Füssen des Hinterleibes. Der grosse mit festem Chitinpanzer bedeckte Köi*per dieser Krebse zerfällt in ein gewölbtes Kopfbrustschild und ein flaches, fast 6seitiges Abdomen, welchem sich noch ein schwertförmiger beweglicher Schwanz- stachel anschliesst. Das erste bildet die weit grössere Vorderhälfte des Leibes und trägt auf seiner gewölbten Rückenfläche zwei grosse zusammengesetzte Augen und weiter nach vorn, der convexen Stirnfläche zugekehrt, zwei kleinere der Medianlinie mehr genäherte Nebenaugen. Auf der unteren Seite desselben entspringen 6 Paare von Gliedmassen, von denen das vordere schmächtig bleibt und nach seiner Lage vor der Mundöff"nung als ein Fühlerpaar anzusehen ist, obwohl es ebenso wie die nachfolgenden Beinpaare mit einer Scheere endet. Im männlichen Geschlechte enden jedoch meist die Beine des zweiten Paares (Limulus polyphemus) oder auch zugleich die des dritten Paares (L. moluccanus, virescens) mit Klauen. Diese Beinpaare umstellen rechts und links die Mundöffimng und dienen zugleich durch die Umbildung ihrer Coxalglieder zu Kiefern als Mundtheile zur Zerkleinerung der Nahrung. Am letzten Beinpaare wird die kleine Scheere von vier 1) Ausser den altern Werken von 0. Fr. Müller, Latreille, Leach etc. vergl,: 'Yan der Hoeven, Recherches sur l'hiatoire naturelle et Tanatomie des limnles. Leyden. 1838. > C. (legeobaur, Anatomische Untersuchungen eines Limulus, mit besonderer Berücksichtigung der Gewebe. Abhandl. der naturf. Gesellschaft zu Halle. IV. 1858. 45G Körperbau und innere Organisation. laiizetförmigen Blättchen fast verdeckt. Der schildförmige Hinterleib, welcher mittelst eines queren Gelenkes am Kopfschilde in der Richtung vom Rücken nach dem Bauche bewegt wird, ist jederseits mit beweg- lichen pfriemenförmigen Stacheln bewaffnet und trägt auf seiner ven- tralen Fläche 6 Paare lamellöser Füsse, von denen das vordere zu festen Platten umgebildet, die nachfolgenden fast vollständig bedeckt. Die letztern aber dienen sowohl zum Schwimmen als zur Respiration, da an ihnen die Kiemen ihren Ursprung nehmen. Von Interesse erscheint es, dass die Form der Kiemendeckplatte bei den asiatischen und amerika- nischen Limulus-Arten constante Abweichungen bietet, indem das Mittel- stück derselben bei den erstem ungetheilt ist, bei den letztern aus zwei Gliedern besteht. Die innere Organisation erlangt bei der bedeutenden Körpergrösse eine verhältnissmässig hohe Entwicklung. Am Nervensystem unter- scheidet man einen breiten Schlundring, dessen vordere Partie als Gehirn die Augennerven entsendet, während aus den seitlichen Theilen die sechs Nervenpaare der Antennen und Beine entspringen, ferner eine untere Schlundganglienmasse mit drei Quercommissuren und einen gangli- ösen Doppelstrang, welcher Aeste an die Bauchfüsse abgibt und mit einem Doppelganglion im Abdomen endet. Der Verdauungscanal besteht aus Oesophagus, Kaumagen und einem gradgestreckten mit einer Leber in Verbindung stehenden Magendarm, welcher an der Basis des Schwanz- stachels in der Afteröffnung ausmündet. Das Herz ist röhrenförmig verlängert, von 7 Paar durch Klappen verschliessbarer Spaltöffnungen durchbrochen und mit Arterien versehen, welche sich bald in lacunäre Blutbahnen fortsetzen. Von der Basis der Kiemen erstrecken sich zwei das Blut zurückführende Räume nach dem Pericardialsinus. Als Kiemen fungiren 5 Paare von Anhängen der Bauchfüsse, welche aus einer sehr grossen Anzahl dünner, wie die Blätter eines Buches neben einander liegender Lamellen zusammengesetzt sind. Die verästelten Ovarien ver- einigen sich zu zwei Eileitern, welche an der obern Seite des vordem deckelartigen Beinpaares mit zwei getrennten Oeffnungen ausmünden; an gleicher Stelle liegen im männlichen Geschlechte die Oeffnungen der beiden Samenleiter. Beim Männchen enden die vordem Brustfüsse mit einfacher Klaue, üeber die Entwicklung ist bekannt, dass die Jungen ohne Schwanzstachel auch oft ohne die drei hintern Kiemenfusspaare das Ei verlassen, im Uebrigen aber bereits die Form und Gliedmassen der ausgewachsenen Thiere besitzen. Diese erreichen die Länge von mehreren Fuss und leben ausschliesslich in den warmen Meeren sowohl des in- dischen Archipels als an den Ostküsten Nordamerikas. Versteinert finden sie sich besonders im Solenhofer lithographischen Schiefer, aber auch in den altern Formationen bis zum Uebergangsgebirge. 6. Ordnung: Arthostraca, Ringelkrebse. 457 1. Fam. Xiphosura. Die einzige Familie mit den Characteren der Ordnung umfasst die einzige Gattung Limulus. L. moluccanus Clus. wird im Monat Juli und August täglich im üeberfluss in der Kähe des Hafens von Batavia gefangen und lebendig zu Markte gebracht. Eier und Fleisch sind geniessbar L. longispina V. d. Hoev., Japan. L. polyphemus L. , an der Ostküste von Kordamerika Von fossilen Formen sind hervorzuheben: Limulus Walchii Desm., dem L. polyphemus nahestehend, L. giganteus Münst., beide aus dem Oolith von Sohlenhofen, Belinurus trüobitoides Buckl., aus der Steinkohlenformation. 6. Ordnung: Arthrostraca ~ Edriophthalmata ')? Ringelkrebse. Malacostraken mit sessilen Seitenaugen, mit meist sieben, seltener secJis oder weniger gesonderten Brustsegmentenund ebensoviel Fusspaaren. Die Ringelkrebse haben mit den stiläugigen Krebsen die Zahl der Leibesringe und der Extremitätenpaare gemeinschaftlich, während die specielle Form der Gliederung und der Extremitätenbildung eine der geringern Körpergrösse entsprechende niedere Lebensstufe bezeichnet. Es sind im Ganzen 20 Segmente und 19 Gliedmassenpaare, welche bei vollzähliger Segmentirung in die Bildung des Körpers eingehen, 13 Segmente des Vorderleibes und 7 des Abdomens. Der Kopf trägt zwei Antennenpaare, die Mandibeln, zwei Maxillen- und ein Beikieferpaar, also im Ganzen sechs Gliedmassenpaare, von denen allerdings oft das letzte oder die drei letzten Paare der Brust zugezählt werden. Bei einer solchen Auffassung würde stets der vordere Theil der Brust mit dem Kopf zur Bildung eines Kopfbruststückes verschmolzen sein. Er- kennt man die Grenze des Kopfes in einer kleinen als Unterlippe bezeichneten zweilappigen Platte hinter dem Mandibelpaare, so würden ausser dem Kopfe die drei ersten Segmente der Brust das Kopfbrust- stück bilden, fasst man dagegen auch die beiden Maxillenpaare als Glied- massen des Kopfes auf, so würde nur das vordere Segment der Brust mit dem Kopfe vereinigt sein. Es folgen sodann in der Regel sieben freie Brustringe mit ebensoviel zum Kriechen oder Schwimmen dienenden Fusspaaren. Selten ist die Zahl der vier gesonderten Brustsegmente auf sechs (Tanais) oder fünf (Änceus) und selbst vier {Cyclaspis) beschränkt. Dann ist auch das zweite beziehungsweise dritte und vierte der acht Brust- 1) Ausser den Werken von Latrcille, M. Edwards, Dana, Heller, Grube, A. Dohrn u. a. vergl. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung der Wasserassel und des Oniscus asellus. Abhandlungen zur Bildungs- und Entwicklungsgeschichte. Tom. I. 1832. C. Spence Bäte and J. 0. Westwood, A History of the British sessile-eyed crustacea. Tom. I und II. London. 1853—1868. G. 0. Sars, Histoire naturelle des Crustac6s d'eau douce de Norvege. Chri- stiania. 1867, 458 Nervensystem. Sinnesorgane. Danncanal. Herz. Segmente mit dem Kopfe verbunden. Im letzteren Falle (Cumaceen) bildet sich ein mehr oder minder umfangreiches Kopfbrustschild aus, durch welches eine Annäherung an die Form der Schalenkrebse erreicht wird. Das auf die Brust folgende Abdomen umfasst in der Regel sechs fuss- tragende Segmente und eine fusslose das Endsegment repräsentirende einfache oder gespaltene Platte. Indessen kann sich die Zahl der Ab- dominalspgmente und Fusspaare reduciren (Isopoden), ja sogar das ganze Abdomen ein ungegliederter stummeiförmiger Anhang werden (Laemodipoden). Das Nervensystem enthält ausser dem Gehirn meist 9 bis 12 (aus- nahmsweise nur 6, CymotJioe) Ganglienpaare der Bauchkette mit deut lieber Duplicität der Stämme und geringer Verschmelzung der Ganglien. Auch ist bei den Isopoden ein unpaarer Eingeweidenerv nachgewiesen worden. Die beiden Augen sind vorwiegend zusammengesetzte Augen mit glatter oder facettirter Hornhaut und gehören der Kopffläche selbst an, rücken jedoch in einzelnen Fällen in besondere Stile (Tanais, Munna). Auch gibt es zahlreiche Fälle für vollständige Abwesenheit von Augen. Sehr verbreitet finden sich auch hier an den vordem Antennen zarte Riechfäden. Am Verdauung scanal findet sich ein kurzer nach aufwärts steigender Oesophagus und ein weiter durch feste Hornleisten gestützter sowie oft mit kräftigen Zahnplatten bewaff'neter Kaumagen, auf welchen ein län- gerer mit 2 bis 3 Paaren schlauchförmiger Leberdrüsen versehener Magendarm folgt. Der Enddarm , welcher ein oder zwei wahrscheinlich als Harnorgane fungirende Anhangsschläuciie besitzen kann, mündet am hintern Körperende aus. Eine Drüse, welche bei den Amphipoden im Grundgliede der hintern Antennen oft auf einem zapfenförmigen Vor- sprung ausmündet, scheidet möglicherweise auch eine dem Harn ent- sprechende Flüssigkeit aus. Ueberall findet sich als Centralorgan des Kreislaufes ein Herz, welches entweder röhrenartig verlängert durch die Länge der Brust verläuft (Amphipoda), oder, nach dem Hinterleibe gerückt, sackförmig verkürzt sein kann (Isopoda). Im erstem Falle liegen die Kiemen als schlauchförmige Anhänge an den ßrustfüssen, im letztern dagegen an den Füssen des Hinterleibes. Aus dem Herzen strömt das Blut durch eine vordere und hintere sowie durch seitliche Ueffnungen aus, denen sich in der Regel Arterien anschUessen. Diese ergiessen das Blut in die Leibeshöhle, von wo es in regelmässigen Strömungen nach dem Herzen zurückkehrt und in seitliche Spaltenpaare desselben einfliesst. Die Männchen unterscheiden sich häufig von den Weibchen durch Umformung bestimmter Glied massentheile zu Klammer- organen, durch eine ansehnlichere Entwicklung der Geruchsfäden an den vordem Antennen, auch wohl durch die Lage der Geschlechts- und Begattungsorgane. Seltener kommt es zu einem ausgeprägten Dimor- 1. Unterordnung: Amphipoda. 459 phismus {Bopyrus, JPranizd). Die Geschlechtsorgane münden an der hintern Partie der Brust oder an der Basis des Abdomens, und zwar die weibhchen überall an dem drittletzten Beinpaare der Brust, die männlichen entweder zwischen dem letzten Beinpaare der Brust oder zwischen dem ersten des Hinterleibes {Iso])odcn). Die Ovarien bilden zwei einfache oder verästelte Schläuche mit ebensoviel Oviducten. Aehnlich erscheinen die Hoden aus mehreren, zuweilen drei Paaren von Schläuchen {Isopoden) zusammengesetzt, deren Samenleiter entweder getrennt bleiben, oder sich zur Bildung eines Begattungsorganes vereinigen, zu welchem noch Anhänge von Gliedmassen als Hülfsorgane der Copulation hinzu- treten können. Die reifen Eier werden von den Weibchen in der Regel in Bruträumen umhergetragen, zu deren Bildung sich lamellöse Anhänge der Brustfüsse zusammenlegen. Die Entwicklung erfolgt in der Regel ohne Metamorphose, indessen weichen nicht selten Körperform und Glied- raassen jugendlicher Thiere ab (Phronima), und es können sogar die Körpersegmente und Gliedmassen nach der Geburt noch unvollzählig sein {Isopoden). Fossile Ringelkrebse finden sich bereits im Oolith {Archaeoniscus). Frosoponiscus ist permisch, Amphipeltis devonisch. I.Unterordnung: Amphipoda')) Flohkrebse. HingelJcrebse mit vorherrschend seitlich comprimirtem Leih und sieben, seltener sechs freien Thoracalsegmenten, mit Kiemen an den Brustfüssen und langgestrecTctem, ausnahmsweiserudimentärem Abdomen, dessen drei vordem Segmente ebensoviel Schwimmfusspaare tragen, loahrend die drei hintern mit ebensoviel nach hinten gerichteten Caudal- füssen besetzt sind. Die Amphipoden sind meist kleine, nur selten mehrere Zoll lange {Lysianassa magellanica) Malacostraken , die im Wasser vorwiegend 1) H. Kröyer, Grönlands Amphipoder beskraevne. Kon. Danske Selsk. Naturvid. Afhandlgr. D. VI. 1836. Derselbe, Nue nordiske Slaegter og Artes af Anifipodernes Ordn. etc. Naturh. Tidsskrift. Tom. IV. 1843. Ach. Costa, Ricerche sui Crostacei Amfipodi del regno di Napoli. Mem. della R. Acad. de Sc. di Napoli. Vol. I. 1857. C. Spence Batp, On the Morphology of some Amphipoda of the Division Hyperina. Ann. of nat. hist. 2 Ser. vol. 19. 1857. Derselbe, On the nidification of Crustacea. Ann. of nat. hist. 3. Ser. vol. 1. Derselbe, Catalogue of the specimens of Amphipodous Crustacea in the col- lection of the Britis'h Museum. London 1862. R. Bruzelius, Beitrag zur Kenntniss des innern Baues der Amphipoden. Archiv fürNaturg. Tom. XXV. 1859, De La Valette, Studien über die Entwicklung der Amphipoden. Halle. 1860. W. Lilljeborg, On the Lysianassa magellanica M. Edw. and on the crustacea of the suborder Amphipoda etc. Transacl. of the scient. See. at Upsala. 1865. 4G0 Antennen. Mundwerkzeuge. Beinpaare. schwimmend und springend sich bewegen. Der bald kleine {Crevettinen), bald {Hyperinen') stark aufgetriebene Kopf ist vom Thorax scharf ab- gesetzt und nur in der aberranten Gruppe der Laemodipoden mit dem ersten Brustsegment verschmolzen. Beide Antennenpaare bestehen meist aus einem stämmigem aber kürzern Schalt und einer vielgliedrigen Geissei, die aber mehr oder minder verkümmern kann. Die vordem Fühler tragen nicht selten eine kurze Nebengeissel und bieten in ihrer besondern Gestaltung eine reiche Mannichfaltigkeit. Bei den Hyperinen sind sie im weiblichen Geschlecht kurz, im männlichen dagegen von ansehnlicher Länge und mit reicher Ausstattung von Riechhaaren versehn. Die hintern Antennen fehlen den weiblichen Phronimiden und Brachy- scelus vollständig, sind häufig länger als die vordem, bei den männ- lichen Typhiden zickzackförmig zusammengelegt, und bei den Coro- phiden zu starken beinähnlichen Extremitäten umgebildet. Von den Mundwerkzeugen sind die Mandibeln überall kräftige Kauplatten mit scharfen meist gezahntem Kaurand und unterm Kaufortsatz, meist mit dreigliedrigem, zuweilen jedoch mit verkümmertem Taster. Ebenso tragen die vordem zweilappigen Maxillen in der Regel einen kurzen zweigliedrigen Taster, während sich die Maxillen des zweiten Paares auf zwei ansehnliche einer gemeinschaftlichen Basis aufsitzende Laden beschränken. Die Kieferfüsse verschmelzen zu einer Art Unterlippe, die entweder dreilappig ist und der Taster entbehrt (Hyperinen) oder auf gemeinsamem Basalabschnitt ein inneres und äusseres Ladenpaar trägt, von denen das letztere als Grundglied eines ansehnlichen mehrgliedrigen häufig fussförmigen Tasters aufgefasst werden kann (Crevettinen und Laemodipoden). Die sieben Beinpaare der Brust besitzen gewöhnlich 6 Glieder, von denen das letzte oder Carpalglied mit einer beweglichen Klaue oder Greifhaken endet. Das Basalglied, die Coxa, zuweilen (Phronima) vom Brustsegment nicht gesondert, verbreitert sich an der Aussenseite meist zu einer sehr ansehnlichen Platte, der Epimeral- oder CoxaZplatte, die bei den Crevettinen vornehmlich an den vier vordem Beinpaaren einen ausserordentlichen Umfang erreicht. Dasselbe ist — mit Ausnahme des vordem Beinpaares — zugleich Träger einer schlauch- förmigen selten verästelten Kieme (Änchylomera) und an den mittlem Beinpaaren des Weibchens eines borstenrandigen zur Bildung des Brut- A. tioös, Crustacea aniphipoda maris Spitzbergiam alluentis etc. Oef. Vet. Ak. Förh 1865. C. Heller, Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden des adriatischen Meeres. Wien. Denksclir. Tom, XXVI. Wien. 1866. E. Van Beneden et Em. Bessels, Memoire sur la Formation du Blastoderme chez les Amphipodes etc. Bruxelles. 1868. Vergl. ausserdem die Arbeiten von Leach, Kröyer, Lov6n, M. Edwards, Brandt, Guerin, Risso, Rathke, Spence Bäte, R. Bruzelius, Gerslfeid, Hosias, A. Boeck, Grube, Dohrn, Pagenstecher, Claus, Th. Edward u. a. Bau des Abdomens. Nervensystem. Augen. 461 raums dienenden Blattes, welches jedoch auch fehlen kann. Die beson- dere Gestaltung dieser Beine, das Grössenverhältniss derselben und die Form der Bewaffnung wechselt ungemein und liefert vortreffliche Gattungs- und Artmerkmale, zeigt aber auch oft in beiden Geschlechtern Differenzen. Gewöhnlich enden die beiden vordem Beinpaare mit Greifhänden, indem das Carpalglied eine mehr oder minder breite Platte bildet, nach deren Innenseite die bewegliche Endklaue bewegt wird. In andern Fällen bietet dasselbe zugleich durch den Besitz eines unbeweg- lichen Fortsatzes die Gestalt einer Scheere, indessen kann auch das vorausgehende Glied diesen Fortsatz bilden (Leucothoe), sodass der be- wegliche Ast der Scheere zweigliedrig ist. Häufig sind die drei hintern Beinpaare nach hinten gerichtet und untereinander gleichförmig gebaut, in anderen Fällen sind das fünfte (Fhronimiden) und sechste Paar und ebenso die mittleren Beinpaare zu mächtigen Greiforganen ge- worden. Das meist 6gliedrige Abdomen, welches bei den Laemodlpoden verkümmert und bis auf einen warzenförmigen Höcker ganz schwinden kann, zerfällt in zwei nach Lage und Gestalt der Abdominalfüsse diff'erente Regionen. Die vordere gewöhnlich durch die Grösse ihrer Segmente ausgezeichnete Region besitzt drei Paare grosser nach vorn gerichteter Schwimmfüsse, deren Basalglieder zwei lange und vielgliedrige mit Schwinimborsten besetzte Aeste tragen. Die drei hintern Segmente sind weit kürzer und zuweilen untereinander verschmolzen. Ihre meist 2ästigen Fusspaare sind nach hinten gewendet, und in der Regel als sog. Schwanzgrift'el stilförmig, seltener mehr lamellös gestaltet. Die Schwanzplatte endlich, mit der das Abdomen abschliesst, erscheint als ein schuppenförmiger, zuweilen jedoch furcaähnlich gespaltener Anhang. Das Nervensystem besteht aus einem grossen mehrlappigen Gehirn, welches bei Gammarus an seiner untern Seite vier conische Fortsätze bildet und aus 10 (Fkronima) bis 13 {Gammarus) Ganglienpaaren der Bauchkette. Bei Gammarus liegen die zwei vordem eng zusammengedrängt am Kopf und versorgen die Mundwerkzeuge, die sieben nachfolgenden in den sieben Brustsegmenten und die vier hintern im Abdomen, so dass das letzte grössere die drei Endsegmente nebst Schwanzplatte versorgt. Bei Phro- nima dagegen hat sich die Zahl der Brustganglien auf fünf reducirt, von denen noch dazu die beiden letzten fast verschmolzen sind. Von den Sinnesorganen fallen die zusammengesetzten Augen auf, die zwar überall sessil bleiben, bei den Hy perinen aber eine ausserordentliche Grösse erlangen und in zwei gesonderte Paare zuweilen selbst mit ver- schieden gefärbtem Pigmentkörper (J.wc%Zowera purpurea,roi\i und grün) zerfallen. Bei den Fhronimiden erscheint das Pigment auf den hintern Augentheil reducirt, so dass man die Nervenstäbe und die von den selben scharf abgegrenzten , oft sehr gestreckten Krystallkegel in ihrer ganzen Länge verfolgen kann. Der Darmcanal beginnt mit einem 462 Her«. Kiemen. Geschlechtsorgane. Entwicklung. engen schräg aufsteigenden Oesophagus, dem sich der mächtig ent- wickelte Chylusdarm anschliesst. Am Anfange desselben liegt ein bei den Hyperiden ansehnlich erweiterter Vormagen, welcher bei den Gamma- riden gezahnte Chitinleisten einschliesst und nahe seinem Ende zwei Paar langer Leberschläuche aufnimmt. Der Enddarm beginnt im vierten Abdoniinalsegment, nimmt hier zwei keinere wahrscheinlich als Mal- pighische Drüsen zu deutende Schläuche auf und mündet am letzten Schwanzgliede nach aussen, üeberall findet sich im Thorax ein langes schlauchförmiges Herz, hei Phronima mit nur drei Spalt paaren und auf die vordere Partie der Brust beschränkt, bei den Gammariden mit fünf oder sechs seitlichen Spalten und auf die hintern Brustsegmente aus- gedehnt. An den Enden des Herzens entspringen eine vordere und eine hintere Aorta, von denen die letztere sehr lang ist und durch das ganze Abdomen verläuft. Als Kiemen fungiren zarthäutige Platten oder Schläuche, welche an dem Coxalgliede der Brustfüsse angeheftet durch lebhafte Bewegungen der Schwimmfüsse des Abdomens beständig neue Wasserströmungen empfangen. Bei den Phronimiden und Laemodipoden ist die Zahl derselben eine beschränktere. Die Geschlechtsorgane liegen im Thorax zu den Seiten des Darmes. Dieselben bestehen beim Weibchen aus zwei mehr oder minder cylin- drischen Ovarialschläuchen und ebensoviel wahrscheinlich mit Samen- taschen verbundenen Ovidukten, welche sich jederseits am fünften Bein- paare der Brust (Innenseite der Epimeralplatte) nach aussen öffnen. Die Hoden, von gleicher Lage als die Ovarien, sind zwei enge faden- förmige Röhren, deren unterer Abschnitt als Ausführungsgang fungirt und meist auf einer Erhebung an der Bauchseite des siebten Brust- segmentes ausmündet. Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen nicht nur durch den Mangel der zur Bildung des Brutraums in V^er- wendung kommenden Lamellen, sondern meist durch stärkere Ausbildung der Greif- und Klammerhaken an den vordem Brustfüssen, auch wohl durch abweichende Antennenbildung. Die Eier gelangen nach der Befruchtung in die von den Lamellen der Brustbeine gebildete Bruttasche und entwickeln sich hier unter dem Schutz des mütterlichen Körpers. Bald erleidet der Dotter (G. locusta und andere marine Arten) eine totale Furchung, bald (G. ptdex) sondert sich ohne vorausgegangene Klüftung als Blastoderm eine peripherische Zellenlage, mit deren weiterer Fortbildung sich unterhalb der Eihaut eine zarte Innenmembran (mit vermeintlicher Mikropylbildung an der Rückenseite) als Embryonalhaut abhebt. Es bildet sich sodann ein bauch- ständiger Priniitivstreifen und an der Rückenseite ein eigenthümliches kugelförmiges Organ (Zoeastachel?) Während die Gliedmassenpaare in fortschreitender Reihe hervorsprossen, erscheint der Embryonalleib nach der Bauchseite eingeschlagen. Die aus den Eihüllen ausschlüpfenden Jungen be- Laemodipoda. Caprellidae, Cyamidae. 463 sitzen bereits die sämmtlichen Gliedraassenpaare und im Wesentlichen die Gestaltung der ausgebildeten Thiere, während im Einzelnen die Gliederzahl der Antennen und besondere Form der Beinpaare noch Abweichungen bietet. Bei den Hyperinen aber werden dieselben so auffallend, dass man hier von einer Metamorphose reden kann. Die Amphipoden leben grossentheils frei im süssen und salzigen Wasser (höchst interessant ist das Vorkommen arktischer Arten in den Seen Schwedens und Norwegens), einige indessen sind Röhrenbewohner (Cerapus), andere finden sich in Gängen zernagten Holzes (Chelura). Die Hyperinen halten sich vornehmlich in glashellen Seethieren, ins- besondere Quallen auf und können selbst wie die weibliche Phronima sedentaria mit ihrer gesaramten Brut in glashellen Tönnchen, wahr- scheinlich ausgefressenen Pyrosomen, Wohnung nehmen. Die Cyamiden unter den Laemodipoden endlich sind Parasiten an der Haut von Wall- fischen. Als Schmarotzer der Gammariden sind die Jugendzustände der Echinorhynchen hervorzuheben , ferner ein sehr merkwürdiger an einer Ämphithoe (?) beobachteter Copepode {Sphaeronella Leuckarti) *). 1. Tribus: Laemodipoda. Vorderes Thoracalsegment mit dem Kopf mehr oder minder innig verschmolzen, sodass das erste Beinpaar gewissermassen an die Kehle gerückt ist. Kieferfüsse zu einer viertheiligen Unterlippe mit langen Tastern umgebildet. Kiemenschläuche meistens auf das dritte und vierte Brustsegment reducirt, dessen Beine oft verkümmern oder ganz aus- fallen. Klammerfüsse und Abdomen rudimentär, oft zu einem kleinen ganz gliedmassenlosen Höcker verkümmert. 1. Fain, Caprellidae. Körper linear gestreckt. Leben frei zwischen Algen und Tangen im Meere. Froto Leach. Mandibeln tastertragend. Sämmtliche Brustringe tragen wohl entwickelte Klammerbeine, von denen die vordem mit Greifhänden enden. Pr. pedata Abldg. , Nördliche Meere. Pr. elongata Dana, Amerika. Bei Protella Dana sind das dritte und vierte Beinpasr sehr klein, und ganz rudimentäre Beine am Abdomen vorhanden, Pr. Phasma Mont., Küsten von England und Scandinavien. Caprella Lam.' Mandibeln tasterlos. Drittes und viertes Beinpaar fällt bis auf die Kiemenschläuche ganz aus. Ein oder zwei Paar rudimentäre AbdominalfUsse können vorbanden sein. C.linearis L. C.lobata 0. Fr. Müll. Beide an den Europäischen Küsten sehr verbreitet, n. z. a. A. Bei Aegina Kr. tragen die Mandibeln Taster, 1) Vergl. Salensky, Sphaeronella Leuckarti, ein neuer Schmarotzerkrebs. Archiv für Naturg. Tom. XXXIV. 1868. Dieser parasitische Copepode befestigt die Eiersäckchen an die Epimeralplatten der Wirthe und zeichnet sich durch eine auf- fallende Metamorphose aus, in welcher ein gliedmassenloses sackförmiges Puppenstadium ähnlich wie bei den Wassermilben die vorletzte Entwicklungsstufe bildet. 4G4 Crevettina. Dulichidae. Cheluridae. Corophidae. ebenso bei Cercops Kr., dessen 5gliedriges Abdomen vier Anhänge trägt. Bei Foda- lirius Kr. fehlt «uch das fünfte Beinpaar. 2. Farn, Cyamidae. Körper breit und flach mit ganz rudimentärem Abdomen. Vordere Antennen dicii, weniggliedrig, hintere Antennen sehr klein. Leben parasitisch an der Haut der Cetaceen. Cyamus Lam. Fünf Paare von Klamnierbeinen am Thorax. Drittes und viertes Brustsegment mit zwei langen Kiemenschläuchen ohne Beine. C. Ceti L. u. a. A. 2. Tribus: Crevettina. Mit kleinem Kopf, wenig umfangreichen Augen und langen viel- gliedrigen Antennen. Die Kielerfüsse sind an der Basis verwachsen und bilden eine grosse Unterhppe meist mit 4 Laden und 2 geglie- derten beinähnlichen Tastern. Die Epimeral- oder Coxalplatten der Brustbeine breit und umfangreich. Die drei hintern Fusspaare des Ab- domens (Caudalgriffel) wohl entwickelt und oft stark verlängert. 1. Farn. Dulichidae. Körper linear, mit sehr langgestrecktem 6gliedrigen Thorax, dessen zwei letzten Segmente verschmolzen sind, mit 5gliedrigem nach der Bauchseite umgeschlagenen Abdomen, ohne hintere Caudalgriffel. Dulichia Kr. Antennen sehr laug, mehr oder minder beinförmig. Die beiden vordem Fusspaare mit Greifhand. Coxalplatten wenig entwickelt. Die drei hintern Fusspaare zum Anklammern eingerichtet. D. porrecta Sp. Bäte, Britische Küste. D. spinosissima Kr., Island. 2. Fam. Cheluridae. Körper ziemlich cylindrisch, die drei hintern Segmente des Abdomens verschmolzen, mit sehr ungleich gestalteten Schwanzgriffeln. Ghelura Phil. Vordere Antennen kurz mit Nebenast. Untere Antenne sehr stark mit lamellöseni Geisselgliede. Beide vordem Fusspaare scheerenförmig. Schwanzgrillel 2ästig, eigenthümlich umgestaltet, der dritte einfach. Ch. terebrans Phil. Zernagt mit Limnoria lignorum Bretter und Pfahlwerk der See. Nordsee und Mittelmeer. 3. Fam. Corophidae. Körper seitlich nicht comprimirt. Untere Antennen mehr oder minder beinförmig gestaltet. Coxalglieder der Beine häufig sehr klein. Bewegen sich mehr schreitend. 1. Sulif. Corophinae. Untere Antennen fussförmig und viel kräftiger als die obern. Coxalplatten klein. Letzter Caudalgriffel ohne Hakendornen. Cyrtophium Dana. Kopf ziemlich viereckig, mit vorragenden Augen. Die beiden vordem Beinpaare mit Greifhand. Letzter Caudalgriffel rudimentär. C. Dar- winii Sp. Bäte. Corophium Latr. Augen klein. Vordere Antennen enden mit vielgliedriger Geissei. Untere .\ntennen sehr dick. Caudalgriffel einäslig. Nur das vordere Bein- paar mit Greifhand. C. longicorne Fabr., Küsten der Nordsee, gräbt sich Gange im Schlamm. C. Bonelli Edw. C. crassicorne Bruz. , Scandinavien. Andere Gattungen sind: Unciola Say. {Dryope Sp. Bäte), Crattipus Sp. Bäte, Platophium Dana, Icilius Dana. 2. Subf. Podocerinae. Untere Antenne meist stark, aber nur wenig länger als die obere. Letzter Caudalgriffel mit hakenähnlichen Dornen bewaffnet. Cerapus Say. {Erichthonius Edw.). Körper mehr cylindrisch, langgestreckt, Coxalplatten niedrig aber breit. Vordere Antennen oft mit kleinem Nebenast. Erstes und zweites Beiiipaar mit Greifhand. Letzter Caudalgriffel einästig. C. difformis Edw. C. tubularis Say , Nord-Amerika, in häutigen Bohren lebend. Andere (Gattungen Orchestidae. Gammaridae Atylinae. Oedicerinae. Lencothoinae. 465 sind: SipJionoecetes Kr., Noecia Sp. Bäte. Die Gattung Clydonia Dana jnit sehr starken Vorderfühiern und ganz winzigen hintern Antennen führt zu den Hyperiden hin. Podocerus Leach. (Cratophium Dana). Die vordem Fühler mit sehr kleinem Nebenast. Untere Antennen mit sehr kräftigem und langem Schaft, dagegen kurzer hjikchentragender Geissei. Zweites Beinpaar mit sehr kräftiger Greifhand. Coxalplatte des dritten und vierten Beinpaares besonders umfangreich. P. variegatus Leach., Küste von England. P. falcatus Mont. Ämphithoe Leach. Antennen ziemlich gleich lang, die vordem meist ohne Nebenast. Coxalplatte des fünften Beinpaares mit umfangreicher Vorderhälfte. Zweites ßeinpaar länger und stärker als das erste, mit Greifhand endend Letzter Caudalgriffel 2ästig, mit Hakendornen am Aussenasl. A. rubricata Mont,, A. Uttorina Sp. Bäte, Engl. Küste. 4. Farn. Orchestidae. Vordere Antennen meist kurz, stets ohne Nebenast. Untere Antennen mit langer vielgliedriger Geissei. Mandibeln und Maxiilen des ersten Paares meist ohne Taster. Hintere Caudalgriffel einästig und kürzer als die voraus- gehenden Paare. Leben am sandigen Meeresufer und bewegen sich springend. Talitrus Latr. {Orchestia Leach.). Vordere Antennen rudimentär. Kieferfüsse ohne Endhaken. Erstes Beinpaar einfach, zweites schwach. Im männlichen Geschlecht (Orchestia) enden die beiden vordem Beinpaare mit grosser Greifhand. Coxalglied des fünften Beinpaares in zwei gleiche Lappen getheilt. T. saltator Mont. t= 1\ locusta Latr. Am sandigen Meeresufer Europas. 0. littorea y\ont., Nordsee. O.mediterraneaCosta. Allorchestes Dana. Vordere Antenne länger als der Schaft fter hintern. Kiefer- füsse mit Endhaken, die beiden vordem Beinpaare mit Greifhand. A. Nilssonii Rathke, Norwegen. Bei Nicaea Nicol. sind beide Antennenpaare ziemlich gleich lang. N. Lubhockiana Sp. Bäte. 5. Farn. Gammaridae. Vordere Antenne oft mit Nebenast, stets länger als der Schaft der hintern. Mandibeln fast stets mit Taster. Die Coxalplatten der vier vordem Beinpaare stark verbreitert. Die hintern Caudalgriffel meist 2ästig, so lang oder länger als die vorausgehenden Paare, Bewegen sich mehr schwimmend als springend. 1. Subf. Atylinae. Vordere Antennen ohne Nebenast. Die Lamellen der MaxillarfUsse wohl entwickelt. Atylus Leach. [Pherusa Leach.). Kieferfusslaster 3 — 4gliedrig. Die beiden vordem Beinpaare mit Greifhand. A. Swammerdammi Edw., A. bicuspis Kr., Grön- land. Bei Dexamine Leach. fehlt der Mandibulartaster. D. spinosa Mont. Andere Gattungen sind: Calliope Leach., Paramphihoe Bruz. , Iphimedia Rathke, Odius Lillj. (Otus Sp Bäte), Laphystius Kr. In eine besondere Unterfamilie hat Lilljeborg die durch den Besitz von zwei oder vier einfachen Punktaugen ausgezeichneten Gattungen Haploops Lillj, und Am- pelisca Kr. gestellt. 2. Subf. Oedicerinae. Vordere Antennen ohne Nebenast. Siebtes Beinpaar sehr stark verlängert, mit langen Endklauen. Oedicerus Kr. Die beiden vordem Beinpaare mit beweglichen Endklauen. Kopf verlängert, vorn mit seitlichem Ausschnitt. Oed. parvimanus Sp. Bäte. Generisch kaum verschieden ist Westwoodilla Sp. Bäte. Monociilodes Stimps. Carpalglied der zwei vordem Beinpaare in einen ansehn- lichen Fortsalz ausgezogen, Endabschnitt eine Greifhand bildend. 31. carinatus Sp. Bäte. Bei Kröyera Sp. Bale enden die beiden Beinpaare scheerenförmig. Kr. are- naria Sp. Bäte. 3. Subf. Lencothoinae. Vordere Antennen ohne Nebenast. Die Laden der Maxillarfüsse sehr klein. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 30 46G Phoxinae. Gammarinae. Lysianassinae. Pontoporeinae. Leiicothoe Leacb. Letztes Beinpaar kaum länger als das vorhergehende. An- tennen ziemlich gleich lang, Mandibulartaster klein. Vorderes Beinpaar mit beweg- licher Klaue und unter Betheiligung des Anticarpal- Gliedes scheerenfürmig gebildet. L. articulosaleach., England und Norwegen, Bei Stenothoe Dana fehlt der Mandibular- taster. Nahe verwandt aber ohne Scheeren der Vorderbeine sind die Gattungen Pleustes und Montagua Sp. Bäte. 4. Subf. Phoxinae. Kopf langgestreckt und in einen langen die Basis der vordem Antennen bedeckenden Schnabel ausgezogen. Vordere Antennen mit Nebenast, Phoxus Kr, Die beiden vordem Beinpaare mit Greifhand. Das zweite und dritte Glied der Maxillarfusstaster gestreckt, Schwanzplatte gespalten. Ph. siviplex Sp, Bäte. Ph. plumosus Kr., Nördliche Meere, TJrothoe Dana, Das zweite und dritte Glied der Maxillarfusstaster lamellös. Die breiten Aeste der hintern Caudalgriffel mit Fiederborsten reich besetzt , die der vorhergehenden fingerförmig. U. Bairdii Sp, Bäte, U. marinus Sp, Bäte. Tiron Lillj. Die beiden vordem Beinpaare ohne Greifhand. T. acanthurus Lillj., in bedeutenden Meerestiefen Norwegens. 5. Subf, Gammarinae. Vordere Antennen mit Nebenast. Schaft der vordem Antennen schlank, von mittlerer Länge, die 2 letzten Ringe desselben langgestreckt. Gammarus Fabr. Antennen schlank, fadenförmig, die beiden vordem Beinpaare enden mit beweglichen Klauen. Die drei hintern Leibessegmente am Hinterrande mit kurzen Dornen besetzt. Schwanzpiatte gelheilt. G. neglectus Lillj,, in Seen Scan- diuaviens. G. puJex L, , in fliessendem Wasser sehr verbreitet. G. marinus Leach. G. locusta L. Letztere beide marin. Bei Niphargus Seh. sind die Augen rudimentär und der eine Ast der hintern Schwanzgriffel 2ästig. N. putaneus Koch, Sehr nahe verwandt sind Eurystheus Sp, Bäte, Megamoera Sp. Bäte, Bei Pallasea Sp. Bäte ist die Schwanzplatte ungetheilt. P. cancelloides GerstL, Süsswasserform in Sibirien und Schweden, Bei Gammaracanthus Sp, Bäte ist zwischen den vordem Antennen ein langer Schnabel. G. loricatus Sab., Arktisches Meer und in der als lacustris G. 0. Sars beschriebenen Varietät in schwedischen Seen, Bei Gammarella Sp, Bäte ist der letzte Schwanzgriffel einästig. Verwandte Gattungen sind : Moera Leach., Melita Leach,, Eriopis Bruz , Eusirus Kr., Nicippe Bruz,, Microplax LiUi. {Iduna A. Boeck), Pardalisca Kr, u, a. A. 6. Subf. Lysianassinae. Vordere Antennen ziemlich kurz, mit Nebenast und dickem Schaft, dessen zwei Glieder sehr kurz sind. Mandibeln mit scharfem glatten Kaurand. Lysianassa Edw. Vorderes Beinpaar dicker und kürzer als das nachfolgende, mit Endkiaue, aber ohne eigentliche Greifhand. Schwanzpiatte einfach. Molar- höcker der Mandibcl sehr klein. L. Costae Edw., Mittelmeer. L. atlantica Edw. Bei Ettrytenes Lillj. ist eine Greifhand vorhanden. E. magellanicus Lillj. Änonyx. Beide vordere Beinpaare mit Greifhand. .Mandibeln mit ziemlich grossen Molarhöckern. Schwanzplatte gespalten. Ä. longipes Sp, Bäte. A. ampulla Kr,, Norwegen. Bei Callisoma A. Cost. ist das vordere Fusspaar nicht dicker und oft länger als das zweite und ohne oder mit ganz rudimentären Klauen. C. Kröyeri Bruz., Norwegen; bei Acidostoma fehlt der accessorische Fortsatz der Mandibel, so- wie der Taster des ersten Kiefers. A. obesum Lillj. 7. Subf. Pontoporeinae. Von der vorhergehenden Unterfamilie vornehmlich durch den bezahnten Kaurand der Mandibel unterschieden. Bathyporeia Lindslr. Mandibulartaster 3gliedrig. Erstes Beinpaar mit Greifhand. Zweites ohne Endklaue. Schwanzplatte gespalten. B. pilosa Lindst., B. Bobertsoni Nordeuropäische Küsten. Bei Pontoporeia Kr. endet das zweite Beinpaar mit Greif- Hyperina. Vibilidae. Hyperidae. Phronimidae. 467 band. P. femorata Kr., Grönland. Nahe verwandt ist P. affinis Lindst., Norwegen und Schweden. 3. Tribus: Hyperina. Mit grossem stark erweitertem Kopf und umfangreichen meist in zwei Paare getheilten Augen. Antennen bald sehr kurz und stummei- förmig, im weiblichen Geschlecht zuweilen nur im vorderen Paare vor- handen (Phronimiden) , bald lang und beim Männchen mit vielgliedriger Geissei (Hyperiden). Ein paariges Gehörbläschen über dem Gehirn (Oxycephalus). Die Kieferfüsse bilden eine kleine 2 oder Slappige Unter- lippe ohne Tasteranhänge. Beinpaare theilweise mit kräftigen Greif- einrichtungen. Caudalgriffel bald lamellös und flossenartig, bald stil- förmig. Metamorphose sehr ausgeprägt. Leben vornehmlich in Quallen und schwimmen sehr behend. 1. Farn. Vibilidae. Körper gammaridenähnlieh. Kopf und Augen von massiger Grösse. Vibilia Edw. Endglied der ganz kurzen vorderen Antennen stark aufgetrieben, die zwei vordem Beinpaare mit Greifklauen. Siebtes Paar verkürzt und schmächtig. V. Peronii Edw., Asiatische Meere. V. mediterranea Cls. , in S-Mpen. 2. Farn. Hyperidae. Kopf kuglig , fast ganz von den Augen erfüllt. Beide Antennenpaare freiliegend mit mehrgliedrigem Schaft und langer Geissei. Mandibel mit Taster. Fünftes Fusspaar dem sechsten und siebten meist gleichgebildet, selten mit mächtiger Greifhand. Caudalanhänge meist mit zwei grossen lanzetförmigen Aesten. Die ausschlüpfenden Jungen können noch der Hinterleibsfüsse entbehren {Hyperia). Hyperia Latr. Beide Antennenpaare beim Weibchen ziemlich kurz, beim Männchen (Lestrigonus Edw.) mit langer vielgliedriger Geissei. Die beiden vordem Beinpaare schmächtig und mit schwacher Greifhand. Die drei hintern Beinpaare von gleicher Gestalt. Vorwiegend Bewohner kälterer Klimate. H. galba Mont. = H. Latreilli Edw., Nordsee. H. oblivia Hr., Grönland. H. trigona Dana, Cap Hörn. Bei Tauria Dana fehlt die Greifeinrichtung des zweiten Beinpaartes, während das siebte Beinpaar sehr klein wird. Das letztere gilt auch für Cyllopus Dana, dessen Antennen- paare weit von einander abstehn. Bei Metoecus Kr. enden die beiden schmächtigem vordem Beinpaare scheerenförmig Cystisoma Gu6r. , Tyro Edw. Themisto Kr. Fünftes Fusspaar sehr stark verlängert, die beiden vorher- gehenden viel kürzern Fusspaare mit zusammengesetzter triangulärer Greifhand. Sechstes und siebtes Fusspaar gleichgestaltets Caudalgriifel sehr lang und stabförmig. Th. arctica Kr. lli. crassicornis Kr., Grönland. Anchylomera Edw. {Hieraconyx Gu6r,)v Antennen von bedeutender Länge. Erstes Thoracalsegment mit dem zweiten verschmolzen. Mandibel mit Sgliedrigera Taster. Fünftes Beinpaar mit scheerenförmiger Greifhand, mit sehr umfangreichem lamellösen Grundgliede. Siebtes Beinpaar schmächtig, ohne Klaue. Caudalgriffel lamellös. A. thyropjoda Dana. A. purpurea Dana, Atl. Ocean. 3. Fam. Phronimidae. Vordere Antennen im weiblichen Geschlecht sehr klein nur 2 oder Sgliedrig , beim Männchen mit langer vielgliedriger Geissei und dicht mit Riechhaaren besetztem Schaft. Hintere Antennen fehlen dem Weibchen. Mandibeln tasterlos. Das fünfte Beinpaar, seltener das sechste ein mächtiges Greiforgan. Phronima Latr. Antennen 2gliedrig. Die beiden vordem Beinpaare schmächtig. Das fünfte Beinpaar endet mit einer mächtigen Scheerenband, Drei Paar langer stil- 30* 4G8 Typhidae. förmiger Caudalgriflel, jeder mit ganz kurzen lanzetförmigen Aesten. Fh. sedentaria Forsk.^ Das Weibchen lebt mit seiner Brut in glashellen TOnnchen , ausgefressenen l'yrosonien, Mittelmeer. Fhronimella CIs. Das fünfte Beinpaar endet mit langgestreckter Greilhand. Drittes Beinpaar sehr lang. Kur v:wei Faare stilfürmiger Caudalgrilfel. Vorderlühler des Mannchens mit starkem Schaft und vielgliedriger gekrümmter Geissei. P/t. elongata eis., Mittelmeer. Dactylocera Latr. = Phrosina Risso. Vordere Antennen 3gliedrig. Thorax scheinbar 6gliedrig. Das mächtige fünfte Beinpaar endet ebenso wie die beiden vor- ausgehenden und das nachfolgende Paar mit einer Greifhand. Siebtes Beinpaar eine einfache Platte, Schwanzgriffel einfach lameilös. D. nicaeensis Edw. Bei Primno Gudr. sind die Beine des dritten, vierten und sechsten Paares bedeutend dünner und das siebte Boinpaar vollkommen entwickelt. Pr. macropa Gu6r. , Chili. 4. Farn, lyphidae '). Beide Antennenpaare unter dem Kopf verborgen, die vordem klein, im männlichen Geschlechte mit stark aufgetriebenem, mit Riecbhaaren buschig besetztem Schaft und kurzer, schmächtiger, wenig gliedriger Geissei. Die hintern Antennen beim Männchen sehr lang, zickzackfOrmig 3 bis 4 mal zusammen- gelegt, beim Weibchen kurz und gerad gestreckt, zuweilen fehlend. Mandibeln des Männchens mit Taster. Abdomen häufig mehr oder minder vollkommen gegen die Brust umgeschlagen. Basalglieder des fünften und sechsten Beinpaares meist zu grossen Deck- platten der Brust verbreitert. Die ausgeschlüpften Jungen sind Oxycephalus-äUnVich. Oxycephalus Edw. Kopf langgestreckt mit dreieckiger auf der Unterseite rinnenförmig ausgebogener Spitze. Hintere Antennen und Mandibulartaster fehlen dem. Weibchen. I>ie beiden vordem Fusspaare scheerenförmig. Abdomen nicht umgeschlagen Letztes Beinpaar klein. 0. piscator Edw., Indischer Ocean. Bei JRhabdosoma White ist der Körper stabförmig verlängert und vornehmlich der Kopf und die hintern Abdominalsegmente mit ihren langen Caudalgriifeln ausgezogen. Pronoe Gu6r. Kopf fast triangulär. Hintere Antennen des Männchens Sgliedrig, aber kurz und kaum eingelegt. Basalglieder des 5ten und 6ten Beinpaares nicht viel grösser als die ßasalplatte des 7ten in seinen nachfolgenden Abschnitten auf einen kleinen Höcker reducirten Beinpaares. Die beiden vordem ßeinpaare enden mono- daktyl. Pr. capito Gu6r., Küste von Chili. Hier schliest sich wahrscheinlich Phorcus Edw. an, dessen 5tes Beinpaar sehr dünn und lang ist, während das sechste eine lange Basalplatte besitzt. Letztes Beinpaar klein aber vollkommen ausgebildet. Lycaea Dana. Kopf abgerundet. Die beiden vordem Beinpaare enden mit Greifhand. Die Basalglieder des 5ten und 6len Beinpaares von nur massigem Umfang, dem Basalglieddes 7ten schmächtigen Beines fast gleich, i oc/jmcea Dana. Hier schiesst sich die auf eine weibliche Form gegründete Gattung Brachycelus Sp. Bäte, an, deren hintere Antennen fehlen. Br. crusculum Sp. Bäte. Typhis Risso. Kopf abgerundet. Hintere Antennen des Weibchens kurz, 4gliedrig, im männlichen Geschlechte (Thyropus Dana) lang, 3 bis 4fach eingeschlagen. Die 2 vordem Beinpaare scheerenförmig. Basalglieder des 5ten und 6ten Beinpaares sehr umfangreiche Deckplatten. 7tes Beinpaar ganz verkümmert. Abdomen umgeschlagen. T. ovoides Hisso, Ocean und Milielmeer. T. ferus Edw., Ocean. Dithyrus Dana und Platyscelus Sp. Bäte. V r 1) Vergl. C. Claus, Untersuchungen über den Bau und die Verwandtschaft der Hyperiden. Göttinger Kachrichten 1871. 2. Unterordnung: Isopoda. 469 2. Unterordnung: Isopoda, Asseln. Rmgelhrebse von vorherrschend hr eitern, mehr oder minder ge- ivölbtem Körper , mit 7 freien Brustringen und lamellösen als Kiemen fungirenden Füssen des hur^geringeltcn oft reducirten Abdomens. Der Bau des meist abgeflachten, von harter oft kalkig incrustirter Haut bedeckten Körpers zeigt eine grosse Analogie zu dem der Amphi- poden, mit welchen die in mehrfacher Hinsicht absonderlichen Scheeren- asseln am nächsten übereinstimmen. Indessen ist das Abdomen in der Regel bedeutend verkürzt und aus 6 kurzen, oft sogar verschmol- zenen Segmenten zusammengesetzt, welche mit einer umfangreichen schildförmigen Schwanzplatte abschliessen. Die vordem Fühler sind mit wenigen Ausnahmen kürzer als die hintern und äussern Antennen, seltener (Landasseln) verkümmern sie so sehr, dass sie unter dem Kopfschilde verborgen bleiben. Nur ausnahmsweise (Äpsciides) tragen sie 2 Geissein. Von den Mundwerkzeugen, die bei einigen parasitischen Asseln zum Stechen und Saugen umgestaltet sind, tragen die Mandibeln, mit Ausnahme der Bopyriden und Landasseln, oft einen 3gliedrigen Taster. Dagegen entbehren die beiden meist zweilappigen und drei- lappigen Maxillenpaare insgemein der Tasteranhänge, üeberaus ver- schieden verhalten sich die beiden eine Art Unterlippe darstellenden Maxillarfüsse , da Ladentheile und Taster in ihrem gegenseitigen Ver- hältniss mannichfache Formvariationen gestatten. Die sieben freien Brustsegmente sind meist von ziemlich gleicher Grösse. Nur bei den Scheerenasseln, bei Aiiceus und Serolis, ist das vordere Segment mit dem Kopf verschmolzen, dazu im letztern Falle das siebte Segment verkümmert und ohne Beinpaar. In der Regel sind die 7 Beinpaare der Brust gleichmässig gestaltete Schreit - oder Klammer- füsse. Lidessen können auch die Beine des ersten Paares (Asellus) oder mehrere vordere (Aega, Munnopsis) Paare eine abweichende Ge- H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung der Wasser- assel. Leipzig 1832, Derselbe, Zur Morphologie, Reisebemerkungen aus Taurien. Leipzig 1837. Lerebouillet, Sur les crustaces de la famille des Cloportides etc. Möm. du Museum d'hist. nat. de Strassburg. Tom IV. 1850. N. Wagner, Recherches sur le Systeme circulatoire et les organes de la respiration chez le Porcellion ^largi. Ann. des sc nat. 5. Ser. tom IV. 1864. A. Dohrn, Die Embryonal-Entwicklung des Asellus aquaticus. Zeitsch. für wiss. Zool. tom XVII 1867. E. V. Beneden, Recherches sur l'embryogenie des crustacös I. Bull, d'lacad. roy. de ßelgique. Bruxelles 1869. Vergl. ausserdem die Aufsätze von Duvernoy, Savigny, Westwood, Brandt, v. Siebold, Zenker, LaValette, Loven, Lilljeborg, Fr. Müller. A. Dohrn. Schübl, G. 0. Sars, sowie F. Leydigs Tafeln zur vergl. Anatomie, 470 Körperbau. Herz und Gefässsystem, staltung zeigen. Im weiblichen Geschlechte tragen stets mehrere Bein- paare zarthäutige Platten, welche sich zur Bildung des Brutraumes übereinanderlegen. Niemals finden sich Kiemenschläuche an den Brust- beinen und nur ausnahmsweise (Tanais und Anceus) kommt eine schwingende Athemplatte unter dem Kopfbrustschilde vor. Dagegen liegen die Respirationsorgane allgemein am Hinterleibe, gebildet durch die zarthäutigen 'Platten der 5 Schwanzfusspaare. Bei vielen Isopoden und insbesondere bei den Landasseln sind nur die Innern Lamellen der drei letzten Paare zarthäutige Kiemenblätter, während die äussern von derberer Beschaffenheit als Deckplatten fungiren, indessen an der zartern Innenseite auch zur Respiration zu dienen scheinen. Bei PorcelUo und ÄrmacliUo sind die Platten der beiden vordem (seltener aller) Fusspaare von einem System Luftführender Räume erfüllt, welches zur Tracheen- oder Lungenathmung der Insekten und Arachnoideen hinführt. Die an dem Endsegment befestigten Schwanzgriilel endlich können eine sehr verschiedene Gestalt bilden, bei den Schwimmasseln sind sie breite flossenähnliche Plattenpaare, bei den Landasseln zapfeu- oder stab- förmige Anhänge. Ein wichtiger Unterschied von den Amphipoden beruht auf der Lage des Herzens, welches zugleich mit den Kiemen dem Abdomen angehört. Nur die Scheerenasseln , bei denen die Respiration an der zarten Unterseite des Kopfbrustschildes erfolgt, verhalten sich nach Gestalt und Lage des Herzens wie die Amphipoden. In allen andern Fällen reicht das Herz bis in die hintern Brustsegmente oder in das Ab- domen, ist bald langgestreckt und mit mehreren Spaltenpaaren versehen, bald kurz sackförmig und nur von einem Spaltenpaare durchbrochen. Ueberall entspringen vom Herzen Blutgefässe, welche vornehmhch bei den Idoteiden und Onisciden ein sehr ausgebildetes Arteriensystem darstellen. Bei PorcelUo beginnt die sehr reich verästelte Kopfarterie im dritten Brustringe, zwei mächtige, die vier vordem Beinpaare versor- gende Seitenarterien entspringen an der vordem im vierten Brustringe gelegenen Herzkammer, die drei hintern Beinpaare erhalten je einen Arterienstamm direkt aus dem Herzen, dessen hinterer im Abdomen gelegener Abschnitt zwei kleinere Arterienpaare und an der Spitze zwei Gefässe entsendet, welche das Rektum umschliessen und sich gegen die Basis der Athemfüsse hin erstrecken. Der Darmcanal verhält sich im Allgemeinen wie bei den Amphi- poden und besitzt in der Regel einen von Chitinleisten und harten Platten gestützten Kaumagen, an dessen Ende sich zwei oder vier Leberschläuche ansetzen. Besondere Excretionsorgane (Harnorgane?) finden sich bei Asellus {Zenker) zu den Seiten des Herzens in den drei letzten Brust- Nervensystem, Sinnesorgane. Geschlechtsorgane. 471 Segmenten und im Abdomen. Es sind runde Schläuche, deren opaker Inhalt aus sehr kleinen Concrementen besteht (G. 0. Sars). Das Nervensystem zeigt eine grössere Concentration der Bauch- ganglienkette als das der Amphipoden. In der Regel folgen auf die untern Schlundganglienmasse noch 7 Ganglienpaare der Brust, deren Nerven die Beinpaare versorgen. Dem letzten derselben schliesst sich ein Terminalganglion an, von welchem die Nerven des Abdomens aus- strahlen. Nur ausnahmsweise (Ligidium) treten im Abdomen einige Ganglien auf. Die Augen sind selten kleine Punktaugen, häufiger grössere aggre- girte beziehungsweise zusammengesetzte Augen ohne oder mit schwachen Cornealinsen. Treten die Linsen der Einzelaugen bis in unmittelbare Nähe zusammen, so wird die Uebereinstimmung mit dem Facettenauge um so grösser, als die von den Cornealinsen überdeckten Elemente den Krystallkegeln und Nervenstäben des Facettenauges entsprechen. Einige subterrane Formen wie Typldoniscus sind vollkommen blind, ebenso vermisst man die Augen bei den weiblichen Garneelasseln. Als Geruchsorgane wird man eigenthümliche Zapten und Fäden der vordem Antennen zu deuten haben. Gehörorgane sind nicht bekannt. Die beiden Geschlechtsformen unterscheiden sich in der Regel durch mehr oder minder hervortretende Eigen thümlichkeiten, die zu einem sehr ausgeprägten Dimorphismus führen können (Pram>a, Anceus; Bopyriden'). Die weiblichen Isopoden sind leicht an dem häutigen Plattenanhange der Brustfüsse, die Männchen an der schiankern Form und kräftigern Entwicklung der zum Anklammern benutzten Beinpaare zu erkennen. Bei den Bopyriden erlangen die Weibchen im Zusammen- hang mit dem vollkommenen Parasitismus eine relativ bedeutende Grösse und bilden sich unter Verlust der Augen und der Leibesgliederung, selten der Gliedmassen, zu mehr oder minder unsymmetrischen Scheiben oder Schläuchen aus, während die winzig kleinen schlanken Männclien die Symmetrie, Segmentirung und freie Beweglichkeit ihres Körpers, die Gliedmassen und Augen bewahren. Die weibhchen Geschlechtsorgane verhalten sich im Allgemeinen wie die der Amphipoden und münden jederseits am fünften Brustsegment an der Innenseite des fünften ßein- paares nach aussen. Receptacula seminis sollen bei Typhloniscus vor- handen sein. Beim Männchen finden sich jederseits meist drei gestreckte oder kuglige Hodenschläuche, welche sich zu einem aufgetriebenen Samen- behälter vereinigen, aus dem die Samenleiter hervorgehen. Diese ver- laufen häufig in ihrer ganzen Länge gesondert und treten am Ende des letzten Thoracalsegmentes je in einen cylindrischen Anhang ein {Asellus) oder sie vereinigen sich in einer gemeinsamen medianen Penis- röhre, welche an der Basis des Abdomens liegt (Onisciden). Als accessorische Copulationsorgane hat man ein Paar stiletförmiger oder 472 Embryonale Entwicklung. complicirter gestalteter hakentragender Anhänge der vordem Abdominal- füsse aufzufassen , zu welchen noch an der Innenseite des zweiten Fuss- paares ein Paar nach aussen gewendeter Chitinstäbe hinzutreten kann {Onisciden). Zur Zeit der Copulation bleibt das Männchen oft Tage lang an dem Körper des Weibchens (das grössere Männchen von Asellus mit Hülfe des 4ten Beinpaares) angeklammert und scheint während des Be- gattungsaktes Ballen von haarförmigen Samenfäden (mit keulenförmigen Anhängen, die von Zenker als besondere 2te Form von Spermatozoon beschrieben wurden) in den weiblichen Geschlechtsapparat einzuführen. Die Befruchtung des Eies erfolgt daher wahrscheinlich im Innern des weiblichen Körpers. Die Embryonalentwicklung, über die ausser der altern bahn- brechenden Arbeit von Rathke neuere Beobachtungen von Fr. Müller, A. Dohrn, G. 0. Sars und Ed. van Beneden vorliegen, beginnt mit dem Eintritt der Eier in den Brutraum. Anfangs ist das Ei {Asellus) von einer einzigen Haut umgeben, welche wahrscheinlich als Aus- schüidungsprodukt der zahlreichen das Ovarialei umlagernden Epitelial- zellen (Dottertach), also als Chorion zu betrachten sein dürfte. Nachdem sich das Chorion vom Dotter abgehoben, treten im Innern des letztern 4, 8, IG etc. Kernbläschen (wahrscheinlich Abkömmlinge des Keimbläschens) auf. Noch bevor sich die Dottermasse um dieselben in Zellballen ge- sondert hat, hebt sich in der Peripherie des Dotters eine zarte cuticulare Membran ab , die demnach als Blastodernihülle zu deuten ist (unter den Crustaceen von VanBeneden bei den Lernaeopoden , bei Gammarus, Caprella, Nebalia, Crangon etc. beobachtet und offenbar dem Deutovum Clap. der Acariden entsprechend). ,Nun erst folgt die Dotterklüftung, von der jedoch die centrale Dottermasse (Nahrungsdotter) vorerst aus- geschlossen bleibt. Bald bildet das Blastoderm eine peripherische Schicht hüllenloser kernhaltiger Zellen und erzeugt durch raschere Zellwucherung den bauchständigen Keimstreifen, an dem sich zunächst die Kopflappen abgrenzen. Als zwei höckerförmige Erhebungen der letztern entstehen zu- nächst die Anlagen der dreilappigen blattförmigen Anhänge des Asselembryos, deren physiologische und morphologische Bedeutung noch immer keine Aufklärung gefunden hat. Von den Gliedmassen bilden sich zuerst die beiden Antennenpaare, nach deren Entstehung eine neue Cuticula, die dem Naupliusstadium entsprechende Larvenhaut, zur Sonderung kommt {L'igia, Fr. Müller). Während sich nun die Reihe der nachfolgenden Gliedmassen anlegt, zeigt sich der Schwanztheil des Embryo aufwärts nach dem Rücken zu umgeschlagen. Von den Embryonalhüllen geht zu- erst das Chorion, dann die Cuticula des Blastoderms zu Grunde und zuletzt, wenn der Embryo ausgebildet ist, die Naupliushaut. Die im Brutraume frei gewordenen Jungen entbehren noch ganz allgemein des letzten Brustbeinpaares, bei den Scheerenasseln auch der Füsse des Anisopoda. Tanaidae. Anthnridae. 473 Abdomens und haben bis zum Eintritt der Geschlechtsreife nicht uner- hebliche Veränderungen auch in der Gestaltung der Gliedmassen zu erfahren. Man kann daher den Asseln eine MetamDrphose zuschreiben, die bei Tanais, Frani^a (Änceus) und den JBopyriden am vollkom- mensten ist. Die Asseln leben theils im Meere, theils im süssen Wasser, theils auf dem Lande (Onisciden) und ernähren sich von thierischen Stoffen. Viele sind jedoch Schmarotzer (seltener als Entoparasiten, Entoniscus') vornehmlich an der Haut , in der Mund - und Kiemenhöhle von Fischen (Cymothoideeti) oder in dem Kiemenraum von Garneelen {Bopyrideti). 1. Tribus: Anisopoda'). Körper mehr oder minder Amphipodenähnlich. Abdomen mit 2ästigen Schwimmfüssen, die nicht als Kiemen fungiren, oder mit Flossen- füssen. Männchen und Weibchen meist auffallend dimorph. 1. Farn. Tanaidae. Scheerenasseln. Körper sehr lang gestreckt mit gewölbtem Kopfbrustpiinzer, der noch das erste Beinpaar umschliesst. Die Beine des Hinterleibes sind zweiästige Schwimmlüsse. Lage und Form des Herzens Amphipodenähnlich. Mandibel mit Kaufortsatz. Vordere Maxille mit Tasteranhang. Tragen hinter dem 2ten Maxillenpaar an der Körperwand einen säbelförmigen Branchialanhang, der durch seine Schwingungen die Athmung unter den seitlicher Duplicaturen des Panzers unterhält. Erstes ßeinpaar ein mächtiger Scheerenfuss, die übrigen lange Schreitfüsse. Beim Weibchen finden sich am 2. bis 5. Fusspaare blattförmige Anhänge zur Bildung eines Brutraums. Tanais Aud. Edw. Antennen ziemlich gleich lang. Abdomen Sgliedrig. Letztes Caudalfusspaar schmal und einästig. 2 Sorten von Männchen , Riecher und Packer. T.vittatus^ülhk., Nördl. Meere. T. dubius Hr., Brasilien. T. f/racj'Ks Kr., Spitzbergen u. m. A. Bei Leptochelia Dana ist das Abdomen 6gliedrig. Augen gestilt, L. minuta Dana. L. Edwardsi Kr., Kördl Meere. Bei Paratanais Dana sind die Augen ebenfalls gestilt, das 6te Caudalfusspaar 2ästig, stilförmig. P. forcipatus Lillj., Korwegen. Äpseudes Leach. Vordere Antennen dicker und länger als die hinteren, mit 2 Geissein, hintere Antennen mit schuppenförmiger Nebenplatte. Augen gestilt. 2les Beinpaar mit stark verbreitertem Endglicde. 6tes Abdominalsegment sehr lang. 6tes Fusspaar mit 2 fadenförmigen Aesten, von denen der innere sehr lang ist. A, talpa Mont., Nördl. Meere. 2. Farn. Anthuridae. Antennen kurz. Das vordere der sieben Thoracalsegmenle frei, Beinpaar desselben mit (Jreifhand. Mundtheile stechend und saugend. Abdomen 13 Vergl. Spence Bäte, On Praniza and Anceus etc. Ann. of nat. bist. 3. Ser. Vol. H. 1858. Hesse, Memoire sur les* Pranizes et les Ancees. Ann. d. scienc. nat. 4. Ser. Tom. IX. 1864. Fr.Müller, Ueber den Bau der Scheerenasseln. Archiv für Naturg. Tom. XXX. 1864. A. Dohrn, Zur Kenntniss vom Bau und der Entwicklung von Tanais. Jenaische Zeitschr. Tom. V. 1870. Derselbe, Entwicklung und Organisation von Praniza maxillaris, zurKennlniss des Baues von Paranthura costana Zeits für wiss. Zool. Tom. XX. 1870. 474 Euisopoda. Cymothoidae. mit 2Sstigen Flossenfüssen und mächtiger Schwanzflosse. Brutraum wie bei Prantta unter der Körperhaut. Anthura Leach. Ä. gracilis Mont. Faranthura Risso. P. penicillata Risso, Miltelmeer. Pram>idae, Anceidae. Kopf unter dem zweiten vordernBrustsegmente verschmolzen, daher mit 2 Maxiliarfusspaaren, beim Männchen sehr breit, fast quadratisch. Antennen einfach, mehrgliedrig, bei dem Weibchen verhältnissmässig klein. Letzres Briist- segment nicht ausgebildet, daher nur fünf freie Thorocalsegmente, von denen die 3 hintern im weiblichen Geschlechte (Pram.S'aform) zu einem sackförmigen Abschnitt verschmelzen. Nandiben und Maxillen tasterlos. Fünf einfache Klammerfusspaare. Das Abdomen 6gliedrig, langestreckt. Die Füsse desselben breite 2ästige Flossenfüsse, Dimorphismus des Geschlechts sehr ausgeprägt. Verwandlung mittelst Metamorphose. Änceus Risso {Praniza Leach.). Mit den Charakteren der Familie. Die Larven, welche die Bruttasche verlassen, sind langgestreckte Pranizafornien, jedoch schon nach beiden Geschlechtern unterscheidbar, indem sich an den männlichen Formen die drei hintern Brustsegmente abgrenzen. An diesen verschmelzen die Coxalglieder der Beine mit dem Segment. Der Kopf und die stechenden Mundwerkzeuge mit der halbröhren- förmigen Oberlippe sind für beide Larvenformen gleich. Die Mandibeln und Maxillen fast stiletförmig ausgezogen. Die vordem Maxillarfüsse bilden eine Art Unterlippe. Untere Maxillarfüsse beinförmig. Bei der Umwandlung der weiblichen Larve wird der Kopf kleiner, die Kiefer verschwinden und die Augen werden rudimentär. Dagegen bilden sich die beiden Maxillarfusspaare , die obern werden zu einem dreigliedrigen mit einer beweglichen ovalen Platte verbundenem Fuss, die untern zu einer mehr- gliedrigen borstenrandigen Platte. Mit der Umwandlung der männlichen Larve wird der Kopf viel stärker, die Kiefer werden ersetzt durch 2 grosse hakenförmig vorstehende Zangen, die Maxillarfüsse bilden gegliederte zur Strudelung dienende Lamellen. Die Weibchen leben wie die Larven parasitisch an Fischen und bergen die Brut in einer subcuticularen Aussackung des grossen hintern Brustabschnittes. Die Männchen leben frei. A, maxillaris. Wont. , {Pr. coeruleata Desm.), Nord- und Westküste Europas. 2. Tribus: Euisopoda. Körper mit 7 freien Brustsegmenten und ebensoviel Beinpaaren. Abdomen verhältnissmässig kurz und breit. 1. Farn. Cymothoidae '^). Mit harter Rückenhaut, kauenden oder saugenden Mundwerkzeugen , breitem, kurz gegliedertem Abdomen und schildförmig entwickelter Schwanzplatte. Die letzten Kieferiüsse deckeiförmig. Beide Geschlechter meist gleich- gestaltet. Die Schwanzanhänge tragen 2 flossenähnliche Lamellen. Leben theils para- sitisch an Fischen , theils frei umherschweifend. 1. Subf. Cymothoinae. Parasiten auf der Haut und in der Mundhöhle von Fischen, mit gleichgebildeten Klammerbeinen und saugenden Mundtheilen. Die kurzen Antennen entspringen an der Unterseite des Kopfes. Maxillarfüsse kurz, 3— 4gliedrig_ Im Jugendzustand sind die Fühler lang und das sehr gestreckte frei bewegliche Abdomen zum Schwimmen befähigt. Cymothoa Fabr. Die 2 oder 3 hintern Thoracalsegmente kürzer als die voraus- gehenden. Basis des Abdomens beträchtlich schmäler als das hintere Ende desselben. 1) Schiödte, Krebsdyrenes Sugemund I. Cymothoae. JVaturh. Tidsskrift 3 R. Tom IV. Lütken, Nogle Bemaerkninger om de Nordiske Aega-Arter etc. Natur. For. Heddels. 1858. Aeginae. Serolinae. Sphaeromidae. 475 Die Beinpaare mil kräftigen Klammcrhaken. Coestrum Leach. C(fbstroides Risso, Mittelm. Bei Ceratotlioa Dana sind die Basalglieder des vorderen Antennenpaares vereint. Nahe verwandt sind Olenciva Leacii und Livoneca Leach, Bei letzterer ist die Basis des Abdomens breiler als die verschmälerte Caudalplalte, Anilocra Leach. Die drei hintern Thoracalsegmente länger als die vorausgehenden. Das grosse Abdomen am Anfang weit schmachtiger als der Thorax und mit dem hintern Ende ziemlich gleich breit. A. mediterranea Leach. A. physodes L. Mittel- meer. A.Leachü Kr. Bei Nerocila Leach finden sich jsecundäre Dornausläufer unter den seitlichen Fortsätzen der Abdominalsegmente. N. bivittata Risso, Miltelmeer. Bei Orozeuktes Edw. sind die Segmente des Abdomens verschmolzen. ^.r^ysione Schiödte. Das 7te Beinpaar schlank mit sehr kleiner Endklaue. Weibchen unsymmetrisch. A. trysibia, Rio de la Flata. 2. Subf. Aeginae. Antennen am Stirnrand inserirt. Die vier hintern Beinpaare sind schlankere Schreitfüsse ohne Klammerhaken. Maxillarfüsse gestreckt, 4 bis 6gliedrig. Schwimmen behend umher. Aega Leach. Die 3 vordem Beinpaare enden mit kräftiger Greifhand , die vier nachfolgenden sind schlanke Schreitfüsse. Saugende und stechende Mundwerkzeuge. Die kurzen inneren Antennen sind mit ihren breiten Basalgliedern verschmolzen. Ae. bicarinata Leach Ae. tridens Leach. ßeiBocinella Leach sind die Augen sehr gross und in der Mittellinie nahezu verschmolzen. B. Danmoniensis. Cirolana Leach. Sämmtliche Beinpaare sind Schreitfüsse. Kauende Mund Werk- zeuge. Abdomen 6gliedrig. C. hirtipes Edw., Cap. C. Cranchn Leach, Engl. Küste. C. borealis Liilj. Bei Eurydice Leach sind die unteren Antennen sehr lang und das Abdomen nur 5gliedrig. E pidchra Leach. (Slabberina agatlia van Ben ?) Conilocera Leach. Körper cylindrisch gestreckt, von gleichmässiger Breite. Die 3 hintern Beinpaare schlanker als die 4 vordem. Die 3 letzten Glieder der Maxillar- füsse breit und flach. C. cylindracea Mont. 3. Subf. Serolinae. Körper sehr flach schildförmig, durch 2 Längsfurchen dreitheilig. Das vordere (Weibchen) oder die beiden vordem Beinpaare (Männchen) enden mit einer Greifhand , die sechs beziehungsweise fünf nachfolgenden sind einfache Gangbeine. Kauende Mundwerkzeuge. Serolis Leach. Antennen von ansehnlicher Grösse. Kopf mit dem ersten der 7 Brustsegmente verschmolzen. Letztes Brustsegment fast rudimentär. Augen der Mittellinie genähert, vom Stirnrand abgerückt. Abdomen mit nur drei Segmenten. S. paradoxa Fabr. S. Orbigniana Aud. Edw., Fatagonien. S. Gaiidichaudii Aud. Edw., Chil. Küste. 2. Farn. Sphaeromidae. Mit breitem Kopf und verkürztem, stark convexem Körper, der sich häufig nach der Bauchseite zusammenkugeln kann. Kieferfüsse 4 — 6gliedrig, verlängert. Vordere Antennen am Stirnrand befestigt. Sämmtliche Bein- paare sind Schreitfüsse, und nur das erste oder die beiden vordem Paare können mit einer Greifhand enden. Die vordem Abdominalsegmente mehr oder minder rudimentär und verwachsen. Schwanzfüsse sehr zart und membranös; das zweite stark, beim Männchen mit grifTelförmigeni Anhang. Das letzte Paar nur mit frei beweglicher Aussen- platte und verkümmerter oder verwachsener Innenplatte. Sphaeroma Latr. Körper kuglig einrollbar. Die vier vordem Abdominalsegmente verschmolzen. Die bewegliche Aussenplatte der Caudalflosse kann sich unter der mit dem Schwanzschild verwachsenen Innenplatte einlegen. S. fossarum Mont., in den Pontinischen Sümpfen, der S. granulatumf des Mittelmeeres nahe verwandt. S. serratum Fabr., Ocean und Mittehneer, auch Brackwasserform. S. rubicauda Leach., 476 Idotcidae. Munnopsidae. Ascllidae. Engl. Küste. S. Prideauxianum Leach. Engl. Küste. Bei Dynamene Leach bleibt die Schwanzplatte beim Einkugeln ausgeschlossen. D. rubra Mont. Cymodocea Leach. Körper nicht Einrollungs-fähig, mit last parallelen Seiten- rJindern. Kopf mit stark votgewölbter Stirn. Abdomen mit granulirtem Integument und mittlerem Fortsatz. C. truncata Mont., Engl. Küste, Bei Cerceis Edw. springt die Stirn über die Basis der Antennen vor. Bei Cassidina Edw. ist der Körper achildfürmig breit und die Aussenplatte der Schwanzflosse ganz verkümmert. Nesaea Leach. Sechstes Brustsegment von ansehnlicher Grösse und auf der Bückenfläche in einen 2gablig getheilten Fortsatz ausgezogen, Aussenplatte der Schwanzflosse sehr gross, geradgestreckt, kann sich nicht unterschlagen. N.bidentata Adams. Engl. Küste. Bei Campecopea Leach. trögt das sechste Segment einen einfachen stabförmigen Fortsatz und die Aussenplatte der Schwanzflosse ist gekrümmt. Bei Amphoridea Edw. bilden die Basalglieder der vordem Antennen einen mächtigen lamellösen Vorsprung. A. typa Edw., Chili. Ancinus Edw. Körper stark abgeplattet, mit fast parallelen Seitenrändern. Die zwei vorderen Beinpaare mit mächtiger Greifhand. Schwanzflosse mit kurzem Basalgliede und einfacher langer Platte. A. depressus Edw. 3. Fam Idoieidae. Mit langgestrecktem Körper, kurzen vordem innern Antennen, kauenden Mundwerkzeugen und langem , aus mehreren Segmenten verschmolzenem Caudalschild. Das letzte Fusspaar des Hinterleibes in einen flügeiförmigen Deckel zum Schutze der vorausgehenden Kiemenfüsse umgebildet. Idotea Fabr. Die Beinpaare des Thorax gleichmässig gestaltete Schreitfüsse. Aeussere Antennen mit 4 bis ögliedrigem Sciiaft und langer Geissei. Die 2 vordem Hinterleibs- segmente deutlich gesondert. I. entomon L., Ostsee. I. tricuspidata Desm., Mittelmeer und Ganal, auch Brackwasserform. I. pelagica Leach. Bei Erichsonia Dana sind die äussern Antennen viel länger als die innern, aber nur 6gliedrig, ohne vielgliedrige Geissei, Nahe Verwandte sind : Cleantis Dana. Epelys Dana. Bei Cliaetilia Dana liegen die vordem Antennen über den hintern, das sechste Beinpaar ist fast borsten- törmig verlängert. Ch. ovata Dana, Patagonien. Arcturus Latr. Von schlanker cylindrischer Körperform, mit sehr langen untern Antennen. Die vier vordem Beinpaare sind zarte, dicht mit Borsten besetzte Strudel- lüsse, die drei hintern kräftige Schreitfüsse. Bewegen sich nach Art der Spannerraupen. A. tuberculatus Latr. A. Baffini Westw., Baffinsbai. Leachia Johnst., viertes Brust- segment sehr lang L. longicornis Sow , L. intermedius Goods, Engl. Küste. 4. Fam. Munnopsidae. Der augenlose Körper zeigt eine mehr oder minder deutliche Zweitheilung, indem sich der Kopf mit den vier vorderen Brustringen von den nachfolgenden Segmenten durch eine Einschnürung schärfer absetzt. Hinterleib nur aus einem einzigen gewölbten Segmente gebildet. Untere Fühler mit ögliedrigem Schaft und langer Geissei. Das vordere Beinpaar mit unvollkommener Greifhand , die drei nachfolgenden Paare verlängerte Gangbeine, die drei hintern blattförmige Scbwimmfüsse. Munnopsis Sars. , die vier vordem Brustsegmente breit und oben ausgehöhlt, drittes und viertes Beinpaar von Körperlänge. M. typica Sars., Küste von Norwegen. Verwandte von G. 0. Sars aufgestellte Gattungen sind: Eurycope , Mesostenus, Desmosoma, MacrostyUs. 5. Fam. Asellidac. Von ziemlich flacher Körperform. Letztes Allerfusspaar nicht deckeiförmig, sondern griifelförmig. Mandibeln mit Sgliedrigcni Taster. Kiefer- füsse mit 4 Laden. Der vordere Afterfuss ist oft eine harte Platte und bedeckt die nachfolgenden zarthäutigen Kiemenfüsse. Munna Kr. Kopf sehr breit, mit grossen stilförmig vorstehenden Augen. Erstes Bopyridae. 477 und letztes Thoracalsegment kürzer als die übrigen. Erstes Beinpaar kurz und kräftig, die übrigen schlank uud mit 2 Klauen endend. Abdomen zu einer gemeinsamen Platte verschmolzen. Männchen schmal, linear. M. Kröyeri Goods. M, Whiteana Sp. Bäte, Engl. Küste. Verwandt ist Henojjomus Kr. Jaera Leach. Obere Antennen sehr kurz, die unteren mehr als die,' halbe Körper- lange erreichend. Beine schlank, gleichförmig, mit zwei Klauen endend. Abdominal- segmente zu einer einzigen Platte verschmolzen, mit sehr kleinen Caudalgriffeln. Kiemenfüsse von einer Platte bedeckt /. Nordmanni Rathke. J. albifrons. Mont., Britische Meere. Verwandt sind Jaeridina Edvv., Oniscoda Latr. Äsellus Geoffr. Beide Antennenpaare mit vielgliedriger Geissei. Die Geissei der untern Antennen sehr lang Vorderes Beinpaar mit Greifhand , die übrigen Beine mit einfachen Klauen. Schwanzgrilfel lang, 2ästig. Männchen viel kleiner als das Weibchen. A. aquaticus L., Süsswasserforni. Limnoria Leach. Körper langgestreckt oval. Beide Antennenpaare kurz. Beinpaare schwache Schreilfusse.. Segmente des Abdomens gesondert. Schwanzpiatte breit halbkreisförmig, jederseits mit platten Schwanzgriffeln. L. terebrans Leach, (L. Ugnorum) zernagt Holz und PfahlWerk im Meere. 6. Farn. Bopyridae '). Schmarotzer in der Kiemenhöhle von Garneelen und im Leibesraum von Krabben. Körper des Weibchens scheibenförmig, durch regressive Metamorphose mehr oder minder missgestaltet und unsymmetrisch, mit undeutlicher Gliederung, ohne Augen. Männchen sehr klein, gestreckt, mit deutlich gesonderten Leibesringen und Augen, selten mit nur 6 Beinpaaren der Brust (Entotiiscus). An- tennen kurz, Mundlheile rudimentär, mit tasterlosen Mandibeln und Saugrüssel. Die sieben Paare kurzer Klammerbeine tragen im weiblichen Geschlecht breite Platten zur Bildung des Brutraums. Abdomen mit blattförmigen oder schlauchiörmigen und ver- ästelten Fusspaaren. Larven oval, kurz gegliedert, mit sehr kurzen Vorderiühlern, langen hintern Antennen und 6 Klammerfusspaaren der Brust. Die 5 Fusspaare des Abdomens mit schmalen schlanken Aesten. Schwanzanhänge griffeiförmig. Cryptoniscus Fr. Müll. (Liriope Kalhke. Hemioniscus Buchh.) Ausgewachsenes Weibchen sackförmig, gelappt, 6tes Beinpaar der Larve dünn und langgestreckt. Gliedmass^nlos. Schmarotzer von Rankenfüssern und Wurzelkrebsen. Cr. planarioides Fr. Müll., an Sacculina purpurea eines Pagurus, Brasilien. Cr. Balani Sp. Bäte, an Baianus balanoides. Cr. pygmaeus Rathke, auf Peltogaster paguri. Entoniscus Vr.^üW. Weibchen lernäenähnlich, mit mächtigen Brutblättern, und wurmförmig gestrecklem, 6gliedrigem Abdomen. Männchen mit nur 6 Beinpaaren, ohne Ilinterleibsanhänge. 6tes Beinpaar der Larve mitkräftiger Greifhand, zuweilen verlängert. Schmarotzer in dem Leibesraum von Krabben. E. Porcellanae. Fr. Müll., zwischen Darm und Herz einer Porcellana-ait. E. cancrorum. Fr. Müll. , in Xantbo-arten Bra- siliens. 1) Von neuern Arbeiten vergleiche ausser den Aufsätzen von Hesse: Cornalia e Panceri, Osservationi zoologico-anatomiche sopra un nuovo genere de Crustacei Isopodi sedentarii. Torino 1858. Lilljeborg, Liriope et Peltogaster. Kova act. reg. soc. Ups. Ser. IIL Vol. III und IV. 1859 und 1860 Fr. Müller, Entoniscus Porcellanae, eine neue Schmarotzerassel. Archiv für Katurg. Tom. XXVIIL 1862. Derselbe, Bruchstücke zur Katurgeschichte der Bopyriden. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. VL 1870. ßuchholz, Ueber Hemioniscus etc. Zeitschr. für wiss. Zoologie Tom. XVL 1868. 478 Oniscidae. Armadillinae. Pferi/a-usRathke. Weibchen unsymmetrisch und undeutlich gegliedert, mit 4 Paar aus Doppcllamelien bestehenden Kiemenanhängen am Abdomen. Ph. abdominalis Kr., auf Hippolyte. Ph. paguri Kathke. Ph. galatheae Hesse. Bei Leidya Com. und Cepon Duv. finden sich 6 Paar Kiemenanhänge. Gyge Com. ?anc. Weibchen unsymmetrisch mit mächtig entwickelten Brutblättern und 5 Paar einfachen rudimentären Kiemen. G. branchialis Corn.Panc. in der Kiemen- höhle von Gebia Uttoralis, Mittelmeer. Bopyrm Latr. Weibchen unsymmetrisch mit kleinen Brutblättern und 5 Paar einfachen triangulären Kiemenplatten am Hinterleibe. P. squillarum Latr., auf Palaemon squilla. Hier schliesst sich Bajus Kr, und Ärgejaa Dana an. Jone Latr. Körper des Weibchens breit, gegliedert und symmetrisch, mit langen Schläuchen und breiten ßrutblättern an den Brustbeinen und verästelten Kiemenanhängen am Abdomen. Männchen mit einfachen Kiemenschläuchen am Hinterleib. /. thoracica Mont. , in der Kieraenhöhle von Calianassa subterranea. An Copepoden schmarotzt Microniscus fuscus Fr. Müll. 7.Fam. Oniscidae, Landasseln. Kur die Innenlamellen der Afterfüsse zarthäutige Kiemen , die äusseren zu festen Deckplatten umgebildet , die beiden vordem zuweilen mit Lufträumen. Mandibeln tasterlos. Kieferfüsse plattenförmig, mit rudimentären Tasteranhangen. Leben vornehmlich an feuchten Orten auf dem Lande. 1. Subf. Oniscinae. Vordere Antennen ganz rudimentär und kaum bemerkbar. Abdomen 6gliedrig mit stilförmigen Schwanzgriffeln. Ligia Fabr. Geissei der äusseren Antennen vielgliedrig. Innere Antennen deutlich sichtbar. Aftergriffel sehr lang mit 2 schlanken Stilästen, die beiden Basal- glieder des Abdomens verkürzt. L. oceanica L. Auf Felsen und Steinen an der Meeresküste. Bei Ligidium ist das Basalglied des Schwanzgriff'els gabiig gelheilt. L. agile Pers., an Teichen in Deutschland. Oniscus L. Aeussere Antennen Sgliedrig. Innere Antennen verborgen , 4gliedrig, Schwanzgriflel nach aussen gewendet. 0. asellus L. = murarius Cuv., Mauerassel. Porcellio Latr. Aeussere Antennen 7gliedrig. Die vordem Lamellen der Afterfüsse mit Lufträumen. P. pictus Brdt. P. laevis Leach. P. dilatatus Brdt. P. scaber Leach. Kellerassel. Bei Trichoniscus Brdt. sind die äussern Antennen 6gliedrig , verwandt sind Philoscia Latr., Platyarthrus Brät. , Philougria Kinah. , Styloniscus Dana, Scyphiis Dana. Blinde Onisciden sind die subterranen Titanethes {Pherusa) albus Koch und Typhloniscus {Platyarthrus) Steinii Schübl 2. Subt. Armadillinae. Körper stärker gewölbt, zusammenrollbar, mit lamel- lösen, nicht vorragenden Caudalgriffeln. Armadillo Latr. {Armadillidium Brdt.) Körper elliptisch mit 7gliedrigen Aussen- antennen. A. vulgaris Latr. A. officinarum Brdt, Nahe verwandt sind die von Dana aufgestellten Gattungen Diploexochus , Sphaeroniscus , Tylus. J. F. Brandt, Conspectus monographiae Grnstaceorum Oniscodorum. Bull. Soc. nat. )Ioscüu, 1833. Kinahan, Analysis of certain allied genera of terrestrial Isopoda. Nat. bist. Rev. 1857. 1858 und 1859. J. Schöbl, Thyphloniscus Steinii etc. Wien. Sitzungsb. Bd. 40. 1860, sowie Haplophthalmus etc. Zeits. für wiss. Zool. Tom. X. 1860. 3. Unterordnung: Cumacea. 479 3. Unterordnung: Cumacea'), Cumaceen. Ringelkrebse vom Habitus der Thoracostraken mit Meinem Kopf- brustschild, 4 his 5 freien Brustsegmenten, mit 2 Kieferfusspaaren und 6 theihveise gespaltenen JBeinpaaren , mit langgestrecktem Gglied- rigem Abdomen, welches beim Männchen ausser den Schwanzanhängen 2, 3 oder 5 Schivimmfusspaare trägt, im weiblichen Geschlechte derselben entbehrt. Die Cumaceen, deren systematische Stellung sehr verschieden be- urtheilt wurde, tragen zwar in ihrer Erscheinung den Hahitus der Schalenkrebse, schliessen sich jedoch ihrem Innern Baue nach den Ringelkrebsen und unter diesen am meisten den Isopoden an. Was vornehmlich die Annäherung an die Thoracostraken bedingt, ist das Vorhandensein eines Kopfbrustschildes, welches ausser den Kopfsegmenten zugleich die vordem Brustringe und deren Gliedmassen umfasst. Indessen bleiben stets die vier oder fünf hintern Brustringe frei. Von den beiden Antennenpaaren sind die vordem klein und bestehen aus einem drei- gliedrigen Schaft, an dessen Ende sich vomehmhch beim Männchen Büschel von Riechhaaren ansetzen, aus einer kurzen Geissei und Neben- geisseh Die untern Antennen bleiben im weiblichen Geschlecht kurz und rudimentär, während sie beim ausgebildeten Männchen mit ihrer vielgliedrigen Geissei die Länge des Körpers erreichen können. Die Oberlippe bleibt meist klein, während die tief getheilte Unterlippe einen bedeutenderen Umfang zeigt. Die Mandibeln entbehren des Tasters und entsenden unterhalb der stark bezahnten Spitze einen Borstenkamm und einen mächtigen Molarfortsatz. Von den beiden Maxillenpaaren bestehen die vordem aus 2 gezähnten Laden und einem cylindrischen, nach hinten gerichteten Geisselanhang, die tasterlosen Kiefer des 2ten Paares aus mehreren über einander Hegenden Kauplatten. Die beiden nachfolgenden Extremitätenpaare dürften als Kieferfüsse zu bezeichnen sein. Die vordem, welche den Unterlippentastern der Asseln entsprechen, sind ögliedrig und durch den Ladenfortsatz ihres Basalgliedes kenntlich. 1) H. Kröyer, Fire nye Arter af slaegten Cuma. Naturh. Tidsskr. Tom III. 1841. Derselbe, Om Cumaernes Familie. Ebend. N. R. Tom III. 1846. Goodsir, Description of the genus Cuma and two new genera nearly allied to it. Edinb. new Fhil. Journ. Vol. 34. 1843. Spence Bäte, On the British Diastylidae. Ann. and Mag. oi nat. bist. Tom. XVII. G, 0. Sars, Om den aberrante Krebsdyrgruppe Cumacea, og dens nordiske Arter. Vid.-Selsk. Forhandlinger 1864. Fr. Müller, lieber Cumaceen. Archiv für Naturg. Tom. XXXI. 1865. A. Dohrn, lieber den Bau und die Entwicklung der Cumaceen. Jen. naturw. Zeitschr. Tora. V. 1870. 480 Innerer Bau. Fortpflanzung. die hintern meist ebenfalls Sgliedrigen Kieferfüsse besitzen eine bedeu- tendere Länge und ein sehr gestrecktes cylindrisches Stanimglied. Von den noch übrigen sechs als Beinpaare zu bezeichnenden Extremitäten- paaren der Brust sind die beiden vordem stets nach Art der Schizopoden- füsse gebildet und bestehen aus einem 6gliodrigen Bein, mit mächtig entwickeltem lamell()sen Basalglied und einem vielgliedrigen mit langen Schwimmborsten besetzten Nebenast. Die vier letzten ebenfalls Ggliedrigen Beinpaare sind kürzer und tragen theilweisse (in verschiedener Zahl) mit Ausnahme der hintern, einen kleineren oder grösseren Schwimm- fussanhang als Nebenast. Das stark verengte und sehr langgestreckte Abdomen entbehrt im weiblichen Geschlecht der SchwimmfUsse , trägt aber an dem grossen 6ten Segment zu der Seite der Schwanzplatte langgestilte 2ästige Schwanzgriffel, während beim Männchen noch 2, 3 oder 5 Schwimmfusspaare an den vorausgehenden Segmenten hinzu- kommen. Die Augen sind, wenn überhaupt vorhanden, zu einem unpaaren über der Basis des Schnabels gelegenen Sehorgan verschmolzen. Am Darmcanal unterscheidet man die Speiseröhre, einen mit Leisten und Zähnen bewaffneten Kaumagen, in welchen jederseits 3 lange Leber- schläuche einmünden, und einen langen engen Darm mit der unter der Schwanzplatte gelegenen Afteröffnung. Das >:ien]lich lange Herz liegt im Kopfbruststück und besitzt jederseits nur eine venöse Oeffnung, ent^5endet aber 2 seitliche verästelte Arterien und nach vorn eine Kopfaorta. Das Blut gelangt in bestimmten Bahnen nach dem Kopfbrustschild, an welchem die Respiration stattfindet. Ausserdem ist jederseits ein be- sonderer vielfach gespaltener Kiemenanhang vorhanden , durch dessen beständige Vibration die Erneuerung des die Unterseite des Schildes bespühlenden Wassers bewirkt wird. Derselbe scheint hinter der Basis des vordem Maxillarfusses (Kröyer) zu entspringen. Als Excretions- organe werden zwei zu den Seiten des Herzens gelegene Schläuche gedeutet. Die beiden Geschlechter unterscheiden sich durch die Gestalt der hintern Antennen und des Abdomens (Kröyer). Bei der Begattung hält sich das Männchen auf dem Rücken des Weibchens mit den beiden grossen vordem Beinpaaren fest, deren Klauen unter die Einbuchtungen des Kopfbrustschildes eingeschlagen werden. Die Eier gelangen in eine von den verbreiterten Beinpaaren gebildeten Bruttasche und durchlaufen in derselben die Embryonalbildung. Diese zeigt die grösste Aehnlichkeit mit der der Isopoden. Wie hier hegt das Abdomen anfangs nach dem Rücken umgeschlagen, erfährt jedoch später eine Umbiegung i ach der Bauchseite. Die ausschlüpfenden Jungen entbehren noch des letzten Brustbeines und der Abdominalfüsse. Von der Lebensweise der Cumaceen ist bekannt, dass sich dieselben nahe am Strande auf saudigem und 7. Ordnung: Thoracostraca. 481 morastigem Grunde, theilweise in bedeutenden Tiefen auflialten, am Tage ruhen und Nachts umherschwimmen, 1. Farn. Diastylidae. Mit den Charakteren der Unterordnung. Diastylis Say. (Cwma Edw.). Mit 5 freien Thoracalsegmenten , stark verschmälertem schlanken Ab- domen , mit wohlentwickelter Schwanzplatte. Beide Geissein der vordem Antennen mehrgliedrig, ■ Die drei hintern Brustbeinpaare des Weibchens ohne Schwimmfussanhang. Geisselanhang der Maxille mit 2 Borsten. Im männlichen Geschlechte entbehrt nur das letzte Beinpaar des Nebenastes, und es tragen die beiden vordem Abdominalsegmente grosse Fusspaare. Z>. Bathkii Kr. Kordsee. C. Edwardsii Kr. u. m. A. Nahe ver- wandt ist Leptostylis G. 0. Sars. Leucon Kr. Aeusserer Geisselanhang der vordem Antennen sehr kurz, ein- gliedrig. Bei dem augenlosen Weibchen sind nur die zwei letzten Beinpaare der Brust ohne Schwimmanhang. Schwanzplatte klein. Der Geisselanhang der llaxillen trägt nur 1 Borste. Männchen wie bei Diastylis. L. nasicus Kr., Norwegen. Nahe verwandt ist Eudora Sp.Bate, ebenfalls augenlos, ohne Schnabel. E. emarginata Kr. E. truncatula Sp. Bäte. Lamprops G. 0. Sars. Aeussere Geissei der Vorderfühler 2glied- rig, innere 3gliedrig, auch das vorletzte und drittletzte Beinpaar des Weibchens mit kleinem 2gliedrigen Nebenanhang. Auge vorhanden. Männchen mit 3 grossen Schwimmfuss- paaren am Abdomen. L. rosea Norm. (Das Männchen als Cyrianassa elegans be- schrieben.), Norwegen. Nahe verwandt sind die von G. 0. Sars aufgestellten Gattungen Pseudocuma, Petalopus, Cumella. Campylaspis G. 0. Sars. Mit nur 4 freien Brustsegmenten. Vordere Antennen ohne äussern Geisselanhang. Nur die beiden vordem Beinpaare der Brust tragen einen vollkommen entwickelten Schwimmfussanhang. Schwanzplatte ganz klein. Männchen mit 5 Schwimmfusspaaren des Abdomens. (Bodotria Goods.) C. longicaiidata G. 0. Sars. Lofoten, in bedeutender Tiefe. C. Goodsiri Van Ben. 7. Ordnung: Podophthalmata = Thoracostraca'), Schalenkrebse. Malacostrakeii mit zusammengesetzten auf beweglichen Stilen sitzenden Augen, mit einem Mückenschild, welches alle oder wenigstens die grössere Zahl der Brustsegmente mit dem Kopfe verbindet. Auch die Schalenkrebse besitzen (mit seltenen Ausnahmen [Leiicifer]) einen aus 13 Segmenten zusammengesetzten Vorderleib und ein Abdomen, an dessen Bitdung sich 7 (bei Nebalia 9) Segmente betheiligen, indessen 1) Ausser den grösseren Werken von Herbst, M. Edwards, Dana und den Aufsätzen von Duvernoy, Audouin und M. Edwards, Joly, Couch u.a. vergl. Leach, Malacostraca podophthalma ßritanniae. London. 1817—1821. J. V. Thompson, On the metamorphosis of Decapadous Crustacea. Zool. Journ. Vol. 2 1831; sowie Isis 1834, 1836, 1838. H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Fluss- krebses. Leipzig. 18'4;9. Th. Bell, A history of the British stalk-eyed Crustacea. London 1853. Lereboullet, Kecherches d'embryologie compar^e sur le developpement du Brochet, de !a Perche et de 1' Ecrivisse. Paris 1862. V. Hensen, Studien über das Gehörorgan der Decapoden, Leipzig 1863. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 81 482 Antennen. Mundwerkzeuge. erscheint der Körperbau weit concentrirter, zu einer vollkommenem Locomotion und höhern Lebensstufe befähigt. Anstatt der 7 deutlich gesonderten Brustringe wird die mittlere Leibesgegend mehr oder minder vollständig von einem grossen Rückenschilde bedeckt, welches eine festere und innigere Verschmelzung von Kopf und Brust herstellt. Aller- dings machen sich in der Ausbildung dieses Kopfbrustschildes verschiedene Abstufungen geltend. Am meisten weicht dasselbe von der normalen Gestaltung bei der Gattung Nebalia ab, welche als Verbindungsglied der Phyllopoden und Podophtlialmen betrachtet werden kann. Hier bildet dasselbe eine zweischalige Duplicatur des Kopfes, welche in freier Auf- lagerung die kurzen Brustringe sowie die grossen vordem Abdominal- segmente nach Art der Daphnienschale überdeckt. In allen andern Fällen bildet die Schale unmittelbar das Rückenintegument der vordem oder aller Brustringe und erscheint nur in ihren seitlichen nach der Bauchseite gebogenen Flügeln als freie Duplicatur. Während dieses Rückenschild bei den Stomatopoden nur die vordem Brustringe in sich einschliesst und die hintern Ringe als scharf gesonderte Leibessegmente frei lässt, breitet sich dasselbe bei den Schizopoden und Decapcden fast ausnahmslos über sämmtliche Ringe der Brust aus, welche mit dem Kopfe zu einem festen hartschaligen Vorderleib verschmelzen. Rück- sichtlich der Gliedmassen, von denen 1 3 (oder, wenn man die Augenstile als Extremitäten betrachtet, 14) Paare dem Vorderleibe und 6 dem Hinterleibe angehören, treffen wir eine von den Arthrostraken abweichende, aber selbst wieder in den einzelnen Gruppen wechselnde Verwendung. Dazu kommt, dass das Augenpaar in zwei bewegliche Stile hineinrückt, die man als vorderstes Gliedmassenpaar zu deuten berechtigt zu sein glaubte. Die beiden Antennenpaare gehören dem Vorderkopfe an, welcher selbst wieder gelenkig abgesetzt sein kann (Squilla). Das vordere Paar trägt auf einem gemeinsamen Schafte in der Regel zwei oder drei Geissein, wie man die secundären als geringelte Fäden sich darstellenden Glieder- reihen bezeichnet, und ist vorzugsweise Sinnesorgan. In seiner Basis liegen die Gehörblasen, an einer seiner Geissein sind die zarten Fäden und Haare angebracht, welche mit Nerven im Zusammenhange stehen und als Geruchsorgane gedeutet werden. Die zweiten Antennen heften sich ausserhalb und in der Regel etwas unter den vordem an , tragen nur eine lange Geissei und eine mehr oder minder umfangreiche Schuppe. Auf einem röhrenförmigen Fortsatz ihres Basalgliedes mündet eine Drüse aus. Als Mundwerkzeuge fungiren die nachfolgenden 3 Gliedmassenpaare, zu den Seiten der Oberlippe die verhornten, Taster tragenden Mandibeln und weiter abwärts die beiden mehrfach gelappten Maxillenpaare, vor denen unter der Mundöffnung die kleine zweilappige Unterlippe liegt. Die nach- folgenden 8 Gliedmassenpaare zeigen in den einzelnen Gruppen eine sehr verschiedene Form und Verwendung, sie können sämmthch nach Art Beinpaare. Afterfüsse. Schwanzflosse. Kiemen. 483 der Phyllopoden gestaltet sein (Nehalia), aber bereits die zum Schwimmen und Strudeln dienenden Spaltfüsse der Schisopoden vorbereiten, welche auch den 8 Brustsegnienten zugehören. In der Regel aber rücken die vordem Paare, zu Hülfsorganen der Nahrungsaufnahme umgebildet, als Beikiefer oder Kieferfüsse näher zur Mundöffnung herauf und nehmen auch ihrem Baue nach eine vermittelnde Stellung zwischen Kiefern und Füssen ein. Bei den Becapoden sind die nächsten drei Paare von Gliedmassen Beikiefer , so dass fünf Paare von wahren Beinen am Vorder- leibe übrig bleiben, bei den Stoniatopoden werden sogar die nächsten fünf Gliedmassenpaare als Greif- und Kieferfüsse verwendet, und nur drei Paare von spaltästigen Schwimmbeinen entspringen an den drei hintern freien Segmenten der Brust. Die Beine der Brust sind bei den Decapoden meistens Gehfüsse und enden mit einfachen Klauen, die vordem häufig auch mit grossen Scheeren, indessen können ihre End- glieder auch breite Platten werden und die Gliedmassen zum Gebrauche als Schwimmfüsse befähigen. Von den sechs 2ästigen Fussparen des Hinterleibes verbreitert sich das letzte Paar in der Ptegel flossenartig und bildet mit dem letzten Abdominalsegmente, welches zu einer an- sehnlichen Platte umgestaltet ist, die Schwanzflosse oder den Fächer. Dagegen sind die fünf vorausgehenden Fusspaare, welche als Afterfüsse den fünf vordem Abdominalsegmenten angehören, theils Schwimmfüsse (Stoniatopoden), theils dienen sie sämmtlich zum Tragen der Eiersäckchen oder die vordem als Hültsorgane der Begattung (Männchen), sie können aber auch mehr oder minder rudimentär werden und theilweise hinweg- fallen. Mit seltenen Ausnahmen {Mysis, Nehalid) besitzen alle Schalenkrebse büschelförmige oder aus regelmässigen lanzetförmigen Blättchen zu- sammengesetzte Kiemen, welche als Anhänge der Gliedmassen auftreten. Die Stomatopoden tragen dieselben am Hinterleibe unter den Afterfüssen, die Schüopoden nur ausnahmsweise an den Afterfüssen (Männchen von SiricUa\ in der Regel an den Spaltfüssen der Brust, bei den Becapoden sitzen sie an den gleichwerthigen Extremitäten (Beikiefern und Gehfüssen), aber fast durchweg in einem besondern Kiemenraum unter den seitlichen Ausbreitungen des Panzers. Dieser Kiemenraum communicirt jederseits mit dem äusseren Medium durch eine an der Unterseite des Vorderleibes verlaufende Längsspalte oder nur an der Basis des ersten Fusspaares durch ein Oeffnung, zu der noch eine zweite Spaltöffnung vor dem Munde hinzukommt. Durch eine schwingende Platte des zweiten Kiefer- paares wird das die Kiemen umspülende Wasser in beständigem Wechsel erhalten, indem durch die ventrale Längsspalte neues Wasser einströmt und durch die vordere Oeffnung abfliesst, so dass ein den Respirations- bewegungen luftathmender Thiere analoger Vorgang auch bei den durch 31* 484 Herz und Gefässsystem , Darmkanal. Kiemen athraenden Krebsen besteht. Auch die Kreislatifsorgane er- langen eine hohe Entwicklung, die höchste nicht nur unter den Krebsen, sondern überhaupt unter allen Arthropoden. Ueberall haben wir ein Herz und Gefässe, bei den Stomatoxmden ein sehr langes gefässartiges Herz, welches sich durch Brust und Hinterleib erstreckt, zahlreiche Spaltenpaare besitzt und ausser einer vordem und hintern Aorta zahl- reiche sich verzweigende Arterien stamme rechts und links austreten lässt. Bei den Schisopoden und Decapoden besitzt das Herz eine sack- förmige Gestalt und liegt im hintern Theile des Kopfbruststückes. Im erstem Falle ist wie bei den Larven der Decapoden nur 1 Spaltenpaar vorhanden und das Arteriensystem (vordere und hintere Aorta) nur wenig verzweigt. Bei den ausgebildeten Decapoden hat sich die Zahl der Spaltenpaare auf 3 vermehrt und der Gefässapparat bedeutend vervoll- kommnet. Eine vordere meist unpaare Arterie, die Kopfaorta, versorgt das Gehirn, die Fühler und Augen, 2 seitliche Arterien entsenden ihre Zweige zu der Leber und zu den Geschlechtsorganen, die hintere abdominale Aorta spaltet sich meist in eine Rücken- und Bauch- aorta, von denen die erste die Muskeln des Schwanzes mit Aesten versorgt, die letztere ihre Verzweigungen in die Gliedmassen der Brust und des Abdomens sendet. Aus den capillarartigen Verzweigungen strömt das Blut in venöse Gefässe und aus diesen in weite an der Kiemenbasis gelegene Bluträume. Von da durchsetzt dasselbe die Kiemen und tritt arteriell geworden wiederum in neue Gefässe (Kiemen- venen mit arteriellem Blute), welche in emen das Herz umgebenden Behälter, den Pericardialsinus, führen, aus dem das Blut in die Spalt- öffnungen des muskulösen Herzens einfliesst. Der Verdauungscanal besteht aus einem kurzen Oesophagus, einem weiten sackförmigen Vormagen und einem langgestreckten Magendarm, der in der Afteröffnung unter der medianen Platte der Schwanzflosse ausmündet. Der weite Vormagen, Kaumagen, ist häufig durch ein festes Chitingerüst gestützt, an -vN-^lchem sich mehrere nach innen her- vorragende Paare von Kauplatten (durch Verdickung der innern Chitin- haut entstanden) befestigen. Bei den Decapoden können in der Haut noch zwei runde Concremente von kohlensaurem Kalk, die sog. Krehs- angen (Flusskrebs), abgelagert werden. In den Anfangstheil des lang- gestreckten Magendarms, dessen Wandungen eine zellig drüsige Be- schaffenheit erhalten, münden bei den Decapoden die Ausführungs- gänge sehr umfangreicher vielfach gelappter Drüsen ein, welche man als Leber deutet. Auch Harnorgane scheinen vorhanden zu sein, in- dem zwei in der Basis der äussern Antennen ausmündende Drüsen zuweilen von grünlicher Farbe wahrscheinlich stickstoffhaltige Zersetzungs- producte ausscheiden. Nervensystem. Sinnesorgane. 48ö Das Nervensystem zeichnet sich zunächst durch die Grösse des weit nach vorn gertickten Gehirnes aus, von welchem die Augen und An- tennennerven entspringen. Das durch sehr lange Coramissuren mit dem obern Schlundganglion(Gehirn) verbundene Bauchmark zeigt eine sehr ver- schiedene Concentration. Am geringsten ist dieselbe bei den Larven (Erichthus, Phyllosoma) und bei den Schisopoden, deren Bauchganglienkette {Mysis) 10 dicht gedrängte Brust- und 6 Abdominalganglien enthält. Bei den Stomatopoden (Sqiiilla) liegt im Kopfbruststück eine grosse Brustganglienmasse, welche die Kiefer und Kieferfüsse mit Nerven versorgt, dann folgen in den drei hintern ßrustsegmenten 3 Ganglien, von denen die drei Fusspaare ihre Nerven erhalten, und endlich im Abdomen (5 Nervenknoten. Unter den Becapoden besitzen die lang- schwänzigen in der Regel 12 Ganglien, 6 in der Brust und 6 im Ab- domen, indessen kommt es auch schon bereits zur Verschmelzung einiger Brustganglien (Falaemon, PaUnurus), welche bei den Anomuren weiter vorschreitet (Pagurus). Hier ist auch der Reduction des Abdomens entsprechend nur noch ein Abdominalganglion vorhanden. Bei den kurz- schwänzigen Decapoden erlangt die Concentration des Bauchmarkes ihre höchste Stufe, indem alle Ganglien zu einem grossen Brustknoten ver- schmelzen. Ebenso ist hier das System der Eingeweidenerven am höchsten entwickelt. Dasselbe besteht beim Flusskrebs aus Ganglien und Geflechten an der obern Fläche des Magens, welche durch einen unpaaren Nerven mit dem hintern Rande des Gehirnes verbunden sind, forner aus paarigen Geflechten, welche von zwei Nerven der Schlund- commissur entspringen und Oberlippe, Speiseröhre, Magen und Leber versehen, endlich aus Nerven des Darmes, welche von dem letzten Abdominalganglion entspringen. Von Sinnesorganen treten am meisten die grossen Facettenaugen hervor. Dieselben werden auf beweglichen Stilen getragen, welche man ziemlich allgemein als Gliedmassen deutet und dann als die vordersten den Ringelkrebsen fehlenden Gliedmassen des Kopfes ansehen muss. Zwischen diesen gestilten Facettenaugen kommt im Jugendzustand ein medianes, dem unpaaren Entomostrakenange gleichwerthiges einfaches Auge vor, ferner können auch im ausgewachsenen Zustande paarige Augen an den Seiten der Brustghedmassen und unpaare zwischen den Afterfüssen hinzutreten (Euphausia). Die Gehörorgane liegen als Oto- lithenhaltige Blasen im Basalgliede der Innern Antennen, selten in den Laraellen des Fächers {Mysis). Als Geruchsorgane mögen die zarten Fäden und Haare der Innern Antennen, als Tastorgane die Antennen, die Taster der Kiefer und wohl auch die Kieferfüsse und Beine dienen. Die Geschlechtsorgane liegen paarig in der Brust, theilweise wohl auch im Abdomen und werden meist durch mediane Abschnitte verbunden. Die weiblichen bestehen aus zwei Ovarien (seltener aus einer unpaaren 486 Geschlechtsorgane. Fortpflanzung. Keimdrüse, Mysis) und ebensoviel Oviducten, zuweilen mit birnförmigem Samenbehälter. Die weiblichen Geschlechtsöffnungen finden sich im Hüft- gliede des dritten Beinpaars oder auf der Brustplatte zwischen dem dritten Beinpaare. Die beiden aus vielfachen Säckchen und Blindschläuchen gebildeten Hoden liegen der Mittellinie mehr oder minder genähert und können Ausläufer in das Abdomen entsenden (Becapoden). Ihre beiden oft vielfach gewundenen Vasa deferentia münden am Hüftgliede des fünften Beinpaares, seltener auf der Brust, zuweilen auf einem be- sonderen Begattungsgliede {Schizopoden) aus. Das erste Paar der Afterfüsse oder auch noch das zweite Paar dienen als Hülfsorgane der Begattung. Die Eier gelangen in einen von lamellösen Plattenanhängen der Beinpaare gebildeten Brutbehälter (Schizopoden) oder werden von dem Weibchen mittelst einer Kittsubstanz, dem Secrete besonderer Drüsen, an den mit Haaren besetzten Afterfüssen befestigt und bis zum Aus- schlüpfen der Jungen umhergetragen {Becapoden). Die Schalenkrebse erleiden fast allgemein eine Metamorphose, freilich unter sehr verschiedenen Abstufungen. Nur wenige Arten sind bekannt {Nelalia, Mysis), deren Junge in der Gestalt der Eltern mit vollzähliger Segmentirung und mit sämmtlichen Extremitäten die EihüUen verlassen. Zu diesen Ausnahmsfällen gehört nach West- wood auch eine westindische Landkrabbe (Gecarcinus) und wie längst bekannt ist, der Flusskrebs, dessen ausgeschlüpfte Brut mit den ausge- bildeten Thieren bis auf die noch rudimentäre Schwanzflosse überein- stimmt. Unter den marinen Decapoden schliesst sich diesen Fällen am nächsten die Entwicklung der Hummers an, freilich schon als Beispiel einer höchst beschränkten Metamorphose , indem die ausgeschlüpften Jungen in der Gestalt der Beine den Schizopoden gleichen, wie diese Spaltfüsse mit einem äusseren Schwimmast besitzen und auch noch der Afterfüsse entbehren. In der Regel ist jedoch die Metamorphose weit vollständiger. Die Larven der Stomatopoden und fast sämmtlicher mariner Decapoden verlassen das Ei in der als Zoea bekannten Larven- Ibrm meist mit nur 7 Ghedmassenpaaren des Vorderleibes, noch ohne die 6 letzten Brustsegmente, indessen mit langem, freilich anhangslosem Schwanz. Die beiden Fühlerpaare sind kurz und rudimentär, die Mandibeln noch ohne Taster, die Maxillen bereits gelappt und in den Dienst des Mundes gezogen, die vier vorderen Maxillarfüsse sind Spaltfüsse und fungiren als zweiästige Schwimmfüsse , hinter denen jedoch bei Pagurus und den Garneelen auch noch der dritte spätere Kieferfuss als kleiner Schwimm- fuss hinzutritt. Kiemen fehlen noch und werden vertreten durch die dünnhäutigen Seitentheile des Kopfbrustschildes, unter welchem eine beständige Wasserströmung in der Richtung von hinten nach vorn unter- halten wird. Ein Herz ist vorhanden, aber mit nur einem einzigen Spaltenpaar. Die Facettenaugen erscheinen von ansehneicher Grösse, Entwicklung. Zoea. 487 aber noch nicht in Augenstile gerückt. Dagegen findet sich zwischen beiden stets ein unpaares einfaches Auge als Erbtheil der Entomostraken, das Entomostrakenauge. Bei den kurzschwänzigen Decapoden oder Krabben trägt die Zoea in der Regel stachelförmige Fortsätze, die zum Schutze des kleinen pelagischen Seethieres vortreffliche Dienste leisten, gewöhnlich einen Stirnsfachel , einen langen gekrümmten Rückenstachel und 2 seitliche Stachelfortsätze des Kopfbrustpanzers. Dieselben können jedoch auch theil weise oder ganz hin wegfallen {Mala, Oxyrhynclien\ wie sie ganz allgemein den Garneelen und vielen Anomuren vollkommen fehlen. Während des Wachsthums der Zoea, deren weitere Umwandlung eine ganz allmählige und überaus verschiedene ist, sprossen unter dem Kopfbrustschild die fehlenden 6 (5) Beinpaare und am Abdomen die Afterfüsse hervor, die Garneelenlarven treten schliesslich in ein den Schizopoden ähnliches Stadium ein, aus dem die definitive Form her- vorgeht. Die Krabbenzoea aber geht mit einer spätem Häutung in eine neue Larvenform, die Megaloj^a, über, welche bereits eine bedeutende Annäherung zu den Brachyuren bietet, übrigens einen grossen noch nicht nach der Bauchseite umgeschlagenen Hinterleib besitzt. Indessen stellt die Zoeaform keineswegs überall die niedrigste Larvenstufe dar. Abgesehen von dem Vorkommen Zoeaähnlicher Larven, denen auch noch die mittleren Kieferfüsse fehlen, gibt es Garneelen (Peneiis) und Schizo- poden {Euphausia) , welche als Naupliusforraen das Ei verlassen und auch in der Knospungsart der nächstfolgenden Extremitätenanlagen die Kaupliusraetamorphose in Modifikationen wiederholen, durch welche anstatt der Verwandlung in die jüngste Cyclopsform, die in das gleich- werthige Zoeastadium vorbereitet wird. So ist durch die Entwicklungs- geschichte eine gewisse Continuität für die Formenreihe der Entomostraken und Malakostraken erwiesen, die um so unzweifelhafter ist, als sich auch in der häufigem Form der Decapodenmetamorphose, bei welcher das Junge als Zoea oder in einer vollkommeneren Gestalt aus dem Eie schlüpft, das Naupliusstadium in der Bildung des Embryos wiederholt. Die meisten Schalenkrebse sind Meeresbewohner und ernähren sich von todten thierischcn Stoff"en oder auch vom Raube lebender Beute. Viele schwimmen vortrefflich, andere wie zahlreiche Krabben bewegen sich gehend und laufend und vermögen oft mit grosser Behendigkeit rück- wärts und nach den Seiten zu schreiten. In den Scheeren ihrer vordem Beinpaare haben sie meist kräftige Vertheidigungswaften. Ausser den mehrmaligen Häutungen im Jungenzustand werfen auch grossentheils (Decapoden) die geschlechtsreifen Thiere einmal oder mehrmals im Jahre ihre Schale ab und leben dann einige Zeit lang mit der neuen noch weichen Haut in geschützten Schlupfwinkeln verborgen. Einige 488 1. Unterordnung: Stomatopoda. Brachyuren vermögen Icängere Zeit von Meere entfernt auf dem Lande in Erdlüchern zu leben. Diese Landkrabben unternehmen meist zur Zeit der Eierlage gemeinsame Wanderungen nach dem Meere und kehren später mit ihrer gross gewordenen Brut nach dem Lande zurück {Gecarcinus ruricola). Die ältesten bis jetzt bekannt gewordenen fossilen Podophthalmen sind langschwänzige Decapoden und Schizo- poden aus der Steinkohlenformation (Palaeocrangon , Palaeocarabus, Fygocephalns). Sehr reich und mannichfaltig sind die Podophthalmen im Ooiith vertreten, welchem die ältesten Krabben angehören (Goniodromites, Oxythyreus). Eine merkwürdige Zwischenform der Podophthalmen und Arthrostraken ist üronectes fimbriatus aus der Kohlenformation. 1. Unterordnung: Stomatopoda'), Maulfüsser. Langgestreckte Podophthalmen mit Meinem die 3 bis 4 hintern Briistsegmente freilassenden Kopfbrustschild, mit 5 Paaren von Mundfüssen und 3 spaltästigen Beinpaaren, mit Kiemenbüscheln an den Schwimmfüssen des mächtig entwicliclten Hinterleibes. Die Stomatopoden , zu denen man früher auch die Schizopoden, ferner die Gattung Leucifer und die nunmehr als Scyllarus- und Palinurus- larven erwiesenen Phyllosomen stellte, werden gegenwärtig auf die nur wenige Formen umfassenden aber scharf und gut begrenzten Squilliden oder Heuschreckenkrebse beschränkt. Es sind Podophthalmen von an- sehnlicher Grösse und langgestreckter Körperform mit breitem, mächtig entwickeltem Abdomen, das an Umfang den Vorderleib meist bedeutend überwiegt und mit einer ausserordentlich grossen Schwimmflosse endet. Das weichhäutige Kopfbrustschild bleibt kurz und lässt mindestens die drei hintern Thoracalsegmente, denen die gespaltenen Ruderbeine angehören, unbedeckt. Aber auch die Segmente der Raubfüsse sind nicht mit dem Schilde verwachsen. Der vordere Abschnitt des Kopfes, welcher die Augen und Antennen trägt, bleibt beweglich abgesetzt, wie auch die Brustseite der nachfolgenden vom Kopfbrustschilde bedeckten Segmente eine beschränkte Beweglichkeit bewahren. Die vordem Innern Antennen tragen auf einem langgestreckten Sgliedrigen Stile drei kurze vielgliedrige Geissein, während die Antennen des 2ten Paares an der äussern Seite ihrer vielgliedrigen Geissei eine breite umfangreiche Schuppe besitzen. 1) Ausser Dana, M. Edwards u. a. vergleiche: Duvernoy, Recherches sur quelques points d' Organisation des Squilles. Ann. des scienc. nat. 3 Ser. Tom, VIII. Fr. Müller, Bruchstück aus der Entwicklungsgeschichte der Maulfüsser. I. u.U. Archiv für Katurg. Tom. XXVIII. 1862. und Tom. XXIX. 1863. C. Claus, Die Metamorphose der Squilliden. Zcilschr. für wiss. Zoologie Tom. XXI. 1H7I. Mundwerkzeuge. Beine. Organisation. 489 Die weit abwärts gerückten Mandibeln enden mit zwei zangenartig ge- stellten, bezahnten Fortsätzen und tragen einen nur dünnen drei- gliedrigen Taster. Die Maxillen sind verhältnissmässig klein und schwach, die vordem mit hakenförmig ausgezogener Lade und kleinem Tasterrudiment, die untern vier bis fiinflappig, stets ohne Fächeranhang. Ausser den Kiefern sind die 5 folgenden fussartig gestalteten Extremitätenpaare dicht um den Mund gedrängt und desshalb treffend als Mundfüsse be- zeichnet worden. Sämmtlich tragen sie an der Basis eine scheibenförmige Platte , die an den beiden vordem Paaren einen ansehnlichen Umfang erreicht. Nur das vordere Paar (1. Kieferfuss) ist dünn und taster- förmig, die übrigen dienen zum Ergreifen und zum Raube der Beute. Bei weitem am umfangreichsten ist das zweite Paar (2. Kieferfuss), welches mehr oder minder nach aussen gerückt, einen gewaltigen Raub- fuss mit enorm verlängerter Greifhand darstellt. Die drei folgenden Paare sind gleichgestaltet und enden mit schwächerer rundlicher Greifhand. Somit bleiben zum Gebrauche der Locomotion nur die drei Beinpaare der letzten unbedeckten Brustsegmente und zwar in Form von spaltästigen Ruderfüssen übrig. Um so mächtiger aber sind die Schwimmfüsse des Abdomens entwickelt, deren äussere Lamellen die Kiemenbüschel tragen. Das Nervensystem zeichnet sich durch sehr lange Schlundcommissuren aus, die vor dem Eintritt in den Bauchstrang noch eine Querverbindung zeigen. Das Gehirn liegt ganz vorn im Antennensegment des Kopfes, und die vordem Ganglien der Brust (im Larvenleibe noch gesondert) sind zu einer gemeinsamen und grossen untern Schlundganglienmasse vereint, deren Nerven die Mundtheile und sämmtUche Raubfüsse ver- sorgen. Nur die drei hintern Brustganglien erhalten sich in den drei Segmenten der Ruderbeine gesondert. Denselben folgen sechs ansehnhche GangUen in den Schwanzsegmenten. Autfallenderweise wurden bislang Gehörorgane vermisst, während Riechfäden an der kurzen Geissei der Innern Antennen in grosser Zahl aufsitzen. Die Speiseröhre ist kurz, der Kaumagen einfacher als bei den Decapoden gebaut, der Chylusdarm geradgestreckt, und mit 10 Paar Leberbüscheln besetzt. Das Herz besitzt 5 Spaltenpaare und die Form eines langen Rückengefässes , welches sich durch Brust und Abdomen erstreckt, in jedem Segmente ein Paar seitlicher Arterien abgibt, und an den Enden in eine Kopfaorta mit Augen und Antennengefässen und in eine verästelte Arterie der Schwanzplatte ausläuft. Beide Geschlechter sind nur wenig verschieden. Indess ist das Männchen leicht an dem Be- sitze des Ruthenpaares an der Basis der letzten Ruderbeine kenntlich. Die Weibchen tragen die Eier nicht mit sich herum, sondern setzen dieselben in die von ihnen bewohnten Gängen oder Höhlungen ab. Die 490 Metamorphose. postembryonale Entwicklung beruht auf einer complicirten Metamorphose, die uns leider bislang nicht vollständig bekannt geworden ist. Die jüngsten der beobachteten Larven (von 2mm Länge) erinnern bereits durch das grosse mit Dornfortsätzen bewaffnete Kopfbrustschild, das sich mantelähnhch um den Körper herumschlägt, an die Erichthusform und besitzen schon sämmtliche Segmente der Brust, entbehren aber auf- fallender weise noch des Hinterleibs bis auf die Schwanzplatte. Ausser den noch kurzen, einfach gebildeten Fühlern und tasterlosen Mundtheilen sind fünf Schwimmfusspaare (die spätem 5 Kieferfusspaare) vorhanden, welche nach Art der Zoeabeine, wenngleich gedrungener, gestaltet sind. Die 3 letzten Brustsegmente sind fusslos und enden mit der breiten einfachen Schwanzflosse, so dass man dieselben als Hinterleibsringe zu betrachten geneigt ist. Etwas ältere Larven haben jedoch vor der Schwanzflosse ein neues Segment mit der Anlage zu einem Afterfusse gebildet; in einem noch weiter vorgeschrittenen Stadium besitzen sie 3, später 5 Hinterleibsseamente mit den entsprechenden Fussanhängen und Anlagen zu den Seitenlamellen des Schwanzfächers, deren Segment sich zuletzt von der Schwanzplatte sondert. Am Thorax bilden sich die Schwimmfüsse des zweiten Paares frühzeitig zu den grossen Raubfüssen um, während die drei hintern Schwimmfusspaare längere Zeit als solche bestehen. Erst wenn sich dieselben unter Verlust des Nebenastes in die kleinen Kaubbeine umzugestalten beginnen, sprossen die Anlagen zu den Spaltfüssen an den drei bislang Gliedmassenlosen Zwischensegmenten hervor, und die Erichthusform ist in allen wesentlichen Charakteren ausgebildet. Diese geht allmählig durch Fortbildung der Fühlergeisseln und Kiemen- entwicklung in die Squillerichtusiorm oder in die gestrecktere Squüloid- form über und scheint zur Gattung Gonodactylus zu führen. Eine andere Entwicklungsreihe schliesst die ^Z/malarven in sich ein und führt durch etwas abweichende Uebergangsglieder zu Squilla hin. Die jüngsten dieser Larven (von 3nim Länge) besitzen ausser den noch einfach gestalteten Fühlern, von denen die hintern noch der Geissei ent- behren, und ausser den tasterlosen Mandibeln und Maxillen die langen und dünnen tasterähnlichen Kieferfüsse und die grossen Raubfüsse, dann folgen 6 fusslose Segmente und das Abdomen mit seinen 2ästigen Schwimmfüssen und der noch einfachen Schwimmflosse. Im nächsten Stadium finden sich hinter den grossen Raubfüssen die Anlagen der 3 kleinen Raubbeine als 2zipflige Schläuche, so wie an den 3 nach- folgenden noch vom Rückenschilde bedeckten Brustsegmenten die An- lagen der 3 Ruderbeine als kurze einfache Höcker. In einem weiter vorgeschrittenen Entwickelungsstadium sind die 3 Greiffüsse schon als solche kenntlich, zwar noch sehr kurz aber schon deutlich gegliedert und wie die beiden vorausgehenden Kieferfüsse mit einer kleinen scheiben- förmigen Anhangsplatte besetzt, während die drei nachfolgenden Bein- 2. Unterordnung: Schizopoda. 491 paare zweiästige ungegliederte Schläuche darstellen, und an der Aussen- platte der Abdominalfüsse Kiemenanlagen hervorsprossen. Im nächsten Stadium ist die Alima vollkommen ausgeprägt. Endlich folgt eine sehr langgestreckte Squüloidiovm als Vorläufer der Squilla. Die Stomatopoden gehören ausschliesslich wärmeren Meeren an, schwimmen vortrefflich und ernähren sich vom Raube anderer Seethiere. 1. Farn. Squillidae, Heiischreckenkrebse. KUckei)schi]d durch awei Längsfurchen in drei Lappen gelheilt, der runde Vorderkopf beweglich abgesetzt. Squilla Rond. Rückenschild vorn verschmälert, mindestens die vier hintern Brustsegmente frei lassend. Abdomen mit gerippter Oberfläche. Kebenanhang der Ruderbeine langgestreckt cylindrisch. Die Endklauen der grossen Raubfüsse mit starken Hakenfortsätzen. Abdomen nach hinten an Breite zunehmend. Sq. mantis Rond. Sq. Desmarestii Risso, Mittelmeer. Sq. nepa Lalr. , Küsten von Chili. Sq. raphidea Fabr., Ind. Meere u. v. a. A.: die Arten mit glatter Oberfläche und abgerundetem breite Schilden wurden von Dana als Lysiosquilla unterschieden. S. maculata Lam. Bei Pseudosquilla Dana lässt der glatte Panzer des Kopfbrustschildes nur die 3 letzten Brustsegmente unbedeckt, Fs. Lessonü lauer, Meere von Chili. Ps. stylifera Lam. Sandw. Inseln, Gonodaclylus Latr., Klauenstück des grossen Raubfusses aufgetrieben und obno Zahnfortsätze. G. chiragra Fabr., in den wärmeren Meeren sehr verbreitet. Bei Coronis Latr, ist der iSebenanhang der Ruderlüsse lamelk)s, fast scheiben- förmig, C. scolopendra Latr. Brasilien. Die von M. Edwards und Dana unterschiedenen Familien der Erichthiden enthält nur Jugendzustände von Squilliden, sowohl Alima als Erichthus und Squill- erichthus sind Stomatopodenlarven, 2. Unterordnung: Schizopoda'), Spaltfiissige Krebse Kleine Schalenkrehse mit einem grossen zarten Kopfbrustschild und gleichartig gestalteten spaltästigen Kieferfüssen und Brustfüssen, welche häufig frei hervorstehende Kiemen tragen. In ihrer äussern Erscheinung zeigen die Schizopoden bereits den Habitus der langschwänzigen Decapoden, da sie wie diese einen langge- 1) Ausser den Werken und Schriften von Dana, M. Edwards, Bathke, Brandt, Thompson. Kröyer, Sars, Lov6n u, a.: Frey und Leuckart, Beiträge zur Kenuntniss wirbelloser Thiere. Braun- schweig, 1848. Van Beneden, Recherches sur la faune littorale de Belgique, Crustac^s. Bruxelles. 1861. Sars, Beskrivelse over Lophogaster typicus. Christiania. 1862, Kröyer, Bidrag til Kundskab om Krebsdyrfamilien Mysidae. Naturh. Tidsskrift. 3 R. Tom. I. C. Claus, Ueber einige Schizopoden und andere Malakostraken Messina's. Zeitsch ftir wiss. Zoologie, Tom XIII, 1863; ferner die Gattung Cynthia, ebendas. Tom XVIII. 1868. 492 Mundwerkzeuge. Beinpaare. Innerer Bau. Streckten mehr oder minder seitlich comprimirten Körper mit ansehn- lichem, die Brustsegmente mehr oder minder vollkommen überdeckenden Kopfbrustschild und mächtig entwickeltem Abdomen besitzen. Indessen weicht der Bau der Kieferfüsse und Beine des Thorax wesentlich ab und nähert sich wie auch die einfachere innere Organisation den älteren Decapodenlarven. Wie bei diesen sind die drei Kieferfusspaare noch im Dienste der Lokomotion und den nachfolgenden Beinpaaren ähnlich gebaute Spaltfüsse, welche durch den Besitz eines vielgliedrigen borsten- besetzten Nebenastes zur Strudelung und Schwimmbewegung geeignet erscheinen. Die beiden vordem Paare freilich können durch ihre kürzere und gedrungenere Form, auch wohl durch Lappenfortsätze der Basal- glieder in näherer Beziehung zu den Mundwerkzeugen stehen {Mysis, Siriella). Der Hauptast des Beines ist immer verhältnissmässig dünn und schmächtig und endet mit einfacher schwacher Klaue oder einer mehrgliedrigen Tarsalgeissel. Selten {Euphausia) bleiben die beiden letzten Beinpaare bis auf die mächtig entwickelten Kiemenanhänge ganz rudimentär. Die Beine des Abdomens sind im weiblichen Geschlechte meist winzig klein , im männlichen Geschlechte mächtig entwickelt, theil- weise von abnormer Form und Grösse (Hülfswerkzeuge der Begattung) und nur ausnahmsweise {Siriella\ mit Kiemenanhängen ausgestattet. Das Fusspaar des 6ten meist sehr gestreckten Segmentes ist stets 2ästig lamellös, trägt häufig in der Innern Lamelle Gehörblasen und bildet mit der unpaaren Schwanzplatte eine njächtige Schwimmflosse. Die vordem Antennen tragen auf einem stark -^n 3gliedrigen Schaft, der im männlichen Geschlechte in eine ansehnliche mit Riechhaaren dicht besetzte Platte ausläuft, zwei lange vielgUedrige Geissein. An dem Schafte der hintern Antennen, die nur eine sehr lange Geissei bildet, findet sich die für die Thoracostraken so charakteristische borstenrandige Platte. Oberlippe und Unterlippe bilden einen mehr oder minder helmförmigen Mundaufsatz. Die Mandibeln an der rechten und linken Seite sind oft ungleichmässig bezahnt und besitzen einen dreigliedrigen Taster. Von den Maxillen sind in der Regel die vordem mit 2 Kauladen versehen, während die untern in eine grössere Zahl von Laden zerfallen und sowohl am Ende als au der Rückenseite einen borsten besetzten Lappen tragen (JMysis). G. 0. Sars, Histoire naturelle des Crnstacds d'eau douce de Norvfege. L ChristianiH. 1867. Derselbe, Undersrtgelser over Christianiafjordens Dybvandsfauna. Christiania. 1869. Ed. van Beneden, Recherches sur I'embryogenie des crustaces. 11. Developpement des Mysis. Bull, de TAcad Roy. Bruxelles Tom. XXVIII. 1869. £. H etschnik off, üeber ein Larvenstadium von Euphausia. Zeitsch. für wiss. Zoologie. Tora XIX. 1869. Fortpflanzung. p]ntwicklung. 493 Die innere Organisation verhält sich entsprechend der geringen Grösse ziemlich einfach. Das Nervensystem zeichnet sich durch die ge- streckte Form der Ganglienkette aus, rlie ihre Ganglien fast in allen Segmenten bewahrt. Auffallendorweise liegt das Gehörorgan, wenn ein solches auftritt, in der Innern Seitenlamelle der Schwanzflosse und empfängt seinen Nerven vom letzten Schwanzganglion. Der Gehörnerv bildet vor seinem Eintritt in die Gehörblase eine Anschwellung, tritt dann durch die Wandung in den Innenraum ein, um mit zahlreichen gekrümmten stäbchenförmigen Haaren an dem grossen geschichteten Otolithen zu enden. Ebenso auffallend ist das Vorkommen von acht Nebenaugen in der P^uphausidengruppe. Dieselben sind bewegliche Kugeln mit Linse, Nervenstäbchen und röthlichem Pigmentkörper und sitzen rechts und Unks am Basalgliede des 2ten und des 7ten Beinpaares, sowie zwischen den Schwimmfüssen der 4 vordem Abdominalsegmente. Herz- und Kreislaufsorgane schliessen sich denen der Decapodenlarven an ; das Herz besitzt nur ein Spaltenpaar, entsendet aber bereits mediane und seitliche Arterienstämme. Kiemen fehlen entweder vollkommen {Mysis, deren Brustbeine allerdings am Thorax je eine lamellenähnliche wahr- scheinlich als Kieme fungirende Erhebung bilden), oder sitzen als ge- wundene Schläuche den Schwanzfüssen an (Männchen von Siriella = Cynthia) oder erheben sich endlich wie bei den Decapoden als ramificirte Anhänge an den Brustbeinen. Im letzteren Falle ragen sie entweder ganz frei in das äussere Medium {Etiphansidae) oder ihre dorsalen Büschel rücken in einen eigenen von der Ausbreitung des Brustschildes gebildeten Kiemenraum {Lophogaster). Die Männchen sind von den Weibchen durchweg auffallend verschieden, so dass sie früher zur Auf- stellung besonderer Gattungen Veranlassung gaben. Erstere besitzen an den Vorderfühlern eine kammförmige Erhebung zum Tragen der reichen Fülle von Riechhaaren und sind durch die ansehnlichere Grösse der Schwanztüsse , von denen die vordem überdies mit Copulationsanhängen versehen sein können, zu einer raschern und vollkommern Bewegung befähigt, der wiederum das grössere Athmungsbedürfniss und der Be- sitz von Kiemenanhängen bei Siriella entspricht. Die Weibchen tragen zuweilen an den beiden untern Beinpaaren {Mysidae) oder auch zu- gleich an den mittleren und vordem (Lophogaster) Brustfüssen Platten zur Bildung eines Brutraums, in welchem wie bei den Ringelkrebsen die grossen Eier die Embryonalentwicklung durchlaufen. Das Ei von Mysis erleidet eine Art partieller Furchung. Nach der Befruchtung (Ed. van Beneden) sondert sich an dem einen Pole eine Anhäufung von Protoplasma, welche durch Furchung in 2 Zellballen zerfällt. Durch fortgesetzte Theilung entsteht ein Zellhaufen, weicherden Nahrungsdotter umwachsend das Blastoderm mit dem bauchständigen Keimstreifen bildet. Während am vordem Ende desselben durch seitliche Ausbreitung die Kopf- 494 Mysidae. Euphausidac. läppen hervonvachsen, sondert sich am Hinterende sehr frühzeitig die Anlage des Schwanzes. Dieser ist wie bei den Decapoden gegen die Bauchseite umgeschlagen. Dann erst legen sich in Gestalt von drei Höckerpaaren die zwei Antennenpaare und ;die Mandibeln, sowie ein den blattförmigen Anhängen von Asellus vielleicht entsprechendes Höckerpaar an, der in das Naupliusstadium eingetretene Embryo häutet sich durch Abhebung der Naupliuscuticula. In diesem Stadium durchbricht derselbe die Ei- hülle und wird unter Entfaltung des langen nunmehr nach dem Rücken zu gekrümmten Schwanzes in der mütterlichen Bruttasche frei, um durch Sprossung und fortscheitende Ausbildung der noch fehlenden Glied- massenpaare die Mysisform allmählig auszubilden. Während sich hier ■wie auch bei Siriella und Lophogaster die Entwicklung continuirlich fortschreitend innerhalb der Bruttasche vollzieht, ist dieselbe in der Euphausidengruppe eine überaus vollkommene, durch eine Reihe frei umherschwimmender Larvenformen bezeichnete Metamorphose. Die junge Euphausia schlüpft wahrschefnlich als Naupliuslarve aus, an der auch alsbald die 3 nachfolgenden Gliedmassenpaare in Form wulstförmiger Erhebungen auftreten. Der ansehnlich grosse Kaupliuspanzer, der sich auch nach vorn um die Basis der Antennen in Form eines gezackten Saumes herumschlägt, entspricht der Anlage zu dem Hautpanzer des Kopfbrustschildes, unter dem auch schon zu den Seiten des unpaaren Auges die Stäbchenschicht der Seitenaugen sichtbar wird. Nun folgt nach abgestreifter Haut das erste Zoeastadium (von Dana als Ca- lyptopis beschrieben) mit freilich nur 6 Gliedmassenpaaren und langem bereits vollzählig gegliederten fusslosen Abdomen. In den zahlreichen nachfolgenden Larvenstadien {Furcilia, Cyrtopid) bilden sich der Reihe nach die fehlenden Extremitäten aus. 1. Farn. Mysidae. Die Scliwanzfüsse des Weibchens sind ganz rudimentär. Wahre Kiemenanhänge der Brustfüsse fehlen, Gehörorgane in den inneren SeilenbUittern der Schwanzflosse. Zwei Paar von Kieferfüssen mit einfachem Endgliede. Grosse plaltenförmige Anhänge der beiden letzten ßeinpaare bilden im weiblichen Geschlecht ein Bruttasche, in welcher sich die Eier entwickeln. Eine Metamorphose findet nicht statt. Mysis Latr., Mandibeln mit mächtigem Molarfortsatz. Tarsalabschnilt der 6 Beinpaare vielgiiedrig. Viertes Paar der männlichen Abdominalfüsse stilförmig ver- längert, nach hinten gerichtet {Podopsis). M. vulgaris Thomps. M. flexuosa Fr. Müller. M. inermis Kalhke, Kördl. Meere. M.oculata Fahr, Grönland, und M.relicta Lovdn, in den scandinavischen Binnenseeen. Von G. 0. Sars sind eine Reihe von Mysideengaltungen aufgestellt worden: Mysidopsis, Pseudomma , Boreomysis, Erythrops, Amblyopsis, Mysideis, Leptomysis. Verwandt siad Anchialus Kr., Pro- mysis Dana. Siriella Dana. Tarsus der 6 Beinpaare einfach, von einem Borstenkreis umstellt, mit einer Klaue i)ewafrnet. Männchen [Cynthia) mit eingerollten Kiemenaiihängen an den kräftig entwickelten Schwanzfüssen. S.Edwardsü Cls., Südsee. S. norvegica G. 0. Sars. Lophogastridae. Nebalidae, 495 2. FHm. Euphausidae. Die Maxillariüsse mit den Brustfüssen vollkommen übereinstimmend gebaut, von denen die beiden letzten Paare mehr oder weniger ru- dimentiir sind. Alle Beinpaare tragen Irei vorstehende verästelte Kiemen, die von vorn nach hinten an Grösse zunehmen; die Schwanzfüsse in beiden Geschlechtern an- sehnlich entwickelt, die beiden vorderen Paare des Männchens mit eigenthümlichen zum Befestigen der Spermatophore dienenden Copulationsanhiingen. Accessorische Augen am Thorax und Abdomen oft vorhanden. Weibchen ohne Brutblätter, Ent- wicklung mit sehr vollständiger Metamorphose. Thysanopoda Edw. {Nocticula Thomps.). Mit 7 wohl entwickelten Beinpaaren. Vorletztes Paar kleiner als die vorausgehenden, zuweilen nur 4gliedrig, letztes Bein- paar ganz rudimentär, aber mit ansehnlichen Kiemen, 2gliedrig. Tli. norvegica Sars. Mit 8 Nebenaugen. Th. tricuspidata Edw., Atl. Ocean. Euphausia Dana. Mit nur G wohl entwickelten Beinpaaren, die beiden letzten Beinpaare zwar mit ansehnlichen Kiemen, aber ganz rudimentär. Sämmtliche bekannte Arten mit Nebenaugen. E. Mülleri CIs., Messina. E. splendens Dana, Atl. Ocean. E. superba Dana, zwei Zoll lang, Antarkt. Meer, südl. von Van Diemensland. 3. Farn. Lophogastridae. Korper garneelähnlich. Erster Maxillentuss kurz und gedrungen, von den nachfolgenden Beinpaaren merklich verschieden, mit Taster und Flagellum. Sieben Beinpaare mit wohl entwickeltem Schwimmast und 3 Kiemen- büscheln, von denen die beiden untern frei herabhängen, der obere in einen Kiemen- raum unterhalb des Brustpanzers hineinragt. Sämmtliche Beine im weiblichen Ge- schlecht mit Blättern zur Bildung einer Bruthöhle, in welcher sich die Embryonen wie bei den Mysideen entwickeln. * Lophogaster Sars. Kopfbrustschild am Hinterrand stark ausgeschnitten, sodass die beiden letzten Brustsegmente frei bleiben. Schaft der vorderen Fühler kurz und dick, mit sehr kuizer innerer und sehr langer äusserer Geissei, die dünnen Beine mit klauenförmigem Endglied. L. typicus Sars, Norwegen. Im Anschluss an die Schizopoden mag eine Gruppe kleinerer Crustaceen folgen, welche schon von den älteren Forschern, wie Leach, Latreille, als Malakostraken erkannt waren, dann aber auf die Autorität von Milne Edwards allgemein zu den Phyllopoden gestellt wurden, bis neuerdings die Erforschung der Enibryonalentwick- lung durch Metschnikoff zu der richtigen alten Auffassung zurückführte. Es ist die Gattung JV^e&aZj'a ') Leach, die so zahlreiche Eigenthümlichkeiten ihres Körperbaues bietet, dass man sie als besondere Unterordnung allen andern Malakostraken gegen- über stellen könnte. In der That verhält sich diese Gattung in mehrfacher Hinsicht als Zwischenform der Phyllopoden nnd Malakostraken, deren Typus sie auch durch die grössere Zahl von Schwanzsegmenten nicht rein zum Ausdruck bringt. Der kleine Körper ist von einer comprimirten 2klappigen Schale umschlossen, welche als mantel- ähnlicbe Duplicatur der Haut vom Kopfe entspringt und die kurzen deutlich als Segmente abgesetzten Brustringe, sowie die vordem Abdominalsegmente bedeckt. An dem Kopfe entspringen ein langer lanzetförmiger, beweglich abgesetzter Schnabel, die beiden kurzgestilten Faceltenaugen und 2 grosse fast Amphipodenähnliche und an der Basis knieförmig gebogene Antennenpaare, von denen das vordere zur Seite einer langen vielgliedrigen Geissei eiae breite Nebenplatte trägt. Die Mandibeln besitzen 1) Vergl. ausser den öltern Schriften von Herbst, Leach, Latreille und M. Edwards u, a. H. Kröyer, Nebalia bipes. Naturh. Tidsskrift N. R. Tom. IL 1849. Metschnikoff, Sitzungsberichte der Naturforscherversammlung zu Hannover 1866. 496 3. Unterordnung: Decapoda. wie die der Amphipoden und Schizopoden einen Sgliedrigen Taster, ebenso tragen die grossen 21appigen Maxillen des ersten Paares einen sehr langen und dünnen beinartigen Taster, der nach hinten und oben umgebogen ist uud wahrscheinlich als Futzluss dient. Die 3Iappigen Maxillen des zweiten Paares enden mit 2 Fussähnlichen Anhängen, die den beiden Platten der nachfolgenden Füsse entsprechen. Auf die Mundwerkzeuge folgen dicht auleinandergedrängt an ebensoviel gesonderten ganz kurzen Segmenten acht lamellöse gelappte Beinpaare, deren Uebereinstimmung mit den Phyllopodenfüssen zu der Ansicht Ton der Phyllopodennatur der Nebalia Aniass gab. Wenn wir jedoch berücksichtigen, dass auch die Maxillen der Decapodenlarven in ihrem Baue den Schwimmfüssen der Phyllopoden sehr nahe stehen, so werden wir dem Charakter keinen entscheidenden Werth zuschreiben künnen, zumal bei näherer Betrachtung diese „Phyllopodenfüsse" doch merkliche Abweichungen zeigen und zu den Spaltfüssen der Schizopoden hinlühren. Vor allem hat der eigentliche Stammlheil des Fusses eine gestreckte Form und erscheint beinfürmig verlängert. Das ßasalglied tragt an der Aussenseite eine zweizipflige lange Platte, das 2te Glied trägt ebenfalls an derAussen- seite dicht an seinem Ursprung einen Anhang, der wohl einem zweiten Fussaste ent- spricht, auch am Rande mit einigen Borsten besetzt ist; der mittlere Theil dieses tiliedes verschmälert sich mehr und mehr und geht in den sehr gestreckten Endab- schnitt über, dem noch drei kurze etwas gebogene Endglieder folgen; das letzte der- selben ist fächerlörmig und mit sehr starken Schwimmborsten besetzt. Viel länger und stärker als die Brustsegmente sind die umfangreichen Segmente des Hinterleibes, von denen die vier vordem ebensoviel grosse theilweise unter dem 21appigen Ki^pJschilde verborgene Ruderfusspaare tragen. Die letztern bestehen, wie die Schwimmlüsse der Amphipoden, aus einem stilfürmigen ßasalabschnitl und 2 lamellösen mit kurzen Dornen besetzten Aesten, welche sich dem erstem in einem Winkel anlegen. Der frei aus der Schale hervortretende hintere Abschnitt des Abdomens verjüngt sich nach dem Ende zu allraählig und besteht aus vier Segmenten und zwei langgestreckten Furcalgliedern. Die beiden ersten Segmente tragen auch rudimentäre Fussplatten. Von der Innern Organisation schliesst die Bildung des Kaumagens mit Chitinbevvaffnung an die Mala- kostraken an. Die Weibchen tragen die abgelegten grossen Eier zwischen den Blatt- füssen in einem Brutraum mit sich umher, in welchem die Embryonalentwicklung statt- findet. Diese schliesst sich am nächsten an die Slysideen an und führt zuerst zur Anlage eines Naupliusstadiums, auf welches ein Zoeasladium folgt. Die ausschlüpfenden Jungen sind bis auf die rudimentäre Schalenduplicatur und die geringere Gliederung der Extremitäten dem ausgebildeten Thiere ähnlich. Die Nebalien leben durchaus im Meere, einzelne Arten im hohen Korden. N. bipes Fabr. (Herbstii, Leach), andere wie N. Geoffroyi M Edw., in wärmeren Meeren. N. typhlops G. 0. Sars, letztere in bedeutender Tiefe. 3. Unterordnung: Decapoda'), zelmfüssige Krebse. Podophthalmen mit grossem Rückenschilde, welches sich über alle Segmente des Kopfes und der Brust ausbreitet, mit 3 Kieferfusspaaren und 10 oft mit Scheeren bewaffneten Gehfüssen. Kopf und Thorax sind vollständig von dem Rückenschild überdeckt, dessen Seitenflügel über den Basalgliedern der Kiefeifüsse und Beine 1) Ausser den Werken von Latreille, Leach, M. Edwards, Rathke, Dana u. a. vergl.: Regionen des Kopfbrustpanzers. 497 eine die Kiemen bergende Athemhöhle bilden. Das feste meist kalk- haltige Integument des Rückenschildes zeigt vornehmlich bei den grossem Formen symmetrische durch die Ausbreitung der unterliegenden Innern Organe bedingte Erhebungen, welche als bestimmte nach jenen benannte Regionen unterschieden werden. Sehr oft wird die Oberfläche des Rückenschildes durch eine seitlich bis zu den Winkeln der Mundöffnung herabziehende Querfurche (Cervicalfurche) in eine vordere und hintere Hälfte geschieden, von denen die vordere selten einfach bleibt, sonlern meist in eine mittlere Region (Magengegend) und zwei kleinere seitliche Bezirke (Lebergegend) unterschieden werden kann {Falinurus, Oxyrliyn- chen). Die grössere hintere Abtheilung des Rückenschildes wird oft durch zwei Längsfurchen in die seitlichen Kiemenregionen und in die mediane Herzregion getheilt, an welcher man gewöhnlich wiederum ein vorderes ui:d hinteres Feld nachzuweisen vermag. Auch die übrigen Regionen zeigen oft eine Felderung der Oberfläche, wie vornehmlich unter den Brachyuren bei den Oxyrhynchen und Cyclometopen. Die seit- lichen Regionen setzen sich stets auf die Bauchfläche fort, an der man daher eine untere Kiemen - und Lebergegend unterscheidet. Die Innern Antennen, bei den Brachyuren oft in sei' liehen Gruben versteckt, entspringen meist unter den beweglich eingelenkten Augenstilen und bestehen aus einem dreigliedrigen Schaft und zwei bis drei vielgliedrigen Geissein. Die äussern Fühler inseriren sich meist an der Aussenseite der erstem etwas abwärts an einer flachen vor dem Munde gelegenen Platte {Epistoni, Mundschild) und besitzen häufig einen schuppenförmigen lamellösen An- hang. An ihrer Basis erhebt sich überall ein an der Spitze durchbohrter Höcker, an welchem der Ausführungsgang einer Drüse ausmündet. Von den Mundtheilen sind die Mandibeln überaus verschieden ge- staltet, aber in der Regel mit einem 2 bis Sgliedrigen Taster versehen. Entweder sind sie einästig und am verdickten Vorderrande stark bezahnt (Brachyuren), schlank und stark eingekrümmt (Crangon) oder am Ende Herbst, Versuch einer Katurgeschichte der Krabben und Krebse. 3 Bde. Berlin. 1782-1804. Leach, Malacostraca podophthalma Britanniae. London. 1817—21, Th. Bell, A history of the British stalk-eyed Crustacea. London. 1853. Duvernoy, Des organes ext^rieurs sur ie squelette tegumentaire des Crustaces Decapndes. M6m. de l'Acad. de science. Tom XXIII. M. Edwards, Observations sur le squelette tegumentaire des Crustaces Decapodes. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. Tom. XVI. C. Heller, Die Crustaceen des südlichen Europa. Wien 1863. Alphons M. Edwards, Histoire des Crustaces podophtbalmaircs fossiles. Ebend. 4 ser. Tom. XIV. Tom. XX u. 5 ser. Tom. I. Derselbe, Sur un cas de transformation du p^doncule oculaire en une antenne, observe chez une Langouste. Comptes rendus LIX. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 32 498 Allgemeiner Kurperbau. Die 5 Beinpaare. gablig gespcalten (Cariden). Auf die beiden Maxillenpaare folgen stets drei Paare von Kieferfüssen, die in der Regel einen Geisselanhang tragen. So bleiben von den Gliedmassen der Brust nur fünf Paare als Beine zur Verwendung, von denen die beiden hintern verkümmern, ja in seltenen Fällen sogar ausfallen können {Leucifer). Die zugehörigen Brustsegmente sind in der Regel sämmtlich oder wenigstens bis auf das letzte mit ein- ander verwachsen und bilden auf der Bauchseite eine zusammenhängende, bei den Brachyuren überaus breite Platte. Die Beine bestehen aus 6 Gliedern und enden häufig mit einer Art Scheere oder Greifliand. Eine sehr verschiedene Gestalt und Grösse zeigt das Abdomen. Bei den Macrotiren erreicht dasselbe einen bedeutenden Umfang, besitzt einen festen Hautpanzer und ausser den 5 Fusspaaren eine grosse Schwimm- flosse. Bei zahlreichen Änomuren dagegen bleibt die Bedeckung des Abdomens weich, die Füsse können unvollzählig und die Schwanzflosse verkümmert sein. Bei den Brachyuren endlich reducirt sich das Abdomen auf eine breite (Weibchen) oder schmale trianguläre (Männchen) Platte, die deckelartig über das ausgehölte Sternum umgeklappt wird und der Schwanzflosse entbehrt. Auch sind hier die Fusspaare dünn nnd stil- förmig und finden sich beim Männchen nur an den 2 vordem Segmenten entwickelt. Die Kiemen liegen stets als Anhänge der Kieferfüsse und Beine in einer geräumigen von den Seitenflügeln des Kopfbrustschildes überwölbten Kiemenhöhle, in welche das Athemwasser durch die lange untere Seitenspalte oder wie bei den Krabben durch eine besondere Eingangsöffnung vor dem ersten Beinpaare einfliesst. Abweichend ist das Verhalten der Kiemenhöhle bei den luftathmenden Krabben. Unter diesen soll bei der Froschkrabbe (Ranina) nach M. Edwards ein besonderer Canal in die hintere Partie der KJemenhöhle führen. Einige Grajisoiden (Äratus Fisonii) heben beim Athmen den hintern Theil des Panzers empor und erschliessen hierdurch über dem letzten Fusspaar eine Spalte zum Einfliessen des Wassers. Aehnliche Bewegungen führen Cyclo- grapsus- und ^Sesarwaarten ausserhalb des Wassers aus, vermögen aber das ausfliessende Wasser mittelst eines an den Seiten des Mundrahmens befind- lichen Haarnetzes durch die Eingangsspalte über dem ersten Fusspaare den Kiemen wieder zuzuleiten. Geht der Wasservorrath endlich aus, so beginnen sie (Fr. Müller) durch Hebung des Panzers von hinten her Luft zutreten zu lassen. Abermals abweichend erscheinen die Athmungs- einrichtungen bei den Landkrabben (Ocypoda). Hier findet sich zwischen den Basalgliedcrn des dritten und vierten Beinpaares eine Oeflnung der Kiemenhöhle, die äusserlich bis auf eine schmale Spalte von Leisten überwölbt wird, während die zugewendeten Seiten der Fussglieder eine platte, am Rande dicht behaarte Fläche besitzen. 1. Tribus; Macroura. Sergestidae. 499 1. Tribus: Macroura*), Langschwänzige Decapoden. Das mächtig entwickelte Abdomen erreicht mindestens die Länge des Kopibruststückes, trägt 5 Paare von Afterfüssen und endet mit einer mächtigen breiten Schwanzflosse. Die innern und meist obern Fühler tragen zwei oder drei meist lange Geissein , die äussern Fühler dagegen nur eine Geissei, sind aber in der Regel durch den Besitz einer breiten borstenrandigen Schuppe ausgezeichnet, das dritte Maxillarfusspaar ist meist langgestreckt beinförmig und bedeckt die vorausgehenden Mund- theile nicht völlig. Eine zusammenhängende Brustplatte findet sich nur bei den Panzerkrebsen. Die weiblichen Geschlechtsöffnungen liegen stets an der Basis des dritten Beinpaares. Die langschwänzigen Krebse sind sämmtlich Wasserbewohner und gute Schwimmer. Einige, wie die Thalassinen, graben im Sande trichter- förmige Vertiefungen und fangen in denselben ähnlich wie die Ameisen- löwen, kleinere Thiere. Nur wenige Formen leben in den Gewässern unterirdischer Höhlen. Eine kleine Betaeussivt soll zwischen Corallenästen einen von Algen gebildeten Schlauch bewohnen. Diese und andere Alpheiden vermögen durch Bewegungen ihrer grossen Sclieere ein knackendes Geräusch hervorzubringen. 1. Farn. Sergestidae'). Körper sehr schlank und stark comprimirt, von nur ge- ringer Grösse. Antennen mit sehr langen Geissein, die äussern Fühler mit grosser borstenbesetzter Schuppe. Beine sämmtlich sehr dünn und schwach ohne Geisselanhang, die 2 hintern Paare bedeutend kürzer, zuweilen rudimentär oder ganz fehlend. Abdomen sehr lang, die vordem Abdominalfusse des Männchens mit eigenthümlichen zum Greifen dienenden Anhängen. Sergestes Edw. Kieferfüsse des 2ten und 3ten Paares beinförmig, die letzteren sehr lang und dünn. 2tes und 3tes Beinpaar mit rudimentärer Scheere. 5tes Beinpaar sehr klein, S. atlanticus Edw. Acetes Edw. Letztes Beinpaar fehlt. A. indicus Edw. Leucifer Thomps. Kopf stilfrtrmig ausgezogen. Kiemenlos. Die beiden letzten ßeinpaare fehlen. L. Beynaudi Edw., Ostindien. 1) H. Kathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Fluss- krebses. Leipzig. 1829. N. Joly, Etudes sur les moeurs, le döveloppement et les metamorphoses d'une petite Salicoque {Caridina Desmarestii). Ann. des scienc. nat. 2 Ser. Tom. XIX. 1843. C. Claus, Zur Kenntniss der Malacoslrakenlarven. Würzb. naturw. Zeitschrift. Tom. IL 1861. . Fr.Muller, Die Verwandlung der Garneelen. Archiv für Naturg. Tom. XXIX. 1863. S. Lemoine, Recherches pour servir a' l'histoire de syst. nerv. etc. de l'ecre- visse. Annal. des scienc. natur. 5 Ser. Tom. IX— X. Vgl. ferner die Werke und Schriften von Roux, Risso, Latreille, Stimpson, Costa, Sp, Bäte, Gu6rin, Coste, Gegenbaur, Gerbe, Dohrn, Girard, LerebouUct, Heller u. A. 2) Kröyer, Forsög til en monographisk Fremslilling af Krebsdyrslaegten Ser- gestes etc, Kon. Dansk. Vid. Selsk Skrift. 5 R. Tom. IV. 1859. 32* 500 Peneidae. Cnrididae. Stenopiuae. Palaemoninae. 2. Farn. Peneidae, Geisselgarneelen. Körper comprimirt meist mit mir kleinem Schnabel, ohne 0"crsutur auf dem Kopfbrustschild. Aeussere Antennen mit grosser borslenbesetJ-ter Schuppe. Die Beinpaare mit rudimentärem Geisselanhang, die 2 oder 3 vordem mit Scheeren. Kieferfilsse des 3ten Paares lang, beinförmig, meist 6gliedrig. Die Metamorphose beginnt bei Peneus mit der Naupliusform. Peneus Latr. Die Innern Antennen tragen an der Basis des Schaftes einen kleinen Nebenanhang. Mandibeln mit grossem breiten Taster. KieferfUsse des Sten Paares mit Nebengeissel. Die 3 vordem Beinpaare enden mit kleiner Scheerc, die des 4ten und 5ten Paares sind monodaktyl. SchwimmfUsse des Abdomens 2ästig. P. caramote Desra., Mittelm. und Engl. Küste. P. foliaceus Risso, Mittelmeer. P. indieus Edw. Sicyonia Edw. Kieferfüsse ohne (»eissel. Schwimmfüsse des Abdomens lastig. Innere Antennen sehr kurz. S. carinata Edw., Rio Janeiro. S. sculpta Edw., Mittel- meer. Verwandt ist Spongicola De Haan. Bei Ephyra Roux und Oplophorus Edw. sind nur die 2 vordem Beinpaare mit Scheeren versehen. JEucopia Dana mftchte wohl zu den Schizopoden gehören oder eine Larve sein, ebenso ist Euphema Eüw. wahrscheinlich eine Larvenform. Pasiphaea Sav. Mandibeln dick und breit, ohne Taster. Kieferfüsse des Sten Paares mit Nebengeissel. Die beiden vordem Beinpaare langer und stärker als die folgenden, mit Scheeren endend. P. sivado Risso, Nizza. P. norvegica Sars. 3. Fam. Carididae*) Garneelen. Ruckenschild des comprimirten Körpers meist in einen ansehnlichen Schnabel verlängert. Panzer ohne Quersutur. Aeussere Antennen meist unterhalb der innern eingelenkt, mit sehr grosser borstenbesetzler Platte. Die Kieferfüsse des 2ten Paares lamellös, die des 3ten fast stets beinförmig lang. Beine dünn und lang, ohne Geisselanhang, die 2 vordem Paare enden in der Regel mit kleiner Scheerenhand. Kiemen lamellös. 1. Subf. Stenopinae. Drittes Beinpaar sehr umfangreich, wie die beiden schwachen vorausgehenden Paare Scheeren tragend. Stenopus Satr. Körper kaum komprimirt. Die Maxillarfüsse des Sten Paares sehr lang, beinförmig, mit rudimentärem Geisselanhang. Die Endglieder der 2 hintern Beinpaare in zahlreiche Ringel gegliedert. St.hispidus Oliv, Ind. Ocean. St.ensiferus Dana , Fidschiinseln. 2. Subf. Palaemoninae. Körper meist comprimirt. Mandibeln tief getheill, zuweilen taslerlos. Beine schlank und dünn, die des Isten und 2ten Paares meist scheerenförmig, das 2te stärker als das erste. Palaemon Fabr. Schnabel gross, gezähnelt. Mandibeln mit Sgliedrigem Taster. Innere Antenne mit 3 Geissein. Die Beine des zweiten Paares stärker als die vordorn. P. serratus Fabr. P. squilla L., Nordsee, u. z. a. A. Einzelne Arten leben im süssen Wasser, wie P. carcinus L., P. ornatus, Ostindien, P. niloticus Roux., Nil, P. Ja- maicensis, Südamerika. Bei Palaemonella Dana ist der Mandibulartaster 2gliedrig und sehr kurz, auch sind hier nur 2 Antennengeisseln vorbanden, bei Cryphiops Dana liegen die kleinen Augen ganz versteckt, während ein Mandibulartaster und 3 Antennengeisseln vor- handen sind. O. spinulosus Dana, Chili. 1) Vergl. Roux, Memoire sur la Classification de Crustac^s de la Tribu des Salicoques. F^russ. Bull. sc. nat. Tom. 27. 1831. C. Heller, Die Cruslaceen des südl. Europa. Wien 1863. E. V. M arten s, üeber einige Ostasiatische Süsswasserthiere. Arch für Naturg. Tom. XXXIV. 1868. Alpheinae. Atyinae. Crangoninae. 501 Hymenocera Latr. Innere Antennen mit 2 Geissein, von denen die eine lamellös ist. Die Beine des Isten Paares dünn mit sehr kleiner Scheere, die des 2ten Paares bilden am Ende eine breite Platte. Die Maxillarfüsse des 3ten Paares lamellös. H. picta Dana, Kordsee. H. elegans Hell., hothes Meer. Ancliistia Dana. Mandibulartaster fehlt. Kur 2 Geissein an den vordem An- tennen. A. lacustris v. Marl, Süsswasserpalaemonide Italiens. Ä. gracilis Dan. Sooloo See. Bei Typton Costa fehlt die Schuppe der Antennen, ebenso bei Antonomea Risso. Poiitonia Latr. Körper nicht comprimirt. Antennen mit 2 Geissein. Die xMaxillarfiisse des 3ten Paares kurz. Mandibeln tasterlos. 2tes Beinpaar sehr gross. Leben meist in Muschelthieren. P. tyrrliena Kisso, Mittelraeer. Nahe verwandt und generisch kaum unterschieden sind Oedipus Dana, Har- pilius Dana. Bhynchocinetes Edw. Schnabel schwertförmig und beweglich arlikulirt. Die inneren Antennen mit 2 Geissein. Anticarpalglied des 2ten Beinpaares nicht geringelt. Bh. typicus Edw. , Ind. Ocean. Pandalus Leach. Schnabel sehr lang. Vorderes Fusspaar kurz, monodaktyl. 2tes Beinpaar lang mit gestrecktem und geringeltem Anticarpalglied und kleiner Scheere. Innere Antennen mit 2 Geissein. P. annulicornis Leach, England, P. horealis Kr. P. Narwal Edw. Hier schliesst sich Regulus Dana an , dessen 2tes Beinpaar sehr stark ist. 3. Subf, Alpheinae. Körper meist comprimirt. Mandibeln in 2 Aesle getheilt, meist tastertragend. Die 2 vorderen Beinpaare enden mit Scheere, das Iste dicker und stärker als das 2te, letztes mit geringeltem Anticarpalgliede, Hippolyte Leach. Schnabel von ansehnlicher Grösse. Abdomen von der Mitte aus abwärts gebeugt. Innere Antennen mit 2 Geissein, Anlicarpalabschnitt des 2ten Beinpaares gegliedert. H. varians Leach, Canal. H. polaris Sabine, Arkt. Meer. H. Cranchii Leach, Engl, Küste. H. {Virbius) fasciger Gosse. H. (Ca- ridion) Gordoni Sp. Bäte , Norwegen. Bei Athanas Leach tragen die innern Antennen 3 Geissein. A. nitescens Leach. Alpheus Fabr. Schnabel kurz. Augen von einer Verlängerung des Schildes bedeckt. Innere Antennen mit 2 Geissein. Anticarpalabschnitt des 2ten Beinpaares gegliedert. A. dentipes Gu6r. , Mittelmeer, A. bidens Oliv, Asiat. Meere u. z. a. A, Verwandt sind Betaeus Dana, Arete Stimps, Alope White. 4. Subf. Atyinae. Mandibeln kräftig, undeutlich zweigetheilt, mit breitem Kaurand, tasterlo?. Erstes und zweites Beinpaar klein, mit pincettenähnlichen Scheeren versehen, niemals mit geringeltem Anticarpalglied. Süsswasserbewohner. Atya Leach. Schnabel klein. Die Scheeren mit langen Haarbüscheln an der Spitze der Finger. Anticarpalglied beider Paare halbmondförmig. Drittes ßeinpaar bei manchen Formen (Männchen?) länger als die nachfolgenden. A. armata Alph. Edw,, Ostindien. A. moluccensis De Haan, Mexico. A. scabra Leach. Hierher gehört wahr- scheinlich Atyephyra als Larve. Caridina Edw. Zweites Beinpaar länger als das erste, die Scheere beider Paare mit Haarbüscheln an der Spitze. Nur das Anticarpalglied des ersten Paares halbmond- förmig. C. Desmarestii Edw., Südl. Frankreich. C/ossan ) ^ Araclinoideeu. Luftathmende flügellose Arthropoden meist mit verschtnoUenem Kopfbruststück, ohne Fühler, mit 2 Kieferpaaren, 4 Beinpaaren und gliedmassenlosem Abdomen. Die Arachnoideen varüreo in ihrer Leibesgestalt äusserst mannichfach. Kopf und Brust sind zwar in dejt Regel (die Solpugiden ausgenommen) 1) C. A. Walckenaer et P.Gervais, Histoire naturelle des Insectes Apt^resu 3 Vols. Paris. 1837-44. 33* 516 Mundwerkzeugo. Beine. ZU einem kurzen Cephalothorax verschmolzen, allein das Abdomen ver- hält sich sehr verschieden. Bei den echten Spinnen ist der Hinterleib kuglig aufgetrieben ohne Gliederung und mittelst eines kurzen Stiles dem Cephalo- thorax angefügt, bei den ScDrpionen dagegen sitzt das langgestreckte Abdomen an dem Cephalothorax mit seiner ganzen Breite fest und zer- fällt in ein breites deutlich segraentirtes Präabdomen und ein schmales ebenfalls deutlich segmentirtes äusserst bewegliches Postabdomen. Bei den Milben ist der Hinterleib ungegliedert und mit dem Kopfbruststück verschmolzen. Bei den Fentastomiden entwickelt sich der gesannnte Leib zu einem geringelten wurmähnlichen Körper mit 4 vordem paarig gestellten Klammerhaken anstatt der Extremitätenpaare, so dass man diese Thiere als Zungenwürmer bezeichnen und bei ihrem parasitischen Aufenthalte den Eingeweidewürmern unterordnen konnte. Characteristisch ist die durchgreifende Reduction des Kopfabschnittes, welchem Fühler vollständig fehlen und nur zwei zu Mundwerkzeugen ver- wendete Extremitätenpaare angehören. Der Vorderkopf, den wir in andern Classen der Arthropoden als den Träger der Fühler unterscheiden, ist zwar auch als besonderer Abschnitt an dem Embryo angelegt, bleibt aber ohne l^^^ Segmentanhänge. 'Man hat zwar die vordem als Kiefer verwendeten Glied- JUluL- nassen des Kopfes als umgebildete Fühler betrachtet und Kieferfühler genannt, indessen scheint es zweifelsohne richtiger, dieselben morphologisch den Mandibeln der Krebse und Insecten gleich zu stellen. Diese Oberkiefer oder Kieferfühler sind entweder Scheerenkiefer , wenn das klauenförmige Endglied gegen einen Fortsatz des vorausgehenden Gliedes bewegt wird (Scorpione, Milben), oder Klauenkiefer, wenn dasselbe einfach nach abwärts oder einwärts geschlagen wird (Spinnen). Es können aber auch die obern Kiefer lange stiletförmige Stäbe sein, die dann von den Laden der Unterkiefer wie von zwei Halbrinnen röhrenartig umschlossen werden (Milben). Der Unterkiefer, das zweite Gliedmassen- paar des Kopfes, besteht aus einer Kieferlade als Grundglied und einem Kiefertaster, welcher häufig die Form und GUederung eines Beines erhält. Dieser endet entweder als Klauentaster mit einer Klaue oder als Sclieer entaster mit einer Scheere (Scorpione) oder auch ganz ohne Klauen. Bei den Spinnen und Scorpionen schiebt sich vor den beiden Laden der Unterkiefer noch eine dem Segmente angehörige unpaare Platte als Unterlippe ein. Die vier nachfolgenden Gliedmassenpaare der Brust sind die zur Ortsbewegung verwendeten Beine, von denen das erste allerdings zuweilen eine abweichende Form erhält, sich tasterartig ver- Hahn und Koch, Die Arachniden, getreu nach der Natur abgebildet und be- schrieben. Nürnberg. 1831 — 49. E. Blanchard, Organisation du regne animal. Arachnides. Paris. 1860. Vgl. die Schriften von Treviranus, Herold, L. Dufour, Claparede, Blanchard etc. Innere Organisation. 517 längert (Pcdipalpm) und mit dem Basiilglied sogar als Unterkiefer fungiren kann. Die Beine bestehen aus sieben oder auch sechs Gliedern, welche bei den höhern Formen analog den Abschnitten des Insecten- beines bezeichnet werden. Das kurze Basalglied , Hüftglied (Coxd), ver- mittelt die Einlenkung an der Brust, dann folgt ein kurzes Verbin- dungsstück {Trochanter) mit dem dritten grossen Schenkelglied (Femur). i y^ Die zwei nächsten Glieder sind kürzer und bilden zusammen den Unter- u- /-* Schenkel {Tibia}^ die letzten endlich mit Klauen an der Spitze den Fuss ^^ z^^^* (Tarsus). Die innere Organisation der Arachnoideen ist kaum geringeren Differenzen als die der Crustaceen unterworfen. Das Nervensystem kann eine gemeinschaftliche Ganglienmasse über und unter dem Schlünde dar- stellen, ja selbst einen obern Schlundring anstatt des Gehirnes besitzen (Fentastomiden). In der Regel aber tritt eine deutliche Trennung zwischen Gehirn und Bauchmark ein, welches letztere sehr verschiedene Stufen der Entwicklung zeigt. Auch Eiijgeweidenerven sind bei den Spinnen und Scorpionen nachgewiesen. Die Sinnesorgane treten im Allgemeinen mehr zurück als bei den Crustaceen. Die Gesichtsorgane beschränken sich auf kleinere oder grössere Augen, welche nie- mals eine facettirte Hornhaut besitzen, sondern als unbewegliche Punct- augen, der Zahl nach zwischen 2 und 12 schwankend, in symmetrischer Weise auf der Scheitelfläche des Kopfbrustschildes vertheilt sind. Gehörorgane wurden bislang nicht bekannt. Dagegen sind Tastorgane wohl allgemein verbreitet. Die Kiefertaster und Extremitätenspitzen fungiren als solche, selten erheben sich wie bei den Scorpionen besondere mit zahlreichen Tastwärzchen versehene Anhänge an der Basis desAbdomens. Der Verdauungscanal erstreckt sich in gerader Richtung vom Mund zum hintern Körperende und zerfällt in einen engen Oesophagus und einen weitern Magendarm, welcher in der Regel seitliche Blindsäcke trägt. Der letztere schnürt sich wiederum bei den Spinnen und Scorpionen in einen Magen und Darm ab. Als Anhangsdrüsen finden sich Speichel- drüsen, dann bei den Scorpionen eine aus zahlreichen verästelten Canälen zusammengesetzte Leher und mit seltenen Ausnahmen am Enddarm Malpighische Canäle "als Harnorgane. Die Organe des Kreislaufes und der Bespiration zeigen ebenfalls sehr verschiedene Stufen der Ausbildung und fallen nur bei den niedersten Milben vollständig hinweg. Das Herz liegt im Abdomen als langge- strecktes mehrkammerigesRückengefäss mit seithchen Spaltöffnungen zum Eintritt des Blutes und häutig mit Arterienstämmen am vordem und hintern Ende, zu denen bei den Scorpionen venöse Gefässe hinzukommen. Die Bespirationsorgane sind innere Lufträume, welche entweder als Tracheen die Form vielfach verzweigter Röhren erhalten oder hohle flachgedrückte Röhren (Lungen) darstellen , die in grosser Zahl wie die 518 Fortpflanzung. Lebensweise. Blätter eines Buches nebeneinander liegen und in diesem Zusammenhange die Gestalt eines Sackes darbieten. Stets werden die Lufträume durch eine feste innere Chitinmembran, die sich zu einem spiraligen Faden verdicken kann, offen erhalten, so dass die Luft durch paarige Mün- dungen (Stigmata) der Tracheen oder Lungen am Anfange des Abdomens eintreten und sich bis in die feinsten Verzweigungen ausbreiten muss. Mit Ausnahme der hermaphroditischen Tardigraden sind alle Arachnoideen getrennten Geschlechtes. Die Männchen unterscheiden sich häufig schon durch äussere Geschlechtsmerkmale, z. B. durch ihre geringere Körpergrösse, durch den Besitz von Haftorganen (Milben), oder durch Umgestaltung gewisser Gliedmassen. Ihre Geschlechtsorgane be- stehen meist aus paarigen Hodenschläuchen, aus welchen zwei Vasa de- ferentia entspringen ; diese nehmen vor ihrer getrennteu oder gemeinsamen Ausmündung an der Basis des Hinterleibes in der Regel noch die Aus- führungsgänge accessorischer Drüsen auf. Copulationsorgane am Ende der Geschlechtsöffnungen fehlen in der Regel, während entferntliegende Extremitäten (die Kiefertaster der Spinnen) während der Begattung zur üebertragung des Sperma's dienen können. Die weiblichen Geschlechts- organe sind ebenfalls paarige Drüsen , meist von traubiger Form mit ebenso vielen Oviducten, welche vor ihrer in der Regel gemeinsamen Mündung am Anfange des Abdomens meist zu einem Samenhälter an- schwellen und auch mit accessorischen Drüsen in Verbindung treten. Selten (Phalangium) findet sich eine lange vorstreckbare Legeröhre. Nur wenige Arachnoideen gebären lebendige Junge (Scorpione und ovovivipare Milben), die meisten legen Eier ab, die sie zuweilen in Säcken bis zum Ausschlüpfen der Jungen mit sich herum tragen. In der Mehr- zahl haben die ausgeschlüpften Jungen bereits die Körperform der aus- gewachsenen Thiere, indess fehlen bei den meisten Milben noch zwei, seltener vier Beine, die sie erst mit den nachfolgenden Häutungen erhalten; eine Metamorphose erleiden nur die Fentastomiden und Hydrachneen (Wassermilben), welche letztere auch ein puppen- ähnliches ruhendes Stadium durchlaufen. Fast alle Arachnoideen nähren sich von thierischen, wenige von pflanzlichen Säften, zu denen sie auf der niedersten Stufe als Parasiten Zugang finden. Die grössern höher organisirten Formen bemächtigen sich selbstständig als Raubthiere der lebenden vorzugsweise aus Insecten und Spinnen bestehenden Beute und besitzen meist Giftwaffen zum Tödten derselben. Viele bauen sich Gewebe und Netze, in denen sich die zur Nahrung dienenden Thiere verstricken. Die meisten halten sich den Tag über unter Steinen und in Verstecken auf, und kommen erst am Abend und zur Nachtzeit aus den Schlupfwinkeln zum Nahrungs- erwerbe hervor. 1. ürdiuiug: Liiiguatulida. 519 1. Ordnung: Lingnatulida ' ) , Zungenwürmer, Pentastomiden. Farasitische Arachuoideen von ivurmförmig Imiggestrecldem, geringeltem Körper, mit zwei Faaren von Klammerhaken in der Um- gehung der hief erlosen Mundöffnung , ohne Tracheenathmung. Der wunnförniige Leib und die parasitische Lebensweise der Linguatuliden veranlasste die altern Beobachter, diese Thiere zu den Eingeweidewürmern zu stellen, mit denen sie auch in der Entwicklungsart einige Aehnlichkcit haben. Erst die nähere Kenntniss der mit zwei Fusspaaren versehenen Embryonen machte ihre Arthropodennatur wahr- scheinlich, welche denn auch durch die Erforschung der innern Orga- nisation und Entwicklung vollkommen bestätigt wurde. Da sich die Embryonen trotz der verkümmerten Mundwerkzeuge am nächsten an die Jugendformen von Milben anschliessen , so wird man die Zungenwürmer am natürlichsten als milbenartige Gliederthiere auffassen, welche auf dem Wege einer rückschreitenden Metamorphose zur Form und Lebensweise der Würmer zurück gesunken sind und in diesem Sinne die Verbindung von Eingeweidewürmern und Arthropoden herstellen. Der lang gestreckte, häufig abgeliachte und stets deutlich geringelte Leib würde bei dem sehr reducirten Kopfbrusttheil vornehmlich auf die ausser- ordentliche VergrösscTung und Streckung des Hinterleibes zurückzuführen sein, wofür auch in der That die Leibesform der Balgmilben zu sprechen scheint. Mundwerkzeuge fehlen im ausgebildeten Zustande vollkommen. Die vier vorstülpbaren auf besonderen Chitinstäben befestigten Klammerhaken werden den Endklauen der zwei hintern Beinpaare ent- sprechen, da die zwei Fusspaare der Larve, die wir als die vordem Bein- paare anzusehen haben, während der Entwicklung verloren gehen. Das Nervensystem beschränkt sich auf einen einfachen Nervenknoten unter dem Schlund mit oberm Schlundring und zahlreichen austretenden Nervenstämmen. Augen, Respirations - und Circulationsorgane fehlen. Der Darm ist ein einfacher in der Mitte des Körpers verlaufender Canal, welcher am hintern Ende in der Afteröffnung ausmündet. Mächtig ent- wickelt und in grosser Zahl treten besondere Drüsen der Haut auf. Männchen und Weibchen unterscheiden sich durch beträchtliche Grössen- differenzen und durch die abweichende Lage der Geschlechtsöffnungen. Während die Geschlechtsöffnung des auffallend kleinern Männchens nicht weit hinter dem Munde liegt, findet sich die weibliche Geschlechtsöffnung in der Nähe des Afters am hintern Körperende. Die Zungenwürmer 1) Ausser den Aufsätzen von Owen, Schubart, Diesing vergl.: Van Beneden, Recherches sur l'organisation et lödeveloppement des linguatuies. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. Tom. XI. R. Leuckart, Bau und Entwicklungsgeschichte der Penlastomen. Leipzig und Heidelberg. 1860. 520 2. Ordnung: Acarina. leben im geschlechtsreifen Zustand in Lufträumen von Warmblütern und Amphibien. Durch Leuckart's Untersuchungen wurde die gesamnite Entwicklungsgeschichte für Pentastomum taenioides, welches sich in den Is'asenhöhlen und im Stirnsinus des Hundes und Wolfes aufhält, erforscht. Die Embryonen desselben gelangen (in den Eihüllen)mit dem Schleim nach aussen auf Pflanzen und von da in den Magen der Kaninchen und Hasen, seltener in den des Menschen. Sie durchsetzen dann, von den Eihüllen befreit, die Darmwandungen , kommen in die Leber und umgeben sich mit einer Kapsel, in welcher sie nach Art der Insectenlarven eine Reihe von Veränderungen durchlaufen und öftere Häutungen er- leiden. Erst nach Verlauf von 6 Monaten haben sie eine ansehnliche Grösse erlangt, die vier Mundhaken und zahlreiche feingezähnelte Ringel des Integuments erhalten, sie sind in das früher als Pent. denticulatum bezeichnete Stadium eingetreten, in welchem sie sich nach Durchbohrung der Cyste von Neuem auf die Wanderung begeben, die Leber durchsetzen und falls sie in grösserer Zahl vorhanden sind, den Tod des Wirthes ver- anlassen, im andern Falle dagegen bald von einer neuen Cyste umschlossen werden. Gelangen sie zu dieser Zeit mit dem Fleische des Hasen oder Kaninchens in die Rachenhöhle des Hundes, so dringen sie von da in die benachbarten Lufträume und bilden sich in Zeit von zwei bis drei Monaten zu Geschlechtsthieren aus. Fam. Pentastomidae. Pentastomum liud. P. toemoi3j auf den Kopfpol und einen Rückenstreifen, den Primitivhügel in der Mitte, bedeckt. Dieser dorsale Meridian zieht sich mehr und mehr zu- sammen , sodass Kopf- und Analpol einander genähert werden. Hier bilden sich die Kopf- und Analkappe des verdickten Blastoderms, welches in solcher Ausdehnung den Primitivstreifen repräsentirt. Dann tritt an demselben eine Segmentirung ein, indem sich sechs verdickte Querzonen nach der Stelle des fast verschwundenen Primitivkegels convergirend abheben. Es sind die ürsegmente des Kopfbruststückes, von denen die beiden vordem auf die Kopfkappe folgen. Bald zieht sich der Urtheil ventral zusammen und nährt sich mehr und mehr der Form eines breiten Bandes, während die ürsegmente bis zur Berührung ein- ander genähert, an den^^Seiten vornehmlich sich verstärken. Zu einer Ruptur des Blastoderms an der Rückenseite kommt es überhaupt nicht Der Primitivkegel aber verschwindet. Mit dem weitern Wachsthum der Uranlage entstehen die 5 Segmente des Abdomens, welche sich von vorn nach hinten der Reihe nach von der Schwanzkappe sondern. (Bildung des Abdomens zahlreicher Krebslarven.) Nun aber kommt es weiter auch zur Anlage eines Postabdomens , indem sich der hintere Theil der Schwanzkappe nach unten umschlägt und in 2 bis 3 Segmente gliedert. (Indessen erfährt dieser Abschnitt wiederum eine allmähhge Rückbildung und schwindet lange Zeit vor dem Ausschlüpfen des Embryos), Gleichzeitig breiten sich die Seitentheile der Kopfkappe als vordere Kopflappen aus. Bezüglich der Gewebsdifferenzirung kann man ein äusseres Hautblatt und ein mehr trübkörniges Innenblatt unterscheiden. Zu dieser Zeit erfolgt die mediane Trennung der Embryonalanlage in die sog. Keimwülste, welche nur im Kopflappen und imPostabdomen zusammen- hängen. Aul denselben sprossen dann die Anlagen der sechs Extremitäten - paare als kleine Höcker hervor, während sich die Segmente seitlich aus- dehnen und auf dem Rücken ohne Segmentalgrenzen schliessen. Nachdem die Extremitätenanlagen bedeutend gewachsen sind und sich das innere Blatt über das ganze Blastoderm ausgebreitet hat, erleiden die Bauch- wülste eine eigenthümliche Lagenveränderung, durch welche die bisherige Embryonalkrümmung in die entgegengesetzte übergeführt und die Bauch- seite concav wird. Nun bilden sich die Extremitäten und die Innern Organe aus. Zwischen die auseinanderweichenden Kopflappen wächst von unten die zur Unterlippe sich gestaltende Mundplatte empor, die allmählig mehr und mehr nach hinten gedrängt, schliesslich hinter die Mandibeln und zwischen die beiden Maxillen zu liegen kommt. Die aus- schlüpfenden Jungen besitzen im Wesentlichen die Form und Organisation der elterlichen Thiere und haben keine weitere Metamorphose zu durch- laufen. Indessen sind dieselben vor ihrer ersten Häutung noch nicht im Stande, Fäden zu spinnen und auf Raub auszugehen. Erst nach der Häutung werden sie zu diesem Geschäfte tauglich, verlassen das Gespinnst 5j:, 1. Unterordnung: Tetrapueumoues. der EihüUen und beginnen Fäden zu ziehen und zu scbiessen, sowie auf kleine Insecten Jagd zu machen. Die im Herbste massenhaft auftre- tenden , unter dem Namen fliegender Sommer oder alter Weibersommer bekannten Gespinnste sind das Werk junger Spinnen, welche sich mittelst derselben hoch in die Luft erheben und vielleicht an geschützte Orte zur Uebei-winterung getragen werden. {Xysticus-, Pachygnatha- und Micryphuntesa.rten). Die Lebensweise der Spinnen bietet soviel Auffallendes und Wunder- bares, dass sie schon in der frühesten Zeit das Interesse der Beobachter in hohem Grade fesseln musste. Alle Spinnen nähren sich vom Raube und saugen die Säfte anderer Insekten ein, indessen ist die Art und Weise, wie sie sich in Besitz der Beute setzen, höchst verschieden und oft auf hoch entwickelte Kunsttriebe gestützt. Die sog. vagabundirenden Spinnen bauen überhaupt keine Fangnetze und verwenden das Secret der Spinndrüsen nur zur üeberkleidung ihrer Schlupfwinkel und zur Ver- fertigung von Eiersäckchen , sie überfallen die Beute unter freier Be- wegung ilires Körpers, im Laufe oder selbst im Sprunge. Andere Spinnen dagegen besitzen zwar auch die Fähigkeit der raschen und • freien Ortsbewegung in hohem Grade, erleichtern sich aber den Beute- erwerb durch die Verfertigung von Gespinnsten und Netzen, auf denen sie selbst mit grossem Geschicke hin- und herlaufen, während sich andere Thiere namentlich Insecten sehr leicht in denselben verstricken. Die Gewebe selbst sind äusserst mannichfach und mit sehr verschiedener Kunsfertigkeit angelegt, entweder zart und dünn aus unregelmässig gezogenen Fäden gebildet oder von derber filziger Beschaffenheit und horizontal ausgebreitet, oder sie stellen verticale radförmige Netze dar, die in bewundrungswürdiger Regelmässigkeit aus concentrischen und radiären, im Mittelpuncte zusammenlaufenden Fäden verwoben sind. Sehr häufig finden sich in der Nähe der Gewebe und Netze röhrenartige oder trichterförmige Verstecke zum Aufenthalt der Spinne angelegt. Die meisten Spinnen ruhen am Tage und gehen zur Dämmerung oder zur Nachtzeit auf Beute aus. Indessen gibt es auch zahlreiche vagabundirende Formen, welche am hellen Tage selbst bei Sonnenschein jagen. Fossile Spinnen treten bereits in der Tertiärzeit auf und finden sich sehr zahl- reich und vortrefflich erhalten im Bernstein. I.Unterordnung: Tetrapneumones ' J. Mit 4 Lungen und ebensoviel Stigmen. Hinterleib mit 4 Spinn- warzen. 1. Farn. Mygalidae, Vogelspinnen. Meist grosse dichtbehaarte Spinnen, deren 1) Latreille, Des habiludes de l'Araign^e aviculaire M6m. du Mus, d'hist. nat. Tom. VIII. 1822. I. V. Audouin, Observations sur la structure du nid de l'Araignee pionniere. Aun. de. la. soc. eulom. Tom. II. 1833. 2. Unterordnung: Dipneumones. 5B7 Kieferfühlerklauen gerade nach abwaris gerichlet sind. Sie gehören vornehmlich den wärnieren und heissen Ländern an und bauen keine wahren Gewebe, sondern nur lange Köhren oder tapeziren sich ihre Schlupfwinkel in Bauniritzen und Erdlöchern mit einem dichten (iespinnste aus. Am Eingang ihrer Wohnröhren, welchen einige durch einen Deckel verschliessen können, lauern sie auf Beute, gehen iheilweise aber auch im Freien auf Raub aus. Die acht Augen stehen überall dicht neben einander. Alle besitzen vier Lungen und vier Spinnwarzen, von denen zwei sehr klein bleiben. Mygale (Theraphosa) Waick. Augen am Vordertheile des Kopibruststückes einander sehr genähert. Beine stark und derb zeitig behaart, die des erslen und vierten Paares am längsten. Männchen mit schraubenartig gewundenem Begattungsorgan am Endglieds des Tasters. M. avi ciliar ia L.. Vogelspinnen in Südamerika. Leben auf Bäumen in einem röhrenlörmigen Gespiunst zwischen Baumlöchern und tödten selbst kleinere Vögel {Bates). 31. Blondii in der Erde. M. fasciata VVaIck. u. z. a. Arten in Ostindien. Cteniza Latr. Kieterlühler dicht unter der Klaue mit Häkchen wie bestachelt. Beine nach dem Ende zu verschmälert, mit gestrecktem Tarsalabschnitt. Leben in röhrenförmigen Erdhöhlen, deren Eingang sie mit einem kreisrunden thurähnlich be- weglichen Deckel verschliessen. Ct. caementaria Latr. Tapezirspinnen. Südeuropa. Oletera Walck. 0. picea Nordwestl. Deutschland. Atypus Latr, A. Sulzeri Latr. Süddeutschland. Eriodon Latr., Missulena W n\ck. und die augenlose in Höhlen "lebende Anthrobia Tellk. •2. Unterordnung: Dipneumones. Nur zwei Lungen sind vorhanden, hinter denen aber auch Tracheen aus einem zweiten Stigmenpaar entspringen können. Am Hinterleibs- ende finden sich 6 Spinnwarzen. Die Klauen der Kieferfühler schlagen sich nach dem Innenrande ein. 1. Gruppe. Vagabundae. Augen in 3 Querreihen, von denen die vordere meist 4 Augen enthält. Jagen ihre Beute im Freien und machen keine Gespinnste. 1. Fam. Saltigradae -^^ Attidae, Springspinnen. Langgestreckte Spinnen mit ge- wölbtem Kopfbruststück, grossen Kieferfühlern und 8 ungleich grossen in drei Querreihen quadrangulär gruppirten Augen, die beiden Slittelaugen der vordem Reihe am grössten (die Augen der mittleren Reihe sehr klein), die kurzen ungleich grossen Beine mit dicken Schenkeln, ohne Aflerkralle am Endgiiede, dienen zum Sprung, mit dem sie frei an Mauern und Wänden umherstreifend die Beute erhaschen. Bauen keine Netze, wohl aber legen sie an Steinen und Pflanzen sackförmige Gespinnste an. In diesen bewahren sie ihre abgelegten Eiersäckchen. Salticus Latr. (Attus Walck e. p.) die beiden mittleren Augen der ersten Qoer- reihe sehr gross. S. formicarius Koch, S. (Calliethera) scenicus L S. (Heliophanus) cupreus Koch. S.metallicus Koch. S. (Euophrys) pubescens Sund. S. flavipes Hahn. Ueberall in Deutschland verbreitet. Eresus Walk. Die mittleren Augen der vordem Reihe und die beiden Augen der mittleren Reihe sind einander genähert und bilden ein Viereck. Unterlippe ge- streckt triangulär. Hinterleib meist kurz , fast viereckig. E. cinnaberinus Walck, Italien und Frankreich. Cliersis Sav. Ch. gibullus Duf. Myrmecia Latr. Körper schlank ameisenähnlich. Die vier vordem Augen in leichtem nach hinten gekrümmten Bogen, Unterlippe ovalgestreckt. Beine dünn ver- 538 Attidae. Lycosidae. Thomisidae. längen Das erste und vierte Paar am längsten. M. fulva F-atr. M. nigra Fert. M. vertebrata Waick , sämratlich in Brasilien, hier schliessen sich zahlreiche von Koch aufgestellte Gattungen an wie Byllus, Phidippus , Marpissa u. a. 2. Farn, Citigradae =. Lycosidae, Wolfspinnen. Mit länglich ovalem, nach vorn verschmälertem und stark gewölbtem Cephalothorax und 8 in 3 Querreihen aber mehr auseinander gerückten Augen, von denen die 4 Augen der Vorerreihe sehr klein bleiben. Sie laufen mit ihren langen starken Beinen, welche eine ungezahnte Afler- kralle besitzen, sehr behend und erjagen ihre Beute im Freien, sind aber am Tage meist unter Steinen in austapezirten Schlupfwinkeln versteckt. Die Weibchen sitzen häufig auf ihrem Eiersack oder tragen denselben mit sich am Hinterleib herum , ver- theidigen die Eier mit grosser Energie und beschützen selbst die ausgeschlüpften Jungen noch eine Zeitlang. Dolomedes Latr. Die 4 Augen der wenig gebogenen Vorderreihe klein, die der Sliltelreihe gross und genähert, die Augen der Hinterreihe am weitesten abstehend. Afterkralle mit 2 langen krummen Zähnen. Unterlippe viereckig, D.fimbriatus WaIck. D. (Ocyale) miräbilis Walck,, in Wäldern Deutschlands. D.{Potamia) palustris Koch, Deutschland. Lycosa Latr. Die mittlem und hinternAugen sehr gross, jene nicht in dem Masse genähert, diese minder weit als bei DoZomedes entfernt. Das dritte Beinpaar am kürzesten, das vierte am längsten. Afterkralle ungezähnt. L. tarantula L., Taranlelspinne, Südl. Europa, besonders in Apulien, lebt in Höhlen unter der Erde und soll nach dem irr- thümlichen Volksglauben durch ihren Biss die Tanzwuth veranlassen. L. {Pardosa) saccata L. Uferspinne. L. {Trochosä) ruricola Deg., Feld^pinne, beide in Deutsch- land sehr gemein, u. a. A. Ctenus Walck. Die zweite Augenreihe mit 4 Augen, von denen die mittleren sehr gross sind. Die zwei vordem Augen sehr genähert. Ct. sanguineus Walck. Brasilien u. z. a. A. Oxyopes Latr. u. a. G. 2. Gruppe. Sedentariae. Augen mehr auf 2 Querreihen vertheilt. Bauen grossentheils Netze, in denen sie auf Beute lauern. 1. Kam, iotm^rrarfae = Thomisidae Krabbenspinnen. Mit rundlichem Kopf- bruslstück und flachem breiten Hinterleib. Die Augen sind auf 2 halbmondförmig gebogene Querreihen vertheilt. Beine mit zwei vielzähnigen Haupikrallen, meist ohne Afterkrallen. Spinnen nur vereinzelte Fäden und halten sich zwischen zusammenge- sponnenen Blättern auf, zwischen denen sie auch ihre Eiersäckchen ablegen. Laufen wie die Krabben seitlich und rückwärts und erjagen die Beute im Freien. Thomisus Walck. Die beiden Bogenreihen der ziemlich gleichgrossen Augen nach vorn convex. Die beiden vordem ßeinpaare länger als die hintern. Fuss ohne Afterkralle. Die Maxillen convergiren nach ihrem Ende. Tli. citreus Geotfr. Th. rotundalus Walck., Mittleres und Südl. Europa. Th. Diana Walck., Deutschland und Frankreich u. a. A. Eripus Walck. E. heterogaster Guer. Selenops Walck. Philodromus Latr. Olios Walck. Xysticus Koch u. a. G. Micrommata Latr. Die vordere Augenreihe kürzer, nach vorn convex, ihre Seitenaugen am grössten. Beine ziemlich gleich. 2tes Paar am grössten, 3tes am kleinsten. M. smaragdina Fabr., Europa. Sparassus Walck. Die Seitenaugen der vordem Reihe nicht grösser als die übrigen. 4tes ßeinpaar so lang oder noch länger als das Ite. Sp. spinicrus Duf. Europa. 2. Fem !Z'u&i^2ae = Drassidae , Sarkspinnen. Mit 8, seltener 6, meist in 2 Drassidae. Therididae. -^39 Querreihen gruppirten Augen. Von den Beinen , welche nicht immer eine Aflerkralle tragen, sind die beiden mittleren Paare die kürzesten. Bauen zum Fangen ihrer Beute dichte horizontale Gewebe mit Nebenröhren oder grössere flascheni'örmige Sacke , in denen sie sich aufhallen. Tracheensyslem oft wohl entwickelt. 1. Subf. Di/sdermae Böhrenspinnen. Mit nur 6 Augen. Füsse mit einzöhnigen Afterkrallen. Dysdera Latr. Mit 6 fast im Sechseck geordneten Augen, von denen die mittleren am weitesten von einander abstehen. Vorderbeine am längsten, eine ungezähnte Nebenkralle vorhanden. Z>. erythrina Walck, Süddeutschland. Segestria Lalr. Mit 6 Augen, von denen die mittleren einander am meisten genähert sind. S. senoeulata L. , Zellenspinne. S. perfida Walck, Südeuropa. Scytodes Latr Ariadne Sav. u. a. 2- Subf, Drassinae, Sackspinnen. Meist ohne Afterkrallen. Drassus Walck. Mit 8 ungleich grossen Augen, die in 2 Reihen stehen. Kopfbruststück birnförmig. Letztes Beinpaar am längsten. Afterkralle fehlt. Dr. nocturnus L Clotho Walck. Äsegena Sund Anyphaena Sund. u. a. G. Clubiona Latr Mit 8 Augen , von denen die mittleren der Vorderreihe am grössten sind, die vier hinteren dichter an einander stehen. Vorderbeine am längsten. Afterklaue fehlt. Cl. holosericea L., Sanimetspinne. C7. atrox Deg. u. a. A., überall häufig. Ärgyroneta Latr. Die vier mittlem Augen liegen im Quadrat, die äussern auf gemeinsamer Erhebung. Unterlippe gestreckt trigonal. Maxillen am Ende abgerundet. Mit gezähnter Afterkralle. Tracheensystem machtig entwickelt. A. aquatica L., Wasserspinne. Spinnt im Wasser ein wasserdichtes, glockenförmiges, unten offenes (iewebe , welches an Pflanzen befestigt einer Taucherglocke vergleichbar- niitj Luft gefüllt wird und in der That als Lultrefervoir dient. Der silberglänzende Leib mit seinen zahlreichen zwischen den Häärchen suspendirten_ Luftbläschen' vermag lange Zeit unter dem Wasser zu leben. 3, Subf. Ageleninae , Trichterspinnen. Füsse mit 3 bis 5 zähniger After- kralle. Tegenaria Walck. (Aranea Latr.) Die acht gleichgrossen Augen in zwei bogenförmigen Querreihen. Drittes Beinpaar am kürzesten, vorderes und hinteres gleich lang. T. domestica L., Winkelspinne u a. A, Agelena Walck. Unterscheidet sich von Te^enana vornehmlich durch die stärkere Krümmung der Augenlinie und längere 4te Beinpaar. A. labyrinthicaL., Labyrinthspinne. 3. Farn. Inequitelae ■= llierididae, Webspinnen. Mit langen Vorderbeinen und 8 ungleich grossen Augen, von denen die vier mittleren im Quadrat stehen, Sie bauen unregelmässige Gewebe mit nach allen Richtungen sich kreuzenden Fäden (oft noch mit einem untern horizontalen Radnetz) und halten sich auf dem Gewebe selbst auf. Spinnwarzen conisch und convergirend. Pholcus Walck. Die beiden mittleren Vorderaugen kleiner als die übrigen. Beine sehr lang und dünn. Ph. phalangeoides Walck. Theridium Walck. Die beiden mittleren Augenpaare fast quadrangulär geordnet, die seitlichen Augen der vordem und hintern Reihe einander genähert. Istes und 4tes Beinpaar am längsten. Tli. (Steatoda) sisyphium Clerck. Th. pietutn Walck. Deutschland. 77i. redimitum L. Ero variegata Koch. E. tuberculata Deg. Deutschland. Micryphantus Koch. Argus Walck. Latrodeetus Walck. L. malmignatus Walck. Linyphia Latr. Von den vier ziemlich gleichgrossen Augen sind die mittlem Hinteraugen weiter auseinander gerückt. Die beiden seitlichen Paare sehr genähert. 540 6. Ordnung: Pedipalpi. L. montana Clerck. Sehr verbreitet. L. pusilla Siind. Schweden, Deutschland. Pachygnatha Sund. u. a. 4. Farn. Orbitelae = Epeiridae, Radspinnen. KopfbruststUck häufig mit einer Querfurche, Hinterleib kuglig aufgetrieben. Die acht Augon in zwei Onfrreihen ziemlich weil abstehend. Die beiden vordem Beinpaare weit langer als die nachfol- genden, trügen eine gezäihnte Aiterkralle. Bauen senkrecht schwebende radförmige Gewebe, deren Föden strahlenförmig vom Mittelpunkte ausgehen und von concentrischen Fadenkreisen durchzogen werden und lauern im Mittelpunkte dieser Gewebe oder in einem entfernten Schlupfwinkel auf Beute. Die alten Spinnen scheinen stets im Spätherbst umzukommen. Tetragnatha Walck. Augen in 2 fast linearen Querreihen, die äusseren weiter als die inneren von einander entfernt, Vorderbeine sehr lang. JUaxillen länger als breit. T. extensa L Nephila Latr. Epeira AVaIck. Die beiden mittleren Augenpaare stehen im Quadrat, die äussern am Seitenrand des Kopfbruststücks dicht nebeneinander. Maxlllen so lang als breit. E. diadema L. Kreuzspinne. E. angulata Clerck. E. marmorea Clerck. u. a. A. Poltys Koch. Argyopes Walck. Chrysogastra Walck. Gasteracantha Latr. Viertes Beinpaar am längsten. Maxillen so lang als breit. Acrosoma Perty. Eurysoma Koch. 6. Ordnung: Pedipalpi'), Scorpionspinnen. Mitfühlerartig verlängerten Vorderbeinen, KlauenJciefernund 11 bis 12gliedrigem Hinterleib. Die Scorpionspinnen oder Geisselscorpione schliessen sich in ihrem Körperbaue theilweise den Spinnen , noch mehr aber den Scorpionen an , mit denen sie von mehreren Zoologen in einer gemeinsamen Ordnung als Ärthrogastra vereinigt werden. Der ^stets durch eine Einschnürung vom Kopfbruststück abgegrenzte Hinterleib zerfällt in eine ziemlich be- trächtliche Zahl von Segmenten, ohne jedoch wie bei den Scorpionen ein breiteres Praeabdomen von einem dünnen stilförmigen Postabdomen unterscheiden zu lassen. Indessen erscheinen bei der den Scorpionen am nächststehenden Gattung Thelyphonus die drei letzten Segmente des Abdomens zu einer kurzen Röhre verengert, welche sich in einen langen gegliederten Fadenanhang fortsetzt. Die Kieferfühler sind stets Klauen- kiefor und bergen wahrscheinlich wie bei den Spinnen eine Giftdrüse, da der Biss dieser Thiere sehr gefürchtet ist. Die Kiefertaster dagegen sind bald Klauentaster von bedeutender Stärke und mit mehrfachen Stacheln bewaffnet {Phrynus), bald ähnlich wie bei den Scorpionen Scheerentaster {ThelypJionus). Stets erscheint das vordere Beinpaar sehr dünn und lang, fast fühlerartig und endet mit einem geisseiförmig 1) H. Lucas. Essai sur une monographie du genre Thelyphonus. Magas. de ZooK Tom. V. J. v. d. Hoeven, Bijdragen tot de kennis van het geslacht Phrynus. Tijdscbr. voor. nat. Geschied. Tom. IX. 1842. 7. Ordnung: Scorpionidea. 541 geringelten Abschnitt. Die Geisselscorpione besitzen 8 Augen, von denen zwei meist grössere vorn an der Stirn, die drei kleinern Paare jederseits am Rande angebracht sind. Sie athmen durch vier aus einer sehr grossen Zahl von lamellösen Röhren zusammengesetzten Lungensäcke, deren Spaltöffnungen jederseits am Hinterrande des zweiten und dritten Abdominalsegmeutes liegen. In der Bildung des Darmcanales stehen sie den Scorpionen, in der des Nervensystems den Spinnen näher. Die Gattung Fhrynus gebiert lebendige Junge. Alle sind Bewohner der Tropengegenden in der alten und neuen Welt. 1. Fam. Phrynidae. Kiefertaster sehr lang und beinförnnig, bestachelt und mit fingerförmiger Endklaue am Tarsalabschnitt. Geisselanhang des ersten Beinpaares sehr lang. Kopibruststück breit herzförmig, mit geradem Stirnrand. Hinterleib an der Basis verengt, oval gestreckt, ohne gegliederten Endladen. X;a<- Phrynus Oliv. (TarantulaFabr.). Die 2 Augen am Vorderrand median stark ge- nähert, die 3 seitlichen Augen triangulär gruppirt in der Höhe des 2ten Beinpaares. Ph. reniformis Fall. Brasilien. Ph. lunatus Fabr. Amerika. 2 Fam. Thelyphonidae. Kiefertaster dick, aber verhältnissmässig kurz mit schee- renförmigeni Ende. Die Kauladen derselben median verwachsen, Kopfbruststück länglich eiförmig mit geradlinigem Hinterrande, dem sich das 12gliedrige langgestreckte Ab- domen in der ganzen Breite anfügt. Dieses endet mit gegliedertem Afterfaden. Geisselanhang des vordem Beinpaares kurz. Thelyphonus Latr., das mittlere Augenpaar weit grösser als die Seitenaugen. Th- caudatus Fabr., Java, Timor. T. giganteus Luc, Mexico. Th. rufimanns Luc, Java. 7. Ordnung: Scorpionidea'), Scorpione. Mit scheeren förmigen Kieferfühlern und heinförmiq verlängerten scheerenförmigen Kiefertastern, mit Vgliedrigem Praeabdomen und verengertem ßgliedrigen Postabdomen, mit Giftstachel am Schwanz ende und 4 Paaren von Lungensäckchen. Die Scorpione wurden in früherer Zeit häufig mit den Schalen- krebsen zusammengestellt, mit denen sie in der That wegen ihrer langen 1) Ausser Walckenaer, Duvernoy, Ganin, Ehrenberg u. a. vergl. : P. Gervais, Remarques sur la famille de Scorpions et description de plusieurs especes nouvelles etc. Arch. du mus^e d'hist. nat. Tom. IV. J. Müller, Beiträge zur Anatomie des Scorpion's. Meckels Arch. für Anat. 1828. H. Rathke, Zur Entwicklungsgeschichte des Scorpions. Zur Morphologie etc. 1837. Newport, On the structure , relations and development of the nervous and circulatory Systems in Myriapoda and macrourous Arachnida. Philosopliical Transactions. 1843. L. Dufour, Histoire anatomique et physiologique des Scorpions. Mfem. pres. ä l'acad. de Scienc Tom. XIV. 1856. £. Metschnikoff, Embryologie des Scorpions. Leipzig 1870. 542 Giftstachel. Nervensystem. Kreislauf. gewaltigen Scheerentaster und ihres festen Körperpanzers verglichen werden können. Dem gedrungeneu schildförmigen Kopfbruststück schliesst sich m seiner ganzen Breite ein langgestrecktes Abdomen an, welches in ein walzenförmiges Tgliedriges Praeabdomen und ein sehr enges nach oben emporgehobenes 6gliedriges Postabdomen zerfällt, an dessen Spitze sich ein gekrümmter mit 2 Giftdrüsen versehener Giftstachel erhebt. Die Kieferfühler sind 3gliedrige Scheerenfiihler , die Kiefertaster enden eben- falls mit aufgetriebenem Scheerengliede , während das Basalglied mit breiter Mahlfläche als Lade dient. Die vier Beinpaare sind kräftig ent- wickelt und enden mit Doppelkrallen. Das Basalglied des vorderen Beinpaares gestaltet sich ebenfalls zu einer Kaulade. In ihrer Innern Organisation erheben sich die Scorpione zur höchsten Stufe unter allen Arachnoideen. Das Nervensystem characterisirt sich durch ein kleines zweilappiges Gehirn , eine grosse ovale Brustganglienmasse und 7 bis 8 kleinere Ganglienanschwellungen des Abdomens, von denen die 4 letzten dem Postabdomen zugehören. Als Eingeweidenervensystem betrachtet man em kleines am Anfang des Schlundes gelegenes Ganglion, welches durch Fäden mit dem Gehirn verbunden ist und Nerven zum Darmcanal entsendet. Als Sinnesorgane kommen ausschliesslich Augen in Betracht, welche als Punctaugen zu 3 bis 6 Paaren in der Weise vertheilt sind, dass das bei weitem grösste Paar auf der Mitte des Cephalothorax, die übrigen rechts und links an den Seiten des Stirnrandes liegen. Der Darmcanal bildet ein enges gerades Rohr, welches im Praeabdomen von der umfangreichen vielfach gelappten Leber umgeben wird und am vorletzten Hinterleibsringe ausmündet. Der Kreislauf verhält sich am complicirtesten in der ganzen Classe und ist nach Newport sogar ein vollständig geschlossener, indessen schieben sich auch hier wie bei den Decapoden besondere Blutsinus der Leibeshöhle in das System der Gefässe ein. Das gestreckte in 8 Kam- mern getheilte und durch Flügelmuskeln befestigte Rückengefäss wird von einem Pericardialsinus umgeben und nimmt aus diesem das Blut durch 8 Paare von verschliessbaren Spaltöffnungen auf, um dasselbe durch eine vordere und hintere, sowie durch seitUche Arterien nach den Organen hinzutreiben. Die feinern Arterienenden scheinen durch Capillaren in die Anfänge von Venen zu führen, aus denen sich das Blut in einem der Bauchfläche dicht aufliegenden Behälter sammelt. Von diesem aus strömt das Blut nach den Athmungsorganen und durch besondere Venen in den Pericardialsinus nach dem Herzen zurück. Die Respiration er- folgt durch 4 Paare von Lungensäcken, welche mit ebensoviel Stigmen- paaren an dem 3. bis 6. Abdominalsegmente beginnen und nur aus ver- hältnissmässig wenigen platten Röhren gebildet sind. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane münden an der Basis des Abdomens unter zwei eigenthüüilichen kammförmigen Anhängen, welche wahrscheinlich Embryonale Entwicklung. 543 als Tastorgane fungiren. Von einem starken Nerven durchsetzt, dessen Verzweigungen in die secundären Lappen eintreten, tragen sie an dem Ende der letztern eine grosse Menge von Tastpapillen (modificirten Cuticularanhängen) mit den Nervenenden. Die Männchen zeichnen sich vor den Weibchen durch breitere Scheeren und ein längeres Postabdomen aus. Die zur Zeit der Trächtigkeit (gegen Ende des Frühjahrs oder am Anfang des Sommers) stark angeschwollenen Weibchen sind lebendig gebärend. Die Embryonen durchlaufen ihre Entwicklung, über die neuerdings vornehmlich Metschnikoff wichtige Untersuchungen mitge- theilt hat, entweder ganz und gar im mnern von Blindschläuchen der Ovarialröhren {Buthus afer) oder treten während ihrer Ausbildung aus den schrumpfenden follikulären Anhängen , in denen das Ei seine Aus- bildung erhalten hatte, in die Ovarialröhren ein (/Scorpioarten). Die Bildung der Embryonalanlage wird durch das Auftreten einer Zellen- gruppe am untern Eipole eingeleitet. Die Zellen vermehren sich rasch durch fortgesetzte Theilung und setzen eine einschichtige Uhrglasförmige Keimscheibe zusammen, in deren Centrum ein Hügel neuer Zellen zur Differenzirung gelangt. Diese grossentheils Fettkugeln haltigen Zellen liefern nun eine zweite innere Zellenschicht, welche sich über die ganze Keimanlage hinerstreckt und sich später durch Spaltung in ein mittleres und unteres Keimblatt sondert. Eine den Keim umhüllende Zellenlage, die eine Art Amnion darstellt, konnte bislang auf ihre Entstehungs- weise nicht sicher zurückgeführt werden. Die Scheibe wächst nun mehr in die Länge, wird oval gestreckt und verbreitert sich an dem einen das Kopfende bezeichnenden Pole. Sowohl hier als an dem verschmälerten Schwanzende tritt eine starke V^erdickung der beiden Blätter ein, von denen die hintere als Schwanzhügel mit dem frühzeitig vorhandenen Zellenhügel zusammenfällt. Die nunmehr schildförmige Embryonalanlage spaltet sich in einer medianen die Enden nicht erreichenden Längsfurche in die beiden Keimwülste und erfährt dann unter Rückbildung der Furche durch das Auftreten transversaler Furchen eine Segmentirung, die zu- nächst ein Vorderstück als Kopf, ein Mittelsegment und das Schwanz- stück zur Sonderung bringt. Dann vergrössert sich die Zahl der Segmente wahrscheinlich durch Gliederung des Mittelstücks und durch fortgesetzte Neubildung hinterer Ringe vom Schwanzstücke aus (Vergl. die Spinnen- entwicklung). Wenn die Keimanlage 6 bis 7 Abschnitte erhalten hat, so bietet der Kopfabschnitt die Form eines verbreiterten Lappens, bis zu dem sich die von Neuem aufgetretene Medianfurche hinerstreckt. Man findet jetzt die innere der beiden Zellenlagen in zwei Schichten, eine mittlere und innere (letztere dem Darmdrüsenblatt der Wirbelthiere entsprechend) gespalten, welche letztere vornehmlich durch den Körnchen- reichthum bezeichnet erscheint. Sämmtliche Blätter erstrecken sich von dem Keime aus wenngleich in sehr dünner Schicht über die Peripherie 541 Scorpionidae. des Eidotters. Das Schwanzstück beginnt nach vorn umzubiegen und bereitet die spätere ventrale umgeschlagene Lage des Postabdomens vor. Hat sich der Embryonalkürper nach fortgesetzter Vergrösserung und Streckung in 12 Abschnitte gegliedert, so bemerkt man an dem Kopf- lappen eine Mcdianfurche und ein Paar halbmondförmiger Querfurchen, mit welcher die erste Andeutung der später entstehenden Kopflalte ge- geben ist. Das zweite Segment (Mandibularsegment) ist klein und noch ohne Anhang, dagegen das dritte umfangreich mit grossen Anhängen, den Anlagen der Kiefertaster, in welche sich wie überhaupt in alle Gliedmassenschläuche das mittlere Keimblatt fortsetzt. Die vier nach- folgenden Segmente haben die Anlagen der 4 Beinpaare gebildet, aber auch an den vier letzten dem Schwanzabschnitt vorausgehenden Segmenten sind kleine Gliedmassenknospen angelegt. In einem spätem Stadium, in welchem die Segmentzahl auf 14 gestiegen ist, springen die Seiten- hälften der Kopfiappen in starkem Bogen vor, hinter der Mitte des- selben ist der Mund zum Durchbruch gelangt und am zweiten Segmente die Mandibelanlage gebildet, von den Segmenten des Praeabdomens werden die beiden letzten bauchwärts von dem Schwanzabschnitt theil- weise bedeckt. An der Bauchseite treten die GangHen der Bauchkette als würfelförmige Doppelkörper zunächst in den untern Kopf- und Brustsegmenten, in spätem Stadien auch in dem Abdominalsegmente hervor, die AmnioshüUe hebt sich nunmehr, aus doppelten Zellhäuten zusammengesetzt, vom Embryonalkörper ab und legt sich der Dotterhaut an. Mit dem fortschreitenden Wachsthum wächst der vordere Abschnitt des Kopfsegmentes faltenartig über den untern die Anlage des Gehirnes darstellenden Theil herab, die Kiefersegmente treten in innigere Be- ziehung zu demselben, die Extremitätenschläuche gliedern sich, das Postabdomen streckt sich und segmentirt sich fortschreitend in seine 6 Ringe. Von den Gliedmassenanlagen des Präabdomens bleiben nur die des zweiten Paares zurück und werden zu den kammförmigen Tast- organen; an der Stelle der nachfolgenden Paare entstehen die Spalt- öffnungen der Lungensäckchen. 1. Farn. Scorpionidae , ScoTp\one. Scorpio h. {Scorpius Ehrh.). Mit 6 Augen. Sc.europaeus Sehr. {flavicaudusDeg.) , Ilalien, südl. Frankreich, Tyrol. Sc. (Chactas) maurus Deg. , Amerika. Buthus Leach. Mit 8 Augen. Die 3 Seitenaugen in einer Linie, das hintere derselben am kleinsten. Scheeren herzförmig aufgetrieben. B. afer L. , Afrika. Ischnurus Koch. Mit 8 Augen. Die 3 Seitenaugen sind gleich gross und liegen in einer Linie. Körper flach und verbreitert. Isch. complanatus Koch, Java. Telegonus Koch Mit 8 Augen DieMitlelaugen liegen in der Mitte des Bruststücks, die 3 seitlichen bilden eine Bogenreihe, das mittlere derselben am kl insten. T. vittatiis Gu6r., Chili, Peru, T. glaber Gerv., Peru. Atreus Koch. Ä. biaculeatus Latr., Mexico. Centrurus Hempr. Ehrb. Mit 10 Augen. C. mexicanus Koch. Androctoniis Hcmpr. Ehrb. Mit 12 Augen. A. bicolor Hempr. Ehrb., Egypten. A. occitanus Amorx, Spanien, Italien, Griechenland u. a. A. Pseudoscorpionidea. 8. Ordaung: Solifugae. ^ 54^ ^ Anhangsweise mag hier die Gruppe der Afterscorpione Pseudo- scorpionidea ^) erwähnt werden, welche nicht nur durch ihre viel geringere Grösse, sondern durch eine weit einfachere Organisation von den Scorpionen abweichen und sich zu diesen gewissermassen wie die Milben zu den Spinnen verhalten. In ihrer Gestalt gleichen sie den Scorpionen, mit denen sie auch die Bildung der Kieferfühler und Scheerentaster gemeinsam haben. Dagegen entbehrt der elfringlige platte Hinterleib des stilförmigen Postabdomens nebst Schwanzstachel und Giftdrüse. Alle besitzen Spinndrüsen, deren Ausführungsgäuge in der Nähe der Geschlechtsöffnungen am zweiten Hinterleibsringe liegen. Sie besitzen nur zwei oder vier Ocellen und athmen durch Tracheen, welche mit 2 Paaren von Stigmen an den beiden ersten Hinterleibringen beginnen. Die Afterscorpione halten sich unter Baumrinde, Moos, zwischen Blättern alter Folianten etc. auf, laufen schnell seitwärts und rückwärts und nähren sich von Milben und kleinen Insecten, auch wohl parasitisch an Afterspinnen. Chelifer GeofFr, Kopfbrustsück durch eine Querfurche getheilt. 2 Augen. Ch. cancroides L., Bücherscorpion. Obisium Leach. Kopfbruststück ungetbeilt. 4 Augen, Ob. ischnosceles Herrn. Unter Moos. 8. Ordnung: Solifugae 2), Walzenspümen. Mit gesondertem Kopf und Brustabschnitt, langgestrecktem Qglied- rigen Hinterleib , scheerenförmigen Kieferfühlern und beinartigen Kiefertastern, durch Tracheen athmend. Die Walzenspinnen, deren Vorkommen auf die wärmern Gegenden beschränkt ist, halten in ihrer äussern Erscheinung und in dem ge- sammten Körperbau die Mitte zwischen den Spinnen und Insecten, denen sie in der Gliederung ihres dichtbehaarten Leibes bereits sehr nahe stehen. Der Cephalothorax zeigt nämlich eine deutliche Sonderung in zwei Abschnitte, von denen der vordere dem Kopfe, der hintere drei- gliedrige dem Thorax der Insecten verglichen werden kann. Auch ist 1) W. E. Leach, On the characters of Scorpionidae, with description of the British species of Chelifer and Obisium. Zool. Miscell. III. A. Menge, Ueber die Scheerenspinnen. Neueste Schriften der naturf. Gesell- schaft zu Danzig. Tom. V. 1855. 2) Ausser Dumeril , Walckenaer, Lucas, Lichtenstein, Herbst, Koch u. a. vergl. : L. Dufour, Anatomie, physiologie et histoire naturelle des Galeodes. Comptes rendus de l'acad. des scienccs. Tom. XLVI, Th. Hutton, Observations on the habits of a large species of Galeodes, Ann. of natur. hist. Tom, XII. Claus, Zoologie, 2. Auflage. 35. 546 . III. Classc. Myriopoda. der Hinterleib deutlich abgesetzt, von langgestreckter walziger Form und aus 9—10 Segmenten zusammengesetzt. Die Geschlechtsorgane münden an dem ersten Abdominalsegment. Die Mundwerkzeuge treten als mächtige Kieferfühler hervor und enden mit einer grossen vertical gestellten Scheere, deren unterer Arm in senkrechter Richtung gegen den obern beweglich ist. Die Kiefertaster werden als Beine beim Gehen verwendet, entbehren aber des Krallenpaares, welches nur den drei hintern an den Thoracalringen entspringenden und an ihrer Basis mit eigenthümlichen Hautblättchen besetzten Beinpaaren zukommt. Das vordere, noch dem Kopfabschnitte zugehörige Beinpaar entbehrt der Krallen und gilt desshalb, sowie wegen seiner Anheftung am Kopfe als ein zweites Paar von Kiefertastern. Die Walzenspinnen besitzen zwei grosse hervorstehende Punctaugen und athmen wie die Insecten durch Tracheen, deren 4 Spaltöffnungen sich zwischen dem ersten und zweiten Fusspaare der Brust und an der ünterfläche des Hinterleibes finden. Die Walzenspinnen leben in sandigen warmen Gegenden besonders der alten W^elt und scheinen zur Nachtzeit auf Raub auszugehen, sie sind ihres Bisses halber gefürchtet und gelten für giftig, ohne dass man bis- lang die Giftdrüsen sicher nachgewiesen hat. 1. Farn, Solpugidae. Solpuga Lichl {Galeodes 0\\v.). S. fatalis Licht., Ben- galen. S. phalangista Waick. , Egyplen. S. araneo'ides Fall., In Südrussland bis zur Wolga. Auch in Ameriita kommen Arten vor, S. linibata Luc, Mexico. Als Untergattungen sind von Koch unterschieden: Gluvia, Bhax, Aellopus. HL Classe. Myriopoda') 9 Xaiisendfiisse. Landbewohnende Arthropoden mit gesondertem Kopf und sahi- reichen ziemlich gleichgebildeten Leibessegmenten, mit einem Fühler- paare, drei Paaren von Kiefern und zahlreichen Fusspaaren, durch Tracheen athmend. Unter allen Arthropoden schliessen sich die Tausendfüsse durch die gleichmässige Gliederung ihres langgestreckten, bald cylindrischen, 1) Ausser den älteren Werken von De Geer, Leacb, Walckenaer, C L Koch and Gervais vergl.: J. F. Brandt, Recueil des m^moires relatifs ä l'ordre des Insectes Myriapodes. St. Petersburg. 1841. F. Gervais, Etudes pour servir ä l'histoire naturelle des Myriapodes. Ann. des scienc. natur. 286r. Tom. VII. 1857. G. R. Treviranus, Vermischte Schriften. Vol. II. G. Newport, Od the organs of reproduction and the development of the Myriapoda. Philos. Transact, 1841. Körperbau und Mundwerkzeuge. 