H Gruppenweise Artbildung unter spezieller Berücksichtigung der Gattung Oenothera von Hugo de Vries Professor der Botanik in Amsterdam Mit 121 Abbildungen im Text und 22 farbigen Tafeln Berlin Verlag von Gebrüder Borntraeger W 35 Schöneberger Ufer 12 a 1913 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Drink von E. Buchbinder (H. Duske) in Neuruppin. Vorwort In meiner Mutations-Theorie habe ich zu zeigen versucht, daß die Entstehung- neuer Arten ebenso sehr ein Gegenstand experimenteller Forschung sein kann, wie jeder andere physiologische Vorgang. Äußere und innere Ursachen beherrschen die Artbildung; diese aufzudecken muß als eine wichtige Aufgabe betrachtet werden. Dabei wird man selbst- verständlich von den wenigen bekannten Beispielen auszugehen haben, in der Überzeugung, daß gerade durch ihr Studium die Ermittlung weiterer Fälle erleichtert, ja vielleicht sogar erst ermöglicht werden wird. Für das vorliegende Werk habe ich die gruppenweise Artbildung innerhalb der Gattung Ocnothera gewählt. Sporadisch auftretende, iso- lierte Entstehungen neuer Arten sind vielleicht prinzipiell wichtiger, doch weiß man bis jetzt darüber noch so wenig, daß sie sich einem eingehenden Studium entziehen. Ich hege die Überzeugung, daß die Artbildung in zahllosen formenreichen Gruppen - seien sie Geschlechter oder Sammelarten — früher in derselben Weise stattgefunden hat, in der sie jetzt in meinem Beispiele sichtbar ist. Nur ist in den meisten jener Gruppen das Vermögen der Artbildung augenblicklich erloschen oder doch auf vereinzelte Typen beschränkt, welche es bis jetzt nicht gelungen ist. aus der Menge der Formen herauszufinden. Gegen die Meinung, daß die Oenotheren als ein Beispiel normaler gruppenweiser Artbildung betrachtet werden dürfen, haben einige Ver- fasser sich ausgesprochen. Jedoch nicht auf Grund vergleichender Unter- suchungen anderer formenreicher Gattungen. Vielmehr stützen sie sich auf eine scheinbare Übereinstimmung zwischen dem Mutationsvorgange und gewissen Bastardspaltungen, welche sich aus den MEXDELschen Kegeln berechnen lassen. Die Unrichtigkeit dieser Behauptung ist von anderen Seiten mehrfach ins Licht gestellt worden. Auch trifft der Angriff das Ziel nicht. Denn wenn auch die Vorgänge bei den Oeno- theren, alle oder zum Teil jenen Regeln folgen würden, so würde solches ihren Wert als ein Beispiel des Mutationsprozesses keineswegs ver- ringern, wenn nicht gleichzeitig dargetan würde, daß andere Fälle sich in anderer Weise verhielten. Übrigens ist, nach meiner Erfahrung, eine Übertragung der Er- gebnisse von mit immutabelen Arten angestellten Xreuzungsversuchen auf die entsprechenden Vorgänge bei mutabelen Formen durchaus nicht I V Vorwort gerechtfertigt. Sie führt nur zu leicht zu falschen Vorstellungen. Das erstgenannte Gebiet ist ein verhältnismäßig beschränktes, es wird, wie es scheint, in der Hauptsache von dem MENDELschen Gesetze beherrscht. Auf dem anderen Felde treten uns aber die Folgen von Kreuzungen in viel größerer Mannigfaltigkeit entgegen; erst hier entfalten sie den vollen Reichtum ihrer Erscheinungen. Hier zwingen sie uns, die ein- fachsten Vorstellungen zu ihrer Erklärung möglichst zu erschöpfen, be- vor man nach komplizierteren Hypothesen greift. Zunächst sind die Erbschaftsträger jeder für sich zu betrachten, und dieses führt zu der Annahme verschiedener Lagen, von denen es sich zeigen wird, daß der aktive, der inaktive und der labile die wichtigsten sind. Erst wenn diese Hypothese zur Erklärung der beobachteten Tatsachen nicht mehr ausreicht, sind die gegenseitigen Beziehungen dieser Einheiten im Keim- plasma zu Hilfe zu rufen. Sie eröffnen eine fast unerschöpfliche Quelle weiterer Hilfshypothesen. In diesem Gedankengange folge ich ganz den Prinzipien, welche ich über die Lagen der Einheiten und ihre Ver- kuppelung in meiner Mutations-Theorie niedergelegt habe, und welche seitdem von den meisten Verfassern, sei es auch mit manchen Ab- weichungen, angenommen worden sind. Auch in der Besprechung der Literatur werde ich mich auf die Oenotheren beschränken. Eine eingehende Kritik entgegengesetzter Meinungen würde mich zu weit führen. Auch ohne sie ist mein Werk bereits zu umfangreich geworden. Auch scheint es mir, daß meine neuen Tatsachen ein allseitig in sich abgeschlossenes Gebiet beherrschen und ausreichen, wenigstens für dieses die Richtigkeit meiner Prinzipien dar- zutun. Deshalb betone ich nochmals, daß meine Untersuchung nur mutierenden Pflanzen und ihren nächsten Verwandten gilt, und daß ich über andere Fälle hier meine Meinung nicht auszusprechen wünsche. Über die Einteilung des Stoffes bemerke ich, daß ich die Folgen von Kreuzungen zwischen Oenothera Lamarckiana und ihren Abkömm- lingen, zwischen diesen und den nächst verwandten Arten, sowie zwischen letzteren unter sich, ganz unabhängig von dem Mutationsvorgange studieren und beschreiben werde. Erst im letzten Kapitel werde ich dann versuchen, auf Grund einer Vergleichung dieser beiden großen Gruppen von Erscheinungen, zu einem tieferen Einblick in das Wesen der gruppenweisen Artbildung zu gelangen. Die Zeichnungen für die farbigen Tafeln sind vom Maler Herrn M. A. Koekkoek nach der Natur und in natürlicher Größe gemacht worden, dann aber für den Druck verkleinert. Die Photographien für die Textfiguren sind in meinem Versuchsgarten unter meiner Leitung aufgenommen worden. Inhalt Einleitung 1 Erster Abschnitt Die Entstehung cnsa-Spaltung durch Oenothera biennis Chicago 150 § 3. jDt:nsa-Spaltung durch Oenothera cruciala 154 IV. Kreuzung ohne Spaltung 156 A. Oenothera Lamarckiana X biennis 156 § 1. Oenothera Lamarckiana X biennis 156 § 2. Ternäre Bastarde 1.")«.) § 3. Sesquireziproke Bastarde .... 161 B. Oenothera hybrida gracilis 103 § 1. Oenothera Lamarckiana X cruciata 163 § 2. Oenothera Lamarckiana, X muricata 168 § 3. Oenothera Lamarckiana X MiUersi 168 § 4. Ternäre Kreuzungen 10!) Vierter Abschnitt l'angeuetisclie Untersuchung; neuer Arten (Tafel XIX — XXII) A. Einleitung § 1. Methode der pangenetischen Analyse 173 B. Progressive Mutanten I. Oenothera gigas, Tafel IV und XIX 175 § 1. Die Entstehung von Oenothera gigas 175 § 2. Intermediäre Bastarde 178 § 3. Konstanz der intermediären Bastarde 182 § 4. Spaltende Bastarde 185 C. Retrogressive Mutanten IL Oenothera brevislylis 188 § 1. Gleichseitige oder MENDELsche Spaltung 188 III. Oenothera rubrinervis, Tafel XXI 190 § 1. 0. rubrinervis und 0. Lamarckiana .... 190 § 2. .Ladfl-Spaltuug mit Abspaltung von rubrinervis 195 § 3. LflXft-Spaltung mit Abspaltung von rubrinervis 202 IV. Oenothera nanella 205 § 1. Das Jita-Pangen in Oenothera nanella 205 § 2. Oenothera rubrinervis X nanella 213 § 3. Oenothera muricata X nanella 218 Inhalt yXI § 4. Zaeta-Spaltung in Oenothera nanella durch isogame Arten .... 227 § ä. Laefo-Spaltung in Oenothera nanella durch heterogame Arten . . . 2:52 § (5. Laxa-Spaltung mit Abspaltung von Zwergen 23 1 § 7. Oenothera hybrida gracüis aus Oenothera nanella 237 § 8. Das 4Z/a-Pangen in Oenothera biennis 289 D. Degressive Mutanten V. Oenothera lata , . . . 244 § 1. Spaltung in der ersten Generation 244 § 2. Kreuzung mit 0. Lamarckiana und deren Derivaten 247 § 3. Zwillinge von O. lata mit 0. biennis 250 § 4. Drillinge und Vierlinge 251 § 5. Eine fertile Rasse von Oenothera lata 256 VI. Oenothera scintillans 257 § 1. Spaltung nach Selbstbefruchtung 257 § 2. Die erblichen Eigenschaften des Pollens 258 § 3. Die erblichen Eigenschaften der Eizellen 260 E. Abweichende Typen VII. Oenothera oblonga, Tafel XX und XXII 262 § 1. Spaltung in der ersten Generation 262 § 2. Unterdrückte Bastardtypen 266 E. Zusammenfassung § 1. Gruppierung der beobachteten Fälle 268 § 2. Latente Mutationen 272 § 3. Assoziationen mutabeler Eigenschaften 274 § 4. Die numerischeu Verhältnisse. 278 § 5. Anwendung der Hypothese der lahilen Pangene 281 S 6. Tabellarische Übersicht 287 Fünfter Abschnitt Die Ursachen des Mutierens I. Die Anfänge der Mutabilität bei den Oenotheren 296 § 1. Sporadische Mutationen der älteren Arten 296 § 2. 0. salicaslrum, eine Mutation von 0. biennis Chicago 304 § 3. Metakline Bastarde 308 § 4. Nachahmung von Arten durch Kreuzung 311 II. Die Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiana 812 § 1. Mutationskoeffizienten von 0. Lamarckiana 312 § 2. Zunahme der Mutabilität 313 § 3. Abnahme der Mutabilität , 315 § 4. Mutierte Sexualzellen 817 § 5. Volle und halbe Mutanten 821 § 6. Oenothera Lamarckiana s&mi-gigas 324 § 7. Oenothera hybrida Hero 327 III. Labile Pangene als Ursache des häufigen Mutierens 333 § 1. Die Anhäufung labiler Pangene in Oenothera Lamarckiana .... 333 § 2. Parallelismus zwischen labilen Pangenen und Mutabilität .... 336 § 3. Äußere Merkmale labiler Pangene 338 IV. Vermutliche äußere Mutationsursachen 339 § 1. Andeutungen äußerer Ursachen 339 § 2. Methode für spätere Untersuchungen 340 V. Zusammenfassung 341 Literatur 348 Verzeichnis der Kreuzungen 353 Register 359 Verzeichnis der Tafeln Tafel Tafel Tafel I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII A. Oenothera Lainarckiana Her. Ganze einjährige Pflanze Blühender Sproßgipfel Rosette von Wurzelblättern Rosette von Oenothera gigas ß. Verwandte Arten Oenothera biennis L. „ „ Chicago „ muricata L. „ Hookeri Torr & Gray C. Reziproke Bastarde O. muricata X biennis „ biennis X muricata „ muricata X biennis, Rosette „ biennis X muricata, Rosette Tafel XIII XIV XV XVI XVII XVIII Tafel D. Zwillingsbastarde 0. (Lamaickiana >( Hookeri) laeta „ ( „ X „ ) velutina „ ( „ „ ) laeta, Rosette „ ( „ „ ) velutina, gelbliche Rosette „ (muricata X Lamarckiana) laeta „ ( „ X i-i ) velutina E. Derivate von 0. Lamarckiana XIX O. gigas, normale, schmale und linealische Blätter XX „ oblonga. Rosette von Wnrzelblättern XXI „ rubrinervis XXII „ oblonga, Teile eines blühenden Stammes Einleitung: Die Entstehung der Arten durch Mutation führt zu der Hoffnung, diesen wichtigen Vorgang später regelmäßig dem direkten Studium unter- werfen zu können. Aufgabe des vorliegenden Werkes ist es Wege anzu- geben, die voraussichtlich zu diesem Ziele führen können. Es soll dabei vom Bekannten ausgegangen und rein empirisch vorgeschritten werden. Andere Wege mögen auf Grund theoretischer Betrachtungen zu dem- selben Zwecke leiten ; augenblicklich scheint es mir wichtiger auf diesem noch so wenig zugänglichen Gebiete neue Tatsachen zu ermitteln, welche die Erforschung des eigentlichen Problemes zu fördern versprechen. Im Pflanzenreich ist die Gruppe der Oenotheren vorläufig die ein- zige, in der das Auftreten von Arten und Varietäten jeden Augenblick und von einem jeden beobachtet werden kann. Aus diesem Grunde muß sie einstweilen den Ausgangspunkt bilden. Aus ihrem Studium müssen die Prinzipien abgeleitet werden, welche dazu führen können auch andere, in der Erzeugung neuer Formen begriffene Arten zu entdecken. Solche gibt es meiner Überzeugung nach gewiß nicht wenige, doch fehlen uns die Mit- tel, sie zu erkennen. Es läßt sich erwarten, daß in ihnen der Vorgang der Artbildung teils nach denselben, teils nach anderen Modalitäten verläuft, als bei den Oenotheren, und daß sie somit geeignet sein werden, unsere Einsicht in die Erscheinung wesentlich zu erweitern. Zweifelsohne sind weitaus die meisten der jetzt lebenden elementaren Arten gruppenweise entstanden. Ihre außerordentlich große Anzahl sowie ihre Anhäufung in vielen, namentlich in den polymorphen Gattungen und Großarten, zeigt dieses mit ausreichender Klarheit. Daneben treten in der Natur zerstreute, vereinzelte Mutationen auf, welche aber in vielen beobachteten Fällen sich auf untergeordnete Merkmale beziehen oder gar einfach den Ursprung zu Verlust -Varietäten geben. Dennoch ist es keineswegs ausgeschlossen, daß grade vereinzelte Mutationen in der Entwicklung des Stammbaumes des Pflanzenreichs die wichtigsten gewesen sind. Es können die großen Verzweigungen in diesem Bilde zwar aus Gruppen von gleichzeitig entstandenen Arten hervorgegangen sein; ebenso gut können sie ihren Ursprung vereinzelten Mutationen verdanken. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten ist einstweilen eine endgültige Entscheidung noch nicht möglich. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung j 2 Einleitung Vereinzelte Mutationen aufzufinden und dem experimentellen Studium zugänglich zu machen, dürfte aber viel schwieriger sein als die Ermittelung von Gruppen von Artbildung und wird also wohl erst einen späteren Schritt in der ganzen Untersuchung darstellen. Schließlich wird an den Forscher die Frage herantreten, Mutationen willkürlich hervorzubringen. Offenbar wird es eine sehr ausgedehnte sachliche Kenntnis fordern, diese Aufgabe in Angriff zu nehmen. Diese Kenntnis aber dürfen wir hoffen, durch das Studium der gruppenweisen Artbildung zu erreichen, und dies zeigt zugleich in welcher Weise dieses den Weg zu der endgültigen Hauptaufgabe zu bilden haben wird. An die Erkenntnis der Gesetze der künstlichen Produktion von Neuheiten auf diesem Gebiete wird sich dann sofort der Wunsch an- schließen, diese Methoden im Dienste der Praxis auszuarbeiten und für die Züchtung neuer landwirtschaftlicher Pflanzen und Tiere zu verwerten. Viele Arbeit wird erforderlich sein, und das Vorschreiten kann offenbar nur langsam stattfinden. Hauptsache ist es dabei aber, stets das Endziel klar vor Augen zu haben. Kehren wir jetzt zu unserem Ausgangspunkte zurück. Es lag in dem Studium der gruppenweisen Artbildung unter den Oenotheren. Wie jede andere Lebenserscheinung, so muß auch diese sowohl innere als äußere Ursachen haben. Im großen und ganzen bestimmen die ersteren was geschehen kann, die letzteren wann es geschehen soll. Die inneren Ursachen sind durch die vorhandenen Erbschaften bedingt, und es entsteht somit in erster Linie die Frage, ob diese Erbschaften sich noch etwa in anderen Erscheinungen äußern als in der Artbildung. Es lag auf der Hand hier zunächst die Bastardierung heranzuziehen, und zu erforschen, in wiefern deren Ergebnisse bei mutablen Pflanzen von den für nicht mutable Formen geltenden Regeln abweichen. Lassen sich solche Abweichungen mit den Mutationen in Verbindung bringen, so dürfte hier eine wichtige Andeutung für das Aufsuchen anderer mutablen Pflanzengattungen erwartet werden. Dieser Aufgabe ist der Inhalt des vorliegenden Werkes hauptsächlich gewidmet. Fernerhin war es als möglich zu betrachten, daß Beziehungen zwischen der allgemeinen Variabilität und der Mutabilität obwalten. Es war ja diese Voraussetzung, welche mich im Anfang zum Auffinden der Mutations Vorgänge bei der Oenothera Lamarchiana geleitet hatte, als diese Pflanze sich mir durch ihren auffallenden Reichtum an extremen Varianten und teratologischen Bildungen weit kräftiger empfahl als die meisten anderen. Doch werde ich diesen Punkt erst am Schlüsse be- rühren können. Auch das Studium der äußeren Einflüsse habe ich nur nebenbei berücksichtigt und die Feststellung der Einzelheiten im wesentlichen bis nach dem vorläufigen Abschluß meiner ersten Aufgabe verschoben; zum Teil deshalb, weil unser Klima in Holland den Oenotheren bei weitem nicht in ausreichender Weise günstig ist. Einstweilen darf nur soviel als sicher betrachtet werden, daß günstige Lebensbedingungen die Einleitung 3 Mutabilität wesentlich erhöhen, den Mutationskoeffizienten somit ver- größern, und daß die Oenotheren in dieser Beziehung auch für an- scheinend geringe Schädlichkeiten, wie z. B. ein nur wenig verspätetes Auspflanzen im Frühling, in hohem Grade empfindlich sind. Sollte das- selbe auch bei anderen Pflanzen der Fall sein, so wird das Aufsuchen mutabeler Gruppen dadurch offenbar erschwert werden. Vielleicht liegt gerade darin die Ursache, weshalb solche bis jetzt noch nicht aufgefunden wurden. Es ist von verschiedenen Schriftstellern versucht worden, die Be- deutung der bei den Oenotheren beobachteten Erscheinungen als für die Mutationstheorie unmaßgeblich darzustellen. Auf eine Kritik dieser ent- gegengesetzten Meinungen werde ich iu diesem Buche nicht eingehen1). Die Theorie selbst ist von dem "Werte dieses speziellen Beispieles durch- aus unabhängig, wie ich an anderer Stelle ausführlich dargelegt habe. Nur die experimentelle Forschung ist einstweilen, solange sie keine an- deren Angriffspunkte hat, auf diesen Fall angewiesen. Und daß dieser eine wahre Fundgrube neuer Tatsachen bildet, hoffe ich zuversichtlich, daß aus den folgenden Abschnitten hervorgeben wird. *) Vergl. Die Mutationen in der Erblichkeitslehre, Okt. 1912, Berlin, Gebr. Borntraegtr. Erster Abschnitt Die Entstehung der Arten durch Mutation (Tafel I— IV) Kapitel I Isolierte und gruppenweise Artbildung § 1. Fluktuation und Mutation Es ist Darwins unsterbliches Verdienst, gezeigt zu halten, daß die Entstehung von Arten und Varietäten in der Natur denselben Gesetzen folgt als in der Kultur, und daß auch die Gattungen, Familien und größeren Gruppen nur in derselben Weise entstanden sein können. Die Zuchtwahl war das Hauptmittel der Praxis, und so versuchte er auch in der Natur die Erscheinungen durch Zuchtwahl, d. h. durch natürliche Auslese zu erklären. Leider waren damals die praktischen Methoden nur ungenügend verstanden; es wurden durchaus verschiedene Vorgänge der Variabilität zusammengeworfen und zwar aus dem einfachen Grunde, daß sie in der Praxis in derselben Weise behandelt werden konnten. Ein genaueres Studium hat aber gezeigt, daß die künstliche Aus- lese in einigen Fällen zu Rasseu führt, welche früher oder später von ihr unabhängig werden und nur gegeu grobe Beimischungen geschützt zu werden brauchen. In anderen Fällen entstehen aber Zuchtfamilien oder Zuchtlinien, welche nur mittels stets wiederholter Auslese auf der in der Praxis verlangten Höhe gehalten werden können. Es sind dieses die sogenannten Hochzuchten, von denen die Zuckerrübe wohl das am besten und am allgemeinsten bekannte Beispiel ist. Manche Merkmale sind für eine solche stetige Mithilfe der Auslese auch in reinen Linien sehr empfindlich, andere weniger, noch andere lassen sich, wie es scheint, dadurch gar nicht merklich verbessern. Am empfindlichsten sind wohl die Mittelrassen, unter denen ich als Beispiel die trikotylen nennen möchte. Mehrere Arten enthalten solche Rassen, welche man leicht isolieren kann. Die Kulturen der reinen trikotylen Rassen ent- halten dann gewöhnlich etwa zur Hälfte Keimpflanzen mit zwei, uud zur andern Hälfte solche mit drei Samenlappen. Ohne weitere Zucht- wahl erhält sich dieser Zustand im Lauf der Generationen, sowohl bei künstlicher Selbstbefruchtung (Oenothera, Antirrhinum) wie auch bei offener Blüte. Durch Auswahl derjenigen Exemplare, deren Nach- [sedierte uud gruppenweise Artbildung 5 kommen den höchsten Prozentsatz an Trikotylen aufweisen, kann man aber Hochzuchten erhalten, welche bis zu 90% und mehr trikotyler Keimpflanzen enthalten. Diese werden aber nicht konstant, sondern bleiben in diesem Punkte von der stets wiederholten Auslese abhängig. Demgegenüber treten Mutationen plötzlich und, wenigstens bis jetzt, mehr oder weniger unerwartet auf, bleiben dann aber konstant uud bedürfen dazu der weiteren Mithilfe der Auslese nicht mehr. Zahl- reiche Fälle sind aus der Landwirtschaft und dem Gartenbau bekannt; dazu sind in neuerer Zeit mehrere Beobachtungen im freien gekommen. In meinem Versuchsgarten entstanden Linaria vulgaris peloria aus der gewöhnlichen Form mit seltenen pelorischen Blütenu nd das gefüllte Chrysanthemum segetum aus einer Zucht, in der ich die Zahl der Strahlenblüten des Randes zu erhöhen suchte. Beide Fälle waren im voraus erwartet, wenn auch mit sehr geringer Aussicht auf Erfolg; die pelorische Linaria, weil sie auch sonst im Freien mehrfach entsteht, das gefüllte Chrysanthemum, weil analoge Varietäten bei anderen Kompositen ja gar häufig vorkommen. In anderen Fällen traten aber mit gleichem Rechte erwartete Mutationen, trotz entsprechender Auslese, nicht auf, und dieses zeigt, daß sie durchaus anderer Natur sind als die oben erwähnten Hochzuchten. § 2. Polymorphe Gattungen. Artenreiche Gattungen, wie Draba, Viola, Helianthemum und zahl- reiche andere sind als die Überbleibsel von früheren Perioden gruppen- weiser Neubildung von Formen zu betrachten. In einigen von ihnen scheint die Neubildung jetzt noch im Gange zu sein, in den meisten ist sie aber wohl bereits längst erloschen. Es sind dann die mutabelen Arten ausgestorben, während die neuen, aus ihnen hervorgegangenen Formen in bezug auf diesen Punkt zu einem stabilen Zustande zurück- gekehrt sind. Kleinere bezw. weniger artenreiche Gruppen sind gewiß in vielen Fällen durch das Aussterben mehr oder weniger zahlreicher uud mehr oder weniger ungeeigneter Typen entstanden, aber wohl auch nicht selten so. daß in ihnen die Artbildung überhaupt eine wenig aus- giebige war. Neben dieser gruppenweisen Artbildung ist auch das gelegentliche isolierte Auftreten von neuen Formen anzunehmen. Beruhen solche auf den Verlust, bezw. auf das Latentwerden bereits vorhandener Eigen- schaften, oder auch auf das Wiedererscheinen früherer aber nachher wieder latent gewordener Merkmale, so haben sie offenbar für den Ent- wickelungsprozeß des Pflanzenreichs nur eiue untergeordnete Bedeutung. Sind sie aber progressiver Natur, so sind sie eben so wichtig wie die etwaigen progressiven Schritte bei der gruppenweisen Artbildung und es wäre sogar möglich, daß ihnen für den Aufbau des Stammbaumes eine größere Bedeutung zukäme. Doch entzieht sich einstweilen diese Frage der experimentellen Behandlung. Die Entstehung der Arten durch Mutation ■■- Die Aussicht, solche isolierte progressive Mutationen aufzufinden, scheint mir augenblicklich eine geringe zu sein. Inwiefern sie sich alljährlich aus demselben Stamme wiederholen würden, wissen wir nicht. In der Landwirtschaft und im Gartenbau sind sie gewiß höchst selten, wenn sie hier überhaupt vorgekommen sind. Im Freien wird die Sicher- stellung, im Falle des Mangels der Wiederholungen, wohl kaum jemals möglich sein. Diese Betrachtungen führen uns dazu, das Aufsuchen solcher Vorgänge vorläufig als unfruchtbar zu betrachten. Um Aussicht auf Erfolg zu haben, muß unsere Kenntnis auf diesem Gebiete eine viel ausgedehntere sein, und dazu kann uns derzeit nur das Studium der gruppenweisen Artbildung führen. § 3. Entstehung von Arten durch Kreuzungen. Linke hat die Ansicht aufgestellt, daß in jeder Gattung nur eine oder einige wenige Typen unmittelbar geschaffen seien, und daß die übrigen aus diesen durch natürliche Variation, namentlich aber durch Kreuzungen entstanden seien. Über das Wesen dieser Bastardierungen hatte er aber nur eine sehr vage Meiuung. Seitdem hat diese Ansicht sich allerdings fortwährend geändert, aber das Prinzip findet immer zahlreiche An- hänger. Der Kern der Sache ist durch die Untersuchungen von Kerner, Janczewski und vielen anderen Forschern wohl über allen Zweifel er- hoben. Janczewski zeigte, daß der Bastard zwischen Anemone magellanlca und A. sylvestris sich in jeder Hinsicht verhält wie eine gute Art, und daß, wenn er im Freien aufgefunden und seine Herkunft unbekannt gewesen wäre, er mit demselben Recht als eine eigene Art beschrieben sein würde, wie unzählige andere anerkannte Arten, auch in anderen Gattungen und Familien. Zahlreiche weitere Beweise ließen sich hieran anschließen. Es kommt schließlich nur darauf an, wie weit man die Gültigkeit des Prinzipes ausdehnen will. Denn in weitaus den meisten Fällen fehlen uns die Mittel um für bestimmte wildwachsende Typen zu entscheiden, ob eine Entstehung in einer reinen oder in einer doppelten Linie die wahrscheinlichere ist. De Candolle neigte dazu, die Varietäten als durch Kreuzungen verwandter Arten ent- standen zu betrachten, und insofern dabei als Varietäten die elementaren Arten gemeint waren, schließt sich diese Auffassung der herrschenden Meinung gut au. Gates hat hervorgehoben, daß alle of feilblühenden Pflanzen in dem Grade Kreuzungen ausgesetzt sind, daß man in der Natur fast nie eine reine Abstammung annehmen sollte. Sogar solche typische Selbstbefruchter wie Weizen, Gerste und Hafer, oder wie die europäischen Nachtkerzen (Oenothera biennis L. und 0. muricata L.) sind doch gelegentlichen Kreuzungen ausgesetzt, und zwar, wenn auch sehr selten, doch jedenfalls so oft, daß sie wohl alle für sie möglichen Bastarde von Zeit zu Zeit auch wirklich auf den Äckern oder im Freien hervorbringen. Durch solche Betrachtungen verliert die ganze Frage offenbar sehr an Interesse, und es kommt schließlich nur darauf an, ob bestimmte Die Prämutation als Bedingung der gruppenweisen Artbildung 7 Erblichkeitserscheinungen leichter in der einen oder in der anderen Weise zu deuten sind. Und im besonderen auf die Frage, ob durch Kreuzungen wirklich neue Merkmalseinheiten entstehen können oder nur Kombinatio- nen von jenen Eigenschaften, welche bereits in den Eltern vorhanden waren. Kapitel II Die Prämutation als Bedingung der gruppenweisen Artbildung § 1. Die Mutationsperiode von Oenothera LamarcMana In meinem Versuchsgarten hat die Oenothera LamarcMana seit 1887 etwa alljährlich eine Reihe neuer Formen hervorgebracht. Sie selbst blieb dabei im Laufe der Generationen unverändert, auch scheint das Vermögen des Mutierens in ihr weder ab- noch zugenommen zu haben. Die neuen Formen entstanden jedesmal plötzlich, ohne Über- gänge und ohne äußerlich merkliche Vorbereitung. Zwischenformen zwischen ihnen und der Mutterart gab es nicht, weder vor noch nach dem ersten Auftreten, und weder aus den Samen der LamarcMana noch aus denen der einzelnen Mutanten selbst. Die neuen Formen waren dabei meist völlig konstant, vom ersten Augenblicke ihrer Entstehung an. Namentlich zeigten sie keinen Rückschlag zu der Mutterart, auch wenn sie in vielen Tausenden von Exemplaren kultiviert wurden. Da- gegen war die Oenothera scintülans inkonstant, und sie ist im Lauf der Generationen so geblieben, indem sie alljährlich zu etwa einem bis zwei Drittel in die LamarcMana zurückgeht. Bei ihr ist aber diese Eigen- schaft eine ebenso unabänderliche als die Konstanz der übrigen neuen Typen, und wir werden später in der Erscheinung der ungleichen im Pollen und in den Eizellen übermittelten Erbschaften eine ausreichende Erklärung für diese Erscheinung kennen lernen. Unter den Abkömmlingen der Oenothera LamarcMana können wir verschiedene Gruppen unterscheiden. Die erste umfaßt die 0. gigas, welche offenbar progressiver Natur ist, und in ihrer doppelten Anzahl von Chromosomen ein Merkmal hat, welches sonst in der ganzen Gruppe fehlt und somit für diese völlig neu ist, während es in anderen Gattungen ganz gewöhnlich als ein Merkmal guter Arten betrachtet wird. Auch in bezug auf die Bastardierungen verhält sich die 0. gigas verschieden von den übrigen bisher untersuchten Mutanten, indem sie mit älteren Arten durchweg intermediäre Bastarde gibt, und diese fast stets in hohem Grade in ihrer Fruchtbarkeit geschwächt sind. Auf Grund dieser beiden Punkte würde die 0. gigas auch dann als eine gute Art zu be- trachten sein, wenn man die Artberechtigung der übrigen Mutanten in Frage stellten wollte. 