547 bald mehr flachgedrückten Leibes und durch die Art ihrer Bewegung am meisten den Anneliden an und verhalten sich zu diesen letztern ähnlich wie etwa die Schlangen zu den wurmförmigen Fischen unter den Vertehraten. Da sie nur eine verhältnissmässig geringe Zahl von Familien und Gattungen umfassen, wurden sie früher nicht selten als eine Gruppe vom Range der Ordnung bald den Crustaceen bald den Insecten eingereiht. Diesen stehen sie als Landthiere mit Tracheen respiration und durch die Zahl ihrer Antenneh und Mundtheile nahe, jenen schliessen sie sich durch die zahlreichen Gliedmassen an, welche als Beine den d«n auf den Kopf folgenden Leibessegmenten zugehören. Insbesondere zeigen sie durch ihre gesammte Körperform zu den Landasseln (Är- madülo — Glomeris) eine grosse Verwandtschaft, weichen indessen wiederum durch eine Reihe eigenthümlicher Züge so sehr von beiden Arthropodenclassen ab, dass sie am natürlichsten zu einer selbstständigen Classe erhoben zu werden verdienen. Der Kopf der Myriopoden stimmt durchaus mit dem vordem als Kopf bezeichneten Abschnitt der Insecten überein und trägt wie dieser zwei Fühler, die Augen und drei Paare von Kiefern. Die Fühler sitzen in Gruben auf der Stirn und bestehen aus einer einfachen Glieder- reihe, sie sind meist schnür- oder borstenförmig. Von den Kiefern gleichen die kräftig bezahnten Mandibeln denen der Insecten und ent- behren stets des Tasters. Die beiden dicht hintereinander folgenden Maxillenpaare zeigen beide die Tendenz zur medianen Verwachsung und stellen entweder eine gemeinsame Unterlippe dar, deren Taster vollständig zurücktreten (Chilognatha) oder erhalten sich gesondert, und nur die Maxillen des zweiten Paares verschmelzen zu einer taster- tragenden Unterlippe (Chüopoda). In seltenen Fällen sind die Mund- theile zu einem Stech- und Saugapparate umgebildet (Polysonium). Der auf den Kopf folgende Leib setzt sich aus gleichartigen und deut- lich gesonderten Segmenten zusammen, welche in sehr verschiedener für die einzelnen Arten meistens jedoch constanter grosser Zahl (bei Fohjxenus und Fauropus nur neun) auftreten, oft in festere Rücken- und Bauchplatten zerfallen und mit wenigen Ausnahmen Gliedraassen- paare tragen. Erscheint auch fast durchweg die Homonomität der Leibessegmentirung so vollständig, dass eine Abgrenzung von Brust und Abdomen unmöglich wird, so deuten doch Verhältnisse der Innern Newport, Catalogue of the Myriapoda in the collection of tbe Brit. Museum. London. 1856. M. Fahre, Recherches sur l'anatomie des organes reproducteurs et sur deve- loppement des Myriapodes. Ann. des scienc. natur. 4s6r. Tom. III. 11. de Saussure, Essai d'üne faune des Myriapodes de Mexico. Genäve. 1860. Vergl. ausserdem die Abhandlungen von Wood, Peters , Stein, Lubbock, A. Humbert, L. Koch. 35* i'>4S Körperbau. Nervensystem. Rückengefäss. Organisation, insbesondere die Verschmelzung der vordem Ganglienpaare der Bauchkette, darauf hin, dass wir die vordem Leibesringe als dem Thorax der Insecten vergleichbar zu betrachten haben. Bei den Chilo- gnathen entspringen an den 3 bis 6 vordem Segmenten je nur ein Paar, an den nachfolgenden Leibessegmenten dagegen fast durchweg zwei P -) Paare von Beinen, so dass man dieselben auch als durch Verschmelzung ' ' von Segmenten entstandene Doppelringe auffassen kann. Die Beine heften sich bald mehr an den Seiten, bald mehr der Mittellinie genähert auf der Bauchfläche an und sind kurze 6— Tgliedrige mit einer Kralle endigende Extremitäten. In dem Bau der Innern Organe stimmen die Myriopoden sehr nahe mit den Insecten überein. Das Nervensystem nähert sich auffallend dem der Anneliden und zeichnet sich durch die bedeutende Streckung der Bauchganglienkette aus, welche die ganze Körperlänge durchsetzt und in jedem Segmente zu einem Ganglienknoten anschwillt. Auch ist ein System von paarigen und unpaaren Eingeweidenerven, ähnlich dem der Insecten, bekannt geworden. Augen fehlen in nur seltenen Fällen und treten in der Regel als Ocellen oder durch enges Aneinanderrücken als gehäufte Punctaugen, selten (Scutigera) als wirkliche Facetten äugen auf, die indessen wie es scheint von den gehäuften dicht aneinander liegenden Punctaugen nicht scharf abzugrenzen sein möchten. Der Verdauung scanal durchsetzt mit seltenen Ausnahmen (Glomeris) ohne Schlängelungen in gerader Richtung die Länge des Leibes und öffnet sich am letzten Hinterleibsringe durch den After nach aussen. Man unterscheidet eine dünne Speiseröhre, welche in der Mundhöhle beginnt und wie bei den Insecten 2 bis 6 schlauchförmige Speicheldrüsen auf- nimmt, sodann einen weiten sehr langen Magendarm, dessen Oberfiäclie mit kurzen, in die Leibeshöhle hineinragenden Leberschläuchen dicht besetzt ist, ferner einen Enddarm mit den Mündungen von zwei oder vier am Darme sich hinschlängelnden Harncanälen und mit kurzem, er- weitertem Mastdarm. Als Centralorgan der Blutbewegung erstreckt sich ein langes [)ulsirendes BücJcengefäss durch alle Körpersegmente. Das- selbe gliedert sich der Segmentirung entsprechend in eine grosse Zahl von Kammern , welche durch fliigelförmige Muskeln rechts und links an der Rückenwandung befestigt werden. Das Blut tritt aus der Leibeshöhle durch seitliche Spaltenpaare in die Herzkammern ein und strömt theils durch Arterienpaare aus den seitlichen Spaltöffnungen, theils durch eine vordere in drei Aeste getheilte Kopfaorta nach den Organen der Leibes- höhle, von welcher sich wie bei den Hirudineen ein die Bauchganglien- kette umfassender Blutsinus abgrenzt. Alle Myriapoden sind luftathmend und besitzen ein System von Luftröhren , Tracheen , welche denen der Insecten analog als zwei Längsstämme in den Seitentheilen des Körpers veriaufen, durch Spaltenpaare an einigen Segmenten (bald unter den 1. Ordnung: Cbiloguatha. 549 Basalgliedern der Füsse, bald in den Verbindungshäuten zwischen Rücken und Bauchplatten) von aussen die Luft aufnehmen und vielfach verästelte Seitenzweige nach allen Organen abgeben. Alle Myriapoden sind getrennten Geschlechts. Die Samen- und Eier-bereitenden Drüsen entwickeln sich meist als langgestreckte unpaare Schläuche, w^ährend die Ausführungsgänge oft paarig auftreten, überall mit accessorischen Drüsen , im weiblichen Gschlechte zuweilen mit doppeltem Receptaculum seminis in Verbindung stehen und bald paarig am Hüftghede des zweiten Fusspaares oder hinter diesem Gliedmassenpaare (Chilognathen) , bald unpaar am hintern Körperende ausmünden (Chilo2)oden). Im männlichen Geschlechte kommen im ersten Falle häufig noch äussere von den Geschlechtsöftnungen entfernte Copulationsorgane am 7. Segmente hinzu, welche sich vor der Begattung mit Sperma füllen und dasselbe dann während des Coitus in die weibliche Geschlechtsöffnung einführen. Die meist grössern Weibchen legen häufig Eier in die Erde ab. Die ausschlüpfenden Jungen entwickeln sich durch Metamorphose, indem sie anfangs ausser den Fühlern nur 3, 6 oder 8 Paare von Füssen und einige wenige gliedmassenlose Segmente besitzen. Unter zahlreichen Häutungen nimmt die Körpergrösse allmählig zu, die Extremitäten- paare sprossen an den bereits vorhandenen Leibesringen hervor, deren Zahl durch neue, von dem Endsegmente sich abschnürende Ringe er- gänzt wird, es vermehrt sich die Zahl der Ocellen und Fühlerglieder, und dicAehnlichkeit mit dem geschlechthchen Thiere wird immer vollkommener. Die Myriopoden sind durch die Form und den Bau ihres Leibes auf den Erdboden verwiesen, sie leben unter Steinen, Baumrinde, an feuchten dunklen Orten und in der Erde. Die Chilopoden ernähren sich räuberisch von Insecten und kleinern Thieren , die Chilognathen leben von vegetabilischer Kost, insbesondere von modernden Pflanzcnstofien. Fossile Reste sind vereinzelt in den Schichten des Jura gefunden worden, in grösserer Zahl dagegen aus bem Bernstein bekannt. 1. Ordnung; Chilognatha'), Chilognathen. (3)'>?«'?"'«^. Myriopoden von meist drehrunder oder halhcylindrischer Form, mit verschmoUenen obern und untern Maxillen, mit doppelten JBein- 2)aaren an den mittleren und hintern Leihessegmenten. Die Geschlechts- öffnungen liegen am Hüftgliede des zweiten JBeinpaares. Der langgestreckte Leib hat in der Regel eine cylindrische oder halbcylindrische Form, indem die Segmente oft vollkommene Ringe 1) J. F. Brandt, Tentaminum quarumdam monographicorum Insecta Myriapoda Chilognatha spectantium prodromus Bull. nat. Moscou. Tom. VI. Derselbe, Sur un nouveau ordre de la classe des Myriapodes. Bull. Acad. Petersb. 1868. Fr. Heinert, Danmarks Cbilognather. Naturh. Tidsskrift. 3 Raeck. Toio. V. 5Ö0 Polizonidae. Julidae. darstellen oder auch mit besonderen Rückenplatten versehen sind. Die Fühler sind kurz und bestehen nur aus 7 Gliedern, von denen das letzte noch dazu verkümmern kann. Die Mandibeln besitzen meist breitere Kauflächen zum Zerkleinern von Pflanzentheilen und einen obem beweglich eingelenkten spitzen Zahn. Beide Maxillenpaare vereinigen sich zur Herstellung einer untern Mundkiappe, deren Seitentheile zwei hakenförmige rudimentäre Laden tragen und dem obem Maxillenpaare entsprechen, während der mittlere Abschnitt die eigen tUche Unterlippe darstellt. Augen fehlen selten vollständig, in der Regel sind dieselben zahlreiche gehäufte Punctaugen, ober- und ausser- halb der Fühler gruppirt. Niemals wird das vordere Beinpaar der Brust ein umfangreicher mit Giftklaue endigender Maxillarfuss , wohl aber ist die Stellung der vordem Brustbeine meist nach vorn den Mundwerkzeugen zugekehrt. Stets tragen die 3 Brustsegmente und wohl auch noch die 2 oder 3 nächstfolgenden Segmente einfache, alle nachfolgenden (mit Ausnahme des 7. im männüchen Geschlechte) dop- pelte Beinpaare. Die Stigmen finden sich an allen Segmenten und zwar ventral unter den Hüftgliedern der Beine mehr oder minder ver- steckt und führen in büschelförmige Tracheen. Die häufig als Stigmen angesehenen Porenreihen {Foramina repugnatoria) zu beiden Seiten des Rückens sind die Oeflnungen von Hautdrüsen, welche zum Schutze des Thieres einen ätzenden übelriechenden Saft entleeren. Die Geschlechts- organe münden am Hüftgliede des zweiten oder dritten Beinpaares, im männUchen Geschlechte tritt in einiger Entfernung hinter den Geschlechts- öffnungen am 7. Leibesringe ein paariges Copulationsorgan hinzu, wel- ches indess bei Glomeris durch zwei accessorische Extremitätenpaare am Aftersegmente ersetzt zu werden scheint. Die Eier werden im Frühjahr oft in Erdlöcher abgelegt. Die Jungen besitzen anfangs nur drei Beinpaare, die Metamorphose erscheint demnach vollständiger als bei den Chilopoden. Die Chilognathen leben an feuchten Orten unter Steinen am Erdboden, nähren sich von vegetabilischen und wie es scheint auch von abgestorbenen thierischen Stoffen. Viele kugeln sich nach Art der Kugelasseln zusammen oder rollen ihren Leib spiralig auf, überwintern auch in solcher Haltung des Körpers. 1. Fam. Polyzonidae. Kiefer zur Bildung einer SaugrOhre vereinigt. Körper halbcylindrisch, langestreckt, spiralig aufrollbar, mit kleinem verborgenen Kopf und kurzen Beinen. Die Dorsalplatten gehen ohne Unterbrechung auf die Unterseite über. Pölyzonium Brdt. (Platyulus Gerv.) 6 Punktaugen in zwei Reihen auf der Stirn vertheilt. Körper glatt aus etvi^a 50 Segmenten gebildet. P. germanicum Brdt. Siphonotus Brdt., mit zwei ,^ugen. Siphonophora Brdt. Augenlos. Körper rauh behaart, aus 70 bis 80 Segmenten zusammengesetzt. Auf den Antillen und Philippinen. S. Portoricensis Brdt. 2 Fam. Julidae. Mit grossem freien Kopf, gehäuften Punktaugen, kauenden Mundtheilen und cylindrischem , spiralig aufrollbarem Körper. Die Segmente des Polydesmidae. Polyxenidae. Glomeridae. 501 Körpers sind in unbeschränkter Zahl vorhanden und bestehen aus einer fast ring- förmigen Dorsalplatte und zwei kleinen den medianen Schluss bewirkenden Ventral- platten, an deren Hinterrande die median zusammenstosenden (Beine entspringen (Trizonia). Genitalöffnungen vor den Beinen des 3len Thoracalringes. Julus L. Fühler nicht viel länger als der Kopf. Erster Brustring viel länger als die andern. Körperoberfläche glatt oder fein gerieft. Beine kurz mit eingliedrigen Hültgliedern und Tarsen. Analsegnient kolbig. J. sabulosus L. J. pusillus Leach u. z. a. A. Blanjulus guttulatus ¥ahr. Bl. pulchellus Koch. Isobates semisulcatus Miig. Lysiopetalum Brdt. Fühler mindestens doppelt so lang als der Kopf, dessen Scheitel und ßackentheile blasig aufgetrieben sind. Beine lang, die Seitenränder des Körpers überragend mit 2ringligem Hüftglied und zweigliedrigen Tarsen. Analsegmcnt klein. L. carinatum Brdt., Dalmatien. L. foeditissimum Brdt. Verwandte Gattungen sind: Spirobalus Brdt., mit grossen tropischen Arten, Spirostreptus Brdt., Spirostrephon u. a. 3. Farn. Polydesmidae. Mit grossem freien Kopf, kauenden Mundtheilen und plattenförmigen Ausbreitungen der Seitentheile der Leibesringe, Diese sind in be- schränkter Zahl vorhanden und nur aus einer ringförmigen Platte gebildet {Monozonia). Beine durch einen medianen Vorsprung getrennt. ? Polydesmus Latr. Zweites bis sechstes Fühlerglied fast gleich lang. Auf den augenlosen Kopf folgen 20 Leibessegmente, von denen das vordere der Beine entbehrt, das 2te bis 4te nur 1 Beinpaar tragt. Tarsus eingliedrig. P. complanatus Deg. P. margaritiferus Guer, Manilla u. a. grosse tropische Arten. Verwandte Gattungen sind: Eurydesmus Sauss. , Platydesmus Luc, Cyrtodesmus Gerv., u. a. Bei Craspedosoma Leach sind Augen vorhanden. Cr. polydesmoides Leacb, Europa. Strongylosoma Brdt. Die Seitenplatten sind auf einen kurzen Stil oder eine wulstförraige Erhebung reducirt. Augen fehlen. St. juloides Brdt., Europa. 4. F'am. Polyxenidae. Auf den deutlich gesonderten mit 2 Ocellengruppen versehenen Kopf folgen nur noch 9 je aus einem Chitinstück gebildete Körpersegmente, welche Bündel von langen schuppenförmigen und befiederten Haaren tragen. Polyxenus Latr. Mit vierzehn Beinpaaren. P. lagurus L. Kicht viel über eine Linie lang. Europa. Bei der Gattung Pauropus Lbk. sind nur 9 Paare von Beinpaaren vorhanden. Diese Form weicht jedoch in so wesentlichen Stücken ab, dass Lubbock auf dieselbe eine dritte Myriopodenordnung {Pauropoda) gründet. P. Huxleyi Lbk. und pedunculatus Lbk., sehr kleine, unter abgefallenem Laub lebende Thierchen. 5. Farn. Glomeridae. Körper halbcylindrisch , mit flacher Bauchseite, kurz und zum Zusammenkugeln geeignet. Auf den grossen freien Kopf folgen nur 12 bis 13 Segmente, von denen das erste schmal ist und von dem zweiten seitlich umfasst wird , das letzte eine grosse schildförmige Platte darstellt. Die Segmente bestehen aus einer bis zum Seitenrande reichenden Dorsalplatte und 2 freien ventralen Seitenplalten. 17 bis 21 Beinpaare. Genitalöflnung hinter dem 2ten Beinpaare. Die männlichen Begattungsorgane treten vor dem After hervor. Glomeris Latr. Körper asselähnlich, aus 12 Segmenten gebildet, mit 17 Bein- paaren. Acht Augen jederseits in Bogenlinien gruppirt. Antennen 7gliedrig, das letzte vom verlängerten 6ten Gliede umschlossen. Gl. marginata Leach. Sphaerotherium Brdt. Körper aus i3 Segmenten gebildet, mit 21 Beinpaaren. 2 Gruppen gehäufter Punktaugen vor den 7gliedrigen Fühlern. Zahlreiche Arten von r.n9 2. Ordnung: Chilopoda. den Sundainseln und aus Afrika. Sp. elongatum Brdt., Cap. Bei Sjphaeropoeus Brdt, sind die Fühler nur 6gliedrig. Zephronia ovalis Gray. 2. Ordnung: Chilopoda'), Chilopoden. Tausendfüsse von meist flachgedrücktem Leib, mit laiigen viel- gliedrigcn Fühlern und zum Baube eingerichteten Mundtheilen, mit mir einem Gliedmassenpaare an jedem Leibesringe. Der langgestreckte, meist flachgedrückte Leib erhärtet an- der Rücken- und Bauchfläche der Segmente zu festen Chitinplatten, welche durch weiche, die Stigmen umlassende Zwischenhäute verbunden sind. In der Regel entwickeln sich einige der Rückenplatten zu grössern Schildern, welche die kleinen dazwischen gelegenen Segmente dachziegel- lörmig überdecken. Niemals übersteigt die Zahl der Fusspaare die der gesonderten Segmente, da sich nur ein einziges Paar an jedem Ringe entwickelt. Die Fühler sind lang und vielgliedrig, unter dem Stirnrande eingefügt. Die Augen sind mit Ausnahme der Gattung Scutigera, welche Netzaugen besitzt, einfache oder gehäufte Punctaugen. Die Maxillenpaare bleiben von einander getrennt, das vordere ist mit Laden- theilen und einem kurzen Taster versehen, das zweite zu einer Art Unter- lippe mit mehrgliedrigem Taster verschmolzen. Die Mandibeln tragen unterhalb des gezahnten Kaurandes einen Bart-ähnlichen Schopf von Haaren. Ueberall rückt das vordere Beinpaar der Brust als eine Art Kieferfuss an den Kopf heran, bildet durch die Verwachsung seiner Hüfttheile eine mediane ansehnliche Platte nach Art einer zweiten Unterlippe, an der rechts und links grosse 4ghedrige Raubfüsse mit einschlagbarer Endklaue und Giftdrüse hervorstehen. Die übrigen ßeinpaare heften sich an den Seitentheilen der Leibesringe an, das letzte häufig verlängerte Paar streckt sich weit nach hinten über das Endsegment hinaus. Die Spalt- oder Sieb-förmigen Stigmen liegen alternirend in der seitHchen Verbin- dungshaut der Segmente. Die Geschlechtsorgane (beim Weibchen ein langes darmförmiges Ovarium mit ein oder zwei Oviducten und dop- peltem Receptaculum , beim Männchen ein bis drei Hodenschläuche mit gelappten Anhangsdrüsen), münden am Ende des Leibes in einfacher Oeffhung; männliche Begattungswerkzeuge fehlen; die Befruchtung wird durch abgetetzte Spermatophoren vermittelt. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen bereits 6 (Lithobius) oder 8 Gliedmassenpaare. Scolopendra soll 1) Kewport, Monograph of the class Myriapoda , order Chilopoda. Linnaen Transactions. Tom. XIX. L. Koch, Die Myriapoden-Gattung Lithobius. Nürnberg. 1862. V. Bergsoe, og. Fr, Meinert, Danmarks Geophiler. Schiödte's Katurh. Tids- skrift. 3 Raeck. Tom. IV. 1866. Fr. Meinert, Danmaiks Scolopendres og. Lithobier. Ebendas. 3 S. Tom. V 1868. Geophilidae. Scolopendridae. Lithobiidae. Scutigeridae. IV.Classe: Hexapoda. 553 lebendige Jungen mit vollzähliger Körpergliederung gebären (Gervais, Lucas). Die Chilopoden nähren sich durchweg von Thieren, welche sie mit den Kieferfüssen beissen und durch das in die Wunde ein- fliessende Secret der Giftdrüse tödten. Einzelne tropische Arten können bei ihrer bedeutenden Körpergrösse selbst den Menschen empfindlich verletzen. 1. Farn. Geophilidae. Körpersegmente gleichartig und sehr zahlreich. Segment des Kieferfusses von dem des vordem Beinpaares gesondert. Beine kurz mit ein- gliedrigen Tarsen. Fühler 14gliedrlg. Augen fehlen. Geophilus Leach. Maxillen klein. Kieferfussklaue lang. G. electricus L. G. ferrugineus Koch. G. longicornis Leach. Himantarium Koch. Mit 2 Furchen der Dorsalplalten. H. sübteraneum Leach. Scolioplanes ßerg., Meint. Maxillen gross. Kieferfussklaue kurz. Sc.maritimus Leach. Sc. acuminatus Leach. Sc. foveolatusB. M. u. a. G. 2. Fam. Scolopendridae. Körper meist mit ungleichartiger Gliederung und vier Ocellen. Rückenschiene des Kleferfusssegmentes mit dem nachfolgenden ver- schmolzen. Antennen schnurförmig, 17 bis 20gliedrig. Cryptops Leach. Gliederung gleichartig. Ocellen fehlen. Antennen ITgliedrig. 2t Segmente und Beinpaare. Tarsen eingliedrig. Ct. hortensis Leach. Cr. agilisß-^. Scolopendra L. Auf den Kopf folgen 21 ungleichartige Körpersegmente. Vier Augen. Antennen 18— 20gliedrig. Tarsen zweigliedrig. 21 Beinpaare. Sc. morsitans Gerv,. Italien. Dalmatien Sc. gigantea L. , Ostindien, | Fuss lang. Vervsandl sind: Cormocephalus Kewp., Newportia Gerv., Heterostoma Newp., Scolopendrella Gerv,, Eucoryhus Gerst., u. a. 3. Fam. Lithobiidae. Körper ungleichartig gegliedert, mit 9 grössern und 6 kleinern Rückenschildern. Ocellen jederseits in grosser Zahl. Fühler vielgliedrig. Unterlippe (der Kieferfüsse) gezähnt. Fünfzehn 7gliedrige Beinpaare. Analfüsse zuweilen mit 2 Krallen. L. forficatus L. L. calcaratus Koch, Analfüsse mit 2 Knilien. Henicops Newp. {Lamyetes .Meint». Nur 1 Auge jederseits, u. z. a. A. 4 Fam. Scutigeridae (Cermatiidae = Schizotarsia). Die borstenförmigen Fühler länger als der Körper. Netzaugen anstatt der Ocellen. Beine sehr lang, nach dem hintern Körperende zu an Länge zunehmend, mit geringeltem 2theiligen Tarsus. Scutigera Lam. (Cerviatia Jlligj. Körper mit nur 8 freiliegenden Dorsalplatten und 15 Ventralplatten und ebensoviel Beinpaaren. Leben mehr in den warmen Ländern. Sc. coleoptrata L., Schon in Süddeutschland. Sc. araneoides Fall. Sc. violacea L. Koch, Neuhoiland. IV. Classe. Hexapoda 0= Insecta^ Iiisecten. Luftathmenäe Arthropoden, deren Leib in der Regel deutlich in Kopf, Brust und Abdomen gesondert ist, mit 2 Fühlern am Kopf/to-e«gruppe), oder sie bleibt nackt mit sehr deutlich hervor- tretender Felderung, welche sich nicht selten wie bei den Netzflüglern, Neuropteren, zu einem dichten, netzartigen Maschenwerk gestalten kann. In der Regel ist die Grösse beider Flügelpaare verscliioden, indem die Insecten mit pergamentartigen Vorderflügeln und mit halben oder ganzen Flügeldecken weit umfangreichere Hinterflügel besitzen, bei den Insecten mit häutigen Flügeln dagegen die Vorderflügel an Grösse meist bedeutend überwiegen. Indessen besitzen viele Neuropteren ziemlich gleichgrosse Flügelpaare, während bei den Dipteren die Hinter- tiügel zu Schwingkölbchen oder Halteren verkümmern. Selten fehlen die Hinterflügel ganz. Endlich gibt es in allen Insectenordnungen Beispiele von vollständigem Flügelmangel in beiden Geschlechtern oder nur beim Weibchen. Der dritte Leibesabschnitt, der den grössten Theil der vegetativen und alle reproductiven Organe in sich einschliesst , ist der Hinterleib, das Abdomen. Im Gegensatze zu der gedrungenen, durch den Ein- fluss der Musculatur bestimmten Form der starren, in ihren Theilen kaum verschiebbaren Brust zeigt der Hinterleib eine bedeutende Stre- ckung und scharf ausgeprägte Segmentirung. Die 9 (bei den Orthop- teren 11) Leibesringe, welche in die Bildung des Abdomens eingehen, sind untereinander durch weiche Verbindungshäute sehr bestimmt ab- gegrenzt und setzen sich aus einfachen Rücken- und Bauchschienen zusammen, welche seithch ebenfalls durch weiche, eingefaltete Gelenk- häute in Verbindung stehen. Ein solcher Bau gestattet dem Hinter- leibe, welcher den grössten Theil der Eingeweide und Geschlechtsorgane in sich einschliesst, eine bedeutende Ausdehnung im Längs- und Quer- durchmesser, eine Ausdehnung, die im vollsten Umfang bei der Schwel- lung der Ovarien eintritt, in geringem Masse aber sowohl für die Re- 500 Körperbedeckung. Hautdrüsen. spiration als für die Anfüllung des Darmes nothwendig wird. Sehr allgemein erscheinen jedoch die hintern Segmente eingezogen und in zahlreiche seithche und mediane Theile gespalten, welche theils eine Beziehung zur Ausmündung des Darmes erhalten haben, theils und zwar ganz besonders als äussere Genitalien verwendet worden sind. Wie Stein und Lacaze-Duthiers tiberzeugend nachgewiesen haben, führen sich sowohl die in Form von Zangen, Fäden, Borsten, Griffel auftreten- den Analanhänge, als die männlichen und weiblichen äussern Geschlechts- werkzeuge, die Legescheiden, Legeröhren, Legestacheln und Giftstacheln auf die veränderten, in mehrfache Theilstttcke zerfallenen letzten Ab- dominalsegmente zurück. Am letzten Bauchringe oder zwischen dessen Theilen liegt überall der After, zuweilen mit der Ausmündung der Ge- schlechtsorgane zu einer Kloake vereinigt. Mündet dagegen die Ge- schlechtsötfnung gesondert, so gehört dieselbe als bauchständig den vorausgehenden Segmenten an. , Die Körperbedeckung, welche sich auch hier als chitinisirte Cuti- cula darstellt, abgesondert von einer weichen subcuticularen Zellschicht, durchläuft sehr verschiedene Stufen der Stärke, von einen zarten homo- genen Membran an (insbesondere bei den im Wasser lebenden Mücken- larven) bis zu einem mehrfach geschichteten , undurchsichtigen Haut- panzer. Seltener scheinen Kalksalze zur Erhärtung des Chitinpanzers beizutragen. Während die äussere Oberfläche wie bei den Krustern sehr mannichfache Sculpturen und Zeichnungen in Form von polygonalen Feldern, Wellenlinien, Riefen, Höckern zeigt, wird die Dicke der häufig gefärbten Substanz bei einiger Stärke sehr allgemein von feinern und gröbern Porencanälen durchsetzt , auf denen im letzteren Falle sich meist Cuticularanhänge verschiedener Form als Borsten, Haare, Schuppen etc. erheben. Unterhalb des Panzers, zum Theil in der weichen subcuticu- laren Zellenschicht, welche häufig als Träger von Pigmenten zu der Färbung des Körpers beiträgt, liegen sehr allgemein einzellige oder zusammengesetzte Hautdrüsen , deren Secret in der Regel durch gröbere Poren entleert wird, seltener wie bei den Bärenraupen in die Hohlräume von cuticulären Anhängen hineindringt. Hier nehmen die hohlen Haare das Secret von flaschenförmigen Drüsen auf, deren Ausführungsgänge einzeln in die Haare tragenden Poren eintreten. Von den Innern Organen erlangt der Verdauungscanal einen be- trächtlichen Umfang und meist eine hohe Ausbildung. Nur wenige Insecten nehmen ausschliesslich im Jugendzustand Nahrungsstoffe auf und entbehren in der geflügelten geschlechtsreiten Form der Mundöft'nung (Eintagsfliegen); andere besitzen im Larvenzustand ein'en blindgeschlos- senen mit dem Enddarme nicht communicirenden Magendarm {Hymne- Mop^erenlarven , Pupiparen, Ameisenlöwe). Der von den Mundwerk- zeugen umstellte Mund führt in eine kurze enge Speiseröhre, in Darmcanal. Malpighische Organe, 561 deren vorderen als Mundhöhle zu bezeichnenden Theil ein oder mehrere Paare umfangreicher ent\Yeder schlauchförmiger oder traubiger Speichel- drüsen (beziehungsweise Spinndrüsen) einmünden. Bei zahlreichen sau- genden Insecten erweitert sich das Ende der langen Speiseröhre in einen seitlichen kurz gestilten dünnhäutigen Sack, Saugmagen, bei andern in eine mehr gleichmässige als Kropf b(>kannte Auftreibung. Der auf den Oesophagus folgende, bald gerad-gestreckte , bald mehrfach ge- wundene Darm verhält sich nach der verschiedenen Lebensweise der einzelnen Ordnungen ausserordentlich verschieden und zerfällt überall wenigstens in einen längern, die Verdauung besorgenden Magendarm (Chylusmageii) , welcher mit Rücksicht auf seine Functionen sowohl dem Magen als dem Dünndarm entspricht, und in einen längern oder kürzern die Kothballen absondernden Enddarm. Die Zahl der Abschnitte wird jedoch häufig eine grössere. Bei Raubinsecten , insbesondere aus den Ordnungen der Coleopteren und Neuropteren schiebt sich zwischen Kropf und Chylusmagen ein Kaumagen von kugliger Form und kräftiger Muskelwandung ein, dessen Innenhaut als chitinisirte Cuticula eine besondere Dicke gewinnt und mit stärkern Leisten, Zähnen und Borsten besetzt ist. Auch der Chylusmagen, an welchem sich vorzugsweise die verdauende Drüsenschicht auf Kosten der Muskellage und der völlig schwindenden Intima entwickelt, zerfällt zuweilen in mehrfache Abschnitte, wie z. B. bei den Raubkäfern. Hier erhält der vordere Abschnitt des Chylusmagens durch zahlreiche hervorragende Blindsäckchen ein zottiges Aussehen und grenzt sich von der nachfolgenden einfachen engern Darmröhre scharf ab. Auch können am Anfange des Magendannes gi-össere Bhndschläuche nach Art von Leberschläuchen aufsitzen {Or- thopterai). Die Grenze von Chylusmagen und Enddarm wird durch die Einmündung langgestreckter fadenförmiger Blindschläuche, der als Harn- organe betrachteten Malpighischen Gefässe, bezeichnet. Auch der mit der Insertion dieser Fäden beginnende Enddarm zerfällt meist während seines Verlaufes in 2, seltener in 3 Abschnitte, welche als Dünndarm, BicMarm und Mastdarm unterschieden werden. Der letzte Abschnitt besitzt eine starke Muskellage und enthält in seiner "Wandung vier, sechs oder zahlreiche Längswülste , die sog. jRectoMrüsen , über deren Bedeutung nichts Sicheres bekannt ist. Zuweilen münden noch unmittelbar vor der am hintern Körperpole gelegenen Afteröffnung zwei Drüsen ^.naZdrüsen, in den Mastdarm ein, deren Secret durch seine ätzende und übelriechende Beschaffenheit als Vertheidigungsmittel benutzt zu werden scheint. Die bereits genannten Malpighischen Gefässe sind fadenförmige, seltener verzweigte und anastomosirende Drüsenschläuche, welche früher allgemein für Gallenorgane gehalten wurden, zweifelsohne aber, nach Claus, Zoologie. 2. Auflage. 36 562 Stinkdrüsen. Wachsdrüsen. Spinndrüsen. der Beschaffenheit des Inhalts zu schliessen, als Harn-absondernde Organe fungiren. Der von den grosskernigen Zellen der Wandung secernirte Inhalt, welcher durch den Enddarm nach aussen entleert wird, hat meist eine braungelbliche oder weissliche Färbung und erweist sich als eine Anhäufung sehr feiner Körnchen und Concremente, welche grossentheils aus Harnsäure bestehen. Auch werden Krystalle von oxalsaurem Kalk und Taurin im Inhalt der Malpighischen Gefässe nachgewiesen. Der neuerdings besonders durch Leydig vertretenen Ansicht, dass ein Theil derselben mit abweichender Beschaffenheit und Färbung des Secretes Galle bereite, möchte die Insertion sämmtlicher Fäden am Anfang des Enddarraes, an einem Orte, welcher für die Ver- änderung und Resorption der Nahrungsstoffe kaum noch eine Bedeutung zu besitzen scheint, wenig günstig sein. Die Zahl und Gruppiiung der meistens sehr langen, am Chylusdarme in Windungen zusammengelegten Fäden wechselt übrigens mannichfach. Während in der Regel 4 oder 6, seltener 8 sehr lange Harnröhren in den Darm einmünden, ist die Zahl derselben besonders bei den Hymenopteren und Orthopteren eine weit grössere; im letztern Falle kann selbst ein geraeinsamer Ausführungs- gang {Gryllotalpa) die übrigens kurzen Fäden zu einem Büschel ver- einigen. Als Äbsonderungsoryane der Insecten kommen ferner noch die sog. Glandulae odoriferae, die Wachsdrüsen, die ausschliessUch den Larven eigen thümlichen Spinndrüsen und endlich die Giftdrüsen in Be- tracht. Die erstem, zu denen auch die bereits erwähnten Analdrüsen gehören , liegen unter der Körperbedeckung und sondern meist zwischen den Gelenkverbindungen sehr verschiedene stark riechende Säfte ab. Bei den Wanden ist es eine unpaare birnförmige Drüse im Metathorax, welche ihr intensiv riechendes Secret durch eine Oeffnung zwischen den Hinterbeinen austreten lässt und den berüchtigten Gestank verbreitet. Einzellige Hautdrüsen sind an sehr verschiedenen Theilen des Insecten- körpers nachgewiesen worden und scheinen, den Talgdrüsen der Wirbel- thiere vergleichbar, eine öHge die Gelenke geschmeidig erhaltende Flüssig- keit abzusondern. AehnUche als Wachsdrüsen zu bezeichnende Drüsen- schläuche, welche gruppenweise unter warzigen Erhebungen der Haut zusammenliegen, secerniren weisshche Fäden und Flocken, welche den Leib wie mit einer Bekleidung von Puder oder feiner gekräuselter Wolle umgeben {Fflanzenläuse , Cicaden etc.). Die Spinndrüsen, deren flüssiges Secret beim Luftzutritt zu f ädeu erhärtet, kommen fast ausschliesslich im Larvenleben vor und dienen zur Verfertigung von Geweben und Hüllen , welche der Larve und ganz besonders der Puppe einen gesicherten Schutz bieten. Diese Drüsen sind wohl überall da, wo sie als zwei mehr oder minder angeschwollene und langgestreckte Schläuche {Sericterien) hinter dem Munde sich öffnen, Giftdrüsen. Rückengefäss. 503 einer besondern Form von Speicheldrüsen gleichzustellen, zumal da sie denselben auch in ihrer Structur sehr nahe stehen. Die Larve des Ameisenlöwen hat freilich ihr Spinnorgan an dem entgegengesetzten Körperpole, indem die Wandung des vom Chylusmagen abgeschlossenen Mastdarms die Stelle der Sericterien vertritt. Bei den Bienen sind es cylindrische Drüsenzellen, welche als laraellöser Belag den Vorderplatten der Bauchschienen anliegen und durch dieses »Wachshäutchen« hindurch die zarten WachspLättchen ausscheiden. Endlich kommen bei vielen Weibchen von Hymenopteren Giftdrüsen vor. Dieselben bilden zwei einfache oder verästelte Schläuche mit einem gemeinsamen Ausführungsgang, dessen Anfangstheil zu einem blasen- ähnlichen Reservoir für die secernirte, aus Ameisensäure bestehende Flüssig- keit anschwillt. Das Ende des Ausführungsganges steht mit den äussern, aus veränderten Segmentstücken des Hinterleibes hervorgegangenen Ge- schlechtstheilen im Zusammenhang, welche in diesem Falle als Giftstachel bezeichnet werden. Die meist farblose, zuweilen jedoch auch grünliche, gelbliche oder röthliche Blutflüssigkeit enthält constant körperliche Elemente vielge- staltiger amoebenähnlich beweglicher Blutzellen und strömt in wandungs- losen Bahnen der Leibeshöhle. Die Vereinfachung des auf ein BücJcen- gefäss beschränkten Circulationsapparates erklärt sich aus der ausge- dehnten Verbreitung und reichen Verästelung der Respirationsorgane, welche als luftführende Röhren, Tracheen, nach allen d§m StoÖwechsel unterworfenen Organen Verzweigungen senden und hier das frei die Ge- webstheile umspühlende Blut gewissermassen aufsuchen. I)SiS Rückengefäss liegt in der Medianlinie des Abdomens, und ist durch quere Einschnü- rungen in zahlreiche (häufig 8) den Segmenten entsprechende Kammern abgetheilt, welche mittelst dreieckiger Muskeln (Flügelmuskeln) an das Hautskelet der Rückenfiäche befestigt sind. Durch ebensoviel Paare seitlicher Spaltöffnungen strömt das Blut während der Diastole der Kammern in das Rückengefäss ein, welches sich allmählig von hinten nach vorn zusammenzieht und das aufgenommene Blut in gleicher Richtung aus einer in die andere Kammer forttreibt. Die vordere Kammer setzt sich in eine mediane , bis zum Kopf verlängerte Aorta fort, aus welcher sich das Blut frei in den Leibesraum ergiesst und in vier Hauptströmen, zwei seitlichen, einem dorsalen unterhalb des Rückengefässes und einem ventralen oberhalb der Ganglienkette, unter Abgabe zahlreicher Neben- bahnen in die Extremitäten etc. nach dem Herzen zurückfliesst. Nur ausnahmsweise gehen vom Herzen arterienartige Röhren aus, in denen das Blut fortströmt, wie z. B. in den Schwanzfäden der Ephemer enlarwen während minder selten in peripherischen Körpertheilen wie in den Extre- mitäten pulsirende Platten zur Unterstützung der Circulation hinzukommen. 36* 564 Tracheen. Stigmen. Die Respiration erfolgt überall durch reich verbreitete, vielfach verzweigte Tracheen, welche ihren Luftbedarf durch paarige, meist in den Gelenkhäuten der Segmente gelegene Stigmen unter deutlichen Athem- bewegungen des Hinterleibes aufnehmen. Die letztem sind runde oder längliche Spaltöffnungen mit aufgewulstetem ringförmigen verhornten Rande und sehr mannichfachen Einrichtungen des Schutzes und Verschlusses')- Ihre Zahl variirt ebenfalls ausserordentlich, doch finden sich selten mehr als 9 und weniger als 2 Paare. Während dieselben am Kopfe und am letzten Hinterleibsringe stets fehlen, gehören dem Thorax meist 1 oder auch 2 Paare, dem Abdomen höchstens 8 Paare von Luftlöchern an, die überdies zuweilen eine sehr versteckte Lage haben. Am meisten sinkt die Zahl der Luftlöcher bei den wasserbewohnenden Larven von Käfern und Dipteren, welche nur 2 Stigmen und zwar am Ende des Hinterleibes auf einer einfachen oder auch gespaltenen Röhre besitzen. Häufig kommen indessen zu den Oeffnungen dieser Athmenrohren noch zwei Spaltöffnungen, am Thorax hinzu. Auch einige Wasserwanzen, z. B. Nepa, Banatra etc. tragen am Ende des Hinterleibes 2 lange , aus Halbcanälen gebildete Fäden, welche am Grunde zu zwei Luftlöchern führen, und können bei dieser Einrichtung ebenso wie jene Larven mit emporge- streckter Athemröhre an der Oberfläche des Wassers Luft aufnehmen. Die Tracheen, deren Lumen durch die feste zu Spiralringen verdickte und nicht selten als Spiralfaden darstellbare Chitinhaut der Wandung klaffend erhalten wird, sind stets mehr oder minder prall mit Luft ge- füllt und daher meist von silberglänzenden Aussehen. Ihre innere Chitinhaut wird von einer äussern zarten und kernhaltigen Zellhaut erzeugt und kann daher bei Häutungen, insbesondere im Larvenzustande, zugleich mit der äussern Körperhaut erneuert und abgestreift werden. Die nicht selten im Verlauf der Tracheen auftretenden Erweiterungen, welche sich bei guten Fliegern, z. ß. Hymenopteren , Dipteren etc. zu Luftsäcken von bedeutendem Umfange vergrösseru und mit Recht den Luftsäcken der Vögel verglichen werden, besitzen eine zartere, des Spiralfadens entbehrende Chitinhaut, collabiren daher leicht und bedürfen zu ihrer Füllung besonderer Respirationsbewegungen, welche z. ß. bei den verhältnissmässig schwerfälligen Lamellicorniern vor dem Emporfliegen leicht zu beobachten sind. Die Anordnung und Verbreitung des Tracheen- systemes lässt sich in einfacher Weise aus dem Ursprung der Haupt- stämme in den Stigmen ableiten. Jedes Stigma führt in einen (oder auch in mehrere) Tracheenstamm, welcher zu den benachbarten Stämmen Querbrücken sendet und einen Büschel vielfach verzweigter Röhren an die Eingeweide ausstrahlen lässt. In der Regel entstehen auf diese Art 1) Vergl. H. Landois, Der Stigmenverschluss bei den Lepidopleren. Müllers Archiv 1866, ferner H. Landois und W.Thelen, Zeits. für wiss. Zoologie Tora. XVII. Kiementracheen. Fettkörper. 565 zwei selbständig verlaufende Seitenstämme, welche durch quere Ver- bindungsröhren communiciren und zahlreiche Nebenstämme nach den innern Organen entsenden. Die feinem Verästelungen der Nebenstämme legen sich nicht nur äusserlich an die letztern an, sondern durchsetzen dieselben theil weise und dienen zugleich als Mesenterium, um die Ein- geweide in ihrer Lage zu befestigen. Eine besondere, durch den Aufenthalt im Wasser und den völligen Ausfall der Stigmen bedingte Form von Respirationsorganen sind die sog. Kiementracheen zahlreicher Larven. Anstatt der fehlenden Stigmen finden sich hier an mehreren oft an zahlreichen Segmenten blattförmige oder fadenähnliche oder selbst verzweigte Anhänge, in denen sich ein oder mehrere Tracheenstämmchen äusserst fein verästeln (Phryganiden, Epliemeriden) . In solchen Fällen geschieht die Erneuerung der im Tracheensystem verbreiteten Luft indirect durch Vermittlung des Wassers, aber nicht nur an den besonders mit Trachen erfüllten Hautanhängen, sondern wie es scheint mehr oder weniger an der gesammten Körper- oberfläche, die zuweilen {Tipididen\2iVNQn\ falls auch die Tracheenkiemen hinwegfallen, ausschlieslich als Respirationsorgan zurückbleibt. Uebrigens können auch innere, mit Wasser in Berührung tretende Flächen des Darmes zur Athmung dienen, wie insbesondere bei den Larven und und Puppen von Aeschna und Libelhda der geräumige Mastdarm als Respirationsorgan fungirt. Hier erscheinen die Wandungen des Mast- darmes durch ihre kräftige Musculatur zu einem regelmässigen Aus- und Einpumpen von Wasser (einer Art Respirationsbewegung) und dann durch ihre zahlreichen, mit Tracheenverzweigungen dicht gefüllten Haut- falten zur Athmung vorzüglich befähigt. In der innigsten Beziehung zu der Respiration und auch zu dem Ernährungsprocess steht der sog. FettMrper. Derselbe erweist sich dem unbewaffneten Auge als ein System fettartig glänzender meist ge- färbter Lappen und Ballen, welche sowohl unter der Haut als zwischen allen Organen — besonders reich während der Larvenperiode — im Leibe ausgebreitet sind und nebenbei offenbar zur Verpackung und Befestigung der Eingeweide dienen. Die Hauptbedeutung dieses aus unregelmässigen fetthaltigen Zellen zusammengesetzten Organes beruht auf seiner Ver- wendung beim Stoffwechsel. Als eine Ansammlung überschüssigen Nahrungsmateriales scheint der Fettkörper sowohl zur Ernährung und zur Erzeugung von Wärme, als besonders während der Ausbildung des vollkommenen Insectes zur Anlage neuer Körpertheile und zur Aus- bildung der Geschlechtsorgane verwendet zu werden. Der Reichthum an Tracheen, welche sich in überaus feinen Verzweigungen zwischen und an den Fettzellen verbreiten, weist schon auf einen ausgedehnten Sauer- stoffverbrauch und daher aut einen lebhaften Stoffumsatz hin, der vollends durch das häufige Vorkommen von stickstoffhaltigen Zersetzungproducten 566 Leuchtorgane. Nervensystem. insbesondere von Harnsäure bewiesen wird. Die neuerdings aus- gesprochene Vermuthuug, dass sich ein Theil des Fettkörpers direct an der Respiration betheiiige und durch seine Zellen den Austausch von Sauerstoff und Kohlensäure zwischen Luft und Blut besorge, möchte auf die sternförmigen Endzellen der feinsten Tracheenzweige zu beziehen sein. Dem Fettkörper schliessen sich ihrem Baue nach die sog. Leucht- organe*) der Lampyriden und wohl auch der westindischen Elateriden an. Die erstem sind paarige zarte Platten, welche bei Lampyris an der Bauchfläche verschiedener Hinterleibssegmente liegen und theils aus blassen eiweissreichen , theils aus körnchenreichen harnsäurehaltigen Zellen bestehen, zwischen denen sich Tracheen und Nerven in äusserst reichen Verzweigungen ausbreiten. Die blassen Zellen setzen die untere ventrale Schicht der Platte zusammen, welcher ausschliesslich das Leucht- vermögen zukommt und sind im Zusammenhange mit den überhaupt zahlreichen Tracheen-Endzellen als die thätigen Elemente anzusehen, deren StoflFumsatz unter dem Einfluss des zugeführten Sauerstoffes in gewisser Abhängigkeit von den nervösen Elementen die bekannten Lichterscheinungen hervorruft. Die obere nicht leuchtende Schicht der Platten erscheint dem unbewaffneten Auge undurchsichtig und weisslich in Folge der zahlreichen in den Zellen dicht angehäuften lichtbrechenden Körnchen, welche nachKölliker u. a. harnsaure Verbindungen enthalten, die wahrscheinlichen Endproducte des Stoffumsatzes, von welchem die Lichterscheinungen abhängig sind. Das Nervensystem 2) der Insekten zeigt eine ebenso hohe Ent- wicklung als mannichfaltige Gestaltung, und es kommen alle Uebergänge von einer langgestreckten, 11 Ganglien in sich einschliesenden Bauch- kette bis zu einem gemeinsamen Ganglienknoten der Brust vor. Das im Kopf gelegene Gehirn erlangt besonders in seiner obern über dem Schlünde gelegenen Partie, welche dem grossen Gehirne der Wirbel- thiere an die Seite gesetzt wird, einen bedeutenden Umfang. Diese obere Gehh-nportion (oberes Schlundganghon) besteht aus mehreren Reihen von Anschwellungen , die sich am schärfsten bei den psychisch am höchsten stehenden Hymenopteren ausprägen. Sie entsendet die Sinnesnerven und scheint der Sitz des Willens und der psychischen 1) Vergl.: Kölliker, Berliner Monatsberichte. 1857. Max Schnitze, Zur Kenntniss des Leuchtorgans von Lampyris splendidula. Archiv für miskrosk. Anatomie. Tom. L 1865. A. Targioni-Tozzetti, Osservazioni etc. Mem. della soc. ital. di scienze naturale. Milano. 1866. 2) Vergl.: Leydig, Handbuch der vergl. Anatomie. I. Tubingen. 1864. sowie die dazu gehörigen Tafeln. Eingeweidenervcnsystem. Ganglion frontale. 557 Thätigkeiten zu sein. Die kleine untere Gehirnportion, welche die Mundtheile mit Nerven versorgt, wurde neuerdings dem kleinen Gehirn und dem verlängerten Marke der Wirbelthiere verglichen, wie sie denn auch in der That nach den Versuchen von Faivre an Dytiscus die Bewegungen zu regeln und zu coordiniren scheint. Die Bauchganglien- kette, welche mit ihren Seitennerven dem Rückenmarke mit seinen Spinalnerven zu entsprechen scheint, erhält sich die ursprüngliche gleichmässige Gliederung bei den meisten Larven und sodann am wenigsten verändert bei den Insecten mit freiem Prothorax und lang- gestrecktem Hinterleibe. Hier bleiben nicht nur die drei grössern Thoracalganglien , welche die Beine und Flügel mit Nerven versehen, sondern auch eine grössere Zahl (7 bisweilen sogar 8) von Abdominal- ganglicn gesondert. Von diesen letztern zeichnet sich stets das End- ganglion, welches wohl auch in der Regel aus der Verschmelzung mehrerer Ganglien enstanden ist und zahlreiche Nerven an den Ausführungsgang des Geschlechtsapparates und an den Mastdarm entsendet, durch eine bedeutende Grösse aus. Die allmählich fortschreitende, auch während der Entwicklung der Larve und Puppe zu verfolgende Concentrirung des Bauchmarks erklärt sich sowohl aus der durch Verschmelzung ver- minderten Zahl der Abdominalganglien als aus der Verschmelzung der Brustganglien, von denen zuerst die des Meso- und Metathorax zu einem hintern grössern Brustknoten und dann auch das vordere Ganghon des Prothorax zu einer gemeinsamen BrustgangUenmasse zusammen- treten. Vereinigt sich endlich mit dieser auch noch die verschmolzene Masse der Hinterleibsganglien, so ist die höchste Stufe der Concen- tration, wie sie sich bei Dipteren und Hemipteren findet, erreicht. Das Eingeiveidenervensyfitem zerfällt in das System der Schlund- nerven und in den eigentlichen Spmpathicus. An dem erstem unter- scheidet man einen unpaaren und paarige Schlundnerven. Jener entspringt mit 2 Nervenwurzeln von der Vorderfläche des Gehirnes und bildet an der vordem Schlinge seiner beiden Wurzeln das sog. Ganglion frontale, in seinem weitern Verlaufe aber auf der Rückenfläche des Schlundes eine Menge feiner Nervengeflechte in der Muskelhaut des Schlundes, sowie endlich ein grosses Ganglion in der Magengegend. Die paarigen Schlundnerven entspringen jederseits an der hintern Fläche des Gehirnes und schwellen zur Seite des Schlundes in meist umfangreichere Ganglien an, welche ebenfalls die Schlundwandung mit Nerven versehen. Während diese Schlundmagennerven mit ihren Ganglien ebenso wie die entsprechenden Nerven der Anneliden als Hirnnerven gelten und von neuern Beobachtern insbesondere von Newport und Leydig dem Vagus der Wirbelthiere an die Seite gestellt werden, deutet man ein System von blassen, durch ihre mikroskopische Structur kenntlichen Nerven, welche zuerst Newport als Nervi respiratorii 568 Punctauge. Facettenauge. oder transversi beschrieb, als Spnpathicus. Dieselben zweigen sich in der Nähe eines Ganglions der Bauchkette von einem medianen zwischen den Längscommissuren , aber auf deren oberer Fläche verlaufenden Nerven ab, welcher in demselben, häufiger in dem vorausgehenden Ganglion wurzelt und hier zuweilen ein kleines sympathisches Ganglion bildet. Nach ihrer Trennung erzeugen sie abermals seitliche Ganglien, deren Nerven in die Seitennerven der Bauchkette eintreten, von diesen aber sich nachher wieder absondern und unter Bildung von Geflechten die Tracheenstämme und Muskeln der Stigmen versorgen. Von den Sinnesorganen^) erlangen bei den Insecten die Äugen eine allgemeine Verbreitung und den höchsten Grad der Vervollkomm- nung. Die Punktaugen mit einfacher Linse (Ocelli) treten vorzugsweise im Larvenleben auf, finden sich indessen auch als Nebenaugen auf der Scheitelfläche des ausgebildeten Insectes, im letztern Falle meistens in dreifacher Zahl. Die zusammengesetzten Facettenaugen oder Netzaugen nehmen die Seitenflächen des Kopfes ein und sind vorzugsweise Eigen- thum des geschlechtsreifen ausgebildeten Insectes. Die Punctaugen besitzten immerhin einen complicirtern Bau als die einfachen Augen niederer Krebse und Würmer und würden richtiger mit den Augen der Spinnen und Scorpionen als zusammengesetzte Augen mit gemeinsamer Cornealinse bezeichnet werden. In den hintern Theil des von einer Art Scleroiica umgebenen Augenbulbus tritt der Sehnerv mit gangliöser Verdickung ein und strahlt in Fasern aus, welche sich in die kolbig angeschwollene Nervenstäbe (Stäbchenschicht der Netzhaut) fortsetzen. Der Pigmentkörper lagert sich theils (Chorioidea) in streifenförmiger Anordnung um Nervenfaser und Stäbe, theils als Jmartiger Saum am Vorden-and des Bulbus hinter der Linse ab. Die grössern Netzaugen unterscheiden sich von den Punctaugen vornehmlich durch die gefelderte, facettirte Cornea, welche für jeden Nervenstab eine besondere Linse bildet. Allerdings erscheint auch in der Regel der gesammte Bau des Facettenauges bei dem bedeutendem Umfang complicirter , indessen treten auch hier im Wesentlichen dieselben Elemente auf, so dass man beide Augenformen auf den gleichen Typus zurükführen kann. Auch am zusammengesetzten Facettenauge unterscheidet man hinter der zu- weilen aus Tausenden von Facetten (Linsen) gebildeten Hornhaut einen von der meist derben Sclerotica umgrenzten Bulbus, an welchem der 1) Ausser Joh. Müller, Gotische, Claparede u. a. vergl.: F. Leydig, Zum feinern Bau der Arthropoden, sowie Geruchs- und Gehör- organe der Krebse und Insecten. Müllers Archiv. 1855 und 1860. Ferner, Das Auge der Gliederthiere. Tübingen. 1864. M. Schnitze, Untersuchungen über die zusammengesetzten Augen der Krebse und Insekten. Bonn. 1868. Gehörorgane der Heusclirecken. 569 eintretende Sehnerv zu einem Ganglion anschwillt. Auch hier gehen die Nervenfasern in zahlreiche, freilich complicirter gestaltete Nervenstäbe über, deren Enden hinter besondern lichtbrechenden Elementen meist kegelförmiger Gestalt, den sog. Krystallkegeln liegen. Zwischen den ausstrahlenden Nervenfasern und Stäben verlaufen noch Muskel- fasern und feine Tracheenzweige, dessgleichen breitet sich in der Umge- bung dieser Elemente in streifenförmiger Vertheilung das Pigment der Chorioidea aus, welche auch gewöhnhch an der Innenwand derSclerotica eine zusammenhängende becherförmige Pigmentlage bildet. Beiderlei Augenformen scheinen auch mit Rücksicht auf die Art und Weise, wie sie die Perception von Bildern vermitteln, keineswegs in dem Gegen- satze zu stehen, welchen die mit so grossem Scharfsinne von Joh. Müller entwickelte Theorie vom musivischen Sehen voraussetzt, indem aus histologischen und physiologischen Gründen eine jede Facette mit ihrem dahinter liegenden Krystallkegel mehr als den senkrecht auffallen- den Lichtstrahl zur Perception bringen muss. Wahrscheinlich aber dienen die Punctaugen, welche defl Bedürfnissen einer tiefern Lebensstufe ge- nügen, für das Sehen in der Nähe, während die Facettenaugen aus grösserer Entfernung Bilder wahrnehmen. Gehörorgane nach dem Typus der Gehörblasen mit Otolithen, wie sie insbesondere bei Würmern, Krebsen und Mollusken vorkommen, sind für die Insecten noch nicht nachgewiesen. Da aber die Fähigkeit der Schallempfindung für zahlreiche und insbesondere für diejenigen Insecten, welche Geräusche und Töne hervorbringen, nicht w^ohl in Zweifel gezogen werden kann, wird man bei diesen auch das Vorhandensein von Organen für die Perception von Schalleindrücken voraussetzen müssen. In der That hat man bei den Äcridiern *), Locustiden und Gryllodeen Apparate nachweisen können, welche zwar nach einem andern Typus als die Gehör- blasen gebaut, aber höchst wahrscheinlich als akustische Apparate zur Empfindung der Schallwellen bestimmt sind. Bei den Äcridiern findet sich an den Seiten des ersten Abdominalsegmentes dicht hinter dem Metathorax ein horniger Ring, über welchem eine zarte dem Paukenfell vergleichbare Membran ausgespannt ist. An der Innenseite der Mem- bran erheben sich mehrere stark chitinisirte zapfenförmige Vorsprünge, in welche eigenthümliche Nervenenden eines aus dem dritten Brust- ganglion entspringenden Nerven eindringen. Der letztere schwillt vor seinem Eintritt in die areolören Räume des Chitinzapfens in ein Gan- glion an und lässt aus diesem strangartige Nervenfasern hervorgehen, 1) Ausser Joh. Müller vergl. v. Siebold, Ueber das Stimm- und Gehörorgan der Orthopteren. Archiv für Naturg. 1844, Leydig, Müllers Archiv, 1855 und 1860. V. Hensen, Ueber das Gehörorgan von Locusta. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Tom. XVI. 1866. 570 Tastorgane. Riechzapfen. in deren kolbig erweiterten Enden starkglänzende Stäbe eingebettet sind. Erweist sich der Nerv aus der Art seiner Endigung entschieden als Sinnesnerv, so spricht für seine Bedeutung als Gehörnerv die für Schall- wellen empfängliche Membran, sowie das Hinzukommen eines Resonanz- apparates, welcher als grosse Tracheenblase dem Nerven und Trommel- fell anliegt. Ein ähnlich ausgestattetes Organ findet sich bei den GryUodem und Locustiden in den Schienen der Vorderbeine dicht unter dem Gelenke des Oberschenkels. Auch hier erweitert sich ein Tracheen- stamm zwischen zwei seitlichen trommelfellartigen Membranen zu einer Blase, an welcher das in ähnliche Nervenenden auslaufende Ganglion eines aus dem ersten Brustganglion entspringenden Nerven liegt. Ob die eigenthümhchen Sinnesorgane, welche von Leydig in dem Hinter- flügel der Käfer und in den Halteren der Fliegen nachgewiesen worden sind, in ihrer Bedeutung dem Gehörorgane der Zirpen und Heuschrecken entsprechen, muss vorläufig dahin gestellt bleiben, da die sehr ähnlichen mit Stäbchen erfüllten Nervenenden zum Beweise nicht ausreichen möchten. Aehnliche Nervenstifte wurden neuerdings von demselben Forscher auch in den Nerven der Antennen, Palpen und Beinen aufgefunden, unter Verhältnissen, welche die Bedeutung derselben als Tastnerven am wahr- scheinlichsten machen. Der Tastsinn wird nämlich vorzugsweise durch die Antennen und Taster der Mundtheile, sowie durch die Tarsalglieder der Beine vermittelt, indessen können auch Anhänge des gesammten Integuments wie die mit Nerven und Ganglien in Verbindung stehenden Tastborsten am Körper zarter Insectenhiiven {Corethrd) in ähnlicher Weise verwendet werden. Geruchsorgane kommen wie es scheint in allgemoiner Verbreitung vor, worauf schon der Nachweis eines ausgebildeten Riechvermögens bei vielen Insecten hinweist. Auch kann als sicheres Factum gelten, dass die Oberfläche der Antennen der Sitz des Geruches ist. Während man früher nach dem Vorgange Erich so n's die zahlreichen Gruben, welche sich z. B. an den blattförmigen Fühlern der Lamellicornier finden, als Geruchsgruben deutete, wird man richtiger mit Leydig die eigenthüm- lichen, mit gangliösen Nervenenden verbundenen Zapfen und zarten Borsten der Antennen für Geruchsorgane halten. Die Fortpflamung der Insecten ist vorwiegend geschlechtlich. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane sind durchweg auf ver- schiedene Individuen vertheilt, correspondiren aber in ihren Theilen und in ihrer Lage, sowie hinsichtlich der Ausmündung an -der Bauchseite des hintern Körperendes unterhalb der Afteröff"nung. Sie bestehen aus keimbereitenden und samenerzeugenden Schläuchen, welche sich unter sehr mannichfacher Anordnung paarig rechts und links wiederholen, so- dann aus deren Ausführungsgängen und aus einem gemeinsamen, in der Geschlechtsverschiedeuheiten. 571 Regel mit Aiihangsdrüsen verbundenen ausführenden Canal, welchem sich die äussern Begattungstheile anschliessen. Die Anlage der Ge- schlechtsorgane lässt sich bis auf das Leben des Enibryo's im Eie zurück verfolgen, ihre Ausbildung erfolgt indessen erst in der letzten Zeit des Larvenlebens, oder bei den Insecten mit sog. vollkommener Metamor- phose während des Puppcnzustandes. Selten unterbleibt die volle Ent- wicklung und Reife der Geschlechtsorgane, wie bei den zur Fortpflanzung unfähigen sog. yeschlechtslosen Hymenopteren (Arbeitsbienen, Ameisen) und Termiten. Männchen und Weibchen unterscheiden sich auch durch äusserliche mehr oder minder tiefgreifende Abweichungen zahlreicher Körpertheile, welche zuweilen zu einem ausgeprägten Dimorphismus des Geschlechtes führen. Fast durchweg besitzen die Männchen eine schlankere Körperform, eine leichtere und raschere Bewegung, vollkommenere Aus- bildung der Sinnesorgane, grössere Augen und Fühler und eine schönere, mehr in die Augen fallende Färbung. In Fällen eines ausgeprägten Dimorphismus bleiben die Weibchen flügellos und der Form der Larve genähert {Cocciden, Psychiden; Strepsipteren, Lampyris), während die Männchen Flügel besitzen und die Geschlechtsform des Imago erlangen. An den weibUchen') Geschlechtsorganen unterscheidet man die Ovarien, die Tuben oder Eileiter, den unpaaren Eiergang, die Scheide und die äusseren Geschlechtstheile. Die ersteren sind röhrenartig ver- längerte Schläuche, in denen die Eier ihren Ursprung nehmen und von dem blinden Ende nach der Mündung in die Tuben zu an Grösse wach- send, in einfacher Reihe perlschnurartig hintereinander liegen. Die An- ordnung dieser Eiröhren wechselt ausserordentlich und führt zur Ent- stehung einer ganzen Reihe verschiedener Ovarialformen, die namentlich auf dem Gebiete der Käfer durch Stein bekannt geworden sind. Auch ist die Zahl derselben höchst verschieden, am geringsten bei einigen Rhynchoten und dann bei den Schmetterlingen, welche letztere jederseits nur 4, freilich sehr lange und vielfach zusammenlegte Eiröhren besitzen, Nach unten laufen jederseits die Eiröhren kelchartig (EierJcelch) in den erweiterten Anfangstheil eines Canals, Eileiters, zusammen, welcher sich mit dem der entgegengesetzten Seite zur Bildung eines gemein- schaftlichen Eiergangs vereinigt. Dieser letztere ist in seinem unteren Ende zugleich Scheide und nimmt in der Nähe der Geschlechtsöftnung sehr häufig die Ausführungsgänge besonderer Kitt- und Schmierdrüsen (Glandulae sebaceae) auf, deren Secret hier und da zur Umhüllung und Befestigung der abzusetzenden Eier verwendet wird. Ausser diesen last 1) Ausser Joh. Müller und v. Siebold vergl. besonders F. Stein, Ver- gleichende Anatomie und Physiologie der Insekten. I. Die weiblichen Geschlechts- organe der Käfer. Berlin. 1847. Ferner die Aufsätze von Leuckart, Lubbock, Claus nnd Leydig. 572 Geschlechtsorgane. regelmässig vorhandenen Drüsen ist der unpaare Ausführungsgang des Geschlechtsapparates sehr allgemein mit einem blasigen Anhang ver- sehen, dessen Bedeutung erst in neuerer Zeit bekannt ge^Yorden ist und viel dazu beigetragen hat, manche Räthsel in der Zeugungsgeschichte der Insecten zu lösen. Es ist die in einfacher oder auch in mehrfacher Zahl auftretende meist gestilte Samentasche, das Eeceptaculum seminis, welche gewissermassen als Reservoir den vom Männchen während der Begattung häufig in Form sog. SpermatopJioren abgesetzten Samen aufnimmt und wahrscheinlich unter dem Einfluss des Secretes einer Anhangsdrüse längere Zeit — selbst Jahrelang — belruchtungsfähig erhält. Unterhalb dieses Samenbehälters sondert sich zuweilen von der Scheide eine grössere taschenartige Aussackung, die Begattungstasche (Bursa copulatrix), welche die Function der Scheide übernimmt und nach der Begattung die Samenflüssigkeit in das Receptaculum seminis übertreten lässt. In der Umgebung der Geschlechtsöffnung, welche meist hinter den Bauchschienen des 8. oder auch 7. Segmentes liegt, bilden die Chitinstücke des 9. Abdominalsegmentes die als Legescheide, Legehohrer oder Giftstachel und Legeröhre bekannten äusseren Genitalorgane '). Die männlichen Geschlechtswerkzeuge bestehen aus paarigen Hoden, deren Vasa deferentia, aus einem gemeinsamen Ductus ejaculatorius und dem äusseren Begattungsorgan. Die Hoden lassen sich ebenfalls auf Blindschläuche und Röhren zurückführen, welche jederseits in ein- faclier oder vielfacher Zahl auftreten, meist eine sehr bedeutende Länge erreichen und knäuelförmig zusammengedrängt ein scheinbar compactes, rundes oder birnförmiges Organ von lebhafter Färbung darstellen. Die Hodenröhrchen setzen sich jederseits in einen meist geschlängelten Aus- führungsgang, Vas deferens, fort, dessen unteres Ende beträchtlich erweitert und selbst blasenförmig aufgetrieben erscheinen kann und dann als Samenblase bezeichnet wird. Bei ihrer Vereinigung zu dem gemein- schaftlichen musculösen Ductus ejaculatorius ergiessen in den letztern häufig ein oder mehrere Drüsenschläuche ihr gerinnbares Secret, welches die Samenballen als Spermatophoren mit einer Hülle umgibt. Die Ueber- führung der Spermatophoren in den weiblichen Körper wird durch eine hornige Röhre oder Rinne vermittelt, welche das Ende des Ductus ejacu- latorius umfasst. Dieselbe liegt in der Ruhe meist in den Hinterleib ein- gezogen und wird beim Hervorstülpen von äusseren Klappen oder Zangen scheidenartig umfasst, welche aus bestimmten Stücken des letzten Segmentes hervorgegangen, den besonders zur Befestigung dienenden Theil des Copulationsorganes darstellen. Nur ausnahmsweise (Libellen) kommt es vor, dass die eigentlichen zur Uebertragung des Sperma's dienenden Begattungswerkzeuge ähnlich wie bei den männlichen Spinnen 1) Lacaze-Duthiers 1. c. Eibildung. Parthenogenese. 573 von der Geschlechtsöffnung entfernt an der Bauchseite des zweiten blasig aufgetriebenen Abdominalsegmentcs liegen (Rathke). Die Insecten sind fast durchgehend ovipar, nur wenige wie die Tachinen, einige Oestriden und Piipiparen etc. gebären lebendige Junge. In der Regel werden die Eier vor Beginn der Embryonalentwicklung kurz nach der Befruchtung, selten mit bereits fertigem Embryo im Innern ihrer Hüllen nach aussen abgelegt. Im letzteren Falle werden die Vor- gänge der Furchung und Embryonalbildung im Innern der Vagina durch- laufen. Die Befruchtung des Eies erfolgt meist während seines Durch- gleitens durch den Eiergang an der Mündungsstelle des Beceptacidum seminis, welches in diesem Momente eine geringe Menge von Sperma austreten lässt. Da die Eier bereits in den sog. Keimfächern der Eiröhren, aus deren Epitelzellen sie meist schon während des Larvenlebens ihren Ur- sprung nehmen, mit einer hartschaligen Haut, Chorion, umkleidet w^erden, so müssen besondere Vorrichtungen bestehen, welche die Befruchtung, d. h. die Vermischung der Samenfäden mit dem Eiinhalte trotz der hartschaligen Umkleidung des Eies möglich machen. Dieselben finden sich in der That in Gestalt eines oder zahlreicher feiner Poren, welche meist an dem obern, beim Durchgleiten des Eies nach der Eiröhre gerichteten Pole, in sehr characteristischer Form und Gruppirung alsMikro- pylen^) (zum Eintritt der Samenfäden) das Chorion durchsetzen. Bei zahlreichen Insecten konnte indessen auch die spontane Entwicklung unbefruchteter Eier nachgewiesen werden, theils als zufällige {JBomhyx mori), theils als regelmässige, durch mehrfache Generationen zu ver- folgende Erscheinung. Als gesetzmässige Form der Entwicklung gilt die Parthenogenese für die Psychiden {Psyche), Tineiden (Solenohia), Cocciden {Lecanium, Aspidiotus) und Chermes, ferner für zahlreiche Hymenopteren , insbesondere für die Bienen, Wespen (Polistes), Gall- ivespen, Blattwespen {Nematus). Während bei den Gallwespen nach den bisherigen Beobachtungen immer weibliche Generationen partheno- genetisch erzeugt wurden, scheinen die Cocciden und Tannenläuse auf demselben Wege beide Geschlechter hervorbringen zu können; bei den in sog. Thierstaaten zusammenlebenden Hymenopteren dagegen ent- stehen aus den unbefruchteten Eiern ausschliesslich männliche Formen. Die Tannenläuse {Chermes) bieten gleichzeitig ein Beispiel für die Heterogonie, indem in ihrer Lebensgeschichte zwei vei-schiedenartige eier- legende Generationen aufeinander folgen, eine schlankere und geflügelte Sommergeneration und eine flügellose überwinternde Herbst- und Frühlings- 1) Vergl. R. Leuckart, üeber die Micropyle und den feinern Bau der Schalen- haut bei den Insecten. Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Befruchtung. Müller 's Archiv. 1855. 574 Fortpflanzung der Aphiden, von Cecidomyialaren. geneiation. Die Männchen derselben sind bislang überhaupt noch nicht bekannt. Dagegen neigt sich die Fortpflanzung der nahe verwandten Blattläuse, Aphiden, mehr dem Generationswechsel hin. Auch hier haben wir Somraergenerationen von einer geschlechtlich ausgebildeten Herbstgeneration zu unterscheiden, deren im Herbst abgesetzte befruch- tete Eier überwintern. Aus den letztern entwickeln sich im Frühjahr und Sommer vivipare Blattläuse, welche geflügelt sind und rücksichtlich ihrer Organisation den Weibchen am nächsten stehen, indessen an ihren abweichend gebauten Fortpflanzungsorganen der Samentasche entbehren. Da sich dieselben niemals begatten, werden sie häufig als mit Keim- röhren ausgestattete Ammen betrachtet und ihre Vermehrung als un- geschlechtliche aufgefasst. Indessen besitzt nicht nur der Keiraapparat dieser sog. Blattlausammen eine sehr grosse Analogie mit dem weib- lichen Geschlechtsapparat der Insecten, sondern es erscheint auch die Anlage und Entstehung des Keimes mit der des Eies identisch, so dass wir die viviparen Aphiden auch als eine besonders gestaltete Generation von Weibchen auff"assen können , deren Genitalapparat einige auf Par- thenogenese berechnete Vereinfachungen erfahren hat. Immerhin mag es passend sein, in diesem Falle das Ovarium Pseudovarium und die in demselben entstehenden hefrucMumjsimfäliUjen Eier, mit deren Wachsthum die Embryonalbildung zusammenfällt, Pseudova zu nennen. Rücksichtlich der Aphidenfortpflanzung ist neuerdings von Balbiani der Versuch gemacht worden, die Fortpflanzung der viviparen Aphiden als eine geschlechthche darzustellen und den schon von Leeuwenhoek be- haupteten Hermaphroditismus dieser Thiere nachzuweisen. Was Bal- biani jedoch als Hoden betrachtet, ist nichts als der hintere Abschnitt der ventralen Dottermasse, um welche sich der Aphidenembryo bildet. In der That gestaltet sich der vordere Abschnitt dieses Dotters zu einem Zellenhaufen um, aus welchem die Anlagen der Pseudovarial- röhren hervorgehn, dagegen ist die Behauptung Balbiani's, dass der hintere durch grUr.e Körner gefärbte Dotteitheil die Anlagen der Sameii- drüsen und eines sich mit Sperma füllenden Samenbehälters darstelle, nicht nur nicht bewiesen, sondern bereits durch Metschnikoff und Claparede zurückgewiesen. Noch weit inniger schliesst sich dem Generationswechsel die Fort- pfianzungsweise einiger Dipteren an {Gecidomyia, Miastor\ welche nicht nur als Geschlechtsthiere, sondern bereits als Larven zeugungsfähig sind. Die von'N. Wagner entdeckte Fortpflanzung der Cecidomyia-Larwen, welche in die Zeit des Winters und Frühlings fällt, knüpft sich nicht wie man anfangs glaubte an den Fettkörper, sondern an einen Keim- stock, welcher nichts anders als die Anlage der Geschlechtsdrüse ist. Diese Anlage erfährt eine sehr frühzeitige Diff"erenzirung und erzeugt die Elemente des Ovariums schon im Larvenkörper. Aus jeder Keim- Paedogenese, Entwicklung des Embryo's. 575 drüse gelangt eine Anzahl von Keimfächern mit Dotterbildungszellen, Epitelzellen und je einem Ei zur Isolirung. Mit der Grössenzunahme dieser frei in der Leibeshöhle flottirenden Körper wächst das eingeschlossene Pseudovum auf Kosten der umgebenden Zellen mehr und mehr und lässt ähnlich wie die Pseudova der Aphiden sehr frühzeitig die Entwicklung des Embryo's beginnen, welche unter ganz ähnlichen Verhältnissen wie im In- sectenei ihren Ablauf nimmt. Das Wachsthum der allmählig zu Tochter- larven ' ) werdenden Embryonen geschieht auf Kosten des Fettkörpers und der zerfallenden Organe der Mutterlarve, welche zuletzt nur noch mit ihrer Körperhaut als Schlauch in der Umgebung der Brut zurückbleibt. Schliess- lich durchbrechen die Tochterlarven die leere Haut und erzeugen entweder in gleicher Weise eine neue Brut oder bereiten sich durch Verpuppung zum Uebergang in das geflügelte Insect vor. Sehr interessant ist die von 0. V. Grimm an Puppen von Chironomus entdeckte Fort- pflanzungsweise. Freilich sind dieselben nicht vivipar, sondern legen eine Reihe von Eiern (in eine glashelle Masse eingebettet) ab, welche sich parthenogenetisch zu neuen Larven entwickeln. Die Entwicklung des Embryo's geschieht in der Regel ausserhalb des mütterlichen Körpers nach der unter sehr verschiedenen Verhältnissen erfolgten Absetzung des Eies und nimmt je nach Temperatur und Jahres- zeit eine grössere oder geringere Zeitdauer in Anspruch, kann sogar einen auf längere Zeit ausgedehnten Stillstand erleiden. Anstatt der Dotterfurchung beginnt die Embryonalbildung mit der Anlage eines peripherischen Keimhauthlastems , welches sich durch Auftreten von Kernen mit später erfolgender zelliger Umgrenzung zu der wie es scheint stets aus. einer einfachen Lage von Zellen zusammengesetzten Zei>»7iai<^ umgestaltet. Ueber die Abstammung dieser Kernbläschen sind die Autoren verschiedener Ansicht. Während Metschnikoff dieselben bei den Aphiden auf Derivate des Keimbläschens zurückführt, sollen sie nach Weismann bei den Dipteren, nach Melnikow bei Donacia un- abhängig von dem längst geschwundenen Keimbläschen selbstständig entstehen. Aus dieser den Dotter umschliessenden Keimhaut geht durch Verdickung und schärfere Abgrenzung an der späteren Bauchseite die als Keimstreifen bezeichnete Anlage des Kopfes und der ventralen Hälfte des Embryo's hervor. In anderen Fällen (Ehynchoten, Libellen) wächst der Keimstreifen von einer Hügel-ähnlichen Verdickung des Blastoderms aus in das innere des Dotters hinein. Mit der weiteren Difl'erenzirung des Keimstreifens hebt sich die äussere Zellschicht ab zur Bildung einer den Embryo umgebenden Hülle, die von Metschnikoff als Amnion bezeichnet worden ist. Sodann wird in der Regel der Keim- 1) Von Baer nennt diese Fortpflanzungsweise Paedogenesis. 576 Postembryonale Entwicklung. Streifen unterhalb des Amnion noch von einem zweiten Blatt, dem Faltenblatt überwachsen, welches zuesrt von Weis mann bei dem Dipterenei beobachtet wurde und hier durch Vereinigung einer Schwanz- und zweier Kopffalten seinen Ursprung nimmt. Kupffer dagegen führt am Eie von Chironomiis beide Hüllen auf die dorsal verwachsenden Schwanz- und Kopffalten des Blastoderms zurück und erklärt das sog. Amnion oder die Embryonalhülle für das selbstständig gewordene äiissere Blatt, während das innere mit dem Keimstreifen zusam- menhängende Blatt das Faltenblatt darstellt. In ähnlicher Weise lässt Melnikow beide Hüllen im Eie von Bonacia entstehen. Gleichzeitig mit dieser üeberwachsung (in anderen Fällen vor derselben) zerfällt der Keimstreifen durch Spaltung in zwei symmetrische Hälften, die Keim- loülste, welche durch quere Einschnürung eine Segmentirung erleiden und zunächst hinter den sog. Scheitelplatten des Vorderkopfes mit den Antennenanlagen drei Kopfsegmente mit den als Auswüchse auttretenden Anlagen der Mundgliedmassen zur Sonderung bringen, hinter welchen sich die übrigen ürseginente des Leibes der Reihe nach abgrenzen. In- dem sich weiterhin unter zahlreichen, im Einzelnen hier nicht näher zu erörternden Differenzirungen die Keimwülste stark contrahiren, ziehen sie ihren dorsalen umgeschlagenen Endtheil mehr und mehr nach der unteren Spitze des Eies herab und umwachsen mehr und mehr mit ihren Seitentheilen den Dotter zur Bildung des Rückens. Mit diesen Ver- änderungen hat der Embryonalkörper eine geschlossene Form ange- nommen, er besitzt Mund und After, die Anlage der inneren Organe und äusseren Anhänge der Segmente und erscheint bald zum Aus- schlüpfen aus dem Ei und zum freien selbstständigen Leben taughch. Die freie Entwicklung erfolgt in der Regel mittelst Metamorphose, indem die Form, Organisation und Lebensweise der aus dem Eie aus- geschlüpften Jungen vom geschlechtsreifen Thiere verschieden ist. Nur die am tiefsten stehenden, theilweise parasitischen und in beiden Ge- schlechtern flügellosen Apteren verlassen das Ei in der bereits fertigen Körperform {Insecta ametobola). Bei den einer Verwandlung unter- worfenen Insecten ist übrigens die Art und der Grad der Metamorphose sehr verschieden, so dass die aus früherer Zeit überkommene Bezeich- nung einer unvollkommenen und vollkommenen Metamorphose in gewissem Sinne berechtigt erscheint. Im erstem Falle {Rhynclioten, Orthopteren) wird der üebergang der ausschlüpfenden Larven in das ausgebildete geflügelte Insect continuirlich durch eine Anzahl frei beweglicher und Nahrung aufnehmender Larvenstadien vermittelt, welche unter Ab- streifungen der Haut auseinander hervorgehen, mit zunehmender Grösse Flügelstummel erhalten, die Anlage der Geschlechtsorgane weiter aus- bilden und den geflügelten Insecten immer ähnlicher werden. Im ein- fachsten Falle schliesst sich auch die Lebensweise und Organisation der Hypermetamorijliose. Bau der Larven. 577 jungen Larven schon ganz an das Geschlechtsthier an, z, B. Remipteren und Heuschrecken, in andern Fällen allerdings weicht diese beträchtlich wenn auch nicht in so hohem Grade als bei den Insecten mit voll- kommener Metamorphose ab, indem z. B. die Larven der Ephemeren und Libellen in einem andern Medium leben und unter abweichenden Ernährungsbedingungen gross werden. ^'olIkorameu aber wird die Ver- wandlung erst durch das Auftreten eines meist ruhenden und der Nahrungs- aufnahme entbehrenden sog. Pw^^^je^stadiums, mit welchem das Larven- leben abschliesst und das Leben des geflügelten Insectes {Imago), fn^ilich erst unter Abwicklung einer Reihe von Umformungen der innern Organe, beginnt. Die Larven der Insecten mit vollkommener Metamorphose entfernen sich in Lebensweise und Ernährungsart, in der Gestalt des Körpers und in der Einrichtung der gesammten Organisation so sehr von den Geschlechtsthieren, dass wenn auch bereits die dem geflügelten Insecte eigenthümlichen Körpertheile während des Larvenlebens vor- bereitet und angelegt werden, doch eine kürzere oder längere Ruhe- periode, gewissermassen ein wiederholtes Erabryonalleben nothwendig er- scheint, während dessen sowohl die wesentlichen Umgestaltungen der innern Organe als die Consolidirung der neu angelegten äussern Körper- theile ihren Ablauf nehmen. Nach dem Vorgange Fahre 's hat man als Hypermetamorphose eine Entwicklungsart unterschieden, welche durch das Auftreten mehr- facher Larvenformen und dazwischen eingeschobener puppenartiger Ruhe- stadien gewissermassen noch über die vollkommene Verwandlung hinaus- geht. Dieselbe kommt bei den Meloiden vor und ist am vollständigsten durch die Beobachtungen Fabre's für Sitaris humeralis^) bekannt geworden. In ihrer Körperform erinnern die Larven durch die homonome Segmentirung an die Ringelwürmer, mit denen sie auch oft die gleich- artige Gliederung der Ganglienkette gemeinsam haben, indessen erweisen sie sich auf verschiedenen Stufen der morphologischen Körperbildung. Die am tiefsten stehenden meist parasitischen Larven sind geradezu wurmförmig und entbehren nicht nur aller Gliedmassen, sondern auch eines gesonderten mit Sinnesorganen ausgestatteten Kopfabschnittes, dessen Stelle durch den vordem Leibesring vertreten wird; in andern Fällen ist zwar ein gesonderter Kopfabschnitt vorhanden, aber die nach- folgenden 12 Brust- und Hinterleibssegmente sind vollständig giied- massenlos. Man kann diese gliedmassenlosen unbehülflichen Larven, welche bei völlig beschränkter Locomotion die Nahrung an ihrem Aufenthaltsorte in Ueberfluss vorfinden müssen und dieselbe meist saugend 1) Fahre, Memoire sur rhyperm^tamorphose et les moeurs des M^loides. Ann. des sciences natur. 4 86r. Tom. VIl. 1857. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 37 578 Anlage des geflügelten Insektes. in sich aufnehmen, als Maden bezeichnen (Dipteren, zahlreiche Hyme- nopteren). Die Larven der Netzflügler, zahlreicher Käfer, der Blatt- wespen und Schmetterlinge besitzen dagegen an ihren drei freien Brust- segmenten gegliederte Extremitäten, häufig aber auch an den Hinterleibs- segmenten eine grössere oder geringere Zahl von Fussstummeln , sog. Afterfüsse. Im erstem Falle spricht man schlechthin von Larven, im letztern nennt man dieselben Baupen. Am Kopfe dieser Larven und Raupen finden sich stets 2 Antennenstummel und eine verschiedene Anzahl von Punctaugen. Die Mundtheile sind in der Regel beissend, auch da, wo die ausgebildeten Insecten Saugröhren besitzen, bleiben freilich mit Ausnahme der Mandibeln gewöhnlich rudimentär (Fress-spitzen). Die Ernährungsart der Larve wechselt übrigens sehr mannichtäch, indessen prävaliren vege- tabilische Substanzen, welche in ausreichendem Ueberflusse dem rasch wachsenden Körper zu Gebote stehen. Derselbe besteht meist in kurzer Zeit vier oder auch fünf, zuweilen zahlreiche (Chloeon) Häutungen, und legt im Laufe seines Wachsthums den Körper des geflügelten In- sectes vollständig an, freilich nicht überall, wie man früher glaubte, durch unmittelbare Umbildung bereits vorhandener Theile, sondern wie die Beobachtungen Weismann's für die Dipteren erwiesen haben, unter wesentlichen Neubildungen. FreiUch gibt es in dieser Hinsicht bedeutende Verschiedenheiten, deren Extreme in der genannten Gruppe durch die Gattungen Corethra und Musca repräsentirt werden. Im erstem Falle verwandeln sich die Larvensegmente und die Gliedmassen des Kopfes direkt in die ent- sprechenden Theile der Mücke, während die Beine und Flügel nach der letzten Larvenhäutung als Ausstülpungen der Hypodermis von der zelligen Umhüllungshaut eines Nerven resp. einer Luftröhre aus gebildet werden. Die Muskeln des Abdomens und die übrigen Organsysteme gehen unverändert oder mit geringen Umgestaltungen in die des geflügelten Thieres über, die Thoraxmuskeln dagegen entstehen als Neubildungen aus bereits im Eie angelegten Zellsträngen. Mit diesen geringen Ver- änderungen und dem Mangel sog. »Imaginalscheihen« steht das aktive Leben der Puppe und die geringe Entwicklung des Fettkörpers in noth- wendiger Correlation. Bei Musca dagegen, deren ruhende Puppen von einer festen tonnenförmigen Haut eingeschlossen hegen und einen reich- lichen Fettkörper enthalten, entsteht der Körper des ausgebildeten Thieres mit Ausnahme des Abdomens unabhängig von der äussern Haut der Larve. Kopf und Thorax gehen aus Imaginalscheiben hervor, die bereits im Eie angelegt, im Larvenkörper an der Umhüllungshaut von Nerven oder Tracheen zur Entwicklung gelangen. Erst während des Puppenstadiums verwachsen diese Scheiben zur Bildung von Kopf und Brust. Jedes Brustsegment wird aus zwei (einem dorsalen und ven- tralen) Scheibenpaaren zusammengesetzt, deren Anhänge die spätem Beine Puppe. Lebensweise der Insekten. 571) und Flügel darstellen. Sämmtliche Organsysteme der Larven sollen während des langdauernden Puppenzustandes durch den Process der sog. Histolyse zerfallen und durch Neubildungen unter Vermittlung des Fettkörpers und der aus demselben entstandenen Körnchenkugeln ersetzt werden. In wie weit die übrigen Insektengruppen dem einen (i, adiscotd) oder andern (/. discota) Extreme innerhalb der Dipterengruppe näher stehen, bleibt durch spätere Untersuchungen festzustellen. Soviel aber dürfte schon jetzt mit Sicherheit vorauszusetzen sein, dass die Insekten mit unvollkommener Metamorphose noch über die erstere Form hinausgehn , die übrigen dagegen sich in sehr verschiedenem Grade der letztern annähern werden. Hat die Larve eine bestimmte Grösse und Ausbildung erreicht, d. h. ist dieselbe ausgewachsen und mit dem für die weitern Umwand- lungen nöthigen Nahrungsmaterial in Gestalt des mächtig entwickelten Fettkörpers ausgestattet, so schickt sich dieselbe zur Verpuppung an. Die Larven zahlreicher Insecten verfertigen sich dann mittelst ihrer Spinndrüsen über oder unter der Erde ein schützendes Gespinnst, in welchem sie nach Abstreifung der Haut in das Stadium der Puppe (Chrysalis) eintreten. Liegen die äussern Körpertheile des geflügelten Insectes der gemeinsamen hornigen Puppenhaut in der Art an, dass sie als solche zu erkennen sind {Lepidopteren) ^ so heisst die Puppe Fupa ohiecta, stehen dieselben aber bereits frei vom Rumpfe ab (Coleopteren), so wird die Puppe als Fupa libera bezeichnet Bleibt die Puppe da- gegen auch noch von der letzten Larvenhaut umschlossen (Musciden), so heisst dieselbe Pupa coarctata. Ueberall liegt bereits der Körper des geflügelten Insect's mit seinen äussern Theilen in der Puppe scharf umschrieben vor, und es ist die besondere Aufgabe des Puppenlebens, die Umgestaltung der Innern Or- ganisation und Reife der Geschlechtsorgane zu vollenden. Ist diese Aufgabe erfüllt, so sprengt das allmählig consolidirte geflügelte Insect die Puppenhaut, arbeitet sich mit Fühlern, Flügeln und Beinen hervor und breitet die zusammengefalteten Theile unter dem Einfluss lebhafter Inspiration und Luftanfüllung der Tracheen auseinander. Die Chitin- bekleidung erstarrt mehr und mehr, aus dem Enddarm tropft das während des Puppenschlafes entstandene und aufgespeicherte Harnsecret aus, und das Insect ist zu allen Geschäften des geschlechtsreifen Alters tauglich. Die Lebensweise der Insecten ist so mannichfach, dass sich kaum eine allgemeine Darstellung geben lässt. Zur Nahrung dienen sowohl vegetabilische als animalische Substanzen, welche In der verschiedensten Form , sei es als feste Stoffe oder als Flüssigkeiten , sei es im frischen oder im faulenden Zustande aufgenommen werden. Insbesondere werden die Pflanzen von den Angriffen der Insekten und deren Larven heim- 37* 580 Kuusttriebe der Grab\vespen, Bienen. gesucht, und es existirt wohl keine Phanerogame, welche nicht eine oder mehrere Insektenarten ernährte. Bei der grossen Fruchtbarkeit, welche unter gewissen Bedingungen zu einer übergrossen Vermehrung der In- dividuen führt, bringen die an Culturpflanzen, Obst- und Waldbäumen lebenden Insecten zuweilen grossen Schaden, indem sie Blätter und Blüthen, Halme und Früchte vollständig zerstören und die Ursache selbst von Misserndten und Hungersnoth werden können. Derartigen Verheei-ungen wirken wiederum in ausgedehntem Masse andere Insekten entgegen, welche als Larven im Leibe jener schädlichen Insekten schmarotzen und von deren Säften und Körpertheilen sich ernähren {Tachinen, Ichneumonen u. a.). Andererseits erscheinen die Insekten wiederum für das Gedeihen der Pflanzenwelt nützlich und nothwendig, indem sie wie zahlreiche Fliegen, Bienen und Schmetterlinge durch Uebertragung des Pollens auf die Narbe der Blüthen die Befruchtung vermittlen. Endlich erweisen sich zahlreiche Insecten durch die p]r- zeugung verwendbarer und wichtiger Stofte als nützlich, wie z. B. die Seidenspinner, die Scharlacliläuse , die Bienen. Mit Rücksicht auf die gesammten Lehenserscheinungen nehmen die Insekten unstreitig unter den Wirbellosen neben den Decapoden und Cephalopoden die höchste Stufe ein. Der Nahrungsverbrauch erscheint bei den zum Fluge befähigten Thieren in gleichem Masse bedeutend als der Stoffwechsel energisch und ebenso ist die Consumption von Sauer- stoff erwiesenermassen eine so reiche, dass man bei manchen Insecten von einer Eigenwänne des Körpers reden kann. Mit Hecht gilt die Biene als warmblütiges Thier. Den vollkommenen Leistungen der vege- tativen Organe entsprechen die vielseitigen und oft wunderbaren, auf psychische Lebensäusserungen hindeutenden Handlungen. Dieselben werden allerdings grossen theils unbewusst auf reflectorischem Wege durch den Mechanismus der Organisation ausgeführt, durch den Instinct, wie man sich auszudrücken pflegt, beruhen zum Theil aber entschieden auf psychischen Vorgängen, indem sie neben dem sehr ausgeprägten Perceptionsvermögen der Sinnesorgane, Gedächtniss und Urtheil voraus- setzen. Mit dem Instincte tritt das Insekt von der Natur ausgestattet in die Welt, ohne zu demselben durch Erfahrungen und Vorstellungen geleitet zu werden {Grabwespe), zu den auf Gedächtniss und Urtheil beruhen- den Handlungen dagegen hat sich dasselbe die psychischen Bedingungen erst auf dem Wege der Sinnesperccption und Erfahrung zu erwerben (JBicwe). Die instinctiven und psychischen häufig sehr schwer abzugrenzenden Handlungen beziehen sich zunächst auf die Erlialtung des Individuums, indem sie Mittel und Wege zum Erwerbe der Nahrung und zur Ver- theidigung schaffen, ganz besonders aber als sog. Kunsttriebe auf die Erhaltung der Art und die Sorge um die Brut. Am einfachsten offenbart Tonprodiiktion. Verbreitung. Fossile Reste. 581 sich die letztere in der zweckmässigen Ablage der Eier an geschützten Plätzen und an bestimmten dem ausschlüpfenden Thiere zur Nahrung dienenden Futterpflanzen. Complicirter (freilich auch minder verbreitet) werden die Handlungen des Mutterinsektes überall da, wo sich die Larve in besonders gefertigten Räumen entwickeln und nach ihrem Ausschlüpfen die erforderliche Menge geeigneter Nahrungsmittel vorfinden muss {Sphex sahidosa). Am wunderbarsten aber bilden sich die Kunst- triebe bei einigen auch psychisch am höchsten stehenden Neuroiiteren und Hijmenopteren aus, welche sich weiter um das Schicksal der aus- geschlüpften Brut kümmern und die jungen Larven mit zugetragener Nahrung (Futterbrei) grossziehen. In solchen Fällen vereinigen sich eine grosse Zahl von Individuen zu gemeinsamem Wirken in sog. Thier- staaten mit ausgeprägter Arbeitstheilung ihrer männlichen, weiblichen und geschlechtlich verkümmerten Generationen (Termiten, Ameisen, Wespen, Bienen). Einige Insekten erscheinen zu Tonproductionen •) befähigt, die wir zum Theil als Aeusserungen einer Innern Stimmung aufzufassen haben. Man wird in dieser Hinsicht von den summenden Geräuschen der im Fluge befindlichen Hymenoptern und Diptern (Vibriren der Flügel und blattförmigerAnhänge im Innern von Tracheen), ebenso wohl von den knar- renden Tönen zahlreicher Käfer, welche durch die Reibung bestimmter Körpersegmente aneinander (Pronotum und Mesonotum, Lamellicornier) oder mit der Innenseite der Flügeldecken entstehen, abstrahiren können, ob- wohl es möglich bleibt, dass sie zur Abwehr feindhcher Angriffe eine Beziehung haben. Eigenthümliche Stinnnorgane, welche Locktöne zur Anregung der Begattung erzeugen, finden sich bei den männlichen Sit/g- sirpen {Cicada) an der Basis des Hinterleibes und bei den männlichen Gryllodeen und Lociistideii an der Basis des Vorderflügels. Aehnliche wenngleich schwächer zirpende Töne produciren indessen auch beide Geschlechter der Äcrididen durch Reiben der Schenkel der Hinterbeine an einer Firste der Flügeldecke. Die Verbreitung der Insekten ist eine fast allgemeine vom Aequator an bis zu den äussersten Grenzen der Vegetation, freilich unter beträcht- licher Abnahme der Artenzahl, der Grösse und Farbenpracht der Arten. Einige Formen sind wahre Cosmopohten, z. B. der Distelfalter. Die Zahl der gegenwärtig bekannten Insektenarten wird auf mehrere 100,000 geschätzt. Auch fossile Insekten finden sich von der Steinkohlenformation an bis zum Tertiärgebirge an Artenzahl zunehmend. Am schönsten er- halten sind die Einschlüsse im Bernstein und die Abdrücke des litho- graphischen Schiefers. " 1) H. Laodois, Die Ton- und Stimmapparale der Insekten. Leipzig. 1867. 582 1. Ordnung: Rhynchota, Schnabelkerfe. 1. Ordnung: Ehynchota') (= Hemiptera), Schnabelkerfe. Insekten mit einem gegliederten Schnabel (Rostrum), stechenden (oder doch nur ausnahmsweise beissenden) Mundwerlczeugen, mit meist freiem Prothorax und unvollkommener Metamorphose. Die Mundwerkzeuge fast durchweg zur Aufnahme einer flüssigen Nahrung eingerichtet, stellen gewöhnlich einen Schnabel dar, in welchem die Mandibeln und Maxillen als vier grätenartige Stechborsten vor- und zurückgeschoben werden. Der Schnabel {Rostrum'), aus der ünterUppe hervorgegangen, ist eine drei- bis vierghedrige nach der Spitze ver- schmälerte ziemlich geschlossene Röhre und wird an der breiteren klafi'enden Basis von der verlängerten dreieckigen Oberlippe bedeckt. Die Fühler sind entweder kurz, dreigliedrig mit borstenförmigem Endgliede oder mehrgliedrig und oft langgestreckt. Die Augen bleiben klein und sind meist facettirt, selten bleiben sie Punctaugen mit einfacher Hornhaut, häufig finden sich zwei Ocellen zwischen den Facettenaugen. Der Prothorax ist meist gross und frei beweglich, es können aber auch alle Thoracalsegmente verschmolzen sein. Flügel fehlen zuweilen ganz, selten sind zwei, in der Regel vier Flügel vorhanden, dann sind entweder die vordem halbhornig und an der Spitze häutig {Hemiptera), oder vordere und hintere gleichgebildet und häutig {Homoptera), die vordem freilich oft derber und pergamentartig. Die Beine enden mit zwei- oder dreigliedrigen Tarsen und sind in der Regel Gangbeine, zuweilen dienen sie auch zum Anklammern oder (in einzelnen Paaren) zum Schwimmen, Springen, selbst zum Raube. Der Darmcanal zeichnet sich durch die umfangreichen Speicheldrüsen und durch den complicirten , oft in drei Abschnitte getheilten Chylusmagen aus, hinter welchem meist vier Mal- pighische Gefässe in den Enddarm münden. Das Bauchmark concentrirt sich oft auf drei, meist sogar auf zwei Thoracalganglien. Mit Ausnahme der Cicaden besitzen die weiblichen Geschlechtsorgane nur vier bis acht Eiröhren, ein einfaches Receptaculum seminis und keine Begattungstasche. Die Hoden sind zwei oder mehrere Schläuche, deren Samenleiter ge- wöhnlich am untern Ende blasenförmig anschwellen. Viele (Wanzen) 1) J. G. Fabricius, Systema Rhyngotorum. Brunsvigiae. 1805. L. Dufour, Recherches anatomiques et physiologiques sur les H^mipteres. M6in. pr^. ä l'Acad. Tom. IV. 1833. Burmeister, Handbuch der Entomologie. II. Bd. Berlin. 1835. J. Hahn, Die wanzenartigen Insecten. Nürnberg. 1831—1849. Fortgesetzt von H. Schaffen Amyot et Seryllle, Hiutoire naturelle des Insectes H6mipt6res. Paris. 1843, Amyot, Entomologie francaise. Rhynchotes. Paris. 1848. F. X. Fieber, Die Europäischen Hemipteren nach der analytischen Methode. Wien. 1860. 1. Unterordnung: Aptera = Parasitica. 583 verbreiten einen widerlichen Geruch, welcher von dem Secrete einer im Metathorax gelegenen zwischen den Hinterbeinen ausmündenden Drüse herrührt. Andere (Homopteren) sondern durch zahlreiche Hautdrüsen einen weissen Wachsflaum auf der Oberfläche ihres Körpers ab. Alle nähren sich von vegetabilischen oder thierischen Säften, zu denen sie sich mittelst der stechenden Gräten ihres Schnabels Zugang verschaifen, viele werden durch massenhaftes Auftreten jungen Pflanzen verderblich und erzeugen zum Theil gallenartige Auswüchse, andere sind Parasiten an Thieren. Die ausgeschlüpften Jungen besitzen bereits die Körperform und Lebensweise der goschlechtsreifen Thiere, entbehren aber der Flügel, die allerdings schon nach einer der ersten Häutungen als kleine Stummel auftreten. Die echten Cicaden bedürfen eines Zeitraum? von mehreren Jahren zur Metamorphose. Nur die männlichen Schildläuse verwandeln sich innerhalb eines Coccons in eine ruhende Puppe. 1. Unterordnung : Aptera ' ) = Parasitica. Kleine flügellose InseJcten mit kurzem einstülpbaren fleischigen Schnabel und breiten schneidenden Stechhorsten, zuweilen mit rudimen- tären beissenden Mundtheilen, mit undeutlich gegliedertem Thorax und meist Ggliedrigem Hinterleib, als Parasiten an der Haut von Warm- blütern lebend. Die birnförmigen Eier werden mit dem spitzen Pole an Haare und Federn angeklebt. An dem breiten vordem Pole findet sich ein flacher Deckel, welcher die von wulstförmigen Ringen oder zarthäutigen Zellen umlagerten Mikropylöff'nungen enthält. Während der Entwicklung des Eies, deren Kenntniss wir den Beobachtungen Melnikow's verdanken, erfährt der Dotter wie bei Donacia und Asellus eine Zerklüftung in mehrere Stücke. Die Entwicklung des Embryo's beginnt mit dem Auf- treten von Kernen am untern Eipole. Dieselben gestalten sich durch Umhüllung mit Dotter-Plasma zu Zellen um ; alsbald treten auch in der Peripherie^ des übrigen Dotters Kernbläschen auf, die sich mit dem zu einer einzelligen Lage reducirten hintern Zellenhaufens zur Bildung des Blastoderms vereinigen. An einer Stelle tritt in schildförmiger Um- grenzung dem untern Pole genähert eine Verdickung des Blastoderms 1) C. L. Nitsch, Die Familien und Gattungen der Thierinsekten. Germar, Magazin der Entomologie. Tom. III. L. Landois, Untersuchungen über die auf dem Menschen schmarotzenden Pedi- culinen. Zeitschrift für wiss, Zool. Tom. XIV. J864 und Tom. XV. 1865. H. Denny, Monographia Anoplurorum Britanniae. London. 1862. N. Melnikow, Beiträge zur Embryonalentwickluug der Insekten. Archiv für Nalurg. Tom, 35. 1869. 584 Pediculidae. MallopLagae. auf, die schildförmige Embryonalanlage erhält eine Einkerbung, die sich allmählig zu einer Einstülpung des Keims in die Dottermasse umgestaltet. Das Blastoderm wird zum sog. Amnion (seröse Haut), während der einge- stülpte Keim weiter wächst und eine Krümmung erfährt. Das hintere mit dem Amnion zusammenhängende Blatt verdünnt sich allmähhg und wandelt sich in eine einschichtige als Deckplatte (Amnion) bezeichnete Lage um, während das vordere Hauptblatt des Keimes, welches mit dem Amnion durch den Ueberrest des Blastodermschildes zusammenhängt, zugleich mit diesem letztern Theile den Keimstreifen repi äsentirt. Aus dem ßlastoderm- schilde gehen die beiden Kopflappen und der Vorderkopf hervor, über welchen sich jedoch keine Amnionfalten zur Bildung eines Sackes fort- setzen ; gleichzeitig zerfällt der stabförmige Keimstreifen in die seitlichen Keimwülste und bringt die Ursegmente mit Mundtheilen und Beinanlagen zur Differenzirung. Die Antennen gehen als Auswüchse der Kopflappen hervor. Das Abdomen liegt halb gegen die Bauchseite umgewendet. Nun soll nach Melnikow ein höchst merkwürdiger Austülpungsprocess eintreten und den Embryo, an dessen Bauch- und Seitentheilen die Dotter- substanz ausserhalb des Deckblattes verbraucht ist, in die definitive Lage innerhalb der Eizellen bringen. Die Theile, welche den Raum der ursprünglichen Einstülpungshöhle begrenzten, die Bauchseite des Keimes und das Deckblatt, werden in Folge desselben nach aussen gekehrt und letzteres zur Dorsalbegrenzung des Embryos verwendet. Wenn die Rückenseite des Embryos unter Betheilung von Deckplatte und Amnion geschlossen ist, erfolgt die Absonderung und Abstreifung einer Chitin- hülle, also eine Art Häutung im Innern der Eihülle, mit deren Eintritt die Mundwerkzeuge sich wesentlich zur definitiven Rüsselbildung um- gestaltet haben. Bei den Mallophagen sondert sich der Vorderkopf durch einen queren Einschnitt in Oberlippe und in den Clypeus, die Mandibeln platten sich ab und erhalten zangen artige Fortsätze, die vor- dem Maxillen erhalten feste Laden, die hintern Maxillen fliessen zur Bildung einer Unterlippe zusammen. Bei den FedicuUden wird die Unterlippe mit ihren beiden Anhängen viel länger und stellt mit den stark ausgezogenen Mandibeln und Maxillen einen kegelförmigen Mund- aufsatz dar. Der Vorderkopf bildet sich zur Rüsselscheide um, während sich die Mundtheile stark reduciren. Die eigentliche Saugröhre ist eine Bildung der Mundhöhle und als solche auch bei den Mallophagen vor- handen, welche sämmtlich Blut zu saugen im Stande sein sollen. 1. Fiim. Pediculidae, Lsiuse. Mit fleischiger, Widerhäckchen tragender Rüssel- sclieide, ausstülpbarer Saugröhre und 2 hervorschiebbaren messerförmigen Stiletten, mit undeutlich geringeltem Thorax und grossem 7 -Qgliedrigen Hinterleib. Die Fühler sind 5gli(drig und die Füsse Klammcrfüsse mit hakenförmigem Endgliede; Augen klein, nicht facettirt. Leben auf der Haut von dem Blute der Säugethiere und legen ihre birnförniigen Eier (Nisse) an der Wurzel der Haare ab. Die ausschlüpfenden Jungen 2. Unterordnung: Pliytopthires. ö85 erleiden keine Metamorphose und sind bei dei Kopfluus h Ficus religiosa in f Ostindien. Coccus L. Fühler des Männchens lOgliedrig, des gegliederten beweglichen Weibchens 6gliedrig. Körper des Miinnchens mit 2 langen Afterhorsten. Die Weibchen legen ihre Eier in Flocken eingehüllt frei auf der Pflanze ab. C. cacti L, lebt auf Opuntia coccinellifera (Mexico), liefert die Cochenille und wird besonders in Algier und Spanien gezüchtet. C. (Pseudococcus) adonidum L., auf verschiedenen Pflanzen in Treibhäusern. C. (?) manniparus Ehbg. , auf Tamarix (Manna). Dorthesia Latr. Fühler des flügellosen aber beweglichen Weibchens kurz und meist Bgliedrig, des Männchens länger und 9gliedrig. Letzteres mit grossen Vorder- flügeln und am Hinterleib mit einem Büschel von Fäden. Z). urticae L. Monophlebus atripennis Klug. Hier schliesst sich an Porphyrophora polonica L. , lebt an den Wurzeln von Scleranthus perennis und erzeugt die polnische Cochenille oder das Johannisblut. Aleurodes Latr. Fühler 6gliedrig mit sehr langem 2ten Gliede. Beide Ge- schlechter mit 4 Flügeln. Larvenzustand schildlausartig. A. Clielidonii Latr. 2. Fam. Aphidae, Blattläuse. Fühler 5 bis 7gliedrig, von ansehnlicher Länge. Der 3gliedrige lange Schnabel ist in beiden Geschlechtern wohl entwickelt. In der Regel finden sich vier durchsichtige wenig geäderte Flügel, die jedoch dem Weibchen, selten auch dem Männchen fehlen können. Die langen Beine mit 2gliedrigen Tarsen. Die Blattläuse leben von Pflanzensäften an Wurzeln, Blättern und Knospen ganz bestimmter Pflanzen, häufig in den Räumen gallenartiger Anschwellungen oder Blatt- Deformitäten, die durch den Stich der Blattläuse erzeugt werden. Viele besitzen auf der Rückenfläche des drittletzten Abdominalsegmentes zwei „Honigröhren", aus denen eine süsse von Ameisen eifrig aufgesuchte Flüssigkeit, der Honigthau, secernirt wird. Die abgestreiften Larvenhäute mit ihrem weissen schimmelähnlichen Wachs- flaum kleben mittelst jenes süssen Saftes an Stengeln und Blättern fest und bilden das, was man im gewöhnlichen Leben als „Mehlthaii" bezeichnet. In mehrfacher Hinsicht bemerkenswerth sind die Eigenthümlichkeiten der Fortpflanzung, die tbeilweise schon Tm vorigen Jahrhundert von Reaumur, Degeer und Bonnet beob- achtet waren. Ausser den in der Regel flügellosen Weibchen, welche meist erst im Herbst zugleich mit geflügelten Männchen auftreten und nach der Begattung befruchtete Eier ablegen, gibt es viviparp, meist geflügelte Generationen, die vorzugsweise im Früh- jahr und Sommer verbreitet sind und ohne Zuthun von Männchen ihre lebendige Brut erzeugen. Bonnet sah bereits 9 Generationen viviparer Aphiden aufeinander folgen. Sie unterscheiden sich von den echten Weibchen nicht nur in Form und Färbung und durch den Besitz von Flügeln, sondern durch wesentliche Eigenthümlichkeiten des Geschlechtsapparates und der Eier {Pseudova, Keiipe), indem ein Receptaculum seminis fehlt, und die Eier bereits in den sehr langen Eierröhren (Keimröhren) mit fortschreiten- dem Wachsthum die Embryonalentwicklung durchlaufen. Die viviparen Individuen werden desshalb bald als eigenthümlich gebildete, auf Parthenogenese berechnete Weibchen, bald (Steenstrup) als Ammen betrachtet, doch spricht die Fortpflanzung der Rindenläuse {Chermes) , bei denen mehrere Generationen eierlegender W^eibchen vorkommen, zu Gunsten der erstem Ansicht. Vivipare und ovipare Aphiden folgen meist in gesetzmässigem Wechsel, indem aus den befruchteten überwinterten Eiern der Weibchen im Frühjahr vivipare Aphiden hervorgehen, deren Kachkommenschaft eben- falls vivipar ist und durch zahlreiche Generationen hindurch lebendig gebärende Formen 588 3. Unterordnung: Cicadaria. erieugt. Im Herbste erst werden Männchen und «vipare Weibchen geboren, die sich mit einander begatten. Die Fortpflanzung der Rindeoläuse weicht insofern nicht unwesentlich ab, als wir hier anstatt der viviparen Generationen eine besondere ovipare Geschlechtsform und somit eine Art Heterogonie, verbunden mit der Fähigkeit parthenogenetischer Ei- entwicklung beobachten. Die weibliche flügellose Tannenlaus überwintert an der Basis der beschuppten jungen Tannenknospe, wachst im Frühjahr an derselben Stelle beträchtlich, häutet sich mehrmals und legt zahlreiche Eier ab. Die ausgeschlüpften Jungen stechen die geschwollenen Nadeln des Triebes an und erzeugen die Ananas- Shnliche Galle. Die Hauplleinde der Blattläuse sind die Larven von Ichneumoniden (Aphidius), Si/rphiden, Coccinellen und Heiner ohiden.i^ üccn..*^ / Schizoneura Hartg. Fühler 6gliedrig. Der Kadius (Costalrippe) entspringt aus der Mitte des Stigmas. Cubitus (Subcostalrippe) 2theilig. Seh. lanigera Uartg., Apfei- biiuin. Seh. lanuginosa Hart. Lachnus Hl. Fühler 6gliedrig. Der Radius entspringt aus der Spitze des linearen «Stigma. Cubitus Stheiiig. Mit Höcker an Stelle der Honigröhre. L. pini L., L. juglandis L., L. fagi L. Aphis L. Fühler 7gliedrig, länger als der Körper. Der Radius entspringt aus der Mitte des spindelförmigen Stigma. Cubitus Stheiiig. Hinterleib mit 2 Honigröhren. A. brassicae L., A. rosae L., A. tiliae L., u. i. a. A. Teiranetira Hartg. Fühler ögliedrig. Cubitus einfach mi» Rndialzelle. Hinter- leib ohne Honigröhren und Höcker. Unterflügel mit einer Querader. Leben in Gallen und kuglig aufgetriebenen Blättern. T. ulmi Deg. Pemphigus' Hartg Unterflügel mit 2 Queradcrn. P. bursarius L., Pappel. Rhizobius Burm. Leib flügellos. Fühler 6gliedrig, kaum halb solang als der Körper. Hinterleib kurz und dick ohne Honigröhren. Bh. pini Burm. Bh. pilo- scllae Burm. Forda v. Heyd. Paracletus v. Heyd. Cliermes Hartg. Fühler 5gliedrig. Cubitus einfach, ohne Radialzelle. Unter- flügel mit einer Querader. Beine kurz. Cli. ahictis L. Erzeugt die ananasähnlichen Gallen der Fichte. Ch. larieis Hartg. Phylloxera Boy. de F. Fühler 3gliedrig. Cubitus einfach ohne Radialzelle. Unterflügel ohne Querader. Ph. coccinea (quercus) v. Heyd. An Eichblättern. 3. Farn. Psyllidae ^) {Psyllodes) , Blatlflöhe. Fühler lang, lOgliedrig, mit 2 dicken Grundgliedern. Rüssel weit nach hinten gerückt. Im ausgebildeten Zustand stets geflügelt. Die hintern Beine dienen zum Sprunge. Geben durch ihren Stich häufig Veranlassung zu Deformitäten von Blüthen und Blättern. Psijlla Geofl"r Randader 2ästig, Stigma des Flügels deutlich. P. alni L. P. ulmi L., u. z. a. A. Trioza Forst Arytaina Forst. Livilla Curt. Vorderflügel lederaHig runzlich. Flügelstigraa fehlt. L. ulicis Curt. Aphlara Forst. Bhinocola Forst. Livia Latr. Netzaugen flach. Erstes Fühlerglicd stark verdickt und verlängert. L. juncorutn Latr. 3. Unterordnung: Cicadaria (Homoptera), Cicaden, Zirpen. Beide Flügelpaare sind in der Regel von häutiger Beschaffenheit, zuweilen wenigstens im vordem Paan- undurchsichtig lederartig und gefärbt und liegen in der Ruhe dem Körper schräg auf. Die Fühler 1) A. Förster, Uebersicht der Gattungen und Arten aus der Familie der Psyl- loden. VerhandL des naturh. Vereins der Pr. Rheinlande. Tom. V und VUI. " '^7^ rT XV. a,:' 6 . Cicadellidac. Jassinae. Ccrcopinae. 589 sind kurz, borstenförmig , 3— Tgliedrig. Meist finden sich zwei, selten drei Nebenaugen zwischen den Facettenaugen. Der Kopf ist verhältniss- mässig gross und oft in Fortsätze verlängert. Der Schnabel entspringt stets weit nach unten scheinbar zwischen den Vorderfüssen und besteht aus 3 Ghedern. Die Beine enden meist mit 3gliedrigen, selten mit 2gliedrigen Tarsen, bei vielen zeichnen sich die Hinterbeine durch eine bedeutende Länge aus und sind Sprungbeine, mit denen sich die Thiere vor dem Fluge fortschnellen. Die Weibchen besitzen einen Legestachel und bringen die Eier oft unter die Rinde und in Zweige von Pflanzen ein. Die Larven grösserer Arten können mehrere Jahre leben. 1. Farn. Cicadellidae '), Kleinzirpen. Mit frei vortretendem Kopf, dessen breite Stirn frei bleibt und nach vorn gewandt ist. Die kurzen Fühler sind Sgliedrig, das Endglied borstenförmig und entspringen an der obern Ecke der Wangen vor den Augen. Der Pro- thorax bedeckt den Mesothorax bis zum Scutellum. OberflUgel lederartig. Hinter- beine verlängert. Ocellen können fehlen. Die Larven mancher Arten (Schaumcicaden) hüllen sich in einen blasigen Schaum (Kukuksspeichel) ein, der aus dem After her- vortreten soll. 1. Subf. Jassinae. Hiiftglieder der Hinterbeine quer ausgezogen. Schienen winklig. Jassus Fabr. Scheitel dreiseitig. Ocellen frei an der Vorderseite des Kopfes. Stirn schmaler als die Augen, platt. Schienen der Hinterbeine mit grössern und kleinem Dornen. J. atomarius Fabr. J. biguttatus Fabr. J. ocellatus Scop. Eury- mela Lep. Typhlocypa Germ. Eupelix Germ. u. z. a. A. Ledra Fabr. Kopf gross, scheibenförmig scharf gerandet, mit langer breiter Stirn und breiten Wangen. Prolhorax jederseits mit einem schräg aufgerichteten ohr- förmigen Fortsatz. Hinterschienen nach aussen verbreitet, sägeförmig. L. aurita L. lettigonia Geofl'r. Stirn blasig aufgetrieben. Fühlerborste sehr lang. Hinter- schienen Skantig und vieldornig. T. viridis L. T. rutilans Fabr. T. erythrocephala Germ. T. vittata L. 2. Subf. Cercopinae. Hüftstücke der Hinterbeine kurz. Schienen cylindrisch, Aphrophora Germ. Stirn blasig aulgetrieben. Prothorax trapezoidal (Teckig). 1) J.F. Meckel, Analoniie derCigale. Beitrüge zur vergleichenden Anatomie. if^OS. L. Dnfour, Recherches anatoniiques sur les Cigales. Auuales d. scienc. Tom. V. 1825. M. Sledici, Osservazioni anatomiche et fisiologiehe interne Papparecchio senero della Cicala. Nuovi Annali d. scienz. nat. di Bologna. 2 Ser. Tom. VIII. 184 . E. F. Germar, species Cicadarum etc. Thon's Entomol. Archiv Tom. II. 1830. Derselbe, Bemerkungen über einige Gattungen der Cicaden. Mag der Ento- mel. Tom. III. 1818 und Tom. IV 1821. H. Hagen, Die Singcicaden Europas. Stet, entern. Zeitschr. Tom. XVI. 1856. J. 0. Westwood, On the lamily Fulgoridae etc. Transac. Linn. Soc. Tom. XVIII. L. Fairmaire, Revue de la tribu des Membracides. Annales de la soc. entomol. 2 s6r. Tom. IV. 1846. V. Signoret, Revue iconographtque des Tettigonides. Annales de la soc. entora. 3 s6r. Tom. I. II. HI. 1853-1855. Vergl. femer die Werke und Aufsätze von Burmeister, Spinola, Stoll, Gu erin-M6n6ville, Gerstäcker, Germar, Signeret u. ::. a. 590 Membracidae. Fulgoridae. Flügeldecken lederarlig. Hinterschienen mit 3 starken Dornen, A. spumaria L. A. bifasciata L. A. lineata Fabr. Cercopis Fabr. Prolhorax 6eckig. Flügeldecken bunt. Hinterschienen mit einem Dornenkranz am Ende. C. haematina Germ. C. sanguinolenta L. Orthora- phia Westw. u. i. a. G. 2. Fam. Membracidae, Buckelzirpen. Kopl" nach abwärts gerückt, von dem grossen mit buckeiförmigen Fortsätzen versehenen Prothorax überragt. Letzterer sehr mannichfach gestaltet, den Thorax und selbst das Abdomen überdeckend. Scheitel von der Stirn nicht abgegrenzt, mit 2 0cellen. Fühler kurz 3gliedrig, unter demStirnrnnde verborgen. Vorderflügel meist häutig. Mit Ausnahme der sehr verbreiteten Gattung Centrotus americanisch. Centrotus Fabr. Der buckeiförmig gewölbte Prolhorax überdeckt den Meso- thorax bis zum Scutellum und zieht sich nach hinten in einen langen Dorn , seitlich in 2 ohrlürmige Fortsätze aus. Oberflügel glasartig. C. cornutus L. Stegaspis Germ. Heteronotus Lap. u. z. a. G. Membracis Fabr. Der hochgewölbte Prothorax blattförmig comprimirt. Ober- flügel lederartig. M. lateralis Fabr. M. foliata L. , Brasilien. Umbonia Burm. u. z. a. G. Smilia Germ. Prothorax bis an das Korperende verlängert. Sm. inflata Fabr., Brasilien. Hoplophora Germ. 3. Fam. Fulgoridae, Leuchtzirpen. Kopf mit halbkugligen Faceltenaugen und grossen zuweilen stark aufgetriebenen Fortsätzen. Meist sind 2 Ocellen vorhanden. Stirn vom Scheitel scharf abgesetzt. Fühler kurz, 3gliedrig, unterhalb der Augen ein- gelenkt. Schienen dreikantig, häuOg mit Dornen bewaffnet. Die Schienen der Hinter- beine mit einem Stachelkranz am Ende. Vorderflügel häufig getärbt. Bei vielen be- deckt sich der Hinterleib dicht mit langen Wachssträngen und Wachsflaum, welches bei einer Art {Flata limbata) in so reicher Menge secernirt wird, dass es gewonnen wird und als „Chinesisches Wachs" in den Handel kommt. Die meisten Arten leben in den Tropen. Fulgora L. Unterseite des Kopfes mit Sfachem Kiel. Slirnfortsatz sehr mächtig, kegelförmig oder blasig aufgetrieben. Die ganz kurzen Fühler mit rundem Endglied und feiner Endborste. Die lederartigen Vorderflügel schmäler und länger als die hintern. F. laternaria L. Der Laternenträger aus Surinam , sollte nach den irrlhüm- lichen Angaben Merlans aus dem laternenförmigen Stirnfortsatz Licht ausstrahlen. F. candelaria L. Chinesischer Laternenträger. F. {Pseudophana) europaea Burm. Pyrops Spin. u. a. G. Lystia Fabr. Kopf kurz mit quadratischer Stirn. Augen wie gestilt. Wachs- stränge am Hinterleib. L. lanata L. u. z. a. amerikanische Arten. Poeocera per- spicillata Fabr. Flata Fabr. Kopf mit langer schmaler Stirn vom Vorderrand des Prothorax überdeckt. Fühler mit 2 langgestreckten Gliedern. Flügel breit. Fl. limbata Fabr., China. Fl. nigricornis Fabr., Ostindien. Poeciloptera phalaenoides Fabr., Süd- amerika. Bicania Germ. Derbe Fabr. Flatoides Guer. u. z. a. G. Delphax Fabr. Stirn breit mit gabligera Mittelkiel. Oie beiden untern Fühler- glieder verlängert. Vorderflügel glasartig mit vielen gabiigen Längsrippen. B. mar- ginata Fabr. u. z. a. kleine europäische Arten. Cixia Latr. Fühler ganz kurz, die beiden untern Glieder dick. Stirn zugespitzt mit scharfen Seitenkanten. C. nervosa L. u. a. deutsche Arten. Dictyophora euro- paea L. 4. Unterordnung: Hemiptera. 591 Issus Fabr. Vorderflügel bucklig, breit, lederartig, mit starken gegitterten Rippen. Fühler dicht unter den Augen eingelenkt, 2tes Glied napfTörmig. Stirn breit mit Längsleiste. I. coleoptratus Fabr., Südeuropa. Eurybrachis Ga6r. Corethura Hop. Ancyra White u. a. G. 4. Fam. Cicadidae ■=. Strididantia , Singcicaden. Der plumpe Körper mit kurzem breiten Kopf, blusig aufgetriebener Stirn und 3 Ocellen zwischen den grossen Facettenaugen. Fühler kurz Tgliedrig mit borstenförmigen Endgliede. Die Flügel von ungleicher Grösse, die zwei vorderen weit länger und schmäler als die hinteren. Thoracalhaut mehrfach aufgewulstet. Schenkel der Vorderbeine verdickt, unten be- stachelt. Der dicke Hinterleib beim Männchen mit bauchständigem Stimmorgan, welches einen lautschrillenden Ton hervorbringt. Jederseits unter einer halbmondförmigen Platte, dem Stimmhöhlendeckel, liegt in einem Hornringe ausgespannt eine elastische Membran, welche durch die Sehne eines starken Muskels in Schwingungen versetzt werden kann. Eine grosse unterliegende Tracheenblase dient als Resonanzapparat. Nach Landois soll freilich der Ton durch Schwingungen hervorgerufen werden, deren Erzeugung auf den aus den Tracheen ausgestossenen Luftstrom zurückgeführt wird. Die Weibchen sind stumm. („Glücklich leben die Cicaden, da sie alle stimmlose Weiberhaben". (Xenarchus) ). Die Cicaden sind auf die wärmern Klimate beschränkt und kommen vornehmlich in grossen Arten in den Tropen vor. Als scheue Thiere halten sie sich am Tage zwischen Blättern versteckt. Sie leben von den Säften junger Triebe und können durch ihren Stich das Ausfliessen süsser Pflanzensäfte ver- anlassen, die zu dem Manna erhärten {Cicada orni Esch., Sicilien). Die Weibchen haben einen sägeförmigen Legebohrer zwischen 2 gegliederten Klappen. Die aus- schlüpfenden Larven kriechen in die Erde, in der sie sich mit ihren schaufeiförmigen Vorderbeinen eingraben und saugen Wurzeln an. Cicada L. {Tettigonia Fabr.). Kopf breit mit grossen Augen und abgesetztem Scheitel. C. orni L., Südeuropa. C. fraxini Fabr. C. tibicen L. C. septemdecim Fabr., Brasilien. C. sanguinea Fabr. G. haematodes L., Süddeutschland. Cystosoma Westw. Kopf schmal mit zugespitztem Scheitel. Hinterleib blasig aufgetrieben. C. Saundersii Westw., Australien. 4. Unterordnung: Hemiptera'), Wanzen. Die vordem Flügelpaare sind halbhornig, halbhäutig (Hemielyträ) und liegen dem Körper horizontal auf. Manche Arten entbehren der Flügel, ebenso die Weibchen einiger im männlichen Geschlechte geflügelter 1) Vergl. ausser J. C. Fabricius, Amyot et Serville, C. W. Hahn, Bur- meister W. S. Dallas, List of Hemipterous Insects in the colleclion ofthe British Museum, London. 1851-1852. F. X. Fieber, Die Europäischen Heroipteren nach der analytischen Methode bearbeitet. Wien. 1860, Derselbe, Entomologische Monographieen. 1844. G. Flor, Die Rhynchoten Livlands in systematischer Folge beschrieben. Dorpat. 1860—1861. A. Dohrn, Zur Anatomie der Hemipteren. Steltiner Entomol. Zeitschrift. Tora. XXVII. 592 Hydrocores. Xotonectidae. Nepidae. Arten. Der erste Brustring ist gross und freibeweglich. Der Rüssel entspringt frontal und liegt in der Ruhe meist unter der Brust ein- geschlagen. Die Fühler sind in der Regel 4 oder ögliedrig. Die Tarsen der Beine bestehen meist aus 3 Gliedern. Viele verbreiten einen inten- siven Geruch durch das Sekret der bereits erwähnten Stinkdrüse. Einige Arten der Reduvinen erzeugen ein schrillendes Geräusch, so Firates stridulus durch die Bewegung des Halses am Prothorax, Auch die Hemipteren haben einen Innern von einem Hügel des Blastoderms aus wachsenden bandförmigen Keimstreifen , der aber bei Corixa nur kurze Zeit vom Dotter bedeckt bleibt und in seiner Krümmung der Form des Eies folgt. 1. Gruppe. Hydrocores = Hydrocorisae, Wasserwanzen. Fühler kürzer als der Kopf, 3- oder 4gliedrig, mehr oder minder versteckt. Rüssel kurz. Ocellen fehlen. Tarsen theilweise nur 2- oder Igliedrig. Nähren sich von thierischen Säften. 1. Farn. Notonectidae, Ruckenschwimmer. Rücken dachförmig gewölbt, von den Flügeldecken überlagert, Bauch flach und meist behaart, beim Schwimmen nach oben gewendet. Fühler meist 4gliedrig und unterhalb der Augengegend zurück- geschlagen. Schienen und Fuss der Hinterbeine flach, beiderseits mit langen Haaren besetzt. Plea Leach. Fühler kurz 4gliedrig, ganz versteckt. Rüssel kurz. Schildchen gross. Tarsen Sgliedrig, mit 2 Krallen. PI. minutissima Fabr. Änisops Spin. A. productus Fieb. Corixa GeolTr. Fühler kurz 4gliedrig. Tarsen der Vorderbeine eingliedrig, breit und beborstet, ohne Krallen, tschildchen vom grossen Prothorax verdeckt. C. striata L. Sigara Leach. rSchildchen deutlich). S. minuta Fabr. Notonecta L. Fühler 4gliedrig, kurz und dick. Rüssel stark. Hinterheine sehr verlängert, zum Rudern geeignet. Die Tarsen derselben nur 2glledrig und ohne Kralle. Schildchen gross. N. glauca L. , Wasserwanze. 2. Farn. Nepidae, Wasserscorpione. Die Vorderbeine sind kräftige Raubfüsse, deren Schiene und Tarsus gegen den verdickten Schenkel eingeschlagen wird. An der Spitze des Hinterleibes oft 2 borstenförmige Athemröhren. Die Weibchen einiger Formen tragen die Eier auf dem Rücken. Naucoris Geotfr. Körper oval, flach, mit breitem Kopf. Fühler 4gliedrig, 2tes und 3tes Glied verdickt. Tarsus der Vorderbeine sehr kurz, eingliedrig. Hinterbeine schmal. N. cimicoides L. Belostoma Latr. Krtrper länglich, flach. Fühler igliedrig. 2les bis 4tes Glied hakenförmig. Tarsen der Vorderbeine 2glicdrig mit t Kralle. Hinterbeine breit und flach. Grosse tropische Arten. B. grande L., Surinam, B. indicum Lep Serv., Ost- L. Landois, Anatomie der Bettwanze. Zeitschr, für wissenschaftl, Zoologie. Tom. XVIIl und XIX, J. W. Douglas and J. Scott, The British Hemiptera vol. I. London. 1865. Vergl. die Abhandlungen von Savigny, Treviranus, Fallen, L. Dufour, Westwood, E. Mulsant et Cl. Ray, C. Stäl, Kirschbaum, A. Brandt, Metsch- nikoff u, a. Geocores Hydrometridae. Reduvidae. 593 Indien. Bei DiplonycJius Lap. enden die Vordertarsen mit 2 Krallen. D. rusticus Fabr., Ostindien. Nepa Fabr. Fühler Sgliedrig, sehr kurz. Tarsen eingliedrig. Eine lange Athem- röhre. Körper flach elliptisch mit grossem Schildchen. Raubbeine mit dicken Hüften. Schiene von Schenkellänge. N. cinerea L., Wasserscorpion. Telmatotrephes Stal. Banatra Fabr. Fühler 3gliedrig, drittes Glied lang. Tarsen eingliedrig. Eine Athemröhre. Körper linear mit kurzem Schildchen. Vorderbeine mit dünnen langen Hüften. Schienen kaum halb so lang als der Schenkel. iE. linearis L. 3. Farn. Galgulidae, Uferscorpionwanzen. Der flache Körper mit eingesenktem Kopf, grossen vortretenden Facettenaugen und 2 Ocellen. Fühler 4gliedrig. Schenkel der Vorderbeine verdickt. Galgulus Latr. Tarsen eingliedrig, mit 2 Klauen. G. oculatus Fabr. u. a. amerikanische Arten. Mononyx Lap. Pelogonus Latr. 2. Gruppe: Geocores, Landwanzen. Fühler vorgestreckt, mittellang und 4- oder Ögliedrig. Schnabel meist lang. Tarsen meist Sgliedrig. 1. Fiim. Hydrometridae {Ploteres). . Körper linear gestreckt, fein behaart. Kopf ohne halsförmige i inschnürung, fast so breit als die Brust. Schnabel meist Sgliedrig. Mittel- und Hinterbeine zur Seite der Brust eingelenkt, verlängert. Klauenglieder vorn gespalten. Tarsen 2gliedrig, das erste Glied sehr kurz. Fühler 4gliedrig. Laufen auf der Oberfläche des Wassers und ernähren sich von andern In- sekten. Die Weibchen legen längliche Eier reihenweise an Wasserpflanzen. Hydrometra Fabr. == Gerris Latr. Schnabel 4gliedrig. Ocellen und Flügel vorhanden. Hinterleib langgestreckt, schmal. Mesothorax vom l'rothorax bedeckt. Mittelbeine von den vordem weit abgerückt. Erstes Fühlerglied am längsten. M. lacustris L. {Limnometra Mayr.) Limnohates Burm. (Hydrometra Latr.). Fühler mit verlängertem 3ten und 4ten Gliede, letzteres am längsten. Klauen am Ende der Tarsen. L. stagnorum L. Hebrus Westw. Velia Latr. Ocellen fehlen. Flügel vorhanden. Beine ziemlich gleichweit ab- stehend, die vordem kaum verkürzt. Schenkel der Hinterbeine verdickt, beim Männ- chen bedornt. V. rivulorum Latr. Microvelia West. Hydroessa Burm. Halobates Esch. Ohne Flügel und Ocellen. Vorderbeine mit verdickten Schenkeln. Abdomen kegelförmig, Marine Arten. H. sericeus Esch. , Stiller Ocean. Hier schliessen sich die Leptopodae (Biparii) an mit den Gattungen Salda Fabr. (Ä littoralis Fabr.) und Leptopus Latr. 2. F.im. Reduvidae (Beduvini), Schreitwanzen. Kopf frei vortretend, an der Basis halsfürniig verengert. Ocellen vorhanden. Fühler 4gliedrig. Schnabel bogen- förmig abstehend , meist mittellang. Die starken Beine mit kurzen 3gliedrigen Tarsen, die vordem zuweilen zu Raubbeinen gestaltet. Stechen sehr empfindlich und nähren sich von Insekten. Näbis Latr. Rüssel bis zu den Mittelbeinen verlängert. Basalglied der Fühler etwas verdickt. N. ferus L. Prostemma Lap. Physorhynchus Am. Serv. u. z. a. G. Beduvius Fabr. Körper gestreckt eiförmig. Rüssel bis zu den Vorderbeinen reichend. Vorderflügel ganz häutig mit 2 oder 3 Zellen. Erstes Glied der borsten- förmigen Fühler kaum dicker als das viel längere zweite und dritte Glied. Endglied sehr dünn. B. personatus L. Holotrichius Burm. Opinus Lap. u. a. G. Bei Pirates Burm. reicht der Rüssel bis zur Mitte der Brust, und enden die Beine mit starker Klaue und Haftborste. P. stridulus Fabr., Südeuropa. Pygolampis Germ. Körper schmal und flach. Fühler gebrochen mit verdicktem Claus, Zoologie. 2. Auflage. 38 594 Acautliiadae. Capsidae. Lygaeidae. vorgeslrecklen Basalgliede. Fussklauen ungezähnt. Erstes Glied des Schnabels doppelt so lang als das zweite. P. pallipes Fabr. Stenopoda Lap. Conorhinus Lap. u. a. G. Earpactor Lap. Brust mit stumpfen Ecken. Erstes Glied der Fühler so lang als die beiden folgenden Glieder, Fussklauen gezähnt. R. cruentus Lap. Myocoris Burm. Zelus Fabr. u. a. G. Hier schliessen sich die durch den Besitz von Raubbeinen ausgezeichneten Emesidae an. Emesa Fabr. Ploiaria Scop. (Emesodema). PI. domestica Scop., Südeuropa. 3. Fani. Äcantliiadae (Menibranacei), Hautwanzen. Mit flachgedrücktem Leibe, viergliedrigen an der Spitze meist geknöpften Fühlern und Kehlrinne, in welcher der 3gliedrige Schnabel eingelegt wird. Tarsen 2gliedrig, ohne Haftlappen. Hautabschnitt der Flügeldecken geädert. Zuweilen flügellos. Ocellen fehlen meist. Acanthia Fabr. (Cimex Latr). Fühler borstenförmig, fein behaart, die beiden Endglieder schlank. Flügel fehlen. A. lectularia L., Bettwanze. A. hirundinis H, S. A. pipistr ein ien. (■yV.;-*.vT !/-;<. w-!'. Aradus Fabr. Fühler dick, fadenförmig, 2tes Glied am längsten, Prothorax .seitlich erweitert. Flügel vorhanden. Uauttheil der Vorderflügel mit 4 oder 5 Adern. A. depressus Fabr. {corticalis L.). Piestosoma Lap. Aneurus Curt. Uysodius Lep. Tingis Fabr. Fühler geknöpft. 3tes Glied sehr lang. Brust und Vorderflügel seitlich verbreitert. T. echii Fabr. T. pyri Fabr. Dictyonota Curt. Agramma West. Zosmenus Lap. Syrtis Fabr. Ocellen vorhanden. Vorderbeine zu Raubfüssen umgebildet. Fühler kurz mit langem keulenlörmigen Endglied. S. crassipes Fabr. und zahlreiche amerik. Arten. Amblythyreus Westw. Macrocephaliis Swed. 4. Farn. Capsidae, Blindwanzen. Mit kleinem dreieckigen Kopf, ohne Ocellen mit 4gliedrigen borstenförmigen Fühlern und 4gliedrigem Schnabel. Oberlippe ver- längert. Die Tarsen undeutlich 3gliedrig. Der hornige Theil der Vorderflügel mit starkem Xiiiiang {Appendix), derHautlheil mit 2 ungleichen Zellen. Kleine und meist langgestreckte weichhäutige Wanzen, welche sich auf Pflanzen aufhalten und meist der gemässigten Zone angehören. Capsus Fabr. Fühler lang. Zweites Glied länger als die übrigen zusammen- genommen, gekeult. Die beiden Endglieder dünn. C. trifasciatus L. Heterotoma Latr. H. spissicornis Fabr. Phytocoris Fall. Ph. scriptus, Leptomerocoris Kirschb. Astemma Latr. Miris Fabr. Fühler borstenförmig mit dickem Basalglied. Körper langgestreckt linear. Hinterbeine verlängert mit dickem Schenkelglied. M. erraticus L. 5. Farn. Lygaeidae (Lygaeodes), Langwanzen. Kopf eingesenkt mit 2 Ocellen. Fühler 4gliedrig fadenförmig, auf der Unterseite des Kopfes eingelenkt, oft mit ver- dicktem Endgliede. Scutellum von gewöhnlicher Grösse. Membran der Flügeldecke mit Längslinien. Schnabel mit 4 ziemlich gleichlangen Gliedern. Tarsen Sglicdrig. Fuss- klauen meist mit 2 Haftlappen. Lygaeus Fabr. Körper gestreckt, ziemlich flach. Fühler kaum halb so lang als der Körper, leicht gekeult. Membran der Vorderflügel mit 4 bis 5 Längsadern. L. equestris L. Aphanus Lap, u. a. G. Pachymerus Lep. Schenkel der Vorderbeine verdickt. P, pini L. Blissus KI. Oxycarenus Fieb. a. u. G. Geocoris Fall. {Ophthalmicus Hahn). Kopf gross mit stark vortretenden Augen. Endglieder der Fühler verdickt, Membran der Dcckflügel ungeadert oder ganz fehlend, Hintcrflügel fehlen. G. grylloides L. Anthocoris Fall. Xylocoris Duf. Pyrrhocoris Fall Fühler von Körperlänge, die beiden Grundglieder gleichlang. Coreidae, Pentatomidae. 595 Ocellen fehlen, Membran der Fügeldecken kurz mit zwei Zellen und vielen Adern, kann fehlen. P. apterus L., Feuerwanze. Odontopus Lap., Largus Hahn u. a. G. 6. Farn. Coreidae {Coreodes), Randwanzen. Fühler am Rande des Kopfes ein- gelenkt, 4gliedrig. Das erste Glied des 4gliedrigen Schnabels meist am längsten. Thorax mit scharfrandigen oft aulsteigenden und verbreiterten Seitenflügeln. Membran der Flügeldecken von vielen Adern durchsetzt. Coreus Fabr. (Syromastes Latr.). Kopf klein viereckig. Erstes Fühlerglied dick, gekrümmt, zweites und drittes schmal, letztes kurz. Thorax und Hinterleib flügel- lörmig verbreitert. C. marginatus L. Stenocephalus Latr. PhyJlomorpha Lap , Leptocorisa Latr. u. a. G. Älydus Fabr. Körper schmal und gestreckt, mit dreieckigem Kopf. Letztes Fühlerglied beträchtlich länger als die vorhergehenden. Schenkel der Hinterbeine stark verdickt, stachlig bedornt. A. calcaratus L. Änisoscelis Latr. Kopf dreieckig, Thorax mit scharfen Ecken. Fühler dünn, von Körperlänge. Die Schienen der verlängerten Hinterbeine blattförmig verbreitert, A. bilineata Fabr., Brasilien. Leptoseelis Lap. Paryplies Burm. u. z. a. G. Pachylis Lep. Kopf viereckig mit entfernten Ocellen. Abdomen mit dornartig ausgezogenen Ringen. Drittes Fühlerglied herzförmig. P. Pharaonis Fabr. u. a. sUdamerik. Arten. Nematopus Latr. Petalops Am. Serv. u. a. G. 7. Fam. Pentatomidae, Schild wanzen. Fühler meist Sgliedrig, das 2te Glied der 4gliedrigen Rüsselscheide am längsten. Scatellum sehr gross, mindestens von halber Länge der Flügeldecken. Pentatoma Latr. {Gimex Fabr.). Der dünne Schnabel reicht bis zum Ende des Thorax und liegt mit seinem ersten Gliede in einer Kehlrinne. Schienen fein behaart. P. junipera L., P. rufipes L., P. oleracea L. Aelia acuminata Fabr. Acanthosoma Curt. Rhaphigaster Lap. u. z. a. G. Phloea Lep. (Phloeocoris Burm.). Fühler Sgliedrig, Körper ganz flach und seitlich gelappt. Fussklauen ohne Haftlappen. PJi. corticata Drur. OcJilerus Spin. Hälys Fabr. Cydnus Fabr. Körper fast elliptisch. Brust mit 3eckigem Scutellum, welches halb so lang ist als die VorderflUgel. Fühlerglieder gleich lang. Schienen dicht be- stachelt. C. morio L. Sciocoris Fall. Asopus Burm. TJiyreocoris Schrk. Pla- taspis Westw. u. a. G. Tetyra Fabr. Körper fast elliptisch, das Scutellum bedeckt das Abdomen bis zur Spitze. Fünftes Fühlerglied doppelt so lang als das vierte. Das dritte Fühlerglied am kürzesten. T. maura L. T. (Odontoscelis) scaraboides. Podops Lap. Phimo- dora Germ. Graphosoma Lep. Pachycoris Burm. Körper kurz und dick mit feinen Fühlern. Scutellum den ganzen Hinterleib bedeckend. P. Fabridi L. u. a. brasilianische Arten. Odontotarsus Lap. Agonosoma Lap. u. a. G. Scutellera Latr. Die beiden ersten Glieder der Sgliedrigen Fühler kurz, die nachfolgenden lang. Scutellum sehr breit, den Hinterleib und die Flügel bedeckend. »Sc. nobilis Fabr., Ostindien. Sphaerocoris Burm. u. z. a. G. 38' ü9G 2. Ordnung: Diptera, Zweiflügler. 2. Ordnung: Diptera') (Antliata), Zweiflügler. Insekten mit saugenden und stechenden Mundtheilen und ver- wachsenem Prothorax, mit häutigen Vorderflügeln, zu Schwingkolben verkümmerten Hinterflügeln und mit vollkommener Metamorphose. Die Bezeichnung dieser Ordnung ist der am meisten in die Augen fallenden Elügelbildung entlehnt, ohne freilich — wie auch die ähnlich gebildeten Namen anderer Insektenordnungen — dem Sachverhältniss genau zu entsprechen. Allerdings sind die vordem Flügel ausschliesslich zu grossen häutigen Schwingen entwickelt, allein auch die Hinterflügel bleiben in rudimentärer Gestalt als gestilte Knöpfchen, Schwingkolben (Halteres'), vorhanden. Die Vorderflügel sind nackt, meist von glas- artiger Beschafl"enheit und vorzugsweise in der Längsrichtung geädert. Indessen sind auch Queradern vorhanden, welche sich mit den erstem zur Bildung von Zellen verbinden. An dem Innenrande der Vorder- flügel markiren sich durch Einschnitte zwei Lappen, ein äusserer {Älula') und ein innerer (Squama), der die Hinterflügel überdecken kann. Die letztern bestehen aus einem dünnen Stil und einem kugligen Knopf. Der frei bewegliche Kopf hat meist eine kuglige Form, ist mittelst eines engen und kurzen Halsstils eingelenkt und zeichnet sich durch die 1) J. C. Fabricius, Systema Antliutorum. Brunsvigae. 1805. J. W. Meigen, Syslematische Beschreibung der bekannten Europäischen zwei- flügligen Insekten. 7 Theiie. Aachen. 1818—1838. Wiedemann, Aussereuropäische zweiflüglige Insekten. 2 Theiie. Hamm. 1828-30. Hacquart, Hisl. natur. des insectes Dipteres. 2 Vols. Paris. 1834—35. — — Dipteres exotiques nouveaux on peu connus. 2 Vols et 5 Suppl. Paris. 1838-55. F. Walker, Insecta Britannica. Diptera. 3 Vol. London. 1851—1856. R. Schiner, Fauna austriaca (Fliegen). Wien. 1860. L Dufour, Anatomie generale des Dipteres. Ann. des scienc. nat.3ser. Tom. 1. 1844. Derselbe, Recherches anatomiques et physiologiques sur les Dipteres. Mem. pres. ä l'acad. d. sc. de Paris. Tom, XI. 1851. Lacaze-Duthiers, De l'armure genitale femelle des Insectes Dipteres. Ann. des sc. nal. 3 sdr. Tom. XiX. R. Leuckart, Die Fortpflanzung und Entwicklung der Pupiparen. Abh. der naturf. Gesellsch. in Halle. Tom. IV. A. Weis mann, Die Entwicklung der Dipteren. Leipzig. 1864. Derselbe, Die Metamorphose der Corethra plumicornis. Leipzig. 1866. C. Kupffer, Ueber das Faltenblatt an den Embryonen von Chironomus. Arch. für mikr. Anatomie. Tom. III. El. Metschnikoff, Embryologische Studien, lieber die Entwicklung der vivi- paren Cecidomyialarve. Ueber die Embryologie von Simulia. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XVI. Vergl. ausserdem die Werke und Aufsätze von Clark, Kellner, Scheiber, Fallen, Zetterstedt, Rondaui, E. Blanchard, Leydig, S. Winnertz, Bremi, Erichson, (ierstäcker, Saunders, Loew, Frauenfeld, Brauer u. z. a. Mund Werkzeuge. Nervensystem. 597 grossen Facettenaugen aus, welche im männlichen Geschlecht auf der Mittellinie des Gesichtes und Scheitels zusammenstossen können. In der Regel sind drei Ocellen vorhanden. Die Fühler weichen nach zwei verschiedenen Richtungen auseinander, indem sie entweder klein bleiben, aus drei Gliedern bestehen und häufig an der Spitze eine Fühlerborste (Aristo) tragen, oder schnurförmig, von bedeutender Länge und aus einer grossen Gliederzahl zusammengesetzt sind. Da jedoch im erstem Falle das Endglied wieder in kleine GHeder getheilt sein kann, so ist eine scharfe Abgrenzung beider Fühlerformen um so weniger möglich, als auch die Fühlerborste gegliedert sein kann. Die Mundwerkzeuge bilden die als Schöpfrüssel {Prohoscis, Haustelluni) bekannte Form von Saugröhren , in denen die Kiefer und ein unpaarer der Oberlippe an- haftender Stab (Epipharynx) als hornige borsten- oder messerförmige Stechorgane auftreten können. Da wo nur die Maxillen als paarige Stäbe vorhanden sind, scheint das unpaare Stechorgan den verwachsenen Mandibeln zu entsprechen. Die Saugröhre, vorzugsweise aus der Unter- lippe gebildet, endet mit einer schwammig aufgetriebenen Zunge und entbehrt der Lippentaster, während die Unterkiefer Taster tragen, welche allerdings bei Verschmelzung der Unterlippe dem Schöpfrüssel aufsitzen. Brust und Hinterleib zeigen im Allgemeinen eine gewisse Concentrirung ihrer Theile. Mit Ausnahme der Puliciden sind alle Thoracalsegmente zu einer festen Brust verschmolzen. Vom Prothorax treten die Seiten- theile in Form zweier Schulterschwielen hervor; das meist mit Dornen besetzte Schildchen überdeckt den Metathorax; das Abdomen ist häufig gestilt und besteht aus fünf bis neun Ringen. Die Beine besitzen fünf- gliedrige Tarsen, welche mit Klauen und meist mit sohlenartigen Haft- lappen (Pelotten) enden. Das Nervensystem erscheint in sehr verschiedenen Graden der Concentrirung, je nach der Streckung des Leibes. Während bei Formen mit sehr gedrungenem Körperbau die Ganglien des Abdomens und der Brust zu einem gemeinsamen Brustknoten verschmelzen, erhalten sich bei langgestreckten Dipteren nicht nur die drei Brustganglien, sondern auch mehrere, selbst fünf und sechs Ganglien wohl gesondert. Für den Darmkanal dürfte das Auftreten eines gestilten Saugmagens als Anhang des Oesophagus sowie die Vierzahl der Malpighischen Gefässe hervor- zuheben sein. Die beiden Tracheenstämme erweitern sich im Zusammen- hang mit dem gewandten Flugvermögen zu zwei grossen blasigen Säcken in der Basis des Hinterleibes. Die männlichen Geschlechtsorgane be- stehen aus zwei häufig gefärbten ovalen Hoden mit kurzen Ausführungs- gängen, denen sich feste Begattungstheile nebst Copulationszangen an- schliessen; die Ovarien entbehren einer besonderen Begattungstasche, tragen dagegen dreifache Samenbehälter an der Scheide und enden oft mit einer einziehbaren Legeröhre. 598 Geschlechtsverschiedenheiten. Entwicklung. Die beiden Geschlechter sind selten auffallend verschieden. Die Männchen besitzen in der Regel grössere Augen, die zuweilen median zusammen stossen, häufig ein abweichend gestaltetes Abdomen, ausnahms- weise {Bibio) auch eine verschiedene Färbung. Auch die Mundtheile können Abweichungen bieten, wie z. B. die männlichen Bremsen der messerförmigen Mandibeln entbehren, welche im weiblichen Geschlechte die Hauptwaffe bilden. Auch die männlichen Culiciden entbehren der Stechwaffen und besitzen behaarte vielgliedrige Fühler, während die Fühler der Weibchen fadenförmig sind und aus einer geringern Glieder- zahl bestehen. Bei Elaphomia aus Neu- Guinea tragen sie unterhalb der Augen geweihartig verästelte Auswüchse. Rücksichtlich der Embryonalbildung vertreten die Diptern den Typus mit äusserem Primitivstreifen, der vom Faltenblatte (Deckblatt) überwachsen wird. Daher erfährt der Embryo keine Umstülpung, wohl aber in der Regel nach Ausbildung der Keimwülste eine halbe Um- drehung um seine Längsachse. Von den GHedmassen legen sich zuerst an den Kopfsegmenten die drei Kieferpaare, dann die Antennen an, ohne dass jedoch das Faltenblatt einen Antheil an der Bildung derselben hat. Die Verwandlung ist eine vollkommene; die fusslosen Larven besitzen ent- weder einen deutlich gesonderten mit Fühlern und Ocellen versehenen Kopf (Tipuliden), oder der Kopf ist ein kurzer meist eingezogener Abschnitt ohne Fühler und Augen (höchstens mit einem xförmigen Pigmentfleck) mit ganz rudimentären Mundwerkzeugen, zuweilen mit zwei zur Be- festigung dienenden Mundhaken. Im erstem Falle haben die Larven kauende Mundtheile und ernähren sich in der Regel vom Raube anderer Thiere, im letztern saugen sie als »Maden« Flüssigkeiten oder breiige Substanzen ein. Nach mehrfachen Häutungen, mit denen selbst wieder mannichfache Organisationsabweichungen der Larven verbunden sind, verwandeln sie sich entweder in der erhärteten Larvenhaut zur Puppe, oder bilden sich unter Abstreifung der ersteren in bewegliche, oft frei im Wasser schwimmende Puppen (Pupae oUectae) um, welche als pro- visorische Einrichtungen Tracheenkiemen besitzen können. Auf die Ver- schiedenheiten, welche die Entwicklung des geflügelten Insektes aus dem Organismus der Larve in beiden Gruppen darbietet, und deren Kenntniss wir den Untersuchungen Weismann 's verdanken, ist schon bei einer frühem Gelegenheit hingewiesen. Viele Dipteren produciren beim Fliegen summende Töne und zwar durch Vibrationen verschiedener Körpertheile , theils der Flügel, theils der Segmente des Abdomens unter Betheiligung der Stimmapparate an den vier Stigmen der Brust. Hier bildet unterhalb des Stigmenrandes der Tracheenstamm eine Blase mit zwei zierlich gefalteten Blättchen, welche unterhalb zweier äusserer Klappen (Brummklappen) durch die Luftexspiration in Schwingungen versetzt werden (H. Landois). 1. Unterordnung: Aphaniptera. 2. Unterordnung: Pupiparac. 599 1. Unterordnung: Aphaniptera'), Flöhe. Mit seitlicli comprimirtem Körper und deutlich getrennten Thoracal- ringen. Flügel fehlen, dagegen finden sich 2 seitliche plattenartige An- hänge an Meso- und Metathorax, Fühler sehr kurz, in einer Grube hinter den einfachen Punktaugen entspringend. 1. Farn. Pulicidae. Oberlippe fehlt. Mandibeln zu sägeartig gezähnten Stech- borsten umgebildet, mit der feinen unpaaren Stechborste in der Rüsselscheide liegend. Diese wird aus der gespaltenen tasterartig gegliederten Sgliedrigen Unterlippe gebildet. Die Maxillen sind breite freiliegende Platten mit 4gliedrigem Taster. Beine mit ver- längerten Hüften und stark comprimirten Schenkeln, die hintern kräftige Springfüsse. Hinterleib Sgliedrig. Sind im ausgebildeten Zustande stationäre Parasiten an dem Körper von Warmblütern, deren Blut sie saugen, Pulex L. Unterlippe von der Länge der Mandibeln. Rucken des Männchen concav, zur Aufnahme des grossem Weibchens. JP. irritans L., Floh des Menschen. Die grossen fusslosen Larven haben einen deutlich abgesetzten Kopf und leben in Sägespänen und zwischen Dielen, wo auch die länglich ovalen Eier abgesetzt werden. Säugethiere, wie Hund, Katze, Maulwurf, Igel, Maus, Fledermäuse haben ihre besondern Floharten, ebenso unter den Vögeln das Haushuhn. Sarcopsylla Westw. {BhyncJioprion Oken). Unterlippe undeutlich. S. pe- netrans L., Sandfloh (Chigoe), lebt frei in Südamerika im Sande. Das Weibchen aber bohrt sich in die Haut des menschlichen Fusses, auch verschiedener Säugethiere ein und setzt hier die Eier ab, deren ausschlüpfende Larven (ieschwüre veranlassen. 2. Unterordnung: Pupiparae*), Lausfliegen. An dem meist gedrungenen Körper sind die 3 Thoracalsegmente verschmolzen, das Abdomen ist breit und oft abgeflacht. Die Fühler ent- springen in einer Grube vor den Augen und bleiben kurz, häufig nur 2gliedrig. Der Saugrüssel wird von der Oberlippe unter Betheiligung der Maxillen gebildet. Die Unterlippe ist ungegliedert. Die kräftigen Beine enden mit gezähnten Klammerkrallen. Die Flügel können rudimentär sein oder fehlen. Die Entwicklung des Embryos und der Larve geschieht 1) A. Duges, Recherches sur les caracteres zoologiques du genre Puce. Ann. de. scienc. nat. Tom. XXVIL 1832. W. Seils, Observations upon the Chigoe or Pulex penetrans. Transact. eutoui. soc. Tom. H. 1839. H. Karsten, Beitrag zur Kenntniss des Rhynchoprion penetrans. Archiv für path. Anatomie. Tom. XXXtl. 2) L. Dufour, Etudes anatomiques et physiologiques sur les Insectes Dipl^rcs de. la famille des Pupipares. Ann. de scienc. nat. 3 ser. Tom. HI. 1843. Chr. L. Nitzsch, Die Familien und Gattungen der Thierinsekten. Germar's Magazin der Entomologie. Tom. IH. J. 0. Westwood, On Nycteribia etc. Transact. zool. soc. of London I. 1835. J. Egger, Beiträge zur bessern Kenntniss der Braula coeca Nitzsch. Verh. d. zool. botan. Vereins zu Wien. Tora. III. 1853. Vergl. ferner R. Leuckart 1. c, Lucas, Kolenati, Frauenfeld u. a. 600 3. Unterordnung: Brachycera, Fliegen. in der Uterus-ähnlichen Scheide. Die ausgeschlüpfte Larve schluckt das Sekret ansehnlicher Drüsenanhänge des Uterus und wird vollständig ausgebildet unmittelbar vor der Verpuppung geboren. Schmarotzen •wie die Läuse an der Haut von Warmblütern, selten von Insekten. 1. Fam. Braulidae, Bienenläuse. Der grosse querovale Kopf ohne Augen, mit kurzen 2gliedrigen Fühlern, Flügel fehlen. Beine mit langen dichtgezähnten Fnss- klauen. Hinterleib rundlich, 5g1iedrig. Braula ^itxseh. Br. coeca Nitzsch., Bienenlaus, vornehmlicb auf dem Körper der Drohnen, an deren Haaren sie sich mit den kammförmigen Klauen festhält. 2. Fam. Nycteribiidae, Fledermausfliegen. Kopf frei beweglich , rückwärts in in den ausgehölten Thorax einlegbar, ohne oder mit kleinen Augen und kurzen 2gliedrigen Fühlern. Körper mit breiter plattenförmiger Brust, ohne Flügel, aber mit geknöpften Schwingkölbchen. Saugrüssel mit grossem Taster. Beine lang, seitlich eingelenkt mit starken 2zähnigen Fussklauen. Vor dem zweiten Beinpnare eigenthüm- liche kammförmige Organe. Abdomen 6gliedrig. Leben vornehmlich in der Achsel- höhle der Fledermäuse. Nycteribia Latr. JV. Latreülei Curt. Augenlos, auf Vespertilioarten. Nach Mac Leay kommen in Ostindien Nycteribien mit verkümmerten Flügeln vor. 3. Fam. Hippoboscidae, Lausfliegen. Der querovale Kopf mit grossen Augen und ganz kurzen Fühlern, Saugrüssel tasterlos mit kurzer Unterlippe. Füsse mit kräftigen 2- oder 3zähnigen Klauen. MelopJiagus Latr. Körper flügellos. Kopf breit mit schmalen Augen ohne Ocellen. Säugrüssel von der Länge des Kopfes. Klauen 2zähnig. M. ovinus L., Schafzecke. Anapera Meig. Flügel schmal und kurz, über den Hinterleib kaum hinaus- ragend. Fusskrallen 3zähnig. Ocellen fehlen. A. pallida Meig., auf Schwalben. Stenopteryx Leach. Eaymondia Frfld. Strebla Wiedm. etc. Ornithomyia Latr. Kopf mit 3 Ocellen, vom queren Thorax umfasst. Flügel weit über den Hinterleib hinausragend mit 6 hornigen Längsadern. Fussklauen 3zähnig. 0. avieularia L., Bussard. Ornithdbia Meig. (Lipoptena Nitzsch.). Ocellen vorhanden. Flügel mit 3 Längsadern, hinfällig. Fussklauen 2zähnig. 0. cervi L. Hippobosca Latr. Ocellen fehlen. Flügel länger als der Hinterleib mit vielen Adern. Fussklauen 2zähnig. H. equina L., Pferdelaus. 4 3. Unterordnung: Brachycera, Fliegen. Körper sehr verschieden gestaltet, häufig dick und gedrungen mit 5- bis Sgliedrigem Hinterleib. Fühler kurz , meist Sgliedrig mit grossem, meist secundär gegliedertem Endgliede , an welches sich eine einfache oder geringelte Borste anschliesst. Flügel fast stets vorhanden. Die Larven leben in faulenden Stoffen der Erde und im Wasser, theilweise auch als Parasiten, sind grossentheils Maden und verpuppen sich in der abgestreiften tonnenförmigen Larvenhaut. Viele bilden jedoch auch eine Pupa obtecta. 1. Gruppe. Muscariae. Rüssel meist mit fleischigem Ende. Maxillen in der Regel verkümmert. (Pupae coarctatae). Phoridae, Acalypterae. Mascidae. 601 1. Farn, Phoridae. Fühler Sgliedrig, dicht über dem Munde entspringend. Taster vorstehend, borstig, Randnerven des Flügels dick , die 3 bis 4 feinern Längs- nerven entspringen aus dem verdickten 2ten Längsnerven des Randes. Hinterleib 6gliedrig. Larven parasitisch in Filzen. Fhora Latr. Englied des Fühlers mit langer Borste. Thorax bucklig. Beine kraftig mit verlängerten Hüften und breiten Schenkeln. Ph. incrassata Meig. 2. Farn. Acalypterae. An der Spitze des Flügels fehlt eine Quernaht, und die erste Hinterrandsader läuft bis zum Rande in gerader Richtung. Schüppchen klein oder fehlend, Halteren daher frei. Die Larven leben meist von faulenden Stoffen. Trypeta Meig. Kopf halbkreisförmig mit breiter Stirn, weit abstehenden Augen und genäherten anliegenden Fühlern. Untergesicht kurz und kahl. Das Sgliedrige Abdomen des Weibchens mit horniger vorstehender Legeröhre. Flügel meist gebän- dert und gefleckt. Die Larven leben vorwiegend in den Samen der Composileen. Tr. Cardui L., Tr. stylata Fabr., Tr. signata Meig., in Kirschen u. z. a. A. Loxocera Fabr. Toxotrypana Gerst. Chlorops Meig. Kopf quer, Stirn wohl doppelt so breit als die grünen Augen. Untergesicht zurückweichend. Fühler hängend , Endglied kreisrund mit meist nackter Borste am Grunde. Larven oft in den Halmen der Gräser. Ch. lineata Fabr., Weizen- fliege. Agromyza Fall. Ortalis Fall. u. z. a. G. /Sepsis Fall. Kopf rund, mit weit abstehenden Augen. Untergesicht fast senkrecht, mit einigen Borsten seitwärts über dem Munde (Knebelbart). Abdomen fast walzen- förmig, nackt und glänzend, 4gliedrig. Flügel aufrecht, beständig vibrirend. S. punctum Fabr., Glanzfliege. Diopsis L. Kopf in 2 dünne lange Stile ausgezogen, an deren Ende die Augen und Fühler liegen. Scutellum und Seiten des Thorax mit 2 langen Dornen. Hinter- leibsbasis stark verengt. D. ichneumonea L. Scatophaga Latr. Augen rund, in beiden Geschlechtern durch die breite roth- gestreifte Stirn getrennt. Knebelbart vorhanden. Fühler mit schmalem langen End- glied und meist gefiederter Borste. Flügel aufliegend und weil länger als das Sgliedrige Abdomen. Flügelschuppen klein. Sc. stercoraria L., Dungfliege, auf Düngerhaufen. PiopMla Fall. Augen rund. Knebelbart vorhanden. Endglied der Fühler elliptisch mit nackter Fühlerborste. Hinterleib 5gliedrig, P. casei L., Käsefliege. Tetanocera Meig. Fühler vorgestreckt mit borstigem 2ten Gliede und zuge- spitztem Endgliede. Untergesicht fast senkrecht zurückweichend. Abdomen 5gliedrig, langgestreckt, flachgedrückt. T. ferruginea Fall. Micropeza Meig., Tanypeza Meig., Psila Meig., Sapromyza Fall. u. a. G. Borborus Meig. Endglied der vorstehenden Fühler fast kugelrund, mit nackter Ruckenborste. Hinterleib flach 5gliedrig. Erstes Tarsalglied der Hinterbeine verdickt. B. subsultans Fabr., Düngerfliege. Anthomyia Meig. Augen beim Männchen zusammenstossend. Endglied der Fühler länglich stumpf, mit Borste. Knebelbart vorhanden. Abdomen 4gliedrig. Ä. lardaria L., A. brassicae Bouche, Coenosia Meig., Lispe Meig. u. a. G. 3. Fiim. Muscidae. Die erste Hinterrandsader läuft gekrümmt oder in gebro- chener Linie zur Flügelspilze. Halteren bedeckt. Larven an Excrementen und faulem Fleisch, aber auch parasitisch in Insekten (Tachinarien). Musca L. Kopf kurz, breit, mit grossen beim Männchen zusammenstossenden Augen. Erste Hinterrandsader unter spitzem Winkel gebrochen. Hinterleib oval ge- drungen. Fühlerborste bis zur Spitze gefiedert. M. doniestica L., Stubenfliege. M. Caesar L., Goldfliege. 31. vomitoria L., Brechfliege, mit glänzend blauem Hinterleib. M. cadaverina L., Aasfliege. Idia Meig. u. a. G. 602 Conopidae. Oestridae. Sarcophaga Meig. Kopf schmal. Augen in beiden Geschlechtern getrennt. Fiihlerborste mit nackter Spitze. Brust mit mehreren dunkeln Rückenstriemen. S. carnaria L., Fleischfliege, vivipar. S. mortuorum L. Mesembrina Meig. Erste Hinterrandsader unter stumpfem Winkel gebogen, in die FlUgelspitze mündend. M. meridiana L. Tachina Meig. Körper stark mit Borsten besetzt. Augen beim llännchen grösser, die Stirn verschmälert. Fühler mit nackter aber gegliederter Rückenborste. Die Larven schmarotzen vornehmlich in Raupen. T. (Nemorea) puparum Fabr., T. iChrysosoma) viridis Fall., T. grossa L., T. larvarum L. Phasia Latr. Gonia Meig. u. V. a. G. Gymnosoma Meig. Hinterleib kuglig, fast nackt. Mund ohne Knebelbart. 2tes und 3tes Fühlerglied verlängert. Fühlerborste nackt. G. rotundata L., Larve in Pentatoma parasitisch. Phania Meig., Glytia Meig. Ocyptera M. Körper schlank mit kegelförmig vortretender Stirn. Thorax mit Quernaht. Fühlerborste Sgliedrig, nackt. Flügelschuppe gross. 0. bicolor Oliv., O. brassicaria Fabr. Lophosia Meig. Dexia Meig. {Dexiariae). Körper schlank mit kleinem Kopf und kurzen Fühlern, deren schmales Endglied eine dicht gefiederte Borste trägt. Hinteileib spitz- oval. D. rustica Fabr., Zeuxia Meig., Trichodura Macq. , JRutilia Macq. u. a. G. 4. Fam. Conopidae. Fühler winklig abstehend. Rüssel fadenförmig vorstehend, einfach oder doppelt gekniet. Schwingkölbchen unbedeckt. Hinterleib 5 — 6gliedrig. Die Larven leben im Hinterleib anderer Insekten, besonders Wespen und Acridiern. Conops L. Scheitel blasig aufgetrieben, ohne Punktaugen. Rüssel am Grunde gekniet. Endglied der kopflangen Fühler mit kurzem 2gliedrigen Endgrifi'el. C. Jla- mpes L., G. qicadrifasciatus Deg. (Bombus), C. rufipes Fabr. {Oedipoda). Myopa Fabr. Kopf in der Wangengegend aufgeblasen mit 3 Ocellen und kurzen Fühlern, deren kugliges Endglied einen kleinen Dorsalgriffel trägt. Rüssel doppelt gekniet. Hinlerleib abwärts gebogen. M. ferruginea L., M. testacea L. Hier schliessen sich die Stomoxydae an , deren Schwingkölbchen von doppelter Schuppe bedeckt ist. Stomoxy s GeoKr. Drei Ocellen vorhanden Rüssel an der Basis gekniet, wage- recht vorgestreckt. Fühler mit Rückenborste. Hinterleib 4gliedrig. St. calcitrans L., Stechfliege, der Stubenfliege ähnlich. 5. Fam. Oestridae, Biesfliegen, Rüssel verkümmert. Fühler kurz, in Aus- höhlungen der Stirn entspringend, Endglied derselben mit nackter Borste. Abdomen behaart, 4 oder Sgliedrig. Die Weibchen haben eine Legeröhre und bringen ihre Eier oder die bereits lebendig geborenen Larven an bestimmte Stellen von Säuge- thieren, z. B. in die Nüstern der Hirsche, an die Brust der Pferde. Die Larven mit gezähnelten Körperringen und häufig mit Mundhaken leben in der Stirnhöhle, unter der Haut, im Magen bestimmter Säugethiere parasitisch. Unter der Haut erzeugen sie die sog. Dasselbeulen. Hypoderma Latr. Fühler tiel eingesenkt, durch eine Scheidewand gesondert mit kurzem dicken Endglied. Flügelschuppen gross und nackt. Larven ohne Mund- haken unter der Haut von Säugethieren. H. bovis L., H. Äctaeon Br., am Edelhirsch. H. tarandi L. Cuterebra (Oestrus hominis), Südamerika. Oestrus L. {Cephenomyia Latr.). Nur die Basis der Fühler getrennt. Beine knra. Larven mit Mundhaken. 0. auribarbis Wied. Die Larve wird von der Fliege in die Nasenhöhle des Edelhirsches gebracht. 0. trompe Fabr., im Rennthier. Cepha- lomyia ovis L., Stirnhöhle des Schafes. Gastrus Meig. Flügel verkümmert. G. equi Fabr. Das Ei wird an die Brust Syrphidae. Stratiomydae. 603 des Pferdes abgesetzt und von diesem abgeleckt, die ausschlüpfende Larve hängt sich an der Magenwandung mittelst ihrer Mundhaken auf, besteht mehrfache Häutungen und wird vor der Verpuppung mit den Excrementen entleert. G. pecoruvi Fabr., G. nasalis L. 6, Farn. Syrphidae, Schwebfliegen. Lebhaft gefärbte, meist mit hellen Binden und Flecken versehene dickleibige Fliegen mit fleischigem Ende des Rüssels und vier Kieferborsten. Taster eingliedrig. Endglied der Fühler einfach und zusammengedrückt, meist mit RUckenborste. Drei Punktaugen. Abdomen Sgliedrig. Die Larven leben im morschen Holz oder auf Blättern von Blattläusen oder in schlammigem mit faulen- den Stofl'en erfülltem Wasser und haben im letztern Falle eine lange Athemröhre (Eristalis). Syrphus Latr. Kopf halbkuglig. Endglied der Fühler eiförmig mit kurzer fein- haariger Borste. Abdomen flachgedrückt. Beine zart. Die Larven leben von Blatt- läusen. S. pirastri L., Schwebflege. S. ribesii L., S. balteatus Deg. Sphaerophoria Macq., Chrysogaster Meig., Bacclia Meig u. z. a. G. Volucella Latr. Endglied des Fühlers gestreckt eiförmig mit langgefiederter Borste. Hinterleib breit, stumpf herzförmig, gewölbt. V. bomhylans L. = plumata Deg., Federfliege. Larve in Hummelnestern. V. pellucens L. Bhingia Scop. Das rundliche Endglied des Fühlers mit nackter Borste, ünter- gesicht in einen kegelförmigen Schnabel ausgezogen. Bh. rostrata L. Eristalis Meig. Endglied des kurzen nickenden Fühlers fast kreisrund mit nackter oder behaarter Borste. Untergesicht höckrig, behaart. Abdomen kegelförmig oder eirund. Larven mit Athemröhre in Kloaken und stehendem Wasser. E. tenaxL., E. aeneus Fabr. Merodon Meig. (Hinterschenkel verdickt mit einem Zahn an der Spitze). M. narcissi Fabr. Helophilus Meig. Megaspis Macq. Clirysotoxum Meig. Helophilus Meig. Microdon Meig. Grundglied des Fühlers lang, grifl'elförmig. Schildchen mit 2 kleinen Dornen. M. apiformis Deg, Xylota Meig. Hinterschenkel verlängert und keulenförmig verdickt, an der Innenseite stachlig. Abdomen schmal. X. femorata L. Ceria Fabr. Fühler auf einem gemeinsamen Stirnfortsatz entspringend , mit kurzem Endgriffel. Hinterleib gestilt. C. conopsoides L., Milesia Latr., Brachyopa Meig , Brachypalpus Macq. u. z. a. G. 7. Fam. Stratiomydae, Wafl"enfliegen. Endglied der Fühler langgestreckt und secundar in höchstens 5 Glieder getheilt, oft mit Endborste oder Endgriffel. Taster 2 bis Sgliedrig. Rüssel mit fleischiger Endlippe, zurückziehbar. Scutellum meist mit Dornen bewaffnet. Abdomen meist flach, Sgliedrig. Larven mit deutlichem Kopf, im Wasser oder im morschen Holze. Stratiomys Geoffr. Kopf gross mit zusammenstossenden Augen beim Männchen. Drittes Fühlerglied verlängert, Sgliedrig. Flügel mit 4 Hinterrandsadern. St. chamae- leon L., St. (Odontomyia M. Erstes Fühlerglied sehr kurz) hydroleon L. Oxycera Meig. Endglied des Fühlers 4gliedrig mit 2gliedrigem Endgriffel. Hinterleib kreisrund. 0. leonina Panz. , Dornfliege. Nemotelus Meig. Schildchen ohne Dornen. N. pantherinus L. Sargus Fabr. Schildchen unbewaffnet. Drittes Fühlerglied rund, Sgliedrig mit Endborste. Abdomen schmal. S. cuprarius L. , S. (Chrysomyia Macq.) formosus Schrk., CJirysoclilora Latr., Hermetia Latr. u. a. G. Pacliygaster Meig. ( Fajjpo Latr.). Schildchen unbewaffnet. Drittes Fühlerglied kuglig, 4gliedrig. Hinterleib kuglig. Flügel mit 3 Hinterrandsadern. P. aUr Panz., Ptilocera Wied , CJiauna Loew., Blastocera Gerst. u. z. a. G. 604 Xylophagidae. Platypezidae. Dolichopodidae. Leptidae. Bombyliidae. 8. Fam. Xylophagidae, Holzfliegen. Drittes Fühlerglied verlängert und secundiir in 8 Glieder getheilt. Abdomen aus 7 bis 8 Gliedern gebildet. Xylophagus Meig. Schildchen unbewaffnet. Taster lang, 2gliedrig, aufgerichtet. Abdomen schmal. X. maculatus Fabr., Larve in Buchenholz. X. ater Fabr. Coeno- tnyia Latr. Diphysa Macq. Beris Latr. Schildchen am Rande mit 4 bis 8 Stacheln. B. davipes L Äcan- thomera Wied. Chiromyza Wied. u. a. G. 2. Gruppe. Tanystomata, Langrüssler. Ilüssel sehr verschieden, meist hang und mit stiletförmigen Kiefern zum Raube, selten mit flei- schigen Endhppen. Pupae obtectae. 1. Farn. Platypezidae, Pilzfliegen. Mit kurzen Sgliedrigen Fühlern, deren Endglied eine kahle Endborste trägt. Beine kurz, Tarsen der Hinterfüsse meist stark verdickt. Flügel mit 6 Längsadern. Abdomen 6gliedrig. Die Larven leben in Schwämmen. Platypeza Meig. Körper kurz und gedrungen. 5te Läogsader des Flügels am Ende winklig gebrochen. PI. holetina Fall. Callomyia Meig. Körper schlank. Erstes Tarsenglied der Hinterfüsse verlängert. Fünfte Flügelader verläuft gerade. C. elegans Fabr. Lonchoptera Meig. Opetia Fabr. 2. Fam. Dolichopodidae. Rüssel kurz und fleischig, zurückziehbar, ohne freie Maxillen, mit eingliedrigem Taster. Fühler kurz, mit End- oder Rückenborste. 3 Ocellen vorhanden. Abdomen 6gliedrig, schlank. Beine lang und dünn. Flügel aufliegend mit nur 5 einfachen Längsadern. Die Larven leben in der Erde oder in faulem Holz. Dolichopus Latr. Fühler mit ungegliederter feinhaariger Rückenborste. Vierte Längsader des Flügels geknickt. Schienen lang gestachelt. Genitalring des Männchens unter den Leib gebogen mit 2 gewimperten Lamellen. D. pennatus Meig., D. nohili- tatus L. Medeterus Meig. (Rückenborste 2gliedrig). Porphyrops Meig. Fühler mit geknieter Endborste. Vierte Längsader des Flügels geschwungen. Genitalring des Männchens mit 2 Fäden. P. diaphanus Fabr., Eaphium Meig., Chrysotus Meig., Peilopus Meig. u. a. G. 3. Fam. Leptidae, Schnepfenfliegen. Rüssel kurz, vorstehend, mit fleischigen Endlippen und freien Stechborsten. Taster 2gliedrig. Letztes Fühlerglied kurz, mit einer Borste. Tarsen mit 3 Pulvillen. Abdomen 8gliedrig. Flügel abstehend. Die Larven mit 2 kurzen Afterröhren leben in der Erde. Leptis Fabr. Endglied der Fühler zugespitzt mit langer feiner Borste. Taster haarig, linear, dem Rüssel aufliegend, Beine ziemlich lang. L. scolopacea L., Schnepfen- fliege. L. vermileo L., Südeuropa. Die Larve gräbt im Sande Trichter und fängt in denselhen wie der Ameisenlöwe Insekten. Chrysopilus Meig. Atherix Meig. Rüssel kurz und dick, Fühlerborste entspringt an der Basis des nierenförmigen Endgliedes. A. Ibis Fabr. Hier schliessl sich die zu einer besondern Familie gestellte Gattung Scenopinus Meig an. Fühler ohne Borste. Maxillen verkümmert. Hinterleib wie bei den Xylo- phagiden. Larve linear. Sc. fenestralis L. 4. Fam. Bombyliidae, HummeWiegen. Körper gedrungen, dicht behaart. Rüssel lang, hornig, fadenförmig mit borstenförmigen Maxillen. Fühler nach auswärts ab- stehend, Endglied mit oder ohne Griffel 3 Ocellen. Vierte Längsader des Flügels gegabelt. Abdomen meist Tgliedrig. Flügel auseinander gesperrt. Saugen Blüthen- säftc. Die Larven leben theilweise (Anthrax) in den Nestern von Bienen. Anthrax Scop. Rüssel nur wenig vorgestreckt oder zurückgezogen. Fühler kurz, am Grunde abstehend. Augen in beiden Geschlechtern schmal. Flügel gescheckt. Henopiidae. Empidae. Therevidae. G05 A. morio Fabr. (sinuatus Fall.). Larve lebt in den Nestern von Megachile muraria und Osmia trieornis. Ä. semiatra Panz. Lomatia Meig. Änisotamia Macq ^e- mestrina Latr. Bombylius L. Körper hummelähnlich, dicht behaart. Kopf klein mit zusamnien- stossenden Augen im männlichen Geschlecht, Rüssel viel länger als der Kopf, faden- förmig. Fühler an der Basis dicht genähert. B. major L. , B. medius L. Ploas Latr, Dlschistus Loew. Systropus Wied. MuUo Latr. u. z. a. G. Hier schliesst sich die zu einer besondern F'amilie gestellte Gattung Pipunculus Latr. an. Vierte Längsader nicht gegabelt. Fühler sehr kurz, scheinbar 2gliedrig. Das eingesenkte Endglied mit verdickter Borste. Abdomen glatt, 6gliedrig. P. cam- pestris Latr. Die Larve lebt in Kleinzirpen parasitisch. 5. Fam. Henopiidae {Äcroceridae). Der kleine abwärts gerückte Kopf ganz von den Augen bedeckt, mit Ocellen und ganz kleinen Fühlern. Hinterleib hoch auf- getrieben, 5 bis 6gliedrig. Rüssel lang und unter den Thorax geschlagen, oder ganz rudimentär. Halteren von grossen glockenförmigen Schuppen verdeckt. Henops Meig. (Oncodes Latr.). Fühler kurz 2gliedrig, dicht über dem Munde entspringend. 2 Ocellen. Rüssel ganz und gar verkümmert. H. gihhosus L , Mund- hornfliege. Acrocera Meig. Fühler kurz 2gliedrig, auf dem Scheitel entspringend, 3 Ocellen. Rüssel rudimentär. A. orbiculus Fabr. Lasia Wied, Fühler Sgliedrig mit langem cylindrischen Endgliede. Der faden- förmige Rüssel länger als der Körper. L. flavitarsis Wied. Pacops Lam., Cyrtus Latr., Pialea Erichs, u. z. a. G. 6. Fam. Empidae, Tanzfliegen. Kopf klein kuglig, mit Ocellen. Die 2- oder 3gliedrigen Fühler mit Endborste oder Endgriffel. RUssel sehr lang und hornig, senkrecht vorstehend, mit Stechborsten. Beine kräftig, Tarsen mit 2 Pulvillen. Flügel parallel aufliegend, Abdomen Sgliedrig. Nähren sich vom Raube, theilweise auch von Blüthensäften. Die Larven leben in der Erde. Hilara Meig. Drittes Fühlerglied pfriemenförmig mit 2g!iedrigem Endgriffel. Rüssel kürzer als der Kopf. H. globulipes Meig., Gloma Meig., BhampJionomyia Meig. Empis L. Drittes Fühlerglied kegelförmig, mit 2gliedriger Endborste. Rüssel dünn, fast von halber Körperlänge, nach unten gerichtet. E. tesselata Fahr, Brachy- stoma Meig. Tachydromia Meig. {Tachydromidae). Körper klein, Fühler 2gliedrig in Folge der Verwachsung der beiden Grundglieder, mit Endborste. Schenkel der Mittelbeine stark verdickt und gezähnelt. Rüssel kurz. Hemerodromia Meig Vorderbeine mit verlängerten Hüften, zu Raubbeinen umgestaltet. H. mantispa Fabr., Tanzfliege. Hybos Meig. {Hybotidae). Fühler kurz, die Grundglieder schwer zu unter- scheiden. Endglied eiförmig, mit dünner Endborste. Rüssel wagerecht vorgestreckt. Ocellen gross auf einem Höcker. Brust buckeiförmig aufgetrieben. Schenkel der Hinterbeine verdickt. H. muscarius Fabr., Buckelfliege. Ocydromia Meig. u. a. G. 7. Fam. Therevidae {Xylotomae), Stilelfliegen. Rüssel mit fleischigen End- lippen, kurz und wenig vortretend, mit zarten Stechborsten. 3 Ocellen vorhanden. Die kurzen vorgestreckten und 3gliedrigen Fühler mit Endgriffel. Beine schwach. Vierte Längsader des Flügels gegabelt. Abdomen 7— Sgliedrig. Die dünnen langen Larven leben in der Erde. Puppen mit Dornfnrtsätzen. Thereva Latr. Körper schlank, mit Haaren besetzt. Zweites Fuhlerglied sehr kurz, drittes kegelförmig mit 2gliedrigem Griffel. TIi. annulata Fabr. Th. plebeja L., Th. nobilitata L., Xestomyza Wied. u. a. G. 006 4. Unterordnung: Neniocera. 8. Fam. Asilidae, Raubfliegen. Körper kräftig und langgestreckt, mit walzigeni Sgliedrigen Hinterleib. Augen gross, seitlich vorstehend. Fühler Sgliedrig, mit End- borste oder gegliedertem Griffel. Untergesicht mit borstigem Knebelbart. Rüssel kurz, wagerecht vorgestreckt mit horniger Unterlippe, messerförmigen Maxillen und starkem unpaaren Stechorgan. Taster 2gliedrig. Tarsen meist mit 2 Pulvillen. Leben vom Raube anderer Insekten. Die Larven leben in Wurzeln und Holz. 1. Subf. Dasypogoninae. Die dritte Lfingsader des Flügels mündet in den Aussenrand. Leptogaster Meig. Ohne Pulvillen, anstatt derselben eine feine Borste zwischen den Klauen. Abdomen sehr lang, linear. Hinterbein mit verdickten Endtheil des Schenkels und der Schiene. L. cylindricus Deg. Dasypogon Meig. Endglied des Fühlers lang und dünn, mit gegliedertem End- griffel. Schienen der Vorderbeine oft mit starkem hornigen Endhaken. D, teutonus L. D. brevirostris Fall. Dioctria Meig. Drittes Glied der Fühler mit 2gliedrigem Endgriffel. Hinter- beine unten bewimpert. D. aelandica L. , D. rufipes Deg. Microstylum Macq. Xiphocerus Macq. u. a. G. 2. Suhf. Äsüinae. Die dritte Längsader mündet in die zweite ein. Asilus L. Endglied des Fühlers mit nacktem borstenartigen Endgriffel. Schienen stachlig. A. germanicus L., A. crabroniformis L. Craspedia Macq. Ommatius Hl. Trupanea Macq. u. a. G. Laphria Meig. Drittes Füblerglied keulenförmig, ohne Endgriffel. Beine stark. Hinterschienen gebogen. L. gibbosa Fabr., L. flava Fabr. JDasyllis Loew. Mydas Fabr. Dolichogaster Macq. u. z. a. G. 9. Fam. Tabanidae , Bremsen. Körper breit und etwas niedergedrückt, mit grossem breiten Kopt und ffachem Sgliedrigen Abdomen. Augen des Männchen zu- sammenstossend. Endglied der Fühler gegliedert, ohne Borste und Griffel. Rüssel kurz wagerecht vorstehend mit 6 beziehungsweise 4 (Männchen) Stiletten und 2glied- rigem Taster. Beim Männchen fehlen die messerförmigen Mandibeln. Die Tarsen der schwachen Beine mit 3 Pulvillen. Die walzigen Larven leben in der Erde. Stechen empfindlich und saugen Blut. Chrysops Meig. Die beiden ersten Fühlerglieder gleich lang. Endglied an der Spitze 4gliedrig. 3 Ocellen vorhanden. Flügel dunkelgebändert. Schienen der Hinter- beine gespornt. Ch. coecutiens L., Pangonia Fabr., Silvius Meig. Tabanus L. Erstes Fühlerglied kurz, Endglied an der Spitze 5gliedrig. Ocellen fehlen. Taster des Männchens mit kugligem, des Weibchens mit zugespitztem End- gliede. Schienen der Hinterbeine unbewaffnet. T. bovinus L., Rinderbremse. T. tarandinus L., T. autumnalts L. Acanthocera Macq. u. a. G. Haematopota Meig. Erstes Fühlerglied des Männchens verdickt, des Weibchens lang und dünn, Endglied an der Spitze nur 3gliedrig. Ocellen fehlen. Schienen der Hinterbeine unbewaffnet. H. pluvialis L. , Regenbremse. Hexatoma Meig. 4. Unterordnung: Uemocera (Tipulariae) , Langhörner, Zart und schlank gebaute, langgestreckte Formen mit vielgliedrigen meist schnui'förmigen, im männlichen Geschlechte zuweilen buschigen Fühlern, langen dünnen Beinen und grossen, theils nackten, theils be- haarten Flügeln. Taster meist von beträchtlicher Länge, 4— ögliedrig. Rüssel kurz und fleischig, selten fadenförmig, oft mit Stechborsten Bibionidae. Fungicolae. Noctuiformcs, Gallicolae, 607 bewafinet, Halteren frei, niemals von Schuppen bedeckt. Hinterleib 7- bis Qgliedrig. Die Larven leben im Wasser, in der Erde und auch in vegetabilischen Stoffen (Gallen, Pilzen) und besitzen theilweise eine Athemröhre. Nach Abstreifung der Larvenhaut bilden sie sich in der Regel in eine freibewegliche Puppe um, mit Kiementracheen im Nacken und am Schwanz. Das ausgeschlüpfte Insekt schwimmt bis zur Erhär- tung der Flügel auf der geborstenen leeren Puppenhülle wie auf einem Kahn herum. Die Weibchen mancher Arten (Stechmücken) saugen Blut und werden, wo sie in grossen Schaaren vorkommen, in bestimmten Distrikten zu einer wahren Plage. 1. Fam. Bibionidae (Miisciformes). Körper fliegenähnlich. Fühler 6- bis llgliedrig. Hinterleib 7gliedrig. Kopf meist mit 3 gleichgrossen Ocellen. Bibio Geofl'r. Fühler kurz und dick, 9gliedrig. Taster 5gliedrig. Augen des Mannchens über den ganzen Kopf ausgedehnt, des Weibchens klein. 3 Ocellen. Schienen der Vorderbeine mit einem dicken Enddorn. Färbung der Geschlechter oft auffallend verschieden. Die Larven leben im Dunger und in der Erde. B. marci L. JB. hor- tidanus L. Männchen schvk'arz, AVeibchen ziegelroth mit schwarzem Kopf. Dilophus Meig. Fühler llgliedrig. Aspistes '^\e'\g. (Fühler Bgliedrig). Chionea Da\m. Flügellos, jedoch mitHalteren. Beine lang, dichtbehaart. Taster 4gliedrig. Fühler mit3 Hauptgliedern und 7gliedrigem Fühlergriffel. Ch. araneoides L. Läuft im Winter auf dem Schnee umher. Simulia Meig. Fühler kurz llgliedrig. Taster 4g!iedrig mit langem Endgliede. Ocellen fehlen. Oberlippe und Epipharynx stiletförmig. Weibchen blutsaugend. S. reptans L. , S. colambacschensis Fabr., Kolumbaczer Mücke, überfallt in Ungarn schaarenweise die Viehheerden. S. ornata Meig., S. pertinax Koll. , Mosquitos, in Südamerika. Scatopse Meig. Penthetria Meig. 2. Fam. Fungicolae, Pilzmücken. Fühler fadenförmig, 16gliedrig. Ocellen ungleich gross. Taster meist 4gliedrig. Rückenschild ohne Quernaht. Schienen mit 2 Enddornen. Hinterleib 7gliedrig. Die Larven leben in Pilzen. Sciara Meig. {Molobrus Latr.), Trauermücke. Die dünnen (einbehaarten Fühler kurzer als der Leib. Taster 3gliedrig. 3 Ocellen. Die Längsader des Flügels ge- gabelt. Sc. Thomae L. Die Larven unternehmen vor dem Verpuppen in ungeheurer Zahl, zu einem schlangenförmig sich fortwälzenden als , Heerwurm"' bekannten Bande zusammengedrängt, Wanderungen am Erdboden. Sc. flavipes Meig. Mycetophila Meig., Pilzmücke. Mit nur 2 Ocellen und gestacbelten Schienen der Hinterbeine. M. lunata Fabr., M. fusca Meig. Sciophila Meig., Schattenmücke. Mit 3 Ocellen und fein gestachelten Schienen. Sc. maculata Fahr. Macrocera Mei^. , Langhommücke. Fühler länger als der Leib, borstenförmig, mit feinem Ende. Mit 3 Ocellen. M. fasciata Meig., Mycetobia Meig., Bolitophila Meig. u. a. G. 3. Fam. Noctuifoitnes , Eulenartige Mücken. Körper dicht behaart, von der Gestalt kleiner Koctuiden, mit 14— 16gliedrigen Fühlern und 4gliedrigen Tastern. Flügel mit zahlreichen Längsadern, ohne Queradern, dicht behaart mit lang befranztem Saum. Larven in faulen Fflanzenstoffen. Psychoda Latr., Ps. phalaenoides L., Ps. ocellaris Latr. 4. Fam. Gallicolae, Gallmücken. Fühler perlschnurförmig, quirltörmig behaart. Kopf nicht schnauzenförmig verlängert, Flügel breit und behaart, mit 2 bis 3 Längs- adern. Die Larven leben in Pflanzen und Gallen. €08 Limnobidae. Culiciformes. Culicidae. Cecidomyia Meig. Flügel meist mit 3 Längsadern. Ocellen fehlen. Taster 4giiedrig. Schienen ohne Spore. C. destructor Say., Hessenfliege. Seit 1778 in den vereinigten Staaten als Weizenverwüster berüchtigt (eingeschleppt (?) im Stroh von den hessischen Soldaten). C. tritici Kirb., im Weizen. C. secalina Loew. C. Salicis Schrk. u. z. A. Die viviparen Larven gehören der Gattung Miastor an. 5. Farn. Limnobidae, Schnaken. Kopf schnauzenförmig verlängert, mit faden- förmigen Fühlern. Taster 4gliedrig, eingekrümmt. Beine lang und dünn. Abdomen Sgliedrig. Tipula L. Fühler ISgliedrig. Letztes Tasterglied viel länger als die vorher- gehenden. Ocellen fehlen. Larven in der Erde oder in faulem Holze. T. gigantea Schrk., T. oleraeea L., Kohlschnake, T. pratensis L., T. hortulana Meig., Pedicia Latr. u. z. a. G. Trichocera Meig. Die Endglieder des Fühlers bilden eine Borste. Tr. hiemalis Deg., Winterschnake. Limnobia Meig. Fühler 15 — 17gliedrig. Die 4 Tasterglieder gleich lang. L. punctata L , i. nubeculosa Meig. Ctenophora Meig., Kammmücke. Fühler 13gliedrig, beim Männchen vom 4ten Gliede an gekämmt. Letztes Tasterglied sehr lang. Ct. atrata L., GynopUstiaW e$tw , Bhipidia .Meig. u. a. G. Ptychoptera Meig., Faltenmücke. Fühler 16gliedrig, beim Männchen doppelt so lang als beim Weibchen, Flügel am Hinterrande umgeschlagen. Endglied der Taster länger als die vorhergehenden. Pt. contaminata L., Erioptera Meig., Bitta- comorpha Westw. 6. Fam. Culiciformes. Kopf nicht schnauzenförmig verlängert. Fühler des Männchens federbuschähnlich behaart. Rüssel kurz und fleischig, meist mit 4gliedrigem Taster. Maxillen meist mit der Unterlippe und auch der Oberlippe vervirachsen. Die Larven leben im Wasser, in morschem Holz oder in der Erde. Ceratopogon }\e\g., Bartmucke. Fühler 13gliedrig, die 8 ersten Glieder beim Männchen mit langen Haaren besetzt, die 5 letzten Glieder verlängert. Taster 4gliedrig. Oberlippe und Maxillen frei. C. pulicaris L. Tanypus Meig. Fühler 14gliedrig, mit verdicktem runden Endgliede. Das vor- letzte Glied beim Männchen sehr lang. T. varius Fahr , T. monilis L. Chironomus Meig., Federmücke. Fühler des Männchens 13gliedrig, des Weib- chens Ggliedrig. Taster 4gliedrig. Larven mit Athemröhre am Aftersegment. CJi. plu- mosus L. Corethra Meig. Fühler 14gliedrig. Flügel mit vielen theilweise gegabelten Längsadern fast wie bei Culex. Larve mit 4 Tracheenblasen und Borstenkranz am Aftersegment, im Wasser. C. plumicomis Fahr 7. Fam. Culicidae, Stechmücken. Rüssel langhörnig, vorgestreckt mit 4 Stech- borsten und 5gliedrigen Tastern. Fühler 14gliedrig, beim Männchen federbuschähnlich behaart. Flügel mit vielen Längsadern, von denen 2 bis 3 gegabelt sind. Die Weib- chen stechen. Larven im Wasser mit Athemröhren. Culex L. Taster des Männchens buschig und länger als der Rüssel. C. pipiens L., Stechmücke. C- annulatus Fabr. Anopheles Meig. Ä. macuUpennis Meig. Aedes Meig. * Wv-.. «•Ovf, »»-^0 H-^ •+ ■MfJi^U'k^ qc^icu/. (ScO.AA,1 • - 3. Ordnung: Lepidoptera, Schmetterlinge. 609 3. Ordnung: Lepidoptera'), Schmetterlinge. Insehten mit saugenden , zu einem spiraligen Rüssel umgeformten, Mundwerhzeiigen ^ mit 4 gleichartigen, meist vollständig beschuppten Flügeln, mit verwachsenem Prothorax und vollkommener Metamorphose. Der frei eingelenkte, dicht behaarte Kopf trägt grosse halbkuglige Facettenaugen und zuweilen zwei Punktaugen. Die Antennen zeichnen sich in der Regel durch eine ansehnliche Grösse aus und sind stets un- gebrochen, vielgliedrig, in ihrer Form aber mehrfach verschieden. Am häufigsten erscheinen sie borsten- oder fadentörmig, auch wohl keulen- förmig, und nicht minder selten gesägt oder gekämmt. Die Mundtheile sind ausschliesslich zum Aufsaugen einer flüssigen Nahrung, besonders süsser Honigsäfte eingerichtet, zuweilen aber sehr verkürzt und kaum zum Gebrauche befähigt. Während Oberlippe und Mandibeln zu kleinen Rudimenten verkümmern, verlängern sich die Unterkiefer in Gestalt von dicht gegliederten Halbrinnen und legen sich zu dem spirahg aufgerollten Bussel {Rollzimge) zusammen, welcher mit den feinen Dörnchen seiner Oberfläche zum Aufritzen der Nectarien und mit seiner Höhlung zum Aus- saugen der Honigsäfte verwendet wird. Während die Kiefertaster in 1) Ausser den Werken von J. C. Sepp, P. Gramer und Jablonsky vergl.: E. J C. Esper, Die europaischen Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur, mit Beschreibungen. 7 Bde. Erlangen. 1777 — 1805. M B. Borkhausen, Naturgeschichte der europäischen Schmetterlinge nach systematischer Ordnung. 5 Theile. Frankfurt a. M. 1788—1794. F. Ochsenheimer und F. Treitschke, Die Schmetterlinge von Europa. 10 Bde. Leipzig. 1807—1835. J. Hübner, Sammlung Europäischer Schmetterlinge, nebst Fortsetzung von C. Geyer. Augsburg. 1805—1841. J. Hübner, Sammlung exotischer Schmetterlinge. 3 Bde. Augsburg. 1816 — 1841. W. Herrich-Schäffer, Systematische Beschreibung der Schmetterlinge von Europa. 5 Bde. Regensburg. 1843—1855. Derselbe, Lepidopterorum exoticorum species novae aut minus cognitae. Regensburg. 1800-1855. Ad. und Aug. Speyer, Die geographische Verbreitung der Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz. Leipzig. 1858 — 62. G. Koch, Die Indo-Germanische Lepidopterenfauna im Zusammenhange mit der Europaischen. Leipzig. 1865. 0. Staudinger und M. Wocke, Catalog der Europäischen Schmetterlinge. Dresden. 1871. A. Kowalewski, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Zur Entwicklungsgeschiclite der Lepidopleren. St. Petersbourg. 1871. Vergl. ausserdem die Werke von Herold, C. F. Freyer, Havvorth, W. Helvitson, Boisduval, Godart et Duponchel, Frey, sowie die zahlreichen Ab- handlungen von A. Gu6n6e, Gray, v. Siebold, Burmeister, Walker, Zeller, Stainton u. z. a. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 610 Mundtheile. Flügel und Beine. der Regel rudimentär (mit Ausnahme der Tineiden) oder als zweigliedrige Stummel versteckt bleiben, höhlen sich die gestreckten Ladentheile an ihrer Innenseite rinnenförmig aus und bilden durch festes Äneinander- legen einen Canal, in welchem der Blüthensaft unter dem Einfluss pum- pender Bewegungen der Speiseröhre nach der MundöfFnung aufsteigt. In der Ruhe liegt dieser Rüssel unterhalb der Mundöffnung zusammen- gerollt, seitlich von den grossen dreigliedrigen dichtbehaarten, oft buschi- gen Lippentastem begrenzt, welche an einer rudimentären, als drei- eckiges Plättchen sich darstellenden Unterlippe aufsitzen. Die drei Ringe der Brust sind innig mit einander verschmolzen und wie fast alle äussern Körpertheile auf ihrer Oberfläche dicht behaart. Die meist umfangreichen, nur selten ganz rudimentären (Spannerweibchen) Flügel, von denen die vordem an Umfang hervorragen, zeichnen sich durch theilweise oder vollständige Ueberkleidung von schuppenartigen Haaren aus, welche dachziegelförmig über einander liegen und die äusserst mannichfache Zeichnung, Färbung und Irisirung des Flügels bedingen. Es sind kleine meist fein gerippte und gezähnelte ßlättchen, welche mit stilförmiger "Wurzel in Poren der Flügelhaut stecken und als Cuticulargebilde, verbreiterten Haaren vergleichbar, während der Puppen- periode ihre Entstehung nehmen. Die Aderung der Flügel ist systematisch von Bedeutung geworden und lässt sich auf eine grosse von der Wurzel entspringende Mittelzelle zurückführen, aus welcher 6—8 radiäre Adern nach dem seitlichen äussern Rande hinziehen, während ober- und unter- halb der Mittelzelle einzelne selbstständige Längsadern dem obern und untern befranzten Rande parallel verlaufen. Beide Flügelpaare sind häufig durch Retinacula mit einander verbunden, indem vom obern Rande der Hinteiüügel Dornen oder Borsten in ein Bändchen der Vorderflügel eingreifen. Die Beine sind zart und schwach, ihre Schienen sind mit ansehnlichen Sporen bewaffnet, ihre Tarsen allgemein ögliedrig. Der 6— Tgliedrige Hinterleib ist ebenfalls dicht behaart und endet nicht selten mit einem stark vortretenden Haarbüschel. Am Nervensystem ist das Gehirn zweilappig, mit starken Sehlappen und besondern Anschwellungen für den Ursprung der Antennennerven. Die Bauchganglienkette reducirt sich auf zwei Brustknoten (von denen jedoch der grössere zweite eine Einschnürung zeigt) und auf 5 Knoten des Hinterleibes. Im Larvenzustande existiren dagegen 11 Ganglien- paare des Bauchmarks. Der Nahrungscanal besitzt eine lange mit einer gestilten Saugblase {Saugmagen) verbundene Speiseröhre und meist 6 mehrfach gewundene Malpighische Gefässe, von denen je drei mit ge- raeinsamem Ausführungsgange einmünden. Die Ovarien bestehen jeder- seits aus vier sehr langen vielkammerigen Eiröhren, welche eine sehr grosse Zahl von Eiern bergen und hierdurch ein perlschnurartiges Aus- sehen erhalten. Der Ausführungsapparat besitzt stets ein langgestiltes Geschlechtsorgane. Entwicklung. 611 Rexieptaculum seminis mit Anhangsdrüse und eine grosse birnförmige Begattungstasche, welclie unterhalb der Genitalöflfnung nach aussen mündet. Die beiden langen Hodencanäle werden zu einem unpaaren meist lebhaft gefärbten Körper verpackt, aus dem die beiden vielfach geschlängelten Vasa deferentia entspringen, welche vor ihrer Vereinigung zum Ductus ejaculatorius zwei accessorische Drüsenschläuche aufnehmen. Nicht selten entfernen sich beide Geschlechter durch Grösse, Färbung und Flügelbildung in auffallendem Dimorphismus. Die Männchen sind oft mit lebhaftem und prachtvollem Farben geschmückt (Schillerfalter, Aurorafalter), die ihnen möglicherweise als Reizmittel bei der Bewerbung um die Begattung dienen; einige sollen unter einander um den Besitz des Weibchens kämpfen. Merkwürdigerweise kommt auch in dem weiblichen Geschlechte bei mehreren Schmetterlingen ein Dimorphismus oder gar Polymorphismus vor. So bieten die Malayischen Papilioniden Beispiele des Auftretens von 2 oder 3 verschieden gestalteten Weibchen, welche als Varietäten oder gar als Arten unterschieden worden sind. (P. Memnon. Weibchen mit spateiförmigem Schwanz der Hinterflügel und Weibchen ohne denselben mit blasserer Färbung, dem Männchen ähnlicher. P. Pamnon mit 3 weiblichen Formen, Wallace. Von nord- amerikanischen Papilioniden soll P. Glaucus eine zweite weibliche Form von P. Turnus sein). Die Parthenogenese findet ausnahmsweise bei Spinnern {Bomhyx mori), bei vielen Sackträgern (^Psyche und einigen Motten, Solenohid) statt. Die Embryologie der Schmetterlinge ist bis- lang noch ziemlich unbekannt. Nach Kowalewsky's Beobachtungen bildet der Keimstreifen noch vor der Bildung der Embryonalhäute vom Kopfende aus eine Rinne, d. h. eine in dem Dotter eindringende Falte, von der aus das zweite Keimblatt wie auch bei den Käfern, Hymenopteren und andern Insekten seinen Ursprung nehmen soll. Noch bevor die Rinne geschlossen ist, zerfällt der Dotter in secundäre Ballen, mit dem Schlüsse derselben schliesst sich auch die Falte der Embryonalhäute über dem Keimstreifen, der ganz frei mit seinem Deckblatt (Amnion) im Dotter li; J^t, da zwischen dieser und der serösen Hülle sich Dotter- ballen eingeschoben haben. Alsdann wächst der Keimstreifen sehr rasch in die Länge, bildet im Dotter eine kreisförmige mit der Längsseite nach der serösen Hülle gerichteten Krümmung und treibt die Extremitäten- knospen hervor. Später nach Schhessung des Rückens und Darmes biegt sich das Schwanzende auf die Bauchseite um, und der gesammte Embryo vertauscht die ursprüngliche ventrale Krümmung mit der entgegen- gesetzten, so dass er nun seine Rückenfläche der serösen Hülle zuwendet. Die ausgeschlüpften als Baupen bekannten und sowohl durch die Schönheit der Färbung als mannichfache Behaarung und Bewaffnung ausgezeichneten Larven besitzen kauende P^esswerkzeuge und nähren 39* 012 Microlepidoptera. l'tcroplioridae. sich vorzugsweise von Pflanzentheilen , Blättern und Holz. An ihrem grossen harthäutigen Kopfe finden sich dreigliedrige Antennen und jeder- seits 0 je dreitheilige Punktaugen. Ueberall folgen auf die drei fünf- gliedrigen conischen Fusspaare der Brustringe noch Afterfüsse, entweder nur 2 Paare, wie bei den Spannerraupen, oder 5 Paare, welche dann dem dritten bis sechsten und dem letzten Abdorainalringe angehören. Die Raupen befestigen sich vor der Verpuppung an geschützten Orten oder spinnen sich Cocons und verwandeln sich in sog. Pupae obtectae^), aus denen entweder nach wenigen Wochen oder nach der Ueberwinterung im folgenden Jahre die geflügelten Insekten hervorgehen. Diese letztern haben in der Regel eine kurze Lebensdauer, indem sie nach der Be- gattung resp. Eierlage zu Grunde gehen. Einige überwintern indessen an geschützten Orten (Tagfalter), Dem Schaden einiger sehr verbreiteter Raupenarten an Waldungen und Culturpflanzen wird durch die Ver- folgungen ein Ziel gesetzt, welche dieselben von Seiten bestimmter Jch- nemnoniden und Tachinarien zu erleiden haben. Fossile Reste von Schmetterlingen kennt man aus dem Tertiärgebirge und aus dem Bernstein. Der frühern Eintheilung Linn^'s in Tag-, Dämmerungs- und Nacht- schmetterlinge ziehen wir die Aufstellung mehrfacher Gruppen mit zahl- reichen Familien vor. 1. Gruppe. Microlepidoptera^), Kleinschmetterlinge. Sehr kleine zart gebaute Schmetterlinge mit meist langen borstenförmigen Fühlern, Haftapparat der Flügel vorhanden. Vorderflügel mit ein, seltener zwei Dorsalrippcn. Hinterfiügel mit 3 Innenrandsrippen, Selten ist einer der letzteren verkümmert. Die Raupen besitzen meist 16 Beine, von denen die Abdominalfüsse rings um die Sohle einen Kranz von Häkchen tragen. Viele machen Gänge im Parenchym der Blätter, andere leben in zusammengewickelten Blättern, wieder andere in Knospen etc. Die meisten halten sich am Tage verborgen, 1, Farn. Pterophoridae , Federgeislchen. Kopf kuglig mit borstenförmigen Fühlern. Flügel federartig in fein gefiederte Lappen gespalten, Rüssel stark mit vor- stehendem zugespitzten Taster, dessen Mittelglied verlängert ist, Beine zart und lang. Hinterschienen viel langer wie die Schenkel, Raupen nackt, 16füssig. 1) Vergl. M. Herold, Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge, Cassel und Marburg. 1815, 2) Ausser H. Schaeffer 1. c, vergl, A. Gu6n6e, Species g^ndral des Lepidoptferes. Paris 1854. H. Frey, Die Tineen und Pterophoren der Schweiz, Zürich. 1856. H. T, Stainton, The Natural history of the Tineina, Vol. I— XI London. 1858-70, Heinemann, Schmetterlinge Deutschlands. IL Abtheilung: Microlepidoptera. Tom. I. Braunschweig. 1863, Vergl, besonders die zahlreichen Abhandlungen von Zincken, Zeller, Frey, Douglas, Stainton, H. Schsffer u. z a. TineJdae. Tortricidae. r>13 PteropJiorus Fabr. Vorderflügel nur im obern Abschnitt gespalten, 2lappig, ' Hinterflügel 31appig. OceJIen fehlen. Pt. (Aciptilia) pentadactylus L., Pt. ptero- dactylus L., Pt. tetradactylus L. Agdistes Hb., Platyptüia Hb. u. a G. Älucita L. Vorder- und Hinlerflügel bis auf den Grund in 6 lineare Strahlen gespalten. Ocellen vorhanden. A. hexadactyla L. u. a. 2. Farn. Tineidae. Mit borslenförmigen Fühlern und meist stark entwickelten buschig beschuppten Lippentastern, welche den Kopf um mehr als seine Länge über- ragen. Auch die Kiefertaster sind lang und mehrgliedrig. Die Flügel schmal und gespitzt, meist lang gefranzt, in der Ruhe wagerecht aufliegend oder um den Körper gewickelt. Die Raupen besitzen 14 oder 16 Beine, leben theils in selbstgefertigten Röhren (SoUnobia), theils im Marke von Stengeln und im Innern von ßlüthenknospen und Blättern, die sie unterminiren, oder auch an verschiedenen thierischen Substanzen, wie Pelz und Wolle (Pelzmotte); sie verpuppen sich in Gespinnsten. (Enthält allein von Europäern 170 (ienera). Depresseria Hwth. Taster gross. Hinterleib flach. Rand der Hinterflügel ein- gebogen. Raupen zwischen zusammengesponnenen Blättern, D. nervosa Hwth., Kümmel- schabe. D. Heracliana Deg. Gelechia Hb. Lithoeolletis Hb. u. z. a. G. Yiionomeuta Latr. Taster klein, nicht länger als der Kopf. Ocellen fehlen. Die Raupen leben gesellig in Gespinnsten, mehrere Arten auf Obstbäumen. Y. evo- nymella L. , Spindelbnummotte. Y. padella L. , Y. cognatella Hb. Hypsolophus Fabr., Plutella Schrk. u. a. G. Adela Latr. Die Fühler besonders des Männchens sehr lang und dicht neben einander entspringend. Lippentaster kurz, behaart. A. Degeerella L. Diplodoma Zell. u. a. Solenobia Zell. Fühler des Männchens borstenfürmig bewimpert. Ocellen fehlen. Lippentaster verkümmert. Weibchen flügellos. Die Raupen leben als „Sack- träger" in kurzen Säcken. Pflanzen sich theilweise parthenogenetisch fort. S. pineti ■=. lichenella L., S. triquetrella Fisch. R., S. dathrella Fisch. R,, Talaeporia pnhi- cornis Hwth. Tinea L. Kiefertaster sehr entwickelt. Lippentaster aufgerichtet, länger als der Kopf. Fühler kürzer als die Vorderflügel. Rüssel kurz, verkümmert. T. granella L., Kornmotte, legt die Eier an Getreide. Die ausschlüpfenden Raupen, unter dem Namen „weisser Kornwurm" bekannt, fressen die Körner aus. T. pellionella L., Pelzmotte. T. tapezella L., Tapelenmotte. Tineola H. S., Euplocamus n. z. a. G. 3. Farn. Tortricidae, Wickler. Fühler borstenförmig Maxillartaster sind ver- kümmert. Lippentaster meist gross, vorstehend mit kurzem Basalglied, längern vorn verdicktem Mittelglied und dünnem Endgliede. Ocellen meist deutlich, Rüssel kurz, Flügel länglich, viereckig bis triangulär, dachförmig anfliegend, die vordem 2 bis 3 mal so lang als breit, nur mit einer Dorsalrippe. Die löbeinigen Raupen leben in der Regel zwischen versponnenen Blättern oder auch in Knospen und Früchten und verpuppen sich in einem Gespinnste, zuweilen auch in der Erde. Tortrix L. Jliltelrippe der Hinterflügel unbehaart. Der zweite Rippenast der Vorderflügel entspringt aus dem mittlem Drittel der hintern Mittelrippe, der siebte Ast mündet in den Saum. Die innern Sporen der Hinterschienen länger als die äussern. T. viridana L. , Eichenwickier. Die Raupen im Mai auf Eichen. Bei Teras Tr. mündet die 7te Rippe in den Vorderrand aus. T. caudana Fabr. Sciaphila Tr. Innere und äussere Schienensporen gleich lang. Grapholitha Tr. Mittelrippe der Hinterflügel an der Wurzel behaart. Der Mittelast der Vorderflügel entspringt gesondert vom 4ten Ast. G-t. dorsana Fabr., Erbsenwickler. Gr. funebrana Tr., in Pflaumen. Gr. {Carpocapsa) pomanella L., Gl 4 Pyralidae. Geometi-ina. Phythometridae. Dendrometridae. Apfelwickler, in Aepfeln. Gr. (Penthina) pruniana Hb., Zwetschenwickler. Con- chylis Roserana Tr., Traubenwickler. 4. Farn, Pyralidae, Zünsler. Die Fühler der Männchen häufig gekämmt. Lippentaster meist sehr gross und vorgestreckt. Maxillartaster meist deutlich. Vorder- flügel länglich dreieckig, am Vorderrande nicht ausgeschweift, in der Ruhe dachförmig in Form eines Dreiecks ausgebreitet. Beine oft verlängert, die Hinterbeine mit starken Sporen. Die 14- bis 16beinigen Raupen sind mit Warzen und vereinzelten Haaren besetzt und leben theila in zusammengesponnenen Blättern, iheils im Marke von Pflanzen oder an verschiedenen thierischen Stoffen. Sie verpuppen sich über der Erde in einem Gespinnste. Crambus Fabr. (Crambidae). Tnster der Maxillen wohl entwickelt, aufsteigend. Labialtaster horizontal, gross, vorstehend. Rüssel schwach. Cr.pascuellusL. PhydsFabr. Botys Latr. Fühler in beiden Geschlechtern borstenförmig. Rüssel stark. B. urticalis L Pyrausta purpuralis L. Nympliula potamogalis L. Galleria Fabr. Kiefertaster klein. Ocellen fehlen, Körper mottenähnlich. G. mellionella L, Raupe lebt vom Honig in Bienenstöcken (G. cereana L.). Achroia alvearia Fabr. Raupe vom Wachs lebend. Pyralis L. Rüssel verkümmert. Lippentaster länger als der Kopf. Ocellen fehlen. U. pinguinalis L., Fettschabe. Asopia Tr. Rüssel stark, aufgerollt. Ocellen lehlen. A. farinalis l., Mehl- zünsler. Scopula frumentalis L., Saatmotte. 2. Gruppe. Geometrina, Spanner. Meist von schlankem Körper- bau, mit grossen und breiten aber zarten, in der Ruhe dachförmig aus- gebreiteten Flügeln, mit kleinem Kopf und Augen, ohne Ocellen. Fühler borstenförmig mit verdicktem Wurzelgliede. Taster wenig vorstehend. Maxillartaster nicht entwickelt. Vorderflügel mit einer Innenrandsrippe; Hinterflügel mit Haftborste und höchstens 2 Innenrandsrippen. Die Raupen mit 10 bis 12 Füssen bewegen sich spannartig, während sie in der Ruhe mit den Afterfüssen festsitzen. Viele sind den Obstbäumen schädlich. 1. Farn. Phythometridae. Die CosUilrippe der Hinterflügel entspringt aus der vordem Mittelrippe. Subcostalrippe. Larentia Tr. Vorderflügel mit vollständig geschlossener Mittelzelle und ge- theilter Anhangszelle. Männliche Fühler gewimpert. L. prunata L. , Raupe auf Stachelbeeren. L. po'piilata h. C/icmacsclilechtern verschieden gefärbt und haben einen nusdauernden raschen Flug. Bei der Begattung umfasst das Männchen mit der Zange seines Ab- domens den Nacken des Weibchens, und dieses biegt seinen Hinterleib nach der Basis des männlichen Abdomens um. An dieser liegt von der Gescblcchtsöfl'nung entfernt das bereits vorher mit Sperma gefüllte Copulationsorgan. Die Eier werden zuweilen in das Farenchym von Wasserpflanzen abgelegt {Calopteryx, Agrion). Die Larven leben im Wasser und ernähren sich ebenfalls vom Raube, zu dem sie besonders durch den Besitz eines eigenthiimlichen durch die Unterlippe gebildeten Fangapparales befähigt werden. Diese liegt in der Ruhe nach unten eingeschlagen und bedeckt einer Maske vergleichbar das ganze Gesicht, kann dann aber durch Streckung eines kniel'örmigen Gelenks weit vorgeschlagen werden und vermag dann mit den äussern Laden wie mit einer Zange die Beute zu ergreifen. Von nicht geringerer Bedeutung sind die eigen- thümlichen Athmungsorgane , welche bei den Larven kleinerer Arten als blattlörmige Kiementracheen am Ende des Hinterleibes, bei den grössern aber als zahlreiche mit Tracheen durchsetzte Blättchen im Mastdarm liegen; die Wassernienge, welche diese Organe umspühlt, wird in rhythmischem Wechsel durch die grosse mit Klappen ver- sehene Afteröffnung ausgestossen und wieder eingesogen. 1. Subf. Calopteryginae. Vorder- und Hinterflügel gleich gross und gleich- gestaltet. Augen getrennt. Seitenladen der Unterlippe mit beweglichem Endgliede. Miltellappen der Unterlippe mit tiefem Einschnitt. Färbung nach dem Geschlecht meist verschieden. Larven mit äussern Kiementracheen am Schwänzende. Calopteryx Charp. Flügel sogleich von der Basis aus verbreitert, mit sehr feinem Adernetz. Beine lang mit Doppelreihe langer Stacheln. Raifen des Männchens dünn. Larve zugleich mit Darmathmung. G. virgo L. , C. parthenias Charp., C. di- midiata ßurm., Nordamerika. Bei Haeterina Hag. (Südamerik. Calnpterygine) haben die Männchen carminrothe Flecke an der Flügelbasis. Agrion Fabr. Flügel lang und schmal, an der Basis gestilt, mit grössern meist quadratischen Maschen. Beine kürzer, mit kleinen Stacheln. Raifen des Männchens kurz und dick. A. barbarum Charp., A. tuberculatum Charp., A. furcatum Charp., A. laeteum Charp. u. z. a. A. Platycnemis Charp., Lestes Leach. 2. Subf. Aeschinae. Hinterflügel zumal am Grunde breiter als die vordem. Innenladen der Unterlippe meist nicht getheilt, nicht viel breiter als die mit beweg- lichem Griffel endenden Aussenladen. Larven mit Darmathmung und flacher Maske. Gomphiis Leach. (Diastatomma Charp.). Ketzaugen durch den Scheitel ge- trennt. Stirn breit. Innenlappen der Unterlippe ohne Spalte. Larven mit kurzem flachen Hinterleib. G. forcipatm L., G. Jiamatus L. , G. flavipes Charp. u. a. A. Aeschna Fabr. Netzaugen in der Mitte des Scheitels zusammenstossend. Der breite Innenlappen der Unterlippe mit medianer Einkerbung. Weibchen mit grosser Legescheide. F'lügel breiler mit deutlich entwickelter Bindehaut. A. lunulata Latr., A. grandis L., A. juncea L. Cyrtosoma Charp., Anax Leach., Petalura Leach. u. a. G. 3. Subf. Libeüulinae. Seitenlappen der Unterlippe ohne Zahn und beweglichen Endgriffel. aber viel grosser als der Mittellappen. Augen auf dem Scheitel zusammen- gewachsen. Weibch-n niemals mit Legescheide. Larven mit Darmathmung, ohne Mittelstück der Maske. Libellula L. Die grossen Augen bilden am Hinterrande keinen Fortsatz. Hinter- leib an den Seiten scharfkantig, nach hinten verschmälert. Flügel in beiden Geschlechtern gleich , ohne Ausschnitt am Hinterrand. L. vulgata, flaveola, depressa, quadrima- culata L. u. a. bei uns einheimische Arten. Cordulia Leach. {Epophthalmia Burm.). Netzaugen am Hinterrande mit kleinem Fortsatz. C. aenea L. u. a. A. C. (Epithecä) bimaculata Charp. 030 5. Ordnung: Neuroptera, Netzflilgler. 5. Ordnung: Neuroptera '), Netzflügler. Insekten mit beissenden Mundwerhzeugen, freiem Frothorax, häu- tigen, netzförmig geäderten Flügeln und vollkommener Vertvandlung. Die Neuropteren schliessen sich am nächsten den Libellen und Eintagsfliegen an, welche noch vor nicht langer Zeit mit jenen vereinigt wurden, während manche sich bereits durch die Beschuppung der Flügel den Lepidopteren annähern. Jedenfalls aber ist die scharfe Abgrenzung von den Orthopteren eine künstliche, vornehmlich durch die Vollkommen- heit der Metamorphose begründete, und man wird annehmen können, dass sich beide Ordnungen aus derselben Hauptgruppe entwickelt haben. Ihre Flügel zeigen meist eine constantere Form, indem beide Paare von gleicher häutiger Beschaffenheit und ziemhch übereinstimmender Grösse, eine ziemhch dichte netzartige Aderung besitzen. Während die vordem niemals mehr Flügeldecken darstellen, werden die hintern bald in Falten zusammengelegt, bald nicht. Es können dieselben aber auch mit Schuppen und Haaren bedeckt sein {Phryga^iiden). Die Mundwerkzeuge bereiten indess schon den Uebergang zu den Käfern vor, indem die Unteriippe nur selten noch eine mediane Spaltung erkennen lässt, viel- mehr beide Paare von Laden zu einer unpaaren Platte verwachsen sind. In einer Gruppe {Phryganiden') nehmen sie indess den Character sau- gender Mundwerkzeuge an. In der Regel sind die Fühler vielgliedrig, schnür- oder borstenförmig, die Augen von mittlerer Grösse, die Beine mit fünfgliedrigen Tarsen. Der Prothorax ist stets frei beweglich, das Abdomen aus 8 oder 9 Segmenten zusamiuongesetzt. Das Nervensystem schliesst sich dem der Orthopteren an und besteht auch hier aus deut- lich getrennten Brust- und Bauchganglien. Am Darmkanal fehlt stets ein Saugmagen, während ein muskulöser Vormagen den meisten {Myr- meleontiden, Hemer ohiden und Panorpiden) zukommt. Sechs bis acht lange Malpighische Gefässe entspringen an dem Enddarm. Die Metamor- phose ist stets eine vollkommene; die vom Raube anderer Thiere leben- den, mit Beiss- oder Saugzangen (von Mandibeln und Maxillen gemeinsam gebildet) versehenen Larven verwandeln sich in eine ruhende Puppe, welche bereits die Theile des geflügelten Insekts erkennen lässt und häufig von einem Cocon umschlossen wird, aber die Fähigkeit der Orts- 1) \\ Rambur, Hist. nat. des Insect. Neuropteres. Paris. 1842. E. Pictet, Histoire natur. des Neuropteres. Genf. 1843. F. Brauer, Neuroptera Austriaca. Wien. 1857. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Verwandlung der Neuroplereu. Verhandl. des zool. botanisch. Vereins zu Wien. Tom. IV und V. H. Loew, Bemerkungen über die anatomischen Verliältnisse der Neuropteren. (Germ. Zeits. für Entom. IV.) E. Pictet, Synopsis des Neuropteres d'Espagne. (ieneve. 1865. Planipennia, Sialiclae. 637 Veränderung in so fern besitzt, als sie vor dem Ausschlüpfen die Ruhe- stätte verlässt und einen für die Entwicklung geeigneten Ort aufsucht. Fossile Reste treten in der Tertiärformation, zahlreicher im Bernstein auf. 1. Gruppe. Planipennia'). Vorder- und Hinterflügel gleichartig, niemals faltbar. Die Mundtheile sind kräftige Kauwerkzeuge. 1. Farn. Sialidae. Mit grossem oft schief nach vorn geneigten Kopf und halb- kuglig vortretenden Facetlenaugen, nicht immer mit Ocelien. Die vielgiiedrigen borsten- iörmigen oder fadenförmigen Fühler kürzer als der Leib. Oberkiefer am Innenrande gezahnt. Unterkiefer mit Heim nnd Kaulade und meist 5gliedrigeni Taster. Unterlippe mit 3gliedrigem Tastr. Die Flügel liegen in der Ruhe dachförmig auf, das Vorderfeld mit stark entwickeltem Radius. Die Larven besitzen beissende Mundtheile mit vier- gliedrigen Kiefei lästern und 3gliedrigen Labialtastern. Sialis Lalr. (Sialinae). Mit dickem rundlichen Kopf ohne Ocelien, mit borsten- förmigen F'ühlern von fast Kftrperlange. Unterkiefer mit schmaler Kaulade und 6glied- rigem Taster. Das erste Tarsalglied am längsten, das vierte herzlörmig mit breiter un- getheilter Sohle. Die Larve lebt im Wasser und trägt an den 7 oder 8 vordem Uioter- leibssegmenten jederseits einen gegliederten Kiemenfaden. S. lutaria L. Chauliodes Latr. Mit 3 Ocelien und gesägten oder gekämmten Fühlern. (Jh. pectmicornis L. , Südkarolina. Corydalis Latr. Mit 3 Ocelien und nach hinten verbreitertem Kopf. Mandibeln sehr gross, beim Männchen säbelförmig verlängert. Fühler rundlich, perlschnurförniig. Männchen mit zangenförmigem Copulationsorgane. C. eornuta L. , Kordanierika. (7. affinis Burni , Südamerika. 1) F. Brauer, Versuch einer Gruppirung der Gattungen in der Zunft der I'lani- pennien etc. Stettiner Entomol. Zeits 1852. G. R. Waterhouse, Description of the larva and pupa of Rhaphidia ophiopsis. Transact. eutom. soc. Tom. I. ' G. T. Schneider, Blonographia generis Rhaphidis Linnaei. Breslau. 1843. S. Haldeman, History and Translormalions of Corydalis cornutus Meni. Amer. Acad. Tom. IV. 1849. Rob. Mac'Lachlan, Ann. jlag. of nat bist. 4 s6r. Vol. IV. Nr. 19. Erichson, Beitrage zu eiuer Monographie von Mantispa. Germar's Zeitsch. der Entom. Tom, \. J. 0. VVestwood, On the genus Mantispa etc. Transact. Entom. Soc. 2 ser. Tom. L F. Brauer, Verwandlungsgesrhichte der Mantispa pagana. Arch. für Naturg. 1852. Derselbe, Verwandlungsgeschichte der Mantispa styriaca. Verhandl. der k. k. zool. bot. Gesellsch. Wien. Tom. XIX. G. T. Schneider, Symbolae ad monographiam generis Chrysopae Leach. Vratislaviae. 1851. F. Brauer, Beschreibung und Beobachtung der Ostreich. Arten der Gattung Chrysopa. Haiding Katurw. Abb. Tom. IV. Derselbe, Verwandlungsgeschichte des Osmylusmaculatus. Arch. lürNatnrg. 1851. F. Klug, Versuch einer systematischen Feststellung der Familie i'anorpatae. Berlin. 1836. J. 0. Westwood, Monograph of the genus Panorpa etc. Transact. Ent. Soc. Tom. IV. (jyS Panorpidae. Hemerobidae. Rhaphidiah. (Rhaphidinae), Kameelhalsfliege. Mit herzförmigem Kopf uud kurzen dünnen Fühlern, langem cylindrischen engen Prothorax. Ocellen vorhanden. Vorder- und Hinterflügel mit grossem Stigma. Vorletztes Tarsalglied herzförmig, zweilappig. Die Larve lebt unter Baumrinde und besitzt bereits einen ver- längerten Prothorax. Rh. crassicornis Schum , Rh. ophiopsis Schum. , Rh. mega- locephala Leach. 2. Fam. Panorpidae, Schnabelfliegen. Mit kleinem senkrecht gestellten Kopf und seitlichen Facettenaugen. Die vielgliedrigen Fühler stehen unter den Ocellen auf der Stirn. Mundgegend schnabelförmig verlängert. Oberkiefer an der hornigen Spitze mit einigen Zähnchen. Unterkiefer bis zur Insertion der Laden mit dem Kinn verwachsen, mit ögliedrigem Taster. Unterlippe gespalten mit Sgliedrigem Labialtaster. Protborax klein. Die 3 Endsegmente des 9gliedrigeu Hinterleibes stark verengt, das letzte beim Männchen sehr gross mit zangenförmigem Copulationsorgan, auch beim Weibchen mit 2 ungegliederten Analgriflfeln. Flügel lang und schmal, einander gleich. Schienen mit 2 Sporen. Tarsen ögliedrig Die Larven sind Raupen ähnlich, ISgliedrig, mit herzförmigem Kopf und beissenden Mundwerkzeugen, sie verpuppen sich in der Erde. Boreus Latr. Flügel verkümmert, Ocellen fehlen. Fühler mindestens von Körperlänge. Hinterbeine verlängert, zum Hüpfen geeignet. Abdomen des Weibchens mit vorstehender Legeröhre B. hiemalis L. Panorpa L. Flügel gross, glasartig hell Letztes Tarsalglied mit 2 gezahnten Krallen. Letztes Hinterleibssegment des Männchens eiförmig angeschwollen mit 2 grossen Zangenflügeln. P. communis L., P. scorpio Fahr , Südkarolina. Bittacus Latr. Körper dünner und gestreckter, TijjHZa-ähnlich. Fühler kürzer. Die langen dünnen Beine bestachelt. Endglied der Tarsen mit nur einer Kralle. B. tipularius Fabr. Clwrista Kl. Mund nicht schnabelförmig verlängert Ch. australis Kl., Neu- holland. Euphania Westw. 3. Fam. Hemerobidae, Florfliegen. Mit senkrecht gestelltem Kopf und faden- förmigen oder schnurförmigen Fühlern. Ocellen fehlen meist. Unterkiefer mit 2gliedriger Aussenlade und 5gliedrigem Taster. Unterlippe ungetheilt mit Sgliedri- gem Taster. Vorder- und Hinterflügel von ziemlich gleicher Grösse, meist glas- artig durchsichtig und in der Ruhe dachförmig aufliegend. Erstes Tarsalglied ver- längert. Die Larven mit kleinem Kopf, ungezähnten aus Mandibel und Maxille zusammengesetzten Saugzangen und langgestrecktem Hinterleibe, saugen andere In- sekten und Spinnen aus. Mantispa 111. Kopf kuglig, Vorderbeine Raubfüsse. Prothorax stark ver- längert. Flügel mit grossem Stigma. Die gestilten Eier werden wie bei Chrysopa abgesetzt. Die ausgeschlüpften Larven bohren sich mit ihren Saugzangen nach Monate-langer Fastenzeit (bei M styriaca im Frühling des nachfolgenden Jahres) in die Eiersäcke der Spinnen und saugen Eier und Junge aus. Nach der ersten Häutung reduciren sich die Beine zu kurzen Stummeln, und der Körper wird einer Hymenopteren-Made ähnlich. Zur Verpuppung spinnen sie sich im S^iersack einen Cocon. Die Nymphe durchbricht die Gespinnste und läuft eine Zeitlang umher, bis sie durch Häutung in die Imago übergeht. M. pagana Fabr. u. a. A. Hemeröbius L. Kopf mit ziemlich vorstehendem Mundfortsatz. Fühler perl- schnurformig. Schienen der Hinterbeine spindelförmig Letztes Tarsalglied fein zugespitzt. Flügel fast immer fleckig, von gelblicher Grundfarbe, mit Punkten be- streut. Die Lanen leben von Blattläusen. H. humuli Fabr. , H. lutescens Fabr. Bei Drepanopteryx Leach ist der Kopf unter dem schildförmigen Prothorax fast Myrmelcontidae. Trichoptera. G39 ganz versteckt, die Schienen sind cylindriscli und die kurzen Tarsen haben an der Sohle jeden Gliedes 2 Gruppen kurzer Stachelreihen. Dr. phalaenodes L. Sisyra Burm. Prothorax kurz und breit. Kopf dick. Flügel fast ganz ohne Queradern. Die Larve besitzt Kiemenfäden am Abdomen und lebt in Spongillen. {Branchiotoma spongillae). S. fuscata Fabr. Coniopteryx Halid. Chrysopa Leach. Kopf kürzer als bei Hemerobius, auf dem Scheitel stärker gewölbt mit goldglänzenden Augen. Fühler dünner, borstenförmig, das zweite Glied dicker. Flügel ungefärbt, auf den Adern behaart Die Larve mit sichel- förmig gebogenen Saugzangen lebt von Blattläusen und verfertigt sich ein kugliges Cocon. Eier langgestilt. Ch. perla L , Florfliege. Ch. reticulata Leach u. a. A. Folystoechotes Burm. Osmylus Latr. Fühler perlschnurförmig, behaart. Stirn mit 3 Ocellen. Flügel auf allen Adern lang und dicht behaart. Die Larve mit fast geraden Saugzangen lebt im Wasser unter Steinen. 0. mactdatus Fabr. Nemoptera Latr. (Nematoptera Burm.). Mundgegend schnabelförmig ver- längert. Mandibeln stumpf zahnlos. Die 3 Endglieder der Kiefertaster sehr ver- kürzt. Vorderfiügel breit, Hinterflügel sehr lang linear, nach dem Ende zu ver- breitert. Meist südafrikanische Arten.. N. coa L., Klein-Asien und Türkei. 4. Fam. Myrmeleontidae , Ameisenlöwen. Mit senkrecht gestelltem grossen Kopf und an der Spitze kolbig verdickten Fühlern. Ocellen fehlen. Prothorax kurz, halsförmig. Mesothorax auffallend gross. Flügel gleich gross. Erstes Tarsal- glied nicht immer länger als die folgenden. Abdomen mit 9 Segmenten, beim Männchen mit 2 ungegliederten Ralfen. Die Larven mit grossem Kopfe, gezähnten aus Mandibeln und Maxillen zusammengesetzten Saugzangen und kurzem breiten Abdomen leben auf leichtem Sandboden, in dem sie Trichter aushöhlen. Zur Ver- puppung spinnen sie eine kugelige Hülse. Myrmeleon L. Fühler kurz und dick, allmählig kolbig anschwellend. Augen halbkuglig, einfach, ohne eingedrückte Querlinie. Lippentaster lang, Endglied der- selben fein zugespitzt. M. formicarius L., M. formicalynx Fabr. Die Larve, von deren Lebensweise bereits Reaumur eine trefHiche Schilderung gegeben hat, ist als Ameisenlöwe bekannt und gräbt Trichter in den Saud am Saume von Wäldern. Im Grunde des Trichters steckt sie im Sande, die Saugzangen hervorgestreckt, auf Ameisen lauernd, deren Herabfallen sie durch aufgeworfene Sandtheile zu bewirken vermag. Larven anderer Arten graben keine Trichter, halten sich aber unter der Oberfläche des Sandes auf und laufen rückwärts. Nahe verwandt ist Palpares Ramb. Fühler gedrungener und dicker. Die 4 ersten Tarsalglieder sehr verkürzt, P. libelluloides L., Südeuropa. Ascalaphus Fabr. Körper gedrungener mit dickerem Kopf. Fühler sehr lang, am Ende geknöpft. Die grossen Augen durch eine Furche getheiit. Vorderflügel länger als die Hinterflügel. Männchen mit zangenförmigen Raifen. Die Larve lebt zwischen Moos auf Wiesen und scheint sich besonders von Ameisen zu ernähren. A. italicus Fabr., A. barbarus Fabr., Südwest-Europa u. a. A. 2. Gruppe. Trichoptera *). Flügel mit Haaren oder Schuppen bekleidet, die hintern in der Regel faltbar. Mundtheile mit verküm- mertem Oberkiefer, durch die verschmolzenen Unterkiefer und Unterlippe eine Art Säugrüssel bildend. 1) J. Piclet, Recherches pour servir ä l'histoire et ranaloinie des Phryganides. Geneve. 1834. 640 Phryganidae. 1. Fam. Phryganidae, Frühlingsfliegen. Der kleine senkrecht gestellte Kopf mit langen borstenfftrmigon Fühlern und halbkuglig vortretenden Augen. Kiefer- taster meist ögliedrig, beim Männchen ott mit verringerter Gliederzahl. Lippentaster 3gliedrig. Prothorax sehr kurz, ringförmig. Die beschuppten Flügel mit nur wenigen Queradern, dachförmig dem Rücken aufliegend. Beine mit gespornten Schienen und Sgliedrigen Tarsen, welche mit 2 seitlichen und einem mittleren Haftlappcn enden. Das Hinterleibsende des Männchens mit zangenförmigen oder griifelähnlichen Ralfen. Die Larven leben im Wasser und zwar in röhrenförmigen Gehäusen, in deren Wandung sie Sandkörnchen, Pflanzentheile und leere Schnecken- gehiiuse aufnehmen, haben beissende Mundwerkzeuge und fadenförmige Kiemen- tracheen an den Leibessegmenten. Aus diesen Röhren strecken sie den hornigen Kopf und die drei mit Beinpaaren versehenen Brustsegmente hervor und kriechen umher. Die Nymphe verlässt das Gehäuse, welches ihr auch als Puppenhülle dient, um sich ausserhalb des Wassers zum geflügelten Insekte zu entwickeln. Dieses gleicht in mehrfacher Hinsicht den Lepidopteren und hält sich in der Nähe des Wassers an Blättern und Baumstämmen auf. Das Weibchen legt die Eier klumpen- weise in einer Gallerthülle eingeschlossen an Blättern und Steinen in der Nähe des Wassers ab. Potamaria Leach. {Sericostoma Latr.). Fühler kürzer als die schmalen dicht- behaarten Flügel mit dickem kurzen Basalglied. Die Vorderschienen mit 2, die hinteren mit 4 Sporen. Kiefertaster des Männchens 2gliedrig. P. LatreilU Curt. Barypenthus Burm. Flügel gross und breit. Schienen ohne Mittelsporen. Kiefertaster des Männchens Sgliedrig. B. rufipes Burm., Brasilien. Limnophüus Leach. Fühler so lang als die sparsam behaarten Flügel. Schienen der Vorderbeine mit 1 , der Mittelbeine mit 3, der Hinterbeine mit 4 Sporen. Männliche Kiefertaster 3gliedrig. L. rhombicus L. Hydroptila Dalm. Die perlschnurartigen Fühler kürzer als die schnaalen Flügel. Diese sind dicht und lang behaart und nicht faltbar. Schienen der Vorder- beine ohne Spore. Kiefertaster des Männchens ögliedrig. JE. tineoides Dalm. Phryganea L. Fühler so lang als die behaarten Flügel. Schienen der Vor- derbeine mit 2, der hintern Beine mit 4 Sporen. Kiefertaster des Männchens 4gliedrig. .P. striata L, Bei Holostomis Mnrh sind die Flügel unbehaart und sehr breit H. phalaenoides Agrypnia Curt. Oligotrichia Bamb. u. a G. Mystacides Latr. Fühler fadenförmig, viel länger als die Flügel. Kiefertaster mit langen Haaren dicht besetzt, in beiden Geschlechtern ögliedrig. Schienen der Mittel und Hinterbeine mit 2 Sporen. 31 quadrifasciatus Fabr. Odontocerus Leach. Ehyacophila Pict. u. a. G. Hydropsyche Pict. Fühler sehr dünn, etwas länger als die fein und an- liegend behaarten Flügel. Das Endglied der ögliedrigen Kiefertaster sehr lang. Schienen der Vorderbeine mit 2, der Hinterbeine mit 4 Sporen. H. variabüis Pict. Philopotamus Leach. Polycentropus Curt. Chimarra Leach. u. z. a. G. J. Curtis, Descriptions of some non descript British species of May-flies. Lond. and Edinb. phiL inagaz. Tom. IV. 1834. H. Hagen, Synopsis of the British. Phryganidae. Entotnol. Annual. for 1859, 1860 und 1861. Strepsiptera , Fächerflügler. 641 Als Unterordnung vereinigt man mit den Neuropteren die merk- würdige von namhaften Entomologen auch als besondere Insektenordnung aufgestellte Gruppe der Strepsiptera '), Fächerflügler, Insehten mit stummeiförmigen an der Spitze aufgerollten Vorder- flügeln, grossen der Länge tiach faltbaren Hinterflügeln, rudimentären Mundwerhs engen, im weiblichen Geschlecht ohne Flügel und JBehie, als Larven im Leibe von Hymenopteren schmarotzend. Die Gruppe umfasst nur wenige Insekten, welche sich eben so sehr durch ihren ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus als durch die eigen- thümliche parasitische Lebensweise der Larven und Weibchen auszeichnen. Die Mundthcile sind im geschlechtsreifen Alter verkümmert und zum Kauen untauglich. Dieselben bestehen aus zwei spitzen übereinander greifenden Mandibeln und kleinen mit der Unterlippe verschmolzenen Maxillen nebst 2gliedrigen Maxillartastern. Vorderbrust und Mittelbrust bleiben sehr kurze Ringe, dagegen verlängert sich der Metathorax zu einer ungewöhnlichen Ausdehnung und überdeckt die Basis des Qgliedri- gen Hinterleibes. Die Tarsen sind 2- bis 4gliedrig. Die Männchen besitzen kleine aufgerollte Flügeldecken und sehr grosse der Länge nach fächerartig faltbare Hinterflügel. Die augenlosen Weibchen dagegen bleiben zeitlebens ohne Flügel und Beine, von wurmförraiger Körperform, einer Made ähnlich, verlassen weder ihre Puppenhülle, noch ihren parasitischen Aufenthalt im Hinterleib von Wespen und Hummeln und strecken aus diesem nur ihren Vorderkörper hervor. Die Männchen besitzen ein hervorstehendes Copulationsorgan und sollen mittelst desselben die anfangs geschlossene Rückenröhre des Weibchens bei der Begattung öffnen. Die Eierstöcke entbehren des Ei- leiters und verharren, wie es scheint, auf einefn frühem Entwicklungs- stadium, indem sie vielleicht ähnlich wie die der viviparen Cecidomyia- 1) W. rickering, Observations of tbe Economy of the Strepsiptera. Transact. Ent. Soc. London. Tom. I. 1836. J. 0. AVestwood, Description of a new Strepsipterous Insect. Transact. Entom. Soc. London. Tom. I. W. Kirby, Strepsiptera, a new order of Insects. Transact. Linn. Soc. Tom. X. W. Leach, On the Ripiptera of Latreille. Zool. Miscell. Tom III. V. Siebold, lieber Xenos sphecidarum und dessen Schmarotzer. Beiträge zur Naturg. der wirbellosen Thiere. 1839. Derselbe, lieber Strepsiptera. Archiv für Naturg. Tom. IX. 1843. Curtis, British Entomology. London. 1849. V. Siebold, lieber Paedogenesis der Strepsipteren. Zeitsch. für wiss. Zoologie. Tom. XX. 1870. Vgl. ausserdem die Arbeiten von Nevvport und Saunders. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 41 642 6. Ordnung: Coleoptera, Käfer. larven Eier erzeugen. Diese fallen frei in die Leibeshöhle, werden befruchtet und entwickeln sich (möglicherweise aber auch zum Theil parthenogenetisch) zu Larven, welche durch den erwähnten Rückenkanal ihren Weg nach aussen nehmen und auf Bienen und Wespenlarven ge- langen. Dieselben sind sehr beweglich und besitzen wie die jungen Cantharidenlarven 3 wohl entwickelte Beinpaare, sowie 2 Schwanzborsten am Hinterleibe und bohren sich in den Leib ihrer neuen Träger ein. Etwa 8 Tage später verwandeln sie sich dann unter Abstreifung der Haut in eine fusslose Made von walziger Form, welche in der Hyme- nopterenpuppe ebenfalls zur Puppe wird und sich als solche aus dem Hinterleibe derselben mit dem Kopfe hervorbohrt. Die Männchen ver- lassen die Puppenhülle, suchen die Weibchen auf und scheinen nur eine kurze Lebensdauer zu haben. 1. Fam. Stylopidae. Mit den Charakteren der Gruppe. X.enos Ross. Drittes Fühlerglied langgestreckt, mit langem Kebenast an seiner Basis. Augen kurz gestilt. Tarsen 4gliedrig. X. Bossii Kirb. (X. vesparum Ross.) schmarotzt in Polistes gallira. Stylops Kirb. Drittes Fühlerglied gross, blattförmig, mit 3gliedrigem Seitenast. Augen länger gestilt. Taster 4gliedrig. St. melittae Kirb, Halictophagus Curt. Tarsen 3gliedrig. Elenehus Curt. Tarsen 2gliedrig. E. tenuicomis Kirb. 6. Ordnung: Coleoptera ' ) , Käfer. Insekten mit Jcauenden Mundwerhzeugen und hornigen Vorder- flügeln (Flügeldecken), mit freibeweglichem Frothorax und vollkommener Metamorphose. Die Hauptcharaktere dieser sehr umfangreichen, aber ziemlich scharf umgrenzten Insectengruppe beruhen auf der Bildung der Flügel, von denen die vordem als Flügeldecken {Elytrd) in der Kühe die häu- tigen der Quere und Länge nach zusammengelegten Hinterflügel bedecken 1) J. Ch. Fabricius. Systema Eleutheratorum. 2 Tom. Kiliae. 1801. G. A. Olivier, Entomologie etc. Coleopleres. 8 vols. Paris. 1789-1808. J. F. W. Herbst, Die Käfer (Nalursystem aller bekannten Insecten von Jablonsky). 10 Bde. 1789-1806. W. F. Erichson, Naturgeschichte der Insekten Deutschlands, fortgesetzt von Schaum. Iviesewetler und Kraatz. 1848—65. Derselbe, Zur systematischen Kenntniss der Insektenlarven. Archiv für Naturg. Tom. VII. VIII. und XHI. Th. Lacordaire, Genera des Coldopt6res. Paris. 1854—66. L. Redtenbacher, Fauna Austriaca, die Käfer. Wien. 1858. Gemminger und Harold, Catalogus Coleopterorum etc. Monach. 1868. Kowalevski, I, c. Entwicklungsgeschichte des Hydrophilus. Vgl. ferner die anatomischen Arbeilen von L. Dufour, Stein u. a. Flügel. Mundwerkzeuge. Nervensystem. 643 und dem Hinterleibe horizontal aufliegen. Die letztern kommen beim Fluge ausschliesslich in Betracht und bieten entfaltet meist eine be- deutende Flugfläche, wie andererseits auch ihre Muskeln an dem kräftig entwickelten Metathorax eine umfangreiche und feste Insertionsfläche gewinnen. Die Vorderflügel hingegen sind zu Schutzwerkzeugen geworden und entsprechen meist in Form und Grcisse dem weichhäutigen Rücken des Hinterleibes, von dem indessen zuweilen das letzte Segment {JPygi- dium) bei ahgestuMen, oder auch mehrere Segmente {Staphylineii) bei abgekürzten Flügeln unbedeckt bleibt. In der Regel schliassen in der Ruhe die geradlinigen Innenränder beider Flügeldecken unterhalb des Schildchens dicht aneinander, während sich die Aussenränder um die Seiten des Hinterleibes umschlagen, doch können auch die Innenränder sowohl klaffen als übereinandergreifen und sich decken. Auch kommt die Verwachsung der Innern Flügelränder vor, durch welche das Flug- vermögen vollkommen aufgehoben wird. Selten fehlen die Flügel voll- ständig. Der selten freie, in der Regel aber in den freibeweglichen Prothorax eingesenkte Kopf trägt sehr mannichfach gestaltete meist llgliedrige Fühler, welche im männlichen Geschlechte eine ansehnliche Grösse und bedeutende Oberfläche darbieten. Nebenaugen fehlen mit seltenen Ausnahmen. Die Facettenaugen w^erden dagegen nur bei einigen blinden Höhlenbewohnern vermisst. Die Mundtheile sind beissend und kauend, zeigen jedoch bereits üebergänge zu denen der Hymenopteren. Die Kiefertaster sind gewöhnlich 4gliedrig, die Lippentaster Sgliedrig, bei den Raubkäfern erhalten jedoch auch die äussern Kieferladen eine tasterartige Form und Gliederung. Die durch Reduction ihrer Theile vereinfachte Unterlippe verlängert sich selten zu einer getheilten Zunge. Der umfangreiche, als Halsschild bekannte Prothorax lenkt sich dem meist schwachen Mesothorax auf einem Stile freibeweglich ein; an ihm sowohl wie an den übrigen Brustringen rücken die Pleurae auf die Sternalfläche. Die äusserst verschieden gestalteten Beine besitzen am häufigsten ögliedrige, seltener 4gliedrige Tarsen. Auch können die zwei vordem Beiiipaare mit ögliedrigen, die hintern mit 4gliedrigen Tarsen enden. Selten ist der Fiiss aus einer geringern Gliederzahl zusammen- gesetzt und 3- bis Igliedrig. Der Hinterleib schliesst sich mit breiter Basis dem Metathorax an und besitzt stets eine grössere Zahl von Rückenschienen als Bauchschienen, von denen einzelne mit einander verschmelzen können. Die kleinern Endsegmente liegen meist eingezogen in den vorhergehenden verborgen. Das Nervensystem der Käfer weicht durch die grössere oder ge- ringere Concentration des Bauchmarks nach zwei Richtungen auseinander. Entweder folgen auf die drei Thoracalganglien 5 bis 7 gesonderte Hinter- leibsganglien oder es verschmelzen die beiden letzten Thoracalganglien 41* ri44 Entwicklung im Ei. y.u einem grössern Nervenknoten und alle Hinterleibsganglien zu einer länglichen Masse (LameUicornler und CurcuUoniden). Der lange, ge- wundene Darmcanal erweitert sich bei den fleischfressenden Käfern zu einem Kaumagen, welchem der zottige Chylusdarm folgt. Die Zahl der Malpighischen Gefässe beschränkt sich wie bei den Schmetterlingen auf 4 oder 6. Männchen und Weibchen sind leicht durch die Form und Grösse der Fühler, sowie durch die Bildung der Tarsalglieder und durch besondere Verhältnisse der Grösse, Körperform und Färbung zu unter- scheiden. Beim Weibchen vereinigen sich zahlreiche Eiröhren unter sehr verschiedener Anordnung, und am Ausführungsapparat tritt oft eine Begattungstasche auf. Die Männchen besitzen einen umfangreichen hornigen Penis, welcher während derPiuhe in den Hinterleib eingezogen ist und mittelst eines kräftigen Muskel apparates vorgestülpt wird. lieber die Entwicklung des Eies haben die Untersuchungen Kowa- lewski's an Hydrophilus zu wichtigen Resultaten geführt, durch die besonders rticksichtlich der Enstehung der Keimblätter eine merkwürdige Analogie mit der Bildung des Wirbelthierembryos aufgedeckt wurde. Nachdem sich das Blastoderm als einschichtige Zellumhüllung des Dotters angelegt, an der Eückenseite verdünnt, an der spätem Bauch- seite verdickt hat, entsteht am hintern p]nde der letztern ein aus 2 fast parallelen eine Rinne umgebenden Verdickungen gebildeter Schild, dessen Ränder auf das Hinterende übergreifend am hintern Eipole eine centrale Vertiefung umgrenzen. Durch Aneinanderlegen der Ränder schliesst sich die Rinne zunächst in der Mitte und am hintern Ende, wo sich eine Falte, Schwanzfalte, zu erheben beginnt. Nur am Vorderende bleibt die so gebildete Röhre durch einen Spalt geöffnet, nach hinten setzt sich dieselbe fort und gelangt unter den Anfang der Schwanzfalte, welche zugleich mit den seitlichen Verdickungen des Blastoderms die Anlagen zu Falten darstellt, durch deren weiteres Wachsthum auf der Bauchseite des Embryos die beiden Blätter der Embryonalhülle, Seröse Hülle (Amnion) und Amnion (Deckblatt), gebildet werden. Wenn sich die Kopfaniagen des Embryo bilden, dessen Hinterende sich nach der Rückenseite nach Art eines Innern > Keimstreifens in den Dotter einschlägt, beginnen sich die Zellen der vorn geöffneten Röhre nach voll- ständigem Schwunde des Lumens an der Innenseite der äussern Zellen- wandung als inneres Blatt auszubreiten. Die Segmentirung des Embryos und die Anlage der sog. Kopflappen tritt deutlich hervor, wenn die EmbryonalhUllen einen schon bedeutenden Theil des Embryos bedecken. Im Ganzen gelangen 18 Segmente zur Sonderung, von welchen die 4 vordem dem Kopte, die 3 folgenden dem Thorax angehören und ausser diesen auch noch das erste Bauchsegment eine bald wieder verschwin- dende Extremitätenanlage erhält. Wenn sich dann aus den Keimblättern die Organe anlegen und Gestaltung der Larveu. 645 die Extremitätensprossung beginnt, erfälirt der Keiinstreifen eine so bedeutende Zusaramenziehung, dass Kopf und Schwanzende von den Ei- polen ab auf die Bauchseite rücken. Das obere Blatt zerfällt in Nerven-, Medullär- (Ganglien) und Seitenplatten und bildet durch Einstülpung die Stigmen und Tracheenstämme, Mund und Speiseröhre, After und Enddarm; ebenso nimmt die gcsammte äussere Körperbedeckung aus demselben ihren Ursprung. Das untere Blatt liefert aus seinem Zell- material das Neurilem und die Muskulatur des Leibes und zerfällt in seinem untern dem Dotter anliegenden Theil in eine Darmdrüsen- und Darnifaserplatte , von denen die erstere durch Ausstülpung die Mal- pighischen Gefässe liefert. Nachdem die EmbryonalhUlle gerissen ist, erhebt sich vom Hinterende der als Rückenplatte verdickten Rückenseite eine Falte, welche nach vorn fortjvachsend einen ßlindsack bildet, welcher sich röhrenartig verengert und vom Integumente gelöst zu der später wieder eine Rückbildung erfahrenden Rückenröhre wird. Der allmählig stark verlängerte Keim liegt mit seinem Hinterende auf der Rücken- seite, bald wird jedoch dieser Abschnitt wie auch bei andern Insekten und besonders den Schmetterlingen wiederum bauchwärts umgeschlagen. Unter gleichzeitigen Umgestaltungen der Extremitäten erscheint somit der Larvenkörper zum Ausschlüpfen reif. Die Käferlarven besitzen durchweg beissende Mundwerkzeuge, selten Saugzangen, und nähren sich, in der Regel verborgen und dem Lichte entzogen, unter den verschiedensten Bedingungen, meist in ähnlicher Weise wie die ausgebildeten Insekten. Dieselben sind entweder maden- förmig ohne Fasse, aber mit deutlich ausgebildetem Kopf (Curculioniden) oder besitzen ausser den drei Fusspaaren der Brust auch noch Stummel an den letzten Hinterleibsringen. Anstatt der noch fehlenden Facettenaugen treten Ocellen in verschiedener Zahl und Stellung auf. Einige Käfer- larven haben wie die Larven von Dipteren und Hymenopteren eine parasitische Lebensweise und nähren sich im Innern der Bienenwohnungen von Eiern und Honig {^Meloe, Sitaris). Die Puppen der Käfer, welche entweder aufhängend befestigt sind oder auf der Erde oder in Höhlungen liegen, lassen die Gliedmassen frei hervorstehen. Fossile Coleopteren finden sich schon im Steinkohlengebirge, besonders zahlreich aber im Bernstein. Die von Latreille eingeführte Eintheilung der Käfer nach der Zahl der Tarsenglieder in Pentameren, Tetrameren, Trimeren und Heteromeren führt keineswegs zu Sonderung natürlicher Abtheilungen und muss der Unterscheidung natürlicher Familien weichen, für deren Gruppirung freilich wiederum die Zahl der Tarsenglieder, wenn auch nicht durchgreifend, verwendet werden kann. 646 Coccinellidae. Endomychidae. Chrysomelidae. 1. Gruppe. Cryptotetramera ') = Fseudotrimera. Die Tarsen setzen sich aus 4 Gliedern zusammen, von denen das eine rudimentär bleibt, sie wurden von Latreille für Sgliedrig gehalten. 1. Fam. Coccinellidae, Marienwiirmchen. Mit kurzem Kopf, au dessen Vorder- rande die keulenförmigen meist llgliedrigen Fühler entspringen. Körper fast halb- kuglig gewölbt, meist lebhaft gefärbt, mit 5 Bauchschienen des Hinterleibes. Thorax furchenlos. Die lebhaft gefärbten Larven besitzen Sgliedrige Fühler und jederseits 3 bis 4 Ocellen, halten sich besonders auf Pflanzen auf und ernähren sich von Aphiden. Ihre Verpuppung erfolgt im Freien nach vorausgegangener Anheftung des hintern Körperendes. Die Käfer lassen bei der Berührung an den Gelenken der Beine einen gelben Saft austreten. Coccinella L. Drittes Tarsenglied versteckt. Fühler llgliedrig, mit abgestutzter Keule. Körper halbkuglig, unbehaart. C. septempunctata L. Hippodamia Muls. Chilocoriis Leach. Körper stark gewölbt und unbehaart. Fühler 9gliedrig. Ch. hipustulatus L., Micraspis Redt. u. z, a. G. Epilachna Redt. Körper halbkuglig, behaart. Fühler llgliedrig. Oberkiefer 3- bis 4zähnig. E. chrysomelina Fabr. Coccidula 111. Lithophilus Fröl. Drittes Tarsalgiied frei. Körper länglich flach, behaart, mit verwachsenen Elytren und lOgliedrigen Fühlern. L. connatus Panz. Novius Muls., Lasia Muls. u. z. a. G. 2. Fam. Endomychidae , Pilzkäfer. Die gekeulten Fühler entspringen auf der Stirn des schnauzenförmig verlängerten Kopfes. Thorax mit 3 Furchen an der Basis. Die Schienen zeigen oft bedeutende Gescblechtsunterschiede. Hinterleib mit 5, bis- weilen 6 freien Bauchschienen. Käfer und Larven leben in Pilzen. Endomychus Panz. Von ovaler Körperform mit llgliedrigen Fühlern. Ober- kiefer mit gespaltener Spitze. E. coccineus L. Ancylopus Germ., Polymus Muls. Lycoperdina Latr. Oberkiefer am Innenraude mit kleinem Zahn. Vorderschienen des Männchens innen zahnartig erweitert. L. succincta L. Mycetina Muls., Pha- lantha Gerst., Eumorphus Web. u. z. a. G. Trochoideus Westw. Fühler 4gliedrig, mit grossem keulenförmigen Endgliede. Drittes Tarsalgiied frei. Oberkiefer 3spitzig. T. Ddlmani Westw., auf Madagascar. Leiestes Redt, Corylophus Steph. u. a. G. 2. Gruppe. Cryptopentamera -- Pseudotetramera. An den fünf- gliedrigen Tarsen ist ein Glied verkümmert und versteckt. 1. Fam. Chrysomelidae^), Blattkäfer. Mit kurzem gedrungenen gewölbten rundlichen Körper, dessen Prothorax den Kopf theilweise umfasst. Fühler meist llgliedrig, faden- oder schnurförmig, mittellang. Oberkiefer in der Regel mit gespal- tener Spitze. Hinterleib mit 5 Bauchschienen. Die meist lebhaft gefärbten Käfer leben von Blättern und sind in circa 10,000 Arten über die ganze Erde verbreitet. Ihre Larven sind von walziger gedrungener Körperform, sehr allgemein mit Warzen und dornigen Erhebungen besetzt und besitzen stets wohl entwickelte Beine. Sie ernähren sich ebenfalls von Blättern, deren Parenchym einige (Hispä) miniren und haben zum 1) E. Mulsant, Species des Coleopteres securipalpes. Lyon. 1851. A. Gerstäcker, Monographie der Endomychiden. Entomographieen. Tom. I. 1858. 2) Th. Lacordaire, Monographie des Col6opt6res subpentameres de la famille des Phytophages. Tom. I u. IL Paris. 1845—1848. Chrysomelidae Cerambycitlae. 617 Theil die Eigenthüitilichkeit, ihre Excremenle zur Verfertigfung von Hüllen und Ge- häusen zu benutzen, die sie mit sich umhertragen (Clythra, Cryptocephälus). Vor der Verpuppung befestigen sie sich meist mit ihrem Hinterende an Blättern. Cassida L. Fühler mit verdickten Endgliedern. Kopf bis zum Mundrande in die halbkreisförmige Vorderbrust eingezogen. Körper flach schildförmig. Die ganz flachen und breiten Larven thürmen die Excremente auf dem Rücken auf. C. equestris Fahr , C. vibex L. Physonota Bohem. u. z. a. G. ausländischer Formen. Hispa L. Fühler fast fadenförmig, dicht nebeneinander auf der vorragenden Stirn entspringend. Kopf vorragend. Prothorax breiter als lang, seitlich erweitert und ebenso wie die Elytren bestachelt. H. atra L. Leptomorpha Germ., Sphaero- dernia Steph. Haltica 111. Fühler fadenförmig, so lang als der halbe Körper. Hinterschenkel stark verdickt, zum Springen geeignet. H. oleracea Fabr., schädlich auf Kohlblättern. Longitarsus Latr. , Psylliodes Latr., Plectroscelis Redt. Galeruca Geoffr. Fühler fadenförmig, von halber Körperlänge. Prothorax jederseits mit grubenl'örmiger Vertiefung. Oberseile dicht punktirt. G. sagittariae Gyllenh. Bhapliidopalpus Rosh. Nahe verwandt ist Ädimonia Lhtg. A. tanaceti L., A. rustica Fabr. Agelastica Redt Fühler ladenförmig, meist länger als der halbe^Leib. Kopf vorgestreckt. Prothorax doppelt so breit als lang, mit leicht ausgebuchtetem Vorder- rand. Fussklauen in der Mitte oder an der Wurzel zahnförmig erweitert. A. alni L. Phyllobrotica Redt., Luperus Geoffr. u, a. a. G. Lina Redtb. Fühler gogen die Spitze verdickt. Kopf vorragend, mit ovalen Augen. Prothorax mit scharfem Hinterwinkel, nach vorn verengert. Flügeldecken ei- förmig. Fussklauen ungezähnt. L. popuU L., L. eollaris L. JEntomoscelis adonidis Fabr., Gastrophysa raphani Fabr. u a. G. Chrysomela L. Körper länglich eiförmig. Fühler fadenförmig. Kopf bis zu den Augen im Prothorax versteckt. Seitentheile des Prothorax oft wulstig verdickt. FUsse mit bürslenartiger Sohle und einfachen Fussklauen. Ch. fastuosa L. , C'h. varians Fabr., Ch. violacea Fabr. Timarcha Latr. Körper ungeflügelt. T. coriaria Fabr. Pachybrachys Redt. Cryptocephälus Geoffr. Fühler fadenförmig. Kopf kurz walzig, nach vorn etwas verschmälert. Kopf vom kuglig gewölbten Thorax eng umschlossen. C. coryli Panz., C. sericeus L., Proctophysus lobatus Fabr., Crysochus pretiosus Fabr., Latn- prosoma Kirb., Clythra Lebt. Crioceris Geoffr, Fühler fadenförmig, so lang als der halbe Körper. Kopf mit tiel gefurchter Stirn. Prothorax viel schmäler als die Flügeldecken. Schildchen drei- eckig. Füsse mit 2 vollkommen getrennten Klauen. Cr. merdigera L. , Cr. brunnea Fabr. Bei ie»m Fabr. sind die 2 Fussklauen am Grunde verwachsen. L. cyanellaL. Donacia Fabr. Fühler fadenförmig. Kopf so breit als der 4eckige Prothorax. Schildchen Seckig. Flügel viel breiter als der Prothorax, mit stumpf vorragenden Schultern. Schenkel der Hinterbeine verlängert und meist auch verdickt, D. crassipes Fabr.jiD. sagittariae Fabr., B. lemnae Fabr., Haemonia Latr. 2. Fam. Ceratnbycidae ' ). Bockkäfer {Longicornia). Körper langgestreckt, mit vorgezogenem Kopf. Fühler llgliedrig, lang, fadenförmig, gesägt oder gekämmt. 1) E. Mnlsant, Histoire [naturelle des Coldopt6res de France. L Longicornes. Lyon. 1839. J. Thompson, Essai d'une classiflcation de la famille des Cerambycides« Paris. 1860. 648 Lepturinae. Lamiariae. Cerarabycinae. beim Männchen meist bedeutend verlängert. Schienen mit Enddornen Viele sind lebhaft gefärbt und halten sich am Tage im Sonnenschein auf BlUthen und Pflanzen- theilen auf, die düstern und einfarbigen Arten dagegen verlassen meist erst zur Dämmerungszeit ihre Schlupfwinkel. Einige {Lamia) erzeugen durch Reibung des Kopfes und Prothorax ein eigenlhümliches Geräusch. Die langgestreckten madenför- migen Larven besitzen einen hornigen Kopf, mit kräftigen Mandibeln, aber kleinen Fühlern, entbehren meist der Ocelien und Beine. Sie leben im Holz, bohren, Gänge in demselben und richten zuweilen starken Schaden an. 1. Subf. Lepturinae. Kopf halsartig eingeschnürt. Vorderhuften zapfenförmig. Leptura L. Fühler fadenförmig, beim Männchen fast so lang als der Körper. Prothorax so lang als breit, vorn und hinten stark verengt. Flügeldecken viel breiter als der Prothorax, gegen die Spitze zu verengt. Beine schlank. L. cincta Scbönh. Grammoptera Serv., Strangalia Serv. (St. calcarata Fabr.), Pachyta Serv. (P. col- laris) L. u. a. G. Toxotus Serv. Fühler fadenförmig, nicht länger als der Leib. Viertes Glied viel kürzer als die 2 benachbarten Glieder, vor den Augen eingefügt. Prothorax so lang oder länger als breit, mit Mittelrinne, jederseits mit einem meist stumpfen Höcker. Beine schlank, mit wenig verdickten Schenkeln. T. meridianus L., T. maculatus L. ühagium Fabr. Fühler fadenförmig, halb so lang als der Körper, drittes und viertes Glied ziemlich gleich lang. Prothorax jederseits mit einem spitzen Dorn. Bh. mordax Fabr. Bhamnusium Latr., Desmoeerus Dej. u. a. G. 2. Subf. Lamiariae. Hüftglieder der Vorderbeine kuglig in geschlossenen Huftpfannen. Saperda Fabr. Stirn senkrecht abfallend. Fühler borstenförmig, so lang oder länger als der Körper. Kopf so breit als die Vorderbrust, mit stark ausgerandeten Augen. Prothorax kurz walzig, ohne Seitenhöcker, schmäler als die Flügeldecken. S. populnea L., S. carcharias L. Tetrops Kirb., Phytoecia Muls., Agapanthia Serv., Dorcadion Dalm. L. u. G. Lamia Fabr. Fühler borstenförmig, nicht länger als der gedrungene Körper. Erstes und drittes Glied gleichlang. Prothorax gewölbt mit kurzen Höckern. L. textor L. Monochamus Latr., Morimxis Serv., Acrocinus longimanus Fabr., Süd- amerika. Molorchus Fabr. Stirn stark geneigt. Flügeldecken sehr verkürzt {Molor- chinae). Fühler 11- oder 12gliedrig, mit sehr kleinem zweiten Gliede, von halber Körperlänge. Schenkel an der Spitze keulenförmig verdickt. Hinterleib sehr lang. M. major L. Stenopterus III. u, a. G. 3. Subf. Cerambyänae. Hüften der Vorderbeine kuglig in geöffneten Pfannen. Stirn kurz. Thorax nicht gerandet. Clytus Fabr. Fühler selten länger als der halbe Leib. Prothorax kuglig ge- wölbt, an den Seiten erweitert, ohne Höcker und Stacheln. Schenkel etwas keulen- förmig verdickt, die der Hinterbeine verlängert. Cl. arcuatus L., Cl. mysticus L. Callidium Fabr. Drittes Fühlerglied fast 3 mal so lang als das zweite. Augen stark ausgerandet. Flügeldecken breit und flach. Schenkel keulenförmig verdickt. C. violaeeum L. Leioderes Redt., Hylotrupes Serv., JRhopalopus Muh., Crioce- phalus Muls. u. a. G. Aromia Serv. Fühler des Männchens länger als der Körper. Prothorax breiter als lang, mit kleinen Erhabenheiten, vorn und hinten gerade abgestutzt. Schildchen spitz 3eckig. Beine lang. A. moschata L., der Mosebusbock. Bosalia alpina L., Callichromu Latr. mit zahlreichen amerikanischen und afrikanischen Arten. Stro- matium Serv. u. a. G. Prioninac. Bostrichidae. Curculioiiidae. 649 Cerambyx L. { HammaticJierus Serv.). Die CistPii FühlerglieHer knopfsirlig verdickt. Kopf weit vorgestreckt, mit stark aiisgernndeten Augen, schninler als der Prothorax, dieser so lang als breit, grob runzlig, mit einem Dorne am Seitenrande. Schildchen stumpf 3eckig. C. heros Scop., C. cerdo Fabr. Trachyderes thoracicus Oliv , Brasilien u z. a. G. 4, Subf. Prioninae. Hüftglieder der Vorderbeine quergezogen, in offenen Hültpfannen. Thorax gerandel. Aeussere äiaxillartastcr fehlen in der Regel. Prionus Geoffr. Fühler llgliedrig, beim .Männchen 12giiedrig, geschuppt. Kopf schmäler als der Trothorax, dieser doppelt so breit als lang, ziemlich flach, mit 3 starken Zähnen am Seilenrand. P. coriarius Fwbr. Tragosoma Serv., Ergates Serv. Spondylis Fabr. Fühler schnurförmig, llgliedrig, wenig über den Hinterrand des Prothorax hinausragend. Kopf mit den Augen fast so breit als der glatte Pro- tborax. Flügeldecken walzenförmig. Sp. buprestoides Fabr. Parandra Latr. , 3Ia- crodontia Serv. u. z. a. G. 3. Fam. Bostrichidae*), Borkenkäfer. Von geringer Grösse und walziger Körperform, meist braun, mit dickem in den Prothorax zurückgezogenen und vorn ab- gestutzten Kopf, kurzen gekämmten am Ende knoptförmig verdickten Fühlern und starken vorstehenden Mandibeln. Die Larven sind gedrungen walzig, ohne Beine, mit stellvertretenden behaarten Wülsten, denen der Curculioniden ahnlich. Käfer und Larven bohren Gänge im Holz, von dem sie sich ernähren. Sie leben stets gesellig und gehören zu den <;elürchtetsten Verwüstern der Nadelholzwaldungen. Sehr eigen- thümlich ist der für die einzelnen Arten cliarakleristischt- und die Lebensweise bezeich- nende Frass in der Rinde. Beide Geschlechter begegnen sich in den oberflächlichen Gängen, welche das Weibchen nach der Begattung fortführt und verlängert. Die Eier werden hier in besondern ausgenaglen Grübchen abgelegt. Die ausschlüpfenden Larven fressen sich dann seitliche Gänge aus, die mit der wachsenden Grösse der Larve und der weitem Entfernung vom Hauptgang breiter werden und der Innenseite der Rinde die charakteristische Sculptur verleihen. Hi/lurgus Erichs. Fühler mit eiförmigem geringelten Endknopf und 6gliedriger Geissei. Körpei von länglich walziger F'orm. H. ligniperda Fabr., H. piniperda L. Hi/lastes Erichs. Fühler mit kurz-eiförmigem geringelten Endknopf und 7glied- riger Geissei. Schienen am Aussenrand gezähnt. H. angustatus Herbst. Hylesinus Fabr. Fühler mit länglich-zugespitztcm geringelten Endknopfe und 7gliedriger Geissei. Kiefertaster 4gliedrig. Körper walzenförmig gewölbt, mit nicht abgestutztem Bauch. H. fr axini Fabr., Crypturgus iinchs., CrypJialus Erichs, u. a. G. Bostrychus F'abr. Fühler mit grossem geringelten Endknopfe und ogliedriger Geissei. Unterlippe schmal 3eckig, mit Sgliedrigem Lippentaster. Flügeldecken an der Spitze meist gezähnt. B. chalcograplms L., B. typographus L., unter der Rinde von Fichten. B. stenographus Dult. u. z. a. A. Scolytus Geoflr. {Eccoptogaster , E. destructor), Piatypus Herbst, u. a. G. 4. Fam. Curculionidae - ) , Rüsselkäfer. Körperform sehr mannichfach. Der Vorderkopf verlängert sich rüsselfürmig und trägt an der äussersten Spitze die kleinen durch gedrungene Taster characterisirten Mundtheile. Die meist geknickten und am Ende keulenförmig angeschwollenen Fühler entspringen in einer Grube oder Furche 1) Erichson, Systematische Auseinandersetzung der Familie der Borstenkäfer. Arch. für Naturg. Tom. II. J. C. Ratze bürg, Forstinsekten Tom. I. 1. c. 2) C. J. Schönherr, Genera et species curculionidum. Paris. 1833—1844. G50 Curculioninae. des Rüssels. Die Flügeldecken umschliessen den Körper. Abdomen mit 5 Ventralschienen, von denen die 2 vordem häufig verschmolzen sind. Die Larven sind walzenförmig, ohne oder mit sehr rudimentären Beinen und Ocellen und nähren sich fast ausnahmslos phyto|»hag und zwar unter den verschiedensten Verbältnissen, die einen im Innern von Knospen und Früchten, die andern unter der Rinde oder auf Blättern oder im Holze. Einige erzeugen gallenartige Deformitäten. 1. Subf. Curculioninae. Fühler gebrochen mit langem Basalglied. Rüssel stets mit Fühlerrinnen. Calandra Clairv. Rüssel dünn, fadenförmig. Fühler ziemlich lang, mit 6gliedri- ger Geissei und langer eiförmiger Kolbe. Hüften aller Beine von einander entfernt. Vorderschienen am Innenrande mit kleinen Kerbzähnen. C. granaria L. , in Getreide, als schwarzer Kornwurm bekannt. C. palmarum L. Cossonus linearis Fabr., Bhyn- colus Creutz., Gymnetron Schönh. u. z. a. G. Gionus Clairv. Körper kurz und gedrungen, stark gewölbt. Rüssel dünn faden- förmig. Fühler ziemlich kurz, 9- bis tOgliedrig, mit Sgliedriger Geissei. Flügel nur wenig länger als breit, (ien ganzen Hinterleib bedeckend. C. verbasci Fabr., Cleopus Suffr., Mhinoncus Schönh. u. a. G. Ceutorhynchus Schönh. Rüssel lang fadenförmig, an eine Rüsselfurche der Brust anlegbar, mit nach unten laufenden Fühlerfurchen. Fühler dünn, mit meist Tgliedriger Geissei. Frothorax vorn verengt, an den Seiten gerundet und erweitert. Drittes Tarsalglied 2lappig. Schienen des Männchens unbewehrt, des Weibchens meist gespornt. C. echii Fabr., C. boraginis Fabr., C, sulcicollis Gyllh , Qryptorhynchus III. u. z. A. Baridius Schönh. Rüssel walzig dick, mit nach der Rückenseite stark conver- girenden Fühlerfurchen. Fühler mit Tgliedriger Geissei. Prothorax am Hinterrand doppelt gebuchtet. Schienen seitlich gespornt. B. chloris Fabr., Larve in den Sten- geln des Raps. Coeliodes, Marmaropus, Acalles Schönh. n. a. G. Balaninus Germ. Rüssel sehr dünn und lang. Fühler lang und dünn, mit länglichen Gliedern und mit 7gliedriger Geissei. Prothorax breiter als lang, nach vorn etwas verengt. Schenkel gegen die Spitze keulenförmig verdickt. B. nucum L. Anfhonomus Germ. Rüssel lang und dünn, wenig gebogen. Fühler etwas vor der Mitte des Rüssels eingefügt mit Tgliedriger Geissei, deren 5 Endglieder sehr kurz sind. Prothorax breiter als lang, vorn verengt. Vorderbeine länger und stärker als die übrigen. A pomorum L., Coryssomerus Schönh. Borytomus Germ., Bisso- äes Germ. Lixus Fabr. Körper gestreckt walzenförmig, mit rundlichem wenig gebogenen Rüssel, dessen Fühlerfurchen sich an der Unterseite vereinigen. Augen seitlich, ei- förmig. Prothorax länglich, mit geraden Seitenrändern. Hinterrand mit kleiner Spitze. Schenkel ungezähnt. L. Ascanii L., Larinus Germ. Otiorhynchus Germ. Rüssel kurz, an der Wurzel der Fühler lappenartig er- weitert. Fühler mit langem dünnen Schaft und 7gliedriger Geissei. Augen seitlich, rund. Unterflügel fehlen. 0. niger Fabr., 0. longicollis Schönh., Omias Germ. n. z a. G. Hylobius Germ. Rüssel lang, ziemlich rund, gegen die Spitze erweitert. Fühler kraftig, Fühlerfurche gerade zu den Augen aufsteigend. Prothorax an den Seiten ge- rundet, vorn und hinten abgestutzt. Schildchen deutlich. Beine ziemlich lang. Schienen an der Spitze mit einem kräftigen Haken. H. abietis Fabr., Molytes Schönh., Blin- thus Germ. u. a. G. Cleonus Schönh. Rüssel kürzer als der Prothorax, fast immer gekielt oder gefurcht. Fühler ziemlich kurz und dick, mit 7gliedrigei Geissei. Schildchen klein. Vorderrand der Brust ausgeschnitten. Schenkel ungezähnt. Vorderschienen an der Orthocei inae. Bnichiilae. Oedemeridae G51 Spitze mit einem riiicli innen gi-richtcUM) Hornluikcn Cl. cinereus Fabr., Liophoeus Germ. Phyllobius Schonh. Rüssel sehr kurz und dick, mit sehr kurzer Fiihlerfurche. Die ziemlich langen und dünnen Fühler mit Tgliedriger Geissei. Prothorax breiter als lang, vorn und hinten abgestutzt. Schenkel oft gezahnt. Schienen ohne Hornhaken. Ph. calcaratus ¥nbr., Ph. oblongiisL. Polydrusus Gern»., Metallites (jtTva u. z. a. A. 2. Subf. Orthocerinae. F"ühler nicht gebrochen, das erste Glied wenig länger als die folgenden, bald in eine Keule endigend, bald fadenförmig. Apion Herbst. Körper birniörmig. Rüssel cylindrisch. Fühler dünn, mit ovaler Endkolbe Prothorax länglich walzenförmig. Schildchen klein, punktförmig. Schenkel und Schienen ungezähnt. Drittes Tarsalglied 2lappig. A. frumentarium L. , A. pisi Fabr. u z. a. A. Amorphocephalus Schöuh., Braehi/cerus Fabr. Rhynchites Hbst. Kopf hinter den Augen etwas verlängert, aber nicht einge- schnürt. Fühler llgliedrig, mit 3 grössern Endgliedern. Prothorax kaum länger als breit, nach vorn verengt. Schildchen klein. Bh. betulae L. , Hh. cupreus L. , Eh. betuleti Fabr. u. z. a. A. Attelabus L., A. curculionoides L. Apoderus Oliv. Kopf hinter den vorspringenden Augen stark verlängert, hinten halsförmig eingeschnürt. Fühler 12gliedrig mit 4gliedriger Keule. Rüssel kurz und dick. A. coryli L. Brenthus 111 , Br. canalicülatus Fahr , Brasilien. Arrhenodes Stev. u H. G. 5. Farn. Brnchidae. Von kurzer gedrungener Körperform, mit schnauzenförmig verlängertem Kopf, grossen vorragenden Augen und langfu llgliedrigen, zuweilen ge- zähnten oder gekämmten Fühlern. Schliessen sich im Habitus ihres Leibes und auch in der Gestalt und Ernährungsarf der Larven den Rüsselkäfern an. Anthribus Geoffr. Kopf dreieckig flachgedrückt, Rüssel so breit als der Kopf, an der Spitze tief ausgerandet. Fühler dünn, an den Seiten des Rüssels vor den Augen inserirt, beim Männchen länger als der Körper. Prolhorax breiter als lang, kaum schmäler als die walzenförmigen Flügeldecken. 3tes Fussglied von dem tief ausgeschnittenen 2ten Gliede aufgenommen. A. albinus Fabr. Ehinomacer Geoffr., Eh. attelaboides F'abr. , Tropideres Schönh., Platyrhinus Clairv. u. a. G. Brachytarsus Schönh. Rüssel breit, an den Seiten scharfrandig, an der Spitze nicht ausgerandet. Die 3 Endglieder der F'ühler breit. Prolhorax vorn verengt, mit abgerundeten Vordereckm und leicht 2 mal ausgebuchtelem Hinterrande. Füsse kurz, das 3te von dem 2ten Gliede umschlossen Die Larven leben von den Eiern der Coccusweibchen. Bf. varius Fahr Spermophagus Schönh. Bruchus L. Körper eiförmig, mehr oder minder quadratisch. Kopf nur wenig rUsselförmig verlängert. Fühler gegen die Spitze hin verdickt und häufig gesägt. Kiefertaster 4gliedrig, fadenförmig, mit langem schmalen Endgliede. Zunge halb häutig in 2 Lappen gespalten. Br. granarius L., häufig in der Rossbohne. Br. pisiL. u. a. k. 3. Gruppe. Ueteromera. Die beiden vordem Beinpaare sind aus 5, das hintere aus 4 Tarsalgliedern gebildet. 1. F'am. Oedemeridae. Körper langgestreckt, schmal. FUhler dünn und laden- förmig, wenigstens so lang als der halbe Körper, 11- oder 12gliedrig. Beine schlank und lang. Vorletztes Fussglied herzlürmig oder 2lappig, selten einfach. Thorax schmal. Flügeldecken langgestreckt, den Hinterleib meist unvollständig umschliessend. Die Larven gleichen denen der Cerambyciden, besitzen einen hornigen Kopf, 4gliedrige Fühler und Sgliedrige Beine, leben im Holze abgestorbener Bäume. Oedemera Oliv. Fühler llgliedrig, vor den runden Augen eingefügt. Pro- tborax kurz, rückwärts verengt. Flügeldecken gegen die Spitze mehr oder minder 652 Meloidae. iiigespiut. Hinterschenkel iler Männchen fast immer stark verdickt. Schienen mit 2 Enddornen an der Spitze. Oe. virescens L. , Oe. flavescens L. Ancodes Schmdt., Dryops Fahr , Asclera Schmdt., Calopus Fabr., Stenotrachelus Lntr. u. a. (i. Hier schliesst sich die kleine Familie der Salpingidae an. Myeterus Clairv., Salpingiis 111., Lissodema Curt., Mliinosinus Latr. 2. Farn. Meloidae^) (^Cantharidae). Mit breitem halsfürmi«: eingeschnürten Kopf und breiten oft klaffenden Flügeldecken, die den Körper oft nicht ganz belecken. Fühler meist llgliedrig und ladenförmig. Unterkieferladen hornig. Zunge ausge- buchtet oder 2lappig. Hüften der Vorder- und Mittelbeine sehr gross, zusammcn- stossend. Fussklauen in zwei ungleiche Hüllten gespalten. Hinterleib mit 6 bis 7 Bauchschienen. Die Käfer ernähren sich meist von Blättern und werden wegen der blasenziehenden Eigenschaft ihrer Säfte zur Bereitung von Vesicantien benutzt. Die Larven leben theils parasitisch an Insekten, theils frei unter Baumrinde, und durch- laufen theilweise eine complicirte von Fahre als Hypermetamorphose bezeichnete Verwandlung, indem sie zuerst 3 Fusspaare besitzen, dieselben aber in spätem Stadien verlieren und eine walzige Körperforra erhalten. Meloe L. Kopf sehr gross, mit hoch gewölbtem Scheitel, hinter den Augen stark verlängert. Fühler meist schnurfürmig, öfters gegen die Spitze zu verdickt oder in der .Mitte mit vergrösserten Gliedern, vor den Augen eingefügt. Die Nahtrander der Flüdeldecken liegen an der Wurzel übereinander. Hinlerllügel fehlen. Hinterleib gross, von den Flügeldecken unbedeckt. Die Käfer leben im Grase und lassen bei der Berührung eine scharfe Flüssigkeit zwischen den Gelenken der Beine austreten. Die ausgeschlüpften Larven kriechen an Pflanzenstengeln empor, dringen in die ßlüthen von Asciepiaceen, Primulaceen etc. ein und klammern sich an den Leib von Bienen fest (Pediculus melittae Mivh^), um auf diesem in das Bienennest getragen zu werden, in welchem sie sich vorwiegend von Honig ernähren. M. proscarabaeus L., M. vio- laceus Marsh. Cerocoma Geoffr. Von ähnlicher Körperform, mit 9gliedrigen nahe am Mundo eingefügten Fühlern. Mittelglieder derselben beim Männchen ganz unregelmässig. Endglied gross, breit gedrückt. Die äussere Unterkieferlade verlängert. C Schaefferi L., Myldbris Fabr., Lydus Latr. Lytta Vabr. {Cantharis Geoffr.). Fühler llgliedrig, mindestens so lang als der halbe Leib. Oberkiefer mit einlacher Spitze. Untcrkieferladen und Taster kurz. Fro- thorax breiter als lang, gerundet oder vorn eckig erweitert. L. vesicatoria L., spanische Fliege. L. syriaca L. Zonitis Fahr , Nemognatha 111. SUaris Latr. Fühler llgliedrig, fast von Kürperlänge, fadenförmig. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Inninlappen des Unterkiefers kürzer als der äussere. Kiefer- taster weit länger. Prothorax] quer4eckig, an den Ecken abgerundet. Flügeldecken nach rückwärts pfriemenlörmig verengt, an der Naht weit klaffend, die Flügel theil- weise unbedeckt. Fussklauen ungezähnt. S. hutneralis Fabr., Südeuropa. Beide Geschlechter begatten sich im August in den Gallerien einer Beine {Anthophora pilipes), in denen auch Osmia bicornis, Melecta armata, sowie als Parasit der Osmia eine Fliege, Anthrax sinuata, schmarotzen. In demselben Monat erfolgt die Eierlage, aber erst gegen Ende September schlüpfen die jungen Sitariden aus und 1) Vergl. Newport, On the natural history, anatomy and developement of Meloe. Transact. Lin. Soc. Tom. XX und XXI. Fahre, Memoire sur rhyperm^tamorphose cl les nioeurs des Meloides. Ann. scienc. nat. 4 s6r. Tom. VII und IX. Rhipiphoridae. Mordellidae Pyrochroidae. 653 überwintern unter den Etertrümmern. Diese jungen Larven besitzen drei lange zum Anklammern eingerichtete Beinpaare, 4 Augenpunkte, lange borstentftrmige Fühler, kräftige Mandibeln und SehwanzCaden, welche ihnen zum Fortschnelien dienen. Ende April klammern sich dieselben an dem behaarten Thorax der zuerst ausschlüpfenden Anthophoramännche» an und gelangen im nächsten Monat wahrend der Begattung von den Miinnchen auf den Körper der später ausgeschlüpften Weibchen. Während der Eiablage geht die Larve vom KOrper der Biene auf das Ei über und gelangt in die mit Honig gefüllte bedeckelte Zelle, zerbeisst die Eischale, nährt sich nach 7monatlicher Fastenzeit vom Eiinhalt und erleidet hierauf die erste Häutung. Kach Abstreifung der Haut erscheint sie unter einer ganz andern Form als walzige IHade, ohne Augenpunkte, zur parasitischen Ernährung von Honig eingerichtet. Sie verzehrt den Inhalt der Zelle und verwandelt sich innerhalb der Larvenhaut in eine ruhende Puppe {Pseudocliry solide), aus welcher nach kurzer Zeit oder im nächsten Jahre die dritte Larvenforni ausschlüpft, die nun erst nach Abstreifung ihrer Haut die wirkliche Puppe mit abstehenden Gliedmassen hervorgehen lässt. 3. Fam. Rhipiphoridae *). Kopf senkrecht, nn't 10- bis Mgliedrigen, beim Weibchen meist gesägten, beim Männchen gekämmten Fühlern. Obcikiefertasler ohne Hautsaum. Die häutigen Laden der Unterkiefer sind an der Basis verwachsen. Flügel- decken klaffend oder verkürzt. Die Larven leben in Wespennestern (Metoecus) oder im Hinterleibe von Schaben (Hhipidius). Shipiphorus Fabr. Fühler am Innenrande der Augen eingefügt, beim Weibchen einreihig, beim Männchen zweireihig gesägt oder gewedelt. Oberkieler mit einfacher Spitze. Prothorax vorn verengt, hinten Slappig. Flügeldecken so lang als der Hinter- leib. Vorderschienen mit einem. Hinterschienen mit zwei Enddornen. Rh. bimacu- latus Fabr., SUdeuropa. Kahe verwandt ist Metoecus Gerst. M. paradoxus L. Myodites Latr. Mhipidius Thnbg. Fühler vom 4ten Gliede an fächerfürniig gekämmt. Kopf klein, mit sehr grossen Augen. Mundtheile bis auf 2 fadenförmige Taster verkümmert. Schienen ohne Enddorn. Weibchen vvurmförmig, ohne Flügel und Flügeldecken, mit kleinen Augen und fadenförmigen Fühlern. Hh. blattaritm Sundv., Ptiliphorus Dej., Pelecotoma Fisch, u. a. G. 4. Fam. Mordellidae. Kleine längliche, nach hinten keilförmig verschmälerte Käfer mit fadenförmigen, nicht selten nach innen schwach gesägten oder nach der Spitze zu verdickten Fühlern. Oberkiefer innen mit häutigem Saum, Unterkielerladen häutig und bis zur Basis getrennt. Endglieder der Kiefertaster beilförniig. Hinter- schienen mit langen Enddornen. Die Larven leben in Pilzen oder in trockenen Zweigen und besitzen nur kurze undeutlich gegliederte Beine. Mordella L. Fühler nach innen schwach gesägt. Prothorax breiter als lang, vorn zugerandet, der Hinterrand gegen das Schildchen gerundet und erweitert. Flügel- decken nach hinten stark verengt. Ilüftju der Hinterbeine sehr gross, eine grosse ab- gerundete Platte bildend. Fussklauen gezähnt oder gespalten. M. fasciata Fabr. Avaspis Geoffr. Fühler fadenförmig, gegen die Spitze verdickt. Prothorax am Hinterraud schwach gerundet, gegen das Schildchen kaum erweitert. Flügeldecken nur wenig nach hinten verengt. A. frontalis L. 5. Fam. Pyrochroidae (mit Einschluss der Anthicidae). Kopf stark geneigt, breiter als der Vorderrand des an der Spitze stark verengten Prothorax, hinten hals- 1) A. Gerstäcker, Rhipiphiridum, Coleopterorum familiae dispositio systematica. ßerolini. 1855. 654 Anthicinae. Pyrochroinae. Melandryadae. Cistelidae. Tenebriouidae. Pimeliidae, förmig verengt. Fühler llgliedrig, vor den Augen an den Seiten des Kopfes ein- gefügt, zuweilen gesägt oder gekämmt. Flügeldecken breiler als die Brust. Fuss- klauen einfach. 1. Subf. Anthicinae. Hüften der Vorderbeine ziemlich weit von den Mittel- hiiflen enlternt, die Mittelbrust freilassend. Änthicus Payk. Kopl gerundet oder 4eckig. Prothorax fast immer länglich, nach hinten verengt. Schildchen klein. Fühler schwach gegen die Spitze verdickt. Oberkiefer mit 2r-ahniger Spitze. A. hispidus Ross., Nothoxus Geoffr. , Aniblyderus L«f., Steropes Stev , Xylophilm Latr. u. a. A. 2. Subf. Pyrochroinae. Hüften der Vorder- und Mittelbeine stark genähert, die Miltelbrust bedeckend. Fühler gesägt oder gekämmt. Pyrochroa Geoffr. Kopf hinter den Augen eckig erweitert. Oberkiefer mit sichelförmig gebogener und gespaltener Spitze. Aeusserer Lappen des Unteikitfers länger und breiter als der innere. Zunge in 2 häutige abgerundete Lappen gespalten. Beine einfach dünn und lang, Schienen unbedornt. P. coccinea L. Hier schliesst sich die kleine Familie der Lagriiden an. Lagria Latr. L. hirta L. 6. Farn. Melandryadae. Kopf 3eckig, mehr oder minder in den Prothorax eingeiogen. Dieser am Hinterrand fast immer so breit als die Flügeldecken, nach vorn verengt. Fühler ziemlich kurz, 10- -bis llgliedrig. Kiefertaster gross. Alle Hüften zapfenförmig aus der Gelenkpfanne vorragend. Conopalpus GyWh. Fühler lOgliedrig. Prothorax viel breiler als lang, nach vorn verengt und zugerundet. Vorletztes Fussglied 2lappig. C. flavicollis Gyllh. Melandrya ¥sbr. Korper länglich. Fühler fadenförmig, llgliedrig. Überkiefer mit Szähniger Spitze. Unterkiefer mit 2 sehr kurzen Lappen und sehr langen Tastern. M. carahoides L. Xylita Payk., Mycetoma Dej., Orchesia Latr. u. a. 7. Farn. Cistelidae. Kopf geneigt, hinter den Augen nicht halsförmig ein- geschnürt. Fühler llgliedrig. Vorderhüften meist aneinanderstossend. Fussklauen kammförmig gezähnt. Cistela Fabr. Oberkiefer mit getheilter Spitze. Vorder- und MittelhUften durch einen Fortsatz der Brust von einander getrennt. Prothorax halbkreisförmig, vorn ab- gerundet. Schildchen 3eckig. Drittes Fussglied nicht lappenförmig G. fulvipes Fabr., C. murina L. Prionychus Sol., Mycetochares Latr , Hymenorus Muls. 8. Farn. Tenebrionidae. Körper länglich, halbwalzenformig, flach gewölbt. Fühler llgliedrig, schnurförmig oder allmählig gegen die Spitze verdickt oder mit 3 grossem Endgliedern. Die kugligen oder ovalen Vorderhüften durch einen Fortsatz der Vorderbrust getrennt. Fussklauen stet;i einfach. Larven langgestreckt, etwas flach gedrückt, mit 4gliedrigen Fühlern, mit 2 bis fi Ocellen jedcrseits und 5gliedrigen Beinen. Tenebrio L. Drittes Glied der schnurförmigen Fühler am längsten. Oberkiefer mit getheilter Spitze. Unterkiefer mit 2 kurzen hornigen Lappen. Endglied der 4gliedrigen Kiefertaster schräg abgestutzt. Prothorax breiter als lang. T. molitor L., Larve als Mehlwurm bekannt. Boros Herbst., Menephilus Muls., Sitophagus Muls. u. a. G. Hier schliesst sich die Familie der Helopiden an mit Enoplopus Sol , Helops Fabr., Laena Latr. u. a. G. , ferner die Diaperiden mit Bolitophagus III. , Diaperis Geoffr. , Phaleria Latr., Ammobius Guer. u. a. G. 9. Farn. Pimeliidae. Körper fast immer ungeflügelt mit verwachsenen Flügel- decken, deren umgeschlagener Seitenrand den Körper umgreift. Fühler meist llgliedrig, vor den Augen eingefügt. Kinnplatte meist sehr gross, den Mund bedeckend. Vorder- hüften durch einen Fortsatz der Hittelbrust getrennt. Vorder- und Mittelhüften kuglig Xylophaga. Cleridae. 655 oder oval in den Gelenkpfannen eingeschlossen. Klauen stets einfach. Abdomen mit 5 Bauchschienen. Opatrum Fabr. Fühler allmahlig gegen die Spitte verdickt, der innere Maxillar- lappen mit einem grossen stark gekrUmmlen Hornhaken an der Spitze, Endglied der Kiefertaster sehr kurz und dick. 0. sabulosum L. Opatroides Br., Sclerum Kosh., Crypticus Latr. Blaps Fabr. Fühler kaum gegen die Spitze verdickt, die 4 letzten Glieder fast kuglig. Endglied der Kiefertaster stark. Prothorax mehr oder minder 4eckig. Schild- chen äusserst klein. Bl. mortisaga L. , Bl. fatidica Strm. Fedinus Latr., Isocerus Mgrl., Platyscelis Latr. u. z. a. G. 4. Gruppe. Pentamera. Mit vorherrschend ögliedrigen Tarsen. 1. Farn. Xylophaga. Kleine Käfer meist von cylindrisch gestrecktem Körper, mit zurückgezogenem Kopf und kräftigen Kielern. Die Fühler entspringen vor den Augen und sind meist llgiiedrig und im weiblichen Geschlechte fadenförmig, im mannlichen kammlörmig. Hüften der Vorder- und Mittelbeine kuglig oder oval, wenig oder gar nicht aus den Gelenkplannen vorragend. Füsse zuweilen noch 4gliedrig. Die Larven ernähren sich theils von todten ihierischen Stoffen, theils bohren sie im Holze cylindrische horizontale Gänge und sind sowohl hölzernen Gerüthschaften und Baumaterial als lebenden Gehölzen verderblich. Lymexylon (^Lymexylonidae). Körper lang, walzenförmig. Fühler in der Mitte verdickt. Alle Hüften einander genähert, die der Vorder- und Mittelbeine stark ver- längert. Prothorax länger als breit. Letztes Glied der Kiefertaster mit einem quasten- artigen Büsche] von schmalen länglichen Blättchen. L. navale L. , auf Schiffswerften im Eichenholz. Hylecoetus Latr. Cis Latr. (Cisidae). Fühler lOgliedrig, mit drei grossen von einander ab- stehenden Endgliedern. Füsse 4gliedrig. Erstes Tarsenglied sehr klein und versteckt. Leben in Schwämmen. C. boleti Fabr. Bei Orophius Redt, sind die Fühler 8gliedrig, bei Xylographus Meli., Endecatomus Meli, llgiiedrig. Anobium Fabr. (Anohiidae). Körper walzenförmig. Fühler llgiiedrig, die 3 Endglieder lang und breit gedrückt. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze. Kieferlaster 4gliedrig mit schräg abgestutztem Endgliede. Endglied der 3gliedrigen Lippentaster erweitert. Füsse sämmtlich Sgliedrig, das letzte Tarsalglicd olt herzförmig. Die Larven leben im Holz. A. pertinax L. , Todtenuhr, erzeugt im Holz ein tickendes Geräusch. Ochina Redt., Dryophüus («uer. Bei Xylopertha Gner. sind die Fühler 9gliedrig, bei Apate Fabr. lOgliedrig, Ptilinus Geoffr, Körper langgestreckt, walzenförmig. Fühler llgiiedrig, des Männchens gekämmt, beim Weibchen spitzig gesägt, Endglied der Lippentaster nicht erweitert. Die innere Lade der Unterkiefer schmal und kurz. Zunge in 2 lange be- wimperte Nebenzungen gespalten. Pt. peetinicornis L. , Xyletinus Latr., Dorcatoma Herbst. Ptinus L. (Ptinidae). Körper des Weibchens länglich eiförmig, des Männchens walzenförmig. Fühler llgiiedrig, fadenförmig. Oberkiefer dick dreiseitig, mit ein- facher Spitze. Laden der Unterkiefer kurz, mit langen gekrümmten Borstenhaaren besetzt. Pt. für L,, Pt. rufipes Fabr., Hedobia Ziegl. , Gibbium Scop, u. a. G. 2. Farn. Cleridae. Meist schlanke rauhhaarige bunt gefärbte Käfer mit llglied- rigen oft gesägten Fühlern. Flügeldecken walzenförmig. Beine mit fünf oder vier- gliedrigen Tarsen , welche eine breite schwammartige Sohle und lippenartige An- hängsel besitzen. Das vorletzte Tarsalglied 2Iappig. Die ebenfalls bunt gefärbten Larven leben unter der Rinde grösstentheils von andern Insekten. G5G Malacoderma Melyriuae. Telephoriuae. Clerus GcoHr, Fühler allniählig gegen die Spitze verdickt, mit eilönnig zu- gespitztem Eiidglitd. Oberkiefer mit 2zäiiniger Spitze. I'rothorax fast herzlürmig, hinten stnrk eingesciinurt Fasse undeutlich ögliedrig, das erste Glied grossentheils in der Schiene versteckt. Gl formicarius L., Cl. mutülarius Fabr., Opilus Latr. Iridiodes Herbst. Fühler mit Sgliednger Endkolbe und grossem, schräg ab- • gestutztem Endglied. I'rothorax nach hinten verengt Flügeldecken fein runzlig, puiiktirt. Tarsen 4gliedrig mit lappenförmigen Anhangsein an der Unterseito der 3 ersten Glieder. Tr. apiarius L. Die Larve schmarotzt in Bienenstöcken. Tr al- vearius Fabr. Corynetes l'ayk, Oberkiefer mit einem kleinen Ziihnchen hinter der Spitze, Lippentasler 3gliedrig. Flügeldecken walzenförmig, mit etwas erhöhten Schulterecken und mit l'unktstreifen oder Punktreihen. Füsse scheinbar 4gliedrig, indem das kleine vierte (ilied in dem zweilappigen dritten Gliede versteckt ist. C. rußpes Fabr. Cijlidrus Latr , Tillus Oliv. 3. Fani. Malacoderma^), Kaier mit weicher lederartiger Haut, 10— 12glied- ri'^en, säge- oder kammförmigen Fühlern. Oberkiefer kurz. Tarsen 5gliedrig, die vordem beim Männchen zuweilen 4gliedrig. Hinterleib mit 6 bis 7 freien Bauch- schienen. Die Larven nöhren sich fast durchweg von thierischen Stoffen. t. Subf. Melyrinae. Fühler llgliedrig, an den Seiten der Stirn vor den Augen eingefügt Körper zuweilen mit seitlichen ausstülpbaren Fleischwarzen. Malachius Fabr. Fühler mehr zwischen den Augen auf der Stirn eingefügt Oberkiefer mit 2zShniger Spitze. M. aeneus Fabr., Attalus Erichs., xinthocomus Erichs., Dasytes Payk. u z. a. G. Nahe verwandt ist die Gattung Drilus Oliv, (mit eingezogenem Kopf). Dr. pcctinatus Schönh. Die lang behaarte Larve lebt von Schnecken. 2. Subf. Telephorinae. Fühler llgliedrig, faden- oder borstentörmig, seilen gesägt, auf der Stirn entspringend. Hüften zapfenförmig vorragend. Malthinus Latr. Fühler nahe dem Innenrande der Augen eingefügt. Ober- kiefer mit ziemlich grossem Zahn in der Mitte des Innenrandes. M. flaveolus I'ayk , Malthodes Kiesew., Jchthyurus Westw. Cantharis L. (Telephorus Schaff.). Frothorax mit einfachen Hinterwinkeln und abgerundeten Vorderecken. Flügeldecken die Flügel und den Hinterleib bedeckend. Viertes Tarsalglied 2lappig. Fussklauen einfach, oder nur die äussere an der Wurzel zahnförmig erweitert. C. violacea Payk., C. fusca L , auf Bluthen sehr gemein, nährt sich ebenso wie seine Larve räuberisch von Insekten. Podabrus alpinus Payk. Lampyris Geoffr. , Leuchtkäler. Kopf unter dem vorn abgerundeten Protborax verstockt. Fühler auf der Stirn einander genähert. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Flügeldecken des Männchens so lang als der Hinterleib. Weibchen ungeflügelt oder nur mit 2 kleinen Schuppen. Im Hinterleib finden sich Leuchtorgane, die besonders 1) Erichson, Entomographien. Tom. I. 1840. A. Laboulböne, Note sur les caroncules thoraciques du Malachius bipustulatus. Ann. de la soc. enlom. 3 ser. Tom. VI. H. v. Kiesewetter, Beiträge zu einer Monographie der Malthinen. Linn. Entom. Tom. VII. Newport, On the natural history of the Glow-worm. Journ. Proc. of the Linn. Soc. 1857. Ferner die Arbeiten über das Leuchtorgan von Lampyris von Köl- liker und M, Schultze. La p orte, Essai d'une revision du genre Lampyris. Ann. de la soc entom, Tom. II. Lycinae. Elateridae. 657 umfangreich beim Weibchen entwickelt sind. Die Lampyriden. vornehmlich artenreich in Amerika vertreten, leben am Tage versteckt. Die Larven nähren sich räuberisch von Schnecken. L. splendidula L. Weibchen mit 2 kleinen Schuppen anstutt der Flügeldecken. L. noctiluca L., Johanniswurm. Bei Phosphaenus Lap. sind die Flügeldecken des Mannchens sehr verkürzt, bei Luciola Lap. bedeckt der Prothorax den Kopf nur theihveise. L. italica L. Lamprocera Lap. (Beide Geschlechter ge- flügelt). L. Latreillei Kirb., Südamerika. Amydetes plumicornis Latr. , Brasilien. 3. Subf. Lycinae. Fühler lang, zwischen den Augen entspringend. Oberkiefer unbewehrt. Vornehmlich in den Tropen einheimisch. Lycus Fabr. L. latissimus L., Südafrika. Dictyopterus riibens Redtb. Hier schliessen sich die Familien der CypJionidae (Cyphoji Jevidus Fabr.), Atopidae (Dascilliis cervinus L.), Cebrionidae (Cebrio Oliv., Phyllocerus Lep. Serv. und Bhipiceridae (Bhipicera Latr.) an. 4. Farn. Elateridae^), Schnell- oder Springkäfer. Fühler fadenförmig, gesägt, gewedelt oder gekämmt. Hinterecken des Prothorax mehr oder minder in einen spitzen Dorn ausgezogen. Abdomen mit 5 Bauchschienen. Der langgestreckte Körper zeichnet sich aus durch die sehr freie Gelenkverbindung zwischen Pro- und Mesothorax, sowie durch den Besitz eines Stachels am Prothorax, welcher in eine Grube der iMittelbrust passt. Beide Einrichtungen befähigen den auf dem Rücken liegenden Käfer, welcher sich miltelst der kurzen Beine nicht wieder umdrehen kann, zum Emporschnellen, in Folge dessen der Käfer nach dem Falle wieder auf die Bauchfläche gelangt. Durch Einkrümmung des Rückens tritt nämlich zuerst der Bruststachel aus .seiner Grube hervor und stemmt sich gegen den Vorderrand der Hittelbrust; dann wird plötzlich die Brust zurück- geschlagen, der Stachel schiesst in die Grube ein, und das Thier fliegt in Folge des Rückstosses empor. Die Larven leben unter Baumrinde vom Holze, theilweise aber auch in den Wurzeln des Getreides und der Rüben und können sehr schädlich werden. Agriotes Eschsch. Fühler fadenförmig oder stumpf gesägt, 2tes und 3tes Glied von den folgenden wenig verschieden. Stirn breit, vorn nicht erhaben gerandet. Der hochgewölbte Prothorax an den Seiten mehr oder minder erweitert. Schildchen rund. A. obscurus Gyllh. A. lineatus L. Die Larven sind dem Getreide schädlich. Adrastus Eschsch., Ectinus Eschsch. u. a. G. Corymbites Latr. Fühler mit kleinem 2ten Gliede. Stirn ohne aufgeworfenen Vorderrand. Prothorax von der Mitte an nach vorn verengt mit etwas nach aussen gerichteten Hinterecken, Fussglieder und Klauen einfach. C. liaematodes Fabr. Pristilophus Latr., Ludius Latr. (L. ferrugineus L.), Athous Eschsch. {A. hirtus Herbst) u. z. a. G. Lacon Lap. 2tes und Stes Fühlerglied klein, kuglig. Endglied eiförmig. Schildchen eiförmig, stumpfspitzig. Flügeldecken gewölbt, länglich eiförmig L. mu- rinus L. Adelocera Latr. (J.. varia Fabr.), Agrypnus Eschsch., Limomus Eschsch. n. z. a. G. 1) J. Eschscholtz, Elaterides, Eintheilung derselben in Gattungen. Thon's Entom. Arch. Tom. IL 1829. F. Germar, üeber die Elateriden mit häutigen Anhängen der Tarsenglieder. Zeitsch. für Entoniol. Tom. I. Erichson, Ueber Elateriden. Zeitsch. f. Entomol. Tom. II und III. E. Candeze, Monographie des Elaterides. Liege. 1857. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 42 GöS Buprestidae. Lamellicornia. Elater L. (Ampedus Germ). 2les und 3tes Glied der schwachgesagten Fühler kleiner als die folgenden. Slirn breit, erhaben gerandet. Schildchen länglich. Fortsatz der Vorderbnist gegen die Jlittelbrust scharf zugespitzt. Hüften der Hinterbeine nach innen stark erweitert. Fusskiauen am Grunde mit einem zahnförmigen Höcker. E. sanguineus L. Pyrophorus noctilucus L., auf Cuba, mit blasig aufgetriebener leuch- tender Vorderbrnst. Hier schliesst sich die Familie der Eucnemiden an, im Habitus der Käfer mehr den Elateriden, in dem der Larven den Buprestiden naherstehend. Erstere entbehren des Sprungsvermögens, ihre Fühler sind zwischen den Augen in 2 Gruben eingefügt. Die Larven leben in morschem Holz. Euenemis Ahr., E. capucinus Ahr. Xylobius Latr., Phyllocertts Lep., Pterotarsus Eschsch., Meiosis Oliv. u. z. a. G. 5. Fam. Buprestidae, Frachtkäfer. Körper langgestreckt, nach hinten zuge- spitzt, oft lebhaft gefärbt und metallisch glänzend. Auch hier findet sich an der Vorderbrust zwischen den kugligen Hüften ein flacher Fortsatz, wegen dessen die Buprestiden mit den Eucnemiden und Elateriden von Latreille zu einer gemeinsamen Gruppe der Sternoxia vereinigt wurden. Kopf klein bis zu den Augen in die Vorder- brust eingesenkt. Fühler llgliedrig, gesägt oder gekämmt. Von den 5 Bauchschienen des Abdomens verschmelzen die beiden vordem. Die langgestreckten wurmlörmigen Larven entbehren der Ocellen und in der Regel auch der Füsse und besitzen eine sehr verbreiterte Vorderbrust. Sie leben ähnlich wie die Cerambycidenlarven, denen sie überhaupt gleichen, im Holze und bohren flache ellipsoidische Gänge. Die grössern und prachtvoll glänzenden Arten gehören den Tropen an, nur kleinere Formen kommen in spärlicher Artenzahl in der gemässigten Zone vor. Sie fliegen besonders in der Mittagssonne, durch Licht und Wärme aus ihren Verstecken hervorgelockt. Tracliys Fabr. Körper kurz, stumpf dreieckig. Schildchen sehr klein dreieckig. Die 2 ersten Fühierglieder verdickt, die folgenden 4 dünn, die 5 letzten nach innen sägeförniig erweitert. Kiefertaster sehr dick, keulenförmig. Die mit Beinen versehenen Larven miniren das Farenchym von Blättern. Tr. minuta L., Tr. nana Fabr. Agrilus Curt. Körper linear, oben flach. Fühler nach innen stumpf gesägt. Trothorax viel breiter als lang, mit lief ausgerandetem Hinterrand. Schildchen Beckig. Forlsatz der Vorderbrust breit und kurz. Füsse lang und dünn, die 4 ersten Fuss- glieder unten gelappt, das erste Glied der Hinlerfüsse viel länger als das 2te. A. bi- guttatus Fahr , A. angustuliis III. Aphanisticus Latr., Coraebus Lap. Gor. u. a. G. Anthaxia Eschsch. Körper flach. Fühler nach innen stumpf gesägt. Prothorax breiter als lang, mit geradem Hinterrande. Flügeldecken so breit als der Vorderrücken mit abgerundeter gekerbter Spitze. Erstes Tarsalglied der Hinterfüsse länger als das 2te. A. nitidula L., A. 4 punctata L. Melanophila Eschsch., Chrysobothris Eschsch., Chalcophora Sol. u. z. a. G. Ancylocheira Eschsch. (Buprestis L'.). Fühler nach innen stumpf gesägt. Schildchen klein, rund. Prothorax mit geraden Seiten, nach vorn verengt. Fortsatz der Vorderbrust kegelförmig, stumpfspitzig. Tarsalglieder der Hinterfüsse schmal, unten liippig erweitert, das Iste Glied viel länger als das 2te. A. rustica Fabr., A. flavo- maculata Fabr. Poecilonota Eschsch., Dicerca Eschsch. u. z. a. G. Euchrotna gigantea L., Brasilien. • 6. Fam. Lamellicornia^), Blatthornkäfer. Eine sehr artenreiche und zugleich die grössten Formen in sich einschliessende Familie, in welcher der Dimorphismus der 1) H. Burmeister, Handbuch der Entomologie. Tom. IH— V. Berlin. 1842—1855. E. Mulsant, Histoire nat. des Coleopteres de France. Tom. II. Lamellicornes. Lyon. 1842. Lucaninae. Coprinae. l)5'J heideii Geschlechter wie in keiner andern Familie zur Ausbildung gelangt. Wahrend die sehr variabele Körperform meist gewftibt und gedrungen erscheint, bewahren die Fühlhörner einen sehr characteristischen Typus, von welchem die Bezeichnung der ganzen Gruppe entlehnt wurde. Dieselben sind 7- bis llgliedrig, mit grossem Basal- gliede und fächerförmig verbreiterten (3 — 7) Endgliedern. Bei vielen sind die Vorder- beine zum Graben eingerichtet. Die Hinterflügel zum Tragen des massigen Leibes mit bedeutender Flugfläche. Die weichhüutigen Larven mit hornigem Kopf, langen 4gliedri- gen Fühlhörnern und gekrümmtem Bauche, ohne Ocellen, aber mit mittellangen Beinen und sackförmig erweitertem Hinterleibsende niihren sich theils von Blättern und Wurzeln, theils von putrescirenden pflanzlichen und animalen Substanzen, von Aas und Excrementen und verpuppen sich nach 2- bis Sjiihriger Lebensdauer in einem Cocon unter der Erde. Die ausgebildeten Thiere nähren sich grossentheils von Pflnnzenstoffen und zeichnen sich durch die Länge ihres Darmcanals und die zahlreichen blasenförmigen Erweiterungen der Tracheen aus, welche das Flugvermögen unterstützen. Die Männchen sind in der Regel nicht nur weit grösser als die Weibchen, sondern besitzen auffallende Abweichungen in der Bildung der Fühler, Kiefer und Beine, sowie eigenthümliche zangenartig gegen einander wirkende Hörner und Auswüchse an Kopf und Vorderbrust. 1. Subf. Lucaninae {Fectinicornia). Fühler gekniet, lügliedrig, mit kamm- förmiger Fühlerkeule. Oberkiefer in beiden Geschlechtern meist ungleich. Lucamis L. Kopfschild zwischen den Oberkiefern in einen Fortsatz verlängert, der die Oberlippe ganz bedeckt. Die 4 bis 6 letzten Fühlerglieder nach innen kamm- förmig erweitert. Oberkiefer des Männchens länger als der Kopf, an der Spitze gabel- förmig gespalten. Laden der Unterkiefer pinselförmig. Innenlade sehr klein. Nebeu- zungen in Form zweier horniger pinselartig behaarter Zipfel vorragend. L. cervus L., Hirsciikäler, Schröter. Larve im Mulm aller Eichen. Der Käfer nährt sich von dem ausfliessenden Saft der Eiche. L, capreoliis Sulz, ist eine kleine Varietät. Dorcus M, Leay, D. parallelipipedus L. Platycerus Geoffr., Fl. caraboides L. Aesalus Fabr., Ae. scaraboides Fabr. Sinodendron Fabr., S. cyKndricum Fabr. Ceruchus M. Leay, Scortizus Westw., Chiasognathus Steph. u, z, a. G, Bei Passalits Fabr., einer zahl- reiche tropische Arten umfassenden Gattung ist der mit einer 9Iablfläche versehene Oberkiefer in beiden Geschlechtern gleich. 2. Subf. Coprinae. Fühler gekniet, 9- bis lOgliedrig, mit einen» aus 3 Blättern gebildeten Endknopfe. Vorderbeine zum Scharren umgebildet. Abdomen mit 6 Baucii- schienen. Mittelbeine weit von einander entfernt. Hinterschienen mit 1 Euddorn. Ateuchus Web. Körper breit. Fühler 9gliedrig. Augen klein, in eine obere und untere Hälfte getheilt. Vorderbeine mit fingerförmig gezähnten Schienen ohne Tarsen Leben in wärmern Gegenden der alten Welt und legen die Eier je in eine aus Mist gedrehte Kugel ab (Pillendreher). Diese Kugeln werden unter der Erde vergraben. A. sacer L., Südeuropa und Kordafrika. Sisyphus Latr. Fühler SgUedrig. S. Schaefferi L. , Süddeutschland. Gymno- pleurus 111. Copris Geofl'r. Körper gewölbt mit halbkreisförmigem 2zähnigen Kopf. Fühler 9gliedrig. Kiefertaster lang, fadenförmig. Pronotum des Männchens jederseit: mit einem Hörne und einem mittleren Höcker. Vorderschienen mit 3 grossen Zähnen am Aussenrande. Graben Erdgäiige und legen in dieselben einen Ballen Mist mit je einem Ei ab. C. lunaris L. Onitis Fabr., Bubas Muls. , Heliocopris Hop. u. a. G. Onthopliagus Latr. Fühler Bgliedrig. Hinterbeine verlängert mit an der Spitze verbreiterten Schienen und unten bewimperten Füssen. Ites Glied der Lippentaster kleiner als das 2te. 0. ovatus L., 0. coenobita Fabr. Oniticellus Lep Serv. 42* 060 Geotrupiuae. Troginae. Melolontliinae. 3. Subf. Äphodiinae. Unterscheiden sich von den Copriden vornthnilich durch die einander genäherten Hüften der Miltelbeine und 2 Enddornen der Hinterschienen. Äphodius 111. Oberkiefer mit einem aus hornigen Blättern zusammengesetzten aiahkahne. Flügeldecken walzenlörmig, den Hinterleib bedeckend. Füsse fadenförmig mit deutlichen Klauen. Ä. fossor L., Ä. subterraneus Fabr. Ammoecius Muls., Chiron M. Leay, Hybalus Br., Hybosorus M. Leay (mit lOgüedrigen Fühlern, Hyboso- ridae) 4. Subf. Geotrupinae. Fühler llgliedrig. Nebenstücke der Hinterbrust frei. Geotrupes Latr. Erstes Fühlerglied mit einzelnen sehr langen Haaren besetzt. Fronotum in beiden Geschlechtern ohne Höcker. Zunge 21appig. Vorderschienen am Aussenrande vielzähnig. Leben im Dünger und faulenden Pflanzenstoffen. G. vernalis L., G. stercorarius L. , G. sylvatieus Fabr., G. {Ceratopius) Typhocus L. Lethrus Scop., L. cephalotes Fabr., in den Weinbergen Ungarns, den jungen Trieben des Weinstockes schädlich. Odontaeus Klug., Bolboceras Kirby. 5. Subf. Troginae. Abdomen mit nur 5 Bauchschienen. Nebensei lenslücke der Hinterbrust versteckt. Trox Fabr. Fühler kurz lOgliedrig, mit Sblättriger eiförmiger Keule. Flügel- decken uneben, mit Höckerchen oder Haarbüscheln reihenweise besetzt. Vorderschienen am Aussenrande mit 2 bis 3 Zähnen. Leben in alten trocknen thierischen Ueberreste» und stellen sich bei der Berührung todt. Tr. sabulosus L., Tr. scaber L. Glaresis Erichs., Omorgus Erichs , Äcanthocerus M. Leay u. z. a. G. 6. Subf. Melolontliinae (Phyllophaga). Fühler 7— lOgliedrig, meist mit Sblättri- ger Keule. Kopischild in der Regel durch eine Naht von der Stirn gelrennt. Unter- kiefer gewöhnlich nur mit einem hornigen Lappen, da die Innenlade verkümmert. HoplialW. Fühler 9- bis lOgliedrig, mit kleiner Sbluttriger Keule. Die Aussen- lade des Unterkiefers mit 7 scharfen Zähnen bewaffnet, von denen die 6 untern in 2 Reihen stehen. Hinterfüsse blos mit einer grossen Klaue. H. praticola Duft., H. argentea Pz. Homaloplia Steph. , Serica M. Leay u. z. a, G. Bhizotrogus Latr. Fühler 9- bis lOgliedrig, mit Sblättriger Keule, 3tes und 4tes Glied fast gleich. Lippentasler an der Aussenfläche der Unterlippe angeheftet, mit eiförmigem Endgliede. Fussklauen an der Basis mit kleinem Zahn. Hh. solstitialis L. Anoxia De Cast. (A. pilosa Fabr.), Aplidia Hop., Geotrogus Gu6r. u. z. a. G. Polyphylla Harr. Fühler lOgliedrig, die Keule des Männchens aus 7, des Weib- chens aus 5 Blättern zusammengesetzt. Die äussere Lade des Unterkiefers mit 6 scharfen Zähnen. P. fullo L. Melolontha Fabr. Fühler lOgliedrig, beim Männchen mit 7blättriger, beim Weibchen mit 6blätlriger Fühlerkeule. Unterkieferlade mit 3 bis 4 Zähnen bewaffnet. Jude Fussklaue an der Wurzel mit einem grossen Zahne. M, vulgaris Fabr., Mai- käfer. Die Larve, als Engerling bekannt, nährt sich in der ersten Jugend gesellig lebend von modernden Pflanzenstoffen, später im 2ten und 3ten Jahre von Wurzeln, durch deren Zerstörung sie grossen Schaden anrichtet. Gegen Ende des 4ten Sommers entwickelt sich meist der Käfer aus der in einer glalten runden Höhle liegenden Puppe, verharrt aber bis zum nächsten Frühjahr in der Erde. M. hippocastani Fabr., Pachypus Latr., Elaphocera Gen6. Hier schliessen sich die durch ihre langen fadenförmigen Füsse ausgezeichneten Glaphyrinen nn. Glaphyrus Latr., Anthypna Latr. u. a G. Die als llutelinen gesonderten Gattungen unterscheiden sich durch die ungleichen Fussklauen und dadurch, dass die 3 letzten Sligmenpaare des Hinlerleibs mehr nach aussen gelegen sind als die vordem. Atiisoplia Lep. Ser. (A. crucifera Herbst.), Anomala Sam. (A. vitis Fabr.). Phyllopertha Kirby {Ph. horticola L.). Dynastinae. Cetoniinae. Byrrhidae Dermesticlae. 661 7. Subf. Dynastinae. Kopfschild durch keine Naht von der Stirn getrennt. Flügeldecken die Hinterbrust und den Hinterleib umfassend. Die 3 letzten Hinterlcibs- stigmen nach aussen gerückt. Vorderhüften walzenförmig, zum grossen Theil frei. Hierher gehören die riesigsten Käfer, vornehmlich aus dem tropischen Amerika, mit sehr ausgeprägtem Geschlechtsdimorphisnius. Dynastes Kirby. Stirn des Männchens in ein Hörn verlängert, gegen welches ein noch längeres Hörn des Pronotum bewegt wird. C. Hercules L,, Herkuleskäfcr, Südamerika. Megasoma elephas Fabr. Oryctes III. Fühler lOgliedrig mit Sblättriger Keule. Oberkiefer am Aussen- rande gefranst. Unterkieferlade unbewehrt, Männchen mit htirnhorn. Alle Füsse mit 2 gleichen Klauen. 0. nasicornis L., Nashornkäfer. Die Larve lebt in der Lohe. Phyllognathus Silenus Fabr., Südeuropa. Pentodon Hop., Calicnetnis Lap. 8. Subf. Cetoniinae (Melitophila). Von den Dynastiden vornehmlich dadurch verschieden, dass die Vorderhüflen halb versteckt liegen und mit dem freien Thcile zapfenförniig vorragen. Ceioma Fabr. Kopfschild mehr oder weniger 4eckig. Pronotum beinahe 3eckig, nach vorn stark verengt. Schildchen gross, 3eckig. Aussenrand der Vorderschienen mit 3 Zähnen. C. aurata L., C. marmorata Fabr., Oxythyrca Muls. (0. stictica L.), Gnorimus Lep. Serv. (Cr. nobilis L.), Osmoderma Lep. Serv. (0. eremita Scop.), Trichius Fabr. (Tr. fasciatus L ), Valgus Sor , F. hemipterus L. Hierher gehört auch die durch die gewaltige Länge der männlichen Vorderbeine ausgezeichnete Gattung Euchirus Burm., E. longimanus L., Amboina. Hier schliessen sich an die Familien der Heteroceriden {Heterocerus Fabr.) Parniden [Elmis Latr., Stenelmis Duf., Parnus Fabr.). Letztere, von einem Haar- kleid bedeckt, leben von Wasserpflanzen. Georyssiden {Georyssiis Latr.). 7. Fam. Byrrhidae, Pillenkäfer. Körper kuglig bis eüormig. Fühler 10- bis llgliedrig, allmählig verdickt oder mit mehreren grössern Endgliedern. Die 3 ersten der 5 Bauchschienen unbeweglich. Schenkel mit einer Rinne zum Einlegen der Schienen. Fühler und Beine meist in eigne Rinnen einlegbar. Stellen sich bei der Berührung todt. Nosodendron Latr. Kopf vorgestreckt. Fühler llgliedrig mit grosser 3gliedri- ger Keule. Oberkiefer mit grossem Mahlzahn am Grunde. Beine sehr breitgedrückt und an den Körper anlegbar. N. fasciculare Fabr. Byrrhus L. Kopf in den Prothorax eingezogen. Fühler llgliedrig, vom Iten Gliede an allmählig verdickt. Oberkiefer mit mehrzähniger Spitze und kräftigem Mahl- zahn an der Basis. B. gigas Fabr. Morychus Erichs., Limniclms Latr., Aspidi- phorus Latr. u. z. a. G. Hier schliesst sich die Familie der Trosciden an. 8. Fam. Dermestidae, Speckkäfer. Von länglich ovalem Körper. Fühler meist llgliedrig, keulenförmig, auf der Stirn eingefügt. Stirn meist mit einem Nebenauge. Vorderhüften zapfenlörmig hervorragend und sich nahezu berührend. Abdomen mit 5 Bauchschienen. Ziehen bei der Berührung Fühler und Beine ein und stellen sich todt. Die langgestreckten Larven mit langer zuweilen buschig gruppirter Haarbekleidung, kurzen Fühlern und Beinen, leben von todten Thierstoffen. Aehnlich ernähren sich meist auch die Käfer, wenngleich einige auf Blüthen und in morschem Holze leben. Die haarige Larvenhaut bleibt der Puppe als Hülle. Ättagenus Latr. Stirn mit einfachem Nebenauge. Fühler llgliedrig mit 3 grössern Endgliedern. Mittelbeine genähert. Schienen am Aussenrande mit kleinen Dörnchen. Ä. pelUo L., Pelzkäfer. Megatoma Herbst. Dermestes L. Stirn ohne Nebenauge. Fühler llgliedrig mit 3 grössern End- 662 Cryptophagidae. Cucujidae. Colydiidae. Kitidulidae. cliedeni. Fussklanen einfhch. Oberkiefer nicht geziilint, mit einfacher Spitze und bewimperten Haulsaum am Innenrand. Die Jlännchen haben in der Mitte des 4ten oder des 3ten und 4ten Bauchringes eine kleine Grube, aus welcher ein kleiner Borstenbüschel hervorragt. JD. lardarius L., Speckkiifer, D. murinus L., Bytarus Latr. Anthremis Geoft'r. Stirn mit einfachem Nebenauge. Fühler llgliedrig mit 3gliedriger Keule, oder Sgiiedrig mit 2g!iedriger Keule, oder 5gliedrig mit keulen- förmigem Endgliede. Oberkiefer stumpf gekerbt. Seiten der Vorderbrust mit tiefen Fühlergruben. Ä. scrophulariae L., A. viuseomm L. Trinodes Latr., Orphilus Erichs, u. a. G. 9. Farn. Oryptophagidae. Meist von länglicher Korperform. Fühler vorwiegend llgliedrig mit 1- bis 3gliedriger Keule. Vorder- und Mittelhüften kuglig, in den Gelenkgruben eingeschlossen, die hinlern Hüften quer walzenförmig, etwas von ein- ander abstehend. FUsse 3- bis ögliedrig, im männlichen Geschlecht mit verminderter Zahl Die langgestreckten Larven leben von faulenden Fflanzenstoffen. Mycetopharjus Hellw. (Myeetophagiden). Fühler gegen die Spitze verdickt, mit 4 bis 5 grössern Endgliedern. Hinterfüsse mit 4 unten behaarten Gliedern. Vorder- füsse des Männchens gewöhnlich nur Sgiiedrig. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze, mit einer Haut am Innenrande und einer glatten Mahlfläche am Grunde. Die Larven leben in Baumschwämmen, M. pustulatus L. Triphyllus Latr., Myrmecoxenus Chevr. u. a. G. Lathridius Herbst. (Lathridiinae). Fühler mit 3 grössern Endpliedern. Alle Füsse mit nur 3 einfachen Gliedern. Oberkiefer von zarter fast häutiger Substanz mit femer einfacher Spitze, am Innenrande mit bewimperter Haut. L. lardarius Deg., L. minutus L. Corticaria Marsh., Dasycerus Brogn. u. a. G. Cryptophagus Herbst. Fühler mit 3 grössern Endgliedern. Oberkiefer hinter der Spilze gekerbt. Füsse 5gliedrig, die Hinterfüsse des Männchens mit 4 Gliedern. Cr. cellaris Sc. Lyctiis Fabr. (L. canaliciilatus Fabr.), DipTiyllus Redlb. n. a. G. 10. Fam. Cucujidae. Körper lang und flach. Fühler llgliedrig, meist faden- förmig oder mit 3 grössern Endgliedern. Hinterfüsse des Männchens öfters nur 4gliedrig, selten alle Füsse 4gliedrig. Hüften von einander entfernt. Cucujus Fabr. Fühler kurz schnurförmig. Kopf hinter den Augen nach rück- wärts und auswärts lappenformig erweitert. Hinterfüsse des Männchens 4gliedrig. C. sanyuinolentus L. Prostomis Latr., Brontes Fabr., Dendrophagus Schönh., Lae- mophloeus Dej. u. a. G. 11. Fam. Colydiidae. Körper meist von langgestreckter Form. Fühler 8- bis llgliedrig, sehr selten 4gliedrig. Füsse mit 4 einfachen Gliedern. Hüften der Vorder- beine kuglig, der Hinterbeine querslehend. Colydium Fabr. Fühler llgliedrig mit 3 grössern Endgliedern. Erster Bauch- ring länger als die folgenden. Oberkiefer mit getheilter Spitze, mit bewimperter Haut am Innenrande und quergestreifter Mahlfläche am Grund. Pronotum mit 3 Längs- furcben. C. elongatum Fabr. Oxylaemus Erichs, u. a. G. Sarrotrium 111. Fühler lOgliedrig, spindelförmig, 4tes bis 9tes Glied kurz, borstig. S. clavicorne L. Corticus Latr. 12. Fam. Nitidulidae ^). Fühler meist llgliedrig, gerade, keulenförmig. Füsse Sgiiedrig, die Hinterfüsse selten 4gliedrig. Larven langgestreckt, mit 2gliedrigen Fühlern und 3 Ocellen jederseits. 1) Erichson, Versuch einer systematischen Eintheilung der Nitidularien. Germar's Zeitschrift für Entomol. Tom. IV. Histeridae. Trichopterygidae. Silpliidae. Gü3 Nitidida Fabr. Unterkiefer einlappig. Die 3 ersten Fussglicder erweitert, 4tes Fussglied klein. Flügeldecken mindestens bis zum letzten Hinterleibssegmente ragend. iV. ohscura Fabr. Soronia Erichs. Fria Ki'rby u. a. G. Meligetlies Kirby. Körper eiförmig mit feinem Haarüberzug. Vorderschienou gezähnelt. M. rufipes Gyllh. Ips Fabr. Oberlippe nicht sichtbar. Bei den Weibchen sind meist die Flügel- decken hinten an der Kaht in eine Spitze ausgezogen. I. guttata Fabr. Hhizopha- gus Herbst, Peltis Geoffr. u. z. a. G. Hier schliessen sich die Fhalacriden an. Phalacrus Payk. (Ph. corruscus Fayk,) 13 Farn. Histeridae, Stutzkafer. Fühler gekniet mit einem geringelten End- knopf. Pronotum vorn ausgerandet, hinten genau an die kurzen hinten abgestutzten Flügeldecken angepasst. Erster Banchring sehr lang. Beine einziehbar. Füsse Sgliedrig, die hintern sehr selten 4gliedrig. Leben in faulenden Stoffen, auch in Ameisencolonien. Hister L. Körper dick. Kopf zurückziehbar, unten von einem gerundeten Fortsatz der Vorderbrust bedeckt. Fühlerkeule oval comprimirt. Hinlerschienen am Aussenrand reihenweise mit kleinen Dörnchen besetzt. H. 4 maculatus L., M. terricola (>erm. Hctaerius Erichs., Saprinus Erichs. {S. nitidulus Pz.J. OntopMlus Leach. Fühler auf der Stirn eingefügt. Letztes Glied der Kiefer- taster lang, spindelförmig. Afterdecke ganz auf die Bauchseite geschoben. Pronotum und Flügeldecken mit leistenartigen Streifen. 0. striatus Fabr. Abraeus Leach., Plegaderus Erich?, u. a. G. Hier schliessen sich an die Familien der Scapliidiiden (Scaphidium Oliv). 14. Fam. Trichopterygidae, Haarflügelkäler. Fühler llgliedrig mit 3 grössern Endgliedern, am Rande mit langen Haaren versehen. Füsse 3gliedrig. Klauenglied mit einer Haftborste. Trichopteryx Kirby. Körper breit und flach, seideuaitig behaart. Mittelbrust gekielt. Flügeldecken abgestutzt. Flügel mit sehr langen Fiederborsten. Tr. ato- maria Deg. Ptenidium Erichs., Ptilium Erichs. Hier schliessen sich die Familien der Sphaeriiden an, Sphaerius Waltl. 15. Fam. Silphidae. Fühler 10- bis llgliedrig, selten fadenförmig, meist mit schwacher Eudkeule Abdomen mit 6 Ringen. Vorderhüften zapfenförmig aus den Gelenkgruben hervortretend. Die flachen länglich ovalen Larven besitzen 4gliedrige Fühler und nähren sich von Aas. Auch die Käfer leben von faulenden thierischen und wohl auch vegetabilischen Stoffen und legen an dieselben ihre Eier ab, einige fallen selbst lebende Insekten und Larven an. Angegriffen vertheidigen sich viele durch den Auswurf eines stinkenden Analsekretes. Silpha Fabr. Fühler allmählig und deutlich verdickt oder mit 3 grössern End- gliedern. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Unterkiefer mit einem Hornhaken an der Spitze der innern Lade. S. littoralis Fabr., S. thoracica Fabr., S. ohscura Fabr. Necrophilus Latr., N. subterraneus III., Agyrtes Fröhl., Choleva Latr., Adelops Tellh., Leptoderus Schm. (Augenlos). Necrophorus Fabr., Todlengräber. Fühler kurz mit grossem 4gliedrigen durch- blätterten Endknopf. Innere Kieferlade ohne Hornhaken. Flügeldecken abgestutzt. Männchen mit erweiterten Vorderfüssen. Erzeugen durch Reibung der Flügeldecken ein Geräusch und wittern auf weite Entfernung hin Aas, welches sie mit abgelegten Eiern in der Erde verscharren. N. vespillo Fabr., N. germanicus Fabr., JV. mor- tuorum Fabr. Hier schliessen sich an die Familien der Anisotomiden (Agathidium Hl., Liodes Erichs., Cyrtusa Erichs., Anisotoma Knoch.) und der in Ameisencolonien lebenden Seydmaeniden {Scydmaenus Latr.), Mastigus Latr. u. a. G. 664 Pselaphidae. Staphylinidae. Aleocharinae. Tacbyporinae. Staphylininae etc. 16. Farn. Pselaphidae. Kleine zierliche Ksfer mit verkürzten Flügeldecken lind nur 2- oder Sgliedrigen Füssen. Fühler meist llgliedrig, keulenfürmig verdickt. KiefertHsler sehr gross. Der kurze aus 5 Ringen zusammengesetzte Hinterleib bleibt grossenlheils unbedeckt. Leben im Dunkeln unter Steinen und in Ameisencolonien. Pselaphus Herbst. Kopf vorn in einen Höcker vorspringend, auf vtrelcbem die Fühler eingelenkt sind, Klauenglieder mit nur 1 Klaue. Kiefertaster fast so lang als die Fühler. Ps. Ifeisenierbst. Tt/c/ws Leach., T. niger, Tyrus Auh., Batrisus Aub., Bryaxis Kugl. u. a. ü. Hier schliessen sich die Clavigeriden an mit nur 6gliedrigen Fühlern und sehr kleinen Tastern. Claviger testaceus Freyssl. Sodann die den wärmern Gegenden an- gehörigen Paussiden , die ebenlalls besonders in Ameisencolonien angetroffen werden und wie die Carabiden die Fähigkeit des Bombardirens besitzen. Paussus thoracicilS DoD., Bengalen u. z, a. G. 17. Fam. Staphylinidae^), Kurzdeckflügler. Körper vorwiegend langgestmckt, mit meist llgliedrigen Fühlern und sehr kurzen Flügeldecken. Hinterleib aus 6 oder 7 freien Segmenten zusammengesetzt. Füsse meist Sgliedrig, doch auch mit nur 4 oder 3 Gliedern. Die langgestreckten Larven besitzen 4- bis ögliedrige Fühler und 2 gegliederte Griffel am Hinterleibsende. Larven und Käfer nähren sich von faulenden StoiTen, Blist, Pilzen etc., viele suchen Ameisennestec auf, 1. Subf. Aleocharinae. Fühler vorn am Innenrande der Augen eingefügt. Aleochara Grav. Kopf klein, gegen die Vorderbrust geneigt. Oberkiefer mit • einfacher Spitze. Lippentaster 4gliedrig. Alle Füsse Sgliedrig. A. fuscipes Fabr., A. rufipennis Erichs. Dinarda Mannerh. , Lomechusa Grav., L. strmnosa Grav. Homalota Mannerh. Inneniade der Unterkiefer an der Spitze mit gekrümmten Börstchen besetzt. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Zunge gespalten. Vorderfüsse mit 4, Hinterfüsse mit 5 Gliedern. H. cuspidata Enchs., Oajyjjoda Mannerh., Tachyusa Erichs, u. z. a. G. Myrmedonia. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Die äussere Lade des Unter- kiefers lang, linear. Unterlippe mit kurzen, mit der gespaltenen Zunge gleichlangen Nebenzungen. Leben unter Ameisen. M. canaliculata Fabr. Falagria Leach. 2. Subf. Tachyporinae. Fühler unter dem Seitenrande der Stirn eingefügt. Oberlippe ganzrandig. Tachyporus Grav. Oberkiefer mit 2 halbhornigen an der Spitze bebarteten Lappen. Zunge in 2 vollkommen abgerundete Lappen getheilt. Füsse Sgliedrig. T. erythropterus Erichs. Conurus Steph,, Tachinus Grav., Boletobius Leach., Myceto- porus Mannerh. u. a. G. 3. Subf. Staphylininae. Fühler am Vorderrande der Stirn innerhalb der Ober- kiefer eingefügt. Offiim Steph. Fühler gerade. Unterkiefer mit fadenförmigen Tastern. Unter- lippe mit schmalen Nebenzungen. Hinterleib gleichbreit. 0. ^ilicomis Payk., Xan- tholinus Dahlm. Staphylinus L. Fühler gerade. Kopf gerundet viereckig. Oberkiefer sichel- förmig gebogen. Unterkiefer 21appig, die Taster lang fadenförmig. Unterlippe mit häutiger, in der Mitte ausgebuchteter Zwinge und schmalen langen Nebenzungen. Hüften der Mittelbeine von einander abstehend. St. maxillosus L. Ocypus Steph., Philonthus Leach., Quedius Leach., Oxyporus Fabr. u. a. G. 4. Subf. Paederinae. Fühler unter dem Seitenrand der Stirn eingefügt. 1) Erichson, Genera et species Staphylinoram. Beroiini. 1840. Steninae. Oxytelinae. ümalinae, Hydrophilidae. , 665 Lathrobium Grav. Körper schmal langgestreckt. Fühler gerade radenfOrmig. Oberlippe kurz 2Iappig. Oberkiefer sichelförmig gebogen, in der Mitte mit starkem Zahne. L. elonyatum L. Litocharis ßoisd, Lac. , Stiliciis Latr. , Paederits Fabr. (P. riparius L.), 5. Subf, Steninae. Fühler zwischen den Augen oder am Vorderrande der Stirn eingefügt mit 3 virdicklen Endgliedern. Steniis Latr. Kopf viel breiter als Prothorax mit groesen vorragenden Augen. Flügeldecken viel breiter als Pronotum. Fühler zwischen den Augen eingefügt. Ober- kiefer sichelförmig gebogen, hinter der Spitze gezähnt. St. higuttatus L, Dianous Leach. 6. Subf. Oxytelinae. Fühler unter dem Seitenrande des Kopfes eingefügt. Vorderhüflen kegelförmig vorragend. Füsse 3gliedrig, selten ögliedrig. Bledius Leach. Fühler meist gekniet mit langem ersten Glied. Füsse Sgliedrig. Hinterleib mit aufgeworfenem Seitenrande, unten gewölbt. Die Männchen häufig mit gehörnten Kopf oder Pronotum. B. tricornis Herbst. Oxytelus Grav., Trogophloeus Manncrh. u. a. G. Hier schlicssen sich die Piestinen und Pliloeocharinen an. 7. Subf. Omalinae. Fühler unter dem Seitenrande des Kopfes eingefügt. Stirn mit 2 Kebenauge«. Füsse ögliedrig. Anthophagus Grav. Körper länglich flach gewölbt. Fühler dünn, fadenförmig. Oberkieter vor der Spitze gezähnt. Zunge 2Iappig häutig. Fussklauen innen mit freiem Hautläppchen. A. alpinus Fabr. Omalium Grav. Fühler gegen die Spitze leicht verdickt. Oberkiefer ungezähnt. 0. rivulare Payk. Antliohium Leach. u. z. a. G. Die Proteininen unterscheidin sich vornehmlich durch den Mangel der Neben- augen. Proteinus Latr., Micropeplus Latr. u. a. G. 18. Fam. Hydrophilidae^) {Palpicornia). Mit kurzen 6- bis 9gliedrigen keulenförmigen Fühlern und langen Maxillartastern , welche oft die Fühler überragen. Füsse Sgliedrig. Grossentheils träge Thiere, welche sich von Pflanzen ernähren und in Pfützen unbehülflich schwimmen. Einige halten sich auch auf dem Lande unter Hoos, im Mist etc. auf. Die Eier werden oft in einer Art Cocon abgelegt. Hydrophilus Geoffr. Körper lang eiförmig. Fühler 9gliedrig, 2tes Glied kegel- förmig. Prothorax nach vorn verengt. Spitze der Hinterbrust über die Hinterhüften weit hinausragend. Hinterbeine Schwimmbeine. H. piceus L., in stehenden Gewässern, mit grossem eiförmigen Körper, dessen dichtbehaarte ßrustfläche von den zahlreichen zwischen den Haaren suspendirten Luftbläschen eine silberglänzende Beschaffenheii besitzt. Eine grosse Tracheenblase zwischen Brust und Hinterleib unterstützt das Schwimm- und Flugvermögen. Die Eier werden in einer birnförmigen Kapsel abge- legt, deren gekrümmten röhrenartig verlängerten Hals das Weibchen an Wasserpflanzen befestigt. Die langgestreckten mit grossen Beisszaiigen ausgestatteten Larven leben von Schnecken und verpuppen sich am Ufer in feuchter Erde. H. aterrimus Eschsch. Sydrous caraboides L., Hydrobius fuscipes L. u. z. a. Hydrochus Germ. Fühler 7gliedrig mit Sgliedriger Keule. Flügeldecken meist mit stark erhabenen Streifen. Von den 5 Ringen des Bauchs sind die 4 vordem der Quere nach gekielt. H. angustattis Germ. 1) Vgl. ausser Mulsant I. c. Solier, Observations sur la tribu des Hydro- pbiliens etc. Ann. de la Soc, entom. Tom. HI. Miger, Memoire sur la ponte et les metamorphoses du grand Hydrophilus piceus. Ann. du nius. d'hist. nat Tom, XIV. 666 Dytiscidae. Gryrinidae. Carabidae. Ochtlicbius Leach. Fühler 9gliedrig mit 5gliednger Keule. Lippentaster sehr kurz. Vorderbrust niciit gekielt. 0. pygmaeiis Fabr. Hydraena Kugl. Cercyon Leach. Körper eiförmig oder halbkuglig. Erstes Fussglied länger als die übrigen. Fühler 9giiedrig mit 3gliedriger Keule. C. Jiaeviorrhoidale Fabr. Sphaeridium Fabr. u. a. G. 19. Farn. Dytiscidae^). Schwimmkäfer. Mit abgeflachtem ovalen Körper, fadenförmigen 10- oder llgiiedrigen Fühlern und breiten mit Borsten besetzten Schwimmbeinen, von denen besonders die weit zurückstehenden Hinterbeine durch den dichten Besatz von Schwimmhaaren zum Rudern taugüch werden. Die Hinter- beine sind nur in wagerechter Richtung beweglich. Mundtheile kräftig entwickelt, mit tasterförmiger Aussenlade der Maxillen. Der Hinterleib mit 7 freien Bauchschienen, von denen die drei ersten verschmolzen sind. Im männlichen Geschlechte erscheinen die 3 vordem Tarsalglieder des ersten Beinpaares zu Haftscheiben erweitert. Die lang- gestreckten Larven besitzen 4gliedrige Fühler, lange 5gUedrige Brustbeine und 6 Ocellen jederseits am Kopf. Hire Mundwerkzeuge sind zum Beissen und Saugen zugleich eingerichtet, indem die 2 grossen und spitzen sichelförmigen Mandibeln von einer in den Oeso- phagus führenden Saugröhre durchsetzt werden. Larven und Kater leben im stehenden Wass'er, athmen mit emporgehaltenem Hinterleibsende, schwimmen vortrefflich und nähren sich vom Raube kleiner Wasserthiere. Viele fliegen aber ebenso geschickt und verlassen in der Dunkelheit das Wasser, überwintern auch theilweise unter Moos- Sie besitzen Glandulae odoriferae, welche um die Ränder des Prothorax eine stinkende milchige Flüssigkeit zur Vertheidigung austreten lassen. Die grössern Arten greifen die Brut von Fröschen, Tritonen und Fischen an und werden Fischteichen sehr schädlich. Haliplus Lalr. Fühler lOgliedrig, auf der Stirn eingefügt. Hinterhüften blatt- förmig erweitert. Körper länglich eilörmig, dick. Hinterrand des Pronotums an Stelle des fehlenden Schiidchens in eine Spitze verlängert. H. flavicollis Sturm. Hyphydrus Hl. Körper kuglig eiförmig. Fühler llgliedrig. Schildchen nicht sichtbar. Die 4 vordem Fusse nur mit 4 deutlichen Gliedern. Hinterfüsse mit 2 un- gleichen Klauen. H. ovatus L. Hydroporus Clairv. Von Hyphydrus durch die 2 gleichen beweglichen Klauen der fadenförmigen Hinterfüsse verschieden. H. inaequalis Fabr. Laceophilus Leach. Colyvibetes Clairv. Schildchen deutlich. Fortsatz der Vorderbrust gegen die Hinterbrust spitzig. Vorderfüsse 5gliedrig, bei dem Männchen erweitert. Hinterfüsse mit 2 ungleichen Klauen. G. fuscus L. Ilybius Erichs., Agabus Leach. Bytiscus L. Körper länglich eiförmig, flach gewölbt. Schildchen deutlich. Letzter Bauchring am After deutlich ausgerandet. Flügeldecken des Weibchens meist gefurcht. B. latissimus L., B. marginalis Sturm. Cybister Eoeselii Fabr., Äcilius suleatKS L., Hydaticus cinereus L. 20. Fam. Gyrinidae, Fühler mit ohrförmigem Grundglied , aus welchem die übrigen Glieder in Form einer kleinen Spindel hervorragen. 2 Augen an der Ober- seite und 2 an der Unterseite des Kopfes. Bauch aus 6 Ringen gebildet. Schwimmen in kreiselnder Bewegung an der Oberfläche stehender Gewässer. Gyrinus L. Letzter Bauchring frei, an der Spitze gerundet. Flügeldecken mit Punktstreifen. G. mergus Ahr., Oreetochilus Eschsch., Enhydrus Lap., Gyretes Br. u. a. G. 21. Fam. Caräbidaef), Laufkäfer. Mit llgiiedrigen fadenförmigen Fühlern, kräftigen zangenförmigen Mandibeln und Laufbeinen. Die innere hornige Maxillarlade 1) Erichson, Genera Dytiscorum. Berolini. 1832. 2) Dejean, Species genera des Coleopteres. Tom. I— V. Paris. 1825—31. Carabidae. 667 ist am freien Rande gebartet nnd endet zuweilen mit beweglichem Zahne (Cicindelinen), die äussere Lade ist 2gliedrig und lasterfönnig. Im männlichen Geschlechte sind die Tarsalglieder der vorderen, seltener der mittleren Beine erweitert. Der Hinterleib zeigt 6 bis 8 Biuichschienen, von denen die 3 vordem vei wachsen sind. Alle nähren sich von animalen Substanzen und sind Kaubkäfer, worauf sowohl der Bau der Kiefer als die Bildung des Nahrutigscanales hinweist. Dieser letztere zeichnet sich durch den Besitz eines Kropfes am Ende des Oesophagus und eines muskulösen Vormagens, so- wie durch einen zottigen Chylusdarm aus. Der Enddarm nimmt die Ausführungsgänge zweier Annldrüsen auf. Das Flugvermrtgen ist im Allgemeinen weniger ausgebildet und lallt hier und da bei verwachsenen Elytren vollkommen hinweg, dagegen laufen alle rasch und behend, gehen aber der Mehrzahl nach erst Nachts auf Beute aus. Die langgestreckten Larven besitzen 4g'iiedrige Fühler, 4 bis 6 Ocellen jederseits, sichel- förmig vorstehende Fresszangen und ziemlich lange 5gliedrige Beine. Sie nähren sich ebenfalls vom Raube. Bembidium {Bemhidiinae). Innenrand der Vorderschienen mit tiefem Ausschnitt vor der Spitze. Vorderschienen aussen einfach. Hinterleib in beiden Geschlechtern aus 6 sichtbaren Ringen gebildet. Endglied der Kiefertaster sehr klein, pfriemenförmig. Vorderfüsse des Männchens mit 2 schwach erweiterten Gliedern. B. areolatum Crtz., B. flavipes L. Anillus Jacq, Val. Trechus Clairv. {Trechinae). Körper unbehaart. Kopf mit langen Fühlern, 2 starken Längsfurchen auf der Stirn und grossen Augen. Pronotum mehr oder minder herzförmig. Endglied der Kiefertaster mindestens so gross als das vorausgehende Glied, zugespitzt. Vorderfüsse des Männchens mit 2 erweiterten dreieckigen oder herzförmigen Gliedern. Tr. palpaWs Dej. Anophthalmus Strm. (Blinde Höhlenbewohner), Om- pJireus Dej., Pogonus Dej. u. a. G. Harpalus Lalr. {Harpalinae). An den Fühlern sind nur die 2 ersten Glieder unbehaart. Vorderfüsse des Männchens mit 4 erweiterten Gliedern. Oberlippe kaum ausgerandet Flügeldecken nicht abgestutzt. Letztes Tasterglied spindelförmig. S. aeneus Fabr., H. azureus Fabr., H. ruficornis Fabr. Acupalpus Latr., Stenolophtis Dej., Amhlystomus Erichs, u. z. a. G. Feronia Latr. (Feroniinae). Vorderfüsse des Männchens mit 3 sehr stark er- weiterten Gliedern. Klauen einfach. Vorderschienen /nit einem Dorn an der Spitze. Letztes Glied der Kiefertaster walzenförmig, abgestutzt. F. metdllica Fabr. Broscus vulgaris Fabr., Zäbrus gibbus Fabr., Amara communis Gyllenh., Taphria Bon. u. z. a. G. AncJiomemis Bon. Endglied der Taster walzenförmig. Viertes Fussglied drei- eckig oder schwach herzförmig. Kinnzahn mit einfacher Spitze. A. prasinus Fabr. Calathus Bon., Pristonychus Dej. Chlaenius ßm. (Chlaeniinae). Körperform länglich. Vordertüsse des Männchens mit 2 bis 3 erweiterten abgerundeten oder viereckigen Gliedern. Endglied der Taster walzenförmig. Kinnzahn an der Spitze getheilt. Flügeldecken meist grün. Ch. vestitus Fabr. Callistus lanaUts B., Panagaeus crux major L. u. a. G. Clivina Lalr. (^Scaritinae). Vorderschienen mehr oder minder ausgerandet mit tiefem Ausschnitt vor der Spi'ze. Vorderschenkel bedeutend verdickt. Innenrand des Oberkiefers in der Mitte mit mehreren Zähnen. Endglied der Taster spitz eiförmig. Cl. fossor L. Scarites Fabr., Sc. arenarius Bon. Brachinus Web. (BracJiininae). Vorderschienen aussen einfach. Hinterleib des Weibchens aus 7, des Männchens aus 8 äusserlich sichtbaren Ringen zusammen- gesetzt. Ausrandung des Kinns ohne Zahn. Fussglieder und Klauen einfach. Br. crepitans L. , Bombardirkäfer. 668 7. Ordnung: Hymenoptera, Hautflügler. Lehia Latr. (Lehiinae). Hinterleib 6ringelig. Flügeldecken am Ende abge- stutzt. Ausrandiing des Kinns ohne Zahn. Fnssklauen kammförmig gezähnt. L. cyanocephala L. Dromius 4 macidatus L. , Demetrius Bon. u. a. G. Carabus L. (Carabinae). Vorderschienen ohne Ausschnitt, mit 2 Enddornen an der Spitze. Ausrandung des Kinns mit einem spitzigen den Seitenlappen gleich langen Zahn. Vorderbrust zwischen den Mittelhüften erweitert. C. auratus L. Pro- crustes coriaceus L., Calosoma inqiiisitor L., G sycoplianta L., Nebria Latr., Leistus Fröhl. , Cychrus Fabr. Elaphrus Fabr. Augen stark vorspringend. Kopf breiter als Pronotum, dieses schmäler als die Flügeldecken. Ausrandung des Kinns mit einem doppelten Zahn. Mittelbrust ohne ürube. E. riparius Fabr. Omophron Latr, (Omophroninae). Körper kurz-eilörmig, hochgewölbt. Schildchen von dem Hinterende des Prothorax bedeckt. Vorderbrust in eine breite mit der Hinter- brust zusammenslossende und die Miltelbrust ganz bedeckende Platte endigend. 0. linibatum Fabr. Mormolyce Hagb. Kopf sehr langgestreckt mit sehr langen Fühlern. Pronotum fast rhomboidal mit gezacktem Seitenrand. Flügeldecken sehr breit, blattförmig aus- gedehnt. M. phyllodes Hagb., Java. Cicindela (Cicindelidae). Oberkiefer mit 3 Zähnen hinter der Spitze. Unler- kieferlade mit beweglichem Nagel an der Spitze. Lippentaster viel kürzer als die Kiefertaster. Die Larven graben Gänge unter der Erde, besitzen einen breiten Kopf, sehr grosse sichelförmig gekrümmte Kiefer und tragen am Rücken des 8ten Leibes- segmenles 2 Hornbaken zum Festhalten in dem Gange, an dessen Mündung sie auf Beute lauern. C. campestris L. Manticora Fabr., MegacephaJa Latr. 7. Ordnung: Hymenoptera'), Hautflügler. Insekten mit beissenden und leckenden Mundwerkzeugen, mit ver- wachsenem Prothorax, vier häutigen, wenig geäderten Flügeln und vollkommener Metamorphose. Der Körper hat in der Regel eine langgestreckte, oft lineare Gestalt und besitzt einen frei beweglichen Kopf mit grossen, im männlichen 1) J. L. Christ, Naturgeschichte, Classifikation und Nomenklatur der Insekten vom Bienen-, Wespen- und Ameisengeschlechte. Frankfurt. 1791. P. A. Latreille, Bist. nat. de Fourmis. Paris. 1802. J. C. Fabricius, Systema Piezalorum. Braunschweig. 1804. P. Huber, Recherches sur les moeurs des Fourmis indigfenes. Genfeve. 1810. C. Graven borst, Ichneumonologia Europaea. 3 vols. Vratislaviae. 1829. Lepeletier de St. Fargeau, Hist. nat. des Insectes. Hymenopteres 4 vols. Taris. 1836-46. J. Th. C. Ratzeburg, Die Ichneumonen der Forstinsekten. 3 Bände. Berlin. 1844-52. G. Dahlbom, Hymenoptera Europaea, praecipue borealia. Lund. 1845. K. Moebius, Die Nester der geselligen Wespen. Hamburg. 1856. A. V. Berlepsch, Die Biene und die Bienenzucht. Mühlhausen. 2. Aufl. 1865. Ganin, Ueber die Embryonalhülle der Hymenopteren- und Lepidopleren- Embryonen. M6m. de l'Acad, St. Petersbourg. VII. S^r. Tom. XIV. 1869. Fühler, Mundwerkzeuge und Flügel. 669 Geschlechte fast zusaramenstossenden Netzaugen und drei Ocellen. Die deutlich hervortretenden Fühler lassen gewöhnlich ein grosses gestrecktes Basalglied (Schaft) und 11 bis 12 nachfolgende kürzere Glieder (Geissei) unterscheiden, oder sind ungebrochen und bestehen dann aus einer grössern Gliederzaiil. Die Mundwerkzeuge sind beissend und leckend, Oberhppe und Mandibeln wie bei Käfern und Orthopteren gebildet. Maxillen und Unterlippe dagegen verlängert, zum Lecken eingerichtet, in der Ruhe häufig knieförmig umgelegt. Bei den Bienen kann die Zunge durch bedeutende Streckung die Form eines Saugrüssels annehmen, in diesen P'ällen verlängern sich auch die Kieferladen in ähnlicher Aus- dehnung und bilden eine Art Scheide in der Umgebung der Zunge. Die Kiefertaster sind meist sechsgliedrig, die Labialtaster dagegen nur viergliedrig , können sich aber auch auf eine geringere Gliederzahl reduciren. Wie bei den Lepidopteren und Dipteren tritt der Prothorax in eine feste Verbindung mit den nachfolgenden Brustringen , indem wenigstens das Pronotum mit Ausnahme der Blatt- und Holzwespen mit dem Mesonotum verschmilzt, während das rudimentäre Prosternum frei- beweglich bleibt. Am Mesothorax finden sich über der Basis der Vorder- flügel zwei kleine bewegliche Deckschuppen (Tegulae), und hinter dem Scutellum bildet sich der vordere Theil des Metanotum zu dem Hinter- schildchen (Fostscutellum) aus. Beide Flügelpaare sind häutig, durch- sichtig und von wenigen Adern durchsetzt, die vordem beträchtlich grösser als die hintern, von deren Aussenrand kleine übergreifende Häkchen entspringen, welche sich an dem untern Ptande der Vorder- flügel befestigen und die Verbindung beider Flügelpaare herstellen. Zu- weilen fehlen sie einem der beiden Geschlechter oder bei den gesellig lebenden Hymenoptern den Arbeitern. Die Beine besitzen fünfgliedrige meist verbreiterte Tarsen mit langem ersten Tarsalgliede. Selten schliesst sich der Hinterleib nahezu in seiner ganzen Breite dem Thorax an (sitzend), in der Regel verengert sich das erste oder die beiden ersten Segmente des Abdomens zu einem dünnen die Befestigung mit dem Thorax vermittelnden Stile (gestilt). Im weiblichen Geschlechte endet der Hinterleib mit einem in der Regel eingezogenen Legestachel (Tere&ra) oder Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Entwicklungsgeschichte bei den Insekten. Zeitschr. für wiss. Zool. 1869. 0. Butschli, Zur Entwicklungsgeschichte der Biene. Zeitschr. für wiss, Zool. Tom. XX. 1870. Kowalevsky I. c. V. Sieboid, Beiträge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig. 1871. Eichstadter Bienenzeitung (mit Aufsätzen von Dzierzon, v. Siel)oid, Leuckart u. A.). Vergl. zahlreiche Werke und Aufsätze von L. Dufour, Jurine, De Saussure, Gerstäcker etc. 670 Nervensystem. Darm. Larven. Giftstachel (Äculeus), welche aus einer äussern oft zweiklappigen Scheide und mehreren in denselben beweglichen Stacheln zusammengesetzt sind. Das Nervensystem besteht aus einem grossen complicirt gebauten Gehirn, zwei Brustknoten (da die Ganglien des Meso- und Metathorax verschmolzen sind) und fünf bis sechs Ganglien des Hinterleibes. Der Darm erreicht häufig eine bedeutende Länge, namentlich bei den Haut- flüglern, welche sich bei einer längern Lebensdauer um die Pflege und Ernährung der Brut kümmern und ist mit umfangreichen Speicheldrüsen ausgestattet; meist erweitert sich der enge Oesophagus zu einem Saug- magen, seltener zu einem kugligen Kaumagen (Ameisen). Die Zahl der in den Dünndarm einmündenden kurzen Malpighischen Gefässe ist eine sehr beträchtliche. Dem ausdauernden Flugvermögen entspricht die Entwicklung der Tracheen, deren Längsstämme blasige Erweiterungen bilden, von denen zwei an der Basis des Hinterleibes durch ihre Grösse hervortreten. Die weiblichen Geschlechtsorgane besitzen meist sehr zahlreiche (bis zu hundert) vielfächrige Eiröhren und ein grosses Recepta- culum seminis mit Anhangsdrüse, während eine gesonderte Begattungs- tasche fehlt. Da wo ein Giftstachel auftritt, sind fadenförmige oder verästelte Giftdrüsen mit gemeinsamer Giftblase und in die Stachelscheide mündenden Ausführungsgänge vorhanden. Im männlichen Geschlechte verbinden sich mit den Samenleitern der beiden Hoden zwei accessorische Drüsen, während der gemeinsame Ductus ejaculatorius mit einem um- fangreichen ausstülpbaren Penis endet. Mit Ausnahme der Blatt wespen und Holzwespen sind die Larven lusslos und leben entweder parasitisch im Leibe von Insecten und Pflanzen, oder in Bruträumen sowohl von pflanzlichen wie von thierischen Stoffen. Jene, den Schmetterlingsraupen ähnlich, haben ausser den sechs Thoracalbeinen sechs bis acht Paare von Abdominalfüssen und leben frei von Blättern; diese finden das Nahrungsmaterial in ihren Zellen und werden zum Theil während ihres Heranwachsens gefüttert. Auch entbehren sie der x\fteröffnung, da der blindgeschlossene Magen mit dem die Malpighischen Gefässe aufnehmenden Enddarm nicht communicirt. Die meisten Larven spinnen sich zur Verpuppung eine unregelmässige Hülle oder einen festeren Cocon aus seidenartigen Fäden. Die Lebensweise der Hymenopteren ist durch die comphcirten Leistungen der Weibchen, welche vorzugsweise auf die Erhaltung der Nachkommenschaft Bezug haben , reich an interessanten Zügen. Wohl die meisten Hymenopterenweibchen begnügen sich damit, passende Orte zum Ablegen der Eier aufzusuchen, welche den ausschlüpfenden Larven Nahrung und Schutz, die Hauptbedingungen zur Entwicklung, gewähren. Die Gallwespen z. B. setzen die Eier unter die Oberhaut bestimmter Pflanzen, die sie mittelst ihrer Legestachel durchbohrt haben, im Pflanzen- parenchyme ab und veranlassen die Entstehung von Gallen, deren Säfte Lebensweise. Brutpflege. 671 den ausschlüpfenden Larven zur Nahrung dienen. Die Schlupfwespen stechen die Haut anderer Insekten an und legen die Eier in deren Leihesraum oder auch oberflächlich ab, ja es gibt unter ihnen Formen (Hemiteles), deren Eier an Larven von anderen Schlupfwespen (5raco«if?ert), welche in Schmetterlingsraupen schmarotzen, abgesetzt werden. Andere dringen in Nester von Bienen, Wespen und Hummeln ein und bringen ihre Eier in deren Zellen, wo die ausschlüpfenden Larven entweder von der Brut der Bewohner {Ghrysis in den Wohnungen von Grabwespen oder von solitären Bienen) oder von dem zur Ernährung der Brut an- gehäuften Proviante leben (die Schmarotzerbienen: Nomada, Melecta), In andern Fällen aber bauen die weiblichen Hymenoptern Wohnungen für ihre Brut und tragen in dieselben geeignetes Ernährungsmaterial. Die Grabwespen legen Gänge und Röhren in sandigem Erdboden an und höhlen in deren Grunde zellige Räume aus, in welche sie bestimmte, durch den Stich zwar gelähmte, aber noch lebende Insekten zur Ernährung der Brut hineinschaffen. Die solitären Wespen und Bienen bauen eben- falls in sehr verschiedener Weise Nester in der Erde und im Sande oder in trockenem Holze und zwar für jedes Ei eine besondere Zelle, welche sie meist mit Honig und Pflanzenstoffen, seltener mit animalen Substanzen füllen. W^ährend die Holzbiene {Xylocopa violacea) im morschen Holze Röhren bohrt und diese durch Querscheidewände in eine Anzahl mit je einem Ei und Proviant besetzter Zellen abtheilt, baut die Mauerbiene. (Megachile muraria) aus Thon und verkitteten Sandkörnern wie aus einer Art Mörtel Nester, welche sie an Mauern hängt oder zwischen Steinen befestigt. Eine andere Biene {M. centim- cularis) gräbt Löcher in die Erde und verfertigt in denselben ihre Zellen aus abgebissenen und verklebten Stückchen von Rosenblättern. In zahl- reichen Fällen aber bauen sich viele Weibchen in der Nähe an und gründen gemeinsame Gallerien und grössere Wohnungen. Aus der Lebensweise dieser Gruppe von Hymenopteren , die wir noch zu den solitären rechnen, weil eine auf Arbeitstheilung gegründete staatliche Organisation fehlt, lässt sich vielleicht die Einrichtung und Lebensweise der in organisirten Gesellschaften vereinigten Hymenopteren, der Ameisen, zahlreicher Wespen, der Hummeln und der Honigbiene durch Ueber- gänge ableiten, indem sich die Zahl der eierlegenden Weibchen reducirt, dagegen eine Generation von geschlechtlich verkümmerten Weibchen auftritt, welcher die Besorgung der Arbeiten, der Bau der Wohnungen, die Vertheidigung und Herbeischaff"ung von Nahrungsmaterial obliegt. Die P]xistenz dieser dritten Formengruppe neben den Geschlechtsthieren ist wesentliche Bedingung für das Zusammenleben in grössern Gesell- schaften mit streng gegliederter Arbeitstheilung. Die Arbeiter, früher mit Unrecht für vollständig geschlechtslos gehalten und desshalb Neutra genannt, sind Weibchen mit verkümmerten Geschlechts- und Begattungs- 672 Embryonale Entwicklung. Terebrantia. Organen, meist geflügelt, zuweilen indess auch flügellos. Dieselben können aber bei den verschiedenen Arten mehr oder minder häufig un- befruchtete, zu männlichen Hymenopteren sich entwickelnde Eier legen. Die Wohnungen der gesellig in Staaten vereinigten Hymenopteren werden aus verschiedenen Stoff'en (zernagtem Holz, Wachs) in der Erde und in hohlen Bäumen, oft mit grosser Regelmässigkeit und bewunderungs- würdiger Kunst angelegt, und die ausgeschlüpften Larven mit wenigen Ausnahmen in ihren Zellen mit pflanzlichen oder animalen Substanzen gefüttert. Die embryonale Entwicklung ist vornehmlich am Ei der Honig- biene verfolgt worden. Hier entstehen die ersten Blastodermzellen am obern etwas breitern Eipole als schwache mit Kernen versehene Er- hebungen des Protoplasma (Kowalevsky). Wenn der ganze Dotter von der Zellhaut des Blastoderms bedeckt ist, bildet sich zuerst am vordem, später auch am Hinterende zwischen Blastoderm und Dotter ein mit Flüssigkeit gefüllter Raum, sodann entsteht am Vorderende eine ähnliche schildförmige Verdickung wie bei Hyärophilus nebst Querfalte (Kopffalte) und Längsrinne, die sich vorn durch Verwachsung der Ränder schliesst und nur am hintern Theile offen bleibt. Auch die Embryonal- häute bilden sich ähnlich wie dort, doch mit dem Unterschiede, dass der Vorgang viel näher am Eipole stattfindet. Abweichend gestaltet sich die embryonale Entwicklung der Ptero- malinen, deren Eier des Ernährungsdotters entbehren und auf einer bestimmten Entwicklungsstufe 3 Zellen umschliessen , von denen die Centralzelle die Embryonalanlage, die 2 andern das Amnion bilden. 1. Terebrantia. Weibchen mit einer Legeröhre oder Legebohrer {Terehra), der frei am Hinterleibsende hervorsteht und zuweilen zurück- gezogen werden kann. Trochanteren zweiringelig. Larven phytophag, raupenähnlich. Abdomen sitzend. 1. Farn. Tenthredinidae^), Blattwespen. Mit ungebrochenen, vielgliedrigen, an der Spitze verdickten beim Männchen zuweilen gekämmten Fühlern und sitzendem, achtringligem Hinterleib, an dessen Bauchfläche der kurze Legebohrer entspringt. Der- selbe besteht aus einer zweiklappigen Scheide und dem eigentlichen Bohrer, der wieder aus einem rinnenfOrmigen Dorsalstück und 2 sägeartig gezähnten ventralen Borsten zusammengesetzt ist. Unterkieferladen getrennt; Zunge tief dreitheilig. Vorderschienen mit 2 Dornen. Die Larven selten mit 3, meist mit 9 bis 11 Fusspaaren, raupenähnlich. Die Weibchen legen die Eier in die Haut von Blättern, der Stich veranlasst einen Zufluss von Pflanzensäften, durch deren Imbibition das Ei an Grösse zunimmt. Die aus- schlüpfenden Larven nähren sich von Blättern, leben in der Jugend oft in gemeinsamen 1) F. Klug, Die Blatlwespen nach ihren Gattungen und Arten zusammengestellt. Mag. < er Gesellsch. naturf. Freunde M. VI. VUL Dahlbom, ConspeclusTenthredinidum, Siricidum etc. Scandiiiaviae. Havniae. 1835. Th. Hartig, Die Familien der Blattwespen und Holzwespen. Berlin. 1837. Vergl ferner die Arbeiten von Fallen, Ratzeburg 1. c. u. a. Uroceridae. 673 Gesellschiiften und verpuppen sich in einem Cocon. Von den Hnupen unterscheiden sie sich durch die grössere Zahl der Fnsspaare und durch die beiden Punktaugen de» hornigen Kopfes. Lyda Fabr. (Pamphüius Latr.). Fühler 19- bis 36gliedrig, borstenförmig. Hinterleib flach eiförmig. Flügel mit 2 Radial- und 4 Cubitalzellen. Die Schienen der Hinterbeine mit 3 Seitendornen. Die Larven haben ausser den hornigen Brust- füssen nur 2 Schieber hinten am Abdomen, leben gesellig in Gespinnsten und ver- puppen sich in der Erde. L. betulae L., L. campestris Fabr. Xi/ela Dalm. (3Iasti' gocera Klg.). Mit vorstehender Terebra und 13gliedrigen Fühlern. Tarpa Fabr. Mit 15 — ISgliedrigen Fühlern und nur 2 Seitendornen der Hinter- schienen. T. plagiocephala Fabr. Lophyrus Latr. Mit 17— SOgliedrigen, gesägten, beim Männchen gekämmten Fühlern. Flügel mit nur einer Radial- und 4 Cubitalzellen. Larven mit 22 Füssen. L. pini L., Kiefernblattwespe. Tenthredo L. Fühler 9— llgliedrig. Flügel mit 2 Radial- und 4 Cubitalzellen. Larven mit 20—22 Füssen. T. Scolaris Klg., auf Weiden. T. {Athalia) spirtarum Fabr., Larven auf Raps, selten auf Rosen. T. {Seiandria) cerasi L, T. {Allantus) nigerrima Klg., auf Eschen. Cladius III. Fühler 9gliedrig, beim Männchen zuweilen gekämmt. Flügel mit 1 Radial- und 4 Cubitalzellen. Jede der 2 rücklaufenden Adern einer Cubitalzelle entspringend. CU difformis Panz. , Larven auf Rosenblättern. Nematus Jur. Fühler 9gliedrig. Flügel mit 1 Radial- und 4 Cubitalzellen. Die 2 rücklaufenden Adern der 2ten Cubitalzelle entspringend. N. ventricosus Klg., Larve auf Stachelbeeren. Die Eier entwickeln sich parthenogenetisch. Bei Dolerus und Emphytus Klg. finden sich 2 Radial- und 3 Cubitalzellen. Hylotoma Fabr. Fühler Sgliedrig, mit sehr langem Endgliede. Flügel mit 1 Radial- und 4, beziehungsweise 3 (^Ptilia) Cubitalzellen. H. rosarum Fabr., Rosen- blattwespe. Schizocerus Latr. Citnbex OViv. Körper gross und kräftig. Fühler kurz, keulenförmig, 5— 7gliedrig, Flügel mit 2 Radial- und 3 Cubitalzellen. Larven mit 22 Füssen. C. femorata L. == variabilis Klg. Die grossen grünen Larven mit dunkeln Rückenstriemen leben auf Weiden. Äbia Leach. , A. sericea L. Amasis Leach. 2. Fam. Uroceridae^), Holzwespen. Fühler ungebrochen, fadenförmig, viel- gliedrig. Vorderschienen mit einem Enddorn. Hinterleib walzenförmig oder abge- flacht, 9ringelig mit gespaltener erster Dorsalplatte und meist langem, freivorstehendem Legebohrer. Dieser besieht aus 2 seitlichen plattenartigen Stäben und 3 gesagten an einander verschiebbaren Stacheln. Die Larven mit nur 3 Beinpaaren. Die Weibchen bohren Holz an und legen ihre Eier in dasselbe. Die ausschlüpfenden Larven bohren sich im Holze weiter und haben eine beträchtliche Lebensdauer. Cephus Fabr. Fühler 22gliedrig, gegen die Spitze bin verdickt. Hinterleib seitlich comprimirt. Flügel mit 2 Radial- und 4 Cubitalzellen. Kiefertaster lang 6gliedrig. Lippentaster 4gliedrig. C. pygmaeus L., Getreidehnlmwespe. Larve dem Weizen schädlich. Xiphydria Latr. Sirex L. Fühler lang, 16— 24gliedrig. Kielertaster rudimentär. Lippentaster 2-3gliedrig. Flügel mit 2 Radial- und 3 bis 4 Cubitalzellen. Hinterleib des Weib- 1) L. Dufour, Recherches anatomiques sur les Hym^nopteres de la iamille des üroc^rates. Ann. scienc. nat. IV. S6r. Tom. I. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 43 074 Cynipidae. chcns walzig, des Männchens etwas niedergedrückt, S. gigas L., Riesenholzwespe. S. jiivencus L. Xyloterus Htg. Oryssus Latr. Fühler unmittelbar über den Mandibeln entspringend, 10- bis llgliedrig Maxiilartaster lang, Sgliedrig. Lippentaster 3gliedrig Flügel mit 1 Radial- iind 2 Ciibitalzcllen, Hinterleib länglich eiförmig mit haarfeinem Legebohrer, 0. vespertilio Fahr, 2. Entomophaga ^). Hinterleib gestielt, Weibchen mit frei vor- stehendem Legestachel. Larven fusslos und ohne After, meist in den Larven anderer Insekten schmarotzend, 1. Farn. Cynipidae^), Gallwespen. Fühlernicht gebrochen, fadenförmig, lang, 13— 16gliedrig. Kiefer mit breiter häutiger Lade und 4 — 6gliedrigem Taster. Vorderflügel mit 1 Radialzelle. Thorax buckellörmig erhoben. Hinterleib meist kurz, seitlich com- primirt. Der an der Bauchseite desselben entspringende Legebohrer wird in der Regel eingezogen und besteht aus einer 2klappigen Scheide und 3 bogenförmig gekrümmten Borsten. Die Weibchen bohren Pflanzentheile an und erzeugen durch den Reiz einer ausflie.-senden scharfen Flüssigkeit unter abnormen Zufluss von Pflanzensäften die als Gallen bekannten Auswüchse, in denen entweder eine oder zahlreiche fusslose Larven ihre Währung finden. Wegen des Gehaltes an Gerbsäure finden gewisse Gallen eine officinelle Verwendung, namentlich die kleinasiatischen {Aleppo) Eichengallen. Von manchen Arten sind bis jetzt nur Weibchen bekannt, deren Eier sich parthenogenetisch entwickeln. Gynipsh. Fühler 14gliedrig, die 7 bis 8 Endglieder kürzer und dicker. Kiefer- taster 5gliedrig, Lippenlaster Sgliedrig. Thorax bucklig, behaart. Radialzelle der Vorder- flUgel lanzetförmig. Erstes Hinterleibssegment sehr gross. Die Weibchen erzeugen durch ihren Stich Gallen. C. quereus fölii L. erzeugt die kugligen Gallen der Eich- blätler. C. gallae tinctoriae Fabr. erzeugt die zur Dinte benutzten Levantischen Gallen an Quereus infectoria. C. corticis L. EhodiUs Hrlg., Bh. rosae L. erzeugt den Bedeguar der Rosen. Biorhiza aptera Fabr., Andricus Hrlg u. a. G. Die folgenden Gattungen enthalten nur Schmarotzer: Synergiis Hrlg. Fühler 14 — 15gliedrig. Kiefertaster .ögliedrig, Lippentaster 2gliedrig. Brustseite und Basis des grossen ersten Hinterleibsringes fein gefurcht. Vorderflügel mit breiter und kurzer Radialzelle. Die Weibchen legen ihre Eier in Gallen ab. S. vulgaris Fabr. Figites Latr. Fühler des Männchens 14gliedrig, des Weibchens 13gliedrig. Kieferlaster Sgliedrig, Lippentaster Sgliedrig. Am Hinterleib ist der 2te Ring sehr gross. Badlalzelle sehr breit. F. scutellaris Latr., Parasit der Sarcophagamade. Anacharis Dülm., Eucoila Westw. Ibalta Latr, Körper langgestreckt, mit langem messerförmigen Hinterleib und kräftigen Hinterbeinen, Ichneumon-ähnlich. Fühler des Männchens ISgliedrig, des Weibchens ISgliedrig. Radialzeile sehr lang und schmal. I. cuUellator Lair., Allotria Westw. u. a. G. 1) Gravenhorst, Ichneumologia Europaea. 3 vol. Vratislaviae, 1829. Ratzeburg, Die Ichneumonen derForstinsekten. Berlin.1844— 1852. Tom LH. III. 2) Th. Hartig, lieber die Familie der Gallwespen. Germar's Zeitschr. für Entom Tom. II. lil. iV. 1840—1843. Vgl. ferner Westwood, Brandt und Ratzeburg, v. Burgsdorf undGiraud. Pteromalidae. Braconidae. 675 2. Farn. Pteromalidae '). Meist sehr kleine bunt gefärbte Schlupfwespen mit jjebrochenen 6 — 15glie(lripen Fühlern. VorderflUjjel nur mit deutlich nusgeprägter Vorderrandsader ohne rUciiinufende Ader. Kiefertaster meist 4gliedrig. Lippentaster 2- bis Sgliedrig. Hinterleib der Männchen meist 7gliedrig, der Weibchen ögiiedrig. Der Legebohrer entspringt zuweilen {Clialcidinae) weit von dem Hinlerleibsende ent- fernt. Die Larven schmarotzen in allen mftgÜclien Insektenlarven, häufig auch in Parasiten und durchlaufen eine complicirte durch die Aufeinanderfolge sehr verschiedener Stadien höchst merkwürdige Metamorphose. Bei einem in Cecidomyialarven parasiti- schen Platygaster erinnert die erste Larvenform an die Copepoden oder noch mehr an Motiferen und ist von Ganin geradezu als Cyclopsähnliche Larvenform bezeichnet worden. Dieselbe besitzt ein grosses mit 2 kleinen Antennen und 2 grossen Krallenfüssen besetztes Kopfsegment und 5 nach hinten verschmälerte Leibesringe, von denen der letzte mit Furca-ähnlichem Schwanzanhange endet. Die zweite nach ertolgter Häutung frei gewordene Larvenlorm hat das letzte Abdominalsejment nebst der Furca, sowie die Gliederung der Leibessegmente eingcbüsst und erfährt eine Reihe merk- würdiger Veränderungen, weiche an die Embryonalvorgänge des Insektenei's erinnern. Es bildet sich ein Keim:itreifen mit Seitenplalten des Kopftheils, ferner die Anlage der Geschlechtsdrüsen, Schlund und Speicheldrüsen. Nach abermaliger Häutung tritt die 3te Larvenform hervor mit gegliedertem aus 14 Segmenten bestehenden Leib, kleinen hakenförmigen Mandibeln, mit Tracheen, Fetlkörper und Imaginalscheiben. Nun häutet sich die Larve noch einmal und geht unter der abgehobenen zur Puppenscheide ge- wordenen Haut in die Puppe über. Aehnlich verhält sich die Entwickhing bei Teleas, Pteromalus Swed. Fühler an der Stirn befestigt, beim Männchen länger. Brust meist mit schuppig punktirter Sculptur. Abdomen fast sitzend mit verborgenem Legebohrer. Hintersciiienen mit Enddorn. Pt. puparum L., Pt. bimaculatus Spin, u. z. a. A. Pachyeeras ßatzbg., Encyrtus Lalr. Teleas Latr. Fühler dicht über dem Munde eingefügt, 12gliedrig, mit etwas gekrümmter Geissei, Hinterleib undeutlich gcstill. Hinterbeine mit verdicktem Hüft- glied. T, clavicornis Lalr., T. terebrans Ratzbg. Ceraphron Latr. Platygaster Lntr. Fühler mehr als 2 mal so lang als der Kopf, meist lOgliedrig, mit langem Schaft und am Ende verdickter Geissei. Kiefertastcr 2gliedrig. Flügel ohne Adern. Farbe schwarz. Pt. nodicornis Nees, Pt. contorticornis Ratzbg. Ana- phes Holid., Proctotrupes Latr., Diapria Latr., Helorus Latr. u. z. a, Perüampus Latr. Fühler kurz, llgliedrig. Thorax mit Grübchen. Hinterleib kurz, eiförmig, sitzend. Farbe metallisch. P. auratus Dalm. Eurytoma III. Fühler 9- bis lOgliedrig. Hinterleib kurz gestilt, Kiefertaster Sgliedrig. Lippentaster Sgliedrig. E. nodularis Dalm. Chalcis Fabr., Leucospis Fabr. u. z. a. G. 3. Fam. Braconidae*). Fühler lang und meist vielgliedrig. Flügel mit einem 1) Ausser Spinola, Dalman, Gr-a venhorst, Ratzeburg vergl. Boheman Skandinaviska Pteromaliner. Vet. Akad. Handl. 1833 und 1835. F. Walker, Monographia Chaiciditum. Entom. Mag. Tom I — V. G. Newport, On the anatomy and developcment of certain Chalcididae and Ichneumonidae. Transact. Lin. Soc. Tom. XXI. A. Förster, Beiträge zur Monographie der Pteromalinen. Aachen. 1842. Derselbe, Hymenopterologische Studien. 2. Heft. Aachen. 1856. 2) C. Westmael, Monographie des ßracouides de Belgique. Bruxelles. 1835. G76 Ichneumonidae. Evaniadae. ziirUckhuifeDden Nerven, meist mit 2 oder 3 Cubilalzellen. Die erste Cubitalzelle von der Discoidalzelle gelrennt. Kiefertaster 5— 6gliedrig. Lippentaster 3- und 4gliedrig. Hinterleib oft nur aus 3 bis 4 Segmenten zusammengesetzt. Verfolgen vornehmlich die im absterbenden Holze lebenden Kalerlarven. Aphidius Kees. Kopf nach unten geneigt. Fühler 12 -24gliedrig. Mesothorax stark gewölbt. Hinterleib gestilt. Leben grossentheils von Blattläusen. A. rosarum Nees, A. aphidivorus Ratzbg. Brachistes Wesm., Alysia Latr., Perilitus Nees u. z. a. G. Microgaster Latr. Fühler lang, meist ISgliedrig. Kopf mit engem Scheitel und grossen stark behaarten Augen. Radialnerv unvollständig. Hinterleib sitzend. M. glommeratus L. u. z. a. A. Bhitigaster Weslw., Sigalphus Nees, Helcon Nee«, Agaihis Latr. Bracon Fabr. Kopischild tief ausgeschnitten, zwischen demselben und dem Oberkiefer eine runde OelTnung. Scheitel breit. Fühler vielgliedrig. 2te Cubitalzelle lang. Hinterleib sitzend mit verengter Basis. Legebohrer und Klappen vorstehend, oft lang. Br. impostor Scop., Br. palpebrator Ratzbg., Spathius Nees, Bogas Nees, Cheloniis Jur. u. z. a. G. 4. Fam. Ichneumonidae*). Fühler lang, vielgliedrig. Vorderflügel mit 2 zurücklaufenden Nerven. Die erste Cubitalzelle mit der dahinter liegenden Discoidal- zelle verschmolzen, die 2te wenn vorhanden sehr klein. Hinterleib mit mindestens 5 Segmenten , mit meist vorstehender Legeröhre. Ichneumon Grav. Körper kräftig und schlank. Die 2te Cubitalzelle 5eckig. Schildchen flach. Hinterleib deutlich gestill, langgestreckt. Legebohrer versteckt. /. incuhitor L., I. stimidator Grav., J. {Trogus) lutorius Ratzbg. Tryphon Grav. Fühler von Körperlänge. Zweite Cubitalzelle klein, Seckig oder verkümmert. Hinterleib fast gestilt, seitlich wenig comprimirt mit sehr kurzem Lege- bohrer. Tr. nigriceps (Jrav. Mesolephus Grav. M. exornatus Grav., Exochus Grav., Bassus Grav. u. z. a. G. Cryptus Fabr. Fühler und Beine sehr lang und dünn. Männchen mit lanzet- iörmig linearem, Weibchen mit länglich eiförmigem gestillen Hinterleib. Legebohrer vorstehend. Zweite Cubitalzelle Seckig. Cr. cyanator Grav. Hemiteles Grav. {H. fulvipes Grav.), Pezomachus Grav., Mesostenus Grav. u. a. G. Fimpla Fabr. Fühler dünn, höchstens so lang als der Körper, zweite Cubital- zelle deutlich. Flintcrleib langgestreckt, oben gewölbt, sitzend, mit langem frei vor- stehenden Legebohrer. P. flavipes Grav., P. {Ephialtes) manifestator L. Glypta Grav., Bhyssa Grav. u. a. G. Ophion Fabr. Fühler lang, meist mehr als 60gliedrig. Die erste Cubitalzelle nimmt beide rücklaufende Nerven auf. Hinterleib gestilt, seitlich comprimirt. Oph. lutetis L. Campoplex Grav., Anomalen Grav. u. a. G. 5. Fam. Evaniadae-). Fühler mit höchstens 16 Gliedern. Hinterleib am vordem Theil des Metathorax eingefügt, mit langem oft vorragenden Legebohrer. Vorderflügel mit deutlichen Radial- und 1—3 Cubilalzellen. Hinterflügel beinahe ohne Adern. Evania Latr. Flügel mit nur 1 Cubitalzelle. Hinlerleib sehr kurz, dünn gestilt, 1) Nees ab Esenbeck, Hymenopterornm Ichneumonibus affinium monographiae 2 Vol. Stultaartiae. 1834. 2) J. 0. Westwood, On Evania and some allied. genera of Hymenoplerous Insccls. Traasac. Ent. Soc. Tom, IH. Formicidae. 677 am Vorderrande des Metathorax entspringend ohne vortretenden Legebolirer. i'. appendigaster L. Focnus Fabr. Flügel mit 2 Cubitalzellen. Hinterleib sehr lang, hinten erweitert mit haarfeinem Legebohrer. F. jaculator L. AuJacus Jur. Flügel mit 3 Cubitalzellen. Hinterleih in der Mitte dfs M-nn- thorax angeheftet. Ä. striatus Jur. ; 2. Äculeata. Mit zurückziehbarem durchbohrten Giftstacht-i luiü Giftdrüse im weiblichen Geschlecht. Der Hinterleib stets gestilt, üip Fühler der Männchen meist ISgliedrig, der Weibchen 12gliedng. i' ■ Larven fusslos und ohne Afterötfnung. 1. Fam. Formicidae^), Ameisen. Fühler geknickt, im männlichen Gescl; ' - oft mit sehr kurzem Schaft, häufig gegen die Spitze verdickt. Oberkiefer kraftig, J • Unterlippe mit kleiner häutiger Zunge und 2- bis 4gliedrigen Lippentaslern. Am Hintei- leibe bildet das erste Segment eine oder 2 Schuppen. Die Ameisen leben gesellig in gemeinsamen Staaten, welche neben den geflü- gelten Männchen und Weibchen iingeflügelte Arbeiter mit stärkerm Prothorax und von geringerer Grösse, aber in Ueberzahl enthalten. Nach der Grösse des Kopfes und der Kiefer zerfallen die letzteren zuweilen wieder in zwei Formenreiheu, in Soldaten und eigentliche Arbeiter. Wie die Weibchen sind auch die Arbeiter als verkümmerte Weibchen mit einer Giftdrüse versehen, deren saures Secret (Ameisensäure) sie ent- weder mit Hülfe des Giftstachels entleeren oder beim Mangel des letzteren in die von den Mandibeln gemachte Wunde einspiitzen. Die Bauten der Ameisen bestehen aus Gängen und Höhlungen, welche entweder in morschen Bäumen oder in der Erde, in hügelartig aufgetragenen Haufen, angelegt sind. Wintervorräthe werden in diese Räume nicht eingetragen, da die .Arbeiterameisen, die mit den Königinnen allein in der Tiele ihrer Wohnungen überwintern, in eine Art Winterschlaf verfallen. Im Frühjahr finden sich neben den Arbeilern Königinnen, aus deren Eier Larven hervorgehn, welche von den Arbeitern sorgfältig gepflegt, gefüttert und vertheidigt werden. Dieselben ver- wandeln sich in eiförmigen seidenzarten Cocons zu Puppen (Ameiseneierj und ent- wickeln sich theils zu Arbeitern, theils zu den geflügelten Geschlechtslhieren , die bei uns früher oder später im Laufe des Sommers erscheinen und sich im Fluge begatten Nach der Begattung gehen die Männchen zu Grunde, die Weibchen aber verlieren die Flügel und werden von den Arbeitern in die Bauten zur Eierablage zurückgetragen oder gründen auch mit einem Theile der Arbeiter neue Staaten. In den Tropen- gegenden unternehmen die Ameisen oft in ungeheuren Schaaren gemeinsame Wan- derungen und werden zu einer wahren Plage, indem sie in die Häuser eindringen und alles Essbare zerstören. Sauba m Brasilien (Atta cephalotes). Nützlich aber erweisen sie sich durch die Kämpfe mit den Termiten , die sie überfallen und tödten. Viele Arten, insbesondere der Gattung Eciton, sind Raubameisen und überfallen andere Ameisencolonien. Gewisse Arten sollen sich in Kämpfe mit fremden Ameisenstaaten 1) P. Huber, Recherches sur les raoeurs des Fourmis indig^nes. GenCve. 1810. Latreille, Histoire naturelle des Fourmis. Paris. 1802. A. Förster, Hymenopterologische Studien. 1. Heft. Aachen. 1850. F. Smith, Essay on the genera and species of British Formicidae. Transact. Ent. Soc. 2 Ser. Tom. III und IV, Derselbe, Catalogue of Hymenopterous Insects in the coli, of the Brit, Museum. London. 1858. 678 Chrysididae. eirtlassen, deren Brut rauben nnd zur Dienstleistung in ihren eigenen Bauten erziehen, f Amazonenstaaten. F.rufa, rufescens). Unbestreitbar ist die relativ hohe Lebeusstufe, über welche die eingehenden Beobachtungen P. Huber 's einigen Aufschluss gegeben haben. Man kann nach diesem kaum bezweifeln, dass Ameisen Gedächtniss haben, dass sie sich unter einander erkennen, Mittheilungen austauschen und sich zu gemeinsamen Arbeiten er- mnntern. Sie halten sich Blattläuse gewissermassen als melkende Kühe, tragen Vor- rSthe in ihre Wohnungen, bauen Strassen und errichten Tunnels selbst unter breiten Flüssen, sie ziehen in geordneten Colonnen in den Kampf aus und opfern ihr Leben todrsmuthig für die Gesammlheit, Im Contrast zu den Baubzügen der Sclaven- staaten stehen die freundschaftlichen Beziehungen der Ameisen zu anderen Insekten, welche als Mymiecophilen in den Ameisenbauten sich aulhalten. (Larven von Cetonia, Myrmecopliüa, zahlreiche kleine Käfer und deren Larven). Die Nahrung der Ameisen ist sowohl eine vegetabilische als animale, besonders lieben sie süsse, zuckerhaltige Pflanzensäfte, Früchte und die Secrete der Blattläuse, deren Honigröhren sie ausmeiken. Auch die Leichname kleinerer und grösserer Thiere verzehren sie in kurzer Zeit bis auf die festen üeberreste. Formica L. Fühler über dem Clypeus entspringend. Kiefertaster 6gliedrig, Lippentaster 4gliedrig. Das erste Ilinterleibssegment bildet eine linsenförmige Schuppe. Giftstachel fehlt. F. herculanea L., F. rufa L. u. z. a. A. Polyergus Latr. u. a. G. Ponera Latr. Maxillartasler 6gliedrig, Lippentaster 4gliedrig. Schuppe dick knotenförmig. Hinterleib zwischen dem zweiten und dritten Segment eingeschnürt. Weihchen und Arbeiter mit Giftstachel. P. contracta Latr. Andere Arten bewohnen die Tropen. P. foetens Fabr. Odontomaehus Latr. Myrmica Latr. Erstes Segment mit 2 Knoten. Maxillartaster 6gliedrig, so lang oder länger als die Maxillen. Metanotuni fast immer mit Dornen. Ocellen fehlen den Arbeitern. Weibchen und Arbeiter mit GiftstacheL M. nüidula Nyl., M. graminicola Latr., M. acervonim Fabr. u. z. a. A. Atta Fabr. Mit kürzern nur 4- oder 5gliedrigen Maxillartastern und ohne Dornen des Metanotums. A. cephalotes Fabr., Südamerika. Eciton Latr. Ohne Facettenaugen, Baubameisen , deren Arbeiter in Gross- köpfige und Kleinköpfige sich scheiden. Erstere haben bei manchen Arten sehr lange Kiefer. E. hamata Fabr., E. legionis Bates, Brasilien. Verwandt ist die Gattung Cryptoeerus Latr., deren Arten in hohlen Aesten wohnen. Die grossen Arbeiter mit monströsen Köpfen sieht man immer müssig, ihre Funktion ist nicht bekannt. Cr. clypeatus Fabr. 2. Fam. Clirysididae ^), Goldwespen. Körper metallisch glänzend, mit grünen, blauen oder kupferrothen Farben. Fühler gebrochen, mit kurzem Stile, ISgliedrig. Ocellen deutlich. Maxillartasler 5gliedrig, Lippentaster Sgliedrig. Trochanteren einfach. Vorderflügel mit einer nach aussen nicht geschlossenen Cubitalzelle. Hinterleib kurz gestilt. die letzten Segmente in der Buhe eingezogen. Die Weibchen legen ihre Eier in die Nester anderer Hymenoptern, namentlich Grabwespen, mit denen sie bei dieser Gelegenheit Kämpfe zu bestehen haben. Chrysis L. Mandibeln mit einfacher Spitze. Unterlippe nicht ausgerandet. 1) Klug, Versuch einer systematischen Aufstellung der Insektenfamilie der Chrysididae. Berlin. Monatsber. 1839. W. Shuckard, Description of the genera and species of Brit. Chrysididae. Eotom. Mag. IV. G. Dahlbom, Hyn»enoptera EiKepaoa praecipue borealia. Tom. H. Berolini. 1854. Heterogyna. Fossfiria. 679 Hinterleib 3rinpelig, unten ausgehöhlt, Endaegment mit gezähntem Rande. Ch. ignita L. Euchroeus Latr. Parnopes Latr. Zunge und Unterkiefer zur Bildung eines einlegbaren Rüssels verlängert, mit kleinen verkümmerten Tastern. Hinterleib unten ausgeholt, beim Männchen mit 4, beim Weibchen mit 3 Ringen. P. carnea Latr. Stilbuni Spin., Spintharis Kig. Hedyclirum Latr. Mandibeln Szähnig, Kiefertaster Sgliedrig, Lippentaster Sgliedrig. Zunge herzförmig. Hinterleib fast halbkuglig, unten ausgehölt, Sringeiig. H. lucidulum Fabr. Cleptes Latr. Fühler kurz. Mandibeln 2spitzig. Hinterleib unten nicht aus- gehölt, zugespitzt eiförmig, beim Männchen Sringiig. Cl. semiaurata Latr. 3. Farn. Heterogyna ^) (Mutillidae, Scoliadae). Männchen und Weibchen in Form, Grösse und Fühlerbnu sehr verschieden. Fühler der Männchen lang, der Weib- chen kurz. Ocellen vorhanden. Kiefertaster 6gliedrig, Lippentasler 4gHedrig. Die Weibchen mit verkürzten Flügeln oder flügellos, leben solilär und legen ihre £ier an andern Insekten oder in Bienennestern ab, ohne sich um die Ernährung und Pflege der Brut zu kümmern. Mutilla L. {Mutilidae). Weibchen ungeflügelt. Beine stachlig und behaört. Fühler gebrochen, erstes Glied beim Weibchen stark verlängert. Thoracairinge des Weibchens verschmolzen. Hinterleib länglich eiförmig. M. europaea L. Methoca Latr. Fühler in beiden Geschlechtern ungebrochen. Weibchen ameisenähnlich, Männchen {Tengyra Latr.) mit langem zugespitzten Hinterleib. 31. ichneumonea Latr. Thynnus Fabr., Myrmecodes Latr., Tachyptents Guer., Myrmosa Latr., Apterogyna Latr. u a. G. Scolia [Scoliadae). Beide Geschlechter geflügelt. Fühler des Männchens lang und gerade, des Weibchens kurz und gebrochen. Vorderbrust mit tief ausgerandeteni Hinterrand. Die 3te Cubitalzelle, wenn vorhanden, klein und 3eckig. Beine dicht behaart und stachlig. Sc. hortorum Fabr. Die Larve lebt an der des Nashornkäfers parasitisch. Sc. bicincta Ross. Ulis Fabr. Tiphia Fabr. Schenkel und Schienen des Weibchens sehr kurz. Flügel mit nur 2 Cubitalzellen, von denen die erste fast doppelt so lang als die zweite ist. T.femorata Fabr. Sapyga Latr. Fühler des Männchens nur wenig verlängert. Die 2le Cubital- zelle am kleinsten, viereckig. Die Beine nicht bestachelt, glatt. S. pacca Fabr., Parasit von Osmia. 4. Fam. Fossoria *), Grabwespen. Solitär lebende Hymenopteren mit unge- 1) J. 0. Westwood, Hlustrations of some species of Australian Thynnidoeus Insects. Arch. Ent. Tom. H. H. Burmeister, üebersicht der Brasilian. Mutillen. Abb. der nalnrf. Gesells. zu Halle. 1854, Derselbe, Bemerkungen über den allgemeinen Bau und die Geschiechls- unterschiede bei den Arten der Gattung Scolia. Ebendas. H. de Saussure, Description de diverses esp^ces nouvelles de la genre Scolia. Ann. SOG. Entom. 3 s^r. Tom. VI. 2) Ausser Smith, Dahlhom, v. Siebold u. a. vergl. W. Shuckard, Essay on Ihe indigenous fossorial Hymenoplera. London. 1837. C. Wesmael, Revue critique des Hymänoptöres fouisseurs de ßelgique. Bull. Acad. Belg. Tom. XVIII. Fahre, Observations sur les moeurs des Cerceris, sowie Etudes sur l'instinct et les metamorphoses des Sphegiens. Ann. de« sc. nat. 4 sör. IV. und VI. 680 Pompiliuae. Sphecinae. brochenen Fühlern und verlängerten Beinen, deren Schienen mit Ifingcn Dornen und Stacheln bewaffnet sind. Ocellen meist deutlich. Der gestilte Hinterleib zeigt meist 7 Segmente und endet mit einem glatten, der Widerhaken entbehrenden Giftstachel. Die Weibchen graben Gänge und Röhren meist in der Erde und legen am Ende der- selben ihre Brntzellen an, welche je mit einem Eie und thierischem Ernahrungsmoterial für die aussclilüptende Larve besetzt werden. Einige (Bemhex) tragen den in offenen Zellen heranwachsenden Larven täglich frisches Futter zu, andere haben in der ge- schlossenen Zelle soviel Insekten angehäuft, als die Larve zur Entwicklung braucht. In dem letzlern Falle sind die herbeigetragencn 'Insekten nicht vollends getödtet, sondern blos durch einen Stich in das Bauchmark gelähmt. Meist erbeuten die ein- zelnen Arten ganz bestimmte Insekten (Raupen, Curculioniden, Buprestiden, Acridier etc.), die sie in höchst überraschender Weise bewältigen und lähmen. Cerceris bupresticida gehl z. B. auf den Raub von Buprestes aus, während C. Dufourii den Cleoniis ophthahnicus wählt. Die Grabwespe ergreift den Kopf des Käfers mit den Mandiheln und senkt den Giftstachel zwischen die Einlenkungsstelle des Prothorax, in die Ganglien der l5rust ein. Sphex flavipennis , welche dreizellige Räume am Ende eines 2 bis 3 Zoll langen horizontalen Ganges anlegt, geht auf den Raub von Gryllen, Sphex albisecta auf Erbeutung von OedipodaHrlen aus. Die erstere gewinnt nach mehr- fachem Umherwälzen die Bauchfläche der Grylle, fasst das Ende des Hinterleibes mit den Kieferzangen, stammt die Vorderbeine gegen die Hiuterschenkel , die Hinterbeine gegen den Kopf und sticht sowohl in die Einlenkungsstelle des Kopfes als in die Ver- hindungshaut von Pro- und Mesosternum, Mit Leichtigkeit trägt sie das gelähmte In- sekt nach dem Brutraum, legt dasselbe zuerst am Eingange nieder, untersucht die Räume der Wohnung und schafft erst dann den unbehülflichen Körper in die Zelle. Ammopliüa holosericea versorgt jede ihrer Brutzellen mit 4 bis 5 Raupen , A. sdbu- losa und argentata nur mit einer sehr grossen Raupe, welche durch einen Stich in ein mittleres fussloses Körpersegment gelähmt worden ist. Oxybelus uniglumis sticht Dipteren an, wird aber von Tachinarien (Miltogramma conica) heimgesucht. Bembex rostrata füttert ihre Larven mit Fliegen. Es gibt indessen auch Schmarotzergrabwespen, deren Weibchen ihre Eier in die gefüllten Brutzellen anderer Sphegiden legen, z. B. Tacliytes tricolor. 1. Snbf. Pompilinae. Prothorax vergrössert und seitlich bis zur Flügelwurzel verlängert. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen. Beine sehr stark verlängert. Salttts Fabr. Körper sehr schmal, Prothorax hinten ausgerandet, last frei. S. b color Fabr. Pompilus Fabr. Kiefertaster beträchtlich verlängert, hängend. Oberlippe unter dem Kopfschild mehr oder minder versteckt. P, viaticus L. Aporus Spin., Ceropales Lalr., Ctenocerus Dahlb., Priocnemis Schdt. 2, Subf. Sphecinae. Prothorax ringförmig, nicht zur Flügelwurzel reichend. Vordeiflügel mit 3 geschlossenen Cubitalzellen. Bembex Fabr. Fühler kurz gebrochen. Oberlippe schnabelförmig vorstehend. Mandiheln sichelförmig, Kiefer und Unterlippe rüsselförmig verlängert, mit kurzen Tasiern. B. rostrata l , Larra Fabr., Nysson Latr., Tachr/tes Panz., Phüanthus Fabr. u. a. G. Cerceris Latr. Fühler gegen die Spitze leicht verdickt, gebrochen. Zweite Cubitalzelle klein , gestilt. Mittelschiene mit 1 Sporn. Erster Hinteileibsring schmal und stark abgeschnürt, auch die nachfolgenden Ringe sind scharf abgesetzt, C. arenaria L., C. bupresticida L. Duf. Ammophila Kirb. Fühler fadenförmig. Kopf breiter als der Thorax. Man- diheln stark verlängert. Taster lang und dünn. Mittelschienen mit 2 Sporen. Hinter- Crabroninae. Vespidae. 6S1 leib mit langem 2ringligen Stil. Die 2te Seckige Cubitalzelle nimmt beide rUcklaufende Nerven auf. A. sabulosa L. Psammophila Dalilb., Pelopaeus Latr. u. a. G. Sphex Fabr. Fühler ladenfönnig. Kopf von Thoraxbreite. Wandibeln lang, gebogen. Hinterleib kurz gestilt. Sp. Latrcilli Giier., Chile. Hier schliessen sich die nur mit 2 Cubitalzellen versehenen Gattungen Dinetus Jur., Pemphredon Latr. u. a. an. 3. Subf. Crabroninae. Prothorax ringförmig, die Flügelwurzel nicht erreichend. Vorderflügel mit nur einer Cubitalzelle. Oxybelus Latr, Kopf quer. Fühler kurz, kaum gebrochen. Hinterschildchen jederseils mit vorstehender Schuppe, in der Mitte mit einem starken Dorn. 0. uni- glumis L. Das Weibchen trägt Fliegen ein. An ihren Larven leben die von Milto- gramma conica, einer Tachinarie, parasitisch. Crabro Fabr. Kopf dick mit kurzen gebrochenen Fühlern. Postscutellum un- bcwehrt. Cr. cribrarius L. 5, Farn. Vespidae^}, Wespen. Mit schlankem glatten Leibe und schmalen der Länge nach zusammenfaltbaren Vorderflügeln. P'ühler meist deutlich gebrochen, meist 12- oder ISgliedrig. Oberkiefer hervorstehend und schief abgestutzt. Unter- kiefer und llnterlippe oft verlängert, letztere mit Kebenzungen und mit 3- bis 4glied- rigem Taster. Die Vorderflügel mit 2 bis 3 Cubitalzellen. Leben bald in Gesell- schaften, bald solitär, im erstem Falle sind auch die Arbeiter geflügelt. Die Weibchen der solitär lebenden Wespen bauen ihre Brutzellen im Sande, an Stengeln von Pflanzen aus Sand und Lehm und füllen sie sehr selten mit Honig, in der Regel mit herbei- getragenen Insekten, namentlich Raupen und Spinnen, wodurch sie sich in ihrer Lebensweise den Grabwespen anschliessen. Die gesellschaftlich vereinigten Wespen nähern sich in der Organisation ihres Zusammenlebens den Bienen. Ihre Nester bauen sie aus zernagtem Holze, welches sie zu pappenartigen Platten verarbeiten und zur Anlage regelmässig 6eckiger Zellen verkleben. Entweder werden die aus einer ein- fachen Lage aneinandergefügter Zellen gebildeten Waben frei an Baumzweigen oder in Erdlöchern und hohlen Bäumen aufgehängt oder mit einem gemeinsamen blättrigen Aussenbau umgeben, an dessen unterer Fläche das Flugloch bleibt. In diesem Falle besteht der Innenbau häufig aus mehreren wagrecht aufgehängten Waben, welche wie Etagen übereinander liegen und durch Strebepfeiler verbunden sind. Die Oeffnungen der 6eckigen vertical gestellten Zellen sind nach unten gerichtet. Die Anlage eines jeden Wespenbaues wird im Frühjahr von einem einzigen, im Herbste des verflossenen Jahres befruchteten und überwinterten Weibchen angelegt, welches im Laufe des Frühjahrs und Sommers Arbeiter erzeugt, die ihm bei der Vergrösserung des Baues und bei der Erziehung der Brut zur Seile stehen und nicbt selten auch, namentlich die grössern im Laufe des Sommers erzeugten Formen, an der Eierlage sich betheiligen und parthenogenetisch zu männlichen Wespen sich entwickelnde Eier legen. Die Larven werden mit zerkauten Insekten gefüttert und verwandeln sich in einem zarten Gespiiinst innerhalb der zugedeckten Zellen in die Puppen. Die ausgebildeten Thiere nähren sich in der Regel von süssen Substanzen. Erst im Spätsommer treten Weibchen und Männchen auf, welche sich im Fluge hoch in der Luft begatten. Die letztern gehen bald zu Grunde, wie sich überhaupt der gesammte Wespenstaat im Herbste auflöst, die befruchteten Weibchen dagegen überwintern unter Steinen und Moos, um im nächsten Jahre einzeln neue Staaten zu gründen. 1) H. de Saussure, Etudes sur la famille des Vespides. 3 Vol. Paris. 1852—1857. C. Moebius, Die Nester der geselligen Wespen. Abhandl. der naturf. GeselU. in Hamburg. Tom. II. 1856. 682 Masarinae. Eumeninae. Polistinae. Apidae. Andreninae. 1. Subf. Masarinae. Solitäre Wespen, deren Vorderflügel nur 2 Cubitalzellen besitzen und nur unvollkommen faltbar sind. Masaris Fabr. Fühler des Männchens lang gekeult, des Weibchens kurz und wenig deutlich gegliedert. Kiefertaster rudimentär. Unterlippe ebne Nebenzungen. M. vespiformis Fabr., Ceramius Latr., Celonites Latr. 2. Subf. Eumeninae. Solitäre Wespen mit 3 Cubitalzellen der Vorderflügel, mit meist schmalen Mandibeln und gezähnten Fussklauen. Odynerus Latr. Hinterleib kurz gestilt. Zunge lang, zweizipfelig, mit kürzern Mebenzungen, die mit einer zweizähnigen Klaue endigen. Basalglied der Lippentasler verlängert. 0. parietum L. Eumenes Latr. Oberkiefer sehr lang und zugespitzt, scheerenförmig übereinander greifend. Maxiilartaster 6gliedrig. Zunge 2lappig mit langen fadentürmigen Para- glossen. deren beide ßasalglieder sehr verlängert sein können, ßasalglied des Hinter- leibs dünn stilförmig, viel enger als das zweite. E. coarctata Fanz. Pterochilus Klg. , Synagris Latr., Bhaphiglossus Sauss. u. a. G. 3. Subf. Polistinae. Sociale Wespen mit Arbeitern ausser den Männchen und Weibchen, mit breiten Oberkiefern, 3 Cubitalzellen der Vorderflügel und einfachen Fussklauen. Polistes Latr. Kopfschild herzförmig. Mandibeln kurz, mit bezahnter Spitze. Zunge vorn erweitert, tief 2spaltlg, viel länger als die dünnen Nebenzungen. Hinter- leib kurz gestilt, P. gallica L. Nester ohne Umhüllungsblätter aus einer gestilten Wabe bestehend. Die üherwinterte befruchtete Wespe erzeugt nach v. Siebold an- fangs nur weibliche Nachkommen, deren Eier unbefruchtet bleiben und sich partheno- genetisch zu Männchen entwickeln. Polyhia Lep., P. sedula Sauss., Brasilien. Epi- ponechartariaLutr. {nitidulans Fahr), Brasilien, Icaria Sauss., Ischnogaster Sauss. u. a.G. Vespa L. Kopfschild abgestutzt, etwas ausgerandet. Zunge stumpf zweitheilig, kaum länger als die Paraglossen. Basis des walzenförmigen Hinterleihes abgestutzt. V. erahro L., Hornisse, F. vulgaris L. u. a. A. 6. Farn. Apidae •), Bienen. Fühler beim Männchen meist minder deutlich gebrochen, länger und dicker als beim Weibchen. Schienen und Tarsen der Hinter- beine verbreitet, das erste Tarsalglied der Hinterbeine an der Innenseite bürstenförmig behaart, Vorderflügel nicht zusammenfaltbar. Leib meist dicht behaart. Die Unter- lippe und Unterkiefer erreichen oft eine sehr bedeutende Länge. Die Bienen leben sowohl solitär als in Gesellschaften und legen ihre Nester in Mauern, unter der Erde und in hohlen Bäumen an. Einige bauen keine Nester, sondern legen ihre Eier in die gefüllten Zellen anderer Bienen. 1. Subf. Andreninae^). Unterlippe mit kurzer breiter Zunge, mit 4gliedrigen Labialtastern. Andrena Fabr. Zunge dreieckig bis lanzetförmig, viel länger als die stabför- migen Paraglossen. Kielertaster länger als die Lade. Flügel mit 3 Cubitalzellen. A. cingulata Kirb., A. cineraria L. Nomia Latr., Colletes Latr. 1) F. Hub er, Nouvelles observations sur les Abeilles. 2 Vol. Paris. 1814. A. V. Berlepsch, Die Bienen und die Bienenzucht. 1. c, 2) W. Kirby, Monographia apum Angliae. 2 Vol. Ipswich. 1801. Klug, Kritische Revision der Bienengattungen. F. Smith, Catalogue of Hymenopterous Insects in the collection of the Brit. Museum. I. IL London. 1853—54. A. Gerstäcker, Ueber die geographische Verbreitung und die Abänderungen der Honigbiene. Potsdam. 1862. Nomadinae. Anthidiinae. P^ucerinae. Apinae. 683 Dasypoda Latr. Zunge scliarf zugespitzt, mit kurzen Paraglossen. Körper dicht beiiaart. Kiefertaster nicht so lang als die Lade. Hinterschienen meist sehr lang und behaart. Flügel mit 2 Cubitalzellen. D. hirtipes Fabr. Hylaeus Fabr. (Mit 3 Cubitalzellen). H. quadricinctns lil. Fanurgus Fabr. Prosopis Fabr. Körper klein und schlank, sehr kurz behaart. Mandibeln ohne Zahn am Innenrand. Flügel mit 2 Cubitalzellen. P. annuJata L. Dichroa III. Körper schlank und nackt. Fühler des Mannchens knotig. Zunge stumpf lanzetförmig. Maxillarlade kurz. Z). gibba L. 2. Subf. Nomadinae , Schmarotzerbienen, Zunge lang. Die 2 Endglieder der 4gliedrigen Lippentaster kurz. Weibchen ohne Sanimelborsten am Leib oder an den Hinterbeinen, legen ihre Eier in die Zellen anderer Bienen ab, KomadaV»br, Körper schlank, fast kahl, wespenahnlich. Maxillartaster 6gliedrig. Zunge lang und spitz, mit sehr kurzen ^'ebenzungen. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen. N. ruficornis Kirb. Melecta Latr. Körper gedrungen und dicht behaart, mit eirundem Hinterleib. Paraglossen lang, borstenförmig. Kiefertaster 5gliedrig. M. punctata F"abr. Epeolus Latr., Crocisa Jiir., Coelioxys Latr. u. z. a. G. 3. Subf. A)ithidiinae, Bauchsammler. Zunge lang, die Endglieder der 4glied- rigen Lippentaster kurz. Die Weibchen mit dicht gestellten Borstenreihen an der Bauchseite der letzten Ilinterleibssegmente, an denen sie Folien einsammeln. Änthidium Fabr. Mandibeln breit, 3— 5zShnig. Zunge spitz, doppelt so lang als die Lippentaster. Paraglossen kurz. Kiefertaster Igliedrig. Flügel mit 2 Cubital- zellen. Hinterleib kurz kugiig. A. manicatum L, Megachile Latr. Kopf sehr breit. Kieferlade lang, säbelförmig. Maxillartaster sehr kurz 2gliedrig. M. argentea Lep, M. {ChaUcodoma) muraria Fabr. Osmia Panz. Mandibeln 2 — Szähnig. Zunge kurzer. Kiefertaster 3 — 4gliedrig. 0. bicornis L. Chelostoma Latr., Heriades Spin, u. a. (i. 4. Subf. Eucerinae, Schienensammler. Zunge lang. Labialtaster 4gliedrig, mit kurzen Endgliedern. Aeussere Seite der weiblichen Hinterschienen und Tarsen mit Sammelhaaren besetzt. Leben solilär. Eucera Fabr. Fühler des Männchens von Körperlänge. Vorderflügel meist mit 2 Cubitalzellen. Kiefertaster 6g!iedrig. Zunge fast doppelt so lang als die Lippentaster. E. longicornis Fabr. Macrocera Latr., Systropha III. Antliophora Latr. Körper dick, lang und dicht behaart. Zunge sehr lang und schmal, doppelt so lang als die Labialtaster. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen. Bauen in Mauerspalten und in Leh.mboden. A. pilipes Fabr. wird von Melecta punctata heimgesucht. A. hirsuta Latr. Melissodes Latr., Euglossa Latr. u. a. G. Xylocopa Latr., Holzbiene. Kopf des Weibchens sehr dick. Kiefertaster 6gliedrig. Hinterleib an den Seiten lang behaart. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen, von denen die Innern oft unvollständig geschieden sind. X. violacea Fabr., baut senkrechte Gänge in Holz und theilt sie durch Querwände in Zellen. 5. Subf. Apinae. Gesellig lebende Bienen mit langer Zunge und dichter Be- haarung der verbreiterten Hinterschienen und Hintertarsen. Bombus Latr,, Hummel. Körper plump, pelzartig behaart. Hinterschienen mit 2 Enddornen. Kiefertaster klein, 2gliedrig, Zunge länger als die Lippentaster, mit 2 kurzen Paraglossen. Die Nester werden meist in Löchern unter der Erde angelegt und umfassen eine nur geringe Zahl, etwa 50—200, selten 500 Arbeitshummeln neben dem befruchteten Weibchen. Sie bauen keine künstlichen Waben, sondern häufen unregelmässige Massen von Pollen an, welche mit Eiern besetzt werden und den aus- schlüpfenden Maden zur Nahrung dienen. Dieselben fressen in den Pollenklumpen 684 Ainnae. zellige Höhlungen aus und bilden ausgewachsen eiförmige, frei, aber unregelmässig neben einander liegende Cocons. Auch das Hummelnest wird von einem einzigen überwinterten Weibchen gegründet, welches anfangs die Geschäfte der Brutpflege allein besorgt, spater betheiiigen sich an denselben die ausgeschlüpften verschieden grossen Arbeiter, die auch nicht selten unbefruchtete Eier ablegen. B. lapidarius Fabr., muscorum 111., terrestris III., hypnorum III. u. z. a. A. Apis L , Honigbiene. Mandibeln mit fast löffeiförmig verbreitertem Ende. Maxillartaster sehr klein. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen. Die Hinterschienen ohne die beiden Enddornen. Die Arbeiter mit seitlich getrennten Augen, mit eingliedrigen Kiefertastern ohne Nebenzungen. Die Aussenfläche der Hinterschienen grubenarlig ein- gedrückt, von Randwimpern umstellt (Körbchen), die Innenfläche des breiten Tarsus mit Borstenreihen besetzt (Bürstchenj. Das Weibchen, Königin, mit kürzerer Zunge, längerem Hinterleib ohne Bürstchen. Das Männchen, Drohne, mit grossen zusammen- stossenden Augen, breitem Hinlerleib und kurzen Mundtheilen, ohne Körbchen und Bürstchen. A.mellificaL., Hausbiene, weit über Europa und Asien nach Afrika verbreitet. Die Arbeitsbienen bauen im freien Naturleben in hohlen Bäumen oder in sonst geschützten Räumen, unter dem Einfluss der Cultur des Menschen dagegen in zweck- mässig eingerichteten Körben oder in Stöcken und zwar stets senkrechte Waben. Das hierzu verwendete Wachs erzeugen sie im Stoffwechsel ihres Organismus als Urasatz- produkt des Honigs und schwitzen dasselbe in Form kleiner Täfelchen zwischen den Schienen des Hinterleibes aus. Die Waben bestehen aus zwei Lagen von horizontalen 6seiligen Zellen, deren Boden aus drei Rhombenflächen gebildet wird. Die kleinern Zellen dienen zur Aufnahme von Vorräthen (Honig und Blüthenstaub) und zur Arbeiter- brut, die grössern für die Aufnahme von Honig und Drohnenbrut. Ausserdem finden «ich am Rande der Waben zu bestimmten Zeiten eine geringe Anzahl von grossen unregelmässigen Königinnenzellen (Weiselwiegen), in welchen die Larven der weib- lichen Bienen aufgezogen werden. Wenn die Zellen mit Honig gefüllt sind oder die in ihnen befindlichen Larven die Reife zur Verpuppung erlangt haben, werden sie bedeckelt. Eine kleine Oeffnung am Grunde des Stockes dient als Flugloch, im üebrigen sind alle Spalten und Ritzen mit Stopfwachs verklebt, und es dringt kein Lichtstrahl in das Innere des Baues. Die Arbeitstheilung ist in keinem Hymenopterenstaate so streng durchgeführt als in dem der Bienen. Nur eine befruchtete Königin ist da und besorgt einzig und allein die Ablage der Eier, von denen sie an einem Tage mehr als 3000 abzusetzen im Stande ist. Die Arbeitsbienen theilen sich in die Geschäfte des Honigerwerbes, der Wachsbereitung, der Fütterung der Brut und des Ausbaues des Stockes. Die Drohnen, überdies nur zur Schwarmzeit in verhältnissmässig geringer Zahl vorhanden (200—300 in einem Stocke von 20000 bis 30030 Arbeitern) haben das Privileg des Genusses und besorgen keinerlei Arbeit im Stock. Nur die Drohnen gehen im Herbst zu Grunde (Drohnenschlacht), die Königin und die Arbeitsbienen überwintern von den angehäuften Vorräthen zehrend unter dem Wärmeschutze des dichten Zusammenlebens im Stocke. Noch vor dem Reinigungs- ausflug in den ersten Tagen des erwachenden Frühlings belegt die Königin zuerst die Arbeiterzellen, später auch Drohnenzellen mit Eiern. Dann werden auch einige Weisel- wiegen angelegt und in Intervallen jede mit einem weiblichen (befruchteten) Eie besetzt. In diesen letztem werden die Larven durch reichlichere Nahrung und könig- liche Kost (Futterbrei) zu geschlechtsreifen begattungsfähigen Weibchen, Königinnen, erzogen. Bevor die älteste der jungen Königinnen ausschlüpft, die von der Absetzung des Eies bis zum Ausschlüpfen 16 Tage nöthig hat, während sich die Arbeiter in 20, die Drohnen in 24 Tagen entwickeln, verlässt die Mutlerkönigin mit einem Theile des VI. Typus. Mollusca, Weichthiere. ' 685 Bienenvolkes den Stock (Vorschwarm). Die ausgeschlüpfte junge Königin tödtet ent- weder die noch vorhandene Brut von Königinnen und bleibt dann in dem alten Stock oder verlässt ebenfalls, wenn sie von jenem Geschäfte von den Arbeitern zurückgehalten wird und die Volksmenge noch gross genug ist, vor dem Ausschlüpfen einer zweiten Königin den alten Stock mit einem Theile der Arbeiter (Nachschwarm oder Jungfern- schwarm). Bald nach ihrem Ausschlüpfen hält die junge Königin ihren Hochzeitsflug, und kehrt mit dem Begattungszeichen in den Stock zurück. Nur einmal begattet sich die Königin wahrend ihrer ganzen auf 4 bis 5 Jahre ausgedehnten Lebensdauer, sie ist von da an im Stande männliche und weibliche Brut zu erzeugen. Eine flügellahme zur Begattung untaugliche Königin legt nur Drohneneier, ebenso die befruchtete Königin im hohen Alter bei erschöpftem Inhalt des Receptaculum seminis. Auch Arbeiter können zum Legen von Drohneneiern fähig werden (Drohnenmütterchen), die Larven der Arbeiter aber im frühen Aller durch reichliche Ernährung zu Königinnen erzogen werden. Als Parasiten an Bienenstöcken sind hervorzuheben der Todtenkopfschwärmer, die Wachsmotte, die Larve vom Bienenwolf {Trichodes apiarius) und die Bieneulaus (Braula coeca). Die bekanntesten Varietäten sind A. ligustica und fasdata, letztere aus Afrika. Andere Arten sind A. indica Fabr., A. dorsata Fabr. Die Gattungen Melipona III., Trigona Jur. umfassen kleine amerikanische Bienenarten. VI. Typus. Mollusca'), ff ei cht hier e. Seitlich symmetrische Thiere mit tveichem, ungegliedertem Körper^ ohne locomotives Skelet, meist von einer einfachen oder sweiklapingen Kalk- schale, dem Äbsonderungsprodukt einer Hautduplicatur (Mantel) bedeckt, mit Gehirn, Fussganglion und Mantel(Eingeiveide)ganglion. Seit Cuvier begreift man als Mollusken eine grosse Zahl sehr verschiedenartiger Geschöpfe, welche von Linne zu den Würmern gestellt waren und in der That in ihren einfachsten und niedersten Formen mancherlei Beziehungen zu den Plattwiirmern darbieten. Erst mit der höhern Entwicklung gelangt auch der Typus der Weichthiere zur scharfen und vollen Ausprägung seiner Merkmale, und wie wir unter den Arthro- poden einzelne Gruppen zu unterscheiden hatten {Pentastomiden , Ler- naeen), deren Formen von den Characteren des Typus abwichen, indessen 1) G. Cuvier, Memoires pour servir ä I'histoire et ä l'anatomie des Mollusques. Paris. 1817. C. Gegen baur, Grundzüge der vergl. Anatomie. 2. Auflage. Leipzig. 1870. 686 Gestalt und äusserer Körperbau. durch die Art der Entwicklung sowohl als durch die Verwandtschafts- reihe gewissermassen als zurückgesunkene Glieder erkannt wurden, so haben wir auch unter den Weichthieren verhältnissmässig noch entfernter stehende Gruppen aufzunehmen, deren Form und Bau eine grosse Analogie mit den Würmern und in der Entwicklungsart mit dem nie- dersten Wirbelthier {Amphioxus) zeigt. Dieselben werden daher von vielen Forschern den MollusTten mit deutlich ausgeprägtem Typus als Molluscoideen gegenüber gestellt, von Huxley neuerdings sogar zu einem besondern Bauplan erhoben. Während diese am tiefsten stehenden Gruppen in Organisation und Lebensstufe den niedersten Arthropoden an die Seite gestellt werden dürften, erheben sich die höchsten Glieder, die Cephalopoden , zu einer solchen Höhe der Organisation, dass man seit Cuvier mit Recht die Weichthiere im nächsten Anschluss an die Wirbelthiere betrachtet. Der Körper der Mollusken ist stets ungegliedert, ohne äusserlich ausgesprochene Metamerenbildung und ohne gegliederte Anhänge; meistens von einer weichen, schleimigen, feuchten Haut bedeckt, entbehrt er so- wohl eines Innern als äussern Bewegungsskeletes und erscheint daher besonders für den Aufenthalt im Wasser eingerichtet. Nur zum kleinern Theile sind die Weichthiere Landbewohner und in diesem Falle stets von beschränkter langsamer Locomotion, während die im Wasser lebenden Formen unter den weit günstigeren ßewegungsbedingungen dieses Mediums sogar zu einer raschen Schwimmbewegung befähigt sein können. Eine grosse Bedeutung für die freie Bewegung, die übrigens bei den Mollus- coideen im Falle der Befestigung vollständig ausfallen kann, besitzt der Uautmushelsclüaiich vornehmlich an seiner untern, die Bauchfläche vor- stellenden Seite. Hier gestaltet sich derselbe meist sogar zu einem mehr oder minder hervortretenden höchst mannichfach geformten Be- wegungsorgane, welches als Fuss bezeichnet wird. Der Fuss zerfällt oft- mals in mehrere Abschnitte, sodass Huxley ein Propodium, Mesopo- diuni und Metapodium unterscheidet, zu denen noch ein Epipodium hinzukommen kann. Oberhalb des Fusses erhebt sich sehr allgemein eine schildförmige Verdickung der Haut, der sogenannte Mantel, dessen Ränder bei vorgeschrittener Ausbildung als Duplicaturen der Haut mehr und mehr selbstständig hervorwachsen und den Körper theilweise oder vollständig bedecken. Die Oberfläche dieser Hautduplicatur erzeugt sehr oft durch Absonderung von kalkhaltigen und pigmentreichen Secreten die mannichtach geformten und gefärbten Schalen, welche als schützende Gehäuse den weichen Körper in sich auf- nehmen. Der auf diese Art mit Fuss und Mantel ausgestattete con- tractile Rumpf trägt noch sehr constant in der Nähe des vordem Körper- poles zu beiden Seiten der Mundöffnung einen oder zwei lappenförmige Anhänge, die Mimdlappen oder Segel, und erscheint als ein die Ein- Cephalophoren, Acephalen, Tunicaten. 687 geweide bergender muskulöser Sack, an dem bei weiterer Ausbildung eine Differenz! rung verschiedener Abschnitte sich geltend macht. Bei den höhern, sog. kopftragenden Weichthieren , Cephalophoren, setzt sich der vordere Theil des Körpers mit den Mundsegehi, dem Ein- gange in den Verdauungskanal, den Centraltheilen des Nervensystems und den Sinnesorganen mehr oder minder scharf als Kopf ab. Der nachfolgende, die Hauptmasse des Leibes bildende Rumpf erleidet in seinem die Eingeweide umschliessenden Eückentheile sehr häufig eine spiralige Drehung, durch welciie die seitliche Symmetrie schon äusserlich eine merkliche Störung erleidet, kann aber auch eine abgeflachte oder cylindrische Form mit strenger Symmetrie bewahren. Das den Rumpf umschliessende Gehäuse erscheint in dieser Hauptgruppe einfach teller- förmig oder spiralig gewunden oder bleibt als ein mehr flaches Schalen- rudiment unter der Rückenhaut verborgen. In einer Classe der kopftragenden Mollusken, bei den Cephalopoden , heftet sich am Kopfe in der Umgebung der Mundöffnung ein Kreis von Armen an, welche sowohl zur Schwimm- und Kriechbewegung als zum Ergreifen der Nahrung verwendet werden. Dieselben wurden von R. Leuckart auf Modificationen der Segellappen zurückgeführt, während sie Huxley als den Vordertheil des Fusses auff"asst. Ein trichterförmig durch- brochener Zapfen, welcher die Auswurfsstoffe und das Atheniwasser aus der geräumigen Mantelhöhle ausspritzt und dabei zugleich zum Schwimmen dient, wird von Leuckart als Fuss betrachtet, dagegen von Huxley als Epipodium gedeutet. In der Classe der Gastropoden (im weitern Sinne) entspringen am Kopfe Fühler und Mundlappen, der bauchständige Fuss entwickelt sich in der Regel zu einer umfangreichen söhligen Fläche {Flaiypoden, Gastropoden s. Str.), seltener zu einem segelartigen sagittal gestellten Lappen (Heteropoden) , oder verkümmert zu einem kleinen, zwei flügeiförmige Seitenlappen tragenden Rudimente [Ptero- poden). • Nur sehr selten fällt er als selbstständiger Theil vollständig aus. Bei den kopflosen Mollusken, Acephalen oder Bivalven, trägt ent- weder der seitlich comprimirte Leib zwei grosse seitliche Mantellappen, welche ebensoviele auf der Rückenfläche mittelst eines Schlossbandes vereinigte Schalenklappen absondern, Classe der Lamellibranchiaten, oder die beiden Mantellappen bedecken den verbreiterten Körper von vorn (oben) und hinten (unten) und sondern ein ebenfalls zweiklappiges Gehäuse ab, welches aus einer vordem und hintern Schale besteht und beim Mangel eines Schlossbaudes durch das Auseinanderrollen von zwei spiraligen zu den Seiten des Mundes gelegenen Armen geölfnet wird, Classe der Brachiopoden. Die Molluscoideen oder Tunicaten endlich sind Weich thiere, welche nur durch die Annahme wesentlicher Vereinfachungen auf den Mollusken- typus zurückführbar erscheinen und bei vollkommener Verkümmerung 688 Innere Organisation. des Fusses unter gleichzeitig eingetretener Verwachsung des Mantels eine sehr veränderte Gestalt darbieten. Hier bildet der Mantel im Um- kreis des kopflosen Leibes einen Sack, welcher durch zwei Oeffnungen mit dem äussern Medium communicirt und erst in seinem Innenraum die Mundöffnuug enthält. Eben so mannichfach als die äussere Gestalt und der Körperbau wechselt die innere Organisation der Mollusken, welche eine ganze lleihe vom Niedern zum Höhern aufsteigender Entwicklungsstufen darbietet. Der Verdauung scanal ist überall durch den Besitz selbstständiger Wan- dungen von dem Leibesraum gesondert, beginnt mit einer Mundöffnung und endet mit dem oft aus der Mittellinie herausgerückten seitlichen After. Wie die äussere Form, so erleidet auch der innere Bau häufig auffallende Störungen der bilateral symmetrischen Anordnung. Am Darme treten überall mindestens die drei als Oesophagus, Magendarm und Enddarm unterschiedenen Abtheilungen als deutlich begrenzte Ab- schnitte auf, von denen sich der verdauende Magendarm meist durch den Besitz einer sehr umfangreichen Leber auszeichnet, üeberall findet sich ein gedrungenes, einfaches oder mehrkammriges Herz, von welchem aus das Blut entweder in gefässartigen Räumen der Leibeshöhle (Tuni- caten), oder in Gefässen mit gesonderten Wandungen nach den Organen hinströmt. Vollkommen geschlossen erscheint indess das Gefässsystem in keinem Falle, indem sich auch da, wo Arterien und Venen durch Capillaren verbunden sind, Blutsinus der Leibeshöhle in den Gefäss- verlauf einschieben. Dazu kommen fast überall bestimmte Oeffnungen, welche die Einfuhr von Wasser in das Blut ermöglichen. Das Herz der Mollusken ist stets ein arterielles, indem das aus den Athmungs- organen austretende arteriell gewordene Blut in das Herz einfliesst. Bei den niedersten Formen dient die gesammte äussere Fläche zur Respiration, in der Regel aber sind besondere Äthmungsorgane als Riemen seltener als Lungen vorhanden. Die Kiemen treten ^Is flim- mernde Ausstülpungen der Körperfläche, meistens zwischen Mantel und Fuss auf, bald in Form verästelter und verzweigter Anhänge, bald als gegitterte Röhren, welche sich zur Bildung breiter Lamellen {Lamelli- branchiaten) , oder gar eines netzförmig durchbrochenen Sackes {Tuni- cateti) im Mantelraume vereinigen können. Die Lunge dagegen liegt als ein mit Luft gefüllter Raum, dessen Innenwand durch complicirte Faltenbildungen eine grosse Oberfläche für die respirirenden Blutgefässe darbietet, unter dem Mantel und communicirt durch eine Oeflnung mit dem äussern Medium. Das Nervensystem stimmt in seiner einfachsten Form mit dem der niedern Würmer überein, erscheint dagegen in seiner höhern Entwicklung auf das der Gliederthiere zurückführbar. Bei den -Tunicaten reducirt sich dasselbe auf einen einfachen am Rücken gelegenen Ganglienknoten Nervensystem. Sinnesorgane. Fortpflanzung. 680 mit mehreren sich verzweigenden Nervenstämmen. In den höhern Classen dagegen unterscheidet man eine obere auf dem Schlünde liegende Gangliengruppe als Gehirn oder oberes Schlundganglion, welches Sinnes- nerven entsendet, und ein unteres mit dem Gehirne durch eine Schlund- commissur verbundenes Fussganglienpaar, welches dem Bauchmarke der Arthropoden vergleichbar vornehmlich die Muskeln des Fusses, indessen auch gewisse Sinnesorgane versorgt. Zu diesen vordem Centralknoten kommt sodann in der Kegel noch eine dritte Gangliengruppe als 3Iantel- ganglion {Eingeweide- oder Kiemenganglion) hinzu und zwar in Form zweier mit dem Gehirn verbundener, oft am Mantel gelegener Ganglienknoten, deren Nerven und Nervengeflechte sich an den Kiemen und Eingeweiden verbreiten. Man betrachtet aus diesem Grunde das dritte Ganglienpaar als Aequivalent des Sympathicus. Als Tastorgane treten bei den höher entwickelten Mollusken in der Umgebung des Mundes zwei oder vier Lappen, die bereits genannten Segel oder Mundlappen auf, wozu bei den Acephalen nicht selten Ten- takeln an dem Mantelrande, bei den Cephalophoren oft zwei oder vier einziehbare Fühlhörner am Kopfe hinzukommen. Die Augen sind im einfachsten Falle kleine Pigmentflecken, welche dem Ganglion aufliegen {Tunicaten). Die Augen der höhern Mollusken haben hist durchweg einen complicirten Bau mit Linse, Iris, Chorioidea und Retina und liegen in der Regel paarig am Kopfe, selten wie bei einigen Lamellihranchiaten in grosser Zahl am Mantelrande. Auch Gehörorgane sind weit verbreitet und zwar als geschlossene Gehörblasen mit Flimmerhaaren an der Innen- wand, meist in doppelter Zahl dem Fussganglion oder dem Gehirne an- gelagert. Die Fortpflanzung erfolgt häufig und zwar bei den MoUuscoidcen fast vorwiegend auf ungeschlechtlichem Wege. Durch Knospung und unvollständige Theilung entstehen bei zahlreichen Tunicaten zusammen- hängende Colonien. Auch kann die ungeschlechtliche Fortpflanzung mit der geschlechtlichen gesetzmässig alterniren und zu einem einfachen {Salpd) oder complicirten {Boliolum') Generationswechsel führen. Für die geschlechtliche Fortpflanzung wiegt der Hermaphroditismus vor, in- dessen sind nicht nur zahlreiche marine Gastropoden, sondern auch die meisten Lamellihranchiaten und alle Cephalopoden getrennten Ge- schlechtes. Die Entwicklung des Embryo's erfolgt meist nach totaler Dotter- furchung durch eine die hintere Partie des Dotters oder den gesammten Dotter umfassende Keimanlage, welche sich häufig mittelst Flimmerhaare rotirend bewegt. Die neugeborenen Jungen durchlaufen oft eine com- plicirle Metamorphose und besitzen eine vordere von Wimpern umsäumte Hautausbreitung {Velum)^ welche als Bewegungsorgan fungirt. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 44 (,90 1, Classe. Tunicata, Mautelthiere. Bei weitem der grösste Theil der Mollusken ist auf das .-Leben im Wasser, besonders im Meere angewiesen, nur wenige leben auf dem Lande, suchen dann aber stets feuchte Aufenthaltsorte. Bei der un- gemeinen Verbreitung der Mollusken in der Vorzeit ist die hohe Bedeutung ihrer petrificirten Reste für die Bestimmung des Alters der sedimentären Gebirgsformationen begreiflich {Leitmuscheln). L Classe. Tunicata O? Itlanteliliiere. Freischtcimmenäe oder festsitzende, häufig zu Colonien vereinigte, hermaphroditische MoUuscoideen von sachförmiger oder tonnen förmig er Körpergestalt, mit weiter, von zwei Oeffmingen durchbrochener Mantel- höhle und einem einfachen NervenJcnoten , mit Herz und Kiemen. Die Tunicaten verdanken ihren Namen dem Vorhandensein einer mehr oder minder cartilaginösen Schale, welche den Leib vollständig umhüllt. Die Körpergestalt ist im Allgemeinen sackförmig {Ascidien') oder tonnenförmig {Salpen), freilich im Einzelnen einem ganz ausser- ordentlichen Wechsel unterworfen. Ueberall findet sich am vordem Ende ein weiter, sowohl durch Muskeln als häufig durch Klappen ver- sciiliessbarer Eingang zur Einfuhr des Wassers und der Nahrungsstoflfe 1) Forskai, Deecriptiones animalium, quae in itinere orientali observavit. Uafniae. 1775. G. Cuvier, M^tnoires pour servir k Tliistoire des Mollusqnes. 1817. J. C. Savigny, Meinoires sur les aniinaux sans vertebres. II. Paris. 1815. Chamisso, De animalibus quibusdam e classe Vermium. Berlin. 1819. Slilne Edwards, Observations sur les Ascidies composdes de cötes de la Manche. M6m. Acad. Sc. Paris 1839. Delle Chiaje, Descrizione et Notomia delli aniraali invertebrati della Sicilia citeriore elc. Napoli. 1848, C. Low ig el A. Kölliker, De la composition et de la Sjructure des enve- loppes des Tuniciers. Ann. des scienc. nat. III. Ser. Tom. V. 1866. Allman, On the honio!o?y of tbe organs of ihe Tunicate and the Polyzoa. Tiansact. Roy. Irish. Acad. Vol. 22. 1852. Lacaze-Duthiers, Sur un nouveau d'Ascidien. Ann. des scienc. nat. V.Serie. Tom. IV. 1865. A Kowalevsky, Entwicklungsgeschichte der einfachen Ascidien. St. Peters- burg. 1866, C. Kupffer, Die Stanimverwandtschaft zwischen Ascidien und Wirbellhieren. Kach Unteisuchunfien über die Entwicklung von Ascidia canina. Arch. für mikr. Analoniie Tom, VI. 1870 Vgl, ferner die Schriften und Werke von Van Beneden, Krohn, Leuckart, Allmann, Huxley, C. Vogt, H. Müller, Gegeabaur, Stepanoff etc. lutegument. Leibeswandung. Nervensystem, Hf)I in den Innenraum und daneben in einiger Entfernung (^Ascidicji) oder am entgegengesetzten Körperende {Salpen) eine zweite, ebenfalls oft verschliessbare Oeffnung als Auswurfsöffnung. Das Integument ist bald von weichhäutig gallertartiger, bald von lederartiger bis knorpliger Consistenz und erscheint oft durch- scheinend oder krystallhell , zuweilen aber auch trübe und undurch- sichtig, in verschiedener Weise gefärbt. Seine äussere Oberfläche ist glatt oder warzig, zuweilen selbst stachlig oder filzig. Man nennt dieses äussere Integument, welches den Körper vollständig überzieht, den äussern Mantel {Tunica) und betrachtet dasselbe morphologisch als Gehäuse und zwar als Aequivalent der zweiklappigen Scliale der Lainelli- branchiaten. In der That scheint diese Zurückführung in gewissem Sinne berechtigt, um so mehr, als es nach der interessanten Entdeckung von Laeaze-Duthiers Ascidien gibt, deren knorpliges Gehäuse sich in zwei durch besondere Muskeln verschliessbare Klappen spaltet {Chevreu- lius). Die Substanz dieses Schaleninteguments , dessen Überfläche von [einem Epitelialüberzug bekleidet sein kann, ist im Wesent- lichen eine Celliilose-\\2i\i\gQi Grundmasse mit eingeschlossenen Kernen und verschieden gestalteten Zellen, also eine Form des Bindegewebes. Die Grundmasse stellt sich bald völlig structurlos dar, bald verdichtet sie sich theilweise in Form von Fasern, welche zu besondern geschich- teten Lagen zusammentreten können und enthält nicht selten feste kalkige Concretionen eingelagert. Bei den Colonie-bildendcn Tunicaten kann der äussere Mantel oder das Schalengewebe der Einzelthiere zu einer gemeinsamen Masse zusammenfliessen, in welcher diese letztern vollständig eingebettet sind. Auf den sackförmigen Mantel folgt dit^ Leibeswandung des Thieres, ihrer Structur nach ebenfalls ehie binde- gewebige Grundsubstanz mit eingelagerten Zeilen. Die äussere Ober- fläche derselben, welche sich an den Mantel anlegt, wird in der Regel von einem Epithel bekleidet, ebenso auch ihre innere Oberfläche, welclse die geräumige durch die Eingangs- und Auswurfsöft'nung mit dem Wasser communicirende Athemhöhle begrenzt. In der Dicke dieser häufig als innere Mantelschicht bezeichneten Leibeswandung lagern sich fast sämmtliche Organe des Körpers, Nerven- system und Muskeln, Darmapparat, Geschlechts- und Kreislaufsorgane in einer Art Leibeshöhle ein, während die Kieme in der Wasser-gefüllten Athemhöhle ausgespannt ist. Das Nervensystem beschränkt sich auf ein einfaches Ganglion, durch dessen Lage in der Nähe der Eingangsöflnung die Rückenfläche be- zeichnet wird. Die vom Ganglion ausstrahlenden Nerven treten unter Verzweigungen theils zu Muskeln und Eingeweiden, theils zu den namentlich bei freischwimmenden Tunicaten ausgebildeten Sinnesorganen, welche sich als Augen-, Gehör- und Tastwerkzeuge nachweisen lasaen, 44* 692 Muskulatur. Darmkanal. Herz. Die Muskulatur entwickelt sich vornehmlich in der Umgebung der Athemhöhle und wird sowohl zur Erweiterang und Verengerung dieses Eaumcs als zum Verschlusse der Einfuhrs- und Auswurfs-öffnung ver- wendet. Bei den Ascidien erscheint sie als eine selbstständige, aus Längs- und Querfasern, auch wohl aus schief sich kreuzenden Fasern zusammengesetzte äussere Lage der Körperwandung, bei den SalppM dagegen löst sie sich in bandartige in die Substanz der Körperwandung eingelagerte Reifen auf, welche neben der Erneuerung des Athemwassers die freie Schwimmbewegung des tonnenförmigen Leibes unterhalten. Als selbstständiges Locomotionsorgan tritt bei den kleinen Appendi- cularien und den freischwärmenden Ascidienlarven ein peitschenförmiger, lebhaft schwingender Schwanzanhang auf. Der Darmkanal beginnt überall mit einem Munde, welcher mehr oder minder weit von der Eingangsöffnung entfernt im Innern der Athemhöhle oder wo sich das in dieser suspendirte Respirationsorgan als Kiemensack darstellt, im Grunde des letzteren liegt. Zwischen Mund und Eingangsöffnung verläuft überall zur Fortleitung kleiner Nahrungskörper, sei es im Kiemensacke, sei es auf der Wandung der Athemhöhle eine flimmernde von zwei Falten begrenzte Rinne, und zwar in der Mittellinie der dem Ganglion entgegengesetzten Bauchseite. Diese Fiinnnerriune beginnt am Eingang der Athemhöhle mit zwei seit- lichen Flimmerbogen, welche sich zu einem geschlossenen Ring in der Nähe der Athemöflnung vereinigen und unterhalb des Ganglions auf einen kleinen in die Athemhöhle vorragenden Zapfen übertreten. Unter- halb der Bauchrinne erstreckt sich ein eigenthümliches Organ von noch unbekannter Bedeutung, der sog. Endostyl. Der Nahrungskanal besteht aus einem bewimperten meist trichterförmig verengerten Schlund, einem blindsackartig vorspringenden, meist mit einer Leber ausgestatteten Magendarm und einem Dünndarm, welcher unter Bildung einer einfachen oder schleifenförmigen Schlinge umbiegt und in einiger Entfernung von der Auswurfsöffnung durch den After m den Athemraum oder in einen als Kloake zu bezeichnenden Abschnitt desselben ausmündet. Bei allen Tunicaten findet sich als Centralorgan des Kreislaufes ein Herz, welches neben dem Darme gelegen, meist von einem zarten Pericardium um- hüllt, lebhafte und regelmässige, von dem einen nach dem andern Ende hin fortschreitende Contractionen ausführt. Merkwürdig ist der plötz- liche von van Ilasselt entdeckte Wechsel in der Richtung der Con- tractionen, durch welchen nach momentanem Stillstand des Herzens auch die Richtung der Blutströmung plötzlich eine umgekehrte wird. Selbstständige Blutgefässe scheinen nicht in allen Fällen aufzutreten, dagegen finden sich überall Lückensysteme und Canäle der Leibeswandung zur Fortleitung des Blutes. Hauptblutbahnen liegen in d(r Mittellinie sowohl des Rückens als des Bauches unterhalb der Flimmerrinne und Kieme. Athemhöhle. Hermaphroditismus. ü9'J communiciren durch Nebenbahnen, welche sich im Umkreis der Athem- höhle als Querkanäle entwickeln. Zugleich stehen dieselben mit den Hohlräumen eines in der Athemhöhle ausgespannten Respirationsorganes, einer Kieme, in Verbindung, an deren Oberfläche das Wasser durch schwingende Wimperhaare in beständiger Strömung unterhalten wird. Bei den Ascidien erfüllt die Kieme als zarthäutiger netzartig durch- brochener Sack den grösstep Theil der Athemhöhle, an deren Innen- wand durch einzelne Fäden befestigt; die zahlreichen flimmernden Spalt- öffnungen des Kiemensackes erscheinen in Reihen geordnet, welche nur in der Rücken- und ßauchlinie vermisst werden. Hier liegen nämlich die weiten blutführenden Hauptkanäle, welche das Blut in die Hohl- räume der die Spaltöffnungen begrenzenden Brücken ein- und ausführen. Das durch die Eingangsöffnung in den Kiemensack eingetretene Wasser umspühlt die Balken und Brücken des Maschengewebes, gelangt durch die Spalten in den als Kloakenraum zu bezeichnenden Abschnitt der Athemhöhle und fliesst von da durch die Auswurfsöffnung nach aussen. In andern Fällen reducirt sich die Kieme zunächst durch die bedeutende Verminderung der Zahl der Spaltöffnungen, welche bald ausschliesslich auf die Rückenfläche des Sackes zu den Seiten des breiten Blutkanals beschränkt bleiben. Unter den /Sa?pew-artigen Tunicaten bildet die Kieme nach völligem Schwunde der Bauchhälfte bei Dolioliim eine quer durch die Athemhöhle ausgespannte ebene oder gekrümmte Scheidewand, welche rechts und links von Oeffnungen durchbrochen, an der Rücken- fläche noch vor dem Ganglion beginnt und bis zur Mundöffnung der Bauchfläche sich erstreckt, bei Salpa endlich besteht dieselbe aus einem hohlen, der Spaltöffnungen entbehrenden Bande, welches mit Blut gefüllt von der Decke der Athemhöhle unterhalb des Ganglions schräg bis hinter die Mundöttnung herabläuft und an beiden Enden in die Substanz der Leibeswand continuirlich übergeht. Sowohl mit Rücksicht auf diesen Zusammenhang als auf die Art der Genese hat man die Kieme als eine innere Ausstülpung der Leibeswandung auffassen und mittelst dieser Deutung bei der grossen Analogie der gesammten Organisation die Tunicaten und Bryo2oen auf denselben gemeinsamen Grundplan zurück- führen wollen. Der Kiemensack der Ascidien würde alsdann dem vorstülpbaren Tentakelkranze der Bryozoen entsprechen, welcher durch Ausbildung von Querbrücken zu einem netzförmig gegitterten Sacke geworden. Die Bryozoe mit einem derartigen in die Endocyste ein- gezogenen Tentakelsack würde morphologisch mit einer kleinen Ascidie eine üebereinstimmung darbieten, die sich noch durch die Analogie der kleinen Ascidien und Bryozoenstöckchen unterstützen Hesse. Alle Tunicaten scheinen Zwitter zu sein, oft jedoch mit verschieden- zeitiger Reife der männlichen und weiblichen Geschlechtsstoffe. Ins- besondere erweisen sich die Salpen zur Zeit der Geburt als Weibchen ()*J4 FortpHaniuiig. Entwicklung. und erhalten erst später als trächtige Thiere die männlichen Geschlechts- organe. Hoden und Ovarien liegen meist neben den Eingeweiden im hintern Körpertheile und zwar jene als büschelförmig vereinigte Blind- schläuche, diese als traubenförmige Drüsen, deren Ausführungsgang in die Athemhöhle oder in deren Kloakentheil ausmündet. Hier erfolgt auch in der Regel (selten in der ursprünglichen Keimstätte) die Be- fruchtung des Eies und die Entwicklung des Embryo's, welcher ent- weder noch von den Eihüllen umgeben die Auswurfsöffnung verlässt oder auf einer weit vorgeschrittenen Stufe lebendig geboren wird. Bei den Salpen nämlich bleibt der Embryo noch lange Zeit im mütterlichen Körper und wächst hier, von einer Art Flacenta genährt, zu bedeutender Grösse und Reife heran. Neben der geschlechtlichen Fortpflanzung besteht fast allgemein die ungeschlechtliche Vermehrung durch Sprossung, welche häufig zur Entstehung von Colonien mit überaus characteristisch gruppirten Indi- viduen führt. Die Sprossung selbst ist bald auf verschiedene Theile des Körpers ausgedehnt, bald auf bestinunte Stellen oder gar auf eine Art Keimorgan (stolo prolifer der Salpen) beschränkt. Die auf diesem Wege erzeugten Colonien bieten ihrer Grösse und Gestalt nach einen reichen Wechsel und bleibeb keineswegs immer sessil, sondern besitzen wie z. B. die Pyrosomen eine freie Ortsveränderung oder wie die Salpen- Jcetien eine gemeinsame, ziemlich rasche Schwimmbewegung. Die Entwicklung des Embryo's bietet bei den Ascidien eine grosse Analogie zu der der Vertebraten und insbesondere von Amphioxus ')• Wie hier entsteht nach Ablauf der Furchung ein aus zwei Zell- schichten gebildeter Körper, dessen innere Zellen wand die Anlage des Darmes darstellt. Au der Oberfläche der äussern Zelllage tritt alsbald eine Rinne auf, die sich zu einer spindelförmigen Höhle schliesst und mit ihrer selbstständig gewordenen Zellenwandung zum Nervencentrum wird. Auch bildet sich in dem schwanzförmig verlängerten Körper aus einer Doppelreihe innerer Zellen ein der Chorda dorsalis sehr ähnliches Achsen- skelet. Darm, Nervensystem und Chorda zeigen ein dem Wirbelthierbau entsprechendes Lagenverhältniss zu einander. Die postembryonale Entwicklung stellt sich entweder als Metamor- phose oder als Generationswechsel dar. Der erstere Fall gilt insbesondere für die festsitzenden solitären oder zu Stöcken verbundenen Ascidien, deren Embryonen als bewegliche mit Ruderorgan und Augenfleck aus- gestattete Larven die Eihüllen verlassen, einige Zeit lang in dieser 1) Die neuerdings von Dr. Dönitz theils auf theoretische Erörterungen, iheils «uf negative Ergebnisse seiner Beobachtungen an Clavellina gegründeten Angriffe auf diese Parallele dürften den sorgfaltigsten Forschungen Kowalevsky's und Kupffer's gegenüber kaum auf ernstliche Zurückweisung Anspruch machen. 1. Ordnung: Tethyodea, Ascidieu, Seescbeideii. 6^K') Gestalt umherschwärmen und häufig noch vor ihrer Ansiedelung durch Spaltung in mehrere Knospen eine kleine Colonie entstehen lassen. Ein Generationsivechsel besteht bei den Salpen und Doliolum und wurde bei jenen schon lange vor Steenstrup von Chamisso erkannt. Die aus deii befruchteten Eie hervorgegangene und lebendig geborene solitäre Salpe bleibt zeitlebens geschlechtslos , erzeugt aber als Amme aus ihrem Stolo proUfer SalpenJcetten, deren Individuen in ihrer Gestalt von jenen erheblich verschieden die Geschlechtsthiere sind. Weit com- plicirter verhält sich der Generationswechsel durch die Aufeinanderfolge mehrfacher Generationen bei Doliolum. Die Tunicaten sind durchweg Meeresthiere und ernähren sich von Algen, Diatomaceen und kleinen Crustaceen. Viele von ihnen, insbesondere die glashellen Pyrosomen und Salpen leuchten mit prachtvollem inten- siven Lichte. 1. Ordnung: Tethyodea'), Ascidien, Seescheiden. Meist festsitisende Tunicaten von sackförmiger Körpergestalt mit neben einander liegenden Ein- und Ausfuhröffnungen, mit loeiteni Kiemensack und einer auf Metamorphose beruhenden Fortpflanzung. Der Ascidien\Q\\) lässt sich, wie schon der Name Ascidie ausdrückt, auf einen mehr oder minder gestreckten Schlauch oder Sack mit zwei in der Regel nahe an einander gerückten OefFnungen zurückführen. Die 1) Ausser den bereits citirten Werken von Cuvier, M.Edwards, Savigny vgl. Eschricht, Anatomisk Beskrivelse af Chelyosonia Mac-Leyanum. Kjovenhavn. 1842. Van Beneden, Recherclies sur l'Embryojrenie, I'Anatomie et la Physiologie des Ascidics simples. M(?m. de I'Acad. roy. de Belgiqne. Tom. XX. 1846. J. C. Savigny, Tableau systematique des AsciHies etc. Paris. J810. Krohn, Ueber die Entwicklung von Phallima mammillata. Müiler's Archiv. 1852. Derselbe, Ueber die Fortpflanzungsverhältnisse bei den ßotrylliden und über die früheste Bildung der Botryllusstöcke. Archiv für Nalurg. Tom. 35. 1869. Gegenbaur, Bemerkungen über die Organisation der Appendicularien. Zeit- fcbriit für wissensch. Zoologie. Tom. VI. 1853. Huxley, On the Anatomy and Development of Pyrosoma. Transact. Lin. Soc. Vol. XXHI. 1859. Gegenbaur, Ueber Didemnum gelatiriosum. Müllers Archiv. 1862. Metschnikoff, Ueber die Larven und Knospen von Botryllus. St. Peters- burg. 1868. Hancock, On the Anatomy and Physiology of Tunicata. Linnean. Soc. Jour. Vol. IX. Ganin, Neue Tbatsachen aus der Entwicklungsgeschichte der Ascidien. Zeit- schrift für wiss Zoologie. Tom XX. 1870, sowie Entwicklungsgeschichte der zu- sammengesetzten Ascidien (in russischer Sprache). 