0. nanella ist offenbar durch den Verlust der hohen Statur ent- standen, und 0. rubrinervis ist nach meinen neueren Untersuchungen 8 Die Entstehung der Arten durch Mutation wohl gleichfalls als eine Verlust -Varietät zu betrachten, deren Haupt- merkmal der Mangel der Festigkeit in den Holz- und Bastfasern ist. Diesen gegenüber verhält sich 0. oblonga in ganz anderer Weise. 0. lata ist rein weiblich und kann nur durch Kreuzung mit der Mutter- art rein fortgezüchtet werden. Mit älteren Arten und mit gewissen Mutanten (0. semilata) gibt sie in einigen Fällen mehr oder weniger fruchtbare Lata- Rassen, deren Kultur aber bisher stets eine sehr schwierige war. Die übrigen neuen Arten treten teilweise zu selten auf und sind zu einem anderen Teile zu schwach oder zu unfruchtbar, um als Versuchsobjekte unter unserem Klima geeignet zu sein; auch habe ich mit ihnen für den vorliegenden Zweck fast gar keine Versuche angestellt. Alle diese Arten treten in einer mehr oder weniger bedeutenden Anzahl von Individuen, gleichzeitig oder doch in den aufeinander folgenden Jahren auf. Diese Frequenz hat zu der Aufstellung der Mutationskoeffizienten geführt und findet iu ihnen ihren Ausdruck. Am häufigsten sind 0. oblonga und 0. nanella, zu den seltenen gehören 0. scintillans und 0. gigas. Die letztere bedarf zu ihrem Auftreten des Zusammentreffens zweier mutierten Sexualzellen, weil bei der Ver- bindung einer solchen mit einer normalen Zelle ein intermediärer Bastard entstehen würde. Solche Bastarde findet man denn auch, wenn man auf sie achtet, ziemlich regelmäßig, wenn auch immerhin sehr selten. Die Mutationskoeffizienten sind zumeist etwa 1 — 2% oder kleiner, doch wird ihr Wert in hohem Grade von der mehr oder weniger günstigen Lebenslage beeinflußt. In den erwähnten Punkten hat sich meine frühere Erfahrung in den seit 1900 ausgeführten Kulturen regelmäßig bestätigt, ohne daß es möglich wäre, diese hier eingehend zu beschreiben. Das wichtigste wird mau aber an den geeigneten Stellen erwähnt finden. § 2. Die Dauer der Mutationsperiode Obgleich die Oenothera LamarcMana bereits seit mehr als einem Jahrhundert in botanischen Gärten kultiviert worden ist, fand ihre Einfuhr in die gärtnerische Kultur in Europa doch erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts statt. Samen wurden aus Texas nach England gesandt, und von dort aus an zahlreiche hervorragende Gärtuereien des Festlandes geliefert. Ich habe mich überzeugen können, daß die ver- schiedenen von dieser Einfuhr herstammenden Linien im wesentlichen dieselben Erscheinungen der Mutabilität zeigen, und daraus läßt sich folgern, daß die Art sich bereits bei ihrer Einfuhr in dieser Mutations- periode befand. Seitdem dauert der mutabele Zustand anscheinend ungeschwächt fort. Wann er entstanden ist, läßt sich nicht direkt ermitteln, da die Pflanze bis jetzt weder in Texas noch auch sonst in Amerika zurückgefunden wurde. Dasselbe gilt übrigens auch von den übrigen europäischen Arten der Gattung und beruht wahrscheinlich Die Prämutation als Bedingung der gruppenweisen Artbildung 9 einfach auf den Schwierigkeiten, welche dem Studium der natürlichen Fundorte der so zahlreichen elementaren Arten dieser Gattung- noch stets im Wege sind. Wann die Mutationsperiode angefangen, und somit wie lange sie gedauert hat, weiß man somit nicht. Im letzten Abschnitt dieses Buches werde ich zu zeigen versuchen, daß sie sich nur ganz allmählig entwickelt hat und aller Wahrscheinlichkeit nach viel älter ist als die Art selbst. 8 3. Die Prämutation O Die Mutationen sind empirische, der direkten Beobachtvug zu- gängliche Erscheinungen. Sie beruhen offenbar auf innere Ursachen, deren Wirkung jedesmal von äußeren Einflüssen ausgelöst wird. Wir brauchen dabei nicht anzunehmen, daß isolierte Mutationen dieselben inneren Zustände der fraglichen Erbschäften voraussetzen als die gruppen- weise in den Mutationsperioden auftretenden. Bei der experimentellen Bearbeitung haben wir uns aber, aus den bereits angegebenen Gründen, auf die letzteren zu beschränken, und auf diese bezieht sich somit die jetzt folgende Auseinandersetzung. Die inneren Ursachen der gruppenweisen Artbildung fasse ich als Prämutation zusammen. Daß der prämutierte Zustand an sich ein erblicher ist, geht unmittelbar aus der Beobachtung der alljährlichen Wiederholung derselben Mutationen hervor. Ebenso ist es klar, daß die Prämutation nicht für die verschiedenen Mutationen dieselbe zu sein braucht. Bei der progressiven Artbildung müssen neue Erbschaften hervorgebracht werden, während in anderen Fällen die alten Träger der Erbteile nur in neue Lagen gebracht zu werden brauchen. Das Studium der inneren Ursachen hat aber zur wichtigsten Aufgabe, auf diese Vor- gänge ein Licht zu werfen und zu diesem Zwecke Tatsachen zu ermitteln, welche zu dem prämutierten Zustande in Beziehung stehen. In meiner Mutations-Theorie habe ich versucht darzutun, daß man für die Träger der Erbschaften außer den beiden festen Lagen, welche dem aktiven und dem latenten Zustande der Eigenschaften ent- sprechen, noch wenigstens eine dritte annehmen muß. Diese habe ich als die labile Gleichgewichtslage bezeichnet (Mut. Th. IL S. 696). Sie bedingt die Mutabilität der betreffenden Eigenschaft; geringe äußere Einflüsse können sie in eine feste Lage überführen und dadurch die sichtbare Mutation hervorrufen. Um diese labile Gleichgewichtslage unabhängig von dem Mutatious- vorgange selbst zu studieren, habe ich mich an die Kreuzung meiner Mutanten mit anderen wildwachsenden Arten, welche ich der Kürze wegen als ältere Arten bezeichnen werde, gewTandt. Denn es hat sich ergeben, daß die mutabele 0. LamarcJciana sowie ihre Derivate sich in solchen Kreuzungen in der Regel anders verhalten als gewöhnliche, nicht mutabele Spezies. Nur die 0. brevistylis folgt, in bezug auf das in ihrem Namen angegebene Merkmal, wie es. scheint ausnahmslos den 10 Die Entstehung der Arten durch Mutation MENDELschen Spaltungsgesetzen. Alle anderen Fälle verhalten sich ver- schieden, sei es indem sie sich in mehr oder weniger abweichender Weise spalten, sei es indem sie konstante intermediäre Bastarde geben, wie 0. gigas. Aus diesem Grunde bezieht sich der Inhalt der drei folgenden Abschnitte dieses Buches vorwiegend auf die betreffenden Kreuzungs- ergebnisse. Erst nachdem diese ganz unabhängig von anderen Er- scheinungen und namentlich vom Mutationsprozesse erkannt worden sind, werde ich die Ergebnisse mit den Erscheinungen der Mutabilität ver- gleichen und so die Beziehungen zwischen beiden klarzulegen versuchen können. Dieses wird uns zu der Ansicht führen, daß der labile Zustand einer ziemlich großen Anzahl von stofflichen Erblichkeitsträgern in der Oenoihera Lamarckiana einerseits das eigentümliche Verhalten bei den Kreuzungen und andererseits die sichtbaren Vorgänge beim Mutieren bedingt. Die Prämutation wird sich dadurch als der labile Zustand solcher Träger ergeben. Je zahlreicher solche labile Träger in einer Pflanze sind, um so höher muß in ihr der Grad der Mutabilität sein. Dieses schließt aber, wie wir sehen werden, nicht ein, daß etwa nur die labilen Träger selbst mutabel sein sollten. Kapitel III Die intrazellulare Pangenesis § 1. Die normalen Lagen der Pangene Die Mutationstheorie ist aus Daewins Hypothese der Pangenesis abgeleitet, und die Einheiten, welche nach dieser Ansicht die stofflichen Träger der einzelnen erblichen Eigenschaften sind, habe ich dem- entsprechend mit dem Namen der Pangene belegt1). Diese Theorie ist für mich nicht nur der Ausgangspunkt, sondern oft bis in Einzelheiten die Richtschnur bei meinen Forschungen gewesen, und hat sich dabei als Arbeitshypothese durchaus bewährt2). Sie gibt eine klare Einsicht in die Erscheinungen der Variabilität und warnt auf dem Gebiete der Bastardierungen vor einseitigen Auffassungen, wie solche in den letzten Jahren vorgekommen sind. Nach meiner Auffassung dieses Prinzipes besteht das ganze lebendige Protoplasma aus Pangenen und bilden nur diese darin die 1) Für zahlreiche ältere Namen vergl. Die Mutations-Theorie IL S. 690. Neuere Forscher haben den Namen zu „Gene" abgekürzt, was aber in vielen Hinsichten, namentlich in abgeleiteten und zusammengesetzten Bezeichnungsweisen leicht zu Miß- verständnissen Veranlassung geben kann. 2) Intrazellulare Pangenesis, Jena 1889, Gustav Fischer; Englische Über- setzung von C. Stuart Gagek, Chicago, The Open Court, 1910; Die Mutations- Theorie Vol. II S. 688— 697. Die intrazellulare Pangenesis XI lebenden Elemente. Jedes Paugen ist Träger einer besonderen Eigen- schaft; ihre Anzahl ist somit eine außerordentlich große, doch werden in verwandten Arten und größeren Gruppen dieselben Eigenschaften von denselben Pangenen vertreten. Die große Mannigfaltigkeit der Organismen wird dadurch auf die zahllosen verschiedenen Kombinationen zurück- geführt, welche zwischen diesen Einheiten möglich sind. Die stofflichen Träger sind im allgemeinen entweder aktiv oder inaktiv (latent); ersteres vorwiegend in den somatischen Zellen, letzteres in erster Linie in den Zellen der Keimbahnen. Im inaktiven Zustande sind sie in den Kernen angehäuft und zwar so, daß alle oder doch nahezu alle tätigen Kerne eines Organismus die vollständige Reihe der Pangentypen enthalten. Bei den Kern- und Zellteilungen werden sie von der Mutterzelle auf die Töchter übertragen; so gelangen sie von der befruchteten Eizelle in alle späteren Zellen des Individuums. In den Kernen, oder wenigstens in deren Gerüste, sind sie vorwiegend inaktiv; um aktiv zu werden treten sie, nach entsprechender Teilung, in das Zytoplasma über. Der andere Teil bleibt jedesmal im Kerne, und vermehrt sich dort bei den Kern- teilungen weiter. Im Zytoplasma werden die Pangene wahrscheinlich von den wohl stets vorhandenen Strömchen des Körnerplasmas weiter befördert, bis sie an die Stellen gelangen, wo sie sich vermehren, und aktiv werden können. Allmählig treten neue Pangene aus den Kernen aus, bis schließlich das Protoplasma nur noch aus vor verhältnismäßig kurzer Zeit ausgetretenen Einheiten und deren Vermehrungsprodukten aufgebaut ist. Allerdings kann man sich die Einzelheiten dieser Vor- gänge jetzt noch nicht ohne weitere Hilfshypothesen zurechtlegen, aber für die Brauchbarkeit der Theorie ist solches glücklicherweise auch gar nicht nötig. Die Untersuchungen von Gerassimow und Klebs mit Spirogyra sowie zahlreiche andere Beobachtungen lehren, daß von ihrem Kerne beraubte Zellen früher oder später ihre Funktionen einstellen. Ohne die Anwesenheit des Kernes sind solche entweder nicht oder doch nur für kurze Zeit möglich, für die normale Dauer braucht es daher einer stetigen oder wiederholten Zufuhr von bestimmten Teilchen aus den Kernen. Die aktiven Pangene des Protoplasmas bewirken dessen sämtliche Leistungen, und beherrschen dadurch sowohl den ganzen anatomischen Bau wie auch alle übrigen Lebensäußerungen des Individuums. Aus dem Kerne treten jedesmal einige aus, andere nicht. Die austretenden Typen nennt man auch hier die aktiven. Die übrigen können nach zweierlei Art inaktiv seiu. Entweder weil sie augenblicklich, dem jeweiligen Entwickelungszustande des Individuums oder dem Mangel bestimmter äußerer Reize, wie z. B. Wundreize, entsprechend, untätig bleiben, oder weil sie in einem erblichen Zustande verharren, welcher ihre Aktivierung unter den üblichen Lebensbedingungen nicht gestattet. Diese sind die Träger der so zahlreichen latenten Eigenschaften der Organismen, deren weite Verbreitung und große Bedeutung für die Ab- stammungslehre bekanntlich zuerst von Darwin erkannt und als eine 12 Die Entstehung der Arten durch Mutation wichtige Stütze der Deszendenzlehre verwertet wurden. Solche Kern- pangene werden vorzugsweise inaktiv genannt. Sie bleiben zeitlebens in den Kernen, während die übrigen früher oder später aus diesen in das Protoplasma übergehen. So besitzen die Kerne stets einen voll- ständigen Satz von Paugenen, während die Zahl der Pangentypen im Zytoplasma einer jeden Zelle stets nur eine sehr beschränkte zu sein braucht. Die Physiologie beschäftigt sich mit den Lebensäußerungen der Pangene außerhalb, die Erblichkeitslehre aber mit jenen innerhalb der Kerne. Ihr Grenzgebiet bildet, wie wir bald sehen werden, die fluktuierende Variabilität. Im Laufe der phylogenetischen Eutwickelung hat sich die Anzahl der Pangentypen allmählig vermehrt. Jede Errungenschaft bildet eine Stufe auf der Leiter. Verschiedene Richtungen der Differenzierungen sind durch das Hinzutreten verschiedener Typen bedingt. Wie viele solcher voneinander wohl unterschiedener Pangene es in einem einzelnen Organismus gibt, läßt sich augenblicklich nur in ganz groben Umrissen vermuten, doch scheint die Zahl doch keine außerordentlich große zu sein. Aus der Pangenesis läßt sich ableiten, daß es drei verschiedene Arten der Variabilität geben muß. Diese Folgerung war für mich der Ausgangspunkt meiner Studien; sie wird jetzt wohl allgemein als nicht nur theoretisch sondern auch in genügender Weise empirisch begründet anerkannt. Die erstere Gruppe umfaßt die Fluktuationen oder die fluktuierende Variabilität, sie beruht auf dem wechselnden Grade der Äußerung der jeweilig tätigen Pangene. Bisweilen, je nach den äußeren Einflüssen, ist diese kräftiger, bisweilen schwächer, und muß dabei offenbar um einen Mittelwert schwanken. Daher ist diese Form der Variabilität für jede einzelne Eigenschaft nur nach zwei Richtungen, nach Mehr oder nach Weniger möglich. Gewöhnlich drückt man dieses in der Bezeichnungsweise als lineare Variabilität aus. Als Grundlage dieser Form der Variabilität kann zum Teil eine mehr oder weniger starke Vermehrung der betreffenden Pangene im Protoplasma angenommen werden, und dieses bedingt in der Aufeinanderfolge der Zellteilungen einen gewissen Grad von Erblichkeit. Diese ist aber nur beschränkt, denn wenn die äußeren Umstände andere werden, wird auch die starke Vermehrung aufhören und die äußerlich sichtbare Wirkung schließlich wieder in das Mittelmaß zurückkehren. Die zweite Form der Variabilität beruht auf Umlagerungen der Pangene innerhalb des Kernes namentlich aus dem aktiven in den in- aktiven Zustand oder umgekehrt1). Es ist damit nicht die Tätigkeit *) Das Vorhandensein inaktiver Kern-Pangene wird jetzt wohl allgemein an- erkannt. - Nach meiner Ansicht beruhen wenigstens sehr zahlreiche Verlust -Varietäten, wie z. B. die meisten gärtnerischen Sorten, auf dem Übergang eines aktiven Pangens in den inaktiven Zustand. Darauf habe ich meine Hypothese gegründet, daß die Mkndel- Erscheinungen bei Kreuzungen durch den Antagonismus desselben Pangens im aktiven und im inaktiven Zustaud zu erklären sind. Bateson hat versucht, an die Stelle dieser Die intrazellulare Pangenesis 13 oder Untätigkeit in bezug auf die jeweilige Entwickelungsstufe gemeint, sondern jene bleibende Lage, welche die individuellen Eigenschaften be- dingt. Diese Umlagerungen sind sehr seltene Erscheinungen im Gegensatz zu dem alltäglichen Vorhandensein der -Fluktuation; sie bedingen, wenn sie eintreten, jedesmal eine Mutation, d. h. den Anfang einer neuen erblichen Rasse, will man diese nun Varietät, Kleinart oder Art nennen. Übergänge aktiver Eigenschaften in inaktive äußern sich als Verluste der betreffenden Merkmale und bedingen die retrogressiven Mutationen. Der umgekehrte Vorgang aber wird als degressive Mutation „bezeichnet. Drittens halten wir die phyletische oder progressive Variabilität. Ihre Existenz geht unmittelbar aus dem Umstände hervor, daß die Differenzierung der Organismen im Laufe der Zeiten von sehr niedrigen Stufen bis zu der jetzigen Höhe zugenommen hat. Nach unserer Vor- stellung bedeutet dieses eine Zunahme in der Anzahl verschiedenartiger Erbschaftsträger, und jede einzelne Stufe in diesem Entwicklungsgang bedeutet die Vermehrung der Paugentypen mit einem neuen. Allerdings müssen die Stufen ganz kleine sein, wohl nicht so klein, daß sie sich der Beobachtung entziehen würden, aber mehrfach doch so, daß die Zu- nahme der Entwickelungshühe sich unserm Urteile entzieht. M. a. W. es bedarf einer sehr genauen und eingehenden Kenntnis einer Gruppe von unter sich verwandten Arten, um mit Bestimmtheit sagen zu können, welche Mitglieder der Gruppe etwas höher und welche etwas niedriger organisiert sind als die anderen. Denn auf den gelegentlichen Beobachter machen sie alle den Eindruck gleicher Organisationshöhe. Indirekte Beweise, wie die abgeschwächte Fertilität bei gegenseitigen Kreuzungen, sind hier oft leichter ins Feld zu führen und zu beurteilen. Wie vieler Schritte bedarf es in der progressiven Richtung um etwas unzweifelhaft Neues zu schaffen V Das hängt offenbar von der Übung des Beobachters ab, und läßt sich somit nicht ohne weiteres beantworten; dennoch liegt dieser Punkt vielen irrtümlichen Auffassungen zugrunde. Die soeben aufgeworfene Frage nach der abgeschwächten Frucht- barkeit läßt sich vom Standpunkte der Pangenesislehre in folgender Weise beleuchten. Bei der Befruchtung lagern die beiden zusammentretenden Kerne sich, sei es unmittelbar, sei es erst allmählig, derart aneinander, daß jedes einzelne Pangen des einen Kernes mit dem gleichwertigen des anderen Kernes zusammenarbeiten kann. Allerdings weiß man noch Auffassung die Hypothese der An- und Abwesenheit stofflicher Träger der Erblichkeit zu setzen. Vergl. Report to the Evolution Committee 1908 IV. S. 2. Diese Ansicht scheint mir den Tatsachen nur auf einem zu engen Gebiete Rechnung zu tragen. Auf ihre etwaige Berechtigung für nicht mutierende Pflanzen habe ich aber in diesem Buche nicht einzugehen (vergl. Mut. Theorie Bd. II). Daß sie für mutabele Pflanzen nicht ausreicht, geht ohne weiteres aus den mannigfach verschiedenen Folgen meiner Kreuzungen hervor. Ich weise hier nur auf die konstanten intermediären Bastarde von 0. gigas, auf die Zwillingsbastarde, auf die Spaltungen in der ersten Generation, auf das Sichtbar- werden von latenten Eigenschaften in dieser bei 0. lata X nanella u. a hin. Vergl. hier- über ferner den letzten Abschnitt. 14 Die Entstehung der Arten durch Mutation nicht, durch welche Vorrichtungen dieses Ziel erreicht wird, doch es ist klar, daß solches um so leichter geschehen wird, je mehr die beiden Kerne einander gleich sind. Namentlich in der Anzahl der Pangene; auf deren aktiven oder inaktiven Zustand scheint es für das Gelingen der Befruchtung weniger anzukommen. Sind die Anzahlen aber ungleich, d. h. kommen einerseits Pangene vor, welche auf der anderen Seite fehlen, so ist es klar, daß die beiden Kerne nicht mehr genau aufeinander passen werden. Die Aussicht auf Befruchtung wird dadurch vermindert, um so stärker, je zahlreicher oder je tiefer eingreifend die Differenz- stellen sind. Umgekehrt wird man aus einer merklich herabgesetzten Fruchtbarkeit einer künstlich vorgenommenen Kreuzung auf eine un- gleiche Anzahl von Pangenen in den beiden zusammengebrachten Kernen schließen dürfen. Daraus ergibt sich dann ferner, daß die beiden gewählten Arten nicht genau dieselbe Organisationshöhe besitzen. Eine analoge Betrachtungsweise läßt sich für die Beurteilung der Fruchtbarkeit der erhaltenen Bastarde anwenden. Das Prinzip bleibt genau dasselbe, nur handelt es sich hier nicht um die Befruchtung selbst, sondern um die ihr vorausgehende S^ynapsis, d. h. um die Kopulation der väterlichen und mütterlichen Kerne. § 2. Die labilen Pangene als Ursache des mutabelen Zustandes Neben dem aktiven und dem inaktiven Zustand der Pangene darf man annehmen, daß es noch eine ganze Reihe anderer gibt. In meiner Mutations-Theorie habe ich das Prinzip der Verkuppelung der Pangene namentlich als eine der Ursachen der korrelativen Variabilität hervorgehoben (Bd. II S. 695 und sonst); dieses Prinzip hat seitdem vielfache Anerkennung gefunden. In zahlreichen Halb- und Mittelrassen sind je zwei antagonistische Pangene derart miteinander verbunden, daß das eine Mal die eine, das andere Mal aber die entgegengesetzte Eigen- schaft zur Äußerung gelangt. Indem solches in hohem Grade von der Lebenslage und namentlich von der Ernährung des Individuums abhängt, entsteht die auffallend weite Variabilität, welche solchen Rassen ge- wöhnlich eigen ist (a. a. ().). Überhaupt muß man annehmen, daß die Pangene oder Pangen- gruppen — Pangenosome, wie Strasburger sie genannt hat — in jeder der verschiedenen Lagen fest oder locker im Verbände mit den übrigen stehen können (a. a, 0. S. 696). Sie können einander dabei mehr oder weniger stark beeinflussen, und dieses muß offenbar einen Einfluß haben auf ihre Aussicht, unter extremen äußeren Einflüssen ihre Lage in die entgengesetzte bleibend umzuschlagen. Oder mit anderen Worten, wir dürfen annehmen, daß die Mutabilität durch diese gegenseitige Beein- flussung wesentlich erhöht werden kann. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, daß die in diesem Buche zu behandelnden Oenotheren, und namentlich die Derivate der Die intrazellulare Pangenesis 15 0. LamarcMana sieh mit einer einzigen Ausnahme vorwiegend in den vegetativen Merkmalen voneinander unterscheiden. Nur die 0. brevistylis bezieht sich auf den Bau der Blüten, aber für sie scheint die Mutabilität auch bereits erloschen zu sein. Alle anderen unterscheidenden Eigen- schaften sind vegetative; es zeigt sich dieses z. B. bereits darin, daß sie meist an ganz jungen Rosetten deutlich kenntlich sind, ein Umstand, der das Studium viel größerer Zahlen von Individuen erlaubt als Blüten- merkmale. In theoretischer Hinsicht weist die Tatsache aber auf einen inneren Zusammenhang hin, und als solchen dürfen wir uns eine mehr oder weniger lockere Verbindung der betreffenden Pangene vorstellen. Doch genügt eine solche Annahme bei weitem nicht, um zu er- klären, weshalb die 0. LamarcMana in so viel höherem Grade mutabel ist, als die übrigen bis jetzt darauf untersuchten Pflanzen. Hier und dort findet man einen vereinzelten Mutationsvorgang (Linaria vulgaris peloria, Chrysanthemum segetum plenum, Oenoihera biennis nanetta usw.), aber die gruppenweise Neubildung aus der 0. LamareJciana steht bis jetzt in der Botanik auf experimentellem Gebiete einzig da. Sie deutet auf einen bestimmten Zustand der Pangene und ich habe diesen, wie be- reits oben (II § 3, S. 9) erinnert wurde, in meiner Mutations-Theorie als die labile Gleichgewichtslage bezeichnet, d. h. als eine Lage, welche von äußeren, und wohl bisweilen auch von inneren, Ursachen in eine feste übergeführt werden kann. Sie kann dabei aktiv werden und die ent- sprechende Eigenschaft in der Pflanze zur Äußerung bringen, oder in- aktiv, in welchem Falle die Eigenschaft latent wird. Äußerlich verrät sich die labile Gleichgewichtslage eines Pangens in der Regel, wie es scheint, nicht (vergl. aber den letzten Abschnitt) und ist die betreffende Eigenschaft meist ebenso gut sichtbar, wie wenn das Pangen aktiv wäre. Aber bei Kreuzungen und gelegentlich nach Selbstbefruchtung zeigt sich ihr Einfluß. Diesen Einfluß nach den beiden angegebenen Richtungen zu studieren ist, wie bereits bemerkt wurde, die Hauptaufgabe des vor- liegenden Werkes. Es wird sich dabei zeigen, daß die Kreuzungen bei mutabelen Pflanzen, d. h. bei solchen mit labilen Pangenen, in der Regel anders verlaufen als bei gewöhnlichen Arten, und daß sie einen gewissen Parallelismus mit der Mutabilität aufweisen. Wir gelangen dadurch auf Grund unserer Theorie zu einem rein empirischen Satze, der dann später ruhig als Grundlage für weitere Untersuchungen wird benutzt werden können. Die Verkuppelung der Pangene innerhalb der Gruppe der vege- tativen Merkmale bedingt einen gegenseitigen Einfluß von aktiven, in- aktiven und labilen Erbschaftsträgern, und dieses mag die Ursache sein, weshalb die Mutabilität nicht etwa auf die labilen Einheiten beschränkt ist. Unter ihrem Einflüsse können auch andere, bei kräftiger Mit- wirkung äußerer Faktoren, ihre Lage bleibend ändern. Doch ziehe ich es vor, für die Ausarbeitung dieses Gedankenganges auf den experi- mentellen Teil zu verweisen. 16 Die Entstehimg der Arten durch Mutation Kapitel IV Oenothera Lamarckiana § 1. Vorkommen in Europa Oenothera Lamarckiana ist bis jetzt die einzige Pflanze, von der man weiß, daß sie alljährlich neue Formen hervorbringt. Nur sie ist deshalb zu eingehenden Versuchen über diese Erscheinung geeignet. Aus diesem Grunde habe ich mich in dem vorliegenden Werke auf sie und ihre Verwandte beschränkt; sie bieten überhaupt mehr wichtige Fragen, als ein einzelner in der kurzen etwa achtjährigen Frist dieses Studiums angreifen kann. Unsere Art wurde zuerst von Lamarck beschrieben, nach Exem- plaren, welche jetzt noch in seinem Herbar im Museum d'histoire naturelle in Paris aufbewahrt werden1) und welche ich dort mit meiner Rasse verglichen habe2). Diese stammt aber nicht von Lamaecks Pflanzen ab, sondern von einer Einfuhr aus Texas durch die Herren Carter & Co., Handelsgärtner zu High Holborn bei London. Diese boten um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Samen an, und seitdem fand die Art eine rasche Verbreitung in den Gärtnereien und Gärten, aus denen sie hier und da auch verwildert ist3). Von welcher Quelle in Texas die Samen stammen, ist unbekannt, und da Texas fast so groß wie Deutschland ist und nur wenige Eisenbahn- linien hat, ist die Aussicht, den ursprünglichen Fundort wieder aufzu- finden, eine geringe. Aber auch von den europäischen Formen von Oenothera biennis und 0. muricata, welche von LinnE als gute Arten beschrieben worden sind, ist die amerikanische Heimat unbekannt. Über- haupt bildet die vergleichend systematische Behandlung der zahllosen elementaren Arten aus der Gruppe Onagra, welche in Nordamerika im Freien wachsen, noch stets ein Desideratum4). Die Berechtigung der Oenothera Lamarckiana, als eigene Art auf- gefaßt zu werden, ist von einigen Autoren angezweifelt worden. In einer eng umschriebenen Gruppe wie Onagra, in der in den botanischen Gärten oft unter unrichtigen Namen zahllose samenfeste Bastardformen kultiviert werden, und von der ich selbst über hundert konstante Hy- briden von genau bekannter Abstammung in Kultur habe, ist selbst- *) Encyclopedie methodique, Botanique par Lamarck, Tome IV, Paris, An. IV (1796) S. 550—554. 2) Ein kritisches Studium dieser und verwandter Arten findet man in Sur l'in- troduction de VOcnothera Lamarckiana dans les Pays-Bas. Ned. Kruidk. Archicf VI. 4, 1895. Mein Besuch an das Pariser Herbar fand aber erst nach der Veröffent- lichung dieser Notiz statt. 3) Über die Dauer der Mutationsperiode bei Oenothera Lamarckiana. Ber. d. d. Bot. Ges. 1905 XXIII, Heft 8, S. 382. 4) H. H. Bartlett hat neuerlich ein solches Studium in Angriff genommen. Vergl. Svstematic studies on Oenothera, I Oenothera Tracyi Sp. Nov., Rhodora, J. N. Engl. Bot. Club. Vol. 13, No. 154, Od. 1911. Oenothera Lamarckiana 17 Fig. 1 Ein Teil des Versuchsgartens im August 1911. Links die großblütigen Bastarde von Oenothera nanella und 0. Hookeri, rechts die kleinblütigen Hybriden von Oen. biennis Chicago. Im Hintergrund das Gewächshaus für die Kultur der Keimpflanzen1). *) Der Garten ist mit Drahtgeflecht überdeckt; am Dache sieht man die Leitungs- röhre für die Bespritzung, welche mittels der ausgezeichneten Rasensprenger „Rival" stattfindet (vergl. Katalog von Haage und Schmidt, Erfurt). Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. 2 18 Die Entstehung der Arten durch Mutation verständlich die Unterscheidung zwischen Art und Bastard stets eine schwierige. Daß es dabei Bastarde geben kann, welche der 0. La- mar chiana in einigen Merkmalen ähnlich sind, wie solche von B. M. Davis dargestellt worden sind1) ist wohl selbstverständlich2). Worauf es an- kommt, ist die Frage, ob man die Mutationserscheinungen und die eigentümlichen Spaltungen, welche mutabele Arten nach Kreuzungen aufweisen, künstlich hervorrufen kann in hybriden Nachkommen solcher Arten, welche diese Erscheinungen selbst nicht zeigen3). Ich habe, wie man im zweiten Abschnitt sehen wird, sehr zahlreiche derartige Hy- briden kultiviert, bis jetzt aber nichts derartiges wahrgenommen4). Meine Rasse stammt von dem Landgute des Herrn Dr. J. Six in 's Graveland bei Hilversum (1886). Die ursprünglichen Samen (1875) a) B.M.Davis, Genetieal studies on Ocnoihcra. Americ. Naturalist, Vol. 44 S. 108 u. Vol. 45 S. 193. Vergl. hierüber die Kritik von K. E. Gates: P ollen - forrnation in Oenothera gigas, in Annais of Bolany, Vol. XXV, Okt. 1911, S. 909. Nur aus einer Kreuzung zwischen 0. biennis und 0. grandiflora könnte man einen Bastard wie die Lamarckiana erwarten. Tischler sagt dazu in seinem Sammelreferat (Zeitschr. Abst. Ver. V 1911, S. 327), daß dazu aber erst die „richtigen" Elementararten dieser beiden polymorphen Großarten aufgefunden werden müßten. 2) Die Meinung, daß die Entstehung neuer Formen durch Kreuzungen erklärt werden könne, ist, wie bereits betont wurde, eine uralte (vergl. 1 § 3). Mau findet sie schon bei Linne und auch Darwin hatte gegen sie zu kämpfen: Some authors believe that crossing is the chief cause of variability , ihat is, of ihe appearance of absohddy neiv characlers. Some have gone so far as to look at il as ihe sole cause. Siehe Darwin: The variaiions of animals and plants under domesiication . Vol. II, S. 7(3. In früherer sowie in neuerer Zeit beruht diese Meinung aber wesentlich auf einer un- richtigen Fragestellung. 3) Daß aus Oenothera grandiflora Bastarde entstehen können, welche der 0. La- marckiana in gewissen Punkten ähnlich sind, läßt sich bei der sehr nahen Verwandtschaft beider Formen leicht begreifen. Diese sind einander so ähnlich, daß sie tatsächlich viel- fach verwechselt worden sind, namentlich von älteren Autoren (vergl. Gates, Earlg botanical records). Nach Davis werden sie auch jetzt noch mehrfach verwechselt. Sie stimmen auch in ihren inneren Eigenschaften miteinander überein, da auch die 0. gran- diflora bei gewissen Kreuzungen Zwillingsbastarde gibt, welche sich denen der 0. La- marckiana sein- eng an die Seite stellen (Davis), vergl. hierüber den letzten Abschnitt. Dennoch sind die bis jetzt erhaltenen Bastarde von 0. grandiflora der Lamarckiana bei weitem nicht gleich: „None of the hybrids of biennis and grandiflora described are identical with Lamarckianau sagt Davis im zweiten Artikel seiner Genetieal studies (Americ. Natural. Vol. 45, 1911 S. 195). Ebenso in Genetieal studies III, Americ. Natural. Vol. 46, 1912, S. 377. — Übrigens hat Davis seine Kreuzungen nicht mit „the common type" der Oenothera grandiflora, sondern mit einer an dem wilden Fund- ort bei Dixie Landing in Alabama mit dieser zusammenwachsenden breitblättrigen Form angestellt. Letztere ist aber wahrscheinlich ein Bastard, weil ich an jenem Fundorte die 0. grandiflora mit der 0. Traeyi und zahlreichen intermediären Formen zusammen auf denselben Feldern beobachtet habe. Dieser Befund dürfte manche Eigenschaften dieser Bastarde in einfacher Weise erklären. Siehe de Vries and Bartlett, The evening primroses of Dixie Landing. Alabama, in Science, N. S. Vol. XXXV, Nr. 921, S. 599, 1. November 1912. 4) „Sichere Speziesbastarde, die ein analoges Verhalten zeigen wie die 0. La- marckiana" , sagt E. Bahr, „kennen wir gar nicht". Vergl.: Einführung in die experimentelle Vererbungslehre, Berlin 1911 und Tischler, Zeitschrift Abst. Ver. V 1911, S. 327. Oenothera Lamarckiana 19 rührten von einer Handelsgärtuerei in Erfurt her1), welche sie zweifels- ohne aus der oben angedeuteten englischen Quelle bezogen hatte. Die Pflanze wächst bei Hilversum rein und weit von anderen Verwandten entfernt. Augenblicklich ist der Fundort, den ich seit 1886 nahezu jährlich besucht habe, ganz mit Gehölz bewachsen und sind die Oeno- Fig. 2 Ein Teil des Versuchsgartens, August 1907. An mehreren Pflanzen ist die Infloreszenz gegen Insektenbesuch in einen Pergaminbeutel eingehüllt worden. Oben das Dach aus Drahtgeflecht mit den Wasserleitungsröhren; links der mit Glas bedeckte Teil des Ver- suchsgartens, mit den seitlichen Öffnungen oben im Dache. theren nur noch auf gauz wenige Exemplare beschränkt. Für meine Kulturen habe ich jenem Felde zu wiederholten Malen, namentlich 1905 und zuletzt 1909, Pflanzen und Samen entnommen. ') Ned. Kruidk. Archief, a. a. 0. 20 Die Entstehung der Arten durch Mutation Aii sehr vielen Stellen, wo die Oenothera LamarcMana ans Gärten verwildert, oder wo sie im Freien als Futter für Rebhühner und andere Vögel im großen ausgesät wird, trifft sie mit den dort einheimischen Arten derselben Gattung zusammen , namentlich mit der europäischen Form von 0. biennis. Es entstehen dann Bastarde, welche Zwi- schenformen sind und, in Verbindung mit der starken fluktuierenden Variation in dieser engen Gruppe, bald ununterbrochene Reihen von Übergängen darstellen. Die beiden genannten Arten geben miteinander bereits in der ersten Generation drei wohl unterschiedene, samenfeste Bastardrassen, welche ich im dritten Abschnitt ausführlich beschreiben werde. In unseren Dünen gibt es mehrere solche Fundorte; einen von ihnen in der Nähe von Zandvoort, welcher hunderttausende von pracht- vollen Pflanzen umfaßt, habe ich in den Jahren 1905 und 1911 ein- gehend studiert; auch habe ich Samen und Rosetten von dort in meinen Versuchsgarten gebracht, um die Bastarde besser mit meinen Kulturen vergleichen zu können1). Namentlich 1906 hatte ich ein großes Beet, mit fast allen denkbaren Zwischenformen. Solche Fundorte finden sich auch in England und in Frankreich, und zumeist wie bei uns, in der Nähe der Küste. Charles Bailey hat eine ausführliche Beschreibung einer solchen Gruppe unweit St. Anne's on the Sea2) bei Liverpool gegeben; hier wächst die Pflanze, wie bei uns, zusammen mit vielen Arten aus anderen Gattungen, deren Samen in Vogelfutter vorkommen. Es findet sich dort auch die 0. biennis unserer Dünen und nach den Angaben eines späteren Besuchers3) beobachtet man zahlreiche Über- gänge dort, wo die beiden Arten zusammen wachsen, ist die Oen. La- marcMana aber rein an Stellen, wo die Biennis fehlt4). Einen Fundort in Frankreich hat Boulenger beschrieben5). In der Nähe von La Grande St. Gast bei St. Malo in der Bretagne wuchs die Oenothera LamarcMana in großer Menge, zusammen mit einer großen Reihe von Übergängen zu 0. biennis. Leider war Boulenger mit den Bastarden dieser beiden Arten unbekannt6), und so wurde er zu der irrtümlichen Meinung geleitet, daß die LamarcMana eine in- konstante Art sei, welche gelegentlich zu ihrem vermutlichen Vorfahren 0. biennis zurückschlagen könnte. Daß dem nicht so ist, geht einer- ') Soorten en hastaarden, Album der Natur, 1908 (Dez. 1907). 2) Ch. Bailey, De Lamarck's Evening Primrose on the sandhills of St. Anne's on the Sea. Annual Address, Manchester Ficld dub, 1907. 3) Soorten en hastaarden, a. a. 0. S. 86. Auch R. R. Gates hat die Fund- orte unweit Liverpool studiert (vergl. Mutation in Oenothera, American Naturalist, Vol. 45, 1911, S. 592, und loiva Acad. of Science, 1911, S. 115). 4) Gates (a. a. 0.) nennt unter den hier wachsenden Arten auch 0. grandiflora. mit der hier wohl dieselbe Form als die 0. biennis unserer Dünen gemeint ist. B) G. A. Boulengek, Journ. of Bot., Vol. 45, S. 353, 1907. 6) Meine erste diesbezügliche Mitteilung fand erst 1907 statt: On Twin Hy- brids, Botanical Gazette. Dez. 1907, Vol. 44, S. 401. Oenothera Lamarckiana 21 seits aus den Befunden an solchen Stellen hervor, wo die Lamarckiana für sich allein wächst, anderseits aus den Beobachtungen zahlreicher Forscher, welche die Art experimentell kultiviert haben. § 2. Der Versuchsgarten Mein Versuchsgar- ten liegt im botani- schen Garten der Uni- versität von Amsterdam und umfaßt etwa 75 Beete von je 4 Quadrat- meter Oberfläche. Ein Drittel ist mit Glas überdacht gegen Regen, seitlich aber möglichst offen gelassen. Die beiden anderen Drittel sind mit einem Käfig aus Metalldrahtgeflecht überdeckt und dadurch gegen Vögel usw. ge- schützt (Fig. 1 u. 2). Dieses Gitterdach ruht auf sehr leichten, eiser- nen Balken, wird aber im Winter besser ge- stützt , weil nasser Schnee es zu sehr be- lasten würde. Der Bo- den ist ein Gemenge von Lehm und Sand, und wird mit getrock- netem Kinderdünger1), sowie mit Kalkmergel und Knochenmehl ge- düngt, da die Nacht- kerzen kalkliebende Pflanzen sind. Die *) „Ungarischer kon- zentrierter Rinderguano" (getrockneter und fein ge- mahlener Stallmist) von Gr. Hoyer & Co. in Schöne- beck an der Elbe. Fig. 3 Oenothera Lamarckiana, eine ganze Pflanze nach dem Ab- schneiden der Seitenstämme , welche aus den Achseln der Wurzelblätter emporzuwachsen pflegen. August 1906. 22 Pie Entstehung der Arten durch Mutation jungen Pflanzen werden im April und Mai auf die Beete gebracht, 10 — 30 pro Quadratmeter; wenn sie emporwachsen, werden wegen des beschränkten Raumes die Seitenstämme aus den Achseln der Wurzel- blätter weggeschnitten (Fig. 3) und ebenso später wo nötig auch die höher am Stengel sich entwickelnden Zweige. Für die Befruchtung wird fast immer nur die Endrispe und vorzugsweise deren unterer Teil benutzt. Jedes Beet, jede Reihe, und auf dieser jede einzelne Pflanze hat eine Nummer, unter welcher sie stets in das Journal eingetragen sowie ihre Ernte verzeichnet wird; es wird dadurch auch nach Jahren die genaue und lückenlose Ermittelung des Stammbaumes eines jeden Individuums ermöglicht. Die Pflanzen blühen Ende Juli und im August; Blumen, welche sich nach dem 1. September öffnen, reifen unter dem hiesigen Klima ihre Samen so selten, daß man darauf nicht rechnen kann. Die ganze Zeit für die Bestäubungen umfaßt also etwa sechs Wochen, in den meisten Jahren wurden dann 600 — 800 Individuen und auf jedem vorzugsweise 10 — 12 Blüten von mir selbst befruchtet. Die Ernte findet stets pro Individuum statt, niemals werden die Samen mehrerer Exemplare gemischt. Die Samen werden in Flaschen mit un- gelöschtem Kalk möglichst kalt aufbewahrt und halten sich viele Jahre ungeschwächt, um so länger, je besser die Mutterpflanze gedüngt und je kräftiger sie gewachsen war. Die künstliche Befruchtung geschieht auf den hohen Pflanzen in Pergaminbeuteln, auf den Zwergen in kleinen Käfigen aus feinem Metall- gewebe. Die Pergaminbeutel sind entweder große oder kleine; die ersteren umhüllen den ganzen erforderlichen Teil der Rispe (Fig. 2 u. 4), die letzteren nur je eine einzelne Blüte. Die großen ziehe ich in jenen Fällen vor, wo die Blüten sich selbst befruchten können und sollen, sie können 1 — 2 Wochen auf der Pflanze bleiben ohne geöffnet zu werden. Sie haben den Nachteil, daß sie an warmen und feuchten Tagen die Blütenknospen zum Abfallen bringen oder sie doch für die Kastration weniger tauglich machen. Kleine Pergaminbeutel schaden den Knospen nicht, da sie erst am Tage vor dem Öffnen der Blüte angebracht zu werden brauchen. Sie erfordern nur, daß beim Kastrieren oder bei der künstlichen Selbst- befruchtung die Blütenblätter entfernt werden, da diese für die Beutel- chen fast immer zu groß sind. Die Oenotheren zeichnen sich namentlich dadurch aus, daß sie fast keinen Krankheiten ausgesetzt sind. Nur bei mangelhafter Verholzuug leiden mehrere Bastarde von der durch Botrytis bedingten Fäulnis. Dagegen kann der Schaden durch Insekten sehr groß sein1). Schädlich waren in meinem Garten namentlich die Erdraupen (Agrotis segetum, A. exclamationis) , welche im Spätsommer die zu überwinternden Rosetten fressen, und nur dadurch beseitigt werden können, daß man sie an den Schadstellen ausgräbt. Viel gefährlicher sind die kleinen l) J. Ritzema Bos, Tierische Schädlinge und Nützlinge, Berlin 1891. Oenothera Lamarckiana 23 Fig. 4 Ein Teil des Versuchsgartens; vier Pflanzen in Pergaminbeutel eingehüllt. Amerikanische Unterarten von Oenothera biennis. August 1905 *). *) Auf dem zweiten Beete sieht man einen Rand von Zink als Schutz gegen kriechendes Ungeziefer. 24 Die Entstehung der Arten der Mutation weißen, gleichfalls unterirdisch lebenden Larven des flügellosen Öhr- rüßlers, Otiorhynchus sulcatiis. Dieser Käfer vermehrt sich so beträcht- lich, daß er im Winter, namentlich in dem mit Glas bedeckten Teile des Gartens sämtliche Rosetten töten kann, indem er ihre Wurzeln zer- frißt. Auch in den Holzkästen mit jungen Pflanzen (Fig. 6) haben diese Larven mir oft die ganze Kultur vernichtet. Man kann im Herbst die Larven zu Hunderten aus den Beeten ausgraben, tötet sie aber nur da- Fig. 5 Ocnothera gigas ; die sechs ältesten Blütenknospen je in einem Pergaminbeutel eingehüllt, nach Kastrierung. Zweijährige Pflanze, Mitte Juli 1911. durch in ausreichender Weise, daß man die ganze infizierte Erdschicht tief vergräbt und erst nach einem Jahre wieder benutzt. Schädlich sind ferner in den Saaten die Erdschnaken (Larven von Tipida oleracea) und in den Infloreszenzen die grünen Raupen von Hadena, Mamestra usw. Diese letzteren fressen oft die für die Kastration bestimmten und bis- weilen sogar die bereits kastrierten Knospen auf, meiden aber glücklicher- weise die unreifen Früchte, da diese zu holzig sind. Oenothera Lamarckiana 25 Um einzelne Pflanzen oder einzelne Beete gegen kriechendes Un- geziefer zu schützen, umgebe ich sie mit einem Streifen Zink, der etwa 20 cm in die Erde und ebensoviel oberhalb des Bodens reicht. Die schädlichen Tiere meiden das Zink, und übersteigen diesen Zaun nicht. Ebensowenig tun dieses Schnecken, doch habe ich meinen Garten gleich anfangs durch tiefes Umgraben für die ganze Zeit meiner Versuche von diesem Übel befreit. Eins der besten Mittel gegen tierische und pflanz- liche Schädlinge ist aber, stets die Beete im Herbst so früh wie möglich zu entleeren, und sie im Winter so lange wie tunlich ohne Pflanzen zu lassen. Hat man aber Pflanzen zu überwintern, so bringt man sie spätestens im Juli auf insektenfreie Beete und umgibt sie mit Zink; die Larven sind im Juli bereits groß genug, und späteres Verpflanzen würde den Rosetten nicht die Zeit lassen, sich vor dem Winter aus- reichend zu bewurzeln. Da überwinternde Rosetten unter unserm Klima leicht von der Feuchtigkeit leiden, pflege ich sie bereits im Herbst mit Glas zu überdecken. Bemerken möchte ich noch, daß man die Rosetten aus ihren heranwachsenden Seitenknospen vermehren kann, wodurch man oft von wertvollen Neuheiten mehrere Exemplare zur Blüte bringen kann1). Für andere vegetative Vermehrungsarten eignen sich die Oenotheren aber leider nicht. Meine Aussaaten mache ich seit Jahren niemals im Freien, sondern stets im Gewächshaus in Keimschüsseln. Mau kann dann früher an- fangen (im Februar), verlängert dadurch die Vegetationszeit und beseitigt in hohem Grade das unliebsame Unterbleiben der Stengelbildung im ersten Sommer. Aus den Keimschüsseln werden die jungen Pflänzchen beim dritten und vierten Blatt, oder etwas später, in Holzkästen (Fig. 6) verstopft, jeder Keimling einzeln und in gleichen Entfernungen. Zweck- mäßig ist es 60 — 80 Pflänzchen pro Kasten auszupflanzen, je nach der Größe. Im April und Mai werden die Pflänzchen je mit einem vier- eckigen Erdballen auf das Beet gebracht, dadurch findet das Verpflanzen fast ohne Verzögerung des Wachstums statt. Je früher es geschieht, um so größer ist die Aussicht auf Stengelbildung und Blüte im ersten Sommer. Ich benutze dazu rechteckige Handspaten und kann die eine Wand des Kastens abnehmen, um die Erditalien nicht zu heben zu brauchen, sondern sie seitlich auszuschieben. Es ist selbstverständlich, daß jede Keimschüssel und jeder Holzkasten in der Regel nur die Nachkommen eines einzelnen Samenträgers enthält. Die Erde für die Keimschüsseln und Holzkästen wird in meinen Versuchen stets sterilisiert, um Ungeziefer und Unkrautsamen zu ver- nichten und auch die Aussicht auf parasitische Krankheiten der Keim- pflanzen nahezu vollständig aufzuheben. Sie wird dazu in den Keim- schüsseln nach der Vermischung von Torferde und Sand bis auf etwa 90° C feucht erhitzt; für die Holzkästen erhitze ich die Torf erde vor ]) J. A. Lodewyks, Vegetatieve vermenigvuliliging van Oenothera's Diss. Amsterdam, 1908. 