1870. Vergl. ausserdem die Schriften von C. G. Carus, Sars, Gosse, Macdonald etc. 696 Köi"perbau. Ascidienstöcke. runde oder ovale Einfuhrsöffnung kann durch einen Sphinkter sowie oft durch 4, 6 oder 8 an ihrem Rande entspringende Läppchen ge- schlossen werden. Aehnlich erscheint auch häufig der Rand der ver- schliessbarcn Auswurfsöffnung, welche neben der erstem an der Dorsal- seite über dem Ganglion liegt, in 4 bis 6 Läppchen getheilt, in andern Fällen freilich ist derselbe glatt oder auch von einem zungenförmigen Anhang überragt. Die geräumige Athemhöhle wird fast ganz von einem gegitterten Kiemensack erfüllt, an dessen Eingang im Innern der Ein- fuhrsöffnung nicht selten ein Kranz fleischiger Tentakeln zur Ausbildung kommt. Nur auf der Rückenseite des Kiemensackes lässt die Athem- höhle eineu mit dem System pericardialer Lücken zusammenhängen- den Raum frei, welcher als Kloake nicht nur das durch die Kiemen- spalten abfliessende Wasser, sondern auch dieKothballen und Geschlechts- stoffe aufnimmt. Im Grunde des Kiemensackes, seltener mehr dorsal, in der Regel ventral liegt die Mundöffnung; die zu ihr hinleitende Flimmer- rinne nebst Endostyl entwickelt sich auf dem Kiemensacke selbst überall in der Mitte der Bauchfläche, während zuweilen die gegenüberstehende Rückenseite durch eine Reihe von lanzetförmigen Fäden oder Züngelchen bezeichnet wird, welche weit in den Kiemenraum hineinragen {Fyrosoma, ClaveUina etc.). Der Darmkanal sanimt den übrigen Eingeweiden ent- faltet sich entweder wie bei allen einfachen Ascidien zu der Seite des Kiemensackes oder wie bei den langgestreckten Formen der zusammen- gesetzten Ascidien hinter denselben, und bedingt dann nicht selten eine Abschnürung des Körpers, welche Milne Edwards als Brust und Ab- domen oder selbst als Brust, Abdomen und Postabdomen unterscheiden konnte, After und Geschlechtsöffnungen münden in die Kloake, in der nicht nur oft die Kothballen sich anhäufen, sondern auch die Eier bis zur vollständigen Ausbildung der Larve verweilen. Indessen kann auch die Afteröffnung direkt nach aussen führen {Bidenmiim, Appendicularia). Die Ascidien sind fast durchweg wie die Bryozoen und Polypenstöcke an festen Gegenständen der See angeheftet und entbehren wenigstens im ausgebildeten Zustande einer freien Locomotion. Entweder bleiben sie solitär und erreichen dann meist eine verhältnissmässig bedeutende Grösse {A. solüariae), oder erzeugen durch Knospen und Wurzelaus- läufer verzweigte Colonien, deren Einzel thiere mit der Leibeswandung unter einander zusammenhängen, ohne in eine gemeinsame Mantel- umhüllung eingebettet zu sein {A. sociales'). Am häufigsten aber (A. compositae) haben die Einzelthiere einen gemeinsamen Mantel, in welchem sie, oft durch besondere Mantelschichten abgegrenzt, in charakteristischer Anordnung eingebettet sind, und zwar liegen bei vielen dieser zusammen- gesetzten Ascidien die Individuen gruppenweise um gemeinschaftliche Centralöffnungen so vertheilt, dass eine jede Gruppe ihre Centralhöhle besitzt, in welche die Auswurfsöffnungen der Einzelthiere wie in ihren Pyrosomen. Appendicularien. Fortpflanzung. 697 gemeinsamen Kloakenraum einmünden. Da wo die Individuen in grösserer Zahl und mehr unregelmässig in mehrfachen Kreisen sich um eine grössere Oefinung anhäufen, kann sich der Centralraum sogar zu einem System verästelter Canäle umgestalten-. Indessen gibt es auch frei be- wegliche sowohl zusammengesetzte als solitäre Ascidien. Die ersten sind die von Peron entdeckten Feuerwalzen oder Fyrosomen, tannenzapfen- ähnliche Körper von gallertig-knorpliger Consistenz mit gemeinsamem Centralkanal , der an dem breitern Ende mit kreisrunder Oefinung aus- mündet. Die Wandung mit ihren schuppenartigen Erhebungen an der äussern Oberfläche ist die gemeinsame Mantelmasse zahlreicher Einzel- thiere, welche senkrecht zur Längsachse des Gesammtkörpers so an- geordnet sind, dass die Einfuhrsöfinungen in unregelmässigen Kreisen an der äussern Oberfläche münden, die Auswurfsötfnungen dagegen in den gemeinsamen Centralkanal führen. Die Locomotion dieser Pyro- somen scheint allerdings eine sehr beschränkte und langsame zu sein, die Körper flottiren an der Oberfläche, ohne nach Art der Salpenketten ' sich in selbstständigem Ortswechsel fortzubewegen. Um so vollständiger ist die Schwimnibewegung der kleinen Appendicularien, welche in ihrer äussern Form den schwärmenden Ascidienlarven ähnlich, wie diese einen peitschenförmigen Ruderschwanz tragen und durch dessen schlängelnde Bewegungen sich nach Art der Cercarien oder Froschlarven rasch fort- schnellen. Bei der immerhin nur ausnahmsweise vorkommenden freien Ortsveränderung kann es nicht auffallend erscheinen, dass die Sinnes- organe in dieser Ordnung verkümmert bleiben. Als Augen betrachtet man rothe Pigmentflecke, welche an den Randläppchen der Ein- und Ausfuhröffnung , an der erstem meist in Sfacher, an der letztern in Gfacher Zahl sehr häufig angetroffen werden und nach den Angaben WiH's sogar bei einigen einfachen Ascidien (wie Cynthia, Fhallusia, Clavellina) den Bau von hoch organisirten Sehorganen besitzen sollen. Jedenfalls wird man diese Gebilde den am Eingang der Siphonen bei manchen Lamellibranchiaten (^Solen, Venus) beobachteten Augenflecken vergleichen können. Auch die Pyrosomen besitzen einen Augenfleck, der wie bei den Salpen dem Ganglion aufliegt. Ein Gehörorgan kommt vielleicht nur bei Äppendicularia vor und zwar als helles, dem Ganglion anliegendes Bläschen, welches einen runden Otolithen in sich einschliesst. Zum Tasten möchten ausser den randständigen Läppchen der beiden Oeffnungen die fleischigen Tentakelchen am Eingang des Kiemensackes mancher Ascidien dienen. Die Fortpflanzung der Ascidien ist sowohl durch die frühzeitige Knospung als durch die Art der Metamorphose reich an überaus in- teressanten Vorgängen. Bei manchen Arten sammeln sich die Eier neben den AuswurfsstofTen in der Kloake und durchlaufen hier ihre Entwicklung bis zur Ausbildung des Embryo's; in andern Fällen werden 698 Embryonale Entwicklung. sie jedoch rasch in das Wasser ausgestossen , zuweilen aber und zwar überall da, wo nur ein einziges Ei erzeugt wird oder wenigstens zur Embryonalbildung vorschreitet, entwickelt sich das Ei in einem Brut- raum der Leibeswand, welcher sich dann meist in die Athenihöhle öflnet. Merkwiirdig ist die Verwendung der das Ei umgebenden Follikelzellen zur Bildung von Zotten an der Eihautoberfläche , sowie die Entstehung von Testazellen an der Innenseite der Eihaut und der Substanz des Dotters (Kupffer, Asc. canina). Schon im Oviduct tritt zwischen den Testazellen und der Dotterkugel eine Gallertsubstanz aut. Die Befruchtung mag meist in der Kloake erfolgen. Die Furchung verläuft, nachdem das erste Kernbläschen gebildet ist, unter voraus- gehenden Kerntheilungen und führt nach Kowalevsky wie bei Am- phioxus zur Bildung einer Dotterhöhle, der ersten Anlage der Leibes- höhle. Dann tritt durch Einstülpung der äussern Zellwand die Bildung der Darmanlage (Kiemendarmsack) ein, sei es dass nunmehr ein einfacher Doppelsack entsteht, zwischen dem der Rest der Furchungs- höhle zur Leibeshöhle wird, sei es dass wie bei Ä. canina schon innere Zellen zwischen äusserm und innerm Sack vorhanden sind. Es gestaltet sich der Embryo zu einer weiten offenen Halbkugel, an deren Mündung eine flache senkrecht verlaufende Furche der oberflächh'chen Zellenlage ihren Anfang nimmt. Bald werden Furche und die sich verengernde Mündung der Kugel (die Oeffnung des Kiemendarmsackes) von einander getrennt. Erstere schliesst sich allmählig in ihrer ganzen Länge und wird zu einer spindelförmigen Höhle, deren selbstständige von den Zellen der Oberhaut gesonderte Zellenwand die erste Anlage des Centralnerven- systems darstellt. Auch die Oeffnung des Darmsackes schliesst sich vollständig, bei manchen Arten jedoch, wie es nach Kowalevsky scheint, schon vor der Entstehung der Furche. Im weitern Verlaufe der Ent- wicklung wächst der etwas gestreckte sphäroidische Körper an dem hintern und untern der Einstülpungsöffnung entgegengesetzten Ende etwas nach rechts') in eine schwanzförmige Verlängerung aus, in deren Axe ein Chorda-ähnlicher Strang aus einer Doppelreihe von Zellen seine Entstehung nimmt. Der hervorgewachsene Schwanz knickt sich nach der dem Nervensystem entgegengesetzten Seite und schlägt sich gegen den Körper um. Mit der weitern Entwicklung beginnt die Oberhaut am Vorderende sich zu verdicken und durch Zellvermehrung 3 Papillen hervorzutreiben, die spätem Haftpapillen. Die Anlage des Nerven- systems, an der 2 mit lichtbrechenden Organen versehene Pigmentflecke auftreten (das eine Auge, das andre Gehörorgan), geht aus der Spindel- form in die einer Blase über, erstreckt sich hinten bis über den Anfang 1) Bei A. mammillata nach Kow. dagegen an dem andern Ende etwa« nach links und somit (ibereinstimmend mit Amphioxus. Metamorphose, 699 der sog. Chorda hinaus und wächst als Strang mit Centralkanal in den Schwanz hinein (Ä. canina). Der geschlossene aus einem geschichteten Cylinderepithel gebildete Kiemendarmsack liegt dem Nervensystem dicht an, nicht aber der Oberhaut des Körpers, indem sich zwischen beide rundliche ungefärbte Zellen einschalten, die wahrscheinlichen Bildungs- eleniente des Blutes, des Herzens und des Bindegewebes. (Auch Chorda und Muskelzellen des Schwanzes haben sich aus dieser intermediären Schicht entwickelt). Der Lage und Ausdehnung nach mehr dem spätem Kiemensack entsprechend, wächst derselbe an der obern hintern Ecke in die blindsackförmige Anlage des Darmkanals aus. Eingangsöffnung zum Kiemensack und Afteröffnung werden dadurch gebildet, dass an 2 Stellen der Oberhaut von scheibenförmigen Verdickungen aus trichter- för-mige Gruben in die Tiefe eintreten und die obere Wand des Kiemen- sackes sowie das blinde Ende des Darmes durchbohren. Nun durch- bricht der Embryo, an dessen Oberhaut die Gallertmasse nebst den eingewachsenen amöbenartig beweglichen Testazellen den Mantel bildet, die zottige Eihaut und tritt in das Stadium der frei umherschwärmenden Larve ein, welche mit Ausnahme des Herzens, der Gefässe und Geschlechts- organe alle Organanlagen des spätem Ascidienleibes besitzt und im weitern Entwicklungsverlaufe eine entschieden regressive Metamorphose zu bestehen hat. Nachdem sich die Larve mittelst der Haftpapillen festgesetzt hat, verkümmert der Schwanz, Muskeln und Chordascheide degeneriren, der Achsenstrang der Chorda schnurrt zusammen, die Gallerthülse wird eingezogen oder fällt ab. Das Nervensystem mit den anhängenden Pigmentorganen bildet sich zurück und büsst zunächst die Höhle ein; dagegen wächst der Kiemensack zu grösserm Umfang, und am Tractus sondern sich Oesophagus, Magen und Darm schärfer ab. Dann entsteht das Herz aus einem Haufen von Zellen der Leibeshöhle auf der Bauchseite des Kiemensacks. Zum Ersatz der frühern Haftorgane wächst der Mantel fest, die Mundöffnung wird bei ihrem Durchbruch durch die Gallerthülle zur Einwurfsöftnung des Kiemensacks, hinter ihr entsteht der Flimmerbogen am Vorderende der schon früher gebildeten Bauchfurche, aus welcher der sog. Endostyl hervorgeht, der Eingang in den Oesophagus wird trichterförmig und hebt sich als Mundöffnung schärfer ab. Bald werden auch die ersten Kiemenspalten sichtbar, das Blut mit seinen amöboiden Körperchen fluktuirt bereits in dem Leibes- raum unter der Oberhaut und zwar am Kiemensacke innerhalb des die Oberhaut mit der Kiemensackwandung verbindenden Bindegewebes in bestimmten Bahnen. Das in die Spalten des Kiemensackes einfliessende Wasser sammelt sich in einem Peribranchialraum, dessen Ausmündung mit der des Darmes in der Kloakenöff'nung zusammenfällt. Complicirter noch sind die Vorgänge der Entwicklung bei den zu- sammengesetzten Ascidien, deren Larven sich entweder durch eine sehr 700 Entwicklung der ztisaram engesetzten Ascidien. merkwürdige, bei Didemnum durch Gegenbaur näher bekannt gewor- dene Knospung in zwei Individuen spalten, theilweise auch wie es sclieint ohne zu schwärmen in dem gemeinsamen Mantel des Stöckchens eingebettet bleiben, oder während ihrer Umwandlung durch Knospung die Entstehung einer Colonie frühzeitig begründen. Bei der durch die sternförmige Gruppirung der Individuen um gemeinsame Kloaken und durch die reichen Verzweigungen der Blutkanäle ausgezeichneten Gattung BotrylLis hat keineswegs die Larve schon, wie Sars glaubte, den zu- sammengesetzten Charakter. Vielmehr haben Metschnikoff und Krohn übereinstimmend gezeigt, dass die 8 kolbigen Knospen der Larve nur als Ausläufer von frühzeitig entstehenden Bluträumen anzusehen sind. Es erzeugt die junge Botryllusform nur eine Knospe und geht noch vor der völligen Reife des Tochterindividuums geschlechtslos zu Grunde. Auch dieses weicht bald den beiden durch Knospung erzeugten Individuen zweiter Generation, deren 4 Sprösslinge sich kreisförmig gruppiren und nach dem Untergang der Erzeuger das erste »System« mit gemeinsamer Kloake bilden. In analoger Weise entstehen nun Sprösslinge, welche die ältere Generation zum Absterben bringen, die neu entstandenen Systeme sind aber ebenso vergänglich und machen neuen Platz, so dass mit dem Wachsthum des Stockes ein fortwährender Ersatz der altern durch jüngere Generationen stattfindet. Bei diesem ununterbrochen fortschreitenden Verjüngungsprocess haben die zuerst gebildeten Generationen nur die provisorische Bedeutung der Begrün- dung des Stockes, die spätem Generationen werden geschlechtsreif, und zwar geht die weibliche Reife der männlichen voraus. Die Eier der noch jungen hermaphroditischen Generationen werden von dem Sperma der altern befruchtet, erst nach dem Absterben dieser letztern haben sich ihre Hoden bis zur vollen Reife des Samens ausgebildet und über- nehmen nun erst die doppelte Aufgabe, die Brutpflege ihrer eignen bereits befruchteten Eier und die Befruchtung der nachrückenden Ge- nerationen. Auch bei den Fyrosomen entwickejt sich jedes Ei und zwar in- nerhalb eines besondern Eisacks zu einem aus zwei Blättern zusammen- gesetzten Embryo (Cyatho^oid), dieser durch Sprossung zu einer kleinen Gruppe von vier Individuen , deren höchst eigcnthümliche Entstehung von Huxley sehr eingehend beschrieben worden ist. Nicht minder merkwürdig ist die zur Vergrösserung dienende Knospung, welche am untern. Ende des als Keimstock fungirenden Endostyls erfolgt. Jede hier entstehende Anlage einer Knospe nimmt eine dem Endostyle an- liegende Zelle und mit ihr das bereits fertige weibHche Geschlechts- product, das einzige vom Eisack umschlossene Ei, in sich auf. Appeiidicularia. Ascidiae compositae. 701 1. Ascidiae Copelatae'). Ascidien mit Larvenschwanz. Freischwimmende kleine Meeresthiere von länglich ovaler Körper- form, mit Ruderschwanz und larvenähnlichem Habitus der Gesammt- organisation. Eine Auswurfsöffnung der Athemhöhle fehlt, und der After mündet an der Bauchseite direkt nach aussen. Kiemensack rudimentär mit nur zwei Kiemenspalten. Dem langgestreckten in drei Partien ab- geschnürten Ganglion liegt eine Gehörblase an. Ovarien und Hoden liegen im hintern Körpertheil neben einander und entbehren der Aus- führungsgänge. P^inzelne Arten tragen eine pellucide Gallerthülle (Hertens, Allman, Claparede), einem Gehäuse vergleichbar, mit sich herum, üeber die Fortpflanzung und Entwicklung dieser mehrfach für Larven gehaltenen Thierchen ist nichts bekannt. Farn. Appendicularidae. Mit den Charakteren der Gruppe. Äppendicularia Cham. A. furcata, cophocerc Gegbr. .2. Ascidiae compositae. Zasammeng-esetzte Ascidien. Zahlreiche Einzelthiere liegen in einer gemeinsamen Mantelschicht und bilden massige halbweiche, lebhaft gefärbte Stöckchen, welche von schwammiger oder gelappter Form, nicht selten rindenartig fremde Gegenstände überziehen. Fast stets gruppiren sich die Einzelthiere in bestimmter Zahl um gemeinsame Kloaken {Botrylliden), so dass am Stocke runde oder sternförmige Systeme mit Centralöifnungen entstehen. Der Leib bleibt bald einfach und kurz, bald zerfällt er bei einer grössern Streckung in zwei oder drei Körperabtheilungen und entsendet blut- führende Ausläufer und verästelte Fortsätze in die gemeinsame Mantel- masse, so dass diese von gefässartigen Canälen durchzogen wird. 1. Farn. Botryllidae. Die Eingeweide des einfiichen nicht in Rumpf und Ab- domen gegliederten Leibes liegen neben der Athemhöhle. Keine Läppchen an der Einfuhrsöffnung. Botryllus Gärln. Runde oder sternförmige Systeme lagern regelmässig in der Umgebung eines centralen Kloakenraums. B. stellatus Fall. B. violaceus Edw. Botrylloides Edw. Die Systeme unregelmässig und ästig mit langgezogenen Kloakenräumen B. rotifer Edw. 2. Fam. Didemnidae. Die Eingeweide rücken grossentheils hinter die Athem- höhle, und es scheidet sich der Körper in 2 Abtheilungen, in Thorax und Abdomeu. Didemnum Sav. Systeme unregelmässig, zahlreich, ohne gemeinsame Kloake. Einfuhrsöffnung deutlich gelappt. Abdomen gestilt. D. candidum Sav. Eucoelium Sav. Diazona Sav. Ein einziges System mit concentrischen Kreisen zu einer flachen Scheibe um eine Kloakenöffnung ausgehreitet. Abdomen gestilt. Beide Oeffnungen mit 6 Läppchen. D. violaeea Sav. Distomus Gärln. Mit zahlreichen Systemen. Syntethys Forb. Gods. Leptoclinum Edw. Stock dünn , mit wenigen regelmässigen Systemen. Ab- domen gestilt. Einwurfsöffnung mit 6 Läppchen. L. gelatinosum Edw. 1) C. Gegenbaur, Bemerkungen über die Organisation der Appendicularien. ZeiUcbr. für wiss. Zool. Tom. VI. 1855. 702 Ascidiae simplice«. 3. Farn. Pdlyclinidae. Der sehr langgestreckte KOrper der Einzelthiere theilt sich in Thorax, Abdomen und Postabdomen ab. Das Herz liegt am hintern Körperende. Atnaroecium Edw. Einfuhrsöffnung 6slrahlig. Die Individuen unregelmjissig um die gern insame Kloake geordnet. A. aureum Edw. A. proliferum Edw. Bei Parascidia Edw. ist die Oeffnung Sstrahlig. Synoecum l'hipps. Stock knorplig gestilt mit einfachen kreisrunden aus 6 — 9 Individuen gebildeten Systemen. S. turgens Phipps. Polyclinum Sav. Zahlreiche unregelmässig sternförmig gruppirte Individuen umgeben jede Kloakenhöhle. Einfuhrsöffnung östrahlig. P. constellatum Sav. Aplidium Sav. Jedes System rundlich ohne centrale Kloakenhöhle. A.ficusL, Sigillina Sav. Einfuhrs- und Auswurfsöffnung 6strahlig. Stock gestilt, gallertig, Individuen um ein System in zahlreichen Kreisen geordnet. S. australis Sav, 3. Ascidiae simplices. Einfache und aggregirte Ascidien. Sowohl solitär bleibend, als durch Prolification verzweigte Stöckchen bildend. Die letztern oder geselligen Ascidien erheben sich auf ver- zweigten Wurzelausläufern und besitzen zeitweise oder dauernd einen gemeinsamen Kreislauf. Ihr Mantelparenchym zeigt meist eine hyaline durchsichtige Beschaffenheit. Dagegen ist der weit grössere Körper der solitär bleibenden Formen von einem knorplig harten, sehr dicken und meist vollkommen undurchsichtigen Mantel umgeben, dessen Oberfläche oft warzige Erhebungen und mannichfache Einlagerungen besitzt. 1. Farn. Clavellinidae. Sociale Ascidien, deren gestilte Einzelthiere auf gemein- samen verzweigten Stolonen oder an einem gemeinsamen Stamme entspringen. Der Leib zeigt zuweilen (Clavellina) die drei Regionen ahnlich den Polycliniden. Clavellina Sav. Aus kriechenden Stolonen entstandene Stöcke, deren Einzel- individuen an der Basis neue Sprossen bilden. Einfuhrs- und Auswurtsöffnung ter- minal nebeneinander ohne strahiige Einschnitte. Cl. lepadiformis Sav., Nordsee. Perophora Wiegm. Die Einzelthiere erheben sich fiederständig an den Seiten eines kriechenden Stolo und stehen in dauernder Gcfassverbindung. Beide Mündungen undeutlich vieliappig. terminal. P. Listeri Wiegm., Kordsee. Bei CJi07idrostachys Edw. gruppiren sich die Individuen traubig an den Seiten eines aufrechten Slamnies. 2. Fam. Ascidiadae. Solitäre Ascidien meist von bedeutender («rosse. Die Einzelthiere pflanzen sich wie es scheint nur ausnahmsweise durch Sprossung fort und stehen, wenn sie gesellig neben einander sitzen, nie durch eine gemeinsame Mantelhüiie oder Blutgefässe in Zusammenhang. Ascidia L. {Phallusia Srv.). Kiemensack ohne Längsfalten. Die Einfuhroffnung Slappig, mit einem Kranze von einfachen Tentakeln am Eingang der Kiemenhöhle. Eingeweide grossentheils neben dem Kiemensack. A. mamillata Cuv. , Slittelmeer. A. intestinalis L. u. a. A. Molgula Forb. Cynthia Sav. Kiemensack längsfaltig. Mantel lederartig oder knorplig. Kiemen- gitter ohne Papillen. Mündungen 4lappig. C. papulosa Sav. C. microcosmus Cuv, Boltenia Sav. Körper lang gestilt, mit Ipdeiartlgim Mantel. Kicmensack längs- fallig. Beide Mündungen seillich, 4lappig, von einem Kranze zusammengeselzter Ten- takeln überriigt. B. ovivera L., Nordsee. B. pedunculata Edw., Neuholland. Chelyosoma Br. Sav. Beide Mündungen mit einem Schliessapparat von 6 drei- eckigen Hornplatten. Ch. Mackyanum Br. Sav., Poiarmeer. Pyrosomidae. 2. Ordnung: Thaliacea, 8alpeii. 703 ClievreuUus Lac. Duth. {Bhodosoma Ehbg.). Körper mit klappenrörmig be- weglichem Deckel. 4. Ascidiae salpaeformes. Salpenälinliclie Ascidien. Freischwimmende, an der Meeresoberfläche flottirende Colonien, im Allgemeinen von der Form eines fingerhutähnlich ausgehöhlten Tannen- zapfens, mit zahlreichen senkrecht zur Längsachse gerichteten Einzel- thieren in dem gemeinsamen gallertig-knorpligen Grundgewebe. Die Einfuhrsöffnungen liegen in unregelmässigen Kreisen an der äussern Oberfläche, die Auswurfsöffnungen münden ihnen gegenüber in dem als gemeinsame Kloake dienenden Hohlraum. Der Kiemensack weit und gegittert, wie bei den Ascidien. Das Ganglion mit aufliegendem A.uge. Durch dieses letztere, sowie durch die Lage der beiden Athemöffnungen und der Eingeweide, durch die Art der Fortpflanzung und die freie Locomotion nähern sich unsere Thiere entschieden den Salpen. Aus dem Ei ent- wickelt sich ein wenig ausgebildeter Embryo, welcher durch Knospung vier neue Thiere {Ascidiozooid Huxley's) erzeugt. Diese sollen nach Kowalevsky auf einem dorsalen Keimstocke 4 Geschlechtsindividuen hervorbringen. 1. Farn Pyrosomidae, Feuerwalzen Die von Per on im Atlantischen Ocean entdeckten Thiere verdanken dem prachtvollen Lichte, welches ihr Eingeweideknäuel ausstrahlt, ihren Namen und wurden anfänglich für solitür gehalten. Pyrosoma P6r, P. atlanticum P6r. P. elegans und giganteum Les. aus dem Mittelmeer. 2. Ordnung: Thaliacea ')? Salpen. Freischwimmende Tunicaten von wallen- oder tonnen förmig er Körpergestalt und glashellem, durchsichtigem Parenchym, mit endsiün- digen einander gegenüberliegenden Mantelöffnungen, bandförmigen oder lamellösen Kiemen und auf Generationswechsel beruhenden lort- pflanzung. Die Salpen-artigen Tunicaten sind glashelle Walzen und Tönnchen von gallertig-knorpliger Consistenz, die theils als solitäre Thiere theils 1) Vergl. ausser den bereits citirten Werken von Forskai, Cuvier, Savigny, Chamisso, Delle Chiaje Huxley, Observations upon the anatomy and physiology of Salpa and Pyro- soma, togeiher wilh remarks upon Doliolum and Appendicularia. Philos. Transactions. London 1851. Krohn, Ueber die Gattung Doliolum und ihre Arten. Archiv für Kaiur- geschichte. 1852. R. Leuckart, Zoologische Untersuchungen. Heft 2. Giessen. 1851. 704 Körperbau. Nucleus. in sehr regelmässiger Anordnung zu Ketten vereinigt, unter rhythraiscli wechselnden Verengerungen und Erweiterungen der Atheinhöhle an der Oberfläche des Meeres schwimmend dahin treiben. Der überaus durch- sichtige äussere Mantel bildet häufig, besonders an den Kö perenden in der Nähe der Auswurfs- und Einfuhrsöffnung zipfelförmige Anhänge, durch welche die Einzelthiere der Kettenform zu langen Reihen oder Doppelreihen verbunden werden. Seltener bilden die Einzelthiere ring- förmige Ketten, indem sie durch Fortsätze der Bauchfläche unter ein- ander zusammenhängen (Salpa pinnata). Die beiden Oeffnungen des Mantels liegen einander gegenüber, die Einfuhrsöflnung am vordem, die Auswurfsöffnung am hintern Körperende, der Rückenfläche genähert. Die erstere erweist sich in der Regel als eine breite von beweglichen Lippen begrenzte Querspalte und fuhrt in den weiten Athemraum. in ■welchem sich schräg von der Rückenfläche nach unten und hinten die cyündrische oder lamellöse Kieme ausspannt. Im erstem Falle entbehrt das hohle, von Blut erfüllte Kiemenband der Spaltöffnungen vollständig, bei Doliolum dagegen, wo die Kieme nach Art einer Scheidewand die Athemhöhle in eine vordere und hintere Kammer abgrenzt, erscheint dieselbe von zwei seitlichen Reihen grosser Querschlitze durchbrochen, durch welche das Wasser aus der vordem in die hintere Kammer ab- fliesst. Ebenso wie die beiden Flimmerbogen, welche den Eingang der Athemhöhle umgrenzen, liegt auch die Bauchrinne mit dem Endostyl an der Wandung der Athemhöhle. Der Nahrungskanal liegt meist dicht verschlungen und zu einem lebhaft gefärbten Knäuel, dem Nucleus, verpackt an der untern und hintern Seite des Körpers, mit den übrigen Eingeweiden, dem Herzen und den Geschlechtsorganen in eine Art Ein- geweidehöhle zusammengedrängt, um welche sich der Mantel nicht selten zu einer kugligen Auftreibung verdickt. Nervensystem, Sinnes- und Bewegungsorgane zeigen im Zusammenhang mit der freien Locomotion einen weit höhern Grad der Ausbildung als bei den Ascidien. Der Ganglienknoten mit seinen nach allen Seiten hin ausstrahlenden Nerven liegt oberhalb der Anheftungsstelle des Kiemenbandes und erreicht eine ziemlich ansehnliche Grösse, so dass er leicht, zumal durch die Färbung des ihm aufliegenden Pigmentes, schon dem unbewaffneten Auge sicht- bar wird. Gewöhnlich (Salpa) erhebt sich auf dem Ganglion ein birn- H. Müller, Ueber die anatomische Verschiedenheit der zwei Formen bei den Salpen. Verhandlungen der Würzburger medic. phys. Geseilschaft und Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. IV 1863. C. Vogt, Recherches sur les anim. infer. de la Mediterran6e. II. Mim. Genive. 1854. Gegen baur, Ueber den Enlwicklungscyclus von Doliolum nebst Bemerkungen über die Larven dieser Thiere. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. VlI. Keferstein und Ehlers, Zoologische Beitrüge, Leipzig. 1861. Sinnesorgane. Bewegung. Fortpflanzung. 705 förmiger oder kugiiger Anhang mit hufeisenförmigem braunrothen Pigraent- fleck und zahlreichen stäbcheiiförmigeii Einlagerungen, welche die Auf- fassung dieses Gebildes als Auge wohl über allen Zweifel erheben. In andern Fällen (DoUolum) liegt zur Seite des Ganglions eine Gehörblase. Als Geruchsorgan wird eine napfförmige mediane Fliramergrube gedeutet, die in der Athemhöhle vor dem Gehirne liegt und von diesem ihren besondern Nerven erhält. Eigenthümliche wahrscheinlich zum Tasten dienende Sinnesorgane werden bei Doliolum in den Läppchen der beiden Mantelöffhungen aber auch an andern Stellen der äussern Haut beob- achtet und zwar als Gruppen rundlicher Zellen, an welche Nerven heran- treten. Die Locomotion wird ausschliesslich durch die Muskulatur der Athemhöhle bewirkt; breite, zuweilen sich kreuzende Muskelbänder um- spannen reifartig den Athemraum, verengern diesen bei ihrer Zusammen- ziehung und treiben einen Theil des Wassers zur Auswurfsöffnung hin- aus, so dass der Körper unter dem Einfluss des Rückstosses in entgegen- gesetzter Richtung fortschiesst. Auch die Salpenketten schwimmen stossweise, indem sich der gleichzeitige Rückstoss aller derselben Seite zu gekehrten Einzelthiere zu einem Gesammteffect verstärkt, welcher die Kette in bestimmter Richtung forttreibt. Die Fortpflanzung der Salpen ist ebensowohl eine geschlechtliche als ungeschlechtliche; auf dem erstem Wege entstehen die solitären Salpen, auf dem letzteren die Salpenketten. Die Individuen der Salpen- kette sind die Geschlechtsthiere ; die sohtären Salpen pflanzen sich da- gegen nur ungeschlechtlich fort. Da beide Formen, welche sowohl durch Grösse und Körpergestalt, als durch den Verlauf der Muskelbänder und anderweitige Differenzen der Kiemen und p]ingeweide abweichen, in dem Lebenscyclus der Art gesetzmässig alterniren, so stellt sich die Ent- wicklung als ein Generationswechsel dar, der selbst wieder mit einer Art Metamorphose (Doliolum) verbunden sein kann. Schon lange vor Steenstrup wurde dieser Wechsel von solitären Salpen und Ketten- Generationen von dem Dichter Chamisso entdeckt. Die Geschlechts- thiere der Salpen, die Individuen der Kette, sind Zwitter, deren beiderlei Geschlechtsorgane wenigstens bei Salp i nicht gleichzeitig zur Anlage und Thätigkeit kommen. Schon sehr frühzeitig, alsbald nach der Geburt, tritt die weibliche Geschlechtsreife ein, während die Blindschläuche der Hoden erst weit später neben dem Nucleus entstehen und noch später Samen erzeugen. Gewöhnlich reduciren sich bei Salpa die weiblichen Theile auf eine vom Blut umspühlte, ein einziges Ei einschliessende Kapsel, welche in einiger Entfernung vom Nucleus durch einen engen stilförmigen Gang an der rechten Seite in die Athemhöhle einführt. Seltener {S. ^onaria) treten mehrere räumlich von einander getrennte Eierkapseln auf. Die Befruchtung erfolgt wahrscheinlich in der Art, Claus, Zoologie. 2. Auflage. 45 TOÜ Entwicklung des Embryo'». dass Samenfäden, welche durch die Eingangsöffnung in die Athemhühle eingeführt sind, in die Mündung des Stiles eintreten und von da in die Kapsel übergehend mit dem Eie in Berührung kommen. Nach der Be- fruchtung verkürzt sich alsbald der Stil, das sicli vergrössernde Ei nähert sich mehr und mehr der Innern Auskleidung der Athemhöhle und bildet mit seiner Umhüllung einen vorspringenden Zapfen, in welchem dasselbe, wie in einem Brutraum, die Embryonalentwicklung durchläuft und unter complicirten Vorgängen zu einer kleinen Salpe sich umgestaltet. Nach durchlaufener Furchung, welche mit einer Theilung des Keim- bläschens beginnt, zerfällt der bereits merklich gewachsene Dotter durch eine ringförmige Einschnürung in zwei Abschnitte, von denen nur der obere, nach der Athemhöhle gekehrte Abschnitt direct zur Bildung des Embryonalkörpers verwendet wird, während der untere Abschnitt eine Art Placenta darstellt, deren Hohlräume mit dem mütterlichen Blute in Communication treten. Auf diese Weise erklärt sich die günstige Er- nährung und das rasche Wachsthum des Embryo's, welcher ausser dem Mutterkuchen noch ein anderes, seiner Bedeutung nach nicht näher bekanntes Embryonalorgan, das ElaeoUast, an sich trägt, bei seiner Geburt aber eine schon ansehnliche Grösse und völlig ausgebildete Organisation besitzt. Die geschlechtlich erzeugten und als solitäre Salpen selbstständig gewordenen Jungen wachsen im freien Leben noch bedeutend weiter, bleiben aber stets geschlechtslos, entwickeln dagegen aus ihrer Körperwandung einen Keimstock, welcher durch Knospung zahlreiche zu Ketten vereinigte Individuen hervorbringt. Dieser Keim- stock, Stolo prolifer, ist ein hohler strangförmiger Ausläufer der Leibes- wand und erscheint nur bei JDoliolum als ein äusserer knospentragender Anhang an der Rücken- oder Bauchfläche der AuswurfsöfiPnung ; bei den Arten der Gattung Salpa kommt derselbe in eine besondere, äusserlich geöffnete Aushöhlung der Körperbedeckung zu liegen, in der er sich oft unter Spiralwindungen entfaltet. Während der Innenraum dieses Stranges vom Blutstrome durchsetzt wird, wachsen an der Wandung rechts und links Knospen hervor, welche zwei Reihen von Salpen ent- wicklen. Merkwürdiger Weise erscheinen (ähnlich wie bei Didemnum) die vordere und hintere Hälfte der zu bildenden Salpe ursprünglich als differente Knospen räumlich gesondert, so dass erst durch die Ver- schmelzung von zwei Knospen die Grundlage für den Leib des späteren Geschlechtsthieres gewonnen wird. Bei der ausserordentlich grossen Productivität des Keimstockes trifft man stets mehrere Knospensätze verschiedenen Alters hintereinander an, welche successive mit der Ent- fernung vom Körper an Grösse zunehmen. Der letzte Satz löst sich zuerst als selbstständige Kette anfangs noch sehr kleiner weiblicher Geschlechtsindividuen los, während ein neuer Nachschub von Knospen an der Basis des Stolo hervorwächst. Weit comphcirter wird die Fort- Salpidae. Doliolidae. 707 Pflanzung bei Doliolum, nicht nur durch die Metamorphose, welche die aus den abgesetzten Eiern hervorgegangenen Jungen als geschwänzte, Ascidien -ähnliche Larven durchlaufen, sondern durch die Verschiedenheit der am äussern Stolo sprossenden und sich einzeln ablösenden Indivi- duen. Nach den interessanten Beobachtungen Gegenbaur's, welche von Keferstein und E^hlers bestätigt und ergänzt wurden, hat man an dem rückenständigen Stolo der geschlechtlich erzeugten Ammen- generation Mediansxjrossen und Lateralsprossen zu unterscheiden. Die letztern sind sehr absonderlich gestaltete, schräg abgestutzte Tönnchen von fast pantoffelförmigem Aussehen ; ihr Schicksal hat bis jetzt nicht entschieden werden können. Die Mediansprossen dagegen entwickeln sichjazu Individuen, welche bis auf den Mangel der Geschlechtsorgane den Geschlechtsthieren sehr ähnlich sehen, indessen einer zweiten Ammen- generation zugehören. Nach der Lösung des Mediansprösslinges bildet sich nämlich an dem Ueberreste des Stiles ein neuer und zwar bauch- ständiger Keimstock, dessen Knospen zu Geschlechtsthieren werden. 1. Farn. Salpidae, Salpen. Die vordere Oeffnung mit einer sich öffnenden und schliessenden klappenartigen Lippe. Die Kieme ist ein einfaches Rohr und durchsetzt die Kiemenhöhle schräg vom Ganglion bis zur Mundöffnung in die Kähe des Nucieus herabsteigend. Die Muskelgürtel sind selten geschlossene Reifen. Die Entwicklung erweist sich als ein einfacher Generationswechsel. SoIiUire Salpen und Ketten alterniren mit einander. Die Geschlechtsthiere gebären lebendige Junge. Salpa Forsk. *S'. pinnata Forsk. Keimstock mit wirtelständigen Sprossen. Die Individuen der Kettenform gruppiren sich radiär um eine gemeinsame Axe. Eingevveide- nucleus entrollt. — S. democratica Forsk., S. »mcrowafa Forsk. (Kettenform). — S. run- cinata Cham., S. fusiformis Cuv. (Kettenform). — S. Africana Forsk., S. maxima Forsk. (Kettenform). — S. cordiformis Quoy Gaim., S- zonaria Fall. (Kettenform). 2. Fam. Doliolidae. Die beiden Mantelöffnungen sind sehr weit und befinden sich an den entgegengesetzten Enden des tönnchenförmigen Leibes. Vordere Oeflnung von 10 bis 12 Läppchen umgeben. Die flachen Kiemen durchsetzen ähnlich einer Scheidewand die Athemhöhle und besitzen zwei Reihen von Spaltöffnungen. Die Ge- schlechtsthiere mit gleichzeitiger Reife beiderlei Geschlechtsorgane erzeugen Eier. Die Entwicklung erfolgt mittelst Metamorphose und complicirtcm Generationswechsel, Auf dem Wege der Knospung entstehen zwei Ammengenerationen solitärer Formen, die erstere mit rückenständigem, die zweite mit bauchständigem äussern Keimstock. Doliolum Quoy Gaim. D. Troschelii Krohn. Generation mit Keimstock hinten am Rücken im 7ten Intermuskularraum erzeugt eine 2te Generation mit ventralen Keimstock im 6ten Intermuskularraum und sehr grosser Kieme. Diese erzeugt als Geschlechtsform D. denticulatum Quoy Gaim. 46* 708 II. Classe. Brachiopoda, Armfüsser. II. Classe. Bracliiopoda 'j (Palliobraucliiata)^ Armfiisser. Festsitzende Muschelthiere mit einem vordem und hintern Mantel- lappen und entsprechenden SchalenMappen , ohne Schalenligament , mit spiralig aufgerollten Mundsegeln (Armen), ohne Fuss und ohne Kiemen- lamellen. Die Brachiopoden schliessen sich einigermassen an die Lamelli- branchiaten an, aus deren Bau wir ihre Gestalt uud Organisation durch allerdings nicht unwesentliche Modificationen ableiten können. Fuss- und Kieraenlamellen fallen hinweg, dagegen vergrössert sich die Breite des Körpers in der Richtung von rechts nach links bedeutend , während gleichzeitig eine Verkürzung der Längsachse und Abflachung des Leibes in der Richtung von vorn nach hinten zu statt findet. Indem man sich ferner eine Einbuchtung von der Mitte der bis hierher verschmolzenen Mantelränder bis zur dorsalen nach hinten gerückten Schlossverbindung schlitzförmig verlängert denkt, erhält man eine verbreiterte, abgeflachte, vordere und hintere Mantelhälfte und ebenso eine vordere {Rüclcen- schale) und hintere (Bauchschale) Schale, von denen die letztere oft grösser und gewölbter, schnabelarüg über die Schlossverbindung über- greift und meistens an der Spitze des Schnabels von einer Oeffnung durchbohrt ist. Diese Schale (sog. Bauchklappe) sitzt entweder un- mittelbar auf fester Unterlage verwachsen auf, oder die Befestigung wird durch einen aus der Schnabelöffnung derselben hervortretenden musku- lösen Stil vermittelt. Indessen können auch die Schalen gleichklappig sein und durch einen langen der Ausbuchtung beider Schalen zugehörigen Stil festsitzen [Lingida), sowie einer Schlossverbindung entbehren, die übrigens auch bei einigen ungleichklappigen aufgewachsenen Brachio- poden fehlt. Die Schalen werden niemals durch die Anwesenheit eines 1) R. Owen, On Ihe anatomy of the Brachiopoda etc. Transact. Zoolog. See. London. 1835. Derselbe, Observations sur l'appareil de la circulation chez les Molliisques de la classe des Brachiopodes. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. tom. III. 1845. C. Vogt, Anatomie der Lingula anatina. Denkschr. der schw. Gesellsch. der ges. Naturw. Bd. VII. 1842. Th. Huxley, Contributions to the anatomy of the Brachiopoda. Ann. Mag. of nat. bist. 1854. A. Hancock, On the Organization of the Brachiopoda. Philos. Transactions. 1858. Davidson, Monography of british foss. Brachiopoda. 1853. Lacaze-Duthiers, Sur la morphologie et les rapports des Brachiopodes. Comptes rendiis etc. 1865. Derselbe, Htetoire naturelle des brachiopodes vivants de la Mediterran6e. Ann. i\es sc. nat. 1861. Tom. XV. Körperbau. Mundarme. 709 äussern Ligamentes, sondern durch besondere Muskelgruppen geöftnet und andererseits durch Schliessmuskeln zugeklappt, welche in der Nähe des Schlosses quer von oben nach unten den Leibesraum durchsetzen. Dagegen scheinen die beiden spiralig zusammengelegten Mundsegel oder Spiralarme, zu deren Stütze ein aus kalkigen Stäben zusammengesetztes Gerüst der Innern Fläche der Rückenschale entspringt, keineswegs überall wie man früher glaubte zum Oeffnen der Schalen benutzt zu werden. Der zwischen den Schalen eingeschlossene Leib hat eine streng bilaterale Form und Organisation. Die beiden Mantellappen, welche der Innern Schalenfläche anliegen, umgeben den Körper von der vordem und hintern Seite und umschliessen mehr oder minder umfangreiche Höhlungen als Fortsetzungen des Leibesraums. Auf diese Weise wird der Innenraum des Mantels nicht nur zu einem mit Blut gefüllten Lacunensystem und dient an der Innenfläche zur Respiration, sondern nimmt auch Theile der Geschlechtsdrüsen in seinen Höhlungen auf, während die äussere Oberfläche am Rande sehr regelmässig einzelne oder in Gruppen zu- sammengestellte Borsten trägt. Auch kann der Mantel ebenso wie die spiraligen Mundarme Kalknadeln oder ein zusammenhängendes Kalknetz in sich erzeugen. Die Mundöflhung liegt zwischen der Basis beider Arme von einer Ober- und Unterlippe umgeben, sie führt in die nach vorn verlaufende Speiseröhre, welche sich in den durch Bänder befestigten und von mächtigen Leberlappen umlagerten Magendarm fortsetzt. Der- selbe beschreibt entweder eine einzige Umbiegung nach der Rückenfläche aufsteigend oder bildet bei bedeutender Länge mehrfache Windungen (Lingula). Im letztern Falle mündet er an der Seite des Rumpfes in die Mantelhöhle aus , während bei den mit einem Schalenschlosse ver- sehenen Brachiopoden (Tereiratula, Rhynchonella) ein After fehlt. Hier endet der Darmkanal innerhalb der Eingeweidehöhle zwiebeiförmig auf- getrieben. Zuweilen setzt sich das Ende jedoch in ein strangartiges Organ fort (Thecidium). Auflfallenderweise ist der Darm durch Suspen- sorien, die sog. Gastro-Parietal- und Ileo-Parietalbänder, in der Leibes- höhle befestigt. Die beiden zur Seite der Mundöffnung entspringenden von einem festen Gerüste getragenen Spiralanne, welche morphologisch den Mund- lappen der Lamellibranchiaten entsprechen, dienen zur Herbeistrudelung der Nahrungsstoffe, aber auch zur Respiration. Es sind sehr lange, in kegelförmiger Spirale nach vorn aufgerollte Anhänge, welche genau wie die Segel mancher Lamellibranchiaten von einer Rinne durchzogen werden. Die Umgebung der Rinne bilden dichte und lange, aus steifen beweglichen Fäden zusammengesetzte Fransen, deren Schwingungen eine mächtige Skudelung erregen und kleine Nahrungskörper nach der Mund- öifnung führen. Als Centralorgan des Kreislaufes fungirt ein rundliches, ein- 710 Herz. Athmungsorgane. Nervensystem. kammeriges Herz auf der Rückentläche des Magens. Dasselbe entsendet mehrere seitliche Arterienstämiiie und nimmt das Blut durch einen ge- meinsamen über der Speiseröhre verlaufenden Venenstamm auf. Indessen ist das Gefässsystem keineswegs geschlossen, sondern steht mit einem Blutsinus in, der Umgebung des Darmes, den Eingeweidelacunen und einem sehr entwickelten Lacunensystem des Mantels und der Arme in Verbindung. Die letzteren bringen das Blut über eine bedeutende Fläche hin mit dem Wasser in endosmotischen Austauch, man betrachtet da- her mit Recht sowohl die innere Mantelfläche als die Spiralarme des Mundes als Athmungsorgane. Als Nieren, den Bojanus'schen Organen der Lamellibranchiaten entsprechend, sind wahrscheinlich zwei, seltener vier Kanäle mit drüsigen Wandungen anzusehen, welche mit freier Oeffnung trichterförmig in der Leibeshöhle beginnen, zu beiden Seiten des Darmes sich erstrecken und seitlich vom Munde ausführen. Dieselben fungiren zugleich als Aus- führungsgänge der Geschlechtsproducte und werden von Hancock als Ovidiicte bezeichnet, während sie von R. Owen irrthümlich für Herzen gehalten waren. (Segmentalorgane der Würmer). Das Nervensystem besteht aus einem Nervenring in der Umgebung des Schlundes und mehreren mit demselben verbundenen Ganglien- gruppen. Dieselben liegen über dem Schlünde nach dem Schlosse der Schale zugekehrt und bilden ein Centralganglion , von welchem die Nerven zu dem dorsalen vordem Mantellappen, den Armen und Schliess- muskeln entspringen, und zwei seitliche Ganglien, welche den hinteren Mantellappen und den Stilmuskel mit Nerven versorgen. An dem zarten Schlundringe finden sich zwei sehr kleine Ganglienpaare, ein Oesophageal- und Lippenknötchen, Sinnesorgane sind nicht mit Sicherheit bekannt geworden. Doch wird man die Doppelreihe der Fädchen, welche die Arme besetzen, als Tastorgane betrachten können. Ueber die Geschlechtsverhältnisse und die Fortpflanzung herrscht noch manche Unklarheit. Wahrscheinlich sind viele f3rachiopoden Zwitter. Bei den Terebrutuliden sind indessen die beiderlei Geschlechtsdrüsen auf verschiedene Individuen getrennt. Die Geschlechtsorgane bestehen aus dicken gelben Bändern und Wülsten, welche in paariger Anordnung von der Leibeshöhle aus in die Lacunen des Mantels hineindringen und sich hier unter mehrfachen Verästelungen ausbreiten. Hoden und Samen- fäden sind nicht überall mit Sicherheit nachgewiesen worden. Bei Thecidium liegen nur zwei bohnenförmige Hoden und im weiblichen Geschlechte ebensoviele traubige Ovarien in der gewölbten Schale. Die aus den Geschlechtsdrüsen in die Leibeshöhle gelangenden Eier werden durch die bereits erwähnten trichterförmig beginnenden Oviducte in den Mantelraum nach aussen geführt. Gesclileclitsorgane. Entwicklung. 711 Auch über die Entwicklung ist noch wenig bekannt. Doch weiss man aus den Beobachtungen Mc. Crady's und Fr. Müller 's, dass die Jugendtbrmen freischwimmende Larven sind mit bereits zweiklappiger Schale, mit Darm, paarigen Pigmentflecken und Gehörblasen. Als Larvenorgan tritt zwischen den Schalenklappen ein eigenthümlich vor- stülpbarer Bewegnngsapparat hervor, welchen man dem Tentakelkranz der Bryozoen vergleichen kann. Derselbe besteht aus zwei Armen mit vier flimmernden Fortsätzen. Die erstem erheben sich auf einem gemein- samen contractilen Stile in der Umgebung des wulstig umrandeten Mundes und bewirken durch ihre Flimmerhaare die Locomotion der Larve. Die Beobachtungen von Lacaze-Duthiers haben über die Ent- wicklungsgeschichte von Thecidium einigen Aufschluss gegeben. Hier gelangen die abgesetzten Eier in eine mediane Tasche des Mantelraums und durchlaufen in diesem Brutraum, an dem angeschwollenen Ende zweier Arm-Cirren durch Filamente befestigt, die Embryonalentwickliing. Nach der Dotterklüftung stellt der Leib des Embryo's zuerst eine gleich- förmige Zellenmasse dar, alsdann theilt er sich durch eine quere Furche in zwei Hälften, von denen die vordere umfangreichere an dem Filamente anhaftet. Der vordere Abschnitt erhält zwei seitliche helle Flecken, der hintere an seiner äussersten Spitze eine helle, zu einer Grube sich um- gestaltende Lnpression. Die erstem sind die Andeutungen eines mittlem Abschnittes, welcher sich durch eine Ringfurche abschnürt, während zu- gleich an der vordersten Spitze ein neues Segment zur Sonderung gelangt. Man unterscheidet daher später am Embryo vier durch Querfurchen ge- sonderte Segmente, welche eine convexe Rück^nseite und eine einge- krümmte, concave untere Seite darbieten. Der vordere Abschnitt erhält dann auf seiner untern Seite eine ovale Grube, vermuthlich die Mund- ötfnung und vier oder zwei Augenpunkte. Is^un lösen sich die Embryonen von ihren Filamenten und schwärmen mittelst ihres Wimperkleides frei umher, ohne bislang in ihrer weitern Metamorphose verfolgt worden zu sein. Gegenwärtig existiren nur wenige Brachiopodenarten in verschie- denen Meeren, um so grösser war dagegen die Verbreitung in der Vorwelt, für deren Formationen bestimmte Arten die Bedeutung von Leitmuscheln haben. Auch gehören zu den Brachiopoden die ältesten Versteinerungen, und einzelne der schon im Silur auftretenden Gattungen haben sich bis zur Gegenwart erhalter (Lingula). Von den Familien, welche sich nach dem Baue der lebenden Formen zu schliessen, in zwei Gruppen, in die der schlosslosen und der mit einem Schlosse versehenen, einordnen lassen, mögen nur die nachfolgenden Erwähnung finden. 712 Liiigulidue. Discinidae. Craiiiadae. Rhyiiclionellidae. Terebratiilidae. 1. Ecardines. Angellose. 1. Farn. Lingulidae. Die dünnen hornigen Schalen sind gleichklappig und runffenförmig . an ihrer Verbindungsstelle weichen sie zum Austritt eines langen flei- schigen Stiles auseinander. Ein Armgerüst fehlt. Lingula Brug. Schale oblong, vorn breit und abgestutzt, nach oben zu ver- schmälert. L. anatina Lam. , Indischer Ocean. Zahlreiche Arten sind fossil nnd ge- hören grossentheiis der Silurzeit an. 2. Farn. Discinidae. Haftstil durch eine Oeffnung der flachen Bauchschale durchtretend. Discina Lam. Schale rundlich scheibenförmig pünktirt. D. lamellosn Brodp., Sudamerika. Viele Arten fossil aus dem Silur. Fossil sind Orbicula Ow. , Trematis Schärpe, Siphonotreta Vern. 3. Fam, Craniadae. Schale rundlich, kalkhaltig, mit der Unterklappe auf- gewachsen, ohne Stil. Crania Retz. Cr. anomala Müll. , Nordsee. Cr. antiqua Delr. , fossil aus der Kreide. 2. Testicardines. Angelschalige. Den üebergang bilden die Familien der ausschliesslich fossilen Orthiden und Productiden (Productis Sav.), deren Schalenrand noch der Angelgelenke entbehrt. 1. Fam. Bhynchonellidae. Angelrand bogenförmig oder gerade, stets mit voll- kommenem Angelgelenke. Die sog. Bauchsrhale mit durchbohrtem Schnabel. Arm- gerüsle nur durch 2 parallele Schenkel repräsentirt. lihynchonella Fisch. Schale fächerartig gefaltet. Schnabel unter seiner Spitze mit einem rundlichen Loche, zwischen diesem und dem Angelrand liegt ein zwei- theiliges Feld , das sog. Deltidium. Rh. psittacea Lam. , Nördl. Norwegen. Fossile Arten zählend im Silur. Pentamerus Sow. Enthält nur fossile Arten des Silur und Devon. Hier schliessen sich die fossilen Spiriferiden an (Spirifer Sow.). 2. Fam. Terebratulidae. Schale fast immer bicouvex, fein pünktirt mit voll- kummenem Angelgelenk. Schnabel der Bauchschale zum Durchtritt des kurzen Haft- stiles durchbohrt. Selten fehlt diese Oeffnung und dann ist die Schale aufgewachsen {Thecidium Sow.). Armgerüst stärker, mit 2 Schenkeln und Schielten. Thecidium Defr. Schale dick und auigewächsen. Th. mediterraneum Riss. Waldheimia King. KUckenklappe ungeöhrt. Schnabel lang, rings geschlossen. Armgerust allein durch die zwei Schenkel gestützt, ohne Dorsalleiste, jene vor der Mitte der Klappe vereinigt, mit sehr langer Schleife. W. flavescens Lam., Ind. Ocean. Terebratula Brug. Die Sckenkel des Armgerüstes durch einen rückwärts ge- wölbten Halbring vereinigt. T. vitrea Lam., Mittelmeer. Terebratulina D'Orb. Rückenschale geöhrt. Armgerüst kurzschleifig. T. caput serpentis L., Nordsee. Andere noch jetzt lebende Gattungen sind Terebratella D'Orb., Argiope Dsigps., Megerlea King. {31. truncata King., Nordsee)., Kraussia King.; nur fossil erhalten Stringocephalus Defr. III. Classe. Lamellibranchiata, Muschelthiere. 713 III. Classe. I^amellibraiicliiata ')? Musclieltliiere. Muschelthiere mit grossem in zioei seitliche Lappen gespaltenen Mantel, mit einer rechten und linken in der Be'/el durch ein rücJcen- ständiges Ligament verbundenen SchalenJclappe und gesonderten Kiemen- blättern, meist getrennten Geschlechts. Die Lamellibranchiaten wurden früher mit den Brachiopoden , zu denen sie in der That durch ihre äussere Körperform in näherer Beziehung stehen, nach dem Vorgang Lamark's in einer gemeinsamen Classe der Muschelthiere oder Conchiferen zusammengestellt. Beide Gruppen von Weichthieren bringen bereits — im Gegensatze zu den Tunicaten — den Molluskenkörper zur schärfern Ausprägung, entbehren aber noch eines gegliederten Kopfes und besitzen einen umfangreichen meist in zwei Lappen gespaltenen Mantel, sowie eine zweiklappige Schale. Immer- hin aber erscheinen die Abweichungen, welche die besondere Gestaltung beider Gruppen bietet, wesentlich genug, um dieselben als Classen zu trennen. Auch der Körper der Lamellibranchiaten ist meist streng sym- metrisch, gebaut, aber bei einer bedeutenden Streckung seitlich com- primirt und von zwei seitlichen Mantellappen umlagert, welche an der Rückenfläche festgeheftet, in der Regel eine rechte und linke Schalen- klappe absondern. Anstatt der Spiralarme finden sich zu den Seiten der Mundöffnung zwei Paare blatt- oder tentakelförmiger Labialsegel, 1) Poli, Testacea utiiusque Siciliae eorumque historia et anatome. 3 Bde. 1791—1795. G. Cuvier, l'histoire et l'Anatomie des Mollusques. Paris. 1817. Bojanus, lieber die Athem- und Kreislaufswerkzeuge der zweischaligen Muscheln. Isis. 1818. 1820. 1827. Deshayes Art : Conchifera in Todds Cyclopaedia. Vol. I. 1836. Garner, On the anatomy of the lamellibranchiate Conchifera. Transact. of the zool. soc. London. Tom. II. 1841. Quatrefages, Anatomie von Teredo. Ann. sc. nat, 1848 — 1850. Lacaze-D u thifers, Ann sc. nat. 1854—1861. Keber , Beiträge zur Anatomie und Physiologie derWeichthiere. Königsberg. 1851. S. Hanley, An illutrated and descriptive Catalogue of recent bivalve Shells with 960 figures etc. London. 1856. H. und A. Adams, The genera of the recent Mollusca. London. 1853 -58. L. Reeve, Conchologia iconica. London. 1846—1858. Th. V. Hessling, Die Perlenmuscheln und ihre Perlen. Leipzig. 1859. Carpenter, Artikel: Shell in der Cyclopaedia of Anatomy and Physiology. M. Sars, Om Dyret af Cryptodon Sarsii Phil. Vid. Selsk. Forhandlinger. 1864. 714 Körperbau. Mantel. Siphonen. An der Bauchfläche erhebt sich ein umfangreicher meist beilförmiger Fuss, und überall treten in der Mantelfurche zwischen Mantel und Fuss zwei, selten ein Paar blattförmiger Kiemen hervor. Die beiden Mantellappen,- welche den Körper vom Eücken aus wie die Decken eines Buches zwischen sich nehmen, zeigen fast überall, auch da, wo die verdickten Ränder vollständig in ihrer ganzen Länge frei bleiben, an dem hintern Ende jederseits zwei (selten nur einen) auf einander folgende Ausschnitte, welche von zahlreichen Papillen oder Fädchen umsäumt, beim Zusammenlegen der Mantelhälften zwei hinter einander folgende Spaltöffnungen bilden. Der obere dem Rücken zu- gekehrte Schlitz, welcher übrigens auch mit dem untern verschmelzen kann, fungirt als Kloakenöffnung, der untere als Einfuhr- oder Kiemen- öffnung. Durch diesen gelangt das Wasser unter dem Einfluss eigen- thümhcher Wimpereinriehtungen der Innern Mantelfläche und der Kiemen bei etwas klaffender Schale in den Mantel- und Athemraum, uraspühlt die Kiemen und führt kleine Nahrungskörper nach den Mundsegeln zur Mundöffhung; die obere oder Kloakenöffnung schafft das Wasser nebst den Auswurfsstoffen des Leibes insbesondere denen des Darmkanals aus dem Mantelraum nach aussen. Nicht überall aber bleiben die Rand- säume beider Mantellappen in ihrer ganzen Länge frei , sehr häufig beginnt vielmehr vom hintern Ende aus eine Verschmelzung, welche all- mählig in immer grösserer Ausdehnung nach vorn vorschreitet. Durch diese Verschmelzung sondert sich zunächst nur eine einfache, Kloaken- und Athemschlitz in sich fassende hintere Oeffhung von dem nach vorn in seiner ganzen Länge geöffneten Mantelschlitz, oder es kommen auch Kloaken- und Athemöffnung durch eine Querbrücke zur Sonderung. Aber auch der lange vordere Mantelschlitz, welchen man wegen seiner Be- ziehung zum Durchtritt des Fusses Fuss-schlü^ genannt hat, verkürzt sich in Folge fortschreitender Verwachsung der Mantelränder allmählig so sehr, dass der gleichzeitig verkümmerte Fuss kaum mehr hervor- treten kann, und es nähert sich die Mantelbildung einer sackartigen Umhüllung, für deren Ein- und Ausgang genau wie bei den Äscidien zwei Oeffnungen nebeneinander frei geblieben sind. Je weiter sich aber der Mantel nach vorn zu schliesst, um so mehr schreitet eine eigen- thümliche Verlängerung der hintern Mantelgegend um Kloaken- und Athemöffnung vor, welche die Entstehung von zwei contractilen , frei hervortretenden Röhren, Siphonen, veranlasst. Nicht selten erlangen dann die Siphonen einen solchen Umfang, dass sie überhaupt nicht mehr zwischen die am Hinterrande klaffenden Schalen zurückgezogen werden können. Gewöhnlich ist der untere oder Kiemensipho der längere; zu- weilen verwachsen auch beide Siphonen an ihrer Basis selbst bis zur Mitte oder gar bis an die Spitze, überall aber bleiben die beiden in den Mantelraum ein- und ausführenden Kanäle, ebenso wie ihre beiden von Zweiklappige Schalen. 715 Tentakeln umstellten Endöffnungen von einander getrennt. Endlich können die theilweise verwachsenen Siphonen mit dem eigentlitimlich gestreckten, von der verkümmerten Schale unbedeckten Hinterleib einen wurmförmigen Körper bilden, an welchem der schalen tragende Vorder- leib Kopf-ähnlich aufsitzt (Teredo, Schiffsbohrwiirm). Hinsichtlich seiner Structur besteht der Mantel wie die äussere. Haut des Weichthieres überhaupt aus einem von Muskelfasern reich durchsetzten Bindegewebe, welchem eine zellige schleimige Oberhaut aufliegt. Dieselbe erweist sich auf der äussern Fläche aus Cylinder- zellen, auf der Innenfläche des Mantels dagegen aus einem Flimmer- Epitelium gebildet. Pigmente kommen in den Zellen der Oberhaut besonders reich an dem contractilen , sehr häufig gefalteten, oder auch Papillen und Tentakeln tragenden Mantelsaum vor. An seiner äussern Oberfläche sondert der Mantel ein festes Kalk- gehäuse ab, welches den beiden Mantellappen entsprechend in zwei seit- liche am Rücken zusammenhaftende Klappen zerfällt. Nur selten er- scheinen freilich beide Klappen vollkommen gleich, jedoch nennt man nur diejenigen Schalen ungleichklappig , welche nach Grösse, Wölbung und Gestalt sich auffallend asymmetrisch und ihrer Lage nach als obere und untere erweisen. Die untere häutig aufgewachsene Schale ist die grössere und am tiefsten gewölbte, die obere erscheint kleiner, flacher und deckelartig aufliegend. Meist schhessen die Ränder der zusammen- geklappten Schalen fest aneinander, indesst-n gibt es zahlreiche Aus- nahmen, indem die Schalen an verschiedenen Stellen zum Durchtritt des Fusses, des Byssus, der Siphonen mehr oder minder klaöen, zuweilen sogar weit auseinander stehen können. Letzteres gilt insbesondere für diejenigen Muschelthiere , welche sich in Sand, in Holz oder in festes Gestein einbohren und theilweise mit wurniförmig gestrecktem Leib in einer kalkigen Röhre (Tubicolae) eingeschlossen sind. Hier kann sich die Schale durch eine weite vordere Ausrandung und ausgedehnte Ab- stutzung ihrer hintern Partie mehr und mehr bis auf ein reiöormiges Rudiment reduciren (Teredo), dagegen schliesst sich an das Hinterende derselben eine Kalkröhre an, die selbst mit den Schalenrudimenten innig verwachsen und dieselben ganz in sich aufnehmen kann {Aspergillum). Die Verbindung beider Schalen erfolgt stets an der Rückenfläche und zwar in der Regel durch ein äusseres oder auch wohl verdecktes inneres Ligament, welches durch seine Spannung die Klappen zu öffnen bestrebt ist. Neben diesem elastischen Band betheiligt sich auch der obere Rand durch ineinandergreifende Zähne und Gruben beider Schalen- hälften an der festen Verbindung der letztern. Derselbe bildet das Schloss (cardo), dessen besondere Gestaltung systematisch höchst wichtig ist. Man unterscheidet demnach den Schlossrand mit dem Ligamente von dem freien Rande der Schale, welcher in einen vordem, untern und 716 Area. Lunula. ürthoconchae. Pleuroconchae. hintern oderSiphonalrand zerfällt. Vorderrand und Hinterrand bestimmen sich im Allgemeinen leicht nach der Lage des Schlossbandes zu den zwei Wirbeln oder Buckeln (umbones, nates), welche als zwei hervor- ragende Spitzen über dem Rückenrande den Ausgangspunkt für das Wachsthum der beiden Schalenklappen bezeichnen und den Scheitel (apex) derselben bilden. Der meist oblonge Umkreis des Ligamentes, das Höfchen oder Schildchen (area), findet sich hinter dem Scheitel und nimmt die obere hintere Seite der Schale ein. Andererseits liegt an der meist kürzern Vorderseite wenigstens bei den Gleichklappigen ein vertiefter Ausschnitt, das Mondchen (limula), an dessen Lage man als- bald den Vorderrand erkennt. Während die äussere Oberfläche der Schale sehr mannichfache Sculpturverhältnisse zeigt und sehr häufig radiale oder concentrische Rippen und Furchen darbietet, ist die Innenfläche glatt und perlmutter- glänzend. Bei näherer Betrachtung finden sich aber auch an der Innen- fläche eigenthümliche Vertiefungen und Flecken, welche als Ausdruck von Muskeleindrücken für die Auffassung des Zusammenhanges zwischen Schale und Mantel und desshalb auch in systematischer Hinsicht wichtig erscheinen. Dem ünterrande ziemlich parallel verläuft ein schmaler Streifen, die sog. ManteUinie, welche häufig und überall da, wo sich eine Athemr Öhre findet, für diese letztere eine vor und aufwärts ein- springende Bucht, die Mantelbucht, erzeugt. Sodann finden sich in der Regel zwei grosse rundliche Flecken, die Eindrücke eines vordem und hintern Schliessmuskels , welche den Leib des Thieres quer von der einen zur andern Seite durchsetzen und sich an der Innenfläche der Schale befestigen. Während in der Regel bei den gleichklappigen Muscheln {Orthoconchae) beide Eindrücke wohl ausgebildet sind und an Grösse ziemlich gleich kommen, verkümmert der vordere Schalenschliesser bei den Ungleichklappigen(PZeMrocowcAew) bis zum vollständigen Schwunde, dagegen rückt der hintere nun um so umfangreichere Muskel weiter nach vorn bis in die Mitte der Schale hinein. Man hat diesen keines- wegs scharfen und systematisch verwerthbaren Unterschied dazu benutzt, um die zahlreichen Familien in zwei Gruppen als JDimyarier und Mono- myarier gegenüber zu stellen. HinsichtUch der chemischen Zusammensetzung besteht die Schale aus kohlensaurem Kalk und einer organischen Grundsubstanz (Con- chi/olin), welche meist eine geschichtete, blättrig lamellöse Textur dar- bietet. Zu diesen geschichteten innern Lagen kommt häufig noch eine äussere mächtige Kalkschicht, welche aus grossen pallisadenartig an- einandergereihten Schmelzprismen (Kalksäckchen) zusammengesetzt, der Schmelzsubstanz des Zahns verglichen werden kann. Endlich folgt nicht selten an der äussern Oberfläche der Schale eine hornige Cuticula, die sog. Epidermis. Das Wachsthum der Schale erweist sich theils als eine Perlenbildiiug. Fuss. 717 Verdickung der Substanz, indem die ganze Oberfläche des Mantels neue concentrisch geschichtete Lagen absondert, theils als eine Grössen- zunahme der Schalenfläche, welche durch schichtenweise angesetzte Neu- bildungen am freien Mantelrande erfolgt. Auf die letztere Art entsteht der äussere gefärbte und meist aus senkrechten Prismen zusammen- gesetzte Schalentheil nebst der hornigen Cuticula, während die concentrisch gefalteten farblosen Innern Perlmutterlagen von der gesammten äussern Manteloberfläche gebildet werden. Die verschiedenen Formen der Mantel- secretion geben vorzugsweise bei den sog. Perlmuscheln {Meleagrina, ünio margatifer) zu der Entstehung von Perlen Veranlassung; indem fremde Körper, Sandkörnchen, thierische Parasiten oder deren Eier zwischen Schale und Mantel eindringen, bilden sie den Mittelpunkt für die Absonderung concentrischer Perlmutter- und Säulenschichten, je nach ihrer wechselnden Lage auf der äussern Mantelfläche oder am Mantelrande. Indessen scheint eben so häufig und bei ünio margaritifer in der Mehrzahl der Fälle die Entstehung des Perlcnkerns von dem Thiere selbst auszugehen, insbesondere von der Substanz der Epidermis. Als selbstständiges Locomotionsorgan dient der an der Bauchseite hervorstehende Fuss, der nur bei verhältnissmässig wenigen des Orts- wechsels verlustig gegangenen Muschelthieren fehlt {Ostrea, Anomia) oder auf einen rudimentären Stummel reducirt ist. Form und Grösse dieses vollständig zwischen die Schalen zurückziehbaren fleischigen An- hangs variirt übrigens nach der besondern Art der Bewegung sehr mannichfach, auch kann derselbe recht häufig die Function eines Spinn- apparates übernehmen, indem er aus einer medianen Furche seidenartige Fäden, das Secret der Byssusdrüse, hervortreten lässt, welche zur zeit- weiligen oder beständigen Anheftung des Thieres oder gar zu einer Art Nestbau (Crenella cliscors, Modiola vestita, Lima hians) verwendet werden. Am häufigsten dient der Fuss zum Kriechen im Sande und besitzt eine beilförmige oder fast halbkughg abgestumpfte Gestalt, in anderen Fällen erweitert er sich durch seitliche Ausbreitung zu einer söhligen Kriechscheibe. Seltener gestaltet sich der Fuss bei bedeutender Grösse knieförmig nnd dient dann zum sprungartigen Fortschnellen des Körpers im Wasser (Carditim). Solche beweglichere Formen scheinen im Stande zu sein, den Ort auf grössere Entfernungen hin zu verändern und selbst grössere Wanderungen vielleicht zum Zwecke der Fortpflanzung zu unternehmen. Einige Muschelthiere besitzen einen linearen, keulen- oder walzenförmigen Fuss (^Solen, Solenomyia) und bewegen sich, indem sie den Fuss rasch einziehen und Wasser durch 'die Siphonen ausspritzen. Wieder andere, wie die Pilgermuscheln (Pecten), schwimmen durch ab- wechselndes Auf- und Zuklappen der Schale und sind sogar im Stande, von festen Gegenständen aus im Sprunge aufzufliegen. Bei Cryptodon hat der Fuss eine lange t^ntakelartige Gestalt Viele benutzen auch 718 Bohnnuscheln. Nervensystem. Sinnesorgane. den Fuss zum Eingraben des Körpers im Schlamme, aus welchem dann nur die hintere Partie oder auch die Sip-honen hervorragen, andere endlich bohren sich in Holz und Torf (Teredo) oder gar in kalkiges lestes Gestein {Pholas, Lithodomus , Saxicava etc.) ein und benutzen dabei den kurzen abgestutzten Fuss zum Anstemmen des Leibes, den festen und oft fein bezähnten Schalenrand unter Drehbewegungen als Reibe. Diese Art der Einbohrung scheint nach Robertson für Fholas und nach Karting für Teredo Geltung zu haben. Nach Hancock da- gegen soll der Fuss und Mantelrand an der vordem Oeffnung der klaffenden Schale mit feinen Kieselkrystallen besetzt sein und nach Art einer Feile auf das Ausbohren des Gesteins wirken. Das Nervensystem enthält bereits die drei typischen Ganglienpaare des Weichthieres in symmetrischer Ausprägung. Da weder ein Kopf- abschnitt zur Sonderung gelangt ist noch die Sinnesorgane am vordem Körpertheile sich concentriien, erscheint das obere Schlundganglion ver- hältnissmässig wenig entwickelt. Seine Nerven versorgen vorzugsweise die Umgebung des Mundes, aber auch den Mantel, in welchen oft zwei starke Stämme eintreten. Nicht selten (Unio) weichen die beiden Hälften desselben seitlich auseinander und nähern sich dem unter dem Schlünde gelegenen, zuweilen weit nach vorn gerückten Fussganglion (Pecten), dessen Nerven sich an der Bauchseite des Körpers im Fusse verbreiten. Am meisten entwickelt erscheint das dritte Ganglienpaar, welches von manchen Zoologen als Sympathicus aufgefasst wird. Dasselbe steht mit dem Gehirne durch lange Commissuren in Verbindung und liegt dem hintern Schliessmuskel an. Die Nerven desselben treten theils zu den Kiemen, theils zu den Eingeweiden und zum Mantel, an dessen Rande sie als zwei starke Nerven mit dem vom Gehirn kommenden Nerven oft unter Bildung von Geflechten verschmelzen. Auch treten vom Kiemen- oder Mantelganglion ansehnliche Nerven zu den Siphonen aus, an deren Basis sich oft ein accessorisches Ganglienpaar findet. Wahrscheinlich ent- spricht der Nervenknoten der Tunicaten dem Mantelganglion der Lamelli- branchiaten. Von Sinnesorganen treffen wir Gehörorgane, Augen und Tast- organe an. Die ersteren liegen als paarige Gehörblasen unterhalb des Schlundes dem Fussganglion an und zeichnen sich öfters durch die mächtigen Wimperzellen aus, welche in der Umgebung der Otolithen die Wandung bedecken. Augen finden sich theils als einfache Pigment- flecken am Ende der Athemröhre {Solen, Venus), theils auf einer weit höhern Stufe der Ausbildung am Mantelrande von Area, Fectunculus, Tellina und insbesondere von Pecten, Spondylus. Bei den letztern Gattungen sitzen dieselben als gestilte Knöpfchen von smaragdgrünem oder braunrothem Farbenglanze zwischen den Randtentakeln vertheilt und bestehen aus einem Augenbulbus mit Cornealinse, Chorioidea, Iris Darmkanal. Heräs und Kreislaufsorgane. 719 und einer sehr reich entwickelten Stäbchenschicht, in welche sich der eintretende Sehnerv auflöst. Zur Tastempfindung mögen die beiden Paare von Mundlappen oder Segel vorzüglich geeignet sein; daneben aber fungiren auch die Ränder der Athemöff'nungen mit ihren Papillen und Girren, sowie die oft sehr zahlreichen und in mehreren Reihen geordneten Tentakeln am Mantelsaume z. B. bei Lima und Fecten als Tastwerkzeuge. Die Verdauungsorgane der Lamellibranchiaten beginnen mit der am vordem Pole zwischen den Segeln gelegenen Mundöffnung und enden am entgegengesetzten Körpertheile mit dem After. Dem Munde schliesst sich eine kurze Speiseröhre an, in welche durch den Wimperbesatz der morphologisch vielleicht der Bauchrinne der Tunicaten vergleichbaren Segel kleine mit dem Wasser in die Mantelhöhle aufgenommene Nahrungsstoffe eingeleitet werden. Kauwerkzeuge, wie wir sie in Gestalt von Kiefern und einer Zunge bei den Cephalophoren finden, fehlen bei dieser Art der Ernährung vollständig. Die kurze Speiseröhre erweitert sich in einen kugligen Magen, an dessen Pylorustheil meist ein verschliessbarer Blindsack anhängt. In vielen Fällen findet man noch entweder in der eben erwähnten blindsackartigen Ausstülpung des Magens oder im Darmkanale ein stabförmiges durchsichtiges Gebilde, welches unter dem Kamen Krystallstil bekannt, als ein periodisch sich erneuerndes Aus- scheidungsproduct des Darmepitels aufgefasst wird. Der eigentliche Darm erreicht überall eine ansehnliche Länge und erstreckt sich unter mehrfachen Windungen von Leber und Geschlechtsdrüsen umlagert in den Fuss hinein, steigt dann hinter dem Magen bis zum Rücken empor und mündet nach Durchsetzung des Herzens auf einer frei in den Mantelraum hineinragenden Papille aus. Der Kreislauf wird wie bei allen höhern Mollusken durch ein Arterienherz unterhalten, welches von einem Pericardium umschlossen in der Mittellinie des Rückens etwas vor dem hintern Schliessmuskel liegt und merkwürdiger Weise von dem Darmkanal durchbohrt wird. Das Blut tritt durch zwei seitliche Vorhöfe in das Herz ein. AuÖallend ist die Duplicität des Herzens bei Arca^ deren paarige Aorten aber wieder zu einer vordem und einer hintern zusammentreten. Die Ver- ästelungen dieser beiden Gefässstämme führen das Blut in ein com- plicirtes System von Lacunen im Mantel und in den Zwischenräumen der Eingeweide. Dieses mit der Leibeshöhle zusammenfallende System von Bluträumen vertritt sowohl die Capillargefässe als die Venen und wird neuerdings von mehreren Forschern (Langer, Keber) sogar für ein Capillar- und Venensystem in Anspruch genommen. Von grössern venösen Bluträumen sind vor Allem ein mittlerer unpaarer Sinus, in welchem das Lucunensystem des Fasses einführt und zwei seitliche Sinus an der Basis der Kiemen hervorzuheben. Von diesen letztern strömt 720 Bojanus'sche Organe. Kiemen. das Blut theilweise direkt, der Hauptmasse nach jedoch durch ein Netz von Kanälen in der Wandung der Nieren oder B oj a n u s 'sehen Organe wie durch eine Art Pfortaderkreislauf in die Kiemen ein, um von da als arterielles Blut in die Vorhöfe des Herzens zurückzukehren. Durch die Communication der Bojanus'schen Organe mit dem Herzbeutel und den Bluträumen wird höchst wahrscheinlich die Zumischung von Wasser zum Blute ermöglicht. Es finden sich auch Oeifnungen am Fusse, welche beträchtliche Mengen von Wasser in den Körper einführen und dem Blute zumischen. Früher hat man sogar aus diesem Grunde den Muschel- thieren ein besonderes Wassergefässsystem zugeschrieben, das sich jedoch auf Schwellnetze des Fusses reducirt, welche als ein Theil des Systemes der Blutlacunen durch Wasseraufnahme eine plötzliche Anschwellung des Körpers bewirken, aber ebenso rasch auch durch Ausspritzen des Wassers eine Abschwellung wieder herbeiführen können {Cyclas, Cardium, Äno- donta etc.). Als Athmungsorgane treten überall Kiemen auf, in der Regel als zwei Paare von Doppelblättern {Lamellibranchiaten), weiche hinter dem Mundlappen entspringen und längs der Seiten des Rumpfes nach hinten verlaufen. Auf ihrer Oberfläche tragen die Kiemenblätter zum Unter- halten einer continuirlichen Wasserströmung Wimperhaare. Gewöhnlich ist die äussere Kieme beträchtlich kleiner, zuweilen fällt dieselbe voll- kommen hinweg, und es reducirt sich die Zahl der Kiemen auf ein ein- ziges Paar, welches dann stets den Innern Kiemen entspricht. Jedes Kiemenblatt zeigt auf seiner äussern Fläche zahlreiche wie Querfaltungen sich darstellende Streifen, welche sich parallel von dem festgewachsenen Theil zum freien Rande erstrecken. Dieselben sind der Ausdruck von kammförmig neben einanderliegenden, durch Stäbchenreihen gestützten Hohlleistchen , in denen die Bluträume verlaufen. Nicht selten bleiben die Leistchen in ihrer ganzen Länge unverbunden und erweisen sich dann ähnlich wie die Kiemenblättchen der Fische als freie dicht an- liegende P'ädchen, z. B. bei Fecten und Spondylus. Dies ist das ein- fachere, auch der embryonalen Form am nächsten stehende Verhältniss. In der Regel aber sind die Leistchen durch Reihen von Querverbindungen mit einander verkittet, so dass ein Gitterwerk von Spaltöffnungen ent- steht, durch welche das Wasser in den Zwischenraum der beiden Blätter jeder Kieme eindringt. Dieser aus interlamellären Röhren zusammen- gesetzte Intrabranchialraum , der im weiblichen Geschlechte auch als Bruthöhle zur Anhäufung der Eier benutzt werden kann , lässt das Wasser unter dem Einfluss der Wimperbewegung nach aufwärts in einen nach hinten in die Kloake ausführenden Hauptkanal gelangen. Zu- weilen verwachsen auch die beiderseitigen Kiemen vom hintern Abschnitte aus längs der Medianlinie mit einander und können im äussersten Falle einen dem Kiemensack der Ascidien ähnlichen Sack darstellen iClavagella). Geschlechtsorgane. 721 Von ExecreÜMisorganen ist zunächst das nach seinem Entdecker benannte Bojanus 'sehe Organ hervorzuheben, eine paarige, zuweilen in der Medianlinie verschmolzene, länglich ovale Drüse, welche unterhalb und zu den Seiten des Herzbeutels, jederseits in einer besondern sack- förmigen Höhle eingebettet liegt, einer Höhle, die seitlich an der Basis des Fusses zuweilen mit den Geschlechtsöffnungen vereinigt nach aussen mündet. Die Substanz dieser als Niere fungirenden Drüse ist ein gelblich oder bräunlich gefärbtes schwammiges Gewebe, dessen Maschenräume mit einem dichten Zellenbelage überkleidet sind, aus welchem sich Kalk- und Harnsäure - haltige Concremente abscheiden. Die Communication des Centralraumes dieser Drüse mit dem Herzbeutel ist ebenso wie ihre Beziehung zum Kreislauf des Blutes bereits hervorgehoben worden. Die Lamellibranchiaten sind mit Ausnahme einiger wenigen Gat- tungen {Pandora, Cyclas, Ciavagella, Fecten, Ostrea) getrennten Ge- schlechtes ; beiderlei Geschlechtsorgane zeigen aber eine sehr gleichartige Form und Lage zwischen den Eingeweiden. Ovarien und Hoden stellen vielfach gelappte und traubige Drüsen mit rundlichen oder cylindrischen Blindsäckchen dar, welche paarig neben der Leber aufsteigen und die Windungen des Darms umlagernd in die Basis des Fusses hineinrücken. Selten treten dieselben theilweise (Änomia) oder vollständig {Mytilus) in den Mantel über. Eier und Samen nehmen aus den Epitelialzellen der vollkommen übereinstimmend gebauten Geschlechtsdrüsen ihren Ur- sprung und sind gewöhnlich schon dem unbewaffneten Auge an ihrer Färbung kenntlich, indem die Eier in Folge der Dotterfärbung roth, der Samen dagegen milchweiss bis gelblich erscheint. Die Ausführungs- öffnungen der Genitaldrüsen liegen paarig zu den Seiten nahe an der Basis des Fusses und fallen entweder mit den beiden Oeffnungen des Bojanus'schen Organes zusammen {Area, Pinna, Mytilus), oder führen die Geschlechtsstoffe zunächst in den Innenraum dieses Organs selbst ein {Pecten, Spondylus), oder sie liegen dicht neben den Oeffnungen desselben (ünio, Anodonta, Pectunculus). Ganz ähnlich verhalten sich in Form, Lage und Ausmündung die Zwitterdrüsen, deren Samen- und Eier -bereitende Follikel entweder räumlich gesondert sind und dann bald in getrennten Mündungen {Pandora), bald in einer gemeinsamen Genitalöffnung {Pecten, Clavagella, Cyclas) nach aussen führen, oder dieselben Follikel fungiren abwechselnd bald als Hoden bald als Ovarien {Ostrea, Cardium norvegicum). Bei den getrenntgeschlechtlichen Lamellibranchiaten können männ- liche und weibliche Thiere, wie dies für die Süsswasser-bewohnenden ünioniden gilt, eine verschiedene Schalenform besitzen, indem sich die Weibchen, deren äussere Kiemenblätter mit den Fächern ihrer Innen- räume zur Aufnahme der Eier als Brutbehälter verwendet werden, durch Claus, Zoologie. 2. Auflage. 46 722 Entwicklung. weit gewölbtere Schalen auszeichnen. Indessen kommen auch unter den Flussmuscheln hermaphroditische Individuen sowohl bei Unio als bei Anodonta vor. Die Befruchtung kommt wahrscheinlich in der Regel im Innern des mütterlichen Körpers zu Stande, indem dieser durch die Athem- röhre das von dem männlichen Thiere entleerte Sperma einzieht und durch die Wimpern der Kiemenblätter den austretenden Eiern zuführt. Fast sämmtliche Lamellibranchiaten legen Eier ab ~J lebendig gebärende Arten gehören zu den seltenen Ausnahmen. Fast überall bleiben die befruchteten Eier eine Zeit lang zwischen den Schalen oder gelangen selbst in die Kiemenblätter und durchlaufen während dieses Aufenthaltes unter dem Schutze des Mutterleibes die Bildungsvorgänge des J^mbryo's, welcher auf einer bestimmten Entwicklungsstufe ins Freie gelangt. Besonders tritt die Brutpflege bei den Süsswasserbewohnern hervor; bei den ünioniden gelangen die Eier massenweise in einen grossen Längskanal der Kiemen, meist der äussern Kiemenblätter und vertheilen sich von da in die Fächer, welche mächtig erweitert selbst in eigenthümliche Brutsäcke umgewandelt werden können. Bei Cyclas sitzen jederseits eine Anzahl von Bruttaschen an der Basis der innem Kieme an, deren Zellbekleidung zur Ernährung der Embryonen dient. Die Gattungen Unio und Anodonta entleeren dagegen ihre P'ächer und Bruttaschen in der Art, dass der Inhalt als eine durch Schleim ver- bundene Masse von Eiern mit rotirenden Embryonen oder gar als zu- sammenhängende Eierschnur durch den grossen Längskanal austritt. Die Entwicklung erweist sich in der Regel als eine mehr oder minder complicirte Metamorphose, indessen gibt es auch Fälle, in denen die ausgeschlüpften Jungen bereits im Wesentlichen Form und Bau des Mutterthieres besitzen, aber auch da treten wenigstens eigenthümliche provisorische Einrichtungen für das Embryonalleben ein. Ueberall erfolgt die Anlage des Embryo's nach totaler Dotterfurchung und stellt sich als eine allseitige Keimschicht dar, welche zuerst Mantel und Wimpersegel, selten den Fuss zur Sonderung bringt und theilweise mit Wimperhaaren bekleidet in dem Eiweiss innerhalb der Eihüllen rotirt. Auch die Bildung des Mundes und eines innem Magenraums tritt alsbald und ziemlich gleichzeitig mit der Anlage vom Mantel auf. Erst nachher differenziren sich Nervensystem und Gehörblasen und noch weit später Herz, Nieren und Kiemen, während der Mantel alsbald auf seiner äussern Fläche die beiden anfangs oft ziemlich weit abstehenden Schalenanlagen absondert, unter den provisorischen Einrichtungen hat das sog. Segel eine wie es scheint allgemeine Verbreitung, indem dasselbe frühzeitig an allen Em- bryonen auftritt, besonders aber den frei schwimmenden Larven als ein umfangreicher Wimperreif oder Wimperkragen am vordem Pole eigen- thümlich ist. Indessen erscheint doch der Modus der Entwicklung für Asipboniae. 723 die einzelnen Gruppen wesentlich verschieden. Im Allgemeinen kann man die Embryonalentwicklung der Flussmuscheln (Cyclas, JJnio, Ano- donta), bei denen die Eier und Embryonen in sehr geschützten ßrut- räumen aufgenommen werden, eine vollständigere nennen. Dagegen werden die marinen Lamellibranchiaten sehr frühzeitig geboren und schwärmen als Larven mit schirmartig verlängertem Wimpersegel, aus welchem durch Rückbildung die Mundlappen oder Lippentaster hervor- gehen, längere Zeit umher. Indessen weicht auch bei den Unioniden die anfängliche Schalenform so sehr von der Schale der elterlichen Thiere ab, dass man die jungen Embryonen lange Zeit für Parasiten der letzteren gehalten hat. Auch hier kann daher von einer Metamorphose die Rede sein. Bei weitem die meisten Muschelthiere leben frei im Meere, und zwar in verschiedenen Tiefen, grossentheils kriechend, seltener schwim- mend und springend. Viele entbehren aber der Ortsbewegung, indem sie sich frühzeitig mittelst des Byssusgespinnstes des Fusses festsetzen oder mit einer Schalenklappe auf Felsen und Gesteinen festwachsen. Im letztern Falle leben sie oft in grossen Gesellschaften, auf Bänken von bedeutender Ausdehnung vereinigt (Austern) und bilden wegen ihres schmackhaften als Leckerbissen geschätzten Fleisches einen wich- tigen Gegenstand des Erwerbes und des Handels. Andere wie die Bohr- muscheln erweisen sich schädlich durch Zerstörung von Schiffholz und Pfahlwerk. Mit Rücksicht auf die vorweltliche Verbreitung der Lamelli- branchiaten und die vortreffliche Erhaltung ihrer petrificirten Schalen sind zahlreiche Gattungen zur Bestimmung der Formationen als Leit- muscheln für den Zoologen von der grössten Bedeutung. I, Asiphoniae. Mantel ohne Siphonen. Manteleindruck einfach. 1. Fam. Ostreidae ^), Austern. Schalen ungleich, vou blättriger Textur, mit wenig entwickeltem, meist zahnlosem Schlosse, einem einfachen grossen niiltelsländigen Schliessmuskel. Bei den echten Austern ist die gewölbtere linke Klappe an Steinen oder Felsen verkittet, während die obere rechte Schale durch ein inneres Ligament befestigt wie ein Deckel der untern Schale aufliegt. Der Mantel des Thieres ist voll- ständig gespalten und an seinem freien dicken Rande einfach oder doppelt gefranst, dagegen verwachsen die Kiemenlamellen theilweise an ihrem äussern Rande. Der Fuss fehlt entweder vollständig oder bleibt sehr rudimentär. Die Thiere sind durch- weg marin und siedeln sich meist colonienweise in den wärmern Meeren an, wo sie Bänke von bedeutender Ausdehnung bilden können {Äusternbänke). Auch waren sie bereits in frühern Erdperioden, besonders auch im Jura und in der Kreide vertreten. Ostrea L. Schale unregelmässig, mit der linken Klappe befestigt, von blättriger Struktur. Buckel der ünterklappe ganz oder wenig gebogen. 0. edulis L. , Ausler, 1) Coste, Voyage d'exploration sur le littoral de la France ei de l'Italie, Paris. 1861. Hoebius, lieber Austern und MicsniuschelEucbt. Berlin. 1870. 46* 7'J4 Pectinidae. Aviculidae. an den europäischen Küsten auf felsigem Meeresgrunde, umfasst wahrscheinlich eine Keihe nach dem Fundorte verschiedener Arten, da die Schalenform und Grösse der Thiere ausserordentlich abweicht. Kach Davaine soll die Auster gegen Ende des ersten Jahres nur mannliche Geschlechtsstoffe produciren und erst später vom dritten Jahre an weiblich werden und Brut erzeugen. Die Fortpflanzung fällt besonders in die Monate Juni und Juli, in welcher Zeit die Austern trotz ihrer ungeheuren Frucht- barkeit einer Schonung bedürfen Man hat desshalb von Staatswegen die Austern- fischerei geregelt und sich vielfach bemüht, das Gedeihen der Austernbänke zu beför- dern und künstliche Anlagen sowohl zur Züchtung der Austern als zur Erhaltung und Ernährung der Brut zu begründen. Schon die Römer beschäftigten sich mit Herstellung von Austernparks, die man in neuerer Zeit sehr wesentlich verbessern konnte. Sehr geschätzt sind die Austern von Ostende, von der Normandie und Bretagne, ebenso die der dänischen und schleswigschen Küste. 0. virginiana List., von Nordamerika. 0. cristagalli Chemn., im indischen Ocean. Kahe verwandte fossile Gattungen sind Gryphaea Lam. und Exogyra Sow. Anomia L. Schale fast kreisförmig, mit der rechten Klappe aufsitzend, diese für den Austritt eines zarten Bandes durchbohrt. Oberklappe mit 4 distinkten Muskel- eindrücken. A. ephippium L. Placima Sold. Schale frei flach, scheibenförmig, fast gleichklappig. PI, pla- centa L., PI. sella Lam., indisches Meer. Nahe verwandt sind Placunopsis M. L., Placenta Retz., Carolia Cantr. 2. Fam, Pectinidae, Kammmuscheln. Mit gleichklappigen oder ungleichklappigen, dann aber ziemlich gleichseitigen Schalen, welche sich sowohl durch ihren geraden Schlossrand als durch fächerförmige Rippen und Leisten auszeichnen. Die freien und völlig gespaltenen Mantelränder tragen zahlreiche Tentakeln und oft auch smaragd- grüne Augen in grosser Zahl. Nur ein Schliessmuskel verbindet die Schalen. Kiemen- läden frei. Der kleine Fuss sondert oft Byssusfäden zur Befestigung ab. Einige sitzen auch mittelst ihrer gewölbten Schalenklappe fest {^Spondylus) , andere bewegen sich schwimmend durch rasches Oeffnen und Schliessen der Schalen {Pecten). Viele sind essbar und werden wegen des feinen Geschmackes ihres Fleisches höher noch als die Austern geschätzt. Peeten 0. F. Müll., Kammmuschel. Schale regulär, meist gerippt. Schlossrand mit ohrfrtrmigen Fortsätzen. Rechte Schalenklappe stärker gewölbt. P. Jacobaeus L., P. maximus L., P. varius L., Mittelmeer. Pedum Brug. Hinnites Defr. Spondylus L., Klappmuschel, Schalenklappen ungleich, mit Stacheln auf dem Rücken, oft geöhrt, die rechte Schale festsitzend, ebenso wie die linke mit 2 Zähnen. Sp. gaederopus L., Sp. americanus Lam. Nahe verwandt ist Plicatula Lam. Lima Brug. Schalenklappen gleich, ungleichseitig, klaffend, geöhrt. Schloss zahnlos. Tbier mit langen Cirren am Mantelrande, aber ohne Augen. L. squamosa Lam. 3. Fam. Aviculidae (Aviculacea), Perlmnttermuscheln. Mit sehr schiefen meist ungleichklappigen Schalen von blättriger Textur und innerer Perlmutterlage, mit gerad- linigem, oft flugeiförmigem Schlossrande. Schlossverbindung wenig entwickelt, zahn- los oder mit schwachen Zähnen. Ligament halbinnerlich. Sie besitzen bereits zwei Schliessmuskeln , von denen jedoch der vordere sehr klein ist und einen kaum merk- lichen Eindruck an der Schale hinterlässt. Der Mantel völlig geschlitzt, der Fuss klein, Byssus absondernd. AviculaBTug. Bandgrübchen längs des Schlossrandes vorhanden. Schale ungleich- klappig mit 2 Schlosszähnen. Rechte Schale mit Byssusausschnitt. A. hirundo L., Golf von Tarent. A. macroptera Lam., in wärmern Heeren. Mytilidae. Arcadae. 725 Meleagrina Lam., Perlmuschel. Schalen ohne Schlosszähne, gleich stark ge- wölbt und ungeöhrt, M. margaritifera L., echte Perlmuschel, bewohnt besonders das indische und persische Meer, aber auch den Mexicanischen Meerbusen und heftet sich mittelst des Byssus in der Tiefe an. Die als Perlen ') bekannten Erzeugnisse ihres Mantels geben zu der Perlfischerei Veranlassung, die besonders in China und im per- sischen Meerbusen mitteist Taucherglocken betrieben wird und einen sehr bedeutenden Ertrag liefert. Auch verstehen es die Chinesen durch Verletzung des Thieres die Bedingungen zur Erzeugung von Perlen zu begünstigen. Die innere Schalenschicht kommt als Perlmutter in den Handel. Uebrigens kommen auch wenngleich viel seltener in den nächst verwandten Gattungen Perlen vor. Malleus Lam. Schale fast gleichklappig, hammerförmig , im Jugendzustand Avicula-iihnlich , ohne Schlosszähnchen. M. vulgaris Lam., Indischer ücean. Ver- wandt sind Vulsella Lam., Perna Lara., Crenatula Lam. und die fossilen Gervillia Defr. und Inoceramus Sow. 4. Fam. Mytilidae {Mytilaceä), Miesmuscheln. Mit gleichklappigen von starker Oberhaut überzogenen Schalen , schwach entwickeltem , meist zahnlosem Schloss und inntm Ligament, mit grossem hintern und kleinem vordem Muskel- eindruck. Der gefurchte zungenförniige Fuss befestigt sich durch abgesonderte Byssus- fäden. Mantel mehr oder minder frei bis auf eine kurze am Rande getranste Siphonal- öffnung. Die meisten leben im Meere, einige im süssen Wasser. Pinna L. , Steckmuschel. Schale schief dreieckig, vorn spilz , hinten klaffend. Mantelränder noch vollkommen frei. P. squamosa Gm., Mittelmeer. Steckt mit ihrer Spitze im Schlamme oder im Sande und ist durch feine Byssusfäden mit der Umgebung befestigt. Der Byssus wird in Calabrien zu Gespinnsten verarbeitet. Mytilus L. Der Wirbel der Schale liegt an der Spitze. Mantel mit einfacher Siphonalöffnung. M. edulis L. , Essbare Miesmuschel der Nord- und Ostsee. Modiola Lam. Die Wirbel rücken ein wenig vom Vorderende ab. Schloss zahnlos. M. tulipa Lam. Lithodomus Cuv. Schale schmal und lang, dattelförraig, nur in der Jugend durch Byssus befestigt; das Thier bohrt sich später in Steinen Gänge. L. dactylus Sow., im Mitteimeere (Serapistempel von Pozzuoli). Dreyssena Van Ben. Mit Platten unterhalb des Wirbels zur Anheftuug de« Schliessmuskels und mit 2 Siphonalöffnungen. D. polymorpha Pall. hat sich über viele Flussgebiete in Deutschland allmählig verbreitet. 5. Fam. Arcadae (Arcacea), Archemuscheln. Mit dickwandigen, gleichklappigen Schalen, welche durch ein äusseres Ligament und ein sehr entwickeltes, aus zahl- reichen in einander greifenden Zähnen zusammengesetztes Schloss verbunden sind. Ihre Oberfläche wird von einer rauhen, oft haarigen Epidermis bekleidet. Die beiden Schalenschliesser bilden zwei gleich grosse vordere und hintere Muskeleindrücke. Der Mantel des Thieres ist in seiner ganzen Länge gespalten , die Kiemen in freie Fäden aufgelöst. Fuss umfangreich, aber verschieden gestaltet. Area L. Schlosszähne in gerader Reihe, ziemlich gleich gross. Schalen bauchig, quer verlängert, mit weit abstehenden über das Schloss hinausragenden Wirbeln, olt am untern Rande klaffend. A. Noae L., im Mittelmeer. A. tortuosa L., im indischen Ocean. A. diluvii Lam., tertiär. Pectuneulus Lam. Schlosszähne .in gekrümmter Linie. Schale rundlich flach, niemals klaffend. Fuss mit doppelter Schneide ohne Byssusgrube. P. pilosus L., im Hittelmeer. 1) Vergl. Hoebius, Die echten Perlen etc. Hamburg. 1857. 726 ünioniciae. Siphoniata. Chamidae. Tridacnidae. Cucullaea Lam, Schlosszähne in gerader Reihe, nach den Seilen grösser wer- dend. Hinterer Muskeleindruck von scharfer Leiste umzogen. C. auriculifera Lam., indischer Ocean. Viele fossile. Hier schliessen sich die nahe verwandten Nuculiden an mit Nucula Lara., Isoarca Münst., Leda Schum., Toldia Moll. u. a, 6 Farn. Trigoniadae {Trigoniacea). Schalen gleichklappig trigonal, geschlossen. Schlosszähne leistenförmig, oft quergestreift, Vförmig divergirend. Thier mit Schnellfuss. Trigonia Lam. {Lyriodon Sow.). Vier Schlosszahne in der linken, zwei in der rechten Klappe. Schale dick, concentrisch oder radiär gerippt. Tr. pectinata Lam. Die fossilen Myophoria Br., ScMzodus King. (Axinus Sow.) kaum verschieden. 7 Fam. Unionidae {Najades) ^) , Flussmuscheln. Mit länglichen, gleichklap- pigen oder ungleichseitigen Schalen, welche äusserlich von einer starken glatten meist braunen Oberhaut und innen mit einer Perlmutterlage überzogen sind. Der eine Muskeleindruck getheiit. Der Fuss zusammengedrückt mit schneidender Längskante sondert nur in der Jugend Byssusfäden ab. Mantelränder meist in ihrer ganzen Länge frei, Kiemen hinter dem Fuss verwachsen. Die Thiere leben in stehendem und fliessen- dem Was.^er, bewegen sich langsam kriechend, graben sich aber gern mit ihrem stumpfen Vorderkörper im Sande und Schlamme ein. Die äussern Kiemenlamellen sind zugleich Bruträume für die sich entwickelnden Eier. Änodonta Lam. Dünnschalig o! ne Zähne des Schlosses. A. cygtiea Lam., in Teichen. A. anatina L. , Entenmuschel, mehr in Flüssen und Bächen. Unio L. Schalen dick, die eine besitzt unter dem äussern Bande zwei leisten- förmige Zähne, die andere nur einen Zahn, dazu kommt vorn ein einfacher oder doppelter Schlosszahn. U. pictorum L., Malermuschel. U. tumidus Retz., iatavus Lam. Margaritana Schum., Flussperlmuschel. Seilenzähne fehlen. M. margaritifera Reiz., in (iebirgsbächen Süddeutschlands, besonders in Baiern, Sachsen, Böhmen. Andere Arten in Nordamerika. Sie liefera die Fiussperlen, IL Siphoniata. Mantelränder theilweise verwachsen, mit röhren- artig verlängerten Siphonen. 1. Fam Chamidae {Chamaceä), Gienmuscheln. Schalen ungleichklappig, dick, ungleichseitig, mit äusserm Ligament und stark entwickelten Schlosszähnen. Muskel- eindrUcke gross, reticulirt. Mantellinie einfach. Der Mantelrand bis auf 3 Oeffnungen, den Fusäschlitz, Kloaken- und Athemschlitz, verwachsen. Chatna L. Schalen blättrig, fest gewachsen, mit einem dicken und schiefen ge- kerbten Schlosszahn und ungleichen spiral gekrümmten Wirbeln. Ch. Lazarus Lam, Diceras Lam. Wirbel spiralig aufgerollt. Oberfläche glatt. D. arietina Lam., fossil im Jura. 2. Fam. Tridacnidae. Von den Chamiden vornehmlich durch die gleicb- klappige reguläre Schale unterschieden. Tridacna Brug. Schale trigonal, dick gerippt, mit zackig ineinander greifenden Rändern. Vorderseite mit weiter Oeffnung zum Durchtritt des Byssus. Ein Schloss- zahn jederseits. Hinlere Seitenzähne 2 j 1. T. gigas L., Riesenmuschel, Ind. Ocean. Hippopus Lam. unterscheidet sich durch den Mangel des Byssus und der entsprechenden Scbalenaperlur. H. maculatus Lam., Ind. Ocean. Die Familien der fossilen Budisten oder Hippuriten mit den Gattungen Hip- 1) Vergl. die Aufsätze von Siebold, 0"atrefages, C. Voit, 0. Schmidt; über Perlenbildung de Filippi, Küchenmeister, Pagenstecher, v. Hessling. Cardiadae. Lucinidae. Cycladidae. Cypriuidae. Yeneridae. 727 purites Lam., Caprina D'Orb., Sphaerulites Desm., Badiolites Lam. u. a. G. wird gewöhnlich zwischen beide Familien gestellt. 3. Farn. Cardiadae {Cardiacea), Herzmuscheln. Die gleichklappigen ziemlich dicken Schalen sind herzförmig und gewölbt, mit grossen eingekrümmten Wirbeln, äusserem Ligamente und starkem aus mehrfachen Zähnen gebildeten Schlosse. Schloss- zähne 2 jederseits, von hintern Seitenzähnen nur einer. Die verwachsenen Mantel- ränder lassen ausser den kurzen Siphonen einen Schlitz frei zum Durchtritt des kräf- tigen und knieförmig gekrümmten zur Schwimmbewegung dienenden Fusses. CardhimL. Schale bauchig herzförmig, gerippt. Nanteleindruck ohne Bucht. C. edule L., in der Mordsee und im Mittelmeere, essbar. Hemicardium Klein. Cuv. Schalen von vorn nach hinten comprimirt, vom Wirbel nach dem Rande gekielt. H. cardissa L., Ostindien. Fossil Conocardiiim Br. 4. Fani. Lucinidae (Lucinacea). Schale kreisförmig, frei, geschlossen mit t oder 2 Schlosszähnen und einem zweiten ganz verkümmerten Seitenzahn. Mantellinie einfach. Mantel vorn offen, hinten mit ein oder zwei Siphonairöhren. Fuss verlängert, cylindrisch oder wurmförmig. Lucina Brug. Schale kreisförmig, mit vorn eingebogenen Wirbeln. Ligament halbinnerlich. Thier mit langer contraktiler Analröhre. 2 Schlosszähne, 1 oder 2 Seitenzähne. L. lactea Lam., Mittelmeer. Kahe verwandt sind Cryptodon Turt., ün- gulina Daud., Diplodonta Br. Corbis Cuv. Schale oval, bauchig mit concentrischer Sculptur. 2 Schloss- und 2 Seitenzähne. C. fimbriata L. 5. Farn. Cycladidae^). Schale gleichklappig frei, bauchig aufgetrieben, mit äussern! Ligament und dicker horniger Epidermis. Mundlappen lanzetförmig. Fuss gross, zungenförmig Mantel hinten verwachsen, mit zwei (selten einer) mehr oder minder vereinigten Siphonairöhren. Süsswasserbewohner. Cyclas Brug. Schale dünn, oval kuglig, mit kleinen Schlosszähnen. C. Cornea Lam. Pisidium Pf. unterscheidet sich durch die vereinigten Siphonen. Cyrena Lam. Schale dick bauchig mit stark vorstehendem Ligament und 3 Hauptschlosszähnen jederseits. Mantellinie leicht ausgebuchtet. Siphonen von der Basis an geschieden. (7. zeylonica Lam. Corbicula Mühlf. 6. Fam. Cyprinidae. Schalen regelmässig, gleichklappig, oval gestreckt, geschlossen, mit dicker und starker Epidermis. Ligament meist äusserlich. Hauptschlosszähne 1 bis 3 und gewöhnlich 1 hinterer Seitenzahn. Mantellinie einfach Mantciränder gefranst, hinten zur Bildung zweier Siphonalöffnungen verwachsen. Fuss dick, zungenförmig. Cyprina Lam. Schale rundlich oval bis herzförmig, dick, mit starker Epidermis und 3 ungleichen Schlosszähnen. Manteleindruck ohne Einbuchtung. C. islandica Lam., Circe Schum., Astarte Sow., Crassatella Lara. Cardita Brug. Isocardia Lam. Schalen kuglig herzförmig, mit stark vortretenden Wirbel- spiralen. L cor L., Mittelmeer. 7. Fam. Veneridae {Veneracea). Schale regulär rundlich, oblong, mit äussern kurzen Ligament, gewöhnlich mit 3 divergirenden Schlosszähnen in jeder Klappe. Mantellinie ausgebuchtet. Muskelimpression oval. Die Athemröhren von ungleicher Grösse, an der Basis vereint. Fuss zungenförmig comprimirt. Mundlappen triangulär, von massiger Grösse. Venus L. Schale eiförmig, mit gekerbten Rändern, mit 3 kräftigen Schloss- zähnen ohne Seitenzähne. Mantelbucht kurz winklig. Mantelränder gefranst. Siphonen kurz. F. paphia L. V. verrucosa L., Mittelmeer. 1) Leydig, Anatomie und Entwicklung von Cyclas. HüUer's Archiv. 1855. 728 Mactridae. Tellinidae. Myacidae. Soleninae. Myacinae. Anatininae etc. Cytherea Lam. Ausser den 3 Schlosszähnen findet sich an der linken Klappe unter der Lunula ein Zahn, der in eine Vertiefung der rechten Klappe eingreift. C. Cliione L., essbar, Mittelmeer. C. Dione L., Atl. Ocean. Artemis Poli, Luci- nopsis Forb., Venerupis Lam. u. a. ü. 7. Farn. Mactridae. Schalen trigonal, gleichklappig, geschlossen oder leicht klaffend, mit innerm, theilweise zugleich äusserm Ligament und dicker Epidermis. Zwei divergirende Schlosszähne. Mantelbucht kurz gerandet. Siphonairöhren vereint, mit gefransten Oeffnungen. Kiemen nicht in den Branchialsipho verlängert. Mactra L. Schale bauchig. Vorderer Schlosszahn winklig gefaltet. 2 Seiten- zähne in der rechten Schale. Daa Thier lebt im Sand. M. stuUorum L., Mittelraeer. M. solida L., Gnathodon Gray, Lutraria Lam. 8. Fam. Tellinidae. Mit zwei sehr langen, vollständig getrennten Athemröhren, tentakeltragendem, weit geschlitztem Mantelrand, ausserm Ligamente und triangulärem, coniprimirtem Fuss. Die langgestreckte Schale ist am vordem Rande länger als am hinteru und klafft. Schlosszähne höchstens zwei, Seitenzähne zuweilen verkümmert. Tellina L. Schale länglich, vorn gerundet, am Hinterende leicht gefaltet. Zwei Schlosszähne jederseits. Seitenzahn deutlich. Ligament äusserlich, vorragend. T. baltica Gm., T. radiata L, Gastrana Schum. , Capsula Schum. Psammobia Lam. Schale länglich oval, vorn und hinten etwas klaffend, ohne Seitenzahn. Ps. vespertina Gm., Mittelmeer. Sanguinolaria Lam. Semele Schum. Donax L. Schale trigonal, geschlossen, hintere Seite kürzer, mit sehr kurzem äussern Ligament. Z>. trunculus L. 9. Fam. Myacidae, Klaffmuscheln. Der last ganz geschlossene Mantel besitzt nur vorn einen Schlitz zum Durchtritt des kurzen oder walzenförmig gestreckten Fusses und bildet eine sehr lange fleischige gemeinsame Athemröhre. Die Muscheln klaffen an beiden Enden und besitzen ein schwaches Schloss oft mit zwei oder drei comprimirten Zähnen. Sie graben sich tief im Schlamme und Sande ein und sipd meist Strandbewohner. 1. Subf. Soleninae. Schalen lang und schmal , gleichklappig. Meist 2 bis 3 Schlosszähne. Ligament äusserlich. Fuss üehr mächtig, cylindrisch. Siphonen meist kurz und vereint. Solen L., Scheidemuschel. Schale sehr lang, mit fast geraden parallelen Rän- dern. S. Vagina L. , Messerscheide. S. ensis L. Solecurtus Blainv. Schale länglich. Siphonen lang und getrenn an den Enden. S. strigilatus L. CultellusISchxxm. Solemya Lam. (Solenomya Menke). 2. Subf. Myacinae. Schale dick, hinten klaffend, von runzliger Epidermis überzogen. Mantelbucht sehr gross. Siphonen vereinigt, retraktil. Mya L. , Klaffmuschel. Schalen lang, ungleichklappig. Die linke Schale mit Schlosszahn. M. truncata L. Corbula Brug. Thetys Sow. Panopaea M6n. la Gr. Schale gleichklappig, oblong. Ein Schlosszahn an jeder Klappe. Fuss kurz und dick. P. glycimeris Gm. Glycimeris Lam. 3. Subf. Anatininae. Schale dünn mit granulirter Oberfläche. Schlosszähne verkümmert, an jeder Schale ein löffeiförmiger Vorsprung zur Aufnahme des Ligaments. Siphonen lang, gefranst. Anatina Lam. Schale oblong, bauchig, durchsichtig. Wirbel gespalten. Siphonen verwachsen. A. subrostrata Lam., Ind. Ocean. Pandora So). Pholadomya Sow. Ceromya Ag. u. a. G. 10. Fam. Gastrochaenidae {Tübicolidae). Schalen gleichklappig, dünn, zahn- los, zuweilen in eine Kalkröhre eingefügt, welche durch die Ausscheidung des Mantel» Pholadidae. — IV. Classe: Gastropoda, Bauchfüsser. 729 entstanden, oft den Moliuskentypus unkenntlich macht. Nur ein kleiner vorderer Schlitz bleibt am Mantel frei, der sich nach hinten in zwei verschmolzene Röhren mit endständigen Oeönungen verlängert. Gasterochaena Spengl. Kalkröhre vorn geschlossen, hinten offen und durch eine Längsscheidewand getheilt. G. clava L. Ciavagella Lani. Die linke Schale an der Wand der Kalkröhre befestigt, die rechte frei. Fuss rudimentär. Cl. bacillaris Desh. Äspergülum Lara. Kalkröhre am Vorderende verbreitert und von Oeffnungen siebartig durchbrochen , der Brause einer Gieskanne ähnlich. Mit dem Siebende steckt sie im Sande, am verengerten Hinterende ist sie für die Athemlöcher geöffnet. Ä. vaginiferum Lam., Giesskannenmuschel. Rothes Meer. A. javanum Lam., Ind. Ocean. Hier schliessen sich die Saxicavidae an, deren Schalen der Kalkröhre entbehren. Sie bohren in Felsen. Saxicava Bell. S. pholadis Lam. Petricola Lam. P. roc- cellaria Lam. 11. Fam. Pholadidae, Bohrmuscheln. Die beiderseits klaffenden Schalen ohne Schlosszähne und Ligament, aber mit accessorischen Kalkstücken, welche entweder an dem Schlosse (Pholas) oder an der Athemröhre {Teredo) anliegen. Der fast voll- kommen geschlosssene Mantel lässt nur eine kleine vordere Oeffnung für den Durch- tritt des dicken kurzen stempelartigen Fusses und setzt sich in eine lange Röhre mit verwachsenen Siphonen fort. Die Thiere leben theils am Strande und graben sich im Schlamme und Sande ein, theils bohren sie in Holz und selbst festem Gestein, Kalk- felsen und Korallen Gänge, ans denen sie oft ihre verschmolzene Athemröhre hervor- strecken. Sie werden durch diese Lebensweise den Dämmen, Scbifien und Pfahlwerken verderblich. Pholas L. Die accessorischen Schalenstückchen liegen äusserlich am Schlosse. Ph. dactylus L., Ph. crassata L. Teredina Lam. Teredo L. , Bohrwurm. Die Schalen sind sehr klein, aber äusserst dick und fest, sie bedecken nur den vordersten Theil des Thieres, welches mit der langen hinten gespaltenen Athemröhre eine wurmförmige gestreckte Gestalt besitzt und acces- sorische Schalenstücke in Gestalt von zwei Kajkplättchen trägt. Sie bohren unter Betheiligung der sehr festen Schalenränder Gänge im Holze, welche von kalkigen Röhren, dem Ausscheidungsprodukt des wurmförmig verlängerten und geschlossenen Mantels, ausgekleidet sind. Die Jungen entwickeln sich im Mantelraum, schwärmen dann als Larven frei umher und besitzen zwei den Körper vollständig umlagernde Schalenklappen. Teredo navalis L., SchifFsbohrwurm (Collectivbezeichnung). War die Veranlassung zu dem bekannten Dammbruche in Holland am Anfang des vorigen Jahrhunderts. Septaria arenaria Lam., bohrt Gänge im Sande. IV. Classe. Ciastropoda 0? Baiielittisser. Weichthiere mit mehr oder minder gesondertem Kopfe, hauch- ständigem, mushidösem Fusse und ungetheiltem Mantel, welcher ein einfach tellerförmiges oder spiralig gewundenes Gehäuse absondert. Der vordere Körpertheil wird durch den Besitz von Sinnesorganen und Mundwerkzeugen mehr oder minder scharf gesondert. Derselbe 1) Adanson, Histoire naturelle du Senegal, Coquillages. Paris. 1857. 730 Körperbau. Fuss. trägt gewöhnlich zwei oder vier Fühler und zwei Augen, seltener an der Spitze, in der Regel an der Basis eines Fühlerpaares. Am Rumpfe er- hebt sich der bauchständige muskulöse Fuss, dessen Form und Grösse mehrfache Veränderungen erleidet. Nur selten fällt der Fuss als geson- derter Abschnitt hinweg {Fhyllirhoe), in der Regel stellt er eine breite und lange söhlige Fläche dar {Piatypoden), erscheint aber bei den Heteropoden als senkrechter flossenartiger Kiel und bei den Pteropoden in zwei seitliche flügelartige Lappen ausgezogen. Für die Gestaltung des Rumpfes ist ferner von Wichtigkeit die Lage und Form des Mantels, welcher sich nach Art einer Mütze oder Kaputze auf dem Rücken erhebt und eine mehr oder minder umfangreiche Duplicatur bildet. Der Rand desselben ist meist verdickt, zuweilen auch in Lappen verlängert oder in Fortsätze ausgezogen. Die untere Fläche des Mantels begrenzt in der Regel als Decke eine auf die Rückenfläche und auch auf die Seiten des Rumpfes ausgedehnte Höhlung, welche das (ebenso wie bei den Lamellibranchiaten zwischen Mantel und Fuss gelegene) Respirations- organ in sich aufnimmt und durch einen Ausschnitt, Oeffnung oder röhrenartige Verlängerung am Mantelrand mit dem äussern Medium in Communication steht. Der Leibesraum dagegen entwickelt sich entweder einfach und gleichraässig auf der obern Fläche des Fusses oder führt zur Entstehung eines bruchsackartig hervortretenden Eingeweidesackes, der sich nach dem obern Ende allmählig verjüngt und in der Regel spiralig aufrollt. Mantel und Eingeweidesack werden von dem Gehäuse be- deckt, welches die Form der Wandungen des letztern einigermassen wieder- holt, meistens aber auch Kopf und Fuss beim Zurückziehen des Thieres voll- ständig in sich aufnehmen und schützen kann. Das Gehäuse stellt sich in der Regel als eine feste Kalkschale dar, deren Structur eine ähnliche Beschaff'en- heit wie die Perlmutterschicht der Muschelschale besitzt, und welche noch Martini und Chemnitz, Concbylien-Cabinet. 12 Bde. Herausgegeben von Küster, Nürnberg. 1837-1865. Ferussac. Histoire naturelle, g^n^rale et particulidre des Mollusques, terrestres et fluvitalis. Paris. 1819-1850. Sowerby, Thesaurus conchyliorum or figures and descriptions of shells. London. 1842-1862. Reeve, Conchologia iconica etc. London. 1842 — 1862. Guoy et Gaimard, Voyage de la corvette I'Astrolabe. Mollusques. 1826-1834. H. und A. Adams, The Genera of the recent Mollusca. 3 Vols. London. 1858. H. Troschel, Das Gebiss der Schnecken 1. Bd. Berlin 1856—1863. Th. H. Huxley, On the Morphology of the Cephalous Mollusca. Transact. roy. Soc. London. 1853. r ej r j W. Keferstein, Bronn's Klassen und Ordnungen der Weichthiere. Tom. III. 2. Abth. Leipzig. 1862—1866. Wood ward, Manual of the Mollusca 2 Ed. London. 1868. Vergl. ferner die zahlreichen Aufsätze über Anatomie und Entwicklung von Milne Edwards, Gegenbaur, Quatrefages, Leydig, Hancock, Embleton, Claparede, Lacsize-Dutbidrs etc. Scbneckengehäuse, 731 von einer rauhen selbst haarigen Epidermis überzogen sein kann. Zu- weilen bleibt die Schale zart, hornig und biegsam, indem die schichten- weise abgelagerten organischen Substanzen minder dicht vom Kalke imprägnirt sind {Aplysia)^ oder sie nimmt eine gallertige (Tiedemannia) bis knorplige Beschaffenheit an {Cymbulid). Seltener erscheint die Schale so klein, dass sie nur die Mantelhöhle mit dem Respirations- organe bedeckt oder gar in der Mantelhaut verborgen Hegt {Limax, Pleurobranchiaien) , häufiger schon wird sie frühzeitig abgeworfen, so dass den Thieren im reifern Alter ein Gehäuse völlig abgeht (viele Nackt Schnecken). Ebensowenig wie der Mantel bildet das Absonderungs- produkt desselben, die Schale, zwei seitliche durch ein Schloss verbun- dene Hälften, wohl aber kann dieselbe in eine Anzahl von Stücken zer- fallen, welche in der Längsachse ähnlich den Schienen des Hautpanzers von Gliederthieren auf einander folgen. In diesem Falle (Käferschnecken, Chitoneii) bietet auch die segmentirte Schale den Weichgebilden des Körpers einen ähnlichen Schutz als der Hautpanzer den Gliederthieren, und es können sich diese Schnecken in ähnlicher Weise nach der Bauch- fläche zusammenkugeln, wie die Kugelasseln und Trilobiten. Abgesehen von dieser einzigen Ausnahme bleibt die Schale überall einfach und zwar erscheint sie entwe^ler flach und napfförmig (Fatella) bis conisch und röhrenförmig {Dentalium) ohne Gewinde, oder aber in sehr ver- schiedener W^eise spiral gewunden von einer flachen scheibenförmigen bis zu der langausgezogenen thurmförmig verlängerten Spirale. Im erstem Falle entspricht dieselbe ihrer Form nach mehr der embryonalen Schalenanlage, welche als eine zarte mützenförmige Decke dem Mantel aufliegt oder auch selbst im Innern desselben {Helicinen) ihren Ursprung nimmt und erst mit der Entstehung von Windungen die Manteldecke durchbricht. Mit dem Wachsthum des Thieres wächst auch die Schale an ihrem dem Mantelrande aufliegenden Saume weiter (Anwachsstreifen) und erhält bei ungleichmässigem Wachsthum Spiralwindungen, deren Durchmesser allmählich und continuirlich sich vergrössert. Man unter- scheidet an der spiralig-gewundenen Schale den Scheitel oder die Spitze {Apex) als den Theil, von welchem aus die Bildung der Schale begann und die Spiralwindungen ihren Anfang nahmen, ferner die Mündung (Apertura), welche dem Scheitel gegenüber liegt, in die letzte und meist grösste Windung einführt und mit ihren beim ausgewachsenen Thiere aufgewulsteten Lippen (Peristoma) dem Mantelrande auflag. Die Win- dungen drehen sich rechts oder links ' ) > um eine von der Spitze nach 1) Um zu bestimmen, ob die Schale rechts oder links gewunden ist, hält man die Achse senkrecht mit dem Apex nach oben und der Apertur nach unten dem Be- schauer zugekehrt. Liegt die letztere rechts von der durch die Achse gezogenen Sagittalebene, so steigt die Spirale von links nach rechts auf und ist rechts ge- wunden etc. 732 Integument. Schleim- und Pigmentdrüsen. der Mündung gerichtete Achse , welche entweder in die solide Spindel {Columella), oder in einen hohlen Längskanal derselben hineinfällt, dessen Mündung als Nabel (Ümbo) bezeichnet wird. Dieser Kanal kann, falls die Windungen von der Achse entfernt bleiben, zu einem hohlen fast kegelförmigen Raum mit weitem Nabel werden {Solariurn). In der Regel legen sich die Windungen unmittelbar an einander an und erzeugen Linien, Nähte, durch welche ihre Grenzen bezeichnet werden. Bleiben die Windungen aber getrennt (Sealaria pretiosa), so fallen natürlich die Nähte hinweg. Nach der Lage der Spindel unterscheidet man einen Spindelrand oder innere Lippe und einen Aussenrand oder äussere Lippe der Apertur. Diese letztere erweist sich entweder ganz- randig (holosfom), oder durch eine Ausbuchtung unterbrochen, welche sich oft in einen kanalartig ausgehöhlten Fortsatz verlängert. Ein- buchtung und Schnabelfortsatz bezeichnet die Lage für die Oetfnung der Athemhöhle, deren Sipho. Besonders wichtig für die Formgestaltung der Schale erscheint die Lage und Anordnung der Windungen. Fallen dieselben ungefähr in eine Ebene, so wird das Gewinde scheibenförmig {Planorbis), laufen die Umgänge schief um die Achse wie an einer Wendeltreppe, so werden die Schalen walzenförmig (Pupa), conisch (Irochus)^ kreiseiförmig {Littorina) , kuglig (DoUum), thurmförmig {TurriieUa), spindelförmig (Fusus), ohrförmig {Ilaliotis) und zusammen- gewickelt (Conus, Cypraea). Bei vielen Schnecken kommt endlich zum Gehäuse ein horniger oder kalkiger Deckel {Operculuni) hinzu, der meist am hintern Ende des Fusses aufsitzt und beim Zurückziehen des Thieres die Schalenöffnung völlig verschliesst. Viele Landschnecken sondern im Gegensatz zu diesen persistenten und vom Fusse getragenen geringelten oder spiralig gewundenen Deckeln vor dem Eintritt des Winterschlafs einen Kalkdeckel ab, welcher im kommenden Frühling wieder abgestossen wird. Die äussere weiche schleimige Körperhaut besteht aus einem oberflächlichen, in grösserer oder geringerer Verbreitung Wimperhaare tragenden Epitel und einer bindegewebsreichen muskulösen Unterhaut, welcher sich die subcutane Muskulatur sehr innig anschliesst. Als Ein- lagerungen der Haut sind Schleim- und Pigmentdrüsen hervorzuheben, welche besonders am Mantelrande in grösserer Menge angehäuft, durch den Kalkgehalt ihres Secretes zum Wachsthum sowie zur eigenthümlichen Färbung der Schale beitragen. Dieselbe wird ganz nach Art von Cuti- cularbildungen durch das Epitel abgesondert und erstarrt, indem die der organischen Grundlage beigemengten Kalksalze eine feste und krystal- linische Beschaffenheit annehmen. Die oberste Schicht der Schale bleibt hingegen oft als zarte dünnhäutige Epidermis unverkalkt, während ihre innere Fläche sich bald mehr bald weniger durch Perlmutterschichten, welche die Manteloberfläche absondert, verdickt. Die Verbindung des Thieres mit der Schale wird vorzugsweise durch einen eigenthümlichen Nerveasystem. Sinnesorgane. 733 Muskel bedingt, welcher wegen seiner Lage an der Columella Spindel- muskel heisst. Dieser Muskel entspringt am Rücken des Fusses, bildet eine kräftige Verdickung der Wand des Eingeweidesackes und setzt sich am Anfang der letzten Windung an der Spindel fest. Das Nervensystem zeigt eine grosse üebereinstimmung mit dem der Lamellibranchiaten. Auch hier haben wir drei Ganglienpaare, als Gehirn-, Fuss- und Visceralganglion zu unterscheiden, welche je nach der Länge der Commissuren bald mehr bald minder weit von einander entfernt liegen. Selten wird die Concentration eine so grosse, dass eine gemeinsame vom Oesophagus durchbohrte Ganglienmasse entsteht, an der man die drei Ganglienpaare kaum und nur mit Hülfe der aus- tretenden Nerven unterscheiden kann. Das Gehirnganglienpaar auf der Rückenfläche oder an den Seiten der Speiseröhre sendet Nerven zu den Lippen, der Mundmasse, den Fühlern und Augen, das Fussganglienpaar an der untern Fläche der Speiseröhre zu den Gehörblasen und zum Fusse, das Visceralganglienpaar, meist über und hinter dem Fussganglion gelegen, versorgt den Mantel, die Kiemen und Eingeweide mit Nerven. Man betrachtet daher oft die beiden erstem als die eigentlichen Central- theile, die letzteren dagegen als vegetatives Nervensystem, ohne jedoch eine schärfere Sonderung hinreichend begründen zu können. Uebrigens kommen zu diesen grössern Hauptganglien noch eine verschiedene Zahl von kleinen GangUen im Verlaufe der Nervenstämme hinzu. Ein vom Gehirn nach vorn verlaufender Nerv bildet an jeder Seite der Speise- röhre ein Buccalganglion, ein Nerv des Visceralganglion bildet in der Gegend der Leber, ein anderer in der Nähe der Kiemen und ein dritter in der Nähe des Spindelmuskels ein mehr oder minder umfangreiches Ganglion. Die Sinnesoi-gane treten fast überall als Augen, Gehörblasen und Fühler auf, doch schreibt man Manchen wie z. B. den Heteropoden auch Geruchsorgane zu. Die Augen sind in doppelter Zahl vorhanden und liegen meist an der Spitze von Stilen, welche aber in der Regel mit den Fühlern verschmelzen. Die bedeutendste Grösse und höchste Ausbildung erlangen die Augen der Heteropoden '), bei welchen sie in besondern glas- hellen Kapseln befestigt eine Bewegung des Bulbus gestatten. Dagegen fehlen sie den Solenoconchen und zahlreichen Fteropoden, auch einigen FlatypodengixitxmgQU z. B. Chiton. In Grösse und Bau könnten sie am nächsten den sog. Punktaugen der Spinnen und Insekten verglichen werden, wenngleich die feinere Structur in mehrfacher Hinsicht wesent- lich abweicht. Die beiden Gehörblasen •') sind mit Ausnahme der Uetero- 1) V. Hensen, Ueber das Auge einiger Cephalophoren. Zeitschr. für wiss. Zoologie, Tom. XV. 1865. 2) Fr. Leydig, Ueber das tiebörorgan der Gastropoden. Archiv für uiikrosk. Anatomie. Tom. VII. 1871. 734 Verdauungsorgane. poden dem Fussganglion verbunden, indem sie demselben bald unmittelbar aufsitzen, bald einen kürzeren oder längeren Nerven erhalten. Die Wan- dung der Gehörblase besteht aus einer structurlosen , in der Kegel mit einem Flinimerepitel ausgekleideten Membran. Die oft zitternden Bewegungen der Otolithen werden durch diese Flimmerhaare veranlasst, die Art der Nervenendigung aber ist nicht bekannt. Als Tastorgane hat man vor Allem die Fühler anzusehen, ferner die oft wulstigen Lippenränder, aber auch lappenartige Verlängerungen, welche sich hin und wieder am Kopfe, Mantel und Fusse finden und als Kopflappen, Mantellappen und Fusslappen bezeichnet werden. Die Fühler (Tentakeln) kommen meist in doppelter Zahl vor und fehlen nur ausnahmsweise vollständig {Chiton, Fterotrachca etc.). Dieselben sind einfache con- tractile Fortsetzungen der Körperwand, welche nur bei einigen Pul- monaten eingestülpt werden können und bergen einen Nerven mit gan- gllöser Endanschwellung in der Fühlerspitze. Die Verdauungsorgane verlaufen seltener in gerader Richtung, gewöhnlich unter mannichfachen Windungen zuweilen knäuelartig zu- sannnengedrängt im Leibesraum, biegen in der Regel nach vorn um und münden meist rechtsseitig vorn in dem Mantelraume. Meistens liegt der After in der Nähe der Athemorgane, zuweilen aber auch auf der Rückenfläche weit nach hinten gerückt. Die von Lippenrändern um- grenzte Mundöffnung führt in eine mit festen Kautheilen bewaffnete Mundhöhle, deren muskulöse Wandung die Bezeichnung dieses Abschnittes als Schlundkopf veranlasst hat. Aus dieser Mundmasse, in welche zwei Speicheldrüsen einmünden, entspringt die lange Speiseröhre, dann folgt ein erweiterter meist blinddarmartiger Magenabschnitt und auf diesen der meist lange, mehrfach gewundene Darm, umhüllt von einer sehr umfangreichen vielfach gelappten Lebermasse, welche vornehmlich den oberen Theil (die oberen Windungen) des Embryonalsackes ausfüllt und ihr Secret durch mehrfache Gänge in den Darm, aber auch in den Magen ergiesst. Die Gestaltung des Verdauungskanals und der Leber bietet übrigens im Einzelnen zahlreiche und wesentliche Modifikationen, unter denen am meisten der mit Leber-ßlindsäcken versehene Darm der Phlebenteratcn abweicht. Der En abschnitt des Darmes zeichnet sich fast durchgängig von dem vorausgehenden Dünndarm durch seine Weite aus und kann als Mastdarm oder Rectum unterschieden werden. Die Bewaffnung der Mundhöhle, welche den Cephalophoren vor den Acephalen eigenthümlich ist und eine besondere systematische Bedeutung gewonnen hat, wird theils durch Kiefer an der obern Schlund wand, theils durch die sog. Reibmembran eines zuugenartigen Wulstes im Boden der Mundhöhle gebildet. Der Kiefer liegt als bogenförmige hor- nige Platte dicht hinter dem Lippenrand, oder zerfällt in 2 seithche sehr verschieden geformte Stücke, zwischen denen bei einigen Pulmonaten Gefässsystem. 735 ein unpaares Kieferstück bestehen bleibt. Unterkiefer fehlen, dagegen liegt im Boden der Mundhöhle ein theils muskulöser theils knorpliger Wulst, welcher mit vollem Rechte der Zunge der Wirbelthiere verglichen wird und daher passend die gleiche Bezeichnung erhalten hat. Die Oberfläche desselben ist mit einer derben hornigen Membran, der Reib- platte oder Badula bekleidet, auf welcher sich höchst charakteristisch gestaltete, in Querreihen angeordnete Plättchen, Zähne und flaken er- heben. Nach hinten setzt sich die Radula in eine cylindrische Tasche, die sog. Zungenscheide fort, welche aus dem untern Ende der Mund- masse schlauchartig hervorragt und als Bildungsstätte der Radula fungirt. Die Grösse, Zahl und Form der Platten oder Zähne auf der Oberfläche der Radula variirt ausserordentlich, liefert aber für die Gattungen und Familien systematisch wichtige Charactere. Ueberall wiederholen sich die Querreihen von Platten, die sog. Glieder der Reibmembran, in der Weise, dass auch in der Länge der letztern Plattenreihen entstehen, welche in Mittelplatten, Zwischenplatten und Seitenplatten unterschieden werden. Am wenigsten ist dieser zum Erbeuten, Einziehen und Zer- reiben der Nahrung dienende Apparat bei den Fteropoden entwickelt, von denen einzelne Gattungen der Radula ganz entbehren {Cymbulia), dagegen erlangt derselbe die höchste Entwicklung bei den Heteropoden, welche ihre hakenförmigen Seitenzähne beim Hervorstrecken der Zunge aufrichten und beim Zurückziehen zusammenklappen; am mannichfaltigsten aber ist die Bewaffnung der Reibmembran bei den Flatypoden, deren natürliche Gruppen neuerdings von Troschel, Gray etc. durch die Art der Zungenbewaflnung begründet wurden. Das Gefässsystem der Gastropoden zeigt in den verschiedenen Abtheilungen mehrfache und zum Theil wesentliche Abweichungen. Mit Ausnahme der Röhrenschnecken (Solenoconchen) findet sich überall ein Herz und zwar am Rücken des Thieres, meist zur Seite gedrängt und in der Nähe der Athmungsorgane. In der Regel wird dasselbe von einem besondern Pericardium umschlossen und besteht aus einer rundlich- kegelförmigen Kammer mit austretender Aorta und einem verschieden gestalteten, den Athmungsorganen zugekehrten Vorhof, in welchen das Blut seltener direkt, in der Regel durch Venen einströmt. Während im einfachsten Falle der Vorhof durch Muskelfäden ersetzt wird, welche am Rand der venösen Oeffnung entspringen (_Phyllirhoe), bildet sich bei einigen Gastropoden {Haliotis, Turbo, Nerita, Fissurella etc.) ein dop- pelter Vorhof (doppelte Kiemen) aus, und die Analogie zu den Lamelli- hranchiaten wird um so grösser, als in diesen Fällen auch der Mast- darm die Herzkammer durchbohrt. Die Aorta spaltet sich gewöhnlich in zwei Arterienstämme, von denen sich der eine nach vorn fortsetzt und mehrfache Verzweigungen in den Kopf und Fuss schickt, der andere rückwärts nach den Eingeweiden verläuft. Die Enden der Arterien 736 Athmungsorgane. Bojanus'sche Drüse. öflFnen"sich in wandungslose Bluträume der Leibeshöhle, aus denen das Blut nach den Respirationsorganen und zum Vorhofe entweder ohne Dazwischentreten von Gefässen {Pteropoden, Heteropoden und viele Bermatobranchien) oder durch sog. Kiemen(Lungen)arterien "nach den Respirationsorganen und durch Kiemen(Lungen)venen von da nach dem Herzen zurückgeführt wird. Auch bei den Cephalophoren bestehen Ein- richtungen, welche Wasser in die Bluträume eintreten lassen und die Verdünnung des Blutes bewirken. Dieselben liegen theils in dem eigen- thümlichen, noch näher zu beschreibenden Bau der Niere begründet, theils werden sie durch das sog. Wassergefässsystem des Fusses bedingt. Wie bei den Lamellibranchiaten , so findet sich auch im Fusse zahl- reicher mariner Ctenohranchier ein System von verzweigten Kanälen, welche einerseits mit der Leibeshöhle communiciren , andererseits durch einen Perus der Fusssohle {Fyrula, Conus, Oliva etc.) ausmünden und durch W^asseraufnahme die beträchtliche Anschwellung des Fusses her- beiführen. Nur wenige Gastropoden entbehren gesonderter Athmungsorgane und respiriren durch die gesammte Körperhaut (Äbranchiaten) ; dagegen athmen bei weitem die meisten durch Kiemen, viele durch Lungen, nur wenige durch Lungen und Kiemen zugleich. Der Bau und die Anordnung der Kiemen ist äusserst mannichfach und liefert systematisch wichtige Anhaltspunkte zur Unterscheidung der natürlichen Gruppen. Die Kiemen sind meist blattförmige oder verzweigte und gegliederte Hautanhange, welche seltener frei der Rückenfläche aufsitzen, in der Regel wie die Kiemenblätter der Lamellibranchiaten zwischen Mantel und Füss liegen und mehr oder minder vollständig von der Mantelduplicatur umschlossen werden. Der Mantelraum ist daher zugleich die Athemhöhle. Die Duplicität der Kiemen zu beiden Seiten des Körpers erscheint indessen als Ausnahme {Patella, Chiton) und macht im Zusammenhang mit der Asymmetrie des Leibes einer mehr einseitigen asymmetrischen Ausbildung Platz. Die Luftathmung beschränkt sich auf einige Platypodengruppen, vornehmlich auf die Pulmonaten. Auch hier dient der Mantelraum als Athemhöhle und unterscheidet sich nur dadurch von der Kiemenhöhle, dass die Decke der mit Luft erfüllten Cavität anstatt eine Kieme zu bilden, an der Innern Fläche ein reiches Netzwerk von Bluträumen und Gefässen in sich einschliesst. Sowohl Kiemen- als Lungenhöhle com- municiren durch eine längere Spalte des Mantelrandes oder durch eine runde, verschhessbare Oeffnung mit dem äussern Medium; häufig aber setzt sich der Mantelrand der Kiemenhöhle, analog dem Sipho der Lamellibranchiaten, in eine verschieden lange Athemröhre fort, welche in der Regel einen Ausschnitt oder Kanal des Gehäuses bildet. Das wichtigste Absonderungsorgan der Cephalophoren, die Niere, entspricht in Lage und Bau dem i?o;awws'schen Organe der Lamelli- Fortpflanzung. 737 branchiaten. ludessen erscheint dieselbe mit Ausnahme der Solenoconchen unpaar mit nur einer Ausführungsöffnung. Dieselbe liegt in der Nähe des Herzens als ein länglich dreieckiger Sack mit spongiöser (seltener mit glatter) Wandung von gelblich brauner Färbung. Das Secret der Drüse besteht grossentheils aus festen Concrementen , welche in den Zellen der Wandung ihren Ursprung nehmen und Harnsäure, Kalk und Ammoniak enthalten. Entweder öffnet sich der Drüsensack der Niere unmittelbar durch eine verschliessbare Spalte oder vermittelst eines besondern, neben dem Mastdarm verlaufenden Ausführungsganges, in welchen die Räume und Fächer der Drüse durch kleine Oefinungen hinein- münden, überall aber in der Nähe des Afters meist erst in die Mantel- höhle. Merkwürdig ist die bereits erwähnte Communication des Drüsen- sackes mit dem Pericardialraum, durch welche das bei den Heteropoden und Pteropoden durch die pumpenden Saugbewegungen des Nieren- schlauches aufgenommene Wasser dem Blute sich beimischt. Auch bei den Flatypoden (Delle Chiaje, Leydig etc.) findet ein ähnliches Verhältniss statt, indem die Venennetze der spongiösen Nierenwandung Oeffnungen enthalten, durch welche Wasser in das Blut einzutreten scheint. Ausser den Drüsen kommen in weiter Verbreitung mannichfache Hautdrüsen und bei den Piatypoden eine Schleimdrüse in der Decke der Athemhöhle vor. Die Gastropoden sind theils Zwitter, theils getrennten Geschlechtes. Zu den erstem gehören die Pteropoden sowie ein Theil der Piatypoden, die Pulmonaten und Opisthobranchien. Getrennten Geschlechtes sind die Solenoconchen , Heteropoden, sowie von den Piatypoden die Prosobran- chien. Fast alle Gastropoden sind Eierlegend, manche durch die colossale Grösse der Eier ausgezeichnet. Die Embryonalbildung erfolgt nach totaler Dotterklüftung mittelst Anlage eines allseitig den Dotter uni- schliessenden Keimes, welcher sehr frühzeitig durch den Besitz von Wimpern in dem flüssigem Eiweiss des Eies rotirt. Im Speciellen aber weicht dieselbe nach den verschiedenen Gruppen wesentlich ab und kann selbst durch das Vorkommen provisorischer Embryonalorgane (ürniere) ausgezeichnet sein. Die freie Entwicklung ist entweder eine directe, indem das ausgeschlüpfte Junge bereits die Form und Organisation des Geschlechtsthieres besitzt (Ptdmonaten), oder beruht auf einer Metamor- phose. In diesem letztern für die Pteropoden, Heteropoden und fast alle marinen Piatypoden gültigen Falle besitzen die schwärmenden Larven zwei grosse Wimpersegel, welche an Stelle des noch rudimentären Fusses als Bewegungsorgan dienen. Die Schale liegt bereits der Rücken- fläche auf, ist aber noch klein und flach mit erst beginnenden Win- dungen und kann meist durch einen dem Fusse angehefteten Deckel verschlossen werden. Sehr häufig findet ein Schalenwechsel statt, indem Claus, Zoologie. 2. Auflage. 47 738 1. Unterklasse: Scaphopoda, Scaphopoileii. die embryonale Schale abgeworfen und durch eine neue definitive ersetzt wild. Seltener sind in spätem Stadien die Larven wurmförmig und mit ipehreren Wimperkränzen versehen, wie die Larven von Clio und Fneumodermon. Wir unterscheiden die 4 Unterklassen der Sca2)hopoden , Ptero- lioden, Flatypoden und Heteropoden. 1. Unterklasse: Scaphopoda'), Scaphopoden. Getrennt geschlechtliclie Gastropoden ohne Augen und Herz, mit dreilappigem Fusse und röhrenartiger, an beiden Folen geöffneter Kalkschale. Erst die trefflichen Untersuchungen von Lacaze-Duthiers haben über diese Gruppe von Mollusken, welche man lange Zeit als Cirro- hranchiaten den Gastropoden unterordnete, hinsichtlich des Baues und der Entwicklung Licht verbreitet und bewiesen, dass sie den Acephalen nahe stehen und den üebergang jener zu den Cephalophoren vermitteln. Das Gehäuse bildet eine langgestreckte, etwas gekrümmte und nach oben zugespitzte offene Röhre, in welcher der ähnlich gestaltete Thierleib, durch einen Muskel dem dünnern untern Schalenrande angeheftet, ver- borgen liegt. Derselbe trägt einen sackförmigen Mantel und einen drei- lappigen Fuss, welcher aus dem vordem Ringwulste des Mantelraums und der grossem Schalenöffnung hervortritt. Ein gesonderter Kopf- abschnitt fehlt, dagegen findet sich im Mantelraum ein eiförmiger kopf- artiger Fortsatz, an dessen Spitze die von 8 blattähnlichen Lippen- anhängen umstellte Mundöfinung liegt. Als Mundbewafi'nung ist so- wohl ein seitliches Kieferrudiment als eine mit 5 Plattenreihen besetzte Zunge vorhanden. Der Nahrungskanal zerfällt in Schlund, Speiseröhre, Magen mit umfangreicher Leber und in einen Darm, welcher nach mehr- fachen, knäuelartig zusammengedrängten Windungen hinter dem Fusse in der Mitte des Mantelraumes ausmündet. Ein Herz fehlt, und es reduciren sich die Kreislaufsorgane auf zwei Mantelgefässe und com- plicirte wandungslose Räume der Leibeshöhle. Die Athmung geschieht durch die Mantelfläche, und wohl auch durch die fadenförmigen Ten- takeln, welche auf zwei Wülsten (Halskragen) hinter dem kopfartigen Mundfortsatz entspringen. Die Bojanus'sche Drüse hegt in der Um- gebung des Mastdarmes und mündet durch zwei Oeffnungen rechts und links vom After aus. Das Nervensystem besteht aus den bekannten drei Gangliengruppen, von denen das Fussganglion zwei Gehörblasen 1) Lacaze-Datbiers, Histoire de l'organisation et du d6veloppement du Dentale. Annales des sciences naturelles. IV. S6r. Tom, VI. VII und VIII. 1856. 1857. 1858. M, Sars, Om Sipbonodentalium vitreum etc. Christiania. 1861. 2. Unterklasse: Pteropoda, Flossenfüsser. 739 trägt. Augen fehlen. Als Tastorgane sieht man die zahlreichen bewim- perten Tentakelfäden an. Die Röhrenschnecken sind getrennten Ge- schlechts und lassen Eier und Samenfäden durch eine hintere Mantel- öffnung am spitzen Endtheile der Röhre nach aussen gelangen. Sie leben versenkt im Schlamme, kriechen aber mittelst des Fusses langsam umher. Die Jungen schwärmen eine Zeitlang als Larven mit Wimper- büschel und Wimperkragen, erhalten dann eine fast zweiklappige Schale, Segel und Fuss, erst später gestaltet sich die Schale röhrenförmig. 1. Ordnung: Solenoconchae , Böhrenschnecken. Mit den Charakteren der Unterklasse. Fam. Dentalidae. Milden Charakteren der Ordnung. Dentalium L., Z). entälis-L., D. elephantinum L. , Bliltelmeer und Ind. Ocean. 2. Unterklasse: Pteropoda '), Flossenfüsser. Hermaphroditische Gastropoden mit minder scharf gesondertem Kopf und rudimentären Augen, mit swei grossen flügeiförmigen Flossen am vordem Theile des Fusses. Der Körper ist bald länglich gestreckt, bald mit dem hintern Theile spiralig eingerollt. Der vordere Abschnitt, welcher Mund und Fühler trägt, geht entweder in den Rumpf continuirlich über, oder setzt sich als Kopf von dem letztern schärfer ab. Ueberall treten unterhalb des Mundes zwei grosse seitliche Flossen hervor, welche morphologisch als die vordem Flügelfortsätze des sonst verkümmerten Fusses aufzu- fassen sind und durch flügel artige Schläge die meist lebhafte Bewegung des Thieres in der See bewerkstelhgen. Der Körper bleibt entweder nackt und ohne deutlich abgesetzten Mantel oder sondert ein sehr ver- schieden gestaltetes, horniges, gallertig knorpliges oder kalkiges, fast immer symmetrisches Gehäuse ab, in welches er sich mit den Flossen oft vollständig zurückziehen kann. Im letztern Falle bildet sich ge- wöhnlich der Mantel sehr vollständig aus und umschliesst den grössten Theil des Körpers meist von der Rückenfläche aus bis in die Gegend der Flossen, hinter denen der spaltförmige Eingang der Mantelhöhle liegt. Die contractile Haut enthält in der Regel Kalkconcretionen, Haut- drüsen und Pigmentzellen, welche dem Körper eine dunkele braune, zu- weilen bläuliche selbst röthliche Färbung verleihen können. 1) Rang et Souleyet, Histoire naturelle des MoIlusquesPteropodes. Paris. 1852. C. Gegenbau r, Untersuchungen über die Pteropodenu. Heteropoden. Leipzig 1853. Troschel, Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. Arch. für Naturgeschicble. Tom. XX. 1854. A. Krohn, Beiträge lur Entwicklungsgeschichte der Pteropoden und Hetero- poden. Leipzig. 1860. 47* 740 Körperbau. Fortpflanzung. Am Kopfende liegt die Mundöffnung, zuweilen von mehreren arm- förmigen (Clio) oder mit Saugnäpfen besetzten (Pneumodermon) Fort- sätzen umstellt. Dieselbe führt in eine mit Kiefern und bezahnter Reibplatte bewaffnete Mundhöhle, in deren Grund die lange Speiseröhre beginnt. Auf diese folgt ein erweiterter Magen und ein langer mehr- fach gewundener Darm, welcher von den Leberdrüsen umlagert, seitwärts nach vorn umbiegt. Die Afteröffnung findet sich in der Regel an der rechten Seite innerhalb der Mantelhöhle nahe an deren vorderm Rande. Speicheldrüsen bleiben gewöhnlich verkümmert oder fallen auch ganz aus. Die Kreislaufsorgane sind verhältnissmässig wenig ausgebildet und reduciren sich auf arterielle Gefässe, deren Hauptstamm aus der kugligen Herzkammer entspringt. Die Venen dagegen werden durch ein wandungs- loses Lückensystem der Leibeshöhle ersetzt, in welches die offenen Enden der Arterien einmünden. Aus diesem letztern kehrt das Blut durch die Respirationsorgane nach dem Herzen zurück, gelangt zuerst in den Peri- cardialraum und von da in das venöse Ostium der Vorkammer. Die Respirationsorgane, sofern dieselben nicht durch die gesammte Haut er- setzt werden {Clio), sind entweder äussere blattartige Kiemenanhänge {Pneumodermon) am hintern Körperende oder, bei den Gehäuse-tragenden, innere Kiemen der Mantelhöhle , deren ■ Eingang mit eigenthümlichen Flimmerleisten ausgekleidet ist. Immerhin bleiben die Innern Kiemen wenig entwickelt und entweder auf faltenartige Erhebungen der bewimperten Mantelwandung oder auf diese selbst reducirt. Als Niere betrachtet man einen länglich gestreckten contractilen Sack, welcher in der Nähe des Herzens gelegen mit dem Pericardialsinus communicirt und durch eine stark bewimperte, verschliessbare Oeffnung in die Mantel- höhle oder direkt nach aussen führt. Indessen scheint derselbe hier und da vorwiegend die Function der Blutwässerung zu haben. Für das Nervensystem ist die Lage mehrerer (3) Ganglienpaare zur Seite und unterhalb des Schlundes charakteristisch. Bei den nackten gehäuselosen Pteropoden rückt indessen ein Paar auf die obere Fläche des Schlundes. Auch das hintere sympathische Ganglienpaar wurde aufgefunden. Von Sinnesorganen kommen überall zwei Gehörblasen an der untern Seite des Schlundes vor. Augen fehlen dagegen in der Regel oder bleiben sehr rudimentär, und liegen entweder als rothe Pigmentflecken {Hyalea) am Eingeweidesack nahe dem Schlundring oder an den Nackenfühlern {Clio). Diese rudimentäre Entwicklung der Gesichtswerkzeuge dürfte damit zusammenhängen, dass die Pteropoden nächtliche Thiere sind. Als Tastorgane aber sind zwei kleine Fühler {Hyalea, Cymbulia), sowie di(; grössern Fühler und armförmige, zuweilen mit Saugnäpfen besetzte Erhebungen des Kopfes {Clio und Pneumodermon) aufzufassen. Alle Pteropoden sind Zwitter. Die sowohl Ovarien als Hoden ver- einigende Zwitterdrüse liegt neben dem Herzen hinter dem Magen im 1. Ordnung: Thecosomata. 741 Eingeweidesack und besitzt gewöhnlich einen gemeinsamen Ausführungs- gang, welcher in seinem Verlaufe nicht nur eine Samenblase bildet, sondern auch eine Art Eiweissdrüse nebst Receptaculura seminis aufnimmt und meist rechtsseitig vor dem After nach aussen mündet. Zuweilen liegt der Penis in dem Endtheile des Ausführungsganges, bei den Hy aleiden und CynibuUden erhebt sich derselbe als faltig eingerollter vorstülpbarer Schlauch vor der Geschlechtsöffnung. Die Eier werden mit Eiweissumhüllungen in langen runden Eier- schnüren abgelegt, welche frei im Meere umhertreiben. Die rotirenden Embryonen erhalten Segellappen und Schale und werden als schwärmende Larven frei. Unter der Rückbildung der Segel treten allmählig die beiden Flossen an dem zuerst gebildeten unpaaren Theile des Fusses hervor, während die Schale (mit Deckel) meistens abgeworfen wird. Die Hyaleiden scheinen indessen die embryonale Schale weiter zu bilden, die Cymbuliden dagegen durch eine neue innere Körperschale zu er- setzen. Die nackten und gehäuselosen Pnenmodermiden und Clioniden dagegen wachsen nach Verlust der Segel und Schale nicht direkt in das Geschlechtsthier aus, sondern erhalten zuvor drei Wimpergiirtel und gehen so in ein neues Larvenstadium über. Die Pteropoden sind durchweg kleine Thiere, die in keinem Falle die Grösse von mehreren Zollen überschreiten. Sie erscheinen oft auf hoher See in allen Meeren und können meist durch Zurückziehen ihrer Segel in die Schale rasch in die Tiefe sinken. Auch waren sie bereits in früheren Erdperioden vertreten. Von Blainville wurden die Pteropoden nach dem Besitze oder Mangel eines Gehäuses in Thecosomata und Gymnosomata getheilt. 1. Ordnung: Thecosomata. Mit schwach entwickeltem oft nicht distinktem Kopf, rudimentären Tentakeln, von einer äussern Schale bedeckt. Der rudimentäre Fuss bleibt mit den Flossen im Zusammenhang. 1. Farn. Hyaleidae. Schale kalkig oder hornig, bauchig auTgetrieben oder pyramidal, symmetrisch, mit spitzen Forlsätzen, Die Mantelhöhle öffuet sich auf der Bauchfläche und enthält meist eine hufeisentörmige Kiemenkrause. HyaleaLam. Schale kuglig, durchschimmernd, am Hinterende Sspitzig. Oeffnung jederseits mit einem Schlitz. Flossenlappen durch ein halbkreisförmiges ventrales Band vereint. H. tridentata Lam., Mittelmeer. Cleodora P6r. Les. Schale pyramidal, dreiseitig, dorsal gekielt mit einfacher triangulärer Oeffnung und spitzem Apex. Cl. pyramidata Lam., Indien. Verwandte Gattungen sind Greseis Rang., Cuvieria Rang., Diacria Gbr. Fosiil sind TTieca Morris, ConulariaWüW , Pterotheca Salt. Auch werden die problematischen Tentaculiten hierher gestellt. 2 Fam. Limacidae. Gehäuse spiralig gewunden , zuweilen mit einer starken Mantelcavität, an der Rückenseite geöffnet. 742 2. Ordnung: Gymnosomata. Limacina Cuv. Schale schneckenförmig links gewunden, mit Nabel ohne Deckel. L. arctica Fabr. Spirialis Eyd. Soul., Heterofusus Flem. 3. Fam. Cymbuliidae. Mit knorplig gallertiger Schale von Nachen- oderPantoffel- lörmiger Gestalt und grossen nicht zurückzichbaren Flossen. Mund mit Tentakeln. Die Larven mit Spiralfäden. Cymhulia Per. Schale kahnförmig, cartilaginös, mit kleinen Spitzen. Tentakeln sehr klein. C. Peronii Cuv., Mittelmeer. Tiedemannia Dell. Ch. T. neapolitana Van. Ben. Eurybia Rang. 2. Ordnung: Gymnosomata. Nackte Pteropoden mit deutlich gesonderten Tentakel-tragendem Kopf, oft mit äussern Kiemen. Flossenlappen vom Fuss getrennt. LaiTen mit Wimperreifen. 1. Fam. Clionidae. Körper spindelförmig, ohne Kiemen. Clio 0. Fr. Müll. (Clione Pallas). Kopf mit 2 einfachen Tentakeln. Mund mit Seilenlappen, von denen jeder 3 retraktile mit Saugnäpfen besetzte KegeUorlsätze trSgt. Cl. borealis Fall. Mit Limacina arctica die Hauptnahrung der Wallfische. Clionopsis Trosch. besitzt nur 2 Paar von Kegeltortsätzen. Bei Cymodocea D'Orb. sind 2 Paar Flossen vorhanden. 2. Fam. Pneumodermidae. Körper spindelförmig, mit äussern Kiemen und 2 ausstülpbaren mit Saugnäpfen besetzten Armen vor den Flossen. Pneumodermon Cuv, Kopf mit Augententakeln und 2 ausstülpbaren Haken- säckchen vor der Mundöffnung. Pn. violaceum D'Orb., Mittelmeer und Atl. Ocean. Spongobranchia D'Orb. 3. Unterklasse: Gastropoda') s. str. =r Platypoda, Schnecken. Gastropoden mit wohl entwickeltem Kopf, Fühlern und Augen, meist mit breitein, söhligem Fuss und flachem oder spiralig gewun- denem Kalkgehäuse, theils hermaphroditisch, theils getrennten Geschlechts. Die Piatypoden, wie wir die Schnecken mit R. Leu ckart bezeichnen wollen, schliessen sich sowohl hinsichtlich ihres äussern Baues als ihrer innern Organisation den für die Gastropoden im Allgemeinen dargestellten Ij Alder und Hancock, A monograph of the British Nudibranchiata Mollusca. London. 1850—1851. H. A. Meyer und Moebius, Fauna der Kieler Bucht. Leipzig, 1865. Lacaze-Duthifers, (Pleurobranchus, Vermetus). Ann. des sc. nat. 1859 und 1860. Milne Edwards, Note sur la Classification naturelle des Moliusques Gastro- podes. Ann, des sc. nat. 1848, Bowerbank, On the structure of the Shells of molluskous and conchiferous Animals, Transact. of Miskr. Soc, I, London. 1844. W, Garpenter, On the microscopic Structure of Shells. Report. 13. 14. 17 Meeting. Brit. Assos. London. 1846. 1847. 1848. H. Meckel, Mikrographie einiger Drüsenapparate der niedern Thiere, Müller's Archiv, 1846. ßaudelot, Recherches sur l'app, g^n^r. des Moliusques gasltropodes. Ann. sc. nat, Ser, IV. Tom. XIX. 1862. 3. Unterklasse: Platypoda. 743 Verhältnissen an. Sie besitzen in der Eegel einen deutlich gesonderten Kopf, zwei seltener vier Fühler und zwei wohl entwickelte Augen, welche bald an der Basis des Fühlerpaares, bald auf besonderen Augenstiien, selten an der Spitze des hintern Fühlerpaares sich erheben. Der Fuss bildet meist eine flache söhlige Scheibe und dient alsdann zur Kriech- bewegung, indessen wechselt die Form und Grösse desselben äusserst mannichfach. Während die Fusscheibe bei Fhyllirlioe völlig hinwegfällt und durch eine Art Steuerschwanz ersetzt wird, ist sie bei Glaiicus höchst rudimentär, in andern Fällen durch eine Längsfurche oder Quer- furche getheilt, sehr oft aber in seitliche Schwimmhäute oder lappen- ähnliche Fortsätze verlängert, welche sich selbst über Körper und Schale herumschlagen können {Aplysia, Bulla etc.). Von besonderer Bedeutung für die Classifikation dieser sehr um- fangreichen Unterklasse ist die Bildung der Athmungswerkzeuge und der Zungenbewaffnung geworden. Bei weitem die meisten Gasrropoden besitzen Kiemen, wenige athmen durch die gesammte Körperbedeckung, andere durch Lungen oder gleichzeitig durch Lungen und Kiemen. Im Allgemeinen kann man mit Milne Edw^ards nach der Lage der Respirationsorgane zu dem Herzen und dessen Vorhof zwei grosse Ab- theilungen gegenüberstellen. Opisthobranchien, deren Vorhof hinter der Herzkammer liegt und von hinten die Kiemenvene aufnimmt und Proso- hrancMen, deren Vorhof mit der von vorn eintretenden Kiemenveno vor der Herzkammer liegt. Den letzteren schliessen sich in diesem Charakter die Heteropoden an, während die LungensclmecJxn {Pulmonate») durch den Hermaphroditismus den erstem näher stehen. Es erscheint jedoch zweckmässig bei der Gruppenbildung zugleich die besondern Verhältnisse der Respiration zu berücksichtigen; man erhält dann zunächst eine grosse Gruppe von Gastropoden, welche der Lage ihrer Vorkammer nach Opisthobranchien sind, aber durch die gesammte äusserlich bewim- perte Haut athmen und theilweise der Kiemen entbehren. Diese Berma- tobranchien besitzen aber auch theilweise zahlreiche und mannichfach gestaltete Ausstülpungen der Rückenhaut, welche entschieden zur Ver- grösserung der respirirenden Körperfläche beitiagen und zugleich Fort- sätze und Anhänge des Darmkanales in sich aufnehmen (Phlebenteraten). In anderen Fällen erhalten die Anhänge der Haut noch bestimmter den Charakter von Kiemen, indem sie keine Fortsätze des Darmes enthalten ; dieselben ordnen sich dann auf der Rückenfläche in zwei Längsreihen oder in einem Kreise um den After in der Nähe des hintern Körper- poles und stellen mehrtheilige, gegliederte oder baumförmig verästelte Kiemen dar, für welche besonders die freie Lage auf der Rückenfläche charakteristisch ist. Cuvier vereinigte alle diese Formen in seiner Ordnung der Nacktkiemer {Gymnobrancliien). Weit häufiger liegen die Kiemen unter dem Mantelrande zwischen Mantel und Fuss, selten freilich 744 Athmung. Kiefer- und Zungenbewaffnung. wie bei den Biyllidiiden (Inferobranchien) symmetrisch an beiden Seiten gleich vertheilt. Bei den JPleurobranchien , einer Gruppe von Opistho- hranchien, schwinden die Kiemen der linken Seite völlig, dagegen zeichnen sich die Prosohr an chien mit Ausnahme der Cyclohranchien , welche ähnlich wie die der Inferobranchien blattförmige Kiemen an beiden Seiten des Körpers unter dem Mantelrand tragen, fast durchweg durch den Besitz einer geräumigen Athemhöhle aus , welche auf der Rücken- fläche durch die Vergrösserung der Mantelduplicatur gebildet, die Respirationsorgane vollständig in sich aufnimmt. Der spaltförmige Schlitz, durch welchen sich die Athemhöhle am vordem Rande nach aussen öffnet, wird durch die Contraction des aufgewulsteten Mantelrandes bis auf eine runde Oeffnung der linken Seite ziemlich vollkommen geschlossen. Diese aber entsteht durch einen Einschnitt des Mantelrandes und ist entweder ein einfaches Äthemloch (holostom) oder setzt sich in einen Halbkanal, die Athemröhre (siphonosto?n) , fort. Nur selten liegen in der Athemhöhle zwei gleich entwickelte Kiemen, wie z. B. bei Fissurella, Haliotis, gewöhnlich ist nur die rechte vollständig ausgebildet, die linke hingegen verkümmert, beide aber sind in die linke Seite gerückt und ragen meist von der Decke aus mit ihren Blättern frei nach unten in den Athemraum hinein. Jede Kieme setzt sich aus einer x\nzahl von Blättern zusammen, welche entweder in einer oder in zwei Reihen kammförmig hintereinander stehen und zu der Bezeichnung Kammkiemer (Cteno- hranchien) Veranlassung gegeben haben. Die Lungenathmung der Pulmonaten und einiger Ctenobranchien knüpft unmittelbar an den Gefässverlauf in der Decke der Mantelhöhle an, wie wir ihn bereits bei vielen Kiemenschnecken vorfinden. Aus- gebildete Lungen neben vollkommen entwickelten Kiemen finden sich aller- dings nur bei \iei\\genGa.tt\ingen{Ämpullariaim(\Onchidium). Indessen gebrauchen auch die jungen Süsswasserpulmonaten ihren Mantelraum zuerst als Kiemenraum, indem sie ihn mit Wasser füllen, welches den Gefässen der Manteldecke zur Respiration dient. Die besondere Beschaffenheit der Kiefer- und Zungenbewaffnung wird vornehmlich in zweiter Linie zur Characterisirung einzelner Unter- gruppen und Familien verwerthet. Die meisten Opisthobranchien besitzen eine bandförmige, aber ungleich breite Zunge mit kleinen zurück- gekrümmten Hakenzähnchen, aber in sehr verschiedener Zahl von Zahn- reihen, und unter so bedeutenden Abweichungen selbst bei den nächsten Verwandten, dass die systematische Bedeutung der Zunge und Radula entschieden zurücktritt. Hier stecken die hornigen und oft sehr kräftigen Kiefir in der Seitenwand der Mundmasse und können mit ihrem schnei- denden Vorderrand einander genähert werden (Aeolidier). Ziemlich gleichförmig sind die sehr zahlreichen Zähne und Platten der Radula bei den Pulmonaten, wo sie meist zum Zerreiben von vegetabiUschen Schleimdrüse. Pnrpiinlrüse. Fussdrüse. 745 Substanzen dienen, um so auffallender aber variiren dieselben in der grossen Abtbeilung der Prosobranchien, von denen man die Gruppen der Ctenobranchien nnch den Eigenthüralichkeiten der Reibmembran mit Gray und Troschel als Bhipidoglossen, Ftenoglossen , Rhachiglossen, Toxoglossen und Taenioglossen bezeichnet hat. Die Gastropoden besitzen sehr allgemein in der Decke derAthem- höhle bald zur Seite, bald in der Mittellinie eine Schleimdrüse, welche zuweilen im Stande ist, eine erstaunlich grosse Quantität ihres schlei- migen Secretes aus dem Athemloche zu ergiessen. In der Decke der Athemhöhle neben dem Mastdarme und sowohl von der Schleimdrüse als der Niere verschieden liegt die sog. Purpurdrüse der Purpurschnecken {Furpura, Murex), eine längliche weisslich gelbe Drüsenmasse, deren anfangs farbloses Secret nach den Untersuchungen von Lacaze- Duthiers rasch unter dem Einflüsse des Sonnenlichtes eine rothe oder violette Farbe gewinnt, welche als echter Purpur wegen ihrer Bestän- digkeit und Dauer schon im Alterthum geschätzt war. Nicht zu ver- wechseln mit dem echten Purpur ist der gefärbte Saft, welchen viele Opisthobranchien z. B. die Aplysien aus Poren ihrer Haut entleeren. Eine andere Drüse, aber von nicht genau gekannter Function, ist die Fussdrüse von Limax und Ärion. Dieselbe erstreckt sich durch die Länge des Fusses und besteht aus einzelligen Drüsenschläuchen, deren zarte Ausführungsgänge in den bandförmigen Hauptgang eintreten. Dieser öffnet sich zwischen Fuss und Kopf nach aussen. Dazu kommt bei mehreren nackten Pulmonaten (Ärion) eine Drüse auf der Spitze des Schwanzes, welche sehr rasch bedeutende Mengen von Schleim ab- sondert. Die Gastropoden sind theils Zwitter, theils getrennten Geschlechtes. Zu den erstem gehören die Opisthobranchien und fast alle Pidmonaten, zu den letztern die Prosobranchien mit seltenen Ausnahmen und von den Lungenschnecken die Cyclostomiden. Die weiblichen Geschlechts- organe bestehen meist aus einem Ovarium, Eileiter und Eiweissdrüse, Uterus (erweiterter und drüsiger Theil des Eileiters), Scheide und Samentasche, die männlichen aus einem Hoden, einem Samenleiter nebst Samenblase, Ductus ejaculatorius und äusserm Begattungsorgane. Die hermaphroditischen Gastropoden zeichnen sich durch die enge Verbindung der beiderlei Zeugungsdrüsen und ihrer Leitungsapparate aus, indem nicht nur die letztern überall in directer Communication stehen, sondern auch Ovarien und Hoden mit wenigen Ausnahmen {Actaeon, Janus) als Zwitterdrüse, meist zwischen den Leberlappen versteckt, räumlich ver- einigt sind. Im letztern Falle entstehen entweder Eier und Samenfäden an verschiedenen Follikeln der gelappten oder auch verästelten Drüse (Dermatobranchien), freilich immer in unmittelbarer Nähe, da die Eier- foUikel als Ausstülpungen peripherisch den Hodenbläschen aufsitzen 746 Geschlechtsorgane. (Äeolis), oder das Epitel desselben Follikels erzeugt hier Samenfäden, dort Eier, wenn üuch in der Regel nicht gleichzeitig, indem die männ- liche Reife des Thieres der weiblichen vorausgeht (Landschnecken). Ebenso stehen die Ausführungsgänge in einem mehr oder minder un- mittelbaren Zusammenhange. Entweder findet sich nämlich, ähnlich wie bei den Pteropoden nur ein einziger gemeinschaftlicher Leitungsapparat (Pleitrohranchien) , welcher Samen und Eier bis zur Geschlechtsöifnung führt, oder der anfänglich geraeinsame Gang spaltet sich früher oder später in einen Eileiter und Samenleiter. Bei den Fulmonaten sondert sich das Vas deferens erst an der Uebergangsstelle des Eileiters in den sog. Uterus neben der Einmündung der Eiweissdrüse, läuft aber anfangs noch als Rinne längs des Uterus herab, um dessen Ende als selbst- ständiger Kanal zu verlassen. Bei den JDermatobranchien dagegen trennt sich das Vas deferens schon oberhalb des Uterus und verläuft in mehrfachen Windungen bis zum Begattungsorgan. Die Ausführungs- gänge zeichnen sich überall durch ihre drüsige, oft blindsackartig aus- gebuchtete und selbst mit Anhangsdrüsen ausgestattete Wandung aus. Insbesondere findet sich ziemlich allgemein an der Uebergangsstelle des Eileiters in den Uterus eine Eiweissdrüse, deren Secret als Eiweiss-schicht die kleinen Eidotter umhüllt. Erst in den Wandungen des unteren, als Uterus bezeichneten Eileiter-Abschnitts werden die Kalktheile secernirt, welche bei den Landschnecken die feste Schale des Eies bilden. Nicht minder verbreitet als die Eiweissdrüse ist eine an der Seite aufsitzende Samentasche, welche entweder von einem langgestilten Gang getragen wird, oder bei Verkürzung des Stiles diesen zu einer Art Begattungs- tasche erweitern kann. Bei den Helicinen trägt die Scheide zwei Büschel von fingerförmig gelappten Schläuchen, sowie einen eigenthüm- lichen Sack, den »PfeüsacJc«, welcher ein pfeilartiges kalkiges Stäbchen in seinem Innern erzeugt. Das letztere, der sog. Liebespfeil, sitzt im Grunde der Tasche auf einer Papille fest, tritt aber bei der Begattung hervor und scheint die Bedeutung eines Reizorganes zu haben. In der Regel bricht derselbe während seiner Thätigkeit ab, um später durch einen neuen ersetzt zu werden. Die äussern Geschlechtsöffnungen liegen meist rechtsseitig in der Nähe des Kopfes und zwar entweder gesondert dicht neben einander oder in einer gemeinsamen Geschlechtskloake (Heliciden) vereinigt. Die männliche Geschlechtsöifnung oder der männ- liche Theil der Geschlechtskloake besitzt überall einen vorstülpbaren cylindrischen oder spiralgewundenen Penis, welcher meist von dem Ende des Ductus ejaculatorius durchsetzt, in die Leibeshöhle zurückgezogen wird und sich nach hinten in einen geisseiförmigen Anhang (Flagellum) fortsetzt. Bei einigen Fleurobranchien liegt indessen der Penis von der Geschlechtsöifnung entfernt in einer besondern Tasche und erhält den Samen erst durch eine Wimperrinne zugeführt. Begattung. Eierablage. 747 Die Begattung ist nicht immer eine Wechselkreuzung, sondern führt häufig nur zur Befruchtung des einen Individuums, so z. B. bei den Aplysien, bei denen das eine Thier die Stelle des Männchens, das andere die des Weibchens spielt. Zuweilen formiren diese Schnecken ähnlich wie auch die Limnaeen Ketten mit regelmässig alternirenden Geschlechts- funktionen, der Art, dass jedes Glied gegen das vorangehende als Männchen, gegen das nachfolgende als Weibchen fungirt. Die getrennt geschlechtlichen Gastropoden besitzen einen ähnlichen Bau der männUchen oder weiblichen Geschlechtsorgane, wie die Zwitter- schnecken, indessen scheinen ihre Geschlechtsorgane allgemein einfacher gestaltet zu sein und der mannichfachen accessorischen Drüsen und Anhänge zu entbehren. Doch sind auch liier am weiblichen Geschlechts- apparate sowohl Samentasche als Eiweissdrüse nachgewiesen (Paludina). Ovarien und Hoden liegen meist zwischen den Leberlappen versteckt, und die Geschlechtsöffnungen finden sich seitlich in der Nähe des Afters. Die Männchen besitzen fast überall einen freiliegenden, selten aus- stülpbaren Penis, welcher entweder von dem Ende des Vas deferens durchbohrt (Buccinum) oder von einer Halbrinne durchzogen wird, an deren Basis die Geschlechtsöfinung liegt. Ist der Penis von der Geschlechts- öffnung entfernt, so ist es ebenfalls eine Wimperrinne, welche von jener die Samenfäden nach dem Bega4;tungsorgane leitet [Murex, Doliwn, Stromhus). Die meisten Gastropoden legen nach der Begattung ihre Eier ab; nur wenige Gastropoden, wie z. B. Faludina vivipara und mehrere Claiisilia-, Fupa-, Janthina-, Melaniaurten , sind lebendig gebärend, indem die Eier im Uterus des mütterlichen Körpers die Embryonal- entwicklung durchlaufen. Die P^ier werden entweder unverbunden ab- gesetzt, aber meist in grösserer Menge, wie die grossen mit Eiweiss und Kalkschale versehenen Eier der Helicinen, oder als Laich in gallertigen Klumpen oder Schnüren, wie z. B. bei Z^waa^arten, den Süsswasser- pulmonaten und Opisthobranchien. Die Prosobranchien schliessen ihre Eier meist in sonderbare, zuweilen hornige Kapseln ein, welche entweder zu unregelmässigen Massen vereinigt werden, oder sehr regelmässig an- einander liegen und zum Theil an feste Körper befestigt sind. Jede Kapsel besitzt eine Oeffnung und enthält in Eiweiss eingebettet eine gewisse Zahl von Eidottern, die sich aber gewöhnlich nur theilweise zu Embryonen entwickeln. Es kommt selbst vor, dass nur ein einziger Embryo die Eikapsel verlässt, indem alle übrigen Eidotter zwar die Furchung erleiden, aber in ihrer weitern Entwicklung gehemmt, dem einen sich ausbildenden Embryo zur Nahrung dienen (Neritina fluviatilis, wahrscheinlich auch Purpura lapillus und Buccinum undatum). Sehr merkwürdig ist die Befestigung der Eierkapseln bei Janthina an einem dem Fusse anhängenden mit Luftblasen gefüllten Körper, welcher dem auf hoher See schwimmenden Thiere als Floss dient. 748 Entwicklung. Metamorphose. Hinsichtlich der Entwicklung stehen sich Kiemenschnecken und Lungen- schnecken insofern gegenüber, als die erstem eine Metamorphose durch- laufen, die letztern sich direkt ohne Larvenzustände entwickeln, üeberall gestaltet sich der Dotter durch totale Klüftung zu einem kugligen Ballen kernhaltiger Zellen, von denen die kleinen peripherischen direkt die Körper- wandung des Embryo's bilden und auf der gesammten Oberfläche Wimper- haare erhalten. Die letztern veranlassen die bekannte rotirende Bewegung des Embryo's im Eie. Alsbald sprosst bei den Kiemenschnecken am vordem Pole des Embryo's, dessen Körper eine bereits mehr gestreckte Form gewonnen hat, ein Kranz längerer Wimperhaare hervor, dessen auf- gewulstete Basis sich jederseits zu einem ansehnlichen Lappen, dem Wimpersegel, auszieht. Unterhalb des Wimpersegels senkt sich der Mund und ähnlich am hintern Ende der After ein, während im Innern des Körpers die Darmhöhle entsteht. Dann wächst unter dem Munde der Fuss als ein stumpfer bewimperter Höcker hervor, die allgemeine Bewimperung des Körpers geht verloren, und es lagert sich auf der Rückenfläche des Körpers eine hyaline napfförmige Schale, sowie am Hinterende des Fusses ein zarter Deckel ab. Fast gleichzeitig treten die ersten Anlagen der Sinnesorgane auf, zunächst die beiden Otolithen, etwas später in der Mitte der Segel die Tentakeln und neben diesen die Augen, während alsbald auch die Centraltheile des Nervensystems deutlich werden. Am Schalenrande erhebt sich die Körperhaut zu einem Wulst, der Mantelduplicatur , an welcher die Schale meist spiralig fort- wächst, und der After rückt meist mit der Ausbildung des Darmes auf die rechte Körperseite nach vorn. Anstatt des noch fehlenden Herzens wird die Blutflüssigkeit im Leibesraum durch ein schwellbares Maschen- gewebe des Nackens, sowie zuweilen durch Auf- und Abschwellen des Fusses fortbewegt. In diesem Stadium verlässt der Embryo in der Regel das Ei und schwimmt als Larve mittelst des Wimpersegels eine Zeitlang umher. In die Periode des freien Umherschwärmens der oft sehr ab- weichend und eigenthümlich gestalteten Larve (Cirropteron, Echinospira etc.) fällt die schärfere Ghederung des Darmes und die Ausbildung seiner einzelnen Abschnitte, insbesondere der Mundmasse mit der Radula. Die Falte des Mantels vergrössert sich zur Athemhöhle, in deren Grunde das contractile pulsirende Herz sichtbar wird. Allmählig bildet sich das Segel zurück, der Fuss nimmt an Umfang immer mehr zu, und die ur- sprüngliche Schwirambewegung wird mit der bleibenden Kriechbewegung vertauscht. In der Regel wird die ursprüngliche Larvenschale zum j Nucleus des bleibenden Gehäuses, selten entsteht (Echinospira) unter- i halb der erstem eine zweite Schale, welche nach dem Verluste der t Larvenschale zur bleibenden wird. Die zahlreichen Nacktschnecken da- gegen ersetzen die abgeworfene Larvenschale nicht weiter. 1. Ordnung: Opisthobrancliia. 749 Die Entwicklung der Pulmonaten ist im Allgemeinen der beschrie- benen sehr ähnlich, indessen fehlt überall das Wimpersegel, welches auch schon bei vielen Prosobranchien z. B. Faludina verkümmert sein kann; denmach fallen hier die schwärmenden Larvenstadien hinweg. Am nächsten schliessen sich den Kiemenschnecken die Süsswasserpulmonaten an, während die Landpulmonaten durch provisorische Embryonalorgane (con- tractile Schivanzhlase,* TJrniere) mehrfache Eigenthümlichkeiten bieten. Bei w^eitem die meisten Gastropoden sind Meeresbewohner; im süssen Wasser leben die Wasserpulmonaten und einige Prosobranchien {PaJudina, Valvata, 3Ielania, Neritina etc.). Im Brackwasser kommen viele Littorinen, Cerithien, Melanien etc. vor. Landbewohner sind die Landpulmonaten und Cyclostomiden. Indessen sind auch viele Kiemen- schnecken im Stande, eine Zeitlang im Trocknen auszudauern, indem sie sich in ihre Schale zurückziehen und dieselbe durch den Deckel verschliessen. Fast alle bewegen sich kriechend mittelst der Fussfläche, einige aber wie Strombus springen, andere wie Oliva und Ancillaria schwimmen mit Hülfe ihrer Fusslappen vortrefflich. Einige Meeres- bewohner wie Magilus, Vermetus etc. sind mit ihren Schalen fest- gewachsen, nur wenige aber leben parasitisch wie Stylifer auf Seeigeln und Seesternen, Entoconcha mirabilis in Si/napta. Ebenso verschieden wie die besondere Art des Aufenthalts und Vorkommens ist die Art der Ernährung. Viele insbesondere die Sipho- nostomen sind gefrässige Raubthiere und machen Jagd auf lebende Thiere, einige Kiemenschnecken wie Murex und Natica bohren zu diesem Zwecke die Schalen von Mollusken an, mehrere {Strombus, Buccinum) suchen vorzugsweise todte Thiere auf. Eine nicht minder grosse Zahl, fast alle Fulmonaten und holostome Kiemenschnecken sind Pflanzenfresser. 1. Ordnung: Opisthobranchia '), Opisthobranchien. Hermaphroditische Kiemenschnecken, deren Kiemenvenen hinter der Herzkammer in den Vorhof einmünden. ümfasst vorwiegend Nacktschnecken. Gar oft sind die Kiemen nur auf einer Seite entwickelt oder fehlen als gesonderte Anhänge ganz. Im letztern Falle sind meist Mantel und Schale auf das Larvenleben beschränkt. Alle sind Zwitter. 1) Aid er and Hancock I. c. H. Müller und C. tiegenbaur, üeber Phyllirhoö bucephalum. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. 5. 1854. A. Schneider, Ueber die Entwicklung }der Phyllirhoe bucephalum. HUlier's Archiv. 1858. Lacaze-Duthi^rs, Histoire et monographie du Pleurobranche orange. Ann. 8C. nat. 4 Ser. Tom. II. 1859. 750 Dermatobrauchia. 1. Section: Dermatobranchia») (Gymiiobranchia). Marine Nacktschnecken, welche durch die gesammte zuweilen niit;einfachen oder auch büschelförmigen fortsälzen oder auch mit Kiemen auf der KückenfliJche versehene Körperhaut athmen. Die Embryonen und Larven tragen eine Schale. Eine gesonderte Leber tritt nicht überall auf. 1. Fam. PontoUmacidae. Körper mit glatter bewimperter Haut und breiter Kriechsohle, ohne Fortsätze und mit 2 seitlichen Hauliappen, mit kieferlosem Mund und einfacher Reihe von Mittelzahnen an der Hadula, nähren sich von Seepflanzen. Pontolimax Crpl. (Limapontia Johnst.). Fühler durch 2 Längskämme an den Seilen des Kopfes vertreten. Seiten des Körpers ohne Leiste. Mantel vom Fusse ge- schieden. P. ater Johnst. Bei Actaeonia Qtfg. ist eine Längsleiste vorhanden. Bei Bermatohranchus Hess, sind die Fühler fadenförmig und der Rucken fast geradlinig. Längskante fehlt. 2. Fam. Elysiidae. Körper mit seitlichen Hautlamellen, welche die Stelle der fehlenden Kiemen vertreten. Elysia Risso {Actaeon Ok.). Mit ohrförmigen Kopftentakeln, ohne Lippenfühler. E. viridis Ok. Bei Placobranchus v. H. sind die Koptlentakeln zackig und am Ende knopRörmig. 3. Fam. Phyllirhoidae. Von blattförmigem, bewimpertem Körper, mit 2 Füh- lern, aber ohne Fuss. Phyllirhoe Per. Schwanzende hoch abgestutzt. P. bucephalum Per. 4. Fam. Äeolidae {Phlebenteratä). Die Rückenfläche des Körpers erhebt sich in zahlreiche oft büschelförmig gruppirte und selbst verzweigte Fortsätze, in welche Ausstülpungen und Verästelungen des Darmkanals eintreten. Der Mund enthält seit- liche Kiefer. Die Zunge ist mit einer Längsreihe von Zahnplatten bewaffnet. Leben vorzugsweise von Polypen. Äeolis Cuv. Mit 4 Fühlern und meist 4 symmetrischen Reihen von Rücken- papillen, an deren Spitze Säckchen mit Nesselkapseln liegen. Ae. papulosa L. , in der Nordsee. Bei Montaguia Flem. sind viele Querreihen von Rückenkiemen vor- handen. Flabellina Cuv. Favorinus Gr. Tergipes Cuv. Kopftentakeln vorhanden. Kiemen keulenförmig, jederseits in einer Reihe stehend. T. Edwardsi Nordm., schwarzes Meer. Hier schliesst sich die Fam. der Glaucidae an , deren Kiemen an den Seiten des Körpers föcherständig angeordnet sind. Glaiicus Forst. Gl. hexapterygius Cuv. Blau mit 6 Kiemenfächern, Atl. Ocean. Janus Ver., Doto Oken. 5. Fam. Tritoniadae. Die Kiemen stehen in 2 Längsreihen am Rücken. Alle besitzen in Scheiden zurückziehbare Fühler und eine gesonderte Leber. Tritonia Cuv. Mit gleichartigen, baumförmigen Kiemen und verzweigten Füh- lern. Tr. Hombergii Cuv. Scyllaea Cuv. Mit 4 paarigen Hautfortsätzen des Rückens, an deren Innenseite die Kiemen sich erheben. Fuss rinnenförmig ausgebreitet, zum Klettern auf Algen. Sc. pelagica L. Tethys L. Mit grossem, schirmförmigen Kopfsegel und ungleich gestalteten Kiemen. T. fimbriata L., Mittelmeer. Bendronotus A. H. 1) Nordmann, Monographie de Tergipes Edwardsii. M6ni. de l'Acad. Imp6r. St. Petersbourg. Tom. IV. 1843. Quatrcfages, Memoire sur les Gastropodes phlebent^rs. Ann. scienc. nat. Tom. in. und IV. 1844 und 1845, Pleurobranchia. 751 6. Fam. Dorididae. Die meist gefiederten Kiemen stehen auf der Rücken- fläche in der Umgebung des Afters und sind oft einziehbar. Eine gesonderte Leber ist vorbanden. Die Körperwand voll Kalknadeln. Doris L. Kiemen fiederspaltig, 4 Fühler. D. coccinea Forb. Acünocyclus tuberculatus Cuv. Acanthodoris Müll. Polycera Cuv. Kopftentakeln keulenförmig, nicht zurückziehbar. Längs der Seiten des Rückens einfache Anhänge. P. qiiadrilinata. Onchidoris Blainv. 2. Section: Pleurobranchia. Theils nackte, theils Gehäuse tragende Seeschnecken, deren Kiemen an der rechten Seite (selten an beiden Seiten) unter dem Mantelrande liegen. Einige besitzen eine innere flache hornige Schale. Sie setzen die Eier in langen Schnüren ab, aus denen die freischwimmenden, mit äussern Schalen versehenen Larven austreten. 1. Fam. Pleurobranchidae. Der breite flache Körper mit einer fadenförmigen Kieme an der rechten Seite und getrennten Tentakeln. Die Schale ist flach und meist innerlich rudimentär. Die beiden Genitalmündungen liegen dicht neben einander. Pleurobranchaea Cuv. Schalenlos mit ohrförmigen Fühlern, im Mittelmeer. Mantel kleiner als der Fuss. Rüssel kurz und dick. PI. Meckelii Cuv. Pleurobranchus Cuv. Innere Schale mit seitlichem Wirbelrudiment, häutig- hornig. Mantel kleiner als der Fuss, ungespalten. PI. aurantiacus Cuv. Umhrella Lam. (Gastroplax Blainv.). Mit flacher äusserer Schale über der Mitte des Rückens. U. mediterranea Lam. 2. Fam. Aplysüdae. Die Kiemen liegen an der rechten Seite des Rückens unter einer Falle des Mantels, welcher meist eine dünne innere Schale besitzt und noch von 2 Lappen des Fasses überschlagen wird. Mit Lippenfühlern und von diesen getrennten oft ohrförmigen Nackentühlern. Magen mit harten Zahnplatten. Penis von der gemeinsamen Geschlechtsöffnung entfernt. Sie leben von anderen Weichthieren, insbesondere von Aceren. Viele {Aplysia) sondern einen Purpursaft aus den auf der Oberfläche des Körpers verbreiteten Hautdrüsen ab. Aplysia L., Seehase. Hinterende spitz. Schale spitz oval. Seitenlappen beim Schwimmen ausbreitbar. A. depilans L., Mittelmeer. Dolabella Lam. Hinterende abgestutzt. D. Bumpfii Cuv. 3. Fam. Acera. Fühler und Lippenfortsätze sind zu einer breiten Hautplatte verwachen. Viele tragen eine äusserlich aufgerollte, andere eine innere Schale. Der Der F"uss läuft in 2 Seitenlappon aus. Gastropteron Meck. Innere Schale vorhanden, Thier mit 2 breiten seitlichen Flossenhäuten schwimmend. G. Meckelii Kosse. Uoridium Meck. Schale innerlich von der Form einer dreieckigen concaven Lamelle. Thier mit Fuss ohne Flossenhäute, hinten abgestutzt. V. membranaceum Meck. Bulla Lam. Schale eiförmig, aufgerollt, ohne Spindel, zum Theil von den Seitenlappen des Fusses umfasst. B. (Haminea ScIi. Schale elastisch hornig) hydatis L. B. (Scaphander M. Schale kegel-eiförmig, kalkig) lignaria. B. ampidlah. Philine (Bullaea) aperta L. Tornatella Lam. Aplustrum Schum. u. z. a. G. Hieran schliessen sich die Phyllidüden an, welche sowohl rechts als links in der Mantelfurche blattartige Kiemen tragen und hierdurch den llebergang zu den getrennt geschlechtlichen Cyclobranchien bilden. Sie entbehren der Schale. Phyllidia trilineata Cuv., im Mittelmeer, Pleurophyllidia lineata L. , All. Ocean. 752 2. Ordnung: i'rosobrauchia. Cyclobranchia. 2. Ordnung: ProsobrancMa '), ProsobrancMen. Beschälte KiemenschnecJcen , deren Kiemen und Vorhof vor dem Herzen liegen, getrennten Geschlechts. Die Männchen sind in der Regel schlanker und werden leicht an dem grossen an der rechten Seite des Vorderkörpers gelegenen Penis erkannt. An den Geschlechtsorganen fehlen in der Regel die Anhangs- drüsen. Die Larven meist mit Velura. 1. Section: Cyclobranchia'^). Prosobranchien mit meist flacher tellerförmiger oder auch geschienter Schale und blattförmigen Kiemen, welche in geschlossenem Kreise unter dem Mnntelrande um die breite Fusswurzel sich erheben. Die Mundlappeu sind wenig entwickelt, um so kraftiger aber der meist breite und flache Fuss, mit welchem sie sich a,n Steinen an- heften. Die Zungenbewafl'nung wird durch balkenartige bezahnte Hornplatten gebildet, wesshalb sie von Troschcl als Docoglossa bezeichnet werden. Aeussere Begattungs- werkzeuge fehlen. Pflanzenfresser. 1. Fam. Patellidae. Die Schale ist schüsseiförmig und besteht aus einem ein- zigen Stücke, welchem das Thier mittelst eines hufeisenförmigen Muskels adhärirt. Kopf mit 2 Tentakeln, an deren angeschwollener Basis die Augen liegen. Zunge ausserordentlich lang und spiralig aufgerollt. Darmmündung rechts unter dem Kopf. Auf der Radula fehlen die Mittelplatten, während die Zwischen- und Randplatten zu Haken erhoben sind und kleinere Seitenplatten auftreten. Patella L. Die Spitze der Schale liegt wenig excentrisch und ist kaum nach vorn geneigt. P. vulgata L. , P. eompressa L. Nacella Schum. Kiemenkranz an dem Kopfe unterbrochen, die Spitze der pelluciden innen perlmutterartig glänzenden Schale nach vorn umgebogen. N. pellucida L. 2. Fam. Chitonidae, Käferschnecken. Die länglich flache Schale zerfällt in 8 schienenartige Stücke, welche der rauhe lederartige Mantelrand umfasst, und von 1) Fr. Leydig, lieber Paludina vivipara. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. Tom. II. 1850. E. Claparfede, Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Neritina fluviatilis. Müller's Archiv. 1857. H. Lacaze-Duthifers, Memoire sur le Systeme nerv, de l'Haliotide et Memoire sur la Poupre. Ann. sc. nat. Tom. XII. 1859. Derselbe, Memoire sur l'anatomie et l'embryog^nie des Vermes. Ann. sc. nat. 4 86r. Tom. XIII. 1860. C. Semper, Entwicklungsgeschichte der Ampullaria. Utrecht. 1862. Vergl. ferner die Arbeiten von M. Edwards, Macdonald, Krohn, Lov6n, Koren etc. 2) A. H. Middendorif, Beiträge zu einer Malacozoologia Rossica. M^m. de l'Acad. St. Petersbourg. Tom. VI. 1849. S. Lovfen, Ueber die Entwicklung der Gattung Chiton. Arch. für Naturg. 1856. Ctenobranchia. 753 denen die vordem über die hintern übergreifen. Die Kiemenblättchen erstrecken sich jederseits v,om After an nach vorn ohne hier ziisammenziistossen. Anstatt der Fühler findet sich eine den Kopf überdeciiende Hautfalte. Der After liegt am hintern Ende, ebenso das Herz. Die Geschlechtsorgane, nach Middendorff hermaphroditisch, wieder- holen sich an jeder Seile des Körpers symmetrisch und besitzen 2 Mündungen. Die Larven entbehren in früher Jugend sowohl der Segel wie der Schale, sind dafür aber mit Wimpergürtel ausgestattet (Loven). Cliiton L. {Lopliyrus Poli). Schalen nur wenig vom Mantelrande verhüllt. Auf der ßadula sind die 2te und 4te (3te) Zwischenplalte zu Haken erhoben. Ch. squamosus L. , Mittelmeer, Cryptochiton Midd. Schalen ganz vom Mantel bedeckt. An der Radula jeder- seits die ersten Zwischenplatten zu hohen Haken entwickelt. Cr. Stellen Midd., Kamtschatka. Chüonellus Lam. (Cryptoplax Blainv.). Schalen an den Seiten und in der Mitte grossentheils vom Mantel bedeckt. Körper wurmförmig hoch. Auf der Kadula sind die Mittelplatten sehr klein und die 3te Zwischenplatte zu einem grossen Haken erKoben. Ch. laevis Lam. 2. Section: Ctenobranchia, Kammkiemer. Grossentheils marine Gastropoden mit flachen naplTörmigen , zuweilen mehr oder minder thurmförmigen spiralgewundenen Gehäusen, deren Mündung häufig in einen Canal zur Aufnahme des Sipho's ausläuft. Der Mantel bildet eine besondere Athem- höhle, in welcher auf der Rückenfläche des Thieres die Kiemen liegen. Dieselben rednciren sich in der Regel auf eine kammförmige grosse Hauptkieme und eine kleine rudimentäre Nebenkieme. Bei vielen (Aspidobranchia) liegen 2 Kiemen von gleicher oder ungleicher Grösse symmetrisch oder genähert in der Alhemhöhle. Die Männchen besitzen mit Ausnahme der JRhipidoglossa an der rechten Seite des Halses vorsprin- gende Begattungswerkzeuge. Die Nahrung ist theils eine vegetabilische, theils animale,' und hiernach der Bau der Mundwerkzeuge und Zunge sehr verschieden. In den meisten Fällen sind die Fleischfresser im Besitze eines vorstülpbaren Rüssels. Die zahlreichen Familien lassen sich zweckmässig nach der Bildung der Zunge in Unter- gruppen zusammenstellen. 1. Gruppe: Rhipidoglossa, Fächerzüngler =^ Aspidobranchia. Mit kurzer nicht zurUckziehbarer Schnau*ze, ohne männliche Begattungsorgane. Die Radula der Zunge ist sehr coniplicirt gebaut und besitzt in jeder Querreihe ausser den Mittel- und Zwischenplatten eine grosse Zahl von fächerartigen Seitenplatten, deren oberer Rand umgebogene Haken bildet. Zwei getrennte oder an der linken Seite genäherte, zuweilen aber auch ungleich grosse Kiemen finden sich in der Atheni- bOhle. Alle sind Pflanzenfresser ohne SiphonalrOhre der Schalenmündung und besitzen oft fadenförmige Anhänge des Fusses. 1. Fani. Fissurellidae, Spaltnapfschnecken. Schale napf- oder niützenfürmig, an der Spitze geöffnet, oder mit einem vordem Ausschnitt zur Einführung in die mit 2 symmetrischen Kiemen versehene Atheinhöhle. Die Thiere sind denen der Patelliden ähnlich, mit 3 Fühlern. Fissurella Brug Schale mit länglichem Loche in der vor der Mille liegenden Spitze. F. graeca L,, Miltelmeer. Bimula Defr. Claus, Zoologie. 2. Auflage, 48 754 Haliotidae. Trochidae. Xeritidae. Janthinidae. Solaridae. Emarginula Lam. Am Vorderrande der tief napfförmigen Schale ein Ausschnitt. E. fissura L., Nordsee. Scutus Montf. = Parmophorus Blainv. 2 Fani. Haliotidae, Seeohren. Schale flach, ohrförmig, innen perlmutter- giänzend, mit einer Reihe von Löchern ?n der linken Seite. In der linksseitigen Athem- bfthie liegen 2 Kiemen. Fuss gefranst mit breiter Sohle. Kopf mit 2 langen Fühlern und kurz gestilten Augen. Haliotis L. Spira der Schale klein und flach. Fuss wenig über die Schale hinausragend. H. tuberculata L. , H. Midae L. 3. Farn. Trochidae, Kreiselschnecken. Mit kreiselförmiger Schale und Spiral- deckel. Fuss in Fäden und Lappen auslaufend. Die Kieme sehr verkümmert. Augen auf kleinen Stilen. Turbo L. Mit rundlichen Windungen, runder Mündung und etwas abgesetztem Mundrand. T. rugosus Lam. Phasianella Lam. Schale eiförmig glatt, lebhaft gefärbt, mit eiförmiger Mün- dung und oben nicht ganz zusammenhängendem Mundrand. Ph. bulimoides Lam. Delphinula Lnm. Schale zusammengedrückt mit eckigen Windungen und ganzem Mundrand. D. nigra Reeve. Botella Lam. Trochus L. Mit eckigen Windungen und oben getrenntem Mundrand. Hier schliesst sich die Familie der Pleurotomariden an. Pleurotomaria Defr. Trochotoma Desh. 4. Fam. Neritidae. Mit dicker halbkugliger ungenabelter Schale und Deckel. Augen gestilt, hinter den 2 langen Fühlern. Schnauze kurz, oft zweilappig. Fuss gross, dreieckig. Die Athemhühle mit einer doppelt gekämmten Kieme. Nerita L. Schale dick, halbkuglig. Spira seitlich. Mündung halbrund. N. rugata Recl. N. (Neritina) fluviatilis L. Pileolus Sow. Navicella Lam. Schale napfförmig oval, mit excentrischer hinten etwas ein- gerollter Spitze und sehr grosser Mündung.- Deckel ganz in der Fussmasse einge- schlossen. N. elUptica Lam., Oestl. Meere. , 2. Gruppe: Ptenoglossa, Fed erzüngler. Kammkiemer ohne Athemsipho mit ganzrandiger Mündung, ohne Ausschnitt oder Kanal. Die Zunge ist mit Reihen zahlreicher kleiner Haken bewaffnet und entbehrt der Mittelplatten. * 1. Fam. Janthinidae. Schale dünn und schneckenartig gewunden, ohne Deckel. Kleine Augenstile neben den Tentakeln. Der kleine Fuss setzt sich an der Sohle in ein langes blasiges Floss fort, mittelst dessen sich das Thier an der Oberfläche des Sleeres schwimmend erhält. Dasselbe dient auch zur Brutpflege. Das Thier sondert einen Purpursaft ab. Janthina Lam. Die bläuliche bauchige Schale mit grosser Mündung. Lippe seillich mit einer Einbuchtung. J. bicolor Menke, Mittelmeer. Becluzia Pet. 2. Fam. Solaridae, Perspectivschnecken. Schale flach, kreiseiförmig, mit weitem Nabel, der sich bis zur Spitze des Gewindes fortsetzt und mit Spiraldeckel. Rüssel lang, ausstülpbar. Fuss klein. Rüssel kurz. Augen nahe der Tentakeibasis. Das Tbier sondert einen Purpursaft ab und lebt räuberisch von andern Schnecken. Scalaria Lam. Schale thurmförmig, porcellanarlig, mit runden gerippten, bis- weilen losgelösten Windungen und ovaler Mündung. Sc communis lam., Europäische Meere. Sc. pretiosa Lam., Echte Wendeltreppe, Ostindien. 3. Gruppe: Rhachiglossa, Schmalzüngler. Marine Kammkiemer mit langem von der Basis aus umstülpbaren Rüssel. Die Zunge lang und schmal mit höchstens 3 Platten in jeder Querreihe, einer bezahnten Volutidae. Olividae. Muricidae. Bucciüidae. 755 Mittelplatte und einer Zwischenptatte jederseits, die sich oft auf blosse Haken redaciren, aber auch fehlen können. Alle besitzen einen Sipho, der entweder in einem kurzen Ausschnitt der Schnle oder in einem röhrenartigen Kanäle liegt. Sind Raubschnecken. 1. Farn. Volutidae, Faltenschnecken. Das dicke Gehäuse mit meist kurzem Gewinde, tiefem Ausschnitt für die lange Athemröhre und schrägen Falten auf der Spindel. Rüssel klein. An der Badula finden sich nur Mittelplatten. Augen am Grunde der Tentakeln bisweilen gestilt. Fuss gross und breit, bisweilen die Schale iheilweise umhüllend. Voluta L, Schale oval aufgetrieben mit kurzer, selten verlängerter Spira und weiter tief ausgeschnittener Blündung. Spindel mit kurzen Falten, von denen die vor- dem die grössten sind. V. undulata Lam., Neuseeland. V. vespertilio h., Ostindien. Cymbium Montf. Schale bauchig eingerollt, mit kurzer, dreifältiger Spindel. C. aethiopicum L. Marginella Lam. Schale oval mit langer kaum ausgeschnittener Mündung. Spindel faltig. M, gldbeUa L., Antillen. 2. Farn. Olividae. Das länglich eiförmige Gehäuse besitzt ein kurzes Gewinde und eine schmale Apertur mit scharfem umgefalteten Aussenrande. Das Thier mit grossem Fusse, dessen Lappen sich über die Schale schlagen. Augen fast auf der Mitte der Fühler. Rüssel kurz, Sipho lang. Zunge mit einfachen Seitenplatten. Oliva Brug. Schale glatt eingerollt, mit glatten Lippen, gefaltener Spindel und langer ausgeschnittener Mündung. Mantel vorn und hinten mit einem fadenförmigen Anhang. 0. utriculus Lam., Ind. Ocean. Olivancillaria D'Orb. Ancillaria Lam. Harpa Lam. Schale bauchig aufgetrieben, mit kleiner Spira und weiter Mün- dung, ohne DeckeL Fuss nicht aufgeschlagen. H. ventrieosa Lam., Neuguinea, Hier schliesst sich die Fam. der Mitridae an mit Mitra Lam. M papalis L. M. episcopalis L. , Ostindien. 3. Fam. Muricidae {Canaliferae). Schale mit geradem kurzen oder sehr langen Kanal und lamellösem eiförmigen Deckel, dessen Nucleus sich am spitzen Ende findet. Augen am Grunde der Tentakeln. Sipho lang. Fuss breit, massig lang. Murex L. Schale mit mindestens 3 Reihen von Wülsten und Stacheln. Mün- dung rund, mit geradem Kanal. M. btandaris L., Mittelmeer. M. liaustellum L., Ostindien. Trophon Montf, Fusus Brug. Die spindelförmige Schale mit ovaler Mündung, glatter Spindel und scharfem glatten Aussenrand. F. australis Quoy. Gaim. Pi/rula Lam. Das birnförmige Gehäuse mit kurzer Spira, grosser Mündung und glatter Spindel. P. tuba Lam. P. ficus L., Südsee. Turbinella Lam. Schale dick mit kurzer Spira, weiter Mündung und gefalteter Spindel. T. cornigera Lam., Südsee. Columbella Lam. Schale dick mit erhabener Spira , länglicher ausgeschnittener Mündung und gezahnter Spindel. C. lanceolata Sow. G. mercatoria L., Atl. Ocean. Fasciolaria Lam. Die spindelförmige Schale mit weiter Mündung und gebo- gener gefalteter Spindel. F. persica Lam. 4. Fam. Buccinidae. Anstatt des Kanales der Schale findet sich ein Ausschnitt, aus welchem der lange nach oben gekrümmte Sipho hervortritt. Die Seitenzähne der Radula können aufgeschlagen werden. Buccinum L. Schale oval, mit grosser Mündung, glatter Spindel und unge- zähnter Lippe. B. undatum L., Nordsee und Mittelmeer. Nassa Lam. Schale mit grosser Mündung, wulstiger Spindel und oft gezähnter Aussenlippe. N. reticulata L., Mittelmecr. 48* 75G Conidae. Terebridae. Pleurotomidae. Cypraeidae. Purpura ßrug. Schale mit kurzer Spira und weiter Mündung. Die Windungen wuchsen rasch. Spindel abgeplattet. Aussenlippe gezahnt. P, lapillus L. , Nordsee. P. persica L. , indischer Ocean. Bicinula Lara. Bingicula Desh. u. a. G. Magilus Montf. Schale in der Jugend spiralig gewunden, später zieht sich die Mündung in eine gekielte Röhre aus, während der gewundene Theil der Schale mit Kalkmasse erfüllt wird. M. antiquus Montf., Rolhes Meer. Leptoconchus Rüpp. 4. (iruppe: Toxiglossa, Pfeilzüngler. Zunge mit 2 Reihen langer hohler Haken, welche aus dem Munde pfeilartig vorgestreckt werden können. Alle besitzen einen Sipho , die meisten ernähren sich räuberisch von Seethieren. Einige scheinen durch ihren Riss auf ihre Beute vergiftend einwirken zu können. 1. Farn. Conidae, Kegelschnecken. Schale kegelförmig mit schmaler langer Mündung und scharfer Aussenlippe. Das Thier besitzt einen kurzen dicken Sipho und einen schmalen langen Fuss, an dessen Unterseite ein grosser Porus liegt, mit kleinem Deckel. Rüssel kurz und kräftig. Die Augen sind an den Fühlern angebracht. Conus L. Schale umgekehrt couisch aufgerollt. Mündung lang mit fast parallelen nicht gezähnten Lippen. C. marmoreus L. , C. geographus L., C. Utteratus L., Ost- indien, vv - «'S 2. Farn. Terebridae, Schraubenschnecken. Schale thurmförmig verlängert, mit kleiner deutlich ausgeschnittener Mündung, welche durch einen kleinen Deckel ver- schlossen werden kann. Das Thier mit langem Sipho und kleinem dicken Fuss. Terebra Ads. Spindel schief und am Ende gedreht. T. dimidiata Lara. 3. Farn. Pleurotomidae. Mit spindelförmigem , nach beiden Enden verschmä- lertem Gehäuse, länglich spaltförmiger Mündung und eingeschnittenem Aussenrande. Thier mit langer Athemröhre, zurUckziehbareni Rüssel und lamellösem Deckel. Pleurotoma Lam. {Turris Humphr.). Kanal verschieden lang. Deckel nicht immer vorhanden. PI. nodifera Lam., Malakka. Hier schliessen sich die pflanzenfressenden Caneellariden an mit kleinem drei- eckigen Fuss, weit auseinander stehenden Tentakeln und gewundener eiförmiger Schale. Cancellaria Lara. C. cancellata Bart. 5. Gruppe: Taenioglossa, BandzUngler. Echte grossentheils marine Kanimkiemer mit gewundenem Gehäuse. Die lang- gestreckte Radula der Zunge trägt in jeder Querreihe 7 (ausnahmsweise 9 oder nur 3) Platten. Am Eingange des Mundes finden sich meist 2 kleine Kiefer. Alle besitzen 2 Fühler und entweder eine vorstehende Schnauze oder einen zurückziehbaren Rüssel Sie sind iheils holostom, theils mit einem Kanäle oder Ausschnitt der xMündung und einem entsprechenden Sipho des Mantels versehen. Die meisten sind Raubschnecken. I. Siphonostomata. 1. Fam. Cypraeidae, Porcellanschnecken. Die länglich ovale eingerollte Schale umhüllt sämmtliche Windungen und besitzt eine schmale lange Mündung mit gefalteten Lippen. Das Thier mit kurzem Rüssel und Sipho und weit vorragendem Mantel, dessen Lappen sich um die Schale schlagen. Fuss breit, vorn abgestutzt. Die drei Zwischen- platten der Radula hakenförmig. Cypraea Lin. Schale oval mit langer auf beiden Seiten tief eingeschnittener Mündung und gezähnten Lippen. C. tigris Lam. und zahlreiche andere Arten der öst- lichen wärmern Meere. Bei Ovula ßrug. smd die beiden ausgeschnittenen Enden der Schale in einen Kanal ausgezogen und die Aussenlippe gezähnt. Radius Montf. Tritoniidae. Doliidae. Strombidae. Cerithiidao. 757 2. Fam. Tritoniidae, Tritonshörner. Die Schale ist eiförmig bis spindelförmig, mit langen äussern Wülsten und gefalteter oder gefurchter Spindel. Das Thier _l)esit7.t eine lange Atheniröhre und einen grossen Rüssel. Der dicke und breite Fuss trügt einen lanieliüsen Deckel. Die Radula mit grossen Mittelplattcn und hakenförmigen Seitenplatten. Tritonium Cuv. Die lange Schale mit RingwUlsten , die sich nicht von einer auf die andere Windung fortsetzen. Spindel- und Aussenrand innen gezähnt. Tr. variegaium Brug., Mittelmeer. Persona Montf. Spinigera D'Orb. mit fossilen Arten. Banella Lam. Schale mit 2 Längswülsten. B. gigantea Lam., Mittelmeer. 3. Fam. Doliidae '). Die bauchige Schale mit kleiner Spira. Deckel klein oder fehlt vollständig. Augen auf kleinen Stilen. Rüssel sehr lang. Die beiden Seiten- platten der Radula hakenförmig, Fuss sehr gross mit seitlichen Lappen. Die umfang- reichen Speicheldrüsen sondern bei Dolium ein ätzendes Salzsäure-haltiges Secret ab. Cassis Lam. Die dicke Schale mit grosser letzter Windung, verengter langer Mündung und verbreitertem gezähnten Spindelrand. Kanal kurz, aufsteigend. G. cor- nuta Lam , Neuguinea. Cassidaria Lam. Schale oval, mit ziemlich langem und wenig aufsteigendem Kanal, ohne Deckel. C. echinophora Lam., Mittelmeer. Oniscia Sow. u,i-'vr'( Dolium Lam. Schale dünn aufgetrieben, mit kleiner Spira und weiter Mündung. Spindel mit kleinem Nabel. D. galea L., Mittelmeer. Ficula Swains. 3. Fam. Strombidae (Matae), Ylügehchnecken. Die Schale besitzt ein spitzes, conisches Gewinde und eine flügeiförmig ausgebreitete Aussenlippe mit Ausschnitt neben einem meist gekrümmten Kanal. Deckel vorhanden, aber im Verhältniss zur grossen Schalenmündung klein. Das Thier trägt lange mit den grossen Augenstilen verwachsene Tentakeln. Der Fuss ist in zwei Abtheilungen gesondert, von denen die hintere gegen die vordere meist umgeschlagen ist und dient zunr Sprunge. Nur die beiden äussersten Seitenplalten der Radula sind hakenförmig. Die Schnauze ist lang. Die Nahrung besteht aus todten Thieren. Strombus Lam. Aussenlippe ganzrandig, flügeiförmig ausgebreitet. Mündung- lang und schmal. St. Isabella Lam. Pteroceras Lam. Aussenlippe mit langen fingerförmigen Fortsätzen. Pt. lam- bis Lam. Mostellaria Lam. Schale thurmförmig mit ovaler Mündung. Ausbuchtung nicht vom langen Kanal getrennt. JR. rectirostris Lam., Borneo. Nahe verwandt sind die Aporrhaiden mit einfachem dreieckigen Fuss, aus- gebreiteter Aussenlippe und kurzem Kanal. Aporrhais Da Costa {Chenopus Phil.). Ä. pes pelecani Pol. , Struthiolaria Lam. , Pedicularia Swains. IL Holostomata, 1. Fam. Gerithiidae, Hornschnecken. Gehäuse thurmförmig mit langer Spira, kurzem Kanäle und hornigem Deckel. Mantel mit kleiner Siphonalbucht. Das Thier besitzt eine lange Schnauze, einen kleinen breiten rundlichen Fuss und 2 Kiemenreihen. Die Augen liegen über dem Grunde der Tentakeln. Sind theils Meer-, theils Brack- wasser- und selbst Süsswasserbewohner. Gerithium Brug. Schale mit Höckern, ohne Epidermis, mit schiefer Mündung und gebogenem Kanal. Spindel wulstig. G. laeve Quoy Gaim. , Neuholland. Pla- naxis Lara. 1) Vergl. Panceri, Gli organi e la secrezione dell' Acido solforico nei Gastero- podi con un appendice etc, Atti della R. Acad. delle Scienze fisiche etc. Tom. IV. 1869, 758 Melanidae. Turritellidae. Naticidae. Oapulidae. Littorinidae. Potamides Brong. Schale mit Epidermis, mit mehr oder minder ausgeschnittenem Kanal Süsswasserform. Nahe verwandt ist Nerinaea Defr. Mündung lilein, eckig, mit kleinem Kanal Spindel faltig. Fossile Arten. 2. Farn. Melanidae. Schale thurmförmig oder conisch, mit dicker, dunkler Epidermis und kleiner Mündung. Thier mit massig grossem dreieckigen Fuss und dicker kurzer Schnauze. Augen nahe dem Grunde der Fühler. Süsswasserbewohner. Melania Lani. Mündung ohne Ausschnitt. Spindclrand ausgebogen. M. varia- bilis Bens. Ganges. Melanopsis Fer., Ancylotus Say. Hier schliessen sich die Pyra- midelliden an mit Pyramidella Lara., Eulima Kisso, Turbonilla Risso und der para- sitischen Stylina Flem. {Stylifer). 3. Fam. Turritellidae, Thurmschnecken. Gehäuse thurmförmig mit einfacher runder Mündung und spiralem hornigen Deckel. Das Thier mit massig grossem Fusse und gefranztem Mantelrand, aber nur einer Kieme. Die Augen liegen am Fühlergrunde, und der Kopf tritt schnauzenförmig vor. Sind Meeresbewohner. Turritella Lani. Schale spiral gestreift, mit rundlicher Mündung. Mundsaum oben unterbrochen, vorn mit kleinem Ausschnitt. T. rosea Quoy Gaim., Neuseeland. Hierher gehört auch die Gattung Vermetus Adans., Wurmschnecke, deren Schale eine cyiindrische in unregelmässiger Spirale gewundene Röhre vorstellt, V. triqueter Phil., Mitlelmeer, ferner Siliqiiaria Brug. , deren unregelmässig gewundene Schale der ganzen Länge nach schlitzförmig ;jeöffnet ist. S. anguinea Lam., Mittelmeer. 4. Fam. Naticidae. Mit halbkugliger Schale, kleiner Spira und grosser Mün- dung, welche durch einen Kalkdeckel geschlossen wird. Das Thier mit langem Rüssel nnfl grossem gelappten Fusse. Augen am Grund der Fühler oder fehlend. Sind Meer- schnecken, bohren in Muschelschalen und saugen die Thiere derselben aus.] . . - Natica Lam. Schale genabelt mit halbrunder Oeffnung und wulstiger Spindel. N. ampullaria Lam., N. marmorata Lam., Amaura Moll. Sigaretus Lam. Schale ohrförmig mit kleiner seitlicher Spira und kleinem Deckel. S. haliotoideus L., Atlant. Ocean. Narica Recluz., Neritopsis Grat., Velutina Blainv v^ V 5i ^ fC Die Gattung Entoconcha Job. Müll. , der merkwürdige Parasit von Hololhurien schliesst sich in der Schale der Jugendform an Natica an, wird aber im ausgebildeten Zustand zu einem die Geschlechtsstoffe erzeugenden parasitischen Schlauch. E. mira- bilis Joh. Müll, in Synapta digitata. 5. Fam. Capididae, Mützenschnecken. Schale mutzen- oder napfförmig, kaam gewunden, ohne Deckel. Thier mit grossem, breitem Fuss und verlängerter Schnauze. Die Kiemen sitzen als feine Fäden in einer Reihe an der Decke der Kiemenhöhle. Die freie Ortsbewegung ist theilweise aufgehoben. Capulus Monlf. (Pileopsis Lam.). Schale conisch gerade , eingerollt, mit huf- eisenförmigem Muskeleindruck. Spitze der Schale hinten. C. hungaricus L. Cdlyptraea Lam. Schale flach. Spitze subcentral, etwas gewunden. C. rugosa Desh., Chili. Crepidula Lam. Mündung der spitz conischen Schale mit vorspringendem hori- zontalen Blatt. Cr. porcellana Lam. Hier schliesst sich die Familie der Acmaeidae an. Acmaea Eschsch. 6. Fam. Littorinidae, Strandschnecken. Schale eiförmig mit runder Mündung und hornigem Deckel. Das Thier mit dickem Fusse, massiger Schnauze und kleiner Mantelbuchl Die Augen liegen am Grunde der Fühler. Sind Strandbewohner und schwimmen in der Jugend mit Hülfe ihrer Mundlappen. Littorina Fer. Schale dick oval. Spindelrand abgeplattet. Lippe zugcschärll. L. littorea L., Nordsee. Wird gegessen. Modulus Gray., Risella Gray. Paludinidae. AmpuUaridae. Gyclostomidae. 759 Sissoa Frem. Schale mit erhobener Spira, klein, mit verdickter Lippe der rund- lichen Mündung. M. cancellata Desm. Truncatella Risso, Hydrobia Hartm. u. a. G. 7. Kam. Faludinidae, Flusskiemenschnecken. Schale thurmförmig, kreiseiförmig oder flach, selten mit einem kanalarligen Ausschnitt. Deckel hornig, selten kalkig. Das Thier mit grossem Fusse und grosser Schnauze. Augen auf kleinen Stilen. Die Jungen ohne bewimperte Mundlappen. Süsswasserbewohner. Paludina Lam. Schale mit kleinem Kabel und dünner Lippe. Deckel hornig. P. vivipara L. Bithynia Leach. Schale mit hoher Spira und etwas verdickter Lippe. Deckel kalkig. B. impura Lam. Hier schiiessen sich die Valvatiden an, deren Fuss klein und schmal bleibt. Valvata 0. F. Müll. Die Kieme federbuschähnlich aus der Kiemenhöhle hervorragend, F. piscinalis 0. Fr. Müll, (hermaphroditisch). 8. Fam. AmpuUaridae, Doppelathmer. Schale konisch kuglig bis scheiben- förmig, mittelst eines concentrischen lamellösen Deckels verschliessbar. Das Thier mit Kiemen- und Lungenhöhle, mit Athemröhre, kurzer Schnauze und grossem, breiten Fuss. Leben in Flüssen heisser Länder nnd dauern im eingetrockneten Schlamme aus. Ampullaria Kam. Mit den Charakteren der Fam. A. celebensis Quoy., A. polita Desh. 9. Fam. Gyclostomidae. Athmen die Luft wie die Lungenschnecken durch ein Gefässnetz in der Decke der Alhemhöhle und wurden desshalb mit den erstem ver- einigt, während sie in Bau und Organisation mehr den Kammkicmern sich anschlicsscn. Die Schale ist gewunden, holostom und bedeckelt. Die Thiere besitzen eine lange Schnauze und 2 nicht zurückziehbare Fühler, an deren Basis die Augen liegen. Sie leben an leuchten Orten auf dem Lande. Z,^^2 '^iL'il'-^ ^ • "ttiv. Cyclostoma Lam. Schale konisch mit runden Windungen und ganzen Mund- saum. Deckel kalkig. C. elegans Drap. Chonäropoma Ffr. Schale thurmförmig mit ovaler Mündung. Deckel hornig. Pomatias Pfr., Pupina Vign, Helicina Lam. (^Helicinidae). Schale flach, konisch bis kuglig, mit unter- brochenem Mundsaum. Deckel eckig, lamellös. H. Sandwichiensis Soul., Trocha- tella Swains. Acicula Hartm. {Acieulidae). Schale thurmförmig, fast cylindrisch, mit ver- dicktem Mundsaum. Lippen fast parallel. A. striata Quoy. ,^. jZ^ Ordnung: Pulmonata ' ) , Lungenschnecken. Land- und Süsswasserschnecken mit Lungenathmung. Die Manteldecke ist wie bei den Cyclostomiden mit einem Luft 1) Vergl. C. Pfeiffer, Naturgeschichte deutscher Land- und SUsswasser- Mollusken 1821. L. Pfeiffer, Monographia Heliceorum viventiura. Leipzig. 1848. Derselbe, Monographia Auriculaceoriim viventium. Cassel. 1856. C. Gegenbaur, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Landgastropoden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. IIL 1852. C. Semper, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Pulmonaten. Ebend. Tom. VIIL 1856. Derselbe, Zum feinern Bau der Molluskenzunge, Ebendas. Tom. IX, 1868. 760 Limnaeidae. Auriciilidae. respirirenden Netzwerk von Gefässen ausgestattet und mündet durch ein Athomloch rechtsseitig nach aussen. Einige sind nackt oder besitzen Rudi- mente von Schalen in der Rückenhaut, andere tragen ein verhältnissmässig dünnes verschieden gewundenes Gehäuse. Ein wahrer Deckel fehlt, dagegen wird oft zeitweilig ein Winterdeckel ausgeschieden. Die innere Orga- nisation nähert sich am meisten den Prosobranchien, mit denen sie auch die Lage des Herzens hinter den Respirationsorganen gemeinsam haben. Ausser der Fussdrüse findet sich zuweilen eine Schleimdrüse am hintern Körperende (Ärion). Das Gebiss besteht aus einem hornigen meist längsgerippten Oberkiefer und aus einer Radula, welche mit einer grossen Zahl von Zahnplättchen in Längs- und Querreihen bedeckt ist. Alle sind Zwitter mit Zwitterdrüse und entwickeln sich ohne Wimpersegel. Wenige wie ClausiUa- und Pe«2?ttarten gebären lebendige Junge. 1. Fani. Limnaeidae Schale dünn, aber sehr verschieden, mit schartrandiger Mündung. Thiere mit 2 Fühlern, an deren Grunde die Augen liegen. Der Kiefer setzt sich aus mehreren Stücken zusammen Athemioch vorn rechts unter dem Mantel- rand. Die beiderlei (leschlechtsöffnungen dicht neben einander, aber getrennt, im vor- dem Theile der rechten Seite. Leben im süssen Wasser. Limnaeus Cuv. (Limnaea Lam.). Schale durchscheinend, mit spitzem kurzen (iewinde und grosser Endwindung. Thier mit verlängerten dreieckigen Tentakeln. Mittelplatten der Uadula klein, Seitenplatten viereckig, mit einem in 2 Zähne zer- theilten Haken. L. auricularius Drap., L. stagnalis 0. Fr. Müll., Amphipeplea Nils. Physa Drap Schale dünn, durchsichtig, eiförmig, rechts gewunden mit läng- licher Mündung Thier mit langen fadenförmigen Tentakeln, lappig verlängertem Mantel und langem spitzen Fuss. Ph. fontinalis L. Flanorbis Guett. Schale scheibenförmig mit vielen Windungen. Mündung sichelförmig bis oval. Thier mit rundlichem kurzen Fuss. PI. corneus L., PI. con- tortus 0. Fr. Mull. Ancylus Geoffr. Schale napfförmig, dünn, mit kleinem Ansatz zu einer Win- dung. Thier mit Mantelanhang über dem Athemioch. A. fluviatilis ßlainv. A. la- custris 0. Fr. Müll. 2. Farn. Auriculidae. Die dicke Schale mit langer Endwindung, kurzer Spira und gezähnten dicken Lippen. Athemioch oft weit hinten. Die männlichen und weiblichen Geschlechtsöffnungen liegen weit von einander entfernt. Die kurzen Fühler sind einstülpbar, an ihrem Grunde liegen die Augen. Halten sich an feuchten Stellen auf dem Lande auf. Auricula Lam. Schale länglich mit schmaler Windung, deren Innenlippe 2 oder 3 Falten zeigt. A. Judae Lam., A. Midae Lam. .1. A. Ro.'^smässler, Iconographie der Land- und Süsswasser-Mollusken Europa's, Leipzig 1835—1859. F6ru8sac et Deshayes, Bist, natur. g^n. et part. des Mollusques terrestres et fluviatilis. Lerebouillet, Recherches d'Embryologie comparäe sur le d6veioppement etc. du Limn6e. Ann. scienc nat. 1862. F. Stepanoff, Ueber Geschlechtsorgane und Entwicklung von Ancylus flu- viatilis. St, Petersbourg. 1866. Peroniadae, Limacidae. Testacellidae. Helicidae. 761 Carychium 0. Fr. Müll. Schale verlängert, mit erhobener Spira und rundlicher Uündung. Innenlippe derselben mit nur einer Falte. 0. minimum 0. F. Müll. Melampus Montf. Schale ähnlich wie bei Auricula, Fuss durch eine mittlere Ouerfurche zweigetheilt. Hier schliessen sich die im Brackwasser lebenden Gattungen Amphibola Schum. und SipJionaria Sow. an, 3. Farn. Peroniadae {A^npMpneusta). Nackte Landschnechen mit 2 Fühlern, an deren Spitze die Augen liegen. Körper der Länge nach mit dem Fuss verwachsen. Warzige Fortsätze werden als Kiemen gedeutet. Die Zahnplatten enden mit grossen Haken. Kiefer fehlt, GeschlechtsöfFnungen getrennt und weit entfernt. Onehidium Buchan, Körper länglich mit schmalem Fuss. Getrennt geschlecht- lich (?). 0. typhae Buchan, Ostindien, Onchidella Gray. Peronia Blainv, Körper dick, mit weitem Mantel und dendritischen als Kiemen gedeuteten Fortsätzen, P, verruciilata Cuv, Vaginulus Vir. 4. Fam. Limacidae. Kacktschnecken mit rudimentärer im Mantel verborgener Schale, Am Kopfe entspringen 4 relraktile Fühler, von denen die hintern auf der Spitze die Augen tragen, Athemloch rechts am Mantelrand. Fuss lang, die ganze untere Fläche des Körpers bildend. Männliche und weibliche GeschlechtsöfTnung ver- schmolzen, vorn hinter den Tentakeln der rechten Seite. Arion Fer, Schale rudimentär, bröcklich, Geschlechtsöffnung unter dem .Athem- loch vor der Mitte des Rackenschildes. Rücken nicht gekielt, mit Schwanzdrüse und Schleimloch am Ende. A. empiricorum F^r. {A. ater L,, A. rufus L.), Limax L. Schale rundlich flach, Athemloch hinter der Mitte des rechten Mantelrandes. GeschlechtsöfTnung weit davon entfernt hinter den rechten Fühlern. Rucken gekielt, ohne Schwanzdrüse und Schleimloch. L. agrestis L. , L. cinereus 0. Fr, Müll, Hier schliesst sich Janella Gray von Neuseeland mit nur 2 Tentakeln an. 5. F'am. Testacellidae. Fleischfressende Landschnecken mit spiraliger äusserer Schale. Thier mit 4 retraktilen Tentakeln, von denen die hintern auf der Spitze die Augen tragen. Die Zungenbewaffnung besteht aus zahlreichen zerstreut stehenden stachellörmigen Zähnen. Testacella Cuv. Schale klein ohrförmig, mit kleiner flacher Spira , am Hinter- ende des Thieres. Thier Xmaaj-ähnlich. T. haliotidea Fer., Südwesteuropa. Glan- rfz'na Schum., Streptaxis Gray. Cylindrella ¥ir Schale thurmförmig, das ganze Thier aufnehmend. Die jungem Windungen werden abgeworfen. Thier Clausilia-ähnlich. C. cylindrus F6r. Wurde früher zu den Heliciniden gestellt. 6. Fam, Helicidae. Landschnecken mit meist grosser spiraliger Schale und meist gewundenem Eingeweidesack. Besitzen 4 Tentakeln, von denen die hintern auf ihrer Spitze die Augen tragen. Das Athemloch liegt vorn unter dem rechten Mantel- rand. Die meist vereinigten Geschlechtsöffnungen münden rechts hinter den Tentakeln. Die Bewaffnung der Radula wird aus viereckigen Platten gebildet, Kiefer kräftig, mondförmig, Succinea Drap, Schale dünn, eiförmig, mit wenigen Windungen und grosser eiförmiger Mündung. Die beiden Geschlechtsöffnungen nicht vereint, S. amphibia Drap,, Bernsteinschnecke. Pupa Lam. Schale eiförmig bis cylindrisch. Die letzte Windung verhältniss- mässig eng. Die vordem Fühler klein und rudimentär, P. muscorum L,, P. minu- tissima Hartm. Clausilia Drap. Schale lang spindelförmig, rechtsgewunden. Windung birn- förmig, durch mindestens 2 Lamellen verengt. Gl. bidens Drap,, Gl. ventricosa Drap. 762 4. Unterklasse: Heteropoda, Kielfüssler. Vitrina Drap. Schale dünn und durchsichtig, verhöltnissmässig klein, mil kurzer Spira und weiter Mündung. Mantel gross über die Schale hinausragend. V. pellucida Drap. Acliatina Lam. Schale oval bis thurmfönnig, ohne Nabel, mit länglicher Mün- dung. Spindel abgestutzt. A- zebra Lam., Madagascar. Die Eier sehr gross und kalk- schalig. A. perdix Lam. , Südafrika. Achatinella Swains. u. a. G. Bulimus Scop. Schale eiförmig bis thurmförmig, mit länglicher Mündung. Spindel nicht abgestutzt. B. montanus Drap. Helix. Schale spiralig zur Aufnahme des ganzen Thieres geeignet. Mündung durch Hineintreten der vorletzten Windung mndificirt, mit getrennten Rändern. H. pomatia L., grosse Weinbergsschnecke. H. nemoralis L., H. hortensis 0. Fr. Müll, u. z. a. A. 4. Unterklasse: Heteropoda ■ ) , Kielfüssler. NacJcte oder Gehäuse-tragende Gastropoden mit grossem, schnamen- förmig vortretendem Kopf, hoch enttvickelten heiveglichen Augen und flossenähnlichem Fuss. Alle sind getrennten Geschlechts, athmen durch Riemen und schwimmen auf dem Rüchen mit der Flosse nach oben gekehrt. Der Körper der Heteropoden hat eine durchsichtige gallertige Beschaffenheit und verlängert sich in einen rüsselförmig hervorragenden Kopf, welcher grosse, wohl entwickelte Augen und Fühler trägt und eine kräftig bewaffnete ausstülpbare Zunge in sich einschliesst. Die Haupteigen thümlichkeit des Leibes beruht auf der Bildung des Fusses, dessen Vordertheil zu einer blattförmigen und oft einen Saugnapf tragenden Flosse umgestaltet ist, während der hintere Abschnitt eine bedeutende Streckung erhält und weit nach hinten gerückt die schwanzartige Fort- setzung des Rumpfes zu bilden scheint. Der Rumpf stellt entweder in seiner Hauptmasse einen spiraligen, von Mantel und spiraliger Schale umschlossenen Eingeweidesack dar (Atlanta), oder bildet nur ein kleines sackartig vortretendes Eingeweideknäuel an der Grenze des hintern Fussabschnitts, welches ebenfalls vom Mantel und von einer hut- förmigen Schale bedeckt wird (Carinaria), oder endlich das Eingeweide- knäuel verkümmert zu einem sehr kleinen kaum vorspringenden Nucleus, 1) F. Forskai, Descriptiones animalium etc., quae in itinere orientali obser- vavit. Hauniae. 1775. Souleyet, Het6ropodes, Voyage autour du monde ex6cut6 pendant les ann6es 1836 et 1«37 sur la corvette la Bonite etc. Tom. IL Paris. 1852. Huxley, On the Morphologie on the Cephalous Mollusca as illustrated by the anatomy of certain Heteropoda and Pteropoda. Phil. Transact. London. 1853. R. Leuckart, Zoologische Untersuchungen. Heft 3. Giessen. 1854. C. Gegenbaur, Untersuchungen über Pteropoden und Heteropoden. Leipzig. 1854. Vergleiche ausserdem die Arbeiten von Polt, delle Chiaje, Leydig, Krohn und V. Hensen. Körperbau und Organisation. 763 welcher nach vorn von einer inetallglänzenden Haut überzogen, der Schale vollkommen entbehrt. Die Haut ist überall gallertig durchsichtig, aber von bedeutender Dicke der Cutis, oft mit höckerartigen Vorsprüngen bedeckt und hier und da pigmentirt. Das Nervensystem schliesst sich ganz dem der Gastropoden an, freilich unter einigen an die Lamellibranchiaten erinnernden Eigen- thümlichkeiten und erlangt die höchste Entwicklung unter den Gastro- poden überhaupt. Wir unterscheiden überall ein in mehrere Ganglien- gruppen gesondertes Gehirn, welches Nerven zu den Augen und Gehör- blasen entsendet, ferner ein unteres Schlundganglion mit oft sehr weitem Echlundring, ein Mantelganglion, ein Eingeweideganglion und ein Paar Lippenganglien. Ebenso erreichen die Sinnesorgane eine Vervollkomm- nung, wie in keiner andern Gruppe von Gastropoden. Die zwei grossen Augen liegen neben den Fühlern in besondern Kapseln, in denen sie durch besondere Muskeln bewegt werden. Der Augenbulbus selbst hat eine längliche Form und lässt eine halbkuglig vorspringende Cornea und eine nach hinten erweiterte Scleroüca erkennen, deren hinterer kielartig vorspringender Theil die Retina mit Ganglien- und complicirter Stäbchenschicht umschliesst, Hinter der Cornea folgt eine grosse kugel- förmige Linse und eine Art Glaskörper, während die Scleroüca von einer braun pigmentirten Chorioidea ausgekleidet wird, welche die Stäbchenschicht der Retina umfasst und nicht weit hinter der Linse eine scharf umschriebene Unterbrechung .erleidet. Für die Gehörhlasen ist der Ursprung ihrer Nerven vom obern Schlundganglion characteristisch. Dazu kommen noch als weitere Sinnesorgane zahlreiche eigenthümliche Nervenendigungen der Haut zur Tastempfindung und das sog. Wimper- organ an der Vorderseite des Eingeweidesackes. Dasselbe bildet eine bewimperte Grube, unter welcher die Ganglienanschwellungen eines vom Visceralganglion entspringenden Nerven tritt und gilt als Geruchsorgan. Die Verdauungsorgane hegen zum Theil mit Leber, Herz, Niere und Geschlechtsorgan in dem bruchsackartig vortretenden Eingeweide- sack oder Nucleus dicht zusammengedrängt. Die aus dem kräftigen Schlundkopf vorstülpbare Zunge trägt eine sehr charakteristische Be- waffnung der Badida, indem in jeder Querreihe eine bezahnte Mittel- platte von einer bogenförmig gekrümmten Zwischenplatte umstellt wird, auf welcher je zwei grosse Seitenzähne sich erheben. Dieselben führen sehr kräftige Greifbewegungen aus und dienen den räuberischen Thieren zum Ergreifen der Beute. Der Darm beginnt an der obern Seite des Schlundkopfes, durchsetzt in gerader Richtung die Körperhöhle und tritt dann in das Eingeweideknäuel ein. Hier bildet derselbe von der Leber und Geschlechtsdrüse eng umlagert eine Schlinge und öffnet sich ent- weder (Pterotrachea) an der Seite des Nucleus nach aussen, oder biegt nach vorn um und mündet in die Kiemenhöhle. In der Nähe des Afters 764 Niere, Athmungs- und Geschlechtsorgane. liegt die äussere Mündung des Excretionsorganes. Dasselbe entspricht in Lage und Gestaltung durchaus dem contractilen Nierenschlauch der Pteropoden und comraunicirt durch eine innere Oeffnung mit dem peri- cardialen Blutraum, welchem es von aussen Wasser zuführt. An der Innenfläche seiner contractilen Wandung wurden bei Carinaria kleine Körnchen-haltige Zellen aufgefunden, welche auf die functionelle Ueber- einstimmung mit der Niere der Gastropoden hinweisen. Die Organe des Kreislaufs und der Respiration schliessen sich ebenfalls in der Stufe ihrer Ausbildung denen der Pteropoden unmittelbar an. Der Kreislauf ist sehr unvollständig und wird durch ein aus Vorhof und Kammer bestehendes Herz unterhalten, welches in dem mit Blut gefüllten Leibes- raum des Eingeweidesackes hegt. Die vom Herzen entspringende Aorta spaltet sich in mehrere Arterienstämme, deren freie Oeftnungen im Leibes- raum bei der Durchsichtigkeit des Leibes direct zu beobachten sind. Venen fehlen vollständig. Zur Athmung dienen ausser der gesammten Oberfläche des Leibes besondere Kiemen, die nur bei einigen Ptero- tracheiden fehlen. Dieselben sind faden- oder blattförmige bewimperte Anhänge des Eingeweidesackes, deren Höhlungen mit dem Leibesraum in Verbindung stehen. Entweder erheben sie sich frei an der Seite des Nucleus oder liegen in der Mantelhöhle (Atlanta) und werden überall von dem zum Herzen zurückkehrenden Blut nur theilweise und unregel- mässig durchströmt. Die Heteropoden sind getrennten Geschlechtes. Die Männchen unterscheiden sich leicht durch den Besitz eines grossen, an der rechten Körperseite frei hervorragenden Begattungsorganes, wozu noch bei Fterotrachea der Saugnapf des Fusses hinzukommt, welcher bei Atlanta und Carinaria beiden Geschlechtern eigenthümlich ist. Hoden und Ovarien erfüllen den hintern Theil des Eingeweidesackes und liegen mit ihren Follikeln theilweise in der Leber eingebettet. Samenleiter sowohl als Eileiter münden an der rechten Körperseite, der erstere in weiter Entfernung vom Begattungsorgan, zu welchem das Sperma von der Geschlechtsöifnung aus durch eine Wimperfurche hingeleitet wird. Das Begattungsorgan besteht aus zwei nebeneinander liegenden Theilen, dem Penis mit der Fortsetzung der Wimperfurche und der DrUsenruthe, deren Ende eine längliche Drüse mit zähem Secrete einschliesst. Der Eileiter erhält dadurch eine complicirtere Gestaltung, dass er eine grosse Eiweiss- drüse und eine Samentasche aufnimmt, während sein erweitertes Ende als Scheide fungirt. Die Weibchen legen ihre Eier in cyUndrischen Schnüren ab. welche bald in zahlreiche Stücke zerfallen. Nach einer totalen aber unregel- mässigen Dotterfurchung bildet sich der Embryo mit zweilappigem Wimpersegel und einer dünnhäutigen Schale, er rotirt im Eie und trägt an dem bewimperten Fusse einen Deckel. In solcher Larvengestalt Pterotracheidae. Atlantidae. 765 verlässt derselbe das Ei, die Wimpersegel vergrössern sich und zerfallen selbst durch tiefe Einschnitte in mehrfache Lappen [Atlanta), zu den Gehörblasen kommen die Anlagen der Augen und Tentakeln hinzu, und erst allmählig bildet sich an dem nach hinten verlängerten Fusse die den Heteropoden eigenthümliche Flosse aus. Indem diese Larven, welche mit denen der Gastropoden die grösste üebereinstimmung zeigen, gleich- zeitig mit der Entstehung der Flosse die Wimpersegel zurückbilden, den Deckel (Carinaria^ oder Deckel und Schale (Fterofrachea) abwerfen, erlangen sie allmählig die Gestalt und Organisation der ausgebildeten Thiere. Die Heteropoden sind durchweg pelagische Thiere, die frei und oft schaarenweise in den wärmern Meeren auftreten. Sie bewegen sich ziemlich schwerfällig mit nach oben gekehrter Bauchfläche durch Hin- und Herschlagen des gesammten Körpers und der Flosse. Alle ernähren sich vom Raube. Beim Hervorstrecken der eingerollten Zunge klappen sie die Seitenzähne zangenähnlich auseinander und schlagen dieselben bei dem Einziehen der Zunge wieder zusammen. Mittelst dieser Greif- bewegungen werden kleine Seethiere erfasst und in den Bachen hinein- gezogen. 1. Farn. Pterotracheidae. Körper langgestreckt, cylindrisch, mit kleinem Ein- geweidesack, der entweder von einer flachen Schale bedeckt wird oder auch nackt bleibt. Die Kiemen treten stets frei hervor. Der Fuss bildet eine grosse blattförmige Bauchflosse und eine schwanzähniiche Verlängerung des Körpers. Carinaria Lam. Mit dünner Schale, welche den ganzen Nucleus bedeckt. Schwanz lang, ohne Fadenanhang. Flosse in beiden Geschlechtern ohne Saugnapf. Die mittleren Zungenplalten mit 3 langen ziemlich gleichen Zähnen. C. mediterranea Lam. Cardiapoda D'Orb, Fterotraehea Fork, {Firola P6ron.). Ohne Schale. Schwanz mit Fadenanbang. Flosse nur beim Männchen mit Saugnapf. Kopf ohne Tentakeln. Pt. coronata Forsk., Mittelmeer. k.^-^i'cLti'iU ) Firoloides Desh. Ohne Schale. Schwanz fehlt. Männchen mit 2 Tentakeln. Flosse nur beim Männchen mit Saugnapf. Kiemen klein oder fehlend. F. Lesueurii Eyd. Soul. 2. Fam. Atlantidae. Thier mit grossem spiraligen Eingeweidesack , welcher von einem Mantel und einer scheibenförmigen Spiralschale umlagert wird. Kiemen in der Mantelhühle verdeckt. Der Fuss zerfällt in einen cylindrischen deckeltragenden Schwanz, ein lappenförmiges, Saugnapf-tragendes Mesopodium und die Flosse oder Fropodium. Atlanta Less. Schale an der ganzen letzten Windung gekielt, mit tiefem Schlitze an der Mündung. Die mittlem Zungenplatten mit langem medianen Zahn. A. Peronii Less , Mittelmeer. Bei Oxygyrus Bens, fehlt der Schlitz an der Schalenmündung und der Kiel erstreckt sich nicht über die ganze Wandung. 0. Keraudrenii Less. Hierher gehört die fossile Gattung Bellerophon Montf. 766 V. Classe, Cephalopoda, Kopffüsser. V. Classe. Cephalopoda >)? KopfTiisser. Weichthiere mit scharf gesondertem Kopf und zwei grossen hochorganisirten Augen, mit einem Kranze von Armen in der Um- gehung des Mundes, mit trichterförmig durchbohrtem Fusse, getrennten Geschlechts. ■ Die Cephalopoden schliessen sich trotz der abweichenden eigen- thümlichen Gestalt des Leibes und seiner Anhänge viel enger an die Bauchfüsser an, als man dies früher glaubte. Vornehmlich Leuckart hat die nahen morphologischen Beziehungen zwischen Cephalopoden und Ptero- poden an der schon durch ihre äussere Körpergestalt an die Cephalo- poden erinnernde Gattung Clio dargethan und darauf hingewiesen, dass die Kopfkegel von Clio den Kopfarmen unserer Classe entsprechen, während der als Halskragen sich darstellende mittlere Lappen des Fusses das Aequivalent des Trichters ist. Huxley ist freilich dieser Auffassung insofern entgegengetreten, als er die Arme auf Theile des Propodiums zurückführt. Andererseits suchte ersterer zu beweisen, dass die Länge des Rumpfes als die Höhe desselben und somit sein äusserstes Ende als 1) C. Cuvier, Memoire sur les C^phalopodes et sur leur Anatomie. Mömoires pour servir ä l'histoire el ä l'anatomie des Mollusqiies. Paris. 1817. Delle Chiaje, Memorie su' Cephalopodi , Memorie sulla Storia e notomia degU Animali seriza vertebre del Regno di Napoli. Napoli. 1829. F^russac et d'Orbigny, Histoire naturelle generale et particuli^re des C^pha- lopodes acdlabuliferes vivants et fossiles. Paris. 1835 — 1848. R. Owen, Art. Cephalopoda. Todd's Cyclopaedia etc. J. B. Verany, Mollusques mediterraneens observäs, döcrits, figur^s et chromo- Iithographi6s d'aprfes le vivant. 1. Partie. C^phalopodes de la M6diterran6. Gßnes. 1847—1851. J. E. Gray, Calalogue of the Mollusca in the colleclion of the Brit. Museum. London. 1849. Verany et Vogt, Memoire sur les Heclocotyles etc. /Ann. d. sc. nat. XVII. 1852. H. Müller, Ueber das Männchen von Argonauta argo und die Hectocotylen. Zeitschr für wissensch. Zoologie. 1855. Jap. Steenslrup, Heclocotylus danneisen hos Octopods etc K. Dansk Vidensk Selskabs Skrifter. 1856. Deutsch im Archiv für Naturgeschichte. 1856. Alb. Kölliker, Entwicklungsgeschichte der Cephalopoden. Zürich. 1844. R. Leuckart, Zool, Untersuchungen. 3. Hell. Giessen. 1854. Ph. Owsjannikow und Kowalevsky, Ueber das Centralorgan und das Gehör- organ der Cephalopoden. St. Petersbourg. 1867. Vergl. die Schriften von Aristoteles, Needham, AI. Monro, Milne Edwards, Vrolik, Valenciennes, Troschel, Claus, Hancock, van der Hoeven, Krohn, V. Hensen u. v. a. F. Körperbau. Kopfarme. Trichter, 767 die höchste Spitze des Rückens zu deuten ist, indem der anfangs flache schildförmige Mantel glockenförmig in die Höhe wächst. Die sog. Rücken- fläche des Hinterleibes würde demnach als die vordere aufsteigende Fläche des Rückens, die sog. Bauchfläche als die hintere absteigende Fläche desselben anzusehen sein, die Lage des Afters aber das hintere Ende des Körpers bezeichnen. Auf der hintern, in natürlicher Lage untern Seite des Leibes ent- wickelt sich die Mantelhöhle, welche auf jeder Seite eine oder zwei Kiemen einschliesst und ausser dem After die paarigen Niederöfi'nungen und die bald einfache, bald paarige Geschiechtsöffnung birgt. An den Seiten des Kopfes liegen die Augen und Geruchsorgane, vorn in der Umgebung des Mundes erheben sich vier Paare im Kreise gestellter fleischiger Kopfarme, welche sowohl zum Kriechen und Schwimmen als zum Ergreifen und Fangen der Beute dienen. In der Regel tragen die- selben an ihrer innern, dem Munde zugewandten Fläche eine grosse An- zahl reihenweise angeordneter Saugnäpfe (acetabula), an deren Stelle sich auch krallenförmige Haken ausbilden können. In manchen Fällen bei gewissen schwimmenden Arten {Octopoden) findet sich zwischen ihrer Basis eine Haut ausgespannt, durch welche vor der Mundöfl"nung ein Trichter entsteht, deren Raum bei der Bewegung verengert und erweitert wird. Die JDecapoden, welche dieses Trichters entbehren, bedienen sich zum Schwimmen zweier lappenförmiger Hautanhänge des Rumpfes, der sog. Flossen (jnnnae) ; dieselben besitzen ausser den acht Armen, worauf auch ihre Bezeichnung hinweist, ein Paar sehr langer Fangarme, welche zwischen dem untern ventralen Armpaare und der Mundöffnung ent- springen und nur am äussersten Ende mit Saugnäpfen oder Haken be- wafi'net sind. Eine ganz andere Form von Kopfanhängen in der Um- gebung des Mundes scheint bei der ersten Betrachtung die Gattung Nautilus, der einzige noch lebende Repräsentant der Vierkiemer, darzu- bieten, indem sich hier anstatt der acht Arme ein Kranz sehr zahlreicher Tentakeln findet. Indessen reduciren sich diese Tentakeln nach der Deutung von Valenciennes auf Gebilde, welche morphologisch den Saugnäpfen entsprechen, wie in der That denn auch ähnliche Fäden an den Armen von Cirroteuthis durch Verlängerung des cylindrischen Kernes der Saugnäpfe hervorgehen. Gleichzeitig sind die Arme bei Nautilus sehr kurz und rudimentär geworden und bilden faltenartige Lappen am Grunde der Tentakeln. Der Trichter, welcher nach R. Leuckart als homologes Organ des Fusses anzusehen ist, erhebt sich an der Bauchseite des Rumpfes aus der breiten seitlich durch Saugnäpfe verschliessbaren Mantelspalte und erscheint als eine cylindrische , nach vorn verengerte, bei Nautilus allerdings an der untern Seite gespaltene Röhre, welche mit ihrer breiten Basis in der Mantelhöhle beginnt und von hier sowohl das durch die 768 Schale. Sipho. Mantelspalte eingedrungene Athemwasser als mit diesem die Excremente und Gcschlechtsstoffe nach aussen entfernt. Gleichzeitig dient derselbe im Verein mit der kräftigen Muskulatur des Mantels als Locomotions- organ; indem der Inhalt des Mantelraums durch die Contraction des Mantels bei dem festen zuweilen durch Knorpelleisten unterstützten Anschluss des Mantelrandes an die Basis des Trichters aus der Trichter- öffnung stossweise entleert wird, schiesst das Thier in Folge des Rück- stosses nach rückwärts im Wasser fort. Viele Cephalopoden (Octopoden) bleiben vollkommen nackt , andere (Decapoden) bergen ein inneres Schalenrudiment, verhältnissmässig wenige {Argonauta, Nautilus) besitzen eine äussere spiralgewundene Schale. Die innere Schale liegt in einer besondern Kückentasche des Mantels und stellt sich in der Regel als flache federförmige oder lanzet- förmige Platte dar, entweder aus einer biegsamen Hornsubstanz {Con- chyolin), oder aus einer spongiösen von Kalksalzen erfüllten schräg- geschichteten Masse gebildet (Os sepiae). Die äussere Kalkschicht ist nur ausnahmsweise dünn und einfach kahnförmig (Ärgonauia), in der Regel spiralgewunden und durch Querscheidewände in eine Anzahl hinter- einander liegender Kammern getheilt, von denen nur die vordere grösste dem Thiere zur Wohnung dient. Die übrigen continuirlich sich ver- jüngenden Kammern sind mit Luft erfüllt, bleiben aber durch eine die Scheidewände durchsetzende centrale Röhre (Sipho), welche ein Fortsatz des Thierkörpers durchzieht, mit diesem in Verbindung. Selten liegen die Kammern kegelförmig aufgewunden (Turrilites) , in der Regel in einer Ebene eingerollt, bald mit sich berührenden Windungen {Nautilus, Ämmonites), bald mit freien, in ihrem Verlaufe zuweilen geradgestreckten Windungen. Unter den lebenden Formen besitzt die Gattung Spirula ein solches, nach Art eines Posthörnchens gekrümmtes Gehäuse, das jedoch fast ganz vom Mantel umschlossen liegt und den Uebergang zu jenen im Rückentheile verborgenen Schalen bietet. In ähnlicher Art sind die Schalen der fossilen Belemniten als Verbindungsglieder zwischen den äussern gekammerten Gehäusen und den Innern Schalenrudimenten von Sepia, Ommastrephes autzufassen. Hier besteht die kegelförmige Schale aus einem gekammerten Siphohaltigen Abschnitt, Phragmoconus, und aus Verdickungsschichten , welche theils an der Spitze des erstem einen mächtigen soliden Fortsatz, Rostrum, bilden, theiis an der Basis desselben eine Verlängerung der vordersten Kammerwand, das sog. Hornblatt erzeugen. Die glatte, schlüpfrige Haut der Cephalopoden besteht aus einer oberflächlichen Epidermis, die sich fast überall auf ein nur Fliramer- haare tragendes Pflasterepitel zurückführen lässt, und «iner aus Binde- gewebsfasern und Muskeln zusammengesetzten Cutis, in welcher die merkwürdigen, das bekannte Farbenspiel der Haut bedingenden Chroma- Kopfskelet. Verdauungsorgaae. 769 tophoren eingebettet liegen. Dieselben sind mit Pigment gefüllte Zellen, an deren Membran sich zahlreiche Muskelfasern strahlenförmig befestigen. Contrahiren sich die letztern, so bildet die Zelle sternförmige Ausläufer, in die sich der Farbstoff nach zahlreichen Richtungen peripherisch ver- theilt. Bei der Expansion der Muskeln zieht sich die Zelle wieder zu ihrer ursprünglich kughgen Form zusammen, und der Farbstoff con- centrirt sich auf einen verhältnissmässig geringen Raum. In der Regel liegen zweierlei gefärbte Chromatophoren ^) über und neben einander. Zu diesen, von dem Nervensystem und dem Willen des Thieres abhängigen Chromatophoren, welche einen raschen Wechsel von blauen, rothen, gelben und dunkeln Farben veranlassen, kommt eine tiefer liegende Schicht kleiner glänzender Flitterchen, deren Interferenzfarben die Haut ihren eigenthümlichen Schiller und Silberglanz verdankt. Die Höhe der Organisationsstufe bekunden die Cephalopoden auch durch den Besitz eines innern Knorpelsystems, welches dem innern Skelete der Wirbelthiere verglichen werden kann und sowohl zur Stütze der Muskulatur als zum Schutze des Nervencentrums und der Sinnes- organe dient. Ueberall unterscheidet man als den wichtigsten Theil desselben den Kopfknorpel, einen in der Regel geschlossenen Knorpel- ring, durch welchen der Oesophagus hindurchtritt. Der mittlere Ab- schnitt desselben umschliesst die Gehirnganglien nebst Schlundring und Gehörorgan, während die ansehnlichen Seitentheile den flachgewölbten Boden zur Augenhöhle bilden. Dazu kommen noch, besonders häufig bei den Becapoden, Augendeckknorpel, ein sog. Armknorpel und Rttcken- knorpel, verschiedene Schliessknorpel zum Verschlusse des Mantels und endlich Flossenknorpel als Träger der Flossen. Die Verdauungsorgane beginnen im Centrum der Arme mit der Mundöffnung, von einer ringförmigen Hautfalte, einer Art Lippe, um- geben. Die kräftige Mundmasse schliesst sich namentlich in der Bildung der Zunge den Gastropoden an, indessen treten die Kiefer weit mächtiger und zwar als hornige Ober- und Unterkiefer in Gestalt eines umgekehrten Papageienschnabels hervor. Die an die Prosobranchien und Heteropoden erinnernde Radula trägt in jedem Gliede (Querreihe) eine zahnartige Mittelplatte und jederseits drei lange, zum Einziehen der Nahrung ge- schickte Haken, zu denen auch noch flache zahnlose Platten hinzutreten können. Der Oesophagus nimmt in der Regel zwei Paare von Speichel- drüsen auf, und bleibt entweder eine einfache dünne Röhre oder bildet (Octopoden) vor dem ü ebergang in den Magen eine kropfartige Er- weiterung. Der Magen hat eine meist kuglige blindsackartige Form, 1) Vergl. ausser R, Wagner, Brücke, H. Müller u. a. BoU, lieber die Gewebe der Mollusken. Archiv für mikroskopische Anatomie. Suppl. 1869. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 49 770 Nervensystem. Sinnesorgane. überaus kräftige muskulöse Wandungen und eine innere in Längsfalten und selbst in Zotten erhobene Cuticularbekleidung. Neben der Ueber- gangsstelle in den Darm, selten in einiger Entfernung vom Magen ent- springt ein umfangreicher, dünnhäutiger, zuweilen spiralgewundener Blindsack, welcher die Ausführungsgänge der mächtigen, scheinbar com- pakten Leber aufnimmt. P^inen Haufen gelblicher Drüsenläppchen, welche am obern Theil dieser Gallengänge aufsitzen, deutet man als Bauchspeicheldrüse (Fankreas). In seinem weitern Verlaufe zeigt der Darm meist nur geringe Biegungen und mündet stets in der Mittellinie der Mantelhöhle durch den After aus. Das Nervensystem lässt sich mit dem der Gastropoden auf den gleichen Typus zurückführen, zeichnet sich aber durch die grosse Con- centration und hohe Entwicklung aus. Auch hier treffen wir dieselben drei Ganglienpaare, das Gehirn-, Fuss- und Visceralganglion an und zwar ebenfalls zu einem Schlundringe zusammengedrängt, der mehr oder minder vollständig von dem Kopfknorpel aufgenommen wird. Bei Nau- tilus besteht die grossentheils freiliegende Schlundcommissur aus einem einfachen, das Gehirn enthaltenden Rückentheil und einem doppelten Bauchring, von denen der vordere mit seinen verdickten Seitentheilen dem Fussganglion entspricht, während der hintere die länglichen Visceral- ganglien einschliesst. Viel dichter noch sind die Centralmassen an dem Schlundring der Bibrancliiaten zusammengedrängt, an dem man eben- falls einen kleinen dorsalen und grössern ventralen Abschnitt unter- scheidet. Der letztere zeigt sich aber ebenfalls aus einer vordem und hintern Ganglienmasse gebildet, welche Fuss- und Visceralganglien vor- stellen. Ueberall entsenden die Hirnganglien vorn zahlreiche Nerven zu der Mundmasse und seitlich die beiden grossen Sehnerven, während die Fussganglien das Gehörorgan, den Trichter und die Arme versorgen. Die Visceralganglien geben eine grosse Zahl von Nerven zu dem Mantel, den Eingeweiden und den Kiemen ab. Dazu kommt noch, ebenso wie bei den Gastropoden , eine Anzahl von Ganglien im Verlaufe der Nerven, ein oberes und unteres Buccal- oder Lippenganglion, das grosse Ganglion stellatum jederseits im Mantel, ferner ein Ganglion der Hohl- vene und zwei Kiemenganglien, endlich in dem sog. System des Sym- pathicus, welcher aus dem untern Buccalganglion entspringt, ein grosses Magenganglion. Unter den Sinnesorganen nehmen die beiden grossen Augen an den Seiten des Kopfes durch ihre hohe, an die Augen der Wirbelthiere erinnernde Organisation die erste Stelle ein. Jeder Augenbulbus liegt in einer besondern, theilweise von den Höhlungen des Kopfknorpels gebil- deten Orbita und wird von einer festen Kapsel umschlossen, welche sich vorn in einen dünnen und durchscheinenden als Cornea bezeichneten Ueberzug fortsetzt. Dieser kann jedoch ganz fehlen oder in anderen Fällen Auge. Gehörorgan, Respirationsorgane. 771 unter einer augenlidartigen Hautfalte ein kleines Loch (Octopus, Sepia) frei lassen, durch welches das Wasser in die vordere Augenkammer eintritt und in einen um die vordere Fläche des Bulbus in verschiedenem Umfang ausgedehnten Raum gelangt. In seinem Innern Baue besitzt das Cephalopodenauge fast ganz dieselben Theile wie das Wirbel- thierauge. Die Innenwand der Sclera wird von einer Pigmenthaut, Chorioidea, ausgekleidet, die in der Umgebung der Linse ein Corpus ciliare darstellt und vor derselben als Kingfalte eine Art Iris mit länglicher oder kreisförmiger Pupille bildet. Die Linse hat wie die der Fische eine kuglige Gestalt und erscheint aus zwei verschieden gewölbten Hälften zusammengesetzt, welche mit ebenen Flächen an einander liegen. Die vordere Hälfte ist flach, während die hoch gewölbte hintere Hälfte weit in die hintere Augenkammer hineinragt. Dieselbe wird von dem überaus durchsichtigen flüssigen Glaskörper er- füllt, welchem die innere Ausbreitung der Netzhaut mit der Hyaloidea dicht anliegt. Der im Hintergrunde der Orbita eintretende Sehnerv schwillt noch ausserhalb der knorpligen Sclera zu einem mächtigen Ganglion an, aus welchem die Nervenfasern zur Bildung einer dicken Retina in den Augenbulbus eintreten. Nach den trefflichen Unter- suchungen V. Hensen's ist die letztere aus sieben Schichten zusammen- gesetzt, einer äussern Hüllhaut, Nervenschicht, Balkennetz, Zellenschicht, Pigmentschicht und Stäbchenkörnern, der Stäbchenschicht und der dem Glaskörper anliegenden Hyaloidea. Als wesentliche Abweichung von dem Auge der Wirbelthiere dürfte die innere Lag eder Stäbchenschicht be- sonders hervorzuheben sein. Bei Nautilus fehlt auffallenderweise die Linse. Bei allen Cephalopoden hat man als Gehörorgan ein Paar rund- liche Gehörsäckchen mit Otolithen gefunden. Dieselben liegen im Kopf- knorpel und zwar bei den Dibranchiaten in besondern Höhlungen desselben, dem sogenannten knorphgen Labyrinthe und erhalten von den Fussganglien ihre kurzen Gehörnerven. Auch kommt ganz allgemein ein Geruchsorgan vor in Form zweier hinter den Augen liegender Gruben und Gänge, deren Oberfläche mit Flimmerhaaren bekleidet ist. Der Geruchsnerv entspringt neben dem Opticus vor dem Gehirnganglion. Ein GeschmacJcsorgan konnte bislang nicht mit Sicherheit nach- gewiesen werden. Der Sitz des Tastsinnes möchte sowohl in der gesammten Haut, als besonders in den Armen und Tentakeln zu suchen sein. Als Respirationsorgane finden sich an den Seiten des Eingeweide- sackes in der Mantelhöhle entweder zwei (Dibranchiaten') oder vier (Tetrabranchiaten) gefiederte Kiemen, deren Oberfläche von einem be- ständig erneueten Wasserstrome umspühlt wird. Das Athemwasser dringt durch die Mantelspalte zu den Seiten des Trichters in die Athemhöhle 49* 772 Gefässsystem. Nieren. ein, fliesst nach hinten an den Kiemen vorbei und wird durch den Trichter ausgespritzt, während der Mantelrand durch die Einrichtung der Muskulatur und saugnapfartig wirkender Knorpel geschlossen ist. Das Gefässsystem zeigt wohl die höchste Entwicklung unter allen wirbellosen Thieren, indem die Arterien und Venen durch ein überaus reiches Capillar ystem mit einander in Verbindung stehen. Indessen ist dasselbe nicht durchaus geschlossen, die Leibeshöhle erscheint vielmehr noch als ein zwischen Arterien und Venen eingeschobener Blutsinus, in welchem das in's Bläuliche, Violette oder Grünliche schimmernde Blut bestimmte Bahnen einhält. Das ansehnliche muskulöse Herz liegt im hintern Theile des Eingeweidesacks, der Spitze des Körpers mehr oder minder genähert, und nimmt seitlich ebenso viele Kiemen venen auf, als Kiemen vorhanden sind. Nach vorn entsendet dasselbe eine grosse Aorta {aorta cephalicd), welche in ihrem Verlaufe starke Aeste an den Mantel, Darmkanal und Trichter abgibt und sich im Kopfe in Gefäss- stämme für die Augen, Lippen und Arme auflöst. Ausserdem tritt aus dem Herzen eine hintere Eingeweidearterie {aorta abdominalis) zu den untern Partieen des Darmes und zu den Geschlechtsorganen. Die in allen Organen reich entwickelten Capillarnetze gehen theils in Blutsinus theils in Venen über, welche sich in einer grossen, abwärts neben der Aorta verlaufenden Hohlvene sammeln. Diese spaltet sich gabelförmig in zwei oder vier das Blut zu den Kiemen führende Stämme, die sog. Kiemenarterien, deren Wandung vor ihrem Eintritt in die Kiemen einen kräftigen contractilen Muskelbelag erhält und {Nautilus ausgenommen) regelmässig pulsirende Kiemenhersen bildet. Auch die Cephalopoden besitzen Einrichtungen, durch welche die Zumischung von Wasser in das Blut ermöglicht wird. Ueberall finden sich in den Seiten des Ab- domens dünnhäutige weite Säcke, mit je einer Ausmündung auf einer Papille des Mantelraums. Dieselben entsprechen den Räumen, in welche die Bojanus'schen Organe der Lamellibranchiaten hineinragen; auch in diese nach Krohn mit der Leibeshöhle communicirenden »Seitemellen Abschnitt des Gelasssystemes verbreitet sich im Körper aller Wirbel- thiere mit Ausnahme von Amphioxus das System der Lymphgefässe, welches einen hellen mit farblosen Körperchen (LymphJcörperchen) er- füllten Ernährungssaft (Ühylus und Lymphe) enthält und denselben als Harn- und Geschlechtsorgane. 795 plastisches Material zur Ergänzung der beim Stoffwechsel verbrauchten Bluttheile dem Blute zuführt. Der Hauptstamm der Lymphgefässe, in deren Verlauf besondere Drüsen-ähnliche Gebilde (die sog. Gefäss- dt-üsen, Milz) eingeschoben sind, verläuft ebenfalls der Wirbelsäule entlang {Ductus thoracicus) und ergiesst bei den höhern "Wirbelthieren seinen Inhalt in den obern Abschnitt der Hohlvene (F. cava superior). Bei den niedern finden sich mehrfache Communicationen. Harn absondernde Organe, Nieren, sind allgemein verbreitet und "'^ liegen als paarige Drüsen unter der Wirbelsäule in der Leibeshöhle. '^ Ihre Ausführungsgänge, Harnleiter oder Ureteren, verlaufen nach hinten und treten in der Regel zu einem gemeinschaftlichen Endabschnitt, Lrethra, zusammen, welcher nur bei den Fischen hinter dem After mundet, sehr oft in den Enddarm zur Bildung einer Kloake sich öffnet, bei den Säugethieren aber fast stets mit dem Endabschnitte der Geschlechts- wege zu einem gemeinsamen Urogenitalkanal zusammentritt. Zwischen Ureteren und Urethra schiebt sich nicht selten ein blasenartiges Reservoir, die Harnblase, ein, welche nur bei den Fischen hinter dem Darme liegt. Das Harnsekret stellt sich meist als Flüssigkeit dar. Die Fortpflanzung ist stets eine geschlechtliche, und zwar gilt die^»^! Trennung der Geschlechter als Regel. Nur einige wenige Fische, Serranus- arten, sind Hermaphroditen. Auch bei Karpfen sind Zwitterdrüsen beobachtet worden und unter den Amphibien finden sich bei männlichen Kröten Anlagen eines Ovariums. Männliche und weibliche Geschlechts- organe liegen meist als paarige Drüsen im Leibesraum und entsenden Ausführungsgänge, deren untere Abschnitte meist zu einem unpaaren Kanal zusammentreten. Zuweilen fehlen die Ausführungsgänge voll- ständig; es fallen dann die Geschlechtsprodukte in die Leibeshöhle und gelangen von da durch einen Genitalporus nach aussen (manche Fische), Die Gliederung der Ausführungsgänge in verschiedene Abschnitte, ihre Verbindung mit accessorischen Drüsen und äussern Copulation sapparaten bedingt den sehr mannichfachen bei den Säugethieren am complicirtesten sich gestaltenden Bau der Geschlechtsorgane. Bei vielen Fischen und Amphibien fällt auch eine wirkliche Begattung hinweg. Die Wirbel- thiere sind theils Eierlegend, theils lebendig gebärend. Zu den erstem gehören die meisten Fische, nackten und beschuppten Amphibien, sowie die Vögel, zu den letztern sämmtliche Säugethiere. deren sehr kleine Eier im Innern der weiblichen Leitungswege die Embryonalentwicklung durchlaufen. Bei den Eierlegenden Wirbelthieren ist durchweg das Material des Eies ein weit beträchthchcres und • oft noch durch acces- sorische Eiweissumlagerungen vergi-össert. Die Entwicklung des Eies erfolgt, so viel man weiss, nur im Falle der Befruchtung und wird eingeleitet durch eine totale oder partielle Furchung, die freilich auch an dem unbefruchteten Eie beobachtet worden ist. Die erste Anlage des Keimes ist, von Amphioxus und Petromyjson ab- 796 Entwicklung. Eintheilung. gesehn, in deren Entwicklung die Anlage der Darmhöhle der des Nerven- systems voraus-geht, eine dem Dotter aufliegende Scheibe, Keimscheibe, in welcher durch Verdickung der Zellschichten ein Primitivstreifen entsteht. Diese bezeichnet die Längsachse des entstehenden Embryo's und bildet durch zwei seitliche Aufwulstungen eine Rinne, unter welcher sich die Chorda dorsalis anlegt. Indem sich die vorn erweiterte Rinne durch Zusammen- wachsen ihrer Rcänder schliesst, bildet sich durch die innere Schicht ihrer Wandung die Anlage von Rückenmark und Gehirn. Während auf diese Weise zuerst der Rückentheil des Embryo auftritt, entsteht die Bauch- höhle durch Ümbiegung der Keimscheibe und nimmt den bauchständigen Dotter erst allmählig und oft mit Zurücklassung eines Dottersackes in sich auf. Die neugeborenen Jungen erleiden nur bei den nackten Am- phibien und bei gewissen Knochenfischen eine Metamorphose. Die Eintheilung der Wirbelthiere in die vier Classen der Fische, Amphibien, Vögel und Säugethiere, welche Linn6 zuerst aufstellte, findet sich strenggenommen schon in dem System des Aristoteles begründet. Die Fische und Amphibien sind Kaltblüter oder besser wrchselwarme Thiere, die Vögel und Säugethiere Warmblüter oder homöotherme Thiere mit constanter nur innerhalb geringer Grenzen schwankender Eigenwärme des Körpers. Die letztern zeigen einen reichen Sauerstoffverbrauch und erheben sich zu einer weit höheren Lebensstufe, werden desshalb wohl auch als höhere Wirbelthiere bezeichnet. Neuer- dings hat man mit Recht die nackten Amphibien von den beschuppten oder Reptilien als besondere Classen getrennt und mit den Fischen als niedere den Reptilien, Vögeln und Säugern als höheren Wirbel- thieren gegenüber gestellt. In der That haben auch die Fische und nackten Amphibien viele gemeinsame Züge, erscheinen auch systematisch minder scharf abgegrenzt (Dipnoer) als die nackten und beschuppten Amphibien. Gemeinsam ist beiden nicht nur die Kiemenathmung und häufige Persistenz der Chorda, sondern die einfachere Form der Em- bryonalentwicklung und der Mangel der für die höhern Wirbelthiere charakteristischen Embryonalorgane, des Amnion und der Ällantois. Demgemäss und mit Rücksicht auf die vielfachen Beziehungen zwischen Reptilien und V^ögel unterscheidet Huxley die drei Haupt- abtheilungen der IcUhyopsiden, Sauropsiden und Mammalia. Freilich ergeben sich unter den Fischen wiederum so bedeutende Unter- schiede in der Differenzirung der Organe, dass man dieselben in mehr- fache Classen aufzulösen berechtigt ist. Insbesondere würden wir mit E. Haeckel die Leptocardier als Acrania nicht nur allen Fischen, son- dern den übrigen Wirbelthierklassen gegenüber stellen, ferner die Cyclo- stomen oder Monorhinen, die Selachier und Bipnoer als Classen sondern, wenn es nicht zweckmässiger erschiene, die Einheit der Fischklasse mit Rücksicht auf die Uebereinstimmung des Aufenthaltsortes, der Athmungs- und Bewegungsweise festzuhalten. , jj. i H I. Classe. Pisces, Fische. 797 I. Classe. Pisces^), Fische. Im Wasser lebende meist beschuppte Kaltblüter, mit unpaaren FlossenMmmen und zu paarigen Flossen umgebildeten Extremitäten, mit ausschliesslicher Kiemenathmung und einfachem aus Vorhof und Kammer bestehenden Herzen, ohne vordere Harnblase. Die Eigenthümlichkeiten des Baues und der Innern Organisation ergeben sich im Allgemeinen aus den Bedürfnissen des Wasserlebens. Obwohl wir freilich selbst im Kreise der Wirbelthiere aus allen Classen Gruppen von Formen kennen, die sich im Wasser ernähren und bewegen, so ist doch nirgends die Organisation so bestimmt und vollkommen dem Wasserleben angepasst. Trotz der sehr variabeln äussern Gestalt wiegt eine seitlich com- primirte Körperform vor mit unpaaren Flossenkämmen auf der Rücken- und Bauchlinie und einer verticalen Schwanzflosse. Die Oberfläche wird von dachziegelförmig sich deckenden Schuppen bekleidet, vordere und hintere Extremitäten- sind zu Brust- und Bauchflossen umgestaltet. Die Temperatur des Blutes entspricht der Wärme des umgebenden Mediums, ohne constante selbstständige Eigenwärme steigt und fällt sie mit dieser 1) Aussei den älteren Werken von Belon, Kondelet, Artedi u. A. vergl. besonders: M. E. Bloch, Naturgeschichte der Fische Deutschlands. Berlin. 1782—84, Derselbe, Ichthyologie etc. Berlin. 1787—97, sowie Syslcma Ichthyologia. 1811. Monro, The structure and physioIogie ofFishes. Edinburgh. 1785. Uebersetzt von Schneider. Leipzig. 1787. Lacepede, Histoire naturelle des Foissons. Paris. 1798-1803. Cuvier et Valenciennes , Histoire naturelle des Poissons. 22 Vols. Paris. 1828-1849. Rathke, Beiträge zur Bildung- und Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Thiere. Leipzig. 1833. Joh. Müller, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Berlin. 1835—45. Derselbe, Ueber Ganoiden und das natürliche System der Fische. Abhandl. der Berl. Akademie 1846. L. Agassiz, Recherches sur les poissons fossiles. Neuchatelles. 1833 — 44 Nilsson, Skandinavisk Fauna. Lund. 1852. Günther, Catalogue ot the fishes in British Museum 5 Bde. London. (Noch unvollendet). C. E. V. Baer, Entwicklungsgeschichte der Fische. Leipzig. 1835. Agassiz und Vogt, Embryologie der Salmonen. 1841. C. Gegenbau r, Grundzüge der vergl. Anatomie. 2 Aufl. Leipzig. 1870. Vergl. ferner die Schriften und Werke von Rathke, E. H. Weber, J. Müller, Owen, Goodsir, Quatrefages, Agassiz, Bischoff, Hyrtl, Brücke, Peters, Gegenbaur, Leydig, Bleeker, Gill, LUtken etc. £■ r) - :.,,.- ■>^'.:^T,h ^ .. - <;'ÄA . 708 Charactere der Fische. Körperfonn. letztern. Die Athmung geschieht zeitlebens durch Kiemen, mit deren ausschliesslichem Auftreten die einfache Beschaffenheit des venösen Herzens im Zusammenhange steht. Indessen, so bestimmt auch der Begriff »Fisch« aus diesen Merk- malen umschrieben scheint, so schwierig wird die Durchführung desselben, und selbst die Abgrenzung unserer Classe von den nackten Amphibien, welche sich noch vorwiegend in demselben Medium aufhalten, aber bereits den Uebergang vom Wasserleben zu dem Landleben vermittlen, erscheint nur conventionell und naturgemäss nicht scharf ausführbar. Im Ein- zelnen kann uns ein Jedes der hervorgehobenen Merkmale im Stich lassen, selbst die ausschliessliche Kiemenathmung fällt in einer Gruppe von Fischen, die desshalb als Dipnoer bezeichnet werden, hinweg, indem hier wie bei den nackten Amphibien Lungenathmung, verbunden mit Duplicität des Herzens und Kreislaufs auftritt. Morphologisch erscheint freilich diese wesenthche Abweichung mit dem Organismus des Fisches wohl vereinbar, da sich auch hier ein der Lunge gleichwerthiges Organ sehr oft vorfindet, welches jedoch als Schwimmblase einer andern Function dient. In jener Gruppe der Doppelathmer nun hat sich die Schwimm- blase zu einem Luft-führenden Respirationsorgan umgestaltet, dessen Gefässe den Lungengefässen entsprechen. Die abführenden Gefässe desselben leiten das arteriell j^ewordene Blut zu dem Herzen und zwar in einen als linken Vorhof gesonderten Abschnitt desselben, zurück. Als anato- mischer Charakter des Fisches ist die Lage der Harnblase hinter dem Darm und After von Bedeutung. Nur bei den Dipnoern tritt eine vor- dere Harnblase auf und zwar ganz ähnlich wie bei den Amphibien als eine der AUantois gleichwerthige Aussackung der vordem Kloakenwand. Die Körpergestalt ist im Allgemeinen spindelförmig, mehr oder minder comprimirt, häufig mit scharfem Kiele der Bauchseite zum leichten und behenden Durchschneiden des Wassers. Indessen weicht die Körper- gestalt gar häufig von dieser der Bewegung im Wasser entsprechenden Grundform je nach den besondern Verhältnissen des Aufenthalts, der Bewegung und Lebensweise in mannichfachem Wechsel wesentlich ab. Es gibt ebensowohl cylindrische, Schlangen ähnliche Fische, welche auf dem Grunde des Wassers im Schlamme wühlen (Neunaugen), als kuglige, ballonartig aufgetriebene Gestalten, die sich auf der Oberfläche des Meeres von den Wellen der Luft und des Wassers dahintreiben lassen [^ymnodmten). In anderen Fällen führt die seitliche Compression zu überaus schmalen Fischformen, bald mit holiem Rücken bei verhältniss- mässig geringer Leibeslänge (Schollen), bald mit ungewöhnlich ver- längertem niedrigen Körper (Bandfische). Endlich kann auch eine dorso- ventrale Abtiachung zu überaus platten scheibenförmigen Fischgestalten führen (Rochen). Gliederung des Rumpfes. 799 Die Hauptbewegiingsorgane sind mächtige Muskelmassen, welche sich als sog. Seitenrumpfmuskeln in vier Zügen zu beiden Seiten der Wirbelsäule vom Kopf bis zur Schwanzspitze erstrecken. Zwei obere Muskelzüge liegen zu den Seiten der Dornfortsätze auf dem Rücken, zwei untere auf den Rippen und an der Bauchfläche des Schwanzes zu den Seiten der untern Dornfortsätze. Indem dieselben die hintere Partie des Rumpfes und des Schwanzes in raschem Wechsel nach rechts und links biegen, erzeugen sie durch Seitenbewegungen ansehnlicher Körper- flächen die fortschnellenden Kräfte, deren Wirkung noch durch unpaare, einer Erhebung und Senkung fähige Flossenkämme des Rückens und Bauches verstärkt und modificirt werden kann. Von mehr untergeordneter Bedeutung für die Locomotion erscheinen die beiden Extreniitätenpaare, die Brust- und Bauchflossen, welche mehr als Steuer die Richtung des dahin schnellenden Körpers lenken und verändern. Diesem Modus der Bewegung entspricht der Bau der Wirbelsäule mit ihrer beschränkten Regionenbildung. Der Kopf sitzt unmittelbar und meist in fester Ver- bindung dem Rumpfe auf. Eine bewegliche Halsregion, welche dem Schwimmen nur hinderlich sein müsste, fällt vollständig aus. Gerade in seiner vordem Partie zeigt sich der Rumpf starr und in seinen Theilen fest verbunden, nach hinten zu wird er beweglicher und geht allmählig ohne in Brust- ^ Bauch- und Lendengegend gesondert zu sein in den Schwanz über, welcher die vollkommenste Verschiebung seiner Wirbel gestattet und hierdurch zum Hauptbewegungsorgan tauglich wird. Aeus- serlich erscheint die Grenze von Rumpf und Schwanz im Allgemeinen durch die Lage des Afters und das Ende der Leibeshöhle, welche nur dem Rumpfe angehört, bezeichnet. Das System der unpaaren, senkrecht auf der Mittellinie des Rückens und Bauches erhobenen Flossen reducirt sich in seiner embryonalen Anlage auf einen einzigen zusammenhängenden Hautsaum, welcher auf dem Rücken beginnt, den Schwanz umzieht und auf der Bauchseite hinter dem After endet. Erst später wird die Contuinität dieses Saumes unter- brochen, die zurückbleibenden Abschnitte erheben sich kammartig und nehmen als Stützen der Flossen eine Anzahl von knöchernen Stäben oder Strahlen {radii) in sich auf, welche auf platten, im Fleische steckenden, an den Dornfortsätzen befestigten Knochen, den sog. Flossenträgern, in der Art eingelenkt sind, dass sie durch besondere Muskelgruppen nach vorn sowohl aufgerichtet als nach hinten zurückgelegt werden können. Es sondern sich in der Regel drei Partien des unpaaren Flossensystems, die man als Rückenflosse (Pinna dorsalis), Schwanzflosse {Pinna caudalis) und Afterflosse {Pinna analis) unterscheidet. -Rücken- und Afterflosse können wieder durch Einschnitte und Lücken in mehrere Flossen zer- fallen, deren Zahl, Gestalt und Grösse systematisch besonders zur Charakterisirung der Gattungen und Arten von Bedeutung erscheint 800 Flossen. Selten (Salmonen) fehlen die Knochenstrahlen in einer kleinen hintern Rückenflosse, welche als Fettflosse {Pinna adiposa) bezeichnet wird. Die Strahlen selbst aber zeigen eine verschiedene, bei den Knochenfischen systematisch verwerthbare Beschaff'enheit. Entweder sind es hier einfache harte Knochenstacheln, sog. Stachelstrahlen, welche nach ihrem obern Ende spitz zulaufen, übrigens auch weich und biegsam werden können, oder die Strahlen sind aus zahlreichen Quergliedern zusammengesetzt und dichotomisch verästelt, weich und biegsam. Die ersten finden sich namentlich in den vordem Partieen der Rückenflosse von Meeres- bewohnern, sie gaben Veranlassung zur Benennung einer Abtheilung von Knochenfischen als Äcanthopteri, bei denen freilich in der Regel die hintere Partie der Rücken- und Afterflosse weiche Gliederstrahlen enthält; die gegliederten Strahlen charakterisiren dagegen die vorzugs- weise im süssen Wasser verbreiteten Weichflossenstrahler oder Mala- copterygii, die aber auch wieder vor der Rücken- als Afterflosse einen Knochenstachel tragen können. Die Schwanzflosse setzt sich in der Regel aus einer Abtheilung der untern und der obern Mittellinie zu- sammen, bietet aber rücksichtlich ihrer Gestaltung und des Verhaltens vom hintern Ende der Wirbelsäule Verschiedenheiten, deren Bedeutung man früher überschätzte und irrthümlich für die geologische Geschichte der Fische verwerthete. Mag die Scliwanzflosse langgestreckt oder ver- kürzt, mag sie einfach abgerundet oder sichelförmig ausgeschweift sein, man wird entweder ihre obern und untern Lappen symmetrisch und gleich oder unsymmetrisch und dann den untern auf Kosten des obern vergrössert finden. Im erstem Falle nennt man die Schwanzflosse äusserlich homoccrk, im letztem äusserlich heterocerL Daneben unter- scheidet man mit Rücksicht auf das Verhalten des betheiligten hintern Endes der Wirbelsäule eine innere Heterocercie ' ) , indem äusserlich homocerke Schwanzflossen doch grossentheils oder ausschliesslich an der untern Seite des nach oben gekrümmten Wirbelsäulenendes ansitzen können {ßanoiden\ das Skelet der Schwanzflosse also asymmetrisch ist. Während man früher mit Agassiz die Heterocercie als eine Eigen- thümlichkeit der fossilen Fische älterer Formationen (unterhalb des Jura), sowie der Plagiostomen und Ganoiden zu erkennen glaubte und den jetzt lebenden Teleostiern (Knochenfischen) als einem höhern Ent- wicklungskreis angehörig homocerke Schwanzflossen zuschrieb, hat es sich durch neuere Untersuchungen herausgestellt, dass auch hier eine ausgeprägte innere Heterocercie vorherrscht, ähnlich wie bei den äusser- lich symmetrischen Schwänzen der Ganoidengattungen Lepidosteiis und Amia. Aus der Entwicklungsgeschichte geht zudem hervor, dass gerade 1) Vergl. ausser Agassiz I. c. Heckel, Huxley und insbesondere Kölliker, üeber das Ende der Wirbelsäule der (lanoiden und einiger Teleostier. Leipzig. 1860. Brust- und Baucbflosse. Körperbedeckung. ÜPOl die vollkommeiKi innere Honiocercie die tiefere Stufe ist. Das hintere Leibesende der Embryonen von Tehostiern verhält sich zuerst voll- kommen homocerk, ähnlich wie zeitlebens in der niederen Fischgruppe der Gyclostomen. Allmählig tritt überall bei den Knochenfischen innere Heterocercie hervor, indem die äusserUch symmetrische Schwanzflosse eine mehr oder minder ausgeprägte Aufkrümmung der Wirbelsäule und Hetero- cercie der Flossenstrahlträger zeigt. Ebenso verhalten sich die jetzt lebenden Ganoiden, deren Gattung Folypterus einen nur sehr geringen Grad der Innern Heterocercie aufweist. Die vollständige innere und äussere Heterocercie findet sich, von den Haien abgesehen, bei den altern fossilen Fischgattungen, wo die weit nach oben gebogenen Schwanzwirbel nur an ihrer untern Seite Flossenstrahlträger besitzen. Die paarigen Flossen, Brust- und Bauchflosse, entsprechen den vordem und hintern Gliedmassen der übrigen Wirbelthiere. Die Brustflosse heftet sich unmittelbar hinter den Kiemen mittelst eines bogenförmigen Schulter- gürtels dem Kopfe und Rumpfe an, während die beiden in der Mittellinie genäherten Bauchflossen weiter nach hinten am Bauche liegen. Indessen bietet die Stellung der letztern mannichfache Abweichungen, welchen L i nn e ' ) und Andere einen hohen systematischen Werth zuschrieben, indem sie die Fische als Bauch-, Brust- und Kehlflosser unterschieden. Bei den erstem nimmt die Bauchflosse ihre gewöhnliche Lage in der Nähe des Afters mehr oder minder weit hinter der Brustflosse ein, während sie bei den ßrust- flossern unter oder unmittelbar hinter die Brustflosse, bei den Kehl- flossern noch vor die letztere an die Kehle gerückt ist. So we ;ig nun auch dies Verhältniss zur Unterscheidung der Hauptgruppen verwerthet werden kann, so behält es doch immerhin seinen systematischen Werth zur Charakterisirung enger begrenzter Afatheilungen. üebrigens können so- wohl die Brustflossen für sich allein (^a?e), als auch in Verbindung mit den Bauchflossen {Neunaugen) vollständig fehlen. Die Körperbedeckung der Fische erhält von der weichen, übrigens auch grössere nach aussen geöff"nete Schleimzellen einschliessenden Epi- dermis eine glatte, schleimige Oberfläche und erscheint bei den einfachsten Formen vollkommen nackt (Rundmäuler). In der Regel aber finden sich Schuppen 2) in der Haut eingelagert, die man früher irrthümlich für Epidermoidalbildungen ausgab, während sie in Wahrheit Hautknochen der Cutis darstellen und von der Epidermis meist vollständig überzogen 1) Linn6 theiUe die Fische in folgende Ordnungen ein: Äpodes, Jugulares Thoracici, Abdominales, Branchiostegi , Chondropterygii. 2) Vergl. Williamson, On the microsc. structure of the scales etc. of sonie ganoid and placoid Fish. Phil. Transact. London. 1849. Derselbe, Investigations into the structure aad development of the scales etc. of Fishes. Phil. Transact. London. 1851. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 51 80f Schuppeil. Seitenlinien. werden. Dieselben entstehen als Ossifikationen iui Innern von platten verbreiterten Papillen, deren Peripherie bald nur an der Basis, bald bis zur Spitze die weiche bindegewebige Beschaffenheit behält und als Schuppentasche die knöcherne Schuppe umschliesst. Oft bleiben die Schuppen so klein, dass sie unter der Haut verborgen, ganz zu fehlen scheinen (Aal), in der Regel aber bilden sie sich zu festen, mehr oder minder biegsamen Platten aus, welche eine grosse Zahl concentrischer Linien und radiärer Streifen zeigen und dachziegelförmig übereinander liegen. Je nach der Beschaffenheit des freivorstehenden Randes unter- scheidet man Cycloidschuiß'pen mit glattem kreisförmigen und Ctenoid- schuppen mit gezähneltem oder bestacheltem Rande. Durch Ossifikationen der Cutis in grösserer Dicke entstehen theils kleine unregelmässig ver- breitete Knochenkörner, welche der Haut eine rauhe chagrinartige Ober- fläche verleihen (Haie) , theils grössere Knochenplatten , die in Haken und Dornen auslaufen und sogar mit einander zur Bildung eines festen knöchernen Hautpanzers zusammentreten können. Diese sog. Placoid- schuppen liegen häufig ohne Epidermisüberzug frei zu Tage. Endlich gibt es Schuppen- und Knochentafeln, deren Knochensubstanz von einer Schmelzlage überlagert wird, die sog. Gawoic^schuppen. Selten von rundlicher, in der Regel von rhomboidaler Gestalt greifen dieselben nur wenig mit ihren Rändern übereinander und überziehen den Körper in schrägen Reihen. Den systematischen Werth der verschiedenen Schuppen- formen hat man früher irrthüralich überschätzt. Die früher von Agassiz auf Grund der Schuppenbildung aufgestellten Hauptabtheilungen, die üycloiden, Gtenoiden, Ganoiden und Placoiden können, selbst kaum die Ganoiden ausgenommen, welche vorwiegend durch fossile Gattungen vertreten sind, keineswegs als systematische Gruppen Geltung beanspruchen. Die mannichfachen oft prachtvollen Färbungen der Haut haben ihren Sitz zum grossen Theil in ramificirten Pigmentzellen der Cutis, aber auch in Pigmenten der untern Epidermisschicht ; der sehr ver- breitete metallische Glanz der Farben verdankt dagegen seine Ent- stehung kleinen Plättchen und irisirenden krystallinischen Flitterchen. In der Haut finden sich allgemein eigenthümliche durch seitliche Porenreihen, die sog. Seitenlinien, nach aussen mündende Gänge, welche man früher für schleimabsondernde Drüsen ausgab, indessen seit Leydig's ') Untersuchungen für Träger eines Gefühlssinnes halten muss. Diese Gänge erscheinen seltener als kurze nach aussen mündende Säcke, wie beim Störe und den Myxinoiden, in der Regel aber als verzweigte, 1) Vergl. Leydig, Ueber die Schleimkanäle der Knochenfische. MüUer's Archiv. 1860. Derselbe, Ueber das Organ eines sechsten Sinnes. Dresden. 1868. Fr. E. Schulze, Ueber die Sinnesorgane der Seitenlinie bei Fischen und Amphibien. Arch. für mikrosk. Anatomie. Tom. VI. 1870. Skelet. Chorda dorsalis. SOB das System der Seitenkanäle bildende Rühren, welche die Schuppen in den Poren der Seitenlinie durchbrechen. Bei den Rochen, Haien und Chimaeren endlich sind sie einfache ampullenförmig beginnende Röhren. Die besonders für die Knochenfische charakteristischen, aber auch bei den Plagiostonien und Stören vorhandenen Seitenkanäle verlaufen von der Kiemenspalte an jederscits in ein^- verschieden gekrümraten Seiten- linie bis zur Schwanzflosse, breiten sich aber auch über den Kopf aus, indem sie sich jederseits sowohl längs der Schläfengegend fortsetzen und hier einen supra- und infraorbitalen bis zur Nase sich erstreckenden Ast abgeben, als auch einen zweiten Hauptzweig über dem Kiemen- deckel hin längs des Unterkiefers bilden. Ueberall treten in der Wan- dung der von einem Epitel ausgekleideten Gänge Nerven (Zweige des K lateralis') ein und enden nach Leydig mit eigenthümlichen knopf- artigen Anschwellungen nach Art von Sinnesnerven, Fr. E. Schulze hat jedoch nachgewiesen, dass diese sog. Nervenknöpfe Hügel der Cutis sind, deren epiteliale 'Bekleidung eine eigenthümliche Umformung er- fahren und im Centrum kurze birnförmige Zellen enthält, welche nach oben in ein feines starres Haar auslaufen, während sie an der Basis einen varicösen Fortsatz bilden, der allem Anscheine nach der Ausläufer des AxencyUnders einer Nervenfaser ist. Derselbe Forscher hat weiter den Nachweis geliefert, dass diese Nervenknöpfe der Seitenlinie im frühen Jugendzustand als knospenförmige Erhebungen frei an. der Oberfläche des Körpers liegen (wie bei den Salamanderlarven) und erst durch Bildung von Hautduplicaturen, deren Ränder mit einander bis auf Poren ver- wachsen, in Canäle zu liegen kommen. In die Kategorie dieser nervösen Organe der Haut gehören auch die von Sa vi entdeckten Follikel des Zitterrochens. Das Skelet der Fische zeigt eine reiche Mannichfaltigkeit von Ge- staltungsverhältnissen, von den einfachsten primitiven Formen an, wie sie als Embryonalzustände höherer Wirbelthiere vorübergehend auftreten, durch eine Reihe von Stufen hindurch bis zu höher entwickelten, den Fischen eigenthümlichen Skeletformen. Im einfachsten Falle {AmpMoxus) per- sistirt die Gallertsäule der Chorda dorsalis mit ihren doppelten Um- hüllungshäuten als einzige Skeletbildung. Der obere, das Rückenmark umschhessende Theil der äussern Scheide oder besser der skeletogenen Schicht erscheint als die Anlage des Bogensystems , sowie ein von der- selben Scheide gebildeter unterer Caudalkanal, welcher die Schwanz- gefässe umschliesst, das untere Bogensystem vertritt. Auf einer nicht viel höhern Stufe verharrt die Anlage der Wirbelsäule bei den Myxinoiden, indessen sondert sich hier bereits der vordere erweiterte Theil des Rückenmarksrohres als knorpelhäutige Schädelkapsel, zu welcher noch ein fester Knorpelknochen als Basilartheil, sowie die knorplige und knöcherne 51* 804 Kuorpelskelet. Anlage des Gesichts und ein fester Rahmen des Gaumenschlundgewölbes hinzukommen. Bei den Neunaugen ') {Petromijsoji) erscheinen sodann in dem skeletogenen Gewebe knorplige Bogenstücke, ebenso treten unter- halb der Chorda paarige Knorpelleisten auf, welche in der Schwanz- gegend zur Bildung des Caudalkanals zusammentreten. Vollkommener j^ind die obern und untern knorpligen Wirbelbogen bei den Stören {Acipenser) und Seekatzen (Chimaera), wenngleich auch hier die Gallert- säule der Chorda mit freilich sehr derber im letztern Falle bindegewebiger Scheide persistirt. Die obern Bogen bilden durch Aufnahme unpaarer oberer Knorpelstücke (obere Dornfortsätze) einen vollständig geschlos- senen Vertebralkanal. Auch treten bei Chimaera in der Chorda- scheide bereits sehr zahlreiche dünne Knochenkrusten als erste Andeutung einer zur Bildung von Wirbelkörpern fortschreitenden Gliederung auf, während bei den Dipnoern mit ebenfalls persistenter Chorda die Scheide zu einer continuirlichen Knorpelröhre umgestaltet ist, in deren membra- nöse Umhüllung sich obere und untere bereits ossiticirte Bogen einfügen. Die untern stehen am Rumpfe rippenartig auseinander und schliessen sich erst am Schwänze durch hinzukommende Dornfortsätze, die auch an den obern Bogen nicht fehlen. Eine Diiferenzirung des Achsen- skeletes in discrete Wirbel tritt erst bei den Haien und Rochen auf, indem sich obere und untere Bogenstücke mit ringförmigen Stücken der Chordascheide als mit den ihnen zugehörigen Wirbelkörpern vereinigen, lii der Regel kommt dann auf jeden Wirbelkörper ein oberes und ein unteres Paar von Bogenstücken , indessen kann sowohl die Zahl der Bogenstücke (durch sog. Cartilagines intercalares) als umgekehrt die der Wirbelkörper (durch sog. Schaltwirbelkörper) eine grössere werden. Während nun diese Ringe bei Hexanchus und Heptanchus ') eine derbe fibröse Beschaffenheit besitzen und mehr nach Art von Scheidewänden 1) Vergl. Joh. Muller, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. G. Rathke, Anatomisch-physiologische Untersuchungen über den Kiemenapparat und das Zungenbein der Wirbelthiere. Riga. 1832. Reichert, lieber die Visceralbogen im Allgemeinen etc. Müller's Archiv. 1837. E. Hallmann, Vergleichende üsteologie des Schläfenbeins. Hannover. 1840. C. Bruch, Vergleichende Osteologie des Rheinlachses. 1861. A. Kölliker, lieber die Beziehungen der Chorda dorsalis zur Bildung der Wirbel der Selachier und einiger anderer Fische. Würzburg. 1866. C. Gegenbaur, lieber die Entwicklung der. Wirbelsäule des Lepidosteus mit vergl. anatomischen Bemerkungen. Jen, naturw. Zeitschr. Tom. III. 2) Kölliker unterscheidet eine dreifache Haut der Chorda: 1) eine innere elastische Membran, die sich nie an der Wirbelbildung betheiligt, 2) die eigentliche fibröse Chordascheide, 3) eine äussere elastische Haut; er findet bezüglich der Wirbel- bildung, dass entweder der Wirbelkörper einzig und allein aus der Chordascheide her- vorgeht, oder zum Theil aus der Scheide zum Theil aus der Skelet-bildenden Schicht entsteht oder endlich dieser letztern einzig und allein seinen Ursprung verdankt. Schädelbau. 805 hintereinander liegende Einschnürungen der Chorda erzeugen, wird die letztere bei andern Haien weit mehr verdrängt, indem sich die Ringe zu knorpligen oder selbst schichtenweise knöchernen Doppelhohl kegeln vergrössern ; die conische Vertiefung jeder Hälfte des hiconcaven Wirbel- körpers umschliesst dann einen Abschnitt des Chorda-Restes, welcher mit dem entgegengesetzten in der Regel noch im Centrum des Wirbel- körpers verbunden ist. Bei den Ganoiden mit knöchernem Skelet, so- wie bei den Teleostiern ossificiren die biconcaven^) Wirbelkörper mehr oder minder vollständig und verschmelzen mit den entsprechenden oberen und unteren knöchernen Bogenstücken zur Bildung eines discreten Fisch- wirbels. Selten treten dann an diesem (obere) Querfortsätze hinzu [Fleu- ronecies etc.), mit denen sich aber keine Rippenbildungen verbinden. Wo Rippen vorhanden sind, legen sich dieselben als knöcherne Gräten den auseinander stehenden (unteren) Bogenschenkeln , die sich übrigens wie Querfortsätze verhalten können, und nur ausnahmsweise {Folypterus) dem Wirbelkörper direkt an. Auch fehlt überall ein Brustbein. Aller- dings können die- Rippen in der Mittellinie der Bauchseite zusammen- treten, dann aber stellen paarige oder unpaare Hautknochen diese Ver- einigung her. Sehr oft kommen endlich bei den Knochenfischen Yförmige accessorische Knochenstäbe, die sog, Fleischgräten vor, welche man durch partielle Ossificirung der die Muskeln trennenden Bänder ent- standen findet Die Bildung des Schädels zeigt eine Reihe fortschreitender Ent- wicklungsstufen. Am einfachsten verhält sich der Primordialschädel bei Myxine und den Cyclostomen, bei denen eine der äussern Chordascheide entsprechende knorplig membranöse Schädelkapsel auftritt, in deren verknöchertem Basilartheil die Chorda endet. Zwei Knochenblasen^um- schliessen als seitliche Anhänge des knöchernen Basilartheiles , den Felsenbeinen vergleichbar, das Gehörorgan, während sich zwei vordere Schenkel mit dem complicirten Apparate der Gesichts- und Kiefergaumen- knorpel verbinden. Einen weiteren Fortschritt zeigt der Primordial- schädel der Selachier, indem derselbe eine einfache nicht weiter in discrete Stücke zerfallene Knorpelkapsel bildet, in deren Basilartheil die Chorda endet. Bei den Stören kommen zu der knorpligen Schädel- kapsel Knochenstücke hinzu, theils als ein dem Keilbeinkörper vergleich- barer platter Basilarknochen , Farasphenoideum, der sich sowohl nach oben und vorn in Flügelfortsätze verlängert, als nach hinten über den Anfang der Wirbelsäule ausdehnt, theils als ein System von Deckplatten, deren Bedeutung sich indessen auf Hautknochen reducirt. Eine wahre knöcherne Schädeldecke entwickelt sich erst um den Primordialschädel der Dipnoer. Auch an dem knöchernen Schädel der Ganoiden und 1 ) Nur die Gattung Lepidosteus besitzt einen vordem Gelenkkopf am Wirbelkörper. 806 Primordialcranium. Teleosüer bleiben noch zusammenhcängende Abschnitte fies knorpligen Primordialcraninms zurück, in grösster Ausdehnung bei den Hechten und Lachsen, bei denen das Gehirn fast überall noch von Theilen des Urschädels umschlossen wird. Am längsten erhalten sich die Knorpel- reste in der Ethmoidalregion (Silurus, Cyprinus), während sie am Dache und an der Schädelbasis theils durch Auflagerungsknochen, theils durch die primär ossificirenden Occipitalia (basale und laterale) und Felsen- beine, beziehungsweise hinteren KeilbeinflOgel verdrängt werden. Mit Rücksicht auf die Reihe der hier auftretenden Verschiedenheiten lässt sich morphologisch eine Parallele zur Entwicklungsgeschichte nachweisen, indem die Stadien des sich allmählig aus dem Primordialschädel ent- wickelnden knöchernen Schädels bei verschiedenen Arten persistiren. Die den Knochenschädel der Fische chai-akterisirenden Eigenthümlich- keiten beruhen zunächst auf der verhältnissmässig grossen Zahl von Knochenstücken, welche im Verein mit den zahlreichen nicht immer scharf zu sondernden Gesichtsknochen die Zurückführung auf den Schädel der übrigen Wirbelthiere ausserordentlich erschweren. Die Verbindung des hintern Schädelwirbrls mit der Rückgratssäule entbehrt (mit Ausnahme der Chimaeren und Rochen) einer Articulation, das Os basilare bewahrt die conische Vertiefung und Gestalt des Wirbel- körpers. Dagegen drängt sich jederseits zwischen die Occipitalia lateralia, welche die Oeffnungen zum Durchtritt des Vagus und Glosso- pharyngus enthalten, und das durch eine starke Crista ausgezeichnete Occipüale superius ein als OccipitaJe externum bezeichnetes Knochen- stück, welches einen Theil des Gehörorgans umschliesst und desshalb auch als dem Felsenbein zugehörig als Epioticiim betrachtet worden ist. An dieses schliessen sich die übrigen Knochen der Ohrkapsel an, welche Theile des Labyrinthes umschliessen, das hintere Felsenbein, Opisthoti- cum (Huxley), von sehr verschiedener Grösse und Form (sehr gross bei Gadus, klein bei Esox) und das Prooticum, welches den vordem halb- cirkelförmigen Kanal umfasst und von Oeffnungen zum Durchtritt des Trigeminus durchbrochen wird. Sowohl wegen dieser Beziehung als weil die beiderseitigen Prootica median über der Keilbeinbasis zusammen- stossen und einen Theil des Bodens der Schädelhöhle bilden, wurden dieselben von Cuvier u. a. als Alae magnae oder Bogenstücke des hin- tern Keilbeins gedeutet. Dazu kommt endlich noch ein viertes als äusseres Belegstück des Knorpelschädels auftretendes Knochenstück, das Squamosum, welches Ober dem Opisthoticum gelegen in eine Crista aus- läuft und mit zur Verbindung mit dem Hyomandibulare verwendet wird. Die ünterfläche der Schädelkapsel wird von einer langen, dem Occ. basale durch Naht verbundenen Knochenplatte bedeckt, dem Para- sphenoideum, über welchem sich die Basis des Primordialschädels knorplig erhält oder als unansehnliches vorn mit 2 kurzein Schenkeln versehenes Schädelwirbel. 807 Sphenoidale basale ossificirt. Letztere Bildung tritt namentlich dann ein, wenn sich von der Orbitalhöhle aus zwischen Parasphenoid und den Boden der Schädelhöhle ein paariger Augenmuskelkanal entwickelt {Salmo, Cyprinus). Die vor der Schläfengegend gelegenen Seiten- wandungen des Schädels bieten je nach der Ausdehnung der Schädel- höhle beträchtliche Verschiedenheiten. Erstreckt sich dieselbe weiter nach vorn, so treten in der Wandung des Primordialcraniums 2 Paare von knöchernen Flügelknochen auf, die als Alae posteriores (Alisphenoid) und anteriores (Orbitosphenoid) bezeichnet und als die Bogenstücke des mittleren und vorderen Schädelwirbels gedeutet werden. Das hintere Paar, das man übrigens auch als alae orbitales vielleicht mit Hecht ge- deutet hat, legt sich oben an die Schenkel des Basisphenoid an und ist mit seinen Oeffnungen für die Augennerven und den Orbitalast des Trige- minus fast immer nachweisbar. Die Stücke des vorderen Paares {Inter- orbitale O^en = Ethmoidale Agass.) vereinigen sich oft am Boden der Schädel zur Bildung eines medianen Knochens, der bei Reduktion der Schädelhöhle durch ein knorpliges oder häutiges Septum vertreten sein kann. Dann sind in der ganzen Orbitalregion die Seitenwandungen des Schädels durch das lange Septum interorbitale repräsentirt und ge- wöhnlich auch die Alisphenoids in ihrem Umfang bedeutend reducirt. Das Schädeldach wird von knöchernen Hautplatten gebildet, unter denen sich nur selten noch Reste des Primordialcraniums erhalten. An die Occipitalgegend schliessen zwei Parietalia, an diese das grosse Frontale principale Cuv. an, zu dessen Seiten ein zum Squamosum reichendes und an der Gelenkverbindung mit dem Kieferstil betheiligtes Fosffrontah zur Entwicklung kommt. In der Ethmoidalregion finden wir in der Verlängerung der Schädel- basis einen unpaaren Knorpel oder Knochen Ethmoidale medium (Nasale Cuv.), von der grossen an das Parasphenoid anschliessenden Fomerplatte überdeckt, und zwei seitliche paarige Knochenstücke, Ethmoidalia late- ralia (Praefrontalia) , welche von den Geruchsnerven durchbohrt, die Stütze der Nasengruben bilden. Endlich treten als accessorische Haut- knochen die Ossa infraorhitalia und supratemporalia auf. Erstere ziehen sich im Bogen unter dem Auge von dem vordem bis zum hintern Stirnbein, die letztern bedecken die Schläfengegend, beide werden von den Schleimgängen durchbohrt, als deren Gerüst sie gewissermassen be- trachtet werden können. Während bei Ämphioxus ein Knorpelring in der Umgebung des Mundes den noch fehlenden Kiefergaumenapparat vertritt, findet sich bei den Rundmäulern als erste Andeutung desselben eine dem Schädel angefügte Gaumenplatte nebst 2 Munddeckplatten und Lippenknorpeln. Die Grundform des Kiefergerüstes kommt indessen erst bei den Selachiern und Stören zur Ausprägung, indem ein am Schläfentheil befestigter 808 Kiefergaumenapparat. Visceralskelet. Kieferstil {Hyo- mandibulare) dem Unterkiefer und Zungenbein zur Befestigung dient, während der Kiefergaunienapparat {Falato quadratum) an dem Scliädel meist durch Bänder beweglich befestigt mit dem Unter- kiefer articulirt. Bei den Knochenfischen erscheint der als Suspensorium des Kiefers dienende Kieferstil besonders complicirt und in mehrere Stücke zerfallen, denen sich noch eine Anzahl von flachen Knochen- platten anschliessen. Ein mit dem Schädel articulirendes und einem Theile des Schläfenbeins der höhern Wirbelthiere entsprechendes Hyo- mandibulare {Temporale Cuv.) nebst den von Cuvier als Os sym- plecticum und tympanicum (Metapterygoideum) bezeichneten Knochen- stücken bilden den oberen Abschnitt, das Praeoperculuni, den mittleren und endlich das Quadratum oder Quadrato-jugale den untern, das ünter- kiefergelenk tragenden Abschnitt des Kiefersuspeiisoriums. Die dem hintern Rande des Praeoperculum sich anlegenden flachen Knochenstücke bilden den Kiemendeckel und werden als Operculum, Suhopercuhmi und Interoperculum bezeichnet. Ein vom Tympanicum und Quadratum nach dem Oberkiefer sich erstreckender Knochen entspricht dem Flügelbein und wird in der Regel aus einem äus:^ern {Ectopterygoideum) und Innern Stück {Entopterygoidewri) zusammengesetzt. Dann folgt das Gaumen- bein und der Oberkieferapparat, mit dem an der Schnauzenspitze meist beweglich verschiebbaren Zwischenkiefer und dem sehr variabeln meist zahnlosem Oberkiefer, Kieferknochen, welche wahrscheinlich aus den Lippenknorpeln der Selachier abzuleiten sind. Die beiden Aeste des Unterkiefers endlich sind in der Mittellinie nur selten verwachsen und zerfallen mindestens in ein hinteres Os arüculare und ein vorderes Os dentale, zu dem meist noch ein Angulare und Operculare hinzukommen. Auch das Visceralskelet tritt in seiner typischen Form erst bei den Selachiern und Stören auf, indem bei Amphioxus die sehr zahlreichen in der Schlund wandung liegenden Knorpelstäbchen der unpaaren Schluss- stücke noch entbehren und das sehr complicirte äussere Kiemen-Knorpel- gerU.st der Cyclostomen keine Zurückführung auf Visceralbögen gestattet. Auf den knorpligen Zungenbeinbogen, welcher gewöhnlich am Kieferstile, seltener (Chimaeren) direkt am Schädel befestigt ist und am äussern Rande eineAnzahl knorpliger Stäbe (iJacZn branchiostegi) zur Stütze der Kiemenhaut trägt, folgen gewöhnlich fünf Kiemenbogen, deren obere Endstücke sich an der Schädelbasis oder wie bei den Haien am Anfange des Rückgrates anheften. Die Knochenfische zeigen eine ganz ähnliche Gestaltung des Visceralskeletes. Jeder Arm des Zungenbeinbogens zerfällt meist in drei Knochenstücke und heftet sich durch einen griffeiförmigen Knochen an der Innern Seite dem Symplecticum an. Auch hier entspringen am äussern Rande die freilich knöchernen Kiemenhautstrahlen, zwischen denen sich die den Kiemen- spalt bedeckende Kiemenhaut ausspannt. Die Copula setzt sich in einen unpaaren als Os linguale oder entoglossum bezeichneten Knochen fort. Flossenskelet. 809 Von den fünf folgenden meist viergliedrigen Kiemenbogen, welche eben- falls durch Copulae verbunden sind, entAvickcln sich jedoch nur die vier selten drei vordem zu Kiementrägern, während die hintera als untere Schlundknochen {Ossa pharyngea inferiora) auf dem ventralen Abschnitt reducirt oft eine eigenthümliche charakteristische Zahnbewaffnung tragen und zuweilen zu einer uiipaaren Stütze des Schlundes verwachsen. Auch die beiden vorausgehenden Bogenpaare erfahren meist eine Reduction, indem sie sich jederseits mittelst eines gemeinsamen Stückes anlegen. Die obern an die Schädelbasis sich anlegenden Knochenstücke der Kiemen- bogen bilden als obere Schlundknochen {Ossa pharyngea superiord) das Schlundgewölbe. Die beiden Extremitätenpaare ' ) zeigen mit Rücksicht auf die ihnen zu Grunde liegenden Hartgebilde grosse Verschiedenheiten und lassen sich schwer auf homologe Stücke des Extremitätenskeletes der übrigen Wirbel thierklasseu zurückführen. Der Schultergürtel, das Suspensorium der Brustflosse, befestigt sich mit Ausnahme der Selachier an dem Schädel (O5 squamosum und Occipitale superius). Bei den Knorpelfischen tritt der Schultergürtel in primordialer Form als ein einfaches knorpliges Bogenstück auf, welches von bestimmten Canälen für den Durchtritt von Nerven durchzogen, mit dem der anderen Seite in der ventralen Mittellinie verbunden bleibt. Bei den Rochen gestaltet sich der median continuirlich zusammenhängende Knorpelbogen in ein breites von weiten Oefinungen durchbrochenes Gerüst um und tritt am obern Ende mit der Wirbelsäule in Verbindung. Unter den Ganoiden wird diese primäre Form des Schultergürtels durch Verknöcherungen in die secundäre über- geführt, wie sie die Teleostier charakterisirt. Beim Störe lagern sich dem bereits reducirten primären Knorpelgürtel Hautknochen auf, von denen der mittlere der Clavicula entspricht, der obere als Supraclavi- culare die Verbindung mit dem Schädel herstellt. Der untere Knochen ist ein Infraclaviculare, der bei den Knochenganoiden und Teleostiern mit der Ausdehnung der Claviculare meist verschwindet. Diese schreitet bis zur medianen Berührung und Verbindung beider Knochen an der Bauchseite vor, und der primäre Knorpelgürtel mit seinen aus den Canälen der Selachier hervorgegangenen weiten spangenartig über- brückten Räumen erscheint blos als Anhang, beginnt aber bereits bei den Knochenganoiden zu ossificiren (am vollständigsten bei Folypterus') und liefert die beiden als Scapulare und Coracoideum beziehungsweise Frocoracoideum (JJlna^ zu bezeichnenden Abschnitte, zwischen denen bei den Knochenfischen meist ein spangenartiges Verbindungsstück auf- 1) Vergl. Gegenbaur, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 2. Heft. Leipzig. 1865. Derselbe, Ueber das Skelet der Gliedmassen. Jen. Zeitschrift. Tom. V. 810 Nervensystem. tritt. Bei diesen Fischen hat die Clavicula einen sehr bedeutenden Umfang, ist mittelst zweier Supraclavicularien am Schädel suspendirt und trägt an der hintern Fläche als Anhang die 2 oder 3 aus dem primären Knorpelgürtel hervorgegangenen Knochenplatten, an denen sich die Brustflosse beweglich einfügt. Auch für das dem Schultergerüst angefügte Flossenskelet liefern die Selachier die Grundform, welche durch drei grössere Basalknorpel- stücke mit zahlreichen schwächern, mehr oder minder reich gegliederten Knorpelstrahlen, Flossenstrahlen, repräsentirt wird. Gegenbaur nennt .die drei Abschnitte mit ihren entsprechenden Radien Pro-, Meso- und Metapterygiimi. Dem letzteren schliessen sich noch ein oder mehrere Randknorpelstücke mit ebenfalls gegliederten Seitenstrahlen an. Die Umgestaltung dieses primären Flossenskeletes von den Selachiern zu den Ganoiden und Teleostiern knüpft sich an wesentliche Reductionen, indessen erhalten sich hier ganz andere Theile als an dem Armskelet der höhern Thiere, zu welchem das Flossenskelet der Selachier ebenfalls den Ausgangspunkt liefert. Bei den Ganoiden bleiben das Basale des Metapterygium und Mesopterygium {Propterygiurn) , sowie eine Anzahl zwischen beiden zur Schulter tretender Strahlen, bei den Teleostiern nur das dem Hutnerus gieichwerthige Basale des Metapterygium mit 3 oder 4 Basalgliedern der angefügten Strahlenstücke. Früher sah mau die Knochenstücke, welche die Verbindung mit dem Schultergerüst her- stellen, bald als rudimentäre Armknochen, bald als Carpalknochen an und deutete in letzterem Falle die Flosse als eine im Schultergerüst befestigte Hand mit sehr vermehrter Fingerzahl, indem die Strahlen als gegliederte Meiacarpo-phalangeahtücke galten. Die Bauchfiossen haben zu Trägern zwei dreieckige, dicht neben- einanderhegende Knochenstücke, welche als Beckenrudimente betrachtet werden, ohne freilich mit der Wirbelsäule in festem Zusammenhange zu stehen. Auch hier bildet das Metapterygium mit seinen gegliederten Seitenstrahlen die Grundlage des Flossenskelets {Archopterygiuni). Das Nervensystem •) der Fische zeigt die niedersten und einfa(?hsten Verhältnisse in der ganzen Classe. Amphioxus entbehrt sogar eines gesonderten Gehirnes. In allen andern Fällen bleibt das Gehirn klein, der embryonalen Anlage des Gehirns höherer Wirbelthiere ähnlich und besteht aus einer Reihe meist paariger hinter einander liegender An- schwellungen, welche nur einen kleinen Theil der Schädelhöhle erfüllen. Die kleinen vordem Anschwellungen gehören als lohi olfactorii den Geruchsnerven an, die grössern vordem Lappen, die Hemisphären des grossen Gehirnes, sind bei den Haien zu einer geraeinsamen rundlichen Masse vereinigt. Nun folgen zwei mittlere kuglige Anschwellungen von meist 1) Vgl. die Abhandinngen vonSlannius, Müller, Stieda und Hiciucho Maclay. Gehirn. Augen. 811 bedeutender Grösse, welche man schon lange — im Gegensatze zuGegen- baur mid Mielucho Macluy — gewiss mit Recht dem Zwischen- und Mittelhirn der Embryonen, daher {Petromyzon) dem Lobus des dritten Ven- trikels im Vereine mit den Corpora quadrigemina, gleichsetzt. Nach vorn entsendet dieser Abschnitt die Sehnerven, während an seiner untern Fläche vom Boden des dritten Ventrikels die Hypophysis mit dem In- fundihulum entspringt. Der hintere Abschnitt zerfällt in das kleine Gehirn (Gegenbaur's Mittelhirn), welches als eine sehr verschieden entwickelte Querbriicke den vordem Theil des vierten Ventrikels bedeckt, und in die Medidla ohlongata. Die letztere erscheint als direkte und gleichgerichtete Fortsetzung des Rückenmarks, dessen obere Stränge aus einander weichen und die Rautengrube des vierten Ventrikels um- grenzen. Oft entwickeln sich an diesem Theile seitliche Anschwellungen, sog. lobi posteriores, bei den Stören und Haien am Ursprung des Tri- geminus als lohi nervi trigemini, bei Torpedo als grosse die vierte Hirn- höhle überragende lohi electrici. Die 12 Hirnnerven sind in der Regel mit Ausnahme des Glossopharyngeus und Accessorius gesondert, bei den Cyclostomen fallen auch der N. ahducens (Petromyzon) oder gar sämmtliche Muskelnerven des Auges {Myxine) in die Bahnen des Tri- geminus. Der Antlitznerv (JV. facialis) wird bei manchen Knochen- fischen zu einem Zweige des Trigeminus oder tritt wenigstens in sehr nahe Beziehungen zu demselben. Dieser nebst dem Vagus sind die am meisten entwickelten Nerven. Von den Sinnesnerven sind die Optici die ansehnhchsten , bei den Knochenfischen kaufen beide Nerven ohne Verbindung kreuzweise neben einander her nach entgegengesetzter Seite, bei den SelacJiiern, Dipnoern und Ganoiden dagegen kommt ein Chiasma, eine theilweise Kreuzung der Fasern zu Stande. Ein Eingeweidenerven- system fehlt nur bei den Cyclostomen, wo dasselbe vielleicht durch den Vagus vertreten wird. Das Rückenmark, welches an Masse das Gehirn bedeutend überwiegt, erstreckt sich ziemlich gleichmässig, meist ohne Bildung einer sog. Cauda equina, durch den ganzen Rückgratskanal und bildet selten an seinem obern Abschnitt dem Ursprünge der Spinal- nerven entsprechende paarige oder unpaare {Trigla, Orthogoriscus) An- schwellungen. Vcn den Sinnesorganen sind die beiden Augen überall vorhanden und nur in seltenen Ausnahmen unter der Haut und den Muskeln ver- borgen {Myxine und die Larven von Fetromyson, sowie Amblyopsis). Bei Amphioxus reduciren sich dieselben auf zwei dem Nervencentrura unmittelbar aufliegende Pigmentflecken. Bei allen andern Fischen treffen wir einen Augenbulbus an, M^elcher durch seine vordere Abflachung von dem der übrigen Wirbelthierklassen abweicht, aber bereits durch vier gerade und zwei schiefe Augenmuskeln, wenngleich wenig vollkommen bewegt wird. Der vordem Abflachung entspricht die auftallend geringe 812 Gehörorgan. Wölbung der Cornea. Um so gewölbter erscheint die grosse fast kugel- runde Krystallinse, die mit ihrer vordem Fläche weit über die Pupille hervorragt. Augenlidbildungen fehlen noch meist oder stellen sich in der einfachsten Form als eine unbewegliche kreisförmige Hautfalte dar, welche den vordem Abschnitt des Bulbus umzieht oder als vordere und hintere unbewegliche Falten bei manchen Knochenfischen. Dagegen besitzen die Selachier obere und untere Augenlider, oft sogar in Ver- bindung mit einem dritten als Nickhaut (membrana nictitans) bekannten Augenlide. Die Iris mit ihrer nur wenig beweglichen, meist runden und weiten Pupille erscheint häufig silber- oder goldglänzend, oft findet sich wie bei vielen hohem Wirbelthieren eine metallisch glänzende Stelle, das sog. Tapetum, welches anstatt der dunkeln Pigmentlage krystalli- nische und irisirende Plättchen enthält. Als dem Fischauge eigenthüm- liche Bildungen sind die sog. Ghorioideal&m^Q, ein meist an der Eintritts- stelle des Sehnerven sich erhebender gefässreicher Körper (Wundemetz), sowie die als Processus falciformis die Retina durchsetzende Chorioideal- falte zu erwähnen. Letztere besitzt eine sichelförmige Gestalt, durch- setzt den Glaskörper und heftet sich mit ihrem glatte Muskelfasern einschliessenden Endabschnitt (ßdmpanula Halleri) an die Linsenkapsel an. Eigenthümlich glänzende mit linsenartiger Einlagerung versehene Pigmentflecke liegen bei Chauliodes und Stomias in regelmässiger Grup- pirung theils zwischen den Radii branchiostegi des Zungenbeins, theils am Kopfe und in zwei Paaren paralleler Längsreihen am Bauche. Das Gehörorgan*) fehlt nur bei Amphioxus. Bei allen übrigen Fischen reducirt sich dasselbe auf den häutigen Theil des Labyrinthes und liegt bei den Knochenfischen, Ganoiden und Chimaeren zum Theil frei in der Schädelhöhle vom Fettgewebe umgeben. Bei den Gyclostomen wird es von zwei Knorpelkapseln umgeben, die seitlich an der Schädel- basis haften, bei den Haien und Rochen aber von den knorpligen Schädelwandungen selbst vollständig umschlossen, so dass wir hier auch ein knorpliges Labyrinth antreffen. Am einfachsten verhält sich das Gehörorgan bei den Rundmäulern^ wo es jederseits aus einem {^Myxine') oder zwei {Retromyzon) halbzirkelförmigen Kanälen nebst dem Vorhot gebildet wird. In allen andern Fällen besteht das häutige Labyrinth aus dem Vorhofe und drei halbzirkelförmigen Kanälen, von denen zwei einen gemeinsamen Ausgang vom Vorhof nehmen. Am Vorhofe aber entwickelt sich noch ein häutiges, häufig in zwei Abschnitte getheiltes Säckchen; welches die Otolithen birgt und bald wie bei den Cyprinoiden vollkommen abgeschlossen erscheint, bald wie bei den Stören mit dem Vorhofe in Communication steht. Auch die erste Anlage des häutigen 1) Vergl. E. H. Weber, De aure et auditu hominis et animalium. ?. 1. do aure animalium nquatilium. Lipsiae. 1820. Geruchs-, Geschmacksorgan. 813 Schueckenganges tritt als Ausstülpung des Sacculus {Cysticula) auf. Merkwürdig ist die Verbindung, welche bei den Cyprinoiden, Characinen, Siluroiden u. a. zwischen Gehörorgan und Schwimmblase besteht. Ein kanalartiger Fortsatz des häutigen Vorhofes verbindet sich mit dem der andern Seite zu einem unpaaren Sinus, aus welchem jederseits ein häutiges Säckchen entspringt. Letzteres tritt am hintern Schädeltheil hervor und verbindet sich mit einer Reihe von Knöchelchen, von denen das letzte an die Schwimmblase reicht. Bei den Clupeoiden wird die Verbindung durch einen gabiig getheilten Fortsatz der Schwimmblase hergestellt, dessen blasenartig erweiterte Enden an Fortsätze des Vor- hofes herantreten. Einfacher verhalten sich die Percoiden. Das Geruchsorgan reducirt sich bei Amphioxus auf eine einfache unsymmetrische Grube am vordem Ende des Nervencentrums. Auch bei den Rundmäulern bleibt dasselbe unpaar und stellt eine lange Röhre dar, welche auf der obern Fläche des Kopfes mit einer einfachen Oeffnung beginnt und blindgeschlossen endet. Nur bei den Myxinoiden setzt sich das nach Art einer Trachea von Knorpelringen gestützte Nasenrohr in einen Kanal fort, dessen Ende den Gaumen durchbohrt, aber durch eine Klappenvorrichtung geschlossen werden kann. Hier dient die Nase wahrscheinlich zugleich als Respirationsweg zur Regulirung des in die Kiemensäcke eintretenden Wasserstromes. Alle andern Fische besitzen doppelte, und zwar mit Ausnahme der Dipnoer stets blind- geschlossene Nasenhöhlungen, deren innere Oberfläche durch Falten- bildungen der Schleimhaut beträchtlich vergrössert die sog. Riechfaden- zellen trägt. Die mit Flimmerzellen überkleideten und durch Knorpel- stäbchen gestützten Falten erscheinen bald radienförmig , bald quer in Parallelreihen angeordnet, während ihre weit nach vorn oft bis an die Schnauze gerückten Oeffnungen durch Hautleisten abgetheilt oder von Aufwulstungen des Hautrandes deckelartig {Selachier) verschlossen sein können. Weniger scheint der Geschmackssinn entwickelt zu sein, als dessen Sitz der nervenreiche Theil des weichen Gaumens und überhaupt der Mundhöhle anzusehen ist. An diesem Tlieile liegen vornehmlich die sog. Geschmacksbecher. Zum Tasten mögen die Lippen und deren Anhänge, die häufig auftretenden »Barteln« , dienen. Auch können separirte Strahlen der Brustflossen mit Rücksicht auf ihren Nervenreichthum als Tastorgane betrachtet werden {Trigla). Einen eigenthümlichen Gefühls- sinn der Haut vermittlen die bereits besprochenen nervösen Einrichtungen der sog. Schleimkanäle. Im Anschlüsse an das Nervensystem wird man die elektrischen*) 1) Vergl. Savi, Recherches anatomiques sur le Systeme nerveux et sur l'organe electrique de la torpille. Paris. 1844, 814 Electrische Organe ;, ." Organe zu betrachten haben, welche sich bei Torpedo (Zitterrochen), Narcine, Gymnotus (Zitteraal), Malapterurus (Zitterwels) und Mor- myrus (Nilhecht) finden. Es sind nervöse Appar te, die in der An- ordnung ihrer Theile der Voltaschen Säule vergleichbar, unter dem Einflüsse der Erregung Elektricität entwickeln und diese durch Ver- bindung ihrer entgegengesetzten Pole in elektrischen Schlägen zur Aus- gleichung bringen. Obwohl in den einzelnen Gattungen verschieden, stellen sie sich meist als zahlreiche von Bindegewebs-Wandungen um- schlossene Säulen dar, welche durch eine grosse Zahl häutiger Quer- platten in aufeinanderliegende Fächer »Kästchen«^ zerfallen. Die Kästchen bergen je eine feinkörnige mit grossen Kernen durchsetzte Nervenend- platte und eine Lage von Gallertgewebe, und zwar in regelmässig alter- nirendem Wechsel. Die erstere entspricht gewissermassen dem Voltaschen Kupferzinkelement, die letztere dem feuchten Leiter der Zwischenlage, während das Bindesubstanzgerüst der Kästchen nur als Träger der Nerven und Blutgefässe zu dienen scheint. In der That nimmt jede Querscheidewand ein überaus reiches und feines Netzwerk von Nerven auf, deren Hauptstämme entweder aus dem Trigeminus und Vagus (Torpedo) oder von Spinalnerven entspringen, und zwar breiten sich die Nervennetze an der einen für alle Säulen desselben Organes gleichen Fläche zur Bildung der sog. »elektrischen Platte* aus. Die Fläche der Endplatte, an welcher die Nerven verschmelzen, verhält sich überall elektro-negativ , die entgegengesetzte freie Fläche elektro-positiv und wenn bei Malapterurus umgekehrt diejenigen (hinteren) Flächen der Platten, an welche die Nerven herantreten, die elektro-positiven sind, so erklärt sich diese scheinbare Ausnahme aus dem weitern Verhalten der Nerven, indem dieselben die Platte durchbohren und sich an der vordem elektro-negativen Fläche ausbreiten. Die Lage und Anordnung der elektrischen Organe zeigt bei den verschiedenen Fischen ausserordent- liche Abweichungen. Beim Zitterrochen liegen dieselben unter der Haut zwischen den Kiemensäcken und dem weiten Bogen der Schädelflossen- knorpel. Es sind zahlreiche aber verhältnissmässig kurze, senkrecht stehende Säulchen, welche sich jederseits zur Herstellung eines flachen aber sehr breiten Organes aneinanderfügen. Die Nerven treten von unten her in die Abtheilungen der Kästchen ein und breiten sich sammt den Gefässen im Gallertgewebe aus, da die Querscheidewände hier fehlen. Bilharz, Das elekrische Organ des Zitterwelses. Leipzig. 1857. Max Schuitze, Zur Kennlniss des elektrischen Organs der Fische. 1 und 2. Halle. 1858 und 1859. Derselbe, Zur Kenntniss des den elektrischen Organen verwandten Schwanz- organes von Raja clavata. Muller's Archiv. 1858. Ferner die Beitrüge von Wagner, Robin, Ecker, Dubois-Reyraond, Kolliker, Marcusen u. a. Verdauiingsorgane. 815 Sic gehn dann von der ventralen Fläche aus in die Endplatten über, so dass die obere dorsale Seite des Apparates die elektro-positive wird. Bei Zitteraal liegen an jeder Seite des Schwanzes zwei elektrische Or- gane mit langgestreckten horizontalen Säulen, in deren senkrechte hinter einander stehende Kästchen die Nerven von der hintern Fläche eintreten. Daher erscheint die vordere Fläche der Platten elektro-positiv , die Stromesrichtung geht von hinten nach vorn. Beim Zitterwels erstrecken sich die elektrischen Organe längs des Rumpfes unter der Haut nur durch eine dünne mediane Scheidewand der Rücken- und Bauchseite abgegrenzt Hier kommt es aber nicht zu einer regelmässigen Säulen- bildung, da die Kästchen in Folge der Verbreitung der Faserplatten als unregelmässige rhombische Fächer abgegrenzt werden. Merkwürdiger- weise gehören alle Nervenverzweigungen jederseits einer einzigen kolos- salen Primitivfaser an, welche zwischen dem zweiten und dritten Spinal- nerven entspringt und aus einer kolossalen vielfach verästelten Ganglien- zelle hervorgeht. Die entsprechenden Organe der Nilhechte werden mehrfach als pseudo-elektrische bezeichnet, indem sie trotz des analogen Baues keine elektrische Wirkung zu entwickeln scheinen (Büppell, Mar- cusen). Dieselben liegen jederseits am Schwänze in zweifacher Zahl als ein oberes und unteres Paar und zerfallen durch zahlreiche senkrechte Scheidewände, welche die äussere fibröse Umhüllung in das Innere ent- sendet, in eine grosse Zahl hintereinanderliegender Kästchen, in denen die nervösen Platten keineswegs vermisst werden. Aehnlich verhält es sich mit den pseudo-elektrischen Organen am Schwänze der Stachel- rochen. Die Verdauungsorgane zeigen eine mannichfache zuweilen hohe und compiicirte Ausbildung. Der Mund liegt am vordem Ende des Gesichts, aber häufig mehr oder minder weit auf der unteren Seite der Schnauze, wenn sich die letztere in Form einer vorspringenden Nase oder eines schwert- oder sägeähnlichen Fortsatzes verlängert. Bei Amphioxus bleibt derselbe eine kleine mit Stäbchen besetzte Spalte, bei den Cyclo- stomen eine runde zum Festsaugen eingerichtete Oeifnung. In der Regel stellt er sich als mehr oder minder breite Querspalte dar, die zuweilen mittelst verschiebbarer Stilknochen des Zwischen- und Oberkiefers röhren- artig vorgestreckt werden kann (Labroiden). Die Rachenhöhle zeichnet sich im Allgemeinen durch ihren bedeutenden Umfang und den Rcichthum der Zähne aus, die sich von den Papillen der Schleimhaut aus durch dentinoide Ossitication entwickeln. Selten nur fehlen die Zähne voll- ständig, wie bei den Stören und Lophobranchien, oder beschränken sich wie bei den pflanzenfressenden Ci/prinoiden auf die untern Schlund- knochen. Oft finden sich im Oberkieferapparat zwei parallele Bogen- reihen von Zähnen, eine äussere im Zwischenkiefer und eine innere an den Gaumenbeinen, wozu noch eine mittlere unpaare Zahnreihe des 816 Bezahnung der Mundhöhle. Voraer's hinzukommt. Dem Unterkiefer gehört nur eine Bogenreihe von Zähnen, sowie oft eine mittlere Zahnreihe des Zungenbeins an. Selten sind auch die Oberkieferknochen und das Parasphenoidcum zahntragend, dagegen erheben sich meist in der Tiefe des Rachens an allen Kiemen- bogen und besonders an den obern und untern Schlundknocheii Zähne. Auch die Formen der Zähne sind mannichfaltig, wenn gleich dieselben nur zum Fangen und Festhalten der Beute, seltener zum Zertrümmern von festen Massen, Schnecken- und Muschelschalen dienen. Im erstei-n Falle sind sie spitze und kegelförmige Fangzähne , bald gerade, bald hakenartig gekrümmt, häufig glatt mit zwei schneidenden Kanten, seltener mit Widerhaken und Zacken. Sind die Fangzähne schwächer und auf einen engen Raum dicht zusammengedrängt, so unterscheidet man Kamm-, Bürsten-, Sammetzähne. Die Mahlzähne dagegen haben die Form von platten, zuweilen wie Pflastersteine dicht nebeneinanderliegenden Scheiben; bald sind sie flach, bald in verschiedenem Grade in Form stumpfer Kegel gewölbt. Die Hauptmasse der Zähne wird gewöhnlich, von den Horn- zähnen der Cifclostomen abgesehen, aus harter Zahnsubstanz gebildet, deren äussere Fläche mit vollkommen homogener Schmelzsubstanz •) überkleidet ist. Endlich bietet auch die Befestigungsart der Zähne mehrfache Verschiedenheiten. GewöhnMch sind sie wurzellos und mit den Knochen verwachsen, oder auch durch Bandmasse befestigt, seltener {Hypostomen') erscheinen sie bewegUch verbunden oder können wenig- stens verschoben werden (Selachier). Alveolen zur Aufnahme von Zahn- wurzeln kommen nur einigen Ganoiden zu. Ueberall scheint eine Neu- bildung von Zähnen stattzufinden, in den Kiefern der Art, dass sich meist die neuen Ersatzzähne von innen her nachschieben, seltener zur Seite der abgenutzten ihren Ursprung nehmen. Bei den untern Schlund- zähnen der Cyprinoiden ist sogar ein periodischer Zahnwechsel nach- weisbar. Während sich im Boden der weiten Rachenhöhle eine nur kleine kaum bewegliche Zunge entwickelt und Speicheldrüsen fehlen, wird die hintere Partie derselben in ihrer Continuität durch die Quer- spalten der Kiemenbogen unterbrochen. Es folgt dann in der Regel eine kurze trichterförmige Speiseröhre und ein weiter, an seinem hintern Abschnitt aufwärts umgebogener Magenabschnitt, der sich nicht selten in einen ansehnlichen Blindsack verlängert. Der Pylorus wird in der Regel durch einen äussern Muskelwulst und eine innere Klappe zur Abschliessung vom Darme bezeichnet, hinter welcher häufig blinddarm- artige Anhänge, die Appendices pyloricae, als Ausstülpungen des Darmes 1) Zur Kenntniss der nähern Verhältnisse vergl. R. Owen, Odontographie. London. 1840—1845. 2) Vergl. H. Rathke, Beiträge zur Geschichte der Thierwelt. II. Halle. 1824, sowie dessen Abhandlung in Muller's Archiv. 1837. Darmkanal. Schwimmblase. 817 in verschiedener Zahl aufsitzen. Die Bedeutung dieser bald einfachen bald verästelten ßlindschläuche scheint sich auf eine Vergrösserung der secernireuden Darniobertläche zu reduciren. Der Dünndarm verläuft in gerader Kichtung oder auch unter Krümmungen bis zur Bildung mehr- facher Schlingen. Die innere Oberfläche der mehr oder minder mus- kulösen Wandung zeichnet sich durch die Längsfalten der Schleimhaut aus, selten nur kommen wie bei den höhern Wirbelthieren Darmzotten vor, dahingegen besitzt der hintere Darmabschnitt der Selachier, Ganoiden und Dipnoer eine eigeuthümliche, schraubenförmig gewundene Längsfalte, die sog. Spiralklappe, die zur Vergrösserung der resorbirenden Ober- fläche wesentlich beiträgt. Ein Rektum ist keineswegs überall scharf gesondert und dann nur überaus kurz und bei den Haien mit einem bUnd- sackartigen Anhang versehen. Im letztern Falle fungirt der Endabschnitt desselben durch die Aufnahme der Ausführungsgänge des Urogenitalappa- rates als Kloake. Der After liegt in der Regel weit nach hinten und stets bauchständig vor der Mündung der Harn- und Geschlechtsorgane, bei den Kehlflossern und den Knochenfischen ohne Bauchflossen rückt er jedoch auflallend weit nach vorn bis an die Kehle. Speicheldrüsen fehlen den Fischen, dagegen findet sich stets eine grosse fettreiche, meist mit einer Gallenblase ausgestattete Leber, sowie in der Regel auch eine Bauch- speicheldrüse, die keineswegs, wie man früher glaubte, durch die Pylorus- anhänge ersetzt wird. Als Ausstülpung des Darms entwickelt sich bei zahlreichen Fischen die Schwimmblase, ein Organ, welches mit Rücksicht auf diese Art der Entstehung den Lungen entspricht. Dieselbe liegt fast stets als ein unpaarer mit Luft gefüllter Sack an der Wirbelsäule über dem Darm und erscheint ebenso häufig geschlossen, als durch einen Luftgang (Physostomi) mit dem Innenraum des Darmes in Communication. Allerdings scheint die morphologische üebereinstimmung zwischen Lunge und Schwimmblase durch mehrfache Abweichungen, insbesondere durch die Lage der letztern über dem Darm, durch die Einmündung des Luft- ganges in die obere Wandung des Schlundes oder Magens, ebenso durch den Mangel eines respirirenden Gefässnetzes gestört, indessen gibt es in diesen Characteren Verbindungsformen. Die Gestalt der Schwimmblase variirt mannichfach, in der Regel erweist sie sich als ein einfacher langge- streckter Sack, häufig aber trägt sie an ihrem vordem Ende oder in ihrem ganzen Verlaufe seitliche Blindsäckchen. Auch kann sie durch eine mittlere Einschnürung in eine vordere und hintere Abtheilung oder wie bei Folypterus in eine rechte und linke Hälfte von freilich ungleicher Grösse zerfallen. An der W^andung der Schwimmblase unterscheidet man eine äussere elastische, zuweilen mit Muskeleinrichtungen ausgestattete Haut und eine innere Schleimhaut, an der sich die Blutgefässe verbreiten und an bestimmten Stellen Wundernetze erzeugen. Auch treten an der Claus, Zoologie. 2. Auflage. 52 818 Function der Schwimmblase. letztern zuweilen drüsenartige Gebilde auf, welche auf die eingeschlossene Luftmenge einwirken mögen. Die Innenfläche ist in der Regel glatt, zuweilen jedoch mit maschigen Vorsprängen versehen , die in einzelnen Fällen {Ganoiden) zur Entstehung zelliger Hohlräume führen. Physio- logisch erweist sich die Schwimmblase als ein hydrostatischer Apparat, welcher im Wesentlichen die Aufgabe zu haben scheint, das specifische Gewicht des Fisches variabel zu machen und eine leichte Verschiebung des Schwerpunktes zu gestatten. Dass die Schwimmblase zahlreichen Fischen und z. B. vortrefflichen Schwimmern, wie allen Selachiern, den Chimaeren, Cyclostomen und Leptocardiern , auch vielen Teleostiern, fehlt, scheint dem Verständniss ihrer Funktion keineswegs günstig. Da wo sie auftritt, muss der Fisch die Fähigkeit besitzen, theils durch die Muskel- fasern der Blasenwand, theils mittelst der Rumpfmuskulatur die Blase zu comprimiren und den specifisch schwer gewordenen Körper zum Sinken zu bringen. Beim Nachlassen des Muskeldruckes wird sich die comprimirte Luft wieder ausdehnen, das specifische Gewicht herab- setzen, und das Steigen des Fisches die Folge sein. Wirkt der Druck ungleichmässig auf die vordere und hintere Partie, so wird zugleich eine Verschiebung des Gewichtes eintreten, der zu Folge die specifisch schwerer gewordene Hälfte voransinkt. Indessen besteht ein noch complicirteres, erst durch Bergmann näher beleuchtetes Verhältniss. Da das speci- fische Gewicht des Fisches mit dem des Wassers ziemlich übereinstimmt, so bedarf es nur eines geringen Muskeldruckes, um den Fisch sinken zu lassen. Da sich ferner das Wasser durch Druck nur wenig ver- dichtet, also in tiefern Schichten nahezu dasselbe specifische Gewicht behält als an der Oberfläche, so ist die Grenze der Tiefe nicht abzu- sehen, in welche der Fisch mit Hülfe einer geringen Compression der Luftblase gelangen könnte, zumal auch der Körper des Fisches dichter und specifisch schwerer wird Das specifische Gewicht des Fisches muss sogar ungleich mehr zunehmen, als die Dichtigkeit des W' assers, weil der Inhalt der Schwimmblase ein Gasgemenge darstellt, welches sich in geradem Verhältniss mit dem zunehmenden Drucke comprimirt. Dem- nach wird der Fisch beim Sinken in einen um so grössern Kampf mit dem steigenden specifischen Gewicht seines Körpers gerathen, je grösser seine Schwimmblase im Verhältniss zum Körper ist und niemals so tief gehen dürfen, dass ihm der Einfluss seines eigenen Körpers auf die Compression der Luft, also die Fähigkeit der Abspannung verloren geht. Je grösser die ursprüngliche unter dem Einflüsse des Fischkörpers stehende Spannung der Schwimmblase war, um so bedeutender wird 1) Vergl. die Abhandlungen von Kathke, C. E. von Baer, Joh. Müller, sowie, besonders Bergmann'» Darstellung der Funktion der Schwimmblase in Berg- mann und I.cuckarl, vergl. anal. phys. üebersicht des Thierreichs. Stuttgart. 1852. Kiemen. 819 diese Tiefe sein können. Ebenso darf umgekehrt der aufsteigende Fiscli nicht so hoch steigen, dass er bei der mechanisch erfolgenden Aus- dehnung der Schwimmblase die Muskelwirkung aus seiner Gewalt ver- liert. Der Besitz der Schwimmblase bindet demnach den Fisch an gewisse Tiefen, innerhalb welcher ihm dieselbe beim Aufsteigen und Sinken vortreffliche Dienste leistet. Fische, die in sehr bedeutender Tiefe leben (Kilch im Bodensee), kommen todt mit dickem Bauche und hervorgetriebenem Schlünde an die Oberfläche. Die Respiration erfolgt bei allen Fischen am vordem Eingangsabschnitt des Verdauungskanales , dessen Wandung zu beiden Seiten den Kiemen als Ursprungsstätte dient, während die in den Schlund eingelagerten knorpligen oder knöchernen Visceralbogen die Stützen und Träger der Kiemen darstellen. Das durch die Mundöft'nung aufgenommene Wasser ge- langt durch die zwischen den Kiemenbogen zurückbleibenden Spalten der Schlundwandung aus der ßachenhöhle in die Kiemenräume, umspühlt die Kiemen und fliesst durch eine äussere Spaltöffnung oder durch mehrere seit- liche Löcher und Spaltenpaare der Kiemenräume nach aussen ab. Die Kiemen selbst erweisen sich in der Regel als lanzetförmige bewegliche Blättchen, welche in Doppelreihen an jedem der vier Kiemenbogen aufsitzen. Ent- wickelt sich an dem hintern Bogen nur eine Reihe von Kiemenblättchen {Labroideji, Zeus, Cyclopterus), so entstellt eine sog. halbe Kieme. Auch können die Blättchen an diesem Bogen vollständig ausfallen, so dass sich die Zahl der Kiemen jederseits auf drei {LopMiis^ Diodon, Tetrodori) reducirt. Vollständiger noch ist die Reduction bei Malthea, noch mehr bei Amphipnaus, wo nur die zweite Kieme besteht. Bei den Knochenfischen und Ganoiden liegen diese Kiemen jederseits frei in einer geräumigen Kiemenhöhle, welche an ihrer äussern Seite von Kieraendeckel und Kiemenhaut bis auf einen einfachen meist langen Querspalt geschlossen wird. In der Regel erheben sich auch an der Innenseite des Kicmendeckels eine Reihe von Kiemenblättchen als Xeben- kiemen, welche bei vielen Ganoiden und Chimaera als Kiemen fungiien, bei den Teleostiern aber ihre respiratorische Bedeutung verloren haben (Pseudobranchien). Bei den Plagiostomen dagegen kommen die Kiemen in sackförmige, durch seitliche Oeffnungen nach aussen führende Räume zu liegen, mit deren vordem und hintern durch Knorpelstäbchen ge- stützten Wänden die Kiemenblättchen verwachsen. Diese Kiemensäcke verdanken ihr Entstehen dem Auftreten von Scheidewänden zwischen den beiden Blättchenreihen eines jeden Bogens, zu denen noch ein äusseres Gerüst von Knorpelstäben hinzukommt. Indem sich jede Scheide- wand bis zur äussern Haut fortsetzt, trennt sie die Hälften einer jeden Kieme und grenzt zwei nebeneinander liegende Räume ab, welche durch die Scheidewände der nächstbenachbarten Bogen zu Taschen oder Säcken geschlossen werden und je zwei Blättchenreihen von zwei benachbarten 52* 820 KienieHsücke uud iüemeubeutel. Kiemen einscliliessen. Bei den Selachiern finden sicli in der Regel 5 Paare (bei Xexanchus 6, Heptanchus 7) solcher Kiemensäcke, von denen der letzte nur an seiner Vorderwand eine Blättchenreihe (die hintere des vierten eigentUchen Kiemenbogens) entwickelt, während der erste Sack ausser der vordem Blättclienreihe des ersten Bogens am Zungenbeinbogen eine der Nebenkieme der Chimären und Ganoidcn ent- sprechende Reihe von Kiemenblättchen trägt. Daneben aber kommt noch, wie auch bei den Ganoiden, eine FseudohrancJiie des Spritzlochs vor, deren Gefässe dem arteriellen Kreislauf angehören und eine Wunder- netzbildung erzeugen. Bei den Cyclostomen, denen die Visceralbögen fehlen, steigt die Zahl der Kiemensäcke regelmässig auf 6 oder 7 Paare. Die Räume derselben werden hier beuteiförmig und münden entweder durch innere Kiemengänge oder {Petromyson) durch einen gemeinsamen sämmtliche Kiemengänge aufnehmenden Kanal in den Oesophagus. Zur Ableitung des Wassers dienen äussere Kiemengänge, in deren Umgebung ein Netzwerk von Knorpelstäben unter dem Integument zur Entwicklung kommt. Dieselben können sich jederseits zur Bildung eines gemein- samen Porus vereinigen {Mi/xine). Aeussere aus den Spalten der Kiemensäcke hervorragende Kiemen finden sich nur bei den Embryonen der Plagiostomen , dann kommen Rudimente äusserer Kiemen bei Ilhinocryptis annectens vor. Endlich sind als accessorische Athmungs- organe Nebenräume der Kiemenhöhle zu betrachten, welche die respiri- rende Oberfläche durch Entwicklung eines Capillarnetzes vergrössern. Dieselben stellen entweder Labyrinth-förmige Höhlungen in den obern Schlundknochen {Labyrinthfische) dar, oder sackförmige Anhänge der Kiemenhöhle (Saccohranchus), welche sich bis in das hintere Leibesende über den Rippen hin erstrecken oder wie bei Amphipnous hinter dem Kopf emporstiegen. Letztere sollen nach Taylor mit Luft angefüllt getroffen sein. Wahre Lungen mit Innern zelligen Räumen, kurzer Luft- röhre und G/o^^is-artiger Einmündung in den Schlund kommen nur bei den Dipnoern vor (doch ist nach Hyrtl auch die Schwimmblase des Gymnarchus Lunge j, die in dieser Hinsicht echte Verbindungsglieder zwischen Fischen und Amphibien sind. Am einfachsten endlich ver- halten sich die Respiraiionsorgane bei Amphioxus, indem sie hier durch die von zahlreichen Spaltötfnungen durchsetzte Schlundwandung selbst vertreten sind. Der Kreislauf des rothen nur selten (bei Amphioxus und den Leptoccphalidcv^ weissen Blutes geschieht innerhalb eines complicirten geschlossenen Gefässsystemes , an welchem sich tiberall mit Ausnahme von Amphioxus ein muskulöser pulsirender Abschnitt als Herz ausbildet. Das Herz liegt weit vorn an der Kehle unter dem Kiemengerüst und wird von einem Herzbeutel umschlossen, dessen Innenraum bei den Plagiostomen, Chimaeren, Stören etc. mit der Leibeshöhle communicirt. Herz und Blutgefässe. 821 Mit Ausnahme der an die Amphibien sich anschliessenden Dipnoer ist dasselbe ein einfaches venöses Kiemenherz, mit einem dünnwandigen weiten Vorhof und einer sehr kräftigen muskulösen Kammer. Der Vorliof nimmt das aus dem Körper zurückkehrende venöse Blut auf, die Kammer führt dasselbe durch einen aufsteigenden Arlerienstamm nach den Respirationsorganen. Der Arterienstamm beginnt überall mit einer zwiebelartigen Anschwellung, dem Bulbus arteriosus, dessen Wandung bei den Ganoiden, Plagiostomen, Dipnoern einen äussern Muskelbelag erhält und an der Innern Fläche eine Anzahl halbmondförmiger Klappen entwickelt, welche den Rückfluss des ausströmenden Blutes in die Kammer verhindern. Nach Gegenbaur würde freilich dieser Abschnitt als Conus arteriosus nicht dem Aortenbulbus, sondern einem dritten selbstständig gewordenen Herzabschnitt entsprechen. Während die Fische mit einfachem nicht muskulösen Bulbus nur zwei Semilunar- klappen an dessen Ursprung aufzuweisen haben, besitzen die ge- nannten Ordnungen meist 2 bis 4, selten 5 Reihen von je 3, 4 und zahlreichen Klappen. Die aus dem Bulbus aufsteigende Arterie theilt sich nun in eine Anzahl paariger, den embryonalen Aortenbogen entsprechender Gefässbogen, welche als Epibranchialarterien in die Kiemen- bogen eintreten und Zweige zur Bildung der respiratorischen Capillar- netze in die Blättchen abgeben. Aus den Capillarnetzen gehen kleine venöse Gefässe hervor, welche an jedem Kiemen bogen zu einer grössern Kiemenvene (Epibranchialarterie) zusammenfliessen. Letztere vereinigen sich, der Vertheilung der Kicmenarterien entsprechend, zur Bildung der grossen Körperarterie, Aorta descendens, lassen aber schon vorher und zwar aus den Epibranchialarterien des obern Bogens die Gefässe des Kopfes hervorgehen. Bei den Knochenfischen kommt zu dieser untern Vereinigung. noch eine obere Queranastomose der vordem Kiemenvenen oder der beiden durch die Vereinigung der Kiemenvenen entstandenen Hauptstämme, so dass ein geschlossener Gefässring {Circidus cephcdicus) entsteht. Die Anordnung der Haupt- Venenstämme schliesst sich bei den Fischen am nächsten den embryonalen Verhältnissen an. Entsprecliend den vier sog. Cardinal venen führen zwei vordere und zwei hintere Vertebralvenen (Jugularvenen und Cardinalvenen) das venöse Blut zurück, indem sie sich jederseits zu einem in den Vorhot des Herzens eintretenden Querkanal (Ductus Cuvieri) vereinigen. Durch Einschiebung eines doppelten Pfortadersystems gestaltet sich jedoch der Lauf des zurück- kehrenden venösen Blutes complicirter. Durch Auflösung der Caudal- vene, die nur bei den Cyclostomen und Selachiern direkt in die hintere Cardinalvene übergeht, entwickelt sich der Pfortaderkreislauf für die Niere, aus welcher das Blut dann ebenfalls in die Cardinalvenen gelangt. Zum Pfortaderkreislauf der Leber dagegen wird das Venenblut des Darnies verwendet und in der W^eise nach dem Herzen geführt, dass eine 822 Harn- und Geschlechtsorgane. einfache oder mehrfache, der hintern Hohlvene entsprechende Vene zwischen den beiden Ductus Cuvieri in den Vorhof eintritt. Derartige Capillarsysteme müssen natürhch die Fortbewegung des Blutes bedeutend hindern, und so erklärt sich denn auch das Auftreten von sog. Neben- herzen an der Caudalvene des Aales {Anguilla, Muraenophis) und an der Pfortader von Myxine. Die Harnorgane der Fische sind paarige Nieren. In der Regel erstrecken sich dieselben längs des Rückgrates vom Kopf bis zum Ende der Leibeshöhle und entsenden zwei Harnleiter, die sich zu einer gemein- samen Urethra meist unter Bildung einer Harnblase vereinigen. In- dessen können auch im Verlaufe der Harnleiter blasenartige Erweiterungen auttreten (Selachier). Ueberall aber liegen Harnblase und Urethra^ hinter dem Darmkanal. Die letztere mündet bei den meisten Knochenfischen mit der Geschlechtsöfinung gemeinsam oder auf einer hesondern Papille hinter der Geschlechtsöfinung. Bei den Flagiostomen und Dipnoern dagegen kommt es zur Bildung einer Kloake, indem bei den erstem Urethra nebst Geschlechtsausführungsgängen in den erweiterten End- abschnitt des Darmrohres hinter dem Rectum einmünden , während bei den Dipnoern die getrennten Harnleiter seitlich in diesen Abschnitt eintreten. Mit Ausnahme einiger hermaphroditischer ^Serrawzts- Arten (und selten beobachteter Karpfenzwitter) sind die Fische getrennten Geschlechtes. Männliche und weibliche Zeugungsorgane verhalten sich jedoch nach Lage und Gestalt oft so übereinstimmend, dass die Untersuchung ihres Inhaltes zur Bestimmung des Geschlechtes erforderlich ist, zumal da häufig auch äussere Geschlechtsunterschiede hinwegfallen. Die Ovarien erweisen sich als paarige (bei den Myxinoiden sowie bei den Haien und verschiedenen Knochenfischen wie Ferca, Blennius, Cobitis unpaare) bandartige Säcke, welche unterhalb der Nieren zu den Seite^j des Darmes und der Leber liegen. Die Eier entstehen an der Innern quergefalteten Ovarialwandung und gelangen in den innern sich füllenden Hohlraum der zur Fortpflanzungszeit mächtig anschwellenden Säcke. Dagegen besitzen die mit Ausnahme von Myxine überall paarigen Hoden eine aus Querkanälchen oder blasigen Räumen zusammengesetzte Struktur. Im einfachsten Falle entbehren Hoden und Ovarien besonderer Aus- führungsgänge, es gelangen dann die Geschlechtsstofte nach Dehiscenz der Drüsen wand in den Leibesraum und von hier durch einen Abdominal- porus (Amphioxus) oder wie bei den Rundmäulern, Aalen und weib- lichen Lachsen durch einen hinter dem After befindlichen Genitalporus nach aussen. Weit häufiger treten indessen Ausführungsgänge hinzu, sei es wie bei den Knochenfischen als unmittelbare Fortsetzungen der Geschlechtsdrüsen, sei es wie bei den Ganoiden, weiblichen Plagiostomen und Dipnoern als selbständige, mit trichterförmiger Oefliiung frei begin- nende Kanäle (Müller'sche Gänge). Im erstem Falle vereinigen sich Fortpflanzung. Wanderungen. 823 sowohl die beiden Eileiter als Samenleiter zu einem unpaaren Gang, der sich zwischen After und Mündung der Urethra auf der ürogenitalpapille nach aussen öfihet, im letztern dagegen sowie bei den männlichen Pla- giostomen und Dipnoern kommt es zu einer gemeinsamen Kloaken- bildung. Aeussere accessorische Begattungsorgane finden sich nur bei den männlichen Plagiostomen als lange durchfurchte Knorpelanhänge der Bauchflossen. Bei weitem die meisten Fische pflanzen sich durch Eier fort, die sie als Laich an geeigneten Orten ins Wasser absetzen, nur wenige Teleostier wie z. B. Anahleps, Zoarces u. a. sowie ein grosser Theil der Haie gebären lebendige Junge. Im letztern Falle durclilaufen die Eier im Innern des Ovariums oder häufiger in einem erweiterten als Uterus fungirenden Abschnitt der Eileiter die embryonale Entwicklung, zuweilen unter Verhältnissen, welche an die Entwicklung und Ernährung der Säugethierembryonen erinnern (Dottersack einiger Haie, Curcharias und Miistelus laevis). In der Regel erfolgt die Fortpflanzung nur ein- mal im Jahre und zwar zu einer bestimmten, aber nach den einzelneu Familien verschiedenen Jahreszeit, am häufigsten im Frühjahr, seltener im Sommer, ausnahmsweise wie bei vielen Salmoniden im Winter. Nicht selten treten zur Laichzeit aufi'allende Veränderungen auf, sowohl in Gestalt und Färbung des Leibes, als auch in der gesammten Lebens- weise. Insbesondere erhalten die Männchen eine lebhaftere Färbung (Hochzeitskleid) und eigenthümliche Hautwucherungen, die sie vor den Weibchen kenntlich machen. Die männlichen Individuen der meisten Karpfenarten bedecken sich mit einem merkwürdigen Hautausschlag, der aus einer warzenförmigen Wucherung der Epidermis besteht und Ver- anlassung zu besondern Bezeichnungen gegeben hat; die Männchen der Salmoniden erhalten auf dem Hinterrücken und wohl auch auf der Unter- seite des Schwanzes eine förmliche Hautschwarte, durch welche die Schuppenbildung mehr oder minder unkennthch wird. Auch die Weibchen (Coregonus) können zur Laichzeit eigenthümliche Auszeichnungen dar- bieten, wie z. B. die weiblichen BitterHnge (Rhodeus amarus) zu dieser Zeit nach Leydig's Entdeckung eine lange Legeröhre (zum Ablegen der Eier in die Kiemenfächer von Anodonta) besitzen, die nachher auf einer kurzen Papille einschrumpft. Wichtiger noch sind die Veränderungen in Aufenthalt und Lebensweise. Beide Geschlechter sammeln sich in grössern Schaaren, verlassen die Tiefe der Gewässer und suchen seichte Brutplätze in der Nähe der Flussufer oder am Meeresstrande auf (Häringe); einige unternehmen ausgedehntere Wanderungen, durchstreifen in grossen Zügen weite Strecken an den Küsten des Meeres (Thunfische) oder steigen aus dem Meere in die Flussmündungen ein und ziehen mit Ueberwindung grosser Hindernisse (Sahnsprünge) stromaufwärts bis in die kleinern Nebenflüsse (Lachse, Maifische, Störe etc.), wo sie an ge- schützten und nahrungsreichen Orten ihre Eier ablegen. Umgekehrt 824 Nestbau und Brutpflege. wandern die Aale zur Fortpflanzungszeit aus den Flüssen in das Meer, aus welchem im nächsten Frühjahr die Aalbrut zu Milliarden in die Mündungen der süssen Gewässer eintritt und stromaufwärts zieht. Die Art und Weise, wie sich beide Geschlechter zur Befruchtung der Eier begegnen, ist keineswegs überall dieselbe. Im Allgemeinen gilt der Aus- fall einer wahren Begattung und die Befruchtung des abgesetzten Laiches im Wasser als Regel. Die Männchen ergiessen ihren Samen über die austretenden oder auch schon abgelegten P^ier nicht selten unter Ver- hältnissen, welche die vorausgehende Einwirkung eines gegenseitigen Geschlechtsreizes unzweifelhaft erscheinen lassen. Bei einigen Knochen- fischen hat man nämhch beobachtet, dass beide Geschlechter zur Brunst- zeit die Bäuche gegeneinanderkehren und ihre Geschlechtsöffnungen reiben, bis die Zeugungsstoffe gleichzeitig austreten und mit einander in Contact gelangen. Die Thatsache der äussern Befruchtung des Fischeies hat zu der Möglichkeit der künstlichen Befruchtung geführt und zu dem wichtigen an vielen Orten mit grossem Erfolge geübten Erwerbszweige der Piscicultur Veranlassung gegeben. Indessen findet bei den lebendig gebärenden Fischen, sowie bei den Rochen, Chimaeren und Hundshaien, welche sehr grosse, von einer hornigen Schale um- schlossene Eier legen, eine wahre Begattung und innere Befruchtung des Eies statt. Besondere Thätigkeiten der Brutpflege werden fast stets vermisst. Die meisten Fische begnügen sich damit, den Laich an seichten, geschützten und Pflanzenreichen Orten, meist in der Nähe des Ufers abzusetzen, einige wählen für denselben Gruben und Höhlungen aus, ohne sich weiter um das Schicksal der Eier zu kümmern. Nur in wenigen Ausnahmsfällen zeigen merkwürdiger Weise die Männchen einiger Arten eine selbst mit Kunsttrieben verbundene Brutpflege. Vor allen sind die Männchen der Büschelkiemer {Syngnathus, Hippocampus) zu erwähnen, welche die abgelegten Eier in einer Art Bruttasche auf- nehmen und bis zum Ausschlüpfen der Embryonen mit sich herumtragen. Ein anderes Beispiel bieten die in Bächen lebenden Groppen oder Kaul- köpfe {Cottus gobio), deren Männchen während der Laichzeit Löcher zwischen Steinen aufsuchen, den hier abgesetzten Laich aufgenommener Weibchen wochenlang beschützen und muthig vertheidigen. Am merk- würdigsten aber ist das Fortpflanzungsgeschäft des männlichen Stichlings (Gastcrosteus), welcher nach den Mittheilungen glaubwürdiger Beobachter (Coste, v. Siebold) in dem sandigen Grunde der Gewässer aus Wurzelfasern und Blättern ein Nest baut und nicht nur die in dem- selben abgesetzten Eier am Eingang bewacht, sondern später auch die ausgeschlüpften unbehülflichen Jungen eine Zeit lang zurückhält. Endlich verdient als eigenthümliche Erscheinung das Vorkommen von sterilen in ihrer äusseren Erscheinung abweichend gestalteten Individuen {Gf/pri- noiden, Salmoniden), sowie das Auftreten von Bastarden (z. B. die Embryonalentwicklung. 825 hybriden Karpfen, Karauschen) hervorgehoben zu werden. Die Schweb- forellc (Salmo SchiefermüUeri) ist die sterile Form der Grundforelle (Fario Marsilii). Die Embryonalentwicklung^) der Fische, die am besten für die Teleostier bekannt geworden ist, unterscheidet sich von der Entwicklung der höhern Wirbelthiere hauptsächlich dadurch, dass die Bildung von Amnion und Allantois unterbleibt. Sowohl die kleinern mit Mikropyle versehenen Eier der Knochenfische als die grossen von einer harten Hornschale umhüllten Eier der Plagiostomen enthalten Biklungs- und Nahrungsdotter und durchlaufen eine partielle Furchung. Nur die Eier von Ampkioxus und der Cyclostomen weichen in dieser Hinsicht ab. Von dem den Anfang der Furchung bezeichnenden Keimhügel aus erhebt sich, den Dotter allmählig uberwachsend, die Keimhaut mit dem Primitiv- streifen und der Rückenfurche des Embryo's. Während sich die letztere durch Verwachsung ihrer beiden Seitenwülste zu einer Röhre (Anlage des Rückenmarkes) schliesst, tritt unterhalb dieses vorn erweiterten und noch geöffneten Rohres die Chorda dorsalis auf. Die Embryonalanlage hebt sich nun während ihrer allraähligen Diöerenzirung mehr und mehr vom Dotter ab, welcher als Dottersack meist mit seiner ganzen Breite der Bauchwand aufsitzt. Seltener steht derselbe durch einen kurzen Stil {Blennius viviparus, Cottus gobio, Syngnathus), häufiger durch einen langen Strang (alle Flagiostomen) mit dem Darm in Ver- bindung, im letztern Falle kann sogar der Dottersack [Carcharias, Mustelus laevis) Zöttchen auf seiner Oberfläche entwickeln, welche in entsprechende Vertiefungen des Fruchtbehälters eingreifen und eine wahre Dottersackplacenta zur Ernährung des Foetus darstellen. Auch ist den Embryonen der Rochen und Haie der Besitz von provisorischen äussern Kiemenfäden eigenthümlich, die in den äussern Kiemenanhängen der Batrachierlarven ihre Homologa haben, indessen schon lange vor der Geburt verloren gehen. Im Allgemeinen verlassen die jungen Fische ziemlich frühzeitig die Eihüllen, mit mehr oder minder deutlichen Resten des bereits vollständig in die Leibeswandung aufgenommenen aber bruch- sackartig vortretenden Dottersackes. Obwohl die Körperform der aus- geschlüpften Jungen von der des ausgebildeten Fisches wesenthch ab- weicht, fehlt doch eine Metamorphose mit Ausnahme einiger Cyclostomen (Petromyson) und der Leptocardier. Bei weitem die meisten Fische leben von thierischer Nahrung, 1) Vergl. C. Vogt, Embryologie des Salmones. Neufchatel. 1852. Lereboullet, Recherches d'embryologie compar^e sur le developpement du Brochet, de la Perclie et de l'Ecrcvisse. 1862. Leydig, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie und Entwicklung der Rochen und Haie. Leipzig. 1852. 826 Nahrung. Lebensweise. theils wie die Haie und grössern Teleo stier von andern Fischen , theils von kleinen See- und Wassertiiieren, insbesondere Krebsen und Mollusken. Einige nähren sich indessen auch omnivor und andere wie manche Karpfen ausschliesslich von Pflanzen. Die liaubtische erjagen meist ihre Beute und verschlingen dieselbe ohne vorherige Zerstückelung und Zer- kleinerung. Wenige wie die Rochen zertrümmern mit ihren Mahlzähnen die Schalen von Mollusken und Krebsen, und auch die Pflanzenfresser bedienen sich ihrer untern Schlundzähne zum Kaugeschäfte. Zuweilen finden sich jedoch noch besondere Hülfsorgane und Waffen, die zum Erwerbe der Nahrung und wohl auch zugleich zur Vertheidigung benutzt werden. Zahlreiche Raubfische von weniger andauernder und rascher Schwimmbewegung sind darauf angewiesen in der Tiefe der Gewässer auf Beute zu lauern, diese tragen nicht selten lange wurmförmige Fäden in der Nähe des Rachens, durch deren Spiel kleinere Fische getäuscht und herangelockt werden. Einige ostindische Süsswasserfische mit schnabelartig verlängerter Schnauze, wie Toxotes, Chaetodou bedienen sich dieser letztern, um einen Wasserstrahl auf Insecten zu spritzen und dieselben von Pflanzen ins Wasser zu schiessen. Die electrischen Fische betäuben ihre Beute durch electrische Schläge, benutzen die letztern aber auch als Schutzmittel zur Vertheidigung. Schutzwaffen haben be- sonders bei den Meerfischen eine weite Verbreitung — die meisten Meer- fische (Acanthopterygier) — und sind durch den Besitz der Stachel- flossen oder besonderer grösserer Knochenstacheln am Rücken und Schwänze (Rochen) sowie durch stachelförmige Fortsätze des Kiemen- deckelapparates oder durch die Bepanzerung des gesammten Körpers (Igelfisch) gegeben. Der bei weitem grössere Theil der Fische lebt in der See, und zwar nimmt die Zahl der Gattungen und Arten mit der Annäherung an den Aequator ab. Uebrigens erscheint der Aufenthalt im süssen oder sal- zigen Wasser keineswegs für alle Fälle ein exclusiver. Einige Gruppen wie die Ordnung der Plagiostomen sind allerdings fast durchweg auf das Meer, andere wie die Familien der Cyprinoiden und Esoeiden auf die süssen Gewässer beschränkt, indessen gibt es auch Fische, welche periodisch namentlich zur Laichzeit in ihrem Aufenthalte wechseln. Einige Fische leben in unterirdischen Gewässern und sind wie die Höhlen- bewohner blind (Ämblyopsis spelaeus). Ausserhalb des Wassers sind nur wenige Fische längere Zeit im Stande zu leben, im Allgemeinen sterben die Fische im Trocknen um so rascher ab, je weiter ihre Kiemen- spalte ist. Fische mit sehr enger Kiemenspalte wie die Aale besitzen ausserhalb des Wassers eine ungewöhnliche Lebenszähigkeit, jedoch scheint die vielfach geglaubte Angabe, dass die Aale freiwillig das Wasser verlassen, nicht erwiesen. Dagegen hat Hancock für eine Doras-krt Klettenide und fliegende Fische. 827 nachgewiesen, dass bisweilen gi'osse Schaaren derselben über den Erd- boden hin aus einem Gewässer in das andere wandern. Am längsten aber vermögen, von den Dipnoern abgesehen, einige ostindische Süss- wassei-fische , deren labyrinthförmig ausgehöhlte obere Schlundknochen ein vielzelliges Wasser-Reservoir darstellen , im Trocknen zu leben. Nach Daldorff und John soll einer dieser Labyrinthfische, Anabas scandens, mittelst der Stacheln des Kiemendeckels sogar an Palmen emporklettern. Gibt es somit Kletterer unter den Fischen, so fehlen andererseits auch fliegende Fische keineswegs. Es ist bekannt, dass viele Fische sich in kleinen Luftsprüngen über die Oberfläche des Wassers erheben, um den Nachstellungen der sie verfolgenden Raubfische zu ent- gehen. Einige marine Formen aber wie Exocoetus und Bactylopterus vermögen sich mittelst ihrer mächtig entwickelten flügelartigen Brust- flossen wohl auf 20 Fuss hin in der Luft schwebend zu tragen. Durch das ausgedehnte Vorkommen fossiler Fischreste in allen geologischen Perioden erhalten die Fische für die Kenntniss der Ent- wicklungsgeschichte des Thierlebens auf der Erde eine hohe Bedeutung. In Palaeozoischen Formationen bilden höchst absonderhche Fischgestalten wie die der Cephalaspiden {Cephalaspis , Coccosteus, Pterichthys) die ältesten Repräsentanten der Wirbelthiere. Von hier an finden sich bis zur Kreide fast ausschliesslich Knorpelfische und Ganoiden, unter denen die Formen mit persistenter Chorda und knorpligem Schädel vorwiegen. Erst im Jura treten Ganoiden mit ausgebildeterem knöchernen Skelet, runden Schuppen und äusserlich homocerker Schwanzflosse, ebenso auch die ersten Knochenfische auf. Von der Kreide an nehmen die Knochen- fische in den jüngeren Formationen an Reichthum und Mannichfaltigkeit der Formen um so mehr zu, je mehr man sich der jetzigen Schöpfung nähert. Cuvier theilte die Fische in 5 Ordnungen: Chondropterygü (Aristoteles), Malacoptenjgii , Äcanthopterygii, Plectognathi und Lopthobranchii. L. Agassiz, der den drei ersten Hauptabtheilungen im Grunde nur neue Namen gab (Placoiden, Cycloiden, Ctenoiden) führte dann eine neue Ordnung als Ganoiden oder Schmelzschupper ein, in welcher er nicht nur die beiden letzten Ordnungen Cuviers zusammen- fasste, sondern auch einen Theil der Chondropterygier und Malacopterygier aufnahm. Joh. Müller, der auf Grund vergleichender anatomischer Forschungen die Classification der Fische von Neuem umgestaltete und wesentlich verbesserte, löste die Knorpelfische in die Abtheilungen: Leptocardii, Cyclostomi {Dermopteri) und Selachii auf, die er als Unter- classen unterschied. Als solche betrachtete er ferner die Ganoiden (nach Entfernung der Plectognathen und Lophohranchier), die Teleostei oder Knochenfische — Plectognathen, Lophobranchier , Malacopterygii (Physostomi), Anacanthini, Acanthopteri, Pharyngognathi, — und endlich 828 1. Subclasse. Leptocardii. die Bipnol Letztere hat man neuerdings (Gill, Günther u. a.) mit den Ganoiden vereinigen wollen. Trotz zahlreicher neuerer Classifications- versuche'), die vornehmhch aus der Schwierigkeit, Ganoiden und Teleostier unter Berücksichtigung der fossilen Formen scharf abzugrenzen, entsprungen sind, erscheint die Grundlage des Müll er 'sehen Systems im Wesentlichen befestigt, 1. Subclasse. Leptocardii^) (Acrania), Röhrenherzen. Von lanzet förmig er Körpery estalt, ohne Brust- und Baicchßossen, mit per sistir ender Chorda und einfachem Rückenmark, ohne Gehirn und Schädelkapsel, mit pulsirenden Gefässstämmen und farblosem Blute. Obwohl nur eine einzige Thiergattung, Ämphioxus, den Inhalt dieser Abtheiiung bildet, so erscheint ihre Aufstellung doch durch die tiefe, gewissermassen embryonale Organisationsstufe derselben gerechtfertigt. Wurde doch die europäische Art von ihrem ersten Beobachter Pallas für eine Nacktschnecke gehalt(?n und als Limax lanceolatus beschrieben, wie sie denn auch in der That nach Form und Organisation als der persistente Embryo unseres Typus bezeichnet werden kann. Der lanzetförmige Leib von Ämphioxus erreicht ungefähr die Länge von 2 Zoll, erscheint nach beiden Enden zugespitzt und mit einem dor- salen und analen, aber strahlenlosen Flossenkamm besetzt , welcher sich continuirlich in die lanzetförmig verbreiterte Schwanzflosse fortsetzt. Der Leib wird in seiner ganzen Länge anstatt der Wirbelsäule von einem gallertig knorpligen Stabe, Rückensaite, durchsetzt, welche vorn und hinten verschmälert mit abgerundeter Spitze endet. Oberhalb der Chorda und von einer häutigen Röhre der Chordascheide umgeben, verläuft das Rückenmark, ohne sich in seiner vordem Partie zu einem Gehirn umzugestalten. Auch fehlt in der Umgebung dieses vordem Abschnittes eine dem Schädel entsprechende Knorpelkapsel. Von Sinnes- organen findet sich das Auge in sehr rudimentärer Form als unpaarer, nach Quatrefages und Joh. Müller aber paariger Pigmentfleck, ferner 1) Vergl. die Schriften von Gill, LUtken. Günther u. a. Letzterer hat neuer- dings auch die Selachier mit den Ganoiden und Dipnoern als Subclasse der Palaeichthyes zusammengezogen. 2) 0. G. Costa, Storia del Branchiostoma lubricum. Frammenti di Anat. comp. Fase. I. 1843. Napoli. J. Müller, üeber den Bau und die Lebenserscheinungen des Branchiostoma lubricum (Ämphioxus lanceolatus). Abhandl. der Berl. Acad. 1842. Kowalevski, Entwicklungsgeschichte von Ämphioxus lanceolatus. St. Peters- burg. 1867. Vergl ferner die Beobachtungen von Quatrefages, M. Schnitze, Kathke, Kölltker, Leuckart, Pagenstecher etc. Bau und Entwicklung. 829 eine links gelegene kleine Geruchsgrube. Gehörorgane fehlen. Während Gesichts- und Geruchsorgane auf der obern Fläche des vordem Körper- abschnittes angebracht sind , der sich keineswegs scharf als Kopf vom Rumpfe absetzt, liegt die Mundöffnung bauchständig nicht weit vom vordem Körperpole entfernt. Dieselbe ist eine längliche mit Girren besetzte und von einem gegliederten Knorpelring gestützte Spalte, noch durchaus ohne Kiefer. Mundhöhle und Schlund erscheinen zu einem geräumigen Sacke ver- längert, welcher zugleich Athemhöhle ist und die Respiration besorgt. Die Innenfläche dieses dem Kiemensacke der Ascidien vergleichbaren Raumes ist mit lebhaft schwingenden Wimpern besetzt, welche die Ein- fuhr von Wasser und Nahrungsstoffen vermittlen, während die Wandung seitlich durch zahlreiche schräg verlaufende Knorpelstäbchen gestützt wird, zwischen denen Spaltöffnungen zum Abfliessen des Wassers in einen oberflächlichen in dem Perus branchialis an der Bauchseite aus- mündenden Raum frei bleiben. Am hintern Ende, im Grunde dieses Schlund- und Kiemensackes beginnt das Darmrohr, welches sich in gerader Richtung bis zum Schwänze fortsetzt und durch einen etwas seitlich gelegenen After ausmündet. Dasselbe sondert sich in zwei Abschnitte, von denen der vordere einen Leberblindsack bildet. Das Gefässsystem ent- behrt eines Herzens, an dessen Stelle die grössern Hauptgefässstämme pulsiren. Die Anordnung der Gefässe gestattet einen Vergleich mit dem Gefässapparat von Wirbellosen (Gliederwürmern) und entspricht zu- gleich in einfachster Form dem Typus der Vertebraten. Ein unterhalb des Athemsackes verlaufender Längsstamm entsendet zahlreiche an ihrem Ursprünge contractile Gefässe zu den Kiemen. Das vorderste Paar dieser Kiemenarterien bildet einen hinter dem Munde gelegenen con- tractilen Gefässbogen, dessen Hälften sich unterhalb der Chorda zum Anfang der auch die nachfolgenden Kiemenarterien aufnehmenden Aorta vereinigen. Das venöse aus den Organen zurückfliessende Blut tritt in ein oberhalb des Leberbliudsacks gelegenes Gefäss ein, welches zu dem subbranchialen Längsstamm wird. Das aus dem Darmkanal strömende Blut sammelt sich in einem Gefäss (Lebervene), das sich jedoch an dem Leberblindsack in feine Verzweigungen auflöst. Erst ein zweites contractiles Blutgefäss (Hohlvene) nimmt das Blut aus jenen Verzweigungen wieder auf und führt es in den Längsstamm zurück. Ein Lymphgefäss- system scheint noch vollständig zu fehlen; die Körperchen des Blutes bleiben farblos. Die Geschlechtsorgane reduciren sich bei beiden Geschlech- tern auf sehr ähnliche Ovarien und Hoden, deren Zeugungsstoffe in den Leibesraum fallen und durch den vor dem After gelegenen Perus nach aussen gelangen. Nach Kowalevsky erfährt der Dotter eine totale Furchung. Die Furchungszellen gruppiren sich in der Peripherie einer Furchungs- höhle als Wand einer Hohlkugel. An der einen Seite verflacht sich die W^andung und beginnt eine Einstülpung, die immer tiefer greift, so dass 8^i0 2. Subclasse. Cyclostomi, Rundmäuler. die Furchungshöhle von den zwei aneinander gedrängten Zellenblättern der Wandung mehr und mehr reducirt wird. Der so gebildete fast halbkuglige Embryo besteht somit aus zwei Keimblättern (dem äussern und innem Blatte) und einem mit weiter Oeffnung beginnenden Central- raum, der Anlage der Yerdauungshöhle. Indejn sich die Oeffnung, welche zur spätem Afteröffnung wird, immer mehr verengert, erhält die Halb- kugel allmählig die Form einer etwas in die Länge gestreckten Hohl- kugel, deren Oberfläche Flimmercilien erhält. Nun beginnt der Embryo in der Eihaut zu rotiren, durchbricht die Eihaut und schwimmt frei im "Wasser umher. Die in das Larvenleben fallenden Veränderungen werden durch eine bedeutende Verlängerung des Leibes eingeleitet, der eine Abflachung der einen Seite parallel geht und führen alsbald, zur Ent- stehung der Primitivrinne, Chorda dorsalis und zur Anlage der Urwirbel- plättchen. Die weitere Entwicklung ist eine durch auffallende Asymmetrie (für Mund, vordere Kiemenspalte, After, Riechorgan, Auge, Kiemenwülste), sowie durch einen eigenthümlichen anfangs frei liegenden Kiemenapparat bezeichnete Metamorphose. Die einzige Gattimg der Leptocardier ist Amphioxus Yarrel (Branchiostoma Costa) mit einer einzigen an sandigen KUstensteiien der Nordsee, des Mitteimeeres und Sudamerika's verbreiteten Art. A. lanceolatus Yarrel, Lanzetfisch. Die als A. Belcheri Gray, Ind. Meer, A. elongatus Sundev. beschriebenen Formen gehören wahrscheinlich KU derselben Art. 2. Subclasse. Cyclostomi ■ ) (MarsipobrancMi) , Rundmäuler. Wurmförmige Fische ohne Brust- und Bauchflossen, mit knorp- ligem Skelet und persistirender Chorda, mit 6 oder 7 Paaren von heutei- förmigen Kiemen^ mit kreis- oder halbkreisförmigem Saugmund. Der Körper dieser Knorpelfische hat eine runde cylindrische Gestalt, besitzt eine glatte, schuppenlose, zuweilen lebhaft gefärbte Haut, mit verschiedenen Reihen von Poren und Schleimsäcken. Paarige Flossen fehlen vollständig, dagegen ist das System der unpaaren, verticalen Flossen über die ganze Rücken- und Schwanzlänge entwickelt und meist durch knorplige Strahlen gestützt. Das Skelet erscheint erst in seiner wesentlichen Grundlage vorgezeichnet und auf eine knorplige Anlage der Wirbelsäule, des Schädels und einiger Abschnitte des Visceralsystems 1) H. Rathke, Bemerkungen über den innem Bau der Pricke. Danzig. 1825, sowie tiber den Bau des Querders. Halle. 1827. Joh. Müller, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Berlin. 1835-45. Aug. Müller, Vorläufiger Bericht über die Entwicklung der Neunaugen. Müller's Archiv. 1856. Max Schultze, Die Entwicklungsgeschichte von Petromyzon Planeri. Haar- lem. 1856. Skelet, Gehirn. Geruchsorgan. 831 beschränkt. Die erstere tritt als persistirende Rückensaite auf, deren Scheide bereits durch knorplige Einlagerungen eine Gliederung erleidet, indem wenigstens bei den Petromyzonten an der obern das Rückenmark umgebenden Röhre (die Fortsetzung der äussern Chordascheide) paarige Knorpelleisten als Rudimente der obern Wirbelbogen sich erheben. Auch die Anlagen der untern Wirbelbogen finden sich als zwei seitliche vom untern Tlieile der Chordascheide absteigende Längsstreifen, welche in der Schwanzgegend einen Canal zur Aufnahme der Arteria und Vena caudalis herstellen. Am vordem Theile der Chorda ist es bereits zur Bildung einer das Gehirn uraschliessenden Schädelkapsel gekommen, in- dem hier die äussere Scheide zu einer knorpligen oder knochenharten Schädelbasis erstarrt, deren aufsteigende Fortsätze sich mehr oder minder vollständig zu einem knorpligen Schädelgewölbe schliessen. Seitlich fügt sich der Schädelbasis rechts und links eine Knorpelblase an, welche das Gehörorgan umgibt, an der vordem Fläche dagegen folgt eine häutige oder knorphge Nasenkapsel. Das System der Visceralknochen endUch reducirt sich auf knorplige den Gaumen und Schlund umgebende Leisten, auf verschiedene Lippenknorpel und ein complicirteres Gerüst von Knorpelstäben, welche in der Umgebung der Kiemensäcke den sog. Brustkorb bilden und zum Theil der Wirbelsäule sich anheften. Die Rundmäuler besitzen bereits ein dem Fischtypus entsprechendes Gehirn mit den drei Hauptsinnesnerven und einer reducirten Zahl spinal- artiger Nerven. Stets sind zwei Augen vorhanden, doch können die- selben unter der Haut und selbst von Muskeln bedeckt äusserhch ver- borgen bleiben (Myxine). Das Geruchsorgan ist ein unpaarer Sack und beginnt mit einer medianen Oeffnung zwischen den Augen. Bei den Myxinoiden besitzt die Nasenkapsel auch eine hintere Oefihung, welche den Gaumen durchbohrt und durch eine Klappenvorrichtung geschlossen werden kann. Diese auch bei den Dipnoern wiederkehrende Communi- kation der Nasen- und Mundhöhle dient zur Einführung des Wassers in die Kiemensäcke, da die Mundöffnung beim Festsaugen für den Durch- gang des Wassers verschlossen bleibt. Das Gehörorgan liegt zu den Seiten des Schädels in einer Knorpelkapsel und reducirt sich auf ein einfaches häutiges Labyrinth, welches das Vestibulum und ein oder zwei Bogengänge enthält. Die von fleischigen Lippen und oft von Bartfäden umgebene Mundöflfnung ist kreisförmig, wenngleich sich die Lippen zu einer medianen Längsspalte zusammenlegen können. Dieselbe führt in eine trichterförmige verengte Mundhöhle, welche der Kiefer vollständig entbehrt, indessen sowohl am weichen Gaumen als am Boden mit ver- schiedenen Hornzähnen bewaffnet ist. Im Grunde des Trichters liegt die Zunge, die ihre Function als Geschmacksorgan einbüsst, dagegen durch stempelartige Bewegungen zum Festsaugen dient. Der aus der Mundhöhle hervorgehende Schlund communicirt entweder direkt oder 832 Kiemen. Herz. Entwicklung. durch einen gemeinsamen mittleren Gang mit den Kiemenräumen. Der Darmkanal verläuft in gerader Richtung zum After und grenzt sich durch eine engere klappenartig vorspringende Stelle in Magen und Darm ab. Eine Leber ist überall wohl entwickelt. Die Kiemen liegen zu den Seiten des Oesophagus in 0 oder 7 Paaren von Kiemenbeuteln fest- gewachsen, welche durch äussere Kiemengänge in eben so viel getrennten Athemlöchern nach aussen sich öffnen. Bei Myxine hingegen ist jeder- seits nahe am Bauche nur eine Oeffnung vorhanden, zu welcher sich die äussern Kiemengänge vereinigen. Andererseits communiciren die Säcke mit dem Oesophagus, aber von Ämmocoetes abgesehen niemals direct durch einfache Oeffnungen, sondern durch innere Kiemengänge oder bei Petromyzon durch einen gemeinsamen vor der Speiseröhre liegenden Gang, zu welchem die Kiemengänge zusammentreten. Diese Einrichtung der Kiemen im Verbände mit einer Muskelumkleidung (Constrictoren) der Säcke, durch welche diese verengert werden können, bedingt die eigenthümliche Zuleitung und Abführung des Wasserstromes. Das Wasser strömt von aussen durch die äussern Kiemenöffnungen oder bei Myxine durch den Nasengang ein und fliesst, wenn die Con- strictoren wirken, entweder auf demselben Wege ab {^Fetromyzoti) oder in den Oesophagus und aus diesem durch einen besondern unpaaren Kanal der Hnken Seite nach aussen. Das Herz liegt unter und hinter dem Kiemenkorb. Auch einzelne Gefässstämme können pulsiren, so wenigstens bei Myxine die Ffortader. Der Aortenbulbus entbehrt des Muskelbeleges und enthält zur zwei Klappen. Eine Schwimmblase fehlt. Die Harn- und Geschlechtsorgane zeigen einen verhältnissmässig einfachen Bau. Die Nieren scheinen {Myxine') gewissermassen in ihre Elemente aufgelöst, indem sich die Harnkanälchen mit ihren Malpighischen Körperchen isolirt haben und vereinzelt in die Harnleiter eintreten, welche mit dem Perus genitalis zusammen ausmünden. Die Geschlechts- drüsen sind in beiden Geschlechtern unpaar, zuweilen selbst symmetrisch und entbehren stets der Ausführungsgänge. Eier und Samenfäden ge- langen zur Brunstzeit durch Dehiscenz der Drüsenwand in den Leibes- raum und von da durch einen hinter dem After befindlichen Forus genitalis in das Wasser.' Die Petromyzonten durchlaufen eine Art Metamorphose, die schon vor zwei Jahrhunderten dem Strassburger Fischer L. Baldner bekannt war, aber erst neuerdings von A. Müller wieder entdeckt wurde. Die jungen Larven sind blind und zahnlos und wurden lange Zeit einer besonderen Gattung Ämmocoetes zugerechnet. Die Cyclostomen leben theils im Meere und steigen dann zur Laich- zeit, zuweilen vom Lachs oder dem Maifisch getragen, in die Flüsse, auf deren Boden sie in Gruben ihre Eier absetzen. Andere sind Fluss- fische und von geringerer Grösse. Sie hängen sich an Steinen, todten und selbst lebenden Fischen fest, welche letztere sie auf diesem Wege Myxioüidae, Petromyaoiitidae. 833 ZU tödten vermögen, nähren sich aber auch von Würmern und kleinen Wasserthieren. Die Gattung Mijxine schmarotzt ausschüessUch an andern Fischen, gelangt selbst in deren Leibeshöhle und liefert eins der wenigen Beispiele eines entoparasitischen Wirbelthieres. 1. Ordnung: Cyclostomi = Marsipobranchii. 1. Fani. Myxinidae, [nger (Hyperotreta). Mit walzenförmigem Leibe, der nur am hinteren verschmälerten Ende mit einer niedrigen Flosse umrandet ist, mit schräg abgestutztem Kopfende nnd lippenlosem von Barteln umgebenen Saugmund. Die Mundhöhle ist nur mit einem Gaumenzahne und zwei Reihen von Zungenzahnen be- waffnet. Die Nasenhöhle durchbricht mittelst eines hintern durch Knorpelringe gestützten Rohres das Gaumengewölbe. Die Kieniensäcke münden äusserlich bald in einer ge- meinsamen Oeffnung jederseits am Bauche (Myxine, Gastrobranchus) , bald mit 7 Löchern oder asymmetrisch mit 6 Kiemenlöchern an der einen und 7 an der andern Seite {Bdellostoma) In der Haut finden sich eigenthümliche Schleimsäcke mit ent- sprechenden Oeffnungen. Die Augen bleiben verkümmert und unter der Haut ver- borgen. Früher wurden die Myxinoiden wegen ihrer wurmähnlichen Körperform (noch von Linn^) zu_;den Würmern gerechnet und erst von Bloch als Fische er- kannt. Sie leben im Meere an andern Fischen parasitisch und saugen sich nicht nur an der äussern Haut fest, sondern dringen selbst in die Leibeshöhle vom Dorsch, Stör etc. ein. Myxine L. {Gastrobranchus Blainv.). Mit 6 Paaren von Kiemenbeuteln und einer äussern Kiemenölfnung jederseits. M. glutinosa L. Bdellostoma Job. Müll., lebt in südlichen Meeren und besitzt 6 oder 7 Kiemenüünungen. Bd. heptatrema Job. Mull, vom Cap. Bd. polytrema Gir. 2. Farn. Petromyzontidae, Neunaugen (Hyperoartia). Mit 7 äussern Kiemen- spalten an jeder Seite des Halses und einem gemeinsamen innern Kiemengang, welcher vorn in den Schlund mündet. Die Nasenhöhle endet mit einem blind geschlossenen Sack. Die runde Mundöffnung entbehrt der Bartfaden, besitzt dagegen fleischige Lippen, die sich zu einer Längsspalte zusammenlegen können. Die trichterförmige Mundhöhle wird durch einen knorpligen Lippenring gestützt und trägt zwischen zahlreichen kleinen Hornzähneu in der Mitte grössere Zähne, unter denen besonders ein zweispitziger Oberkieferzahn und eine halbmondförmig gebogene mehrspitzige Ünterkiefer-Zahnplatle bemerkbar sind. Das Ausathmeu und Einathnien des Wassers in die Kiemen geschieht durch die äussern Oeffnungen unter d; m Einflüsse lebhafter Bewegungen der Con- strictoren und des knorpligen Kiemengerüstes. Der Rücken des wurmförmigen Leibes trägt 2 Flossen, von denen die hintere unmittelbar an die Schwanzflosse sich anschliesst. Der Darm ist mit einer Spiralklappe versehen. Die Neunaugen durchlaufen eine com- plicirte Metamorphose, welche vornehmlich für das kleine Flussneunauge näher bekannt geworden ist. Die Jungen dieser Art wurden bisher für eine eigene Gattung gehalten und als Ammocoetes branchialis, Querder, im Systeme aufgenommen. Dieselben sind in dieser Larvenform schmutziggelb gefärbt, blind (mit kleinem ^unter der Haut ver- steckten Auge), zahnlos und mit einer halbkreisförmigen Oberlippe und kleinen Barteln versehen. !Jie gemeinsame innere Kiemenröhre fehlt noch, und die unpaaren Flossen- säume erscheinen continuirlich. Die kleinen halbmondförmigen Kiemenlöcher liegen in einer tiefen Längsfurche. Das Skelet zeigt eine weit einfachere Bildung, und es fehlt noch die Urogenitalspalte, [n diesem Zustande lebt die Larve in lehmigem Schlamme, durchläuft ihre allmählige Metamorphose während der Monate August bis Januar und wird endlich geschlechlsreif. Nach überstandener Laichzeit, welche in den Claus, Zoologie. 2. Auflage. 53 834 3. Subclasse. Euichthyes. April füllt, gehen die kleinen Fluss-Neunaugeii mit völlig crschüpften üeschlechtsweiU- zeugen zu Grunde, so dass man in den folgenden Monaten nur Querder findet. Petromyzon Dum., marinus L. Lamprete von 2 Fuss Länge, steigt mit den Maiflschen in der Laichzeit des Frühjahrs in die Flüsse. P. ßuviatilis L., Flussneun- auge, von 12 — 15 Zoll Länge, bewohnt ebenfalls die Europaischen Meere, steigt weit hoher in die Flüsse und deren kleinere Seitenflüsse und kehrt im Herbste wohlgenährt zurück. P. l'laneri BloclT, kleines Flussneunauge mit Ammocoetes branchialis als Larve, wird 5 — 6 Zoll lang. Auch in andern Welttheilcn kommen Petromyzonten vor: Mordacia Gray. {Caragola), M. mordax Richards, Tasmanien, Geotria australis Gray., G. chilensis Gray., Ichthyomyzon Gir. 3. Subclasse. Euichthyes. Knochen- und Knorpelfische mit paariger Nase, wohl entwickelten Kiefern und ViscerulsJcelet, meist mit Brust- und Bauchflossen. Die eigentlichen Fische haben eine aus paarigen Gruben zusammen- gesetzte Nase und den Besitz eines Kiefer- und Visceralskelets gemeinsam. Dazu kommt, dass der Vorhof ihres Gehörorgans 3 Bogengänge bildet und überall ein sympathisches Nervensystem vorhanden ist. In der Regel findet sich auch eine Schwimmblase oder wenigstens deren Anlage als Ausstülpung des Schlundes, und beide Extremitätenpaare der Vertebraten treten als Brust- und Bauchtiossen auf. In der speciellern Organisation freilich bieten sie grosse Unterschiede, die aber doch im Vergleich zu den hervorgehobenen Charakteren der Leptocardier und Cyclostomen nur den Werth von Ordnungsmerkraalen besitzen, zumal dieselben theil- weise wenigstens allmähhge Uebergänge gestatten. 1. Ordnung. Chondropterygii, Selachii'}, Knorpelfische. Hochorganisirte Knorpelfische mit grossen Brustflossen und ab- dominalen Bauchflossen, mit unter ständig er meist querer Mundöffnung, meist mit 5 (selten 6 oder 7) Faaren von Kiemensäcken und ebensoviel äussern Kiemenspalten, mit Chiasma der Sehnerven, muskulösetn mehrere Klappenreihen bergenden Aortenbulbus und Spiralklappe des Darmes. Als echte Knorpelfische besitzen unsere Thiere eine ungetheilte knorp- lige Schädelkapsel, deren Basaltheil entweder {Chimaeren und Bochen') auf der Wirbelsäule des Rumpfes articulirt oder (ifaie) eines Gelenkes entbehrt und das Ende der Chorda aulnimmt. Die Verbindung des Schädels mit dem knoi-pligen Unterkiefer geschieht durch den meist beweglichen Kieferstil {Os hyo-mandibulare) der Schlälengegend , an welchem sich zuweilen fingerförmige Knorpelanhänge als muthmassliche Aequivalente des Kiemendeckels befestigen. Auch der Oberkiefergaumenapparat, vor 1) Vergl. Joh. Müller und J. Henle, Systematische Beschreibung der Pla- giostomen mit 60 Steindrucktafeln. Berlin. 1841. Folio. Leydig, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Rochen und Haie. Leipzig. 1852. i ju/Ly. ^ litr^ ^SKav^^^^x^ ) Tt I ^ 1. Ordnung: Chondropterygii. 835 dessen Vorderrande sich eine Anzahl paariger Knorpelstäbe als sog. Labialknorpel erhalten, erscheint mit der Schädelkapsel in der Regel beweglich verbunden. Nur bei den Chiinaeren ist der Zusammenhang des Schädels und Oberkiefergaumenbeins ein fester. Sowohl Ober- als Unterkiefer tragen, obwohl durchweg von knorpliger Beschaffenheit, in der Regel eine reiche knöcherne Bezahnung. Auch die Wirbelsäule mit ihren Chordaresten zeigt eine vorherrschend knorplige Structur, mit Ausnahme der Chimaeren, unter Bildung discreter biconcaver Wirbel, deren Gestaltung indess zahlreiche bereits früher schon angedeutete Verschiedenheiten zulässt. Stets kommt es zur Entwicklung oberer und unterer Bogenschenkel, die bald gesondert bleiben, bald mit den Wirbel- körpern verwachsen. Rippen treten nur in Form knorpliger Rudimente auf. In ihrer äusseren Erscheinung sind die Selachier nicht nur von allen iibrigen Fischen auffallend verschieden, sondern zeigen auch unter- einander grosse Abweichungen, die sich vorzugsweise auf die besondere Beschaffenheit der äussern Haut und das Verhalten der Extremitäten gründen. Ein wichtiges Kennzeichen, das auch zur Bezeichnung einer Unterordnung als Plagiostomen Veranlassung gegeben hat, ist die Gestalt und Lage des Mundes, welcher als breiter Querschlitz in der Regel auf die untere Fläche der Schnauze rückt. Die äussere Haut entbehrt stets cycloider oder ctenoider- Schuppen, schliesst dagegen meist eine Unzahl kleiner Knochenkörner (ossificirtcr Cutispapillen) in sich ein und erhält durch dieselben eine rauhe chagrinartige Oberfläche {Flacoiden). Nicht selten aber finden sich auch grössere Knochenschilder reihenweise auf- gelagert, welche durch spitze dornartige Fortsätze namentlich am Schwänze (Rochen) zur Vertheidigung dienen (die fossilen Ichthyodoruliten). Alle Selachier besitzen grosse Brust- und Bauchflossen. Die erstem sind durch ein knorpliges Schultergerüst an dem Hinterhauptstheil des Schädels oder an der vordem Partie der Wirbelsäule befestigt und be- haupten entweder als scharf abgegrenzte Ruderflossen eine mehr senk- rechte Lage am vordem Abschnitt des spindelförmigen Leibes (Chimaeren und Haie) oder erscheinen mächtig vergrösser t und in horizontaler Lage zu den Seiten des Körpers ausgebreitet (Rochen) und bedingen wesentlich dessen scheibenförmige Gestalt. Im letztern Falle reichen sie vermittelst der sog. Schädelflossenknorpel bis an das vordere Ende der Schnauze und lehnen sich durch hintere Suspensorien an das Becken- gerüst der Bauchflossen an. Diese letztern finden sich stets in der Nähe des Afters und tragen im männlichen Geschlechte eigenthümliche, rinnenförmig ausgehöhlte Knorpelanhänge, welche als Hülfsorgane der Beo'attung von Bedeutung sind. Auch die unpaaren Flossen können wohl entwickelt und mit Rücksicht auf die bei den einzelnen Gattungen wechselnde Zahl und Lage von systematischer Bedeutung sein. Zuweilen erhält sich vor den Rückenflossen ein spitzer verschieden gestalteter 53* 8oG Schwanzflosse. Kiemenbildung. Bezahuung. Knochciistachel, der ebenso wie die haken- und dornförmigen Fortsätze an den Knochenstücken der Haut als Waffe dient , auch wohl hinter der Flosse oder ganz isolirt auf der Rückenfläche des Schwanzes {Trygon) vorkommen kann. Die Schwanzflosse zeigt stets eine aus- geprägte äussere Heterocercie. In der Bildung der Kiemen weichen die Selachier insofern von den Knochenfischen wesentlich ab, als sie anstatt einer gemeinsamen Kiemen- höhle jederseits fünf (seltener 6 oder 7) verhältnissmässig weit nach hinten gelegene Kiemensäcke besitzen, an deren durch die knorpligen Seitenstrahlen der Kiemenbogen gestützten Zwischenwänden die Kiemen- blättchen in ihrer ganzen Länge festgewachsen sind. Diese "Kiemen- säcke münden durch ebenso viele Spaltöffnungen nach aussen, welche bei den Haien an den Seiten , bei den Rochen an der ventralen Fläche des Leibes hegen, während sie bei den Chimaeren jederseits in eine gemeinsame Kiemenspalte münden, über welcher sich eine Hautfalte vom Kiefersuspensorium aus als Anlage des Kiemendeckels ausbreitet. Die reiche Bezahnung der weiten Rachenhöhle, welche die Selachier als gewaltige Raubfische characterisirt , bietet zahlreiche systematisch wichtige Verschiedenheiten, üeberall stecken die Zähne in der Schleim- haut, niemals in der Knorpelsubstanz der Kiefer und überziehen reihen- weise den walzenförmigen Rand der letztern in der Art, dass die Jüngern hintern Zahnreihen ihre Spitzen nach innen, die altern mehr oder minder abgenutzten vordem Reihen die Spitzen nach oben und aussen kehren. Während bei den Haien platte dolchförmige Zähne mit scharf schnei- denden oft sägeförmig gezähnelten Sejtenrändern, oder auch mit grössern Nebenzacken vorwiegen (indessen auch wie bei Cestracion breite Zahn- platten vorkommen), sind für die Rochen conische oder pflasterförmige Mahlzähne charakteristisch. In der Regel besitzt die Rachenhöhle auch an der obern Fläche des Kopfes hinter den Augen dem äussern Ohr entsprechende Oeffnungen, die Spritdöcher, welche zum Ausspritzen des Wassers verwendet werden. Der Nahrungskanal erweitert sich zu einem geräumigen Magen, bleibt aber verhältnissmässig kurz und enthält im Dünndarm-Abschnitte eine meist schraubenförmige Schleimhautfalte , die sog. Spiralklappe, welche den Durchgang der Nahrungsstoff'e ver- zögert und die resorbirende Oberfläche wesentlich vergrössert. Eine Schwimmblase fehlt stets, wenngleich die Anlage derselben als Aus- stülpung des Schlun' es oft nachweisbar ist. Das Herz besitzt einen muskulösen Aortcmbulbus mit zwei bis fünf Klappenreihen. Auch durch die Bildung des Gehirnes und der Sinnesorgane stehen die Selachier als die höchsten Fische da. Die Hemisphären zeigen bereits Längs- oder Quereindrücke als Spuren von Windungen auf ihrer Oberfläche und sind von verhältnissmässig bedeutender Grösse, auch kann sich das kleine Gehirn so sehr entwickeln, dass von ihm der vierte Spiralklappe. Conus arteriosus. Fortpflanzung. 837 Ventrikel ziemlich bedeckt wird. Die beiden Sehnerven bilden überall ein Chiasma und erleiden eine theilweise Kreuzung ihrer Fasern. Die Augen werden bei den Haien nicht allein durch freie Augenlider, sondern oft auch durch eine bewegliche Nickhaut geschützt. Rücksichtlich der Fortpflanzung bestehen wesentliche und wichtige Eigenthümlichkeiten. Stets findet eine Begattung und innere Befruchtung statt. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem grossen einfachen oder doppelten Ovarium und paarigen drüsenreichen Oviducten, welche von jenem gesondert mit einem geraeinsamen trichterförmigen Ostium beginnen und in ihrem weitern Verlaufe Uterus-ähnliche Er- weiterungen bilden. Beide Eileiter münden vereinigt (nur bei den Chi- maeren getrennt) hinter den Harnleitern in die Kloake ein. Die Eier enthalten einen grossen Dotter nebst Eiweissumiinllung und sind bald von einem überaus dünnhäutigen in Falten gelegten Chorion, bald von einer derben pergamentartigen flachen Schale umschlossen, welche sich in vier hornartige Auswüchse oder in gedrehte Schnüre zur Befestigung an Seepflanzen verlängert. Im letztern Falle werden die Eier als solche abgelegt (die eigentlichen Rochen und Hundshaie), im erstem dagegen (Zitterrochen und lebendig gebärende Haie) gelangen sie im Uterus zur Entwicklung, die Mutterthiere sind alsdann lebendig gebärend. In der Regel liegen die Eier während der Entwicklung des Keimes den Wan- dungen des Fruchtbehälters dicht an, indem sie mit dem Falten ihrer Eihaut zwischen die Runzeln der Uteruswandung eingreifen. Auf diese Weise wird die Zufuhr von Nahrungsmaterial ermöglrcht, das sich ver- flüssigende Eiweiss nimmt an Umfang beträchtlich zu und zieht plastische Flüssigkeiten aus dem Uterus endosmotisch durch die dünne Schalen- haut ein. In einigen Fällen aber wird die Verbindung von Mutter und Frucht eine viel engere und durch eine wahre, für den glatten Hai schon von Aristoteles gekannte Dottersackplacenta vermittelt. Wie J. Müller ') nachgewiesen hat, bildet an den Embryonen von Mustelm lacvis und Carchariasarten der langgestilte Dottersack eine grossi? Menge von Zöttchen, welche von der zarten Eihaut überzogen, nach Art der Cotyledonen der Wiederkäuer in entsprechende Vertiefungen der Uterusschleimhaut eingreifen. Merkwürdiger Weise entbehrt eine zweite nahe verwandte Art des glatten Haies der Dottersackplacenta und ver- hält sich mit den übrigen lebendig gebärenden Haien übereinstimmend. Auch in anderer Hinsicht zeigen die Embryonen der Plagiostomen bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten, wie insbesondere durch den Besitz von embryonalen äussern Kiemenfäden, welche indessen schon lange vor der Geburt verloren gehen. 1) Vergl. .1. Müller, lieber den fflalten Hai des Aristoteles. Abb. der Berliner Academie. 1840. 838 1. Unterordnung: Holocephali. Die Plagiostomen sind fast durchweg Meeresbewolmer, nur wenige finden sich in den grössern Flüssen Amerikas und Indiens. Alle nähren sich als Fleischfresser von grössern Fischen oder Krebsen und Muschel- thieren. Einige wenige, Zitterrochen, besitzen ein electrisches Organ. In den Palaeozoischen Formationen sind mit Ausnahme von Pleuracanthus nur Stachel- und Zahnreste erhalten. Von der Secundärzeit an aber wird die Vertretung eine reichlichere. 1. Unterordnung. Holocephali, Chimaeren. Selachier, deren Oberkiefergaumenapparat hiebst Kieferstil mit dem Schaedel fest verwachsen ist, mit per sistir ender Chorda, eiitfacher äusserer Kiemenspalte und Meiner KiemendecTcelmembran. Der dicke bizar gestaltete Kopf besitzt ungemein grosse Augen, welche der Lider entbehren und an der untern Fläche der Schnauze eine kleine nicht vorstreckbare Mundspalte zeigen. Oberkiefer und Gaumenapparat sind mit dem Schädel fest verwachsen, während der Unterkiefer an einem stilförmigen Fortsatz des Schädels (Hyomandibulare) articulirt. Die Kiefer tragen nur wenige (oben 4 unten 2) Zahnplatten. Die Haut ist nackt und von mächtigen Gängen der Seitenorgan durch- setzt. Spritzlücher fehlen. Anstatt der Wirbelkörper finden sich dünne ringförmige Knochenkrusten in der Cliordascheide , während die obern Bogen mit Schaltstücken die Rückenraarkshöhle umkapseln, und auch untere Bogen als Knorpelleisten auftreten. Sie legen Eier mit horniger Schale ab. Als fossile Gattungen sind die mesozoischen Edaphodon und Fassalodon hervorzuheben. 1. Farn Cliiviaeridae , Seekatzen. Körper langgestreckt. Brustflossen frei, von bedeutender Grösse. Die vordere Rückenflosse mit einem kraftigen Stachel bewaffnet, die hintere Rückenflosse niedrig, aber sehr lang. Die Schwanzflosse befindet sich an der nntern Seite des Schwanzes, der in einen langen peitschenförmigen Faden auslauft. Chimaera L. , Seekatze. Schnauze kegelförmig vortretend. Hintere Rücken- flosse lang, mit der Flosse des fadenförmig verlängerten Schwanzes zusammenfliessend. Ch. monstrosa L., Nordische Meere, Mittelmeer. Callorhynchus Gronov. Schnauze in einen fleischigen Lappen verlängert. G. antarcticus Lac, Cap, Südsee. 2. Unterordnung. Plagiostomi, Qnermäuler. Selachier mit weit nach hinten gerückter querer Mtmdöffnung, gesonderten Wirbelkörpern und mehr oder minder reducirter Chorda, mit 5 (ausnahmsweise 6 oder 7) äussern Kiemenspalten an jeder Seite. Die Nasenöffnungen liegen an der untern Fläche der Schnauze etwas vor der quer gebogenen Rachenspalte. Die Haut ist selten nackt, meist durch eingelagerte Knochenkörner chagrinartig oder auch mit 1. Gruppe: Squalides, Haifische. 839 Knochenplatten und Schildern bedeckt. Der Oberkiefergaumenapparat ist von der knorpligen Schädelkapsel beweglich gesondert. Spritzlöcher finden sich in der Regel vor. 1. Gruppe: Squalides, Haifische. Plagiostomen mit seitlichen Kiemenspalten, freien Augenlidrändern, unvollständigem Schultergürtel und ohne SchädeJfiossenknorpel. Der Körper zeigt eine langgestreckte spindelförmige Gestalt, trägt die Brustflossen mehr oder minder senkrecht und endet mit einem starken, fleischigen, an der Spitze nach aufwärts gebogenen Schwanz. Indessen gibt es auch Formen, die sich rücksichtlich der Körpergestalt an die Rochen anschliessen und den Uebergang zu diesen letztern bilden, wie z. B. die Gattung Squatina. Die Bezahnung wird meistens durch zahlreiche Reihen spitzer dolchförmiger Zähne gebildet. Als schnell bewegliche, vortrefflich schwimmende Raubfische sind besonders die grössern Arten gefürchtet. Die zahlreichen Familien werden hauptsächlich nach Zahl und Lage der Flossen, nach dem Vorhandensein oder Mangel von Spritzlöchern und einer Nickhaut, sowie nach Form und Bildung der Zähne unter- schieden. 1. Fani. Scyllidae , Hundshaie. Hit Afterflosse und zwei Huckenflossen, von denen die vordere über oder hiiUer den ßauchflossen steht. Sie haben Spritzlöcher, aber keine Kickhaut. Die Zähne mit einer Hauptspitze und 1 bis 4 Nebenzacken auf jeder Seite. Die Schwanzflosse abjjestutzt oder abgerundet. Sie legen hartschalige Eier ab. Scyllium Cuv. Die beiden Rückenflossen ohne Stacheln. Zähne schmächtig, mit einer längern Mittel.«pilze und meist ein oder 2 kleinen Seitenspitzen. Sc. cani- cula L,, Europ. Küste. Sc. maculatum Blainv. , Australien u. a. A. Pristiurus Bonap. Schnauze stark verlängert. Schwanzflosse sägeartig besta- chelt. Zähne klein , 3spitzig. Pr. melanostomus Raf., Europ. Meere. Chiloscyllium, Crossorhinus , Ginglymostoma , Stegostoma Müll. Henle. Parascyllium (jill. 2. Farn. Cestraciontidae. Mit Afterflosse und zwei mit Stacheln beginnenden Rückenflossen, von denen die erste gegenüber der Mitte zwischen Brust und Bauch- flossen liegt. Sie haben Spritzlocher, aber keine Mckhaut. Die Zähne sind breite Platten mit rauher Oberfläche und in schräge pflasterförmige Reihen gestellt, bei jungen Thieren sind sie vorn 3 bis 5spitzig. Cestracion Cuv. {Heterodontus Blainv.), C. Philippii Blainv., Ostind. Archipel. C. Francisci Gill., Californien. Hierher gehören fossile Zähne von Acrodiis Ag., Ptychodus Ag. u. a. G. 3. Fam Carchariidae, Menschenhaie. Mit Afterflosse und zwei Rückenflossen, von denen die vordere zwischen Bru;it- und ßauchflossen steht. Sie besitzen eine Nickhaut, entbehren aber der Spritzlöcher. Die letzten Kiemenüftnungen stehen über der Brustflosse. Die Zähne sind dreieckig, mit einfacher Spitze und mit schneidenden oder gesägten Rändern. Carcharias Cuv. Schnauze lang gestreckt. Zähne mit einfacher scharfer Spitze, triangulär. C. (Scoliodon) acutus Müll. Henle, Ind. Ocean. C. (Physodon) MiÜleri 840 Galeidae. Lamnidae. Notidanidae. Spinacidae. Squatinidae. Müll. Henle, Bengalen. C. {Prionodon) glaucus Rond., mit Dottersackplacenta, C. lamia Risso, beide im Mittelmeer und Ocean, letzterer 6 Fuss lang und sehr häufig. Zygaena Cnv. (Sphyrna Raf.), Hammerfisch. Kopf hammerförmig verbreitert. Augen an den Ecken der Kopffortsätze gelegen. Z. malleus Hisso (Squalus Zygaena L), Mittelmeer. Z. Blochii Cuv,, Ostindien. 4. Fam. Galeidae, Glatthaie. Die Flossen verhalten sich ähnlich wie bei den Carchariidae, ebenso die Lage der Kiemenöffniingen , dagegen finden sich ausser der Kickhaut auch Spritzlocher. Galeus Cuv. Spritzlöchcr klein. Zähne am innern Rand meist glatt schneidend, am äussern gezackt. G. canis Rond., Europäische Meere. Galeocerdo Müll. Henle, G. arcticus Fab., Loxodon Müll. Henle, Hemigaleus Bleek. Mttstelus Cuv. Mit grossen Spritzlüchern und Pflasterzäbnen. M. vulgaris Müll. Henle und laevis Rond., letzlerer ist der glatte Hai des Aristoteles, mit Dotter- sackplacenta, beide im Mittelmeer. M. antarcticus Günth. Triaenodon, Triacis Mull. Henle. 5. Fam. Lamnidae, Riesenhaie. Stimmen hinsichtlich der Flossenstellung mit den beiden letztern Familien Ubercin, besitzen meist kleine Spritzlöcher, entbehren aber der Nickhaut. Die grossen Kiemenöffniingen liegen vor den Brustflossen. Lamna Cuv. Die dreiseitigen plülion Zähne ungezähnelt, mit kurzer spitzer Nebenzacke. L. cornubica Gm., weit verbreitet, 9 Fuss lang. L. Spalamanii Bonap., L. glauca Müll Henle. Carcharodoii Müll. Henle, C. Bondeletii, wird bis nahe an 40 Fuss lang. Selache Cuv., S. maxima Gunn., bis 32 Fuss \»ng.-. Odontaspis Ag., Alopeciaa Müll. Henle. Hier schliessen sich die Bhinodontidae an. Bhinodon Smith. 6. Fam. Notidanidae, Grauhaie. Mit Alterflosse und einer einzigen Rückenflosse. Eine Nickhaut fehlt, dagegen sind kleine Spritzlöcher vorhanden. 6 bis 7 Kiemen- öffnungen jederseits. Notidanus Cuv. N. {Hexanchus) griseus (Jm. und N. (Heptanchus) cinereus Gm., im Mittelmeer und Ocean. N. indicus Cuv. 7. Fam. Spinacidae, Dornhaie. Ohne Alterflosse, mit zwei Rückenflossen und Spritzlöchern, aber ohne Nickhaut. Die fünf Kiemenlöcher liegen sämmtlich vor der Brustflosse. Vor jeder Rückenflosse findet sich ein Stachel. Äcanthias Arist. Keine Lippenfalte längs des Mundrandes, eine lange tiefe Grube zur Seile desselben. A. vulgaris Risso. Von den nördlichen Meeren bis zur Sudsee. Centrina Cuv. Rumpf jederseits mit einer Hautfalte. C. Salviani Rond., Mittel- meer. CentrophoruH Müll. Henle. C. granulosus Bloch. Spinax Cuv. Hier schliessen sich die Scymnidae an, welche des Rückenstachels entbehren. Scymnus Guv., Sc. lichia Cuv., Echinorhinus Blainv., ferner die Pristiophoridae, Sägehaie. Ohne RUckenstacbeln. Schnauze in eine lange Knorpelplatte verlängert, die jederseits mit einer Reihe von Zähnen besetzt ist. Pristiophorus Müll. Henle. Fr. cirratus Lath., Neuholland. 8. Fam. Squatinidae, Meerengel. Stimmen rücksichtlich der Flossen , Spritz- löcher und Nickbaut mit den Dornhaien überein, unterscheiden sich aber durch ihren platten. Rochen ahnlichen Körper und die Gestalt der grossen Brustflossen, die mit ihrer vordem Wand fast bis zum Kopfe reichen und von diesem nur durch eine Spalte getrennt bleiben, in deren Tiefe die Kiemenöffnungen liegen. Squatina Bell. (Rhina Klein.), Sq_. vulgaris Risso {Squalus squatina L.), Europäische Meere. 2. Gruppe: Rajides, Rocheu. 841 2. Gruppe: Rajides, Rochen. Flagiostomen von platter Körperform, mit Spritzlöchern, fünf Kiemenspalten an der Bauchßäche unter den Brustflossen, am Auge angewachsenen oberen Augenlidern oder ohne Augenlider, mit voll- ständigem Schultergürtel und Schädelflossenknorpeln, ohne Analflosse. Durch die Grösse und horizontale Ausbreitung der Brustflossen eriiält der platte Körper die Form einer breiten Scheibe, welche sich in den dünnen und langen, häufig mit Dornen, selten mit einem oder zwei gezähnelten Stacheln bewaffneten Schwanz fortsetzt. Während der Schultergürtel einen vollständig geschlossenen Ring bildet, welcher sich auf der obern Fläche an dem hintern Theil des Schädels befestigt, stellen die eigenthümlichen Schädelflossenknorpel die Verbindung der Flosse mit der Schnauzenspitze her. Dahingegen erscheint das System der un- paaren Flossen verkümmert. Die Körperhaut ist bald nackt, bald chagrinartig rauh, bald mit grössern in hakige Spitzen auslaufenden Knochenplättchen und Tafeln bedeckt. Die kurzen dicken Kiefer tragen entweder kleine pflasterförmige , neben einander in Reihen geordnete Kegelzähne oder breite tafelförmige Zahnplatten. Die Rochen halten sich mehr in der Tiefe des Meeres auf und ernähren sich besonders von Krebsen und Mollusken. Einige, die Zitterrochen, besitzen zwischen den Flossenknorpeln und den Kiemensäcken einen electrischen Apparat, mit dem sie selbst grössere Fische zu betäuben im Stande sind. Viele erreichen die immerhin bedeutende Grösse bis 10 ja 12 Fuss. Fossile Reste finden sich von der Steinkohlenformation an in allen Perioden. 1. Farn. Squatinorajidae , Hairochen. Der langgestreckte Körper nShert sich mehr oder minder der Spindeirorm des Haifischleibes und endet mit einem dicken fleischigen Schwanz. Die Brustflossen sind von dem verlängerten Kopf deutlich ab- gesetzt und erreichen auch keineswegs immer die Bauchflossen. Rückenflossen in doppelter Zahl vorhanden. Zähne platt, pflasterförmig. Pristis Lam. Die Schnauze verlängert sich in eine lange Söge, deren Seiten- ränder eingekeilte Zähne tragen. Pr. antiquorum Lath., Sägefisch im Ocean und Mittelmeer. Pr. pectinatus Lath., Trop Meere. Ehinobatus Bloch, Schnauze verlängert, spitz. Rückenflossen ohne Dorn. Bh. granuJatus Cuv., Ostindien. Bhynchobatus, Trygonorhina Müll. Henle, 2. Farn. Torpedidae, Zitterrochen. Körper nackt, vorn abgerundet, mit kurzem fleischigen Schwanz. Die Zähne sind spitz oder platt. Zwischen Kopf, Kiemen und dem innern Rande der Bauchflossen findet sich ein electrischer Apparat, bestehend aus zahlreichen aufwärts stehenden Säulchen, deren Endflächen oft durch die Haut des Rückens und des Bauches durchschimmern. Torpedo Dum. Schwanz mit einer Falte jederseits. Rückenflossen ohne Dom. T. narhe Arist. (oculata), T. marmorata Risso , im Mittelmeer und Ocean. Narcine Henle (brasiliensis). Hypnos Dum. 3. Farn. Bajidae, Rochen. Die Brustflossen des rhomboidalen scheibenförmigen Körpers reichen von der Schnauze bis zu den ßauchflossen. Die beiden Rückenflossen sind ganz auf die Spitze des dünnen Schwanzes gerückt, welcher eines Stachels ent- 842 2. Ordnung. Ganoidei, Schmclzschupper. behrt. Die Oberfläche der Scheibe rauh, mit Stacheln. Meist spitze Pflasterzfihne, die Männchen mit Stacheln an der Brustflosse. Raja Arted. Schwanz von der Scheibe scharf abgesetzt, mit 2 Rückenflossen, jederseits mit Falte. Geschlechter nach Form der Zähne und Hautstacheln verschieden. E. clavata L., B. maculata Montg. , Europ. Küsten, B. miraletus L., Südeurop. Küsten, B. batis L., Europ. Küsten u. a. A. Flatyrhina Müll. Henle, Sympterygia Müll. Henle. 4. Farn. Trygonidae, Stechrochen. Die Brustflossen stossen vor dem Kopf zu- sammen und bilden die vorderste Spitze der Scheibe. Der spitze peitschentOrmige Schwanz endet olt ohne Flosse und trägt einen oder mehrere Stacheln. Trygon Adans. Schwanz lang, ohne Flosse, mit einem langen jederseits ge- sägtem Stachel bewaffnet. Tr. pastinaca L. {Pastinaca marina Beil.), All. Ocean, Japan. Tr. violacea ßonap., Mittelmeer u. a. A. Ellipesurus Schomb., Urogymnus, Taeniura, Pteroplatea, Urolophus Müll. Henle. 5. Farn. Myliobatidae, Adlerrochen. Die Brustflossen verlieren zu den Seiten des Kopfes ihre Strahlen, bilden aber vor dem Kopfe eine Art von Kopiflosse, welche die Spitze der Scheibe ausmacht. Die Zähne sind Pflasterzähne, indess sehr verschieden nach dem Alter. Augenlider fehlen. Der lange peitschenförmige Schwanz mit einer Kückenflosse an der Wurzel und einem Stachel hinter derselben. Mylidbatis Cuv. M. aquila L , im Mittelmeer. Aetobatis Müll. Henle, Cepha- loptera Dum., Bhinoptera Kühl. 2. Ordnung. Ganoidei'), Schmelzschupper. Knorpel- und Knochenfische mit meist rhombischen gefalzten Schmelzschuppen oder mit Knochenschildern der Haut und sog. Flossen- schindeln., mit Klappenreihen des muskulösen Aortenbulbus , freien Kiemen und Kiemendeckel, mit Chiasma der Sehnerven und Spiral- Mappe des Darmes, zuweilen mit Spritzlöchern. Die Ganoiden wurden zuerst von L. Agassiz als Ordnung unter- schieden, freilich unter Hinzuziehung der Plectognathen, Lophobranchier und Siluroideen, die später von J. Müller zu den Teleostiern verwiesen wurden. Auch hat es sich gezeigt, dass der Charakter der Schuppen- bildung, welcher zu der Benennung der Ordnung Anlass gab, keines- 1) L. Agassiz, On a new Classification of Fishes etc. Edinb new Phil. JourQ. Tol. 1835. Derselbe, Recherches sur les poissons fossiles. Neuchatelles. 1833 — 1843. J. Muller, Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden. Abhandl. der Ber- liner Academie. 1840. H. Franque, Diss. inaug. Nonnulla ad Amiam calvam etc. Berolini. 1847. A. Wagner, De Spatulariarum anatome. Diss. inaug. Berolini. 1848. Huxley, Devonische Fische. 1861. Chr. Lütken, Ueber die Begrenzung und Eintheilung der Ganoiden. Ueber- Yon v. Willemoesi'schen Palaeontographica. 1872. Vergl. ferner die Abhandlungen von Heckel, Kner, Pander, Egerton, UyrtI u. a. Schuppenbildnng, Skelet. 843 wegs ein allgemeiner und durchgreifender ist, wenngleich die Bedeutung desselben namentlich mit Rücksicht auf die fossilen in dem Schuppenbau übereinstimmenden Fischreste der altern Formationen nicht unterschätzt werden darf. Gerade in der Vorwelt und namentlich in den altern Formationen {Lepidotiden , Fijcnodonten) war die Ordnung reich und mannichfach vertreten, während sie gegenwärtig nur wenige lebende Repräsentanten (Lepidosteus , Polypterus, Calamoichthys , Amia, Aci- penser, ScaphirJiynchus , Spatularia) zählt. Immerhin ist die Grenze nach den Teleostiern hin schwer zu ziehen, ja man kann sagen, gar nicht festzustellen , da wir weder einen einzigen absoluten Differenzial- charakter allen Ganoiden gemeinsam finden (abgesehen von der Spiral- klappe des Darmes, deren Besitz sie mit den Plagiostomen theilen), noch auch überall genau wissen, wie die Organisation vieler fossilen sog. Ganoiden beschatten war. Nur ausnahmsweise wie bei den Spatidarien ist die Haut nackt, bei den Stören trägt sie grosse Knochenschilder in weit von einander getrennten Längsreihen, oder wie am hintern Körpertheil von Scaphi- rhynchus dicht anliegende Ganoidtafeln. Häufiger ist die Haut von charakteristischen rhombischen Schmelzschuppen getäfelt, die zwar ebenso wie die gewöhnlichen Schuppen der Knochenfische in den Taschen der Haut eingebettet liegen, aber sich doch sehr wesentlich von jenen unterscheiden. Dieselben sind knöchern, stets mit einer glatten Schmelzlage überzogen und stehen meist durch gelenkige Fortsätze verbunden in schiefen Binden um den Körper. Indessen gibt es auch Ganoiden mit runden biegsamen Schuppen, welche mit denen der Teleostier nahezu übereinstimmen, wie selbst auch die feinere Schuppenstruktur ' ) nicht in allen Fällen durchgrei- fende Unterschiede bietet. (Knochenkörperchen findet man zwar in allen Ganoidschuppen, aber z. B. auch in den Schuppen der Panzerwelse und Thunfische, während der Schmelzbelag h^x Acipenser und fossilen Ganoiden fehlt). Nach der Beschaff"enheit des Skeletes erweisen sich die Ganoiden theils als Knoi-pelfische, theils als Knochenfische. Es beginnt das Skelet sowohl bei fossilen als unter den jetzt lebenden Fischen bei den Stören mit Formen, welche durch die Persistenz der Chorda und die Bildung oberer und unterer knöcherner Bogenstücke den Anschluss an die Chi- maeren verraittlen. Stets findet sich aber in der Umgebung der grossen- theils knorpligen Schädelkapsel eine äussere knöcherne Schädeldecke, sowie auch das Kiefersuspensorium, die Kiefer, Kiemenbogen und Kiemen- deckel eine knöcherne Beschaff"enheit besitzen. Bei den sog. Knochen- ganoiden aber wird der Primordialschädel durch einen knöchernen Schädel mehr oder minder vollständig verdrängt und die Wirbelsäule in allmäh- liger Ausbildung zu einer knöchernen umgestaltet, indem die Wirbel 1) Vergl. die Untersuchungen Williamson's und Kölliker's. 844 Die anatomischen Charaktere. durch verschiedene Zwischenstufen, wie sie die Haie charakterisiren, die biconcave Wirbelform der Teleostier erhalten und sogar noch darüber hinaus bei Lepidosteus eine Entwicklungsphase erreichen, welche durch vordere Gelenkköpfe an die convex-concaven Wirbel der Reptilien an- schliesst. Auch treten ziemlich allgemein knöcherne Rippen auf. Die Brustflossen zeigen eine ansehnliche Grösse und bei manchen fossilen Gattungen eine höchst absonderliche Form. Die Schwanzflosse ist ge- wöhnlich heterocerk und nimmt zuweilen in ihrem obern Lappen das Ende der Wirbelsäule auf, doch gibt es allmählige üebergänge bis zur (diphycerken) Homocercie. Alle Flossenstrahlen sind gegliedert und gespalten. Eigenthümlich sind den meisten Ganoiden stachelartige Schindeln, Fulcra, welche den obern Rand und ersten Strahl der Flossen namentlich der Schwanzflosse in einer einfachen oder doppelten Reihe bekleiden. Auf diesen Charakter, der besonders für die fossilen Fische verwerthbar ist, legte Joh. Müller einen so grossen Werth, dass er ihn als Erkennungsmerkmal der Ganoiden bezeichnete. »Jeder Fisch mit Fulcra am vordem Rande einer oder mehrerer Flossen ist ein Ganoid«. Von ganz besonderer Bedeutung erscheinen die anatomischen ') Merkmale, durch welche sich die Ganoiden als von den Knochenfischen nicht unwesentlich verschieden und in weit näherer Verwandtschaft zu den Selachiern erweisen. Wie bei diesen letztern ist der Aortenbulbus von einem kräftigen Muskelbelag umgeben, und erhält durch denselben die Bedeutung eines rhythmisch pulsirenden accessorischen Herzens. Auch finden sich im Innern des Bulbus mehrere Längsreihen von Klappen {Lepidosteus 5 Reihen von je 8 Klappen), welche bis an den obern Rand des Muskelbeleges reichen und während der Pause des Herzschlags den Rücktritt des Blutes aus der Arterie in den Bulbus verhindern. Die Kiemen liegen stets wie bei den Teleostiern frei in einer Kiemen- höhle unter einem Kiemendeckel; an diesem tritt oft noch eine grosse accessorische Kieme auf, welche venöses Blut aus dem vordersten Kiemen- bogen empfängt. Diese Nebenkieme ist von der Pseudobranchie des Spritzloches wohl zu unterscheiden, mit der sie zugleich vorhaaden sein 1) Neuerdings weichen die Systematiker in der Werthschatzung der anatomischen Charaktere, ohne welche die Abtheilung der Ganoiden hinfällig sein würde, bedeutend ab. Während Üünther die Bedeutung derselben, wie uns scheint überschätzt, indem er auf Grund des gemeinsamen contraktilen Aortenbulbus, Spiralldappe und Ghiasma Plagiostomen, Ganoiden und Dipnoer als Unterclasse mit dem Namen „Palaeichthyes" zu vereinigen vorschlägt, lässt umgekehrt Lütken im Anschiuss an Heckel gewiss mit noch grösserin Unrecht die anatomischen Merkmale ganz fallen und geht so weit, die Ganoiden nur noch als Unterordnung der physostomen Knochenfische anzuerkennen. Nur die Euganoiden, Pycnodonten und Crossoptenjgii werden von ihm als (Janoidcn betrachtet. Acanthodides. Placodermata. 845 kann (Acipen40r, Lepidosteus). Auch treten in der Regel Spritzlöcher wie bei den Plagiostomen auf, die noch bei keinem Teleostier beobachtet worden sind. In der Bildung des Darmes nähern sich die Ganoiden ebenfalls den Rochen und Haien und besitzen eine Spiralklappe {Lepi- dosteus freilich nur ein Rudiment) im Dünndarm, jedoch ist der Enddarm nicht als Kbake verwendet. Alle besitzen eine Schwimmblase mit Luft- gang, bald mit glatter, bald mit zelliger Innenwand und wieHyrtl nach- gewiesen zwei Oefl'nungen von Peritonealkanälen zu den Seiten des Afters zurCommunication der Leibeshöhle mit dem umgebenden Medium. Die Seh- nerven laufen nicht kreuzweise übereinander, sondern bilden einChiasma mit partiellem Austausch der Fasern. Die Geschlechtsorgane schliessen sich im Allgemeinen denen der Selachier an, zeigen indess mehrfache beinerkens- werthe Eigenthümlichkeiten. Die beiden Eierstöcke sind ohne innere Höhle und lassen die reifen Eier in die Bauchhöhle gelangen. Aus dieser treten sie in einen trichterförmig beginnenden Eileiter, welcher in den Harnleiter oder in das entsprechende Hörn der Harnblase {Spatularia, Lepidosteus') einmündet, oder auch mit dem Oviduct der andern Seite vereinigt hinter dem After durch einen einfachen Genitalporus, welcher die kurze Urethra aufnimmt, ausführt. In jenen Fällen führt von der Blase ein canalis urogenitalis nach dem hinter dem After gelegenen Urogenitalporus. Auch im männlichen Geschlechte fungiren auffallender- weise die nämlichen Abdominaltrichter als Samenleiter. Man kann die jetzt lebenden Ganoiden mit J. Müller in Knochen- ganoiden und Knorpelganoiden eintheilen, ohne hiermit jedoch für die natürliche Gruppirung viel zu gewinnen. Da von den so zahlreichen fossilen Ganoiden immerliin nur spärliche Anhaltspunkte von der Innern Organisation vorliegen, und andererseits nach den PZajjos^owen, Z)i2)72oer« und Teleosiiern hin keine scharfe Grenze zu ziehen möglich ist, so wird die Eintheilung eine nur provisorische sein können. 1. Gruppe. Acanthodides, Kleinschupper. Verbindungsglieder von Chondropterygiern und Ganoiden. Schädel noch vorwiegend knorplig, mit weit nach oben liegenden Augen. Schuppen rhombisch, aber ausser- ordentlich klein, ein fast chagrinartiges Ansehn bietend. Schwanz hetero- cerk, ohne Schindeln an der Firste der Flosse. StachelbewaÖnung vor den Flossen. Fossil in der Devonischen- und Steinkohlenformation. Farn. Äcanthodidae mit den Gattungen Äcanthodes Ag. , Chiracanthus Ag , Diplacanthus Ag. u a A. 2. Gruppe Placodermata, Panzerganoiden. Kopf und Brust ähn- lich wie bei den Panzerwelsen mit breiten Knochenplattcn bedeckt, deren äussere Oberfläche mannichfache Vorsprünge zeigt. Schwanzregion mit Ganoidschuppen besetzt {Pterychthys Ag.) oder nackt {Coccosteus Ag.) Gehörten ausschliesslich den ältesten Formationen an. Die über die 846 Chondrostei. Acipenseridae. Spatularidae. Organisation vorliegenden Anhaltspunkte reichen nicht zur Bestimmung der systematischen Verwandtschaft aus. 1. Farn. Pterychthidae mit den (lattungen Ptericliihys Ag. , Coccosteus Ag. 2. Fnm. (^ephalaspidae mit den Gattungen Pteraspis Kner. , Cephalaspis Ag. u. a. aus den devonischen und obersilurischen Formationen, die mit als die Sitesten Fische gelten können. Diese hatten ein knorpliges Skclet und standen den Chondrosteiden näher. Kiefer und Zähne derselben sind bislang nicht bekannt geworden. '6. Gruppe. Chondrostei. Knorpelganoiden mit persistirender Chorda und nur spärlichen Kiemenhautstrahlen , oder ohne dieselben. Schwanzflosse heterocerk, mit Fulcra. Schädelkapsel knorplig, von Haut- knochen überdeckt. Zähne sehr klein oder fehlend. Haut nackt oder mit Knochenplatten anstatt der Schuppen. 1. Farn. Acipenseridae, Störe. Knorpelganoiden A'on langgestrecktem Körper, dessen rauhkörnige Haut mit fünf Längsreihen von gekielten Knochenschildern bepan- zert ist. Der Kopf verlängert sich in eine platte zugespitzte mit Barteln versehene Schnauze, an deren unterer Fläche der zahnlos vorstreckbare Mund weit nach hinten rückt. Die weite KiemenöfTnung wird von dem Kiemendeckel bei fehlenden Radii branchiostegi nicht vollständig geschlossen. Kiemendeckel und Spritzlöcher vorhanden. Paarige und unpaare Flossen sind wohl entwickelt und mit gegliederten biegsamen Strahlen versehen. Die Rückenflosse liegt weit nach hinten über der Afterflosse, auch die Bauchflossen sind weit nach hinten unmittelbar vor die AfleröfTnung gerückt Die he^erocerke sichelförmige Schwanzflosse nimmt in ihrem obern Lappen das Ende der Wirbelsäule auf und trägt auf der Firste des ubern Lappens eine einfache Reihe von Schindeln. Die Störe sind in zahlreichen Arten in den Meeren der nördlichen Halb- kugel verbreitet, besonders im schwarzen und kaspischen Meere und als Wander- und Zugfische bekannt, die in die Ströme und deren Nebenflüsse aufsteigen. Sie erreichen eine bedeutende Grösse und bilden nicht nur des schmackhaften Fleisches, sondern auch der Eier (Caviar) und der Schwimmblase (Hausenblase) halber einen wichtigen Handelsartikel. Acipenser L. Die Knochenschilder der Haut reichen bis über den Schwanz, die Zwischenhaut nackt, durch kleine Schüppchen rauh. A. sturio L., Stör, 10 Fuss lang. A. ruthenus L., Sterlet, kleiner und sehr verbreitet im schwarzen und kaspi- schen Meere. A. huso L., Hausen. A. stellatus Fall. Scherg. u. a. A. Scaphirhynchus Heck. Körper hinter den Bauchflossen überall mit Schildern bedeckt und deprimirl. Schwanz in einen Faden endigend. Sc. cataphractiis Gray.» Mississippi. Auch fossile Formen sind bekannt als Chondrosteus acipenseroides Ag. Lyroe-Regis. 2. Farn. Spatularidae, Löfl"elstöre. In den Flüssen Nordamerikas. Dieselben unterscheiden sich von den Stören durch ihre nackte, nur an der Schwanzflosse mit Schindeln bedeckte Haut und die Spitze des Kiemendeckels, auch durch die Gestalt der Schnauze, welche zu einem langen, flachen, spateiförmigen Anhang ausgezogen ist. Die accessorische Kieme fehlt, ebenso die Barteln. Die Kiefer sind in der Jugend mit kleinen Zähnen besetzt. Spatularia Sh. -= Polyodon Lac. P. folium Lac, Mississippi. P. gladitis Marlens, Yantsekiang. '■ irS" 4. Gruppe. Fycnodontides {Lepidopleurides). Körper kurz und hoch, stark comprirairt, den jetzt lebenden Chaetodonten ähnhch, mit Pycnodontides. Crossopterygii. 847 breiten rhombischen Schmelzschuppen und eigenthümlichen Hautrippen, Avelche den Vorderköi'per oder den ganzen Leib wie mit einem Latten- werk umgeben, an dem die Schuppen (wie Dachziegeln auf Latten) ge- stützt waren. Diese Rippen entspringen an zwei Reihen von Schildern, die auf Bauch und Rückenkr.^te lagen (konnten indessen möglicherweise ausschliesslich von den verdickten ineinandergreifenden Vorderrändern der Schuppen gebildet sein). Chorda persistent. Rippen und obere Bogen ossificirt. Wirbel kürzer in verschiedenem Grade discret. Bauch- liossen klein, mitten am Bauche sitzend, zuweilen ganz fehlend. Aus- schliesslich fossil in der Kohlenformation beginnend und bis in die älteste Tertiärzeit reichend. 1. Farn. Platysomidae. Paläozoische Lepidopleuriden von kurzer rhombischer Gestalt, mit vollkommen heterocerker, hinten gleichmässig abgeschnittener Schwanz- flosse. Starke Fuicra am obern Rande derselben oder auch der übrigen Flossen. Chorda freiliegend, zuweilen von schwachen Halbwirbeln umgeben. Einige hatten spitze kegelförmige, andere stumpfe und cylindrische Zähne, wieder andere trugen Zahn- platten auf Kiefern und Gnumen. Platysomus Ag. 2. Fiim. Pleurolepidae. Von rundlicher oder langgestreckt ovaler Form mit homocerkem Schwanz. Zähne cylindrisch, stumpf zugespitzt. Fuicra vorhanden. Fast ausschliesslich auf die ältere Juraformation beschränkt. Pkurolepis. 3. Fam. Pyenodontidae s. str. Ohne Fuicra mit homocerker Schwanzflosse. Wirbel vorhanden. Zähne rundlich, kegel- oder meisselförmig, in regelmässigen Reihtn, oben am gewölbten Gaumen, unten an der Innenseite des Unterkielers angebracnt. Bauchflossen stets vorhanden. Grossentheils mesozoisch aber bis in die Tertiärzeit reichend. Gyrodus Ag., Mesodon Wagn., Pycnodus Ag. u. z. a. G. 5. Gruppe. Crossopterygii, Quastenflossige Ganoiden. Mit zwei breiten Kehlplatten anstatt der Kiemenhautstrahlen (zuweilen auch noch kleinern seitlichen) und meist zugespitzter (diphyoc^rker) Schwanzflosse. Die Brustflossen sowohl wie die weit nach hinten gerückten Bauchflossen werden von einem beschuppten Schafte getragen, welchen die Strahlen umkleiden. Fulcren fehlen. Schuppen bald dünn und cycloid, bald stark und rhombisch. Zwei oder eine lange vielspaltige Rückenflosse. Grossentheils ausgestorben. Sie führen zu den Dipnoern und Amphi- bien hin. 1. Fam. Coelacanthidae. Bit cycloiden Schuppen. Zwei Rückenflossen, von denen jede von einem einzelnen Interspinale getragen. Schwimmblase verknöchert. Chorda persistent. Rippen rudimentär. Sleinkohlenformation. Coelacanthus Ag. 2. Fam. Phaneropleuridae. Mit cycloiden Schuppen und langer ungetheilter Ruckenflosse, die durch zahlreiche Sirahlenträger gestützt wird. Zähne kegelförmig. Bauchflossen sehr lang. Phaneropleuron. 