26 Die Entstehung der Arten durch Mutation ihrer Vermischung mit dem ohnehin sterilen Sande. Alles wird fein ge- siebt; je mehr Sand man gibt, um so leichter lassen sich die Keim- wurzeln aus der Erde loslösen. Als Düngung benutze ich den ge- trockneten Rinderguano, setze aber zu der Erde der Holzkästen sehr wesentliche Mengen Hornmehl zu, da eine starke Stickstoffdüngimg das Wachstuni sehr beschleunigt, und die Pflanzen zum einjährigen Blühen antreibt1). Die Keimschüsseln halte ich einige Tage nach der Aussaat bei etwa 25 — 30° C, am liebsten mit starken Schwankungen der Tem- peratur , da bei geringerer Wärme oft nur ein kleiner Teil der Samen keimt. Die Samen müssen wiederholt befeuchtet werden. Schwache Samen und geringe Ernten werden in Röhrchen in Wasser eingeweicht, und keimen nach dem Abgießen des Wassers an der feuchten Glaswand bei 25 — 30° C viel besser als in der Erde; durch diese einfache Methode Fig. 6 Holzkasten mit jungen Pflänzchen von Oenolhera Lamarckiana, in gleichen Entfernungen gepflanzt. Für das Auspflanzen sind diese Rosetten bereits fast zu alt. Die Ziffer korrespondiert im Journal mit der Nummer des Samenträgers. werden alljährlich viele Kulturen gerettet, welche sonst mißlingen würden. Die Schüsseln und Holzkästen bleiben in dem Gewächshause, bis die Pflänzchen sich kräftig bewurzelt haben und dadurch für das Auspflanzen auf die Beete tauglich sind. Hier breiten die Blätter sich bald auf dem Boden aus und wachsen meist so rasch heran, daß pro Tag ein neues Blatt zu der Gruppe kommt (Fig. 7). Jeder Holzkasten enthält die Pflanzen für eine einzige Kultur. Diese umfaßt meist ein Viertel eines Beetes (1 Quadratmeter) oder mehr, wenn dieses erforderlich scheint. Von den 60 — 80 Pflänzchen des Kastens werden dann meist 15 — 25 ausgepflanzt. Darauf werden die übrigen in dem Kasten reihenweise spatiiert, ohne ihre Erdballen mehr als unumgänglich notwendig zu zerbrechen. Sie wachsen dann so weit ]) Aufgeschlossenes Hornmehl (aus Rindsklauen) von der Hornmehlfabrik des Herrn Gr. Schmidt in Schönbach bei Sebnitz in Sachsen. Oenothera Lamarckiana 27 heran, daß sie ihre differentiellen Merkmale erkennen lassen und mit denen des Beetes im Juni ausgezählt werden können. Es gibt nur wenige Hybriden, welche sich in dieser Weise in den Holzkästen nicht auszählen lassen. Bisweilen habe ich die Pflänzchen eines Kastens nach derselben Methode auch auf zwei Kästen verteilt. Fig. 7 Omothera Lamarckiana, eine junge Rosette von Wurzelblättern, kurze Zeit nach dem Auspflanzen, Mitte Juni 1911. Von oben gesehen. Selbstverständlich kann, je nach den Bedürfnissen, von den be- schriebenen Regeln abgewichen werden; auch habe ich nie versäumt, nebenbei Versuche über Düngung und Kultur zu machen, um wo nur möglich Verbesserungen anzubringen. Eine einzige Veränderung er- fordert nicht selten eine neue Kontrolle sämtlicher übrigen Verfahrungs- weisen. 28 Die Entstehung der Arten durch Mutation § 3. Die Kulturen der Bastarde Die Kreuzungen und sonstigen künstlichen Befruchtungen in meinem Versuchsgarten habe ich stets selbst ausgeführt. Jede Pflanze trägt dabei eine Etikette, welche neben ihrer eigenen Nummer die Anweisung des zu benutzenden Pollens führt. In der in diesem Buche gefolgten Bezeichnungs weise kommt der Name der Mutter stets zuerst; Oenothera Lamarckiana X Hooker i bedeutet somit Oen. Lamarckiana befruchtet mit dem Staub der 0. Hooker i. Da aus den Kreuzungen vielfach neue Typen hervorgehen, welche sich nur nach eingehendem Studium auf Kombinationen von elterlichen Merkmalen zurückführen lassen, habe ich sie oft mit eigenen Namen belegt, speziell wo es sich um Zwillings- bastarde handelte. So z. B. die Oen. hybrida laeta und velutina, welche im dritten Abschnitt ausführlich behandelt werden. Die Befruchtungen fanden ausnahmslos an den auf den Beeten wachsenden Pflanzen statt, und niemals an Topfexemplaren, da diese zu schwach bewurzelt und zu klein sind, um zuverläßliche Ergebnisse zu versprechen. Selbstverständlich kann man nicht bei Regenwetter kastrieren oder bestäuben, doch halten die Pergaminbeutel im Regen sehr gut; irgend eine Benachteiligung durch Regen, sogar kurze Zeit nach der Operation, habe ich niemals bemerkt. Gegen Sonnenhitze habe ich die größeren Beutel oft durch Beschattung mittelst Papierkappen beschützt; ich wählte dazu dickes Papier, das vom Regen nicht aufgeweicht wurde. Die Samenträger habe ich stets einzeln behandelt, den Blütenstaub aber nicht von einer einzigen Pflanze genommen, sondern von einer Gruppe gleichnamiger Individuen, welche von einer und derselben Mutter stammten. Die Reinheit des Pollens ist dadurch ausreichend gesichert, während man wohl stets für jede kastrierte Blüte am nächsten Tage den erforderlichen Pollen findet. Wollte man sich für jede Mutter auf einen einzigen Vater beschränken, so würden viele Blüten umsonst kastriert werden, oder viele Knospen abgeschnitten werden müssen ohne bearbeitet zu werden. Es würde dadurch ein ganz bedeutender Zeit- verlust entstehen, der die Zahl der in der kurzen Sommerszeit möglichen Versuche sehr einschränken würde. Kastrierte Blüten kann man je nach den Arten und Bastarden oft sofort, oft aber erst am nächsten Tage mit Vorteil bestäuben. Der Pollen wird stets den ungeöffneten Bluten- knospen entnommen , indem sich die Antheren in der Regel etwa einen halben oder einen ganzen Tag vor dem Blühen öffnen. Stets habe ich neben den Bastarden die Kultur ihrer Eltern wieder- holt, häufig auch mehrere Generationen nebeneinander angepflanzt. Es war dies erforderlich, da es sich häufig um Merkmale handelt, welche nur mittels eines direkten Vergleiches über allen Zweifel erhoben werden können. Die Unterschiede sind im allgemeinen gering, und nicht selten habe ich während einer oder mehrerer Generationen Merkmale übersehen, welche später, nachdem sie mir einmal aufgefallen waren, als durchaus Oenothera Lamarckiana 29 zuverläßliche Kennzeichen bei Zählungen gedient haben. Dem Besucher zeigen sie sich in Gruppen von 15 — 30 Exemplaren oft deutlich und unzweifelhaft, auch wenn sie dem Experimentator beim Auszählen von Gemengen, wie z. B. nach Spaltungen in Bastardgenerationen noch viele Mühe machen. Demgegenüber hat aber der Versuchsansteller den großen Vorteil, daß er die am meisten geeignete Periode für das Auszählen wählen kann. Denn manche Charaktere sind zu bestimmten Lebenszeiten viel besser ausgebildet als zu anderen. Es gibt sogar solche, welche vor der Blüte und bei der Fruchtbildung unzweifelhaft, während des Blühens aber nahezu unkenntlich sind. Unsere Fig. 8 zeigt eine Gruppe als typisch ausgewählter Früchte im reifen, trockenen Zustande. Auf den ersten Blick glaubt man keine M L G L X B M = Fig. 8 Reife, meist aufgesprungene Früchte iu natürlicher Größe gezeichnet. 0. muricata. B = 0. biennis, L = 0. Lamarckiana , G und G1 = 0. gigas, L x B = 0. Lamarckiana x biennis. zuverläßlichen Unterschiede zu sehen. Dennoch sind die Differenzen hier viel größer als in gewöhnlichen Bastardkulturen, da es sich, mit einer Ausnahme, um gute Arten handelt. Aber in ganzen Trauben oder in Dutzenden abgepflückter Kapseln ergeben sich auch solche kleine Differenzen als konstant und somit als zuverläßlich. Überhaupt gibt ein einziges Exemplar nur selten eine gute Vorstellung von der Schärfe seiner Merkmale, und dieses gilt leider auch von den Photographien, auf denen die Kennzeichen dem Ungeübten häufig gar nicht einleuchten wollen. Im Versuchsgarten, bei der Vergleichung von Gruppen von Pflanzen, fallen alle diese Schwierigkeiten glücklicherweise weg. Zweiter Abschnitt Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Kapitel I Konstante reziproke Bastardrassen (Tafel V— XII) § 1. Isogamie und Heterogamie Unter den Verwandten der Oenothera LarnarcMana, welche die Gruppe Onagra bilden, treten die Bastardierungserscheinungen vielleicht in größerer Mannigfaltigkeit auf, als in irgend einer anderen Pflanzen- gattung. Weitaus die meisten dieser Bastarde sind einförmig und in den aufeinanderfolgenden Generationen konstant. Andere stellen in der ersten Generation Zwillinge dar, bisweilen sogar Drillinge und Vierlinge1), auch diese pflegen späterhin konstant zu sein. Wiederum andere spalten sich in der zweiten Generation, sei es nach der Mendel sehen Regel (0. hrevistylis), sei es nach andern Verhältnissen (z. B. 0. Hookeri x 0. biennis). In ihren Merkmalen sind die meisten dieser Bastarde mehr oder weniger einseitig ausgeprägte Mittelbildungen zwischen ihren Eltern; in andern Fällen schließt das eine Merkmal das entgegengesetzte völlig aus (0. nanella). Sehr oft sind in dieser Pflanzengruppe die beiden reziproken Bastarde einander ungleich2). Als solche bezeichnet man die beiden Formen, welche zwischen denselben Eltern bei verschiedener Verbindimg erhalten werden, also wenn die eine Art das eine Mal als Vater und das andere Mal als Mutter in die Kreuzung eintritt. So blühen z. B. alle Exemplare von 0. biennis X 0. biennis sulfurea schwefelgelb, während 0. biennis sulfurea x 0. biennis die hochgelbe Blütenfarbe der Art zur Schau trägt. Diese Verschiedenheit der reziproken Mischlinge beruht, wie in diesem Abschnitt des Näheren begründet werden soll, auf einer Ungleichheit der männlichen und weiblichen Erbschaften derselben Art, und soll als Heterogamie bezeichnet werden3). Sie bildet eine, sonst >) Oii twin hybrids. Bot. Gazette, Vol. 44 S. 401— 407. On triple h ybrids, a.a.O. Vol. 47 S. 1 — 8. Über die Zwillingsbastarde von Oenothera nanella. Ber. d. d. Bot. Gesellsch., 1908 Bd. XXVI a. S. 667—676. 2) Die Mutations-Theorie. 1903 Bd. II S. 471. 3) Über doppelt reziproke Bastarde von Oenothera biennis L. und 0. muri- cata L. Biol. Centralbl. Bd. XXXI Nr. 4 S. 99, 1911. ~- Konstaute reziproke Bastardrassen 31 im Pflanzenreich jedenfalls sehr seltene Ausnahme von der Regel, daß die Eigenschaften einer Pflanze in derselben Weise durch ihren Pollen und durch ihre Eizellen übertragen werden (Isogamie oder Homogamie). Wird z. B. in dem Beispiel der Varietät 0. biennis sulfurea die schwefel- gelbe Farbe nur im Pollen, und nicht in den Samenknospen übermittelt1), so leuchtet ein, daß der 0. b. sulfurea x 0. biennis diese Eigenschaft abgehen muß, während sie in dem reziproken Bastard genau in derselben Weise vorhanden sein wird, wie in der Varietät selbst'-'). Dieser Reichtum der Erscheinungen berechtigte zu der Erwartung, daß auf dem Wege der Bastardierung wichtige Schlüsse zu erhalten sind, welche vielleicht ein Licht auf den Vorgang des Mutierens werfen können3). Die Kreuzungen in der Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiana, welche in ihrem Typus von den sonst geltenden Regeln abweichen, habe ich damals Mutationskreuzungen genannt. Seit dem Erscheinen meines Buches habe ich sie einem möglichst ausführlichen Studium unterworfen (vergl. Abschn. III und IV). Dabei hat sich heraus- gestellt, daß solches nur auf Grund einer eingehenden Kenntnis der mit der 0. Lamarckiana zu kreuzenden Arten mit Vorteil geschehen konnte. Deshalb werde ich die ganze Behandlung in drei Abschnitte trennen und in dem vorliegenden wesentlich nur die ohne die Lamarckiana erhaltenen Ergebnisse besprechen (Abschn. II), während ich die Kreuzungen dieser Art mit anderen im dritten, und diejenigen ihrer Abkömmlinge und Mutanten im vierten Abschnitt beschreiben werde. In den Vordergrund dieser ganzen Darstellung bringe ich die Erscheinung der Heterogamie. Sie ist am stärksten in den beiden europäischen Arten 0. biennis L. und 0. muricata L. ausgeprägt. Hier werden von den sichtbaren Eigenschaften einige nur mittels des Pollens und nicht durch die Eizellen auf die Kinder vererbt. Demgegenüber gibt es andere Merkmale, welche nur in den Eizellen, und nicht im Pollen übertragen werden. Oder allgemein: Im Pollen und in den Eizellen werden verschiedene erbliche Eigenschaften auf die Nachkommen übermittelt. Offenbar gilt dieses nicht von den Merkmalen der Gattung und der Untergattung; auch gilt es keineswegs von allen Artmerkmalen. So machen namentlich die Form und die Größe der Blumenblätter Aus- nahmen von der Regel der Heterogamie, indem sie sich wie gewöhnliche isogame Eigenschaften verhalten. Dagegen ergeben sich die Merkmale der vegetativen Organe der beiden genannten Arten fast durchaus als heterogam, jedenfalls so vollständig, daß sie in den Kulturen stets als solche behandelt werden können. *) Diese Annahme mache ich hier nur behufs der Darstellung, da ich die Frage nicht näher untersucht habe. Die Tatsachen könnten offenbar ebensogut durch eine Heterogamie der Art selbst erklärt werden. 2) W. T. Swingle hat vorgeschlagen, den Namen Heterogamie durch Allogamie zu ersetzen. Science N. S. Vol. XXXIII, Nr. 858, June 9, 1911. s) Die Mutations-Theorie Bd. II S. 396 ff. 32 Reziproke und doppeltreziproke Bastardrassen Es leuchtet ein, daß es zwischen heterogamen und isogamen Arten zahlreiche Übergänge geben kann, je nachdem ein größerer oder ein kleinerer Teil der Artmerkmale sich als heterogam ausnimmt. Von diesem Gesichtspunkte aus kann man die Arten in gewisse Gruppen einteilen. Völlig isogam verhält sich bis jetzt die 0. Lamarclciana, und ich möchte dieses hier besonders betonen, weil es zeigt, daß die Heterogamie nicht etwa eine von den wesentlichen Ursachen des Mutierens ist. Sie ist nur in methodischer Hinsicht von ausgezeichneter Wichtigkeit. Nahezu völlig isogam verhalten sich die amerikanischen Arten: 0. Hookeri, 0. Cocherelli und 0. strigosa1); ihre reziproken Bastarde sind einander in allen wesentlichen Punkten gleich, wie wir später (§ 8) sehen werden. Ich werde sie der Bequemlichkeit halber schlechthin als isogam bezeichnen. Eine zweite Gruppe bilden 0. biennis Chicago (§ 6) und 0. cruciata Nutt. ; sie verhalten sich bei den Kreuzungen in einigen Fällen als isogam, in anderen aber als heterogam, je nachdem die einen oder die anderen Eigenschaften zu denen des zweiten Elters der Kreuzung in Gegensatz treten. Es entstehen dadurch komplizierte Verhältnisse, welche fast nur bei der Betrachtung der einzelnen Fälle zur völligen Klarheit gelangen2). Die letzte Gruppe bilden die beiden oben genannten europäischen Arten, 0. biennis L. und 0. muricata L. Mit Ausnahme einiger Blüten- merkmale sind sie, wie bereits bemerkt, nahezu völlig heterogam, sie sollen dementsprechend einfach als heterogam e Arten bezeichnet werden. Wegen des Gegensatzes zu dem allgemein geläufigen Bilde der Bastardierungserscheinungen werde ich sie hier in den Vordergrund stellen und in den jetzt folgenden Paragraphen ausführlich behandeln. Ihnen schließt sich eine bis jetzt nur nebenbei untersuchte Form an, welche ich in § 7 als 0. Mülersi bezeichnen werde. *) Vergl. unten, § 7 dieses Kapitels. 2) An dieser Stelle möchte ich die Möglichkeit hervorheben, daß die im Pollen und die in den Eizellen einer Art vererbten Eigenschaften einander zwar gleich sind, aber dennoch derartig gebunden, daß sie nicht von dem einen Geschlecht auf das andere über- gehen können. Isogam in ihren Merkmalen, wäre eine solche Art heterogam in ihren Potenzen. Offenbar würde sich eine solche Sonderung bei der Fortpflanzung der Art selbst nicht verraten, wohl aber in ihren Bastarden. Diese würden sich als heterogame verhalten müssen. In ihnen würden die männlichen und weiblichen Erbschaften ver- schieden sein, und nicht durch das eine Geschlecht auf das andere übertragen werden können. Kreuzt man solche Bastarde mit anderen, so werden die reziproken Produkte einander ungleich sein können. Ich habe diese Frage nicht näher untersucht, doch scheint es mir, daß manche von mir beobachtete Erscheinungen vielleicht durch sie eine Erklärung finden dürften. So z. B. die Fälle, in denen die Bastarde von 0. Cocherelli von denen verwandter Arten abweichen. Auch kann die Vorstellung vielleicht einiges Licht auf die Entstehung heterogamer Mutanten aus isogamen Arten werfen, wie z. B. von 0. scintillans aus 0. Lamarclciana. Konstante reziproke Bastai'drassen 33 § 2. Oenothera biennis Linne Tafel V Als Lestne in den Jahren 1735 — 1738 in Holland lebte, wuchs die Oenothera biennis bereits in unseren Dünen, und der von ihm gewählte Name beweist deutlich, daß er ihre Art zu wachsen genau beobachtet hat. Schon um mehr als ein Jahrhundert vor dieser Zeit war unsere Pflanze aus Virginien nach Europa übergeführt worden (1614), und sie mag also damals in den Dünen wohl ungefähr dieselbe Verbreitung ge- habt haben wie jetzt1). Das Herbar Linxes wird bekanntlich von der Linnean Society im Burlington Hause in London aufbewahrt. Es enthält nur einen einzigen Zweig von 0. biennis. Da Pflanzen damals ohne Angabe des Fundortes getrocknet wurden und da im Herbar Linne s die aus dem botanischen Garten in Upsala genommenen Exemplare mit H. U. ange- deutet sind, diese Angabe aber bei dem erwähnten Zweige fehlt, darf man als sehr wahrscheinlich annehmen, daß der Zweig von Lestne in den Dünen Hollands gesammelt worden ist. Wesentlich auf diesem Zweig beruht die Diagnose der Art in seinen Species plantarum, Ed. I, Tom I, S. 346 (1753). Ich habe dieses Exemplar sorgfältig mit der jetzt in unseren Dünen wachsenden Form verglichen und fand keine Unterschiede. Ich folgere daraus, daß die von mir in meinen Versuchen benutzte Form, welche unseren Dünen entnommen wurde, die 0. biennis L. ist. Daß die Pflanze zweijährig ist , wurde bereits von Lestne im Hortus Cliffortianus und im Systema, genera et species plantarum (1835, S. 356) beschrieben, denn es heißt dort: Primo anno vix floret, alterno floret et perit. Und daß sie den Typus darstellt, der schon damals in Europa weit verbreitet war, geht aus einer Angabe in den Species plantarum (I. Ed., S. 346) hervor, wo er sagt: Habitat in Virginia, unde 1614, nunc vulgaris Europae. Ob die Pflanze auch später in Virginien beobachtet worden ist, habe ich nicht ermitteln können. Die Form, welche in den amerikanischen Floren gewöhnlich als 0. biennis beschrieben wird, ist eine ganz andere, welche durch höheren Wuchs, kleinere Blüten, mehr beblätterte Trauben und manche andere Merkmale von der unseligen verschieden ist, und namentlich viel leichter und in viel höherem Prozentsatz einjährige Individuen hervorbringt. Diese Form bedarf, wie die zahlreichen anderen elementaren Arten der 0. biennis einer genaueren systematischen Prüfung. Ich habe sie in den östlichen Staaten Nordamerikas vielfach beobachtet, und oft in abweichenden Typen; die für meine Versuche be- *) Gates hält die Fomi von 1614 für „closely resembling though not identical with the 0. Lamarckiana" , was die Identität mit der jetzt in unseren Dünen wachsenden Form nicht ausschließt. Ioiva Acad. of Science 1911, S. 86. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. o 34 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde nutzte Form sammelte ich unweit Chicago und nenne sie daher vor- läufig Oen. biennis Chicago1). Die in meiner Mutationstheorie und in sonstigen Mitteilungen sowie im vorliegenden Buche als 0. biennis besprochene Form ist stets die europäische, in unseren Dünen wachsende, mit dem Originalexemplare Linnes identische Unterart, Die Frage, ob Oen. biennis vielleicht bereits vor 1614 in Europa einheimisch war, ist ausführlich von Alphonse De Candolle in seiner Geographie botanique raisonnee behandelt -worden (1855, T. II, S. 710 — 713). Er zeigt klar, daß sie den damaligen Botanikern unbekannt war und folgert daraus, daß diese jetzt so ver- breitete europäische Art damals als neu aus Amerika eingeführt worden ist, Die ganze Gattung Oenothera ist ja auch amerikanischen Ursprunges. Im Vergleich zu der am weitesten verbreiteten amerikanischen Form wird unsere Pflanze bisweilen 0. biennis gran- diflora genannt. Ich erhielt Samen unter diesem Namen aus dem bekannten Garten des Herrn Correvon bei Genf, erzog daraus aber genau dieselbe Pflanze wie unsere 0. biennis L. Im Herbar des botanischen Institutes der Universität von Minnesota zeigte mir der Direktor Herr Freeman, als ich ihn im Sommer 1904 besuchte, eine Pflanze mit der Etikette 0. biennis grandiflora, welche gleichfalls mit der europäischen Form identisch war. Als 0. biennis wurde dort eine Unterart mit kleineren Blüten aufbewahrt; beide waren in der Umgegend eingesammelt worden. Auch fand ich selbst diese beiden Formen unweit North Toion Junction bei Minneapolis im Freien, und sammelte ihre Samen für meine Kulturen ein2). Die kleinblütige, hochwüch- sige Form , welche ich als 0. biennis Chicago andeute, scheint in den Vereinigten Staaten von New York und Washington bis in Kansas und Missouri sehr weit verbreitet zu sein, den west- lichen Staaten und namentlich Ich beobachtete sie an sehr zahl- verschiedenen Gegenden abweichende Fig. 9 Oenothera sp. nova von Manhattan in Kansas 3). Kalifornien dagegen zu fehlen, reichen Orten, fand aber in *) Vergl. diesen Abschnitt Kap. II, § 7 und meinen Aufsatz On triple hy- brids, Botan. Gazette, Vol. 47, Nr. 1, S. 1 (1909). 2) Teunis-bloemen in Noord- Amerika, Album der Natuur 1905. 3) Mit Blüten, welche sich in der Regel nicht öffnen, aber dennoch reichlich Frucht bilden. Allgemein um Manhattan. 2 m hoch, legi Sept. 1904, Kult. 1905. Konstante reziproke Bastardrassen :;:, ^ \ Typen, welche sich auch bei der Kultur im Versuchsgarten in 1905, aus den in 1904 eingesammelten Samen, verschieden verhielten (Fig. 9 und 10). Es gab Formen, welche über 4 Meter an Höhe erreich- ten, und andere, welche nur klein blieben. Einige öffneten in meiner Kultur ihre Blütenknospen fast nie (Fig. 9) und setzten dennoch reich- lich Samen an, andere bluten an jedem Abend und wurden fleißig von Hummeln und Nachtschmetterlingen besucht. Diese abweichenden Typen habe ich namentlich im westlichen Teil von Missouri und im östlichen Teil von Kansas ein- gesammelt, also wohl in der Gegend, wo vermutlich das Zentrum der geographischen Verbreitung der ganzen Grup- pe von Unterarten liegt. Sie führten mich, namentlich auch mittels der nachher im Ver- suchsgarten ausgeführten Kul- turen, zu der Ansicht, daß die 0. biennis eine sehr formen- reiche Sammelart ist , über welche ein eingehendes ver- gleichendes Studium sich sehr lohnen würde1). Dazu müssen aber an möglichst zahlreichen Fundorten Samen eingesam- melt und nebeneinander in einem Versuchsgarten kulti- viert werden. Oenothera biennis hat Selbst- befruchtung. Die Antheren öffnen sich bereits in der Knospe, etwa einen ganzen Tag vor dem Öffnen der Blüten. Der Blütenstaub um- gibt die Narben und befruchtet diese, sobald er sie berührt. Ge- wöhnlich sind die Staubröhren vor der Blüte bereits soweit in die Narben und den Griffel hinabge- drungen, daß man die Knospe vor dem Öffnen abschneiden kann, ohne die Befruchtung zu beeinträchtigen. Ich habe mehrfach ganze Trauben Von Courtney, am Ufer des Missouri Von North Town Junction bei Minneapolis 2) Fi£. 10 Oenothera speeies novae. *) Vergl. oben S. 16. Historische und systematisch-kritische Untersuchungen über 0. biennis und verwandte Arten hat namentlich R. R. Gates gemacht; vergl. dessen Mutation in Oenothera, American Naturalist, 1911, S. 577 u. 587 und die dort zitierte Literatur. 2) Beide Formen sehr nahe verwandt mit 0. biennis L.; gesammelt Sept. und Aug. 1904, Kult. 1905. 1 — 1,5 m hoch. Rispen mit nahezu reifen Früchten. 