3. Fam. Ctenodipteridae. Mit cycloiden Schuppen und 2 Rückenflossen. Pflasterzähne. Ctenodus, Dipterus Ag. 4. Fam. Glyptodipteridae. Mit runden oder rhombischen tief scuiptirten Schuppen und 2 Rückenflossen. Zähne dendrodont. Holoptychius Ag, , Glyptolepis Ag., Dmdrodus Ow. 848 Euganoides. Amiades. 5. Farn. Saurodipteridae. Mit glallen rhombischen Schuppen und zwei Rücken- flossen. Hechelzahne. Diplopterus Ag„ Osfeolepis Ag., Megaliehthys Ag. 6. Fam. Polypteridae, Flösselhechte. Mit rhombischen Schuppen und viel- theiliger langer Rückenflosse. Kopf abgeplattet, mit weiter endstilndiger Mtindspalte, tiber deren oberm Band 2 Barteln sitzen. Die Kieler mit Hakenzhhnen oder mit Borsten- zähnchen bewaffnet. Zwei von knöchernen Klappen bedeckte Sprilzlöcher sind vor- handen, dagegen fehlen sowohl Nebenkie ne als Fseudobranchien. Eigenthümlich ist die grosse Zahl von getrennten Rückenflossen, deren jede aus einem Stachel und aus einem an dessen hinterer Seite befestigten fahnenartigen Flösschen von gegliederten Strahlen besteht. Sehr complicirt ist die innere Höhlung der Käse, in welcher sich ein Labyrinth von 5 häutigen parallel um eine Achse gestellte Nasengängen entwickelt. Die Schwimmblase besteht aus zwei seitlichen ungleich grossen Säcken und mündet an der Bauchseite des Schlundes. Polypterus (»eoffr. Mit 2 wohl entwickelten Bauchflossen, bewohnt die Ströme Afrika's. P. bichir (ieofi"r. (Senegalus). Mit 8 bis 16 Flösschen. Cdlamichthys Smith. Ohne Bauchflossen C. caldbaricus Smith. 6, Gruppe. Euganoides, Knochenganoiden. Mit rhombischen Schuppen und Fulcralbesatz am vordem Rande der Flossen. Zahlreiche Kiemenhautstrahlen. Baucliflossen zwischen Brust- und Afterflosse. 1, Fam, Lepidosteidae , Knochenganoiden von langgestreckter hechtähnliclier Krtrperform mit weil nach hinten gerückter Rückenflosse und scharf abneschnittener heterocerker Schwanzflosse. Sämmtliche Flossen tragen eine Doppelreihe spitzer Schindeln auf dem vordem Rande, die Schwanzflosse auch auf der untern Kante. Der Kopf verlängert sich schnabelförmig in eine breite spitze Schnauze, deren lange Kiefer mit einzelnen grossen gefalteten Fangzahnen und zahlreichen kleinen Borstenzühnchen bewaffnet sind. Spritzlöcher fehlen, dagegen findet sich sowohl eine Nebenkieme am Kieniendeckel als eine Pseudobranchie. Die Wirbelkörper articuliren wie bei den Reptilien durch vordere Gelenkköpfe und hintere Pfannen. Die in zwei Seitenhälften getheilte Schwimmblase enthält zwischen den zelligen Feldern ihrer Wandung Fleisch- balken ausgespannt und öffnet sich durch einen länglichen Schlitz in die obere Schlund- wand. Sie erreichen zum Theil eine bedeutende Grösse und bewohnen die grössern Ströme Nordamerikas. Lepidosteus Lac, L. platystomus Raf., L. osseus L,, L. spatula Lac. Den Knochenhechten schliessen sich die vorweltlichen Lepidotiden an, deren Oberkiefer aus einem Stück gebildet ist, mit zahlreichen emaillirten Kiemenhaut- strahlen. Nach J. Müller sind diese Ganoiden am natürlichsten nach der Beschaffen- heil der Wirbelsäule, nach dem Besitze von einer oder zwei Reihen von Fulcra oder dem Mangel der Fulcra in Familien abzulheilen. Unter den hierhergehörigen Formen is' besonders die im Kupferschieier häufige Gattung Palaeoniscus , ferner Lepidotus und Dapedius Ag, hervorzuheben. 7. Gruppn. Amiades, Knochenganoiden mit grossen runden Schmelz- schuppen, knöchernen Kiemenhautstrahlen und heterocerkem Schwanz. 1. Fam. Amiadae, Kahlfische. Von langgestrecklem Körper, mit kleinen hechei- förmigen Zähnen in den Kielern. Im Aortenbulbus finden sich nur 2 Klappenreihen, auch ist die Spiralklappe nur wenig entwickelt. Kiemendeckelkieme fehlt. Schwimm- blase doppelt und im Innern von zelliger Beschaffenheit. Längs des Rückens verläuft eine sehr lange Rückenflosse bis in die Nähe der abgerundeten Schwanzflosse Fulcra fehlen. Leben in den Flüssen Carolinas und nähren sich am meisten den Knochen- fischen, mit denen sie von Manchen wieder vereinigt werden. Amia L., Ä. calva Bonap. 3. Ordnung: Teleostei, Knochenfische. 849 Auch tertiäre Formen gehören hierher (Notaeus, Amiopsis). Die jurassischen Familien der Leptolepiden (Thrissops Ag., Leptolepis Ag.), Platyuri (Megalurus Ag., Oli- gopleurus Thiel.) und Caturi {Caturus Ag., Pachycormus Ag.) sind höchst wahr- scheinlich keine Ganoiden, sondern Teleostier, die in die JNähe der Clupeoideen und Salmoniden zu stellen sein möchten'). 3. Ordnung: Teleostei ^j, Knochenfische. Fische mit Jcnöchernem Skelet und gesonderten Wirhein, mit freien (jederseits meist 4) Kiemen und äusserm Kiemendeclielapparat, mit nur 2wei Klappen im Grunde des einfachen Äortenhidhus, ohne Chiasma der Sehnerven, ohne Spritzlöcher und Spritdochpseudohranchien, meist mit Nehenkieme (Kiemendeckelpseudobranchie) , ohne SpiraUclappe des Darmes. Die Knochenfische umfassen die bei weitem grösste Zahl aller Fische und werden abgesehen von der knöchernen Beschaffenheit des Skeletes, welcher keineswegs der Werth eines durchgreifenden Criteriums zukommt, vorzugsweise durch eine Reihe anatomischer Merkmale von den Knorpel- fischen und Ganoiden abgegrenzt. Sie besitzen einen einfachen Aorten- bulbus ohne muskulösen Beleg der Wandung mit nur zwei Klappen, welche am Ursprünge des Bulbus einander gegenüber liegen. Der Bulbus am Arterienstil der Knochenfische ist keine Herzabtheilung mit selbst- ständiger Pulsation, sondern der verdickte Anfang der Arterien. Spritz- löcher und eine Spiralklappe des Darmes kommen niemals vor. Die Sehnerven laufen stets in einfacher Kreuzung (oder Durchbohrung) ohne Chiasma übereinander. Die meist kammförmigen Kiemen liegen wie bei den Ganoiden frei in einer Kieraenhöhle, unter einem Kiemendeckel, an welchen sich eine durch Eadii branchiostegi gestützte Kiemendeckelhaut anschliesst. Es sind in der Regel 4 vollständige doppeltblättrige Kiemen und 5 Kiemenspalten vorhanden, indem auch zwischen der letzten Kieme und dem Schlundknochen eine Spalte bleibt. Reducirt sich durch Aus- fall der hintern Kiemenblattreihe die Zahl der Kiemen auf 34 {Labroiden, einig Cataphracten und Gobioiden'), so fällt auch die letzte Spalte hin- 1) Sie würden dann die ältesten Physostomen repräsentiren. Jedenfalls wird man nur beistimmen können, die willkürliche Doctrin Agassiz's, nach welcher sämmfliche Siltern Formationen als der Kreide angehörige Fische Ganoiden sein müssten, endlich beseitigt zu sehn. 2) Vergleiche die zahlreichen bereits beim allgemeinen Theil cilirten Werke, insbesondere ober die Schriften von Cuvier, J. Müller, Günther u. a., ausserdem die faunischen Werke und Schriften von Kröyer, C. B. Klunzinger, Heller, Kner, Steindachner, Ed. v. Martens, Bleeker, üay, Jouan, Nilsson, Risso u. a. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 54 850 Kiemen. Skelet. Flossenstrahlen. weg. Bei den Pediculaten und Gymnodonten finden sich sogar meist nur 3, selten durch den Ausfall der vordem Kiemen 2| (Malthe), bei Amphipnoiis endlich nur 2 Kiemen an jeder Seite. Accessorische Kiemen am Kiemendeckel fehlen stets, dagegen treten häufig Pseudohranchien auf, welche entweder kammförmig oder drüsig und im letztern Falle von der Schleimhaut überzogen sind. Dieselben geben zuweilen vortreffliche Charactere für ganze Familien (Cyprinodonten, Siluroiden u. a.) oder in andern Fällen Merkmale zur Unterscheidung der Gattungen ab. Das Skelet characterisirt sich durch die wohlgesonderten meist knöchernen Wirbel und durch die festen Schädelknochen, unter welchen freilich oft noch Reste der ursprünglichen knorpligen Primordialkapsel zurückbleiben. Systematisch wichtig erscheint die besondere Gestaltung des Oberkiefer- gaumenapparates, die feste Verbindung {Plectognathen) oder die mehr oder minder ausgebildete Verschiebbarkeit seiner Knochen, insbesondere des Zwischenkiefers, sowie die überaus mannichfache Bezahnung. Sämmt- liche die Rachenhöhle bis in den Schlund hinein begrenzenden Knochen können Zähne tragen, fehlen solche in den Kiefern und an den Knochen der Rachenhöhle, so sind sie oft an den beweglich gesonderten untern Schlundknochen in ansehnlicher Grösse und höchst charakteristischer Form entwickelt (Schlundzähne der Cyprinoiden). Seltener sind die unteren Schlundknochen zu einem einzigen unpaaren Knochenstücke ver- einigt {Pharyngognatheii). Auch die Bedeckung der Haut zeigt sich überaus verschieden, nur selten erscheint die Haut nackt oder scheinbar schuppenlos, indem ihre sehr kleinen Schuppen nicht über die Oberfläche hervorragen, häufiger treten in ihr knöcherne Schilder und Tafeln namentlich hinter dem Kopfe auf. In der Regel wird dieselbe von cycloiden oder ctenoiden dachziegelförmig gelagerten Schuppen bedeckt. Diese Schuppen, deren systematische Bedeutung auf engere Gruppen beschränkt bleibt, sind biegsam, meist aus mehrfachen Stücken zusammen- gesetzt und zeigen meist anstatt einer äussern Schmelzlage, wie sie für die Hautbedeckung der Ganoiden charakteristisch ist, zahlreiche concentrische erhabene Linien an ihrer Oberfläche. Die Beschaffenheit der Flossenstrahlen wurde schon von Cuvier zur Unterscheidung der Knochenfische in Acanthopterygier und Mala- copterygier benutzt. J. Müller') hat der Abgrenzung dieser beiden Gruppen dadurch eine grössere Sicherheit gegeben, dass er für die nach Abzug der Pharyngognathen übrig bleibenden Knochenfische zugleich die Bildung der Bauchflossen berücksichtigte, indem er darlegte, dass die Fische mit kehlständigen Bauchflossen, welche nach der Beschaffenheit der weichstrahligen Rückenflosse Malacopterygier sein würden, sich durch 1) J. Müller, Beiträge zur Kenntniss der natUrl. Familien der Fische. Archiv für Natorg. 1843. Tom. 9. Flossenstellung. Ertrag des Fischfanges. 851 den Besitz eines ungegliederten ersten Strahles ihrer Bauchflossen als Acanthopterygier erweisen. Dieser Unterschied ist jedoch nicht auf die Bauchflosser anwendbar. Für die Gruppirung der Familien verwendet man nach Cu vier 's Vorgang sehr zweckmässig die Stellung der Bauchflossen, die nur verhältnissmässig selten fehlen {Apodes) und bei den Weichflossenstrahlern meist am Bauche {Mal. abdominales) oder an der Kehle {Mal. subbrachii), bei den Hartflossenstrahlern grossen- theils unter den Brustflossen (Äc. thoracici), seltener an der Kehle {Äc. subbrachii) stehen. Endlich hat auch der Bau der Schwimmblase einen hohen systematischen Werth, wenn gleich der Anwesenheit der- selben an sich keine besondere Bedeutung zukommt. Alle Acanthoptery- gier, sofern sie eine Schwimmblase besitzen, entbehren des Luftganges der Schwimmblase. Dagegen verhalten sich die Weichflossenstrahler verschieden. Die Malacopterygii subbrachii Cu vi er 's und ein Theil der apodes stimmen im Innern Bau der Schwimmblase mit den Hartflossen- strahlern überein und werden desshalb von J. Müller als Anacanthini gesondert. Die Weichflossenstrahler, deren Bauchflossen, wenn sie vor- handen, eine abdominale Stellung haben, besitzen stets einen Luftgang der Schwimmblase und werden von Joh. Müller a.\s Physostomi unter- schieden. Freilich bleibt die Abgrenzung der beiden letzten Gruppen unsicher, da die Familie der Sandaale {Ammodytes) sowohl der Schwimm- blase als der Bauchflossen entbehrt. Hinsichtlich der Organisation und Fortpflanzung zeigen die Teleostier die bereits im allgemeinen Theile hervorgehobenen Eigenthümlichkeiten der Fische am stärksten ausgeprägt. Harn- und Geschlechtsorgane münden hinter dem After entweder gesondert oder vereint auf einer Urogenitalpapille. Nur wenige Knochenfische gebären lebendige Junge, fast alle legen kleine Eier in sehr bedeutender Zahl an geschützten Brutplätzen ab. Viele Teleostier sind als Nahrungsmittel für ganze Völkerschaften von der grössten Bedeutung, und bilden den Gegenstand eines weit ausgebreiteten Erwerbszweiges. Um Beispiele für den jähr- lichen Ertrag der Fischereien zu geben, mag erwähnt werden, dass dieser nach Schmarda in England auf 12 Millionen Pfund St., in Nord- amerika auf 46 Millionen Dollar, in Frankreich auf 41 Millionen Francs, in Norwegen auf 14 Millionen Gulden, in Russland auf 5 Millionen Silberrubel, in Holland auf 3^ Millionen Gulden geschätzt wird. Neuer- dings ist die Fischerei an vielen Orten durch die Erfolge der künst- lichen Züchtung ') wesentlich gehoben. Von manchen Fischen soll der Genuss schädlich (Ihynnus jpelamys), ja tödtlich sein (eine Teirodonoxi). 1) Vergl. C. Vogt, Die künstliche Fischzucht. Leipzig. 1859. W. Wright, Fishes and Fishing, artificial breeding of Fish, anatomy of their senses, their lives, passions and intellects; with illustrative facls. London. 1858. 54* 852 1. Unterordnung: Lophobranchii. I.Unterordnung: Lophobranchii")} Biischelkiemer. Knochenfische mit gepanzerter Haut, röhrenförmig verlängerter zahnloser Schnauze, mit büschelförmigen Kiemen und sehr enger Kiemenspalte. Der Hauptcharakter dieser Gruppe liegt in der eigenthümlichen Gestalt der Kiemen, welche im Gegensatz zu den kammförmigen Kiemen der übrigen Teleostier aus verhältnissmässig wenigen, knopfförmig an- geschwollenen Blättchen bestehen. Wenn gleich diese Abweichung keines- wegs von wesentlicher Bedeutung ist, so dient sie doch als treffliches Unterscheidungsmerkmal, Auch reducirt sich die Kieraenspalte in Folge der Anheftung des meist einfachen Kiemendeckels an dem Schultergürtel auf ein kleines oberes Kiemenloch Der durchweg langgestreckte Körper ist mit dünnen Knochenschildern gepanzert und verlängert sich in eine röhrenförmige Schnauze, an deren Spitze die kleine Mundöfi'nung liegt. Die Brustflossen sind klein, nur ausnahmsweise von enormer Grösse und flügelartiger Ausbreitung, dahingegen die Bauchflossen stets ver- kümmert. Auch das System der unpaaren Flossenkämme zeigt sich wenig entwickelt. After und Schwanzflosse fehlen häufig, dagegen findet sich stets eine kleine Rückenflosse, welche bei einigen {Hippocampus) sehr rasch hin- und her geschlagen werden kann und als Strudelorgan fungirt. Schwimmblase einfach ohne Luftgang oder fehlend. Die Lopho- branchier sind kleine, zwischen Seetang lebende Fische, die kaum eine speciellere Beachtung finden würden, wenn sie nicht ein so merkwürdiges Beispiel von Brutpflege der Männchen lieferten. Diese besitzen meist an der Wurzel des Schwanzes zwei Hautklappen (Syngnathus) , die sich zu einem Sacke umgestalten können (Hippocampus), in welchem die Eier aufgenommen und ausgebrütet v/erden. In anderen Fällen werden die Eier in Reihen auf Brust und Bauch oder am Schwanz getragen. 1. Farn. Pegasidae. Von plattgedrückter Körpergestalt mit grossen flügeirörmig ausgebreiteten Brustflossen und kleinen Bauchflossen. Eine Hückenflosse und After- flosse. Kienienblattchen mehr lamellös. Pegasus L. P. volans L., in Ostindien. P. natans L. u. a, A. 2. Farn. Solenostotriidae. Von comprimirter Körperform, Kiemenöfl'nungen w it, die vordere der beiden Bückenflossan sehr entwickelt, ohne gegliederte Strahlen. Schwimmblase fehlt. Solenostoma Lac. (Bleek), S. paradoxa (Fistularia) Fall., Amboyna. 3. Fam. Syngnathidae. Von cylindrischer oder seitlich comprimirter Körper- forni, mit sehr enger KiemenöfTnung und nur einer Ruckenflosse, mit kleinen Brust- flossen, ohne Bauchflossen. 1) Vergl. Eckström, Die Fische in den Scheeren von Mörkö etc. Berlin. 1835. Quatrefages, Memoire sur les embryons des Sygnathes. Ann. scienc. nat. 2 Ser. Tom. 18. 1842. Kaup, Uebersicht der Lopbobranchier. Archiv für Nalurg. 1853. Vergl. ferner die Arbeiten von Rathke, Retzius, v. Siebold u. a. 2. Unterordnung: Plectognathi. 853 1. Subf Syngnathinae. Schwanz meist mit einer Flosse, nicht zum Greifen befähigt. Siphonostoma Kp. Körper nicht verbreitert mit distinkten Kanten. Brust- und Schwanzflosse wohl entwickelt, Schulterknochen beweglich. S. typhle L., Miltelmeer. Syngnathus Art, Die Rückenkante des Rumpfes von der des Schwanzes ab- gesetzt. Schuiterknochen zu einem Brustring verwachsen. Männchen mit Eiertasche am Schwanz. S. acus L., Ocean und Mittelmeer u, v. a. A. Ichthyocampus Kp, Urocampus Gnth. Doryichthys Kp. Schuiterknochen vereinigt. Brust- und Schwanzflosse vor- handen, Männchen mit Eierlasche am Abdomen. D. brachyurus Bleek, , Polynesien, Stigmatophora Kp. Schwanzflosse fehlt. Männchen mit Eiertasche am Schwanz. St. argus Richards. , Australien. Nerophis Kp. Körper rundlich. Brustflosse fehlt. Schwanzflosse rudimentär oder fehlend. Männchen ohne Eiertasche, die Eier in Längsreihen angeheftet. 2V. aequoreus L, , N. ophidion L., Nord- und Westküste Europas. 2. Subf. Hippocampinae. Schwanz zum Greifen dienend, ohne Flosse, Hinter- kopf meist mit Stacheln. Hippocampus Cuv. Körper 7seitig mit 10 bis 12 Ringen. Schilder zu Tuber- keln und Stacheln erhoben. Hinterhaupt mit einer Krone. Bruttasche des Männchens nur vorn offen. H. longirostris Cuv., Japan. H. antiquorum Leach., Mittelmeer. H. guttulatus Cuv., Ocean und Indischer Archipel u, v. a. A, Phyllopteryx Sw Die Auswüchse am Körper und Schwanz sind mit blätter- artigen Anhängen verziert. Fh. foliatus Shaw, Tasmanien. Solenognathus Sw. Körper höher als breit mit 24 bis 26 Ringen. S. Hard- wickii Gray, Indien und China, Gastrotolceus Heck. Die Männchen tragen die Eier in Reihen auf Brust und Bauch. G. biaculeatiis Heck., Ind. Archipel. 2. Unterordnung. PlectognatM '), Haftkiefer. Kuglige oder seitlich starh comprimirte Knochenfische mit unbe- weglich verivachsenem Oberhiefer und Zivis chenkief er, enger Mundspalte und starkem, oft bestacheltem Hautpanzer, meist ohne Bauchflossen. Die wichtigsten Merkmale dieser Gruppe beruhen auf der freilich nicht durchgreifenden Verwachsung der Oberkiefergaumenknochen und der eigenthümlichen harten Hautbedeckung. Der grosse Zwischenkiefer bildet allein den obern Rand der engen Mundspalte und ist sowohl mit dem Schädel als dem Oberkieter fest verschmolzen, eine Eigenthümlich- 1) Cuvier, Memoire sur la composition de la mächoire superieure des poissons. M6m. du Museum etc. II. 1815, IV. 1818. Welle nbach, Observationes anatomicae de Orthagorisco mola. Diss. inang. 1840. H. Hollard, Etudes sur les Gymnodontes etc. Ann, scienc. nat. 4 S6r. Tom, 8. 1857. Yergl. ferner die zahlreichen Schriften und Abbandlungen von Bleeker. 854 Sclerodermi. üstracionidae. Balistidae. keit, die sich allerdings auch bei einigen Characinen (Serrosalmo) wieder- findet. Die dicke Lederhaut ist entweder mit grossen Knochentafeln und Schildern oder mit dünnern, in dreikantige Stacheln auslaufenden Platten oder mit harten rhombischen Schuppen bedeckt, kann aber auch wie bei den Selachiern durch eingelagerte Knochenkörner eine rauhe chagrinartige Beschaffenheit erhalten. Das Skelet zeigt eine verhältniss- mässig niedrige Stufe der Ausbildung, die Wirbelsäule bleibt kurz, aus nur wenigen (höchstens 20) Wirbeln zusammengesetzt und kann der Schlussstücke der obern Wirbelbogen entbehren, so dass der Rücken- markskanal oben in seiner ganzen Länge geöffnet ist {Biodon). Rippen fehlen in der Regel, dagegen besitzen fast alle eine grosse Schwimm- blase, welche stets des Luftganges entbehrt. Alle tragen kammförmige Kiemen, zuweilen aber nur auf den drei vordem Bogen und haben eine nur enge Kiemenspalte, da der gesammte Kiemendeckelapparat unter der Haut völlig verborgen bleibt. Die Bewaffnung der Kiefer besteht meist aus wenigen scharf schneidenden Zahnplatten, welche zum Zertrümmern von Krebs- und Muschelschalen dienen. Einige kuglige Plectognathen können sich aufblähen, indem sie ihren geräumigen Kehlsack mit Luft füllen, und treiben dann, ein Spiel von Wind und Welle, mit dem Bauch nach oben gekehrt an der Oberfläche des Meeres umher. Die Flossen sind in der Regel wenig entwickelt, die Brustflossen stehen hinter der engen Kiemenspalte, Bauchflossen fehlen mit einer einzigen Ausnahme, wo sie durch Stacheln vertreten werden. Rücken- und Afterflossen ent- halten weiche gegliederte Strahlen, doch können zuweilen (Balistes) vor der Rückenflosse grosse Stacheln auftreten, welche in besondern Gelenken aufgerichtet werden. 1. Gruppe. Sclerodermi. Kiefer mit gesonderten Zähnen. 1. Fam. Ostracionidae, KofFerfische. Körperform kofferartig, dreikantig oder vierkantig, oft in hornartige Fortsätze auslaufend, mit festem, aus polyedrischen Knochen- tafeln gebildetem Hautpanzer, an welchem nur die Flossen und der Schwanz beweglich sind. Die Kiefer mit nur wenigen Zähnen bewaffnet. Bauchflossen fehlen. Die zahl- reichen Arten bewohnen nur tropische Meere. Ostracion \tU Mit einer kurzen stachellosen Rückenflosse, die der kurzen Analflosse gegenüber steht. 14 Wirbel. 0. triq^ueter l., Wesündien. 0. quadricornis L, Westafrika. 0. (Aracana) aurita Shaw., Südaustralien u. z. a. A, 2. Fam. Balistidae, Hornfische. Der seitlich comprimirte Körper mit rauh- körniger oder von harten rhombischen Schuppen bedeckter Haut und prachtvollen Farben. Ober- und Unterkiefer tragen nur wenige schneidende Zähne. Bauchflossen fehlen oder werden durch einen beweglichen Stachel vertreten. Trotzdem aber findet sich stets ein kielartig vorspringender ßeckengürtel. Auf dem Rücken erheben sich ein oder mehrere vordere grosse aufrichtbare Stacheln. Balistes L. Mit 3 Rückendornen, von denen der vordere bei weitem am stärksten ist 7 bis 10 Wirbel. Obere Kinnlade mit einer doppelten Reihe von Kegelzähnen. B. stellatus Lac, Indien und Südsee. B. maculatus L., Atl. und Ind. Ocean. Monacanthus Cuv. Nur ein Rückenstachel und hinler demselben meist noch 3. Unterordnung: Physostomi. 855 ein rudimentärer Dorn. M. pardalis Rüpp., Ind. und All. Ocean, Änacanthus bar- batus Gray. 3. Farn. Triacanthidae. Schädel mit schwachen schuppenähnlichen Scbildero bedeckt. Rückenflosse mit 4 bis 6 Stacheln. Ein Paar starker beweglicher Stacheln an Stelle der Bauchflossen. Triacanthus Cuv. Körper comprimirt. Zähne in doppelter Reihe, die äussern schneidend. Vordere Rückenflosse hinter dem starken Stachel mit 3 oder 5 kleinen Stacheln. Tr. brevirostris Schleg. , China. Hollardia Poey. Triacanthodes Bleek. 2. Gruppe. Gymnodontes. Kiefer in einen Schnabel umgestaltet, mit schneidender ungetheilter oder doppelter Zahnplatte, ßückenstacheln fehlen. 1. Fam. Molidae. Körper sehr comprimirt, mit sehr kurzem abgestutzten Schwanz. Flossenkämme zusammenfliessend. Beckenknochen und Schwimmblase fehlen. Orthagoriscus Bloch. Kiefer ohne mediane Sutur. 0. tnola, MondGsch. In den wärmern Meeren sehr verbreitet. 2. Fam. Tetrodontidae. Hüglige Fische mit lederartiger rauhkörniger oder bestachelter Haut. Das Skelet unvollständig, oft mit offenem Vertebralkanal. Oeso- phagus mit sehr grossem mit Luft fullbaren Nebensack. Schwimmblase vorhanden. Diodon L. Kiefer ohne mediane Sutur. 2). hystrix L., All. und Ind. Ocean. Chilomycterus Kp, u. a. G. Tetrodon L. Kiefer durch eine mediane Sutur getrennt. Rücken- und After- flosse sehr kurz. T. lagocephalns L., Engl. Küste. Xenopterus Bibr. Triodon Cuv. Oberkieferlade durch eine mediane Sutur getrennt, die untere nicht. Tr. bursarius Cuv., Ind. Ocean. 3. Unterordnung. Physostomi '), Physostomen. er viel dicker) entsprechen wahrscheinlich nur verschiedenen Entwicklungsstadien. Andere Formen sind als Hyoprorus, Tilurus, Esunculus, Prorohronchus beschrieben. 2. Gruppe. Fh. abdominales. Mit Bauchflossen, die hinter den Brustflossen stehen. 1. Fam. Clupeidae^), Fläringe. Fische mit ziemlich comprimirtem Körper, der fU"'^ mit Ausnahme des Koples von grossen dünnen leicht abfallenden Schuppen bedeckt ist. Der Rand der Oberkinnlade wird vom Zwischenkiefer in der Mille und von den Maxillen seitlich begrenzt, üpercularapparat vollständig, eine weite bis zur Kehle reichende Kiemenspalte freilassend. Rückenflosse nicht verlängert. Analflosse zuweilen sehr lang. Magen mit Blindsack. Pförtneranhänge zahlreich. Die meisten besitzen grosse kiemenähnliche Pseudobranchien und eine schneidende sägeartig gezähnte Bauch- kante. Mehrere zeichnen sich durch grosse glasartige Augenlider aus, weiche einen grossen Theil des Auges bedecken. Die zahlreichen Arten leben grossentheils im Meere, zum Theil auch in süssen Gewässern und nähren sich hauptsächlich von Cru- staceen. Einige bilden ihres schmackhaften Fleisches halber einen wichtigen Gegen- stand der Fischerei und werden vornehmlicii zur Laichzeit, wo sie aus der Tiefe des Meeres an die Oberfläche in die Nähe der Küsten kommen, gefangen. Engraulis Cuv. EngrauUnae). Muudspalte sehr weit, obere Kinnlade vor- stehend. Zwischenkiefer sehr klein, fest mit den sehr langen Maxillen vereinigt. Sehr spitze kleine Zähne meist auf allen Mnndknochen. Augenlider fehlen. E. encrasi- cholus Rond., AnjoviSy Ocean und Mittelmeer, Van Diemensland. Cetengraulis Gnth., Cjh*e^ Coilia Gray. 1) Kölliker, Bau von Leptocephalus und Helmichthys. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. IV. 1852. Gill, Proc. Ac. Nat. Sc. Philad. 1864. 2) Vergl. Ach. Valenciennes, Histoire naturelle du Hareng. Paris. 1850, so- dann Munter, Malmgren, Arch. für Katurg. 1863 und 1864, ferner die Abhand- lungen von Cuvier, Kröyer, Bleeker u. A. 858 Heteropychii. Mormyridae. Esocidae. Clupea Cuv. {Clupeinae). Mit stark zusammengedrücktem Leib und sägearlig gezähnter Bauchkante. Oberkiefer nicht überstehend. Kleine Zfihne in den Kielern und Gaumen und grössere am Vomer und an der Zunge. C. harengus L, Häring, in den nordischen Meeren, erscheint besonders an den schottischen und norwegischen Küsten alljährig zu bestimmten Jahreszeilen in ungeheueren Schaaren. Der Hauptlang geschieht im September und Oclober. C. (Harengula) sprattus L., Sprott in der Nord- und Ostsee. Clupeoides Bleek., Clupeichthys Bleek., Pellona Cuv, Val. Alausa Val. Nur die Oberkinnlade mit feinen spitzen Zähnen besetzt. Die Zwischenkiefer tief gespalten. Bauchkante schneidend und sägeförmig gezähnelt. Ä. vulgaris Cuv. Val., Maifisch. Wandert im Mai zur Laichzeit aus dem Meere in die Ströme, z. B. im Rhein bis Basel, im Main bis Würzburg und wird bis 3 Fuss lang. A. finta Cuv., Finte, mit viel kürzern und weniger zahlreichen Dornen an den Kiemen- bogen. A. pilchardus Bloch. (Sardina), Mittelmeer. Elops L. (JElopinae). Obere Kinnlade kürzer als die untere. Abdomen rund- lich, nicht kantig. Eine knöcherne Kehlpiatte. Schuppen klein. Pseudobranchien wohl entwickelt. Hechelzähnchen an allen Knochen des Mundes. E. saurus L., Tro- pische Meere. Megalops Lac. (Schuppen sehr gross, Pseudobranchien rudimentär). M. cyprinoides Lac, Ostind. Archipel. Lutodeira Kühl. z=i Chanos Lac. (Lutodeirinae). Mund klein. Zähne fehlen. Rückenflosse den Bauchflossen gegenüber stehend. Schwimmblase in eine vordere und hintere Abtheilung eingeschnürt. L. chanos Kühl. = Ch. salmoneus Forst. , Sudsee. Verwandte Gattungen sind Chirocentrus Cuv., Alepocephalus Risso, Notopterus Lac, Halosaurus Johnst. Als Vertreter einer besondern Familie, Heteropygii, betrachtet man einige blinde ilöhlenfiscbc, welche von allen andern durch die Lage des Afters vor den Bauchflossen unterschieden sind. Nebenkiemen fehlen. Amblyopsis spelaeus Dek., der blinde Fisch, mit kleinen von der Haut überzogenen Augen in den unterirdischen Gewässsern der Mammuthhöhle Kentucky's. = Typlichthys subterraneus Gir. 2. Fam. Mormyridae '). Kopf, Kiemendeckel und Kiemenstrahlen mit nackter Haut. Mundspalte klein, ihr oberer Rand von dem unpaaren Zwischenkiefer und den paarigen Maxillen begrenzt. Flossen wohl entwickelt; längs der Basis der Rücken- und Analflosse erstreckt sich eine Porenreihe. Kiemenöflnung auf einen kurzen Schlitz reducirt. Pseudobranchien fehlen. Der Schädel hat eine eigenthümliche zur Cavitas cranii und zum Labyrinth führende ÜefTnung. 2 Pylorusanhänge hinter dem Magen, Schwimmblase einfach. Haben ein pseudoelektrisches Organ und leben in Flüssen des tropischen Afrika. Mormyriis L. Spitze Zähne besetzen bandförmig den Gaumen und die Zunge. M. oxyrhynchus GeofTr., Hyperopisus Gill., Mormyrops Joh. Müll. Hier schliessen sich die Gymnarchiden an mit Gymnarchus Cuv,, G. niloti- CU8 Cuv. 3, Fam. Esocidae, Hechte. Beschuppte Süsswasserfische mit breitem, nieder- gedrücktem Kopfe, weit nach hinten gerückter Rückenflosse und verdeckten drüsigen Pseudobranchien. Der obere Mundrand wird vom Zwischenkiefer und Oberkiefer begrenzt. Ein Magenblindsack und Pförtneranhänge fehlen. Die Hechte sind gefrässige Raubfische mit weit gespaltenem Rachen und vollständiger Zahnbewafl'uung. Esox Art. Seitenlinie deutlich. Unterkiefer vorstehend. Verschieden grosse Hechelzähne sitzen am Unterkiefer und Gaumen, kleine am Zwischenkiefer, Borsten- 1) Vergi. die Abhandlungen von Kölliker, Hyrtl, Ecker, Harkusen u. a. Scomberesocidae. Salmonidae, 859 Zähne am Vomer und Zungenbein. E. lucius L. , Hecht, in fast allen Flüssen und Seen Europa's und Auierika's verbreitet, wird bis 25 Pfund schwer. E. niger Les., Vereinigle Staaten. Üinbra Kram. Seitenlinie undeutlich. Alterflosse unter dem Ende der Rücken- flosse. Feine Saminetzahne besetzen die Kiefer, den Vomer und die Gaumenknochen. U. Kramen Job. Mull., Hundsfisch, Oeslreich. Hier schiiessen sich die Galaxiaden (Galaocias) und Percopsiden {Percopsis) an. 4. Farn. Scomberesocidae. Marine Weichflosser mit cycloider Beschuppung und einer Reihe von gokielten Schuppen jederseits am Bauch, ohne Magenblindsack und Pförtneranhänge. Untere Schlundknochen verwachsen. Schwimmblase einfach ohne Luftgang. Mundspalte vom Zwischenkiefer und Oberkiefer begrenzt. Die Rücken- flosse steht weit nach hinten der Afterflosse gegenüber. Pseudobranchien drüsig und verdeckt. Häufig verlängern sich die stark bezahnten Kiefer schnabeiartig. Die Brust- flossen entwickeln sich zuweilen zu bedeutender Grösse und werden wie Flügel benutzt, um mit ihrer Hülfe den Körper weit über die Meeres-Oberfläche hin forlzuschnellen. JBelone Cuv., Hornhecht. Beide Kiefer zu einer gestreckten Schnauze verlän- gert, mit einer Reihe langer conischer Zähne. B. acus Rond., Mittelmeer. B. vul- garis Flem., Kordküste Europa's. Scomberesox Lac. Unterscheidet sich durch den Besitz von Flösschen hinter Rücken- und Afterflosse. Sc. saurus Walb , Atl. Küsten Europa's und Afrika's. Hemiramphus Cuv. Nur der Unterkiefer verlängert. Zwischenkiefer kurz, eine trianguläre Platte bildend. H. vittatus Val., Westküste Afrikas. Arramphus Gnth. Exocoetus Art. Kiefer kurz, mit kleinen Zähnen. Bru.otflossen sehr lang, zu Flugorganen vergrössert. E. evolans L., E. exiliens L., Europ. Meere u. z. a. A. 5. Farn. Salmonidae, Lachse. Beschuppte, meist lebhaft gefärbte Fische, mit Fettflosse und Nebenkiemen, einfacher Schwimmblase und zahlreichen Pförlneranhängen, An der Bildung des oberen Mundrandes betheiligen sich sowohl Zwischenkiefer als Oberkieferknochen. Die Bezahnung wechselt ausserordentlich und liefert wichtige Gattungscharaktere. Die Ovarien entbehren der Ausführungsgänge und sind der Länge nach offene Säcke, aus denen die Eier in die Bauchhöhle fallen. Zur Laichzeit, die meist in die Wintermonate fällt, zeigen beide Geschlechter oft aufl'allende Unterschiede. Sie sind grosse Raubfische und gehören vorzugsweise den Flüssen, Gebirgsbächen und Seen der nördlichen Gegenden «n, lieben klares kaltes Wasser mit steinigem Grunde, haben aber auch im Meere Vertreter, welche zur Laichzeit in die Ströme und deren Nebenflüsse steigen. Unter den Süsswasserfischen unserer Gegenden sind sie leicht an dem Besit;:e der Fettflosse und der kleinen Beschuppung kenntlich. Wegen ihres zarten grätenlosen Fleisches als Tafelfische sehr beliebt, bilden sie einen wichtigen Gegenstand der Fischerei und kunstlichen Fischzucht. Coregonus Art. Das enge Maul zahnlos oder mit sehr feinen Zähnen besetzt. Körper etwas seitlich zusammengedrückt, mit ziemlich grossen Schuppen. Rücken- flosse kurz. C. Wartmanni Bloch., Ranke, Blaufelchen, in den Alpenseen, nährt sich hauptsächlich von kleinen Wasserthieren , insbesondere Daphniden. C. hiemalis Jur., Kilch, kenntlich an der kurzen Form des Körpers, hält sich in einer Tiefe von 35 bi» 45 Klafter auf, im Bodensee C. oxyrhynchus L. Mallotus Cuv. Thymallus Cuv. Mundspalte eng. Kiefer, Vomer und Gaumenbeine mit feinen Zähnen besetzt. Die sehr grosse vielstrahlige Rückenflosse beginnt weit vor derAfter- öfl'nung. Th. vulgaris Nilss. {vexillifer), Aesche, wird 1 bis 1^ Fuss lang und lebt in klaren, schnellHiessenden Gebirgsbächen, besonders der Alpenabhänge. Argentina Art., Microstoma Cuv., Salanx Cuv. Osinerus Art. Mit weit gespaltenem Maul und vollständiger Bezahnung. 8G0 Scopelidae. Schuppen ziemlich gross. Die Zähne der Kiefer sind klein, die der Zunge und des Gaumens starke Fangzähne. 0. eperlanus L., Stint, lebt in grossen Gesellschaften vereint im Meere und grössern Seen, steigt zur Laichzeit im Frühjahr aus der Tiefe in die Flussmündungen und wird massenhaft gewöhnlich des Nachts bei Feuer- schein gefangen. Thaleichthys Gir. , Hypomesus Gill. Salmo Art. Analflosse kurz mit weniger als 14 Strahlen. Zähne an allen Kiefer- knochen mit Ausnahme der Fiügeibeine. Der Vomer kurz und die vordere Platte desselben mit Zähnen besetzt. S. Salvelinus L., Saibling. S. Hucho L., Huchen, im Donaugebiet, ein grosser Raubfisch. S. umbla L. , Genfer See. S. alpiniis L., S. rutilus Niiss. S. (Trutta). Der Vomer lang, an der vordem Seite bald bezahnt, bald zahnlos, stets aber mit vielen Zähnen an der langen hintern Platte (Vomerstil). 8. salar L., Lachs. Ohne Zähne an der vordem Vomerplatte mit gestrecktem seitlich comprimirten Körper und iangvorgezogener Schnauze, bei alten Männchen mit haken- artig nach oben gebogener Kinuspitze (iBakenlachs), steigt zur Laichzeit aus dem Meere in die Flüsse und deren Nebenflüsse, je nach dem Alter vom Mai bis in den November, kommt durch gewaltige Sprünge über Wasserfälle hinaus und ist während dieser Zeit als fetter wohlgenährter Fisch mit rothem Fleisch (Rheinlachs) hochgeschätzt. Da der Lachs während seiner Laichperiode keine Nahrung zu sich nimmt, erscheint er nach derselben, wenn er zu Thal geht, abgemagert, fast unkenntlich (Rheinsalm). Die jungen ausgeschlüpften Lachse bleiben ein Jahr lang an ihrer Geburtsstätte und wan- dern erst, wenn sie fingerslang sind, zum Meere hin. Man hat 90 Pfund schwere Lacbse beobachtet. S. lacustris L., Seeforelle (Schwebforelle) in den Binnenseen der mitteleuropäischen Alpenländer. Mit weniger gestreckter Schnauze und 3 bis 4 Zähnen am Hinterrande der vordem Vomerplatte. Auch sind die Zähne des Vomerslils nicht so hinfällig wie beim Lachs. Wird bis 30 Pfund schwer. Sterile Formen sind die sog. Schwebforellen des Bodensee's. S. trutta L , Lachsforelle, Meerforeile, von der Seeforelle schwer zu unterscheiden. Nach v. Siebold sind die Zähne schwächer und hinfälliger, in der Nord- und Ostsee, steigt zur Laichzeit ebenfalls in die Flüsse. 1\ fario L., Forelle. Die vordere kurze Vomerplatte dreieckig, mit 3 oder 4 Zähnen am Hinterrande, der sehr lange Vomerstil trägt eine Doppelreihe sehr starker Zähne. Leben in Gebirgsbächen, Flüssen und Seen und laichen von Mitte October bis December. Man unterscheidet eine grosse Zahl von Varietäten. S. dentex Heck., Dalmatien. Oncorhynchus Suckl., Luciotrutta Gnth. 6. Fam. Scopelidae. Nackte oder beschuppte Fische mit Fettflosse, sehr weiten Kiemenspalten und wohl entwickelten Pseudobranchien , ohne Schwimmblase. Der Rand der Oberkinnlade wird ausschliesslich vom Zwischenkiefer begrenzt. Darmkanal sehr kurz mit wenig Pförtneranhängen. Saurus Cuv. (Saurinae). Rückenflosse kurz, so ziemlich in der Mitte der Körperlänge. Körper fast cylindrisch. Zähne an den Kiefern, auf Zunge und Gaumen- knochen, letztere in Form eines Bandes jederseits geordnet. S. lacerta Cuv. Val. {Salmo saurus L.), Mittelmeeer. Saurida Cuv. Val., Harpodon Les., Aulopus Cuv. Scopelus Cuv. Körper mehr oder minder comprimirt, von sehr grossen Schuppen bedeckt, von denen die der Seitenlinien am grössten sind. Sehr kleine Zähne an den Mundknochen. S. Humboldtii Risse, Mittelmeer. S. glacialis Reinh. Paralepis Risso {Paralepidinae). Rückenflosse in der hintern Gegend des Körpers. Kiefer ohne grössere Fangzähne. P. coregonoides Risso. Sudis Raf. Körper verlängert, comprimirt, mit sehr dünnen und hinfälligen Schuppen bedeckt. Kiefer mit 4 oder 5 sehr langen Zähnen. S. hyalina Raf., Mittel- mcer. Alepidosaurus Lowe. Cyprinidae. 861 Hier schliessen sich die Stomiaden an (Stomias Cuv. , Astronesthes Richards.), ferner die Sternoptychiden mit den Gattungen Argyropelecus Cocco, Sternoptyx Herni., CJiauliodus Bloch, u. a. 7. Farn. Cyprinidae, Karpfen. Süsswasserfische meist von hoher, stark com- primirter Körpergestalt, mit enger, oft Bartein tragender Mundspalte, schwachen zahn- losen Kiefern, aber stark bezahnten untern Schlundknochen. Die Zwischenkiefer bilden allein den Rand der Oberkinnlade, hinter weichem die Oberkieferknochen liegen. Die Schwimmblase ist durch eine Einschnürung in eine vordere und hintere Blase abge- theilt und mit dem Gehörorgan durch eine Kette von Knöchelchen verbunden Mit Ausnahme des nackten Kopfes ist der Körper meist mit cycloiden Schuppen bedeckt. Magen und Darmkanal nicht scharf abgegrenzt. Blindanhänge des Darmes fehlen. Alle besitzen eine Rücken- und Afterflosse, welche nicht selten mit einem vordem Knochen- strahl bewaffnet sind. Die Karpfen bewohnen in überaus zahlreichen Formen, für deren Unterscheidung die Zahl und Gestaltung der Schlundzähne wichtig geworden ist, besonders süsse Gewässer mit schlammigem Untergrund und nähren sich von vege- tabilischen Substanzen, Würmern und Insecten. Einige bilden wegen ihres schmack- haften freilich grätenreichen Fleisches einen wichtigen Gegenstand der Fischerei, andere werden als Futterfische bei der Zucht von Forellen und Lachsen verwendet. Cyprinus Art. Der endständige Mund mit 4 Bartfäden an der Oberkinnlade. Die lange Rücken- und kurze Afterflosse beginnen mit starkem rückwärts gezähneltem Knochenslrahl. Die b Schlundzähne stehen in drei Reihen, 3.1.1 — 1.1.3. C. car- pio L., Karpfen. Der schuppenlose Lederkarpf und der mit wenigen grossen Schuppen besetzte Spiegelkarpf sind Varietäten dieses in zahlreichen Abänderungen verbreiteten Culturfisches, Carassius Nills. Durch den Mangel der Bartfäden und den Besitz von nur 4 einreihig gestellten Schlundzähnen unterschieden. C. vulgaris Nilss. , Karausche. Ebenfalls mannichlach abändernd als See- und Teichkarausche. Auch scheint nach v. Siebold der Giebel eine Varietät derselben zu sein. Als Goldkarausche bezeichnet man Formen mit go!dgelber Färbung. C. aiiratus L. , der Goldfisch aus China und Japan stammend. C. Kollari Heck, ist Bastard zwischen Karpfe und Karausche. Tinea Cuv. Rückenflosse kurz, ohne Knochenstachel. Der endständige Mund mit 2 Bartfäden in den Winkeln. Schuppen sehr klein, von der dicken durchsichtigen Oberhaut bedeckt. Auf der einen Seite 4, auf der andern 5 Schlundzähne. 7'. vul- garis Cuv., Schleie. Die orangegelbe oder rothe Varietät ist als Goldschleie bekannt. Barbus Cuv. Der unterständige Mund mit 4 ßartfiiden an der Oberkinnlade. Nur die Rückenflosse beginnt mit einem Knochenstrahl Die Schlundzähne jederseits in drei Reihen zu 2, 3 und 5 gestellt. B. fluviatilis Ag , Barbe, an dem langge- streckten Körper leicht kenntlich. Der Genuss des Rogens soll Erbrechen und Durch- fall zur Folge haben. Gegen 160 Arten aus allen Welttheilen bekannt. GobioCuv. Der unterständige Mund mit zwei langen Bartfäden in den Winkeln. Die hakenförmig endenden Schlundzähne stehen in zwei Reihen zu 2 oder 3 und zu 5. Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis, ohne Dorn. H. fluviatilis Flom., Gründling, klein, von gestreckter Körperform. G. uranoscopus Ag. , Steingressling. Aulopyge Hygelii Heck. Kner., Dalmatien. Schizothorax Heck., Ptychobarbus Steind. u. z. a. G. Rhodeus Ag. Körperlorm hoch und stark comprimirt. Afterflosse massig lang, mit circa 12 Strahlen. Barteln fehlen. Die 5 Schlundzähne jederseits in einfacher Reihe. Bli. amarus Bloch., Bitterling. Dieser kleine, nur 2 bis 3 Zoll lange, durch seine glatten grossen Schuppen ausgezeichnete Fisch bringt seine Eier mittelst einer langen Legeröhre in (iie Kiemen der Flussmuscheln. Abramis Cuv. Mund ohne Bartfäden. Rücken- und Afterflosse ohoe Knochen- 862 Acanthopsidae. Stachel, erstere mit kurzer Basis, letztere sehr lang. 5 Schlundzähne^ jederseils in einfacher Reihe. Der Bauch bildet zwischen Bauch- und Afterflossen eine schuppen- lose Kante. Schwanzflosse tief gabiig ausgeschnitten. A. brama Flero., Brachsen. A. vitnba L. , Zärthe. A. baller us L., Pleinzen, Heckel's A. Leuckartü wird von V. Siebold als Abramidopsis gesondert, ist aber nur eine von Abramis und Leuciscus erzeugte Bastardform. Blicca Heck. Von der vorigen Gattung hauptsächlich durch die kürzere After- flosse und die Schlundzahne unlerschieden, welche in zwei Reihen zu 2 und 5, selten XU 3 und zu 5 stehen. B. Björkna L., Blicke, Halbbrachsen. Eine Bastardform wird TOD V. Siebold Bliccopsis abramo-rutilus genannt. Pelecus Ag. Körper stark comprimirt mit schneidender Bauchkantc. Mund auf- wärts gerichtet, ohne Barteln. Rückenflosse kurz, ohne Stachel, dem Anfange der langen vielstrahligen Afterflosse gegenüber. Schwanzflosse gabiig. Schlundzähne in doppelter Reihe, mit Haken zu 2 und 5. Kiemenöfl'nungen sehr weit. P. cultratus L, Sichling, Bewohner von salzigem und süssem Wasser in Osteuropa. Aspius Ag. Körper oblong mit kurzer Rückenflosse ohne Stachel, gegenüber dem Raum zwischen den ßauchfiossen und der langen Afterflosse. Unterkiefer vor- tretend. Schlundzähne hakig in 2 Reihen zu 5 und 3 gruppirt. A. rapax Ag., bchied (J.. aspius L.), Osteuropa. Alburnus Rond. Von Aspius vornehmlich durch die Zahl der Schlundzähne zu 5 und 2 verschieden. A. lucidus Heck. Kner., Laube. Leuciscus Klein. Rückenflosse kurz, ohne Knochenstrahl. Afterflosse kurz oder massig lang, mit 9—1 1 Strahlen. Mund ohne Barteln. L. {Leuciscus). Schlundzähne conisch oder compress in einer Reihe. L. rutilus L,, Rothauge, Plötze. L.{Squaliiis Bonap ). Schlundzähne in zwei Reihen zu 2 und 3. L. cephalus L., Dickkopf, Schuppfisch, oft mit der Laube verbastardirt. L. vulgaris Gnlh. {Sq. leuciscus Heck.). L. (IdusHeck.). Schlundzähne in zwei Reihen zu 5 und 3. L. idus L. I. melanotus Heck , Gangling. L. {Scardinius Bonap.). Schlundzähne mit gekerbten Kronen zu 3 und 5 stehend. L. erythrophthalmus L., Rothange. Phoxinus Bei. Körper fast cylindrisch, sehr klein beschuppt. Pharyngealzähne hakig zu 5 (4) und 2 gestellt. Seitenlinie unvollständig. Ph. laevis Ag. {C. phoxi- nus L.), Pfrille, Elritze. Chondrostoma Ag. {Temnochili). Mund nnterständig, ohne Barteln. Lippen schmal mit scharfen Kanten. Rückenflosse kurz. Schlundzähne messerförmig, nicht gezähnelt, 5—7 in einer Reihe, Ch. nasus L., Näsling. Catostomus Les. Körper langgestreckt, barbenähnlich, ohne Barteln. Mund unterständig, mit dicken fleischigen Lippen. Schlundzahne zahlreich in einfacher Reihe. C. hudsonius Les., Nordamerika. Als besondere Familie trennt man neuerdings die Schmerlen, Acanthopsidae. Dieselben besitzen einen sehr langgestreckten Körper, einen oder mehrere Stacheln des Suborbilalknochens, 6 bis 10 Barteln in der Umgebung des kleinen Mundes, weit zurückstehende ßauchflossen und eine kleine Schwimmblase, welche meist in einer knöchernen Höhle eingeschlossen liegt. Schlundzähne ziemlich zahlreich in einer ein- zigen Reihe. Sie bedienen sich des Darmes als Athmungsorgan. Cobitis AtU Mit 10 bis 12 Barteln. C.fossilisL., Schlammpitzger, mit 10 Bartfäden und 12 bis 14 seillich comprimirten Schlundzähnen, hält sich in stehendem schlammigen Wasser auf. C. {Nemachilus Van. Hass.), mit 6 Barteln. Rückenflosse der Bauchflosse gegenüber. C. barbatula L., Schmerle. Mit 8 bis 10 schlanken spitzen Schlundzähnen, liebt klares fliessendes Wasser, C. taenia L., Steiupilzger, mit stark comprimirtem sehr gestrecktem Körper. Cyprinodontidae. Characinidae. Siluridae. 863 H. Fain. Cyprinodontidae, Zahnkarpfen. Kopf und Körper beschuppt, ohne Barteln. Rand der Oberkinnlade nur von den Zwischenkieferknochen gebildet. Zähne in beiden Kiefern. Schlundziihne hecheiförmig. Schwimmblase einfach. Magen ohne Blindsack. Pförtneranhänge fehlen. Ruckenflosse auf der hintern Hälfte des Körpers gelegen. Süsswasserfisch, meist lebendig gebärend. Cyprinodon Lac. Mundspalte eng. Kiefer fast vereinigt. Spitze Zähne in ein- facher Reihe. Ursprung der Afterflosse hinter der Rückenflosse. Beide Flossen beim Männchen grösser. C. calaritanus Cuv. , Sudeuropa. Haplochilus Mc. Clell. Fun- dulus Lac. Anableps Art. Augen vorstehend in eine obere und untere Portion getheilt. Kiefer mit hecheiförmigen Zähnchen. Ä. tetrophthalmus Bloch., Guiana. Poecilia Bloch. Kielerknochen nicht vereinigt. Schuppen ziemlich gross. P. vivipara Bloch., Brasilien. Orestias Val. 9. Farn. Characinidae. Körper mit Ausnahme des Kopfes beschuppt, ohne Barteln, meist mit kleiner Fettflosse hinter der Rückenflosse. Rand der Oberkinnlade von Zwischenkiefer und Oberkiefer gebildet. Pseudobranchien fehlen. Pförtneranhänge in grösserer oder geringerer Zahl vorhanden. Schwimmblase in 2 Abschnitte getheilt, mit dem Gehörorgan verbunden. Süsswasserbewohner des tropischen Afrikas und Amerikas. Macrodon Müll. Trosch. Körper mit grossen Schuppen bedeckt, ohne Fett- flosse. Rückenflosse ziemlich in der Mitte des Körpers. Afterflosse kurz. Gaumen- zähne der äussern Reihe grösser als die der Innern und von conischer Form. M. trahira Spix. , Brasilien. Erythrinus Gronov, Kieferzähne conisch, Gaumenzähne hecheiförmig. Fett- flosse fehlt. Vorderer Theil der Schwimmblase zellig. E. unitaeniatus Spix., Süd- amerika. Hemiodus Müll. Fettflosse vorhanden. Rückenflosse nahezu in der Mitte der Körperlänge. Schneidende gekerbte Zähne im Zwiscbenkiefer. Unterkiefer und Gaumen- bein zahnlos. H. notatus Schomb., Guiana. Serrosalmo Cuv. Fettflosse vorhanden. Rückenflosse ziemlich langgestreckt, hinter der Mitte der Körperlänge gelegen. Afterflosse lang. Bauch gekielt und gesägt, Zähne gross, compress in einer Reihe. S. denticulatus Cuv., Guiana. Mylesinus Cuv., Myletes Cuv. u. z. a. G. 10. Fani. Siluridae, Welse. Süsswasserfische mit meist breitem, niedergedrücktem Kopf, starker Zahnbewaffnung und nackter oder mit Knochenschildern gepanzerter Haut. Während die Oberkiefer auf kleine, Barteln tragende Rudimente reducirt sind, begrenzen die grossen Intermaxillarknochen allein den obern Rand der oft weiten Rachenspalte, üie Schwimmblase ist in der Regel vorhanden und steht mit dem Gehör- organ durch Knöchelchen in Verbindung Der erste Brus'flossenstrahl ist ein starker Knochenstab. Eine Fetiflosse zuweilen vorhanden. Suboperculum und Pförtneranhänge fehlen. Die meisten sind räuberische Fische, die in der Tiefe der Gewässer auf Beute lauern, zu deren Heranlocken das Spiel der Barteln benutzt wird. Silurus L. (Silurinae). Haut nackt. Rückenflosse sehr kurz, ohne Stacheln. Afterflosse sehr lang, 4 oder 6 Barteln. Gaumen zahnlos. Vomerzähne in 1 oder 2 Transversalreihen. Auge über dem Mundwinkel. S. glanis L., Wels, Waller, Schaid. Olivengrün und schwarz gefleckt mit 2 langen Oberkieferbarteln und 4 kleinen Barteln am Unterkiefer. Vor jeder Brustflosse flndet sich eine Oeffnung, welche in eine unter der Haut gelegene Cavilät führt. Der grösste Flussflsch Europas. Silurichthys Bleek. Saccobranchus Cuv. Val. Kiemenhöhle mit einem weiten Nebensack. 8 Barteln. S. fossilis Bloch. , Hindostan. 864 4. Unterordnung. Anncanthini. Heterobranchus Geoffr. Rücken- und Afterflosse sehr lang. Fettflosse vor- handen. Eine Keihe von hecheiförmigen Zähnen am Vomer. 8 Barteln. Der obere Theil und die Seitentheile des Kopfes sind knöchern oder nur mit dünner Haut bedeckt. Eine verzweigte accessorische Kieme ist am zweiten und vierten Kiemenbogen befestigt. H. hidorsalis Geoffr., Nil. Ciarias Gronov. Bagrus Cuv. Val. {Bagrinae}. Mit kurzer 9 — lOstnihliger Rückenflosse und Knochenslnchel. Fetlflosse lang. Analflosse kurz. 8 Barteln. Zähne des Gaumen- beins in continuirlicher Reihe. Oberkinnlade länger. Schwanz gabiig, B. hajad Forsk., Nil. Chrysichthys ßleek. , Macrones Dum., Bagroides ßleek., Noturus Raf. Pimelodus Lac. Rückenflosse mit nur 6 bis 8 Strahlen. 6 Barteln. Hechel- zähne in beiden Kinnladen. Gaumenbein ohne Zähne. B. maculatus Lac, Brasilien. Auchenaspis ßleek., Anus Cuv. Val. u. a. G. Boras Lac. (Doradiiiae). Kiemenspalten eng, Kiemenhaut durch eine breite Brücke getrennt, Rückenflosse mit einem starken Knochenstachel und 5—7 Strahlen. Fellflosse kurz, ebenso Afterflosse. Die hecheiförmigen Zähne sieben reihenweise in beiden Kiefern. Gaumenbein zahnlos. 6 Barteln. In der Mitte der Seitenflächen ist der Leib mit je einer Reihe von Knochenschildern gepanzert, welche in dornförmige Erhebungen au.slaufen. D. costatus L., Brasilien. Oxydoras Kner., Synodontis Cuv. Val., Bhinoglanis Gnth. Malapterurus Lac. {Malapterurinae). Kiemenspalte eng. Rückenflosse fehlt. Fettflosse vor der abgerundeten Schwanzflosse. Afterflosse massig lang. Brustflosse ohne Knochenstachel. 6 Barteln. Beide Kinnladen mit Reihen hecheli'örmiger Zähne. Gaumenbein zahnlos. Kiemenspalte sehr eng. Elektrisches Organ unter dem Integument. M. eleetricus L., Zitierweis, N'il. Hypostomus Lac. {Hypostomatinae), Panzerwels. Mund unterständig. Körper vollständig jederseits mit 4 oder 5 Löngsreihen breiter Schilder bepanzert. Eine kurze Fettflosse mit Knochenstab. Interoperculnm ohne aufrichtbaren Strahl. Beide Kinn- laden mit einer Reihe feiner Zähne. Gaumenbein zahnlos. JS plecostomus L , Bra- silien. Callichthys L. (Körper mit 2 Reihen von Schildern gepanzert). C. asper Ouoy Gaim. , Brasilien. Arges Cuv. Val., Brontes Cuv. Val., Chaetostomus Heck., Loricaria L., Aspredo L. 4. Unterordnung. AnacantMni , AnacantMnen. Weichflossenstrahler , welche sich rücJcsicJctlich des innern Baues durch den Mangel eines Luftganges der Schwimmblase den Äcanthopteri anschliessen, ohne oder mit bauchsiändiyen Bauchflossen. 1. Farn. Ophidiidae. Seefische von aalartiger Körperform, indess mehr oder minder seitlich coniprimirt, stets ohne Bauchflossen, seltener ohne Brustflossen, die Flossenkämme des Rückens und Bauches sind von bedeutender Länge und setzen sich in die Schwanzflosse meist continuirlich fort. I'förtneranhänge fehlen in der Regel, dagegen finden sich kammförmige Pseudobranchien. Der After weit nach hinten gerückt. Brotula Cuv. Bauchflosse an den Schultergürtel befestigt, auf einen Faden reducirt. Leib mit kleinen Schuppen bedeckt. Reihen von hecheiförmigen Zähnchen in den Kiefern am Vomer und Gaumenbein. Barteln vorhanden. B. multibarbata Scbleg , Japan. Lucifuga Poey., Sirembo ßleek. u. a. G. Ophidium Art. ßauchflossen durch ein Paar kleine gabiig getheilte Filamente vertreten, unter dem Zungenbein befestigt. Körper mit kleinen Schuppen bedeckt. Gadidae, Pleuronectidae. 865 Zähne klein. Pseudobranchien und Schwimmblase vorhanden. Oph. barbatum L., Mittelmeer. Fierasfer Cuv. Bauchflossen fehlen, ebenso Barteln, i^. acus Brunn, {imber- bis Cuv.), Mittelmeer, Lebt parasitisch in Holothurien. andere Arten in Seesternen {Culcita). Encheliophis vermicularis Joh. Müll. Ammodytes Art. Bauchflossen und Schwimmblase fehlen. Körper mit sehr kleinen Schuppen bedeckt. Kiefer zahnlos. A. tobianus L. , Sandaal, Nordsee. 2. Farn, Gadidae, Schellfische. Langgestreckte Fische mit schleimiger Haut und meist kleinen weichen Schuppen, mit breitem Kopf, stark entwickeilen meist mehrfachen Rücken- und Afterflossen und kehlständigen Bauchflossen. Kiemenspalte weit. Pseudobranchien rudimentär oder fehlend. Pförtneranhänge meist vorhanden. Das weite Maul wird in seiner ganzen Länge vom Zwischenkiefer begrenzt und ist meist mit hecheiförmigen Zähnen bewaffnet. Die Schellfische sind gefrässige Raubfische grossentheils des Meeres, welche wegen ihres trefflichen Fleisches einen wichtigen Gegenstand des Fischfanges ausmachen. Gadus Art. Mit drei Rückenflossen und zwei Afterflossen, meist mit einem Bartfaden am Kinn. G. morrhua L., Kabeljau, liefert den Völkerschaften des hohen Nordens die Hauptnahrung und beschäftigt jährlich namentlich zur Laichzeit an der Küste von Neufundland ganze Flotten. Getrocknet kommt er als Stockfisch, gesalzen als Laberdan in den Handel, aus der Leber wird der Leberthran {Oleum jecoris aselli) bereitet. Der lange Zeit für eine besondere Art (G. callarias) gehaltene Dorsch ist der Jugendzustand vom Kabeljau. G. aeglefinus L. , Schellfisch, mit schwarzem Fleck hinter der Brustflosse. G. merlangus L., Nordeurop. Küste. Bei Gadiculiis Guich. fehlen die Zähne des Vomer. G. blennioides Pall., Mittelmeer. Mora Risso. Zwei Rücken- und zwei Afterflossen. Vomerzähne vorhanden. G. mediterranea Risso. Merluccius Cuv. Zwei Rückenflossen und nur eine Afterflosse. Schwanzflosse gesondert. Barteln fehlen. Kräftige Zähne an den Kiefern und am Vomer. Bauch- flossen wohl entwickelt, mit breiter Basis. M. vulgaris Flem,, Europ. und Nordam. Küsten. Lotella Kaup, Phycis Cuv. Lata Art. Zwei Rückenflossen, die erste mit 10 bis 13 wohl entwickelten Strahlen, eine Afterflosse. Hecheiförmige Zähne von gleicher Grösse im Kiefer und am Vomer, keine am Gaumenbein. L. vulgaris Cuv., Quappe, Aalraupe, Raubfisch des süssen Wassers (Aalruttenöl). Molva Nilss. M. vulgaris Flem. Motella Cuv. Zwei Rückenflossen, von denen die erste zu einem Band von Fransen reducirt ist. Eine Afterflosse. Zähne in einer Reihe am Kiefer und Vomer. M. tricirrata Bloch, Europ. Küsten. Couchia Thomps. Brosmius Cuv. Nur eine Rücken- und Afterflosse. Kiefer-, Vomer- und Gaumen- beinzähne. Br. brosme 0. Fr. Müll., Nordeurop. Küsten. Godopsis Richards, u, z. a. G. Lepidoleprus Risso = Macrurus Bloch (Macruridae). Körper mit spitzen gekielten Schuppen bedeckt. Vordere Rückenflosse kurz, die zweite sehr lang, bis an die Spitze des Schwanzes verlängert. Schnauze conisch verlängert, mit untersländigeni Hund. L. coelorhynchus, L. trachyrhynchusR\sso,WiUe\meer. CoryphaenoidesGanu. 3. Fam. Pleuronectidae, Seitenschwimmer. Der Leib ist seitlich stark com- primirt, scheibenförmig und auff'allend asymmetrisch. Die nach oben dem Lichte zuge- kehrte Seite ist pigmentlos, die andere pigmentirt (mit Farbenwechsel). Beide Augen liegen auf der pigmentirten Seite, nach welcher der Kopf gedreht und die Gruppirung seiner Knochen verschoben scheint. Auch auf die Bezahnung, Lage der Flossen und des Afters Claus, Zoologie. 2. Auflage. 55 8G6 Pleuronectidae. erstreckt sich diese Asymmetrie. Nach den Beobachtungen Steenstrup's ') soll dieselbe in Verbindung mit einer Dislocation der Kopiknochen und einer Art Wanderung des einen Auges erst allmähiig in der Jugend zur Ausbildung kommen, da die neugeborenen Schollen völlig symmetrisch sind. Nach Traquair und Schiödte erscheint diese Wanderung freilich nur eine oberflächliche auf den Stirntheil beschrankte. Sehr vollständig zeigen sich stets die unpaaren Flossenkämme entwickelt, und die Rücken- flosse nimmt die ganze Rückenkante, die ßauchflosse bei der fast kehlständigen Lage des Afters die Bauchkante ein, beide gehn oft ohne Unterbrechung in die Schwanz- flosse über. Die ßauchflossen stehen an der Kehle vor den Brustflossen , die indessen oft verkümmern und zuweilen ganz ausfallen. Die Schwimmblase fehlt. Pseudo- hranchien wohl entwickelt. Die Schollen schwimmen durch schlängelnde Bewegungen des zungenförmigen mehr oder minder rhombischen Leibes auf der Seite, die pigment- lose Fläche nach unten, die pigmentirte Augen tragende Seite nach oben gewendet. Sie sind räuberische Seefische und lieben tiefe sandige üler, nur wenige steigen auch in die Flussmündungen zur Zeit des hohen Wasserstandes. Viele haben ein wohl- schmeckendes treffliches Fleisch. Hippoglossus Cuv. Kiefer und Bezahnung auf beiden Seiten nahezu gleich entwickelt. Die Rückenflosse beginnt über dem Auge. Augen auf der rechten Seite. Gaumen und Vomer zahnlos. Zähne der Oberkinnlade in 2 Reihen. H. vulgaris Flem. {PI. hippoglossus L.), Heiligenbutt, nordeur. Küsten. Hippoglossoides Gotische (Zähne klein in einfacher Reihe). H. limandoides Bloch. Rhombus Klein. Kiefer und Bezahnung auf beiden Seiten nahezu gleich. Die Rückenflosse beginnt vor dem Auge an der Schnauze. Augen an der linken Seite. Jeder Kieler mit einem schmalen Bande von Hechelzähnen. Vomerzähne vorhanden. Schuppen klein oder fehlend. Rh. maximus L. {aculeatus Rond.), Steinbutt. Rh. Jaevis Rond., Glattbutt, Europ. Küste. Arnoglossus Bleek. (Unterscheidet sich durch den Mangel der Vomerzähne und die hinfälligen Schuppen). A. laterna Walb., A. Boscii Risso, Mittelmeer. Samaris Gr., Pseudorhombus Bleek. u. a. G. Pleuronectes Art, Mundspalte schmal, Zähne an der pigmentlosen Seite viel mehr entwickelt. Augen in der Regel auf der rechten Seite. Die Rückenflosse be- ginnt über dem Auge. Zähne massig gross in einfacher oder doppelter Reihe. Vomer und Gaumenbein zahnlos. PI. platessa L., Scholle, Goldbutt. PI. pseudoflesus Gottsche, PI. microcephalus Donov., PI. limanda L., Kliesche, PI. cynoglossus L., PI. flesus L., Flunder (steigt in die Flüsse), sämmtlich an den nordeur. Küsten. Parophrys Gir., Rhombosolea Gnlh. u. a. G. Solea Cuv. Hundspalte weit. Nur an der pigmentlosen Seite Reihen von Uechelzähnchen. Augen an der rechten Seite, das obere vor dem untern. Die Rücken- flosse beginnt an der Schnauze und fliesst nicht mit der Schwanzflosse zusammen. Vomer und Gaumenbein zahnlos. Schuppen sehr klein, ctenoid. S. vulgaris Quens., Zunge, Nordsee. S. Kleinii Risso, Mittelmeer u. z. a. A. Bei Aesopia Kp. und Synaptura Kp. fliessen die Flossenkämme zusammen. Plagusia Cuv. Augen an der linken Seite. Brustflossen fehlen. Lippen mit Tentakeln. Seiteulinie doppelt oder dreifach. M. marmorata Bleek., Ostindien. Am- mopleurops Guth. Seitenlinie einfach. A. lacteus Bonap. , Slittelraeer. 1) J. Jap. Sm. Steenstrup, Om Skjaev heden hos Flynderne etc. Kjöben- havn. 1864. Schiödte, On the developmenl of the position of the eyes in Pleuronectidae. Ann. and Mag. nat. bist. 4 S6t. vol. I. 1868. 5. Unterordnung. Acanthopteri. 867 5. Unterordnung. Acanthopteri. Hartstrahler mit harnmförmigen Kiemen, meist mit getrennten untern Schlundknochen und brustständigen, selten hehl- oder hauchstän- digen JBauchflossen, ohne Luftgang an der geschlossenen Schwimmblase. 1. Gruppe. Fharyngognathi. Mit verwachsenen unteren Schlund- knochen. 1. Farn. Chromidae {Chromides), Chroraiden. Langgestreckte Flussfische mit ctenoiden Schuppen, ohne Pseudobranchien. Rückenflosse mit wohl entwickeltem Stacheltheil. Untere Schlundknochen triangulär , mit medianer Sutur. Bauchflossen brustsländig, mit 1 Stachel und 5 weichen Strahlen. Magen mit Blindsack. Plörtner- anhange fehlen. 4 Kiemen. Seitenlinie unterbrochen. Chromis Cuv. Kiemendeckel beschuppt. 3 Stacheln in der Afterflosse. Coin- presse gekerbte Ziihne in einer Reihe, dahinter Reihen unausgebildeter Zähne. Qi. niloticus Hassqu., Bulti. Etroplus Cuv. Val. Cichla Cuv. Barsch-ähnlich, mit Hechelzähnen in den Kiefern. Rücken- und Afterflosse beschuppt, letztere mit 3 Stacheln. C. ocellaris Bloch Sehn. Crenicichla Heck. u. z. a. G. Hier schliessen sich die Gerriden an, die früher, bevor man ihre Verschmelzung der untern Schlundknochen kannte, zu den Pristipomatiden gestellt wurden. Gerres Cuv. G. longirostris Rapp, Cap. 2. Farn. Pomacentridae. Chätodon-ähnliche Seefische von hoher kurzer Körperform mit Ctenoidschuppen ohne fleischige Lippen, mit Pseudobranchien. Die hintere Blättchenreihe der vierten Kieme verkümmert. Bezahnung schwach. Eine Kückenflosse. Afterflosse mit 2 oder 3 Stacheln. Bauchflosse brustständig. Seiten- linie unterbrochen. Amphiprion Bloch Sehn. Kiemendeckelstücke und Praeorbitalknochen gezahneil. Zähne conisch in einfacher Reihe. A. bifasciatus Bloch, Keu-Guinea. Dascyllus Cuv. Nur der Vordeckel und zuweilen die Präorbilalknochen gezäh- nelt. Zähne hecheliftrmig. D. aruanus L. , Ostküste Afrika's bis Polynesien. Pomacentrus Cuv. Val. Nur der Vordeckel und die Präorbitalknochen gezähnelt. Zähne compress in einfacher Reihe. P. fasciatus Bloch, Ostindien. Heliastes Cuv. Val. Kein Deckelstück gezähnelt. Zähne conisch. H. chromis L., Madeira. 3. Fam. Labridae, Lippfische. Lebhaft gefärbte langgestreckte Seefische mit Pseudobranchien , cycloiden Schuppen und aufgewulstelen fleischigen Lippen. Der enge Mund kann mehr oder minder weit vorgestreckt werden, indem stilförmige Fort- sätze des Zwischenkiefers in einer Rinne der Nasenbeine auf- und abgleiten. Die hintere Blattreihe der vierten Kieme fehlt, ebenso die entsprechende letzte Kiemen- spalte. Eine lange Rückenflosse mit wohl entwickeltem Stacheltheil. Bauchflosse brustständig mit einem Stachel und 5 weichen Strahlen. Während die Kieter mit starken oft verwachsenen Zähnen bewaffnet sind, bleibt der Gaumen zahnlus , dagegen tragen die Schlundknochen breite Mahlzähne. Labrus Art. {Labrinae). Rückenflosse vielstrahlig, Alterflosse mit 3 Strahlen. Conische Kieferzähne in einfacher Reihe. Wangen und Kiemendeckel beschuppt. Seitenlinie nicht unterbrochen. L. maculatus Bloch, Europ. Küste. L. turdus L., L. merula L , Mittelroeer. Grenilabrus Cuv., Cr. pavo Brunn., Mittelraeer. Ctenolabrus Cuv. Val. Vornehmlich dadurch verschieden , dass hinter den conischen Zähnen Reihen kleiner Hechelzähne stehen. Ct. rupestris L., Europ. Küste. Acantholabrus Cuv. Val., Centrolabrus Cuv. Val. u. a. G. 55* 868 Halconoti. Percidae. Julis Cuv. Val. (Julidinae). Körper langgestreckt. Rückenflosse mit minder langem Stachelstrahlenlheil und nur 8 Stacheln. Schnauze massig gestreckt. Kopf ganz nackt. Keine hintere Fangzähne. J. pavo Hassqu., Mittelmeer. Coris Lac, PseudoJulis Bieek., Cheilio Lac, Änampses Cuv. u. z. a. U. Scarus Forsk., PapageiCsch {Scarinae). Die Zähne in beiden Kiefern zu breiten schneidenden Knochenplatten verschmolzen. Pharyngealzähne pflasterförmig. Wange nur mit einer Reihe von Schuppen. Sc. cretensis Aldr. . Mittelmeer. Pseudoscarus Bleek. , Cuv. u. a. G. 4. Fam. Halconoti = Embiotocidae. Lippfische mit 4 vollständigen Kiemen und Schuppenscheide, in welche die Rückenflosse eingelegt werden kann, lebendig gehörend. Gehören der Westküste Californiens an. Ditrema Schleg. 7 — 11 Rückenstacheln. Stachelstrahltheil der Ruckenflosse weniger entwickelt. D. Jacksonii Ag. Hysterocarpus Gibb. Rückenflosse mit 16 — 18 Stachelstrahlen. H. Trashii Gibb. 2. Gruppe. Acanthopteri s. str. Schlundknochen nicht verwachsen. 1. Fam. Percidae, Barsche. Brustflosser von länglicher Körperform mit Ctcnoidschuppen , gezähneltem oder bedorntem Rand des Kiemendeckels oder Vor- deckels, mit Hechel- oder Borstenzähnen und Zähnen am Zwischenkiefer, Unterkiefer, Vomer und Gaumenbein. Sie besitzen meist 6 oder 7 Kiemenhaulstrahlen und eine oder zwei ansehnliche Rückenflossen. Bauchflossen brustständig mit einem Stachel und 5 Strahlen, Magen mit Blindsack. Pförtneranhänge meist in geringer Zahl. Raub- fische des .Meeres und der Flüsse. Perca Art. (Percinae). Mit zwei Rückenflossen, von denen die erste 13 bis 14 Slachelstrahlen enthält, mit gezähntem Vorderdeckel, unbeschupptem, mit einem Dorne versehenem Kiemendeckel und mit Borstenzähnen. Afterflosse mit 2 Stacheln. Sieben Kiemenhaulstrahlen. Pseudobranchien vorhanden. P. fluviatilis Rond., Flussbarsch, ein gefrässiger Raubfisch, der namentlich auf die kleinen Cyprinoiden Jagd macht. Er hält sich meist 2—3 Fuss unter der Oberfläche des Wassers auf, kommt aber auch in sehr grosser Tiefe vor, wie z. B. aus dem Bodensee beim Kilchfang Barsche mit her- vorgeslülptem Magen heraufgezogen werden. P. flavescens Mitch., vereinigte Staaten. Labrax Cuv. Erste Rückenflosse mit 9, Afterflosse meist mit 3 Stachelstrahlen. Pröoperculum mit Zähnen am untern Rand. L- lupus Cuv. (Perca labrax L.), Seebarsch, Miltelmeer. Lates Cuw., Psamjwoperca Richards., Percalabrax Temm. Schleg. Acerina Cuv. Eine Ruckenflosse mit 13 bis 19, Afterflosse mit 2 Strahlen. Kiemendeckel bedornt. Keine Zähne am Gaumenbein. Grosse Gruben am Kopfe. A. cernua L., Kaulbarsch, Flussfisch. A. ScJirätzer Cuv. Percarina Nordm. Zwei Rückenflossen, die erste mit 10 Stachelstrahlen. After- flosse mit 2 Stachelstrahlen. Operculum mit einem Dorn. Keine Zähne am Gaumen- bein. Gruben am Kopf sehr entwickelt. P. Demidoffi Nordm., Dniester. Lucioperca Cuv. Zwei Rückenflossen, die erste mit 12 bis 14 Stachelstrahlen. Afterflosse mit 2 Stachelstrahlen. Starke Zähne an der Aussenseite der Reihen von Hechelzähnchen. Zähne am Gaumenhein. L. sandra Cuv., Flussfisch des östl. Europa. Aspro Cuv. Körper gestreckt, fast cylindrisch. Mund an der Unterseite der Schnauze gelegen. Alle Zähne hecheiförmig. Zwei Rückenflossen. Afterflosse mit einem Strahl. Kiemendeckel bedornt. A. vulgaris Cuv., Streber, Donau. Serranus Cuv. (Serraninae). Nur eine Rückenflosse meist mit 9 oder 11 Strahlen. Afterflosse mit 3 Strahlen. Kiemendeckel mit 2 oder 3 Spitzen. Vor- deckel gezähnelt. Unter den feinen dicht stehenden Zähnen finden sich an beiden Kiefern einige starke Fangzähne. Gaumenbein bezahnt. Schuppen kein. Hermaphroditisch. Gasterosteidae. Berycidae. Pristipomatidae. 869 S. scriba L. , Mittelmeer bis Sudküste von England. S. louti Forsk. , Ostindien u. z, a. A. Plectropoma Cuv., Aprion Cuv. Val., Mesoprion Cuv. u. v. a. G. Priacanthus Cuv. Val. (Priacanthinae). Statt 7 nur 6 Kiemenhautstrahlen. Eine Rückenflosse, diese mit 10, die Afterflosse mit 3 Stachelstrahlen. Zähne hechelfürmig auch am Gaumenbein. Kleine Ctenoidschuppen. Am Winkel des gezähnten Präoper- culum ein gezähnelter Stachel. Pr. macrophthalmus Cuv. Val., Madeira. Pr. boops Forsk., Küste von Mozambique. Äpogon Lac. {Apogoninae). Zwei Rückenflossen, von denen die erste 6 oder 7 Stachelstrahlen hat. Afterflusse mit 2 Strahlen. Zähne hecheiförmig, auch am Gaumenbein. Schuppen gross, hinfällig. A. imberbis Willgb. (Bex mullorum), Mittel- meer. Ambassis Cuv.. Apogonichthys Bleek. Bules Cuv. Val. Nur 6 Kiemenhautstrahlen. Eine Rückenflosse mit 10 Stachel- strahlen. Afterflosse mit 3 Strahlen. Zähne hecheiförmig, auch am Gaumenbein. Schuppen von massiger Grösse, fein gezähnelt. D. rupestris Lac. Hier schiiessen sich die Gasterosteidae, Stichlinge, an. Körper langgestreckt, comprimirt, ohne Bewaffnung der Opercularknochen , aber mit isolirten Stacheln vor der Rückenflosse. Hechelzähne in den Kiefern und an den Kiemenbogen. Infraorbital- bogen mit dem Praeoperculum artikulirend. Schuppenplatten längs den Seiten des Körpers. Bauchflosse mit einem starken Stachel. Gasterosteus Art. G. aculeatus L., Stichling, bekannt durch den Nestbau und die Brutpflege. G. spinachia L., Seestichling. 2. Farn. Berycidae. Körper gestreckt, oft mehr erhoben und comprimirt, mit grossen seitlichen Augen, von starken Ctenoidschuppen bekleidet. Hecheiförmige Zähne in beiden Kinnladen und meist auch am Gaumenbein. Meist 8 Kiemenhaut- strahlen. Kiemendeckel bewafl'net. Seefische. Beryx Cuv. Eine Rückenflosse. Zähne am Gaumen und auch am Vomer. Keine Barteln. 8 Kiemenhautstrahlen. Schwanzflosse tief gefurcht. B. decadactylus Cuv. Val., Madeira. Holocentrum Art. Zwei Rückenflossen. Operculum mit 2 Spitzen , ein grosser Stachel am Winkel des Praeoperculum. Auge gross. H. rubrum Forsk., Ind. Archipel. H. longipenne Cuv. Val., Brasilianische Küste. Myripristis Cuv., Bhynchichthys Cuv. Val. , Monocentris Bloch. 3. Fam. Pristipomatidae. Körper gestreckt und comprimirt mit feingezähnten Schuppen bedeckt. Nur eine Rückenflosse ist vorhanden, deren Stacheltheil etwa so lang ist als der weiche. Barteln fehlen. 5 bis 7 Kiemenhautstrahlen. Hecheizähne meist in den Kiefern. Gaumen in der Regel zahnlos. Pristipoma Cuv. Afterflosse mit 3 Stachelstrahlen. Schwimmblase einfach. Vordeckel gesägt. 7 Kiemenhautstrahlen. Eine Grube am Kiemenwinkel. Hechel- zähne in den Kiefern. Pr. hasta Bloch, rothes Meer, ind. Ocean bis Australien. Haemulon Cuv , Conodon Cuv. Val. u. a, G. Therapon Cuv. Afterflosse mit 3 Stachelstrahlen. Schwimmblase in eine vor- dere und hintere Abtheilung eingeschnürt. Zähne hecheiförmig, conisch. 6 Kiemen- hautstrahlen. Rückenflosse mit 12 Stachelstrahlen. Tli. theraps Cuv. Val., Ostindien. Th. servus Bloch, Rothes Meer bis Australien. Helotes Cuv. Dentex Cuv. Afterflosse mit 3 Stachelstrahlen. Schwimmblase einfach. Eine zusammenhängende Rückenflosse, Meist kräftige Fangzähne in beiden Kinnladen. 6 Kiemenhautstrahlen. Praeoperculum ungezähnelt, mit mehr als 3 Reihen von Schuppen. Operculum ohne vorstehende Dornen. D. vulgaris Cu\.y3\.{Sparusdentexh.),WMe\mtGr. Maena Cuv. Mund sehr protraktil. Stachelstrahlen der Flossenkämme sehr schwach. Die Rückenflosse unbeschuppt. Kleine Zähne am Vomer. 6 Kiemenhant- strablen. M. vulgaris Cuv. Val, , Mittelmeer. 870 Mullidae. Sparidae. Cirrhitidae. Smaris Cuv. Vornehmlich durch den Mangel der Vomerzähne und die nich coniprimirte Körperform unterschieden. Sm. vulgaris Cuv. Va!., Sm. gracüis Bonap., Mittelmeer. Caesio Cuv., Pentaprion Bleek. u. z. a. G. 4, Fam. Mullidae, Meerbarben. Körper langgestreckt, wenig comprimirt, mit grossen Schuppen, deren Rand glatt oder sehr fein gezähnelt ist, Mund vorn an der Schnauze nicht vorstreckbar. Zwei lange Bartfäden am Zungenbein. Vier Kiemen- bautstrahlen. Bezahnung schwach, nicht immer vollständig. Zwei weit getrennte Rückenflossen, Bauchflossen mit einem Stachel und 5 Strahlen. Nur wenige Arten kommen aus dem Meere in die Flüsse. Mulltis L. Zähne im Unterkiefer, am Vomer und Gaumenbein. Oberkinnlade zahnlos M. harhatus L. , Mittelmeer. Mulloides Bleek. (Keine Zähne am Gaumen- bein, dagegen in mehreren Reihen in den Kiefern). M. flavolineatus Lac, vom rothen Meer bis nach China. Upeneus Cuv, Val. Zähne fehlen am Gaumenbein und stehen an den Kiefern in nur einer Reihe. U. barberinus Lac, rothes und indisches Meer. U. maculatus Bloch., all. Küste des trop. Amerika, Upenoides Bleek. (Zähne in beiden Kinnladen am Vomer und Gaumenbein). JJ. vittatus Forsk., ind. Meer. Upeneichthys Bleek. 5. Fam. Sparidae, Meerbrassen. Mit ziemlich hohem, meist von sehr fein- gezähneiten Ctennidschuppen bekleidetem Leib, unbewaflneten Deckelstücken und sehr verschiedener am Gaumen und Vomer meist fehlender Bezahnung. 5, 6 oder 7 Kiemen- hautstrahlen. Nur eine Rückenflosse, deren Stachelstrahlen-tragender Abschnitt den weichen an Länge ziemlich gleich kommt. Afterflosse mit 3 Stachelstrahlen. Bauch- flossen brustständig mit 1 Stachel und 5 Strahlen. Pseudobranchien gut entwickelt. Schwimmblase hinten oft getheilt. Cantharus Cuv. {Cantharinae). Mahlzähne fehlen, Zähne hecheiförmig, die äussern grösser und lanzetförmig. 6 Kiemenhautstrahlen. 10 bis 1 1 Stachelstrahlen der Rückenflosse. C. vulgaris Cuv. Val., Mittelmeer. Boops Cuv. Nur eine Reihe von schneidenden Zähnen in den Kiefern. J5. vul- garis Cuv. Val. (Sparus boops L.), Mittelmeer. Oblata Cuv., Oblata melanura L. Crenidens Cuv, Val., Haplodactylus Cuv. Val, u. z. a. G. Sargus Cuv, (Sarginae). Mit schneidenden meisselförmigen Vorderzähnen und rundlichen Mahlzähnen in den Seiten der Kiefer, mit denen sie Schalthiere zertrümmern. S. Salviani Cuv., S. Bondeletii Cuv. Val,, Mittelmeer. Bei Charax Risso stehen die Mahlzähne nur in einer Reihe. Ch. puntazzo L,, Mittelmeer und Adria, Pagrus Cuv. {Pagrinae). Mit conischen Zähnen und mit Mahlzähnen an den Seilen der Kiefer. Diese stehen im Oberkiefer in 2 Reihen. P. vulgaris Cuv. Val. (Spants pagrus L,), Mittelmeer. Bei Pagellus Cuv. Val, stehen vorn nur sichel- förmige Zähne. P. erythrinus L. Dagegen finden sich bei Chrysophys Cuv, in der Oberkinnlade drei und mehr Reihen von Molarzähnen. Ch. aurata L., Adria und Hittelmeer. Sphaerodon Rüpp, , Lethrinus Cuv. Pimelepterus Cuv. {Pimelepterinae). Mit einer Reihe von Schneidezähnen in jedem Kiefer und Zähnen am Vomer und Gaumenbein, Vordeckel meist gezähnelt. P. Jioscii Lac,, Atl, Ocean. 6. Fam. Cirrhitidae. Mit stark comprimirtem, von cycloiden Schuppen be- decktem Körper, Meist 6, selten 5 oder 3 Kiemenhautstrahlen. Hecheiförmige Zähne in den Kiefern, zuweilen noch Fangzähne zwischen denselben. Stachelstrahlentheil und weicher Theil der Rückenflosse ziemlich gleich entwickelt. Afterflosse mit 3 Stachelstrahlen. Die untern Strahlen der Brustflosse einfach und stark ans der Haut hervorstehend. Die brustständigen Bauchflossen mit einem Stachel und 5 Strahlen, Fleischfressende Seefische. Cirrhites Comm. Mit Zähnen am Vomer, aber nicht am Gaumenbein. Zwischen Squamipennes. Triglidae. 871 den Hechelzähnen auch Fangzähne. 10 Dorsalstacheln. 6 Kiemenhautstrahlen. Der Vor- deckel gezähnelt. Schwimmblase fehlt. C. Forsten Bloch., Südsee. Bei Cirrhitichtht/s Bleek. sitzen auch Zähne am Gaumenbein. Chüodactylus Cuv. Mit Hechelzähnen in beiden Kiefern, aber nicht am Yomer und Gaumenbein. Rückenflosse mit 17 — 19 Stachelstrahlen. Der Vordeckel ganzrandig. Schwimmblase gelappt. Meist ragt ein Bruststrahl an Länge bedeutend hervor. Ch. carponemws Park , Süd-Australien. C/i. /asciaiws Lac, Cap, Nematodactylus ^icharAi. Latris Richards. Afterflosse verlängert. Rückenflosse mit 17 Stachelstrahlen. Hechelzähne in beiden Kinnladen. L. ciliaris Forst., Neuseeland. 7. Farn. Squamipennes, Schuppenflosser. Meist lebhaft gefärbte Seefische mit hohem stark comprimirten Leib, der selbst bis über die lange Rücken- und Afterflosse hin mit kleinen Schuppen bekleidet ist. Afterflosse mit 3 oder 4 Stacheistrahlen. 6 oder 7 Kiemenhautstrahlen. Der kleine Kopf zuweilen schnauzenformig verlängert, meist mit kleiner Mundspalte und Reihen von Borstenzähnchen in beiden Kiefern, seltener am Gaumen. Pseudobranchien wohl entwickelt. Die brustständigen Bauch- flossen mit einem Stachel und 5 weichen Strahlen. Meist fleischfressende Fische der tropischen Meere Indiens. Chaetodon Cuv., Klippfisch (Chaetodontinae). Vomer- und Gaumenzähne fehlen. Schnauze kurz oder massig lang. Vordeckel ohne Dorn. Rückenflosse ohne Ein- schnitt, mit wohl entwickeltem Stacheltheil. Kein Stachel besonders verlängert. 6 Kiemenhautstrahlen. C7t. striatus L., Atl. Küste Südamerikas. Ch. fasciatus Forsk., rothes Meer u. z. a. A. Bei Chelmon Cuv. ist die Schnauze stark verlängert. CJi. rostratus L., Schnabelfisch, Ostindien. Heniochus Cuv. Val. Holacanthus Lac. Vordeckel mit einem kräftigen Stachel. Rückenflosse mit 12 — 15 Stachelstrahlen. H. annularis Bloch., Ostindien. Bei Pomacanthus Lac. sind nur 8—10 Stachelstrahlen in der Rückenflosse. P. paru Bloch. Scatophagus Cuv. Val. (Afterflosse mit 4 Stachelstrahlen). Ephippus Cuv. Schnauze kurz. Rückenflosse zwischen dem Stacheltheil und dem weichen Theil tief ausgerandet. Der erstere mit 9 (8) Stachelstrahlen und nicht mit Schuppen bedeckt. Vordeckel ohne Dorn. Eph. faber B\och., Texas. DrepaneCuv. Scorpis Cuv. {Scorpidinae). Zähne am Gaumen. Rückenflosse die Mitte des Rückens einnehmend, mit 9 bis 10 Stacheistrahlen, von denen der vordere am längsten ist. Sc. georgianus Cuv. Val., Australien. Toxotes Duv. {Toxotinae), Spritzfisch. Zähne am Gaumen. Rückenflosse die hintere Hälfte des Rückens einnehmend, mit 5 Stachelstrahlen. T. jaculator Pall., Ostindien, spritzt Wasser auf Insekten. 8. Fam. Triglidae, Panzerwanzen. Fische von langgestreckter, wenig com- presser Körperform , mit grossem oft seltsam gestalteten bedornten und bestacheiten Kopfe, an welchem die breiten Suborbitalknochen mit dem stachligen Vordeckel zu einer die Wangengegend schützenden Knochendecke verwachsen. Augen mehr oder minder aufwärts gerichtet. 2 getrennte Rückenflossen oder nur 2 distinkte Theile einer einzigen. Brustflossen oft gross, zuweilen von Körperlänge, auch wohl mit einigen geson- derten als Tastorgane dienenden Strahlen. Bauchflossen brustständig, oft mit weniger als 5 weichen Strahlen. 5—7 Kiemenhautstrahlen, Pseudobranchien vorhanden. Schwimmblase meist vorhanden. Raubfische meist des Meeres. Scorpaena Art. {Scorpaeninae) , Drachenkopf. Körper mit Schuppen bedeckt. Kopf gross, leicht comprimirt, mit Stacheln bewafl'net, am Hinterhaupt mit nackter Grube. Kur eine Rückenflosse mit 11 Kiemenhautstrahlen. 7 Kiemenhautstrahlen. Sc. porcus L., Sc. scrofa L., Mittelmeer. Sebastes Cuv. Val. Hinterhaupt ohne Grube. Rückenflosse mit 12 bis 13 872 Trachinidae. Sciaenidae. Staclielstrahlen, S. norvegicus 0. Fr. Müll. {Perca marina L.), S. viviparus Kröyer, Ark. Meer. Pterois Cuv., Apistus Guv. Val. u a, G. Cottus Art. (Cottinae). Die Stachelstrahlpartie der Rückenflosse weniger ent- wickelt als die weiche und als die Afterflosse. Kopf breit, etwas flach gedrückt. Körper unbeschuppt. Borstenzähne auf Kiefern und Vomer. Keine Zähne am Gaumen- bein. C. göbio L., Kaulkopf, ein kleiner Fisch in klaren Bächen und Flüssen, der sich gern unter Steinen verbirgt und durch das Aufblähen des Kimendeckels verthei- digt, bekannt durch die Brutpflege des Männchens, als Köder beim Angelfang benutzt. G. scorpius L. , Seescorpion u. v. a. A. Scorpaenichthys Gir. , Blepsias Cuv. Val. u. z. a. G. Trigla Art., Knurrhahn. Kopf fast vierseitig, oben und an den Seiten gepan- zert. Körper mit sehr kleinen Schuppen bekleidet. 3 freie fadenförmige Strahlen der Brustflosse. Hecheiförmige Zähne am Vomer und in den Kiefern. Tr. gunardus L., Tr. hirundo Blocii, Westküste Europas und Mittelmeer. Peristedion Lac, Gabelfisch. Körper vollständig gepanzert. Kopf fast vier- seitig, mit gabelförmigem Fortsatz der Schnauze. 2 Brustflossenanhänge. Zähne fehlen. P. eataphractiim Cuv. Val., Canal und Mittelmeer. Dactylopterus Lac. Brustflossen zu Flugorganen verlängert. 2 Hückenflossen. Zähnchen in den Kiefern, nicht am Gaumen. D. volitans L. , Mittelmeer und Ocean. Agonus Bloch u. z. a. G. 9. Fam. Trachinidae. Körper verlängert, niedrig, mit 1 oder 2 Rückenflossen, deren Stachelstrahlentheil kürzer und viel weniger entwickelt ist als der weiche. Der lufraorbitalring arliculirt nicht mit dem Vordeckel. Afterflosse lang, ßauchflosse meist kehlständig. Hecheiförmige Zähne. üranoscopus L., Sternseher. Augen auf der Oberseite des Kopfes. 2 Rücken- flossen. Schuppen sehr klein. U. scaber L., Mittelmeer. Agnus Cuv. Val. (schuppen- los) u. a. G. Trachinus Art. Augen mehr seitlich. Seitenlinie continuirlich. 2 Rücken- flossen. Zähne am Gaumenbein. Tr. draco L. , Eur. Küste u. a. G. Bei Perris Bloch, ist nur eine Rückenflosse vorhanden. Sillago Cuv. u. a, G. 10. Fam. Sciaenidae, Umberfische. Brustflosser, mit langgestrecktem, massig comprcssem, von Ctenoidschuppen bedecktem Leib, mit 2 Rückenflossen und kamm- förmigen Pseudobranchien. Die weiche Rückenflosse mehr entwickelt als die mit StacheUtrahlen versehene. Afterflosse mit 2 Stacheln. Die Kiefer tragen spitze, un- gleich grosse Zähne, die am Gaumen stets fehlen. Auch sind die an einander stossen- den und iheilweise selbst verwachsenen unteren Schlundknochen mit Zähnen besetzt. Die Deckelstücke setzen sich in Zähne und Stacheln fort und werden von den Schuppen bedeckt. 7 Kiemenhautstrahlen, Das mächtig entwickelte System der Kopfkanäle be- dingt nicht selten blasenartige Auftreibungen der entsprechenden Kopfknochen. Die Schwimmblase ist mit zahlreichen fingerförmigen Blindsäckchen besetzt, fehlt jedoch zuweilen. Meist Meerfische, welche oft eine bedeutende Grösse erreichen. Pogonias Cuv. Unter dem Unterkiefer mehrere Barteln. Schlundzähne pflaster- förmig. Schnauze convex mit übereinander stehender Oberkinnlade. Erste Rücken- flosse mit 10 starken Dornen. P. chromis L., Nordamer. Küste. Micropogon Cuv. Val. (Fharyngealzähne konisch spitz). M. undulatus L. Umbrina Cuv. Nur eine kurze Bartel unter der Kiefersymphyse. Die erste Rückenflosse mit 9 oder 10 biegsamen Stacheln, ü. cirrhosa L., Mittelmeer. Corvina Cuv, Ohne Barteln. Schnauze convex mit vorstehender Oberkinnlade. Starke Fangzähne fehlen. Der 2te Stachel der Afterflosse sehr kräftig. C. nigra Salv., Mittel meer. Trichiuridae. Scomberidae. 873 Sciaena Art. Obere Kinnlade vorstehend. Grosse Fangzähne fehlen. Stacheln der Afterflosse schwach. Sc. aquila Risso, Mittelmeer. Otolühtis Cuv. Die Unterkinnlade länger. Meist grosse conische Fangzähne. Schwimmblase mit 2 verlängerten hornförmigen Fortsätzen. 0. CaroUnensis Cuv. Val. Larimus Cuv. Val., Eques Bloch u. a. G. Hier schliessen sich die Polynemiden an, ausgezeichnet durch fadenförmige ge- gliederte Strahlen unter der Brustflosse. Polynemus L. , P. paradiseus L., Ostindien. Pentanemus Art., P. quinquarius L., Westküste Afrikas, lerner die Sphyraeniden mit kleinen Cycloidschuppen, baucbständigen Bauchflossen und 2 weit entfernten Brust- flossen. Sphyraena Art., Sp. vulgaris Cuv. Val., Mittehneer und Ocean. 11. Farn. Trichiuridae. Langgestreckte comprimirte Seefische mit nackter oder klein-beschuppter Haut, weiter Mundspalte und einigen starken Zähnen in den Kiefern oder am Gaumen. Die Afterflosse und Rückenflosse ist sehr lang. Bauchflossen zu- weilen rudimentär oder ganz fehlend. Trichiurus L. Körper sehr lang, bandförmig. Schwanz fadenförmig verlängert. Afterflosse durch feine Stachelstrahlen vertreten. Kiefer mit starken Zähnen , auch Zähne am Gaumenbein, aber nicht am Vomer. Tr. lepturus L. , Atlant. Ocean. Lepidopus Gouan. Schwanzflosse wohl entwickelt. Schuppen lehlen. Bauch- flossen auf kleine Schuppen reducirt. L. caudatus Eupbr., argyreus Cuv., Mittelmeer. Thyrsites Cuv. Val. u. a. G. 12. Fam. Scomberidae, Makrelen. Von langgestreckter, mehr oder minder compresser, zuweilen sehr hoher Körpergestalt , oft mit silberglänzender Haut, bald nackt, bald mit kleinen Schuppen, stellenweise auch, namentlich an derSeitenlinie mit gekielten Knochenplatten bekleidet, meist mit halbmondförmig ausgeschnittener Schwanz- flosse. Der Stachelstrahlenthtil der Rückenflosse weniger entwickelt als der weiche und oft getrennt. Der Kiemendeckelapparat ist glatt, ohne Stacheln und Zähne und schliesst sehr fest. Häufig entbehren die hintern gegliederten und getheilten Strahlen in der Rücken- und Afterflosse der Hautverbindung und bilden von einander getrennt zahlreiche kleine Flösschen, sog. falsche Flossen. Die Bauchflossen stehen meist an der Brust, zuweilen auch an der Kehle und fehlen nur selten. Sie sind fast sämmtlich Seefische und zum Theil, namentlich die langgestreckten compressen Formen mit spitzer Schnauze und tief ausgeschnittener Schwanzflosse vortreffliche Schwimmer, die im Frühjahr in grossen Schaaren durch weite Meerstrecken ziehen und — zumal wegen des schmackhaften Fleisches — einen wichtigen Gegenstand des Fischfanges bilden, so die Makrelen in der Nordsee und im Canal, die Thunfische für die Küstenbewohner des Mittelmeeres. Viele zeichnen sich durch ihre allerdings leicht vergängliche Farben- pracht aus und sind kräftig bezahnte Raubfische. Scomber Art. (Scombrinae). Körper mit kleinen Schuppen bedeckt, mit zwei erhabenen Haulleisten an den Seiten des Schwanzes, mit zwei Rückenflossen und 5 oder 6 falschen Flossen auf und unter dem Schwanz. Sc. scombrus L., Makrele, in Nord- und Ostsee. Thynnus Cuv. Val. Mit Schuppenpanzer in der Brustgegend und 6 bis 9 falschen Flossen auf und unter dem Schwanz, dessen Seite jederseits gekielt ist. Mit Vomer- und Gaumenbeinzähnen. Erreicht eine Länge von 1 5 Fuss. Im Mittelmeer. TTi.VMZ^amCuv. Val., Thunfisch. Pelamys Cuv. Val. (Keine Zähne am Vomer). P. sarda Bloch, Mittelmeer. Cybium Cuv. Körper nackt oder mit rudimentären Flossen. Meist 7 und mehr Flösschen hinter Rücken- und Afterflosse. Zähne stark. Hechelzähne am Gaumenbein und Vomer. Schwanz jederseits gekielt. C. guttatum Bloch, Ostindien. Naucrates Raf. Körper langgestreckt, wenig comprimirt. Flösschen fehlen. 874 Gobiidae. Die erste Ruckenflosse auf wenige freie Stacheln reducirt. Schwanz jederseits gekielt. N. dtictor L. , Pilot. Echineis Art. Die erste Rückenflosse zu einer Haftscheibe umgestaltet. Flösschen fehlen. £". naticrates L., Schiflshaiter in zahlreichen Varietäten weit verbreitet. Nomeus Cuv. (Nomeinae). Slachelslrahientheil der Rückenflosse am stärksten entwickelt. Körper lan Lurchfische. Beschuppte Fische mit Kiemen- und Lungenathmung, ausgehildetem Systeme der Kopf- und Seitenkanäle, mit knorpligem Skelet und per- sistirender Chorda, mit muskulösem Arterienstil und Spiralklappe des Darmes. Die Lurchfische, zuerst vor mehreren Decennien in zwei Gattungen bekannt geworden, bilden eine so ausgezeichnete üebergangsgruppe zwischen Fischen und Amphibien, dass sie von ihrem ersten Entdecker als fischähnliche Reptilien betrachtet wurden und auch später noch als Sclmppenlurche bezeichnet werden konnten. Neuerdings ist zu diesen beiden Formen {Lepidosiren, Protopterus) noch eine dritte von Förster und Krefft in Australien entdeckte Gattung hinzugekommen, deren 1) J. Natterer, Lepidosiren paradoxa, eine neue Gattung der fischähnlichen Reptilien. Annalen des Wiener Museums. 1837. IL Bd. Th. L. Bischoff, Lepidosiren paradoxa, anatomisch untersucht und beschrieben, Mit 7 Steindrucktafeln. Leipzig. 1840. J. HyrtI, Lepidosi:en paradoxa. Monographie. Mit 5 Kuplertafeln. Prag. 1845. R. Owen, Descriplion of the Lepidosiren annectens. Transact. Linn. Soc. vol. XVIL 1840. W. Peters, Ueber einen dem Lepidosiren verwandten Fisch vom Quellimane, Müller's Archiv. 1845. G. Krefft, Beschreibung eines gigantischen Amphibiums etc. aus dem Wide- Bay-District in Queensland. A. Günther, Ceratodus und seine Stelle im System, Archiv für Naturgeschichte. Tom. 37. 1871. Vergl. ferner die Aufsätze von Milne Edwards, M'Donnel, Gray u. A. Beschuppung. Flossen. Kiemen. 879 Gebiss mit gewissen fossilen (Trias), von Agassiz den Haifischen zu- geschriebenen Zähnen übereinstimmt. In ihrer äusseren Körpergestalt erscheinen sie entschieden als Fische. Ein gestreckter mehr oder minder aalförmiger Leib ist bis über den Kopf mit runden Schuppen bedeckt, zeigt deutlich die Kopf- und Seitenkanäle und endet mit einem cora- presscn Ruderschwanz, dessen Flossensaum von weichen Strahlen gestützt, oben bis zur Mitte des Rückens, unten bis zum After sich fortsetzt. Der breite flache Kopf zeigt kleine seitliche Augen und eine ziemlich weit gespaltene Schnauze, an deren Spitze die beiden Nasenöff'nungen liegen. Unmittelbar hinter dem Kopt finden sich zwei Brustflossen, die ebenso wie die gleichgestalteten weit nach hinten liegenden Bauchflossen an ihrem ünterrande einen häutigen durch Strahlen gestützten Saum erkennen lassen (Stammreihe und Radien), oder {Geratodus'- wie die Flossen der Crossopterygier aus einem centralen von schuppiger Haut überzogenen Schafte und einem strahligen Saum bestehen. Vor dem vordem Flossenpaare bemerkt man jederseits eine Kiemenspalte, über der bei der Afrikanischen Gattung Protopterus (Rhinocryptis) bis in das spätere Alter drei äussere gefranste Kiemenbäumchen hervortreten. Bei der in Brasilien einheimischen Gattung Lepidosiren fehlen äussere Kiemen. Wie in der äussern Gestalt, so erweisen sich die Fischlurche auch durch den Besitz innerer Kiemen als Fische. Diese sind entweder {Ceratodus) wie die Fischkiemen in 4facher Zahl vorhanden oder reducirt. Die knorpligen von dem Zungenbein getrennten Kiemenbogen finden sich bei Lepidosiren in öfacher, bei Protopterus in 6facher Zahl, in beiden Fällen tragen aber nur zwei derselben und zwar dort der dritte und vierte, hier der vierte und fünfte eine Doppelreihe von Kiemenblättchen. Auch die Skeletbildung weist entschieden mehr auf die Knorpelfische, als auf die den Amphibien eigenthümlichen Verhältnisse hin. Es per- sistirt eine zusammenhängende knorplige Rückensaite, von deren Faser- scheide verknöcherte obere und untere Bogenschenkel mit Rippen ab- gehen. Nach vorn setzt sich die Chorda bis in die Basis des Schädels fort, welcher auf der Stufe der primordialen Knorpelkapsel zurückbleibt, jedoch bereits von einigen Knochenstücken überdeckt wird. Das Gehör- organ ist in der knorpligen Schädelkapsel eingeschlossen. Weit stärker sind die Gesichtsknochen des Kopfes entwickelt, namentlich die Kiefer, deren Bezahnung wie bei den Chimaeren aus senkrecht gestellten schnei- denden Platten besteht, oder aber (Ceratodus) an die der Cestraciontiden erinnert. Der Darmkanal erinnert durch den Besitz einer Spiralklappe, welche in einiger Entfernung vor dem bald mehr rechtsseitig, bald mehr linksseitig ausmündenden After endet, an die Selachier, ebenso die Bil- dung der Cloake, welche die Geschlechtsötfnung und zu deren Seiten die Mündungen der Ureteren aufnimmt, an ihrer Vorderseite aber bei Lepidosiren die Harnblasenanlage besitzt. 880 . 1. Unterordnung: Mönopneumona. Während die bisher besprochenen Verhältnisse den Fischtypus unserer Geschöpfe bekunden, führt eine Reihe von Einrichtungen, welche auf die Athmung durch Lungen Bezug haben, zu den nackten Amphibien hin. Stets durchbrechen die knorpligen meist gefensterten Nasenkapseln wie bei allen Luftathmern durch hintere Oefinungen das Gaumengewölbe und zwar weit vorn unmittelbar hinter der Schnauzenspitze. Sodann nehmen 2;yei — bei Ceratodus freilich nur ein einfacher — ausserhalb der Bauch- höhle über den Nieren gelegene Säcke die Stelle der Schwimmblase ein, welche mittelst eines kurzen gemeinschaftlichen Ganges durch eine Spalt- öffnung in die vordere Wand des Schlundes einmünden. Physiologisch verhalten sich diese Säcke als Lungen mit wohlentwickelten zelligen Räumen und respiratorischen Capillaren, sie erhalten venöses Blut aus einem Zweige des untern Aortenbogens und führen arterielles Blut durch Lungenvenen zum Herzen. Durch diese Einrichtungen werden die Be- dingungen des Athmens ganz die nämlichen wie bei den nackten Am- phibien, welche durch Kiemen und Lungen athmen. Dazu kommt die Uebereinstimmung in der Gestaltung des Herzens und der Hauptstämme des Gefässsystemes. Die Dipnoer haben bereits einen doppelten Kreis- lauf und einen freilich unvollkommen geschiedenen linken und rechten Yorhof, dessen Scheidewand überall netzförmig durchbrochen ist. Auch der Aortenbulbus erhält einen Muskelbeleg und besitzt entweder Klappen- vorrichtungen, ähnhch denen der Ganoiden (Ceratodus), oder enthält wie bei den Fröschen zwei seitliche spirale Längsfalten, welche am vor- dem Ende verschmelzen und die Scheidung des Lumens in zwei Hälften (für die Kiemenarterien und Lungengefässe) vorbereitet. Die Dipnoer, über deren Entwicklung bislang nähere Beobachtungen fehlen, leben in den tropischen Gegenden Amerikas und Afrikas, in Sümpfen und Lachen am Amazonenstrome, weissen Nil, Niger und Quellimane, die Gattung Ceratodus aber in den Flüssen Australiens in schlammigem Wasser, das mit Gasen verwesender organischer Stoffe erfüllt ist. Wenn die Sümpfe während der heissen Jahreszeit austrocknen, graben sich die ersteren mehrere Fuss tief in den Boden ein, bekleiden die dicht anliegenden Wände mit einer blattartig dünnen Schleimschicht und überdauern unter eintretender Lungenathmung, bis die Regenzeit den Sümpfen wieder Wasser zuführt. Sie nähren sich vorzugsweise von thierischen Stoffen. 1. Unterordnung. Monopnenmona. Körper mit grossen cycloiden Schuppen bedeckt. Vomer mit 2 schiefen Schneidezahn-ähnlichen Zahnlamellen. Gaumen mit einem Paare grosser und langer Zahnplatten bewaffnet, mit flacher welliger Oberfläche und 5 bis 6 scharfen Zacken an der Aussenseite. Unterkiefer mit zwei II. Classe. Amphibia, Lurche. 881 ähnlichen Zahnplatten. Flossen wie die der Crossopterygier mit be- schupptem Schaft und strahligem Saum. Die Klappen im Conus arteriosus mehr nach Art der Ganoiden. Kiemenapparat aus 5 Knorpelbögen und 4 Kiemen gebildet. Pseudobranchien vorhanden. Hohlraum der Schwimm- blase aus 2 symmetrischen zelligen Hälften zusammengesetzt. Die beiden Ureteren münden durch eine gemeinsame Oeffnung an der Rückenseite der Kloake. Hinter dem After ein Paar weiter Peritonealspalten. Leben von Blättern, die sie mit den Schneidezähnen abreissen und mit den Zahnplatten zerkauen, sie benutzen vorwiegend die Lunge zur Respiration, wenn das schlammige Wasser von Gasen organischer Stoffe erfüllt ist. Lebten schon zur Zeit des Trias. 1. Farn. Ceratodidae mit der einzigen Gattung Ceratodus Ag. C. Forsten Krefft, Barramunda, Queensland, wird bis 6Fuss lang und ist des lachsjihnlichen Fleisches halber als Speise geschätzt. Auch fossile Arten aus dem Jura und Muschelkalk. 2. Unterordnung. Dipnenmona. Flossen schmal, mit gegliedertem Knorpelstab (Staramreihe) und Strahlen an einer Seite. Kiemen mehr reducirt. Klappeneinrichtung des Conus artiosus ähnlich denen der Batrachier. Lungen paarig. 1. Farn. Sirenoidae. Protopterus Owen. {Bhinoeryptis I'eters). Mit 3 iiussern Kiemenanhängen. 6 Kiemenbogen mit 5 Spalten. Fr. annectens Owen, Tropisches Afrika. Lepidosiren Fitzg. Ohne äussere Kiemen. 5 Kiemenbogen mit 4 Spalten. L. paradoxa Fitzg., Brasilien. n. Classe. Ainpliibia ')? nackte Amphibien^ liUrclie. Kaltblüter mit Lungen- und vorübergehender oder persistirender Kiemenathmung , unvollständig doppeltem Kreislauf und doppeltem Condylus des Hinterhauptes, mit Metamorphose, ohne Amnion und Ällantois der Embryonen. Die nackten Amphibien bildeten nach der L in n 6 'sehen Eintheilung mit den beschuppten Amphibien den Inhalt der zweiten Wirbel thierclasse, 1) Lacap6de, Histoire naturelle des Quadrup6des ovipares et des serpens. Paris. 1788 und 1789. J. G Schneider, Hisloria Amphibiorum naturalis et litteraria, Jena. 1799 — 1801. B. Merrem, Beiträge zur Geschichte der Amphibien. 1790—1801, sowie Ten- tamen systematis Amphibiorum. Marburg. 1820. Wagner, Natürliches System der Amphibien. München. 1830. Dum6ril et Bibron, Erp6tologie g^nörale etc. Paris. 1834—1854. Rymer Jones, Reptilia in Todd Cyclopaedia of Anatomie and Physiology Claus, Zoologie. 2. Auflage. 56 882 Verhältoiss der Amphibien zu dsn Reptilien. Ileptilien. Wenn man neuerdings diesen Verband aufgelöst hat, so gab man gewiss einem durchaus natürlichen, erst mit dem Fortschritt der Wissenschaft erkannten Verhältniss Ausdruck. Die Amphibien schliessen sich in Bau und Entwicklung den Fischen an, von denen die Gruppe der Dipnoer den üebergang vermittelt. Die Reptilien dagegen erweisen sich, obwohl Kaltblüter, doch hinsichtlich der gesammten Organisation und Entwicklung als höhere Wirbelthiere und bilden das Anfangsglied in der Reihe der zu jeder Lebenszeit ausschliesslich Luft-athmenden Landthiere. Schon die äussere Körpergestalt weist auf den wechselnden Aufenthalt im Wasser und auf dem Lande hin, zeigt indessen mannich- faltige zu den kriechenden, kletternden und springenden Landthieren hinführende Gestaltungsformen, Im Durchschnitt praevalirt ein lang- gestreckter cylindrischer oder mehr comprimirter Körper, der häufig mit einem ansehnlichen compressen Ruderschwanz endet und seltener auf dem Rücken eine senkrechte Hautfalte trägt. Extremitäten können noch vollständig fehlen, wie bei den drehrunden, unterirdisch in feuchter Erde lebenden Blindwühlern, in andern Fällen finden sich bloss kurze Vordergliedmassen am Halse {Siren) oder vordere und hintere Stummel mit reducirter Zehenzahl, unfähig, den sich schlängelnden Körper in der Höhe zu tragen. Auch da wo die beiden Extremitäten- paare eine ansehnliche Grösse erhalten und mit vier oder fünf Zehen enden, wirken sie mehr als Nachschieber zur Fortbewegung des lang- gestreckten biegsamen Rumpfes. Nur die Batrachier, deren kurzer ge- drungener Rumpf im ausgebildeten Zustand des Schwanzes entbehrt, besitzen sehr kräftige, zum Laufen und zum Sprunge, selbst zum Klettern taugliche Extremitätenpaare. Die Haut, nicht nur für die Absonderung, sondern auch für die Respiration von grosser Bedeutung, erscheint in der Regel glatt und schlüpfrig, nur die Blindwühler {Coecilien) besitzen schienenartig verdickte Hautringe und in diesen Schüppchen, welche die concentrischen und strah- ligen Linien der Fischschuppen zeigen, AuchdieSinnesorgane*) der Seiten- linien finden sich bei den im Wasser lebenden Formen, insbesondere im Larvenzustand, wenngleich freiliegend und nicht von Canälen umschlossen, wieder. Sehr allgemein liegen Drüsen und Pigmente in der Haut- bedeckung. Die erstem sind entweder einfache flaschenförmige Zellen, deren Secret wahrscheinlich beim Häutungsprocess die Verbindung der obersten abzustosseuden Zellenlagen loslöst oder sackförmige Drüsen mit schleimigem Secret, welches die Oberfläche des Leibes während des Landaufenthaltes feucht und schlüpfrig erhält oder sie sondern ätzende und stark riechende Säfte ab, welche auf kleinere Organismen eine 1) Fr. E. Schulze, Epilhel- and Drüsen-Zellen, i) Die Oberhaut der Fische und Amphibien. Archiv für mikr. Anatomie, Tom. 3. Skelet. Wirbelbildung. 883 giftige Wirkung auszuüben vermögen. Diese erhalten an manchen Stellen eine bedeutende Grösse und häufen sich zu grössern Complexen an, wie z. B. bei den Kröten und Salamandern in der Ohrgegend (Parotiden), ebenso oft bei den erstem an den Seiten und hintern Extremitäten. Die mannichfachen Färbungen der Haut beruhen theils auf der Anhäufung von Pigmentkörnchen in den Epidermiszellen, theils auf dem Besitze von oft grossen ramificirten Pigmentzellen der Cutis, welche bei den Fröschen durch selbstständige Gestaltveränderungen das schon länger bekannte Phänomen des Farbenwechsels bedingen. Bei einigen ürodelen erfährt die Haut auffallende periodische Wucherungen, insbesondere erhalten die männlichen Tritonen zur Begattungszeit häutige Flossenkämme des Rückens und öfters Fransen an den Zehen, welche bei den Weibchen schwächer sind oder ganz fehlen. Auch ist die Ober- haut in beständiger Erneuerung begriffen und wird bei den Batrachiern in grossen zusammenhängenden Blättern abgestossen. Das Skelet vertritt im Anschluss an das der Ganoiden die zunächst höhere Stufe der Entwicklungsreihe des Knochengerüstes. Obwohl eine Chorda dorsalis von ansehnlichem Umfang persistiren kann, häufiger freilich in Resten vorhanden ist, kommt es stets zur Bildung knöcherner und anfangs biconcaver Wirbel , welche stets — im Gegensätze zu der Wirbelsäule der Fische — durch Intervertebralknorpel geschieden sind. Im einfachsten Falle (Blindwühler und Proteus) besitzen die Wirbel die Form knöcherner Doppelkegel '), deren Binnenraum von der continuirlich zusammenhängenden mächtig entwickelten Chorda erfüllt wird. Bei den Tritonen und Salamandern verdrängt allmählig der wachsende Inter- vertebralknorpel die in ihren Resten verknorpelnde Chorda, und es kommt durch weitere Differenzirung des erstem zur Anlage eines Gelenk- kopfs und einer Gelenkpfanne, die aber erst bei den mit procölen Wirbel- körpern versehenen Batrachiern zur völligen Sonderung gelangen. Hier erhält sich nur das im primordialen Wirbelkörper gelegene Chordastück und zwar ohne sich in Knorpel umzuwandeln entweder einige Zeit lang oder das ganze Leben hindurch. Zie Zahl der Wirbel ist meist der langgestreckten Körperform entsprechend eine bedeutende, bei den Batrachiern dagegen besteht die ganze Wirbelsäule nur aus zehn Wirbeln mit auffallend langen Querfortsätzen, welche die häufig fehlenden Rippen zugleich mit vertreten, während sich sonst mit Ausnahme des ersten zum Atlas sich umgestaltenden Wirbel an fast allen Rumpfwirbeln kleine knorplige Rippenrudimente finden. Obere Bogenstücke sind stets ent- wickelt und können auch wie bei den Fröschen Gelenkfortsätze bilden, von ihnen und theilweise von den Wirbelkörpera entspringen die Quer- 1) Vergl. besonders Gegenbaur, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule bei Amphibien und Reptilien. Leipzig. 1862 56* 884 Schädelbau. Kieferbogen. fortsätze, dahingegen treten untere Bogenstücke nur an dem Scliwanz- theile der Wirbelsäule auf. Am Kopfskelet erhält sich der knorplige Primordialschädel, verliert jedoch meist Decke und Boden und wird von knöchernen Stücken verdrängt, die theils Ossificationen der Knorpel- kapsel (Occipitalia lateralia, Gehörkapsel, Gürtelbein, Quadratum) sind, theils als Belegknochen vom Perichondrium aus (Parietalia, Frontaha, Nasalia, Vomer, Parasphenoideum) ihren^ Ursprung nehmen. Wie bei Lepidosiren bleiben Occipitale basale und superius kleine Knorpel- streifen, ebenso finden wir noch ein Farasphenoideum , das bei keinem Beptil und höherm Wirbelthier wieder auftritt, dagegen fehlen wahre Basi- S'phenoids. Die Occipitalia lateralia (mit dem Opisthoticum verschmolzen) sind stets sehr entwickelt, tragen zur Begrenzung des Gehörlabyrinthes bei und artikuliren wie bei den Säugethieren mittelst doppelter Gelenk- höcker auf dem vordersten Wirbel. Die vorspringende Ohrgegend wird von einem grossen die vordere Partie des Labyrinthes bergenden Knochen gebildet, welcher auch den dritten Ast des Trigeminus durchtreten lässt und offenbar dem ProoUcum entspricht. Hier aber wird die Ohrkapsel von einer Fenestra ovalis durchbrochen, an welches sich ein vom Zungen- beinbogen stammendes Knochenstäbchen (Columella) anlegt. Während die Seitenwandungen der Schädelhöhle knorplig bleiben, entsteht noch in der vordem an die Ethmoidalgegend angrenzenden Region eine Ossi- fikation, die sich durch mediane Vereinigung zu einem ringförmigen Knochen, Gürtelbein (Os en ceinture), gestalten kann. Dieser von Duges als Ethmoideum gedeutete Abschnitt entspricht dem Orbitosphenoid der Knochenfische, zuweilen (Frosch) ist er aber auch nach vorn zur Begren- zung der Nasenwand ausgedehnt und würde demnach zugleich die Eth- moidalia lateralia repräsentiren. Diese Theile bleiben jedoch wie die Nasenscheidewand grossentheils knorplig, während von oben die paarigen flachen Nasalia aufliegen und unten der ebenfalls paarige Vomer angrenzt. Die Verbindung des Schädels mit dem Kieferbogen ist im Gegen- satz zu den Knochenfischen, wie bei Chimaera und Lepidosiren, eine feste. Kieferstil und Palato-Quadratum legen sich im Zusammenhang mit der knorpligen Schädelkapsel an (Craniofacialknorpel) und bilden jederseits einen weit abstehenden infraorbitalen Bogen, dessen Vorder- ende entweder frei bleibt oder mit dem Ethmoidalknorpel verschmilzt. Der Mangel einer Gliederung macht es wahrscheinlich , dass der Bogen ausschliesslich dem Palato-Quadratum entspricht und Theile des Hyo- mandibulare ausschliesst (Gegenbaur), zumal da ein hinterer Fortsatz desselben direkt als Stil des Unterkiefers erscheint. Die am Ende des Stils auftretende Ossifikation bildet das Quadratum, während ein den Knorpel auflagernder fast hammerförmiger Deckknochen als Squamosum, richtiger vielleicht als Tympanicmn bezeichnet wird (Fraeoperculum Extremitäten. Xeneusysteni. 885 Huxley). Ein zweiter von unten anliegender Knochen erstreckt sich im Bogen nach vorn und ist das einfache Fterygoideum, an welche sich nach vorn das quer zum Vomer hinziehende Palatinum ansch Messt. Der äussere Kieferhogen, gebildet durch die als Deckknochen Can den Rostral- undAdrostralknorpel der Larven) entstehenden Intermaxillar- undMaxillar- knochen, kann durch eine dritte hintere Knochenspange (Quadrato-jugah) bis zum Quadratum reichen, bleibt aber bei manchen Perennibranchiaten unvollständig, indem der Oberkieferknochen fehlt. Am Visceralskelet zeigt sich entschieden eine mehr oder minder tiefgreifende Reduction im Zusammenhang mit der Rückbildung der Kiemenathmung. Die mit bleibenden Kiemen versehenen Amphibien (Perennibranchiaten) besitzen die Visceralbogen in grösserer Zahl und in ähnlicher Gestalt, wie sie bei den übrigen Formen nur vorübergehend im Larvenleben auftreten. Hier treten noch 4 bis 5 Bogenpaare auf, von denen das vordere den Zungenbeinbogen darstellt und meist keine Gliederung zeigt. Auch die Copula bleibt in der Regel einfach und wird von den beiden letzten Bogen überhaupt nicht mehr erreicht. Diese stellen einfache Knorpel- stäbe dar und legen sich an das Grundghed des vorausgehenden Bogens an. Obere Schlundknochen fehlen überall. Bei den Salamandrinen per- sistiren ausser dem Zungenbeinbogen noch Reste von zwei Kiemenbogen, während sich bei den Batrachiern im ausgebildeten Zustand nur ein einziges Paar von Bogenstücken am Zungenbeine erhält. Dasselbe fügt sich an den Hinterrand des Zungenbeinkörpers an und wird als Suspensorium des Kehlkopfs verwendet. Die Extremitäten besitzen stets ein Schulter- und Beckengerüst und gestatten eine sicherere Zurückführung ihrer Theile als die zu Flossen umgebildeten Gliedmassen der Fische. Am Schultergerüst unter- scheidet man leicht die drei Stücke als Scapulare , Procoracoidoum und Coracoideum, wozu noch ein oberes knorpliges Suprascapulare hin- zukommt. Während bei den geschwänzten Amphibien ein unterer Schluss des Gürtels fehlt, kommt derselbe bei den Batrachiern sowohl durch die mediane Verbindung beider Hälften als durch Anlagerung einer als Sternum zu deutenden Platte zu Stande. Am vordem Ende tritt noch eine Episternalplatte hinzu. Für das Becken ist die schmale Form der Darm- beine characteristisch, welche an den starken Querfortsätzen eines Wirbels befestigt, an ihrem hintern Ende mit dem Sitz- und Schambein ver- schmelzen. Das Nervensystem der nackten Amphibien entspricht zwar noch einer tiefen Lebensstufe, erhebt sich aber bereits in mehrfacher Hinsicht über das der Fische. Das Gehirn ist in allen Fällen klein und zeigt im Wesentlichen die für diese Classe hervorgehobenen Gestaltungs- verhältnisse. Jedoch erscheinen die Hemisphären grösser und dieDifferen- zirung des Zwischen- und Mittelhirns weiter vorgeschritten. Die Lobi 886 Sinnesorgane. optici erlangen eine ansehnliche Grösse, und das verlängerte Mark um- schliesst eine breite Rautengrube. Auch die Hirnnerven reduciren sich ähnlich wie bei den Fischen, indem nicht nur der N. facialis und die Augenmuskelnerven oft noch in das Bereich des Trigeminus fallen, sondern Glossopharyngcus und Accessorius regelmässig durch Aeste des Vagus vertreten werden. Der Hypoglossus ist wie dort erster Spinalnerv. Von den Sinnesorganen fehlen die beiden Augen niemals, doch können sie zuweilen klein und rudimentär unter der Haut versteckt bleiben, wie dies namentlich für den unterirdische Gewässer bewohnenden 01m {Proteus) und die ßlindwühler oder Schleichenlurche gilt. Bei den Perennibranchiaten fehlen Lidbildungen noch vollständig, während die Salamandrinon ein oberes und unteres Augenlid und die Batrachier mit Ausnahme von Fipa ausser dem oberen Augenlid eine grosse sehr be- wegliche Nickhaut besitzen, neben der nur bei JBufo ein unteres rudi- mentäres Augenlid auftritt. Eine besondere Auszeichnung der Batrachier ist das Vorhandensein eines Retractors, durch welchen der grosse Augen- bulbus weit zurückgezogen werden kann. Im Baue des Gehörorganes ^) schliessen sich die Amphibien an die Fische an. Mit Ausnahme der Batrachier beschränkt sich dasselbe auf das Labyrinth mit drei halb- cirkelförmigen Canälen, liegt jedoch bereits von einem Felsenbein um- schlossen. Bei jenen aber tritt meist noch eine Paukenhöhle hinzu, welche mit weiter Tuba Eustachü in den Rachen mündet und aussen von einem bald frei liegenden bald von der Haut bedeckten Trommel- fell verschlossen wird, dessen Verbindung mit dem ovalen Fenster ein kleines Knorpelstäbchen nebst Knorpelplättchen (Columella nebst Oper- culmn) herstellt. Bei fehlender Paukenhöhle werden diese Deckgebilde des ovalen Fensters von Muskeln und Haut überzogen. Die zuerst durch Deiters bei den Fröschen entdeckte rudimentäre Schnecke dürfte wohl allen Amphibien zukommen. Die Geruchsorgane sind stets paarige mit Hautfaltungen der Schleimhaut versehene Nasenhöhlen, welche anfangs noch vorn innerhalb der Lippen, bei den Batrachiern und Salamandrinen weiter nach hinten zwischen Oberkiefer und Gaumenbein mit der Rachen- höhle communiciren. Als Sitz der Gefühlswahrnehmungen und des Tast- sinns ist die äussere nervenreiche Haut zu betrachten. Dass auch der GeschmacJcssinn vorhanden ist , ergibt sich aus dem Vorhandensein von Geschmackspapillen auf der Zunge der Batrachier. Freilich verschlucken unsere Thiere ihre Nahrung uuzerkleinert und die Zunge dient auch zu andern Functionen , wie bei den Batrachiern als Fangapparat. Den Eingang in den Verdauungscanal bildet eine mit weit gespal- tenem Rachen beginnende Mundhöhle, deren Kiefer- und Gaumenknochen in der Regel mit spitzen nach hinten gekrümmten Zähnen bewaffnet 1) Vergleiche insbesondere die Arbeiten von Deiters und Hasse. Athmungsorgane. 887 sind, welche nicht zum Kauen, sondern zum Festhalten der Beute ge- braucht werden. Nur selten fehlen Zähne vollständig, wie bei Pipa und einigen Kröten, während sie bei den Fröschen stets im Oberkiefer und an dem Gaumen vorhanden sind. Bei den Blindwühlern und Urodelen dagegen finden sich zwei obere Bogen. Die Athmungs- und Kreislaufsorgane der nackten Amphibien wiederholen im Wesentlichen die Gestaltungsverhältnisse der Dipnoer und characterisiren unsere Thiere als wahre Verbindungsglieder zwischen den mit Kiemen athmenden Wasserbewohnern und den Luft-lebenden höhern Wirbelthieren mit Lungenrespiration. Alle Amphibien besitzen zwei ansehnliche Lungensäcke, neben denselben aber noch, sei es nur im Jugendalter oder auch im ausgebildeten Zustande, drei oder vier Paare von Kiemen, welche bald in einem von der Haut des Halses bedeckten Raum mit äusserer Kiemenspalte eingeschlossen liegen, bald als ästige oder gefiederte Hautanhänge frei am Halse hervorragen. Stets sind mit dem Besitze von Kiemen Spaltöfi'nungen in der Schlund- wandung zwischen den Kiemenbogen verbunden. Die Lungen sind zwei geräumige meist symmetrisch entwickelte Säcke mit vorspringenden Falten und netzförmig erhobenen Balken auf der Innenfläche, durch welche secundäre zellenförmige Räume gebildet werden, an deren Wandung die Capillaren verlaufen. Diese weniger ausgedehnte Flächenentwicklung entspricht dem geringen respiratorischen Bedürfnisse und gestattet eine nur unvollkommene Athmung, auch lassen die beschränkten Athmungs- bewegungen, welche bei dem Mangel eines erweiterungs- und verengerungs- fähigen Thorax einerseits durch die Muskulatur des Zungenbeins, andererseits durch die Bauchmuskeln bewirkt werden, den Austausch der Luft in wenig vollkommener Weise ausführen. Der unpaare durch Knorpelstäbe gestützte Eingangskanal in die beiden Lungen sieht bald mehr einer Trachea, bald mehr durch seine Kürze und Weite einem Kehlkopf ähnlich, ist aber nur bei den Fröschen zu einem Stimmorgan ausgebildet, welches laute quakende Töne hervorbringt und häufig im männlichen Geschlechte durch den Resonanzapparat eines oder zweier mit der Rachenhöhle communicirender Kehlsäcke unterstützt wird. Im innigsten Zusammenhang mit den Respirationsorganen steht die Ent- wicklung und Ausbildung des Gefässsystemes. In der Zeit der aus- schliesslichen Kiemenathmung verhält sich der Bau des Herzens und die Gestaltung der Hauptarterienstämme ganz ähnlich wie bei den Fischen. Später bei hinzutretender Lungenathmung wird der Kreislauf ein doppelter, und es findet durch ein Septum die Scheidung eines rechten und linken Vorhofes statt, von denen der erstere die Körpervenen, der letztere die arteriellen Blut-führenden Lungenvenen aufnimnit Dagegen bleibt die Ventricular- Abtheilung des Herzens stets noch einfach, erhält daher nothwendig gemischtes Blut und führt in einen musculösen rhythmisch 888 Herz und Blutgefässe. contractilen Aortenbulbus, welcher sich in die bereits mehr oder minder reducirten Gefässbogen spaltet. Beim Embryo und während der ersten Larvenperiode sind es vier Paare von Gefässbogen, welche ohne capillare Vertheilung den Schlund umziehen und sich unterhalb der Wirbelsäule zu den beiden Wurzeln der Aorta verbinden. Mit dem Auftreten von Kiemen geben die drei vordem Bogenpaare Getassschlingen ab, welche das System der Kiemencapillaren bilden, während die zurückführenden Theile der Bogen untereinander eine sehr verschiedene Verbindung durch Bildung der Aortenwurzeln erfahren. Der untere vierte Gefässbogen, der übrigens häufig (Frosch) einen Zweig des dritten darstellt oder (Salamander) mit jenem in gemeinsamen Ostium am Bulbus entspringt^ steht zur Kiemenathmung in keiner Beziehung und führt direct in die Aortenwurzel. Dieser untere Gefässbogen ist es, welcher einen Zweig zu den sich entwickelnden Lungen entsendet und so die Bildung der an Grösse und Bedeutung bald überwiegenden Lungenarterie einleitet. Während sich diese Verhältnisse des Larvenlebens bei den Perenni- branchiaten im Wesentlichen Zeit Lebens erhalten, treten bei den Sala- mandrinen und Batrachiern mit dem Schwunde der Kiemen weitere Ueductionen ein, welche zur Getässvertheilung der höhern Wirbel thiere hinführen. Indem das Capillarsystem der Kiemen hinwegfällt, wird die Verbindung des Aortenbulbus und der absteigenden Körperarterie wiederum durch einfache Bogen hergestellt, die aber an Umfang keineswegs gleich- massig entwickelt sind, sondern zum Theil zu engen und obliterirten Verbindungswegen verkümmern {Ductus Botalli). Der vordere Bogen, an dessen branchialem Theil schon während der Kiemenathmung die Kopf- gefässe hervorgehen, entsendet Zweige zu der Zunge, sowie die Carotiden, bewahrt sich aber meist einen Fuimus communicans oder Ductus Botalli. Die beiden mittleren bilden am häufigsten die Aortenwurzeln, von denen sich auch noch Aeste nach dem Kopfe abzweigen können. Der unterste in seinem Ursprünge oft mit dem vorhergehenden verschmolzene Bogen gestaltet sich zur Lungenarterie um, meist mit Erhaltung eines dünnen, zuweilen obliterirten Ductus Botalli. Auch aus den Aortenwurzeln treten oft noch Gefässe nach dem Kopf und Hinterhaupt aus. Bei den Batra- chiern, welche durch das Zusammenfallen der beiden untern Kiemen- bogeu nur drei Gefässbogen besitzen, ist die Aortenwurzel Fortsetzung des mittleren Bogens jeder Seite und gibt die Gefässe der Schulter- gegend und der vordem Extremität, oft auch an einer Seite die Ein- geweidearterie ab. Der untere entsendet die Lungenarterie und einen starken Stamm für die Haut des Rückens, ohne einen auch nur obli- terirten Verbindungsgang mit der Aortenwurzel zu erhalten. Am meisten vereinfacht sich der Apparat der Gefässbogen bei den Coecilien, wo aus dem Aortenbulbus ausser der Lungenarterie zwei Gefässstämme hervor- treten , welche hinter dem Schädel die Kopfarterie abgeben und sodann Nieren. Geschlechtsorgane. 889 die Aortenwurzcl bilden. Die Lymphgefässe der Amphibien sind wohl entwiclvolt und begleiten die Blutgefässe als Geflechte oder weite lym- phatische Bahnen. Der Ductus thoracicus bildet in seiner vordem Partie doppelte Schenkel und entleert Chylus und Lymphe in die vor- deren Venenstämme. Auch sind Communicationen der Lymphbahnen mit der Vena iliaca nachgewiesen. An einzelnen Stellen können Lymph- behälter rhythmisch pulsiren und die Bedeutung von Lymphherzen er- halten, so liegen bei den Salamandern und Fröschen zwei Lymphherzen unter der Kückenhaut in der Schultergegend und zwei dicht hinter dem Os ileum. Von Gefässdrüsen sind die stets paarige Thymus und die in keinem Falle fehlende Milz hervorzuheben. Die Harnorgane sind stets paarige, aus den grossen unteren Ab- schnitten der Wolff'schen Körper hervorgegangene Nieren, an deren Aussenrande zahlreiche Harnkanälchen in die beiden herablaufenden Ureteren eintreten. Dieselben öffnen sich auf warzenförmigen Vor- sprüngen in die hintere Wand der Kloake, ohne direct mit der Harn- blase in Verbindung zu stehen, welche sich vielmehr als geräumige, oft zweizipiiige Aussackung an der vordem Kloakenwand entwickelt. Ueberall besteht ein eigenthümliches Verhältniss der Harnorgane zu den paarig symmetrischen GeschlecJitsorf/anen, welches die Gemeinsamkeit der Ausführungsgänge beider bedingt. Wie bei den höhern AVirbel- thieren die Primordialniere zum Nebenhoden wird und den ausführenden Apparat der Zeugungsdrüse herstellt, so fungirt auch bei den nackten Amphibien wenigstens ein Theil der als Harnorgan persistirenden Ur- niere (Wolff^sche Körper) als Nebenhoden. Indem sich die Vasa efferentia der Samenkanälchen in die Niere einsenken und mit den Harnkanälchen verbinden, führen sie ihren Inhalt in die als Harn-Samenleiter fungii-enden Ureteren. Diese haben sich mehr oder minder weit bis auf den End- abschnitt von dem eigentlichen Urnierengang gesondert, welcher beim Männchen als ein mehr oder minder entwickelter Anhang des Ureters persistirt. Im weiblichen Geschlecht erlangt derselbe hingegen eine bedeutende Grösse und übernimmt jederseits die Function des Oviductes. Während dieser Gang mit freiem, trichterförmig erweitertem Ostium, welches die aus dem traubenförmigen Ovarium in die Bauchhöhle ge- fallenen Eier aufnimmt, beginnt, nimmt er einen mehrfach geschlängelten Verlauf und mündet oft unter Bildung einer Uterus-artigen Erweiterung nach Aufnahme des Harnleiters seitlich in die Cloake, für welche bei den Salamandrinen nach v. Siebold's Entdeckung der Besitz schlauch- förmiger, als Samenbehälter fungirender Drüsen bemerkenswerth ist. Ein vollkommener Hermaphroditismus scheint niemals vorzukommen, obwohl bei den männlichen Kröten, insbesondere bei Bufo variahilis, neben den Hoden Rudimente des Ovariums gefunden werden. Männchen und Weibchen unterscheiden sich oft durch Grösse und 890 Fortpflanzung. Färbung, sowie durch andere namentlich zur Brunstzeit im Frühjahr und Sommer hervortretende Eigenthüinlichkeiten. ZaWreiche männhche Batrachier besitzen z. B. eine Daumenwarze und Kehlsäcke, andere wie die männlichen Wassersalamander zeichnen sich zur Zeit der Begattung durch den Besitz von Hautkämmen aus. Aeussere Begattungsorgane fehlen am männlichen Geschlechtsapparate der meisten Amphibien, gleich- wohl aber kommt es bei vielen zu einer Begattung, die freilich meist eine äussere Vereinigung beider Geschlechter bleibt und eine Befruchtung der Eier ausserhalb des mütterlichen Körpers zur Folge hat. Die männlichen Land- und Wassersalamander hingegen besitzen Begattungseinrichtungen und aufgewulstete Kloakenlippen, welche bei der Begattung die weibliche Kloakenspalte umfassen und eine innere Befruchtung ermöglichen. Im letzteren Falle können die Eier im Innern des weiblichen Körpers ihre Entwicklung durchlaufen, und lebendige Junge auf einer frühern oder spätem Stute der Ausbildung geboren werden. Der erstere Fall gilt insbesondere für die Batrachier. Die Männchen derselben umfassen ihre Weibchen vom Rücken aus in der Regel hinter den Vorderschenkeln, seltener in der Weichengegend und ergiessen die Samenflüssigkeit über die aus dem weiblichen Körper austretenden Eier. Nur ausnahmsweise sorgen die Eltern durch Instinkthandlungen für das weitere Schicksal der Brut, wie z. B. der Fessler und die südamerikanische Wabenkröte. Während sich das Männchen des erstem {Alytes ohstetricans) die Eier- schnur um die Hinterschenkel windet , dann in feuchter Erde vergräbt und sich seiner Last erst nach vollendeter Embryonalentwicklung ent- ledigt, streicht die männliche Fipa die abgelegten Eier auf den Rücken des Weibchens, welcher alsbald um die einzelnen Eier zellartige Räume bildet, in denen nicht nur die Embryonalentwicklung durchlaufen wird, sondern auch die ausgeschlüpften Jungen bis nach vollständigem Ablauf der Metamorphose Schutz und Nahrung finden. Andere Gattungen wie Notodelphys besitzen einen geräumigen Brutsack unter der Rückenhaut. Von diesen Fällen abgesehen werden die Eier entweder einzeln vor- nehmlich an Wasserpflanzen angeklebt (Wassersalamander) oder in Schnüren oder unregelmässigen Klumpen abgesetzt. Im letztern Falle secerniren die Wandungen des Eileiters eine eiweissähnliche Substanz, welche die Eier sowohl einzeln umhüllt als unter einander verbindet und im Wasser mächtig aufquellend eine gallertige Beschafl'enheit an- nimmt. Die Eier sind verhälti^ssmässig klein und dünnhäutig, sie erleiden nach der Befruchtung eine totale nicht ganz gleichmässige Furchung, die besonders am Froschei näher bekannt geworden ist. Bei diesem bezeichnet nach Ablauf des Furchungsprocesses eine breite schildförmige Keimscheibe, auf welcher sich die Primitivrinne und zu deren Seiten die Rückenwülste bilden, die erste Anlage des Embryo's. In der weitern Entwicklung. Metamorphose. 891 Entwicklung kommt es niemals — und hierin stimmen die Amphibien mit den Fischen überein — zur Bildung von Amnion und Allantois, jener für die höhern Wirbelthiere so wichtigen Embronalhäute , wenn- gleich allerdings in der vordem Harnblase eine morphologisch der Allantois gleichwerthige Bildung vorliegt. Auch erhalten die Embryonen keinen äusseren vom Körper abgeschnürten Dottersack, da der Dotter frühzeitig von den Bauchplatten umwachsen wird und die mehr oder minder kughg hervortretende Anschwellung des Bauches bedingt. Als Ersatz für die als Ernährungs- und Athraungsorgan fehlende Allantois entwickeln aber die Kiemenbogen einen respiratorischen Apparat, der freilich meist erst im freien Leben zur vollen Entfaltung kommt. Da nämlich die Embryonalentwicklung nur zur Anlage der hauptsächlichsten Organe führt und eine beschränkte Dauer hat, so verlassen die Jungen sehr frühzeitig die Eihüllen, und es folgt eine mehr oder minder aus- geprägte Metamorphose mit anfangs ausschliesslicher Kiemenathmung. Der Verlauf dieser Metamorphose bewirkt die üeberführung der in Form und Bewegungsart an den Fischtypus anschliessenden Larve in die Gestalt des auf der höchsten Stufe kriechenden oder springenden Luft- thieres und zwar durch eine Reihe von Zwischenstadien, die theilweise als persistente Formen Geltung behalten. Die ausgeschlüpfte Larve erinnert durch den seitlich comprimirten Ruderschwanz und durch den Besitz äusserer Kiemenfransen an die Fischform und entbehrt noch beider Extremitätenpaare, die erst mit fortschreitendem Wachsthum des Leibes hervorsprossen. Während dieser Vorgänge beginnt auch die Function der aus dem Schlünde hervorgesprossten Lungensäcke, nach- dem zuweilen (Batrachier) die äusseren Kiemenanhänge durch innere von der Haut verdeckte Kiemcnblättchen ersetzt worden sind, und sich seitlich am Halse zum Abfluss des Wassers eine Kiemenspalte ausgebildet hat. Endlich geht die Kiemenathmung durch Rückbildung der Kiemen und deren Gefässe vollständig verloren, der Ruderschwanz verkürzt sich mehr und mehr und wirrl zuletzt wenigstens bei den Batrachiern voll- ständig abgeworfen. In den übrigen Gruppen erhalten sich die späteren oder auch früheren Phasen der Entwicklungsreihe durch das ganze Leben, indem bei den Salamandrinen der Ruderschwanz, bei den Perenni- branchiaten zugleich die Kiemen oder wenigstens die äusseren Kiemen- 1) Vergl. besonders Pr^vost et Dumas, Ann. des Sc. nat, 11. 1824. C. E. V. Baer, üeber Entwicklungsgeschichte der Thiere. II. Königsberg. 1837. Reichert, Das Entwicklungsleben im Thierreich. Berlin. 1840. C. Vogt, Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Geburtshelfer- kröte Solothurn. 1842. Remak, Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbelthiere. Berlin. 1853. Rusconi, Histoire naturelle, developpement et mctamorphose de la Salamandre terrestre. Paris. 1854. 892 1. Ordnung: Apoda, Blindwühler. spalten (Derotremen) persistiren und die Extremitäten stummelförmig bleiben oder selbst nur in dem vordem Paare zur Ausbildung kommen. Das System bietet demnach zur Entwicklungsgeschichte der Einzelform eine annähernd zutreffende Parallele. Entweder sind die nackten Amphibien durchaus oder nur während der Larvenperiode an das Wasser gebunden, aber auch im letztern Falle wählen sie feuchte schattige Plätze in der Nähe des Wassers zum Aufenthaltsorte, da eine feuchte Atmosphäre bei der hervortretenden Hautrespiration Allen Bedürfniss scheint. Viele leben einsam und den Tag über in ihren Verstecken verborgen, andere dagegen besonders zur Paarungszeit in grosser Zahl neben einander, gehen aber auch vorzugs- weise in der Dämmerung auf Nahrungs-Erwerb aus. Die Nahrung besteht fast durchweg aus Insekten und Würmern, im Larvenleben jedoch vorwiegend aus pflanzlichen Stoffen. Indessen ist das Nahrungsbedürfniss bei der geringen Energie der Lebensvorgänge, bei der Trägheit in den Bewegungen und psychischen Leistungen ein verhältnissmässig geringes; Viele können Monate lang ohne Nahrung ausdauern und so auch, wie z. B. die Batrachier, im Schlamme vergraben überwintern, üeberhaupt ist die Lebenszähigkeit der Amphibien so bedeutend, dass sie Verstüm- melungen wichtiger Organe lange Zeit aushalten und verloren gegangene Körpertheile auf dem Wege der Reproduction durch Neugebilde zu er- setzen vermögen. Hinsichtlich der geographischen Verbreitung reichen manche Gruppen bis in den hohen Norden, andere dagegen (Coecilien) beschränken sich auf die heissen Gegenden, in denen überhaupt die bei weitem grösste Zahl der nackten Amphibien ihre Heimath hat. Fossile Reste dieser Gattung treten, abgesehen von der ausgestor- benen der Trias angehörigen Familie der Labyrinthodonten (Mastodon- saurus) erst im Tertiärgebirge auf. L Ordnung: Apoda') (GymnopMona), Blindwühler, Kleinbeschuppte Lurche von wurmförmiger Gestalt, ohne Glied- massen, mit biconcaven Wirbeln. Der langgestreckte fuss- und schwanzlose Körper unserer Thiere stimmt so auff'allend mit manchen Schlangen überein, dass man die Einordnung der Blindwühler unter die Schlangen, wie sie bei den älteren 1) Vergleiche ausser den Schriften von Schneider, Duinöril, Tiedemann, Bathke, Blainville etc. J. Müller, Beitrage zur Anatomie und Katurgeschichte der Amphibien, Treviraiuis Zeitschrift für Physiologie. Tom. IV. 1832. Skelet. Organisation. 893 Zoologen herrschend war, begi'ciflich findet. Auch die Beschaffenheit der äussern Haut erinnert durch die Beschuppung an die Reptilien, wenngleich die Schüppchen klein bleiben und durch ihre Anordnung quere Ringel bilden, auch sonst die weiche Beschaffenheit des Integu- nicntes mit den Batrachiern übereinstimmt. Entschieden aber verweist die innere Organisation und die frühzeitige Kiemenathmung die ßlind- wühler zu den Amphibien, unter denen sie sogar in mehrfacher Hinsicht am tiefsten stehen. So insbesondere rücksichtlich des Skeletes, welches durch die biconcave Form der Wirbelkörper und wohl erhaltene Chorda ausgezeichnet ist. Der knöcherne Schädel mit seinem doppelten Gelenk- höcker zeigt eine ie.ste Verbindung mit den Gesichtsknochen , von denen Kiefer und Gaumenbein kleine nach hinten gekrümmte Zähne tragen. Das Zungenbein deutet durch seine Grösse und die fast vollständige Zahl (4) der erhaltenen Bogenpaare auf die Kiemenathmung des Larven- alters hin. Kleine rudimentäre Rippen finden sich in der ganzen Länge der Wirbelsäule mit Ausnahme des ersten und letzten Wirbels. Schulter und Beckengerüst nebst E.\tremitäten fehlen vollständig. An der untern Seite des kegelförmigen Kopfes liegt die kleine Mundspalte, vorn an der Schnauze die beiden Nasenlöcher, in deren Nähe sich bei mehreren Gattungen jederseits eine blinde Grube bemerkbar macht. Diese soge- nannten falschen Nasenlöcher führen in Kanäle ähnlich den Kopfgruben der Schlangen, welche von Leydig') als Sinnesorgane betrachtet werden. Die Augen bleiben bei der unterirdischen Lebensweise der Blindwühler stets klein und schimmern nur als kleine Fleckchen durch die Haut hindurch. Immerhin besitzen sie wie Leydig gezeigt alle wesentlichen Theile des Vertebratenauges. Auch eine grosse Har- dersche Drüse ist vorhanden. Von der Innern Organisation mag die asymmetrische Gestaltung der Lungen hervorgehoben werden. W^ie bei den Schlangen erreicht die Lunge der rechten Seite eine weit bedeutendere Grösse als die mehr oder minder verkümmerte linke Lunge. Die Coecilien gehören durchaus den Tropenländern Südamerikas und Ostindiens an, halten sich nach Art der Regenwürmer in Erdlöchern auf und nähren sich besonders von Insektenlarven. Ihre Entwicklungsgeschichte ist noch wenig bekannt, doch weiss man durch Job. Müller, dass sie in der Jugend jederseits eine Kiemenspalte besitzen, welche zu den Innern Kiemenfransen und Spalten der Kiemenbogen führt. (Nach Gervais soll übrigens Caecilia compressicauda Junge ohne Spur von Kiemen und Kiemenlöchei n gebären). 1) Oppel, Ueber die Classiffkation der Amphibien. München. Ibll. F. Leydig, Ueber die Schleichenlurche (Coeciliae . Ein Beitrag zur aiialo- mischen Kenntniss der Amphibien. Zeitsch. für wiss. Zool. Tum. XVIII. 894 2. Ordnung: Caudata, Schwanzlurche. 1. Farn, Coecilüdae. Mit den Charakteren der Ordnung. Coecilia Wagl. Grube unterhalb jeder Nasenößnung. Schnauze vorragend. Kiefer- und Gaumenzühne kurz und conisch. C. lumbricoidea Daud. (graeilis Shaw.) C. rostrata Cuv,, Südamerika u. a. A. SiphonopsWogL Grube an der Lippe zwischen Nasenlöcher und Auge. Schnauze kurz. Körper breit, geringelt. S. mexicana Dum. Bibr. S. annulata Wagl,, Brasilien. Epicrium Hass. (Ichthyophis Filz.). Grube vor jedem Auge. Körper schmal geringelt. E. glutinosum L., Java. Bhinatrema Dum. Bibr. (Schnauze ohne Grube). Bh. hivittata Dum. Bibr. Als besondere Ordnung der Amphibien hat man die ausgestorbenen, der Trias- permischen und Steinkohlenformation angehörigen Wickelzähner oder Labyrinthodonten zu betrachten, welche in merkwürdiger Weise Merkmale der Ganoiden mit solchen der Schwanzlurche vereinigten. Sie besassen ein äusseres von 3 breiten knöchernen Brustplatten nnd kleinen Schildern des Bauches gebildetes Hautskelet, amphicöle Wirbel und in den Crocodil-ähnlichen Kiefern eigenthümliche gefaltete Zahne , denen sie den Namen Wickelzähner verdanken. Auch sind für den Jugendzustand (Archegosaurus) Kiemenbogen nachgewiesen worden. Viele erreichten eine sehr bedeutende Grösse, in der sie die Crocodile übertrafen. Wahrscheinlich sind die im bunten Sandstein in England und Deutschland (Hildburghausen) entdeckten Fussspuren riesiger, Chirotheriimi genannter Thiere, die von einigen auf Schildkröten, von andern anf Beutelthiere (Pedimanen) bezogen wurden, auf Labyrinthodonten zurückzuführen. Owen hat wiederum die ältesten Formen mit gepanzertem Schädel als Ganocephala gesondert. Archegosaurus Goldf, A. Dechenii Goldf. Pholidogaster Huxl. , Anihrocosaurus Huxl., Dendrerpeton Owen, Mastodonsaurus Jacq. , Capitosaurus Münst., Tremato- saurus Braun u. a. G. 2. Ordnung: Caudata = Urodela'), Schwanzlurche. Nackthäutige Lurche von langgestrecJcter Körperform, meist mit vier kurzen Extremitäten und persistirendem Schwänze, mit oder ohne äussere Kiemen. Der cylindrische oder bereits molchförmige, stets nackthäutige Leib endet mit einem langen, meist seitlich compressen Ruderschwanz und besitzt in der Regel zwei Paare kurzer, weit aus einander gerückter Extremitäten, welche bei der verhältnissraässig schwerfälligen Fort- bewegung auf dem Lande als Nachschieber wirken, dagegen beim Schwimmen als Ruder um so bessere Dienste leisten. Nur ausnahms- weise (Siren) fehlen die Hinterbeine vollkommen, während sich die vor- 1) Vergl. besonders Cuvier in Humboldt'« Recueil d'observations de Zoologie I. und in M^m. du Museum etc. XIV. Laurenti, Synopsis Replilium emendata etc. Wien. 1768. Daudin, Histoire natur. gen. et partic. des Reptiles. Paris. 1802-1804. Tschudi, Classifikation der Balrachier, Mem. Soc. scienc. nat. Neuchatel. Tom. II. 1839. Aug. Dum^ril, Observations sur les reproduction dans la menagerie des Reptiles du Museum d'hist. nat. des Axolots etc. sur leur developpement et sur leurs m^tamorphoses. Nouv. Arch. du Mus. d'hist. nat. de Paris. IL 1860. Körperbau und Entwicklung. 895 dem Extremitäten auf unbedeutende Stummel reduciren. Schon die Körpcrgestaltung und Extremitätenbildung weist darauf hin, dass die Urodelen vorzugsweise im Wasser leben. Diesem Aufenthalte entsprechend besitzen einige (Perennibranchiaten) neben den symmetrisch entwickelten Lungen drei Paare von äussern Kiemen, welche in Form von verzweigten Büscheln an den Seiten des Halses hervorstehen. Andere {JDerotremen) werfen zwar im Laufe ihrer Entwicklung die Kiemen ab, behalten aber zeitlebens eine äussere Kiemenspalte an jeder Seite des Halses, viele aber (Salamandrinen) verlieren auch diese letztere vollständig und zeigen sich überhaupt hinsichtlich der gesamraten Organisation als die höchsten Glieder der Ordnung. Bei den erstem sind die Wirbelkörper noch nach Art der Fischwirbel biconcav und umschliessen wohl erhaltene Chorda- reste, dagegen besitzen die ausgebildeten Salamandrinen Wirbel mit vorderem Gelenkkopf und hinterer Gelenkpfanne. Ueberall erheben sich an den Wirbeln des Rumpfes Querfortsätze, mit denen schwache Rippen- rudimente in Verbindung stehen, ebenso finden sich an der Schwanz- region der Wirbelsäule absteigende Bogenschenkel , welche einen Kanal zur Aufnahme der Caudalgefässe herstellen. Der flache Schädel ist keineswegs stets vollkommen ossificirt, indem namentlich bei den Perenni- branchiaten häutige und knorplige Theile des Primordialcraniums per- sistiren. Die verhältnissmässig kleinen, zuweilen rudimentären Augen liegen unter der durchsichtigen Haut und entbehren mit Ausnahme der Salamandrinen gesonderter Lider. Ueberall fehlen am Gehörorgan Trommelfell und Paukenhöhle. Die Nasenöffnungen liegen an der Spitze der vorspringenden Schnauze und führen in wenig entwickelte Nasen- höhlen, welche das Gaumengewölbe weit vorn meist unmittelbar hinter den Kiefern durchbrechen. Die Bewaffnung der Rachenhöhle wird von kleinen spitzen Hakenzähnen gebildet, welche sich im Unterkiefer in ein- facher, im Oberkiefer und oft auch an dem Gaumenbeine dagegen in doppelten Bogenreihen erheben. Die Zunge sitzt mit ihrer ganzen untern Fläche im Boden der Rachenhöhle fest und bleibt nur am Rande zwischen den bogenförmigen Aesten des Unterkiefers frei. Die Fort- pflanzung geschieht meist durch Ablage von Eiern, seltener (Salamandra) durch Gebären lebendiger Junge. Aber auch im erstem Falle findet wohl in der Regel eine wahre Begattung und innere Befruchtung statt, indem sich nach längerem Begattungsspiele die aufgewulsteten Kloaken- spalten aneinanderlegen, tritt das Sperma des Männchens in die Kloake des Weibchens über und erhält sich hier in schlauchförmigen Drüsen, welche die Function von Samenbehältern übernehmen, längere Zeit be- fruchtungsfähig. Die Entwicklung beruht auf einer mehr oder minder ausgebildeten Metamorphose, die bei den höchsten Gliedern der Gruppe am vollkommensten ist, und hinsichtUch der Athmung, Skelct- und Extremitätenbildung Zustände durchläuft, welche sich bei niedern Formen 896 1. Unterordnung: Ichthyodea, Fischlurche. persistent erhalten. Die Salamandrinen verlassen das Ei als kleine Larven von schlankem, fischähnlichem Habitus und bewimperter Haut, mit äusseren Kiemenbüscheln und wohl entwickeltem Ruderschwanz, aber ohne Vorder- und Hintergliedmassen. Während des weiteren Wachs- thums brechen zuerst die beiden Vorderbeine als kleine Stummel mit rudimentären kaum gesonderten Zehen aus der Haut hervor, später kommen auch die Hintergliedmassen hinzu, deren Theile sich wie die der vordem erst allmählig schärfer differenziren und sondern. Dann werden die äussern Kiemen abgeworfen, und es schliessen sich die Kiemen- spalten; bei den Landsalamandern, welche diese Metamorphose entweder theilweise (S. maculata) oder vollständig (S. atra) im Uterus durch- laufen, nimmt schliesslich noch der compresse Ruderschwanz die Form eines drehrunden Schwanzes an, wie er der Fortbewegung der aus- gebildeten Thiere auf feuchtem Erdboden entspricht. Diesen auf ein- ander folgenden Entwicklungsphasen der Landsalamander entspricht das Verhältniss von Siren, der übrigen Perennibranchiaten, Derotremen und Tritonen zu den Salamandern. Merkwürdig und noch keineswegs voll- ständig aufgeklärt erscheint das Verhalten des bisher meist zu den Fischlurchen gestellten Axolotls, der jedoch schon von Cuvier, Baird u. a. für die Larve eines Salamandrinen erklärt wurde. Nach den neuer- dings im Pariser Pflanzengarten von Dumeril angestellten Beobach- tungen verlieren die aus den Eiern des Axolotls gezogenen Exemplare die Kiemenbüschel und bilden sich zu einer mit der Salamandrinen- Gattung Amblystoma übereinstimmenden Form aus, während die ur- sprünglich aus Mexico eingeführten Exemplare als Geschlochtsthiere die Perennibranchiatenform bewahren, üebrigens sind auch gelegentlich Triton-arten (de Filippi, Jullien) mit vollkommen entwickelten Kiemenbüscheln geschlechtsreif befunden worden. Die Schwanzlurche halten sich meist im Wasser, zuweilen im schlammigen Grunde auf und leben als gefrässige Raubthiere von Würmern, Schnecken und kleinern Wasserthieren, die grössern auch von Laich und Fischen. Die Salamander oder Erdmolche, aber auch manche Tritonarten, leben im ausgebildeten Zustand an feuchten schattigen Plätzen und suchen sich in der Dämmerung auf dem Erdboden ihre Nahrung. I.Unterordnung: Ichthyodea«), Kiemenlurche. Mit drei Paaren von äussern Kiemen oder ohne dieselben, mit persistirendem Kiemenloche, ohne oder mit kreisförmigen Augenlid falten, mit biconcaven Fischwirbeln und wohl erhaltener Chorda. Die Kiemenlurche vertreten unter den Schwanzlurchen sowohl hinsichtlich der Respiration als der Skeletbildung und gesammten 1) Configliiichi und ßusconi, Del Proteo anguine di Lauienti. Paris. 1819. 1. Perennibranchiata. Sirenidae. Proteidae. Menobranchidae. 897 Organisation die tiefste Stufe und erweisen sich gewissennassen als per- sistente Entwicklungszustände der Sdlamandrinen. Das Skelet cliaractc- risirt sich durch die biconcave Form der Wirbelkörper und durch die wohl erhaltenen Chordareste. Die Augen sind klein und von der durchsichtigen Körperhaut überzogen. Die Gaunienzähne stehen den Bürstenzähnen der Fische ähnlich in Haufen angeordnet (Siren) oder bilden am Vorder- rande der Gaumenbeine einen gekrümmten Bogen. Auch die Extremi- täten bleiben schwach und verkümmert, sie enden mit drei oder vier Vorderzehen und zwei bis fünf gegliederten Hinterzehen, indessen können die Zehen stummeiförmig bleiben und einer deutlichen Gliederung entbehren. Bei einigen {Derotremen) gehen die äussern Kiemen während der freien Entwicklung verloren, jedoch erhält sich dann mit Aus- nahme des Riesensalamanders {CryptobrancJius) , der in dieser Hinsicht den Uebergang zu den Salamandrinen bildet, eine äussere Kiemenspalte an jeder Seite des Halses zwischen den beiden letzten Bogen des Zungen- beins. Die Thiere erlangen eine ansehnliche Grösse und leben im Schlamme seichter Gewässer von Würmern und Fischen, selten wie der 01m in unterirdischen Höhlen. Unter den tertiären Resten dieser Gruppe ist besonders der riesige, als Homo diluvii testis berühmt gewordene Ändrias Scheuchten bemerkenswurth. 1. Gruppe. Feremiibranchiata. Mit persistirenden Kiemen, meist ohne Oberkieferknochen. 1. Fam. Sirenidae, Armmolche. Mit aalförmig gestrecktem Korper und stummcl- formigen, 3- oder 4zehigen Vorderbeinen, ohne Hinlergliedmassen. Jederseits erhalten sich 3 Kiemenspallen. Gaumenbeine mit Haufen von Zahnen. Siren L. S. lacertina L., der eidechsenartige Armmolch, in stehenden üe- wässern Südcarolinas, von 3 Fuss Liinge 2. Fam. Proteidae, Ohne. Von langgestreckter cylindrischer Kürperi'orm , mit kurzen Szehigen Vorderbeinen und weit nach hinten gerückten 2zehigen Hinterbeinen. Nur zwei Kiemenspalten jederseits. Proteus Laur. {Hypoclithon Merr.). Schnauze lang, vorn abgestutzt. Augen sehr klein, «iaumenzähne in 2 langen Reihen. Pr. anguinns Laur., Ulm, fleisch- farbig, in unterirdischen Gewässern Illyriens und Dalmatiens. 3. Fam. Menobranchidae. Körper langgestreckt, mit ziemlich breitem Kopf und 4zehigen Extremitäten. Es erhalten sich jederseits 4 Kiemenspalten. Menobranchus Bari. = Necturus Raf, Kopt breit und flach, mit grosser Mundspalte und dicken fleischigen Lippen, Extremitäten mit 4 Zehenstummeln. Gaumen mit langer Bogenreihe von Zähnen. M. lateralis Say., Mississippi. Hierher würde auch die Gattung Siredon Wagl., Axolotl, zu stellen sein, wenn sie eine selbstständige Form repräsentirte. S. pisciformis Shaw, und maculatus Baird. Aus den haufenweise im Wasser abgesetzten Eiern schlüpfen Larven von 14—16 Mm. Länge, noch ohne Extremitäten, mit 3 Paar Kiemenfäden, Diese verlieren mit der Harlan, Annals of the Lyceum of Key York, Tom. I. Hyrtl, Cryptobrancbus japonicus. Wien. 1865. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 57 698 2. Derotrema. 2. Unterordnung: Salamandrina, Molche. weitern Entwicklung nach den neuerdings mehrfach bestätigten Beobachtungen Dunieril'» Ki^menbüschel, Rücken- und Schwanzkamm und gehen in die Ämblystomaiorm (zweite Geschlechtsgeneralion) über. 2. Gruppe. Derotrema. Ohne Kiemenbüschel, meist mit einem Kiemenloche an jeder Seite des Halses, mit Oberkieferknochen. 1. Farn. Amphiumidae , Aalmolche. Von aalförmig gestreckter (Jeslalt, mit kurzen weit auseinander gerückten Extremitäten und 3 stummelförmigen Vorder- und Ilinterzchen. Amphiuma L. A. tridactyla Cuv. {A. means L., mit nur 2 Zehen), Florida. 2. Farn, Menopomidae. Von molchförmigen Habitus, mit 4 Vorderzehen und 5 Hinterzehen. Menopoma Harl. Kiemenlöcher vorhanden. 31. alleghaniense Harl., in den Gewässern Pensylvaiiiens und Virginiens, gegen 2 Fuss lang. Cryptohranchus V. d. Hoev. {Sieholdia Bonap.). Ohne Kiemenloch. Cr. japo- tncus V. d. Hoev., mehr als 3 Fuss lang, Japan. 2. Unterordnung. Salamandrina'), Molche. Ohne Kiemen und Kiemenloch, mit klappen förmigen Augenlidern und convex-concaven Wirbeln. Der mehr oder minder eidechsenartig geformte Körper entbehrt im ausgebildeten Zustande äusserer Kiemen oder Kiemenspalten und besitzt stets vordere und hintere Extremitäten, von denen die erstem meist mit 4, die hintern meist mit 5 Zehen enden. Ueberall finden sich wohl ent- wickelte Augenlider und vordere Gelenkköpfe der Wirbelkörper. Die Gaumenzähne bilden zwei mitunter in der Mittellinie vereinigte Streifen am Hinterrande der Ossa palatina. Die Kiemen reduciren sich nach durchlaufener Metamorphose auf den vordersten und das ventrale Stück des zweiten Bogens. Die feuchte schlüpfrige Haut erhält durch den Reichthum an Drüsen, welche einen scharfen und ätzenden miichweissen Saft secerniren, eine mehr oder minder unebene warzige Beschaffenheit. Zuweilen häufen sich diese Drüsen wie bei den Kröten besonders in der Ohrgegend in dichter Menge an. Interessant ist die Fähigkeit des Farbenwechsels (bewegliche Chromatophoren). Die beiden Geschlechter 1) Latreille, Histoire naturelle des Salamandres de France. Paris. 1800. Kusconi, Amours des Salamandres aquatiques. Milan. 1821. Derselbe, Histoire naturelle, devcloppement et m6tamorphose de la Salamandre terrestre. Paris. 1854. V. Siebold, Observationes quaedam de Salamandris et Tritonibus. Berolini. 1828. Derselbe, Ueber das receptaculum seminis der weiblichen Urodelen. Zeilsch. für wiss. Zool. 1858* Fr. Leydig, Ueber die Molche der Würtenbergischen Fauna. Archiv für Katurg. 1867. AI. Strauch, Revision der Salamandergattungen. Mem. Acad. Scienc. St. Petersburg. 1870. Molgidae. Plethodontidae. Amblystomidae. 899 zeigen zur Zeit der Fortpflanzung im Frühjahr oder Frühsommer er- hebliche Abweichungen und haben überall eine wirkliche Begattung, welche zur Befruchtung der Eier im Innern des weiblichen Körpers führt. Die beweglichem häufig mit einem Riickenkamme ausgestatteten Männchen umfassen mit ihrer wulstigen Kloakenspalte, deren Lippen an der innern Seite mit vielen Papillen und Drüsenreihen besetzt sind, die Kloaken- spalte des Weibchens und ergiessen in dieselbe ihre Samenflüssigkeit, welche nach von Siebold 's Entdeckung in schlauchförmige Receptacula in der Nähe der Uterusmündungen eindringt. Die Wassersalamander legen befruchtete Eier an Pflanzen, die Frdsalamander dagegen setzen in's Wasser lebendige Junge ab, welche ihre Metamorphose im Uterus des weiblichen Körpers mehr oder minder vollständig durchlaufen haben. Während der gefleckte Erdsalamander 30 bis 40 4beinige Larven von 12 bis 15 mm. Länge mit äussern Kiemenbüscheln zur Welt bringt, setzt der schwarze Erdsalamander der höhern Alpeuregion nur zwei voll- kommen ausgebildete Junge ab ; im letztern Falle gelangt von den zahl- reichen Eiern, welche in die beiden Fruchtbehälter eintreten, jederseits nur das unterste zur Entwicklung des Embryo's, der sich dann auf Kosten der übrigen zu einer gemeinschaftlichen Masse zusammenfliessenden Eier ernährt und dann sämmtliche Entwicklungsstadien zu durchlaufen im Stande ist. Dagegen folgen hier mehrere, mindestens zwei Trachten im Verlauf desselben Jahres auf einander. Das Vorkommen ist auf die nördlich des Aequators gelegenen Länder beschränkt. Lauren ti's ältere Eintheilung in Erdmolche und Wassermolche ist durch die systematischen Arbeiten von Tschudi, Bon aparte, Fitzinger, Baird, Gray u. a. verdrängt worden. t. Fam. Molgidae. Gaumenbeine am Hinterrande in einen gemeinschaftlichen dreieckigen Fortsatz ausgezogen , an weichem die beiden langen Reihen der Gaumen- zähne Vförmig convergiiend zusammenlaufen. Molge Merr, = Ellipsoglossa Dum. Bibr. Hinterfüsse Szehig. Von schlanker Form mit Parotiden. Schwanz dick, am Ende stumpf abgerundet. Zunge sehr gross, mit ihrer ganzen Unterseite festgewachsen. M. naevia Schleg., Japan. Isodactylium Str. Hinterfüsse 4zehig. 2. Fam. Plethodontidae. Hinterrand der Gaumenbeine schräg abgestutzt. Gaumenzahnreihen minder lang, nach hinten mehr oder minder deutlich unter stumpfem Winkel convergirend, Plethodon Tsch. Gaumenzähne in 2 kurzen schrägen Reihen, deren hintere Enden nicht zusammenstossen. Sphenoidalziihne in 2 länglichen Gruppen, weit nach hinten gerückt Zunge sehr gross, mit dem schmalen Mittelstreifen der Unterseite an den Boden der Mundhöhle festgewachsen. Verticale Hautfaiten am Rumpfe. P. glti- tinosus Green. Von Massachusetts bis Florida. Bei Desmagnathus Baird. ist die hintere Hälfte der Zunge frei und kann nach aussen geklappt werden. Hemidactylium Tsch., Spelerpes Raf., Heredia Gir. u. a. G. 3. Fam. Amblystomidae. Die Gaumenzahne bilden zwei gekrümmte Querreihen und stossen in der Mitte des Gaumens zusammen. Sphenoidalzähue fehlen. 57* 000 Salamandridae. 3. Ordnung: Batrachia, Frösche. Atnblystoma Tsch, {Ambystoma). Querreihen der Gaumenzähne gerade oder leicht bogenförmig gekrümmt, Zunge gross, mit ihrer ganzen Unterseite festgewachsen. Kiunpf durch vertikale llautfalten wie geringelt. Schwanz dick, an der Basis fast drehrund, im weitem Verlaufe oft stark coniprimirt. A. mexicanum Cope {Siredon 'pisciformis) u. z. a. A. Bei Onychodactyluslsch. bilden die Gaumenzähne eine zweimal gebogene Querreihe. 4. Farn. Salamandridae. Die Gaumenzahne stehen am liuienrandc zweier nach hinten gerichteter divergirendcr Fortsätze des Gaumenbeins und bilden zwei nach hinten divergirende Längsreihen. Triton Laur. , Wassersalamander. Von schlanker Körperform, mit seitlicb- comprimirlem Buderschwanz, Ohue Drüsenwulst in der Ohrgegend. In der Sohle 2 kleine Ballen. Zähne mit zweizinkiger Krone. Die Gaumenzahne bilden 2 vorn ge- näherte, hinten stark divergirende Längsreihen. Halten sich im Frühjahr während der Fortpflanzungszeil im Wasser auf, leben später aber auch an feuchten Stellen, wo sie sich freilich nur unbehülflich fortbewegen. Nach voraus gegangener Begattung legen sie Eier an Wasserpflanzen ab. Die Metamorphose währt eine Reihe von Monaten. Larven, welche im Spätherbst noch Kiemen tragen, behalten dieselben auch während des Winters. Erst im dritten Jahre soll die Geschlechtsreife eintreten. Tr. cristatus Laur., grosser Wassermolch, 5—6 Zoll lang. In Europa weit verbreitet. Tr. alpestris Laur. {igneus Bechst.), Bergsalamander. Bauch orangeroth ungefleckt. In bergigen Gegenden Deutschlands. Tr. taeniatus Sehn., kleiner Wassersalamander. Ueberall in Europa verbreitet. Tr. helveticus Raz. (Tr. palmatus Dug.), WeslL Europa. Tr. vittatus Gray., England u. a. A. Salamandra Laur. Körperform plump, mit drehrundem Schwanz. Gaumen- zahnreihen Sfürmig gekrümmt. Zunge gross, vorn fast halbkreisförmig, hinten in flachem Bogen gerundet, mit ihrer Unterseite in den Boden der Mundhohle befestigt, l'arotiden stark entwickelt. Jederseils am Rumpfe eine Reihe von Drüsenöfl'nungen. Die Arten leben vorzugsweise auf dem Lande an feuchten schattigen Plätzen. Bei der Begattung umfasst das Männchen das Weibchen gleich den Fischen vom Rücken aus mit den Vorderlüssen um die Brust, während dieses seine Vorderfüsse über jene des Männchens von hinten nach vorn schlägt. Die Weibchen gebären lebendige Junge. S. maculosa Laur., der gefleckte Erdsalamander, fast über ganz Europa bis Nordafrika verbreitet, S. atra Laur., der schwarze Erdsalamander, im Hochgebirge Süddeutschlands, Frankreichs und der Schweiz. Bei Pleurodeles Mich, verlaufen die Gaumenzahnreihen gerade, ebenso bei Bradybates Tsch,, deren Zunge rudimentär bleibt. PI. ventricosus Tsch., Spanien. Salamandrina F'üi. Schwanz drehrund, oben und unten mit scharfer Kante. Auch die Hinterfnsse mit 4 freien Zehen. Parotiden schwach entwickelt. Zunge nur mit dem vordem Theile angewachsen. Gaumenzahnreihen verlaufen vorn fast parallel, hinten stark divergirend. S. perspicillata Sav., Italien und Dalraatien. 3. Ordnung: Batrachia M, Frösche, schwanzlose Lurche. Nackthäutige Lurche von gedrungener Körperform, ohne Schwanz, mit vier wohl entwickelten Extremitäten. Schon die Gestalt und Athmung der ausgebildeten Batrachier weist darauf hin, dass diese Thiere nicht ausschliesslich an das Wasser gefesselt 1) Roesel von Rosenhof, Historia naturalis ranarumnostralium. Nürnberg. 1758. Körperbau. Skelct. 901 sind, sondern theilweise und sogar vorwiegend auf dem Lande leben. Der mehr oder minder flache stets gedrungene Leib entbehrt eines Schwanzes und wird von vier ziemlich langen, 4 bis Szehigen Extremi- täten getragen, von denen die hintern durch die Grösse und kräftige Ausbildung ihrer Schenkel meist zum Sprunge befähigen. Der breite ebenfalls flache Kopf sitzt dem Rumpfe unmittelbar ohne gesonderten Halsabschnitt auf und zeigt eine weite Rachenspalte und grosse weit vorragende aber zuriickziehbare Augen mit meist goldglänzender Iris und wohl entwickelten Lidern, von denen das grössere untere durch- sichtige als Nickhaut vollständig über den Bulbus emporgezogen werden kann. Die Nasenlöcher liegen weit vorn an der Schnauzenspitze und sind durch häutige Klappen meist vollkommen verschliessbar. Am Gehörorgan kommt meist eine Paukenhöhle zur Ausbildung, welche mittelst einer kurzen weiten Eustachischen Tube mit der Rachen- höhle communicirt und an der äussern Fläche von einem umfang- reichen, bald frei liegenden bald unter der Haut verborgenem Trommel- fell bedeckt wird. Nur wenige Batrachier sind zahnlos iPipa, JBufo), in der Regel finden sich kleine Hakenzähne wenigstens am Gaumen, bei den Eröschen und Pelobatiden auch im Oberkiefer. Die Zunge wird nur in einer kleinen Gruppe exotischer Formen vermisst, gewöhnlich ist dieselbe zwischen den Aesten des Unterkiefers in der Art befestigt, dass ihr hinterer Abschnitt vollkommen frei bleibt und als Fangapparat aus dem weiten Rachen hervorgeklappt werden kann. Auftallende Eigcnthümlichkeiten zeigt das Skelet, welches eben- falls auf das Landleben unserer Thicre hinweist. Mit der kleinen Schädel- kapsel sind die Knochen des Kiefergaumenapparates, die einen unver- hältnissmässig breiten und ausgedehnten Bogen herstellen, ebenso wie das Quadratbein unbeweglich verbunden. Die "Wirbelsäule, deren primitive Anlage ähnlich und in gleicher Ausdehnung wie bei den Urodelen auf- tritt, erfährt eine ungewöhnliche Reduction der Wirbelzahl, die im Wesentlichen die gedrungene Totalgestalt des Leibes bedingt. Zehn Daudin, Histoire naturelle ie» Rainettes, des Grenouilles et des Crapauds. Paris. 1802. Rusconi, D6veIoppement do la grenouille commune. Milan. 1826. Martin St Ange, Recherches anat. et physiol. sur les organes transiloires et la m6tamorphose des Balraciens. Ann. des sc. nat. Tom. 24. 1831. Remak, Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbellhiere. Berlin. 1855. A. Günther, Calalogue of the Batrachia salientia in the collection of the Brit Museum. London. 1858. C. Bruch, Beitröge zur Naturgeschichte und Classifikation der nackten Amphi- bien. Würzburger nalurw. Zeitschrift. 1862. Derselbe, Neue Beobachtungen zur Naturgeschichte der einheimischen Batrachier. Ebendas. 1863. 902 Haut. Stimme. und in Folge eingetretener Verschmelzung neun oder acht durch Gelenk- köpfe und Pfannen verbundene Wirbel setzen den gesammten Rumpf zusammen und zwar der Art, dass der vorderste Wirbel ohne Querfort- sätze als Atlas die Halsgegend bezeichnet und der sehr gestreckte hinterste meist biconcave Wirbel als Kreuzbein das Becken trägt. Rippen fehlen in der Regel, dagegen erlangen die Querfortsätze der Rumpfwirbel eine bedeutende Länge. Schultergerüst und Beckengürtel sind überall vorhanden, ersteres sowohl durch die Grösse der flachen Scapula als durch die feste Verbindung mit dem Brustbein, letzteres durch die stil- förmige Verlängerung der Hüftbeine ausgezeichnet. Das Zungenbein erfährt in seiner definitiven Form bereits eine wesentliche Vereinfachung seiner Theile, indem sich die bei den Salamandrinen noch in mehrfacher Zahl erhaltenen Kiemenbogen jederseits auf ein einziges hinteres Hörn des von grossen Vorderhörnern getragenen Zungenbeinkörpers reduciren. Die äussere Körperhaut bleibt stets nackt und entbehrt meist der Ein- lagerungen fester Epidermoidalstücke, dagegen ist sie in Folge der reichen Entwicklung von Hautdrüsen glatt und schlüpfrig, oft uneben und warzig, namentlich da (Kröten), wo scharfe ätzende Secrete zur Absonderung kommen. Hier häufen sich die besondern Drüsen mit milchigem, scharfem Secrete an manchen Stellen besonders in der Ohrgegend in grosser Menge an und bilden ähnlich wie bei den Landsalamandern mächtig vortretende Drüsenwülste (Parotiden). Auch kommen Drüsenanhäufungen an den Unterschenkeln {Bufo calamita) und an den Seiten des Leibes vor. Ueberall ist die Haut sehr reich an Nerven und Gefässen und daher nicht nur sehr reizbar, sondern auch für den Gasaustausch zwischen Blut und äusserem Medium neben den geräumigen Lungen- säcken (Perspiration) von hervorragender Bedeutung. Diese letztern besitzen an ihrer Wandung mehr oder minder ausgebildete maschige Vorsprünge als Träger der respiratorischen Gefässe, jedoch gestattet der Mechanismus der Athmung, welche beim Mangel eines Brustkorbes durch Bewegungen des Zungenbeins bewerkstelligt wird und als ein Einpressen und Schlucken von Luft bezeichnet werden kann, eine nur langsame und verhältnissmässig unvollkommene Erneuerung der ein- geschlossenen Luftmenge. Auch fehlt eine Luftröhre, und sitzen die Lungensäcke meist unmittelbar, seltener vermittelst langer Bronchien dem Ende des weiten als Stimmorgan verwendeten Kehlkopfes auf. VornelMnlich sind die Männchen sowohl durch die Bildung dieses Organs als durch hinzutretende Resonanzapparate (blasenförmig anschwellende Schallsäcke der Kehle) zur Production einer lauten Stimme befähigt, welche bei den einzelnen Arten wesentliche und zur Erkennung hinleitende Unterschiede bietet. Die Fortpflanzung fällt vornehmlich in die Zeit des Frühjahrs. Die Begattung bleibt auf eine äussere Vereinigung beider Geschlechter Fortpflanzung, 903 beschränkt und geschieht fast durchgehends im Wasser. Das Männchen zuweilen ausgezeichnet durch den Besitz einer grössern Daumenwarze (Bana) oder Drüse am Oberarm (Cultripes, Pelobates) und einer un- paaren oder paarigen Schallblase, häufig auch an der Grösse und Färbung kenntlich, umfasst das Weibchen vom Rücken aus, meist hinter den Vorderbeinen, seltener wie bei den Krötenfröschen in der Weichengegend und ergiesst die Samenflüssigkeit über den in Schnüren oder klumpen- weise austretenden Laich. Die Befruchtung der Eier erfolgt daher ausserhalb des mütterlichen Körpers und fast ausnahmslos im Wasser. Auffallenderweise zeigen die Weibchen der Kröten eine lebhaftere Fär- bung, die freilich im Laufe des Jahres mehr und mehr verblasst. Eine Art Brutpflege kommt nur bei Alytes und Fipa, sowie bei Notodelphys und mehreren südamerikanischen Arten {Wyman) vor, deren Weibchen auf dem hintern Theile des Rückens eine Tasche zum Ausbrüten der Eier besitzt. In allen andern Fällen entwickelt sich der befruchtete Laich ohne den Schutz des elterlichen Körpers frei im Wasser und so auffallend rasch, dass die Jungen schon nach wenigen Tagen allerdings auf einer sehr tiefen Stufe ihrer körperlichen Ausbildung die Eihüllen verlassen. Mag der Laich in Schnüren oder in unregelmässigen Klumpen abgesetzt werden, stets sind die einzelnen Eidotter von einer zähen im Wasser aufquellenden Gallertschicht umgeben, welche vorzugsweise die Function einer schützenden Hülle zu haben scheint. Der Dotter zeigt an seiner grössern stets nach oben gewendeten Hälfte eine entschieden dunklere Färbung, welche sich auf die Ablagerung eines schwarzbraunen Pigmentes in der peripherischen Substanz zurückführen lässt. An dieser dunklen Hälfte beginnt der Klüftungsprocess, die zur Bildung der Furchungskugeln führenden Einschnürungen schreiten hier rascher als am hellen Pole vor, an welchem die Furchungskugeln grösser und minder zahlreich bleiben. Mit dem Ablauf der Furchung findet sich innerhalb der gebildeten Zellenmasse eine Höhle, welche der obern Hälfte näher hegt als der specifisch schwereren unteren. An der erstem entsteht der Keim mit Primitivstreifen und Rückenwülsten, der rasch und noch vor Schluss der Rückenwülste zur MeduUarröhre den Dotter umwächst, so dass ein scharfer Gegensatz zwischen Embryonaltheil und Dotter nicht zur Ausprägung kommt. Nach Entwicklung der Kiemenbögen, noch bevor die Mundöffnung zum Durchbruch gelangt ist, verlassen die kurz geschwänzten Embryonen als Kaulquappen je nach den einzelnen Arten verschieden ausgebildet ihre Eihüllen und legen sich mittelst zweier Sauggruben, die ähnlich auch an der Kehle der Tritonenlarven freilich als gestilte Haftorgane zur Beobachtung kommen, an die galler- tigen Reste des Laiches fest. Am frühzeitigsten schlüpfen die Larven mancher Kröten aus, noch bevor sich an den durch Spalten gesonderten Kiemenwülsten Spuren von äusseren Kiemenanhängen zeigen. Die meisten 904 Metamorphose. Batrachier verlassen jedoch die Eihüllen bereits mit mehr oder minder entwickelten Anlagen von drei äussern Kiemenpaaren, welche sich rasch zu geweihartig verästelten Anhängen vergrössern. Nur die neugeborenen grossen Alyteslarven haben bereits das Stadium der äussern Kiemen- athmung im Ei zurückgelegt. Mit Ausnahme dieser letztern sind die jungen Kaulquappen anfangs noch unfähig, Nahrung aufzunehmen, da erst während des freien Lebens eine Mundöffnung zum Durchbruch kommt. Inzwischen hat sich der Leib gestreckt und namentlich der Schwanz ansehnlich und flossenartig verlängert; die anfangs kaum be- merklichen Augenpunkte treten deutlicher unter der Haut des Kopftheils hervor, die Bewegung der Larve wird geschickter und sicherer, und es beginnt bereits die selbstständige Nahrungsaufnahme. Auch verschwinden nun bald die äussern Kiemenanhänge, während die Körperhaut nach Art eines Kiemendeckels die Kiemenspalten tiberwächst, und es bleibt nur eine Kiemenöfinung zurück, durch welche das Wasser aus den beiderseitigen Kiemenräumen abfliesst. Während dieser Vorgänge hat sich jedoch ein System von Innern Kiemen entwickelt, indem an der Scitenwand der Spalten aller vier Kiemenbogen kammartige Kiemen- blüttchen in doppelten Reihen zur Ausbildung gelangten, so dass nun die ursprüngliche äussere Kiemenathmung durch eine innere verdrängt wird. Auch haben sich die Lippen der Mundöffnung mit hornigen Rändern bekleidet, welche einem Hornschnabel vergleichbar zum Benagen von Pflanzenstoffen, aber auch animalischen Substanzen dienen. Manche Larven füllen jedoch ihren Darm wie die Regenwürmer undApuslarven mit Schlammerde. Der Darmkanal hat sich in der geräumigen Leibes- wandung und unter vielfachen schneckenähnlichen Windungen bedeutend verlängert, es sind ferner die beiden Lungen in Form von länglichen Säckchen aus dem Schlünde hervorgewachsen und neben den Kiemen als Athmungsorgane thätig, man sieht bereits die Larven von Zeit zu Zeit an die Oberfläche des Wassers emporsteigen um Luft zu schnappen. Im Laufe der fortschreitenden Entwicklung brechen nun an dem quappen- artigen Leibe dicht an der Grenze des stark entwickelten Ruderschwanzes zuerst die hintern Extremitäten als kleine rudimentäre Anhänge hervor, der Kiemenapparat tritt mehr und mehr gegen die Lungen zurück, und es folgt eine Häutung, mit der nicht nur der Verlust der Innern Kiemen- blättchen und deren Athmung, sondern auch das Hervorbrechen der bereits längst unter der Haut verborgenen Vordergliedmassen verbunden ist. Nun fällt auch der Hornschnabel ab, die Augen treten frei und in ansehnlicher Grösse hervor, das ausschliesslich Luft-athmende Thier ist zur Aufnahme einer thierischen Nahrung umgestaltet und zu einem vier- beinigen geschwänzten Frosch geworden, der nur noch den Ruderschwanz abzuwerfen hat, um die definitive Gestalt und Lebensweise zu erhalten. Auch diese Stufe wird endlich erreicht, der allmählig von der Spitze Lebensweise. 905 aus verschrumpfendc Schwanz reducirt sich bald auf einen kleinen Stummel, der junge Batrachier verlässt das Wasser und hüpft von nun an mehr oder minder vorherrschend als Landthier auf dem Boden umher. Die Zeit, in welcher die Metamorphose zum Ablauf kommt, variirt nicht nur nach dem Klima und den besondern Verhältnissen der Witterung, sondern auch nach den verschiedenen Arten ausserordentlich. Im All- gemeinen correspondirt die relative Grösse der Larven mit der Zeitdauer der Metamorphose, je langsamer die Entwicklung vorschreitet, um so vollständiger ist die Ausbildung einzelner Organe, und so bedeutender die Grösse der Larven im Verhältniss zu den ausgewachsenen Thieren. Die Kröten entwickeln sich verhältnissmässig rascher als die Frösche und haben die kleinsten Larven, welche die Eihüllen am frühsten ver- lassen. Unter den einheimischen Batrachiern besitzt entschieden Pelo- hates die grössten Larven, braucht aber auch zur Metamorphose fast die doppelte Zeit von Rana esculenta und die vierfache von JBufo cala- niita, welche sich neben Alytes am schnellsten verwandelt, üebrigens haben die Batrachier in südlichen Klimaten meist noch eine zweite Brutzeit im Jahre und auch in unsern Gegenden scheint es ausnahmsweise doppelte Brüten zu geben, wie dies namentlich für Alytes ausser Zweifel steht. Die Batrachier sind theils, wie die meisten Kröten, viele Kröten- frösche und Laubfrösche, echte Landthiere, die besonders dunkle und feuchte Schlupfwinkel lieben, theils in gleichem Masse auf das Wasser und Land angewiesen. Ln erstem Falle sind die fünf Zehen der Hinter- füsse ohne oder nur mit unvollständiger Verbindungshaut, jedenfalls nur ausnahmsweise (Pelobaten) mit einer ganzen Schwimmhaut versehen, im letztern dagegen zeigen die Hinterfüsse in der Regel ganze Schwimm- häute. Erstere suchen das Wasser meist nur zur Laichzeit auf, kriechen, laufen und hüpfen auf dem Lande oder graben sich Gänge und Höhlungen in der Erde (Pelohates, Alytes) oder sind durch Saugscheiben an den Enden der Zehen befähigt, auf Gesträuche und Bäume zu klettern {Ben- drohates, Hyla). Die Batrachier ernähren sich von Insekten, Würmern und Wasser- thieren und gehen besonders in der Dämmerung auf Nahrungserwerb aus. In den kältern und gemässigten Gegenden verfallen sie in einen Winterschlaf entweder tief in der Erde vergraben, seltener an sonst geschützten Schlupfwinkeln z. B. in Kellern oder wie die Frösche im schlammigen Grunde des Wassers versteckt. Ihre geographische Ver- breitung ist sehr ausgedehnt, vornehmlich sind die wärmern Klimate reich an grossen und mannichfach gefärbten Arten. Versteinerte Ueberreste von ausgewachsenen Batrachiern und von Kaulquappen sind bekannt aus dem Jüngern Tertiär von Oeningen und der Braunkohle des Niederrheins {Palaeophrynos Gessneri, Falaeoba- trachiis gigas, Rana Meriani u. a.). 906 1. Aglossa. Oxydactylia. 1. Gruppe. Aglossa, zungenlose Batrachier. Die ZuDge fehlt. Kopf flach. Die Eustachischen Eöhren meist mit gemeinsamer Oeffnung. Trommelfell nicht frei liegend. Die Augen nach vorn in die Nähe des Mundwinkels gerückt. Hinterfüsse mit ganzen Schwimmhäuten. Leben in heissen Gegenden besonders der neuen Welt. l.Fam. Pipidae. Körper krötenühnlich, flach, mit zahnlosen Kielern und Gaumen. Pipa Laur., Wabenkröte. Mit kurzem und breitem, dreieckig zugespitztem Kopf, dünnen Vorderbeinen und plumpen langen Hinterbeinen. Die Zehen der Vorder- beine enden mit 4 Spitzchen. F. americana Seba = dorsigera Sehn., in Süd- amerika. Körper schwarzbraun, fast fusslang, bekannt durch die eigenthümliche Brut- pflege. Das Männchen streicht bei der Begattung den Laich auf die Rückenfläcbe des Weibchens, welche durch Wucherung der Haut zellige Räume in der Umgebung der Eier bildet und ein wabenartiges Ansehen gewinnt. In diesen zelligen ßruträume» durchlaufen die Jungen ihre gesammte Entwicklung und werden nach überstandener Metamorphose bereits in Krötengestalt frei. 2. Farn. Dactylethridae. Körper von mehr froschähnlichem Habitus, mit Zähnen. Dactylethra Cuv. {Dactylethridae) ■= Xenopus Wagl., Krallenfrosch. Di« 3 Innenzehen der langen hintern Extremitäten tragen Nägel. D. laevis Daud. =z capensis Cuv., Afrika. 3. Farn. Myohatrachidae. Die Eustachischen Röhren münden getrennt in den Schlund ein. Myobatrachus Schleg. Zwei grosse Zähne im Zwischenkiefer. M. para- doxus Schleg. 2. Gruppe. Oxydactyla. Batrachier mit spitzen Fingern und Zehen. 1. Fam. Banidae, Wasserfrösche. Mit leicht gebautem, verhältnissmässig schlankem Leib und sehr langen zum Sprunge befähigten Hinterbeinen, deren Zehen meist durch ganze Schwimmhäute verbunden sind. Ira Oberkiefer und Gaumen, seltener auch im Unterkiefer finden sich kleine Hakenzähne. Die glatte Körperhaut entbehrt der warzigen Vorsprünge und der Ohrdrüsenwülste. Die Zunge ist vorn angewachsen, an ihrer hinteren Fläche frei und zum Hervorklappen eingerichtet. Paukenfell Irei und unbedeckt. Pupille rund oder quer, niemals aufrecht. Das Männchen umfasst das Weibchen bei der Begattung von der Rückenseite unter den Achseln und stemmt die KUckenfläche der Vorderfinger und die sog. Daumendrüse in die Seite des Weibchens. Der Laich tritt nicht in Schnüren, sondern klumpenweise aus. Mana L. Ohne oppunirbare Finger. Ein oder zwei stumpfe Höcker am Meta- tarsus. Zunge hinten tief eingeschnitten. Vomerzähne vorhanden, B. esculenta L., der grüne Wasserfrosch, grün mit dunklen Flecken nnd gelben Längsbinden des Rückens. Das Männchen mit zwei Schallblasen. Kommt im April oder Mai aus seinen Verslecken und laicht erst Ende Mai oder Anfang Juni, hält sich dann am Ufer stehender Gewässer auf. Auch in Afrika und Asien verbreitet. B. temporaria L., der braune Grasfrosch, braun, mit dunklen Flecken in der Schläfengegend, erscheint sehr früh and begattet sich schon im März, bleibt aber nur zur Laichzeit im Wasser und sucht später Wiesen und Felder auf. Steenslrup hat diesen weit über Europa verbreiteten Frosch in zwei Arten geschieden {B. oxyrhina, platyrhina). B. miigiens Daud., Ochsenfrosch, Nordamerika. 0 xy glossus 1sc\i. Ohne Vomerzähne. Finger frei. Zehen mit ganzer Schwimm- haut. 0. lima Tsch., Java. Pseudis Wagl. Der erste der 4 freien Finger opponirbar. Zehen mit ganzer Pelobatidae. Bufonidae. 907 Schwimmhaut. Männchen mit Kehlsack. Ps. paradoxa L, Südamerika, ausgezeichnet durch die Grösse der Larven. Ceratophrys Boie. Rand des obern Augenlids in eine hornförmige Spitze aus- gezogen. C. cornuta L., Brasilien u. z. a. A. Ais Familie, besser wohl aber nur als Unterfamilie, sondert man die Cystigna- thinae, bei denen auch die Zehen frei bleiben und die Sacralfortsatze cylindrisch sind. Cystignatlms Wagl. Vomerzahne in zwei mehr oder minder schrägen Reihen oder Gruppen. Keine ParotidendrUse. C. ocellatus L., Brasilien. Fleurodema Tsch., Limnodynastes Fitz. Ebenfalls vom Werlhe einer Unterfamilie dürften die Discoglossinae zu be- trachten sein, Frösche mit Haut-umsäumlen Zehen und verbreiterten Sacralforlsätzen. Pelodytes ßonap. Haut mit Tuberkeln. Finger frei, Daumen nicht opponirbar. Faukenfell distinkt. Vomerzahne vorhanden. Männchen mit einem inncrn kehlstän- digen Stiinmsack. P. punctatus Daud., FVankreich. Bei Qhiroleptes ist der Daumen opponirbar. Discoglossus Ott. Paukenfell verdeckt. Vomerzahne in einer schmalen Reihe. Zunge fast kreisrund, hinten frei. Männchen ohne Stimmsack. D. picttts Ott., Küsten des Mittelmeers. Megalophrys Kühl. (Ceratophrys). Oberes Augenlid in ein Hörn verlängert. Körper sehr flach. Paukenfell verdeckt. M. montana Kühl., Philippinen. 2. Fam. Pelobatidae, Erdl'rosche, Krötenfrüscho. Mit mehr oder minder war- ziger rauher und drUsenreichcr Korperbedeckung und plumper krötenartiger Form, aber mit bezahnten Überkiefern. Paukenhöhle und Paukeufell fehlen meist. Die meisten besitzen eine verticale Pupille und setzen die Eier wie die Kröten in Schnüren ab. Bei der Begattung umfasst das Männchen den Leib des Weibchens über den Hinter- schenkeln. Sie sind meist wie die Kröten Landthiere, graben sich Erdhöhlungen und Gänge und suchen oft nur zur F'ortpflanzungszeit das Wasser auf. Alytes Wagl. Paukenfell deutlich, daneben eine kleine Parotis. Zehen leicht umsäumt. Stimmsack fehlt. A. obstetricans Laur. , Fesselfrosch, Geburtshelferkröte. Ein kleines krötenähnliches Landthier mit kurzen Gliedmassen, grossen Ohrdrüsen und Seitendrüsen. Die Rückenfläche grau mit dunkeln Flecken. Zunge vollständig an- gewachsen. Die Hinterfüsse mit halber Schwimmhaut, ohne schneidende Hornschwiele. Grabt sich Gänge und laicht auf dem Trocknen. Das Männchen schlingt sich die grossen trau!)ig verbundenen Eier um die hintern Beine, vergräbt sich und IrSgt erst später die dem Ausschlüpfen nahe Brut ins Wai^ser, hat eine laute Stimme. Die grossen Larven schlüpfen ohne äussere Kiemen aus. Scaphiopus Holbr. Sc. solitarius Holbr., Nordamerika. Pelobates Wagl. (Cultripes). Die Zunge mit freiem, kaum ausgeschnittenem Hinterrande. Weder Paukenhöhle noch Trommelfell. Oberarm mit eigenthümlicher Drüse und Hinterschenkel mit scharfem Schwielenrand. Die Flüsse mit ganzer Schwimm- haut. P. fuscus Laur., Krötenfrosch, von graubrauner Färbung und knoblauchartigem Geruch, hüpft froschähnlich und gräbt sehr geschickt mittelst der Hinterbeine. Das Männchen schreit wok. Die Verwandlung währt auffallend lange, und die Larven er- halten eine sehr bedeutende Grösse. P. cultripes Cuv. , Frankreich. Bombinator Merr. Hinterfüsse mit ganzen Schimmhäuten. Ohne Trommel- fell und Paukenhöhle. Zunge vollkommen angewachsen. B. igneus Rös., Unke, Feuerkröte. Haut warzig und schmutzig olivengrün, auf der Bauchseite feuerroth mit blauen Flecken. Der laute glockenhelle Ton klingt wie Unk. Grosse Larven. Älso- des Beil., Telmatobius Wiegm. 3. Fam. Bufonidae, Kröten. Von plumpem Körperbau, mit warziger drüsen- reicher Haut und zahnlosen Kiefern. Die Zunge ist stets vorhanden und mit ihrem 908 3. Discodactyla. Hylidae. vordem Rande an dem ünterkieferbogen feslgewachsen. Die 5zehigen Hinterfüsse sind nur wenig länger als die vordem, daher enlbehren die Thiere der leichten Üpriing- bewegung der FrOsche, laufen aber oft recht hurtig. Alle besitzen eine querspallige Pupille. Hinter dem oft verdeckten Trommelfell findet sich meist ein grosser Drüsen- wulst, welcher wie die Haut ein widriges Secret absondert. Die Kröten sind Land- bewohner, halten sich am Tage in Verslecken an dunkeln und feuchten Orten verborgen und gehen des Nachts auf Nahrungserwerb aus. Das Männchen umfasst das Weibchen während der Begattung unter den Achseln. Die meisten suchen nur zur Laichzeit das Wasser auf, um ihre Eierschnure abzusetzen. Die Larven verlassen die Eihüllen sehr früh, noch bevor die äussern Kiemen erscheinen. Graben sich zum üeberwintern ein. BufoL. Mit grossen Ohrdrüsen, warziger Kürperhaut und kaum halben Schwimm- häuten zwischen den Hinterzehen. Das Trommelfell mehr oder minder deutlich, eine innere Schallblase meist vorhanden. B. vulgaris Laur., die gemeine Kröte, mit feuer- farbiger Iris und grau- bis rothbrauner Färbung der Haut. Die sehr langen Ohrdrüsen reichen bis über die Schulter. Das Männchen ohne Schallblase, schreit wi-wi. B. viridis Laur. (variabilis), die grüne Kröte, mit grünen Flecken aul dunkelgrauem Grnndton, der allmählig verblasst. Die Hinlerbeine verhältnissmässig lang, daher die Bewegung auf dem Lande froscharlig. Das Männchen mit kleiner unvollkommen ge- theilter Schallblase an der Kehle, schreit niä-mä, schwimmt vortrefflich. B. calamita Laur., Kreuzkröte, mit sehr plumpem Körper, hellgelbem Längsstreifen auf der Mitte des Rückens und Drüsen am Unterschenkel, läuft schwerfällig und schwimmt schlecht, gräbt aber gut und hält sich am Tage in Erdlöchern und Verstecken auf. Nachts besucht sie besonders mit Rohr und Binsen bewachsene Bäche, daher die Bezeichnung Rohrkröte. Das Männchen besitzt eine Schallblase und schreit bei einbrechender Däm- merung gluck-gluck, sowie sehr laut und froschahnlich ra-ra. Die Larven sind die kleinsten unter allen Batrachiern und durchlaufen die Metamorphose in 6 bis 7 Wochen. B, agua Latr., Amerika. Otilophus Cuv., Kalophrymis Tsch. Bei den Mhinophryniden ist die Zunge vorn frei und hinten angewachsen, l'aukenfell und Paukenhöhle fehlen, ebenso die Paroliden. Bh. dorsalis Dum. Bihr., Mexico. Als Kröten ohne Parotiden, aber mit verbreiterten Sacralfortsätzen sind die Mhinodermatinen anzuführen. Rhinoderma Dum. Bibr. , Atelopus Dum. Bibr., Upe- rodon Dum. Bibr. Die Zehen entbehren der Schwimmhaut bei den ebenfalls Parotiden- losen Engystomatinen. Engystoma Fitz., Breviceps Merr. 3. Gruppe. Discodactyla. Batrachier mit breiten Zehen, deren Spitzen in Haftscheiben auslaufen. 1. Farn. Hylidae, Laubfrösche. Mit Maxillarzähnen und ohne Parotiden. 1. Subf. Hylinae. Zehen mit Schwimmhäuten. Sacralfortsätze verbreitert. Eyla Dum. Bibr. Kopf mit weicher Haut bedeckt. Mit Vomerzähnen und Haftscheiben. Das Männchen mit grosser Schallblase. H. arborea L., Laubfrosch, Kosmopolit. H. maxima Laur., Brasilien. H. versicolor Lee, Californien. Pseu- daeris Fit/.., Litoria Tsch. Notodelphys Weinl. Weibchen mit BruMasche am hinlern Theil des RUckens. Voraerzähne vorhanden. N. ovifera Weinl., Mexico. Nototrema Gnth. Trachyce- phalus Dum Bibr. 2. Subf. Polypedatinae. Zehen mit Schwimmhäuten. Sacralfortsätze cj lindrisch. Acris Dum. Bibr. Haftscheiben klein. Paukenfell undeutlich. Zunge breit herzförmig. Männchen mit innerer Schallhlase. Ac. gryllus Lee, Kordamerika. Ixalus Dum. Bibr., Polypedates Dum. Bibr. u. a. A. 3. Subf. Hylodinae. Zehen frei. Sacralfortsätze cylindrisch. Hylodes Fitr. Mit Vomerzähnen. H. lineatus Sehn., St. Domingo. III. Classe. Reptilia, Reptilien. 909 Phyllobates Bibr. Vomerzahne fehlen. Zunge hinten frei. Ph. bicolor Bibr , Cuba. Crossodactylus Dum. Bibr. 2. Farn. Phyllomedusidae. Mit Maxillarzäbnen , Parotidei! und verbreiterten Sacralfortsiitzen. PhyUomedusa Wagl. Zehen frei. Vomerzühne vorhanden. Paukenfell ziemlich undeutlich. Männchen mit einerSchallblase an der Kehle. P/j.&iCO?o?"Bodd., Südamerika. Pelodryas Gnth. Zehen mit Schwimmhäuten. Vomerzahne vorhanden. Pauken- fell deutlich. P. coerulea White, Australien, 3. Farn. Dendrohatidae. Ohne .Maxillarzähne und Parotiden. Dendrobates Wagl. (Hylaplesia). Habitus froschförmiff. Zehen frei, am Ende verbreitert. Sacrallortsätze cylindrisrh. Männchen mit innerer .Schallblase. D. ti)Ktorius Sehn., Cayenne Bei Brachymerus Smith sind die Sacralfortsätze verbreitert. Hylodactylus Tsch {Plectropus Dum. Bibr.). Zehen mit Sehwimmhaut. Sacrallortsätze verbreitert. H. pictus Eud. Soul., Philippinen. m. Classe. Reptilia')? Reptilieu. Beschuppte oder hepan^erte Kaltblüter mit ausschliesslicher Luncfen- athmung und doppelten, aber unvollkommen gesonderten Herzliammern, mit einfachem Hinterhauptsgelenlc, mit Amnion und Allantois der Embryonen. Die Körperform dieser ausserordentlich vielgestaltigen, vornehmlich zur Zeit der Secundärformation verbreiteten Wn-beltiiierclasse wechselt weit mannichfaltiger als die der Amphibien, wiederholt jedoch im All- gemeinen die für die Gruppen der Blindwühler, Schwanzlurche und Frösche beschriebenen Typen. Auch bei den Reptilien hat die Wirbelsäule meist noch vorwiegende Bedeutung für die Locomotion und eine mehr gleichmässige zu Schlängelungen des Rumpfes befähigende Gliederung. Der Leib erscheint daher meist sehr langgestreckt und mehr oder weniger cyündrisch, ist entweder ganz fusslos wie bei den Schlangen, oder mit zwei oder vier Extremitäten versehen, welche zwar eine sehr verschiedene Grösse und Ausbildung erreichen können, aber in der Regel nur als Stützen und Nachschieber des mit der Bauchtlache auf dem Boden dahingleitenden Körpers wirken. Bei einer solchen Art der Fortbewegung erscheint ein Halsabschnitt kaum ausgeprägt und wenn in grösserer Ausdehnung entwickelt, doch stets verhältnissmässig starr, dagegen der Schwanz um so umfangreicher und beweglicher. In- dessen werden nicht selten sowohl Rumpf als Extremitäten zu besondern 1) Vergleiche ausser den für die Amphibien citirten Werken insbesondere J.G, Schneider, Historiae Amphibiorum naturalis et litterariae. Jenae. 1799— 1801. H. Schlegel, Abbildungen neuer und unvollständig bekannter Amphibien. Düsseldorf. 1837-1844. A. Günther, The Reptiles of British India. London. 1864. Die paläontologischen Schriften vonGoldfuss, Owen, H. v. Meyer, Huxley u.a. 910 Haut. Skelet. Bewegungsformen befähigt. Es gibt zahlreiche kletternde und grabende Reptilien, unter den Schlangen sowohl als unter den Echsen, auch petre- ficirte Reste von Flugechsen, welche wohl die ältesten fliegenden Wirbel- thiere gewesen sein mögen. Daneben aber vermögen die Reptilien sich auch im Wasser aufzuhalten und nach den besondern Einrichtungen geschickt zu schwimmen und zu tauchen {Hydrosaurier). Nur in einer Reptiliengruppe, bei den Schildkröten, erscheint der Körper breit und gedrungen und die Wirbelsäule mit Ausnahme des sehr entwickelten Halses und kürzeren Schwanzes vollkommen starr. In diesem Falle kommen die Extremitäten als Locomotionsorgane ausschliesslich in Betracht. Die Körperhaut besitzt im Gegensatze zu der vorherrschend nackten und weichen Haut der Amphibien eine derbe, feste Beschaffenheit, so- wohl in Folge discreter Erhärtungen und Ossificationen der Cutis, als einer Verhornung der Epidermis. Zahlreiche Reptilien besitzen eine Hautbedeckung von Schuppen und Schildern, es sind Erhebungen und Duplicaturen der Cutis, welche die verhornte Epidermis bekleidet. Auch können die Erhebungen der Unterbaut ossificiren und dach/iegelförmig übereinandergreifende Knochenschilder bilden (Scincoideen), oder es lagern sich in der Cutis grössere Platten und Tafeln von Knochensubstanz ab, die zur Entstehung eines harten mehr oder minder zusammenhängenden Hautpanzers Veranlassung geben können {Crocodile, Schildkröten). Sehr allgemein finden sich in der Lederhaut sowie in den tiefern Schichten der Epidermis Ablagerungen von Pigmenten, welche die eigenthümliche oft mannichfaltige und intensive Färbung der Haut bedingen, seltener einen wahren Farbenwechsel (grüne Baumschlangen, Chamaeleon) ver- anlassen. Auch kommen Hautdrüsen, wenn auch in geringerer Ver- breitung als bei den Amphibien, vor. Insbesondere besitzen zahlreiche Eidechsen Drüsenreihen an der Innenseite des Oberschenkels und in der Nähe des Afters, die sich mit deutlichen Poren zuweilen auf warzigen Erhebungen öffnen (Schenkelporen, Analporen). Während man die phy- siologische Bedeutung dieser Drüsen nicht ausreichend kennt, benutzt man ihre Anwesenheit und Anordnung zur Characterisirung der Gattungen und Arten. Auch bei den Crocodilen liegen grössere Drüsengruppen unter dem Hautpanzer sowohl zu den Seiten des Afters als an den Seiten der ünterkieferäste. Das Skelet der Reptilien zeigt niemals die embryonalen Formen einer knorpligen Schädelblase und der persistirenden Chorda, wie wir sie noch bei manchen Amphibien antreffen, weicht aber in seiner besondern Gestaltung nach den einzelnen Gruppen ausserordentlich ab. Während fossile Hydrosaurier (Ichthyosauren) biconcave fischähnliche Wirbel be- sitzen, sind die Wirbelkörper in der Regel mit einer vordem Gelenk- pfanne und einem hintern Gelenkkopf ausgestattet. Doch kommen auch Wirbelsäule. Schädel. 911 am Schwänze mancher Eidechsen biconcave und am Halse der Schild- kröten convexconcave, biconvexe und biconcave Wirbelkörper vor. Die obern Bogen sind bei allen Schlangen und Echsen mit dem VVirbelkörper fest verwachsen, bei den Ichtliyosauren, Crocodilen und Schildkröten dagegen weniger fest meist unter Zurücklassung einer Naht angelegt, überall stehen sie unter einander in Gelenkverbindung, indem in der Regel Gelenktortsätze der vordem Bogen auf die hintern übergreifen. Untere Bogen sind bei den Schlangen, Eidechsen und Crocodilen eine Auszeich- nung der Schwanzregion, an welcher sie wie bei den Urodelen je zwei benachbarten Wirbelkörpern angehören. Auch können an den Rumpf- wirbeln einfache Dornfortsätze (Schlangen) vorkommen. Wo Querfort- sätze auftreten, nehmen dieselben stets ihren Ursprung an dem obern Bogensysteme. Rippenbildungen sind allgemein und oft über die ganze Länge des Rumpfes verbreitet. Bei den Schlangen und schlangenähnlichen Echsen, welchen ein Brustbein fehlt, sind falsche Rippen an allen Wirbeln des Rumpfes mit Ausnahme des Halswirbels (Atlas) eingelenkt und zum Ersatz der fehlenden Ertremitäten zu überaus freien Bewegungen befähigt. Auch bei den Eidechsen und Crocodilen kommen kurze Halsrippen vor, während sich die Rippen der Brust an ein langgestrecktes Sternum an- legen, an welches sich bei den Crocodilen ein sog. Sternum ahdominule über den Bauch bis in die Beckengegend anschliesst und einer Anzahl von Bauchrippen (ohne Dorsal theil) zur Befestigung dient. Die beiden Kreuz- beinwirbel besitzen sehr umfangreiche Querfortsätze, an welchen die Rippen durch untere Aeste vertreten sind, die in geringerer Grösse auch am Schwanz entwickelt sind. Bei den Schildkröten fehlen die Rippen an dem langen sehr beweglichen Halsabschnitt durchaus, dagegen finden sich an der vereinigten Brust- und Lendengegend acht Paare von Platten, die mit den Seitenplatten des Rückenschildes mehr oder weniger ver- wachsen und als Rippen zu deuten sind, welche freilich im Körper des Embryo's wie Querfortsätze mit den Bogenschenkeln der Wirbel con- tinuirlich zusammenhängen. Die beiden Kreuzwirbel, welche ebenso wie die nachfolgenden zahlreichen und sehr beweglichen Schwanzwirbel von der Verwachsung mit dem Rückenschilde ausgeschlossen sind, besitzen ebenfalls Querfortsätze, welche den rippenartigen Platten der voraus- gegangenen Leibesregion entsprechen. Der Schädel articulirt stets mittelst eines unpaaren oft aber drei- höckrigen Condylus des Hinterhauptsbeins auf dem Atlas und zeigt eine vollständige Verknöcherung fast aller seiner Theile, indem das Primordial- cranium beinahe vollständig verdrängt wird. Am Hinterhaupte treten sämmtliche vier Elemente als Knochen auf, obwohl sowohl das Basilare (Schildkröten) als dasSuperius (Crocodile, Schlangen) von der Begrenzung des foramen magnum ausgeschlossen sein kann. An der Ohrkapsel tritt zur fenestra ovalis mit der Columella noch die fenestra rotunda hinzu. An der 912 Oberkiefergaumenapparat. Begrenzung der erstem betheiligt sich das meist mit dem Occipitale laterale verschmelzende Opisthoticum (bei den Schildkröten gesondert). Dagegen liegt bei allen Reptilien ein gesondertes Prooticum vorn am Rande mit der Oeffnung für den dritten Ast des Trigeminus vor den Seitentheilen des Hinterhaupts. Das Epioticum ist mit dem Occipitale superiiis ver- schmolzen. Sehr verschieden verhält sich die vordere Ausdehnung der Schädelkapsel und damit im Zusammenhang die Ausbildung des sphenoidalen Abschnitts. Niemals aber tritt ein Parasphenoideum auf, während überall eine Sphenoidale basale vorhanden ist. Dagegen fehlen in der Regel Alisphenoids und Orbitosphenoids und sind durch Fortsätze des Stirn-Scheitelbeins (Schlangen) oder Scheitelbeins (Schildkröten) ersetzt. Im letztern Falle und bei den Eidechsen ist das Interorbitalseptum sehr umfangreich, kann aber auch Ossifikationen enthalten. Die Schädeldeckknochen sind immer sehr umfangreich, bald paarig, bald unpaar. Häufig nimmt das Stirnbein weit mehr an der Ueberdeckung der Schädelhöhle Theil und liegt nur dem Septum inter- orbitale auf. Der hintern Seitenwand des Frontale schliessen sich in der Schlätengegend Tostfrontalia an. In der Ethmoidalregion bleibt die mittlere Partie theilweise knorplig und wird oberseits von paarigen Nasalia, an der Basis von dem bei Schlangen und Eidechsen paarigen Vomer bedeckt. Stets sind von dem Mittelabschnitt die Ethmoidalia lateralia (Praefrontalia) getrennt. An der Aussenseite der letztern treten den Vorderrand der Orbita begrenzend bei Eidechsen und Cro- codilen Thränenbeine (Lacrymalia) auf. Die Bildung des Kieferstils lässt sich aus den bei den Amphibien bestehenden Verhältnissen ableiten, doch ist das am obern Abschnitt auftretende Squamosum mehr direkt dem Schädel aufgelagert und das Quadratum stets als starker Knochen ausgebildet. Die Verbindung des- selben und des weit vorgestreckten Kiefergaumenapparates mit dem Schädel ist bei den Schildkröten und Crocodilen eine feste, bei den Schlangen und Echsen mehr oder minder frei beweglich. Im erstem Falle sind nicht nur die grossen Flügel- und Gaumenbeine mit dem Keilbein verwachsen, sondern auch der Zusammenhang des Quadratbeins mit dem Oberkieferbogen ein sehr fester. Bei den Crocodilen entwickelt sich auch eine Querbrücke {Os transver.^um) zwischen Flügelbein und Oberkiefer, sowie ein oberer Schläfenbogen, durch welchen jederseits die Schläfenschuppe mit dem hintern Stirnbein verbunden wird. Bei den Eidechsen, deren Oberkiefergaumenapparat und Quadratbein am Schädel mittelst Gelenkeinrichtungen verschiebbar sind, reducirt sich der Joch- bogen bis zum völligen Schwunde, dagegen tritt nicht nur das bereits für die Crocodile erwähnte Os transversum, sondern meist auch ein stilförmiger Pfeiler zwischen dem Flügelbein und Scheitelbein als Colw mella hinzu. Am vollständigsten aber wird die Verschiebbarkeit der Visceralskelet. Extremitäten. 913 Gesichtsknochen bei den Schlangen, welche des Jochbogens vollständig entbehren, dagegen ein ansehnliches Os transversum besitzen. Auch gestatten hier die beiden Aeste des Unterkiefers, der sich wie bei allen Reptilien und niedern Wirbelthieren aus zahlreichen Stücken zusammen- setzt, durch ein dehnbares Band am Kinnwirbel verbunden, eine be- deutende Ausdehnung nach den Seiten. Das Visceralskelet, das niemals mehr als Tragapparat von Kiemen in Verwendung kommt, dient nur in seinem vordem Abschnitt zur Stütze der Zunge und erstreckt sich weit unter Kehlkopf und Luftröhre hin. Es gestaltet sich zum Zungenbein, dessen Körper von den Copulae gebildet wird, und an welchem sich die ventralen Bogenstücke als Hörner erhalten. Am vordem Bogen sondert sich stets das dorsale Gliedstück und tritt als Columella zum Gehörapparat, der ventrale Abschnitt desselben kann knorplig bleiben, gegliedert sein und sich an den Schädel anlegen, aber auch sehr verkümmern, ja ganz verschwinden {Crocodilcti). Am meisten reducirt sich das Zungenbein der Schlangen, an welchem nur ein Bogen zurückbleibt, dessen lange grätenartige Schenkel vor der Trachea zusammentreten. Die Saurier besitzen ein sehr schmales Zungen- bein mit 2 Paar Hörnern, von denen die hintern ossificiren. Sehr breit dagegen wird der Zungenbeinkörper der Crocodile und Schildkröten. Jene besitzen nur hintere Hörner, während sich am Zungenbeinkörper der Schildkröten 3 Paare und zwar theilweise gegliederter Hörner finden. Extremitäten und deren Gürtel fehlen den meisten Schlangen voll- ständig, doch finden sich bei den Peropoden und Tortriciden in der Aftergegend Spuren von Hinterbeinen, welche freilich bis auf das Nagel- tragende Endglied ganz unter der Haut versteckt bleiben. Bei den Eidechsen zeigen die Extremitäten sehr verschiedene Stufen der Aus- bildung; während Schulter und Beckengürtel ausnahmslos, wenn auch zuweilen in sehr rudimentärer Form {Amphishaeniden, Scincoideen etc.) vorhanden sind, können sowohl Vorder- als Hinterbeine vollkommen fehlen, oder nur die einen mit Ausschluss der andern als kleine Stummel auftreten. In den meisten Fällen sind jedoch beide Extremitätenpaare vollständig ausgebildet und mit fünf Zehen versehen. Selten sind die Zehen durch Schwimmhäute verbunden (Crocodile), oder die Extremitäten zu platten Ruderfiossen umgebildet (fossile Hydrosaurier und Seeschild- kröten). Bei den fossilen Pterodactylen endlich haben die vordem Gliedmassen einen sehr stark verlängerten Finger und die Bedeutung von Flugorganen. Das Nervensystem der Reptilien erhebt sich in der Ausbildung seiner Theile entschieden über das der Amphibien. Am Gehirn treten die Hemisphären durch ihre ansehnliche Grösse bedeutend hervor und beginnen bereits das Mittelhirn zu bedecken. Das kleine Gehirn zeigt Claus, Zoologie. 2. Auflage. 58 914 Sinnesorgane.. eine verschiedene von den Schlangen an bis zu den Crocodilen fort- schreitende Entwicklung und erinnert bei den letztern durch den Gegen- satz eines grossem mittleren Abschnittes und kleiner seitlicher Anhänge an das kleine Gehirn der Vögel. Auch bildet das verlängerte Mark eine beträchtliche abwärts gerichtete Krümmung. Gehirnnerven sind in grösserer Zahl als bei den nackten Amphibien gesondert. Kiemals fällt der K facialis in das Bereich des Trigeminus , ebenso besitzen die Nerven der Augenmuskeln einen discreten Ursprung. Auch der Glosso- pharyngeus wird nicht mehr durch einen Ast des Vagus repräsentirt, sondern erscheint als selbstständiger Nerv, der freilich mit dem Vagus mehrfache Verbindungen eingeht; ebenso entspringt der Äccessorius Willisii mit Ausnahme der Schlangen selbstständig. Endhch tritt der Hypoglossus , welcher durch eine einfache oder doppelte Oeffnung des Schädels hindurchgeht, in die Reihe der Hirnnerven. Auch die Sinnesorgane zeigen im Allgemeinen eine höhere Ent- wicklung als die der nackten Amphibien. Die Augen entbehren noch bei den Schlangen, Geckonen und Amphisbaenen gesonderter Lieder, ■werden hier aber an ihrer Vorderfläche von einer durchsichtigen uhr- glasartigen Kapsel geschützt, welche von der Cornea durch einen mit Thränenflüssigkeit gefüllten Raum getrennt ist. In allen anderen Fällen findet sich ein oberes und unteres Augenlid, von denen jenes eine kleine Falte darstellt, dieses aber eine bedeutendere Grösse erreicht und überaus beweglich über den Bulbus emporgezogen werden kann. In der Regel kommt zu diesen Lidern am Innern Augenwinkel eine selbstständige Nickhaut hinzu, welche stets von einer besondern Drüse {Ilarder' sehe Drüse) begleitet ist. Gestalt und Grösse des Bulbus weichen mannich- fach ab, bei den Schildkröten und Echsen wird derselbe ähnlich wie bei den Vögeln von einem in der Sclerotica entwickelten Knochenring gestützt. Die Cornea ist im Ganzen flach, bei den Schlangen und Crocodilen jedoch stark gewölbt. Die Pupille ist in der Regel rund, bei den Crocodilen stets eine verticale Längsspalte. Eigenthümliche Falten der Chorioidea, welche dem Sichelfortsatz des Fischauges entsprechen und auch im Vogelauge den sog. Kamm (Pecten) bilden, treten im Auge der Echsen auf. Das Gehörorgan besitzt überall soweit bekannt eine schlauchförmige noch nicht gewundene Schnecke und dann ein entsprechendes Fenster {Fenestra rotunda). Eine Paukenhöhle mit Eustachischer Tube und Trommelfell fehlt nur den Schlangen und fusslosen Echsen, hier liegt das Operculum, welches das ovale Fenster bedeckt und die sich anschliessende Columella wie bei zahlreichen Amphibien zwischen den Muskeln versteckt. Da wo eine Paukenhöhle auftritt, legt sich die Columella an das bei vielen Echsen freilich noch unter der Haut verborgene Trommelfell an, während eine weite Eustachische Röhre in den Rachen führt. Als erste Anlage Kieferbewaffnung. 915 eines äussern Ohres kann man eine Hautklappe über dem Trommelfell der Crocodile betrachten. Das Geruchsorgan der Reptilien zeigt vorzugsweise bei den Schild- kröten und Crocodilen eine beträchtliche Vergrösserung der Schleimhaut- fläche, deren Falten durch knorplige Muscheln gestützt werden. Die äussern Nasenöffnungen sind nur bei den Wasserschlangen und Croco- dilen durch Klappenvorrichtungen verschUessbar. Die Choanen durch- bohren das Gaumengewölbe meist in senkrechter Richtung vom Grunde der Nasenhöhle aus, erstrecken sich jedoch bei den Crocodilen weit in den hintern Theil des Rachens. Bei den Schlangen und Sauriern kommt noch ein zweites (Nasendrüse, Rathke) zwischen Conchen und Vomer eingebettetes Geruchsorgan vor (Jacoisow'sches Organ, Leydig), dessen Nerv am Ende des Lobus alfactorius entspringt und sich becherförmig^ um eine Knorpelpapille ausbreitet. In welchem Grade der Geschmackssinn ausgebildet ist, lässt sich schwer entscheiden, doch ist derselbe keineswegs stets an die Zunge geknüpft, da diese bei den Schlangen und zahlreichen Echsen zum Tasten dient und in andern Fällen z. B. beim Chamaeleon als Fangorgan ver- wendet wird. Neuerdings wurden von Leydig') bei Schlangen und Sauriern Sinnesbecher in der Mundhöhle entdeckt, bei den erstem längs den Kieferzahn reihen in einer hohen Längsfalte auf papillenartigen her- vorragenden, bei den letztern in Grübchen des Bindegewebes gelegen. Am besten scheint der Geschmack bei den Landschildkröten und Leguanen entwickelt zu sein. Auch Tastkörperchen kommen wie bei den Batrachiern in den Hautpapillen der Nattern vor. Die Bewaffnung des Rachens bietet nach den einzelnen Ordnungen grosse Verschiedenheiten. Mit Ausnahme der Schildkröten, deren Kiefer- ränder durch den Besitz einer schneidenden Hornbekleidung eine Art Schnabel bilden, finden sich in den Kiefern conische oder hakenförmige Fangzähne, welche die Beute festhalten, aber nicht zerkleinern können. Nur ausnahmsweise besitzen die Zähne gezähneltc Kronen sowie Fal- tungen des Schmelzes oder der Zahnsubstanz, durch welche eine Streifung der Oberfläche veranlasst wird. In der Regel beschränken sich dieselben auf die Kiefer und erheben sich stets in einfacher Reihe, bald an dem obern Rande {Acrodonten') , bald an einer äussern stark vortretenden Leiste der flachen Zahnrinne angewachsen {Pleurodonten) , selten wie bei den Crocodilen in besonderen Alveolen eingekeilt. Aber auch an dem Gaumen- und Flügelbein können Hakenzähne auftreten, welche dann häufig wie z. B. bei den giftlosen Schlangen eine innere Bogenreihe am 1) Fr. Leydig, Zur Kennlniss der Sinnesorgane der Schlangen. Arch. für mikr. Anatomie. Bonn. 1872. 58* 916 Lungen und Stimmorgane. Gaumengewölbe bilden. Bei den giftigen Schlangen treten bestimmte Zähne des Oberkiefers in nähere Beziehung zu den Ausführungsgängen von Giftdrüsen, welche von dem Schläfenmuskel bedeckt hinter und unter dem Auge liegen. Diese Zähne sind entweder an ihrer vordem convexen Fläche mit einer tiefen Längsfurche versehen oder von einem wirklichen Kanal durchbrochen und werden an ihrer Wurzel von der häutigen Scheide, in welche sich der Ausführungsgang der Drüse fort- setzt, der Art umfasst, dass das Drüsensecret in der Rinne des Furchen- zahns oder in dem Kanal des durchbohrten Giftzahns weiter fliesst und beim Biss in die Wunde eintritt. Speicheldrüsen finden sich bei den Schlangen und Echsen sowohl in den Lippen als am Unterkiefer, auch kann eine Subungualis auftreten, deren Besitz besonders für die Schild- kröten characteristisch ist. Die Speiseröhre erscheint bei einer be- deutenden Länge, der Ernähruugsart entsprechend, in ausserordentlichem Grade erweiterungsfähig, die Wandung derselben legt sich meist in Längsfalten zusammen, kann aber auch wie bei den Seeschildkröten mit grossen Papillen und Zotten besetzt sein. Der Magen setzt sich oft nur durch seine ansehnlichere Weite von Schlund und Darm ab, von dem er freilich stets durch eine Pylorusklappe geschieden ist, und hält mit Ausnahme der Schildkröten, die ebenso wie die Frösche einen quer- gestellten Magen besitzen, vorzüglich die Längsrichtung des Körpers ein. Dagegen gleicht der Magen der Crocodile sowohl durch die rundUche Form als durch die Stärke der Muskelwandung dem Vogelmagen. Der Dünndarm zeigt im Allgcnieinen nur spärliche Windungen und eine ver- hältnissmässige Kürze im Zusammenhang mit der animalen Ernährungsart, nur bei den von Pflanzenstoffen lebenden Landschildkröten übertrifft der Darm die Körperlänge um das 6- bis Sfache. Der breite Enddarm beginnt in der PiCgel mit einer ringförmigen Klappe, oft auch mit einem Blind- darm und führt in die Kloake, welche mit runder Oeffnung oder wie bei den Schlangen und Echsen als Querspalte (Plagiotremen) unter der Schwanzwurzel mündet. Leber und Bauchspeicheldrüse werden niemals vermisst. Die Reptilien entbehren stets auch im jugendlichen Alter der Kiemen- respiration und athmen ausschliesslich durch Lungen, welche als lang- gestreckte geräumige Säcke mit maschigen Vorsprüngen der Wandung, oder (Schildkröten und Crocodile) mit weiten schwammigen Hohlräumen meist bis in den hintern Theil der Leibeshöhle hineinragen. Bei den Schlangen und schlangenartigen Echsen zeigen beide Lungensäcke eine ungleichartige Ausbildung, indem die Lunge der einen Seite mehr oder minder verkümmert, bei einigen Giftschlangen fast vollkommen ver- schwindet, während die zweite eine um so bedeutendere Grösse erlangt. Auch verliert das hintere Ende derselben sowohl die zelligen Maschen- räume als die respiratorischen Gefässe und stellt sich als Luftreservoir Kreislaufsorgane. 917 dar, welches vornehmlich während des langsamen, die Athmung been- genden Schlingactes von Bedeutung zu sein scheint. Die zuführenden Luftwege sondern sich stets in einen mit spaltenförmiger Stimmritze beginnenden Kehlkopf und in eine lange von knorpligen oder knöchernen Ringen gestützte Luftröhre, welche sich ziemlich allgemein in zwei Bronchien spaltet. Eine häutige oder knorplige Epiglottis findet sich bei zahlreichen Schildkröten, Schlangen und Echsen vor, Stimmeinrichtungen besitzen nur die Geckonen und Chamaeleoniden. Allen Reptilien mit Ausnahme dieser Saurier fehlt daher eine SHmme. Die für die Respiration erforderliche Lufterneuerung wird die Schildkröten ausgenommen wohl überall auch mit Hülfe der Rippen bewerkstelligt. Die Kreislaufsorgane knüpfen zwar unmittelbar an die für die Amphibien beschriebenen Gestaltungsverhältnisse an, führen jedoch in allmählig vorschreitenden Uebergängen zu wesentlich höhern Entwicklungs- stufen bis zur vollkommen ausgeprägten Duplicität des Herzens und ziemlich ausgeführten Scheidung des arteriellen und venösen Blutes. Zunächst wird die Theilung des Herzens dadurch vollständiger, dass sich neben den beiden auch äusserlich abgesetzten Vorhöfen die Kammer in eine rechte und linke Abtheilung sondert. Freilich bleibt die Scheide- wand der Kammer bei den Schlangen, Echsen und Schildkröten durch eine weitere oder engere Oeifnung durchbrochen, dagegen gelangt die- selbe bei den Crocodilen zum vollständigen Schluss und bewirkt die Scheidung in eine rechte und linke Kammer in ganz ähnlicher Weise, wie wir sie bei den Luft-athmenden Warmblütern beobachten. In jenen Fällen ist es die weite und dünnwandige rechte Abtheilung der Kammer, welche sowohl die Lungenarterien als die Aortenstämme entsendet. Bei den Crocodilen dagegen erhalten Lungenarterien und Aortenstänime einen gesonderten Ursprung, indem die letztern zum Theil aus der linken Herzkammer hervorgehen. Die grossen Gefässe bilden nur während des Embryonallebens die vollständige Zahl von Aortenbogen, die sich im Laufe der Entwicklung weit mehr als bei den Amphibien reducirt. Während ursprünglich wie auch bei den Vögeln und Säugethieren fünf Paare von Gefassbogen aus dem Herzen hervorgehen, welche den Schlund umfassend zur Bildung der beiden Aorten wurzeln zusammentreten, er- leiden die meisten dieser Bogen unter dem Verluste ihrer Verbindungs- wege eine Rückbildung, so dass schliesslich jede Aortenwurzel (Saurier) aus zwei Gefassbogen entspringt, in der Regel aber als die Fortsetzung eines einzigen Aortenbogens erscheint. Der am Herzen hervortretende Arterienstamm ist niemals mehr wie bei den Amphibien ein einfacher musculöser Aortenbulbus , sondern zerfällt ii^ einen linken und rechten Stamm mit gesonderten Ostien und in die Lungenarterien, die ebenfalls aus selbstständigem Ostium beginnen. Die Wandungen dieser Stämme sind freilich meist an der Basis mit einander verwachsen. Bei den 918 Herz. Nieren. Schlangen und Echsen setzt sich der linke Arterienstamm ohne Abgabe von Gefässen in die linke Aortenwurzel fort, während der rechte grössere vor seiner Fortsetzung in die rechte Aortenwurzel einen gemeinsamen Stamm für die beiden Carotiden abgibt, an welchen (zahlreiche Echsen) sich ein Verbindungsgang mit der entsprechenden Aortenwurzel als zweiter perennirender Aortenbogen erhalten kann. Bei den Schildkröten ist es ebenfalls der rechte Arterienstamm, welcher die Carotiden und Sub- claviae entsendet, während der linke die Eingeweidearterien abgibt. Da die Aorten Wurzel des letztern sehr eng ist, so erscheint die Aorta vor- zugsweise als Fortsetzung des rechten Arterienbogens. Aehnlich ver- halten sich die Crocodile, bei denen freilich der rechte Arterienstamm gesondert aus der linken Kammer entspringt und von hier arterielles Blut aufnimmt. Aber auch hier wird trotz der vollständigen Trennung des Herzens die Vermischung des venösen und arteriellen Blutes nicht ganz vermieden, da eine Communication (vom Foramen Faniszae am Grunde der beiden dicht anliegenden Arterienstämme abgesehen) zwischen dem linken Aortenbogen und der Aorta besteht. Im Falle einer unvoll- ständigen Trennung beider Kammern erscheint die Vermischung beider Blutsorten theilweise schon im Herzen stattzufinden, obwohl durch be- sondere Klappeneinrichtungen der Eingang in die Lungengefässe von den Ostien der Arterienstämme der Art abgesperrt werden kann, dass das arterielle Blut vornehmlich in diese letztern, das venöse in jenen einströmt (Brücke). In den venösen Kreislauf schiebt sich wie bei den Amphibien neben dem Pfortadersystem der Leber ein zweites für die Niere ein, zu welchem das aus dem Schwanz und den hintern Extremitäten zurück- fliessende Blut theilweise verwendet wird. Indessen tritt der Pfortader- kreislauf der Niere bei den Schildkröten und Crocodilen mehr und mehr zurück, da der grössere Theil des Blutes der V. iliacae zur Leber gelangt. Das System der Lymphgefässe zeigt ausserordentlich zahh-eiche und weite Lymphräume und verhält sich ganz ähnlich wie bei den Amphibien, doch wurden bisher contractile Lymphherzen nur in der hintern Körpergegend an der Grenze von Ptumpf und Schwanz auf Querfortsätzen oder Rippen in paariger Anordnung nachgewiesen. Die Nieren der Reptilien entsprechen keineswegs mehr den WolflP- schen Körpern und den Primordialnieren der Amphibien, sondern sind wie die der Vögel und Säugethiere besondere vom Ende des Urnieren- gangs aus erst später entstandene Organe. Dieselben schliessen sich zwar meist durch ihre langgestreckte häufig gelappte Form an jene an, liegen jedoch mehr im hintern Theile der Rumpfhöhle zu den Seiten der Wirbelsäule der Kloake genähert. Die Harnleiter verlaufen am Innenrande der Nieren, zuln Theil mehr oder weniger in das Parenchym derselben eingesenkt und münden gesondert in die Kloake ein, an deren Vorderwand bei den Echsen und Schildkröten eine Harnblase hervor- Entwicklung. Geschlechtsorgane. 919 ragt. Der Harn erscheint keineswegs überall in flüssiger Form, soadern bei den Schlangen als eine weissliche Harnsäure-haltige Masse von fester Consistenz. Die Geschlechtsorgane stimmen mit denen der Vögel am nächsten überein. Indem sich die Primordialniere nebst dem Wolff'schen Gang zum Ausführungsapparat des Hodens (Nebenhoden und Samenleiter) umgestaltet und im weiblichen Geschlechte verschwindet, oder selten als ßudiraent {Rosenmüller ?,c\\qs Organ, (rär^wcr'scher Canal) persistirt, hier dagegen der Müller'sche Gang zum Eileiter wird, sind die mor- phologischen Gestaltungsverhältnisse für die Geschlechtsorgane der höhern Wirbelthiere im Wesentlichen erreicht. Eileiter sowohl als Samenleiter münden gesondert in die Kloake ein. Erstere beginnen mit weitem Ostium, verlaufen vielfach geschlängelt und besorgen überall die Ab- scheidung von kalkhaltigen mehr weichhäutigen Eischalen. Nicht selten verweilen die Eier in dem als Fruchtbehälter zu bezeichnenden End- abschnitt der Oviducte längere Zeit, zuweilen bis zum vollständigen Ablauf der Embryonalentwicklung. Im männlichen Geschlechte treuen wir überall äussere Begattungsorgane an, denen im weiblichen Geschlechte ganz ähnlich angelegte Rudimente (Clitoris) entsprechen. Bei den Schlangen und Eidechsen sind es zwei glatte oder bestachelte Hohl- schläuche, welche in einen taschenartigen Hohlraum hinter der Kloake eingezogen liegen und hervorgestülpt werden können. In dem letztern Zustand erscheint ihre Oberfläche von einer Rinne durchsetzt, welche das Sperma von den Genitalöff'nungen der Kloake aus fortleitet. Bei den Schildkröten und Crocodilen dagegen erhebt sich eine von zwei fibrösen Körpern gestützte sciiwellbare Ruthe an der Vorderwand der Kloake. Auch diese besitzt eine Rinne zur Aufnahme und Fortführung des Samens, kann aber nicht wie die beiden Ruthen der Schlangen und Echsen eingestülpt werden. Die Vereinigung beider Geschlechter ist daher stets eine wahre Begattung und führt zu einer Befruchtung der Eier im Innern des mütterlichen Körpers. Bei weitem die meisten Reptilien sind Eierlegend, einige jedoch wie z. B. unter den Schlangen die Kreuzotter und unter den Echsen die Blindschleiche gebären lebendige Junge. In der Regel graben die mütterlichen Thiere ihre in verhältniss- mässig spärlicher Zahl abgelegten Eier in feuchter Erde an gesicherten warmen Plätzen ein, ohne sich weiter um das Schicksal der Brut zu kümmern. Man hat jedoch eine Art Brutpflege bei den Riesenschlangen beobachtet, welche ihren Leib über den zusammengesetzten Eiern zu- sammenrollen und der sich entwickelnden Brut Wärme und Schutz gewähren. Die Entwicklungsgeschichte der Reptihen, deren Kenntniss wir vorzugsweise den trefflichen Untersuchungen '3 Rathke's verdanken, 1) V. Baer, Ueber Entwicklungsgeschichte der Thiere II. Kftnigsberg. 920 Entwicklung. schliesst sich eng an die der Vögel an, während sie von der Entwicklung der nackten Amphibien sehr wesentlich abweicht. Der verhältnissmässig grosse Dotter, zuweilen noch innerhalb der Schale von einer Eiweiss- schicht umgeben, erleidet nach der Befruchtung wie der des Vogeleies eine nur partielle Furchung, welche an einer begrenzten dem Hahnen- tritt des Vogeleies entsprechenden Stelle zur Anlage eines scheiben- förmigen Keimes mit den ßückenwülsten und der Primitivrinne führt. Bevor indessen die Rückenwülste geschlossen sind, macht sich an dem erweiterten die Kopfanlage bezeichnenden Abschnitt der Rückenfurche eine Knickung bemerkbar, welche die Entstehung der Kopfbeuge, einer ausschliesshch den höhern Wirbelthieren zukommenden Bildung, veran- lasst. Ebenso characteris tisch ist das Auftreten einer den Embryo um- schliessenden Haut, der Schafhaut oder Amnion. Es erhebt sich nämlich die äussere Zellenschicht des Keimes, welche allraählig den ganzen Dotter umwächst, zuerst am vordem und hintern Ende des Embryo's und bildet hier zwei das Kopf- und Schwanzende überdeckende Falten {Kopf- und Schwanzhappe). Dieselben dehnen sich alsbald auch über die Seiten- tiieile aus und verwachsen über dem Embryo zu einem geschlossenen mit Flüssigkeit erfüllten Sack zusammen. Der anfangs dem Dotter flach aufliegende Embryo setzt sich allmählig schärfer von dem Dotter ab, indem die Bauchwandungen des kahnförmigen Leibes bis auf eine Oeffnung (Nabel) zusammenwachsen und der centrale als flache Rinne angelegte Darm zu einem Rohre wird, dessen Zusammenhang mit dem abgeschnürten Dotter an der Stelle jener Oeffnung durch einen engen Gang erhalten bleibt. Als einer neuen ebenfalls für die höhern Wirbelthiere characte- ristischen Bildung ist sodann das Auftreten des Harnsacks, der Allantois, hervorzuheben. Dieselbe erhebt sich an dem hintern Körperende als bläschenförmige Ausstülpung der vordem Darmwand und wächst zu einem ansehnlichen Sacke aus, welcher aus der Oeffnung der Bauchwand hervortritt und sich über das Amnion hin ausbreitet. Die Wandungen dieses mit einer Flüssigkeit gefüllten Sackes sind im Gegensatz zu der vollkommen gefässlosen Schafhaut ausserordentlich reich an Gefässen und repräsentiren ein embryonales Athmungsorgan , welches bei der langen Dauer und den complicirten Entwicklungs Vorgängen des Embryonal- lebens von hoher Bedeutung ist. Mit dem Auftreten des Allantois steht nicht nur der Ausfall der Kiemenathmung, sondern die vollkommene H. Rathke, Entwicklungsgeschichte der Natter. Königsberg. 1839. Derselbe, Ueber die Entwickelung der Schildkröten. Braunschweig. 1848. Derselbe, Untersuchungen über die Entwicklung und den Körperbau der Cro- codile. Braunschweig. 1866. L. Agassiz, Embryologie of ihe Turtle. Contribulions to the nat. bist. etc. II. Boston. 1857. Verbreitung. Fossile Reptilien. 921 Organisation des ausschlüpfenden Jungen , der Ausfall einer Metamor- phose im innigsten Zusammenhang. Fast alle Reptilien mit Ausnahme einiger Schildkröten und Eidechsen sind Fleischfresser, die kleinern Formen leben grossentheils von Insecten, die grössern dagegen von Wirbelthieren und zum Theil Warmblütern. Viele leben immer oder vorzugsweise im Wasser, wie z. B. die Wasser- schlangen und Seeschildkröten, welche letztere nur zum Ablegen der Eier das Land besuchen. Auch die Crocodile finden ihren Lebensunter- halt besonders im Wasser, da sie sich auf dem Lande zwar rasch aber ungeschickt und schwerfällig fortbewegen, und bevölkern die Lagunen und Mündungen grösserer Ströme. Bei weitem die meisten Reptilien aber sind vorherrschend Landbewohner und Heben bald mehr feuchte Plätze in der Nähe des Wassers, bald das trockene Land. Was die geographische Verbreitung anbetrifft, so steigt die Mannich- laltigkeit und Grösse der Formen mit der Annäherung an den Aequator. Einige Schlangen und Echsen reichen weit bis in den Norden hinauf, während die Crocodile auf die heisse Zone beschränkt sind, und Schild- kröten nur in vereinzelten Beispielen der heissen Zone angehören. Die Reptilien der kalten und gemässigten Gegenden verfallen in eine Art Winterschlaf, wie andererseits auch in den heissen Klimaten ein Sommer- schlaf vorkommt, der mit dem Eintritt der Regenzeit sein Ende erreicht. Das psychische Leben der Reptilien steht noch durchweg auf einer tiefen Stufe und erhebt sich nur wenig über das der Amphibien. Ihr Wachsthum schreitet nur langsam vor, dagegen ist die Lebensdauer um so länger. Die meisten haben ein überaus zähes Leben, können geraume Zeit ohne Nahrung auch unter beschränkter Respiration existiren und sind obgleich in geringerem Grade als die Amphibien zur Reproduction verstümmelter oder verloren gegangener Körpertheile befähigt. Die ältesten fossilen Reste von Reptilien gehören der Primärzeit an, doch erscheinen dieselben in diesem Zeitalter nur äusserst spärlich und auf die Kupferschieferformation {Froterosaurus Speneri) beschränkt. Eine weit grössere Mannichfaltigkeit der Formen hat die Secundärzeit (namentlich das Zeitalter der Trias und des Jura) aufzuweisen, welche vorherrschend von Sauriern und meist Hydrosauriern belebt war. Die Schuppenechsen treten erst in den obersten Schichten des Jura auf und finden sich am zahlreichsten in der Tertiärzeit, welche auch spärliche Ueberreste von Schlangen aufzuweisen hat. Schildkröten kommen zuerst — von den zweifelhaften Fussspuren des Trias abgesehen — im Jura vor, Landschildkröten freilich erst in der Tertiärformation. Die Classification der Reptilien bietet mit Rücksicht auf die zahl- reichen und keineswegs vollständig gekannten vorweltlichen Reste mannichfache Schwierigkeiten. 922 • 1. Ordnung: Ophidia, Schlangen. 1. Unterclasse: Plagiotremata (Lepidosauria) , Schuppensaurier. Heptilien mit Schuppen und Schildern der Haut, fusslos oder mit verschieden ausgebildeten Extremitäten versehen, mit querer After spalte und doppeltem Penis im männlichen Geschlechte. Schlangen und beschuppte Eidechsen stehen einander dem innern Baue nach theilweise so nahe, dass eine Vereinigung dieser beiden Reptiliengruppen in einer gemeinsamen Hauptgruppe nothwendig er- scheint, unisomehr, als zahlreiche Uebergangsglieder die strenge Ab- grenzung derselben unmöglich machen. Es characterisiren sich die hierhergehörigen Reptilien durch den Besitz von Schuppen nnd Schildern der Haut, vornehmlich aber durch die quere mit einer Deckplatte ver- sehene Äfterspalte und durch die Bildung der männlichen Begattungs- werkzeuge, welche als zwei vorstülpbare Hohlschläuche hinter dem After in einer Grube verborgen liegen und während der Begattung das aus der Genitalöffnung entleerte Sperma je auf einer äussern Rinne in die weiblichen Genitalöffnungen leiten. 1. Ordnung: Ophidia*) (Serpentes), Schlangen. Fusslose Plagiotremen von walzenförmiger Gestalt, ohne Schidter- giirtel und PauJcenhöhle, mit ziveispaltiger vorstreckbarer Zunge, frei beweglichen überaus verschiebbaren Kiefer- und Gaumenhiochen , ohne Harnblase. Die Charactere der Schlangen beruhen hauptsächlich auf der lang- gestreckten Leibesform, auf dem Mangel der Extremitäten und der oft erstaunlichen Erweiterungsfähigkeit des Mundes und Rachens, indessen ist eine scharfe Abgrenzung von den Eidechsen nicht möglich, da die genannten Merkmale theilweise hin wegfallen, theilweise auch bei ver- schiedenen Eidechsen sich finden können. Früher nahm man bei Be- grenzung dieser Ordnung ausschhesslich auf den Mangel der Extremitäten Rücksicht und fasste daher nicht nur von den Amphibien die Blind- wühler, sondern auch die Blindschleichen und andere Extremitätenlose 1) Vergl ausser Dum6ril und Daudin Lacep^de, Histoire naturelle generale et particnli&re des Quadrup6des ovipares et des Serpentes. 2 vol. Paris. 1788 und 1789. Schlegel, Essai sur la Physionomie des Serpentes. La Haye. 1837. Joh. Müller, Ueber eine eigenlhümliche Bewaffnung des Zwischenkiefers der reifen Embryonen der Schlangen und Eidechsen. Müller's Archiv. 1841. Gray, Catalogue of Reptiles in the Colloction of the Brit. Museum. Piftt. 3. Snakes. London. 1849. Günther, Catalogue of Calubrine Snakes in the Collection of the Brit. Museum. London. 1858. Jan, IcoDographie generale des Ophidiens. Paris. Livr. 1—27. 1860—1868. Kiefer- und Gaumeiiknochen. 923 Echsengattungen, wie z. B. Äcontias und Ophisaurus als Schlangen auf, ebenso rechnete man die Ämphishaenen hierher, welche durch die kurze dicke Zunge, den engen nicht erweiterungsfähigen Rachen und die Ver- wachsung der ünterkieferäste den Eidechsen näher stehen, auch sogar Vorderfiisse (Chirotes) besitzen können. Alle diese Formen werden gegenwärtig ausgeschlossen und zu den Echsen gestellt, gleichwohl aber ist man gezwungen, eine nicht unbeträchtliche Anzahl kleiner engmäuliger Schlangen anzuerkennen, die sich zwar sonst in jeder anderen Hinsicht als echte Schlangen erweisen, aber kaum zu einer Erweiterung des Ilachens befähigt sind. Auch besitzen zahlreiche Schlangen Rudimente von hintern Extremitäten, so dass eine Familie derselben als Peropoden bezeichnet werden konnte. Hier liegen an der Schwanzwurzel zu den Seiten der Wirbelsäule je ein langgestreckter Knochen, mit dessen unterm Gelenkhöcker zwei kleine Knöchelchen divergirend verbunden sind. Beide schliessen zwischen sich einen S-förmigen Knochen ein, welcher wie ein Nagelglied eine kegelförmige in der Nähe des Afters hervorstehende Kralle trägt. Bei den Engmäulern {Typhlops) finden sich nur die unter der Haut verborgenen Hauptknochen, welche als Beckenrudimente gedeutet werden. Schultergürtel und Theile eines vordem Extremitätenpaares kommen übrigens bei keiner Schlange vor. Am Schädel der Schlangen fehlt sowohl eine Ueberbrückung der Schläfengegend als die stabförmige Verbindung von Scheitelbein und Fhigelbein, wie wir sie bei den Eidechsen finden. Die Schädelhöhle ist sehr lang gestreckt, ihre vordem und mittlem Seitentheile werden durch absteigende Flügelfortsätze des Scheitelbeins und der Stirnbeine gebildet. In der Ethmoidalregion betheiligen sich abwärts gerichtete lamellosa Fortsätze der beiden Nasenbeine an der Herstellung des medianen Septums und selbstständige Conchen legen sich in der Nasenhöhle an die Aussenseite des paarigen Vomer an. Conchen und Vomer umfassen einen Hohlraum, der ein zweites dem Jacobson' 9>c\\QVi Organ der Säugethiere entsprechendes Geruchsorgan umschliesst. Von besonderer Bedeutung erscheint die Bildung der Kiefer- und Gaumenknochen, welche eine so vollkommene Verschiebbarkeit ihrer Theile zeigen, dass der Rachen die Fähigkeit einer beträchtlichen Erweiterung und seitlichen Ausdehnung erhält. Während der Zwischenkiefer in festem Zusammenhange mit den Nasen- und Pflugschaarbeinen steht, sind die von ihm gesonderten Ober- kiefer, Gaumen- und Flügelbeine sowohl untereinander als mit dem Schädel beweglich verbunden. Gaumen- und Flügelbeine vereinigen sich zur Herstellung eines Innern Knochenbogens, welcher dem äussern Bogen des Oberkiefers parallel verläuft, auch eine Querbrücke (Os transversum) zu demselben sendet und etwas oberhalb des Unterkiefergelenks mit dem frei vorstehenden Quadratbein articulirt. Dieses letztere ist daher ein Suspensorium für beide Kinnladen und lenkt sich äusserst beweglich an 924 Kinnfurche. Zähne, üiftzähne und Giftdrüsen. der Schläfenbeinschuppe ein, welche wiederum eine relative Selbstständig- keit zeigt und meist ebenfalls beweglich am Hinterhaupte angeheftet ist. Ebenso beweglich als die Theile des Oberkiefergaumenapparates erweisen sich die beiden Aeste des Unterkiefers, welche am Kinnwinkel in einer auch äusserlich erkennbaren Furche (ßulcus mentalis) durch ein dehn- bares Ligament verbunden, eine sehr bedeutende seitliche Verschiebung zulassen. Die Kieferbewaffnung wird von zahlreichen nach hinten gekrümmten Fangzähnen gebildet, welche den Unterkiefer in einfacher, den Über- kiefergaumenapparat meist in doppelter mehr oder minder vollständig besetzter Bogenreihe bewaffnen und vornehmlich beim Verschlingen der Beute als Widerhaken wirken. Auch dem Zwischenkiefer können Haken- zähne zugehören {Fythoii). Nur bei den kleinen wurmförmigen Eng- mäulern beschränken sich die Zähne auf Oberkiefer oder Unterkiefer (Opoterodonten). Ausser diesen soliden Hakenzähnen kommen im Ober- kiefer zahlreicher Schlangen Furchenzähne oder hohle von einem Canale durchbohrte Giftzähne vor, deren Basis mit dem Ausführungsgange einer Giftdrüse in Verbindung steht und das ausfliessende Secret derselben aufnimmt und nach der Spitze fortleitet. Häufig enthält der sehr ver- kümmerte Oberkiefer jederseits nur einen einzigen grossen durchbohrten Giftzahn, dem aber stets noch grössere und kleinere Ersatzzähne anliegen {ßolenoglyphen). Die Furchenzähne treten selten in grösserer Zahl auf und sitzen entweder ganz vorn im Oberkiefer {Froteroglyphen) oder hinter einer Reihe von Hakenzähnen am hintersten Ende des Oberkiefers {Opisthoglyphen). In beiden Fällen ist der Oberkiefer beträchtlich grösser als bei den Solenoglyphen , dagegen erreicht derselbe bei den Schlangen, welche auch der Furchenzähne entbehren {Aylyphodonten), den grössten Umfang und die reichste Bezahnung. Während die Furchen- zähne in der Regel stark und unbeweglich befestigt sind, richten sich die durchbohrten Giftzähne mit sammt dem Kiefer, dem sie aufsitzen, beim Oetfnen des Rachens auf und werden im Momente des Bisses in das Fleisch der Beute eingeschlagen. Gleichzeitig fliesst das Secret der zuweilen weit nach hinten ') und selbst (CaZZo^j/m) in die Bauchhöhle sich erstreckenden Giftdrüse, durch den Druck den Schläfenmuskeln ausgepresst, in die Wunde ein und veranlasst mit dem Blute in Berührung gebracht, den oft augenblicklichen Eintritt des Todes. Die Gefährlichkeit des Schlangen- bisses richtet sich natürlich nach der Grösse der Schlangenart, nach der besondern Beschaffenheit und Stärke des verwundeten Thieres, sowie auch nach der Jahreszeit und dem Klima. Auf Warmblüter wirkt das 1) A. B. Meyer, Ueber den Giftapparat der Schlangen und insbesondere über den der Gattung Cdllophis. Gray. Monatsschr. der Berliner Akademie der Wissen- „chaiten. 1869. Körperbedeckung. Häutung. Organisation. 925 Gift weit rascher und heftiger als auf Amphibien und Fische ein, in heisseren Gegenden intensiver als in gemässigten Klimaten und an kühlern Tagen. Die äussere Körperbedeckung der Schlangen enthält überaus regel- mässige Verdickungen der Cutis, welche von der verhornten Epidermis überzogen das Ansehen von Schuppen, Schildern und Schienen darbieten, deren Form, Zahl und Anordnung systematisch verwerthet wird. Während die Rückenfläche des Rumpfes durchweg mit glatten oder gekielten Schuppen bekleidet ist, kann der Kopf sowohl von Schuppen als von Schildern und Tafeln bedeckt sein, welche ähnlich wie bei den Echsen nach der besondern Gegend als Stirn-, Scheitel-, Hinterhaupt-schilder, ferner als Schnauzen-, Nasen-, Augen-, Zügel-, Schläfen- und Lippenschilder unterschieden werden. Als den meisten Schlangen eigenthümlich mögen die Schilder der Kinnfurche, die Rinnenschilder, hervorgehoben werden, vor denen noch zwei accessorische Lippenschilder jederseits neben dem mittleren Lippenschilde des Unterkiefers die vordere Begrenzung der Kinnfurche bilden. Am Bauch finden sich meist sehr breite Schilder, die wie Querschienen die ganze Länge des Rumpfes bekleiden, doch können auch hier Schuppen und kleine mediane Schilder vorkommen, die Unterseite des Schwanzes wird dagegen in der Regel von einer paarigen, selten von einer einfachen Reihe von Schildern bedeckt. Die Schlangen häuten sich mehrmals im Jahre, indem sie ihre Oberhaut, an welcher sich die Sculptur der Cutis wiederholt, in toto abstreifen. Die innere Organisation schliesst sich eng den Anforderungen des langgestreckten Baues, sowie der Bewegungs- und Ernährungsweise an. Ein sehr langer und dehnbarer dünnhäutiger Schlund führt in den sack- förmig erweiterten Magen, auf welchen ein verhältnissmässig kurzer, nur wenig gewundener Dünndarm folgt. Der Kehlkopf erscheint ausser- ordentlich weit nach vorn gerückt und kann während des langsamen gewaltsamen Schlingactes bis in den Rachen vortreten. Die ausser- ordentlich lange Trachea enthält oft schon in ihrem Verlaufe respirato- rische Luftzellen. Die linke Lunge ist meist ganz rudimentär, während die um so mächtiger entwickelte rechte an ihrem Ende ein schlauch- förmiges Luftreservoir bildet. Dem Gehörorgane fehlen schallleitende Apparate, dem Auge bewegliche Lider. Der Augapfel mit seiner meist senkrecht gespaltenen Pupille wird von der durchsichtigen Haut bedeckt, hinter dieser jedoch von der Thränenflüssigkeit reichlich bespühlt. Die Nasenöffnungen liegen meist ganz an der Spitze oder am Seitenrande der Schnauze. Die gabiig gespaltene hornige Zunge dient nicht als Geschmacks-, sondern als Tastorgan und ist von einer Scheide um- schlossen, aus der sie selbst bei geschlossenem Rachen aus einem Ein- schnitt der Schnauzenspitze weit vorgestreckt werden kann. Die Schlangen bewegen sich vornehmlich durch seitliche Krüm- 926 Lebensweise. Fortpflanzung. mungen der Wirbelsäule, da besondere Locomotionsorgane bis auf den bereits erwähnten Extremitätenstummel der Peropoden und einiger Eng- mäuler, abgesehen von den als Fortschieber wirksamen Rippen, fehlen. Die vordere Extremität kommt niemals auch nur rudimentär zur Anlage, ebensowenig ein Schultergeriist und Brustbein. Dagegen ist die Wirbel- säule zu seitlichen Verschiebungen in hohem Grade befähigt, die sehr zahlreichen Wirbel tragen am Rumpfe fast durchweg Üippen und sind durch freie Kugelgelenke ihrer convex-concaven Körper und durch horizontale Gelenkflächen der Querfortsätze in der Art verbunden, dass Schlängelungen nach den Seiten äusserst leicht stattfinden, Krümmungen dagegen nach auf- und abwärts unmöglich erscheinen. Auch stehen die Rippen in überaus freier Gelenkverbmdung mit den Wirbelkörpern und können in der Längsrichtung vor- und zurückgezogen werden. Die letztere Art der Bewegung scheint sogar für die Locomotion von wesent- licher Bedeutung zu sein und die Schlängelungen der Wirbelsäule zu unterstützen. Durch abwechselndes Vorschieben der Rippenpaare und Nachziehen der durch Muskeln sowohl miteinander als mit den Rippen befestigten Bauchschilder laufen die Schlangen in einem gewissen Sinne auf den äussersten Spitzen ihrer an Hautschildern befestigten Rippen. Die Schlangen nähren sich ausschliesslich von lebenden Thieren, sowohl Kaltblütern als Warmblütern, die sie im Schusse überfallen und ohne Zerstückelung in toto verschlingen. Zuvor tödten sie meist ihre Beute, indem sie dieselbe umschlingen und ersticken oder mittelst des Giftzahnes beissen und vergiften. Bei der Dehnbarkeit des Rachens und des Schlundes wird es ihnen möglich, grössere Thiere, welche den Durchmesser ihres eignen Körpers um das mehrfache übertreffen, freilich unter gewaltigen Anstrengungen ihrer Muskulatur zu verschlingen. Während die Speicheldrüsen ein reichliches Secret ergiessen, welches die Oberfläche der zu bewältigenden Speise schlüpfrig macht, und der Kehl- kopf zwischen den Kieferästen zur Unterhaltung der Athmung hervor- tritt, haken sich die Kieferzähne abwechselnd fortschreitend immer weiter in die Beute ein, und es zieht sich gewissermassen Rachen und Schlund der Schlange allmählig über die Beute hin. Nach Vollendung des an- strengenden Schlinggeschäftes tritt eine bedeutende Abspannung aller Kräfte ein, es folgt eine Zeit träger Ruhe, während welcher die sehr langsame aber vollständige Verdauung von Statten geht. Die Fortpflanzung geschieht nach vorausgegangener Begattung in der Regel durch Ablage wenig zahlreicher grosser Eier, in denen die Embryonalentwicklung schon mehr oder minder weit vorgeschritten ist. Durch künstliche Absperrung trächtiger Weibchen gelingt es sogar, die Embryonen im Innern des mütterlichen Körpers zur vollständigen Aus- bildung zu bringen. Indessen gibt es auch lebendig gebärende Schlangen, wie z. B. die Seeschlangen und die Kreuzotter. 1. Unterordnung: Opoderodonta. 2. Unterordnung: Colubriformia. 927 Bei weitem die meisten und durch Grösse und Schönheit der Farben ausgezeichneten Arten gehören der wärmern Zone an, nur wenige und kleine Formen reichen bis in die nördlichen gemässigten Klimate. Sie leben auf der Erde besonders in waldigen Gebirgsgegenden und halten sich in Verstecken unter Steinen, Moos und Laub auf, viele be- suchen ind»sen auch gern das Wasser, sind wahrhaft amphibiotisch. Andere dagegen bewegen sich grossentheils auf Bäumen und Gesträuchen oder in flachen sandigen Gegenden, andere ausschliesslich im Meere. In den gemässigten Ländern verfallen sie in eine Art Winterschlaf, in den heissen halten sie zur Zeit der Trockniss einen Sommerschlaf. Fast sämmtlich sondern sie aus Drüsen der Aftergegend ein unangenehm riechendes Sccret ab. Fossile Reste finden sich nur spärlich von der altern Tertiärzeit an. Bibron und Dumeril haben nach der Bildung des Gebisses an die Stelle der alten Eintheilung der Schlangen in Giftlose, in Trug- schlangen und Giftschlangen eine Eintheilung in 5 Hauptgruppen be- gründet, die vielfach acceptirt worden ist, obwohl sie nicht vollkommen durchführbar erscheint. Die Äylyphodonten und OpitJioglyphen wenigstens müssen als Colubriformia zusammengezogen werden. 1. Unterordnung. Opoderodonta, Wurmschlangen. Wurmförmige Schlangen von geringer Grösse mit enger nicht erweiterungsfähiger Mundspalte und unbeweglich verbundenerf Gesichtsknochen, ohne oder mit nur sehr kurzem Schwanz. Die Kinnfurche fehlt. Kopf und Augen klein. Beschuppung mit Ausnahme des Kopfschildes ziemlich gleichmässig, zuweilen sind die Bauchschuppen der Mittel- reihe grössere Schilder. Sie besitzen entweder nur im Ober- oder Unterkiefer Zähne, entbehren durchaus der Giftzähne und leben wie die Blindwühler in selbstgegrabenen Gängen oder unter Steinen von Würmern und lusecten. Sie besitzen kleine stilförmige Knochen als Rudimente der hintern Extremitäten. 1. Farn. Catodontia. Zähne nur im Unterkiefer, der kürzer als der Oberkiefer ist. Gnuinen und Flügelbein verschmolzen. Stenostoma Dum. Bibr. St. nigricans Dum. Bibr. , Südafrika u. a. südameri- kanische Arien. 2. Farn. Epanodontia. Zähne nur in dem kurzen Oberkiefer. Praefrontale fehlt. Typhlops Sehn. Kasenlocher seitlich am Vorderrande. Schnauzenende stumpf von grossen Schildern bedeckt. T. lumbricalis Merr. , Antillen. T. vermicitlaris L., Griechenland. Ehinotyphlops Pet , Helminthophis Pet. Bei Onychocephalus Dum. Bibr. liegen die Nasenlöcher auf der untern Fläche. Cephalolepis Dum. Bibr. 2. Unterordnung. Colubriformia. Körper mit breiten in Reihen ge- stellten Schuppenplatten bedeckt, die am Kopf meist durch Schilder ersetzt werden. Beide Kiefer mit soliden Hakenzähnen bewaffnet, im Oberkiefer kann der letzte Zahn ein Furchenzahn sein und dann entweder ohne 928 Uropeltidae. Tortricidae. Pythonidae. Giftdrüse bleiben oder mit dem Ausführungsgang einer kleinen Giftdrüse in Verbindung stehn. »Es ist wohl gewiss, sagt Joh. Müller, dass einige der Coluber-artigen Schlangen mit gefurchten Hinterzähnen giftig sind«, zweifel- los aber ist es, dass diejenigen, welche keine besondere Drüse für die ge- furchten Hinterzähne besitzen, unschädlich sind. Diese opisthoglyphcn Schlangen stehen den giftlosen Aglyphodonten so nahe, das^sie oft nur generisch getrennt werden können, aber in derselben Familie aufgenommen werden müssen, z. B. Homalocranion und Calamaria. Die Kiefer sind mit Ausnahme der Uropeltiden und Tortriciden dehnbar und erweiterungs- fähig {Eurystomata Joh. Müll.), mit Ausnahme dieser Familien ist auch das Mastoideum {Squamosiim) frei von der Schädelwand erhoben. 1. Farn. Uropeltidae '), Schildschwänze. Körper cylindrisch , mit kurzem und spitzem Kopf, dessen ßitchen nicht erweiterungsfähig ist, aber im Gegensatz zu den Typhiopiden in beiden Kielern Zahne tragt und eine Kinnl'urche besitzen kann. Am Gaumen fehlen die Zähne. Schwanz kurz und stumpf, mit nacktem Terminalschilde oder mit gekielten Schuppen. Augen sehr klein. Leben auf den Philippinen und in Ostindien. BhinopMs Hmpr. Kopf conisch. Schwanz mit schuppenlosem convexen Terminalschild. Bh. oxyrliynchus Hmpr. Uropeltis Cuv. Schwanz mit flachem schuppenlosen Terminalschild. U. philip- pinus Cuv. Plectrurus Dum. ßibr. Melanophidium Gnth. u. a. G. 2. Farn. Tortricidae, Wickelschlangen. Von geringer Grösse mit kleinem kaum abgesetzten Kopf und kurzem conischen Schwanz. Zähne klein, auch an den Gaumenbeinen. Schuppen glatt. Besitzen ähnlich wie die Riesenschlangen ein Becken- rudiment nebst Ideinen Aiterklauen und leben am Boden dicht bewachsener Gegenden. Tortrix Opp. (Ilysia Hmpr.). Zähne im Zwischenkieier. Auge zwischen Schildchen. T. scytale Hmpr., Südamerika. Cylindrophis Wagl, Zwischenkiefer zahnlos. Auge frei. C. rufa Gray, Java. Bei der wohl als Familie zu sondernden Gattung Xenopeltis Reinw. nimmt das Mastoideum keinen Theil an der Begrenzung der Schädelwand, sondern liegt frei der- selben an. Auch fehlt das Beckenrudiment. 15 Schuppenreihen. X. unicolor Reinw., Ostindien. 3. Farn. Pythonidae, Riesenschlangen {Peropodes). Schlangen von bedeuten- der Grösse und Kraft, mit lönglich ovalem, beschildertem oder beschupptem Kopf. Der Schwanz ist kurz oder von mittlerer Länge. In beiden Lippen finden sich oft tiefe dreieckige Gruben und in dem Zwischenkiefer nur zuweilen Zähne. Alle besitzen Rudimente der hintern Extremitäten, welche mit einer Afterklaue zu den Seiten der Kloake enden. Sie sind Bewohner heisser Gegenden in der alten und neuen Welt. 1. Subf. Erycinae. Schwanz sehr kurz, nicht zum Greifen eingerichtet. Zwischenkiefer zahnlos. Eryx Daud., Rollschlange. Der Kopf kaum abgesetzt, mit engem Munde. Nur der Schnauzenrand beschildert Schwanz sehr kurz, mit einfachen untern Schildern. Leben in trockenen sandigen Gegenden der alten Welt und sind ungemein schnell. E. jaculus Wagl., Südeuropa. 2. Subf. Boinae. Mit einfachem Greif- und Rollschwanz. Zwischenkiefer zahnlos. Kopf häufig beschuppt statt der Beschilderung. 1) Peters, De serpeolum familia Uropeitaceorum. Berolini. 1861. Pythoninae. Calaraaridae. Colubridae. Coronellinae. 929 Boa Wagl., Riesenschlange. Kopf beschuppt ohne Schilder. Greifschwanz mit einfacher Reihe von Subcaudalschildern. Besteigen Bäume und schiessen von da mit ihrem Vorderkörper auf die Beute herab, die sie umschlingend erdrücken. B. constrictor L., feig und trüg, 10 — 12 Fuss lang, in Brasilien. Eunectes Wagl. Mit unregelmässigen Schildern auf dem Kopf. Hält sich im Wasser auf. E. murinus Wagl., Anakonda, Brasilien Xiphosotna Wagl. Mit glatten Schuppen und Lippengruben. X. caninum Wagl., Südamerika. Epicrates Wagl. Enygrus Wagl. Mit gekielten Schuppen ohne Lippengruben. Nasenlöcher in der Mitte eines Schildes. E. carinatus Wagl., Java. 3. Subf. Pythoninae. Mit Greifschwanz und Zähnen im Zwischenkiefer. Einige Lippenschilder mit Gruben. Python Daud. Kopf bis zur Stirn beschildert. 2 Reihen von Subcaudalschildern. Auge umgeben von einem Schilderring. P. reticulatus Sehn, , Sumatra. P. molurus L. , Ostindien. Morelia Dum. ßibr. Liasis Gray, Nasenlöcher jederseits in einem Schilde. L. amethystinus Gray, Aniboina. 4. Fam. Calamaridae ^), Der cylindrische massig lange rigide Körper endet mit kurzem Schwanz. Kopf nicht deutlich abgesetzt. Einige Schilder desselben ver- einigt. Nasenlöcher klein, seitlich. Schuppen glatt oder gekielt, in 13 bis 19, seilen 21 Reihen. Zähne ziemlich gleich und klein, der hintere Oberkieferzahn zuweilen länger und gelurcht. Calamaria Boie. Nur ein l'aar Frontalschilder mit 13 Schuppenreihen. Sub- caudalschilder in doppelter Reihe. C. Linnaei Boie, Java. C. versicolor Boie. Conopsis Gnth. Bihäbdosoma Dum. Bibr. Zwei Paare von Stirnschildern mit 15 — 17 Schuppen- reihen. Schwanzschilder in doppelter Reihe. M. crassicaudatum Dum. Bibr., Neu- Granada u. z. a. A, Bhinosimus Dum. Bibr. Bhinostoma F"itz. Homalocranion Dum. Bibr. Zwei Paar Stirnschilder von nahezu gleicher Grösse. Hinterer Kieferzahn gefurcht. Schuppen klein Schwanzschilder Sreiiiig. H. melano- cephalum L., Südamerika. Homalosoma Wagl. Carpophis Dum. Bibr. u. z. a. G. Oligodon Boie. Zwei Paar Stirnschilder. Schuppen glatt. Keine Zähne am Gaumenbein. O. subgriseus Dum. ßibr. 5. Fam. Colubridae, Nattern. Der nicht sehr breite abgesetzte Kopf ist be- schildert. Die Bezahnung vollständig. Die Zähne des Oberkiefers nehmen häufig nach vorn zu an Grösse ab. Der Schwanz mit doppelten Schilderreihen an der Unterseite. Eine sehr artenreiche und verbreitete Familie, die man in eine Reihe von Unterfamilien aufgelöst hat. 1. Subf. Coronellinae. Körper von massiger Grösse, mit kurzem, nicht ab- gesetztem Schwanz. Kopf etwas abgeflacht, mit kurzer gerundeter Schnauze, von regelmässigen Schildern bedeckt. Ein Ziigelschüd und 2 Nasalschilder, niemals mehr als 2 vordere und 3 hintere Augenschilder. Bauchschilder ohne Kiel. Vordere Zahn« immer am kürzesten, kein längerer Mittelzahn. Coronella Laur. Ein vorderes Augenschild. Schuppen glatt. Hinterer Ober- kieferzahn länger, zuweilen gefurcht. C. austriaca Laur. := C. laevis Lac, glatte 1) G. Jan, Prodromo della Iconographia generale degli Ofidi. II Parle. Cala- maridae. Genova. 1862. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 59 930 Natricinae. Colubrinae. Dryadinae. Naller. In Enrop» sehr verbreitet. C. cucullata Dum. Bibr. , Algier. C. Sayi Dek., Ceiitralamerika u. z. a. A. Tachymenis Wiegm. Zwei vordere Augenschilder und ein Zijgelschild. Schuppen in 19 Reihen. Hinlerer Oberkieferzahn gross, gefurcht. T. vivax Fitz., Dalniatien. T. chilensis Schi. Psammophylax Filz. Äbldbes Dum. Bibr. Simotes Dum. Bibr. Schnabelschild rückwärts bis zwischen die vordem Stirn- schilder ausgedehnt. S. octolineatus Sehn., Ostindien. Liophis Wagl. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, ohne Furche, von den vordem durch einen Zwischenraum getrennt. Schuppen in 17 bis 21 Reihen. Ein ZügeKschild. Ein vorderes, zwei hintere Augenschilder. L. cobella L. , Brasilien. Erythrolamprus Boie u. a. G. 2. Subf. Natricinae. Körper meist etwas abgeflacht, mit massig grossem zientlich abgesetzten Schwanz. Kopf abgesetzt mit tiefer Mundspalte. Schuppen meist stark gekielt, meist in 19 Reihen. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, zuweilen gefurcht. Tropidonotus Kühl. Schuppen gekielt. Nasenlöcher klein, zwischen 2 Schildern. Zwei kleine vordere Frontalschilder, die nach vorn spitzwinklig zulaufen. Tr. natrix Gesn., Ringelnatter, weit über Europa verbreitet, Tr. viperinus Schi., Algier. Tr. quincunciatus Schi., Ostindien. Xenodon Boie. Kopf sehr breit und kurz. Schuppen glatt. Vordere Frontal- schilder breit abgerundet. Hinlerer Oberkieferzahn am längsten, durch einen Zwischen- raum abgesetzt. X. rhabdocephalusW ied.,hrasi]ien, Tomodon Dum. Bibr. Grayia Gnih. Heterodon P. R\s. Körper kurz, dick, eben so wie der Nacken sehr ausdehnbar. Hinterer Oberkieferzahn länger und durch einen Zwischenraum abgesetzt. H. pla- tyrhinus Latr., Kordamerika. Ischnognathus Dum. Bibr. 3. Subf. Colubrinae. Körper massig lang, mit abgesetztem quadrangulären Kopf und mittelgrossem nicht abgesetzten Schwanz. Kopfschilder ausnahmslos unregel- mässig. Mundspalte tief. Zügeischiid stets vorhanden. Schuppen glatt oder massig gekielt. Hintere Kieferzähne gleich gross oder continuirlich an Länge zunehmend, oder mit stärkerm hintern Zahn, der aber nie gefurcht ist. Coluber L. Schnabelschild massig gross. Ein vorderes und 2 hintere Augen- schilder. Zähne gleich gross. C. Aesculapii Gesn. =z C.flaveseens Gm., die Schlange des Aesculap, Südeuropa, Schlangenbad. JRhinechis Mich. Elaphis Aldr. Körper etwas comprimirt. Schuppen gekielt. Zwei vordere und zwei hintere Augenschilder. Zähne gleich gross. E. quaterradiatus Gm., Süd- europa. E. virgatus Schi, Japan. Cynophis Gray. Spilotes Wagl. u. a. G. Zamenis Wagl. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, durch einen Zwischen- raum abgesetzt. Z. atrovirens Shaw., Südeuropa. Z. hippocrepis L. Südeuropa und Nordafrika. Ccryphodon Dum. Bibr. Oberkieferzähne nach hinten continuirlich an Grösse zunehmend. C. pantherinus Daud., Brasilien. 4. Subf. Dryadinae. Körper meist verlängert, mehr oder minder comprimirt, mit verhällnissmässig langem nicht scharf abgesetzten Schwanz. Kopf zuweilen mit langgestreckter Schnauze, vom Nacken abgesetzt und mit regelmässigen Schildern. Meist nur 1 vorderes und 2 hintere Augenschilder, Schuppen verlängert, lancetförmig. Auge gross. Herpetodryas Boie. Körper nicht stark comprimirt. Ein Zügelschild. Zwei Nasenschilder. Zähne gleich gross. Kein Furchenzahn. H. fuscus L., Südamerika. H. carinatus L., Brasilien. Herpetoreas Pet. Bei Cydophis Gnth. ist der Körper nicht comprimirt und nur ein Nasenschild vorhanden. C. aestivus L., Nordamerika. Gonyosoma Wagl. und Dryocalamus Gnth. haben einen stark comprimirten Körper. Dendrophidae. Dryopliidae. Psammophidae. Dipsadidae. 931 Philodryas Wagl. Kopf conisch. Körper mehr oder minder comprimirt. Ein vorderes, 2 oder 3 hintere Augenschilder. Hinterer Oberkieferzahn am längsten und gefurcht. P/t. viridissimus L., Brasilien. Vromicus ßibr. Körper rundlich, 1 vorderes, 2 hintere Augenschilder. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, nicht gefurcht, durch einen Zwischenraum abgesetzt. JDr. margaritiferiis Schi., Mexico. Hier schliesst sich die Familie der Homalopsiden an mit Homalopsis Kühl., Hypsirhina Wagl., Tetranorhinus Dum. ßibr. u. a. G, 6. Fam. Dendrophidae. Körper sehr dünn und schlank, mit meist langem flachen vom Nacken abgesetzten Kopf und vorspringender abgerundeter Schnauze. Oberkinnlade länger als die untere. Mund tief gespalten. Ein vorderes und 2 bis 3 hinlere Augenschilder. Schuppen schmal, in 15 oder 21 Reihen. Bauchschilder meist mit 2 Kielen. Untere Schwanzschilder in 2 Reihen. Bucephalus Smith. Kopf dick mit sehr grossen Augen, sehr stark abgesetzt. Ventralschilder nicht gekielt. B. capensis Smith. Dendrophis Boie. Ventralschilder leicht gekielt. Schuppen klein, die der Dorsalreihe viel grösser und triangulär oder polygonal. Kieferzähne gleich gross. D. picta Gm., Ostindien. Ahaetulla Gray. Die Schuppen der Dorsalreihe nicht grösser als die andern. Hinterer Oberkieferzahn am längsten. A. smaragdina Boie, Westafrika. A. liocercus (C. ahaetullah.), Brasilien. Chrysopelea Boie u. a. G. 7. Fam Dryophidae. Körper sehr lang und schlank, ebenso der Kopf, mit dünner zuweilen in einen biegsamen Anhang auslaufender Schnauze. Obere Kinnlade viel länger als die untere. Angen mit ovaler oder linearer horizontaler Pupille. Dryophis Boie {Oxybelis Wagl. e. p.). Kopf sehr verlängert, die Schnauzen- spitze nicht beweglich , mit solidem vorspringenden Schnabelschild. Dr. argentea Daud. , Cayenne. Passerita Gray {Tragops Wagl,). Schnauze mit beweglichem Terminalanhang, der nicht länger ist als ^ des Kopfes. P. mycterizans L,, Ceylon. Langaha Brug. {Dryinus Merr.). Schnauze mit beweglichem und von Schuppen bedeckten Terminalanhang, der lünger als ^ des Kopfes ist. L. nasuta Brug, Hadagascar. 8. Fam. Psammophidae. Kopf mit tiefer Grube vor den Augen. Schuppen stets ungekielt, in 15 oder 19 Reihen. Ein vorderes, zwei hintere Augenschilder. Meist sind 4 oder 5 Oberkieferzähne länger als die übrigen, der hintere Zahn gefurcht. Psammophis Boie. Körper langgestreckt, mit zugespitzter Schnauze. Schuppen schmal und glatt. Ps. lineatus Dum. Bibr. , Mexiko. P. crucifer Merr., Südafrika. Coelopeltis Wagl. Kopf qusdrangulär, hoch, mit verhältnissmässig kurzer Schnauze und tiefer Grube auf der Oberseite. Schuppen mit Längsfurchen. Vorderer Zahn der ünterkinnlade länger. C. laeertina Wagl., Egypten. Psammodynastes Gnlh. u. a. G. Zu einer besonderen Familie der Eachiodontiden wird die durch mehrfache Eigenlhümlichkeiten, insbesondere durch die von den vorsiehenden untern Dornfort- sätzen der hinlern Cervicalwirbel gebildeten Schlundzähne ausgezeichnete Gattung Dasypeltis Wagl. gestellt. D. scabra Wagl., Südafrika. 9. Fam. Dipsadidae. Körper ziemlich schlank, stark comprimirt, mit kurzem hinten verbreiterten stark abgesetzten Schwanz. Auge gross mit meist elliptischer Fupille. Schuppen langgestreckt, die der Vertebralreihen grösser. Bleist hintere Furchenzähne. Amblycephalus Kühl. Kopf hoch abgerundet, mit kurzer Schnauze. Körper 59* 932 Scytalidae. Lycodontidae. Acrochordidac, 3. Unterordnung: Proteroglypba. »ehr lang. Vorderer Gaumen- und Kieferznhn lang. Kein Furchenzahn. Subcaudal- gchilder einreihig. A. boa Kühl., Philippinen. Pareas Wag!. Körper müssig lang comprimirt. Vorderer Gaumen- und Man- dibularzahn am längsten. Subcaudalschilder 2reihig. Furchenzahn vorhanden. P. carinata Roinw., Java. Dipsadomorphus Fitz, Dipsas Boie. Kopf triangulär, stark abgeplattet, scharf abgesetzt. Subcaudal- schilder VJreihig. Kein grösserer Vorderzahn. Hinterer Oberkieferzahn gefurcht. D. dendrophila Reinw. , Ostindien und Philippinen. D. fasciata Fisch., Westafrika. Leptodeira Filz., Thamnodynastes Wagl. Eudipsas Fitz. Vorderer Gaumen- und Maxillarzahn länger. E. cynodon Cuv., Asien. Leptognathus Dum. Bibr. Kopf quadrangulär, nicht abgeflacht. Zähne gleich gross. Subcaudaien 2reihig. L. nebulatus L. , Südamerika. Bhinobothryum Wagl., Tropidodipsas Gnth. , Ueniodipsas Gnth. u. a. G. 10. Fani. Scytalidae. Körper ziemlich gestreckt, zuweilen leicht comprimirt, mit massig langem nicht abgesetzten Schwanz. Kopt hinten verbreitert, etwas flach und scharf abgesetzt, mit regelmässigen Schildern. Nasenöffnungen meist zwischen 2 Nasenschildern. Ein Zügelschild. Ein oder 2 vordere und 2 hintere Augenschilder. Hinterer Oberkieferzahn am längsten und gefurcht. Scytale Boie. Untere Schwanzschilder in einfacher Reihe. Ein vorderes Augen- schild. Sc. coronatum Dum. ßibr., Brasilien. Oxyrhopus Wagl. Subcaudalschilder in 2 Reihen. 0. plumbeus Wied., Süd- amerika. 11. Farn. Lycodontidae. Körper massig lang, rundlich oder leicht comprimirt, mit oblongen Kopf und abgerundeter Schnauze. Auge eher klein, mit elliptischer verticaler Pupille. Hintere Frontalschilder meist sehr gross. Ein oder zwei Nasen- schilder. Niemals mehr als 2 vordere und 2 hintere Augenschilder. Vorderer Zahn beider Kinnladen am längsten. Kein Furchenzahn. Lycodon Boie. Kopf platt mit regelmässigen Schildern. ZUgeljchild vorhanden. Schuppen in 17 Reihen. Analschild einfach. Subcaudalschilder 2reibig. L. aulicus Dum. Bibr., Ostindien. Odontomus Dum. Bibr. u. a. G. Boodon Dum. Bibr. Schuppen klein, in 21 bis 31 Reihen. B. geometricus Boie., Südafrika. Holuropholis Dum., Lycophidion Fitz. Simocephalus Gray. Ein vorderes und ein hinteres Augenschild. Schuppen länglich lanzetförmig, scharf gekielt, die Wirbelreihen ßseitig, mit 2 scharfen Kielen. S. poensis Smith., Westafrika. Lamprophis Filz. u. a. G. 12. Fam. Acrochordidac. Kopf und Körper mit kleinen warzigen Höckern anstatt der Schuppen. Nasenlöcher dicht neben einander auf der Schnauze. Ohne Furchenzähne. Chersydrus Cuv. Körper comprimirt, mit deutlicher am Schwänze kielartig vortretender Bauchkaute. Wasserbewohner. Ch. granulatus Scho., Flüsse von Sumatra und Celebes. Acrochordus Homstdt. Ohne Kiel an der Unterseite des Schwanzes. Ac. ja- vanicus Hornstdt., Java, Borneo. Xenoderma Reinh. 3. Unterordnung. Froteroglypha. Giftschlangen mit grossen Furchenzähnen, welche vorn im Oberkiefer stehen und hinter denen meist noch solide Hakenzähne folgen. Giftdrüse stets vorhanden. Gaumen und Flügelbeine sind ebenso wie der Unterkiefer mit Haken- Elapidac. Hydrophidae. 933 Zähnen bewaffnet. Der Kopf ist beschildert, stets aber ohne Zügelschild. Sie leben in wärmern Klimaten aller Welttheile mit Ausnahme Europas und sind oft durch Schönheit und Pracht ihrer Färbung ausgezeichnet. 1. Fam. Elapidae, Prunknattern. Von Natter-ähnlichem Habitus, mit beschil- dertem Kopf, meist mit 2 Reihen von Subcaudalschildern. Kopf meist quadrangulär, oben flach mit massig grosser oder kurzer Schnauze. Meist ein vorderes (zuweilen zwei) und zwei oder drei hintere Augenschilder. Giftzähne unbeweglich mit vorderer Furche. Die meisten sind lebhaft gefärbt und mit hellen und rothen Binden geziert. Einige wie die Brillenschlangen (Naja) vermögen die vordem Hippen nach vorn auf- zurichten und hierdurch den vordem Abschnitt des Rumpfes so stark anszuspreitzen, dass er den Kopf an Breite bedeutend übertrifft. Solche Schlangen werden von ägyptischen und ostindischen Gauklern nach Entfernung der Giflzähne zum „Tanze" abgerichtet bei ihrer Fähigkeit, den Körper auf dem Schwänze emporzurichten und unter Bewegungen in aufrechter Stellung zu erhalten. Naja Laur. Halsgegend nach den Seiten ausdehnbar. Kopf hoch quadrangulär. Ein oder zwei kleine Zähne hinler den Giftzähnen. Nasenöffnung zvvischtn zwei Nasal- schildern. Analschild einfach. Subcaudalschilder zweireihig. N. tripudians Merr., Brillenschlange, mit zwei Augen-ähnlichen durch einen gebogenen Querstreilen ver- bundenen Nackenflecken, in Bengalen. N. haje L., Schlange der Cleopatra, Egypten. Pseudonaja Gnth. Cyrtophis Sundv. Vordere Frontalschilder viel grösser als die hintern. Eins der beiden Nasenschilder von der Nasenöfl'nung durchbohrt. Keine Hakenzähne hinler den Furchenzähnen. C. scutatus Smith. Elaps Sehn. Körper verlängert, sehr schlank mit abgeflachtem Kopf. Ein vor- deres, zwei hintere Augenschilder. Schuppen in J3 bis 15 Reihen. Nur Furchen- zähne. E. bivirgatus Boie, Ostindien. E. corallinus L. , Südamerika. Callophis Gray, Braehysoma Fitz., Vermicella Gray. Bungarus Daud. Körper langgestreckt und comprimirt, mit breitem und ab- geflachtem vom Nacken abgesetzten Kopf. Ein vorderes, drei hintere Augenschildcr Schuppen in 13 bis 15 Reihen, rfie der Vertebrallinie gross und hexagonal. Subcaudal- schilder in einfacher Reihe. Einige kleine Hakenzähne hinter den Furchenzähnen. B. lineatus Shaw., Ostindien. B. fasciatus Shaw., China. Hoplocephalus Cuv., Pseudechis VVagl., Glyphodon Gnth. u. a. G. Äcanthophis Daud. {Ophryas Merr.). Schilder am hintern Theile des Kopfes mehr Schuppen-ähnlich. Subcaudalschilder einreihig. Schwanz mit gekrümmter Spitze endigend. A. antarctica VVagl. = cerastinus Lac, Australien. Hier schliesst sich auch die Gattung Dendraspis Schleg. an {Dinophis). 2. Fam. Hydrophidae, Seeschlangen '), Mit kaum abgesetztem beschilderten Kopf und compriniirtem Rumpf, welcher in einen stark compressen Ruderschwanz aus- läuft. Die Nasenschilder stossen in der Mittellinie oben zusammen. Meist nur ein Paar Frontalschilder vorhanden. Nasenlöcher nach oben gerichtet, durch Klappen ver- schliessbar. Bauchschilder klein oder diych Schuppen vertreten. Furchenzähne klein. Leben im Meere, besonders im Sundaarchipel, kommen aber bis in die Flussmündungen. Sie sind lebendig gebärend. Platurus Latr. Nasenschilder durch die vordem Stirnschilder getrennt. 2 Paar 1) J. G. Fischer, Die Familie der Seeschlangen, mit 3 Taf, Abhandl. des naturw. Vereins in Hamburg. 3 Bd. 1856. 934 4. Unterordnung: Solenoplypha. Stirnschilder. Schuppen glatt. Subcaudalschilder 2reihig. PL fasciatus Daud., Indisches Meer. Bei Acalyptus Dum. Bibr. ist die Frontal- und Parietalgegend be- schuppt. A. superciliosus Dum. Bibr., Neuholland. Aepysiirus Lac. Nasenschilder median zusammenstossend. Körper nur wenig comprimirt, Schuppen schwach tuberculirt. Bauchschilder mit mittlerer Leiste. Sub- caudalschilder einreihig. Ae. laevis Lac, Ae. fulginosus Dum. Bibr., Ind. Meere. Hydrophis Daud. Körper hinten stark comprimirt. Nasalschilder gross, ein- ander berührend. Schuppen tuberculirt. Bauchschilder sehr klein. H. gracüis Schi, u. z. a. A. H. {Pelamis) hicolor \)i\\\A.,lnAAlt&T. AstrotiaY\sch.,Disteirah^c. u. a. G. 4. Unterordnung. Solenoghjpha V). Schlangen mit triangulärem nach hinten verbreiterten Kopf und verhältnissmässig kurzem Schwanz. Der sehr kleine Oberkiefer trägt jederseits einen hohlen Giftzahn, sowie einen oder mehrere Ersatzzähne. Ausserdem aber finden sich kleine solide Hakenzähne sowohl am Gaumen als im Unterkiefer. Viele sind lebendig gebärend. Weniger durch Grösse und Muskelkraft als durch den Besitz gefährlicher Giftwaffen ausgezeichnet, lassen sie die Beute nach dem Biss wieder los und erwarten die tödtliche Wirkung des Giftes, bis sie sich zum Verschlingen derselben anschicken. 1. Farn. Viperidae, Ottern. Mit stark abgesetztem breiten Kopf, ohne Gruben zwischen Nasen und Augen. Pupille länglich und vertical. Die Oberseite des Kopfes mit Schildchen oder Schuppen bedeckt. Meist finden sich zwei Schilderreihen an der Unterseite des kurzen Schwanzes. Atractaspis Smith. Kopf kurz, breit, nicht abgesetzt, beschildert. Schwanz mit einer kurzen conischen Spitze endigend. Auge klein. Schuppen gerundet, in 19 oder 20 Reihen. Subcaudalschilder in einer Reihe. A. irregularis Reinh., Sudafrika. A. corpulentus Hallow., Westafrika. Vipera Laur. Kopf nur in der Stirngegend beschildert, dahinter bedeckt mit kleinen glatten Schuppen. Nasenloch in der Mitte eines Schildes. Subcaudalschilder in 2 Reihen. V. aspis Merr. , in bewaldeten Gebirgsgegenden Sud Westeuropas. V. ammodytes Dum. Bibr., Sandviper, mit einer weichen hornartigen Erhebung an der Schnauzenspitze, Italien und Dalmatien. Pelias Merr. Auch Occipitalschilder vorhanden. Subcaudalschilder 2reihig. P. herus, Kreuzotter, Kupfernatter, ausgezeichnet durch die schwarzbraune Zickzack- binde des Rückens, in Gebirgswaldungen Europas. Cerastes Wagl. Scheitel mit warzigen Schuppen bekleidet, üeber jedem Auge eine hornartige von Schuppen gebildete Erhebung. Subcaudalschilder 2reihig. C. aegyptiacus Dum. Bibr., Hornviper. Clotho Gray. Kopf länglich, mit kleinen gekielten Schuppen. Subcaudalschilder 2reihig. Ql. arietans Gray, Cap, EcMs Merr. Subcaudalschilder einreihig. Scheitel mit Schuppen bedeckt. E. carinata Merr., Cairo. Daboia Gray. 2. Farn. Crotalidae, Grubenottern. Mit einer Grube zwischen Auge und Nasen- 1) E. D. Cope, Gatalogue of the Venomous Snakes in the Museum of Phila- delphia etc. Proc. Acad. Nat. Sc. Philad. 1859. W. Peters, Ueber die craniologischen Verschiedenheiten der Grubenoltern. Monatsber. der Berl. Acad. 1862. 2. Ordnung: Saurii, Eidechsen. 935 Öffnung und meist unvollständig beschildetem Kopfe, von bedeutender Grösse. Pupille elliptisch vertikal. Orotallus L. , Klapperschlange. Kopf von vordem Schildern abgesehn klein be- schuppt. Subcaudalschilder einreihig. Schwanzende mit einer aus Hornringen gebil- deten Klapper. C. durissusL., Südöstliches Nordamerika. C. horridus L., Südamerika. C. adamanteus Pal., Mexiko. Crotalophorus Gray. Bei Lachesis Daud. wird die Klapper durch Reihen spitzer Schuppen und einen Enddorn ersetzt. L. mutus L., Surinam. Trigonocephalus Opp. Kopf mit grossem Scheitelschilde. Schwanz spitz, ohne Klapper. Schuppen gekielt. Tr. Blomhoffii Boie, Japan. Tr. piscivorus Holbr., Nordamerika. Bothrops Wagl. Kopf von kleinen Schuppen bedeckt. Nur 2 Supraciliarschiider. Schuppen gekielt. Subcaudalschilder 2reihig. B. lanceolatus L. , Antillen. ' B. atrox L., Brasilien. B. (Atropos) JDarwini Dum. Bibr., Mexiko. Tropidolaemus Wagl. u. a. G. 2. Ordnung: Saurii»), Eidechsen. _Ii i zcvvct &. Plagiotremen mit Schultergüriel und auch mit Brustbein, in der Regel mit vier Extremitäten, Paukenhöhle und beweglichen Aug-enlidern, mit festverbundenen Unterhieferäsien, ohne Erweiterung sfähigheit des Bachens, mit Harnblase. Die Eidechsen besitzen durchweg eine langgestreckte, zuweilen selbst schlangenartige Gestalt, die indessen mit wenigen Ausnahmen drei deutlich gesonderte Abtheilungen unterscheiden lässt, einen sehr verschieden geformten Kopf, einen zuweilen beträchtlich dickern und durch einen Hals vom Kopf abgesetzten Rumpf und einen meist sehr langen sich verjüngenden Schwanz. In der Regel finden sich am Rumpf vier sehr verschieden gestaltete Extremitäten, die indess den Rumpf kaum emporgehoben tragen und bei der Bewegung meist nur als Nach- schieber wirken, übrigens auch zum Anklammern (Chamaeleon), Klettern (Geckonen) und Graben verwendet werden können und gewöhnlich mit 5 bekrallten Zehen enden. Zuweilen bleiben dieselben so kurz und rudimentär, dass sie dem schlangenähnlichen Körper mehr anliegen als ihn zu tragen befähigt sind und auch die Zehen nicht zur Sonderung bringen (Chamaesaura). In andern Fällen sind nur kleine hintere Fuss- stummel (Pseudopus, Ophiodes) oder ausschliesslich Vordergliednias.sen (Chirotes) vorhanden oder es fehlen endlich äusserlich hervorstehende Theile von Gliedmassen vollständig (Änguis, Acontias, Ophisaurus). 1) Vergleiche ausser den Werken von Lac ep6de, Daudin, Bibron, Dum6ril, Schlegel, Wagler, Günther etc. Tiedemann, Anatomie und Naturgeschichte der Drachen. Nürnberg. 4811. Gravenhorst, Die Wirtelschleichen und KrüppelfUssIer. Mit 19 Talein. Breslau und Bonn. 1851. Fr. Leydig, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. Tübingen. 1872. sowie Abhandlungen von Wiegmann, Brücke, Rathke, Peters u. zahl. A. 936 ScLädel. Skelet. Schultcrgürtel und Becken werden indess niemals vermisst, auch findet sich bei allen Echsen mit Ausnahme der Amphisbaenen wenigstens ein Rudiment des Brustbeins, welches mit der Ausbildung der Vorderglied- massen an Umfang zunimmt und dann einer entsprechend grösseren Zahl von Rippen zum Ansatz dient. Die Rippen erstrecken sich fast über die ganze Länge des Rumpfes und fehlen nur den vordersten Hals- wirbeln, zuweilen auch einigen Lendenwirbeln, sowie den beiden Wirbeln der Kreuzgegend, an deren Querfortsätzen das Becken befestigt ist. Eine eigenthümliche Modification zeigen einige hintere Rippenpaare bei der Gattung Draco, indem sie sich ausserordentlich* verlängern und seitlichen als Flughaut verwendbaren Hautduplicaturen zur Stütze dienen. Die Schädelkapsel reicht nicht weit nach vorn und ist hier unvoll- ständig durch häutige Theile geschlossen, welchen oft ein häutiges Inter- orbitalseptum folgt. Auch bleibt das Sphenoidale anterius unterhalb dieses Septums oft knorplig, doch können in demselben Ossifikationen als Rudimente von Orbitosphenoids auftreten. Dem stark vorspringenden Fortsatz der hintern Schläfengegeiid liegt das Squamosum auf. Das hintere Ende des Oberkiefers ist häufig durch eine die Orbita um- schliessende Knochenbrücke (Jugale) mit dem hintern Stirnbein ver- bunden, während von diesem ein Knochenstab die Schläfengegend über- brückend (Quadrato jugale) zu dem obern Ende des Quadratbeins verläuft. Ein wichtiger Character der Eidechsen im Gegensatz zu den Schlangen beruht auf dem Mangel der seitlichen Verschiebbarkeit der Kieferknochen. Zwar sind die Theile des Oberkiefergaumenapparates mit dem Schädel beweglich illatteria ausgenommen) verbunden, insbe- sondere die Flügelbeine, die sich den Gelenkfortsätzen des hintern Keil- beines anlegen und meist an dem Quadratbein articuliren, indessen zeigen die einzelnen Knochen des Kiefergaumenapparates untereinander und mit der vordem Partie des Schädels einen festen Zusammenhang. Während die FlUgelbeine mit dem Oberkiefer durch ein Os transversum fest verbunden sind und zugleich dem Scheitelbeine durch eine stabförmige Columella zur Stütze dienen, verschmelzen die Gaumenbeine sowohl mit den Ossa vomeris als durch Querfortsätze ihres Aussenrandes mit den Oberkieferknochen, zwischen denen sich vorn der Zwischenkiefer ziemlich fest einkeilt. Dagegen bleibt die Verbindung zwischen Scheitelbein und Schädel durch Bandmasse weich und verschiebbar, und es lenkt sich das Quadratbein am Schläfenbogen beweglich ein und bildet am unteren Ende ein freies Gelenk für den Unterkiefer, dessen Schenkel am Kinn- winkel in fester Verbindung stehen. Die Bezahnung d^r Eidechsen bietet nach Form, Bau und Befesti- gung der Zähne eine weit grössere Mannichfaltigkeit als bei den Schlangen, stellt sich indessen nicht so vollständig dar, indem der Gaumen niemals eine bogenförmig geschlossene innere Zahnreihe, sondern nur kleine Bezahnuug. Zungenform. 937 seitliche Gruppen von Zähnen am Flügelbeine zur Entwicklung bringt. Häufig stellen die Zähne kleine nach hinten gebogene Haken dar, in andern Fällen zeigen sie scharfschneidende und gezähnelte, kegelförmige oder zuweilen faltig gestreifte Kronen. Niemals sind dieselben wie bei den Crocodilen in besonderen Alveolen eingekeilt, sondern sitzen stets dem Knochen unmittelbar auf, entweder auf dem freien obern Kiefer- rande (Äcroclonten) oder im Grunde einer tiefen Kieferrinne befestigt und an die vorstehende äussere Knochenplatte des Kieferrandes von der Innern Seite angewachsen (Pleurodonten). Diese Verschiedenheit der Zahnbefestigung 'erscheint systematisch mehrfach verwendbar und beson- ders desshalb interessant, weil sie die Gruppe der Leguane in zwei Abtheilungen sondert, welchen die geographische Verbreitung durchaus parallel geht. Alle Leguane der östlichen Halbkugel sind Acrodonten, die der westlichen Halbkugel Pleurodonten. Wichtiger noch als die Form und Befestigung der Zähne erscheint die Gestalt der Zunge, nach welcher die Hauptgruppen unserer Ordnung unterschieden und bezeichnet worden sind. Entweder ist die Zunge kurz, an dem verdünnten vordem Ende ausgebuchtet aber wenig vorstreckbar {Brevilingues) oder un- gewöhnlich dick und fleischig, an der Spitze kaum ausgebuchtet und nicht zum Vorstrecken befähigt {Crussllingues) oder lang und dünn, gabiig gespalten und nach Art der Schlangenzunge aus einer besondern Scheide vorstreckbar (Fissilingues) oder endlich wurmförmig gestreckt, mit kolbig verdickter klebriger Spitze und weit vorstreckbar (Vermi- lingues). Die meisten Eidechsen besitzen sowohl Augenlider als ein frei- liegendes Trommelfell und eine Paukenhöhle. Fast nur die Ämphisbaenen und Geckonen entbehren der Lidbildungen und verhalten sich rück- sichthch der Augenbedeckung wie die Schlangen. Von den Augenlidern ist das untere meist beweglicher und bei den Scincoiden kann dasselbe sogar nach Art eines transparenten Vorhangs emporgezogen werden, ohne das Sehen zu verhindern. Auch eine Nickhaut ist in der Regel vorhanden. Einfach erscheint dagegen das Augenlid bei den Chamae- leoniden, indem dasselbe einen überaus muskulösen breiten Hautring mit kreisförmiger Oeffnung darstellt. Paukenhöhle und Trommelfell fehlen den Amphishaenen, häufiger wird das Trommelfell von Haut und Muskeln bedeckt {Anguis, Acontias, Chamaeleon). Die äussere Körperbedeckung der Eidechsen zeigt ganz ähnUche Verhältnisse als die der Schlangen , jedoch in weit grösserer Mannich- faltigkeit. Für die Epidermis, welche verhältnissmässig wenig Pigment aber an manchen Stellen bewegliche Farbzellen (Chromatophoren) ent- hält, wird von Leydig ein äusseres homogenes Grenzhäutchen als Cuticula hervorgehoben, üeberall entwickelt die obere Cutisschicht einen mächtigen und Pigment-reichen Papillarkörper, auf den die mannich- 938 1. Unterordnung: Annulata. fachen als Warzen, Körner, Schuppen und Schilder bezeichneten Er- härtungen des Integuments zu beziehen sind. Bald finden sich platte oder gekielte Schuppen, die nach ihrer Form und gegenseitigen Lage als Tafelschuppen, Schindelschuppen, Wirtelschuppen unterschieden werden, bald Schilder und grössere Tafeln, für deren Vertheilung am Kopfe sich die bereits für die Schlangen hervorgehobene Terminologie wiederholt. Doch kommen auch mehr unregelmässige Erhärtungen warziger und stachliger Höcker vor, die der Haut ein abweichendes an die Kröten erinnerndes Aussehen verleihen (Gechonen), wie sich andererseits grössere und seltsam gestaltete Hautlappen an der Kehle, Kämme am Rücken und Scheitel, ferner Faltungen der Haut an den Seiten des Rumpfes, am Halse etc. als höchst eigenthümliche Auszeichnungen entwickeln. Obwohl im Allgemeinen die Haut der Eidechsen arm an Drüsen ist, so finden sich doch constant bei zahlreichen Eidechsen Hautdrüsen und entsprechende Porenreihen längs der Innenseite der Oberschenkel und vor dem After. Das Secret dieser Drüsen stellt eine röthliche fettige Masse dar, welche erhärtet und als papillenförmige Erhebung aus der Oeffnung hervorsteht. Man betrachtete die Drüsen als Einrichtungen, welche zu der Begattung in Beziehung stehen und benutzt dieselben als wichtige systematische Merkmale zur Characterisirung einzelner Gattungen und Arten. Nach Leydig haben sie zunächst die Bedeutung eigenthümlicher Talgdrüsen. Die Fortpflanzung und Lebensweise der Eidechsen verhält sich in den einzelnen Gruppen und Familien überaus verschieden. In der Regel legen die Weibchen nach vorausgegangener Begattung — in den gemässigten Gegenden im Sommer — verhältnissmässig wenige Eier; einige, wie gewisse Scincoideen {Anguis, Seps) bringen lebendige Junge zur Welt. Die meisten sind harmlose und durch Vertilgen von Insecten und Würmern nützliche Thiere, grössere Arten wie die Leguane werden des Fleisches halber erjagt. Bei weitem die Mehrzahl und zwar sämmtliche grösseren und prachtvoll gefärbten x^rten bewohnen die wärmern und heissen Klimate. Fossile üeberreste von Eidechsen haben sich sehr zahlreich gefunden, die ältesten aus den obersten Schichten des Jura. Eine riesige Grösse besassen die den Monitoren am nächsten verwandten Echsen der Kreide {Mosasaurus etc.). Zahlreicher sind die Funde aus der Tertiärzeit. l. Unterordnung. Annulata, Ringelechsen. Der sehr gestreckte, schlangenähnliche Körper besitzt eine derbe, schuppenlose Haut, welche durch Querfurchen in Ringe abgetheilt ist. Diese werden wieder von Längsfurchen in der Art gekreuzt, dass die Oberfläche ein zierhch ge- täfeltes mosaikartiges Aussehen erhält. Nur am Kopfe und an der Kehle finden sich grössere Schilder. Ein Brustbein fehlt, während der Schultergürtel, mit Ausnahme von Chirotes, sehr rudimentär bleibt. 2. Unterordnung: Vermilinguia. Chamaeleonidae. 939 Gewöhnlich fehlen die Extremitäten, indessen können kleine Vorderfüsse (Chirotes) vorhanden sein. Augenlider und Paukenteil fehlen, die kleinen Augen werden von der Haut überzogen. Auch wird eine Columella vermisst. Ueberall aber sind die Gesichtsknochen des engen Rachens und ebenso die Unterkiefesteräste fest mit einander verwachsen, letztere besitzen mehrere Foramina mentalia. Am Schädel entwickelt sich kein Interorbitalseptum. Die Zunge ist dick und kurz, ohne Scheide und auch die Bezahnung wie bei den Schuppenechsen, entweder nach Art der Acrodonten oder der Pleurodonten. Es sind harmlose Thiere, die grossentheils in Amerika ähnlich wie die Blindwühler unterirdisch leben und sich von Insecten und Würmern nähren. 1. Fain. Ämphisbaenidae , Doppelschleichen. Amphisbaena L. Zähne an der Innenseite der Kiefer angewachsen. 2 grosse getrennte ISasalsciiilder und 2 Paar Frontalschilder hinter denselben. Kopf flach mit gerundeter Schnauze. PrSanalporen deutlich. A. alba L., Brasilien. A. fuliginosa L., Südamerika. Sarea caeca Cuv. , Cynisca leucura Dum. Bibr., Guiana. Blanus Wagl. Zwischen die 2 kleinen Nasalplatten ragt ein grosses vorderes Frantalschild. Bl. cinereus Vand., Spanien. Anops Kingii Beil., Brasilien. Lepidosternon Wagl. Ohne Präanalporen. Zähne an der Innenseite der Kiefer angewachsen. Körper mit eingefurchter Seitenlinie. 10 oder 12 Kopfschilder. L. microcephalum Wagl., Brasilien. Bei Cephalopeltis Job. Müll, finden sich nur 2 Kopf- schilder. C. scutigera Hmpr., Brasilien. Trigonophis Kp. Zähne am Rande der Kiefer aufgewachsen. Kopf kurz conisch. Tr. Wiegnianni Kp., Algier. Chirotes Dum. Zähne am Innenrande der Kiefer angewachsen. Zwei Vorder- gliedmassen vorhanden. Cli. lumbricoides Flem., Mexico. 2. Unterordnung. Vermilinguia, Wurmzüngler. Echsen der alten Welt mit wurmförmiger, weit vorschnellbarer Zunge und hohem seitlich comprimirten Körper, welcher von einer chagrinartigen Haut bedeckt ist. Der Schädelbau weicht von dem der übrigen Eidechsen bedeutend ab, indem die Scheitelbeine nicht beweghch am Occipitale verschoben werden, sondern mit diesem und dem über die Scheitelbeine sich fort- setzenden Occipitalkamme fest verbunden sind. Orbita hinten durch aufsteigende Fortsätze der Jochbogen geschlossen, ßuadratbein oben fest am Schädel angeheftet. 1. Fam. Chamaeleonidae, Chamaelons. Der pyramidale Kopf erhält seine eigenthümliche Form durch die helmfürmig erhobenen Ueberbrückungen der Schläfen- grube. Die Füsse sind Greiffüsse und enden mit 5 Zehen, von denen je zwei und drei Zehen bis auf die Krallen mit einander verbunden, wie die Arme einer Zange wirken. Der lange dünne Schwanz dient als Kollschwanz zum Festhalten des Körpers an Zweigen und Aesten. Alle sind Acrodonten. Das Paukenfell liegt verborgen, von der Körperhaut überzogen. Das Auge wird von einem grossen und dehnbaren Lide bedeckt, in dessen Mitte eine nur kleine Oeffnung für die einfallenden Lichtstrahlen der Pupille gegenüber frei bleibt. Die wurmförmige sehr lange Zunge dient als Fang- apparat und ist an ihrer Spitze knopfarlig verdickt und becherförmig ausgehölt. In der Ruhe liegt dieselbe eingezogen am Boden der Mundhöhle, von dem rinnenförmigen 940 3. Unterordnung: Crassilinguia. Gaumen bedeckt, Iiervorgestreckt erreicht oder übertrifft sie die Länge des Thieres. Die Haut entbehrt der Beschuppung und besitzt eine mehr chagrinartige Beschaffenheit. Höchst merkwürdig und sowohl von dem Lichtreize der Umgebung abhängig, als der Willkür des Thieres unterworfen, ist der Farbenwechsel der Haut, zu dessen Erklärung in neuerer Zeit besonders die Untersuchungen Brücke's 'J beigetragen haben. Es sind nämlich zwei verschiedene Pigmentschichten unter der dünnen Oberhaut angehäuft, eine oberflächliche helle gelbliche und eine tiefere dunkelbraune bis schwarze, deren gegenseitige Ausbreitung und Lagerung sich verändert. Die Thiere sind trag und langsam beweglich, sie klettern vortrefflich und leben auf Bäumen, an deren Zweigen sie mit dem Wickeischwanze befestigt stundenlang unbeweglich auf Beute lauern. Diese besteht vorzugsweise aus Insecten, auf welche sie die Zunge pfeilschnell vor- schleudern. ChamaeleoH Laur., Ch. vulgaris Cuv. , im südlichen Spanien und Afrika, von Fuss Grösse. Cli. Senegalensis Daud., Ch. hifidus Brongn., Madagaskar und Mollucken. 3. Unterordnung. Crassilinguia, Dicksüngler. Mit dicker und kurzer fleischiger Zunge, welche an der Spitze kaum ausgebuchtet, in der Regel vielmehr zugerundet ist und nicht vorgestreckt werden kann. Augenlider sind meist vorhanden. Das Paukenfell liegt meist frei. Ueberall finden sich vier Gliedmassen mit nach vorn gerichteten Zehen. Ihr Wohnort erstreckt sich auf die wärmern Gegenden der alten und neuen Welt, die östliche und westliche Hemisphäre bergen überraschend ähnhche Typen, die aber nach dem Zahnbau eine scharfe Scheidung ge- statten; alle Bewohner Amerikas sind Pleurodonten, die der alten Welt Acrodonten. 1. Fam. Ascaldbotae, Haftzeher, Geckonen. Eidechsen von molchähnlicher plumper Form und nur geringer Körpergrösse, mit klebrigen Haftlappen an den Zehen und mit biconcaven Wirbeln. Poslfrontale mit dem Squamosum verbunden, ebenso die Maxillen durch Ligament mit dem 0>'adratbein. Die Haut ist klein-beschuppt, warzig und höckrig, meist düster gefärbt, der Schwanz kurz und dick. Alle sind Pleurodonten ohne Gaumenzähne und nächtliche scheue Thiere mit grossen der Lider entbehrenden Augen Sie klettern und laufen mittelst ihrer meist zurükziehbaren Krallen und Halt- lappen sehr geschickt an glatten und steilen Wänden und leben meist in den heissen Ländern, nur wenige im Süden Europas. Obwohl harmlose Thiere gelten sie doch fälschlich wegen des scharfen Saftes der Haftzehen für giftig und lassen zur Nachtzeit eine laute wie Gecko klingende Stimme hören. Platydactylus Cuv. Zehen verbreitert, mit einer Reihe von Schuppen auf der Unterseite, Daumen ohne Kralle. PI. (Gecko L.) verus Merr., China. PI. bivittatus Dum. Bibr., PI. (Tarentola Gray) fascicularis Daud, = PI. Mauritanica L. PI. muralis Dum. Bibr., Küsten des Mittelmeers. PI. aegyptiaeus Cuv. u. a. A. Gymnodactylus Dum. Bibr. Sämmtllche Zehen dick und mit Klauen. Schwanz flach mit Ringen von Tuberkeln. G. geckoides Spix., Brasilien. G. (_Phyllurus) pla- turus Cuv., Neuholland. Stenodaetylus Cuv. Zehen cylindrisch, seitlich gezähnelt, mit denticulirten Schildern der Unterfläche. St. guttatus Cuv., Egypten. Hemidactylus Cuv. Die beiden Endglieder der Zehen compress, gestreckt und 1) E. Brücke, Untersuchungen über den Farbenwechsel des afrikanischen Chamaeleous. Wiener Denkschriften. 1852. Iguanidae. 941 frei. Die Basalglieder verbreitert und mit 2 Reihen von Platten an der Unterseite. Schwanz abgeflacht. H.verruculatus Cuy., Küste des Mittelmeers. Oos« exotische Gattungen. Oriolus L. {OrioUdae), Schnabel ziemlich kegelförmig abgerundet, mit schwachem Endhaken. Schwanz gerade abgestutzt. 0. galbula L. , Pirol, bei uns vom Mai bis August. Chlamydndera Gould. 2. Fam. Paradiseidae, Paradiesvogel. Lebhaft gefärbte Vögel mit sanft ge- bogenem oder geradem coinprimirlen Schnabel. FUsse sehr stark und grosszehig. Die beiden mittlem Steuerfedern fadenförmig verlängert und nur an der Spitze mit kleiner Fahne. Männchen mit Büscheln zerschlissener Federn an den Seiten des Körpers und auch an Hals und Brust. Paradisea L. P. apoda L., P. regia L. , Neuguinea u. z. a. A. u. G. 3. F"am. Sturnidae, Staare. Singvögel mit geradem oder wenig gebogenem starken Schnabel, dessen Spitze selten auch nur schwach eingekerbt ist, ohne Bart- borsten. Flügel mit 10 Handschwingen. Sie leben gesellig und werden überaus nützlich durch Vertilgung lästiger Insekten. Sturnus L. Schnabel lang und spitz, geradegestreckt, Schwanz kurz, Flügel lang und spitz. St. vulgaris L. , der gemeine Staar, bei uns Strich- und Zugvogel. Pastor Temm. Schnabel beträchtlich kürzer, leicht gekerbt. P. roseus Temm., Staaramsel, im südl. Europa. Acridotheres Vieill. Gracula L. Schnabel lang mit breiter Basis. Kopf mit 2 nackten Bautlappen. G. religiosa L., Ostindien. Buphaga L. Schnabel nach vorn comprimirt. Lauf kurz und stark. B. afri- cana L. , Madenhacker, frisst die Oestruslarven aus der Haut der Rinder. Lampro- tornis Temm. u. a. G. Durch den Besitz von nur 9 Ilandschwingen unterscheiden sich die den Staaren sonst nahe verwandten amerikanischen meist gelb gefärbten Icteriden, Trupiale. Icterus jamacai Daud., Brasilien. Cassicus haemorhous Daud., Xanthomtis Cuv. u. z. a. G. 4. Fam. Coracinidae, Kropfvögel, Gymnoderidae. Ohne Singmuskulatur, mit grossem gewölbten breiten Schnabel, mit langer erster Handschwinge. NasenöfTnung mit Borsten umstellt. Bewohner Südamerikas. Coracina scutata Temm., Brasilien. Cephalopterus Geoffr Gymnocephalus calvtts Geoffr., Kapuzinervogel, Brasilien. Chasmarhynchus nudicollis Temm , Flötenvogel. 5. Fam. Cotingidae, Schmuckvögel. Ohne Singmuskulatur mit weichem pracht- voll gefärbten oft metallisch glänzenden Gefieder und hakig gekrümmter gekerbter Spitze des kurzen am Grunde breiten Schnabels, mit kurzen Läufen und breiten Wandel- fUssen. Sie ernähren sich grossentheils von Früchten. Cotinga Briss. {Ampelis L.). Schnabel mit leicht gekrümmter Firste, bis zum Nasenloch befiedert. 2te und 3te Schwinge am längsten. Schwanz massig lang. C. cayana Geoffr., Cayenne. 1022 Laniadae. Muscicapidae. Tyrannidae. Paridae. Pipra L. Schnabel kurz und dreikantig, mit scharfer Firste. Weibchen und Junge graugrün, Männchen lebhaft gefärbt. P. aureola L , Cayenne. Bupicola Briss. Schnabel hoch und sehr kurz. Männchen mit Scheitelkamm. JB. crocea Bp , Südamerika. Calyptura cristata Sw. 6. Fam. Laniadae, Würger. Grosse kraftige Singvögel mit hakig gebogenem stark gezahnten Schnabel, starken Bartborsten und massig hohen scharf bekrallten Füssen. Fliegen ziemlich schlecht und halten sich in Gebüsch und Waldungen auf, sind muthig und raublustig, machen auf Insekten wie auf kleine Vogel und Saugethierü Jagd und spiessen ihre Beute gern auf spitzen Dornen auf. Sind als Verbindungs- glieder der Sing- und Raubvögel zu betrachten. Lanius L. Schnabel vorn comprimirt mit scharfem Zahn. Schwanz lang stufig. L. excubitor L. , grosser Würger. L. minor L., schwarzstirniger Würger. L. rufus Briss {rußceps" Bechsl.), rothköpfiger Neuntödter. L. (Enneoctonus) collurio L., Neuntödter. Laniarius Vieill. Flüge! kurz abgerundet. Innenzehe beträchtlich kürzer als die äussere Zehe. i. barbarus Sw., Mittelafrika u. z. a. G. Hier schliessen sich die südamerikanischen Eriodoridae, Thamnophilidae an. Thanmophilus Vieill., Formidvora Sw. u. z. a. G. 7. Fam. Muscicapidae, Fliegenfänger. Schnabel kurz, an der Basis breit und niedergedrückt, vorn etwas comprimirt, mit hakiger eingekerbter Spitze. Flügel lang, mit 10 Handschwingen, von denen die dritte meist am längsten ist. Die Sohle des Laufes olt gestiefelt. Halten sich auf Bäumen auf und spähen nach Insekten, die sie im Fluge erhaschen. Beide Geschlechter weichen im Gefieder ab. Muscicapa L. Schnabelfirste fläch gedrückt. Dritte Schwinge am längsten. Schwanz gerade. M. grisola L. M. atricapilla L. 31. collaris Bechst. {albi- ColUs), Halsbandfliegenschnäpper. M. parva Bechst., Zwergfliegenschnäpper, Süd- europa. Muscipeta Cuv, Schnabel fast lancetförmig. Fünfte Schwinge am längsten. Schwanz lang, keiliörmig. M. paradisi Gab., Ostindien. Bombycilla Briss. Schnabel verhällnissmässig kurz, mit kleinem Ausschnitt vor der Spitze. Zweite und dritte Schwinge am längsten. Schwanz gerade. Seiten des Laufes mit Schildern. B. garrula L., Seidenschwanz, brütet in Lappland. 8. Fam. Tyrannidae. Ohne Singmuskeln. Schnabel mit Einkerbung vor der hakig umgebogenen Spitze. Bewohner Amerikas. Tyrannus Cuv. T. carolinensis Temm. Myiarchus Gab. M. ferox Gab., Brasilien. Todus L. T, viridis L., Süd- amerika. 9. Fam. Paridae, Meisen. Kleine schön gefärbte und überaus bewegliche Sänger von gedrungenem Körperbau, mit spitzem kurzen, fast kegelförmigen Schnabel und mittellangen gerundeten Flügeln, in denen die vierte oder fünfte Schwinge am längsten ist. Stand- und Strichvögel der gemässigten und nördlichen Gegenden. Er- nähren sich von Insekten, greifen aber auch gelegentlich kleine Vögel an. Paru^ L. Schnabel conisch, leicht gekrümmt, mit aufwärts steigender Dillen- kanle. P. major L , Kohlmeise. P. ater L., Tannenmeise. P. coeruleus L., Blau- meise. P. cristatus L., Haubenmeise. P. palustris L., Sumpfmeise. P. {Medstura) caudatus L., Schwarzmeise. Suthora nipalensis Hodgs., Nepal. Aegithalus Vig. Schnabel mit gerader Firste und schwach abwärts gebogener Dillenkante. Schwanz ausgeschnitten. Aeg. pendulinus L., Beutelmeise, Südtrankreich, Ungarn. Panurus barbatus Briss (biamücus L.), ßarlmeise, Holland, Südirankreich. Sitta L,, Spechtmeise. Schnabel gerade. Schwanz kurz, gerade. S. europaea L., Kleiber. Orihonyx spinicauda Temm., Polynesien. Accentoridae. Motacillidae. Sylviadae. Turdidae. 1023 10. Farn. Accentoridae, Flüevögel. Von krSfligera Körperbau, mit starkem kegel-pfriemenförmigen Schnabel, mittelhohen kurzzehigen stark bekrallten Füssen und kurzem breiten Schwanz. Halten sich mehr auf dem Erdboden auf und leben wie die Lerchen, zu denen sie hinfuhren, von Insekten und Sämereien. Accentor Becbst. A. modularis Lath , Graukehlchen. A. alpinus ßechst. , Alpenflüevogel. 11. Farn. Motacillidae, Bachstelzen. Körperbau schlank. Schnabel ziemlich lang, an der Spitze eingeschnitten. 9 Handscbwingen. Lauf vorn getafelt. Schwanz lang, ausgerandet. Lieben feuchte Localitälen und laufen sehr gewandt, nisten auf dem Boden. Anthus Becbst., Pieper. Die 3 ersten Schwingen gleich lang. Kralle der Hinter- zehe sehr lang und spitz. A. pratensis Becbst., Wiesenpieper. A. aquaticus Bechst., Wasserpieper. A. arhoreus Becbst., Baumpieper A. campestris ßechst., Brachpieper. Motacilla L. Zweite und dritte Schwinge am längsten. Schwanz lang. Hinter- zehe lang, mit langer Kralle. M. alba L., M. flava L. , 31. sulphurea Becbst., M. capensis L. 12. Fani. Sylviadae, Sänger. Kleine Singvögel mit pfrienienförmigem Schnabel und vorn getäfeltem Lauf. Grasmücken: Sylcia Lath. Schnabel schwach und schlank mit kaum ausgeran- deter Spitze. Schwanz breit abgerundet, Gefieder grau und braun. S. nisoria Bechst., Sperbergrasmücke. Ä curruca Laib, (garrula ßechst.), Slullerchen, Weisskehlchen. S. hortcnsis Lath , Gartengrasmücke. S. atricapilla Lath., Mönch-Grasmücke. S. cinerea Lath., Üorngrasmücke. Laubsänger: Fhyllopneuste Boie. Schnabel schwach. Schwanz ausgerandet. Gefieder grünlich grau, auf der Unterseite gelblich. Ph. trochilns Lath., Weiden- laubsänger, Backöfelchen. Ph. sihilatrix Bechst., Weidenzeisig. Ph. hypolais Bechst., Gartensänger oder Bastardnacbtigall. Uohri<änger: Calamoherpe Boie. C. titrdoides Meyer, Bohrsänger. (7. phrag- viites Bechst., Uferschilfsänger. C. arundinacea Lath., Teicbrobrsänger. C. locustella Lath., Buschrohrsänger u. a. A. Troglodytes Vieill. Schnabel comprimirt, wenig gekrümmt. Flügel länger als der abgerundete Schwanz. Tr. parvulus Koch, Zaunkönig, durch gan« Europa ver- breitet. Thryothorus Vieill., Campylorhynchus Spix sind verwandte amerikanische Gattungen. Eegulus Koch, Goldhähnchen. Schnabel mit hoher Firste, gerade und spitz. Schwanz leicht ausgerandet. Bildet den Uebergang zu den .Meisen. jR. cristatus Koch., M. ignicapillus Kaum. Cisticola Less. Schnabel kurz und leicht gebogen. Flügel gerundet, vierte Schwinge am längsten. Lauf hoch. C. schönicola Bp., der südeuropäische Schneider- vogel oder Cistensänger, näht Schilfblälter zum Keslbau zusammen. Orthotomus sepium Horsf. {sutorius), indischer Scbneidervogel. Malurus cyaneus Vieill., Austra- lien u. z. a. G. 13. Fam. Turdidae. Grössere Singvögel von schlankem Körperbau, massig langem etwas comprimirten vor der Spilze leicht gekerbten Schnabel, an dessen (irunde kurze Bartbursten aufsitzen. Die Beine sind bochläufig und mit einer vordem und zwei seitlichen Schienen bekleidet, gestiefelt. Beide Geschlechter meist gleich gefiedert, das Jugendkleid abweichend gefleckt. Die 3te und 4te der 10 Handschwingen am längsten. Fressen Insekten und theilweise Beeren und sind meist Zugvögel. Cinclits Bechst. Körperform wie die des Zaunkönigs. Schnabel schlank. Schwanz sehr kurz, ebenso die Flügel. C. aquaticus Becbst , Wasseramsel. Heni- curus velatus Temm., Java. 1024 5. Gruppe: Conirostres, Kegelschnäbler. Luscinia (Lusciola) Schwenkf. (Luscinianae, Erdsänger). Schnabel pfrieinen- förmig. Schwanz gerundet, inittellang. Flügel kurz L. phüomela Bechst., Sprosser oder grosse Nachtigall, im östl. Europa. L. luscinia L., Nachtigall. L. suecica L., Blaukehlchen. L. (Erythacus) rubicula L. , Rothkehlchen. L. (Bubicilla) phoeni- curus L., Gartenröthling. L. tithys Lath., Hausrothschwänzchen. Saxicola Bechst. Schnabel schlank, an der Basis breiter als hoch, nach vorn compriniirt. Füsse hoch. Schwanz kurz. S. oenanthe Bechst., Steinschmätzer. S. {Monticola) saxatilis Boie, Südeuropa. Pratincola Koch. Schnabel kurz, rundlich. Flügel mittellang. Körper lang, plumper. P. rubetra L., Braunkehlchen. Pr. rubieola L., Schwarzkehlchen, Turdus Briss. Körper ziemlich gross, gestreckt. Schnabel schlank, mit Kerben von der Spitze. Dritte Schwinge am längsten. T. pilaris L. , Kramnietsvogel oder Wacholderdrossel, brütet meist in Birkenwaldungen des Nordens. T. viscicorus L., Misteldrossel. T. mMSfC«« L., Singdrossel. 2'. tZzacws L., Weindrossel. T. torquatusV.., Ringeldrossel, T. tnerula L., Schwarzamsel. T. saxatilis L. , Steindrossel. T. mi- gratorius L., Wanderdrossel. Mimus polyglottus Boie, Spottdrossel, Nordamerika. Den Drosseln schliesst sich in der Schnabelform ein grosser Neuhulländischer Vogel an, der Leierschwanz, Menura superba Dav., der freilich in der Lebensweise zu den Hühnervögeln hinführt. Derselbe lebt paarweise in buschigen Waldungen und hat einen lauten eigealbümlichen Gesang. 5. Gruppe: Conirostres, Kegelschnäbler, Sperlingsvögel. Singvögel von geringer Grösse, von gedrungenem Leibesbau, mit dickem Kopf und kräftigem Kegelschnabel, mit kurzem Hals, mittellangen Flügeln und WandelfUssen. Der niedrige Lauf ist vorn getäfelt, das Gefieder dicht und oft, vornehmlich im männlichen Geschlecht, lebhaft gefärbt. Sie sind wohlbegabte gesellig lebende Vögel, welche sich von Körnern und Sämereien, Beeren und Früchten nähren, theilweise aber auch Insekten nicht verschmähen. Viele sind Zugvögel, einige Stand- oder Strichvögel. Sie bauen meist ein kunstvolles Nest, in welchem in der Regel das Weibchen allein brütet, während beide Geschlechter in dem Auffüttern der Jungen wetteifern. 1. Farn. Älaudidae, Lerchen. Von erdfarbenem Gefieder, mit mittellangem Schnabel, langen breiten Flügeln (mit meist 10 Handschwingen), langem Schulterfiltig und kurzem Schwanz. Die queren Nasengruben meist von einem Büschel von Feder- bnrsten bedeckt. Der Lauf ist auch an der hintern Seite getäfelt, die Hinterzehe trägt einen spornartigen fast geraden Nagel. Sie sind gewissermassen die Hühner unter den Sperlingsvögeln, vorzugsweise auf den Erdboden angewiesen, auf dem sie rasch um- herschreilen oder laufen, fliegen sie aber auch vortrefflich in mannichfaltigen Bewegungen, im Sommer nähren sie sich mehr von Insekten, im Herbst von Körnern und Getreide, im Frühling von jungen Pflanzen. Das einfache Nest wird auf dem Boden angelegt. Alauda L. Der conische Schnabel seitlich comprimirt mit leicht gekrümmter Firste. Ä. arvensis L., Feldlerche. A. arborea L. , Haiden- und Baumlerche. Ä. cristata L., Haubenlerche. A. alpestris L., Berg- oder Alpenlerche. A. calandra L., Kalenderlerche, in Südeuropa. A. sibirica L., A. tatarica Fall. 2. Farn. Fringillidae, Finken. Mit kurzem dicken Kegelschnabel ohne Kerbe, aber mit basalem Wulst. Mit 9 Uandscbwingen, von denen die 3 ersten meist am längsten sind. 7. Ordnung: Kaptatores, Raubvögel. 1025 Die Ammern (Embericinae) sin»l Verbindungsglieder zwischen Lerchen und Finken und characterisiren sich durch die langzehigen FUsse, deren Hinterzehe einen spornartigen Nagel trägt. Lauf mit Schienen. Emberiza L. Schnabel kurz, conisch. Kralle der Hinterzehe kürzer als die Hinterzehe. E. miliaris L., Grauammer. E. citrinella L., Goldammer. E. horiu- lana L. , Gartenammer. E. da L. , Zippammer. E. schöniclus L., Rohrammer. E. {Plectrophanes) nivalis L., Schneeammer. E. lapponica Kilss., Lerchenammer. E. aureola Fall. u. z. a. A. Fringilla L., EdelGnk. F. coelebs L., Buchfink. F. montifringilla L., Bergfink. F. nivalis L., Schneefink. F. (Cannabina) linota Gm., Bluthanfling. F. montiiim Gm., Berghänfling. F. linaria L., Birkenzeisig. F. spinus L., Zeisig. F. serinus L., Girlitz. F. carduelis L., Distelfink. Passer Briss. P. domesticus L., Haussperling. P. montanus L., Feldsperling. P. petronius L., Steinsperling. P. chloris L , Grünling. Coccothraustes Briss. C. vulgaris Pall., Kirschkernbeisser. C. enucleator L. Oryzoborus torridus Cab. Flier schliessen sich die amerikanischen Papageifinken an. Passerculus saoanna Bp., Nordamerika. Cardinalis virginianus Bp. Pyrrhula Briss. P. vulgaris Briss., Dompfaff. P. canaria L. , Canarienvogel. P. erythrina Meyer, Karmingimpel. Loxia L., Kreuzschnabel. L. curvirostra Gm., Fichtenkreuzschnabel. X. pytiopsittacus Bechst., Kieferpapagei. Auch amerikanische Arten: Paradoxornis flavirostris Gould., Ostindien. 3. Fam. Tanagridae. Mit Zahn oder Einschnitt am Oberschnabel. Amerikanisch. Euphonia Desm. E. musica, der Organist, Cuba. Tanagra L. T. episcopus L., Guiana. Pyra?iga rubra Sws., Nordamerika. 4. Fam. Ploceidae, Weber. Schnabelfirste zwischen den Stirnfedern vor- springend. Mit 10 Handschwingen, von denen die erste klein bleibt Lauf vorn ge- täfelt, seillich geschient. Bauen beufelförmige Nesterund leben in Afrika, Ostindien und Australien. Ploccus philippinus Cuv., Ostindien. PI. (Philetaerus) socius Gray, Südafrika. PI. (Uyphantornis) textor Gray. Vidua regia Cuv., V. principalis Cuv., aus Westafrika u. z. a. A. 7. Ordnung: ßaptatores, Raubvögel. Grosse Tcräftig gehaute Vögel mit starkem gelcrütmnten an der Spitze hakig übergreifenden Schnabel, getäfelten oder geschweiften Läufen und stark bekr aUten Sitzfüssen, vornehmlich von Warmblütern lebend. Die Raubvögel charakterisiren sich bei einem kräftigen Körperbau vornehmlich durch die hohe Entwicklung der Sinnesorgane, sowie durch die besondere Ausbildung des Schnabels und der Fussbewaffnung. durch welche sie zu der ihnen eigenthümlichen Lebensweise befähigt werden. Der rundliche grosse Kopf endet mit einem starken etwas comprimirten Schnabel, dessen Wurzel von einer weichen die Nasenöffnung um- schliessenden Wachshaut bekleidet ist, während die schneidenden Ränder und die hakig herabgebogene Spitze des Oberschnabels überaus hart und hornig sind, üeber der Spitze des Unterschnabels findet sich meist Claus, Zoologie. 2. Auflage. 6ö 1 02G Strigidae. eine Ausbuchtung oder zahnartige Erhebung am Rande des Oberschnabels. Die langen starken Zehen, von denen die äussere zur Wendezehe werden kann, sind mit überaus kräftigen gekrümmten Krallen bewaffnet, welche die bis zur Fussbeuge selten bis zu den Zehen befiederten Sitzfüsse zum Fangen der Beute geeignet machen Conturfedern gross, meist wenig zahlreich, zuweilen bleiben nackte Stellen in der Zügelgegend und am Kopf. Die langen spitzigen Flügel enthalten stets 10 Plandschwingen und 12 bis 16 Armschwingen, der breite und lange zuweilen gabiig ausgeschnittene Schwanz setzt sich aus 12 Steuerfedern zusammen. Die Raubvögel ernähren sich von animaler Kost und zwar vor- herrschend von Warmblütern, die sie lebend erbeuten, mit den Fängen festhalten und mit dem Schnabel zerreissen. Vor der Ver- dauung erweichen sie die aufgenommene Speise im Kropf, aus dem sie die zusammengeballten Federn und Haare als Gewölle ausspeien. Sie bewohnen den grössten Theil der Erde theilweise als Zugvögel, haben einen andauernden und gewandten Flug und nisten auf Bäumen, Mauern, Thürmen oder hohen Felswänden (Horst). In der Regel brütet das Weibchen allein, dagegen betheiligt sich das Männchen an der Herbei- schaffung der Nahrung für die hülflosen Jungen. Die Verbreitung ist eine sehr grosse. Einige Eulen und Falkengattungen sind Kosmopoliten. Fossil schon vom Eocen bis zum Diluvium. 1. Farn. Strigidae, Eutbn. Mit grossen nach vorn gerichteten Augen, die von einem Kreise steifer Federn zuweilen schleierartig umstellt sind, starkem von der Wurzel an abwärts gebogenen, hakenlosen Schnabel, dessen Wachshaut unter den Borstfiifedern versteckt liegt. Das weiche und lockere Gefieder steht weit vom Körper ab und bedingt mit den langen breiten abgerundeten und sägearlig gezahnten Schwingen einen überaus geräuschlosen Flug. Beine niedrig. Die Fiisse sind ofi bis zu den Spitzen der stark bekrallten Zehen befiedert und haben eine äussere Wendezehe. Unter den Sinnesorganen sind vornehmlich Auge und Ohr entwickelt, letzteres meist mit häutigem Ohrdeckel und äusserer Hautfalte, auf der sich die Federn nach Art einer Ohrmuschel gruppiren können. Sie gehen vorzugsweise in der Dämmerung und Nacht auf Raub aus, nähren sich von kleinen Vögeln und Säugethieren und haben eine laute klagende Stimme. Am Tage halten sich die Eulen in einsamen Verstecken, Gemäutrn, Baumlochern etc. auf, in denen sie auch die kunstlose Anlage ihres Nestes ausfuhren, oder ohne alle Vorbereitung ihre Eier ablegen. Strix Sav. Ohrbüschel fehlen. Schleier vollständig, Ohren mit Deckel. Str. flammea L., Schleiereule. Syrnium Sav. Ohrhüschel klein oder fehlend. Schwanz lang und breit. Zehen dicht befiedert. S. aluco L-, Waldkauz. Nyctale Br. Kleine Eulen mit fast vollständigem Schleier, mit dicht befiederten Zehen. N. dasypus Bechst., Hauchlusskauz. Otus Cuv. Mittelgrosse Eulen mit kurzem Schnabel, grosser Ohröffnung und aufricbtbarem Ohrbusche. 0. vulgaris L , Ohreule. 0. brachyotus Gm., Sumpfohreule. Bitbo Sav. Grosse Eulen mit unvollständigem Schleier und langen Ohrbüscheln. Schnabel von der Wurzel an gebogen. Lauf und Zehen dicht befiedert. JB. maximus Sibb., Uhu. B. virginianus Bp., Nordamerika. Vulturidae. Accipitridae. 1027 Ephialtes Blas, Keys. Kleine Eulen mit unvollständigem Schleier und aurricht- baren Ohrbüscheln mif kurz befiedertem Lauf und nackten Zehen. E.scopsL., Zwerg- ohreule, Südeuropa. Surnia Dum. Kopf breit mit kurzem fast panz von Federn bedeckten Schnabel, ohne Ohrbüschel, mit breitem Schwanz. S. ulula L., S. noctua ßp., S. passerina Keys. Blas., Sperlingseule, Schweden. Nyctea Sleph. Kopf klein. Schwanz abgerundet. N. nivea Daud., Schnee- eule. N. funerea L., nisoria Meyer, Sperbereule. 2. Farn. Vulturidae, Geier. Raubvögel von bedeutender Körpergrösse mit langem geraden, nur an der Spitze herabgebogenen Schnabel. Nasen oft durchgängig {Cathartinae). Die Flügel sind gross und breit, mehr oder weniger abgerundet. Die kräftigen Füsse enden mit schwachen Zehen, deren Nägel kurz und stumpf bleiben, daher nicht als Fänge benutzt werden können. Kopf und Hals bleiben oft grossen- theils nackt, der Kopf trägt zuweilen lappige Hautanhänge, der Nacken wird zuweilen kragenartig von Flaumen und Federn umsäumt. Die Geier fliegen in den höchsten Höhen ausdauernd, aber langsam, haben ein vortrelfliches Auge und Gehör, sind aber träge, nähren sich meist von Aas und greifen nur ausnahmsweise lebende Thiere an. Sie bauen ihren Horst auf Bäumen und Felswänden vor Beginn des Frühjahrs. Sarcorhamphus Dum., Kammgeier. Schnabel verlängert, am Grunde mit weicher Wachshaut und Fleischkamm. Halskrause vorhanden. S. gryphus GeofTr., Condor. S. papa Dum., Königsgeier, Südamerika. Cathartes Temm., Aasgeier. Schnabel verlängert, ohne Fleischkamm an der Basis und meist ohne Halskrause. C. aura lil., C. atratus Baird., Südamerika. Neophron Sav., Kabengeier. Schnabel lang und schlank mit mächtig ent- wickelter Wachshaut und übergebogener Spitze. Schwanz langsliifig. Kopf und Hals nackt. N. percnopterus Sav., Aegyptischer Aasgeier. N. pileatus Sav., Mittelalrika. Vultur L. Schnabel lang mit stark gewölbter Firste. Kopf mit Dunen bekleidet. Halskrause vorhanden. Schwanz abgerundet. V. monachus L. {cinereus Gm.), Süd- europa. Gyps fulvus Briss. Gypaetus Cuv. , Geieradler. Schnabel stark und lang. Kopf und Hals dicht befiedert. Wachshaut von Federborsten bedeckt, die zwischen den Uiiterkieferästen einen Bart bilden. G. barbatiis Cuv., Bartgeier, Lämmergeier, südl. Europa, Gypo- hierax angolensis Rüpp., Westafrika. 3. Fam. Accipitridae = Falconidae, Falken. Raubvögel von kräftigem ge- drungenen Baue, mit kurzem» nnd meist gezähnten Schnabel mit befiedertem Kopf (selten mit nackten Wangen) und Hals. Die ganze Schnabelfirste gleichmässig gebogen. Läufe mitlelhoch, zuweilen befiedert Zehen mit stark gekrümmten scharfen Krallen. Die grossen und zugespitzten seltener gerundeten Flügel gestatten einen schnellen und gewandten Flug, dessen viele Arten zum Erjagen der Beute bedürfen. Sie beherrschen einsam oder paarweise bestimmte Reviere und nähren sich von lebenden Thieren, meist Warmblütern, aber auch Insekten und Würmern, 1. Unterf, Jquilinae, Adler. Von bedeutender Grösse, mit abgerundeten langen Flügeln und grossen gegen die Spitze gekrümmten Schnabel, welcher anstatt des seit- lichen Zahnes eine Ausbuchtung besitzt. Heben lebende Warmblüter auf, nähren sich aber auch von Fischen und verschmähen selbst Aas nicht, Aquila Briss, Schnabel lang, an der Wurzel gerade, ohne Zahnausbuchtung. Füsse bis zur Wurzel der Zehen befiedert, A. chrysaetos L., Goldadler, Südvaffnet, die hintere Zehe kurz und vom Boden erhoben. Der von einem kurzen Halse getragene Kopf läuft in einen überaus langen und rundlichen Schnepfenschnabel aus, an dessen äusserster Spitze die Nasenößnungen münden. Die Kiwis sind Nachtvögel, die sich den Tag über in Erd- löchern versteckt halten und zur Nachtzeit auf Nahrung ausgehen, Sie ernähren sich von Insektenlarven und Würmern, leben paarweise und legen zur Fortpflanzungszeit, wie es scheint zwei mal im Jahre, ein auffallend grosses Ei, welches in einer ausgegrabenen Erdhöhle vom Weibchen, nach Anderen vom Männchen und Weibchen abwechselnd bebrütet werden soll. Den Kiwis (Apterygia) schliesst sich eine zweite Gruppe von flug- unfähigen Landvögeln Neuseeland's an, welche grossentheils ausgestorben in einzelnen ihrer Repräsentanten eine riesige Körpergrösse (.bis 10 Fuss hoch) erreichten und daher den Namen der Riesenvögel {Dinornida) erhalten haben. Von plumpem unbeholfenen Baue und unfähig sich vom Boden zu erheben, waren sie nicht im Stande, den Nachstellungen der Neuseeländer Widerstand zu leisten. Von emigen sind Reste aus dem Schwemmland bekannt geworden, von anderen aber noch so recente Knochen aufgefunden, dass die Coexistenz dieser Thiere mit dem Menschen nicht bezweifelt werden kann. Auch weisen die Sagen der Eiugebornen 1) 1812 kam durch Barclay der erste Kiwi nach Europa und wurd« 1833 von Yarrell als A. australis beschrieben. 1032 V. Classe. Mammalia, Säugethiere. von dem Riesen Moa, und mehrfache Funde (Eierfragmente in Gräbern) darauf hin, dass die Riesenvögel noch in historischen Zeiten gelebt haben, wie andererseits Entdeckungen der jüngsten Vergangenheit sogar die gegenwärtige Existenz kleinerer Arten wahrscheinlich gemacht haben. Insbesondere wurden neuerdings beim Durchforschen der Bergketten zwischen dem Beivaki- und Ta&aÄ;aflusse Fussspuren eines Ungeheuern Vogels entdeckt, dessen Knochen aus dem vulkanischen Sande der Nord- insel bereits bekannt waren. Von den riesengrossen Arten (Palapteryx iuyens — Dinornis giganteus, elephantopus etc.) ist es theilweise ge- lungen aus den gesammelten Knochen die Skelete vollständig zusammen zu setzen. Von letzterm steht ein Skelet im Brit. Museum, von P. iiigens ist ein solches durch Hochstetter (Novaraexpedition) in Wien aufgestellt. Auch auf Madagaskar hat man im Alluvium Stücke von Tarsalknochen eines Riesenvogels (Äepyornis maximus, Vogel Ruc, Marko Polo) und im Schlamme wohlerhaltene colossale Eier entdeckt, deren Inhalt ungefähr 150 Hühnereiern gleichkommen mag. V. Classe. Iffammalia ' ) ^ !§äiigetlif er e. Behaarte Warmblüter mit doppeltem Gondylus des Hinterhaupts, ivelche lebendige Junge gebären und diese mittelst des Secretes von Milchdrüsen aufsäugen. Den Luftbewohnenden Vögeln gegenüber sind die Säugethiere vor- nehmlich zum Landaufenthalte organisirt, obwohl wir auch hier Formen 1) Ausser Bnffon und den altern Autoren vergl. Job. Ch. D. V. Schreber, Die Säugethiere in Abbildungen nach der Natur mit Beschreibungen fortgesetit von Joh. Andr. Wagner. Bd. I — VII und Suppl. I— V. Erlangen und Leipzig. 1775 — 1855. E G. St. Hilaire et Fr6d. Cuvier, Histoire naturelle des Mammiferes. Paris. 1819-1835 C. J. Temmink, Monographie de mammalogie. Leiden. 1825 — 1841. R. Owen, Odontography. 2 vol. London. 1840—1845. Derselbe, Art Mammalia in Todd, Cyclopaedia of anatomy and physiology. Bd. m. 1841. C. H. Pander und E. d'Alton, Osteologie. Bonn. Blainville, Osleographie. Paris. 1839—1851. W. J. Flow er, Osteology of ibe Mammalia. London. 1870, lieber Anatomie der Säugethiere vergleiche besonders die Arbeiten von Cuvier, Heckel, Joh. Müller, Owen u. a. Ueber Entwicklungsgeschichte die Werke von C. E. T. Baer, Rathke, Bischoff, Reichert u. a. . . C, ./.,,,//....".,- - ■■■■■■■■■. ; >.,fi^ Y^'^^*^ ■ '^^ '^"^ '^■/■^''^ ' Haut. Haarkleid. 1033 antreffen, welche in verschiedenem Grade dem Wasserleben angepasst sind, ja sogar ausschliesslich das Wasser bewohnen, oder als Flatter- thiere in der Luft sich bewegen und Nahrung finden. Den günstigem Bewegungsbedingungen der Säugethiere entspricht eine bedeutende Durch- schnittsgrösse, die auch hier wie in allen andern Abtheilungen unter den Wasserbewohnern am höchsten steigt. Die Haut der Säugethiere besteht wie bei den Vögeln aus einer bindegewebigen, Gefässe und Nerven führenden, auch Pigmente ent- haltenden Cutis und aus einer zelügen Oberhaut, welche sich in eine weiche pigmenthaltige untere Schicht (Malpighische Schleimschicht) und eine mehr oder minder verhornte obere Lage sondern lässt. Die Oberfläche der letztern erscheint selten wie bei den Cetaceen ganz glatt, sondern von mannichfachen bogenförmigen und spiraligen theilweise sich kreuzenden Furchen durchzogen und an manchen Stellen (Sohlenballen, Gesässschwielen) schwielig bis zur Entwickelung fester Hornplattea verdickt. Ebenso charakteristisch wie die Befiederung für die Vögel ist das Haarkleid für die Säugethiere. In der That sind Haarbildungen in der Körperbedeckung unserer Classe so allgemein, dass Oken die Säuge- thiere mit gutem Grunde »Haarthiere* nennen konnte. Obwohl die colossalen Wasserbewohner und die grössten in den Tropen lebenden Landthiere durch eine nackte Hautoberfläche ausgezeichnet sind, so fehlen doch auch hier die Haare nicht an allen Stellen und zu jeder Lebenszeit vollständig, indem z. B. die Cetaceen wenigstens an den Lippen kurze Borsten besitzen. Auch das Haar ist eine Epidermoidal- bildung und entspricht nach Form und Entwicklung der Spuhle und dem Schafte der Feder. Dasselbe erhebt sich mit seiner zwiebelartig verdickten Wurzel (Haarzwiebel) auf einer gcfässreichen Papille (Pulpa) im Grunde einer von der Oberhaut bekleideten Einstülpung der Cutis (Haarbalg) und ragt nur mit seinem obern Theil, dem Schaft, frei aus der Oberfläche der Haut hervor. Aehnlich wie man die Federn in Conturfedern und Dunen sondert, unterscheidet man nach der Stärke und Festigkeit des Haarschaftes Licht- oder Stichelhaare und Wollhaare. Die letzteren sind kurz, zart, gekräuselt und umstellen in grösserer oder geringerer Zahl je ein Stichelhaar. Je feiner und wärmeschützender der Pelz, um so bedeutender wiegen die Wollhaare vor. Bei den in G. R. Waterhouse, A Bist. nat. of the Mammalia. London. 1846—1848. Blasius, Die Säugethiere Deutschlands. 1857. G. G. Giehel, Die Säugethiere in zool.-anatomischer und palaeontologischer Hinsicht. Leipzig. 1859. A. E. Brehm, lllustrirtes Thterleben. l und IL A. Wagner, Die geographische Verbreitung der Säugethiere. And Murray, The geographica! destribution of mammalia. London. 1866. 1034 Winterpelz. Talgdrüsen. Schweissdrüsen. kälteren Klimaten lebenden Säugethieren nehmen die Wollhaare vor Eintritt der kältern Jahreszeit an Masse ungewöhnlich zu und veran- lassen die Entstehung eines auch zuweilen abweichend gefärbten Winter- pelzes. Die Stichelhaare werden durch bedeutendere Stärke zu Borsten, diese gehen wiederum allmählig durch fortgesetzte Dickenzunahme in Stacheln über, wie sie sich in der Hautbekleidung des Igels, des Stachel- schweins, Ameisenigels etc. finden. An diese stärkern Epidermoidal- gebilde heften sich wohl allgemein glatte Muskeln der Unterhaut an, durch welche die Stacheln einzeln bewegt werden können, während die allgemeiner verbreitete quergestreifte Hautmuskulatur ein Sträuben des Haarkleides und Emporrichten der Stacheln über grössere Hautflächen veranlasst. Eigenthümlich verhalten sich die zum Tasten dienenden Spürhaare (Vibrissae) , deren von Muskelfasern umstrickter Balg einen schwellbaren Schwammkörper enthält, in welchem sich die Verzweigungen eines eintretenden Nervenstänimchens vertheilen. Auch kann die Epidermis sowohl kleinere Hornschuppen als grosse dachziegelartig übereinander- greifende Schuppen bilden, erstere am Schwänze von Nagethieren und Beutlern, letztere auf der gesammten Rücken- und Seitenfläche der Schuppenthiere , welche durch diese Art der Epidermoidalbekleidung einen hornigen Hautpanzer erhalten. Eine andere Form des Hautpanzers entsteht durch Ossification der Cutis bei den Gürtelthieren, deren Haut- knochen in ähnlicher Weise wie bei den gepanzerten Fischen und Reptilien aneinandergrenzende Platten, sowie in der Mitte des Leibes breite verschiebbare Knochengürtel darstellen. Zu den Hautverknöcherungen gehören ferner die periodisch sich erneuernden Geweihe der Hirsche etc., zu den Epidermoidalbildungen die Hornscheiden der Cavicornier, die Hörner der Rhinozeren sowie die mannichfachen Hornbekleidungen der Zehenspitzen, welche als Plattnägel (Unguis lamnaris), Kuppnägel (ü. tegularis), Krallen (Fulcula) und Hufe (Ungula) unterschieden werden. Unter den Drüsen der Haut lassen sich zwei sehr verbreitete Drüsenformen unterscheiden, welche den Vögeln noch vollständig fehlen, die Talgdrüsen und Schweissdrüsen. Erstere sind ständige Begleiter der Haarbälge, finden sich aber auch an nackten Hautstellen und sondern eine fettige Schmiere ab, welche die Hautoberfläche schlüpfrig erhält. Die Schweissdrüsen bestehen in der Regel aus einem -knäuelartig ver- schlungenen Drüsenkanal mit geschlängeltem Ausführungskanal und ver- breiten sich zuweilen über die ganze Körperoberfläche hin, können aber auch {Cetaceen, Mus und Talpa) überhaupt fehlen. Ausserdem kommen 1) Vergl. insbesondere Heusinger, System der Histologie. Jena. 182.5. Reissner, Beitrag zur Kenntniss der Haare des Menschen und der Siiugethiere. Dorpat. 1854. Leydig, Ueber die äusseren Bedeckungen der Söugelhiere. Müiler's Archiv. 1859. Skelet. 1035 bei zahlreichen Säugethieren an verschiedenen Hautstellen grössere Drüsen mit stark riechenden Secreten vor, welche meist auf modificirte Talg- drüsen, seltener auf Schweissdrüsen zurückzuführen sind. Dahin gehören z. B. die Occipitaldrü?en der Cameele, die in Vertiefungen der Thränen- beine liegenden Schniierdrüsen von Cervus, Antilope, Ovis, die Schläfen- drüse der Elephanten, die Gesichtsdrüsen der Fledermäuse, die Klauen- drüsen der Wiederkäuer, die Seitendrüsen der Spitzmäuse, die Sacral- drüse von Dicotyles, die Drüsen am Schwänze des Desman, die Crural- drüsen der männlichen Monotremen etc. Am häufigsten finden sich dergleichen Absonderungsorgane in der Nähe des Afters oder in der Inguinalgegend und liegen dann oft in besondern Hautaussackungen wie z. B. die Analdrü.sen zahlreicher Raubthiere, Nager und Edentaten, die Zibethdrüsen der Viverren, der Moschusbeutel von Moschus moschi- ferus, die Bibergeilsäcke an der Vorhaut des männlichen Bibers. Das Skelet der Säugethiere ist im Gegensatze zu dem leichten pneumatischen Knochengerüst schwer und statt der Lufträume mit Mark erfüllt. Der Schädel bildet eine geräumige Kapsel, deren Knochenstücke nur ausnahmsweise frühzeitig ( Schnabel thier) verschmelzen, in der Regel aber zeitlebens grösstentheils durch Nähte gesondert bleiben. Freilich gibt es Fälle genug, in denen am adulten Thiere die Nähte grösstentheils oder sämmtlich verschwunden sind (Affen, Wiesel). Die umfangreiche Ausdehnung der Schädelkapsel im Vergleiche zu dem Vogel- und Reptilienschädel wird nicht nur durch die bedeutende Grösse des Schädel- daches erreicht, sondern vornehmlich dadurch, dass die Knochen der Seitenwand an Stelle des Interorbitalseptums treten und sich bis in die Ethmoidalgegend nach vorn hin erstrecken. So kommt es, dass das Ethmoideum (Lamina crihrosa) zur Begrenzung der vordem und untern Partie der Schädel verwendet wird und der vordere Rest des Inter- orbitalseptums sich auf die Crista Galli des Ethmoideum reducirt. Auch die Temporalknochen nehmen wesentlichen .\ntheil an der Schädel- begrenzung, indem nicht nur Petrosum und ein Theil des Mastoideum, sondern auch das grosse Squamosum die zwischen Alisphenoid und den Seitentheilen des Hinterhaupts bleibende Lücke ausfüllen. Ueberall artikulirt das Hinterhauptsbein mit dem ersten Halswirbel durch zwei Gelenkhöcker und zeigt meist auf der Mitte der Schuppe einen medianen Kamm, an den Seitentheilen jederseits einen pyramidalen Fortsatz (Pr. jugidaris) zur Insertion eines den Unterkiefer abwärts ziehenden Muskels {M. biventer). Häufig erhalten sich vorderer und hinterer Keilbeinkörper lange Zeit gesondert, an den letztern schliessen sich die hintern Keilbein- flügel mit den zugehörigen Deckstücken der Scheitelbeine an, hinter welchen zuweilen ein accessorisches Scheitelbein (Os interparietale) zur Entwicklung kommt. Dieses verschmilzt jedoch in der Regel mit dem Occ. superius, seltener mit den Scheitelbeinen. Minder häufig als die 1036 Schädel Kiefergaumenapparat. beiden Scheitelbeine verwachsen die Stirnbeine, durch welche die vordem Keilbeinflügel an der Scliädeldecke geschlossen werden. Am Schläfenbein kommen zu dem Felsenbein (die drei Stücke der Gehörkapsel Fro-, Opistho-, Epi-oticum) und dem Zitzenbein (Tlieil des Epioticum) das Squamosum als grossere Knochenschuppe und von aussen das Pauken- bein {Os tympanicum) hinzu, welches den äussern Gehörgang umschliesst und sich häufig zu einer vorragenden Kapsel erweitert. Postfrontalia fehlen. Zum vordem Verschluss der Schädelhöhle wird die durchlöcherte Platte [Lamina cribrosa) des Siebbeins verwendet, dessen Lamina papyracea nur bei den Atfen und Menschen vorhanden ist und hier zur Bildung der Innern Augenhöhlenwand beiträgt. In allen andern Fällen liegt das Siebbein vor den Augenhöhlen und wird seitlich von den Maxillarknochen umlagert, erlangt dann aber auch eine bedeutende Längenausdehnung. Während die Lamina perpendicularis , an welche sich nach vorn die knorplige Nasenscheidewand, von unten der Vomer anschhesst, dem Ethmoideum impar entspricht, wird man die Seiten- hälften mit der Lamina cribrosa und dem Labyrinthe (Siebbeinzeilen und die beiden obern Muschelpaare) auf die Praefrontalia der niedern Wirbelthiere zurückzuführen haben. Im vordem Abschnitt der Nasen- höhle endlich treten als selbstständige Ossifikationen die untern Muscheln auf, welche an der Innern Seite des Oberkiefers anwachsen. An der äussern Fläche der Siebbeinregion lagern sich als Belegknochen die Nasenbeine und seitlich die Thränenbeine an. Erstere sind zuweilen nur klein {Cetaceen) und mit einander verwachsen (Ati'en der alten Welt), in der Regel aber bei langgestreckter Schnauze überaus lang, sowohl der Ausdehnung der Nasenhöhle als der Längsentwicklung der Gesichts- knochen entsprechend. Das Thränenbein (bei den Robben und Cetaceen als selbstständiger Knochen vermisst), dient zur vordem Begrenzung der Augenhöhle, tritt aber zugleich gewöhnlich als Gesichtsknochen an der äussern Fläche hervor. Characteristisch für die Säugethiere ist die feste Verschmelzung des Schädels mit dem Kiefergaumenapparat und die Beziehung des Kieferstils zur Paukenhöhle. Diese hat zur Folge, dass sich der Unter- kiefer direkt am Schläfenbein einlenkt ohne Vermittlung eines Quadrat- beins, dessen morphologisch gleichwerthiges Knochenstück schon während der Embryonalentwicklung an die Aussenfläche der Ohrkapsel in die spätere Paukenhöhle gerückt ist und zu dem mit dem Stapes verbun- denen Ambos umgebildet erscheint, während ein dritter Gehörknochen, der dem Trommelfell anliegende Hammer, als Rudiment des Articulare vom Unterkiefer gelten kann. Kiefer-, Flügel- und Gaumenbeine bieten ähnliche Verhältnisse als bei den Schildkröten und Crocodilen, doch fehlt stets ein Quadrato-jugale , da sich das Jugale an das Squamosum anlegt. Ueberall haben wir die Bildung einer die Mund- und Nasen- Camper'scher Gesichtswinkel. 1037 höhle trennenden Gaumendecke, an deren Hinterende die Choanen münden. Die Schädelkapsel wird bei den Säugethieren durch das Gehirn so vollständig ausgefüllt, dass ihre Innenfläche einen relativ gonauen Ab- druck der Gehirnoberfläche darbietet. Sie ist bei dem bedeutenden Umfang des Gehirns weit geräumiger als in irgend einer andern Wirbel- thierklasse, bietet aber in den einzelnen Gruppen mannichfaltige Ab- stufungen der Grössenentwicklung insbesondere mit Rücksicht auf die Ausbildung des Gesichts, welches im Allgemeinen um so mehr unter der Schädelkapsel hervortritt, je tiefer die intellectuellen Fähigkeiten des Thieres zurückbleiben. Man hat daher das Verhältniss von Schädel- und Gesichtsentwicklung schon seit längerer Zeit gewissermassen als Ausdruck der relativen Stufe der Intelligenz verwerthet und sich bemüht, für die Bestimmung desselben ein einfaches Mass zu finden. Insbesondere war es Peter Camper, welcher das.^elbe durch zwei Linien zu be- stimmen suchte, von denen die eine horizontal von der Mündung des äussern Gehörgangs bis zum Grunde der Nasenöff'nung (S2nna nasalis), die andere schräg von der höchsten Hervorragung der Stirn bis zum Vorderrande des Zwischenkiefers und der Wurzel der Schneidezähne gezogen wird. Bei den Menschen ist dieser nach Camper benannte Gesichtswinkel am grössten, variirt aber auch nach Rasse und Indivi- dualität von etwa 70 Grad an bis nahezu einem Rechten. Bei den Affen sinkt er herab bis auf 30 Grad {Chrysothrix mehr als 60°), bei andern Säugethieren bis auf 25 Grad und mehr. Indessen ist dieses Mass des Camper'schen Gesichtswinkels doch nur zum Vergleiche der allernächsten Verwandten von beschränktem Werthe und auch da durch bessere Hülfsmittel einer exactern Schädelmessung verdrängt, zu einem allgemeinen Gebrauche aber um so unzulässiger, als abgesehen von der Schwierigkeit, welche die Bestimmung des Winkels in einzelnen Fällen bietet, das Verhältniss von Schädel und Gesicht in Folge des mit- gemessenen Umfangs der Stirnhöhle nicht einmal genau bestimmt wird. Sodann aber richtet sich die besondere Entwicklung des Gesichts, die Streckung oder Verkürzung desselben nach besonderen Bedürfnissen der Lebens- und Ernährungsweise, ohne überhaupt eine directe Beziehung zur Grösse und Ausbildung des Gehirns darzubieten. Das Zungenbein zeichnet sich durch den breiten aber meist kurzen (ausnahmsweise ge- V?ölbten und ausgehöhlten, Mycetes) querbrückenartig gelagerten Körper aus, an welchem sich zwei Bogenpaare erhalten. Das vordere wird in der Regel aus mehreren Gliedern gebildet und steht durch das obere Glied, von dem sich vorher schon der. Stapes abgelöst hat, mit dem Petrosum in Verbindung. Die letztere kann eine feste Verschmelzung werden und das obere Glied durch den Processus styloideus des Schläfen- beins vertreten sein. Dann stellt sich das sonst gewöhnlich ossificirte 1038 Wirbelsäule. Mittelstück als Ligamentum stylohyoideum dar, während das ventrale Glied ein sehr kleiner Fortsatz des Körpers wird (Mensch, Orang). Bei Mycetes ist der Vorderbogen in seiner ganzen Länge durch ein Ligament repräsentirt. Die Hinterhörner verbinden sich durch Ligamente mit dem Schildknorpel des Kehlkopfs und sind meist kleiner als die vordem, können sich auch lostrennen oder ganz ausfallen (Nager, Edentaten). Die Wirbelsäule der Säugethiere zeigt in der Eegel die fünf als Hals, Brust, Lenden, Kreuzbein und Schwanz bezeichneten Regionen. Nur bei den Walfischen, welche der Hintergliedniassen entbehren, fällt die Beckengegend aus, während die Lendengegend eine sehr bedeutende Aus- dehnung erhält, aber ganz allmählig in den Schwanz übergeht. Hier erscheint auch im Zusammenhang mit dem Wasscrleben und der fisch- ähnlichen Bewegungsweise die Halsgegend auffallend verkürzt und durch die Verwachsung der vordersten Wirbel fest, jedenfalls nicht seitlich drehbar, während in allen andern Abtheilungen die Halsregion gerade durch die vollkommenste Beweglichkeit der Wirbel ausgezeichnet ist. Die Wirbelkörper stehen untereinander, nur ausnahmsweise (Hals der Hufthiere) durch Gelenkflächen, dagegen allgemein durch elastische Bandscheiben {Ligamenta intervertehralia) in Verbindung. Die Hals- wirbel, welche sich meist durch die Freiheit der Seitenbewegungen, sowie durch die Kürze der obern Dornfortsätze von den Rückenwirbeln aus- zeichnen, auch nur ausnahmsweise abgesetzte Rippenrudimente tragen, finden sich fast constant in Tfacher Zahl. Eine verminderte Zahl der Halswirbel characterisirt den Manatus australis mit 6 Halswirbeln, während eine Vermehrung um einen Wirbel bei Bradypus torquatus, um zwei bei Br. tridadylus beobachtet wird. Die beiden vordem Hals- wirbel zeichnen sich durch eine eigenthümliche nur den Cetaceen fehlende Einrichtung aus, welche eine Arbeitstheilung der dorsoventralen und seitlichen Bewegungen des Kopfes zur Folge hat. Der erste Halswirbel, Atlas, ist ein hoher Knochenring mit breiten flügelartigen Querfortsätzen, auf deren Gelenkflächen die Condyli des Hinterhauptsbeins die Hebung und Senkung des Kopfes vermittlen. Die Drehung des Kopfes nach rechts und nach links geschieht dagegen durch die Bewegung des Atlas um einen medianen Fortsatz (Processus odontoideus), des nachfolgenden Wirbels, des Upistropheus, um einen Fortsatz, welcher morphologisch dem vom Atlas gesonderten und mit dem Körper des Epistropheus ver- einigten vordem Wirbelkörper entspricht. Die Rückenwirbel characteri- siren sich durch hohe kammförmige Dornfortsätze, eine geringere Beweg- lichkeit und den Besitz von Rippen, von denen sich die vordem an dem meist langgestreckten aus zahlreichen hintereinander gereihten Knochen- stücken zusanuuengesetzten Brustbein durch Knorpel anheften, während die hintern als sog. falsche Rippen das Brustbein nicht erreichen. Am Wirbel articuliren die Rippen mittelst Capitulum und Tuberculum. Die Extremitätengürtel. 1039 Zahl der Rückenwirbel ist einem grössern Wechsel als die der Hals- wirbel unterworfen, beträgt in der Regel 13, zuweilen 12, sinkt auch noch etwas tiefer bei einigen Fledermäusen und Gürtelthieren , steigt dann aber häufig bis auf 15 und n ehr, in einem Falle auf 18 (Pferd), 19 bis 20 (Rhinozeros, Elephant) und 23 bis 24 (dreizehiges Faulthier). Die Lendenwirbel, welche der Rippen entbehren, dafür aber hohe und umfangreiche Querfortsätze besitzen, finden sich meist in 6- bis Tfacher Zahl. Selten sinkt die Zahl derselben bis auf 2, wie beim Schnabel thier und zweizehigen Ameisenfresser, kann aber auch bis auf 8 oder 9 steigen i,Steno2Js). Die 3 bis 4, selten bis auf 9 vermehrten Kreuzbeinwirbel characterisiren sich durch die feste Verschmelzung untereinander und die Verwachsung ihrer Pleurapophysen mit den Hüftbeinen; die nach Zahl und Beweglichkeit überaus wechselnden Schwanzwirbel verschmiilern sich nach dem Ende der Leibesachse und besitzen nicht selten (Känguruh und Ameisenfresser) untere Dornfortsätze, verlieren aber nach hinten zu mehr und mehr sämmtliche Fortsätze. Von den beiden Extremitätenpaaren fehlen die vordem niemals, wohl aber die hintern in der Abtheilung der Cetaceen. Am Schultergerüst vermisst man zwar in keinem Falle das breite flache Schulterblatt, dessen äussere Fläche überall einen vorspringenden in das Acromion auslaufenden Knochen- kamm trägt, wohl aber häufig und gerade überall da, wo die Vorderglied- massen bei der Locomotion nur zur Stütze des Vorderleibes dienen oder eine mehr einfache pendelartige Bewegung ausführen, wie beim Rudern, Gehen, Laufen, Springen etc. das Schlüsselbein (Walfische, Hufthiere, Raub- thiere). In allen Fällen dagegen, wo die vordem GHedmassen zum Scharren, Graben, Klettern, Flattern gebraucüit werden, also schwierigere Bewegungsformen vermitteln, zu denen eine festere Stütze der Extremität nothwendig ist, legt sich das Schultergerüst durch eine mehr oder minder starke stabförmige Clavicula dem Brustbeine an. Das hintere Schlüssel- bein reducirt sich fast allgemein auf den Rabenfortsatz des Schulterblatts und bildet nur bei den Kloakenthieren einen grossen säulenartigen zum Brustbein reichenden Knochen. Die hintern Extremitäten stehen all- gemein mit dem Rumpfe in einem weit festern Zusammenhang als die vordem. Sie dienen vornehmlich zur Erzeugung der Propulsivkraft, welche den Körper im Laufe oder im Sprunge fortschnellt, werden aber auch beim Schwimmen, Klettern und Scharren ähnlich wie die vordem verwendet. Das Becken bleibt nur bei den Walfischen rudimentär und reducirt sich hier auf zwei rippenartige, ganz lose mit der Wirbelsäule verbundene Knochen. Bei allen andern Säugethieren bildet das Becken einen mit den Seitentheilen des Kreuzbeins verwachsenen, durch die Symphyse der Schambeine, zuweilen noch durch die Verwachsung der Sitzbeine vollkommen geschlossenen Gürtel, an dessen Symphyse bei den Kloaken- und Beutelthieren noch zwei nach vorn gerichtete Beutel- 1040 Extremitätensäule, knochen hinzukommen. Die im Sciiulter- und Beckengürtel eingelenkten Gliedmassen erfahren bei den schwimmenden Säugethieren eine beträcht- liche Verkürzung und bilden entweder wie die Vordergliedmassen der Cetaceen platte in ihren Knochenstücken unbewegliche (bei den Sirenen mit Ellenbogenbeuge) Flossen mit stark vermehrter Phalangenzahl der Finger, oder wie bei den Pinnipedien flossenartige Beine, die auch als Fortschieber auf dem Lande gebraucht werden können. Bei den Flatterthieren erlangen die Vordergliedmassen eine bedeutende Flächen- entwicklung, welche sie zu Flugorganen befähigt, aber in ganz anderer Weise wie bei den Flügeln der Vögel durch eine zwischen den unge- mein verlängerten Fingern der Extremitätensäule und den Seiten des Kumpfes ausgespannte Hautfalte. Sowohl an den Flossen der Cetaceen als an den Fluggliedmassen der Fledermäuse fehlen die Epitelialgebilde der Finger, im letztern P'alle freilich mit Ausnahme des aus der Flug- haut vorstehenden Krallen tragenden Daumens. Bei den Säugethieren, welche ausschliesslich oder vorwiegend auf dem Lande leben, verhalten sich die beiden Extremitäten sowohl an Länge als hinsichtlich ihrer besondern Gestaltung überaus verschieden. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Gliedmassen da am längsten sind, wo sie ausschliesslich zum Forttragen des Leibes verwendet werden und keine besondern Nebenleistungen der Bewegung, z. B. Graben und Klettern, Ergreifen der Nahrung, zu besorgen haben. Der röhrenförmige zuweilen gekrümmte Humerus steht rücksichtlich seiner Länge zuweilen im umgekehrten Ver- hältniss zu dem Metacarpaltheil des Vorderfusses und zeigt bei den grabenden Thieren eigenthümliche unregelmässige Formen. Speiche (Radius) und Elle (Ulna) übertreffen den Oberarm fast allgemein an Länge, ebenso an der Hinterghedmasse Schienbein (Tibia) und Waden- bein (Fibula) den Oberschenkel. Die Ulna bildet das Charniergelenk des mit seinem Winkel nach hinten gerichteten Ellenbogens und läuft hier in einen ansehnlichen Hakenfortsatz (Olecranon) aus, der Radius verbindet sich dagegen vornehmlich mit der Handwurzel und ist oft, wenn auch nicht so vollkommen als beim Menschen, um die Elle drehbar {Pronatio, Supinutio), in anderen Fällen jedoch mit der Elle verwachsen, welche dann bis auf den Gelenkfortsatz ein rudimentärer grätenartiger Stab bleibt. An der Hintergliedmasse, deren Knie einen nach vorn ge- richteten Winkel bildet und meist von einer Kniescheibe (Patella) bedeckt wird, kann sich zuweilen (Beutler) auch die Tibia um die Fibula drehen, in der Regel aber sind beide Röhrenknochen verwachsen, und die nach hinten und aussen gerichtete Fibula meist verkümmert. Weit auftallender sind die Verschiedenheiten am Fusstheile der Extremitäten, da nicht nur die Form und Bildung der Wurzel- und Mittelfussknochen , sondern auch die Zahl der Zehen überaus variiren kann. Zwar wird die öZahl der Zehen niemals überschritten, wohl aber reducirt sie sich in all- Hand und Fuss. 1041 mähligen Abstufungen bis auf die mittlere Zehe und zwar in der Art, dass zuerst die überhaupt nur aus zwei Phalangen zusammengesetzte Innen- zehe (Daumen) rudimentär wird und hinwegfällt, dann die kleine Aussen- zehe und die zweit-innere Zehe verkümmern oder völlig verschwinden, im erstem Falle zuweilen als kleine vom Boden erhobene Afterklauen an der hintern Fläche des Fusses (Wiederkäuer) persistiren. Endlich reducirt sich auch die zweit-äussere Zehe sehr stark oder fällt ganz aus, so dass nur die Mittelzehe zur ausschliesslichen Stütze der Extremität übrig bleibt (Einhufer). Dieser allmähligenReduction der Zehen geht aber eine Vereinfachung und Veränderung der Fusswurzel- und Mittelfuss- knochen parallel, indem die Träger der rudimentären oder völlig aus- fallenden seitlichen Zehen als Griffelknochen verkümmern oder ganz ausfallen, die beiden mittleren Metacarpalknochen oft zu einem starken und langen Röhrenknochen verschmelzen. Die kleinen Wurzelknochen, welche zur Herstellung des Fussgelenkes verwendet werden und den durch die auftretende Extremität erzeugten Stoss wesentlich zu ver- mindern haben, ordnen sich mindestens in zwei, beziehungsweise drei Reihen an, aus welchen an den hintern Gliedmassen gewöhnlich zwei Knochen, das Sprungbein {Astragalus) und Felsenbein {Calcaneus) be- deutend hervortreten. Die Zehen des Vorderfusses kann man nach Analogie des menschlichen Körpers Finger nennen, zur Hand wird der Vorderfuss durch die Opponirbarkeit des Innern Fingers oder Daumens. Auch am Fusse der hintern Extremität ist zuweilen die grosse Zehe opponirbar, hiermit ist aber der Fuss noch nicht zur Hand, sondern nur zum Greift'uss (Affen) geworden, da zum Begriffe der Hand die besondere Anordnung der Knochen des Corpus und der Musculatur wesentlich erscheinen. Nach der Art und Weise, wie die Extremität beim Laufen den Boden berührt, unterscheidet man Sohlengänger (Plantigraden), Zehengänger (Digitigraden) und Spitzengänger (ünguligraden). Im letztern Falle ist die Zahl der Zehen und mittleren Fussknochen bedeutend reducirt, die Extremität durch Umbildung des Mittelfusses zu einem langen Röhrenknochen bedeutend verlängert. Das Nervensystem zeichnet sich zunächst durch die bedeutende Grösse und hohe Entwicklung des Gehirns aus, dessen Hemisphären insbesondere einen so bedeutenden Umfang nehmen, dass sie nicht blos den vordem Raum des Schädels vollständig erfüllen, sondern selbst das kleine Gehirn theilweise bedecken. Bei den niedrigsten Säugethieren, den Beutlern und Monotremen, erscheint die OberHäche der Hemisphären noch glatt, bei den Edentaten, Nagern und Insectivoren treten an der- selben Gruben und Eindrücke auf, welche sich mehr und mehr zu regel- mässigen Furchen und Windungen {Gyri) anordnen, deren Ausbildung indessen keineswegs genau der psychischen Vervollkommnung parallel Claus, Zoologie. 2. Auflage. 66 1 042 Gehirn. Sinnesorgane. fortschreitet. Eine die Seitenhälften der Hemisphären verbindende Com- niissur (Balken, Corpus callosuin, mit Septum pellucidum) ist überall mit Ausnahme der Monotremen und Beutler wohl entwickelt, bei diesen Apla- centariern jedoch wie bei den Vögeln rudimentär. Dagegen treten die als Vierhügel sich darstellenden Corpora bigemina an Umfang zurück und werden grossentheils oder vollständig von den hintern Lappen der Hemisphären überdeckt. Hirnanhang {Hypophysis) und Zirbeldrüse (Gl. pineaUs) werden in keinem Falle vermisst. Das kleine Gehirn verhält sich noch bei den Aplacentariern durch die vorwiegende Aus- bildung des Mittelstückes ähnlich wie bei den Vögeln, erhebt sich aber durch zahlreiche üebergangsformen zu einer immer grössern Ausbildung der Seitenlappen, hinter denen der Wurm allmählig mehr zurücktritt. Auch die Varolsbrücke ist anfangs noch wenig entwickelt, vergrössert sich aber bei den höhern Typen der Säugethiere zu einer mächtigen Anschwellung an der Uebergangsstelle des Gehirnstarames in die ßücken- marksstränge. Das Rückenmark erfüllt den Wirbelkanal gewöhnlich nur bis zur Kreuzbeingegend, in der es mit einer Cauda equina endet und entbehrt der hintern Rautengrube. Unter den Sinnesorganen zeigt das Geruchsorgan durch die Com- plication des Siebbeinlabyrinthes eine grössere Entfaltung der riechenden Schleimhautfläche als in irgend einer andern Classe. Die beiden Nasen- höhlen, nach hinten durch die senkrechte Platte des Siebbeins und durch den Vomer, nach vorn durch eine knorplige, zuweilen an der Bildung der äussern Nase betheiligten Scheidewand von einander völlig gesondert, communici:^en mit mannichfachen Nebenräumen benachbarter Schädel- und Gesichtsknochen (^Sinus frontales, sphenoidales , maxülares) und münden mittelst paariger Oeffnungen, welche jedoch bei den des Geruchs- vermögens entbehrenden Cetaceen, deren Nasen zu einem Spritzorgane umgebildet sind, zu einer gemeinsamen medianen Oeffhung verschmelzen können {JDelphine). Die äussern Nasenöffnungen werden in der Regel durch bewegliche Knorpelstückchen gestützt, deren Vermehrung das Auf- treten eines mehr oder minder vorstehenden Rüssels bedingt, welcher meist zum Wühlen und Tasten, bei beträchtlicher Au.sbildung (Elephant) selbst als Greiforgan benutzt wird. Bei tauchenden Säugethieren können die Nasenöffnungen entweder durch einen einfachen Muskelverschluss (Seehunde) oder durch Klappenvorrichtungen geschlossen werden. Häutig findet sich an der äussern Nasenwand oder in der Höhlung des Ober- kiefers eine Nasendrüse, die auch in ähnlicher Lage bei den Reptilien und Vögeln angetroffen wird. Der Geruchsnerv breitet sich wie bei den Vögeln an den obern Muscheln und den obern Partieen der Nasenscheide- wand aus. Die Choanen münden stets paarig und weit nach hinten am Ende des weichen Gaumens in den Schlund ein. Die Augen verhalten sich in dem Grade ihrer Ausbildung ver- Augen, Gehörorgan. 1043 schieden und sind bei den in der Erde lebenden Säugethieren überaus klein, in einigen Fällen (Spalax, ChrijsocUoris) ganz unter der Haut verborgen, ohne Augenlidspalte und Muskelapparat, unfähig Lichteindrücke aufzunehmen. Sie liegen in der Regel mehr an den Seiten des Kopfes in einer unvollständig geschlossenen mit der Schläfengegend verbundenen Orbita und sehen einzeln ohne gemeinsame Sehachse, die nur bei vor- derer Stirnlage des Auges (Affen) möglich erscheint. Ausser dem obern und untern Augenlide findet sich meist eine innere Nickhaut (mit der Harder'schen Drüse), wenngleich nicht in der vollkommenen Ausbildung und ohne den Muskelapparat der Nickhaut der Vögel, zuweilen sogar auf ein kleines Rudiment {Plica semüunaris) am Innern Augenwinkel reducirt. Der Augapfel besitzt eine mehr oder minder sphärische Gestalt (bei den Cetaceen u. a. mit verkürzter Achse), entbehrt stets der knöchernen Stützen der Sclerotica und kann häufig durch einen beson- dern Retractor bulbi in die Orbita zurückgezogen werden. Die Thränen- drüse mit ihrem in die Nasenhöhle mündenden Ausführungsgang liegt an der obern äussern Seite der Orbita. Ein Tapetum der Chorioidea trifft man in grosser Verbreitung bei den Carnivoren und Pinnipedien, Delphinen, Hufthieren und einigen Beutlern an. Das Gehörorgan unterscheidet sich von dem der Vögel vornehmlich durch eine compHcirtere Ausbildung des äussern Ohres, eine grössere Zahl der Schall-leitenden Knöchelchen (der nach ihrer Form benannten Steigbügel, Ambos und Hammer) und durch die vollkommenere Gestaltung der Schnecke, welche nur bei den Monotremen der Windungen entbehrt, in der Regel aber zwei bis drei Spiralgänge zeigt. Auch ist die Pauken- höhle ungleich geräumiger und keineswegs immer auf den Raum des oft blasig vorspringenden Paukenbeins beschränkt, sondern häufig mit Höhlungen benachbarter Schädelknochen in Communication gesetzt. Insbesondere gilt die mächtige Ausdehnung der Paukenhöhle für die Bartwale und Delphine, bei denen sich der Schall nicht wie bei den Luftbewohnern durch Trommelfell und Gehörknöchelchen dem ovalen Fenster des Vorhofs mittheilt, sondern sich vornehmlich von den Kopf- knochen aus durch die Luft der Paukenhöhle auf das Fenster der un- gewöhnlich vergrösserten Schnecke fortpflanzt und von da auf das Labyrinthwasser der Scala tympani überträgt. Die drei halbcirkel- förmigen Kanäle haben eine überaus verschiedene Grösse, sind am wenigsten bei den Walen, am meisten bei den Nagern ausgebildet und liegen mit Vorhof und Schnecke sehr fest in dem Felsenbein eingebettet, welches bei den Cetaceen nur durch Bandmasse mit den benachbarten Knochen zusammenhängt. Die Eustachische Tube mündet nur bei den Cetaceen in den Nasengang, in allen andern Fällen direkt in die Rachen- höhle, zuweilen (Einhufer) unter beträchtlicher Erweiterung. Ein äusseres 66* 1044 Zähne. Ohr fehlt den Monotremen, vielen Pinnipedien und den Cetaceen, bei denen auch der äussere Gehörgang oberhalb des sackförmig vorgestülpten Trommelfells durch einen soliden Strang vertreten ist; rudimentär bleibt dasselbe bei den Wasserbewohnern, die ihre äussere Ohrötfnung durch eine klappenartige Vorrichtung verschliessen können und bei den in der Erde wühlenden Säugethieren. In allen andern Fällen wird dasselbe durch einen überaus verschieden geformten durch Knorpelstücke gestützten äussern Aufsatz gebildet, der oft durch besondere Muskeln bewegt werden kann. Der Tastsinn knüpft sich vorzugsweise an Nervenausbreitungen in der Haut der Extremitäten spitze (Tastkörperchen an den Fingerspitzen und der Handfläche des Menschen und der Aöen), aber auch an die Zunge, den Rüssel und die Lippen, in welchen sehr allgemein lange borstenartige Tasthaare mit eigenthümlichen Nervenverzweigungen des Balges eingepflanzt liegen. Der Geschmack hat seinen Sitz vornehmlich an der Zungenwurzel (^Papulae vallatae, Geschmacksbecher), aber auch am weichen Gaumen und erreicht eine bei weitem höhere Ausbildung als in irgend einer andern Thierklasse. Am Eingang in die Verdauungsorgane findet sich fast allgemein eine Zahnbewaffnung der Kiefer. Nur einzelne Gattungen wie Echidna, Manis und Myrmecophaya entbehren der Zähne durchaus, während die Bartenwale, welche an der Innenfläche des Gaumens senkrechte in Quer- reihen gestellte Hornplatten (Barten) tragen, wenigstens im jugendlichen Alter Zahnspuren besitzen. Durch Erhärtung von Papillen der Mund- schleimhaut entstandene Hornzähne finden sich bei Ornithorhynchus und JRhytina. Niemals aber zeigt das Gebiss der Säugethiere eine so reiche Bezahnung, wie wir sie bei den Fischen und Reptilien antreffen, indem sich die Zähne auf Oberkiefer, Zwischenkiefer und Unterkiefer beschränken. Die Zähne keilen sich überall in Höhlungen der Kieferknochen, Alveolen, ein, die freilich bei den Delphinen erst durch secundäre Erhebungen der Kieferränder gebildet werden, und sind als Hautknochen zu bezeichnen, erzeugt durch Ossification von Hautpapillen, deren Nerven- und Gefäss- führende Centren als ernährende Pulpa in der Zahnhöhle zurückbleiben. Auf diesem Wege nimmt wenigstens die Hauptmasse des Zahnes ihren Ursprung, die Zahnsubstanz {Dentin), welche sich von dem echten Knochen hauptsächlich dadurch unterscheidet, dass an Stelle der rami- ficirten Hohlräume parallel verlaufende Röhrchen, Zahnröhrchen, die knochenharte Zwischensubstanz durchsetzen. Die äussere aus dem Zahn- fleische vorstehende Partie des Zahnes, die Krone (im Gegensatz zu der eingekeilten Wurzel), wird von einer härtern Substanz kappenartig über- zogen, dem sogen. Schmelz, welcher aus senkrechten nach der Zahnhöhle gerichteten Prismen besteht und seiner Entstehung nach (Schmelzorgan) auf ein epiteliales Gewebe zurückzuführen ist. Je nachdem die Schmelz- Gebiss. 1 045 läge einen einfachen Ueberzug bildet oder faltenartig in die Zahnsubstanz eindringt, unterscheidet man einfache (Z). simpUces) und schraelzfaltige {B. complicati) Zähne. Werden einfache oder schmelzfaltige Zähne durch Zahnsubstanz (Zalmkitt, Cement) verbunden , so nennt man dieselben zu- sammengesetzte Zähne (D. compositi, Hase, Elephant). Selten (Delphine) und nur da, wo das Gebiss wie bei den Crocodiien als Greif- und Schneideapparat verwendet wird, verhalten sich die Zähne nach Form und Leistung in allen Tlieilen der Kieferknochen gleichartig als kegel- förmige Fangzähne, gewöhnlich unterscheiden sich dieselben nach ihrer Lage in den vordem, seitlichen und hintern Theilen der Kiefer als Schneidezähne (D. incisivi), Eckzähne (D. canini) und Backzähne (D. molares). Die erstem haben eine meiseiförmige Gestalt und dienen zum Abschneiden der Nahrung, im obern Kiefertheile gehören sie aus- schliesslich dem Zwischenkiefer an. Die Eckzähne, welche sich zu den Seiten der Schneidezähne, je einer in jeder Kieferhälfte, erheben, sind meist kegelförmig oder auch hakenförmig gekrünnnt und scheinen vor- nehmlich als Waffen zum Angriff und zur Vertheidigung geeignet. Nicht selten aber (Nagethiere, Wiederkäuer) fallen dieselben gänzlich hinweg, und das Gebiss zeigt eine weite Zahnlücke zwischen Schneidezähnen und Backzähnen. Die letztern, in ihrer Gestaltung überaus variabel, dienen besonders zur feinern Zerstückelung der aufgenommenen Nahrung und haben schneidende, häufiger höckrige oder mit Mahlfiächen versehene Kronen. Die vordem Backzähne unterliegen ebenso wie die Schneide- und Eckzähne dem einmaligen Zahnwechsel, durch welchen das Milch- gebiss in das ständige des ausgebildeten Thieres übergeführt wird und werden falsche Backzähne (D. praeniolares) genannt, im Gegensatz zu den hintern wahren Backzähnen, welche erst später nach dem Wechsel der Milchzähne hervortreten und sich sowohl durch die Grösse und Zahl der Wurzeln als den Umfang der Krone auszeichnen. Man bedient sich zur einfachen Darstellung des Gebisses Zahnformeln, in denen die Zahl der Vorder- und Eckzähne, Praemolaren und Molaren in Ober- und Unterkinnlade angegeben ist (z. B. für das Gebiss des Menschen der Formel - -^ ^\-\ und verwendet die- 4 1 Jio/ selben systematisch zur Characterisirung der Gruppen, für welche die Bildung des Gebisses gewissermassen als Gesammtausdruck der Organisation und Lebensweise eine hohe Bedeutung hat. Die Kenntniss des Gebisses erscheint um so wichtiger, als man zur Bestimmung fossiler Ueberreste oft vorzugsweise auf Zähne, Kiefer- und Schädelknochen hingewiesen ist und deren Bildung zu sichern Schlüssen über den gesammten Bau und die Ernährungsweise verwerthen kann. Neben den Hartgebilden am Eingange der Verdauungshöhle sind für die Einführung und Bearbeitung der Speise weiche bewegliche Lippen an den Rändern der Mundspalte 1046 Zunge. und eine fleischige sehr verschieden geformte Zunge im Boden der Mundhöhle von wesentlicher Bedeutung. Erstere werden allerdings bei den Kloakenthieren durch Schnabelränder ersetzt, die Zunge fehlt jedoch in keinem Falle, kann aber wie bei den Walen vollständig angewachsen, der Beweghchkeit entbehren. Gewöhnlich ragt die Zunge mit freier Spitze im Boden der Mundhöhle hervor und erscheint an ihrem vordem Theile vornehmlich zum Tasten und Fühlen, in einzelnen Fällen aber auch zum Ergreifen (Giraffe) und Erbeuten (Ameisenfresser) der Nahrung befähigt. Auf ihrer obern Fläche erheben sich mannichfach gestaltete, oft verhornte und Widerhäkchen tragende Papillen, unter denen nur die weichen Papulae vallatae am Zungengrunde eine Beziehung zur Geschmacksempfindung haben. Als Stütze der Zunge dient das Zungen- bein, dessen vordere Hörner sich an den Griffelfortsatz des Schläfen- beins anheften , während die hintern den Kehlkopf tragen , sodann ein das Os entoglossum vertretender Knorpelstab {Lytta). Unterhalb der Zunge tritt zuweilen (vornehmlich entwickelt bei den Insektenfressern) eine einfache oder doppelte Hervonagung auf, welche als Unterzunge bezeichnet wird. Auch die Seitentlieile der Mundhöhle sind weich und fleischig, nicht selten bei Nagern, Affen etc. in weite Einsackungen, sog. Backentaschen, erweitert. Mit Ausnahme der Fleischfressenden Cetaceen besitzen alle Säugethiere Speicheldrüsen, eine Ohrspeicheldrüse {Farotis mit Ductus Stenonianus) , eine Submaxillaris und Sublinguahs, deren flüssiges Secret vornehmlich bei den Pflanzenfressern in reicher Menge ergossen wird. Die auf den weiten Schlund folgende Speiseröhre bildet nur ausnahmsweise kropfartige Erweiterungen und besitzt meist eine ansehnliche Länge, indem sie erst unter dem Zwerchfell, welches zwischen Brust und Bauchhöhle eine vollständige Scheidewand herstellt und zu- gleich als Respirationsmuskel die abwechselnde Verengerung und Er- weiterung des Thorax besorgt, in den beträchtlich erweiterten Magen einführt. Der Magen stellt in der Regel einen einfachen quergestellten Sack dar, zerfällt aber durch allmählige Differenzirung und Abschnürung der vordem, seitlichen und hintern Abtheilung in eine Anzahl von Ab- schnitten, die am vollkommensten bei den Wiederkäuern gesondert als vier verschiedene Magen unterschieden werden. Der Pylorusabschnitt zeichnet sich vornehmlich durch den Besitz von Labdrüsen aus und schliesst sich vom Anfang des Dünndarms durch einen Ringmuskel nebst nach innen vorspringender Falte mehr oder minder scharf ab. Der Darmkanal zerfällt in Dünndarm und Dickdarm, deren Grenze durch das Vorhandensein sowohl einer Klappe als eines namentlich bei Pflanzen- fressern mächtig entwickelten Blinddarms bezeichnet wird. Die vordere Partie des Dünndarms, das Duodenum, enthält in seiner Schleimhaut die sog. Brunn er 'sehen Drüsen und nimmt das Secret der ansehnhchen Leber und Bauchspeicheldrüse auf. Zuweilen entbehrt die mehrfach Darmkanal. Herz. Lungen. 1047 gelappte Leber einer Gallenblase, ist diese aber vorhanden, so vereinigen sich Gallenblasengang (D. cysüciis) und Lebergallengang (D. hepa- ticus) zu einem gemeinsamen Ausführungsgange (I>. choledochus). Der Dünndarm zeigt die beträchtlichste Länge bei den Gras- und Blätter- fressern und ist sowohl durch die zahlreichen Falten und Zöttchen seiner Schleimhaut, als durch den Besitz einer grossen Menge von Drüsen- gruppen (Lieberkühn'sche, Peyer'sche Drüsen) ausgeseichnet. Der Endabschnitt des Dickdarms, der Mastdarm, mündet mit Ausnahme der durch den Besitz einer Kloake characterisirten Monotremen hinter der Oeffnung des Urogenitalsystems, wenn auch anfangs noch {Marsupialid) von einem gemeinsamen Walle umgrenzt. Das Herz der Säugethiere ist ebenso wie das der Vögel in eine rechte venöse und linke arterielle Abtheilung mit Vorhof und Kammer (zuweilen wie bei Halicore auch äusserlich sichtbar) gesondert und liegt gewöhnlich mit Ausnahme des Menschen und der anthropoiden Atfen senkrecht mit der Spitze nach unten gekehrt in der Mittellinie der Brusthöhle. Von einem Pericardium umschlossen, entsendet dasselbe einen Aortenstamm, welcher nach Abgabe der meist doppelten Kranz- arterie einen linken Aortenbogen bildet, aus welchem häufig zwei Gefäss- stämme, eine rechte Anonyma mit den beiden Carotiden und der rechten Subclavia und eine linke Subclavia, oder wie bei dem Menschen drei Gefässstämme , eine rechte Anonyma mit rechter Carotis und rechter Subclavia, eine linke Carotis und linke Subclavia nebeneinander ent- springen. In den rechten Vorhof münden in der Regel eine untere und obere Ilohlvene, seltener wie bei den Nagern, Monotremen und dem Elephant ausser der untern zwei obere Hohlvenen ein. Wundernetze sind namentlich für arterielle Gefässe bekannt geworden und finden sich an den Extremitäten grabender und kletternder Thiere (^Stenops, Myr- mecophaga, Bradypus etc.), an der Carotis rings um die Hypophysis bei Wiederkäuern, bei den letztern auch an der Ophthalmica in der Tiefe der Augenhöhle, endlich an den Intercostalarterien und den Venae iliacae der Delphine. Das mit zahlreichen Lymphdrüsen versehene System der Lymphgefässe mündet durch einen links verlaufenden Hauptstamm (JDuctus thoracicus) in die obere Hohlvene ein. Von den sog. Blut- gefässdrüsen haben Milz und Nebenniere und die vornehmlich in früher Jugendzeit entwickelte Schilddrüse und Thymus eine allgemeine Ver- breitung. Die paarigen Lungen sind froi in der Brusthöhle suspendirt und zeichnen sich durch den ßeichthum der Bronchialverästelungen aus, deren feinste Ausläufer mit conischen trichterförmigen, an den Seiten- flächen mit Erhebungen versehenen Erweiterungen (Infundibula) enden. Die Athmung geschieht vornehmlich durch die Bewegungen des Zwerch- fells, welches eine vollkommene meist quergestellte Scheidewand zwischen 1048 Kehlkopf. Nieren. Brust und Bauchhöhle bildet und bei der Contraction seiner muskulösen Theile als Inspirationsniuskel wirkt, d, h. die Brusthöhle erweitert. Daneben kommen allerdings auch Hebungen und Abductionen der Rippen bei der Erweiterung des Thorax in Betracht. Die Luftröhre verläuft in der Regel gerade ohne Windungen und theilt sich an ihrem untern Ende in zwei zu den Lungen führende Bronchien, zu denen jedoch noch ein kleiner Nebenbronchus der rechten Seite hinzukommen kann. Die- selbe wird durch knorplige hinten offene Halbringe, nur ausnahmsweise durch vollständige Knorpelringe gestützt und beginnt in der Tiefe des Schlundes hinter der Zungenwurzel mit dem Kehlkopf, welcher von den hintern Hörnern des Zungenbeins getragen, durch den Besitz von untern Stimmbändern, complicirten Knorpelstücken (Ringknorpel, Schildknorpel, Giesskannenknorpel) und Muskeln zugleich als Stimmorgan eingerichtet ist. Nur die Cetaceen gebrauchen ihren Kehlkopf, welcher im Grunde des Pharynx pyramidal bis zu den Choanen hervorsteht, ausschliesshch als Luftweg. Die spaltförmige Stimmritze wird sonst von einer beweg- lichen (bei den Cetaceen fast röhreiiförmigen) Epiglottis überragt, welche am obern Rande des Schihlknorpels festsitzt, beim Herabgleiten der Speisen sich senkt und die Stimmritze schhesst. Zuweilen finden sich am Kehlkopfe häutige oder knorplige Nebenräume, welche theils wie die Luftsäcke von Balaena die Bedeutung von Luftbehältern haben, theils wie bei manchen Affen {Mycetes) als Resonanzapparate zur Verstärkung der Stimme dienen. Die Nieren bestehen zuweilen noch (Seehunde, Delphine) aus zahl- reichen am Nierenbecken vereinigten Läppchen, zeigen sich aber in der Regel als compakte Drüsen von bolmenförmiger Gestalt und liegen in der Lendengegend ausserhalb des Bauchfells. Die aus dem sog. Nieren- becken entspringenden Harnleiter münden stets in eine Harnblase ein, deren Ausführungsgang, Urethra, in eine mehr oder minder nahe Be- ziehung zu dem Leitungsapparate der Genitalorgane tritt und in einen vor dem After ausmündenden Sinus oder Canalis urogenitalis führt. Für die männlichen Geschlechtsorgane der meisten Säugethiere ist zunächst die Lagenveränderung der oval-rundlichen Hoden characteristisch. Nur bei den Monotremen und Cetaceen bleiben die Hoden wie bei den Vögeln und Reptilien in ihrer ursprünglichen Lage in der Nähe der Nieren, in allen andern Fällen senken sie sich bis vor das Becken herab und treten unter Vorstülpung des Bauchfells in den Leistenkanal (viele Nager), häufiger noch aus diesem hervor in eine doppelte zum Hoden- sack umgestaltete Hautfalte. Nicht selten (Nager, Flatterthiere, Insekten- fresser) treten sie jedoch zu der Brunstzeit mit Hülfe der als Cremaster vom schiefen Bauchmuskel gesonderten Muskelschleife durch den offenen Leistenkanal wieder in die Bauchhöhle zurück. Während der Hodensack in der Regel hinter dem Penis liegt und morphologisch Geschlechtsorgane. 1049 den beiden im weiblichen Geschlecht als äussere Schamlippen persistironden Hautwülsten entspricht, entsteht derselbe bei den Beutelthieren durch eine Ausstülpung des Integuments unmittelbar am Eingang des Leisten- kanals vor dem männlichen Begattungsglied. Die aus dem Wolff'schen Körper hervorgegangenen knäuelförmig gewundenen Ausführungsgänge der Hoden gestalten sich zum Nebenhoden und führen in die beiden Vasa deferentia, welche unter Bildung drüsenartiger Erweiterungen (Samenblasen) des Blasenhalses dicht neben einander in die Urethra einmünden. An dieser Stelle münden in die Samenleiter die Ausführungs- gänge der sehr verschieden gestalteten, oft in mehrfache Drüsengruppen zerfallenen Pros^ato ein, während ein zweites Drüsenpaar, die Cowper'sche Drüse, in die Urethra führt. Häufig erhalten sich zwischen den Mün- dungen der Samenleiter Reste der im weiblichen Geschlechte zum Leitungsapparate verwendeten Müller'schen Gänge, das sog. Weber'sche Organ (^Uterus masctdinus), deren Theile sich in den Fällen sog. Zwitter- bildung bedeutend vergrössern und in der dem weiblichen Geschlechte eigenthümlichen Weise difl'erenziren können. Ueberall schliessen sich dem Ende der als Urogenitalkanal fungirenden Urethra äussere Begattungs- theile an, welche stets einen schwellbaren, bei den Monotremen in einer Tasche der Kloake verborgenen Penis (Ruthe) bilden. Derselbe wird durch cavernöse Schwellkörper gestützt, die sich bei den Kloakeuthieren noch auf paarige Corpora cavernosa urethrae reduciren ; bei den übrigen Säugethieren treten zu dem unpaar gewordenen, die Urethra umgebenden cavernösen Körper der Urethra zwei obere Corpora cavernosa penis hinzu, welche von den Sitzbeinen entspringen und nur selten unter- einander verschmelzen. Auch können sich knorplige oder knöcherne Stützen, sog. Penisknochen (Raubthiere, Nager), entwickeln, besonders häufig im Innern der von dem Schwellkürper der Urethra gebildeten Eichel, welche nur ausnahmsweise (Monotremen, Beutler) gespalten ist, in ihrer Form aber mannichfach wechselt und in einer drüsenreichen Hautduplikatur (Vorhaut) zurückgezogen liegt. Die Ovarien verhalten sich nur bei den Monotremen in Folge linksseitiger Verkümmerung unsymmetrisch und zeigen hier auch eine traubige Beschaffenheit. In allen andern Fällen sind dieselben beider- seits gleichmässig entwickelt und besitzen eine mehr compakte länglich- rundliche Form. In Falten des Peritoneums eingelagert finden sie sich in unmittelbarer Nähe der trichtei-förmig erweiterten Bauchmündungen des Leitungsapparates, zuweilen von denselben sogar vollständig um- schlossen. Der Leitungsapparat gliedert sich in die obern mit freiem Ostium beginnende Tuben, welche in allen Fällen paarig bleiben, in den erweiterten zuweilen paarigen, häufiger unpaaren ^littelabschnitt, Uterus, und den mit Ausnahme der Beutler unpaaren Endabschnitt, die Vagina oder Scheide, welche hinter der Oeffnung der Urethra in den kurzen 1050 Aeussere Geschlechtstheilc. Urogenitalsinus oder Vorhof mündet. Bei den letztgenannten Thieren verlängert sich übrigens das obere Ende der beiden — hier mit ein- ander verwachsenen — Scheiden in einen blinden Fortsatz, der bis zum Sinus urogenitalis herabreicht. Bei den Monotremen münden die beiden schlauchförmigen Fruchtbehälter direct auf papillenartigen Erhebungen in den noch mit der Kloake verbundenen Urogenitalsinus ein. Nach den verschiedenen Stufen der Duplicität des Fruchtbehälters unterscheidet man den Uterus duplex, mit äusserlich mehr oder minder durchgeführter Trennung und doppeltem Muttermund (Nagethiere, Beutler), den Uterus bipartitus, mit einfachem Muttermund, aber fast vollkommener innerer Scheidewand (Nagethiere), den Uterus bicornis mit gesonderten oberen Hälften der beiden Fruchtbehälter (Hufthiere, Carnivoren, Cetaceen, Insectivoren) und endlich den Uterus simplex, mit durchaus einfacher Höhle, aber um so kräftigeren Muskeln der Wandung (Mensch, Aften). Das Vestibulum, mit seinen den Cowper'schen Drüsen entsprechenden Buvernoy'scheu {BarthoUn'schen) Drüsen grenzt sich von der Scheide durch eine Einschnürung ab, zuweilen auch durch eine innere Schleim- hautfalte (Hymen), welche selbst bis in die Mitte der Scheide hinauf- rücken kann. Die äusseren Geschlcchtstheile werden durch zwei äussere Hautwülste, die den Scrotalhäiften entsprechenden grossen Schamlippen, durch kleinere (übrigens nicht immer vorhandene) innere Schamlippen zu den Seiten der Geschlechtsöflnung und durch die der Ruthe gleich- werthige mit Schwellgeweben und Eichel versehene Clitoris gebildet. Die Clitoris kann zuweilen (bei den Klammeraffen) eine ansehnliche Grösse erreichen und von der Urethra durchbohrt selbst zur Ableitung des Harns benutzt werden (Nagethiere, Maulwurf, Halbaffen). In diesen Fällen einer Clitoris perforata kommt es natürlich nicht zur Entstehung eines gemeinsamen Urogenitalsinus. Morphologisch repräsentiren die weiblichen Genitalien eine frühere Entwicklungsstufe der männlichen, welche in den Fällen sog. Zwitterbildung auf dem Wege der Hemniungs- bildung eine mehr oder minder weibliche Gestaltung erhalten können. In der Regel werden beide Geschlechter an der verschiedenen Form der äusseren Genitalien leicht unterschieden, und nur ausnahmsweise ist die Erkennung von Männchen und Weibchen wegen der grossen Aehnlichkeit der äussern Geschlcchtstheile mit Schwierigkeiten verbunden. Häufig prägt sich in der gesammten Erscheinung ein Dimorphismus aus, indem das grössere Männchen einen abweichenden Haarwuchs zeigt, zu einer lautern Stimme befähigt ist und durch den Besitz stärkerer Zähne oder besonderer Waffen (Geweihe) bevorzugt erscheint. DaiJegen bleiben die Milchdrüsen, welche in der Inguinalgegend , am Bauche und an der Brust liegen können und fast ausnahmlos in Zitzen oder Saugwarzen auslaufen, im männlichen Geschlechte rudimentär. Die Zeit der Fortpflanzung (Brunst) fällt bei den meisten Säuge- Ei. Placentarbildung. 1051 thieren in das Frühjahr, bei einigen gegen Ende des Sommers (Wieder- käuer) oder selbst in den Winter (Wildschwein, Raubthiere). In den wärmern Klimaten freiüch und bei den grössern Haussäugethieren knüpft sich die Brunst weniger an eine bestimmte Jahreszeit, sondern wieder- holt (analog der Menstruation) in engern Zwischenräumen von einigen Wochen. Eine wesentliche, unabhängig von der Begattung eintretende Erscheinung, von welcher die Brunst im weiblichen Geschlechte, meist gegen Ende, stets begleitet wird, ist der Austritt eines oder mehrerer Eier aus dem Graft'schen Follikel des Ovariums in die Tuben. Die Eier des Säugethieres , erst durch C. E. v. Baer entdeckt, sind ausser- ordentlich klein (von ^'^ bis ^'^ Linie im Durchmesser) und von einer stark lichtbrechenden Membran (Zona pellucidd) umgeben, um die sich nicht selten in den Eileitern eine Eiweisshülle ablagert. Die Befruchtung des Eies scheint überall im Eileiter zu erfolgen, in denen sich dasselbe eine Anzahl von Tagen aufhält und auch die totale Dotterfurchung durchläuft. Nachher tritt das Ei in den Uterus ein und erhält eine zottige durch Auswüchse der ursprünglichen Zona nebst der von innen hinzutretenden sog. serösen Haut gebildeten UmhUllungshaut (Chorion), welche die Befestigung des Eies an der Uterinwand vermittelt. Später legt sich auch der peripherische Theil der Allantois an das Chorion an und wächst in der Regel mit seinen Gelassen in die Zöttchen ein, so dass sich eine verhältnissmässig grosse Fläche fötaler Gefässverzweigungen entwickelt, deren Blut mit dem Blute der Uterinwand in einen engern endosmotischen Verkehr tritt. Durch diese Verbindung von Allantois und Chorion des Fötus mit der Uterinwandung entsteht der sog. Mutter- kuchen {Placenta), durch welche dem Fötus von dem Körper des Mutter- thieres Nahrungsstoffe zugeführt werden. Nur bei den Monotremen und Beutlern fehlt die Placeuta {Äplacentaria — Hucentaria). In ihrer besondern Ausbildung und in der Art ihrer Verbindung mit der Uterin- wand zeigt die Placenta in den einzelnen Ordnungen bedeutende Ver- schiedenheiten. Entweder bleiben die Zotten der Placenta mit der Uterinwand in loser Verbindung und lösen sich bei der Geburt aus der- selben heraus {Adeciduata) oder sie verwachsen so innig mit den Drüsen der Uterinschleimhaut, dass diese bei der Geburt als Decidua mit ab- gelöst wird und als Nachgeburt ausgestossen wird {Deciduata). Im erstem Falle kann sich bei vollständiger Umwachsung der Allantois die Placenta in zahlreichen zerstreuten Zotten über das ganze Chorion gleich- massig ausbreiten {Fl. diffusa, Hufthiere, Cetaceen) oder an verschie- denen Stellen kleine Wülste von Zotten sog. Cotyledonen (Wiederkäuer) bilden. Im andern Falle stellt sie entweder eine ringförmige Zone an der Eihaut dar {PI. annularis, Raubthiere, Robben) oder wenn sich die Verbindung der Allantois mit dem Chorion (wie bei dem Menschen, Affen, Nagern, Insectenfressern, Fledermäusen) auf eine vereinzelte Stelle 1052 Trächtigkeit. Lebensweise. des Eies beschränkt, zur Bildung des scheibenförmigen Mutterkuchens (PZ. discoidea). Die Dauer der Trächtigkeit steht im Allgemeinen in geradem Ver- hältniss zur Körpergrösse der Säugethiere, richtet sich aber im Besondern nach der Entwicklungsstufe, in welcher die Jungen zur Welt kommen. Am längsten währt dieselbe bei den grossen Land- und colossalen Wasserbewohnern (Hufthiere, Cetaceen), welche unter günstigen Ver- hältnissen des Nahrungserwerbes und geringen Bewegungsausgaben leben. Die Jungen dieser Thiere zeigen sich bei der Geburt in ihrer körper- lichen Ausbildung soweit vorgeschritten, dass sie gewissermassen als Nestflüchter der Mutter zu folgen im Stande sind. Relativ geringer ist die Tragzeit bei den Carnivoren, deren Junge nackt und mit geschlossenen Augen geboren werden und den Nesthockern vergleichbar längere Zeit noch völlig hülflos der mütterlichen Pflege und Sorge bedürfen. Am kürzesten aber währt dieselbe bei den Aplacentariern, den Monotremen und Beutlern. Bei diesen Thieren gelangen die frühzeitig geborenen Jungen (beim Känguruh von Nussgrösse) in eine von Hautfalten gebil- deten Tasche der Inguinalgegend , hängen sich hier an die Zitzen der Milchdrüsen fest und werden gewissermassen in einem zweiten mehr äussern Fruchtbehälter ausgetragen, in welchem das Secret der Milch- drüsen stellvertretend für das ausgefallene Placentarorgan die Ernährung sehr frühzeitig übernimmt. Die Zahl der geborenen Jungen wechselt ebenfalls überaus mannichfach in den verschiedenen Gattungen. Die grossen Säugethiere, welche länger als 6 Monate tragen, gebären in der Regel nur 1, seltener 2 Junge, bei den kleinern aber und einigen Haus- thieren (Schwein) steigert sich dieselbe beträchtlich, so dass 12 bis 16 ja selbst 20 Junge mit einem Wurfe zur Welt kommen können. Meist deutet die Zitzenzahl des Mutterthieres auf die grössere oder geringere Zahl der Nachkommenschaft hin, die durchweg nach der Geburt längere oder kürzere Zeit hindurch an den Zitzen der Milchdrüsen aufgesäugt wird. Wenige Säugethiere leben einsiedlerisch und nur zur Zeit der Brunst paarweise vereinigt, es sind das vornehmlich solche Raubthiere. welche in einem bestimmten Jagdreviere, wie der Maulwurf in eignen unterirdischen Gängen, ihren Lebensunterhalt erjagen. Bei weitem die meisten Arten leben dagegen in Gesellschaften vereint, in welchen häufig die ältesten und stärksten Männchen die Sorge des Schutzes und der Führung übernehmen. Wenn auch die grössere Mehrzahl der Säuge- thiere am Tage auf Nahrungserwerb ausgeht und zur Nachtzeit der Ruhe pflegt, so gibt es doch in allen Ordnungen, in manchen sogar vor- herrschend, Tagschläfer und Nachtthiere. Die Fledermäuse z. B. kommen fast sämmtlich in der Dämmerung und Nacht aus ihren Schlupfwinkeln zum Vorschein, auch die meisten Raubthiere und zahlreiche Hufthiere Winterschlaf. Psjxhisches Leben. 1053 schlafen am Tage. Einige Nager, Insektenfresser und Raubthiere ver- fallen während der kalten, nahrungsarmen Jahreszeit in ihren oft sorg- fältig geschützten Schlupfwinkeln und ausgepolsterten Erdbauten in einen unterbrochenen (Bär, Dachs, Fledermäuse) oder andauernden (Sieben- schläfer, Haselmaus, Igel, Murmelthier) Winterschlaf und zehren während dieser Zeit ohne Nahrung aufzunehmen bei gesunkener Körperwärme, schwacher Respiration und verlangsamten Herzschlag von den während der Herbstzeit aufgespeicherten Fettmassen. Selten suchen Säugcthiere wärmere an Nahrung reichere Gegenden auf und unternehmen grössere, wenn auch an Umfang nicht den Zügen der Vögel vergleichbare Wan- derungen. Bekannt sind derartige W\inderungen von den Rennthieren, südamerikanischen Antilopen und dem nordamerikanischen Büffel, von Seehunden, Walen und Fledermäusen, insbesondere aber von dem Lemraing, der in ungeheueren Schaaren von den nordischen Gebirgen aus nach Süden in die Ebenen wandert, sich in der Richtung seiner Reise durch keinerlei Hindernisse zurückhalten lässt und selbst Flüsse und Meeres- arme durchsetzt. Die geistigen Fähigkeiten erheben sich wie schon aus der hohen Ausbildung des Gehirns hervorgeht, zu einer höhern Entwicklung als in irgend einer andern Thierklasse. Ohne die tiefe Kluft zu leugnen, welche den Geist des Menschen von den am höchsten stehenden Säugethieren scheidet, kann man doch behaupten, dass die elementaren Bedingen des Verstandes- und Gemüthslebens im Wesentlichen auch bei den Säuge- thieren zu finden sind. Das Säugethier besitzt Unterscheidungsvermögen und Gedächtniss, bildet sich Vorstellungen, urtheilt und schliesst, zeigt Neigung und Liebe zu seinem Wohlthäter, Abneigung, Hass und Zorn gegen seinen Feind, in seinem Wesen prägt sich überall ein bestimmter, wenn auch für die einzelnen Arten sehr verschiedener Charakter aus. Auch sind die Geisteskräfte des Säugethieres einer Steigerung und Ver- vollkomnmung fähig, die freilich in verhältnissmässig enge schon durch den Mangel einer articulirten Sprache genügend bezeichneten Schranken gebannt bleibt. Die Gelehrigkeit und Fähigkeit zur Erziehung und Ab- richtung, welche einzelne Säugethiere vor andern in hohem Grade kund geben, haben diese zu bevorzugten Hausthieren, zu unentbehrlichen, für die Culturgeschichte des Menschen höchst bedeutungsvollen Arbeitern und Genossen des Menschen gemacht (Pferd, Hund). Immerhin aber bleibt dem unbewussten Naturtrieb, dem Instinkt, im Leben des Säuge- thieres ein weites Terrain. Zahlieiche Säugethiere zeigen sogar Kunst- triebe, die sie zur Anlage von geräumigen Gängen und hohlen kunst- vollen Bauten über und in der Erde befähigen, von Wohnungen, die nicht nur als Schlupfwinkel zum Aufenthalt während der Ruhe und des Schlafes, sondern auch als Bruträume zur Ablage der Nachkommen dienen. Fast sämmtliche Säugethiere bauen für diese besondere, oft mit 1054 Geographische Verbreitung. weichen StoflFen überkleidete Lager, einige sogar wahre Nester, ähnlich denen der Vögel, aus Gras und Halmen über der Erde, zahlreiche Be- wohner von Gängen und Höhlungen der Erde tragen Wintervorräthe ein, von denen sie während der sterilen Jahreszeit, zuweilen nur im Herbste und Frühjahr (Winterschläfer) zehren. Was die geographische Verbreitung der Säugethiere anbetrifft, so finden sich einzelne Ordnungen wie die Flatterthiere und Nager in allen Welttheilen vertreten. Von den Cetaceen und Pinnipedien gehören die meisten Arten den Polargegenden an. Im Allgemeinen hat die alte und neue W^elt jede ihre besondere Fauna, doch mit einzelnen Ausnahmen, indem der Eisbär, Polarfuchs und das Rennthier in den nördlichen Polar- gegenden beider Hemisphären vorkommen, ebenso einige Marderarten {Mustela martes, erminea), der Biber, Wolf, Bison der alten und neuen Welt gemeinsam sind. Ganz eigenthümlich verhält sich die Fauna Neu- hollands, indem dieselbe fast ausschliesslich aus ßeutelthieren besteht. Diese überaus mannichfaltige, nach Bau und Lebensweise fast sämmthche Ordnungen von Säugethieren wiederholende Säugethier-Gruppe ist auch noch durch die Beutelratten in Amerika, durch einige andere Arten in Neu-Guinea, Polynesien und den Molucken vertreten. Die Kloakenthiere gehören Neuholland ganz ausschliesslich an. Durch die fortschreitende Cultur des Menschen sind natürlich im Laufe der Zeiten zahlreiche Säugethiere aus ihrer ursprünglichen Heimath verdrängt, auch geht aus antiquarischen und paläontologischen Untersuchungen hervor, dass lebende Arten in vorhistorischen Zeiten, aber bereits zur Zeit der Existenz des Menschen in Gegenden lebten, in denen sich gegenwärtig nicht einmal die Sage ihrer p]xistenz erhalten hat. Auch wurde auf diesem Wege der Nachweis von der Coexistenz des Menschen mit fossilen, gegenwärtig ausgestorbenen Thierformen (Mammuth, Torfhirsch etc.) geführt. In historischen Zeiten scheint nur eine Säugethierart, das sog. Borkenthier {Rhytina Stellen) vollständig ausgerottet worden zu sein. Die ältesten fossilen Reste von Säugethieren finden sich im Trias (Keupersandstein und Oolith, Stonesfielder Schiefer, Unterkiefer) und weisen auf Beutel- thiere hin. Erst in der Tertiärzeit tritt die Säugethierfauna in reicher Ausbreitung auf, wenn auch bis auf die Jüngern Glieder dieser Formation von der gegenwärtigen Fauna wesentlich abweichend. Linn6 theilte die Säugethiere ein in 1. Cete, 2. Belluae, 3. Fecora, 4. Glires, 5. Bestiae, 6. Ferae, 7. Brutae, 8. Frimates. 1. Ordnung: Monotremata, Kloakenthiere. 1055 I. Aplacentalia. 1. Ordnung: Monotremata"), Kloakenthiere. 3Iit schnahelförmig verlängerten Kiefern , harzen özeliigen stark beJcrallten Füssen, mit BeutelJcnochen und einer Kloake, Bewohner Neuhollands. Man bildet diese Gruppe aus zwei Säugetliiergattungen , dem Ameisenigel und dem Schnabelthier, welche beide Bewohner Neuhollands, ihrer Organisation nach die tiefste Stellung unter den Säugethieren ein- nehmen und durch eine merkwürdige Combination von Characteren den Anschluss der Säugethiere an die Vögel und Reptilien vermittlen. Von einigen Zoologen werden die Kloakenthiere als eine Famihe der Eden- taten neben die Vermilinguier gestellt, von andern den Beutlern zu- geordnet, mit denen sie in der That mehrfache Züge, insbesondere die einfache Bildung des Gehirnes, den Besitz von Bcutelknochen — Echidna soll seine Jungen sogar in einem Beutel tragen — und als Aplacentarier den Mangel des Mutterkuchens und die frühzeitige Geburt der Embryonen gemeinsam haben, immerhin aber zeichnen sie sich von jenen durch mehrfache Eigenthümlichkeiten aus, welche ihre Sonderung als selbst- ständige Ordnung wohl zu rechtfertigen im Stande sind. Der wich- tigste Charakter, welchem auch der Name der Ordnung entlehnt ist, beruht auf dem Vorhandensein einer Kloake. Wie bei den Vögeln nimmt das erweiterte Ende des Mastdarmes die Mündungen der Ge- schlechts- und Harnwege auf. Dazu kommt die Vogelähnlichkeit in der Bildung der weiblichen Geschlechtstheile, der schnabelartigen zahnlosen Kiefer, in dem Besitze einer Furcula und eines hintern säulenförmigen Schlüsselbeines, in der rudimentären Form des Corpus callosum zur Verbindung der beiden Hemisphären des Gehirns. Die äussere Körperform und Lebensweise der Monotremen erinnert theils an die Ameisenfresser und Igel (Ameisenigel), tlieils an die Fisch- ottern und Maulwürfe (Schnabelthier), wie ja auch das Schnabelthier von den Ansiedlern Neuhollands treifend als Wassermaulwurf bezeichnet wird. Jene besitzen ein kräftiges Stachelkleid und eine röhrenartig ver- längerte zahnlose Schnauze mit wurmförmig vorstreckbarer Zunge; ihre kurzen fünfzehigen Füsse enden mit kräftigen Scharrkrallen, welche zum raschen Eingraben des Körpers vorzüglich geeignet sind. Die Schnabel- thiere dagegen tragen einen dichten weichen Haarpelz als Bekleidung ihres flachgedrückten Leibes und besitzen wie der Biber einen platten Ruderschwanz. Die Kiefer sind nach Art eines P^ntenschnabels zum 1) Vergl. die Arbeiten und Aufsätze von Blainville, Owen, Bennett, Meckel, G. St. Hilaire etc. 1056 Ornithorhynchus. Grundein im Schlamme eingerichtet, aber jederseits mit 2 Hornzähnen bewaffnet und von einer hornigen Haut umgeben, welche sich an der Schnabelbasis in eigenthümlicher Weise schildartig erhebt. Die Beine des Schnabelthieres sind kurz, ihre fünfzehigen Füsse enden mit starken Krallen, sind aber zugleich mit äusserst dehnbaren Schwimmhäuten aus- gestattet und werden daher sowohl zum Graben als Schwimmen gleich geschickt verwendet. Der Schädel der Monotremen erscheint verhältniss- mässig flach, die Knochen desselben verwachsen sehr frühzeitig ohne Nähte zur Herstellung einer festen Kapsel, welche das kleine, unter allen Säugetliieren am wenigsten ausgebildete Gehirn einschliesst. Das grosse Gehirn breitet sich nicht über das kleine Gehirn aus und besitzt nur ein sehr rudimentäres corpus callosum zur Verbindung der beiden Hemisphären. Eine äussere Ohrmuschel fehlt, die Augen bleiben klein und werden wie bei den Vögeln ausser den beiden Augenlidern durch eine Nickhaut geschützt. Die Nasenötfnungen rücken weit nach vorn an die Spitze der Schnauze. Beide Geschlechter besitzen wie die Beutel- thiere über den Schambeinen die sog. Beutelknochen, welche beim Weibchen von Echidna einen Beutel tragen. Das Männchen mit seinen im Innern der Leibeswand zurückbleibenden Hoden trägt in beiden Gattungen an den hintern Füssen einen eigen thümlichen in seiner ganzen Länge durch- bohrten Sporn, welcher den Ausführungsgang einer Drüse aufnimmt, der man längere Zeit, aber mit Unrecht, giftige Eigenschaften beilegte. Es scheint vielmehr, als ob die Einrichtung nur als Reizmittel der Be- gattung dient, da der Sporn in eine Grube des weiblichen Schenkels hineinpasst. Die weiblichen Geschlechtsorgane zeigen mit denen der Vögel in mehrfacher Hinsicht eine grosse Aehnlichkeit. Ebenso wie hier ist das linke Ovarium verkümmert, während das rechte eine traubige Form besitzt. Die Fruchtbehälter sind als die untern erweiterten Ab- schnitte der Oviducte vollständig getrennt und öffnen sich mit den Mündungen der Harnleiter in einen kurzen, weiten, in die Kloake führenden Gang {canalis urogenitalis). Die Embryonen entwickeln sich wie bei den Beutlern ohne Placenta, verweilen nur kurze Zeit im mütter- lichen Frucht behälter und werden sehr frühzeitig geboren, gelangen bei Echidna sogar in einen sackförmigen Beutel der Mutter. An dem Bauche der letztern finden sich nur zwei Milchdrüsen, welche einer vor- tretenden Saugwarze entbehren und desshalb längere Zeit unbekannt geblieben waren. Fossile üeberreste sind bislang nicht bekannt geworden. Farn. Ornithorhynchus BInmb., Schnobelthier. Mit breitem philten Entensclinabel und zwei Hornziihnen in dem Kiefer; Leib walzenförmig flach, mit weichem (lichten Hanrpeiz nnd mit plattem Ruderschwanz, Die kräftig bekrallten Szehigen Fiisse mit Schwimmhäuten, (.raben in der Kähe von Flüssen eine unterirdische Wohnung mit einem weiten Kessel und zwei Eingängen über und unter dem Wasser. Im Wasser 2. Ordnung: Marsupialia, Beutelthicre. 1057 schwimmen und tauchen sie vortrefflich und ernähren sich gründelnd von Würmern und Wasserthieren. 0. paradoxus Blumb., Neuholland und Van-Diemensland. Echidna Cuv. {Tachyglossus 111.)- Mit rüsselförmig verlängerter Schnauze, zahnlosen Kiefern und wurmförmig vorschnellbarer Zunge. Gaumen und Zunge mit Hornwarzen besetzt. Der mit Hornstacheln bekleidete Leib kann sich zusammenkugeln und endet mit kurzem Schwanzstummel. Die Füsse mit ihren kräftigen Scharrkrallen machen ein rasches Eingraben möglich. Nähren sich wie die Ameisenfresser von Ameisen und Insekten. E. hystrix Cuv., in gebirgigen Gegenden des südöstlichen Neuholland. E. setosa Cuv., Van-Diemensland. 2. Ordnung: Marsupialia'), Beutelthiere. Säuge fhiere mit verschieden besahnien Kiefern, zwei Beutelhiochen und einem von diesen getragenen, die Zitzen umfassenden Beutel. Der Hauptcharakter der Beutler liegt in dem Besitze eines von zwei Knochen getragenen Sackes oder Beutels {Marsupium), welcher die Zitzen der Milchdrüsen umschhesst und die hülflosen Jungen nach der Geburt aufnimmt. Die letztere tritt bei dem Mangel des Mutterkuchens ähnlich wie bei den Kloakenthieren ausserordentlich früh ein, selbst das Riesenkänguruh, welches im männlichen Geschlecht fast Manneshöhe erreicht, trägt nicht länger als 39 Tage und gebiert einen blinden nackten Embryo von nicht mehr als Zolllänge mit kaum sichtbaren Extremitäten, welcher vom Mutterthier in den Beutel gebracht wird, sich an einer der 2 oder 4 Zitzen festsaugt und noch geraume Zeit, etwa 8 bis 9 Monate, an diesem Orte Nahrung, Sciiutz und Wärme empfängt. Kleinere Beutler wie Bidelphys werfen eine grössere Zahl ebenso hülfloser kaum beweglicher Jungen, einige, bei denen der Beutel durch kurze Hautfalten ersetzt wird, tragen ihre Jungen sehr frühzeitig schon auf dem Rücken mit sich herum. In der äussern Erscheinung, in der Art der Ernährung und Lebens- weise weichen die Beutler ganz bedeutend auseinander, viele sind Pflanzen- fresser und nähern sich in der Bildung des Gebisses den Nagern oder den Hufthieren, andere leben von gemischter Kost, von Wurzeln, Früchten und Insekten, andere als echte Raubthiere von Insekten, Vögeln und Säugethieren. Auch in dem Habitus der gesammten Körper- form und in der Art der Bewegung wiederholen die Beutler eine Reihe von Säugethiertypen verschiedener Ordnungen. Die Wombat's repräsen- 1) R. Owen, Article „Marsupialia" inTodds Cyclopaedia of Anatoniy. Vol. III. 1842. G. K. Waterhouse, A natural history of the Mammalia. Vol. V. Marsupialia. London. 1846. J. Gould, The mammals ol Australia. Vol. I. und II. London. 1863. Vergl. ausserdem die Abhandlungen von Owen, Waterhouse, J. Gould, Home, Bennett, Rengger etc. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 67 1058 Organisation und Fortpflanzung. tiren die Nagethiere, die flüchtigen in gewaltigen Sätzen springenden Känguruh's entsprechen den Wiederkäuern und vertreten gewissermassen in Australien das fehlende Wild, die Flugbeutler (Petaurus) gleichen den Flughörnchen, die kletternden Phalangisten {Phalangista) erinnern in Körperform und Lebensweise an die Fuchsaffen (Letnur), andere wie die Perameliden an Spitzmäuse und Insectivoren. Endlich weisen die Bezeichnungen von Beuteldachs, Beutelmarder, Beutelwolf auf die Aehn- lichkeit mit allgemein bekannten Raubthieren hin. Diese Raubbeutler schliessen sich übrigens in der Bildung des Gebisses ebensowohl den echten Carnivoren als den Insektenfressern an, denen sie in der grossen Zahl ihrer kleinen Vorderzähne und spitzhöckrigen Backzähne kaum nachstehen. Die Eckzähne sind oft wahre Fangzähne, die Backzähne können fast allgemein in Lücken- und Höckerzähne unterschieden werden. Trotz der verschiedensten Gestaltung der Extremitäten tritt häufig die Tendenz der Daumenbildung und Verwachsung der beiden Innenzehen an den Hinterfüssen hervor, häufig aber verkümmert der Daumen oder fällt vollständig aus. Nach der Bildung des Gehirnes und nach dem Bau der Geschlechtsorgane schliessen sich die Beutler unmittelbar an die Monotremen an. Auch hier bleibt das corpus callosum — nach Owen soll dasselbe sogar ganz fehlen — überaus rudimentär; das grosse Gehirn ist verhältnissmässig klein, mit nur wenig bemerkbaren Windungen, Die weiblichen Geschlechtsorgane besitzen noch häufig grosse traubige Ovarien, die beiden Eileiter beginnen mit weiten Orificien und setzen sich in die beiden vollkommen getrennten Fruchtbehälter fort, welchen die eigenthümlich gestaltete ebenfalls doppelte Scheide folgt. Aeusserlich bilden die beiden Scheiden, wo sie die Mündungen der Fruchtbehälter aufnehmen, einen gemeinsamen Abschnitt, dereinen langen, aber durch eine Querscheidewand getheilten Blindsack abgibt; von diesem gemeinsamen, innerlich in zwei Hälften gesonderten Theil entspringen die Scheidenkanäle als zwei seitliche henkelartig abstehende Röhren, ■welche in den Canalis urogenitalis einmünden. Da die äussere Oelfnung des letztern mit dem After mehr oder minder innig zusammenfällt, kann man auch den Beutlern eine Art Kloake zuschreiben. Im männlichen Geschlecht endet die Ruthe in der Regel mit gespaltener Eichel ent- sprechend der doppelten Scheide des Weibchens. Fast alle Beutler sind nächtliche Thiere mit wenig entwickelten geistigen Fähigkeiten und leben in waldigen buschigen Gegenden. Die meisten bewohnen Neuholland, viele auch die Inseln der Südsee und die Molukken (Didelphys, Chironectes), auch Südamerika. In Europa fehlen sie gegenwärtig gänzlich, waren jedoch noch zur Tertiärzeit daselbst verbreitet. Mit Rücksicht auf die paläontologischen Reste (Unterkiefer erkennbar am vorspringenden Fortsatz) betrachtet man die Beutler als die ältesten der am frühsten aufgetretenen Säugethiere. 1. Unterordnung: Glirina. 2. Unterordnung: Macropoda. 1059 1. Unterordnung: Glirina (Rhizophaga), Nagebeutler, Beutelmäuse. Plumpe, schwerfällige Thiere von Dachs - Grösse , mit dichtem weichen Pelze, mit NagetUergebiss , kurzen Extremitäten und stummel- förmigem Schwanz. Am Magen mündet eine besondere Drüse. Grab- füsse mit[lbreiter nackter Sohle und 5 grossentheils verwachsenen stark bekrallten Zehen. Nur die stummeiförmige Innenzehe des Hinterfusses entbehrt der Sichelkralle. 1. Fam. Phascolomyidae. Blit dem Charakter der Unterordnung. Phasco- lomys Geoffr. Gebiss "r q j j -PÄ. Wombat Per. Les. (fossor). Ein Bewohner von Van-Diemensland und NeusUdwales, welcher am Tage in selbstgegrabenen Erd- höhlen liegt und zur Nachtzeit auf Nahrung ausgeht, die aus Gras, Kritutern und Wurzeln besteht. Aus den Alluvialhühlen Keuhoilands wurde eine fossile Art von Owen als Ph. platyrhinus beschrieben. Eine andere fossile Form, Ph, latifrons Ow. , wird neuerdings zu einer Untergattung Lasiorhinus Gray gestellt. 2. Unterordnung: Macropoda (Poephaga), Springbeutler. Mit kleinem Kopf und Hals, schwachen kleinen özehigen Vorder- beinen und ungemein entwickeltem Hinterkörper, dessen bedeutend ver- längerte Extremitäten zum Sprunge dienen und von dem langen an der Wurzel verdickten Stemmschwanz unterstützt werden. Die kräftigen Hinterfüsse zeichnen sich durch die ^'erlängerung von Unterschenkel und Fuss aus und enden mit 4 hufartig bekrallten Zehen, von denen die beiden Innern verwachsen sind, die mittlere aber sehr lang und kräftig ist. Das Gebiss erinnert an das der Pferde, wenngleich die Zahl der Schneidezähne im Unterkiefer (2) eine geringe ist. Eckzähne fehlen im Unterkiefer stets, im Oberkiefer sind sie klein oder fehlen auch. Backzähne finden sich oben und unten 5, ein prämolarer und vier wahre Backzähne. Der Magen ist colonähnlich zusammengesetzt, der Blind- darm lang. Sind Gras- und Pflanzenfresser. 1. Fam. Halmaturidaej Känguruhs. Gebiss — — - — — — Grössere und kleinere Thierformen, welche in Neuholland und Vandiemensland das fehlende Wild ersetzen und ihres Fleisches halber gejagt werden. Die grössern leben auf weilen grasreichen Ebenen und springen in gewalligen ijätzen mit einer Schnelligkeit, die der des Hochwildes kaum nachsteht, kleinere Arten scharren und graben und bereiten sich ein Lager nach Art des Hasen. Einige klettern vortrefflich und sind wahre Felsen- nnd Baumthiere. Diese sind theilweise Nachtthiere, alle sind scheu und furchtsam. Macropus Shaw. Oberer Eckzahn klein oder ganz fehlend. Aeusserer Schneide- zahn breit gefurcht. Nach der Gestalt dieses Zahnes hat man Untereattuncen auf- gestellt. M. giganteus Shaw. (Schneidezahn mit 2 Furchen). Riesenkänguruh von 4 bis 5 Fuss Länge ohne den 4 Fuss langen Schwanz. M. [Lagor ehestes Gould. Schneidezahn klein, mit 1 Furche) leporoides Gould. M. {Halmaturus) Benetti W'alerh. M. (^Petrogale) penicillatus Gray, Felsenkänguruh. Mypsiprymnus 111., Känguruhralle. Eckzahn deutlich. Der vordere obere 67* 1060 3. Unterordnung: Scandentia. Schneidezahn länger als die andern. Praemolar viel grösser als die andern Backzähne« H. rufescens Gould., H. penicülatus Waterh., H. murinus Desm., klein, gräbt und läuft n«ch Art der Springmäuse. Dendrolagus Müll. Schi. Vorderextremität gross. Kleiner oberer Eckzahn vor- handen. Hinterer Schneidezahn nicht gefurcht, mit den andern gleich gross. D. ur- Sinus Müll., Känguruhbär. Klettert vorzüglich. Fossile Känguruhreste fanden sich in den Knochenhöhlen Australiens, darunter das riesige Diprotodon australis Ow., dessen Schädel 3 Fuss lang ist. 3. Unterordnung: Scandentia (Carpophaga), Kletterb entler. Durchschnittlich von geringer Körpergrösse , höchstens 2 Fuss Länge, mit ziemlich gleichlangen özehigen Vorder- und Hinterglied- massen. An den Hinterfüssen sind den Macropoden entsprechend zweite und dritte Zehe verwachsen, die Innenzehe aber als nagelloser Daumen opponirbar. Dem Baumleben entsprechend dient der lange Schwanz als Wickel- und Greifschwanz. Im Gebiss stehen die Thiere zwischen Nage- beutlern und den Känguruhs. Zwei untern grossen Schneidezähnen stehen 6 Schneidezähne des Zwischenkiefers gegenüber, 2 mittlere sehr grosse und 4 seitliche äusserst kleine. Obere Eckzähne finden sich stets, untere fehlen oder sind ganz kleine Stummelzähne, dagegen wird oft die Zahl der Backzähne durch das Auftreten mehrerer kleiner Praemolaren eine beträchtlichere. Es sind meist gesellige harmlose und zähmbare Thiere, die zur Nachtzeit auf Erwerb von Nahrung ausgehn. Diese besteht aus Früchten, Knospen, Blättern, bei einigen jedoch auch aus Insekten und Vogeleiern. 1, Fam. Phascolarctidae , Beutelbäre. Von gedrungener plumper Körperform, mit dickem Kopi, grossen Ohren und ganz rudimentärem Schwanz. 3 1114 Phaseolarctus Blainv, (Lipurus Goldf.). — — - ■— An den Vorderfüssen sind die beiden Innenzehen den drei andern opponirbar ähnlich wie beim Chamaeleon. Ph. cinereus Goldf.. Koala, Neusüdwales. Ein langsames träges Thier, mit Recht als australisches Faulthier bezeichnet, wühlt wie das Wombat nach Wurzeln und lebt auf Bäumen von jungen Knospen und Zweigen. 2. Fam. Phalangistidae. Von schlankerer Körperform mit Greifschwanz. Petaurus Shaw., Flugeichhürnchen. Mit langem mehr oder minder buschig behaartem Schwanz und behaarter Flughaut. — - -rM -7 P. (Petaurista Desm. 1 0 1 (1) 4. 3 l4 2 14 ßsckzähne. Flughaut reicht nur bis zumEllenbogen) toflrManoide»Desm. P.Peronü 3 4 Desm., kaum halb so gross. P. [Belideus Walerh. -r^- -r Flughaut reicht bis zu den Fingern. Ohren lang, fast nackt) flaviventer Desm., cinereus Shaw. P. {Acrobates 214 Desm. 2 rj Flughaut reicht kaum bis zum Handgelenk. Ohren massig gross, aussen fein behaart. Schwanz nur an den Seiten sehr lang behaart) pygmaeus Desm. , kaum 4 Zoll lang. Phalangista Cuv. Schwanz vornehmlich an der Basis dicht behaart, Fallschirm fehlt. Der Gestalt nach fast Zwischenglieder von Eichhorn, Luchs und Marder. Meist 4. Unterordnung: Rapacia. 1061 3 1 1(— 3) 4 ^. ^ ^, FT i( 2^ 4 ^ RieiDer unterer Eckzahn. Nähren sich von kleinen Vögeln und Eiern. P. {Cuscus Lac6p. Schwanz nur an der Basis behaart). P. maculaia, Amhoina) ursina Temm , Celebes. P. {Trichosurus Less.) vulpina Desm. P. {Pseu- dochirus Ogl.) Cookii Desm. P. viverrina, Neusüdwales. P. nana Desm., Van- Diemensland, nur 4 Zoll lang. Hier schliesst sich die zu einer besondern Familie {Edentata) erhobene Gattung 2 1414 Tarsipes Gerv. an. Gebiss — — - — Backzähne sehr klein, durch Lücken getrennt. Untere Schneidezähne sehr lang. Mit wurmformiger Zunge und langem sehr kurz be- haarten Greifschwanz. ' Nächtliches Thier, von Insekten sich nährend, von kaum 4 Zoll Länge. Westküste Australiens. 4. Unterordnung: Bapacia, Banbbeatler. Das Gebiss trägt das Gepräge des Insektivoren- und Raubthier- 4(5) gebisses. Die Zahl der Schneidezähne ist oben eine grössere tt-^. Eck- zähne sind oben und unten als Fangzähne vorhanden und immer zahl- reiche einspitzige Praemolaren vor den spitzhöckrigen 4 selten 6 Molaren. Magen ohne Drüsenapparat. Blinddarm wenig entwickelt. Sind theil- weise Kletterthiere, theilweise Springer und Läufer. 1. Farn. Peramelidae (Entomophaga), Beuteldachse. Mit verlängerten Hinter- beinen uud spitzer Schnauze nach Art der Insektivoren. Die Zehen der vordem Extremität sind klein, die der hintern erinnern in Grösse und Stellung an die der Hacropoden, indessen ist auch eine innere Zehe vorhanden. Graben sich Höhlen und Gänge in der Erde. 5(4) 1 314 Perameles Geoffr. Gebiss -—- — - — . Vorderfuss mit 5 Zehen, von denen die beiden äussern nagellos sind. Am Hintcrfuss fehlt die Innenzehe oder ist rudimentär und nagellüs, die zweite und dritte Zehe sind verwachsen und klein. P. (Macrotis Reid. Innere Hinlerzehe fehlt. Ohren sehr gross. Schwanz lang behaart) lagotis ßeid , ^estaustralien. P. {Perameles Waterh. Innere Hinterzehe rudimentär. Ohren und Schwanz kurz) nasuia Geoffr., Neusüd wales. P. Gunnii Gray, Van-Diemensland. Chaeropus Ogl., Slutzbeutler. Vorderfüsse 2zehig. Die Zehe des Hinterfusses mit Ausnahme der vierten klein. Ch. ecaudatus Ogl. {castanotis Gray). Von Kaninchen- grösse, Neusüdwales. 2. Farn. Dasyuridae, Beutelmarder. Kleinere und grössere Raubbeutler mit entschiedenem Raubthiergepräge, mit behaartem, aber nicht zum Greifen umgebildetem 4 Schwanz. Schnauze minder spitz und nur mit ^ Vorderzflhnen. Zahl der Backzähne wechselnd _i-l|-^. Vorderfüsse Szehig, Hinlerfüsse mit 4 freien nie verwachsenen wecnseinu 2(3) [4 (6) Zehen zuweilen mit nagellosem Daumenrudiment. Gehen Nachts auf Erbeutung von Vögeln und Säugethieren aus. Den üebergang von den Perameliden bildet Myrmecobius Waterh., Ameisenbeutler. Schnauze lang und spitz. Gebiss mit f ehr zahlreichen scharfspitzigen jBackzähnen -g - 5-73^ "JTgj 1 •»'* ^^^ grö8»ten Zahn- 1062 Didelphyidae. Zahl unter den Säugern, von Walen und Armadilen abgesehn. Beutel nicht entwickelt. Hinterfüsse ohne Innenzehe. M. fasciatus Waterh., von Eichhorngrösse , hell gebän- dert, schlau und überaus gewandt und harmlos, lebt von Ameisen und Kerfthieren. Fossil sind die bei Stonesfild gefundenen Unterkiefer von Thylacotherium Ow., mit 6 Fraemolaren und 6 Molaren. PJiascogale Temm., Beutelbilcb. Schnauze zugespitzt, den Spitzmäusen ähnlich. 4 1 314 Gebiss "kIi- Backzähne nach Art der Insektivoren. Letzterer oberer Backzahn 3 1314 schmal, quergestellt. Hinlere Füsse mit nagellosem Daumenstummel. Ph. (Phascogäle Waterh. Die mittleren Schneidezähne länger als die übrigen. Schwanz buschig) peni- cillata Temm. Blutdürstiges kühnes Raubthier von Eichhorngrösse, gcwissermassen das Wiesel von Süd- und Westaustralien. Ph. (Antechimts Mc. Leay.). Miniere Schneidezähne nicht vergrössert, Schwanz kurzhaarig) flavipes Waterh., gelbfüssige Beutelmaus, gewandtes Baumthier, kaum 6 Zoll lang, mit 3 Zoll langem Schwanz. Ph. murina Waterh., Ph. minima Geoffr. Dasyurus III., Beotelmarder. Gebiss -5- y" "ö T* ^''' ^'^'''''ch langem gleich- massig behaarten Schwanz. Gleichen in der Lebensweise den Mardern. D. (Sarco- philus F. Cuv. Von gedrungenem Körperbau, mit breitem kurzen Kopf, ohne Daumen an den Hinterfüssen) ursinus Geoffr., Van-Diemcnsland. {Dasyurus Geoffr. Körper schlank, mit längerm Daumen, meist mit Daumenwarze an den HintertUssen). D. macrourus Geoffr. D. viverrinus Geoffr. (Z>. Maugii), Neusüdwales. Diluvial ist D. laniarius Owen. 4 1 3| 4 Thylacinus Temm., Beulelwolf. 75-7-^1—. Hinterfuss ohne Daumen. Th. cyno- ^ 3 1 3)4 " cephalus A. Wagn. Der äussern Erscheinung nach einem wilden Caniden ähnlich, von Schakalgrösse, der kühnste und stärkste Raubbeuller. Die Beutelknochen sind durch knorplige Sehnen repräsentirt. Van-Diemensland. Diluvial ist Th. spelaeus aus den Knnchenhöhlen Australiens. Unter den fossilen Dasyuriden ist hervorzuheben Thylacoleo Ow., ein Thier von Löwengrüsse, von dem leider nur ein Schädelfragmenl aus den pleislonen Bil- dungen Australiens bekannt wurde. 3. Fam. Didelphyidae {Pedimana), Beutelratten. Mittelgrosse und kleinere Klelterbeutler mit ziemlich zugespitzter Schnauze, grossen Augen und Ohren und meist langem Greifschwanz. Die Füsse sind 5zehig, an den Hinterlüssen ist die Innenzehe als Daumen opponirbar. Gebiss sehr langgestreckt, mit grosser Zahl von kleinen Schneidezähnen und spitzen scharfzackigen Backzähnen. 