3* 36 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde mit gut gefüllten Früchten in dieser Weise erhalten; sie garantieren selbstverständlich reine Befruchtung. Da aber bei ungünstigem Wetter der Versuch bisweilen mißlingt, tut man besser, die Trauben in Papierdüten einzuhüllen und die Knospen sich öffnen zu lassen. Ohne jede weitere künstliche Hilfe findet dann stets ein normaler Samen- ansatz statt. Dieses frühzeitige Öffnen der Antheren hat aber auf der anderen Seite den Nach- teil, daß diese Organe behufs des Kastrierens aus jugendlichen Knospen entfernt werden müssen. Die Pflanze erträgt diese Operation bei kühlem Wetter gut, an heißen Tagen wirft sie aber oft die so behandelten Knospen ab, bevor die Narben empfängnisfähig werden. Immer geschieht dieses zwar nicht, doch hat dann die künstliche Bestäubung oft nur einen unvollständigen Erfolg, indem man nur etwa halbgefüllte Früchte be- kommt. Trotz dieser Schwierigkeiten gelingen Kreuzungen mit verwandten Arten, auch mit der 0. Lamarckiana und ihren Abkömmlingen, in der Regel in völlig genügender Weise. In unseren Dünen ist Oenothera biennis sehr verbreitet, während 0. muricata seltener ist und die Nähe des Meeres vorzieht. Die 0. Lamarclciana wird hie und dort als Futter für die Fasanen gesät, vermehrt sich dann während einiger Jahre stark, scheint aber nur selten ihr Gebiet zu vergrößern. Dieser Sachlage entsprechend ist es leicht Standorte von 0. biennis zu finden, auf denen die beiden anderen Arten fehlen. Und solches ist deshalb wichtig, weil diese nahe verwandten Arten auch im Freien sich sehr oft kreuzen, und dadurch einem nur zu leicht Bastard-Exemplare oder unrein befruchtete Samen in die Hände spielen können. Hierauf komme ich bei der Besprechung der 0. muricata zurück; für die 0. biennis fällt diese Betrachtung glücklicherweise völlig weg. Für die Stammpflanzen meiner Kulturen habe ich einen Fundort zwischen Beverwyk und Wyk aan Zee, in der Nähe eines dort befindlichen alten Denkmales gewählt. Ich hatte im Anfang die Gelegenheit, diese ganze Gegend bis stundenweit von dem Denkmal zu durchforschen und mich zu überzeugen, daß weder 0. muricata noch 0. Lamarckiana dort vorkommen. Auf die Art-Reinheit der am Denkmal wachsenden Gruppe von mehreren Tausend Individuen konnte ein Verdacht somit nicht fallen. Auf diesem Fundort habe ich dreimal am Ende eines Winters Rosetten von Wurzelblättern eingesammelt und sie in meinen Versuchsgarten übergepflanzt. Es geschah dieses in den Jahren 1897, 1899 und 1905. Die so erhaltenen Kulturen enthielten einige swZ/nrea-Exemplare, welche isoliert und für sich behandelt wurden. Unter den hochgelb blühenden konnten also sttJ/itrea-Bastarde vorkommen, ohne daß es möglich war, diese weder an ihren eigenen Merkmalen, noch an denen ihrer Nachkommenschaft zu er- kennen (S. 81). Jedesmal wurden zahlreiche blühende Exemplare einzeln in Pergamin- beuteln eingehüllt, um reine Samen für die Aussaaten der nächsten Jahre zu bekommen. Die Kulturen, welche von den Rosetten von 1897 und 1899 abstammten, wurden 1905 abgeschlossen; seitdem habe ich nur von der neuen Einfuhr von 1905 Samen benutzt und zwar in allen folgenden .lahren von diesen Pflanzen selbst, also ohne zu einer dritten Generation zu schreiten. Mehrfach habe ich in den aufeinanderfolgenden Jahren Samen von derselben Mutterpflanze ausgesät. Fast stets bestimmte ich dabei einen Teil zur Blüte im ersten Sommer, während ein anderer Teil durch spätes Auspflanzen dazu ver- anlaßt wurde, zweijährige Individuen hervorzubringen. Falls nichts weiteres vermerkt wird, sind die in den angegebenen Jahren (1897, 1899 und 1905) zu Kreuzungen benutzten Exemplare somit als Rosetten im Freien ein- gesammelt worden und diejenigen der übrigen Jahre unmittelbar aus den Samen solcher eingeführten Pflanzen hervorgegangen. Konstante reziproke Bastardrassen 37 § 3. Oenothera muricata Linne Tafel VII Diese Art ist erst nach dem Tode Linne s (1778) in Europa ein- geführt worden und zwar aus Kanada von John Hunnemann im Jahre 1789. Aber bereits vor dieser Zeit fehlte sie den botanischen Gärten nicht, und in dem Eerbar von Linne fand ich einen Zweig-, der mit H. U. bezeichnet und also dem botanischen Garten in Upsala ent- nommen war. Augenblicklich kommt die Art in Europa ziemlich ver- breitet vor, ist aber überall viel seltener als die 0. biennis1). In den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas, und namentlich in dem zentralen Teile fand ich die 0. muricata während einer Reise in 1904 in einer Reihe von Unter- arten, von denen aber keine mit unserer Pflanze identisch war, was sich namentlich im folgenden Jahre bei der Kultur im Versuchsgarten herausstellte. Solche Formen sam- melte ich in der südlichen Um- gegend von Chicago (Fig. 11), in den Dünen am Ufer des Michigan- Sees unweit Millers in Indiana, bei Üourtuey und bei Webb-City im westlichen Teile Missouris, na- mentlich aber in der Gegend von Manhattan und Lawrence in Kan- sas. Oft wuchs die Art an sol- chen Stellen in vielen Tausenden von Exemplaren, bisweilen mit Oen. biennis zusammen, an anderen Stellen aber für sich allein. Letz- teres war namentlich in Kansas der Fall. Die Oenothera muricata ist somit eine Sammelart, ähnlich wie die 0. biennis. Aus diesem Grunde habe ich dann den einzigen Zweig, der als Beleg der Linne scheu Art in seinem Herbar aufbewahrt wird, genau Fig. 11 Oenothera muricata, eine unbeschriebene Unterart, gemein in der Umgegend von Chicago: gesammelt Sept. 1904, Kult. 1905. *) Vergl. u. a. Alph. De Candolle, Geographie botanique raisonneell, S. 725 usw. 38 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde mit der Unterart unserer Dünen verglichen. Soweit ich es beurteilen konnte, fand ich keinen Unterschied, und ich glaube deshalb unsere Sorte als 0. muricata L. bezeichnen zu sollen. Allerdings sind die Differenzen zwischen den Unterarten nur geringe, und an getrockneten Exemplaren oft schwer zu erkennen. Dazu kommt, daß das Objekt im Herbar Lustnes nur ein schwacher Seitenzweig ist. Auf der anderen Seite hat bisher niemand auf die Existenz von Unterarten von 0. muricata aufmerksam gemacht, und läßt sich somit den amerikanischen Floren nicht entnehmen, ob vielleicht ein anderer Typus als der unsrige dort am meisten verbreitet ist. Kreuzungsversuche habe ich nur mit der muricata unserer Dünen ausgeführt und mit diesem Namen wird im folgenden stets diese Unter- art gemeint. Die Pflanzen für meine Kulturen habe ich den Dünen südlich von Zandvoort entnommen, von einer Stelle, welche möglichst frei von 0. bicnnis war. Docli wächst diese letztere Art hier fast überall und dementsprechend kommen auch Bastarde vor, wie ich demnächst beschreiben werde. Von der erwähnten Stelle wurden im September 1894 Samen und im Frühling 1905 Rosetten von Wurzelblättern gesammelt. Aus der ersteren Einfuhr hatte ich von 1895 — 1905 vier aufeinanderfolgende Generationen, teils einjährig, teils zweijährig. Die erste Generation blühte etwa zur Hälfte in 1895 und die andere Hälfte in 1896. Es waren in diesem Jahre sechs sehr hohe und kräftige Pflanzen, von denen fünf den oberen Teil ihrer Infloreszenz verbänderten. Die faszierten Partien erreichten eine Breite von bis 4 cm. Aus ihren Samen hatte ich im Sommer 1897 eine zweite, in 1899 und 1902 — 1903 eine dritte und in 1904 und 1905 die vierte Generation. Dann habe ich die Rasse abgebrochen, und weiterhin nur von der neuen Einfuhr kultiviert. Von dieser, welche 1,80 m hohe sehr kräftige zweijährige Pflanzen lieferte, wurden mehrere in Pergaminbeutelu der Selbstbefruchtung überlassen. Drei von ihnen wählte ich als die besten, und säte in den folgenden Jahren nur von ihren Samen. Somit waren 1906 — 1910 meine Pflanzen stets von der zweiten Generation, wenn man die eingeführten Rosetten als erste Generation bezeichnet. Ich kultivierte sie teils ein- jährig, teils zweijährig. Wie bereits erwähnt, kommen in unseren Dünen bisweilen Bastarde zwischen 0. muricata und 0. biennis vor. Es ist somit erforderlich, die möglichen Folgen dieser Erscheinung hier näher ins Auge zu fassen. Einerseits kann man bei dem Einsammeln von Samen auf unzweifelhaften MMricaia-Exeniplaren Proben finden, welche ganz oder teilweise von 0. biennis befruchtet worden waren. Andererseits kann man überwinterte Rosetten wählen, unter denen Bastai-de vorkommen, ohne daß dieses im Frühling, vor dem Anfang der Vegetationszeit, im Freien zu bemerken wäre. In beiden Fällen wird sich der Sachverhalt aber bei der Kultur im Garten ergeben. Glücklicherweise gibt es nun zwischen 0. muricata und 0. biennis nur zwei Bastardtypen. Man findet sie auf unsern Tafeln IX und XI sowie X und XII abge- bildet. Sie sind in Kulturen stets deutlich kenntlich. Abgeleitete Bastarde, wie solche ja zweifelsohne auch in den Dünen vorkommen müssen, führen entweder einen dieser beiden Typen oder kehren zu den Formen der elterlichen Arten zurück. Andere Zwischenformen gibt es nicht. Diese Umstände erleichtern offenbar das Auffinden der echten Bastarde. Ich führe jetzt ein Beispiel eines solchen Fundes an. Im September 1894 wurde unweit Zandvoort ein schön verbänderter bis 1,3 cm breiter Stengel mit reifen Früchten und Samen gefunden. Weder die Überreste der Blüten, noch diejenigen der Blätter reichten aus, um den Typus genau zu bestimmen, doch kam dieser jedenfalls der 0. biennis viel näher als der 0. muricata. Aus den Samen erhielt ich 1895 ein Beet von etwa 2 qm, welches ein Gemenge zweier Typen trug. Bereits an den jungen Konstante reziproke Bastardrassen 39 Rosetten, bei einer Länge der Blätter von 10 cm, war dieses deutlich zu erkennen. Von den schmalblättrigen blühten die meisten im ersten Sommer; sie verhielten sich als echte 0. muricata. Die breitblättrigen dagegen trieben im ersten Jahre keine Stengel, sondern wurden überwintert und blühten 1N96. Es waren zwanzig Pflanzen, von denen 6, also etwa 30% 7 schöne Verbänderungen trugen, wie die Mutter. Sie ergaben sich als zum Bastardtypus 0. muricata ■ biennis gehörig, sowohl im Laube und in den Blüten als auch in ihrer bedeutend herabgesetzten Fruchtbarkeit bei Selbstbestäubung. Die Erklärung dieses Sachverhaltes ist nun eine sehr einfache und unzweideutige. Wie wir in dem dritten Teile dieses Abschnittes sehen werden, geben die Bastarde bei Selbstbefruchtung eine einförmige Nachkommenschaft. Ebenso bei Kreuzung, wenn Selbstbefruchtung ausgeschlossen ist. Der gemischte Zustand der geernteten Samen deutet also auf gemischte Befruchtung; ein Teil war selbstbef rucktet, aber ein anderer Teil gekreuzt. Die eingesammelte Pflanze war, wie ihre eigenen Blätter und Blüten gelehrt hatten, keine muricata. und kann auch keine reine biennis gewesen sein, weil unter ihren Kindern die muricata vertreten war. Sie mußte somit eine Bastard sein und zwar 0. muricata ■ biennis. Denn dieser gibt, wie später erörtert werden soll, bei Selbst- befruchtung sowie bei Kreuzung mit 0. biennis ihren eigenen Typus wieder; bei Be- stäubung mit dem Staube der 0. muricata aber diesen Typus. Und damit ist der ge- mischte Zustand ihrer Nachkommenschaft völlig erklärt. Es ergibt sich somit, daß im Freien Kreuzbefruchtungen stattfinden und daß daraus auch in den Dünen Bastarde hervorwachsen können, wenigstens vom Typus 0. muricata ■ biennis. Die reziproken Bastarde sind viel schwächer und dürften daher in der Regel in den Dünen wohl nicht die erforderlichen Bedingungen für ihr Wachs- tum finden. § 4. Oenothcra muricata ■ biennis (Tafel IX und XI) 0. muricata habe ich in meinem Yersuchsgarten mehrfach mit O. biennis befruchtet, aber nur aus zwei Kreuzungen habe ich mehr als eine Generation erzogen. Die übrigen bestätigten in der ersten Generation die mit diesen beiden erhaltenen Resultate und sollen deshalb fernerhin nicht erwähnt werden. Die fraglichen Bastardierungen fanden 1895 und 1905 statt. Für den ersteren Versuch bestimmte ich eine Pflanze, welche ich 1895 dem oben beschriebenen Fundort von 0. muricata bei Zandvoort entnommen hatte, und befruchtete sie, als sie in meinem Versuchsgarten blühte, mit dem Staube von Blüten, welche ich zu diesem Zwecke bei dem Denkmale unweit Wyk aan Zee gepflückt hatte. Wie bereits in meiner Mutations- Theorie (Bd. II, S. 68) beschrieben wurde, erzog ich aus dieser Kreuzung vier Generationen von Bastarden und zwar 1896 — 1900. In späteren Jahren habe ich dann neue Kulturen von der dritten und vierten Generation gemacht, den Stammbaum aber nicht weiter verfolgt. Alle die erzogenen Bastarde hatten den auf Tafel IX und XI abgebildeten Typus. Die ursprüngliche Kreuzung hatte nur eine geringe Samenernte geliefert. Die aus ihr hervorgegangene erste Generation war teilweise einjährig und schwach, zum anderen Teile aber zweijährig und sehr kräftig. Aus den letzteren Pflanzen erhielt ich 1898 die zweite Generation. Sie umfaßte im Juni 240 junge Pflanzen, von denen nur 180 am Leben erhalten wurden, und etwa 70 es zur Blüte brachten. Es wurden nahezu 100 Rosetten überwintert; davon aber nur ein Dutzend bis zur Blüte und zur Frucht- reife kultiviert. Aus ihren rein befruchteten Samen entstand die dritte Generation in 1899, welche gleichfalls zum Teil einjährig war. Ich erntete die Früchte und hatte 1900 die vierte Generation, welche 76 Individuen und unter diesen 22 blühende zählte. In den Jahren 1902/3 wiederholte ich die dritte Generation aus Samen von zwei- jährigen Individuen der zweiten, welche 1899 rein befruchtet waren. Ich bekam 45 40 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Pflanzen, von denen 15 im ersten Jahre blühten und 30 überwintert wurden. Von diesen haben 26 geblüht und 14 von ihnen zeigten dabei mehr oder weniger schöne Verbänderungen des Stengels und der Blütentraube. Unter diesen hohen, reich ver- zweigten und sehr kräftigen Individuen wechselte die Größe der Blumen in auffallender Weise. In einigen erreichten die Petalen nur eine Länge von 1 cm, in andern von über 1,5 cm, während die meisten Individuen Blumen von mittlerer Größe trugen. Im Jahre 1904 und später in 1907 habe ich die vierte Generation wiederholt, und zwar 1904 in 74 Exemplaren, von denen 28 geblüht haben. Im Frühling 1907 säte ich nochmals Samen von 1903 aus und erzog 18 blühende einjährige und 9 im zweiten Sommer blühende Pflanzen (1908). Zusammenfassend finden wir: Kreuzung: O. muricata X biennis, 1895. Blühend und überwintert 1. 2. 3 Generation 1896—1897 Generation 1898—1899 Generation 1899 Anzahl Exemplare 240 55 4. Generation 1902—1903 Generation 1900 . . Generation 1904 45 76 74 Generation 1907 — 1908 Zusammen: 27 567 70 (1) 4- 100 (2) 25 (1) + 20 (2) 15 (1) + 30 (2) 55 (1) + 21 (2) 28 (1) 18 (1) + 9 (2) Im ganzen hatte ich also 567 Exemplare des Bastardes, von denen etwa die Hälfte, teils im ersten, teils im zweiten Jahre geblüht haben. Sie zeigten ausnahmslos denselben Typus. Die zweite Kreuzung habe ich 1905 ausgeführt und zwar mit den damals in meinem Garten blühenden Pflanzen, welche aus den im Freien gesammelten Rosetten entstanden waren (vergl. S. 36). Die erste Generation erzog ich 1907. Ich hatte 35 Pflanzen, von denen 6 blühten und die übrigen 29 bis zum Winter Rosetten blieben. Von ihnen starben 5 im AVinter, während die übrigen im zweiten Sommer geblüht und Früchte getragen haben. Aus den Samen von 1905 wiederholte ich 1908 die erste Generation in 45 Exemplaren, von denen 5 im ersten Sommer und 2 nach Überwinterung blühten. Die zweite Generation erhielt ich 1909 aus Samen von 1908. Es waren im ganzen 121 Pflanzen, von denen etwa 12 zur Blüte gelangten. Aus ihren Samen hatte ich 1910 zusammen 15 blühende Individuen und 40 Rosetten der dritten Generation. Diese Kultur umfaßt somit aus der Kreuzung 1905: Anzahl d. Exemplare Blühend 1. Generation 1907—1908 ... 35 6 (1) + 24 (2) 1. Generation 1908 45 5 (1) -j- 2 (2) 2. Generation 1909 121 12 (1) 3. Generation 1910 55 15 (1) Zusammen: 256 38 (1) 26 (2) Der Umfang dieser Kulturen war geringer als der im ersten Versuch, und zwar namentlich aus dem Grunde, daß den einzelnen Pflanzen viel mehr Raum gegeben wurde, damit sie sich möglichst kräftig ausbilden könnten. Auch hier hatten die Pflanzen aber ausnahmslos denselben Typus. Oenothera muricata X biennis ist in hohem Grade goneoklin nach der Vaterseite oder patroklin. In einigen Stadien ihres Lebenslaufes sieht sie der O. biennis zum Verwechseln ähnlich. Einzelne abweichende Individuen in einer Kultur könnten dann leicht übersehen werden, aber nach einigen Wochen würde der Unterschied doch zum Vorschein treten. Konstante reziproke Bastardrassen 41 Fig. 12 Oenothera muricata X biennis. Vierte Generation. Mitte Sept. 1907 l). *) Auf dem Höhepunkt der Blüteperiode. Die auf Tafel. IX abgebildete Eispe wurde Ende Oktober 1910 gezeichnet und stellt nahezu den Schluß der Blüteperiode dar. 42 Reziproke und doppeltreziproke Bastardrassen Bei solchen geringen Differenzen ist es sehr wesentlich, nur kultivierte Exemplare zu vergleichen, welche in der unmittelbaren Nähe ihrer Eltern und unter gleichen Kulturl »edingungen gezogen werden. Wegen der individuellen Fluktuationen ist es ferner zweckmäßig, die Typen nicht an einzelnen Exemplaren, sondern an kleinen oder größeren Gruppen zu studieren. Zwölf bis fünfzehn Pflanzen reichen in der Regel schon aus, um ein Bild des Typus zu geben, doch habe ich vielfach die doppelte Anzahl bis zur Blüte und Fruchtreife kultiviert und in den jugendlichen Stadien noch mehr. Leider setzen die geringe Fruchtbarkeit und die schwache Keimfähigkeit des Bastards dem Umfang der Versuche meist eine ungewünschte Grenze. Alljährlich hatte ich neben den Bastarden die beiden elterlichen Arten in Kultur und mehrfach blühten die Indi- viduen verschiedener Generationen zu derselben Zeit. So z. B. in 1907 und 1908 die erste Generation der einen und die vierte aus der anderen Kreuzung (S. 40). Das letztere ist zumal zu dem Zwecke von Wichtig- keit, um sich von der Identität der aufeinanderfolgenden Generationen zu überzeugen. Die jetzt folgende Besehreibung gilt für die Pflanzen meines Versuchsgartens (vergl. Tafel V, VII, IX und XI). Auf magerm Saudboden, oder in einem wärmeren und trockneren Klima sehen die Pflanzen ganz anders aus. Ihre Differenzen werden aber wohl dieselben bleiben. Von der 0. muricala ist unser Bastard immer leicht und sicher zu unterscheiden, weil diese Art sehr schmale Blätter uud kleine Blumen hat. Ich werde also in meiner Beschreibung vorwiegend von einer Vergleichung mit 0. biennis ausgehen und angeben, in welchen Punkten der Bastard sich mehr der Mutter nähert. Der Bastard ist weder stärker noch schwächer als die beiden Eltern. Auch in der Größe der Rosetten und in der Höhe der Stengel weicht er nicht ab; in diesen Punkten sind auch die Eltern unter sich im wesentlichen gleich. In der ersten Jugend, bis etwa drei Monate nach der Aussaat, haben die Pflanz - chen auffallend schmale Blätter und gleichen mehr der 0. muricala als der 0. biennis. Sobald sich aber, nach dem Auspflanzen auf dem Beete, die Rosetten zu bilden anfangen, nehmen die Blätter die breitere Form von 0. biennis an, und schließen, indem sie sich flach dem Boden andrücken, ohne Lücken aneinander an. Noch im Juli hält es schwer, sie von der Oen. biennis zu unterscheiden; legt man ein Wurzelblatt des Bastards auf ein gleichaltriges der Art, so findet man weder in Länge uud Breite, noch in der Form, noch am Eande konstante Unterschiede. Jede Erinnerung an 0. muricala scheint ver- schwunden zu sein. Falls die Rosetten keinen Stengel treiben, wachsen sie bis in den Winter hinein, und werden immer größer und stärker. Dabei prägen sie allmählich einen eigenen Typus aus, der auf Taf. XI dargestellt worden ist, und der sich immer sicher, wenn auch oft nicht leicht, von der 0. biennis unterscheiden läßt. Die Blätter sind jetzt bedeutend länger und schmäler, meist nur die halbe Breite uud oft nahezu die doppelte Länge erreichend. Dazu sind sie sehr zahlreich, den Boden ringsherum meist lückenlos deckend. Die Farbe ist ein leuchtenderes Grün, der Rand ist feiner gezähnelt. Offenbar stehen Blattbreite und Blätterreiclitum unter dem Einflüsse der erblichen Eigenschaften der O. muricala. Die aufwachsenden Stengel sind dichter beblättert; ihre Blätter gleichen denen der 0. biennis, weichen aber in Breite und Form, unter dem Einflüsse der 0. muricala, mehr oder weniger bedeutend ab. Man sieht dies am deutlichsten, wenn man das unterste Blatt der Blütentraube vergleicht. Es ist beim Bastard etwas länger, spitzer und mehr gezähnt als bei der Art. Aus mehreren Messungen im Juni 1910 fand ich für dieses Blatt beim Bastard 19 X 4,5 cm und bei der Art 17 X 5,0 cm als mittlere Zahlen. Konstante reziproke Bastardrassen 43 Die Infloreszenzen zeigen am deutlichsten die gemischten Eigenschaften der beiden Eltern. Sie sind dicht beblättert und reich an Blüten wie 0. muricata, aber großblumig wie die 0. biennis. Während bei letzterer Art jeden Abend sich an einer Traube meist nur 2 — 3 Blüten öffnen, steigt die Zahl bei 0. muricata und bei dem Bastard oft zu einem halben Dutzend, namentlich am Anfang der Blütenperiode. In Verbindung mit den großen Blumen wird dadurch die Schönheit des Bastardes weit bedeutender als jene der beiden Eltern, docli ist die Farbe der Blumenblätter eine blassere. Die Bracteen überragen bei 0. muricata im Anfang oft die Blüten, während sie bei 0. biennis kürzer sind. Beim Bastard halten sie etwa die Mitte; die Traube ist reich und dicht belaubt, aber die Blüten ragen völlig aus dem Laube bervor. Mit zunehmender Blütezeit treten bei allen Formen die Bracteen immer mehr in den Hintergrund. Die Blüten öffnen sich bei 0. biennis abends sehr weit, indem ihre Petalen sich rückwärts umbiegen. Diejenigen von 0. muricata bleiben trichterförmig, und der Bastard hält zwischen ihnen die Mitte. Seine Blumen sind viel größer als diejenigen der Mutter, meist etwas kleiner als die des Vaters, wechseln aber, auch in späteren Generationen, oft in auffallender Weise von fast m uricata-Gr'öße bis fast biennis ab. Diese Fluktuation ist eine individuelle, die eine Pflanze ist großblumig an allen Tagen und auf allen Zweigen, die andere aber stets kleinblumig oder mittelmäßig. In beiden Eltern berühren die Antheren die Narben, öffnen sich einige Stunden oder länger vor dem Offnen der Blüten und befruchten die Narben ganz oder teilweise in der noch geschlossenen Knospe. Um reine Samen zu erhalten, hülle ich die Rispen in Pergaminbeutel, welche ich nicht zu öffnen brauche, ehe die beabsichtigte Anzahl von Früchten befruchtet worden ist. Die Narben sind zylindrisch, bei 0. biennis lang und dünn, bei 0. muricata kurz und dick, beim Bastard ein wenig dicker als bei 0. biennis und etwas höher zwischen den Antheren emporragend. Bei 0. muricata stehen sie noch etwas höher. Die Samenknospen sind von nahezu normaler Fertilität, denn sie werden von reinen Arten in normaler Weise und in gewöhnlicher Anzahl zur Samenbildung angeregt. Dagegen ist der Blütenstaub in hohem Grade in seiner Fertilität herabgesetzt, denn reine Arten werden von ihm nur mangelhaft befruchtet. Demzufolge ist die Sameu- bildung beim Bastard bei der Selbstbestäubung eine unvollständige, bisweilen halb normale, bisweilen aber viel geringere, nicht selten durchaus fehlende. In gut aus- gebildeten reifen Früchten des Bastards zählte ich im Oktober 1910 die Samen und fand im Mittel etwa 100 pro Frucht, während bei den Eltern die doppelte Zahl die normale ist, und gar häufig überschritten wird. Dementsprechend schwellen die Früchte des Bastardes nur unvollständig an. Sie sind oft knotig, an einzelnen Stellen geschwollen und an anderen geschrumpft. Dadurch ergeben sich die samenreifen Pflanzen oft sofort als Bastarde. Auch ist die Keimkraft der ausgebildeten Samen mehrfach eine ganz unzuverlässige, denn von einer anscheinend guten Probe gereinigter Samen keimt häufig nur ein geringer Prozentsatz, während die beiden Eltern reichlich keimende Samen haben. Diese geringe Fertilität des Bastardes hat sich in meinen Kulturen im Laufe der Generationen durchaus unverändert erhalten. Die dritte und vierte Generation sind noch ebenso arm an Pollen und Samen wie es die erste war. £ 5. Oenothera biennis X muricata (Tafel X und XII) Auch diese Kreuzung habe ich mehrere Male ausgeführt, aber gleichfalls nur in zwei Fällen durch weitere Generationen fortgesetzt. Diese Kreuzungen fanden 1903 und 1905 statt und lieferten zwei bezw. vier Generationen. Wie 0. muricata X biennis bildet auch dieser Bastard eine konstante Rasse, welche sich weder in der ersten oder zweiten, noch auch in einer späteren Generation spaltet, sondern stets 44 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde aus einer sehr einförmigen Gruppe von Individuen besteht. Die Pflanzen gleichen der 0. muricata weit mehr als der 0. biennis, namentlich in den schmalen Blättern und den kleinen Blüten. Doch sind sie bei weitem nicht so stark wie der reziproke Bastard, viel weniger gut verholzt und somit weniger widerstandsfähig gegen die Botrytis-FixuMs. Demzufolge ertragen sie das Umbinden der Pergaminbeutel schlecht und die künstlich befruchteten Exemplare sind dem Durchfaulen und Absterben an der Bindestelle, also gerade unterhalb der Fruchtrispe, nur zu sehr ausgesetzt. Aus diesem Grunde habe ich die Bestäubungen, wo immer möglich, in kleinen Käfigen von Metallgaze ausgeführt. Für die Kreuzung 1903 benutzte ich ein zweijähriges Exemplar der zweiten Generation meiner damaligen Rasse von 0. biennis und den Blütenstaub meiner 0. muricata aus der dritten Generation (Rasse von 1894, §3 S. 38); die erhaltenen Samen säte ich teilweise in 1904, zum Teil aber in 1905 aus. Im erstgenannten Jahre erhielt ich 6 blühende Pflanzen und etwa 30 Rosetten, welche bis in den Winter als solche am Leben blieben. Im Sommer 1905 hatte ich 30 Exemplare, welche sämtlich im ersten Jahre Stengel trieben und im Juli zu blühen anfingen. Von diesen haben dann 27 Pflanzen üppig geblüht und Früchte gebildet. Die künstlich mit dem eigenen Pollen befruchteten Blumen gaben aber nur eine sehr geringe Ernte (etwa 0,2 ccm pro Pflanze, d. h. auf etwa 10 Früchten). Aus den Samen von drei Samenträgern hatte ich 1907 die zweite Generation, welche 9 blühende Pflanzen und 19 Rosetten umfaßte. Von den letzteren haben im nächsten Sommer noch 10 geblüht. Damit wurde diese Rasse abgeschlossen. Sie bildete also: O. biennis X muricata Kreuzung 1903 Anzahl d. Exemplare Blühend 1. Generation 1904 .... 36 6 (1) 1. „ 1905 .... 30 27 (1) 2. „ 1907 .... 28 9 (1) 2. „ 1908 .... _— 10 (2) Zusammen : 94 52 Alle diese Pflanzen waren einförmig und entsprachen dem auf Tafel X und XII abgebildeten Typus. Die zweite Kreuzung habe ich 1905 ausgeführt, und zwar zwischen den damals als Rosetten in den Versuchsgarten übergepflanzten Exemplaren. Ich erhielt pro Pflanze 7 — 10 ccm Samen, also nicht weniger als die biennis in derselben Anzahl von Früchten nach Selbstbestäubung gibt. Von diesen Samen säte ich einen Teil 1907, einen anderen 1908 aus. Im Frühling 1907 keimten die Samen reichlich und vorzüglich; ich pflanzte aber von den 60 jungen Rosetten nur 6 aus, welche sämtlich in demselben Jahre geblüht haben. Anfang 1908 war die Keimung wiederum eine sehr kräftige, und habe ich 18 Pflanzen bis zur Blüte und 45 als Rosetten bis in den Juli erzogen. Aus den Samen von 1907 kultivierte ich 1908 die zweite Generation und zwar in zwei Gruppen, jede von einer Mutter. Von diesen haben 29 -f~ 26 = 55 geblüht, während 80 weitere als Rosetten bis in den Juli kontrolliert wurden. Nach Selbst- bestäubung gaben die Pflanzen 0,3 — 0,5 ccm Samen (pro Traube von 10 — 12 Früchten). Aus den Samen eines Fruchtträgers hatte ich 1909 die dritte Generation mit 13 blühenden Pflanzen und 40 jungen Rosetten. Die vierte Generation umfaßte dann 1909 im ganzen 60 junge Pflanzen, von denen ich aber nur 10 auf das Beet brachte, da ja die Konstanz der Rasse jetzt ausreichend bewiesen war. Diese 10 haben sich dann reichlich verzweigt, bis in den November üppig geblüht und viele Früchte angesetzt. Sie dienten namentlich zum Vergleich mit den später zu besprechenden sesquireziproken und doppeltreziproken Bastarden. Fassen wir jetzt die Kultur dieser zweiten Rasse zusammen, so finden wir: Konstante reziproke Bastardrassen 45 Kreuzung 1905 Anzahl d. Exemplare 1. Generation 1907 . . 60 1. 1908 . 60 2. n 1908 . . 135 3. 1909 . • 53 4. 1910 . Zusammen 60 368 Blühend 6 is 13 10 102 Auch diese Pflanzen waren durchaus einförmig und von demselben Typus wie die vorher beschriebene Rasse. Wie der reziproke Bastard ist auch dieser stark patroklin. Das lehren nicht nur die schma- len Blätter und die kleinen Blu- men, sondern auch das Nutieren der jungen Sproßgipfel. Diese biegen sich stark seitwärts, oft sogar im geraden Winkel oder hakenförmig sich nach unten richtend. Es zeigt sich diese Erscheinung sowohl am Haupt- trieb, wie unsere Tafel X es darstellt, als auch an den Seiten- zweigen. Sie fängt schon früh- zeitig, lange vor der Blüte an, erlischt aber am Ende der Blüte- zeit des betreffenden Sprosses ganz allmählich, und die Spitzen der nahezu reifen und reifen Rispen stehen gerade auf. We- der O. biennis noch O. muricata X biennis nutieren in dieser Weise; es ist ein Merkmal der O. muricata, das auf den patro- klinen Bastard übertragen wird. Die Holzbildung in den Stengeln und Blattnerven ist eine unvollkommene; auch blei- ben die parenehymatischen Ge- webe und namentlich die Rinde weicher als bei den elterlichen Arten. Es zeigt sich dieses einerseits in der blasseren Farbe und größeren Saftigkeit, anderseits in dem ge- ringeren Widerstände gegen Fäulnis. In diesen Hinsichten ist O. muricata X biennis ebenso kräftig wie die Eltern, O. biennis X muricata aber bei weitem nicht. Fig. 13. Oenothera biennis X muricata. Zweite Generation, Sept. 1907 ^ ') Aus einer kleinen, nur zu diesem Zwecke gemachten Nebenkultur. 46 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Die fragliche Fäulnis wird durch den in Gärten und Gewächshäusern bei uns äußerst gemeinen Pilz Botrytis cinerea (Sclerotinia Fuckeliana) verursacht. Dieser lebt überall saprophytisch auf abgestorbenen Pflanzenteilen und vermehrt sich sehr rasch, namentlich bei warmem und feuchtem Wetter. Die abgeblühten Blüten der Oenotheren werden von ihr augegriffen, wenn sie noch auf dem Tragblatte ruhen, und von hier aus ergreift der Pilz das lebende Blatt und tötet gewöhnlich einen größeren Flecken. Blieb die Blüte beim Abfallen in der Blattachsel hängen, wie nicht gerade selten vorkommt, so wandert das Myzel von ihr aus direkt in den Fuß des Blattstieles und in die benach- barte Rinde des Stengels. Diese wird krank und stirbt ab, der Pilz aber dringt rasch in die angrenzenden Teile der Rinde, aber nur sehr langsam in das Holz hinein. All- mählich erstreckt sich die Fäulnis über einzelne oder mehrere Internodien. Es kann die Infektion aber auch von einer Wunde oder einem toten Blatte ausgehen, und oft- mals gelingt es nicht, die äußere Ursache ausfindig zu machen. Die erkrankte Rinde wird mißfarbig, im Spätherbst oft schwarz und bedeckt sich in feuchter Luft reichlich mit den stark verzweigten Konidienträgern. Fast nie sah ich noch wachsende Teile in dieser Weise ergriffen; meist tritt die Fäulnis wenige Internodien unterhalb der Blütentraube oder in deren unteren Teilen auf, also zwischen den bereits erwachsenen und heranreifenden Früchten. Werden auch diese angegriffen, so fängt die Wand zu faulen an und die Samen reifen nicht weiter. Oberhalb der faulenden Stelle geht das Reifen noch lange Zeit in anscheinend normaler Weise vor sich, was darauf hindeutet, daß die Wasserbewegung im Holze nicht sistiert wurde. Wird aber auch das Holz krank und mißfarbig, so fangen die Blätter oberhalb der Wundstelle zu welken an, und das Wachstum der Früchte und Samen hört auf. Ist dann der Sproß etwa nicht angebunden, so wird er meist vom AVinde an der faulen Stelle abgebrochen oder doch hinabgeknickt. In den Monaten Juli und August ist die Gefahr der Infektion eine große, doch wurde bisher auf jedem Beet dieses Bastardes — und der ebenso schwach ausgebildeten Mischlinge aus anderen Kreuzungen — immer nur ein geringer Teil der Individuen befallen. Eine sehr große Gefahr entsteht aber, wie bereits im Anfang des vorher- gehenden Paragraphen bemerkt wurde, wenn die Sprosse behufs künstlicher Befruchtung in Pergaminbeutel gehüllt werden. Denn diese müssen unterhalb der Traube zugebunden werden, und dazu ist es erforderlich, einige Blätter mit ihren Achselzweigen oder Früchten zu entfernen. An solchen Stellen sind meine Samenträger nur zu häufig durch- gefault, und oft habe ich in dieser Weise den besten Teil meiner Ernte verloren. Diese schwache Verholzung hat der Bastard, soweit ersichtlich, nicht vou seinen Eltern geerbt. Sie muß also einstweilen mit der erhöhten Sterilität des Pollens und der herabgesetzten Keimfähigkeit der Samen als eine direkte Folge der Inkongruenz der männlichen und weiblichen Erbschaften aufgefaßt werden. Die ersten Blätter der Keimpflanzen sind schmal und denen der 0. muricata ähnlich. Aber bereits im Juni treten die Unterschiede deutlich hervor, wenn die Rosetten etwa 12 — 15 Blätter tragen und diese eine Länge von 10 — 12 cm erreichen. Sie sind bei gleicher Breite viel länger, von weicherer Struktur aber aufgerichtet wie bei der ge- nannten Art. Diejenigen von 0. biennis und 0. muricata X biennis sind dann fast doppelt so breit; ihre Scheibe ist schärfer vom Stiel ab- gesetzt. Bei biennis X muricata liegt die größte Breite des Blattes oberhalb der Mitte ; demzufolge ist die Spitze breiter als bei 0. muricata. Man kann die Blätter des Bastardes in diesem Stadium länglich spatei- förmig, und diejenigen der Muricata länglich rautenförmig nennen. Die untere Hälfte ist beim Bastard weniger tief ausgerandet als bei der Art. Am Stengel treten dieselben Unterschiede auf, doch in etwas ge- ringerem Grade. Das untere Blatt der Infloreszenz ist nur wenig Konstante reziproke Bastardrassen 47 breiter als bei der Muricata. Dafür fehlt dem Bastard aber die bläulich grüne Farbe der Art, und sind seine Blätter, dem Mittelnerven entlang, mehr oder weniger rinnig zusammengebogen, und am Rande weniger gezähnt. Die Farbe ist rein grün; Sprosse und Blätter sind meist sehr arm an Erythrophyll. Die Blüten stehen in den Trauben etwas weniger gedrängt als bei 0. muricata, doch öffnen sich auch beim Bastard an jedem Abend eine ziemlich große Anzahl. Sie sind ungefähr von derselben Größe wie bei der Art, nur ein wenig größer, haben aber ein dunkleres Gelb und einen viel stärkeren Duft nach Ananas. Bei der 0. muricata ist dieser Geruch deutlich aber nur schwach ausgebildet, während 0. biennis den gewöhn- lichen Honiggeruch besitzt. Die Bastarde duften sehr angenehm, und würden sich aus diesem Grunde für weitere Kultur empfehlen, wenn sie unter unserm Klima nicht gar zu schwach wären. Ich habe auch Oenothera biennis cruciata mit 0. muricata befruchtet und fand den Bastard in jeder Hinsicht der 0. biennis X muricata gleich, namentlich auch in diesem herrlichen Dufte. Die Kapseln sind auffallend dünner als bei 0. muricata, weil sie nur unvollständig mit Samen erfüllt sind. Obgleich länger als beim reziproken Bastard, sind sie doch ärmer an Samen. Ich zählte im Mittel 70 Samen pro Frucht, gegen 90 — 100 beim anderen Bastard und etwa 200 bei 0. muricata. Die unvollständige Ausbildung ist wohl zum größten Teil der hohen Sterilität des Pollens zuzuschreiben. Gruppen- weise wachsen die Samen im Innern heran, und machen dann das Äußere der Frucht bucklig. Beim Offnen der trockenen Frucht ergeben sich die Klappen als schwach und dünn, während sie sonst bei den Oeuotheren gewöhnlich steif und hart sind. Nicht selten schlägt die Befruchtung gänzlich fehl, und fallen die Ovarien als kleine dünne trockene Stielchen ab. Selbstverständlich kommen auch alle Übergänge vor. Aus dieser Beschreibung sowie aus den Tafeln und Figuren ersieht man, daß diese Bastarde in ihren Formen Mittelbüdungen zwischen den beiden Arten sind. Dieses gilt aber auch vom reziproken Bastard, ob- gleich dessen Typus ein so ganz anderer ist. § 6. Die Unterschiede zwischen den beiden reziproken Bastarden Tafel IX— XII Wir wollen jetzt die in den beiden vorhergehenden Paragraphen gegebenen Beschreibungen kurz zusammenfassen, und an der Hand un- serer Tafeln IX — XII näher beleuchten. Sie bilden die Grundlage für die Beurteilung der im dritten Kapitel zu behandelnden doppeltreziproken Bastarde dieser beiden Arten. Die beiden reziproken Bastarde sind durchaus verschieden und zeigen die Merkmale ihrer Eltern in verschiedener Weise verbunden. 48 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Der Gipfel des Stengels ist in 0. muricata X biennis gerade, wie Tafel IX zeigt, ebenso wie in 0. biennis. In 0. biennis X muricata (Tafel X) , sowie in 0. muricata ist er seitlich gebogen. Diese Knickung findet in der Höhe der blühenden Blüten statt, und ist um so stärker, je jünger die Traube ist. Einige Zeit vor dem Abblühen streckt der Gipfel sich gerade. Die Farbe des Laubes ist dunkel grasgrün in 0. biennis und in 0. muricata X biennis (Tafel IX), dagegen bläulich grün in 0. muricata und 0. biennis X muricata. Die Stengel der beiden ersteren sind hart, steif und dunkelgrün. Während der Stengel von 0. muricata etwas weicher ist, ist derjenige des Bastards 0. biennis X muricata sehr weichlich und dadurch in feuchten Sommern stark dem loka- len Durchfaulen ausgesetzt. Hier ist seine Farbe, wie in 0. murica- ta blaß und deutlich gelbgrün. Auch in den Blüten sieht man einen Unterschied in der Far- be, der in größeren Kulturen stark auffällt. Diejenigen von 0. muri- cata X biennis (Tafel IX) sind schwefelgelb; diejenigen des rezi- proken Bastardes (Tafel X) aber hochgelb. Dementsprechend wer- den die Blüten beim Verblühen bei der letzteren Form fast bräunlich. Kelche, Ovarien und junge Früchte sind bei 0. biennis X mu- ricata weich und abstehend behaart; bei 0. muricata X biennis fast un- behaart. Die Blätter des ersteren Bastardes (Tafel IX) sind breit und flach, mit weit abstehenden Seitennerven; diejenigen der reziproken Form (Tafel X) sind schmal und dem Mittelnerv entlang mehr oder weniger rinnig zusammengebogen, oder vielmehr mit den Rändern wellenartig auf- und abwärts gekrümmt. Ihre Seitennerven entspringen dem Haupt- nerve unter kleineren Winkeln. In den auf den Tafeln abgebildeten Brakteen ist dieser Unterschied deutlich sichtbar, doch ist er in dem Laube der vegetativen Stengelteile weit schärfer ausgesprochen. Die unreifen Früchte haben in beiden Bastarden nahezu dieselbe Länge, doch bleiben sie kleiner und dünner als bei den Eltern. Dieses deutet auf mangelhafte Befruchtung. Bei 0. biennis X muricata sind sie dünn, fast stielrund, und an seitlich abstehenden oder abwärts ge- a b cd Fig. 14 Untere Braktee der Infloreszenz von: a 0. muricata L. ; b 0. biennis X muri- cata \ c 0. muricata \ biennis; d 0. biennis L. *). *) Ende August 1910, von möglichst gleichaltrigen Pflanzen. Beide Bastarde sind deutlich patroklin. Konstaute reziproke Bastardrassen 49 bogenen Ästen zu geotropischen Krümmungen sehr geneigt. Beim reziproken Bastard (Tafel IX) entsprechen sie in der Form mehr den- jenigen der 0. biennis, bleiben aber kleiner und dünner sowie ärmer an Samen. Oft sind sie bucklig oder stellenweise gekrümmt (Tafel IX) in- folge lokal mißlungener Samenbildung. Bei 0. muricata X biennis stehen sie meist dicht gedrängt, zumal iu den unteren Teilen der Traube ; in dem abgebildeten Sproßgipfel (Tafel IX) fällt dieses weit weniger auf als sonst. Im allgemeinen gleichen die beiden reziproken Bastarde also mehr ihrem Vater als ihrer Mutter. Die auf den Tafeln altge- bildeten Sprosse sind die Gipfel von Hauptstämmen, welche im September blühten, während die unteren Früchte derselben Trauben schon reife Samen führten. Sie gehörten der drit- ten (0. muricata X biennis) und vierten Generation an (Ta- fel X, 0. biennis X muricata). Diese Bastarde waren in der ersten und den folgenden Generationen durchaus einför- mig, ohne Spur von Spaltung; ihr Typus blieb dabei stets der- selbe. Zwischen den einjährigen Individuen beider Bastarde (Tafel X und X) kommen ge- legentlich Pflanzen vor, welche erst im zweiten Jahre einen Stengel treiben, im ersten aber im Zustande von Rosetten von Wurzelblättern verharren. Die beiden auf Taf. XI und XII abgebildeten Rosetten entstammen den nämlichen Kulturen wie die Blütentrauben auf Taf. IX und X und zeigen dieselben Unterschiede, welche die einjährigen Pflanzen in ihrer Jugend zur Schau tragen, aber in kräftigerer Ausbildung. Wie dort ist die Farbe des Laubes grasgrün in 0. muricata X biennis, aber bläulich- grün in 0. biennis X muricata. Die auf Taf. XI dargestellte Rosette von 0. muricata X biennis liegt dem Boden hart an, auch sind die jüngeren Blätter flach über die Fig. 15 Reife Fruclitstände von: a 0. muricata x bi- ennis; b 0. biennis x muricata1). *) Die Trauben von 0. muricata x biennis (a) sind viel dichter, die Früchte etwas kleiner, von stärkerem Bau und dementsprechend sich weniger weit öffnend als diejenigen des reziproken Bastards (b). Nov. 1910. (Dritte bezw. vierte Generation.) Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. 4 50 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde älteren ausgebreitet. Die einzelnen Blätter sind schmal, mit deutlichen weißen Hauptnerven und in weitem Winkel abstehenden Seitennerven. Ihre Ränder sind flach oder etwas nach unten umgebogen, meist un- deutlich gezähnt. 0. biennis X muricata hat längere und schmälere Blätter, welche namentlich an der Spitze und auch an der Basis mehr allmählich ver- schmälert sind. Die hellen, weißen, sehr auffallenden Hauptnerven Fig. 16 Oenothera biennis L. Junge Pflanze, lange vor dem Emporschießen des Stengels. bilden am Fuß fast einen Blattstiel und sind viel breiter als bei dem reziproken Bastard. Die ganze Rosette hat einen lockeren Bau. Die Blätter sind oft dem Boden angedrückt, oft aber auch rückwärts um- gebogen, namentlich an ihrer Spitze. Die Seitennerven bilden einen kleineren Winkel mit dem Hauptnerven und biegen sich nur allmählich aufwärts. Die Blätter zeigen hier und dort braune Fleckchen und werden beim Abwelken, namentlich an der Unterseite, rötlich, ebenso Konstante reziproke Bastardrassen 51 wie die älteren Teile der Stengel und der Äste, zumal in der Nähe der Blattinsertionen oft rötlich angelaufen sind. Im reziproken Bastard fehlt diese rote Farbe nahezu völlig. Im Herzen sind die Rosetten von 0. maricata X hiennis dichter gefüllt, mit schmäleren Blättchen, während diejenigen von 0. hiennis X muricata breitere, teilweise fast dreieckige Blättchen zeigen, welche lockerer aneinander gefügt sind. 0. muricata X hiennis zeigt in meinen Kulturen sehr häufig ver- bänderte Stengel. Den Anfang einer solchen Verbreiterung zeigt das Herz der Rosette auf Taf. XI. § 7. Amerikanische Arten von Oenothera (Tafel VI und VIII) Wie schon im Anfang dieses Abschnittes bemerkt wurde, habe ich außer den beiden europäischen Arten 0. hiennis und 0. muricata noch eine Reihe weiterer Formen zu meinen Kreuzungsversuchen benutzt. Einige von ihnen habe ich im Sommer 1904 selbst in Amerika gesammelt, von den übri- gen wurden die Samen von an- dern für mich den wilden Stand- örtern entnommen. Ich werde die einzelneu Formen jetzt kurz beschreiben und dabei jedesmal die Herkunft meiner Rasse angeben. Sie gehören sämtlich der Gruppe Onagra an. welche von einigen Autoren als Untergattung, von anderen als Gattung aufge- faßt wird. Kreuzungen mit Arten aus anderen Gruppen habe ich zwar mehrfach versucht, dabei aber stets nur sterile Bastarde erhalten, welche Mittelbildungen zwischen ihren Eltern darstellten. So z. B. 0. odorata X 0. hiennis, 0. odorata X 0. muricata, 0. Selloivii X 0. muricata. Die reziproken Bastarde von (). Selloivii und 0. LamarcMana waren ein- ander gleich, diejenigen von 0. Selloivii und 0. hiennis aber nicht, offenbar wegen der Heterogamie dieser letzteren Art. Ein ganz pracht- voller, bis 2 m hoher, aber ebenfalls steriler Bastard ist 0 muricata Fig. 17 Oenothera maricata L. Junge Pflanze, im gleichen Alter wie Fig. 16 0 ') Diese beiden Figuren sollen eine Vorstellung geben von der Größe der Unter- schiede in demjenigen Stadium, in welchem die Bastarde dieser beiden Arten zuerst ausgezählt werden können. 52 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde X 0. rhombipetala1). Diese letztere Art2) sammelte ich anweit Min- neapolis und bei Millers Station in Indiana. Außerdem habe ich eine ganze Reihe von Oenotheren aus verschiedenen Teilen Nordamerikas in Kultur genommen, so z. B. die großblütigen Formen aus Alabama und Mexiko, die 0. Oakesiana3) aus dem Staate New York, die in Frankreich jetzt wild wachsende und ziemlich verbreitete 0. suaveolens*) u. v. a. Ferner habe ich während einiger Jahre und namentlich 1899, nahe- zu alle von botanischen Gärten zum Tausch angebotenen Samen- arten aus dieser und den verwand- ten Gattungen ausgesät und kul- tiviert, dabei aber nur in seltenen Fällen reine Typen erhalten. Ne- beneinander wachsend sind diese Pflanzen stets nur zu sehr den Kreuzungen durch Hummeln und anderen Insekten ausgesetzt, Die für meine Versuche be- nutzten Formen sind die folgenden : 0. biennis Chicago*) (Taf.VI). Die von den Amerikanern als Oeno- thera oder Onagra biennis bezeich- nete Art ist eine Sammelart, wel- che die 0. biennis L. und die 0. muricata L. mit ihren zahlreichen Unterarten umfaßt6). Die meisten dieser Formen wachsen in Missouri, Kansas und den angrenzenden Staaten (vergl. S. 34 und 37) und nur eine unter ihnen scheint von dort bis zum Atlantischen Ozean in weiter Verbreitung vorzukommen. Fig. 18. Oenothera biennis Chicago, aus am Ufer des Missouri-Flusses in Missouri Sept. 1904 von mir gesammelten Samen, Kult. 1905. *) 0. Sellowii erzog ich aus Samen von Vilmorin-Andrieux & Oie., 0. odorata aus Samen des hiesigen botani- schen Gartens, 0. rhombipetala aus von mir bei Minneapolis im Freien gesammel- ten Samen. Diese drei Arten gehören der Gruppe Eu-Oenothera an. 2) Bkittok and Brown, Illustrated Flora of the United States, Vol. II S. 487. 3) Ibid. S. 486. 4) Für die Systematik vergl. namentlich Watson, Procecdings Am. Acad. of Arts and Science, Vol. VIII, 1868—1873. 5) On triple Hybrids, Botanical Gazette, T. 47, Jan. 1909. e) Britton and Brown a. a. 0., S. 486. Konstaute reziproke Bastardrassen 53 Fig. 19 jOenolhera Cockerelli, aus Samen von Boulder in Colorado im Versut lisgarteu zu Amsterdam kultiviert, Sept. 1905 r). *) Vergl. auch Fig. 46 und 41 54 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Sie bildet für die meisten amerikanischen Botaniker den eigent- lichen Typus der Art. Die von mir zu meinen Kreuzungen benutzte Form gehört nach ihren äußeren Merkmalen wohl diesem Typus an1). Die Samen sammelte ich 1904 bei Chicago, unweit vom Jackson Park. Die Form ist viel kräftiger als die 0. biennis L. und erreicht oft eine Höhe von 2 m und mehr; auch ist sie in den Kulturen fast stets einjährig. Die Blätter sind breiter und dunkelgrün, das Laub viel dichter. Die Blüten sind kleiner, bisweilen zur Größe der 0. muricata hinabgehend, hochgelb. Die Narben sind dicht von den Anthe- Fig. 20 Ocnothera CockereUi, junger Stengel von oben gesellen, um die gebogenen Blattspitzen zu zeigen, Anfang Juli 1912. ren umschlossen; diese letzteren öffnen sich schon früh in den Knospen und erschweren dadurch das Kastrieren sehr. Die Früchte sind groß, von der gewöhnlichen Form und die Samen keimen leicht. Ich habe die Pflanze durch mehrere Generationen kultiviert. Der von mir ge- wählte Name soll nur ein vorläufiger sein; die zahlreichen verwandten Formen harren ja noch stets einer eingehenden systematischen Be- arbeitung. *) Über ihre Verbreitung vergl. S. 34. Konstaute reziproke Bastard rassen 55 Oenothera Hookeri1) (Taf. VIII). Diese großblütige , sehr schöne Art wächst in Arizona, Texas und Kalifornien. Ich beobachtete sie in dem letzteren Staate an mehreren Stellen, namentlich im Süden unweit Riverside und im Norden unweit Berkeley. Dem letzteren Fundorte entnahm ich die Samen (1904), mit denen ich 1905 meine Kulturen an- fing-, und von denen sämtliche zu meinen Kreuzungen benutzte Pflanzen abstammen. Die Art zeichnet sich durch lange und sehr schmale Blätter Fig. 21 Oenothera strigosa Rijd. Junge Rosette vou Wurzelblättern, Ende Juli 1911 (4. Generation meiner Kultur)2). aus, ihr Stengel, sowie die Nerven der Blätter, die Kelche usw. sind rot angelaufen, oft dunkelrotbraun, die Narben überragen die Antheren und die Blumenblätter sind am oberen Rande tief herzförmig einge- *) Oen. Hookeri T. u. Ct. = Onagra Hookeri Small = 0. biennis hirsutissima Gray. Bot. Calif. 