7 t- -5 -ö- Beutel oft unvoll- ständig, auf seitliche Falten reducirt. In der Gegenwart auf Amerika beschränkt, wo sie vornehmlich in Wäldern leben, in der Vorzeit auch in Europa verbreitet, im Eocen und selbst im Oolilh ( Phaseolotherium). Didelphys L. Zehen sämmtlich frei, ohne Verbindungshaul. a) Arten mit voll- kommener Brutlasche: D. virginiana Shaw., von der Grösse einer Hauskatze, in Mexiko bis in die nördlichen Provinzen der vereinigten Staaten. D. cancrivora Gm., Krabbenbeutler Brasiliens, mit vollkommenem Wickelschwanz. D. Äearae Temm., Paraguay. D. Opossum L., D. philander L., von nur Fusslänge, in Guiana. b) Arten mit unvollkommenem Beutel {Philander): D. dorsigera L., Aeneas-Ratle. Nur i Fuss lang, trägt die Jungen auf dem Rücken, mit den Schwänzen an dem sehr langen Schwänze des Multerthicre» befestigt, Surinam. D, murina L , Guiana, Brasilien 3. Ordnung: Edentata, xahnarme Thiere. 1063 u. «. A. Reste von fossile« Arien finden sich in den brasilianischen KnochenhöhI«n und im Eocen Europas. Cliironectes 111., Schwimmbeutler. Die grossen Zehen der Hinterfüsie durch Schwimmhäute verbunden. Ch. variegatus III., Guiana, Brasilien. IL Placentalia. 1. Adeciduata. 3. Ordnung: Edentata') (Bruta), Zahnanne Thiere. Säugethiere mit unvollständig besahitem, zuweilen zaJmlosem Gehiss, ohne Vorderzähne, mit zahlreichen Schmelz- und wurzellosen Bach2ähnen, mit Scharr- oder Sichelkrallen an den Extremitäten. Der Hauptcharakter dieser nur auf wenige Gattungen beschränkten Gruppe liegt von der relativ niedrigen Entwicklungsstufe aller Organ- systeme abgesehn in der unvollständigen Bezahnung des Gebisses, welches in einzelnen Fällen der Zähne vollständig entbehrt, in anderen dagegen wieder eine sehr grosse Zahl von Zähnen besitzt. Die von Cuvier ein- geführte Bezeichnung Edentata erscheint daher nicht allgemein zutreffend. Mit Ausnahme eines Gürtelthieres fehlen überall die Vorderzähne. Sind Eckzähne vorhanden, so bleiben dieselben kleine und stumpfe Kegel. Auch die Backzähne sind schwach und einfach gebaut, ohne Wurzeln und Schmelzüberzug. Sie werden nur einmal erzeugt, also nicht ge- wechselt, wachsen aber ununterbrochen fort. Anatomisch ist charakteri- stisch die grosse Zahl von Rücken- und Sacralwirbeln und die Verbindung des Sitzbeines mit den Sacralwirbeln. Auch kann die Zahl der Hals- wirbel auf 8 oder 9 steigen. Nach der gesammten Körperform und der Ernährungsweise weichen die Zahnlücker nach zwei Richtungen ausein- ander. Die einen ( Wurmzüngler und Gürtelthiere) sind Insektenfresser mit langgestrecktem spitzen Kopf, schwachen Kiefern und verkürzten Extremitäten, deren wenig bewegliche Zehen mit kräftigen Scharrkrallen enden. Häufig finden sich bei diesen Thieren eigenthümliche Schutz- einrichtungen der äussern Bekleidung, sei es in Form von grossen sich dachziegelförmig deckenden Hornschuppen, sei es in Gestalt eines segmen- tirten knöchernen Panzers. Die andern (Faulthiere) nähren sich von Blättern und klettern unter überaus sichern und kräftigen, aber lang- samen Bewegungen. Diese besitzen einen kugligen runden Affenkopf 1821. 1) Pander und D 'AI ton, Vergl. Osteologie Heft I. Das Riesenfaulthier etc. Th. Bell, Article „Edentata". Todd's Cyclopaedia of Anatomy vol. II. 1836. H.F.Jäger, Anatomische Untersuchung des Orycteropuscapensis. Stuttgart. 1837. W. v. Rapp, Anatomische Untersuchungen über die Edentaten. Tübingen. 1852. 10G4 Vermilinguia. Dasypoda. mit kurzen hohen Kiefern, ungemein schwerfälligen Körperformen und sehr lange mit Sichelkrallen bewaffnete Vorder-Extremitäten, die zum Anhängen an A.esten vortreffliche Dienste leisten. Die äussere Beklei- dung ist ein grobes Haar von grauer Farbe, dürrem Grase vergleichbar. Alle sind träge, stumpfsinnige Thiere mit kleinem der Windungen ent- behrenden Gehirn, klettern oder graben Höhlen und bewohnen gegen- wärtig ausschliessUch die südlichen Zonen. Mit Ausnahme des Afrikani- schen Orijcteropus und der Asiatischen Manis sind alle Bewohner Süd- amerikas. Einige ausgestorbene diluviale Südamerikanische Gattungen (Megatherien) erreichten die Grösse vom Rhinoceros. Auch in Europa hat man in den Jüngern Tertiärschichten eine fossile Form Macrotherium gefunden, deren Stellung unter den Edentaten jedoch noch zweifelhaft ist. 1. Fam. Vermilinguia, Ameisenfresser. Mit sehr verlängerter zugespitzter Schnauze, aus deren enger Slundöflnung die dünne wurmförmige Zunge weit iiervor- gestreckt werden kann. Die Augen sind klein und meist ebenso die äussern Ohr- muscheln, die Bekleidung meist durch lange Haare, in einem Falle durch grosse Horn- schuppcn gebildet. Alle besitzen einen sehr langen zuweilen buschig behaarten Schwanz. Zähne fehlen mit Ausnahme ven Orycteropus vollständig. Hier finden sich einige platte Mahlzähne, die aus hohlen Längsfasern zusammengesetzt, kaum knochen- harte Consistenz erlangen. Die Thiere besitzen kurze kräftige Grabfüsse mit vier oder fünf Scharrkrallen, die sie zum Ausgraben von Erdhöhlen und Aufscharren von Ameisen und Termitenbauten benutzen. In diese aufgewühlten Haufen strecken sie ihre lange klebrige Zunge hinein, an der sich die Insekten festbeissen und beim raschen Einziehen der Zunge dem Ameisenfresser zur Beute werden. Sie sind nächtliche Thiere und bewohnen Südamerika, das heisse Asien und Afrika. Myrtnecophaga L, Ameisenfresser. Mit langem straffen Haarkleid, zahnlosen Kiefern und kurzen abgerundeten Ohren. Einige besitzen einen Greifschwanz und klettern. Auf dem Boden bewegen sie sich langsam und ungeschickt auf den Fuss- kanten. Bewohnen ausschliesslich die Wälder Südamerikas. M. jubata L., der grosse Ameisenbär, mit langem buschigen Schwanz und hoher Mähne des Rückens. M. tetra- dactyla L. (tamandua Desm.), didactyla L. Manis L., Schuppenthier. Der Körper ist mit breiten Hornschuppen bedeckt, zwischen denen einzelne Haare hervorstehen. Kiefer zahnlos, Schwanz lang, Füsse Szehig. Rollen sich bei drohender Gefahr zusammen. Bewohnen die alte Welt. M. macrura ErxI. (longicaudata Shaw.), mit sehr langem Schwanz, an der Westküste Afrikas M. brachyura ErxI. (pentadactyla L.) nnd (Pholidotus) javanica Desm., beide in Ostindien, M. Temminckii Sms., Tropisches Afrika. Orycteropus Geoffr. Mit langen Ohren , dichtem ßorstenkleide und 7 auch 6 Mahlzähnen jederseits. Schwanz kurz, Vorderlüsse mit 4, Hinterfüsse mit 5 Krallen. 0. capensis Geoffr., Cap'sches Erdschwein, 4 Fuss lang. 0. senegalensis Less. 2. Fam. Dasypoda, Gürtelthiere. Mit langgestrecktem Kopf, meist aufrecht- stehenden Ohren, spitzer Schnauze und kurzer nur wenig vorstreckbarer Zunge. Die Körperbedeckung besteht aus knöchernen Tafeln, welche sich auf dem Rücken und am Schwänze zur Herstellung eines beweglichen Hautpanzers in Querreihen ordnen. Die Extremitäten bleiben kurz und sind mit ihren kräftigen Scharrkrallen zum Graben vor- züglich geeignet. Die Vorderfüsse sind meist vierzehig, die Hinterfüsse fünfzehig. Schneidezähne fehlen mit Ausnahme von JDasypus sexcinctus nnd des fossilen Chlamy- dotherium. Beide Kiefer tragen kleine cylindrische Backzähne, deren Zahn nach Megatheridae. Bradypoda. 1065 an den einzelnen Formen wechselt. Die Weibchen besitr.en zwei oder vier Zitzen der Brust. Sie sind Bewohner Südamerikas, halten sich am Tage in Löchern und Höhlen auf und nähren sich vorzugsweise von Insekten. Einige können sich bei nahender Gefahr zusammenkugeln. Basypus L., Gürtelthier. Mit einem festen Knochenschilde der Schulter- und Rumpfgegend und breiten beweglichen Knochengürteln in der Mitte des Rumpfes. B. novemcmctus L., der langschwänzige Tatu, mit 8— 10 Gürteln. B. gigasCa\., Riesen- armadil. Mit 12 bis 13 Gürteln nnd gegen 100 Zähnen ~. 3 Fuss lang. B. gymnums III. Mit J2 bis 13 Knochengürteln und jederseits 8 bis 9 Zshnen. B. viüosus Desm. B. minutus Desm. B. sexcinctus L. = setosus Pr. Wied. Qhlamydophorus Harl., Panzerthier. Der RUckenpanzer lederartig und ans 24 Ouerreihen vierseitiger Schilder gebildet, wie ein Mantel von der untern Hälfte des Leibes, die mit langem seidenartigen Haare bedeckt ist, abgehoben. Vorder- und Hinterfüsse fünfzehig, Schwanz nach unten umgeschlagen. Qi. truncatus Harl., Schild- wurf, in der Gegend von Mendoza. Fossile GUrtelthiere wie Glyptodon Ow, (Haplophorus Lund.), Chlamydothe- rium Lund. finden sich in dem Diluvium Südamerikas. Sie führen zu den Megalheriden hin und besitzen iheilweise Schneidezähne. 3. Fani. Megatheridae. Jochbogen geschlossen. Füsse gedrungen, vorn 4- bis Szehig, hinten 3- bis 4zehig, die mittleren Zehen mit starken Grabkrallen. Es sind die in Diluvialschichten Südamerikas gefundenen Riesenfaullhiere. Megatherium Cuv., Megalonyx ieders., Mylodon Ow., Scelidotherium Ow., Coelodon Lund., Sphe- nodon Lund. 4. Farn. Bradypoda, Faullhiere. Mit rundlichem Kopf, kurzem Affengesicht, verdeckten Ohren und nach vorn gerichteten Augen, mit sehr langen Yorder-Extremi- täten und brustsländigen Zitzen. Erscheinung und Lebensweise erinnern entschieden an die Affen, zu denen sie von Wagler und Blainville gerechnet wurden, obwohl sie hinsichtlich der Fussbildung wesentlich abweichen. Ausschliesslich zum Leben auf Bäumen bestimmt, benutzen sie ihre langen Vordergliedmassen und deren Sicheikrallen am Ende der drei oder zwei eng verbundenen Zehen zum Aufhängen und Anklam- mern an Aeslen, unter kräftigen aber langsamen Bewegungen. Auf dem Erdboden vermögen sie sich nur äusserst unbehülflich und schwerfällig hinzuschleppen. Schneide- zähne fehlen, zuweilen auch Eckzi^hne, von cylindrischen Backzähnen stehen 3 bis 4 in jeder Kielerhälfte. Die Körperbedeckung bildet ein langes und grobes, dürrem Heu ahnliches Haarkleid. Der Schwanz ist rudimentär. In anatomischer Hinsicht erscheint die zusammenoffsetzte Magenbildung, das .lochbein mit seinem grossen über den Unter- kiefer herabsteigenden Fortsatz, sowie die häulig grossere Zahl der Halswirbel (be' Bradypus tridactylus 9, torq^uatus 8) und die grosse Zahl Rippen-tragender Wirbel bemerkenswerth. Die Faulthiere leben in den dichten Wäldern Südamerikas, nähren sich von Blättern und lassen ein wie Ai klingendes klägliches Geschrei hören. Sie gebären meist nur 1 Junges, das sie auf dem Rücken mit sich fort tragen. 1. Unlerf. Bradypodidae. Jochbogen offen. Bradypus 111. Mit 3zt;higen Vorder- und Hintergliedmassen und deullichem Schwanz. Br. tridactylus Cuv., Ai. Br. torquatus III., Kragenfaulthier, nördl. Süd- amerika. Br. cuculliger Wagl., Guiana. Choloepiis III. Mit 2zebigen Vorder- und 3zehigen Hintergliedmassen , mit nur 6 Halswirbeln, ohne Schwanz. Ch. didactylus HI., Unau, nördl. Südamerika. 1066 4. Ordnung: Cetacea, Walfische. 4. Ordnung: Cetacea')? Walfische. Wasserhetcohnende Säugethiere mit spindelförmigem unbehaarten Leib, flossenähnlichen Vorderfüssen und horizontaler Schwanzflosse, ohne hintere Extremitäten. Die ausschliesslich im Wasser lebenden Wale wiederholen unter den Sdugethieren in der Formgestaltung den Fisch typus, wie sie auch sehr treffend als Walfische bezeichnet werden. Wegen der Form ihres massigen, einer äussern Gliederung entbehrenden Leibes und des Aufent- haltes im Wasser wurden sie früher selbst noch von Linn6 zu den Fischen gestellt, obwohl sie schon Aristoteles als selbstständige Zwischengruppe von den Fischen gesondert hatte. Nach ihrer gesammten Organisation sind sie jedoch echte Säugethiere mit warmem Blut und Lungenathmung, ihrem Baue nach den Ungulaten am nächsten verwandt, zu denen sie durch die Sirenen hinführen. Einzelne Arten erlangen eine colossale Körpergrösse , wie sie nur das Wasser zu tragen und die See zu ernähren im Stande ist, eine Grösse, der gegenüber die Riesen unter den Landsäugethieren, die Elephanten, zwergartig bleiben. Der gesammte Körper erinnert entschieden an den Fischkörper. Ohne äusserlich sicht- baren Halstheil geht der Kopf in den walzigen Rumpf über, während das Schwanzende eine horizontale Flosse bildet, zu der auf der Rücken- fläche häufig noch eine Fettflosse hinzukommt. Die Behaarung fehlt bei den grössern Formen so gut als vollständig, indem sich hier nur an der Oberlippe zeitlebens oder während der Fötalzeit Borstenhaare finden, bei kleinern Arten und den Sirenen reducirt sie sich auf eine spärliche Borstenbekleidung. Dagegen entwickelt sich unter der dicken Leder- haut im ünterhautzellgewebe gewissermassen als Ersatz des mangelnden Pelzes eine ansehnliche Specklage, die sowohl als Wärmeschutz wie zur Erleichterung des specifischen Gewichtes dient. An dem oft schnauzen- förmig verlängerten Kopfe fehlen stets äussere Ohrmuscheln, die Augen sind auff"allend klein und oft in der Nähe des Mundwinkels, die Nasen- löcher aut die Stirn gerückt. Die vordem Extremitäten stellen kurze äusserlich ungegliederte Ruderflossen dar, welche nur als Ganzes bewegt werden, die hintern fehlen als äussere Anhänge gänzlich. 1) Ausser den altern Werken von j. Hunter, Lacepfede etc. vergl. F. Cuvier, Hisloire naturelle des Cetac^s. Paris. 1836. D. F. Eschricht, Zoologisch-anatomisch physiologische Untersuchungen über die nordischen Wallhiere. Leipzig. 1849. D. F. Eschricht og J. Reinhardt, Om Nordhvalen (Balaena Mysticetus L.). Kjobenhavn. 1861. W. H. Flower, Notes on the Skeletons of Whales etc. Proceed, Zool. Soc. 1864. Vergl. auch die Arbeiten von H. Schlegel, van Beneden, Gray u. a. Organisation. 1067 Nicht minder auffallend erscheinen die Eigenthümlichkeiten der Innern Organisation, in denen überall die Beziehung zum Wasseraufent- halt und zur Schwimmbewegung hervortritt. Das Skelet zeichnet sich namentlich bei den grössern Formen durch das lockere, weitmaschige, vor flüssigem Fette durchdrungene spongiöse Gewebe aus und bietet in seiner Gliederung überall vielfache Analogieen zu dem Fischskelet. Die Regionenbildung der Wirbelsäule zeigt eine ähnhche auf die gleiche Bewegungsart hinweisende Reduction, der oft colossale Kopf scheint dem Rumpfe unmittelbar aufzusitzen; am Rumpfe hebt sich eine vordere Rippen-tragende und eine hintere Rippen-lose, durch auffallend grosse Querfortsätze characterisirte Region ab, welche letztere unmittelbar in den Schwanztheil übergeht. Indessen ist auch eine freilich verkümmerte Halsregion vorhanden, deren (bei Manatus 6) auf kurze Ringe reducirte Wirbel theilweise oder vollständig mit einander verwachsen und niemals eine freie Beweglichkeit gestatten. Der Schädel besitzt dem grossen oft schnabelförmig verlängerten Gesichtstheil gegenüber einen nur geringen Umfang und zeigt sich häufig asymmetrisch vorherrschend rechtsseitig entwickelt, seine Knochen liegen durch freie Nähte gesondert lose an- einander, zwei Parietalia verschmelzen frühe mit dem Interparietale zu einem Knochen, das harte Felsenbein bleibt von den übrigen Theilen des Schläfenbeins isolirt. Die Nasenhöhle ist im Zusammenhang mit der mächtigen Entwicklung der Intermaxillaria ganz auf den Schädel gedrängt, mit Ausnahme der Sirenen sind die Nasenbeine ganz rudimentär. Die Kiefer entbehren häufig der Bezahnung vollständig. Ein Milchgebiss ist überhaupt nur bei den Sirenen vorhanden, bei den echten Oetaceen kommen die Zahnkeime im fötalen Leben zur Entwicklung, die Zähne fallen aber vor der Geburt aus (Bartwale), oder bilden sich zu den bleibenden Zähnen aus (Delphine). An den Brustwirbeln ist die Zahl der echten mit dem Sternum verbundenen Rippen autfallend gering. Die Vordergliedmassen, deren Gürtel sich auf ein breites Schulterblatt reducirt, zeichnen sich durch die Kürze und Abplattung ihrer Armknochen und die grosse (6 bis 12) Phalangenzahl der Finger aus. Von der hintern Extremität finden sich nur zuweilen kleine Knochen-Rudimente vor, die man als Beckenknochen deutet. Beim Dugong wird ein rippen- ähnliches Darmbein von einem kurzen Wirbelquerfortsatz getragen, mit ihm verbindet sich ein kleines Schambein, welches medianwärts mit dem der andern Seite durch Symphyse zusammenhängt. Letzteres ist bei Manatus nicht einmal vorhanden, dagegen kommt bei Balaena mysticetus noch ein Femur- und Tibialrudiment hinzu. Das Gehirn ist verhältniss- mässig klein, zeichnet sich aber durch den Reichthum von Windungen an der Oberfläche der Hemisphären aus, bei einem 11000 Pfund schweren Walfisch von 19 Fuss Länge war dasselbe kaum 4 Pfund schwer. Die kleinen Augen besitzen eine kughge Linse und quer verlängerte Pupille. 1068 Ohr. Spritzloch. Fortpflanzung. Die sehr kleine einer äussern Muschel entbehrende GehöröflFnung führt in einen langen äussern Gehörgang, welcher mit Ausnahme der Sirenen nicht zur Schallleitung dient, da die Schallwellen vom Wasser aus durch die Lufträume der Kopfknochen zu der geräumigen Paukenhöhle und von hier durch das runde Fenster zu dem Labyrintliwasser der Schnecke geleitet werden. Bei den echten Cetaceen treten Vorhof und halbcirkel- förmige Kanäle der Schnecke gegenüber an Umfang sehr zurück, in dem Masse als Trommelfell und die Gehörknöchelchen der Paukenhöhle ausser Function treten. Die Nase hat beim Mangel eines Olfactorius ihre Bedeutung als Geruchsorgan ganz verloren und dient ausschliesslich als Luftweg zur Athmung. Die einfache oder doppelte Oeffnung ist mehr oder minder hoch hinauf auf den Scheitel gerückt und führt senk- recht absteigend in die Nasenhöhle, welche als paariger hinten einfacher Nasenkanal absteigt und am Gaumensegel vom Schlünde durch einen Schliessmuskel abgeschlossen werden kann. Durch diese Einrichtung sowie durch den in die Choanen hineinragenden thurmförmig erhobenen Kehlkopf (Epiglottis) wird es den Walfischen möglich, gleichzeitig Nahrung zu schlucken und Luft zu athmen. Die früher verbreitete Ansicht, dass die Waltische durch die Nasenöifnungen Wasser spritzten, hat sich als irrthümlich herausgestellt, es ist der ausgeathmete in Form einer Rauch- säule sich verdichtende Wasserdampf, der zu der Täuschung eines aus- gespritzten WasBerstrahles Veranlassung gab. Die sehr geräumigen Lungen erstrecken sich ähnlich wie die Schwimmblase der P'ische weit nach hinten und bedingen wesentlich mit die horizontale Lage des Rumpfes im Wasser, auch das Zwerchfell nimmt eine entsprechend horizontale Lage ein. Sackartige Erweiterungen an der Aorta und Pulmonalarterie sowie die sog. Schlagadernetze mögen dazu dienen, beim Tauchen der Athemnoth einige Zeit lang Vorschub zu leisten. Die Weibchen gebären ein einziges (die kleinern selten zwei) ver- hältnissmässig weit vorgeschrittenes Junges, welches noch längere Zeit der mütterlichen Pflege bedarf und bei den riesenmässigen Bartwalen eine Länge von 20' besitzen kann. Der Uterus ist zweihörnig, die Placenta diffus. Die beiden Saugwarzen der Milchdrüsen liegen in der Inguinalgegend, bei den Sirenen an der Brust. Die Wale leben meist gesellig, zuweilen in Heerden vereinigt, die kleinem suchen besonders die Küsten auf und gehen auf ihren Wan- derungen selbst in die Flussmündungen, die grössern lieben mehr das offene Meer und die kalten Gegenden. Beim Schwimmen, das sie mit grosser Meisterschaft und Schnelligkeit ausführen, halten sie sich in der Regel nahe an der Oberfläche. Viele verändern ihren Aufenthalt zu bestimmten Zeiten und ziehen in weiten Kreisen umher. Die Nahrung wechselt mannichfach je nach der Bildung des Gebisses. Die riesen- mässigen Bartwale, welche der Zähne vollkommen entbehren, dagegen 1. Unterordnung: Cetacea Carnivora. 1069 am Gaumen Barten tragen, ernähren sich von kleinen Seethieren, Nackt- schnecken, Quallen, die Delphine mit ihrem gleichförmigen Raubgebiss von grössern Fischen, die Sirenen, welche als VerbindungsgHeder von Walen und Robben dastehen, sind herbivor. Fossile Reste finden sich schon in der altern Tertiärzeit. 1. Unterordnung: Cetacea Carnivora, echte Walfische. Fleischfressende Cetaceen, au welchen sich die Charaktere der Ordnung am schärfsten ausprägen. Der Kopf ist nicht vom Rumpf ab- gesetzt und besitzt eine sehr bedeutende Grösse und borstenlose Lippen. Sie besitzen entweder conische Greifzähne in den Kiefern oder Barten am Gaumengewölbe, die Nasenöffnungen rücken bis auf die Stirn herauf. Der Kehlkopf ragt pyramidenförmig in die Choanen empor. Die Milch- drüsen liegen in der Inguinalgegend. Die Haut bleibt unbehaart, unter ihr entwickelt sich eine reiche Specklage. Die Gliedmassen sind nur im Schultergelenk beweglich, ihre Knochenstücke dagegen vollkommen starr und unbeweglich verbunden. 1. Gruppe. Denticete, Zahnwale. Fleischfressende vornehmlich von Fischen sich ernährende Wale mit kegelförmigen Fangzähnen in beiden oder nur in einem Kiefer. Die Zähne werden nicht gewechselt {mono- phyodont), fallen aber im Alter leicht aus. Gaumen bartenlos, jedoch zuweilen mit leistenförmigen Erhebungen. Kopf von proportionirter Grösse. Felsenbein klein. Nasenlöcher oft zu einer halbmondförmigen Oeffnung verschmolzen. Rückenflosse meist vorhanden. 1. Farn. Delphinidae. Beide Kiefern mit gleichgestellten Kegelzähnen, wenn- gleich nicht immer in ganzer Länge bewafTnet. Nasenlöcher zu einem balbmondror- niigen Spritzloch vereint. Phocaena Cuv. Kopf vorn gerundet mit kurzem Kieferknochen, welche die Länge des Schädels nicht übertreffen Massig lange dreieckige Riickenflosse. Zähne scharfkantig comprimirt. Ph- communis Less. , Braiinfisch, 4 — 5' Fiiss lang, steigt in die Fliissmündungen und lebt von Fischen. Europ. Meere. Bei Beluga Gray fehlt die Kückenflosse. B. (Delphinapterus) leucas Gray, WeissGsch, lebt nach Edch rieht von Sepien, hochnordisch. Bei Orca Gray ist die KUckentlosse sehr hoch, die Zahl der grossen Zähne gering. 0. gladiator Gray (D. orca Gm.), Schwertfisch von 20' Länge. Greift den Bartwalfisch an, in den nördlichen Meeren. Globiocephalus Gray. Stirntheil breit und kuglig gewölbt. Rückenflosse kurz vor der Mitte des Korpers. Der breite Zwischenkiefer bedeckt die Oberkiefer. Nur 9 bis 14 Zähne jederseils. G. globiceps Cuv., Grind, von 2;»' Länge, nordatlantisch, wichtig für den Nordländer. Delphinus L. Schnauze schnabelförmig verlängert, mit zahlreichen (20 and mehr jederseitsj bleibenden Fangzähnen. Brustflossen seitlich stehend. D. rostrattis Cuv., Nordsee und europ. Meere. D. delphis L., gemeiner Delphin, von 8' Länge, im Mittelmeer und atl. Ocean. D. tursio Fabr., Tümmler, 10' lang. Kordatlantisch. Lagenorhynchus Gray schliesst an die Phocaenen an. L. albirostris Gray, Nordsee. Platanista Cuv. PI. gangeticum Cuv., 6 bis T lang. 1070 Monodontidae. Hyperoodontidae. Catodontidae. Balaenidae. Eine ausschliesslich fossile (tertiäre) Gruppe von Zahnwalen sind die Zeuglo- donten, von denen besonders in den südlichen Theilen Nordamerikiis Ueberreste ge- funden sind. Kopf klein mit verlängerter Schnauze und normaler Nasenöffnunjjf. Back- zähne des Oberkiefers zweiwurzlig mit mehrzackiger Krone. Z. macrospondylus J. Müll. 2. Fam. Monodontidae. Im Oberkiefer nur zwei nach vorn gerichtete Zähne, die im weiblichen Geschlecht klein bleiben, von denen aber der eine (meist linksseitig) im männlichen Geschlecht zu einem colossalen schraubenförmig gefurchten Stosszahn wird. Die übrigen kleinen Zähne beider Kiefer fallen früh aus. Monodon L. , M. monoceros L., Narwall. Nördl. Polarmeer. Von 20' Länge. 3. Fam. Hyperoodontidae. Schnauze schnabelförmig verlängert, im Unterkiefer jederseits nur 1 oder 2 ausgebildete Zähne. Gesichtsknochen, namentlich Zwischen- kiefer oft unsymmetrisch. £in halbmondförmiges Spritzloch, Hyperoodon Lac. {(Jhacnodelphimts Esch.). Oberkiefer mit hohen Knochen- kämmen am hintern Theil des Schnabels. Halswirbel verschmolzen. H. latifrons Gray, Kordsee. H. bidens Flem., Dogling. Utber 20' Länge. Kördl. all. Ocean. Ziphius (iray [Micropteron Eschr.). Z. micropterus Cuv. , Nordsee. Fossil sind Z. plani- rostris Cuv., longirostris Cuv., compressus Huxl. aus dem Crag. 4. Fam. Catodontidae = Physeteridae, Pottfische. Kopf von enormer Grösse, J der Körperlänge, bis zur Spitze aufgetrieben durch Ansammlung von flüssigem Fett (Walrath . Oberkiefer zahnlos. Aeste der Unterkiefer aneinandergelegt, mit einer Reihe conischer Zähne besetzt. Spritzlöcher getrennt. Leben von Tintenfischen. Catodon Gray. Kopf höher als breit, vorn gerade abgestutzt. Spritzlöcher der vordem Fläche genähert. C. macrocephalus Lac, Cachelot, Pottfisch, 40 — 60' lang. Nordmeer. Gleicht in seinem äussern Habitus mehr den Bartwalen und besitzt einen ungeheuer grossen vorn senkrecht abgestutzten Kopf, der einem Drittheil des Körper- volums gleichkommt. Der schmale und kürzere Unterkiefer trägt 40 bis 50 kegel- förmige Zähne, die in Vertiefungen des Oberkiefers eingreifen. Unter der Kopfhaut breiten sich vielfach communicirende Hohlräume aus, welche eine helle ölige Flüssig- keit (das Spermaceti) einschliessen. Sowohl wegen dieses Walraths als wegen der wohlriechenden im Darme sich anhäufenden grauen Ambra wird dem Pottfisch eifrig nachgestellt. Physeter L. Kopf breiter als hoch, Rückenflosse aufgerichtet. Schädellläche jederseits mit vorspringender Knochenleiste. Ph. tursio Gray, Nordatl. Ocean. Ver- wandte Arten vom Gap und Australien. Auch pliocaene Reste von Physeter sind gefunden. 2. Gruppe. Mysticete, Barten wale. Mit sehr grossem Kopf und zahnlosen Kiefern; mit Barten. Schlund eng. Spritzlöcher getrennt. 1. Fam, Balaenidae, Barten wale. Celaceen von bedeutender Grösse mit un- geheurem Kopf, weit gespaltenem aber zahnlosem Rachen und doppelten Nasen- öffnungen, sog. Spritzlöchern, mit sehr kleinen Augen in der Nähe des Mundwinkels. Am Gaumengewölbe und Oberkiefer entspringen zwei Heihen von hornigen , an ihrem untern Rande ausgefaserten Querplatten, sog. Barten, welche senkrecht dicht hinter- einander gedrängt in die Rachenhöhle vorstehen und nach vorn und hinten zu ao Grösse abnehmen. Diese Barten bilden eine Art Sieb, welches beim Schliessen des colossalen Rachens die kleinen mit dem Seewasser aufgenommenen Medusen, Nackt- schnecken, Gephalopoden und Krebse zurückhält, während das Wasser abfliesst. Trotz ihrer colossalen Grösse haben sie eine enge Speiseröhre und nähren sich ausschliesslich von kleinen Seethieren, die natürlich in ungeheurer Menge verschlungen werden. Im Embryonalleben entwickeln sich allerdings im Oberkieler Zahnkeime, die aber noch vor der Geburt verschwinden. Die Bartenwale sind die grössten aller Geschöpfe und 2. Unterordnung: Cetacea herbivora. 1071 können eine LSnge von 80 bis 100 Fuss und ein Gewicht von 2500 Centner erlangen. Sie leben vorzugsweise in den polaren Meeren, unternehmen wie es scheint regel- mässige Wanderungen und werden wegen des als Thran benutzten Speckes und ihrer als Fischbein in den Handel kommenden Barten gejagt und gefangen. Fossile Reste aus dem Miocen und Pliocen, Balaenoptera Gray, Finnfisch , Schnabelwal. Von schlanker Körpergestalt mit hoher Fetlflosse des Rückens und kleiner Schwanzflosse, mit zahlreichen Liingslurchen der Bauchfläche. Schnauze hreit und kaum gebogen, die Barten klein und wenig entwickelt. B. rostrata Fabr., Nordmeer. Megaptera Gray. Rückenflosse niedrig, aber sehr lang. M. boops I. Müll., nordischer Finnfisch, erreicht eine Länge von 90 bis 100 Fuss. M. longimana Rud. l'liy Salus Gray, Benedenia Gray. Balaena L. Ohne Fetlflosse des Rückens, mit plattem Bauch und sehr langen Barten. Schnauze vorn verschmälert und stark gekrümmt, Körper plump. B. mysti- cetus, Grönländischer Walfisch, vornehmlich Gegenstand des Walfischfanges, wird bis 60 Fuss lang. Das Junge erreicht bei der Geburt eine Länge von fast 14 Fuss. B. (Euhalaena) australis Gray, Sudsee, 2. Unterordnung: Cetacea herbivora, Sirenen. Pflanzenfressende Wale, mit dicker, spärlich beborsteter Haut, auf- gewulsteten Lippen und vordem Nasenöffnungen, mit brustständigen Milchdrüsen. Die grossen Flossen sind im Eilenbogengelenk beweglich und enden handartig mit Spuren von Nägeln. Zur Verbindung von Kopf und Rumpf ist bereits ein kurzer Hals vorhanden, dessen Wirbel gesondert bleiben, auch die Art der Nasenbildung wie die ganze Körper- gestalt führt zu den Robben über. Dagegen nähert sich die Zahnbildung und innere Organisation den Dickhäutern. Auch besteht für die Vorder- zähne ein Zahnwechsel. Die Backzähne haben eine flache Krone und sind stets in beiden Kiefern wohlentwickelt. Eckzähne fehlen. Dagegen finden sich zuweilen im Oberkiefer hauerartige Vorderzähne (Dugong), während die untern frülizeitig ausfallen. Sie nähren sich besonders von Tangen und Seegras an der Meeresküste und bedienen sich ihrer hände- artigen Flossen, um den Körper an das Ufer zu schleppen, steigen aber auch mitunter weit in die Flüsse. J. Farn. Sirema, Sirenen. Die Nasenöfl"nungen sind weit nach vorn gerUckt. Der Kehlkopf ragt nicht in die Choanen hinein. Zitzen an der Brust. Gaben Ver- anlassung zu den Fabeln von den Meerjungfern. Manatus Cuv., Lamantin. Die Backzähne mit zwei Shöckrigen Querjochen. _ l 1 c g'J __ _ Schwanzflosse oval. Die aufgewulstete und vorn abge- 0 0 «— 10 * ^ stutzte Oberlippe dient als Tastorgan. Vorderextreniilät mit 4 Nagelrudimenlen. Wird des wohlschmeckenden Fleisches und Oeles halber verfolgt. M. australis Tils,, amerikanischer Manati, lebt an den Mündungen des Orinoco und Amazonenslroms und wird bis 9 Fuss lang. M. senegalensis Desm., afrikanischer Manali. Mit Nasenbeinen. Halicore III., Uugong. Mit zwei obern hauerartigen Yorderzähncn und 5 Back- zähnen in jedem Kieler, von denen die 2 bis 3 vordem im Aller ausfallen, mit mond- förmig ausgeschweifter Schwanzflosse, ohne Nagelrudimente. Kleine untere Vorder- 1072 5. Ordnung: Perissodactyla, unpaarzehige Hufthiere. 10 5 Zähne nur im Milcbgebiss. -ö- n T* -^- indicaDesm., wird 10 Fuss lang und bewohnt den indischen Ocean und das rothe Meer. Bhytina III. Bh. Stellen Cuv, , Borkenthier. Von ähnlicher Form als der Dugong, mit dicker borkenahnlicher Oberhnut und zahnlosen Kielern, mit zwei festen Kauplatten im Gaumen und Unterkiefer. 24 Fuss lang. Lebte im vorigen Jahrhundert bei Kamtschatka und ist gegenwartig ausgestorben. Fossile in den Tertiärschichten (Pliocen) vorkommende Reste beziehen sich auf die Gattung Halitherium Kaup. 5. Ordnung: Perissodactyla •)• Unpaarzehige Hufthiere. Grosse meist plump gebaute Hufthiere mit unpaarer Zehenzahl und am stärksten entwickelter Mittelzehe, mit einfachem Magen und sehr grossem Blinddarm, meist mit vollständigem Gebiss, in welchem die Eckzähne nur ausnahmsweise fehlen. Die Ordnungen der Artiodactylen und Perissodactylen bilden eine engere Gruppe von Säugethieren, die der Hufthiere. Es sind vorwiegend massige Gestalten, welche sich wie der Name sagt durch die breite Form der Zehenbekleidung auszeichnen. Stets sind die vier Extremitäten nur zur Bewegung auf dem Lande eingerichtet, daher ziemlich gleich- gebildet. Die Hufthiere sind durchweg Pflanzenfresser oder wenigstens omnivor, gleichwohl aber mit bedeutend diflerentem Gebiss. Immer schmelzfaltige Backzähne mit Querjochen und stumpfen Schmelzhöckern, die sich meist zu ebenen Kauflächen abnutzen. Häufig meiseiförmige grosse Schneidezähne, die aber auch ausfallen oder im Unterkiefer voll- kommen fehlen oder eine abweichende Gestaltung als Wafl'e gewinnen können. Stets bleiben grosse Lücken zwischen ihnen und dem Backzahn, in welcher Eckzähne oft fehlen, oder nur in der obern Kinnlade vornehmlich beim Männchen vorhanden, dann als hauerartige Waff"en gestaltet sind. Auch da wo oben und unten Eckzähne auftreten, haben sie diese Bedeutung und zeigen sich im männlichen Geschlechte weit umfangreicher und stärker. Unter den mancherlei bedeutenden Verschiedenheiten, welche die Hufthiere in ihrer gesammten Gestaltung und Lebensweise bieten, hatte man der verschiedenen Zahl der Hufe, denen die der Zehen parallel geht, einen besondern Werth beigelegt und demgemäss Vielhufer, Zweihufer und Einhufer als Ordnungen unterschieden. Indessen war diese Eintheilung keineswegs naturgemäss, da nicht nur unter den Viel- hufern sehr verschiedene von einander weit entfernt stehende Gruppen aufgenommen werden mussten, sondern auch die Einhufer und Zweihufer 1) C. Cuvier, Recherches sur les ossements fossiles. 3. Edit. Paris. 1846. T. Rymer Jones, Articie „Pachydermata". Todd's Cyclopaedia. Pander und D'Allon, Die Skelete der Pachydermata. D'Alton, Naturgeschichte des Pferdes. Weimar. 1812—16. Tapiridae. Rhinoceridae. 1073 von ihren engern Verwandten getrennt wurden. Vornehmlich aber er- wies sich diese Eintheilung mit dem Fortschritte der paläontologischen Erfahrungen unhaltbar. Es gelang, die Lücken zwischen Gliedern ver- schiedener Ordnungen durch Ueberreste ausgestorbener Formen theil- weise auszufüllen. So hat man denn neuerdings nach dem Vorgang Owen 's einmal die Pachydermen oder Vielhufer als Ordnung ganz auf- gelöst und zwei Glieder derselben, die Elephanten und Klippdachse, den Deciduaten überwiesen, sodann aber anstatt der oberflächlichen Ein- theilung auf Grund der Huf- und Zehenzahl die tiefer begründete schon von Cuvier verwerthete Abweichung in der paarigen oder unpaaren Zahl der terminalen Knochenreihen der Extremität zur Aufstellung der beiden Ordnungen Ferissodactijla (Pachydermes a doigt-impaires Cuv. und Ein- hufer, Solidungula Aut.) und Artioductyla, Paarzeher, benutzt. Die Perissodactylen beginnen geologisch mit den eocenen Lophio- donten{Lophiodon Cu.y., Listriodon Rnxl., FhiolophusOw., Hyracotherium Ow. u. a.), denen sich im Miocen die den Tapiren ähnlichen hochbeinigen Palaeotherien {Palaeotherium Cuv., Macrauchenia Ow.) anschliessen, welche wir vielleicht als die Stammformen der Tapire ansehn dürfen. Die gegenwärtig lebenden Formen beschränken sich auf die Familien der Tapiriden, Rhinoceriden nnd Equiden, von denen letztere schon im Eocen Repräsentanten (Änchitherium) besassen, welche den Ueber- gang von den Palaeotherien und Tapiren zu den Hipparien, den Stamm- formen der lebenden Pferde bilden. 1. Farn. Tapiridae. Mittelgrosse kurzbehaarte Hufthiere, gegenw«rtig auf die Tropen Amerikas und Ostindiens beschränkt, die in den miocenen Palaeotherien ihre nächsten Verwandten haben. An dem langgestreckten Kopie erscheint die Nase (mit hocbgewölbten Nasenbeinen) in einen beweglichen HUssel verlängert, der bereits als 3 1 4 13 Greiforgan benutzt wird, Gebiss : - — -^ "ö-. t^'® obern Molaren besitzen auf 2 am Aussenrand verbundenen Ouerjochen 4 Höcker, an den untern sind die Querjoche selbständig. Die Augen sind klein und tiefliegend, die Ohren spitz und sehr beweglich, der Schwanz kurz. Die mitlelhohen Vorderbeine haben vier, die Hinterbeine drei Zehen. Leben in kleinen Heerden nahe den Flussufern in sumpfigen Waldungen, besuchen häufig das Wasser, schwimmen und tauchen geschickt und sind friedliche furchtsame Thiere. Tapirus L. T. indicus Desm., Schabrakentapir mit weissem liiickenstreifen. T. americanus L., klein, einfarbig, Südamerika. T. villosus Wagn., Cordilleren. Fossile Arten auch im Diluvium Europas (Südasiens und Amerikas). 2. Fam. Rhinoceridae. Grosse plumpe Dickhäuter mit langem Kopf und nacktem gefalteten Hautpanzer mit einem oder zwei (epidermoidalen) Hörnern auf dem stark gewölbten Nasenbeine. Der langgestreckte schwere Rumpf wird von ziemlich niedrigen starken Extremitäten getragen, welche mit drei von breiten Hufen umfassten Zehen enden. Das Gebiss charakterisirt sich durch den Maneel der Eckzähne und durch vier jedoch rudimentäre und im Alter zuweilen ausfallende Schneidezähne. (Oben bleiben die beiden mittlem, unten die äussern). Die 7 obern Backzähne sind Claus, Zoologie. 2. Auflage. 68 1074 Equidae. quadratisch und besitzen zwei schräge Querhügel mit brekem unrcgelmässigen und verbundenem Aussenrand, die untern sind am Aussenrande in der Mitte tief eingebuchtet und dann nach vorn und hinten convex sichelförmig gekrümmt. Leben mit den Elephanten in den heissen Gegenden der alten Welt und richten in Pflanzungen grossen Schaden an. Das Weibchen wirft ein Junges. Treten schon im Miocen auf, Gnden sich auch im Pliocen und Diluvium Europas, Diese fossilen Arten trugen ein dickes Haarkleid und reichten bis zum Eismeere hinauf. 2 0 7 JRhinoceros L. Gebiss "^ 77 ■7« Man kennt 7 lebende und etwa ebensoviel ausgestorbene Arten. Arten mit einem Hörn und faltiger geschilderter Haut: Bh. indicus Cuv., Fest- land von Indien, 10 Fuss lang. Bh. javanus Cuv., Java. Arten mit 2 Hörnern: Eh. sumatrensis Cuv. Schneidezähne bleibend. Haut mit tiefer Falte. JRh. africanus Camp., ausgezeichnet durch das frühe Ausfallen der Schneidezähne und durch die glatte Haut. Südafrika. Bh. Keitloa und Bh. cueul- latus Wag., im südlichen Abyssinien. Bh. sirntis ßurch., Afrika. Bh. tichorhinus Cuv. Mit knöcherner ^'asenscheidewand und behaarter Haut; diluvial, im Eise wobi erhalten gefunden. Bh. leptorhinus Cuv., jung tertiär in Italien und südl. Frankreich. Bei Äcerotherium Kaup. (Bh. incisivus Cuv.), ohne Hörn aus dem Miocen, war an den Vorderfüssen noch ein Rudiment einer äussern Zehe vorhanden. 3. Farn. Equidae ') {Solidungüla Aut.). Hochbeinige schlanke Hufthiere von bedeutender Grösse, die nur mit dem starken von breitem Hufe umgebenen Endgliede (Hufbein) der Sgiiedrigen Mittelzehe den Boden betreten. Die 2te und 4te Zehe sind entweder als kleine Nebenzehen (Afterklauen) vorhanden (fossile Pferde) oder auf die Metatarsalknochen (Griffelbeine) reducirt. Wenn wir die Familie der Pferde nur nach den jetzt lebenden Formen, die zur Aufstellung der Ordnung der Einhufer Veranlassung gaben, zu charakterisiren hätten, so würden wir in erster Linie die schlanke schön proportionirte hochbeinige Gestalt hervorzuheben haben. Der gestreckte magere Kopf mit grossen lebhaften Augen und zugespitzten sehr beweglichen Ohren wird von einem langen seitlich comprimirten Hals getragen, an dessen Kückenfirste das sonst kurze enganliegende Haar eine ansehnliche Mähne bildet. Der Schwanz erscheint geschweift oder gequastet, je nachdem die langen Haare seine ganzs Länge bekleiden oder nur das untere Ende besetzen. Die schlanken kralligen Extremitäten enden mit einer einzigen Zehe, die nur mit dem Endgliede den Boden berührt. Demgemäss besteht der Mittelluss aus einem langen Röhrenknochen und zwei stablörmigen Metatarsalknochen der 2ten und 4ten Zehe, den sog. Griffelbeinen. Auf- fallend kurz bleiben überarm und Oberschenkel, sodass Ellenbogen und Kniebeuge am Biiuchende liegen, am Unterarm und Unterschenkel verkümmern Ulna und Fibula. Indessen gibt es eine Reihe von Resten vorweltlicher Pferde, welche in der Fussbildung und im Gebiss wirkliche zur generischen Sonderung ausreichende Abweichungen zeigen. Das Gebiss besitzt 6 obere und 6 unlere grosse meiseiförmige Schneidezähne, die sich in geschlossener Bogenlinie aneinanderfügen und sich durch die querovale Grube ihrer Kaufläche auszeichnen. Eckzähne sind in beiden Kiefern gewöhnlich nur im männ- lichen Geschlecht vorhanden und bleiben kleine kegelförmige „Haken". Die Zahl der Backzähne betrug bei den fossilen Formen 7 in jedem Kiefer, bei den jetztlebenden 1) Vergleiche D'Alton, Naturgeschichte des Pferdes. I und IL Weimar. 1812 and 1813. Kunz, Abbildungen sämmtlicher Pferderassen. Karlsruhe. 1827. Equus. Asinus. 1 075 Arten der Gattung Equus ist sie auf 6 gesunken, indessen findet sich vor dem ersten Zahne im Milchgebiss ein kleiner hinfälliger Zahn (Wolfszahn Bojanus). Die Back- zähne sind lang prismatisch wie aus 4 Pfeilern verschmolzen (zu denen in den Back- zähnen des Oberkiefers noch ein fünfter innerer Pfeiler hinzukommt) und zeigen auT der Kaufläche 4 gewundene Schmelzfalten. Als anatomischer Charakter verdient der vollständig geschlossene knöcherne Augenring und die Klappe am Eingang des einfachen Magens, die das Erbrechen unmöglich macht, sowie der Mangel einer Gallenblase hervorgehoben zu werden. Alle besitzen 2 Zitzen in der Inguinalgegend und werfen in der Regel nur ein Junges. Fossil treten sie zuerst im Eocen auf (^Anchitherium), erhalten sich im Miocen und Pliocen (Hipparion) und gehen dann in die diluviale Gattung Equus über, der die jetzt lebenden domeslicirlen Pferde angehören, Anchitherium H. v. M. Füsse dreizehig mit grosser Mittelzehe und Alter- 7 klauen nebst Metatarsalrest der 5ten Zehe an der vordem Extremität. Backzähne — . 7 A. Dumasii Gerv. , eocen, Hipparion Christol. {Hippofherium Kp.). Fussbildung dieselbe. Von den 7 Backzähnen ist der vordere ein einfaches Prisma mit halbmondförmigem Querschnitt geht aber schon mit dem Milchgebiss verloren. Der innere accessorische l'leiler der oberen Backzähne mit freier Scbmelzinsel auf der Kaufläche. H. gracile Kp., Miocen, Deutschland und Griechenland. H. prostylum Gerv., Pliocen. Süsswassermergel der Vaucluse. Equus L. Füsse Izehig mit Metatarsalresten der 2ten und 4ten Zehe (GrifTel- 3 I 3 beine). Backzähne -5- rö" "••' R^s'en eines vordem 7ten Backzahnes im Milchgebiss, die sich jedoch mitunter als kleine Stummel auch nach dem Zahnwechsel erhallen. Die obern Backzähne mit flachem Pfeiler in der Mille der Innenseite, dessen Schmelz- saum jedoch keine freie Insel bildet, sondern nur als Falte erscheint. 2 Inseln an der Aussenseite vorhanden, von gefaltetem Schmelzrand umsäumt. An den untern Back- zähnen fehlen die freien Inseln an der Aussenseite, welche bei Hipparion vorhanden sind. Erste und letzte Zehe oben und unten dreiseitig prismatisch. Fossile Arien kommen in jungem Tertiärschichten {E. skalensis, nomadicus Falc.) und im Diluvium vor. 1. ünterf, Equus Gray. Schwanz bis zur Basis geschweift. E. caballus L, Nur im domesticirten Zustand bekannt, wahrscheinlich von einer oder mehreren der bereits zur Diluvialzeit lebenden Pferden E. fossilis, priscus u. a. (auch amerlkani.xche diluviale Reste E. americanus) abzuleiten. Die sog. wilden Pferde, die in den Steppen Mittelasiens leben, Tarpans, sind ebenso wie die südamerikanischen Muslangs verwil- derte Pferde. Durch Kreuzung der erstem mit gezähmten Pferden entstehen die Muzins. Streifungen, die gelegentlich am Hucken und in der Schultergegend auftielen, weisen auf eine gestreifte Stammform hin. Gelegentlich Afterklauen. Rückschlag. Abstammung von Hipparion. 2. Unterf. Asinus Gray. Schwanz gequastet, Ohren lang, Mähne aufrecht. A. taeniopus Heugi., Wildesel im südösll. Asien. Stammform des Hausesels (E. asinus L.). Dieser minder gelehrig als das Pferd, eignet sich besonders zum Lasttragen und zur Verwendung in gebirgigen Gegenden, erzeugt mit dem Pferde gekreuzt das IVhiulthier (E. mulus, Eselhengst, Pferdestute; die Existenz des Maulesels E. hinnus wird be- stritten). A. hemioniis Pall., Dschiggetai, Halbesel, mit dunkelen Längsstreifen auf dem Rücken. Tibet bis Mongolai. A. onager Pall., Kulan, Mongolei. Die afrikani- schen Arten (zu der Untergattung Hippotigris Sm. gestellt) sind auf hellem Grunde dunkel gestreift und wilde unbündige kaum zähmbare Thiere. A. quagga Gm. E. zebra L. E. Burchelli Fisch. 68* 107G 6. Ordnung: Artiodactyla. 6. Ordnung: Artiodactyla^). Hufthiere mit paarigen Zehen, von denen die beiden äussern meist Meine After zelien darstellen, die zwei mittlem von gleicher Grösse den Boden berühren, meist mit vollständigem Gebiss, oft ohne Eckzähne und Schneidezähne des Oberkiefers, stets mit schmelzfaltigen Backzähnen. Theilweise plumpe schwergebaute, theilweise schlanke gracile Formen, bald mit niedrigen und bald mit hohen Beinen. Die erstem mit dicker, nackter Haut und straffem Borstenkleid, diese mit dichtem eng anliegenden Haarpelz. Die Wirbelsäule zeigt eine ziemliche Constanz der Wirbelzahl. Die 7 Halswirbel oft mit Gelenkpfanne und Kopf articulirend. Ueberall mit Ausnahme der Culturrassen 19 Dorso- lumbalwirbel, von denen die 12 bis 15 vordem Rippen tragen. Das Kreuz- bein besteht aus 4 bis 6 Wirbeln. Ein Schlüsselbein fehlt stets. Am Becken ist die Symphyse auch auf die Sitzbeine ausgedehnt. Der Gang erfolgt überall vornehmlich mittelst der dritten und vierten Zehe, die stets ^n Grösse vor den beiden äussern hervorragen und mit ihren Hufen den Boden berühren. Die zweite und fünfte Zehe können jedoch auch beim Auftreten an der Unterstützung des Körpers Theil nehmen, rücken jedoch meist als rudimentäre Zehen nach hinten und berühren als Afterzehen den Boden nicht. Dieselben können bis auf ihre Metatarsal- reste verkümmern und als äussere Zehen ausfallen, beide bei Anoplo- therium, die äussere an der hintern Szehigen Extremität von Bicotyles. Die hierhergehörigen Thiere lassen sich in zwei Reihen ordnen, in die NichtWiederkäuer und in die Wiederkäuer. Die ersteren haben eine vollständigere Bezahnung und besitzen stets Eckzähne, können sogar eine vollkommen geschlossene Zahnreihe darbieten, haben aber stets eine einfachere Magenform. Ihre Metatarsalknochen der Mittelzehen sind niemals zu einem einzigen Röhrenknochen verschmolzen. Die Wieder- käuer zeichnen sich durch die complicirte Magenbildung aus, verlieren aber die Vollständigkeit des Gebisses, die nur im Embryonalzustande erhalten sein kann, indem die obern Schneidezähne und auch Eckzähne meist nicht mehr zur Ausbildung kommen. Dagegen bietet die allgemeine Gestalt der Backzähne ziemhch feste Merkmale. Die quadratische Krone besitzt 4 Haupthöcker, die durch tiefe nicht mit Cement erfüllte aber zuweilen mit Nebenhöckern versehene Thäler geschieden sind. Die Prainolaren sind klein, meist nur 1- oder 2höckrig. Die Metatarsal- knochen sind hier stets an beiden Extremitäten zu einem gemeinsamen Röhrenknochen verschmolzen, der Uterus ist 2hörnig, die Zitzen inguinal 1) R. Owen, Description of leclh and portions of jaws etc. Quat. Joura. Geol. Soc. vol. IV. 1848. K. Jones, Arlicle „Pachydermata''. Todds Cyclopaedia elc. vol. 111. 1848. 1. Unterordnung: Artiodactyla non Ruminantia. 1077 oder längs des Bauches sich erstreckend. Schon in alt tertiären Schichten finden sich Vertreter, welche im Anschluss und vielleicht von gemein- samen Ausgangspunkten mit den Palaeotherien die Schweine und Wieder- käuer vorbereiteten. 1. Unterordnung: Artiodactyla nonrnminantia. 1. Farn. Änoplotheridae. Gebiss mft allen drei Arten von Zähnen, die in ge- schlossener Reihe stehen, Eckzähne wenig von den Nachbarzähnen verschieden und kaum vorragend. Afterzehen fallen oft hinweg. Metatarsalknochen nicht verwachsen. Ausschliesslich eocene und miocene Hufthiere, welche zu den Wiederkauern und iheil- weise durch die Palaeochoeriden hindurch auch zu den Schweinen hinführten. Ano- 3 14 13 plotherium üray. ö- y T rö- -^- coviune Cuv. Xiphodon Cuv., Dichobune Cuv,, Dichodon Owen u. a. 2. Fam. Suidae'^) (Setigera). Mittelgrosse seltener hochbeinige Paarzeher mil dichtem ßorstenkleide und kurzrüsseliger Schnauze, die zum Wühlen im Erdboden gebraucht wird. Das Gebiss besitzt alle Zahnarten, doch ist die Zahnreihe nicht voll- kommen geschlossen, sondern stets mit Lücken zwischen allen Zahnarten. Die Schneide- zähne 4—6 an Zahl stehen schräg horizontal und fallen leicht im Aller aus. Eckzähne meist stark verlängert, dreiseitig, im männlichen Geschlecht von bedeutender Stärke, stehen nach oben gekrümmt seitlich hervor und sind als „Hauer" gewaltige Waffen. Die schmelzfaltigen Backzähne, 6 bis 7 in jedem Kiefer, sind theils einfache kegel- förmige Backzähne, theils umfangreiche Mahlzähne mit kegelförmigen Höckern der breiten Krone. Rücksichtlich der Fussbildung stehen sie den Wiederkäuern nahe, in- dem nur die beiden Mittelzehen mit ihren Hufen den Boden berühren, während kleiner« Aussenzehen als Afterzehen nach hinten liegen. Sie leben gesellig in Rudeln über die gemässigte und heisse Zone der alten und neuen Welt verbreitet, lieben vornehmlich feuchte und morastige Waldungen und sind im Allgemeinen stupide, von Wurzeln, Pflanzen und animalen Stoffen sich nährende Thiere, die sich muthig gegen Angriffe ihrer Feinde vertheidigen. Die Weibchen besitzen 6 bis 7 Zitzenpaare längs des Bauches und werfen dem entsprechend eine grosse Zahl von Jungen. Fossile Schweine treten schon im Miocen auf, i. B. Änthracotherium Cuv., Hyotherium H. v. M , Palaeochoerus Gerv. 1 1 2 13 Phacochoerus Cuv. — — - — «--ö-« Die vordem Molaren und Prämolaren werden abgeworfen, zuletzt bleibt nur noch der hinterste grosse zusammengesetzte Backzahn zurück. Mit grossem breitschnauzigen Kupf, der unter dem Auge einen Fleischlappen besitzt. P/t. aethiopicus Cuv., Südspitze von Afrika. Ph. Äelianus Rüpp. {Sus africanus L.), Abyssinien bis Guinea. 2 1 2 I 3 Porcus Wagl. {Babyrussa Fr. Cuv.). — — — 2"rT* ^**'"P^'" schlank hoch- beinig, die obern Eckzähne des Männchens geweihartig emporgewachsen, die Augen- gegend schützend. P. babyrussa L. , Hirscheber, Molukken. Porcula Hodgs., P. Salvania Hodgs., Indien. 1) Herrn, v. Nathusius, Vorstudien für Geschichte und Zucht der Hausthiere, zunächst am Schweineschädel. Berlin. 1B64. Derselbe, Die Ra^en des Schweines. Berlin. 1860. 1078 Obesa. 2 1 3 I 3 Dicotyles Cav. — 5~rT"' Körper kurz, aber f ziemlich hochbeinig, mit sehr kleinen Ohren und verkümmertem Schwanz. HinterfUsse durch Verkümmerung der Aussenzehe 3zehig. Drüse in der Kreuzgegend. D. torquatus Cuv., D. labiatus Cuv., Bisamschwein, Pecari, Amerika. Auch fossile Arten finden sich im Diluvium Brasiliens. 3 1 3 1 3 Potamochoerus Gray. ~ — - — 5~ -5— • Nasenbein und Zwischenkiefer mit rauher Protuberanz zur Anheftung der warzigen Anschwellung zwischen Auge und Schwanz. P. africanus Schreb. {larvatus Fr. Cuv.), Warzenschwein, Südwestafrika. P. penicillatus Schnz. , ebendaselbst. 3 1 4 I 3 Susi. — — - — — - — . Untere Schneidezähne schräg nach vorn gerichtet. Kan- fljiche der Backzähne mit accessorischen Höckern. Die Borsten des Rückens bilden einen aufrechten Kamm. S. europaeus Fall. (Ä scrofa L.), Wildschwein. In weiter Verbreitung von Indien bis zum Westen Europas und Nordafrika. Stammform einer grossen Zahl von ha9en unseres Hausschweins. Thränenbein langgestreckt, Gaumen- theil in der Gegend der Praemolaren nicht verbreitert. Die Brunstzeit fällt in den November. Nathusius bringt die Ra^en des domesticirten Schweines in 2 Gruppen, in die S. scro/agruppe mit den osteologischen Merkmalen des europäischen Wildschweins und in die Sus indicusgruppe. Die letztere charakterisirt sich durch die Kürze des Thränenbeins und Verbreiterung des Gaumens in der Gegend der Praemolaren. Hierher gehören die Schweine aus China, Cochinchina, Siam, das neapolitanische, ungarische, andalusische Schwein, das kleine Bündtner Schwein und das Torfschwein aus der Jüngern Steinzeit der Schweizer Pfahlbauten. Man wird dieselben auf eine besondere Stammart zurückzuführen haben, die wild nicht mit Sicherheit bekannt, vielleicht von S. indicus Pall. oder S. vittatus Müll. Schi, abstammen, von Java und Sumatra. Auch das langohrige Maskenschwein, S. pliciceps, aus Japan kreuzt sich mit dem Haus- schwein fruchtbar. S. verrucosus Müll. Schi., Java. Fossile Reste der Gattung Sus finden sich im Diluvium, Reste sehr nahe stehender Formen im Jungtertiär bis zum Hiocen, diese sind von Lartet als Clioerotherium generisch gesondert. 3. Fam. Obesa. Von sehr plumper Gestalt mit unförmig grossem Kopf und breiter stumpfer angeschwollener Schnauze. Die mächtig entwickelten Kiefer tragen oben und unten vier cylindrische schräg gerichtete Schneidezähne, von denen die mittleren des Unterkiefers an Grösse überwiegen. Eckzähne stark, namentlich die im Bogen gekrümmten untern Eckzähne. — - Backzähne, von denen die vordem Praemo- 3 I 3 laren ausfallen, so dass -3- -y im Alter bleiben. Der 4te bis 6te Backzahn mit 4 Höckern, auf der abgenutzten Kaufläche, kleeblaltähnliche Figuren bildend, der 7te mit accessorischem Höcker. Die Haut ist fast nackt und durch Furchen gefeldert, unter ihr entwickelt sich eine mächtige Fettlage. Augen und Ohren der unförmigen Thiere bleiben klein. Die niedrigen Beine enden mit 4 den Boden berührenden Zehen und ebensoviel Hufen. Leben gesellig in grössern Flüssen und Landseen des Innern Afrikas, schwimmen und tauchen vortrefflich und steigen zur Nachtzeit an das Ufer, um zu weiden, in pflanzenreichen Strömen verlassen sie jedoch selten das Wasser. Einige foMile Formen haben — Schneidezähne {Hexaprotodon Faic. Cautl.). 2. Unterordnung: Ruminantia, Wiederkäuer, 1079 Hippopotamus L. (Tetraprotodon Falc. Cautl.). -r- -j j-i-^-. S. amphi- 2 1 4 { 3 hius L.. Nilpferd, bis 12' lang, von Abyssinien bis Südafrika. Fossil ist H. major Cuv. , Diluvium des mittlem und südlichen Europa. Tertiäre üeberreste sind H. iTetrapotodon) sivalen^is und iraicadicus Falc. Cautl. 2. Unterordnung; Artiodactyla ruminantia'), Wiederkäuer (Bisulca Blum., Pecora L., Zweihufer). Mit complicirtem aus 4 (3) Abschnitten zusammengesetzten Magen^ ohne oder mit nur zwei ohern Schneidezähnen, fast ausnahmslos mit verschmolzenen Metacarpal- und Metatarsalknochen. Die Wiederkäuer sind grossentheils schlank gebaute, leicht beweg- liche Säugethiere von ansehnlicher und nur ausnahmsweise geringer Körpergrösse. Ueberall findet sich ein dichtes eng anliegendes glattes oder woUig gekräuseltes und dann tief herabhängendes Haarkleid von einförmiger oder bunter Färbung. Der verhältnissmässig kleine Kopf ragt auf langem Halse weit vor, besitzt langgestreckte Kiefer und eine breite Stirn, die oft namentlich im männlichen Geschlechte als Schmuck und Waffe Hörner oder Geweihe trägt. Die Ohren sind aufgerichtet und von ansehnlicher Grösse, die Nase verkürzt, die Lippen sehr be- weglich, nicht zur Rüsselbildung geneigt. Die Beine sind hoch und schlank, zum raschen Forttragen des Leibes geeignet Wichtig erscheint der Bau des sehr verlängerten Fusses, an beiden Gliedraassenpaaren schliesst sich den kleinen Carpal- und Tarsalknochen ein überaus langer Mittelfuss an, dessen Zusammensetzung aus zwei seitlichen in der Mitte verschmolzenen Röhrenknochen nachweisbar bleibt. Auf diesen folgen nur zwei dreigliedrige Mittelzehen mit Hufbekleidung, häufig aber finden sich noch zwei hintere griffeiförmige Rudimente der Aussenzehen, die ähnlich wie bei dem Schwein als Afterklauen hervortreten können. Physiologisch und anatomisch charakterisiren sich unsere Thiere durch das Wiederkauen und die hierauf bezügliche Bildung des Magens und des Gebisses. Die Nahrung besteht überall vorzugsweise aus Blättern und solchen vegetabilischen Substanzen, welche nur geringe Mengen von Protein enthalten und daher in grossen Quantitäten aufgenommen werden müssen. In dieser Beziehung erscheint die Arbeitstheilung zwischen 1) Vergl. besonders G. J. Sundevall, Methodische üebersichl über die wieder- kauenden Thiere. 2 Theile 1847. Ch. Pander und E. D'Alton, die Skelete der Wiederkäuer. J. E. Gray, Catalogue of the specimens of Hainmalia of the Brit. Museum. P. III. London. 1852. Rutimeyer, Fauna der Pfahlbauten. Derselbe, Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes in der Denkschrift der Schweizer naturf. Gesellschaft. Bd. 22 u. 23. 1080 Kiefer und Magenbildung. Erwerb und Aufnahme der Nahrung einerseits und Mastifikation anderer- seits als eine vortheilhafte , durch die Magenbildungen anderer Säuge- thiere vorbereitete Einrichtung. Das Abrupfen und Eintragen der Nahrung fällt mit der freien Bewegung auf der Weide, das Kauen und Zerkleinern mit dem Ausruhen zusammen. Das Gebiss des Wiederkäuers entbehrt in der Regel der obern Schneidezähne und der obern Eckzähne, nur ausnalnnsweise sind zwei obere Schneidezähne und auch zwei Eckzähne im Oberkiefer vorhanden. Dagegen stehen im Unterkiefer 8, selten nur 6 nach vorwärts geneigte schaufeiförmige Schneidezähne, die im Verein mit dem derben schwieligen Rand des Zwischenkiefers zum Abrupfen der Vegetabilien verwendet werden. Durch eine weite Lücke getrennt folgen meist in jeder Kieferhälfte schmelzfaltige Backzähne mit wellen- förmig eihöhten und vertieften Kauflächen, Die schmalen und schwachen Aeste des Unterkiefers stehen in engerm Winkel verbunden als die des Oberkiefers, so dass sich in der Ruhelage die obern und untern Back- zähne beider Hälften nicht gleichzeitig decken. Erst bei der seitlichen, durch die Bildung des flachen Kiefergelenkes überaus begünstigten Ver- schiebung des Unterkiefers wirken die obern und untern Backzähne der betrefi'enden Kieferhälfte mit ihren Kauflächen aufeinander und man sieht auch aus diesem Gründe während des Kaugeschäftes den Unterkiefer 5 6 7 ununterbrochen nach einer Seite bewegt. Backzähne:-^ oder -^ oder — . Kronenfläche mit halbmondförmigen Schmelzleisten, an den Praemolaren 2, an den Molaren 4; zuweilen noch accessorische Höcker und verticale Leisten. Die Fähigkeit des Wiederkauens beruht auf dem complicirten Bau des Magens, welcher in vier, seltener in drei eigenthümlich ver- bundene Abtheilungen zerfällt. Die nur oberflächlich gekaute grobe Speise gelangt durch die seitliche Oeffnung der Oesophagealrinne, deren wulstige Lippen auseinander treten, in die erste und grösste sackförmige Magenabtheilung, den Pansen (rumen), der kropfartig dem Ende des Oesophagus, der genannten Oesophagealrinne anhängt. Von hier tritt dieselbe in den kleinen Netzmagen (reticulum) über, welcher als ein kleiner rundlicher Anhang des Pansens erscheint und nach den netz- artigen Falten seiner Innern Oberfläche benannt worden ist. Nachdem die Speise hier durch zufliessende Secrete erweicht ist, steigt sie mittelst eines dem Erbrechen ähnlichen Vorganges durch die Speiseröhre in die Mundhöhle zurück, wird einer zweiten gründlichen Mastiflcation unter- worfen und gleitet nun in breiiger Form durch die geschlossene Oesophagealriime, deren wulstförmige Ränder sich aneinander legen, in die dritte Magenabtheilung, den Blättermagen oder Psalter (omasus). Aus diesem kleinen, nach den zahlreichen blattartigen Falten seiner Innern Oberfläche benannten Abschnitt gelangt die Speise in den vierten Magen, den längsgefalteten Labmagen (abomasus), wo die Verdauung Tylopoda. 1081 unter Zufluss des Secretes der zahlreichen Labdrüsen ihren weitern Fortgang nimmt. In nur wenigen Fällen, bei dem javanischen Moschus- thiere und den Tylopoden (Cameele und Lama) fällt der Blättermagen als gesonderter Abschnitt hinweg. Der Darmkanal, vom Labmagen durch die Pylorusklappe abgeschlossen, zeichnet sich durch die Grösse des BUnddarms, sowie durch seine bedeutende Länge aus, welche die des gesammten Körpers um das 28tache (Schaf) übertreffen kann. Als eigen- thümliche Secretionsorgane sind die sog. Thränengruben der Schafe, vieler Antilopen und Hirsche, sowie die Klauendrüsen hervorzuheben. Die erstem liegen jederseits in Gestalt eines Drüsenbeutels am Thränen- bein und sondern eine schmierige Feuchtigkeit ab; die zwischen den Zehen über den Hufen liegenden Klauendrüsen öffnen sich oberhalb der Klauenspalte und secerniren eine stark riechende Feuchtigkeit. Placenta in Form von Cotyledonen oder diffus. Die Vermehrung der Wiederkäuer ist eine geringe, die Mehrzahl wirft nur ein Junges, welches in seiner körperlichen Bildung weit vor- geschritten, sehend und behaart zur Welt kommt. Der Fruchtbehälter ist zweihörnig, die Zitzen liegen in zwei- oder vierfacher Zahl in der Inguinalgegend. Mit Ausnahme Neuhollands, wo sie erst als Zuchtthiere eingeführt wurden, finden sich die Wiederkäuer über die ganze Erde verbreitet, friedliebend halten sie he'erdenweise zusammen und wissen sich vor Angriffen der Raubthiere kräftig zu vertheidigen oder sich ihnen durch schnelle Flucht zu entziehen. Sie leben meist polygamisch, und die starken Männchen stehen an der Spitze der Heerde. Die fossilen Änoplotheriden sind als die Stammformen der Wiederkäuer anzusehn. 1. Farn. Tylopoda, Schwielenfüsser, Camelidae. Wiederkäuer meist von ansehnlicher ürosse, ohne Hörner, mit langem Halse, behaarter und gespal- tener Oberlippe, ohne Afterzehen, mit schwieliger alle drei Phalangen deckender Sohle hinter den kleinen Hufen. Sie weichen namentlich durch die Bildung des Gebisses und des Fusses von den übrigen Wiederkäuern ab. Auch die Zwischenkiefer tragen 2 in der Jugend sogar 4 oder 6 Schneidezähne, während die Zahl der untern Schneidezähne um 2 verringert ist. Dazu kommen die starken Eckzähne in jedem Kiefer. Die Zehen sind nicht immer getrennt, zuweilen durch eine dicke Haut ver- bunden, ihre kleinen Endglieder werden nicht ganz von den kleinen Hufen umfasst. Der Magen entbehrt des Blättermagens als gesonderten Abschnittes. Auch die üallen- blase fehlt. Auchenia III., Lama. Mit verhältnissmfissig grossem Kopf, schmalen zugespitzten Ohren, aufrecht getragenem langen Hals, mit langer beweglicher Oberlippe und lang behaartem Schwanz. Zehen getrennt, jede mit schwieliger Sohle. Klauendrüsen vor- handen. Die Zahl der Backzähne variirt nach dem Lebensalter durch Ausfallen der vordem Praemolaren von -^' — zu -j-- Sie bewohnen rudelweise die Hoch- ebenen des westlichen Sudamerikas, daher mit Recht die Kameele der neuen Welt benannt und vertheidigen sich durch Ausschlagen und durch Auswerfen halbverdauten Futters. Lassen sich lähmen und als Lastthiere gebrauchen, werden aber auch de« 1082 Devexa. Moschidae. Fleisches, der Milch und der Wolle halber gehalten. A. glama L. , Lama. A. huanaeo H, Sm. A. Alpaco Gm. A. vicugna Gm, Alle an der Westküste Süd- amerikas. Auch diluviale Reste wurden in den Knochenhöhlen Brasiliens gefunden. Camelus L., Kameel. Mit 1 oder 2 starken Rückenhöckern, langem in starken Bogen gekrümmten Haisund durch die gemeinsame Sohle verbundenen Zehen. Schwanz gequastet. Die Zahl der Backzähne bleibt -r-jederseits. Leben gegenwärtig nur gezähmt im nörd- lichen Afrika und südlichen Asien. C. dromedarius L., Dromedar oder einhöckriges Kameel, als Hausthier dem Araber unentbehrlich, das Schiff der Wüste. C. bactrianus L., das Trampelthier oder zweihöckrige Kameel, in der Tartarei, Mongolei, mehr für die Steppen gemässigter Gegenden organisirt. Fossile Reste fanden sich in den Sivalikhügeln. 2. Farn. Devexa ■=. Canielopardalidae, Giraffen. Wiederkäuer mit sehr langem Hals, langen Vorderbeinen, weit kürzern Hinterextre.mitäten und desshalb nach hinten abschüssigem Rücken. In beiden Geschlechtern finden sich kurze mit behaarter Haut überkleidete (dem Rosenstock der Hirsche entsprechende) Stirnzapfen, vor denen beim Männchen noch ein unpaarer Stirnhöcker hinzukommt. Obere Schneidezähne und Eckzähne fehlen, -— Backzähne. Afterzehen, Klauendrüsen und Thränengruben fehlen. Die Zunge ist sehr beweglich und dient als Greiforgan. Placenta mit Cotyledonen. gegenwärtig ist die Familie nur durch eine Gattung und Art vertreten. Camelopardalis Schreb. C. giraffa Gm., das höchste Landsäugethier, von 15 bis 18 Fuss Höhe bei einer Länge von 7 Fuss und einer Höhe des Rückens von lOFuss, des Kreuzes von 8 Fuss. Die kegelförmigen Hörner werden über | Fuss lang und tragen an der Spitze einen Haarbüschel. Dazu kommt ein bis in die Augengegend reichender Höcker des Nasenrückens. Der Schwanz endet mit grosser Quaste. Lebt in kleinen Gesellschaften zusammen in bewaldeten Ebenen des Innern Afrika und nährt sich von Laub und Gras. Die fossile indische Gattung Sivatherium Falc. Cautl. trug jederseits über dem Auge einen rechtwinklig aufsteigenden knöchernen Zapfen und dahinter ein viel stär- keres ästiges Geweih. 3. Fam. Moschidae '). Kleine schlanke Wiederkäuer von Hasengrösse bis zur Grösse eines jungen Rehes, ohne Geweihe, mit hauerartig entwickelten oberen Eck- zähnen des Männchens. Im Uebrigen steht das Gebiss dem der Cervinen nahe und besitzt oben und unten 6 Backzähne. Thränengruben fehlen. Der Schwanz bleibt rudimentär. Placenta diff"us (Tragulus) oder mit Cotyledonen (Moschus). Leben in den Tropen in felsigen bergigen Gegenden der alten Welt mit Ausnahme der Brunst- zeit vereinzelt. Moschus L. Das Männchen besitzt zwischen Nabel und Ruthe an der Bauch- haut einen Drüsenbeutel, in welchem sich die stark riechende Moschussubstanz an- sammelt. Metakarpalknochen der 2ten und 5ten Zehe fehlen, dagegen sind die ent- sprechenden Melatarsalknochen vorhanden. M. moschiferus L., Hochgebirge Mittelasiens, von Tibet bis Sibirien verbreitet. Tragulus Briss. Ohne Moschusbenlel. Metakarpalknochen der äussern Zehen vorhanden und gleich den entsprechenden Melatarsalknochen von bedeutender Länge. Netzmagen fehlt. Tr. javanicus Fall., Sundainseln. Tr. napu Raffl., Sumatra. 1) Alph. M.Edwards, R^cherches anatomiques, zoologiques et paleontologiques sur la famille des Chevrolains. Ann. scienc nat. 5 Ser. tora. II. 1864. Cerridae. 1083 Bei Hyaemoschtis Gray bleiben die Metakarpalknochen der Mittelfinger gelrennt. H. aqiiaticus Ogib., Westküste Afrikas. 4. Farn. Cervidae '), hirschartige Wiederkäuer. Von schlankem Bau, mit Geweihen im männlichen Geschlecht und zwei Älterklauen. Thränengruben fast immer vorhanden. KlauendrUsen fehlen oft. Fast überall entwickelt sich eine Haarbürste an der Innen- seite der Hinterfüsse, die zur Unterscheidung von den Antilopen gute Dienste leistet. Häufig finden sich beim Männchen obere Eckzähne, die selbst eine bedeutende Grösse erlangen können. Backzähne: — -. Von überaus verschiedener Grösse und Form und o desshalb auch von systematischer Bedeutung erscheint das Geweihe, das mit Ausnahme des Rennthiers auf das männliche Geschlecht beschränkt ist; dasselbe ist ein solider Hautknochen, welcher auf einem Knochenzapfen der Stirn {Rosenstock) aufsitzt und sich von der kranzförmig verdickten Basis desselben (Kose) in regelmässig perio- dischem Wechsel ablöst, um abgeworfen und erneuert zu werden. Die Bildung des Geweihes beginnt schon im ersten Lebensjahre, indem sich zwei von dem Fell über- zogene Stirnzapfen als Auswüchse des Stirnbeines erheben und zu unregelmässigen oder kegelförmigen Höckern, Stangen oder Spiessen werden, welche gegen Ende des zweiten Jahres abgeworfen werden. Das im dritten Jahre sich neubildende Geweih ist abermals weiter vorgeschritten und durch den Besitz des sog. Augensprosses von gabiiger Form, die sog. Gabel, ausgezeichnet, im vierten Jahre kommt gegen die Spitze hin ein neuer Ast hinzu, der Eichspross, so dass das Thier jetzt ein Dreigabler oder Sechs- ender geworden ist. Wöhrend bei vielen Arten die Geweihbildung auf dieser Ent- wicklungsstufe stehen bleibt, vergrössert und verändert sich das Geweih durch jährliche Zunahme der Endenzahl auch sehr bedeutend. Dieser periodischen Neujrestallung liegt eine mit dem Geschlechtsleben innig zusammenhängende Steigerung der Ernährung zu Grunde, die Vollendung des erneuerten Geweihes bezeichnet den nahen Eintritt der Brunst. Es löst sich der Zusammenhang der Geweihbasis mit der obern Fläche des Rosenstocks gegen den Ausgang des Winters oder am Anfange des Frühjahrs, das schwere Geweih fällt ab, und es entsteht eine neue gefässreiche weiche Erhabenheit, welche fortwächst, zuerst die untern, dann die höhern Enden entfaltet, endlich erstarrt und die trockene Hautbekleidung durch Abreiben verliert. Die Hirsche leben grossen- theils in Wäldern und sind flüchtige scheue Thiere, mit Ausnahme des für die Bewohner der Folarregion unentbehrlichen Rennthieres nicht zu Hausthieren zähmbar. Sic nähren sich von Gras, Laub, Knospen und Trieben. Die Weibchen besitzen vier Zitzen, bringen indess meist nur 1 Junges zur Welt. Nur Australien und Südafrika entbehren der- selben. Fossile Arten treten zuerst in der mittlem Terliärzeit auf. Cervulus BWinv. Rosenstuck sehr lang, Geweih kurz, unverästelt, nur mit kurzen Basalsprossen. Kein Haarbüschel an den Hinterfüssen. C. muntjac Temm., Java, Sumatra. Cervus L. Geweih rundlich, mehrfach verästelt. Thränengruben vorhanden, ebenso Haarbürsten an den Hinterfüssen. C. capreolus L., Reh, mit kurzem Gabel- gevveih, fast ganz reducirter Thränengrube und kurzem Schwanz. Lebt familienweise meist zu 2 bis 4 Stück zusammen, die Brunstzeit tälit in den August, während das Ei erst drei Monate später sich zu entwickeln beginnt, über ganz Europa verbreitet. In den Pfahlbauten der Steinzeit überaus häufig. (7. elaphus L., Edelhirsch. Hit grossem vielendigen Geweih und Thränengruben. Lebt in Rudeln zusammen, über ganz Europa verbreitet. Im Diluvium und Pfahlbauten. C. canadensis Briss. C. vir- ginianus Gm., Nordamerika. 1) Gray, Synopsis of the species of Dees. Proc. Zool. Soc. 1^50. Pucheran, Monographie du genre cerf. Arch. du Museum. Tora. VI. 1852. 1084 Cavicornia. Ostindische Arten sind: C. axis ErxI., C. porcinus Schreb., C. Aristotelis Cur. Südamerikanische Arten sind: C. campestris Cuv., Pampashirsch. C. paludosus Wagti., Sumpfhirsch etc. Dama H. Sm., Damhirsch. Die rundlichen Geweihslangen enden oben schaufei- förmig mit ßandsprossen und tragen unten Augensprossen. Z>. vulgaris ßrooii. , mit setr variabeler Färbung, im südlichen Ftalien, Spanien, Afrika, schon im Diluvium als C. somonensis Desm. beschrieben, Megaceros hibernicus Ow. (euryceros), diluvialer Riesenhirsch. Älces H Sm., Elenn. Schnauze breit, behaart, Geweihe ohne Augenspross, breit, schaufeiförmig, langsprössig. A. palmatus Klein ;= C. alces L. , Elch, von 8 Fuss Länge und 6 Fuss Schulterhöhe, war früher in Deutschland und Frankreich verbreitet, gegenwärtig im nördlichen Europa, Russiand, Nordamerika, früher auch in den Pfahl- bauten der Schweiz. Bangifer 0. Sm. (Tarandus). Rennthier. Kehle mit langer Mähne. In beiden Geschlechtern mit Geweihen, welche zahlreiche breit auslautende Zacken tragen. Lebt von Gras und Flechten, wird 6 Fuss lang und 4 Fuss hoch, läuft schnell und ausdauernd, ist Zug-, Last- und Reitthier der Lappländer, deren jN'ahrung und Beklei- dung es liefert. Existirte während der Diluvialzeit im mittleren und südlichen Europa. Auch in Nordamerika als „Caribou" vorhanden. 5. Fahl. Cavicornia, Hornthiere. Wiederkäuer von schwerfällig plumper oder graciler Körperform, ohne Eckzähne und obere Schneidezähne, mit -— Backzähnen und Hörnern in beiden Geschlechtern. Nur in seltenen durch die Cultur begründeten Aus- nahmen fehlen dieselben, ebenso selten verdoppeln sie sich auf die vierfache Zahl. Der Hornbildung liegen bleibende von geräumigen Höhlungen erfüllte Knochenforlsätze des Stirnbeins zu Grunde, welche von einem überaus verschieden gestalleten Hohl- horne, dem aus Hornschichten zusaramengesesetzlen Produkte der Epidermis, um- wachsen sind, Afterklauen sind meist vorhanden. Grösse und Form wechselt mannichfach und erscheint systematisch nicht ohne Bedeutung. Es gibt ebensowohl gerade als einfach oder mehrfach gekrümmte, spiralig gedrehte, runde, glatte oder quergerunzelle und gedrehte Hörner. Alle leben gesellig und meist in Polygamie. Am reichsten an Arten und an Mannichfaltigkeit der Formen treten sie in der allen Well, vorzugsweise in Afrika, weniger in Asien auf. Zur Zähmung und Mästung geeignet sind sie bereits zu den ersten Zeiten beginnender Cultur Hausthiere geworden, zur Ernährung und Bekleidung des Menschen unentbehrlich. Auch in der Jüngern Tertiär und Diluvinl- Epoche waren die nämlichen Typen zum Theil in sehr nahe verwandten Arten vertreten. 1. Subf. Antilopinae. Von schlankem Körperbau, mit hohen dünnen Beinen, kurzem enganliegenden Haarkleid, zuweilen mit Thränengruben, so dass sie in ihrer Erscheinung Uebergangsformen zu den Hirschen und Pferden zu vertreten scheinen. Indessen gibt es auch gedrungene Formen, die den Stieren gleichen. Die Hörner sind rund gerade gestreckt oder gekrümmt, nicht immer glatt, zuweilen auf das Männchen beschrankt. Leben theils in den Ebenen heisser Gegenden der alten Welt, theils auch auf den höchsten Gebirgen, besonders in Afrika, nur 2 Arten in Amerika. Diluviale und tertiäre Reste wurden in Asien und Europa, auch in den brasilianischen Knochen- höhlen gefunden. Saiga Gray. Nase hoch und blasig aufgetrieben. Hörner kurz und geringelt, leierförmig, beim Weibchen fehlend. S. saiga Wagn., Saigaantilope, in den Steppen des östl. Europa und Asiens. Antilope yfaga. Nase zugespitzt. Hörner lang und leierförmig, Thränengruben fehlen oft. .4. dorcos Licht., Gazelle, bewohnt heerdenweise die Ebenen Arabien» Oviuae. Bovinae. 1085 und das nördliche Afrika. A. (Antidorcas) euphore Forst., Springbock, im südl. Afrika. Tetracencs quadricornis Blainv., Ostindien. Hippotragus Sundv. Hals mit Mähne. Hörner sehr lang und gebogen, in beiden Geschlechtern. ThrSnengruben fehlen. {H. (Egoceros) equinus GeofTr., Blaubock, Südafrika. H. oryx Blainv. {Oryx capensis Sundv.). H. addax Wagn., Afrika. Oreas canna Fall. (A. oreas Gray), Elenantilope, Gapland, Strepsiceros H. Sm. Hörner nur im männlichen Geschlecht, spiral gedreht. S. Kuda üray, Afrika u. z. a. G. Biibalis Licht. Die Hörner doppelt gebogen, in beiden Geschlechtern vorhanden. Körper sehr stark. Kleine Thränengruben. B. mauretanica Sundv. {A. bubalis Fall.), Kuhantilope. B. pygarga Snndv., ßuntbock, Südafrika. Catoblepas Gray, Gnu, Hörner stark nach den Seiten gekrümmt, von der Statur des Pferdes mit Mähne und Fferdeschweif. A. gnu Zimme,, lebt heerdenweise in den südafrikanischen Ebenen, Bupicapra Blainv. Die kleinen fast senkrecht stehenden Hörner mit hakig um- gebogener Spitze. Statur ziegenähnlich R. rupicapra Fall., Gemse, Pyrenäen nnd Alpen, auch Griechenland. Haplocerus americanus Blainv, Antilocapra americana Ow., Gabelgemse, soll die Hörner, die auf einem rosenstockahnlichen Zapfen sitzen, regelmässig wechseln. 2, Subf. Ovinae. Hörner mehr oder weniger zusammengedrückt, ringlig, After- klauen kurz, Backzähne ohne accessorisches Schmelzsäulciien, Meist nur 2 Zitzen, Ovis L , Schaf. Von geringer Grösse und schlanker Gestalt, mit hohen dünnen Beinen, ganz behaarter Nase, mit spiralig gewundenen querwellig geringelten drei- kantigen Hörnern, meist mit Thranengruben und KlauendrUsen, mit 2 Zitzen am Bauche. Bewohnen heerdenweise von einem altern Widder geführt gebirgige felsige (legenden der nördlichen Halbkugel bis hoch an die Grenzen des ewigen Schnees. 0. aries L., das zahme Schaf, in zahlreichen Hassen (deutsches tschaf, Haide- schnucke, Merino, Zackelschaf, Fettschwanzschaf) über die ganze Erde verbreitet (eine Kasse schon im Steinalter gezähmt). Die Frage über die Zurückfübrung auf wilde Stammarten ist nicht entschieden. Mehrfach hat man den in Corsika und Sardinien einheimischen Mouflon, 0. musimon Schreb. ,und den im nördlichen und mittleren Asien lebenden Argali, 0. argali Fall, als solche angesehen, 0. nahoor Hodgs. (ohne Thranengruben), Nepal. Ammotragus tragelaphus Desm. , Algier, Capra L,, Ziege. Meist mit behaartem Kinn und geradem Nasenrücken, stets mit seitlich conipriniirten, querhöckrigen und halbmondförmig nach hinten gekrümmten Hörnern, meist ohne Thranengruben und Klauendrüsen. Als Gebirgsbewohner der allen Welt klettern sie vortrefflich. C. ibex L , Steinbock der Alpen, findet sich nur auf Hochgebirgen an den Grenzen des ewigen Schnees, gegenwartig fast ausgerottet bis auf den Monte Bosa. Es gibt indessen noch einen spanischen, pyrenäischen, caucasi- schen . sibirischen Steinbock. C. hircus L.. Hausziege, in zahlreichen Arten überall verbreitet. Besonders geschätzt ist die Kaschmir- und Angoraziege, wegen ihres seidenen Wollhaares. Die Abstammung der Hausziege lässt sich nicht mit Sicheiheit nachweisen, man hat die C. Falconeri A, Wagn. aus Ostindien und die Bezoarziege, C. aegagrus L aus dem Kaukasus und Fersien als Stammart angesehen. Die letzlere gleicht dem Aipensteinbock, kennzeichnet sich aber sofort durch die comprimirten vorn gekielten Hörner. 3. Subf. Bovinae. Thiere von grossser schwerfälliger Statur, mit rundlichen oder comprimirten nach aussen gebogenen resp, gewundenen Hörnern, breiler meist nackter Schnauze, kurzem Halse mit hängendem Fleisch wamme und langem meist in einer Quaste endenden Schwanz, ohne Thranengruben und Klauendrüsen, mit Afler- klauen. Backzähne mit accessorischen Schmelzsäulchen. Das Weibchen besitzt zwar 1086 Bovinae. vier stark entwickelte Zitzen, wirft aber in der Regel nur ein Junges. Australien und Südmererika hat keine Vertreter. Ovibos Blainv. Stirn flach. Schnauzenspitze behaart bis auf eine kleine Stelle zwischen den Nasenlöchern. Hörner mit der breiten Basis zusammenstehend, abwärts gekrümmt, mit aufgerichteter Spitze. Haut mit langem Haarkleid, in welchem der Schwanz versleckt bleibt. 0. moschatus Blainv., Bisam aus Nordamerika. 0. (Bootherium Leidy.) priscus Rutim. Bison Snndv. {Bonassus A.Wagn.). Schnauze in ganzer Breite nackt. Die ge- wölbte Stirn breiter als lang. Hörner von der Stirnscheitelbeinleiste entspringend. Kinn bebartet. Haarkleid weich, wollig. Stirn, Kopf und Hals mit langer Mähne. B. europaeus Ow. , Wisent (mit Unrecht Auerochs genannt). Früher im mittleren Europa weit verbreitet, gegenwartig auf einen Fichtenwald beim Flecken Atzikhov im Bezirk Zelentscheik im Kaukasus und auf den Waid von Bialoivicza be.schrfinkt, hier von der russischen Regierung als Wild gehegt. Nahe verwandt ist B. americamis Gm., der amerikanische Bison, mit längern Haaren, kürzern Füssen und Schwanz. Beide stammen wahrscheinlich von dem diluvialen B. priscus Boj. ab. Bubalus A. Wagn. Schnauze in ganzer Breite nackt. Stirn kurz gewölbt. Hörner den Seitenecken der Stirnscheitelbeinleiste aufgesetzt, an der Basis comprimirt, nach rückwärts gebogen mit nach vorn gerichteter Spitze. Haarkleid grob, aber spärlich. B. huffelus L. , Büffel, Indien. Von hier aus allmählig über das nördliche Afrika und Südeuropa ausgebreitet, wo er auch als Hau.sthier gezüchtet wird. Eine stark gehörnte Varietät ist der Ami. B. (Hemibos Falc.) triquetricornis Falc, Pliocen der Sivalik- hügel, ist möglicherweise die Stammform der Büffel. Nahe verwandt ist B. {Probu- bälus Rütm.) depressicornis Turn., Anoa , von Celebes. B. caffer L. Mit stark ver- breiterter Basis der Hörner. Von Abyssinien bis in das Innere Afrikas. Poephagus A. Wagn. Schnauze in ganzer Breite nackt, Stirn kurz mit hoch entspringenden Hörnern Haarkleid vliessartig herabhängend. Schwanz lang behaart nach Art eines Rossschweifes. B. grunniens L., Yak, Tibet, Mongolei, als Hausthier domeslicirt. Bos L. (s. Str.). Die Schnauze in ganzer Breite nackt. Die Stirn flach und lang. Hörner an der Basis nur wenig verdickt, vor der nach hinten stark abfallenden Scheitelfläche zu den Seiten der kammartig vorspringenden Stirnsrheitelleiste aufgesetzt. B. etruscus, fossil im Pliocen, Italien, ist die prasumptive Stammform der Rinder. B. sondaicus Müll. Schi., Banting. B. gaurus H. Sm., Gaur, von dem Gayal specißscb nicht verschieden, Ostindien, B. indicus L., Zebu, Mit einem oder zwei Fetthöckern auf dem Rücken, in Asien und Afrika als Hausthier weit verbreitet, mit zahlreichen Rassen. B. nomadicus, Pliocen, Asien. B. primigenius Boj. Diluvial, aber auch in historischen Zeiten in Europa verbreitet, noch zu Caesars Zeiten in Deutschland lebend und im Nibelungen-Liede als „Ur" bezeichnete ürochs (im Chillingham-V-Ark halbwild noch erhalten). Cuvier betrachtete denselben als Stammform des Hausrindes, B. taurus L, und in derThat kann kein Zweifel sein, dass das Holsteiner und Friesländer Rind auf B. primigenius zu beziehen sind. Neuerdings aber hat Rutinieyer nach- gewiesen, dass mehrere schon im Diluvium exislirende Arten B. brachycerus Ow. (kurzhörniges Vieh von Schottland, Torikuh des Steinalters der Schweizer Pfahlbauten, Braunvieh der Schweiz), B. frontosus Nilss., Fleckvieh, ebenfalls als Stammarien des domeslicirten Rindes anzusehen sind. 7. Ordnung: Proboscidea. 1087 2. Decidnata. 7. Ordnung: Proboscidea. Vielhuf er von sehr bedeutender Körpergrösse , mit langem als Greiforgan fungirenden Bussel, zusammengesetzten Backsähiien und StosszüJmen im Zwischenkiefer. Wegen des dicken Integuments früher zu den Pachydermen gestellt, zeigen die Elephanten so zahlreiche Eigenthümlichkeiten vor den üupaarzehern , dass sie als besondere Ordnung getrennt zu werden verdienen. Die dicke Haut erscheint durch zahlreiche sich kreuzende Falten gefeldert und nur spärlich mit einzelnen Haaren be- setzt, die sich an dem Schwänze zu einem Haarbüschel häufen. Der Kopf ist kurz und hoch, durch Höhlen in den Stirn- und Parietalknochen aufgetrieben. Das Hinterhaupt fällt steil, fast senkrecht ab. Besonders mächtig sind die senkrecht gestellten Zwischenkiefer mit ihren grossen Stosszähnen entwickelt. Die Augen sind auffällend klein, die Ohreu dagegen gross und an ihrem hintern und untern Theile herabhängend. Die walzenförmigen Extremitäten, welche massiven Säulen vergleichbar, den kurzen dicken Rumpf tragen, enden mit 5 bis auf die kleinen rund- lichen Hufe verbundenen Zehen. Von grosser Bedeutung für das Leben des Elephanten erscheint der lange bewegliche Rüssel mit dem fein- fühlenden fingerförmigen Fortsatz an seinem äussersten Ende, Bei der Kürze des Halses ist er dem Thiere als last- und Greiforgan unent- behrlich, besonders um mit dem Kopfe auf den Boden zu reichen und hier Wasser und Nahrung aufzunehmen. Daneben aber dient er dem Thiere ebenso wie die beiden Stosszähne als kräftige Waffe zur Vertheidigung. Diese Stosszähne, welche wurzellos und mit weiter Höhle versehen bis zu einem Gewicht von 200 Pfund fortwachsen und das Elfenbein liefern, entsprechen den beiden Vordei zahnen des Zwischenkiefers, Eckzähne und untere Vorderzähne fehlen bei den echten Elephanten, bei den Mastodonten aber treten auch im Unterkiefer 2 Schneidezähne auf, welche tm weiblichen Geschlecht früh ausfallen, beim Männchen dagegen sich als Stosszähne erhalten. Eckzähne fehlen. Backzähne finden sich je nach dem verschiedenen Alter entweder nur einer oder zwei, bisweilen auch drei in jedem Kiefer und sind aus zahlreichen parallel hintereinander gestellten Schmelzplatten zusammengesetzt. Bei der Gattung Elephas sind diese Platten durch Cement verbunden und zeigen auf der Kau- fläche quere rhombische von Schmelzsubstanz umfasste Felder. Bei den Mastodonten fehlt das Cement, und erheben sich auf dem Querabschnitte zitzenförmige Höcker. Nach Owen treten 3 Prämolaren und 3 Molaren auf, von denen der letzte Prämolar durch einen vertical hinter ihm her- vorwachsenden ersetzt wird. Niemals aber sind mehr als drei, gewöhnlich sogar nur 2 Backzähne gleichzeitig da, indem die hintern an Grösse und 1088 Elephantidae. Zahl der Lamellen wachsenden Zähne hervortreten, wenn die vordem ausgefallen sind. Anfangs hat jede Kieferhälfte einen Backzahn, hinter dem sich bald ein zweiter entwickelt, später fällt der vordere abgenutzte aus, nachdem ein neuer Zahn hinter dem zweiten entstanden ist. Auf diese Art soll der (indische) Elephant 6 bis 8 mal seine Backzähne wechseln. Während dieses Wechsels der von hinten nach vorn sich vor- schiebenden Zähne, welche die vorausgehenden abgenutzten verdrängen, findet auch in dem Kieferknochen eine beständige Resorption und Neu- bildung statt. Am Darmkanal erreicht der Blinddarm eine bedeutende Grösse. Der Magen bleibt einfach. Eine Gallenblase fehlt. Besonders entwickelt ist das an Windungen überreiche grosse Gehirn. Die Hoden bleiben im Unterleib liegen. Die Weibchen haben einen zweihörnigen Uterus und zwei brustständige Zitzen, die Placenta umgibt gürtelförmig das Ei. Die Thiere leben in Heerden zusammen und bewohnen feuchte schattige Gegenden im heissen Afrika und Indien. Die hohen geistigen Fähig- keiten machen den Elephanten zu einem zähmbaren äusserst nützlichen Thiere, das schon im Alterthum zum Lasttragen, auf der Jagd und im Kriege verwendet wurde. Gegenwärtig existiren nur zwei Arten, der kleinere E. indicus, mit kleinern Ohren und Stosszähnen, hohem Kopf, in den Wäldern Vorder- und Hinterindiens und E. africanus, mit schief abfallender Stirn, weit grössern unbeweglichen Ohren, mit rautenförmigen Schraelzleisten auf der Kaufläche der Backenzähne, über ganz Mittel- afrika verbreitet. In der Vorwelt aber lebten noch grössere Formen, das riesige mit dickem Pelz bekleidete Mammuth des Diluviums, E. primigenius, im Eise Sibiriens mit Haut und Haaren gefunden. Die massenhaft angehäuften Stosszähne dieser Thiere liefern das sibirische Elfenbein. In Europa, Indien und Amerika lebten ziemlich gleichzeitig die Mastodonten, ausgezeichnet durch die zitzenförmigen Höcker der Backzähne. Farn. Elephantidae. Elephas L. 2 Stosszähne in den Zwischenkiefern. Backzähne mit zahlreichen queren Schmelzleisten, die sich zu rautenförmigen durch Cement verbundenen Feldern abschleiren. E. indicus Cuv. 0"erfelder der Backzähne schmal baudlörmig, mit fast parallelen fein gefalteten Rändern. Kopf sehr hoch mit concaver Stirn und relativ kleinen Ohren. Erreicht eine Höhe von 10 bis 12 Fuss. Indien und Ceylon. Der Elephant von Sumatra soll nach Temmink einer besondern Art angehören {E. sumatranus).' ' Iß. primigenius B\amh., Mammuth. Diluvial. E. (Loxodon) africanus Blumb. QuerFelder der Backzähne rautenförmig, minder zahlreich. Schädel minder hoch Ohren sehr gross. Mittel- und Südafrika. E. priscus Goldf. Diluvial, Mittel- europa. Mastodon Cuv. Auch 2 unlere Schneidezähne sind in der Anlage vorhanden, ven denen sich der eine (meist rechte) des Männchens als gerader Stosszahn aus- bildet. Backzähne mit 3 bis 6 Querreihen zitzenförmiger Höcker, zwischen denen kein Cement auftritt. M. giganteum Cuv., Ohiothier. Diluvial in Kordamerika, M. angustidens Cuv., Miucen in Europa u. a. A. 8. Ordnung: Rodentia, Nagethiere. 1089 Dem Schädel nach ist mit den Proboscideen nahe verwandt (und desshalb zu denselben gestellt) die miocene Gattung Dinotherium Kp. , deren Extremitäten bisher nicht gefunden wurden. Daher ist die Ansicht, welche diese Gattung den Sirenen zu- weist, nicht direkt widerlegbar. Am Gebiss fehlen Schneidezähne im Zwischenkiefer, während 2 grosse nach unten gekrümmte Stosszähne am Unterkiefer sitzen. Back- 5 Zähne -^ mit 2 bis 3 Reihen von Querhöckern. D. giganteum Kp., Eppelsheim. 8. Ordnung: Rodentia') = Glires, Nagethiere. Mit freibeweglichen bekralUen Zehen und Nagethiergebiss (mit 1(2) —y-^ meiseiförmigen Schneidezähnen, ohne Eckzähne, mit quer-schmelz- faltigen Backzähnen). Die Nager bilden eine sehr Arten-reiche Ordnung kleiner meist rasch beweglicher Säugethiere, welche am Zahnbau und an der Bildung des Gebisses leicht erkannt werden, obwohl sie Uebergangsibrmen zu den Insektenfressern und selbst Hufthieren {Hyrax) einschliessen. Auch unter den Beutelthieren (Phascolomys) ist ja das Nagethiergebiss in fast vollkommen ausgeprägter Form vertreten. In ihrer äussern Erscheinung bieten sie nach der besondern Form der Bewegung und Lebensweise auf- fallende Verschiedenheiten, Die meisten besitzen eine geringe Grösse, sind mit einem weichen und dichten Haarkleid bedeckt und laufen sehr rasch auf dem Erdboden, während sie sich in eigens gegrabenen Schlupf- winkeln, Erdlöchern etc. verbergen; andere springen vortrefflich mittelst ihrer beträchtlich verlängerten Hinter-Gliedmassen ; andere endlich leben in der Nähe des Wassers und sind treffliche Schwimmer. Die vordem Füsse werden oft als unvollkommene Hände zum Halten der Nahrung banutzt und können dann einen Daumenstummel mit Plattnagel besitzen. Den complicirten Bewegungsformen entspricht die Einrichtung der Extremitäten, das Vorhandensein von Schlüsselbeinen für die Vorder- gliedmassen und die kräftige Ausbildung der mehr oder minder verlän- gerten hintern Extremität. Sie sind Sohlenläufer mit frei beweglichen Zehen , die meisten mit Krallen , nur wenige mit Kuppnägeln oder gar hufähnlichen Nägeln bewaffnet. Alle nähren sich von vegetabilischen meist harten Stoff"en, insbesondere Stengeln, Wurzeln, Körnern und Früchten und nur wenige omnivor. Das Gebiss, vorzüglich zum Nagen 1) Vergl. Pallas, Novae species quadrupedum e glirium ordine. Erlangen. 1778. G. R. Waterhouse. A natural history of the Mammalia vol. 11. Rodentia, London 1838. T. Rymer Jones, Rodentia 1852. Todd Cyclopaedia etc. IV. Vergl. die Arbeiten von Wagner, Brandt, Pelers, Gervais, Baird u a. Claus, Zoologie. 2. Auflage. 69 1090 Gebiss; Lebensweise. und Abmeiseln befähigt, besitzt zwei grosse meiseiförmige etwas ge- krümmte Schneidezähne, die nur an ihrer Vorderfläche mit Schmelz überzogen sind. Die hintere Fläche derselben nutzt sich daher durch den Gebrauch rasch ab, um so mehr, als die Einrichtung des schmalen seitlich comprimirten Kiefergelenkes während des Kaugeschäftes die Verschiebung des Unterkiefers von hinten nach vorn nothwendig macht. In dem Masse der Abnutzung schiebt sich der in beständigem Wachsen begriffene Zahn vor. Die Zahl der von den Schneidezähnen durch eine 2 6 weite Lücke getrennten Backzähne variirt zwischen ^ bis — , meist be- sitzen sie quergerichtete Schmelzfalten und nur im Falle der Omnivoren Lebensweise eine höckrige Oberfläche. Treten sie in Wirksamkeit, so zieht das Thier den Unterkiefer so weit zurück, dass die Reibung der Schneidezähne vermieden wird, schiebt aber beim Kauen der Lage der Querleisten entsprechend den Unterkiefer in der Longitudinalrichtung vor (Wiederkäuer). Bei der grossen Breite der Kaumuskeln, von denen vornehmlich die Masseteren die Kieferverschiebungen reguliren, erschemt die Mundölfnung ausserordentlich klein, und zur Vergrösserung derselben häufig die Oberlippe geschlitzt. Die Fähigkeiten der Nager sind im Allgemeinen gemäss der geringen Grösse und einfachen Oberfläche des Gehirns nur wenig entwickelt, indessen äussern einige Formen Kunst- triebe, indem sie Nester bauen, complicirte Höhlungen und Wohnungen graben und Wintervorräthe anhäufen. Letztere besitzen meist Backen- taschen. Einige verfallen zur kalten Jahreszeit in einen tiefen Winter- schlaf, andere stellen in grossen Schaaren Wanderungen an. Als kleine wehrlose Thiere sind die Nager mannichfachen Gefahren, vornehmlich den Angrifi^en der Raubthiere ausgesetzt, gegen welche sie sich kaum anders als durch die Schnelligkeit der Bewegungen, sowie durch ihre Schlupfwinkel und Verstecke vertheidigen können, sie bedürfen daher des besondern Schutzes einer grossen Fruchtbarkeit. Sie gebären zahl- reiche Junge, einige in 4 bis 6 Würfen des Jahres und besitzen dem- gemäss eine grosse Zahl von Bauch- und Brustzitzen. Der Uterus ist meist vollständig getheilt und ernährt die Embryonen mittelst eines scheibenförmigen Fruchtkuchens. Die Hoden schwellen zur Brunstzeit unverhältnissmässig an. Die Nager sind über die ganze Erde aus- gebreitet, vorzugsweise aber in Nordamerika zu Hause, einige Arten folgen als Kosmopoliten dem Menschen überall in die Welttheile. In Australien sind nur wenige Arten der Gattungen Hapalotis, Hydromys, Mus, Pseudomys einheimisch. Fossil traten sie zuerst in den älteren Tertiärformationen auf, erreichten auch eine viel bedeutendere Grösse als in der Gegenwart. Leporidae. Subungulata. 1091 1. Fam. Leporidae, Hasen. Scheue, schnelle Läufer mit dichter Behaarung, langen Ohren, kräftigen Hintergliedmassen und kurzem Schwanz. Gebiss — - . 10 5 Im Zwischenkiefer stehen zwei hintere accessorische Schneidezahne, durch deren Besitz sie sich von allen übrigen Nagern {DupUcidentata) unterscheiden. Die meist in Sfacher Zahl vorhandenen Backzähne stehen im Unterkiefer innerhalb der Zahn- reihen des Oberkiefers, so dass beim Kauen wie bei den Wiederkäuern zugleich eine Seitenverschiebung des Unterkiefers nothwendig wird. Infraorbitalioch klein, Vorder- fläche des Oberkiefers von einem oder zahlreichen Löchern durchsetzt. Eigenthümlich ist die schwache Entwicklung der Gesichtsknochen, insbesondere die unvollständige Ausbildung des knöchernen Gaumens. Das Schlüssell)ein bleibt meist verkümmert, die kurzen Vordergliedmassen enden mit fünf, die weit längern Hinterbeine mit vier selbst an den Fusssohlen behaarten Zehen. Lepus L. Mit langen Ohren, kurzem aufgerichteten Schwanz, rudimentärem 6 Schlüsselbein und langen Hintergliedmassen. Backzähne — . L. timidus, Hase, über ganz Europa mit Ausnahme von Norwegen und Schweden verbreitet, scharrt sich zum Ruheplatz eine flache Grube, im Winter an der Sonnenseite im Sommer nach der kühlem Seite gekehrt, und geht erst gegen Abend auf Aetzung aus. Er läuft wegen der langen Hinterbeine vortrefflich bergauf, wirft 3- bis 4mal im Jahre in einem mit Gras und Haaren ausgepolsterten Nest. Sehr nahe dem Hasen steht Lepus diluvianus Cav. aus den Knochenhöhlen Belgiens. L. variabilis Fall., Alpenhase, im nördlichen Europa und Bussland sowie in den höhern Gebirgen bis zur Schneegrenze, wird im Winter schneeweiss. L. cuniculus L., Kaninchen, mit kürzern Ohren und Hinterbeinen, hat sich von Spanien aus allmählig über Europa verbreitet und lebt in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen und in Felsspalten. Zwischen Hase und Kaninchen soll eine fruchtbar ßastardgeneration gezüchtet sein. Unter den Spielarten ist besonders der Seidenhase von Angora ausgezeichnet. Wirft 4 mal (gezähmt aber wohl 8 mal) im Jahre eine grössere Zahl blinder und nackter Jungen, während die des Hasen sehend und behaart zur Welt kommen u. z. a. A. 5 Lagomys F. Cuv., Pfeifhase. Backzähne -7-. Schwanzlos, mit kurzen Ohren. Hinterbeine wenig länger als Vorderbeine. Schlüsselbeine vollständig. Bewohnen die kältern Gebirgsebenen vornehmlich im nordwestlichen Asien und leben in selbstgegrabencn Höhlen. Lassen einen durchdringenden Pfiff vernehmen und sammeln Wintervorräthe, indem sie Gräser und Kräuter trocknen und in der Nähe des Baues anhäufen. L, al- pinus F. Cuv., Alpenpfeifhase, von kaum Fuss Länge, in Sibirien. L. princeps Richards., Norden des Felsengebirges. 2. Fam. Subungulata, Halbhufer. Nagelhiere von mehr oder minder plumper aber sehr wechselnder Gestalt, mit grober straffer Haarbekleidung und dicken und stumpfen hufähnlichen Nägeln. In der Regel erlangen die häutigen Ohrmuscheln eine bedeutende Grösse, während der Schwanzstummel kurz bleibt oder ganz fehlt. Die Füsse besitzen nackte Sohlen und enden vorn mit vier, hinten meist mit drei Zehen^ Die Backzähne sind theils schmelzfaltig, theils zusammengesetzt und finden sich in 4facher Zahl in jedem Kiefer. Fast alle haben eine grunzende Stimme und graben sich Höhlungen und Gänge. Die zahlreichen mannichfach gestalteten Gattungen gehören dem südlichen Amerika an. Cavia Kl., Meerschweinchen. Klein, mit niedrigen Beinen, vier vordem und drei hintern Zehen. C. aperea L., Aperea, in Brasilien und Paraguay nach Art des 69* 1092 Lamnungia. Aculeata. Octodontidae. wilden Kaninchens leitend. C. cdbaya Schreb., das zahme Meerschweinchen, in der wilden Stammform unbekannt, stammt ohne Zweifel auch aus Südamerika. Die Ansicht, dass die erstere Form die Stammart sei, hat wenig Wahrscheinlichkeit, da die Paarung nicht gelingt, auch keine Abänderungen der gezähmten Apereas zu erzielen sind. C. rupestris \'r. Nwd., Brasilien. Coelogenys F. Cuv. Jochbogen sehr hoch. Oberkiefer mit Höhle zum Eintritt der Backenlaschen. C. paca L., von ansehnlicher Grösse, .hochbeinig, mit einer Backenlasche und einer äussern Hautfalte an den Wangen, vorn 4zehig, hinten 5zehig, mit schmelzfaltigen Backzähnen, in Brasilien, schwimmt gut. Fossil in den amerik. Knochenhöhlen. Dasijprocta Hl. Hasenähnlich, aber hochbeinig und nur mit drei Zehen an den Hinlerfüssen. Lebt paarweise in ebenen oder buschigen Gegenden Südamerikas. D. aguti L., Goldhase, zähmbar. Hydrochoerus Briss. Obere Schneidezähne gefurcht. Zwischen den 4 Zehen der Hinterfüsse halbe Schwimmhäute. H. capyhara £rxl., das grösste aller lebenden Nagelhiere von 4 Fuss Länge. 3. Farn. Lamnungia, Klippschiefer. Meist als Ordnung gesondert und den Elephanten angereiht. Kleine, dem Aguti ähnliche Thiere, welche in ihrem Zahnbau zwischen Nagern und Dickhäutern stehen, in der Bildung der Füsse mit den Tapiren Aehnlichkeit haben und desshalb auch vielfach zu den Dickhäutern gestellt sind. Trotz der Abweichung im Gebiss scheinen sie indess den Nagern am meisten verwandt. Der Körper ist dicht behaart, die Vorderfüsse vierzehig, die hintern dreizehig, mit ebensoviel kleinen Hufen versehen. Hyrax. -^ — TTcn' Klippschiefer, in gebirgigen Gegenden, am Cap, in Abys- sinien und Syrien. H. capensis Schreb., Daman, schmackhaft. H. syriacus Schreb., vielleicht der Saphan des alten Testaments. 4. Fam. Aculeata ^= Hystricidae, Stachelschweine. Plumpe gedrungene Nager von ansehnlicher Grösse, mit kurzer stumpfer Schnauze und Stacheln auf der Kücken- seite des Körpers. Die Beine bleiben kurz und enden mit 4 oder 5 stark bekrallten Zehen. Die Schneidezähne sind an ihrer Vorderseite meist gefärbt, entbehren aber der Rinne, Die schmelzfaltigen Backzähne treten jederseits in 4facher Zahl auf. Alle sind nächtliche Thiere und bewohnen vereinzelt wärmere Gegenden der alten und neuen Welt. Die erstem graben sich Löcher, die letztem halten sich als treffliche Kletterer auf Bäumen auf und besitzen meist einen langen Greifschwanz. Ihre Stimme besteht in grunzenden Lauten. 1. Subf. Cercolabinae, Kletterstachler. Cercolahes preJiensilis L., der Kuandn, in Wäldern Brasiliens und Guianas, IJ Fuss lang ohne den ebensolangen Schwanz. Erethizon dorsatus L., mit kurzem nicht als Greiforgan verwendbaren Schwanz, in den Waldungen Kordamerikas. (Jhaetomys subspinosus Licht. 2. Subf. Hystricinae. Hystrix L. Hinterrücken mit langen Stacheln. Schwanz kurz nicht zum Greifen eingerichtet. H. cristata L. Mit langen Borstenmähnen am Nucken und langen schwarzweiss geringelten Stacheln von der Schultergegend an besonders am Rücken, grösser als der Dachs, in Nordafrika, Italien und Spanien. Das Javanische Stachelschwein, Acanthion javanicum ¥.Ca\. und der afrikanische Quasten- stachler. Atherura fasciculata Shaw., Slam. 5. Fam. Octodontidae = Muriformes, Trugratten = Schrotmäuse. Gleichen in ihrer gesammlen Körpergestalt und auch durch den Besitz eines langen ringelartig geschuppten Schwanzes den Ratten, weichen aber in ihrer Innern Organisation wesentlich ab: Die Bekleidung wechselt zwischen einem weichen leinen Pelz und einem straffen Lagostomidae. Dipodae. 1093 borstigen Haarkleid, in dem selbst glatte lanzeiförmige Stacheln auftreten können. Die Extremitäten sind 4zehig, selten 5zehig; 4, selten 3 schmelzfaltige meist wurzel- lose ßackziihne finden sich in jedem Kiefer. Einige leben gesellschaftlich in selbst gegrabenen unterirdischen Wohnungen, sammeln sich Vorräthe ein und werfen auch theilweise wie die Maulwürfe Erdhaufen auf, andere klettern, manche schwimmen und tauchen vortrefflich. Sie gehören vorzugsweise Südamerika an. Octadon Bonn. Die 4 Backzähne jederseits mit einfacher Einbiegung. 0. Cumingii Benn., Strauchratte, in Chili, gleicht in der Lebensweise mehr den Eichhörnchen. Ctenomys magellanicus Benn., Kammratte, durchwühlt nach Maulwurfsart grosse Flächen des Erdbodens. Scliizodon fuscus Waterh., Anden u. a. G. Capromys Desm. üie||obern Backzähne aussen mit einer, innen mit 2 tiefen Schmelzfalteu. C. prehensilis Poepp., Ferkelratte, gegenwärtig auf Cuba beschränkt, essbar. Myopotamus coypus Geoffr,, Coypu oder Schweifbiber, dem Biber ähnlich, aber mit rundem Kattenschwanz, baut kunstlos an Flussufern, des Felles halber gejagt. Von Brasilien bis Fatagonien verbreitet.Jv ZoncÄeres 111., Petromys Smith., Cercomys F. Cuv. u. a. G. 6. Fam. Lagostomidae, Hasenmäuse :=: Ghinchillen. Der Erscheinung nach Ver- bindungsglieder zwischen Hasen und Mäusen. Sie besitzen lange Ohren, einen langen buschigen Schwanz und einen überaus weichen kostbaren Pelz. Schlüsselbein vor- handen, mitlellang. Dem Gebisse nach stehen sie den Hasen nahe, indem die wurzel- losen Backzähne aus zwei oder drei queren Platten zusammengesetzt sind, auch besitzen sie ebenso wie die Hasen kräftig verlängerte Hinterfüsse. Sie leben gesellig in Süd- amerika, grossentheils in felsigen Gebirgsgegenden der Cordilleren. Eriomys Licht. =:^ Chinchilla Bechst. Ohren gross, abgerundet, Backzähne aus 3 schmalen Schmelzleisten gebildet, mit Szehigen Vorder- und 4zehigen Hinlur- füssen, von Fuss-Länge ohne den Schwanz. E. lanigera Benn., in Chili. Lagidium Meyen (Lagotis) L. Ouvieri Wagn., Hasenmaus, mit bedeutend längern Ohren und körperlangem buschig behaarten Schwanz, mit 4zehigeii VorderfUssen , von Kaninchengrösse. Anden von Chile. Lagostomus trichodactylus Brookes. Backzähne mit 2, nur der oberste letzte mit 3 Lamellen. Viskatscha oder Pampashase, gräbt einen unterirdischen Bau und lebt in den ausgedehnten dürren Ebenen Südamerikas. 7. Fam. Dipodae, Springmäuse. Mit überaus schwachem Vorderkörper und verkümmerten Vorderextremitäten, mit sehr langen, zum Sprunge dienenden Hinter- beinen und mächtigem meist bequasteten Springschwanz. Die Hallung des von den hintern Extremitäten getragenen Körpers erinnert an die des Vogelleibes, ebenso die Verschmelzun«^ der Mittelfussknochen zu einem gemeinsamen Röhrenknochen an die Bildung des Tarsus. Die Szehigen Vorderfüsse werden zum Graben und zur Einführung der Nahrung gebraucht. Der Kopf ist dick, mit sehr langen Ohren und Schnurrborslcn ausgestattet, die Zahl der schmelzfalligen Backzähne schwankt zwischen 3 und 4. Wangengegend des Oberkiefers von kleinen Oeffnungen durchbohrt, Sie sind Steppen- bewohner der alten upd neuen Welt, halten sich am Tage in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen auf und gehen meist nach Sonnenuntergang auf Nahrung aus. Sie springen in gewaltigen Sätzen mit grosser Schnelligkeit und scheinen pfeilschnell im Bogen die Luft zu durchschiessen. Jaculus Brdt. Gebiss -. Daumen der Vorderfüsse rudimentär, Hinterfüsse Szehig mit getrennten Metalarsalknochen. J. labradorius Wagn., Hüpfmaus, ungefähr von der Grösse der Waldmaus. 1094 Muridae. 4(3) Dipus Schreb. Obere Schneidezähne mit mittlerer Länpsfurche. Backzähne -^ Daumen rudimentär. Die 3 mittlem Metatarsalknochen verwachsen. D. halticus III. D. aegypUus Hempr. Ehrnb,, Wüstenspringmaus, Arabien. J). sagitta Schreb., Aralsee. Flatyeercomys platyurus Licht., Cenlralasien. 4 Pedetes III. Backzähne -j. Vorderfüsse 5zehig, mit langen Krallen, HinterfUsse 4zehig mit platten 3seitigen Nägeln. P. caffer III., Springhase, von der Grösse unseres Hasen, dem Känguruh am ähnlichsten. Südafrika. 8. Fam. Muridae, Mäuse. Langgestreckte schlanke Nager mit spitzer Schnauze, grossen Augen und Ohren und langem, bald behaarten, bald schuppig geringelten Schwänze. Schlüsselbeine wohl entwickelt. Die zierlichen Füsse enden mit 5zehigen Pfoten. Im Uebrigen bietet die Körpergestalt zahlreiche Modificationen, theils zu den Wühlmäusen, theils zu den Eichhörnchen und dem Biber hin. Auch der Zahnbaa variirt Meist stehen drei schmelzfaltige, querhöckrige, stets mit Wurzeln versehene Backzähne in jedem Kiefer, zuweilen aber reducirt sich ihre Zahl auf 2 oder steigert sich im Oberkiefer auf 4. Sie leben in Verstecken, zum Theil in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen, sind über die ganze Erde verbreitet, einige klettern oder schwimmen. Die Nahrung beschränkt sich keineswegs auf Pflanzenstofle, indem viele auch Insecten und Fleisch nicht verschmähen. Treten schon in der Tertiärformation auf. 3 Cricetus Fall. -^ Backzähne. Mit innern Backentaschen und kurzem behaarten Schwänze. Oberlippe gespalten. Obere Scheidezähne furchenlos. Backzähne mit 2 Höckern in jeder Querreihe. Vorderfuss mit Daumenstummel. C. frumentarius Fall., Hamster. Baut unterirdische Gänge und Kammern, in denen er Wintervorräthe anhäuft, hält einen kurzen Winterschlaf und wird Getreidefeldern sehr schädlich. In Mittel- europa bis Sibirien. Auch fossile Cricetusschädel sind im TuiTkalk von Weimar gefunden. Saccostomys lapidarius Pet., Mozambique. Dendromys Smilh., Baummaus. D. mesomelas Licht. 3 Mus L. Backzähne -^. Ohne Backentaschen. Die Schneidezähne sind vorn glatt. Die obern Backzähne besitzen 3 Höcker in jeder Querreihe. Schwanz sehr lang, schuppig geringelt. M. rattus L., Hausratte, erst im Mittelalter bei uns ein- gewandert, gegenwärtig von der Wanderratte verdrängt, aber in Amerika eingebürgert. Junge Ratten verwachsen zuweilen mit den Schwänzen und bilden den sog. Ratten- könig. M. decumanus Fall., Wanderratte, Schiffsratte, von bräunlich grauer Farbe und bedeutender Grösse, hat sich erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts von Osten her bei uns verbreitet, nachdem sie von den Caspischen Ländern schwimmend die Wolga durchsetzt hatte (Pallas). Natürlicher Träger der Trichinen. Albinos nicht selten. M. alexandrinus Geoffr, M. musculus L., Hausmaus. M. sylvaticus L., Waldmaus. M. agrarius Fall., Brandmaus. M. minutus Fall, (pendulinus), Zwerg- maus, baut ein kunstreiches hangendes Nest aus Blättern und Gras in Kornfeldern, Europ, Sibirien. Kleine afrikanische Mäuse {Aeomys Geoffr.) tragen auf der Rücken- fläche spitze Stacheln, Stachelmäuse. Die amerikanischen Mäuse (Dryomys, Calomys etc.) unterscheiden sich durch die obern Backzähne, die nur zwei Längsreihen von Höckern besitzen. C. typus F. Cuv., Brasilien. Neuholländisch sind die Gattungen HapaloUs Licht., H. albipes Licht. Pseudomys Gray, Ps. australis Gray. Hydromya Geoffr. Schnauze stumpf. Kiefer mit - Backzähnen. Zehen mit Arvicolidae. Georychidae. 1095 Schwimmhäuten. Ohne BackenlascheD. H. chrysogaster üeoffr., Biberratte Neu- hollands. Meriones 111. Obere Schneidezähne gefurcht. Backzähne mit queren Lamellen M. meridianus Fall., Casp. See u. z. a. G. 9. Farn. Arvicolidae, Wühlmäuse. Von plumper Gestalt, mit dickem breiten 3 Kopf, stumpfer Schnauze, kurzen behaarten Ohren und Schwanz. Sie besitzen — wurzel- lose Backzähne (Prismatodonten) , mit zickzackförniig gebogenen Schmelzfalten der Kaufläche. Sie leben unterirdisch zum Theil in der Nähe des Wassers und sind im letztern Falle treffliche Schwimmer. Viele nähren sich omnivor. Arvicola Ks. Bl. , Wühlmaus. Ohren kurz, Schwanz gleichmässig behaart. In zahlreichen Arten tlber die nördlichen Länder bis zur Schneeregion ver- breitet. A. amphibius L., Wasserratte. Gräbt in der Nähe des ViAs auch an feuchten Plätzen und in Gärten (als A. terrestris L., Reutmaus) Rühren mit hoch- gelegenem Kessel, der als Wohnstätte benutzt wird, nährt sich nicht nur von Kartoffeln, Getreide etc., sondern auch von Wasserthieren und kleinen Landthieren. Sammelt Wintervorrethe und fällt in einen Winterschlaf. Sie bietet zahlreiche Abänderungen und findet sich auch fossil in Höhlen des nördl. Europa. A. nivalis L. , Schneemtius, lebt hoch in den Alpen. A. arvalis Fall., Feldmaus. A. agrestis L., Erdmaus A. svbterraneus Blas. A. breeciensis Gieb. {ambiguus Kens.), fossil aus den Knochen- höhlen. Hypudaeus Hl. Ohren gross, Schwanz am Ende lang behaart. H. glareo- lus Schreb. Myodes {Lemmus) III., Lemming, der Hamster unter den Wühlmäusen, mit sehr kleinem Schwanz und starken Krallen der Vorderfüsse. M. lemnus L. , auf hohen Gebirgen Norwegens und Schwedens, bekannt durch die Wanderungen, die diese Thien- in Ungeheuern Schaaren vor dem Ausbruch der Kälte unternehmen. M. torquatiis Ks. ßl., Halsbandlemming, Nordasien und Nordamerika. Fiber Cuv., Zibethmaus, mit seillich comprimirtem Schwanz und Schwimm- häuten an den lang behaarten 5 Zehen der Hinterfüsse. F. zibethicus L., Ondatrii. Bewohnt morastige Gegenden und Flussufer Nordamerikas und macht Bauten wie der Biber. Wird des weichen Felles halber in Fallen und Schlageisen gefangen und ver- breitet einen starken Bisamgcruch. 10. Farn. Georychidae, Wurfmäuse. Die Maulwürfe unter den Nagern, mit walzen- förmigem Leib, dickem Kopf, versleckten Ohren und Augen und kurzen 5zehigen Grabfüssen. Der Pelz ist kurz nnd weich, die kräftigen Vorderfüsse mit rudinientärein Daumen, der Schwanz bleibt stummeiförmig. Die Schneidezähne werden auffallend gross, schmelzfaltige Backzähne finden sich 3 bis 4 in jedem Kiefer. Sie führen nach Art der Maulwürfe ein unterirdisches Leben in selbstgegrabenen Gängen und gehören meist der alten Welt an. Spalax Gülds. Maulwurfsähnlich. Backzähne mit Wurzeln und Schmelzfalten. Sp. typhlus Fall., Blindmaus, im südöstlichen Europa, 8 Zoll lang, mit sehr kleinen vom Fell überzogenen Augen, ohne äussere Ohren und ohne Schwanz, wirft über den Ausmündungen der Erdgänge Hügel auf. Bhizomya splendens Rüpp., Abyssinien. 4 Bathyergus III. Obere Schneidezähne mit einer Furche. Backzähne -j. B. suäus Wagn., Sandgräber am Cap, von Fuss Länge, mit kurzem borslenbesetztcn Schwanz und starken Grabkrallen, unterniinirt sandigen Erdboden mit Ubyrinthischen Gängen. 1096 Geomyidae. Castoridae. Myoxidae. Georychus Hl. Schneidezahn ungefurcht. G. capensis Fall., Erdgräber. 3 Chthonoergus Nordm. Mit -^ wurzellosen Backzähnen. Cht tälpinus Fisch., Südost). Russland. Myospalax aspalax Fall. 11. Farn. Geomyidae = Saccomyidae, Sackmäuse. Mit sehr entwickeltem 1 4 Schläfenbein und äussern behaarten Backenliischen. Füsse 5zehig bekrallt. Gebiss: — -. Bewohner Amerikas. Geomys Raf. Körper plump mit kurzen Füssen und Schwanz. Obere Schneide- zähne mit mittlerer Furche,. G. bursarius Rieh., Nordamerika. G. hispidus L. Ct., Mexico. Thomomys bulbivorus Rieh., Californien. Perognathus Fr. Wd. Körper schlank mit spitzer Schnauze und verlängerten Hinterfüssen. Backzähne mit Wurzeln. P. faseiatus Fr. Wd. 12. Fam. Castoridae, Biber. Grosse Nager von plumpen Körperformen, mit kurzen Ohren, ziemlich dicken Beinen und plattem beschuppten Ruderschwanz. Die 5zebigen Füsse sind mit starken Krallen bewaßnet und an der vordem Extremität z'im Graben und Festhalten geeignet, an der hintern durch den Besitz von Schwimmhäuten aus- gezeichnet. Schlüsselbein vorhanden. Die Schneidezähne sehr stark und vorragend, die vier wurzellosen Backzähne in jedem Kiefer mit queren Schmelzfalten. Zwei eigenthümiiche das Bibergeil (Castoreuni) absondernde Drüsensäcke münden in die Vorhaut ein. Die Biber sind sowohl in Nordamerika als in Asien und Europa ein- heimisch, auch waren sie in zwei gegenwärtig ausgestorbenen Arten zur Tertiärzeit verbreitet. Castor fiber L., der gemeine Biber, ohne den Schwanz 2| bis 3 Fuss lang, sowohl wegen des Castoreums als des trefQichen Felles geschätzt und in vielen Gegenden Europas in Folge der eifrigen Nachstellungen ausgerottet, in Deutschland an der Elbe, in Polen, Sibirien, Russland noch häufig, ebenso in Amerika, deren Biber übrigen» von mehreren Forschern einer besonderen Art (C eanadensis) zugerechnet werden. Vereinzelte Paare bauen sich ähnlich dem Fischotter einfache unterirdische Röhren in der Nähe des Wassers, da wo sie in grössern Gesellschaften zusammenwohnen, führen sie ausserdem aus Baumstämmen, Reisig und Lehm grössere (bis 10 Fuss hohe) Dämme und Burgen auf, die bei hohem Wasserstand ah Zufluchtsstätten und geschützte Vorraths- kammern dienen. Sie leben von Wurzeln und abgeschälter Baumrinde. Auch im pleistocenen Tuffkalk finden sich Reste von Biberarten. C. Cuvieri F. v. W. Castoroides Foret., grösstes Nagethier. C. Ohioensis (Schädel 10 Zoll lang) mit Mastodon zusammen gefunden. 13. Fam. Myoxidae, SchVshr. Zierliche und äusserst bewegliche Nager, welche man als Verbindungsglieder der Mäuse und Eichhörnchen ansehen kann. In der äussern Gestalt und dem dicht behaarten, oft buschigen Schwanz gleichen sie mehr den letztern, in der Bildung des schmalen Kopfes und im osteologischcn Baue mehr den Mäusen. Sie besitzen 4 mit queren Schmelzleisten versehene Backzähne in jedem Kiefer. Daumen- rudimeiit mit plattem Nagel. Sie sind nächtliche Thiere und in den gemässigten Gegenden der Welt einheimisch, leben wie die Eichhörnchen von Nüssen, Früchten, aber auch von Eiern und Insekten und halten in hohlen Bäumen oder auch Erd- löchern einen tiefen Winterschlaf. Myoxus Schreb. M. Glis Schreb., Siebenschläfer, bereits den Römern bekannt und von denselben als Leckerbissen geschätzt, wird 6 Zoll lang ohne den fast ebenso langen buschigen Schwanz, baut sich zwischen Baumzweigen ein Nest und verschläft Sciuridae. 1097 den Winter in hohlen Bäumen. M. (Muscavdlniis) avellananiis L. , Haselschliircr, nur halb so gross als jener, mit 2zeilig behaartem Schwanz, baut in Haselgebüsch ein kugliges Nest aus Laub und Moos, schädlich durch Abfressen von Baumknospen. M. {Eliomys) nitela Schreb. (quereinus), der Gartenschläfer oder die grosse Haselmaus, mit viel grössern Ohren und gleichmässig behaartem nur au der Spitze buschigen Schwanz, baut ebenfalls ein künstliches Nest zwischen Zweigen oder bezieht verlassene Nester von Vögeln oder Eichhörnchen. Besucht gern Vorrathskammern, wird ohne den Schwanz 4| Zoll lang. Alle drei Arten gehören dem mittlem Europa an. 31. melanurus Wag«. Sinai. M. parisiensis aus dem oligocenen Gyps. Graphiurus capoisis K, Cuv. 14. Fam. Sciuridae, Eichhörnchen. Verschieden gestaltete Nager mit dicht be- haartem meist buschigen langen Schwanz, mit breitem Stirnbein und vollständig ent- wickelten Schlüsselbeinen. Die vordem Gliedmassen werden häufig zum Ergreifen und Festhallen benutzt und zeichnen sich durch den Besitz eines Daumenstummels 5 (4) aus, der olt einen platten Nagel tragt. Das Gebiss wird durch ^ Backzähne charakterisirl, deren drei- oder vierseitige Schmelzkronen einige sich allmahlig ab- nutzende Querhöcker bilden. Schlüsselbein stets vorhanden. Leben meist auf Bäumen, seltener auf dem Erdboden in selbstgegrabenen Höhlen und fallen in einen tiefen Winterschlaf. Sc. fossilis Cuv., Oligocen. Pseudosciurus Hens. Sciurus L. Von schlankem leicht beweglichen Körper, mit langen Ohren und krummen scharfen Krallen, mit Daumennagel, in zahlreichen Arten über alle Welttheile mit Ausnahme Australiens verbreitet. Vordere obere Backzahne ganz rudimentär. Sc. vulgaris L., wird im hohen Norden im Winter braungrau mit weissem Bauche, in Europa und im nördlichen Asien. Sc. Bafflesi und maximus Schreb., in Ostindien. Sc. aestuans L., Brasilien. Tamiaa Hl. T. striatus L., Backenhörnchen. Mit grossen Backentaschen und minder buschigem Schwanz, grübt unter Baumwurzeln Höhlungen und trägt m die- selben Wintervorräthe ein. Im Ural und Sibirien. Pteromys F. Cuv., Flughörnchen. Mit behaarter Flughaut zwischen Extre- mitäten und Schwanzbasis an den beiden Seiten des Körpers, mit schmelzfaltigen Back- zähnen. Pt. volans L., in Sibirien. Pt. volucella Cuv., Nordamerika. Pt. petaurista Fall., Taguan und nitidus Desm., in Ostindien. Spermophilus Cuv. Von ähnlicher Gestalt als die ßackenhörnchen, mit kleinen Ohrmuscheln und mit Backentaschen. Der erste obere Backzahn ebenso lang als die folgenden. Sammeln Wintervorräthe und leben in den gemässigten und kalten Gegenden der nördlichen Halbkugel. Sp. Citillus L., Ziesel, im östlichen Europa, kaum von Hamster (Grösse. Sp. fulvus Licht , Ural. Sp. mexicanus Erxl. Arctomys Gm. Von plumper Gestalt und bedeutender Grösse, mit kurzen Ohren und kurzem buschig behaarten Schwanz, ohne Backentaschen. Der rudimentäre Daumen mit plattem Nagel. A. marmota Schreb., Murmelthier, in den höheren Gegenden der Alpen etc., während der Diluvialzeit auch im mittlem Deutschland. Gräbt eine lange Röhre mit Kessel und Seitengängen und versinkt in einen tiefen Winterschlaf, der wohl 7 Monate währt. Des Fleisches halber Gegenstand der Nachstellung. A. monax Schreb., in Nordamerika. A. bohac Schreb., Polen. Cynomys ludovicianus Wagn., Nord- amerika. 1098 9. Ordnung: Insektivora. 9. Ordnung: Insectivora ')j Insektenfresser. Solilengänger mit hekrallten Zehen, vollständig hezahntem Gehiss, Meinen Eclcsähnen und scharfspitzigen Bacitzähnen. Kräftig gebaute kleine Säugethiere, welche in ihrer Erscheinung verschiedene Typen der Nager wiederholen, in Bau und Lebensweise dagegen als Verbindungsglieder von Carnivoren und Fledermäusen er- scheinen. In der Regel besitzt der Leib eine gedrungene Gestalt und verkürzte aber kräftige Gliedraassen , die meist zum Graben, seltener zum Klettern verwendet werden. Diesem Gebrauch der Vorderglied- massen entspricht die vollkommene Ausbildung der Schlüsselbeine. Der Kopf endet mit einer stark zugespitzten, oft rüsselartig verlängerten Wühlschnauze, trägt bald grosse, bald verkümmerte Ohrmuscheln und stets kleine verkümmerte zuweilen unter dem Pelze versteckte Augen. Besonders wichtig ist das Gebiss, das allerdings bei den Insekten- fressenden Fledermäusen in ganz ähnlicher Weise wiederkehrt. Alle drei Arten von Zähnen treten in demselben auf; die Schneidezähne sind meist von ansehnlicher Grösse aber variabeler Zahl, Eckzähne nicht immer scharf von den Schneidezähnen und vordem Backzähnen unter- schieden. Die zahlreichen Backzähne mit ihren spitzhöckrigen Kronen zerfallen in vordere Lückenzähne, von denen der hintere dem Reisszahn der echten Carnivoren entspricht und in hintere wahre Backzähne, für welche die Zusammensetzung aus prismatischen Abtheilungen chai-akte- ristisch ist. Im Gegensatze zu dem quergestellten, einseitig beweglichen Kiefergelenk der Carnivoren besitzt das Kiefergelenk der Insectivoren eine freiere Beweglichkeit. Alle sind Sohlengänger mit nackten Sohlen und starken Krallen ihrer meist fünfzehigen Füsse. Die Zitzen liegen am Bauch, die Placenta ist scheibenförmig. Sie ernähren sich als echte Raubthiere der geringen Körpergrösse und der besondern Gebissform entsprechend von kleinern Thieren, vornehmlich von Insecten und Wür- mern, die sie bei ihrer Gefrässigkeit zum Nutzen des Menschen in grosser Menge vertilgen. Einige verschmähen aber auch Pflanzenkost keineswegs. Sie sind nächtliche Thiere, leben vorzugsweise in den ge- mässigten Ländern sowohl Nordamerikas als der alten Welt und ver- fallen bei uns in einen tiefen andauernden Winterschlaf. Australien und Südamerika haben keine Insektivoren. 1) D' Alton, Die Skelele der Chiropteren und Insectivoren. 1831. Lichtenstein, lieber die Verwandtschaft der kleinen Raubthiere mit den Nagern. Abb. der Berl. Acad. 1832. C. J. Sunde va II, Om slägtet Sorex sowie Ofversigt at slägtet Erinaceus k. Vet. Akad Handl , Stockholm. 1841 und 1842. Vergl. terner die Arbeiten von Pallas, Blainville, Brandt, Peters etc. Erinaceidae. Soricidae. 1099 1. Fiim. Erinaceidae, lge\. Insektenfresser mit wohlenlwickelteu Augen, massig langen Ohren und kurzem Schwanz. Eckzähne nicht immer näher bestimmbar. Auf dem Rücken entwickelt sich ähnlich wie bei den Stachelschweinen eine Bekleidung von steilen Borsten und Stacheln, die oft bei mächtiger Entwicklung des Hautmuskel- schlauchs dem sich zusamnienkugelnden Körper einen vollkommenen Schutz verleiht. Graben sich Gänge und Erdhöhlen und nähren sich von Insekten, aber auch von kleinern Wirbelthieren, selbst Säugethieren, Mäusen etc. sowie von Obst. l.Subl. Erinaceinae. Schädel mit Jochbogen. Backzähne mit rundlichen Höckern. 3 7 Erinaceus L. Mit 36 Zähnen — — . Der Rücken mit starken Stacheln, der 6 5 übrige Körper mit Borsten und Haaren bedeckt. Schwanz sehr kurz. Körper zn- sammenrüilbar, die wahren Backzähne aus zwei prismatischen Abtiieilungen gebildet. E. europaeus L. , über Europa und einen Theil Asiens verbreitet, lebt solitär oder paarweise, gräbt sich eine Höhle mit 2 Ausgängen etwa Fuss tief In die Erde und hält einen Winterschlaf. Wirft im Juli oder August 4 bis 7 Junge. {E. fossilis Schreb., Höhlenigel). Verwandte Arten leben im östl. Russland und in Afrika. E. auritus Fall., E. Pruneri Wagn. Gymnura Vig. 44 Zähne. G. Bafflesii Vig., Sumatra. 2. Subf. Centetinae. Schädel ohne Jochbogen. Backzähne schmaler und spitzer. Centetes Hl., Borstenigel. Mit rUsseliörmig verlängerter Schnauze, ohne Schwanr. Stackelkleid minder entwickelt und mit Borsten untermengt. Rollt sich nicht zu- sammen. Die Backzähne besitzen eine einfache prismatische Krone. C. ecaudatus Wagn., Tanrek, auf Madagaskar. Echinogale Telfairii Wagn. Ericulus spinosus Desm. Solenodon ßrdt. Schwanz lang. S. cubanus Fet., S. paradoxus Brdt. 2. Fam. Soricidae, Spitzmäuse. Von schlanker mäuseähnlicher Gestalt, mit spitzer rüsselartiger Schnauze, weichem Haarkleid und kurzbehaartem Schwanz. Von den Schneidezähnen, die meist in 4facher Zahl auitreten, sind die beiden mittlem oft von bedeutender Länge, wahre Eckzähne sind als solche nicht immer vorhanden, dagegen flnden sich 3 bis 5 Lückenzähne und 3 bis 4 wahre vier oder fünfzackige Backzähne. Eigenthümliche Drüsen an der Seite des Rumpfes oder an der Schwanzwurzel geben den echten Spitzmäusen einen unangenehmen Moschusgeruch. Ihrer Lebensweise nach sind sie überaus blutdürstige kühne Räuber, gewissermassen die Marder der Insectivoren, sie graben sich Gänge unter der Erde, bewegen sich in diesen wie auf freiem Erd- boden rasch und behende, klettern und schwimmen auch theilweise vortrefflich. Ihre Stimme besteht aus feinen pfeifenden Lauten. Sie werfen mehrmals im Sommer zahl- reiche Junge, fallen nicht in einen Winterschlaf, sondern suchen geschützte Orte oft in der Nähe menschlicher Wohnungen auf. 1. Subf. Tupajae. ^ j g- Cladobates Cuv., Spitzhörnchen. Gewissermassen die Eichhörnchen unter den Insektenfressern, mit buschigem Schwanz, leben als Tagthiere auf Bäumen und nähren sich von Insekten und saftigen Früchten. Gl. tana Wagn., Tana und Gl. ferrugineus Raffl., Gl murinus Müll. Schi., Borneo. Hylomys suillus Müll. Schi. 2. Subf, Macroscelinae. Mit langem an der SpiUe nackten JlUssel, mit ver- längertem Unterschenkel im Metatarsus. ^ 1 ß Macroscelides Smith., Rohrrrüssler. 3 ^ g- Vertreten die Wüstenmäuse (Me- riones) unter den Insectivoren und charakterisiren sich durch auffallend lange Hinter- beine, in sumpflgen Gegenden Südafrikas einheimisch. M. typicus Smith. 1100 Talpidae. 3. Subf. Soricinae. Drüsen an den Seilen des Körpers und »m Schwanz. Sorex Cuv., Spit/.maus. Mit 28 — 33 Zähnen, in sechs Arten über Deiilschland Verbreitet. S. vulgaris L., gemeine Spitzmaus, ein iibernus gefrässiges Thier, das gern die Gänge des Maulwurfs und die Löcher der Mause bezieht und auf letzlere Jagd macht. S. (Crossopus) fodiens Fall., Wasserspitzmaus, stellt grossen Fischen nach, begnügt sich aber auch mit Laich. S. {Crocidura) araneus Schreb., Hausspitzniaus, in (jehöflen. S. pygmaeus Fall., Zwergspitzmaus. S. leucodon Herrn., Feldspitzmaus. S. etrusca Wagl., neben der Zwergmaus das kleinsfe Siiugethier in den Litndern des Mitlclmeers. S. alpinus Schz. Myogale Cuv., Bisamrussler, mit 44 Zähnen. Es sind die Bisamratten unter den Insectivoren, mit langem Rüssel und Schwimmhäuten der fünfzehigen starkbekrallton Füsse. Unter der Basis des Schwanzes liegen Moschusdrüsen. Als Wasserthiere graben sie sich ihre Erdhöhlen am Ufer. M. moschata Fall., Desman, von Hamslergrösse, im südöstlichen Hussland. M. pyrenaica Geoffr. , weit kleiner. 3. Farn. Talpidae, Maulwürfe. Von gestreckt walzenförmiger Gestalt, ohne äusserlich sichtbaren Hals, mit kurzen Exlremitiilen, von denen die vordem seitwärts gerichtete Grabfüsse darstellen. Augen und Ohrmuscheln verkümmern und bleiben mehr oder minder vollständig in dem weichen Sammelpelz versteckt. Bei einigen besitzen die Haare wahren Metallglanz. Die Nase verlängert sich rüsselförmig. Sie leben fast ausschliesslich unterirdisch, graben sich Gänge und zuweilen ausgedehnte Baue und werfen Erdhaufen auf. Auf dem Erdboden überaus unbehülflich, sollen sie nicht ungeschickt schwimmen, laufen aber in ihren Gängen mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit und nähren sich hier von Würmern, Insekten, Schnecken und kleinen Säuge- thieren. Sie bewohnen vorzugsweise fruchtbare ebene Gegenden der alten und neuen Welt. 3 1 314 Talpa L., Maulwurf. Mit 44 Zähnen. — -• — — . Die wahren Backzähne mit 4 1 2|4 zwei prismatischen Abtheilungen. T. europaea L., baut eine sehr künstliche unter- irdische Wohnung, die durch eine lange Laufröhre mit den täglich sich vermehrenden Nahrungsröhren des Jagdgebiets in Verbindung steht. Dieselbe besteht aus einer weich ausgepolsterten Centralkammer von etwa 3 Zoll Weite und zwei Kreisröhren, von denen die kleinere obere durch drei Gänge mit der Kammer communicirt, die grössere untere in gleicher Ebene mit der Kammer liegt. Aus der obern gehen 5 bis 6 Ver- bindungsgänge in die untere, von der eine Anzahl wagerechler Gänge ausstrahlen, und meist bogenförmig in die gemeinsame Laufröhre einmünden. Der Maulwurf ist ein muthiges sehr gefrässiges Thier, das Alles angreift, was ihm in seinen Bohren be- gegnet und im Winter eine Menge Insekten zerstört. Das Weibchen wirft 2 mal im Sommer drei bis fünf blinde Junge in einem besonderen mit der Laufröhie verbundenen Nest. T. coeca L., der blinde Maulwurf, im südlichen Europa. Haut über dem Auge geschlossen. CJirysochlorys Cuv., Goldwurf. Mit 36—40 Zähnen. Ohne sichtbaren Schwanz, mit einfachen prismatischen Backzähnen und metallischem Glanz der Haare. Vorder- fuss 4zehig. Ch. inaurata Schreb., am Cap. Condylura cristata L., der nordamerikanische Sternwurf, mit 44 Zähnen und einem Sterne von Hautlappen an der Schnauzenspitze. Urotrichus talpoides Temm., Japan. Scalops aquaticus L , Wasserwurf, mit 36 Zähnen, im feuchten Erdboden Nord- amerikas. Sc. argentata Aub., Prairienmaulwurf. 10. Ordnung: Pinnipedia, Flossenfüssler. 1101 10. Ordnung: Pinnipedia ■), Flossenfüssler. Im Wasser lebende behaarte Säugethiere, mit fünfzehigen Flossen- fassen, von denen die hintern nach rüclcwärts stehen, mit vollständigem Zahngehiss , ohne Schwanzflosse. Die Pinnipedien stehen nach Gebiss und Lebensweise den Carni- voren am nächsten, obwohl ihre äussere Gestalt und gesammte Körper- form an die Cetaceen erinnert. Ihr Körper ist spindelförmig und lang- gestreckt, besitzt einen beweglichen Hals und vier Flossenfüsse, anstatt der Ruderflosse der Cetaceen endet er mit einem kurzen flachen conischen Schwanz. Der Kopf bleibt im Verhall niss zum Rumpf auffallend klein, von kugliger Form, mit stumpfer Schnauze und aufgewulsteten Lippen und entbehrt meist äusserer Ohrmuscheln. Die Oberfläche des Körpers ist mit einer kurzen aber dicht anliegenden glatten Haarbekleidung bedeckt. Die kurzen Extremitäten sind in ihren Theilen beweglich und enden mit einer breiten Ruderflosse, indem die fünf mit stumpfen oder scharfen Krallen bewaffneten Zehen durch eine derbe Haut verbunden sind. Bei einer solchen Gestaltung des Körpers und der Extremitäten wird sowohl eine äusserst vollkommene Schwimmbewegung im Wasser als ein freilich un- behülfliches Fortkriechen auf dem Lande ermöglicht. Dies letztere geschieht in der Art, dass das Thier den Vordertheil des Körpers hebt und nach vorwärts wirft, die beiden Vorderfüsse als Stützen zur Fixirung benutzt und sodann den Hintertheil unter Krümmung des Rückens nach- schleppt. Beim Schwimmen wird das vordere Extremitätenpaar an den Leib angelegt zur Ausführung seitlicher Wendungen allerdings auch als Steuer benutzt, während die Hinterfüsse als Ruderflossen dienen. Das Skelet zeigt schon die vollständige Regionenbildung des Land- säugethieres ; der Hals umfasst stets 7 vollkommen gesonderte beweg- liche Wirbel; am Brusttheii, welchem 14 bis 15 Wirbel angehören, über- wiegt bereits die Zahl der wahren Rippen, sodann folgen 5 bis 6 Lenden-, 2 bis 4 verwachsene Kreuzbein wirbel und endlich 9 bis 15 Schwanzwirbel. Das Gehirn ist verhältnissmässig gross und mit zahlreichen Windungen versehen, ebenso zeigen sich die Sinnesorgane, besonders Nase und Ohr, vortrefflich ausgebildet, die beide dem Autenthalt im Wasser entsprechend durch Klappen verschliessbar sind. Das Gefässsystem besitzt einen grossen Sinus der untern Hohlvene, eine Einrichtung, welche das Tauch- vermögen unterstützt und Wundernetze an den P^xtremi täten. Das Gebiss mit seiner meist vollständigen Bezahnung weist auf eine räuberische Lebensweise hm und schliesst sich dem Gebisse der echten Carnivoren 1) Vergl. die Arbeiten von Fabricius, G. Cuvier, F. Cuvier, Mlsson, Hamilton, Gray, Tander, D'Alton, C. E. v. Baer etc. 1102 Phocina- an, denen die Robben auch in anderen anatomischen Merkmalen, wie zweihörniger Uterus, ringförmige Placenta so nahe treten, dass sie längere Zeit mit ihnen in einer gemeinsamen Ordnung zusammen gestellt werden konnten. Indessen bestehen hinsichtlich der Bezahnung in den zu unterscheidenden Familien der Walrosse und Seehunde wesentliche Abweichungen. Letztere besitzen ^ seltener *p meiselförmige Vorder- zähne, oben und unten jederseits einen wenig vorragenden Eckzahn und spitzzackige Backenzähne, von denen einer oder zwei Molare sind. 5 Die Walrosse haben nur in der Jugend ein vollständiges Gebiss und 3 1 verlieren die anfangs -^ Vorderzähne bis auf - im Zwischenkiefer. Die o 1 Eckzähne bilden sich im Oberkiefer zu mächtigen Stosszähnen aus, welche bei der Kriechbewegung auf dem Lande zur Fixirung des Vorder- leibes benutzt werden. Backzähne finden sich im Oberkiefer 5, im Unterkiefer 4, mit Kauflächen, welche sich mit der Zeit schief von innen nach aussen abreiben. Der Zahnwechsel findet meist schon während des Embryonallebens statt. Die Robben nähren sich vorzugsweise von Fischen, die Walrosse von Seetang, Krebsen und Weichthieren , deren Schalen sie mittelst der Backzähne zertrümmern. Die Pinnipedien leben gesellig, oft schaarenweise vereinigt und sind an den kältern Küstengegenden beider Erdhälften, besonders in der Polarregion am meisten verbreitet. Auch in Binnenseen (Caspisches Meer, Baikalsee) kommen einzelne Arten vor. Auf das Land, namentlich auf Klippen, schleppen sie sich um zu schlafen oder um ihren Körper zu sonnen, sowie zum Zwecke der Fortpflanzung. Das Weibchen wirft ein, seltener zwei Junge und besitzt 2 bis 4 ventrale Zitzen. Wegen der Specklage und des Felles sind viele Gegenstand eifriger Nachstellung, für die Bewohner des hohen Nordens von der grössten Bedeutung. Die ältesten fossilen Reste gehören dem Miocen an {Prisüphoca Gerv., Ffioca ambigua Münst.). 1. Fam. Phocina, Seehunde. Finiiipedien mit voUsländigem Gebiss, kurzen Eckzähnen und spilzzackigen Backzähnen. Die Gliedmassen, von denen die hintern senkrecht nach hinten stehen, tragen den Körper nicht. Die Jungen sind bei der Geburt mit Wolle bekleidet. Halten sich vorzugsweise in der Nähe der Küsten auf und gehen Nachts auf Raub aus, während sie am Tage gern auf Klippen schlafen. Ein Männchen lebt meist mit einer Heerde zahlreicher Weibchen zusammen. Manche sollen weite Wanderungen unternehmen. Lebhalte hrtchst intelligente zum Theil zähm- bare Thiere, theilweise mit einer als heiseres Gebell sich kundgebenden .Stimme. 3 15 Halichoerus Nilss., Kegelrobbe. -^ y T' **'' einspitzigen Backzähnen, kegel- förmig verlängerter breiter Schnauze und behaarter Nasenspitze. H. grypus Nilss., ÜUel. Bewohnt die Nord- und Ostsee, sowie die skandinavischen Küsten. 11. Ordnung: Carnivora, Raubthiere. 1103 Phoca L. Mit gleicher Zahl von Zähnen, aber drei- bis vierspitzigen Back- zälmen. mit kahler Schnauzenspitze. Ph. barbata Fahr., ßartrobbe, wird lOFiiss lang. Fh. (Callocephalus) vitulina L., Seehund. Ph. (^Pagophilus) groenlandica Kilss , Nürdl. Meere. 2 Leptonyx (^ray, Kuppenrobbe, mit ^ Vorderzähnen, niehrzackigen Backzähnen und kleinen (zuweilen fehlenden} Krallen der hintern Extremitäten. Die Schnauzen- kuppe vollständig behaart, meist in südlichen Meeren. L. Monachus F. Cuv,, Mönchs- robbe, im Mittelmeer. L. leopardinus Wag., Seeleopard, antarctisch u. a. A. 2 Cystophora Nilss. , Blasenrobbe, mit — Vorderzähnen und einem aufblähbaren Schnauzenanhange im männlichen Geschlechte. C. pröboscidea Nilss. (Pä. leonina L.), See-elephant, wird mehr als 25 Fuss lang, in der Südsee. C. eristata Fabr., Klapp- mütze, 7 bis P' Fuss lang, in Grönland und der nördlichen Polarregion. Das Männchen vermag die Kopfhaut zwischen den Augen aufzublasen. Oion'a Per., Ohrenrobbe. -• ^j \ — . Mit Ohrmuschel, nackter längsgefurchter 2 1 5 Sohle und ziemlich weit vorragenden Beinen. 0. jübata Forst., Seelöwe, in Süd- amerika, 6 bis 8 Fuss lang. 0. leonina Per, Antarkt. Meer. 0. (^Callorhinus) ursina Per., Seebär, 6 bis 8 Fuss lang, Grönland u. a. zu Untergattungen gestellte Arten. 2. Fam. Trichechina, Walrosse. Die obern Eckzähne sind grosse, wurzellose, nach unten gerichtete Hauer, die Backzähne sind anfangs stumpf zugespitzt, schleifen sich aber allmahlig ab und reduciren sich später auf 3 in jeder Kinnlade, wozu noch in der Oberkinnlade ein nach innen gerückter Schneidezahn kommt. Der plumpe Körper endet mit einem ganz kurzen und platten Schwanz. Die breite Schnauze ist behaart und stark aufgewulstet. Sie watscheln, indem sie ihren Leib auf die vier Extremitäten, welche viel weiter als bei den Robben hervorragen, stützen. Die Jungen sind mit straffen Haaren bedeckt. Nur eine Gattung mit einer einzigen in der nörd- lichen Polarregion einheimischen Art. 3 15 (4) Tricliechus L. Milchgebiss: -öj— j-^- Gebiss des ausgebildeten Thieres ver- schieden. ^-^ — ^-^. T. rosmams L. , Walross, 12 bis 15 Fuss lang, bedient 1 (0) 0 3 i4) sich der Hauer, welche die Länge von 2 Fuss erreichen können und als Elfenbein verarbeitet werden, zur Vertheidigung. Nährt sich von Krebsen, Schallhieren {Mya) und Tangen. Nördl. Polarmeer. 11. Ordnung: Carnivora') = Ferae, Eaubthiere. Fleischfressende Säugethiere mit Rauhthiergebiss (5 Schneide- sühnen, stark vorspringendem Eckzahn, scharfspitzigen LückenzäJinen, einem schneidenden Reisszahn und wenigen Höckerzähnen), ohne oder mit rudimentärem Schlüsselbein und mit starkbekrallten Zehen. Die Raubthiere sind zwar in ihrer Lebensweise nicht scharf von den Insectivoren abzugrenzen, unterscheiden sich von diesen aber stets 1) T. Bell, Art. „Carnivora" in Todd's Cyclopaedia etc. 1836. 1104 Ranbthiergebiss. durch die bedeutendere Körpergrösse und das echte Carnivorengobiss. Es sind grosse und kräftige Säugethiere mit schnellen und sichern Bewegungen und hohen Geistesfähigkeiten. Wenn auch einige vor- trefflich klettern und selbst in der Erde wühlen, so sind sie im All- gemeinen als Räuber grösserer Landthiere vorzugsweise; zum raschen und gewandten Laufe und kräftigen Sprunge eingerichtet. Die Schlüssel- beine bleiben daher rudimentär oder fehlen vollkommen. Ihre Sinne sind meist vortrefflich, die Augen gross und mit Licht-reflektirendem Tapetum, Geruch und Gehör ausnehmend scharf, die weichen Lippen mit grössern Tastborsten, Schnurren etc. ausgestattet. Das Gebiss enthält stets alle drei Arten von einfachen mit Schmelz überzogenen Zähnen, zunächst oben und unten sechs einwurzelige kleine Schneidezähne und zu deren Seiten einen langen conischen spitzen Eckzahn, sodann eine Anzahl von Backzähnen, die in Lückenzähne (D. spurii\ einen Reisszahn (Z>. secto- rius) und Mahlzähne {D. molares) zerfallen. Niemals finden sich, wie bei den Insectivoren, prismatische Backzähne mit nadclfürniigen Spitzen der Krone. Am schwächsten erweisen sich die scharfkantigen und com- primirten Lückenzähne, von denen sich der charakteristische Reisszahn durch die Grösse seiner schneidenden meist 2- oder Szackigen Krone und durch den Besitz eines hintern stumpfhöckrigen Ansatzes (oberer Reisszahn) abhebt. Der untere Reisszahn ist wohl ausnahmslos der erste Molare, der obere dagegen der letzte Praemolare. Die nach hinten folgenden mehrwurzeligen Mahlzähne besitzen stumpfhöckrige Kronen und variiren in Grösse und Zahl je nach der Ausbildung des Raubthier- naturelles. Je blut- und raubgieriger das Thier, um so mehr treten die Mahlzähne auf Kosten des um so kräftigern Reisszahns zurück, während sie bei den auch von Pflanzenkost sich nährenden Carnivoren am zahlreichsten vorhanden sind und die bedeutendste Grösse erreichen. Auch zeigen hier die übrigen Backzähne minder scharfhöckrige Kronen. Auch die äussere Form des Schädels und Gebisses, der hohe Kamm des Hinterhaupts zum Ansätze und die mächtige Krümmung der Jochbogon zum Durchgang der mächtigen Beissmuskeln , die quere Gelenkgrube des Schläfenbeins sowie der walzenförmige Gelenkkopf des Unterkiefers, der nur eine einfache ginglymische Bewegung gestattet und Seiten- bewegungen beim Aufeinanderklappen der Kiefer ausschliesst, erweisen sich den Einrichtungen des Gebisses parallel. Die Extremitäten enden mit vier oder fünf freibeweglichen Zehen, welche mit starken schneidenden G B. Watcrhouse, I'roceedings of tlie zoological society. London. 1839. Wifcgmann, Ueber das Gebiss der Raublhiere. Archiv lür Naturg. Tom. IV. Temininck, Monographies de .Mainnialogie. Paris 1827. Vergl. ferner die Arbeilen von Ränder nnd D'Alton, F. Ciivier, F'allas, J. F. Brandt, Lichtenstein, Turner, Jardine, Smith, Gray n z. a. ürsidae. 1 1 05 Krallen (einem Hülfsapparate für das Gebiss) bewaffnet sind und an den Vordergliedmassen auch zum Ergreifen der Nahrung gebraucht werden. In der Art des Auftretens auf dem Boden bestellen indessen mehrfache Verschiedenheiten. Nur wenige wie die Bären sind wahre Sohlengänger, indem sie mit der ganzen Sohle des Fusses den Boden berühren, andere wie die Zibethkatzen treten nur mit dem vordem Theil der Sohle, den Zehen nebst Mittelfuss auf, die behendesten Raub- thiere dagegen wie die Katzen sind Zehenläufer. In anatomischer Hin- sicht ist hervorzuheben, dass der Magen mit genäherter Cardia undPylorus einfach bleibt, der Darm relativ kurz ist und oft des sonst kurzen Blind- darms entbehrt. Im männlichen Geschleclite ist häufig ein Ruthen- knochen vorhanden. Samenblasen fehlen in der Regel. Die Hoden liegen in einem Scrotalsack. Die Carnivoren leben meist in Monogamie. Die Weibchen bringen nur wenige hülflose Junge zur Welt, die sie lange Zeit an ihren Bauchzitzen aufsäugen. Die Verbindung der Frucht im zweihörnigen Uterus geschieht mittelst ring- oder gürtelförmiger Placenta. Den meisten Raubthieren kommen eigenthümliche Analdrüsen zu, welche einen intensiven Geruch verbreiten. Die Verbreitung der Raubthiere erstreckt sich über die ganze Welt, und nur in Neuholland werden sie durch die Raubbeutler ersetzt. Fossile Reste finden sich zuerst in den eocenen Tertiärschichten. 1. Fain. Ursidae, Bärenartige Raubthiere. Sohlengänger von plumper Körper- «^estalt, mit gestreckter Schnnuze und breiten meist ganz nackten Sohlen der Szehigen Füsse. Ein Blinddarm fehlt. Die vordem Extremitäten werden zu manchen Neben- leistungen sowohl der Vertheidigung als des Nahrungserwerbes benutzt, während die kräftigeren Hinterbeine für sich allein das emporgerichtete Thier zu tragen im Stande sind. Alle klettern geschickt, zuweilen durch den Besitz eines buschigen Wickel- schwanzes unterstützt und scharren auch im Erdboden, ohne wirklich Höhlen zu graben. Sie leben omnivor sowohl vom Fleische der Warmblüter und Kaltblüter als von Früchten und Honig. Ihr Gebiss charakterisirt sich demgemäss durch zwei sehr grosse, stumpf- 3(4) 2 höckrige Mahlzähne und eine hrtckrige Krone des Reisszahns. Backz.: ^Yifjn)' ^'^ wählen sich hohle Bäume oder Höhlen zum Aufenthaltsort und verfallen zum Thoil in einen periodischen Winterschlaf. Auch in der Vorwelt waren die Bären sehr Verbreiter, vornehmlich zur Diluvialzeit, wie die zahlreichen Knochenreste der diluvialen Höhlen beweisen. 3.1.2 Ursus L,, Bär. Von plumpem Körperbau mit sehr kurzem Schwanz. Backz. : j^t-ö- Die vordem Backzähne fallen früh aus. Durch alle Klimate vom Aequator bis in die Polarf^egenden verbreitet. U. maritimus Desm., Eisbär. Weiss, mit langbehnarten Sohlen, 8' Fuss lang, Nördl. Polarmeer. U. arctos L., der braune Bär. Braun, mit zottigem Haar, in den kalten Gebirgsgegenden Europas und Asiens, in Deutschland ausgerottet, zähmbar. U. americanus Fall., Baribal. U. einereus Desm., Californien. U. labiatus Desm., Lippenbär, in Ostindien, nährt sich nach Art der Ameisenfresser. U. spelaeus Blum., Höhlenbär. Claus, Zoologie. 2. AuBage. "0 1106 Mustelidae. Procyon Storr., Waschbär. Mit spitzer kurzer Schnauze und massig langem 3 12 Schwanz. Backz.: — '- — '—• P. Zofor L., Waschbär, pflegt die Nahrung ins Wasser zu tauchen, in Kordamerika. Nasua Slorr. , Riisselbär. Mit ähnlichem Gebiss und ähnlicher Lebensweise auf Bäumen aber mit sehr langem Schwanz und rüsselförmig verlängerter Schnauze, N. rufa Desm., in Brasilien. N. solüaria Pr. Wd. 2.1.2 Cercoleples IW, Wickelbär. Backz.: . Mit langem überall behaarten Wickel- schwanz. C. caudivolvulits 111., in Guiana und Peru. Ärctictis Temm., Binturong, Hinterindien. Zwischen ürsinen und Caniden stehen die altlertiären Arctocyoniden. 2. Fam. Mustelidae, Marderartige Raubthiere. Theils Sohlengänger (Dachse) theiis Halbsohlengänger, von langgestrecktem Körper, mit niedrigen Beinen und 5zehigen Füssen, mit nicht zurückziehbaren Krallen. Nur ein einziger Höckerzahn hinter dem ansehnlichen Reisszahn. Backz.: ^^ L . Blinddarm fehlt. Sehr häufig finden sich Afterdrüsen, deren Secret einen unangenehmen Geruch verbreitet. Sind zum Theil sehr gewandte blutdürstige Räuber, die trefflich klettern, seltener graben. Einige wie die Iltisse halten sich in der Nähe menschlicher Wohnungen auf und richten oft in Hühnerställen und auf Taubenschlägen beträchtlichen Schaden an. Sie leben vorzugsweise in den gemässigten und käitern Gegenden und ändern nach den Jahres- zeilen die Färbung ihres im Winter sehr geschätzten Pelzes. Meles Storr., Dachs. Sohlenläufer von plumpem Körper mit nackten Fusssohlen, 3.1 1 mit Grabkrallen, Backz.: ' " . Hit ungemein grossem obern Höckerzahn. ErsterPrae- niolar fällt häufig aus. M. taccus Fall., der gemeine Dachs, gräbt sich einen unterirdischen Kessel mit mehreren Ausgängen und hält hier einen periodischen Winterschlaf. Lebt omnivor von Wurzeln, Eicheln, Mäusen, Fröschen etc. Auch im Tufikalk von Weimar fossil. M. americanus Bodd. 2.1.1 Mephitis Cu\., Stinkthier. Backz.: M. mesomelas Licht., in Nordamerika. M. zorilla Cuv., Afrika u. a. A. Mydaeus F. Cuv., Stinkdachs. M. meliceps F. Cuv, Java. 2.1.1 Melivora Storr. Backz.: — — . M. capensis F. Cuv. Gulo Storr., Vielfrass. Von plumpem kräftigen Körperbau, mit Mardergebiss 3.1.1 und breitem katzenähnlichen Kopf. Backz.: -r^ — ~. G. horealis Znss., bewohnt fel- 4.1.1 sige Gegenden im nördlichen Europa, Asien und Amerika', lebt von Hasen und Ge- flügel, stürzt sich auch auf grössere Säuger als Rennthiere etc. Fossil ist G. spelaeus Goldf. aus den Höhlen Mitteleuropas, wahrscheinlich = G. horedlis. Galictis Bell. G. vittata Gm., Südamerika. • Mustela L., Marder. Mit gestrecktem Körper, spitzer Schnauze, krummen 3 11 scharfen retraktilen Krallen. Backz : - — -^. Unterer Reisszabn mit kleinem Höcker. 4.1.1 M. martes L., Edelmarder oder Baummarder, von braun-gelblicher Färbung, mit roth- gelbem Kehlfleck, in Nadel- und Laubwäldern, Pelz sehr geschätzt. M. foina Briss., Steinmarder, etwas kleiner, graubraun mit weissem Kehlfleck, hält sich gern in der Nähe der menschlichen Wohnungen auf, in Europa und Asien verbreitet. M. zibelUna L., Zobel, in Sibirien und Nordamerika. Fossile Reste vom Miocen bis Diluvium. Viverridae. 1107 PutoriusCav., Iltis. Mit kürzerer Schnauze und kürzern mehr abgerundeten Ohren, 2 11 scharfen retraktilen Krallen. Backz.: ' ' . P. putorius L., Iltis, sucht Ställe und Scheunen als Verstecke auf, klettert nicht gern und jagt lieber auf flachem Boden. Eine Spielart des litis ist das halbgelbe, aus Afrika zu uns herübergekommene Frettchen (P. furo), zur Kaninchenjagd abrichtbar. P. Eiehardsonii Bp., Nordamerika. P. vulgaris L., Wiesel. Ein kleiner kühner Bäuber, der besonders auf Mäuse und Maul- würfe Jagd macht, rothbraun, unten weiss, im Winter ganz weiss. P. enninea L., Hermelin. Beträchtlich grösser, ebenfalls mit Farbenwechsel nach der Jahreszeit, die Bälge aus Sibirien sehr geschätzt. P. lutreola L., Nörz, Mink. Mit dem Schädel und Gebiss der Wiesel, aber kurzem Ohren und viel kürzern Extremitäten, mit Bindehaut zwischen den Zehen. Lebt an bewaldeten Ufern im Osten Europas, auch in Holstein. Lutra L., Fischotter. Mit ganzen Schwimmhäuten zwischen den Zehen, breitem flachen Kopfe, kurzen Ohren und plattem spitzen Schwanz. Letzter Backzahn gross. 3.1.1 Backz.: „ ' ' ,. Graben sich Höhluneen am Ufer, schwimmen und tauchen vortrefflich 3.1.1 * und jagen nach Fischen, Wasservögeln und Fröchen. L, vulgaris Erxl, , gemeine Fischotter, mit weichem sehr geschätzten Pelz, 3^ Fuss lang, in Europa und Asien. L. macrodus Gray, Brasilien. L. canadensis Schreb., Kordamerika u. a. A. iJw/t^/dm Licht., Seeotter. Der äussern Erscheinung nach ein Verbindungsglied von Ottern und Seehunden, mit kurzem dicken Hals, walzenförmigem Rumpf, sehr kurzen Vorderbeinen, mit verwachsenen Zehen und langen in die Flucht des Schwanzes nach hinten gerichteten Hintergiiedmassen, deren Zehen durch ganze Schwimmhäute verbunden 2 11 3 sind. Backz.: — — '—. Die Schneidezähne fallen früh aus, daher _ ,- . E. ma. 3.1.1 -« (1) rina Erxl , lebt auf den westlichen Inseln Nordamerikas. 3. Farn. Viverridae, Zibethkatzen. Von langgestreckter, bald mehr den Katzen bald mehr den Mardern ähnelnder Körperform, mit spitzer Schnauze und langem, zu- weilen ringförmig zusammengerollten Schwanz. Darmkanal mit einfachem kurzen Blinddarm. Die meist Szehigen Füsse berühren bald mit der ganzen, bald mit der halben Sohle oder nur mit den Zehen den Boden, deren Krallen meist ganz oder 3 12 halb zurückziehbar sind. Im Gebiss „,,, '. ' . finden sich jederseits zwei obere und 3(4) .1.1 ein unterer Höckerzahn. Sie besitzen ausser der Analdrüse noch zwischen After und Geschlechtsöffnung besondere Drüsen, deren Secret einen Bisamgeruch verbreitet und sich bei einer Gattung (Fiterra) in einer grössern Drüsentasche anhäuft. Die Vlverren sind blutgierige gewandte Räuber, die sich lebhaft und schnell bewegen und fast sämmtlich auch geschickt klettern. Sie bewohnen vorzugsweise die südlichen Länder der alten Welt. Unterkieferfragmente von Viverraarten finden sich tertiär. FitJcrra L. Backz.: — — '—. Zehengänger. Krallen relraktil. Schwanz lang, nicht 4.1.1 rollbar. Mit grosser Drüsentasche zwischen After und Geschlechtslheilen, in der sich das schmierige Secret des als Parfüm und Arzneimittel bekannten Zibeth sammelt. F. zibetha L., die asiatische und F. zivetta Schreb., die afrikanische Zibethkatze. Letztere wird in Aegyplen, Abyssinien etc. als Hausthier gehalten. F. (Prionodon) gracilis L., Asien. F. genetta L., Genettkatze, in Südeuropa und Afrika, liefert einen trefflichen Pelz. Bassaris astuta Licht., Mexiko. Paradoxurus F. Cuv. P. musanga Raffl. Halbsohlengänger mit aufrollbarem 70* 1108 Canidae. Hyaenidae. Schwanz, auf den grossen Sundainseln. P. typus F. Cuv., Palmenmarder, in Ost- indien. P. (Arctogale) trivirgatus Gray, Sundainseln, Bengalen. Cynogale Benetti Gray, Borneu. Herpestes 111., Manguste. Mit nicht zurückziehbaren Krallen, ohne Zibethtasche, aber mit Drüsen am After. Graben sich Erdhöhlen und leben besonders von Eiern, Eidechsen Schlangen und kleinen Säugern. H. ichneumon L., Pharaonsratte, in Egypten und Südafrika. Cynictis Oglb. C. penieillata Cuv. , Südafrika. Eliyzaena III., Sohlengänger. Nase verlängert. Bh. tetradactyla III, Scharrthier 2 12 oder Suricale. Im südlichen Afrika. Backz : ' . Crossarchus F. Cuv. Cr. db- scurus Cuv., Westafrika. 4. Farn. Canidae, Hundeartige Raubthiere. Zehenläufer mit nicht zurück- ziehbaren Krallen der meist 5zehigen Vorderfüsse und 4zehigen Hinterfüsse. In dem langgestreckten Gebiss finden sich in der Regel oben und unten zwei, selten drei Höckerzähne, ein oberer zweispitziger und ein unlerer dreispitziger Reisszahn und — Lückenzähne. Kurzer Blinddarm vorhanden. Analsäcke und Drüsenanhäufungen an 4 der Basis des Schwanzes vorhanden (Violdrüse des Fuchses). Sie leben in Gesell- schaft, klettern nicht, sondern jagen in anhaltendem Laufe, begnügen sich aber auch zum Theil mit Vegetabilien. 3.1 2 CamsL., Hund. Backz.; ' ' ■. C. lupus L., gelblichgrau mit hellerem Bauche, von 4 Fuss Länge ohne den 1| Fuss langen Schwanz, der fast immer gerade herab- hängt. In Europa besonders in Norwegen und Schweden, sowie in Asien. Andere Arten in Amerika. C. {Lyciscus) latrans Sm., Prairienwolf. G. {Chrysaeus) pri- maevus Hodgs., Nepal. C. cancrivorus, Savannen und Südamerika, gezähmt von den Indianern. C. aureus L., Schakal, kleiner, röthlichgrau mit weisser Kehle, in Süd- europa und Asien auch Nordafrika. Es gibt noch zahlreiche andere Schakalarten wie C. viesomelas Schreh., Südafrika. C. familiaris L., Haushund {cauda sinistrorsum recur- vata L), nur im gezähmten oder im verwilderten Zustand in zahlreichen Ra^en bekannt, die sicherlich von mehr als einer wilden Stammart herzuleiten sind. C. vulpes L., Fuchs, mit senkrecht oblonger Pupille im Gegensatze zu der runden Pupille der erstem Arten, mit langem buschigen Schwanz und sehr entwickelter Violdrüse, rothbraun, mit schwarzen und weissen Varietäten, gräbt sich eine Höhle, in Europa, Asien und Afrika. C. lagopus L., Eis- oder Polarfuchs, im Sommer grau, im Winter weiss. Als fossile Formen sind hervorzuheben C. parisiensis (Unterkiefer), ünter- oligocen, Mont Martre, mit C. lagopus nahe verwandt. C. palustris H. v.M., Oeningen. V. spelaeus Goldf., pliocen dem Wolf nahestehend, ferner Cynocodon Ow. Megalotis cerdo Skg. , Ohrenfuchs, in Nubien. OtocyonLichL Backz.: / . o, mit grossen aufrechtstehenden Ohren und langem buschigen Schwanz. 0. eaffer Licht., Löffelhund. Eine eigenthümliche Zwischen- stellung nehmen die fossilen Arctocyoniden ein. Arctocy on ß\»iav., altmiocen. 5. Fam. Hyaenidae, Hyänenartige Raubthiere. Hochbeinige Zehenläufer mit devexem Rücken, der eine Mähne verlängerter Haare trägt, mit dickem Kopfe und grossen aufrechtstehenden Ohren. Die meist vierzehigen Füsse mit nicht zurückzieh- baren Krallen. Das Gebiss nähert sich dem der Katzen durch die geringe Entwicklung der Höckerzähne, von denen sich nur einer im Oberkiefer findet. Eckzähne kürzer als bei den Katzen, mit scharfen Seitenleisten. Reisszahn wie bei den Katzen. Sind Felidae. 1109 feige Raubthiere, leben vorzugsweise von Aas und graben sich Höhlen, in Afrika und im südwestlichen Asien. 3 1.1 B?/aenaL. Backz.:^-Y^ "lit dicken fast kegelförmigen Zacken der Zähne. Die Behaarung zeigt eine aufrichtbare Rückenmähne. H. striata Zimm., gestreifte Hyäne, in Afrika und Vorderindien. H. crocuta Zimm., gefleckte Hyäne, in Südafrika. H. brumiea Thunb., Südafrika. H. spelaea Goldf., pleistocen. 5 ( i^ Proteles, Erdwolf. / , mit kleinen einwurzligen, comprimirten und ein- spitzigen Backzähnen, ohne Reisszahn. Vorderfüsse Szehig. P. Ldlandü Geoffr., in Südafrika. 6. Farn. Felidae, Katzenartige Raubthiere. Zehengänger von schlankem zum Sprunge befähigten Körperbau, mit kugligem Kopf und kurzen Kiefern, in denen sich nur wenige, oben 4 und unten 3 Backzähne entwickeln. In keiner andern Gruppe prägt sich das Raubthiernaturel so entschieden aus als hier. Höckerzähne fehlen bis auf einen kleinen oben quer nach innen stehenden Zahn. Um so mächtiger aber sind die Reisszähne und Eckzähne ausgebildet. Oberer Reisszahn 3zackig mit starker Miltel- zacke und Innenhöcker, Unterer Reisszahn mit 2 gleich grossen Zacken ohne Innen- höcker, Von den beiden Lückenzähnen bleibt der vordere des Oberkiefers verkümmert. Zunge mit stark verhornten Papillen. Die fünfzehigen Vorderfüsse und vier- zehigen Hinterfüsse besitzen in den scharfen und gekrümmten völlig zurückziehbaren Krallen gewaltige Waffen. Beim Gehen wird das letzte Zehenglied senkrecht aufge- richtet, so dass dasselbe den Boden nicht berührt, und die Krallen vor Abnutzung gesichert bleiben. Analdrüsen finden sich am Rande des Afters. Sowohl die Rulhe des Männchens als die weibliche Clitoris enthält einen Stützknochen. Alle sind äu.s$er.<;t gewandte kräftige Raubthiere mit trefflich entwickelten Sinnen, nähren sich im Katur- leben ausschliesslich vom Fleische der Warmblüter, die sie zur Nachtzeit beschleichen und im Sprunge erbeuten, leben vereinzelt oder paarweise. Die meisten klettern gut und springen von Bäumen auf die Beute. Die schöner gefärbten und grössern Arten gehören den tropischen Gegenden der alten und neuen Welt an. Kur zwei Formen sind vom Menschen gezähmt und als Hausthiere oder Jagdthiere eingeführt, die wahr- scheinlich von der nordafrikanischen Katze {F. maniculatä) abstammende Hauskatze und der in Afrika und im südlichen Asien zum Jagdthier abgerichtete Guepard. 2 11 FelisL. Backz.: ' '^. Die Eckzähne stark und meist gefurcht. Der obere Reiss- zahn dreizackig mit Hakenansatz, der untere zweizackig ohne den letztern. F. leo L , Löwe. Einfarbig fahl, mit runder Pupille, das Männchen mit Mähne, Quaste und Horn- stachel am Schwanzende, in den heissen Gegenden der alten Welt. Man unterscheidet mehrere Varietäten. F. concolor L., Cuguar oder Puma. Einfarbig mit runder Pupille, ohne Schwanzquaste, in Amerika. F. tigris L., mähnenlos, gelb mit dunkeln Quer- streifen, in Asien bis in die kältesten Gegenden. F. onca L., Jaguar, goldgelb mit schwarzen Flecken, in Paraguay und Uruguay. F. pardus L, , Panther oder Leopard, ahnlich gefärbt, in Afrika und Westasien. F. catus L., wilde Katze, grau mit Streifen und Querbinden und senkrechter Pupille, im mittlem und nördlichen Europa. F. ma- niculatä Rüpp. , nubische Katze F. dotnestica L. , die Hauskatze , nnr im gezähmten Zustande bekannt, wahrscheinlich von mehreren Arten abstammend. Fossile Katzen- arten finden sich Jungtertiär nur im Diluvium, F. spelaea Goldf., Höhlenlöwe, dem Tiger verwandt. Tertiär ist F. cristata Falc. Cautl. aus Ostindien. Andere fossile Gattungen sind Machairodus Kp, mit sehr verlängertem obern Eckzahn, Smilodon Lund., Pseudailurus Gerv. F. (^Gynailurus) guttata Herrm. und jubata Schreb., 1110 12. Ordnung: Chiroptera, Fledermäuse. Gueparde, gefleckte Katzen mit nur halb relractiler Kralle, erstere in Afrika am Senegal, letztere in Ostindien einheimisch. F. Serval L., Serval, goldgelb schwarz gefleckt von der Grösse des Fuchses mit langem Schwänze, am Senegal. Lynx Geoffr. L. lynx L., Luchs, mit Haarbüschel am Ohr, sehr kurzem Schwanz und senkrechter Pupille, im nördlichen Europa. Eine verwandte Art ist der L. Caraeal Schreb., aus Afrika und Persien. L. canadensis Desm., Polarluchs. 12. Ordnung: Chiroptera')) Handflügler, Fledermäuse. Säugethiere mit vollständig hezahntem Gehiss und Flughäuten zwischen den verlängerten Fingern der Hand, sowie zwischen Extremi- täten und Seitentheilen des Rumpfes, mit zwei brustständigen Zitzen. Unter den Beutlern {Fetaurus), Nagethieren (Pteromys) und Halb- affen (Galeopithecus) haben wir eine Reihe Thierformen, welche sich einer seithchen zwischen den Extremitäten ausgespannten Flughaut gewissermassen als Fallschirm beim Sprunge bedienen. Weit vollkommenere Flughäute besitzen 56. Opinus 593. Opisthobrancbia 737. 743- 749. Opisthocoeiia 951. Opisthocomus 1007. Opisthodon 133. Opistboglypbidae 924. Opistomum 284. Opiophorus 500. Opoterodonta 924. 927. 1156 Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. Opsomala 629. Orbicula 712. Orbiculina 108. Orbitelae 540. Orbitolites 108. Orbulina 109. Orca 1069 Orchesella 624. Orchesia 654. Orcheslia 465. Orcula 250. Oreaster 234. Orectochilus 666. Oregonia 510. Oreopbasis 1006. Oreophorus 508. Orestias 863. Or^yia 616. 617. Oribates 526. Oriolus 1021. Orithyia 509. Ormoceras 777^. Onvthobia 600. Ornithomyia 600. Ornithoptera 621. Ornithorhynchus 1056. Ornithoscelia 947. Orophius 655. Orphilus 662. Orseis 384. Ortolis 601. Orthagoriscus 811. 855. Onhidae 712. Orthoceras 777. Orthoceiinae 651. Orthoconchac 716. Orthonyx 1022. Ortboptera 554. 559, 562. 621. Orthorapbia 590. Orlhosaurus 952. Ortbosia 616, Orthostoma 512. Ortbostomum 285. Ortbotomus 1023. Ortygometra 1004. Ortyx 1008. Oryctes 661. Oryssus 674. Oryx 1085, Oryzoborns 1025. Osculina 151. Osmerus 859. Osmia 683. Osmoderma 661. Osmylus 639. Osphrornenus 877. Ossifraga 997. Osteolaenins 952. Osleolepis 848. Ostracidium 531- üstracion 854. Ostracoda 433. Ostrea 717. 721. 723. Ostreidae 723. Olaria 1103. Otbius 664. Otilopbiis 908. Otiorbyncbiis 650. Otis 975. 998. Otocyon 1108. Otoglena 331. Otolicnus 1117. Otolithus 873. Otus 465. Otus 1026. Ovibos 1086. Ovis 1085. Ovula 756. Owenia 206. Oxya 628. Oxybelis 931. Oxybelus 680. 681. Oxycarenus 594. Oxycepbala 634. Oxycephalus 468. Oxycera 603. Oxydactyla 906. Oxydoras 864. Oxyglossus 906. Oxygyrus 765. Oxylaemus 662. Oxynaspis 407. Oxyopes 538. Cxypoda 664. Oxyporus 664. Oxyptychus 349. Oxyrhopus 932. Oxyrhyncba 509. Oxyrbynchus 487. 497. Oxysoma 306. Oxystomata 508. Oxytelus 665. Oxylhyrea 661. Oxylhyreus 488. Oxytricha 134. Oxyuris 305. Ozius 511. P. Pachybrncbys 647. Pachyceras 675. Pachycoris 595. Pacbycormus 849. Pachydrilus 362. Pachygaster 603. Pachygnalba 526. Pachygrapsus 513. Pachygyra 168. Pacbylasma iOS. Pachylis 595 Pachymerus 594. Pachypus 660. Pachyseris 167. Pacbysoma 419. Pachyta 648. Pacbylylus 628. Pacops 605. Paederus 665. Paedopbylax 383. Pagodina 427. Pagonias 872. Pagophilus 1103. Pagrus 870. Paguristes 505- Pagurus 505. Palaeadae 453. Palaemon 485. 500 Palaemonella 500, Palaeobatrachus 905. Palaeocarabus 488. Palaeocboerus 1077. Palaeocrangon 488. Palaeoniscus 848. Palaeopbrynus 905. Palaeornis 1014. Palaeosaurus 946. Palamedea 998. 999, Palapteryx 989. 1032. Paleen 350. Palingenia 634. Alphabetisches Inhaltsverzeichuiss. 1157 Palinurus 503. Pallasea 466. ■Pallasia 373. Pallene 515. Palliobranchiata 708. Palmyra 378. Palmyropsis 378. Palpares 639. Paipicornia 665 Paludina 747. 749. 759. Palumboenas 1010. Palunibus 1010. Palythoa 165. Pamphagus 629. Pamphilius 673. Panagaeus 667. Pandalus 501. Pandarus 426. Pandion 1028. Pandora 205. Pandora 721. 728. Pangonia 606. Panopaea 728. Panopaeiis 511. Panorpa 638. Panurus 1022. Panthalis 377. Panurgus 683. Panlopoda 514. Papilio 621. Papio 1122, Paraclelus 588, Paracrangon 502. Paracyathus 169. Paradisea 1021. Paradoxites 454. Paradoxornis 1025. Paradoxostoma 439. Paradoxurus 1107. Paragorgia 163, Paralcyon 1017. Paralcyonium 162. Paralepis 860. Paramaeciam 131. Paramicippa 510. Paramithrax 509. Paramphithoe 465. Paraudra 649. Paranthura 474. Parapetalus 425. Pararge 620. Parascidia 702. Parascyllium 839. Parasira 780. Parasita 420. Parasitica 583. Paratanais 473. Paraxanthus 511. Pardalisca 466. Pardosa 538. Pareas 932. Parmophorus 754. Parnopes 679. Parnus 661. Parophrys 866. Parra 998. 1004. Parthenope 510. Parus 1022. Paryphes 595. Pasiphaea 500. Pasilhea 447. Piissalus 659, Passer 1025. Passerculus 1025. Passerita 931. Pastinaca 842, Pastor 1021. Patella 731. 736, 752. Patellina 109. Pauropus 551. Paussus 664. Püvo 1007. Pecora 1079. Pecten 717. 724. Pectinaria 373. Pectinia 168. Pectinicornia 659. Pectunculus 718. 725. Pedata 249. Pedetes 1094. Pedicellarien 211. Pedicellina 323. Pedicia 608, Pedicularia 757. Pediculati 850, 877. Pediculus 652. Pedimana 894, 1062, Pedinus 655. Pedipalpi 540. Pedum 724. Pegasus 852, Peilopus 604. Pelagia 196. Pelamis 934. Pelaniys 873, Pelargopsis 1017, Pelecanus 978. 995. Pelecotoma 653. Pelecus 862. Pelia 509. Pelias 934, Pelidna 1000. Pellona 858. Pelobates 903. 907. Pelodera 311. Peiodryas V09. Peloflyles 907. Peiogcilia 378. Pelogonus 593, Pelomedusa 95 Pelops 526. Pflorosaurus 946, Peloryctes 362 Pelopaeus 681, Pcltidinae 416. Peilis 663. Peltocaris 451. Peltoeephalus 956, Ptitogasler 405. Peltogastriden 399. 405. Pemphigus 588. Peraphredon 681. Pendacta 250. Peneiia 429. Peneus 487. 500. Penelope 979. 1007. Peneroplis 108. Peniculus 429. Pennaria 183. Pennatula 162. Pentacrinus 229. Pentamera 655. Pentamerus 712. Pentaneraus 873. Pentastomum 520., Pcntastomidae 51 6. 519. 520 Pentatoma 595. Pentatremites 230. Penthetria 607. Penthina 614. 1158 Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. Penlodon 661. Pentraprion 870. Perameles 1061. Perca 822. 868. Percalabrax 868. Percarina 868. Percopsis 859. Perdix 1008. Perennibranchiata 794.885. 891. 895. 897. Perforata 166. Periasler 245. Periboea 385. Pericera 510. Perichthys 827. Peri(Jiniuni 102. Perigoüia 619. Perigoniiuus 181. Perilanipus 675. Perilitus 676. Perimela 510. Perinia 510. Periophlhalinus 875. Peripatus 387. Periplanela 622. 626. Perisphaeria 626. Peiispira 131. Perissodactyla 1072. Perissopus 426. Peristedion 872. Peritricha 134. Perla 633. Pernis 1028. Peroderma 429. Perognalhus 1096. Peronia 761. Perophora 702. Peropoda 913. Perris 872. Persephone 508. Persona 757. Petaloproctes 369. Petalops 595. Petalopus 116. 481. Felalosticha 242. Petalostoma 338. Petalura 635. Petaurus 1060. Pelricola 729. Petrogale 1059. Petromys 1093. Petromyzon 795.804.811. 820. 825. 834. Pezomachus 676. Pezoporus 1014. Pflanzenthiere 137. Phacochoerus 1077. Phacops 454. Phaenna 417. Phaeton 996. Phaetornis 1018. Phagocala 287. PhalHcrus 663. Phalagria 664. PhaJangella 323. Phalangida 530. Phalangium 518. 531. Phalangista 1060. Phalangodus 531. Phalaiitha 646. Palaropus 1000. Phaleria 654. Phaleris 993. Phallusia 697. 702. Phaiierocarpen 193. Phaneropleuron 847. Phaneroplera 629. Phania 602. Phaps 1010. Pharyngognathi 850. 867. Phascogale 1062. Phascolarclus 1060. Phascolodon 133. Phascolomys 1059. Phascolosoma 338. Phascololherium 1062. Phasia 602. Phasianella 754. Phasianus 1007. Phasma 627. Phenacia 372. Pherusa 371. 465. 478. Phialina 131. Phidippus 538. Philander 1062. Philanlhus 680. Philetaerus 1085. Philichlhys 423. 427. Philine 751. Philodina 330. Phiiodromus 538. Philomeles 440. Philonexis 774. 780. PhilonlhiKs 664. Philopotamus 640. Philopterus 585. Philoscia 478. Philougria 478. Philyra 508. Phimodora 595. Phlebenlerath 734. 743.750. Phloea 595. Phioecharinae 665. Phloeocoris 595. Phloeothrips 631. Phoca 1103. Phocina 1102. Phoenicophaes 1012. Pboenicopterus 994. Pholadidae 729. Pholadomya 728. Pholas 718. 729. Pholcns 539. Pholidogaster 694. Pholidotus 1064. Pholoe 378. Phora 601. Phorcus 468. Phoridae 601. Phoronis 337. 339. Pbosphaenus 657. Phoxicbilidium 515. Phoxinus 862. Phoxus 466. Phreoryctes 361. Phronima 459. 461. 467 Phronimella 468. Phrosina 468. Phryganea 640. Phryganidae 559. 565. 636- 640. Phrjnocephalus 942. Phrynops 957. Phrynosoma 942. Phrynus 541. Pbryxus 478. Phlhiracarus 526. Pbthirius 585. Pbycis 614. 865. Phycogorgia 163. Phyllacanlhinae 270. Phyllactis 165. Phylactolaemata 321. Alphabetisches Inhaltsyerzeichniss. 1159 Phyllangia 167. Fhyllidia 751. Phyllirhoe 730. 735. 743. 750. PhylHs 621. Phyllium 627. Phyllobates 909. Phyllobius 651. Phyllobothrium 270. Phyllobranchus 348. Phyllobrotica 647. Phyllocerus 657. Phyllochaetopterus 371, Phyllocolyle 278. Phyllodactyliis 941. Phyllodoce 385. Phyllogorgia 163. Phyllognathus 661. Phyllomedusa 909. Phyllomorpha 595. Phyllopertha 660. Phyllophaga 660. Phyllophora 629. Phyllophorus 250. 426. Phylloprieuste 1023. Phyllopoda 441. Phyllorhina 1114. Phyllorhiza 198. Phyllosoma 485. 488. Phyllopteryx 853. Pbyllostoma 1115. Physa 760. Physalia 191. Physaloptera 307, Physalus 1071. Physarum 99. Physematium 111. Physeler 1070. Physonota 647. Physophora 190. hhysopoda 631. Physorhyiichus 593. Physostomi 817. 851. 855. Phytocoris 594. Phytoecia 648. Phytometridae 6l4. Pialea 605. Pica 1020. Piculus 1013. Picumnoides 1013. Picumnus 1013. Picas 970. 1013. Pielus 618. Pieris 620. Piestinae 665. Piestosoma 594. Piieoius 754,1 Pileopsis 758. Pilodius 511. Piluninoides 511. Filumnus 511. Pimelepteriis 870. Pimeliidae 654. Pitnelodus 864. Pimpla 676. Pinna 721. 725. Pinnipedia 1101. Pinnixa 513. Pinnolherella 513. Pinnolheres 507. 512. Piophila 601. Pipa 887. 890. 901. 906. PIparii 593. Fipra 1022. Pirates 592. 593. Pisa 509. Fiscicola 347. Pisidium 727, Pisoides 509. Pissodes 650. Pitheci 1118. Pithecia 1121. Pithecus 1123. Placenla 724. Placenlalia 1063. Placohranchus 750. Placoderniata 845. Placostegus 375. Piacuna 724. Piacunella 277. Planunopsis 724. Plagiacantha 111. Plagionotus 244. Plagiopogon 131. Flagiopyla 132. Plagiostomi800.8i9.820, 822. 838. Plagiotoma 132. Plagiotremata 916. 922. Plagusia 513. Plagusia (Fisch) 866. Planaria 287. Flaneolis 289. Planes 513. Flanipennia 637. Flanocera 288. Planorbis 732. 760. Planorbuiina 109. Plasmodien 100. Platalea 977. 1002. Platanista 1069. Platiispis 595. Plaleniys 957. l'latodes 259. Platophium 464. Fla »Würmer 259, Plalyarthrus 478. Flalycercomys 1094. Platycercus 1014. Platycerus 659. Platycneniis 635. Platycotyle 278. Platydactylus 941. Platydesmus 551. Plalygaster 675. Plalyheiminthes 259. Platylepas 408. Platymera 509. Platynotus 513. Platyonichus 512. Platypeza 604. Platypoda 687. 700. 742, Plalyptilia 613. Piatypus 649. Platyrhina 842. Platyrrhini 1120. Platyrhinus 651. Platyscelis 655. Platysceliis 468. Platysomus 847. Platyulus 550. Plea 592. Plecotus 1113. Plectognathi 8.50. 853. Plectrophanes 1025. Plectropoma 869. Plectropus 909. Plectroscelis 647. Plegaderus 663. Pleione 379. Pleopis 446. Plesiastraea 168. Plesiosaurus 949. 1160 Alphabetisches Inhaltsverzeichiüss. Plelhodon 899. Fleuiübrachia 205, }Meurol)ranchaea 751. Pleurobraiichiata 731. Pleurobranchus 751. Pleurochilidiuin 132. Pleuroconchae 716. Pleurocora 167. Pleurodeles 900. Pleurodenia 907. Pleurodonta 915.937. 940. Pleurolepis 847. Fleuroinma 417. Pleuronectes 866, Pleuronectidae 782. 865. Pleuroneina 132. Pleuroloma 756. Pieuroloinaria 754. Pleurotricha 134. Pleurophyllidia 751. Pleustes 466. Plexaura 163. Plexaurella 163. Plicatula 724. Plictolophus 1014. Plinthus 650. Plioceras 380. Pliopilluiciis 1122. Ploas 605. Ploceides 1025. Plucetis 1025. Plocius 986. Ploiaiia 594, Plotactis 165. Ploteres 593. Plotus 996. Plumatella 322. Plumularia 183. Plusia 615. Plutella 613. Pluteustorm 218. Plnvianellus 999. Pneumodermidae 741. 742. Pneuinodermon 740. 742. Pneumophora 250. Pneumoria 622. 628. Podabrus 656. Podarcis 945. Podarke 384. Podiceps 970. 993. Podineina 945. Podoa 1004. Podoceriis 465. Podon 446. Podophis 943. Podophora 242. Fodopbrya 130. Podophthalmata 397. 481. Podops 595. Podostonia 116. Podura 624. Poecilia 863. Pecillopora 179. Poecilonotae 658. Poecilopoda 455. Poeciloptera 590. Poeocera 590. Fuephaga 1059. Poephagus 1086. Pogoiiias 1012. Pogonus 667. Polia 291. Pülia 616. Polische Blasen 211. Pohstes 682. Pollicipes 400. 407. Pollicita 384. Pollys 540. ' Polyactinia 164. Poiyarthra 331. Polyartemia 453. Polybia 682. Polybius 512. Polybostrlcha 196. Polybostrichus 384. Pülycelis 287. Poiycentropus 640. Polycera 751. Polychaetae 363. Polycheles 503. Polychrus 941. Polycirrus 372. Polycistina 111. Polyclinum 702. Polyclonia 198. Polycopidae 439. Polycycladus 287. Polycyttaria 113. Polydesmus 551. Polydona 370. Polydrusus 651. Polyergus 678. Pulyniastia 152. Polymastus 384. Polymorphina 109. Polyinus 646. Polynedius 873. Polynoe 377. Po!yodo:i 846. Polyodoiites 377. Polyomiiiatus 620. Polyophthalnius 368. Polyorchis 184. Polypedates 908. Polyphemus 445. 446. Polyphylla 660. Polyphyllia 167. Polypi 154. Polyplectron 1007. Polypori 241. Polyptetus 800. 805. 817. 843. 848. Polystemma 291. Polystoecliotes 639. Polystomelia 109. Polystomum 278. Polytmus 1018. Polynexus 551. ira^t^Jf^ Polyzonium 550. Polyzosteria 626. Polyzoa 313. Pomacanthus 871. Potiiaceiitrus 867. Pomatias 759. Poinatoceros 376, Pomatostegus 376. Pompilus 680, Ponera 678. Pontarachna 528, Pontella 418. i^ontellina 418. Pontocypris 438. Pontolimax 750. Pontonia 501. Pontoporeia 466. Pontoscolex 361. Porcellana 506. Porcellidium 416. Porcellio 470, 478. Porcula 1077. Porcus 1077, Porichthys 877. Porifera 143. i.To»^fT^beteU5. Pontes 166. Porphyrio 1004. Porphyrophora !^587. Porphyrops 604. Porpita 192. Portelia 382. Portumnus 512. Portunus,511. Posidonomya 451. Potamanthus 634. Potamaria 640. Potamia 538. Potamides 758. Potamilla 374. Potamochoerus 1078. Pragmoceras 777. Praniza 471. 474. Pratincola 1024. Praxilla 369. Praya 191. Pria 663. Priacanthus 869. Priapulus 338. Primates 1118. Prirano 468. Primnoa 163. Priocnemis 680. Prion 997. Prionirhynchus 1017. Prionites 1017. Prionodon 840. 1107. Prionognalhus 380. Prionospio 370. Prionurus 876. Prionus 649. Prionychus 654. Priolelus 1012. Prisopus 627. Pristilophus 657. Pristiophorus 840. Pristipoma 869. Pristis 841. Pristiurus 839. Proboscidea 1087. Proboscina 323. Probubalus 1086. Frocellaria 997. Proceraea 384. Proceros 289. Procoelia 951. Procotyla 287. I'rocrustos 668 Proctophysus 647. Proctotrupes 675. Procyon 1106. Productidao 712. Proglottis 260. PromenJa 370. Promysis 494. Pronoe 468. Propilhecus 1121. Proporus 285. Prorhynchus 291. Prorobronchus 857. Prorodon 131. Proscopia 629. Prosimiae 1115. Prosobrancliia 752. Prosopis 683. Prosoponiscus 459. Prosorhochmus 292. Prostemma 593. Prostheceraeus 289. Prosthecosacter 307. Prosthiostomum 288. Prostomum 285. Prosycum 153. Prostomis 662. Proteinus 665. Proteles 1109. Protella 463. Proteolepas 406. Proteroglypha 924. 932. Proterosaurus 946. Protous 897. Proto 463. Protococcus 102. Protogenes 108. Proto hydra 180., Protomonas 101. Protomyxa 108. Protoplasma 97. Protopterus 878. 881. Protozoa 96. Prolula 375. Psammechinus 241. Psammobia 728. Psammocollus 369. Psammodromus 945. Psammodynastes 931. Psammolyceo 378. Psamnioperca 868. Psammophila 681. Psammophis 931. Psammophylax 930. Psammosaurus 946. Psammoseris 167. Pselaphus 664. Pseudacris 908. Pseudailiirus 1109. Pseudalius 307. Pseudechis 933. Pseudis 90ü. Pseudoblennius 875. Pseudochirus 1061. Pseudochlamys 116. Pseudococcus 587. Pseudocordylus 944. Pseudocorystes 512. Pseudocuma 481. Pseudocygnus 427. Pseudocythere 439. Pseudograpsus 513. PseudoJulis 868. Pseudomma 494. Pseudomys 1094. Pseudonaja 933. Pseudonavicellen 103. Pseudophana 590. Pseudopodien 98. Pseudopus 935. 944. Pseudorhombus 866. Pseudoscarus 868. Pseudoscorpionidea 545. Pseudospora 100. Pseudosquilla 491. Pseudotetramera 646. Pseudotrimera 646. Pseudozius 511. Psila 601. Psilechinus 241. Psilorhinus 1021. Psittacula 1015. Psittacus 1014. Psocus 632. Psodos 615. Psolus 250. Psophia 998. Psorospermien 103. Psyche 616. 618. Psychoda 607. Psygmobranchus 375, 73* 1162 Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. Psylla 588. Psylliodes 647. Psyllodes 588. Ptenidium 663, Ptenoglossa 745. 754. Pteraclis 874. Pteraspis 846. Pteraster 234. Pteroceras 757. Pterochilus 682. Pterocirrus 385. Pterocies 1008. Pterocotyle 278. Fterodactylus 947. Pterodina 330. Pteroglossus 1011. Fterogon 6l9. Pterogorgia 163. Pteroinalus 675. Pteromys |097. Pteronarcys 633. Plerois 872. Pleroides 162. Fterophorus 613. Pteroplatea 842. Pteroptus 526. Pteropus 1113. Pleropoda 730. 739. Plerosauria 947. Plerosyllis 383. Pterotarsus 658. Pterotheca 741. Pterolrachea 734. 763. Pterychtbys 845. 846. Pterygotus 455. Ptilia 673. Ptilinopus 1010. Ptilinus 655. Pliliphorus 653. Ptilium 663. Ptilocera 603. Ptinus 655. Ptychopleurae 944. Ptychopoda 614. Ptychoptcra 608. Ptychostomum 131. Ptychüzoon 941. Plyodaclylns 941. Pulfinus 997. Pulex 599. Pulmonata736.743.749.759 Pupa 732. 747. 760. 761. Pupina 759. Pupiparae 599. Purpura 745. 747. 756. Putorius 11(7. Pycnodus 847. Pygnogoiium 515. Pygocephalus 488. Pygodactylus 943. Pygolanipis 593. Pygospio 370. Pyralis 614. Pyramidella 758. Pyranga 1025. Pyrausta 614. Pyrgia 166. Pyrgoma 408. Pyrgomorpha 629. Pyria 509. Pyrochroa 654. Pyrophorus 658. Pyrops 590. Pyrosoma 694. 696. 703. Pyrrhocorax 1021. Pyrrhocoris 594. Pyrrhopya 619. Pyrrhula 1025. Pyrula 736. 755. Python 924. 929. Pyxis 957. Quadrilatera 512. Quedius 664. Rachiodontidae 931. Radicellata 322. Radiolaria 109. Radiolites 727. Radius 756. Räderthierchen 325. Raja 842. Raimondia 600. Rallus 1004. Rana 905. 906. ^Jlanatra 593. Randbläschenmedusen 183. Ranella 757. Rangia 205. Rangifer 1084. Raniiia 508. Ranina 498. 508. Raninoides 508. Rapacia 376. 1061. Raphignathus 527. Raphiiim 604. Raptatores 1025. Rasores 1004. Raspailla 152. Rataria 192. Ratitae 990, 1029. Rattulus 331. Recluzia 754. Recurvlrostra 970. 1000. Rednvius 593. Regalecus 876. Regulus 1023. Remipes 506. Reniera 152. Renilla 163, Retepora 325. Rhabditis 311. Rhabdocidaris 240. Hhabdocoela 284. Rhabdogaster 312. Rhabdosoma 468. 929. Rhachiglossa 745. 754. Rhagium 648. Rhamnusiuin 648. Rhamphastus 1011. Rhamphichthys 857. Rhamphodon 1018. Rhamphonomyia 605, Rhamphorhynchus 947, Rhamphostoma 952. Rhaphidia 638. Rhaphigaster 595. Rhaphiglossus 682. Rhaphldopalpus 647. Rhaphidophora 630. Rhax 546, Rhea 970. 1030. Rhesus 1122. Rbina 840. Rhinatrema 894. Rhinechis 930, Rhingia 603. Rhinobalus 841. Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. 116B Rhinobothryum 932. Rhizocephalen 399. 401. 402. 405. Rhinozeros 1074. Rhinocola 588. Rhinocryptis 820.879.881. Rhinoderma 908. Rhinodon 840. Rhinoglanis 864. Rhinolophus 1114. Rhinomacer 651. Rhinoncus 650. Rhinophis 928. Rhinophrys 908. Rhinopoma 1115. Rhinoptera 842. Rhinosinius 929. Rhinosinus 652. Rhiiiostoma 929. Rhinotyphlops 927. Rhipicera 657. Rhipidia 608. Rhipidius 653. Rhipidoglossa 745. 753. Rhipidogorgia 163. " Rhipidopathes 166. Rhipiphorus 653. Rhitigaster 676. Rhizangia 167. Rhizobius 588. Rhizoclina 180. Rhizocrinus 230. Rhizoglyphus 525. Bhizophaga 1059. Rhizopliagus 663. Rhizophysa 191. Rhizopoda 104. Rhizostouia 197. Rhizotrochus 169. Rhizotrogus 660. Rhizoxenia 162. Rhochmocephalidae 292. Rhodactis 165. Rhodaraea 167. Rhodeus 823. 861. Rhodia 509. Rhodites 674. Rhodocrinus 229. Rhodona 943. Rhodosoma 703. Rhombosolea 866. Rhombus 866. Rhopalocera 619. Rhopalodina 251. ' Rhopalodon 947. Rhopalonema 185. Rhopalophorus 276. Rhopalopus 648. Rhyacophila 640. Rhynchaea 1004..^ Rhynchichlhys 869. j^t" Rhynchites 651. Rhynchobatus 841. Rhynchobdella 877. Rhynchobdellidae 347. Rhynchobolus 382. Bhynchocephalia 942. Rhyncbocinetes 501. Rhynchocoela 289. Rhynchodesmus 287. Rhyiichonella 709. 712. Rhynchonerella 385. Rhynchoprion 599. Rhynchoprobolus 285. Rhynchops 996. Rhynchosaurus 947. Rhynchosuchus 952. Rhyncbota 556. 575. 582. Rhynchotus 1006. Rhyncolus 650. Rhyssa 676. Rhytina 1072. Rhyzaena 1108. Ricania 590. Ricinula 756. Rimula 753. Rindenschwämme 152. Ringelwürmer 340. Ringicula 756. Rippenquallen 200. Risella 758. Rissoa 759. Rocinella 475. Rodentia 1089. Röhrenquallen 186. Roeselia 617. Rogas 676. Rosalia 648. Rossia 779. Rotalia 109. Rotatoria 325. Rotella 754. Rotifer 330. Rotiferi 325. Rotula 244. Rubicilia 1024. Rugosa 164. Ruminantia 1079. Rumphia 243. Rundwürmer 293. Rupellia 511. Rupicapra 1085. Rupicola 1022. Rutelinae 660. s. Sabaco 369. Sabella 374. Sabellaria 373. Sabellides 373. Sabelliphilus 424. Saccanthus 166. Saccharomyces 97. Saccobdella 347. Saccobranchus 820. 863. Saccomyidae 1096. Sacconereis 384. Saccopharynx 856. Saccostomys 1094. Sacculina 395. 405. Sacculus 331. Saenuris 362. Saga 630. Sagitta 313. Saiga 1084. / Salamandra 900. Salamandrina 794.891.895. 898. Salamandrina (Genus) 900. Salanx 859. Salarias 875. Salda 593. Salenier 242. Salius 680. Salmacina 375. Salmacis 241. Saimo 825. 860. Salpa 689. 693. 704. 707. Salpina 330. Salpingus 652. Saltatoria 628. Salticus 537. 1164 Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. Saltigradae 537. Samaris 866 Sainytha 373. Sanguinolaria ,728. Saperda 648. Saphenia 181. Sapphirina 419. Sapphirinella 419. Saprinus 663. Sapromyza 601. Sapyga 679. Sarcobelemnon 163. Sarcode 98. Sarcodictyon 162. Sarcomella 150. Sarcophaga 602. Sarcophianlhus 165. Saroophyton 162. Sarcopsylla 599. Sarcoples 524. Sarcoptilus 162. Sarcorhamphijs |027. Sarea 939. Sargus 870. Sarrotriuin 662. Saturnia 617. Satyrus 620. Satyrus 1123. Sauba 677. Saugwürmer 271. Saurii 935. Saurodipteridae 848. Saurophis 944. Sanropterygii 949. Saurothcra 1012. Saururae 990. Saurus 860. Savignyia 241. Saxicava 718. 729. Saxicola 1 24 Scalaria 732. 754. Scaübregma 368. Scalops 1100. Scalpellum 400. 402. 407. Scandentia 1060. Scansores 1011. Scaphander 751. Scaphidiodon 133. Scaphiopus 907, Scaphirhynchus 843, 846. Scapholeberis 448. Scaphopoda 738. Scaphura 630. Scardinius 862. Scaridium 331, Scarites 667. Scarus 868. Scatophaga 601. Scatophagus 871, Scatopse 607. Scelidotberium 1065. Scelotes 944. Scenopinus 604, Scheibenquallen 193. Schistocephalus 270. Schizaster 244. Schizocephala 627, Schizocerus 673. Schizodactylus 630, Schizodon 1093. Schizodus 726 Schizomyceten 99, Schizoneura 5b8. Schizopoda 482. 491. Schizoprora 285. Schizorhis 1013. Schizostomum 285, Schizotarsia 553. Schizura 1019. Schlangensterne 235. Schmardea 289. Schnurwürmer 289, Schwämme 143. Schwimmpolypen 186. Sciaena 873. Sciaenophilus 425. Sciaphiia 613. Sciara 607. Scincus 944, Sciophila 607. Sciocoris 595. Scirus 528. Sciurus 1097, Scierochilus 439. Scierodermi 854. Scierogorgia 163. Sclerohelia 168, Scierostomum 307, Sclerum 655. Scolia 679. Scolioplanes 553. Scolopax 1001. Scolopendra 553. Scolopendrella 553, Scolopios 369, Scolytus 649. Scomber 873. Scomberesox 859. Scopelus 860. Scopimera 513. Scopula 614. Scopus 1002, Scorpaena 871. Scorpaenichthys 872, Scorpio 5-14, Scorpis 871, Scortizus 659. Scutella 243. Scutellera 595. Scutellidium 416. Scutellina 243. Scutigera 553. Scutus 754. Scydmaenus 663. Scylla 511. Scyllaea 750. Scyliarus 503. Scyllium 839. Scymnus 840, Scyphidia 135, Scyphus 478, Scyra 509. Scytale 932. Scytaster 234. Scythrops 1012. Scytodes 539. Scytoleptus 504. Sebastes 871. Sedentaria 367. Sedentariae 538. Seeigel 238. Seesterne 231. Seewalzen 245. Segestria 539. Seitenfeider 299. Selache 840. Selachü 805. 808, 811, 822, 834. Seiandria 673, Selenops 538. Semblis 633, Semeie 728, Semnopithecus 1122. Alphabetisches Inhaltsver2eichniss. 1165 Sepia 768. 771. 779. Sepicola 424. Sepiola 779. Sepioteuthis 775. 779. Seps 938. 944. Sepsis 601. Sergestes 499. Seriatopora 179. Serica 660, Sericostoina 640. Seriola 874. Seriothrips 631. Serollna 475. Seroiis 469. Serpenles 922. Serpula 375. Serranus 795. 822. 868. Serrosalmo 863. Sertularia 183. Sesarma 513. Sesia 619. Setella 415. Setigera 1077. Setina 617. Sialis 637. Sicyonia 500. Sida 446. Sieboldia 898. Sigalion 378. Sigalptius 676. Sigara 592. Sigaretus 758. Sigiilina 702. Silenium 428. Siliquaria 758. Sillago 872. Silpiia 663. Silurichthys 863. Siluroidae 850. Silurus 806. 863. Silvius 606. Siinocephaius 448. Simocephalus 932. Siinonea 524. Simosaurus 949. Simotes 930. Simulia 607. Sinodendron 659. Sip onaria 761. Siphoniata 726. Siphonoccetes 465. SiphoDOchalina 151. Siphonophora 550. Sipiionophoren 186. Siphonops 894. Siphonospiiaera 113. Siphonostoma 853. Siptionostnmum 371. Siplionotreta 712. Sipunculacea 333. Sipunculus 338. Siredon 896. 897. 900. Sirembo 864. Siren 882. 894. 897. Sirenia 1071. Sirenoidae 881. Sirex 673. Siriella 492. 494. Sisniondia 243. Sisyphus 659. Sisyra 639. Sitaris 645. 652. Sitophagus 654. Sitta 1022. Sittace 1014. Sivalherium 1082. Slabberina 475. Smaridia 527. Smaris 870. Smerinlhus 619. Smiiia 590. Smilodon 1109. Smilotrochus 169. Sminthea 185. Smynthurus 624. Solanderia 163. Solaridae 754. Solaster 234. Solea 866, Solecurtus 728. Solemya 728. Solenobia 611. 613. Solen 697. 717, 728. Solenoconchae 733. 739. Solenodon 1099, Solenoglypha 924. 934. Solenognathus 853. Solenomyia 717, 728. Solenostoma 852. SoliduDgula 1074. Solifugae 545. Solpuga 546. Somateria 995. Sorex li;99. Soridia 943. Soronia 663. Spaggodes 162. Spalax 1095. Sparassus 538. Sparus 869. Spalangus 244. Spathius 676. Spatula 995. Spalularia 843. 846 Spelerpes 899. Spermophagus 651. Spermophilus 1097. Sphaerechinus 241. Spliaeridium 666. Sphaerius 663. Sphaerocoris 595. Sphaerodertna 647. Sphaerodon 870. Sphaerodorum 370, 384. Sphaeroma 475, Sphaeronella 463. Spbaroniscus 478. Sphaeronites 231. Sphaeronotus 419. Spbaeropboria 603. Sphaeropbrya 130. Sphaeropoeus 552. Spbaerosyllis 383. Sphaerotberium 551. Sphaerozoum 113. Sphaerularia 310. Sphaeruiites 727. Spbagebranchus 856. Spbargis 956. Spbeiiiscus 992. Sphenodon 1065. Spbenorhynchus 1003. Spbex 680. 681. Sphinx 619. Spbyraena 873. Sphyrapicus 1013. Sphyrion 429. Sphyrna 840. Sphyrocepbalus 287. Spilotes 930, Spinax 840. Spinigera 757. Spintharis 679. 1166 Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. Spinther 379. Spio 370. Spiochaetopterus 371. Spione 370. Spirastrella 152. Spirialis 742. Spiriferidae 712. Spirillina 109. Spirobolus 551. Spirobranchus 877, Spirographis 374. Spirorbis 375. Spiroptera 309. Spirostomutn 133. Spirostrephon 551. Spirostreptus 551. Spiroxys 310. Spirula 768. 778. 779. Spirillina 108. Splanchnotropus 428. Spondylis 649. Spondylus 718. 724. Spongelia 151. Spongiae 143. Spongilla 152. Spongobranchia 742. Sponguriden 112. Sporadipus 249. Sporangien 97. Squaiides 839. Squaiius 862. Squalus 840. Squameila 330. Squamipennes 871. Squamulina 108. Squatarola 999. Squatina 840. Squatinorajidae 841, SquiUa 482. 491. Stachelhäuter 207. Stagnicola 1004. Staphylinus 664. Stauridae 164. Staurocephalus 380. Staurophora 184. Steatoda 539. Steatornis 977. 1020. Steenstrupia 18t. Steganopodes 995. Stegaspis 590. Stegostoma 839. Steincanal 211. Stellaster 234. Stellio 943. Stelmatopoda 322. Stenelmis 661. Steneosaunis 951. Stenobothrus 628. Stenocephalus 595. Stenodactylus 941. Stenolophus 667. Stenopelrnatus 630. Stenopoda 594. Stenops 1117. Stenopterus 648. Stenopteryx 600. Stenoptycha 197. Sternoptyx 861. Stenopus 500. Stenorhynchus 510. Stenostoma 927. Stenostomum 285. Stenothoe 466. Stenotrachelus 652. Stentor 133. Stenus 665. Stephanoceros 329. Stephanomia 190. Stephanops 330. Stephanosphaera 102. Stephanospira 190. Stephanosyilis 384. Stereoderma 250. Sterna 996. Sternarchus 857. Slernaspis 337. Sternopygus 857. Sternotherus 956. Sternwürmer 333. Steropes 654. Sthenelais 378. Sthenonia 197. Slichopus 249. Stigmatophora 853. Stilbiim 679. Silicus 665. Stimpsonia 292. Stomaster 198. Stomatopoda 482. 488. Stomias 861. Stomabrachium 185. Stomolophus 197. Stomoxys 602. Slrabax 428. Strangalia 648. Stratiomy/ 603. 5 Strebia 600. Strepsiceros 1085. Sfrepsilas 999. Strepsiptera 641. Streptaxis 76 1. Stridulantia 591. Strigiceps 1028. Strigops 1015. Stringocephalus 712. Slrix 1026. Stromateus 874. Stromatium 648. Strombidium 134. Strombus 747. 749. 757. Strongylosoma 551. Strongylostomum 285. Strongylus 306. Strudelwürmer 279. Struthio 965. 970. 1030. Struthiolaria 757. Sturnus 1021. Stygrus 531. Sty (actis 182. Stylaria 363. Slylaroides 371. Styiaster 169. Stylifer 749. 758. Stylina 758. Stylorhoplana 288. Stylochopsis 288. Stylochus 288. Stylodictya 112. Stylodrilus 362. Styloniscus 478. Stylonurus 455. Stylonychia 134. Styloplotes 133. Stylops 642. Stylorhynchus 103. Suberites 152. Subungulata 1091. Succinea 761. Suctoria 405. Sudis 860. Sula 978. 995. Surnia 1027. Sus 1078. Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. 1167 Suthora 1022. Syccorhiza 154. Sycon 153. Sycocystis l54. Syliides 383. Sylline 383. Syilis 383. Sylvia 1023. Symbiotis 525. Sviibranchus 856. Symphyllia 168. Symplocostoma 312. Sympterygia 842. Synagris 682. Synapta 251. Synaptura 866. Synchaeta 331. Syncoryne 180. Syndictyon 181. Synergus 674. Synestius 425. Syngnathus 824. 825. 853. Synhelia 169. Syoodontis 864. Synoecum 702. Synotus 1113. Syntethys 701. Syrichthus 619. Syringopora 179. Syrnium 1026. Syromastes 595. Syrphus 603. Syrrhaptes 1009. Syrtis 594. Sysiropha 683. Systropus 605. T. Tabanus 606. Tabulatae 179. Tachidius 415. Tachina 602. Tachinus 664. Tachydrornia 605. Tachyglossus 1057. Tachymenis 930. Tachypetes 982. 995. Tachyporus 664. Tachypterus 679. Tachytes 680. Tachyusa 664. Tadorna 994. Taenia 267. Taeniatae 206. Taeniocanipa 616. Taeniogiossa 745. 756. Taenioideae 875. Taeniura 842. Talaeporia 613. Talitrus 465. Talpa 1100. Tamias 1097. Tarnoya 185. Tanagra 1025. Tanais 457. 458. 470. 473. Tantalus lU03. Tanypeza 601. Tanypieurus 428. Tanypus 608. Tanyäiptera 1017. Tanystomata 604. Tapbozous 1114. Taphria 667. Taphrocampa 331. Tapirus 1073. Tarandus 1084. Taranlula 541. Tardigrada 528. Tarentola 941. Tarpa 673. Tarsipes 1061. Tarsius 1117. Tauria 467. Tegenaria 539. Tegeocranus 526. Tejus 945. Telegonus 544. Teleosaurus 951. Teleostei 800. 849. Telephorus 656. Telepsavus 371. Telethusidae 368. Tellina 728. Telmatobius 907. Telmatotrephes 593. Telostomum 285. Telphusa 5l2. Temora 418. Temnocephala 347. Temnopleurus 241. Tenebrio 654. Tengyra 679. Tenlhiedo 673. Tenuirostres 1017. Terebella 372. Terebellicola 424, Terebeliides 372. Terebra 756. Terebrantia 672. Terebratella 712. Terebratula 709. 712. Terebratulina 712. Teredina 729. Teredo 715. 729. Tergipej 750. Termes 633. Termopsis 633. Tesselata 229. Testacella 761. Testicardines 712. Testudo 957. Tetanocera 601. Tethyn l52. Tetrabranchiata 773. 776. Tetracelis 288. Tetracerus 1085. Tetraclita 408. Tetracorallia 164. Tetragnatha 540. Tetragonops 1012. Tetragonurus 876. Tetraneura 588. Tetranorhinus 931. Tetranychus 522. 527. Tetrao 989. 1008. Tetraonchus 279. Tetraphyllidae 270. Tetrapneumones 536. Tetraprotodon 1079. Telrapyle 112. Tetrarhjnchus 270. Tetraslemnia 291. Tetrix 628. Tetrodon 819. 851. 855. Telrops 648. Telhyodea 695. Tettigonia 589. Tetyra 595. Teulhis 876. Textularia 109. Thais 621. 1168 Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. Thalainita 511. Thhlassianthus 165. Thalassema 337. Thalassina 504. Thalassochelys 956. Thalassicolla 111. Thalassidroma 997. Thalassüiampe 111. Thalassosphaera 111. Thaleichthys 860. Thalestris 416. Thaliacea 703. Thamnodyiiastes 932. Thamnophilus 977. 1022. Thaumanlias 184. Thealia 509. Theca 741. Thecadactylus 941. Thecidium 709. 712. Thecla 620. Thecodoiitia 946. Thecodontosaiirus 946. Tliecosomata 741. Thelyphoniis 541. Themislo 467. Thenus 503. Theodisca 369. Theraphosa 537. Therapon 869. Thereva 605. Theridium 539. Therodamus 428. Thersiles 424. Thetys 728. 750. Thoa 183. Thoe 509. Thoinisus 538. Thoinomys 1096. Thoracica 406. Thoracostraca 397. 481. Thorictis 946. Threskiornis 1001. Thrichlhacerus 428. Thrips 631. Thrissops 849. Thryothorus 1023. Thtiiaria 183. Thyatyra 616. Thylacinus 1062, Thylacoleo 1062. Tbylacotheriuin 1062. Thymallus 859. Thynnus 679. Thynnus 873. Thyone 250. 416. Thyonidiuin 250. Thyreocoris 595. Thyreus 619. , Thyrsites 873. Thyrsücera 626. Thyrsophorus 632. Thysanopoda 495. Thysanoteulhis 779. Thysanozoon 289. Thysanura 623. Tiara 183. Tichodroma 1019. Tiedeniannia 731. 742. Tillus 656. Tilurus 857. Tiniarcha 647. Timarete 370. Tinamolis 1006. Tinarnus 1006. Tinea 861. Tinea 613. Tineola 613. Tingis 594. Tlnnunculus 1028. Tintinnopsis 134. Tintinnus 134. Tiphia 679. Tipula 608. Tiron 466. Tisbe 415. 4l6. Titanethes 478. Toccus 1016. Todus 1022. Tomodon 930. Tomocerus 624. Tomopteris 385. Tornarien 217. Tornatella 751. Torpedo 811. 814. 841. Tortrix 613. Tortrix 928. Totanus 1000. Toxaster 244.^ Toxiglossa 745. 756. Toxobrissus 244. Toxopneustes 241. Toxotrypana 601. Toxotes 871. Toxotus 648. Tracheliastes 429. Trachelius 131. Trachelocerca 131. Trachelophyiiuin 131. Tracheophones 1019. Trachinus 872. Trachycephaluä 908. Trachyderes 649. Trachynema 185. Trachyphonus 1012. Trachyphyilia 168. Trachypiana 288. Trachypterus 876. Trachys 658. Tragops 931. Tragosoma 649. Traguins 1082. Trapezia 511. Trebius 425. Trechus 667. Tremacephalidae 291. Tremateres 310. Trematis 712. Trematodes 271. Trematodiscus 112. Trematosaurus 894. Trematopus 774. 780. Triacanthodes 855. Triacanthus 855. Triacis 840. Triaenodon 840. Triaenophorus 270. Trianthra 331. Tribonyx 1004. Tricelis 288. Trichasler 238. Trichechus 1103. Trichina 308. Trichiurus 873. Trichius 661. Trichocephalus 308. Trichocera 608. Trichoda 132. Trichodactylus 512. Trichodectes 585. Trichoderma 304. Trichodes 656. Trichodina 135. Trichodinopsis 135. Alphabetisches Inhaltsverzeichniss. 1169 Trichodrilus 362. Trichodura 602. Trichogaster 877. Trichoglossus 1015. Trichomonas 101. Trichoniscus 478. Trichoptera 639. Trichopteryx 663. Trichosoma 308. Trichosnriis 1061. Trichotrachelidae 307. Tridacna 726. Trigla 811. 872. Trigona 685. Trigonia 726. Trigonidiiim 631. Trigonocephalus 935. Trigonophis 939. Trigonorhina 841. Trilobitae 453. Triloculina 108. Trinema 117. Tringa lOOO. Trinodes 662. 'iriodon 855. Trionyx 953. 956. Triophthalimis 331. Triphaena 615. Triphylius 662. Tripneustes 241, Tristomuin 277. Triton 896. 900. Tritonia 750. Tritonium 757. Trochatella 759. Trochilia 133. Troehilus 1018. Trocroideus 646. Trochopus 277. Trochosa 538 Trochotoma 754. Trochus 732. 754. Troctes 632. Troglocaris 501. Trogiodyles 1123. Trogophloeus 665. Trogon 1011. 1012. Trognius 531. Trogus 676. Tronibidium 527. Trophon 755. Claus, Zoologie. 2. Trophonia 371. Tropideres 651. Tropidocerca 310. Tropidoderus 627. Tropidodipsas 932. Tropidoiaemus 935. Tropidoiepisma 943. Tropidohotus 930. Tropidosaura 945. Tropidosaunis 943. Tropidurus 942. Trox 660. Truncatella 759. Trupanea 606. Truxalis 629. Trygon 842. Trypanosyllis 383. Trypeta 601. Tryphon 676. Tubicinella 408. Tubicolae 367. Tubicolaria 329. Tubifex 362. Tubinambis 946. Tubipora 164. Tubitelae 538. Tubulariae 179. Tubularia 182. Tubulosa 166. Tiicca 428. Tunicata 687. 690, Tupajae 1099. Turbanella 332. Turbellaria 279. Turbinaria l67. Turbinelia 286. 755. Turbinolia 169. Turbo 735. 754. Turbonilia 758. Turdus 970. 1024. Turnix 1009. Turrilites 768. Turris 180. 756. Turritelia 732. 758. Turtur 1010. Tyche 510. Tychus 664. Tylopoda 1081. Tylorainphus 993. Tylorrhynchus 381. Tylus 478. Auflage. Typhis 468. Typblichlhys 858. Typhline 944. Typhlocypa 589. Typhlolepla 288. Typbloniscus 478. Typhlops 923. 927. Typhlosolis 359. Typhoeus 660. Typton 501. Tyrann US 1022. Tyro 467, Tyroglyphus 525. Tyrrhena 384. Tyrus 664. u. Uca 514. üdonella 277. Ulactis 165. ülastraea 168. Umbeliularia 163. Umbra 859 Umbrella 751. Umbrina 87i, Unciola 464. ündina 417. Ungulina 727. ünio 717. 721. 726. Upeneichthys 870. üpenens 870. Upupa 1017. Uperodon 908. Urania 615. üranoscopus 872. Urax 979. 1006. üria 993. Urceolaria 135, Urinatores 991. Urolabes 309. 312. Urocarnpus 853. Urocentrum 135. 942. Uroceridae 673. Uroconger 856. ürodela 894. Urogalba 1012, ürogyrnnus 842. ürolophus 842. Uroleptus 134. Uroinastix 942. Uronectes 488. 1170 AlpL abetisches Inhal tsv erzeichniss. üronychia 134. Uropeltis 928. üropoda 526. Urothoe 466. Urotricha l31. Urotrichus 1100. Urotrophus 941. ürostylH 134, ürsus 1105. ürthieie 96 V. Vagabundae 537. Vaginicola 135. Vaginulus 761. Valdivia 512. Valgus 661. Valvata 749. 759. Valvulina 108. Vampyrella 100. Viinellus 999. Vanessa 620. Vappo 603. Varanus 946. Varuna 513. Velella 192. Velia 593. Velutina 758. Venerupis 728. Venus 697. 718. 727. Veretillum 162. Vermes 252. Vermelus 749. 758. Vermicella 933. Vermiiia 376. Vermilinguia 1064. Verruca 409. Vertebralina 108. Veruncella 163. Vesicularia 323. Vesiculatae 183. Vespa 682. Vespertilio 1113. Vesperugo 1114. Vexillum 206. Vibilia 467. Vibrionen 99. Vidua 1025. Vipera 934. Virgularia 162. Vitrina 762. Viverra 1107. Volucella 603. Voluta 755. Volvox 102. Vortex 285. Vorticella 135. Vulsella 725. Vulsus 875. Vultur 1027. w. Waldheimia 712. Wappeniilie 269. Wassergefässsystem 253. Westwoodia 416. Westwoodilla 465. Wiilia 182. Whrightia li^t. Würmer 252. Wurzeli'üsser 104. X. Xanlhasia 513. Xanthia 616. Xanlho 511. Xanlholinus 664. Xanthornus 1021. Xenia 162. Xenobalanus 408. Xenodernia 932. Xenodon 930. Xenopeltis 928. Xenophthalmus 513. Xenopterus 855 Xestolebris 439. Xestomyza 605. Xiphacantha 112. Xiphias 874. Xiphidium 629. Xiphigorgia 163. Xiphocera 629. Xiphocerus 606. Xiphodon 1077. Xiphosura 397. 457. Xiphosurus 941. Xiphoteuthis 779. Xiphydria 673. Xya 630. Xyela 673. Xyletinus 655. Xylina 616. Xylita 654. Xylobius 658. Xylocampa 616. Xyiocopa 671. 683. Xylocoris 594. Xylographus 655. Xylopertha 655. Xylophaga 655. Xylophagus 604. Xylophilus 654. Xyloterus 674. Xylota 603. Xylotomae 605. Xysticus 5C8. Y. . Yoldia 726. Yponomeuta 613. z. Zabrus 667. Zamenis 930. Zaus 416. Zenaida 1010. Zephronia 552. Zerene 615. Zetes 515. Zeuglodon 1070. Zeus 819. 874. Zeuxia 602. Zeuzera 618. Ziphius 1070. Zoantbaria 164. Zoantbus 165. Zoarces 823. 875. Zelus 594. Zonitis 652. Zonurus 944. Zoophyta 187. Zoothamnium 135. Zosmenus 594. Zosterops 1018. Zozymus 511. g / Z^^ena 618. ^^^i>^'cW^-^ Zygaena (Fisch) 840. liinneutstelleiide Druckfehler. pag. 98 Z. 21 von oben statt Umfassen 1. ümfliessen. „ 99 Z. 18 V. 0. St. Haccharomycetes 1. Saccharomyces. „ 108 Z. 24 V. 0. St. parcelleiiartig 1. porcellanartig. „ 108 Z. 27 V. 0. St. Wandung 1. Windung. „ 117 Z. 18 V. 0. st. kernhüllige 1. kernhaltige. „ 117 Z. 3 V. u. st, überkleidet. Körperhaut 1. überkleideten Körperhaut, „ 119 Z. 8 V. 0. St. Nonodinen 1 Monadinen. „ 1J9 Z. H V. 0. St. Anthropoden 1. Arthropoden. „ 122 Z. 20 V. 0. st. dieselbe 1. das Aussenparenchym. „ 139 Z. 2. V. 0. St. entbehrenden 1. entsprechenden. „ 159 Z. 10 V. u. st. die Septa 1. die Zwischenräume der Septa. „ 162 Z. 7 V. u. St. Lygas 1. Lygus. „ 163 Z. 7 V. 0. st. Umbellaria 1. Umbellularia. „ 163 Z. 11 V. 0. st. contractilen 1. retractilen. „ 166 Z. 2 V. u. St. Tubulata 1. Tabulata. „ 166 Z. 17 V. u. St. Tabulosa 1. Tubulosa. „ 167 Z. 20 V. 0. st. nach 1. noch. „ 169 Z. 6 V. u. st. Magensack 1. Magenrohr. „ 175 Z. 8 V. u. St. Encopoden 1. Encopideu. „ 375 Z. 27 V. 0. St. Filigrana 1. Filograna. „ 375 Z. 30 V. 0. st. Filigrana 1. Filograna. „ 375 Z. 9 V. u. St. Eumatopus 1. Eupomatus. „ 376 Z. 3 bis 5 lallt aas. „ 377 Z. 11 V. 0. st. Laetmatonice 1. Laetmonice, „ 457 Z. 3 V. u. st. vier 1. sieben. „ 838 Z. 13 V. 0. St. und an 1. und zeigt an. „ 838 Z. 14 V. 0. st. Mundspalte zeigen 1. Mundspalte. „ 864 Z. 12 V. u. st. bauchständigen 1. kehlständigen. „ 878 Z. 16 V. u. st. Förster 1. Forster. „ 935 Z. 3 V. 0. St. Crotallus 1. Crotalus. „ 1056 Z. 18 V. u. St. Ebenso wie hier 1. Im Gegensatz zu den Vögeln. Marburg. Akademische Buchdruckerei. 1873. ^ \