2) Die Wurzelblätter dieser Art sind flach aneinander uud an den Boden ange- drückt, wie die Figur es zeigt. B ::proke nnd doppeltreziproke Bastarde itte am unteren aber derart verschmälert, daß sie Lücken zwischen einanc sseiL Die Fa: st eine blasse] gelbe als bei 0. L - ma sind dünner nnd länger. YBartlett1 . Samen dieser s zt unbeschiie- benen Art erhielt ich unter dem Namen i. von Herrn T. D. A. ELL in Boulder. Kolorado3 . Sie waren von ihm im Febr. 1 in der Nähe die— 31 dt eingesammelt, und lieferten noch in demselben 9 mer in meinen. sgarten blühende Pflanzen, ans deren Samen :ther mehrei erationen gezogen B sse ist sehr einförmig und scharf von allen anderen unterschieden. Ihre Blüten sind r klein, etwa von murieata. die Antheren liegen _ dicht dem Stempel an und öffnen sich 1 — 2 nnd oft mehr- _ vor ffnen der Blüten. also in ^inem frühen, sehr emp- findlichen Stadium kastriert werden, - ration oft sehr erschwert. -:nd lang und ziemlich 1< - Laub bläulichgrün, die Blätter d< _ nach mehr igei sanunengefaltet und am rlich abg _ . In . _ ies -v merkwürdigen Umbiegung z _ren die war-: nn man sie von ol etrachtet, die 3 indeln alle ar doch nahezu alle nach ein - gerichtet sind. Dieses Merkmal findet man. wenn auch in :i Gra -_ ildet, in allen ihren Bastarden wieder und es X hier ein bequem Mittel zur Erkennung dar. Die Art. sowie viele ihrer Bastard td in hohem Grade zur Bildung zweijähriger Individuen _ Oenothera strigosa Rydl -. _ LLs ich im Sommer 1904 den YeL - Park besuchte, fand ich dort nur ein'- Art von Oenothera, dies er an mehreren Stellen. - z. B. am T": es Baches im L B -:n und in N Mammoth Hot Springs. Auf letzl : Fundort fand ich sowohl blühende Pflanzen als vertrocknete - ■'. mit ■ . ifei -amen des voi a Jahi ». Die aus Omen _■-- Pflanzen waren sämtlich zweijährig und bluten erst 1906. Auch die - I Generationen waren meisl zweijährig und dann sehr 1i H. H. Baktlett in litt. I .reibung dieser Art wü fcer v,n Herrn ffentlicht werden. *) D -teht in mancher. B< Ziehungen zwischen 0. ata L 10. girigosa Bydb-, ist aber mit letzterer derart verwandt, daß sie als eine Varietät auf- Q könnt» : 0. strigosa ' - Für diejenigen Autoren, welche die Gruppe tgra als Gattung auffassen, wären die Namen Onagra ' i und Onagra strigosa CoekerelU. in Abwartung der systematLschen Behandlung werde ich sie in diesem Buche 0. Cockeretti nennen. 0 n ■''■- ra strigosa, Dr. Pek Axel Rydbebg, Flora ol Montana and the National Park 1 - 278. — Meine Pflanzen habe ich im Herbar der Universität von Minnesota in Ifinneapolis nach der Anweisung des Direktors H'-rrn Fheemax mit den 0 . mplaren . rien und identifiziert. Im Oktober 1911 untersuchte Prof. R. L. BBxrrojr, Direktor - Gartens in Bronx Park, rk, auf meine Bitl _ Teile meiner Kultur und fand sie gleichfalls mit der 0 fr gosa Bydb. identisch. Konstante reziproke Bastardrassen 57 kräftig;, über 2 m hoch, während einjährige Pflanzen für die Kreuzungs- versuche meist zu schwach waren. Ich habe diese Art nur für einige wenige Versuche benutzt (vergl. Abschn. III, Kap. II. über Zwillings- bastarde). Die Pflanzen sind in vielen Hinsichten der 0. Coeherelli ähnlich, aber dunkelgrün und mehrfach rot angelaufen, ohne die seit- liche Biegung der Blattspitzen. Ihre Rosetten sind sehr flach und fast i-iij- Links Oenothera Millersi, rechts Oen. muricata bei gleicher Aller. Ende Juli l'.Ul «>. Kultur in ilenise lben ganz dem Boden angedrückt: ihre Flüchte lang und mit vielen aber kleinen Samen2). ') Beide Formen im Freien auf dem Beete ausgesät, und dementsprechend nicht sehr kräftig ausgebildet. 0. Millersi hat etwas breitere Blätter und BrakteeD und blüht unten in der Traube, während bei 0. muricata die blühenden Blumen last ebenso hoch reichen wie die Spitze der ganzen Rispe. Dieser t'ntersi hied blcibl auch später erhalten. 2) In meinem Aufsatz On Triple hybride sind beide Formen vorläufig als 0. strignsa zusammengefaßt. Die dort erwähnten Versuche sind mit 0. Cockerelli ge macht worden. 58 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Oenothera cruciata Nutt. *). Wildwachsend in den Staaten Vermont, New York und Massachusetts. Ich erhielt Samen von Jaffrey in New Hampshire durch Herrn B. L. Robinson (1902) und vom Lake George, N. Y. durch Dr. D. T. MacDougal2). Es keimten daraus drei ver- schiedene Unterarten, eine mit sehr düunen Blütenknospen von Jaffrey, eine mit mitteldicken und eine mit dickeren Knospen vom Lake George. Links Oenothera Cockerelli Fig. 23 Hookeri. Rechts Oenothera Hookeri X Cockerelli. Nur von der letzteren habe ich dann , um eiue möglichst reine Rasse zu haben, weiter kultiviert; die Form erhielt sich in mehreren Gene- rationen durchaus einförmig und konstant. Sie hat kleine linearische Petalen, sehr dichte und meist kurze Trauben, sehr schmale Blätter und ist in nahezu allen Teilen dunkel rotbraun. Die Stämme verzweigen sich unterhalb der Endtraube reichlich und diese Seitenähren eignen *) Britton and Brown 1. c., S. 485, Fig. 2578. 2) D. T. MacDougal, Mutants and hybrids of the Oenotheras. Konstante reziproke Bastardrassen 59 sich zu den Bestäubungsversuchen recht gut. Die Früchte sind kurz wie bei 0. biennis L. Die jungen Stengel nutieren stark wie diejenigen der 0. muricata. Oenothera Millersi. Unter diesem vorläufigen Namen werde ich eine Form aufführen, welche ich bei Millers-st ation in Indiana, am Ufer des Michigan Sees sammelte, und mit der ich einige wenige Kreuzungen gemacht habe (vergl. III, Zwillingbastarde). Sie ist in manchen Hinsichten eine Mittelform zwischen 0. muricata und 0. craciata, und wichtig, weil ihr Pollen sich auf der Narbe der 0. Lamarckiana in derselben Weise verhält wie diese (vergi. III, 4). Ihre Blätter sind bläulichgrün, aber dunkler als bei 0. muricata, auch breiter; namentlich sind die Brakteen mit breitem Grunde sitzend. Die Trauben sind laus- und locker, die Blütenknospen sehr dünn, auf kurzen Röhren sitzend, sehr schwer zu kastrieren. Die Früchte sind groß, und zeichnen sich durch eine eigentümliche Anschwellung am Fuße, an der dem Blatte zu- gewandten Seite, aus. § H. Isogame Bastarde Es geschieht nur des Gegensatzes halber, wenn ich hier einige Fälle isogamer Bastarde unter den Oenotheren besonders hervorhebe. Es sind diejenigen Verbindungen, deren reziproke Mischlinge einander gleich oder doch nahezu gleich sind. Sie folgen somit der allgemeinen Regel. Die betreffenden Arten verhalten sich selbstverständlich auch gegenüber der 0. Lamarckiana, welche selbst isogam ist, als solche, und spalten diese also sowohl männlich wie weiblich. Aus diesem Grunde ist es wichtig, ihr Benehmen zu kennen, wenn sie miteinander gekreuzt werden. Es handelt sich um die drei im vorigen Paragraph beschriebenen Arten 0. Hooheri, 0. Coekerelli und 0. strigosa. Oenothera Coekerelli X Hooker i und 0. Hooker i X Coekerelli. Kreuzungen in 1910. Beide Bastarde sind einander durchaus ähnlich, mit Ausnahme der Blätter, welche in dem erstgenannten in meiner Kultur etwas schmaler waren , was aber auch eine Folge weniger kräftigen Wachstums sein kann. Dieser Unterschied war in den jungen Pflanzen beim Auspflanzen auf das Beet sichtbar, verschwand aber völlig, als die Rosetten heranwuchsen, um aber am emporschießenden Stengel wieder aufzutreten. Die breitereu Blätter waren entsprechend schwächer be- haart als die schmalen. Übrigens waren die Merkmale während der ganzen Entwicklung dieselben und hielten ziemlich genau die Mitte zwischen deu beiden Eltern. Blätter weniger lang als bei Hookeri, ihre Spitzen weniger seitlich gebogen als bei 0. Coekerelli. Farbe weniger rot als bei ersterer und weniger bläulich als bei letzterer Art. Blüten von mittlerer Größe, sich selbst bestäubend; die Früchte lang wie bei beiden Eltern, inbezug auf die Dicke die Mitte haltend. In den kräftigsten Individuen war die Übereinstimmung zwischen den beiden Gruppen am größten. 60 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Oenothera strigosa X HooJceri und 0. HooJceri X strigosa , Kreuzung 1910. Auch hier war im Sommer 1911 eine geringe Differenz zwischen den beiden Beeten sichtbar. Der erstgenannte Bastard war mehr rot angelaufen und hatte flachere, dem Boden etwas mehr angedrückte Kosetten, doch waren die Unterschiede nur geringe. Beide Bastarde blieben unter dem Einflüsse der 0. strigosa zu einem guten Teile Rosetten ; die übrigen Exemplare blühten unter demselben Einflüsse mit ziemlich kleinen, sich selbst bestäubenden Blüten. Die Blätter waren schmal, die Früchte lang wie bei den beiden elterlichen Arten. Oenothera strigosa X GocJcerelli und 0. CocJcerelli X strigosa, Kreuzung 1910. Beide Bastarde halten die Mitte zwischen den Eltern, doch mit einem geringen Vorwiegen der mütterlichen Merkmale, nament- lich in der Farbe des Laubes (rötlichgrün beim ersteren ; rein grün beim letzteren Bastard). Dieser geringe Unterschied war in der ersten Jugend am deutlichsten, verschwand dann allmählich beim Heranwachsen der Rosetten und fehlte den Stengeln und den blühenden Pflanzen. Diese glichen der 0. CocJcerelli weit mehr als dem andern Elter; sie hatten deren bläulichgrüne Farbe, ihre an der Spitze gebogenen Blätter, die dickeren Früchte und die besser gefüllten Trauben. Konstanz in der zweiten Generation. Von den sechs be- schriebenen Bastarden habe ich je ein Exemplar sich rein befruchten lassen und die Samen ausgesät. Ich erzog für jede Mutter 60 — 70 Kinder bis Mitte Juni 1912. Es ergab sich, daß jede Kultur für sich einförmig und den Nachkommen der reziproken Kreuzung gleich war. Auch wiederholten sie jede den Typus der entsprechenden ersten Gene- ration des Jahres 1911. Spaltungen oder abweichende Individuen kamen nicht vor. Die Bastarde dieser isogamen Arten sind somit nicht nur inter- mediär und ihren reziproken Verbindungen im wesentlichen gleich, sondern auch konstant. Sie verhalten sich somit wie gewöhnliche Art- Bastarde. Am Schlüsse möchte ich hervorheben, daß die isogamen Arten selbstverständlich nur unter sich reziprok gleiche Bastarde geben; mit den heterogamen Arten gekreuzt, können die beiden Bastardtypen ein- ander offenbar ungleich sein. Ferner ist die Isogamie, wie wir gesehen haben, keineswegs eine absolute; untergeordnete Merkmale können noch beiderseits verschieden sein. Dieses wird sich später namentlich bei den Bastarden zwischen 0. LamarcJciana und 0. HooJceri zeigen, denn diese sind alle grün, falls letztere Art die Mutter ist, aber zu einem oft großen Teile mehr oder weniger gelblich und schwach, wenn 0. HooJceri als Vater in die Verbindung eintrat. Heterogame Vererbung ♦;! Kapitel II Heterogame Vererbung § 1. Die Garaolyse. ihr Zweck und ihre Methode In dem vorhergehenden Kapitel haben wir gesehen, daß die Bastarde von Oenothera biennis und 0. muricata andere sind, je nachdem man die betreffende Art als Vater oder als Mutter in die Kreuzung eintreten läßt. Es rührt dieses daher, daß die im Blütenstaub vererbten Eigen- schaften im Bastard nicht auf die weiblichen Sexualorgane übergehen, sondern nur wieder in seinem Pollen vererbt werden. Dasselbe gilt von den in den Eizellen latent vermittelten erblichen Eigenschaften. Es gibt somit hier eine Gruppe von Merkmalen, welche stets nur im Pollen, und eine andere Gruppe, welche immerfort nur mittels der Eizellen auf die Nachkommen übermittelt werden. Dieser Satz ist ein reiner Erfahrungssatz und steht ganz unabhängig von der theoretischen Erklärung des inneren Vorganges da. Jetzt tritt aber an uns die Frage heran, inwiefern es möglich ist, ein Bild von diesen beiden vikariierenden Gruppen von erblichen Eigen- schaften zu entwerfen, oder mit anderen Worten, welche Merkmale sind es, die im Pollen vererbt werden, und welche werden in den Eizellen übertragen ? Offenbar sind hier verschiedene Möglichkeiten zu berücksichtigen. Zusammen bedingen die beiden fraglichen Gruppen das Bild der Art. Aber in welcher Weise wirken sie zusammen? Umfaßt die eine alle zur Entfaltung der Artmerkmale erforderlichen Potenzen, und die andere nur einen größeren oder kleineren Teil davon? Oder besitzen beide un- erläßliche Einheiten, und entstellt die Art mir durch deren Addition? Es leuchtet ein, daß hier von vornherein zahlreiche Stufen zwischen den beiden Extremen möglich sind, und daß man erwarten darf, daß in dieser Hinsicht verschiedene Arten sich in verschiedener Weise ver- halten werden. M. a. W., die Verteilung der latenten Artmerkmale über Pollen und Eizellen braucht bei 0. biennis keineswegs dieselbe zu sein wie bei 0. muricata. Überdies ist noch auf eine andere Möglichkeit aufmerksam zu machen. Es ließe sich denken, daß z. B. in der männlichen Linie das ganze Bild der Art vererbt würde, und daß dieses über die weiblichen latenten Eigenschaften völlig dominiere. Diese letzteren würden dann am Bilde der Spezies keinen Anteil nehmen, dafür würden sie aber in den Bastarden, in denen die Art als Mutter benutzt wurde, mit Aus- schluß der eigentlichen Artmerkmale zur Geltung kommen. Oder m. a. W., die Pollenbastarde von 0. biennis würden aussehen wie biennis-Bastarde ; die Eizellen-Bastarde derselben Pflanze würden sich verhalten wie Ab- kömmlinge einer ganz anderen uns unbekannten Form. Und auch in dieser Hinsicht wären in verschiedenen Fällen verschiedene Stufen möglich. 62 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Sollte diese Vorstellung: zutreffen, so bliebe das völlig latente Bild der in der einen sexuellen Linie vererbten Eigenschaften zu ermitteln. Es kann dieses offenbar nur durch Kreuzungen mit weiteren Arten ver- sucht werden, und wird nur dann zum Ziel führen, falls es gelingt, verwandte Arten ausfindig zu machen, über deren Eigenschaften das fragliche unbekannte Bild dominieren wird. Das Bild des neuen Bastardes wird dann von den fraglichen, sonst latenten Eigenschaften beherrscht. In der Ausführung der Versuche wird die Möglichkeit eines Be- weises davon abhängen, ob in verschiedenen Kreuzungen das nämliche Bild auftreten wird. Man wird dann von den Eigenschaften des jemals gewählten anderen Elters in hinreichender Weise unabhängig, kann diese bezw. in genügendem Grade ausschalten. Man bekommt für einige Bastarde aus verschiedenen Eltern denselben oder doch nahezu denselben Charakter. Daneben mag es dann Kreuzungen mit abweichenden Er- gebnissen geben, doch wird dann die Annahme gestattet sein, daß ein weniger vollständiges Dominieren vorliegt. Dieses Verfahren, um durch Kreuzungen mit beliebigen anderen Arten das Pollenbild von dem Eizellenbild einer heterogamen Pflanze zu trennen und getrennt zur Darstellung zu bringen, nenne ich die Gamolyse der betreffenden Art. Wie wir sehen werden, eignet sich dazu die 0. biennis in vorzüglicher, die 0. muricata bis jetzt aber nur in unvollständiger Weise. Ich werde daher mit der erstgenannten Spezies anfangen uud schließe hier vorgreifend das Ergebnis meiner Versuche an. Die sichtbaren Merkmale der 0. biennis werden (alle oder doch nahezu alle) in ihrem Blütenstaub vererbt. Die Pollenbastarde dieser Art gleichen ihr in einer großen Reihe von Fällen in sehr hohem Grade. Dagegen vermitteln die Eizellen von 0. biennis ein ganz anderes Bild, von welchem in dieser Art selbst kaum eine Spur zu entdecken ist, welches aber in manchen Bastarden gleichsinnig und ziemlich rein zutage tritt. Am Schlüsse dieses Paragraphen möchte ich hervorheben, daß Giglio-Tos, von ganz anderen Voraussetzungen ausgehend, aus dem Prinzipe der Heterogamie auf theoretischem Wege Gesetze abgeleitet hat, von denen mehrere genau mit den von mir experimentell gefundenen übereinstimmen1). Er schließt auf die Konstanz der Bastarde in den aufeinander folgenden Generationen, auf die Ausschaltung des zentralen Bastardes aus doppeltreziproken Verbindungen, sowie auf die Folgen von sesquireziproken und iterativen Kreuzungen2). Man vergleiche hier- *) Ermanno Giglio-Tos. L'eredita et le leggi razionali dell' ibridismo, Biologien Vol. II, Nr. 10, 1908. — Derselbe: Les problemes de la vie, Cagliari 1910, IV. Partie, p. 56— 90, und Les dernieres experiences du Prof. de Vries et l'eclatante confirmation de nies lois rationnelles de l'hybridisme, Biol. Centralbl. Bot. XXXI, Nr. 14, S. 417—425, 1911. 2) Les problemes de la vie, S. 88. Die Gesetze II, III, IV, XII, XIII u. XIV. Heterogame Vererbung 63 über das nächste Kapitel dieses Abschnittes1). Sein Prinzip ist: Dans chaque espece, en eff'et, les gametcs peuvent differer entre eux par les caracteres individuels de leur bioplasma, tnais ils se ressembleni au contraire par les caracteres specifiques. Die Methode der Gamolyse geht genau von der entgegengesetzten Voraussetzung aus. Nach Giglio-Tos2) müßten diese Gesetze allgemeine Gültigkeit haben3), aber nach meiner Ansicht sind sie auf die heterogamen Arten beschränkt4). Die isogamen aber, deren Gameten se ressembleni par les caracteres specifiques, zeigen die betreffenden Erscheinungen nicht, unter ihnen nenne ich vor allem die Oenothera Lamarcliana. Meine Auffassung stützt sich auf meine intrazellulare Pangenesis, d. h. auf die Annahme der Existenz voneinander unabhängiger stoff- licher Träger der einzelnen Erbsehaften. Die von Giglio-Tos wieder- holt hervorgehobene „impurete des gametes" ist nach meiner Ansicht einfach dadurch zu erklären, daß gleichzeitig neben vorherrschenden heterogamen Eigenschaften auch weniger auffallende isogame vorkom- men, wie man solche bei den Oenotheren z. B. in der Grüße der Petalen findet. Übrigens wiederhole ich, daß auf dem beschränkten Gebiete der Heterogamie die Übereinstimmung der von mir experimentell ermittelten Gesetze mit den von Giglio-Tos theoretisch abgeleiteten eine sehr vollständige ist. *&* § '2. Das Pollenbild von Oenothera biennis. Fassen wir die Auseinandersetzungen des vorigen Paragraphen kurz zusammen, so können wir sagen, daß die Artmerkmale von Oen. biennis aus zwei Bildern zusammengesetzt werden. Man kann diese die gamolytischen Typen nennen. Das eine wird im Laufe der Generationen stets nur im Pollen auf die Nachkommen übermittelt; es ist dieses somit das latente Pollenbild oder kurzweg das Pollenbild der Art. Das andere wird mittels der Eizellen überliefert, und stellt somit das in diesen latente Bild oder das Eizellenbild der Art dar. Bei der Selbstbefruchtung treten sie in ähnlicher Weise in Wechsel- wirkung wie die Merkmale der beiden Eltern nach einer Kreuzung sich in einem Bastard verbinden. Doch werden sie später, bei der Bildung der Sexualzellen, in ganz anderer Weise voneinander getrennt. Für die Bastarde von 0. biennis mit anderen Arten kommt nun offenbar jedesmal nur einer dieser Typen in Betracht. Der andere hat auf den Bastard gar keinen Einfluß, weder auf seine sichtbaren noch auf seine latenten Eigenschaften. Man kann also zwischen Pollen- *) Vergl. auch Über doppelt reziproke Bastarde von Oenothera biennis L. und 0. muricata L. Biol. Centralbl.. Bd. XXXI, Nr. 4, S. 97—104, 1911. 2) Les problemes de la vie, S. 62 — 63. 3) Deshalb nennt er sie „leggi razionali" . 4) Beziehungsweise auf die heterogamen Eigenschaften. 64 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde bastarden und Eizellenbastarden ?on 0. biennis unterscheiden. Die ersteren haben die Art zum Vater, die andere aber zur Mutter. Sie werden in den Beschreibungen als reziproke angedeutet, sind aber theoretisch Bastarde von verschiedenen Elternbildern, und unter sich aus diesem Grunde ungleich. Mit wenigen Ausnahmen sind die Bastarde in der Gattung Oenothera Mittelbildungen zwischen ihren Eltern. Allerdings überwiegt der eine oft mehr als der andere, oder ist dem wenigstens scheinbar so, da wir ja noch nicht imstande sind zu entscheiden, wie das Bild bei völligem Mangel an einseitigem Übergewicht aussehen müßte. Aus dieser Regel dürfen wir die Erwartung ableiten, daß auch die Pollen- bastarde von 0. biennis einander nicht gleich sein werden, sondern daß jeder, in geringerem oder höherem Grade, auch den Einfluß des anderen Elters verraten wird. Ich habe Pollenbastarde von 0. biennis mit einer Reihe von ver- wandten Arten hergestellt und erhielt in so vielen Fällen einen nahezu gleichen Typus, daß es mir unzweifelhaft scheint, daß dieser in seinen wesentlichen Zügen dem Pollenbilde unserer Art entspricht. Umsomehr, als dieser Typus so durchaus die sichtbaren Merkmale der 0. biennis selbst wiederholt, daß man ihn geradezu als biennis-Tyyus bezeichnen darf. Nur überwiegt ganz gewöhnlich die rötlichbraune Farbe des Laubes, falls diese in dem anderen Elter klar ausgesprochen ist. Nach dieser Einleitung konirne ich zur Beschreibung der einzelnen Versuche. Oenothera biennis Chicago x 0. biennis. Wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt wurde, ist die in Nordamerika am weitesten verbreitete Form von 0. biennis eine ganz andere Pflanze als die europäische Unterart, auf welche Linne seine Beschreibung ge- gründet hat1). Sie wächst viel höher als die europäische Form, erreicht sowohl in Amerika im Freien als auch in meinen Kulturen weit über zwei Meter, ist reichlich verzweigt und hat ein dunkleres Laub. Ihre Blüten sind kleiner als bei 0. biennis L. und hochgelb, von tieferer Nuance. Ihre Brakteen sind breiter und mit breiterem Grunde sitzend, die Blütenrispen daher viel dichter beblättert, und dasselbe gilt von den Fruchtständen. Die Kreuzung habe ich 1905 ausgeführt und die Bastarde in den Jahren 1907 bis 1910 in vier aufeinander folgenden Generationen kultiviert. Die ganze Rasse war einförmig, ohne Spur von Spaltung. In jeder Generation erzog ich 00 — 80 Pflanzen; davon die Hälfte bis in den Juli und die andere Hälfte bis zur Blüte und Frucht- bildung. Der Typus war stets eine deutliche Zwischenform zwischen den beiden Eltern, und zeigte das dunkle Laub der Mutterart mit der Statur und der Blattform der O. biennis verbunden. Die Pflanzen waren meist schwach, erreichten nicht 1 m an Höhe und hatten schwache gedrungene Blütentrauben mit kleinen Brakteen. Die Blüten waren etwas kleiner als bei 0. biennis; die künstliche Befruchtung war viel schwieriger als bei dieser, und der Samenansatz meist verhältnismäßig gering. Die ganze Tracht war also die von 0. biennis, aber mit dunkelgrünem Laube und in allen Merkmalen ein wenig in der Richtung des anderen Elters abweichend. Nur die geringere Höhe und die herabgesetzte Fruchtbildung verrieten die Bastardnatur auf den ersten Blick. Oenothera eruciata X biennis. Diese Kreuzung führte ich in den Jahren 1903 und 1905 aus, und erzog die erste Generation dreimal, und zwar 1905, 1907 und 1908. Nur im letzteren Jahre erntete ich rein befruchtete Samen, aus denen ich dann 1909 die J) On triple hybrids, Bot. Gaz. T. 47. Jan. 1909, S. 3. Heterogame Vererbung 65 zweite und daraus 1910 die dritte Generation erzog. Alle diese Kulturen bildeten, ab- gesehen von den Blüten, eine einförmige Rasse, mit breitem, sehr dunklem Laube, sonst aber von der Tracht und den Merkmalen der 0. bicnnis. Die dunkle Farbe rührt offenbar von der 0. cruciata her, welche ja selbst braunrot, und auf dem Stengel und manchen Blütenteilen oft stellenweise rein dunkelrot ist. Die einzelnen Kulturen um- faßten je etwa 60 Pflanzen, von denen etwa die Hälfte zur Blüte gelangte. Spaltungen traten weder in der zweiten Generation noch auch sonst auf. Auffallend ist in dem ersten Jahre nach der Kreuzung der bedeutende Gehalt an bunten Exemplaren; oft sind manche so arm an Chlorophyll, daß sie für die weitere Kultur nicht taugen. Nicht selten sind mehr als die Hälfte der Individuen in dieser Weise angegriffen ; sie wurden selbstverständlich nicht zu Samenträgern gewählt, und dementsprechend fehlte das Bunt in meiner zweiten und dritten Generation. Bereits im Juni sind die Rosetten von Wurzelblättern fast nur durch das dunklere Laub von denen der 0. biennis zu unterscheiden. Die Blätter sind wohl etwas breiter, doch haben sie sonst dieselbe Form; namentlich gehen sie am Fuße plötzlich und scharf in den Blattstiel über. Im Laufe des genannten Monats nimmt der Unterschied zu, in- dem die Blätter des Bastardes allmählich im Verhältnis zu denen des Vaters breiter werden. Auch die Stengel sind breit beblättert und dunkelbraun. Auf eine Vergleichung mit der sehr schmalblättrigen 0. cruciata muß ich hier verzichten, da ich die Gamolyse dieser Spezies erst später behandeln werde (§ 6). Die Blüten meiner Rasse hatten, durch die anfängliche Auswahl, im Sommer 1910 ausnahms- los die linealen Fetalen der 0. cruciata. Hauptsache aber ist, daß die vegetativen Merkmale, abgesehen von der dunkleren Farbe, sich ganz eng an diejenigen der 0. biennis anschlössen. Oenothera Hookeri ■[ biennis. Oenothera Hookeri ist die Kalifornische Art mit großen weit geöffneten Blüten und langen schmalen, filzig haarigen Blättern. Vergl. Kap. I, § 7, S. 55 und Taf. VIII. Die Kreuzung habe ich in den Jahren 1905, 1906 und 1907 gemacht, aber nur von der letzteren auch die zweite Generation kultiviert. Diese zeigt Spaltungen, eine sonst unter den älteren Arten der Oenotheren sehr seltene Erscheinung, welche den Gegenstand unserer Darstellung im vierten Kapitel bilden wird. Hier will ich nur er- wähnen, daß einer der beiden Spaltungstypen der ersten Generation durchaus gleich ist. Somit beschränke ich mich hier auf die erste Bastardgeneration, welche ich 1907, 1908 und 1910 aus Samen erzog und dann teilweise auch in zweijährigen Individuen kultivierte. Sie war durchaus einförmig, obgleich ich im ganzen weit über hundert größtenteils blühende Exemplare hatte. Auffallend war in diesen Kulturen der große Gehalt an zweijährigen Individuen. Dieses ist ein Merkmal der 0. biennis. und zwar ihres Pollenbildes; fehlt aber, wie wir später sehen werden, ihrem Eizellenbilde. Im Sommer 1908 hatte ich auf einem Beet von etwa 1 qm nur 27 Pflanzen, welche sämtlich den ganzen Sommer über Rosetten von Wurzelblättern blieben und keinen Hauptstengel trieben. Dagegen brachten sie aus den Achseln ihrer Blätter zahlreiche Seitensprosse hervor, von denen meist 3 — 5 pro Pflanze zur Blüte gelangt sind, wenn auch erst spät im Sommer. Ich habe diese Kultur genau mit dem Bastard Lamarckiana X bünnis verglichen, und fand beide während des ganzen Sommers zum Verwechseln ähnlich, jedoch mit kleinen Unterschieden in der Richtung der Merkmale der 0. Hookeri. So waren z. B. die Stengel auf größeren Strecken von braunroter Farbe, die Blütenknospen länger und dünner, die vier freien Zipfel des noch geschlossenen Kelches länger, die Früchte dünner und länger, die Blätter schmäler. Auch waren die Narben teilweise über den Antheren emporgehoben. In allen diesen Punkten war somit die Hookeri >< biennis eine Mittel- bildung zwischen ihren beiden Eltern, aber mit sehr starkem Vorwiegen des biennis-Typus. Wie bereits gesagt, spaltet sich dieser Bastard in der zweiten Generation, indem nur ein Teil der Nachkommen die Merkmale der ersten Generation wiederholt. Ich habe neben ihnen einige zweijährige Individuen der ersten Generation zur Blüte gelangen lassen, fand aber keine nennenswerten Unterschiede. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung 5 66 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Oenothera Cockerelli X biennis. Diese Kreuzung habe ich 1906, 1907 und 1908 gemacht. Sie gelingt in vorzüglicher Weise, aber die Sämlinge werden schwach, indem sie ihren Chlorophyllfarbstoff in ungenügender Weise ausbilden. Sie sind blaßgrün oder gelblich grün, und zwar in sehr verschiedenem Maße. Einige haben nahezu normale Farbe, andere sind gelblich. Die ersteren wachsen mit fast unverminderter Kraft, die letzteren gehen bald zugrunde. Dazwischen gibt es alle Übergänge. Je nach der Kultur überwiegen die gelben über die grünen, oder schließen sie diese völlig aus. Merk wiirdigerw eise vererbt sich dieser Grad der Ausbildung des Chlorophylls auf die Nachkommen. Aus einem grünen Bastard erster Generation erhält man durch Selbst- befruchtung eine rein grüne kräftige Rasse, während aus den Samen der gelblich- grünen Exemplare des nämlichen Beetes schwache gelblichgrüne Rassen hervor- gehen. Ein ähnliches Verhalten habe ich auch sonst unter meinen Oenothera-Ba- starden beobachtet1). Im Sommer 1909 überließ ich grüne und gelblichgrüne Exemplare der ersten Generation in Perga- miubeutcln der Selbstbefruchtung, und erzog aus ihren Samen 1910 zwei Beete mit je 30 Pflanzen. Diese ganze Kultur war einförmig, aber bereits im Juni waren die Kinder der gelblichgrünen Mutter alle gelblich, wenn auch in sehr verschiedenen Graden, während die Nachkommen der grünen Mutter alle gleichfarbig grün waren. Die letzteren wuchsen kräftig und gelangten Anfang August alle zur Blüte. Von den gelblichen blühten da- mals nur die Hälfte, einige erreichten dieses Stadium später und fünf Exem- plare trieben im ersten Sommer überhaupt keinen Stengel. Der Farbenunterschied zwischen den beiden Beeten hielt sich während des Sommers, wurde aber all- mählich, als die untersten Blätter ab- starben, weniger auffallend. Abgesehen von der Farbe gehörten alle diese Pflanzen einem einzigen Typus an, der in der ersten und der zweiten Generation derselbe war, und der norma- len O. biennis auffallend ähnlich. Von dieser unterschieden sie sich aber durch einige Merkmale der O. Cockerelli. z. B. mehr runzliche, und am Gipfel spitzere Blätter und Brakteen, weniger dichte Blüteurispen, kleinere Petalen usw. Im ganzen und großen herrschte aber der Biennis-Tj^ms während der ganzen Entwicklung stark vor. Fassen wir die Ergebnisse dieses Paragraphen zusammen, so finden wir für: Oen. biennis Chicago X biennis ... (4 Generationen) Oen. cruciaia X biennis (3 Generationen) Fig. 24 Oenothera biennis x O. bien. Chicago. Ganze Pflauze vor der Blüte, Juli 1911. Schmal- blättrig, Com'ra-Typus. x) Ebenso bei O. cruciaia X biennis, siehe oben S. 64 und ferner Kap. II § 9. Heterogame Vererbung 57 Oen. Cockerelli X biennis (2 Generationen) (Jen. Hookeri X biennis (2. Gen. spaltend) Oen. muricata /(biennis (siehe Kap. I § 4) Oen. Lamarckiana X biennis1) stets denselben Typus, wie für 0. biennis selbst, nur mit untergeordneten Abweichungen in der Richtung der Merkmale der betreffenden Mutter. Fig. 2:» Oenothcra biennis X 0. bicu. Chicngo, links, mit dicken Blutenknospen und Conica- Typus. Rechts Oenothcra biennis Chicago >< biennis mit dünneren Knospen und dicht- gefüllter Rispe (Typus der 0. biennis), Aug. 1911. Diese Abweichungen sind z. T. deutlich ausgesprochen, z. B. in der Farbe des Laubes, meist aber so schwach, daß es oft schwer hält, die sechs genannten Bastardtypen nicht miteinander zu verwechseln. *) Siehe den folgenden Abschnitt. 68 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde § 3. Das Eizellenbild von Oenothera biennis Ganz anders verhalten sich die Bastarde der nämlichen Arten mit 0. biennis, wenn sie diese zur Mutter haben. Nirgendwo prägt sich hier der oben beschriebene Biennis- Typus aus. Sie machen den Eindruck, als ob sie aus einer durchaus anderen Verbindung hervorgegangen wären. Die starke Tendenz zur Zweijährigkeit ist völlig verschwunden; die Fig. 26 Oenothera biennis X 0. bien. Chicago. Wachsender Stengel, von oben gesehen, Anfang Juli 1911. Pflanzen treiben unter normalen und sogar teilweise ungünstigen Be- dingungen im ersten Jahre alle ihren Stengel. Diese sind hoch, wenig- verzweigt, schwach verholzt, und dadurch dem Durchfaulen in ähnlicher Weise ausgesetzt, wie wir dieses für die 0. biennis X muricata be- schrieben haben (S. 46). Je nach der Wahl des andern Elters treten auch hier kleine Unter- schiede auf, welche die bis jetzt untersuchten Bastarde zu zwei Typen Heterog-ame Vererbung" 69 bringen lassen. Ich werde diese als Conica und Gracilis andeuten, und führe hier als Beispiel für den ersteren Typus die Oenothera (biennis X LamarcMana) velutina, und für den zweiten die 0. biennis X muricata an. Die Conica ist eine hohe, steife Form mit rinnigen Blättern, wäh- rend die Gracilis niedrig, schwach und schmalblättrig ist. Die ausgeführten Kreuzungen waren die folgenden: (Jen. biennis X biennis Chicago. Die Kreuzung führte ich 1905 aus; die erste Generation erzog ich 1907 und 1908, die dritte 1908 und 1909 und die vierte 1910. Alle diese Bastarde waren einförmig. In der ersten Generation hatte ich 1907 im ganzen Fig. 27 Oenothera biennis Chicago X O. biennis. Wachsender Stengel, von ohen gesehen, im gleichen Alter wie Fig. 26, Anfang Juli 1911. 37 und im folgenden Jahre 27 blühende Pflanzen, sie waren aber sehr wenig fruchtbar und aus ihren Samen keimten nach Selbstbefruchtung nur 8 Exemplare im Jahre 1908 und nur 15 im folgenden Frühling. Diese 23 haben aber alle geblüht. Die dritte Generation umfaßte 18 blühende Pflanzen und 42, welche im Juni behufs Raumersparnis ausgerodet wurden (vergl. Fig. 24 — 27). Die Merkmale waren die folgenden : Anfang Juni sind die jungen Rosetten schmal- blättrig, die Blätter länglich rautenförmig, bei einer Länge von 12 — 14 cm eine Breite von 3 cm erreichend, und von rein grüner Farbe. Sie fangen sehr früh an, ihren Stengel emporzutreiben, und gehören in dieser Hinsicht zu den frühesten unter allen von mir bis jetzt kultivierten Bastarden. Am Stengel stehen die Blätter entfernt; sie sind mehr oder weniger rinnig zusammengebogen und von blaßgrüner Farbe im Vergleich mit den 70 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Eltern. Sie haben bei einer Länge von 10 cm etwa 2,5 cm Breite. Während der Blüte- zeit erreichen die Pflanzen nur eine Höhe von etwa 1,5 m; ihre Blütenknospen sind konisch, jedoch etwas dünner als bei der 0. (biennis X Lamarckiana) vdutina. Blüten fast so groß wie bei der Mutter. Bis zum Ende bleiben die Pflanzen schwach, wenig verholzt, und dem Durchfaulen stark ausgesetzt. Oenothera biennis X Hookeri. Aus einer 1908 gemachten Kreuzung erzog ich 1908 im ganzen 60 Exemplare, von denen ich 16 zur Blüte gelangen ließ. Sie waren alle vom gleichen Bau, mit schmalen langen Blättern, fast so wie der Vater (z. B. 17 Fig. 28 Oenothera biennis X Cockerelli. Typus: Conica. Sept. 1909. Fig. 29 Oenothera biennis x cruciata. Typus: Gracilis. Sept. 1909. Rechts am Anfang, links am Ende der Blütezeit. X 5 cm), mit langem Stiel und mit der größten Breite unweit vom Gipfel. Sie blühten im August, waren rein grün, während 0. Hookeri stark rotbraun zu sein pflegt, wenig behaart. Die Blumenblätter hatten die tief ausgebuchteten Petalen des Vaters, aber die Größe der Mutter. Die Blütenknospen waren dick und konisch, am Grunde 1 cm erreichend bei einer Länge von 3 cm. Die Pflanzen waren stattlich, etwa 2 m hoch, mit dicken, graden, wenig verzweigten Stämmen, aber innerlich sehr weich, und oft stellen- weise faulend. Die Früchte groß und dick. Heteroganie Vererbung 71 Die zweite Generation erzog ich 1910 in 80 Exemplaren, von denen ich nur 15 zur Blüte gelangen ließ. Sie waren einförmig und der Kultur des vorigen Sommers durchaus gleich. Oenothera biennis X Cockerelli. Kreuzung 1907. Erste Generation 1908 in 98 Exemplaren, von denen 20 geblüht haben. Durchaus einförmig und grün1). Blätter der Kosetten größer und von gröberem Bau als bei 0. Cockerelli, ohne deren Glanz und nicht so stark dem Boden angedrückt, länglich rautenförmig, ein wenig rinnig. Sonst aber der O. Cockerelli auffallend ähnlich. Während der Blütezeit bilden sie einen deut- lichen Typus, welcher im Habitus der O. Cockerelli sehr stark gleicht, und derselbe ist wie der der O. (Lamarckiana < Cockerelli) velutina. Weiße Blattnerven, kurze konische Blütenknospen, lange dicke Früchte, gräulichgrüues Laub mit rinnigen Blättern, Die Pflanzen werden ebenso hoch wie O. biennis x Hookcri mit denen man sie leicht ver- wechseln könnte. Die zweite Generation, 1909, umfaßte 15 blühende und 48 im Juli ausgerodete Exemplare; alle waren unter sich gleich und mit denselben 3Ierkinalen wie 1908. Aus ihnen erzog ich 1910 eine dritte Generation mit dreißig blühenden und ebenso vielen im Juli ausgerodeten Pflanzen. Auch hier waren alle Individuen vom gleichen Typus wie vorher. Das Durchfaulen der Stengel fing Ende Juli an und nahm im nächsten 3Ionat bedeutend zu. In deu wesentlichen Merkmalen wiederholten die Pflanzen den bereits mehrfach beschriebenen Con/ca-Typus. Oen. biennis X cruciata. Entsprechend deu sehr schmalen Blättern des Vaters weicht dieser Bastard von den bisher beschriebenen durch lange und fast linealische Blätter ab. Auch sonst nähert er sich der reinen O. cruciata bedeutend, sowohl im Wuchs als in der Ausbildung der Traube während der Blüte und der Fruchtbildung nur sind die Blumenblätter herzförmig. Ich habe die Kreuzung 1908 gemacht und in 1905 und in 11)07 die erste und zweite Generation erzogen. Beide waren einförmig, sie umfaßten je 13 blühende Pflanzen nebst einer bedeutenden Anzahl von jüngeren Stengeln. Ferner habe ich 1903 auch O. biennis cruciata mit O. cruciata gekreuzt; die Blüten des Bastardes haben dann kleine linealische Petalen, aber im vegetativen Teile verhalten sich diese Bastarde, wie zu erwarten, genau wie die erstgenannten. Von dieser Linie erzog ich zwei Generationen und zwar 1905 die erste mit 129 blühenden Pflanzen, 1906 und 1907 die zweite mit 7 blühenden und etwa 75 nicht blühenden Exemplaren. Unter- schiede ergaben sich nicht. Dann kehrte ich zu der ersteren Kreuzung, O. biennis X cruciata zurück und studierte 1909 und 1910 deren dritte und vierte Generation. Auch diese verhielten sich durchaus gleich und einförmig. Es waren 50 und 39 blühende, nebst 39 und 30 im Juli ausgerodeten Pflanzen. Fassen wir jetzt diese Kulturen übersichtlich zusammen: A. Conica-Typus Oen. biennis X biennis Chicago (3 Generationen), Oen. biennis X Hookeri (2 „ ), Oen. biennis X Cockerelli (3 „ ), Oen. (biennis X Lam.) velutina (siehe Abschn. III). B. Gracilis-TjpvLS Oen. biennis X cruciata (4 Generationen), Oen. biennis X muricata (siehe Kap. I § 5), Oen. Lamarckiana X cruciata (siehe Abschn. III Kap. III). Der Typus Gracilis unterscheidet sich vom Coraca-Typus im wesent- lichen nur durch Merkmale, welche unzweideutig- durch den Vater be- dingt sind, und wir dürfen somit folgern, daß die in den Eizellen von ') Vergl. die reziproken buntblättrigen Bastarde auf S. 66. 72 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde 0. hiennis vererbten Eigenschaften, am besten durch den Comm-Typus veranschaulicht werden. Allerdings treten auch in den Bastarden unserer ersten Gruppe (A) diese Merkmale nicht völlig rein zutage, da jede Form einen Einfluß des Vaters erkennen läßt. Doch sind diese Differenzen so geringe, daß man davon leicht abstrahieren und das Bild der ganzen Gruppe A als ein einheitliches betrachten kann. Dieser Com'cfl-Typus ist in Ocnothera hiennis selbst latent, da er völlig von dem im Pollen vererbten Bie?inis-Ty\ms verdrängt wird. In den Eizellen -Bastarden dieser Spezies dominiert er aber, in den be- treffenden Fällen, über die Merkmale des jemaligen Vaters. § 4. Das Pollenbild von 0. hiennis Chicago (Tafel VI) Weniger ausgeprägt als bei 0. hiennis, aber doch in vielen Ver- suchen scharf zum Vorschein tretend, ist die Heterogamie bei der ver- wandten amerikanischen Form, welche ich unter dem Namen 0. hiennis Chicago kultiviere r). Auch ist sie in der Hauptsache gerade umgekehrt, denn während der Pollen von 0. hiennis breitblätterige, ihre Eizellen aber schmalblätterige Mischlinge geben, verhält sich die Sache hier anders. Denn die Pollen-Bastarde von 0. hiennis Chicago sind schmal- blätterig, ihre Eizellen-Bastarde zeichnen sich aber durch breite Blätter aus. Glücklicherweise dominieren diese Eigenschaften in einer aus- reichenden Reihe von Fällen, um die beiden Sexualtypen getrennt zur Darstellung bringen zu können. Von den Pollen -Bastarden unserer Art haben wir 0. hiennis < hiennis Chicago bereits beschrieben (S. 69). Dort aber waren die Merkmale des Vaters rezessiv, und dementsprechend müssen wir von diesem Falle hier absehen. Die drei übrigen unter- suchten Bastarde führen aber denselben Typus und sind einander fast zum Verwechseln ähnlich. Diese Form ist somit als der gesuchte Sexualtypus zu betrachten, und soll im folgenden als Rigida angedeutet werden. 0. muricata X 0. hiennis Chicago. Kreuzung 1908. Im Sommer 1909 hatte ich 15 blühende Pflanzen, nebst 39, welche im Juli und einer größeren Zahl, welche bereits im Mai ausgerodet wurden. Sie gehörten alle einem einzigen Typus an. Bereits als junge Rosetten waren sie schmalblätterig, ebenso an den Stengeln im Juni. Stets waren die Blätter eine Mittelform zwischen denen der beiden Eltern. Das Nutieren der Stengel- gipfel der 0. muricata fehlte; ebenso fehlte die braunrote Farbe der Internodien und des Laubes der 0. hiennis Chicago. Sie erreichten eine Höhe von 1,0 m im August und hatten kleine Blüten, kleiner als diejenigen des Vaters. Die zweite Generation erzog ich 1910 mit 15 blühenden und 45 jüngeren Exem- plaren. Die ersteren wuchsen sehr stark, erreichten bereits Anfang August die im Garten auffallende Höhe, von 2 — 2,3 m und verlängerten sich bis zum Schluß der Kultur immer mehr. Die Rispen waren lang und locker, die Blüten klein mit den herzförmigen am Grunde verschmälerten Petalen der Muricata, öffneten sich aber weit. Wie die Gruppe des ersten Jahres, war auch diese durchaus einförmig, mit ausgesprochenem Bigida-Typus. 0. Hookeri X 0. hiennis Chicago. Kreuzung 1908. Die erste Generation erzog ich 1909 in 63 Exemplaren, von denen ich 15 zur Blüte gelangen ließ. Sie hielten die Mitte zwischen den beiden Eltern, aber mit deutlich überwiegendem Einfluß der Mutter, ') Vergl. die Beschreibung dieser Form Abschn. II, Kap. I, § 7, S. 54. Heterogame Vererbung 73 offenbar weil der väterliche Sexualtypus auch schmalblätterig war. Stengelblätter rinnig zusammen gebogen, filzig behaart, dunkelgrün. Rispen lang und locker, Blüten groß, Früchte dünn und lang. Die zweite und dritte Generation wiederholten den Typus genau und zwar die zweite 1910 in 80 Exemplaren, von denen 30 blühten, und die dritte 1911 in 25 blühen- den und 23 jüngeren, und 1912 in 60 Pflanzen. Sie hatten dieselbe Gestalt der Rigida wie die 0. muricata v biennis Chicago, aber unter dem Einfluß der 0. Hookeri läugere Blätter, längere Früchte und größere, sehr schöne Blumen. Fig. 30 Oenothera muricata X biennis Chicago. Rigida, Sept. 1909. Fig. 31 Typus Oenothera Cockerelli /biennis Chicago. Typus Rigida, Sept. 1909. O. Cockerelli X biennis Chicago. Kreuzung 1908. Erste Generation 1909 mit 60, zweite 1910 und 1912 mit 80 bezw. 60 Pflanzen. Von diesen gelangten zur Blüte 15 und 30 Exemplare. Sie waren alle schmalblätterig, wiederholten den Rigida-Tyipxis, aber mit deutlichem Einfluß der Mutter. Farbe des Laubes bläulichgrün, Nerven weißlich, Blattspitzen ein wenig seitlich abgebogen. Blüten klein, nicht merklich größer als die- jenigen der Mutter. Zusammenfassend haben diese drei Bastarde somit schmale, rinnige Blätter und lange lockere Rispen, und dadurch einen auffallenden Ha- 74 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde bitus, welchen ich als Rigida-Tyyms bezeichne. In der Größe der Blüten, der Länge der Früchte und in einigen anderen Merkmalen weichen sie aber voneinander ab, indem jeder deutlich den Einfluß seiner Mutter verrät. § 5. Das Eizellenbild von 0. biennis Chicago. In Verbindung mit dem männlichen Sexualtypus von 0. biennis gibt die amerikanische Form einen auffallend breitblätterigen, dem Vater sehr ähnlichen aber dunkelgrün belaubten Bastard (S. 63). Dieser Typus wiederholt sich nun, wenn mau die 0. biennis Chicago mit iso- gamen schmalblätterigen Arten kreuzt, und dieses deutet darauf hin, daß auch der weibliche Sexualtypus unserer Spezies als breitblätterig betrachtet werden muß. Genau derselbe Typus entsteht durch die Kreuzung der weiblichen 0. cruciata mit denselben Vätern. Ich habe ihn bereits in meiner Mutatioustheorie (II, S. 102) beschrieben und mit dem Namen 0. rubiennis belegt, und dieser Name soll hier für ihn bei- behalten werden. Sein Merkmal ist der Habitus von 0. biennis mit der braunroten Farbe von 0. biennis Chicago bezw. von 0. cruciata. In vielen Fällen erreicht er unter dem Einflüsse einer dieser beiden Mütter eine viel höhere Gestalt als die 0. biennis, nicht selten bis zu 2 m Höhe und mehr emporwachsend. Verglichen mit den als Conica und Rigida angeführten Typen sind die Rubiennis- Bastarde sehr einförmig, und verraten sie den Einfluß ihrer speziellen Eltern nur in sehr untergeordneter Weise. Ich habe alle die einzelnen Typen gleichzeitig uud in derselben Abteilung meines Versuchsgartens, bei möglichst gleicher Kultur, im Sommer 1909 in Gruppen von je 20 — 30 Exemplaren blühen lassen, und konnte sie somit eingehend vergleichen. Solche Gruppen zeigen den Typus klar und deutlich und sind in viel höherem Grade überzeugend als vereinzelte Exemplare oder deren Photographien. Leider ist es, bei der Kleinheit der Unterschiede uud mit unserer schwerfälligen Nomenklatur, äußerst schwierig und oft fast unmöglich, die Beobachtungen in der Beschrei- bung deutlich wiederzugeben. Ich habe ausgedehnte Tabellen über die einzelnen Merkmale ausgearbeitet, aber auch diese wiederholen eigentlich nur das, was auch in den gewählten Namen zum Ausdruck gebracht wird; sie sollen deshalb hier nicht angeführt werden. Als Belege führe ich jetzt die Bastarde mit den isogamen Arten 0. Hookcri und 0. Cockerclli an; ihre reziproken Formen sind im vorigen Paragraphen besehriehen worden (Rigida-Typus). 0. biennis Chicago < 0. Hookcri. Dieser Bastard spaltet in der zweiten Clene- ration und soll also eigentlich erst im vierten Kapitel dieses Abschnittes ausführlich be- handelt werden. Von den beiden Spaltungstypen ist einer der ersteren (leneration gleich, uud auf diese kann ich mich hier somit beschränken. Ich kultivierte sie, aus einer 1908 gemachten Kreuzung, im Sommer 1909. Es waren 54 Pflanzen, von denen ich 15 zur Blüte gelangen ließ. Sie waren von Anfang an einförmig, mit wenig schmaleren Blättern als die Mutter, und dunkelbraun im Stengel und im Laube. Eude Heterogaine Vererbung 75 August erreichten sie nahezu 2 m an Höhe; die untere Braktee der Traube maß 15 X 3 cm und war flach (nicht etwa rinnig). Die Blüten waren nicht merklich größer als die- jenigen der Mutter. 0. biennis Chicago < 0. Cockerelli. Ich machte diese Kreuzung zwei Male, 1907 und 1908, kultivierte aus beiden im nächsten Jahre die erste Generation, und aus der einen 1910 und 1911 die zweite und dritte. Alle diese Gruppen waren einförmig mit dem hohen Rubiennis-TyipvLS. Der Umfang war kein sehr bedeutender, da die Kulturen anfangs sehr zur Bildung zweijähriger Individuen neigten, welche aus äußeren Rück- Fig. 32 Ocnothcra biennis Chicago X Cockerelli. Spitze eines jungen Stengels von oben gesehen, um die gebogenen Blattspitzen zu zeigen. (Vergl. Fig. 20, S. 54). Aug. 1910. sichten nicht überwintert werden konnten und somit nur eine Beurteilung des Rosetten- stadiums zuließen. Es blühten in der ersten Generation 7 und 15, in der zweiten 30 und in der dritten 15 Exemplare, zusammen also 67, während daneben noch etwa die doppelte Anzahl von Pflanzen nur in Kosettestadium studiert wurde. Die Blätter der Rosetten und der Stengel hatten ungefähr die Form und Breite von denjenigen der Mutter, sowie auch ihre Farbe. Die Trauben waren voll und dicht beblättert mit großen Brakteen, welche aber die blühenden Blüten nicht so weit überragten wie bei der Mutter. Die jungen Blätter zeigten in geringerem Grade die seitliche Ausbiegung, welche für den Vater charakteristisch ist (vergl. Fig. 20, S. 54). Die Stämme erreich- ten eine Höhe von über 2 m. 76 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde § 6. Gamolyse von Oenothera cruciata Die Polleu -Bastarde dieser Art1) führen meist einen Typus, der sich an die Merkmale des Vaters eng anschließt, und den ich bereits für 0. biennis X cruciata beschrieben und Oracilis genannt habe (§ 3, S. 71). Oenothera muricata X cruciata ist gleichfalls eine Oracilis- Form, und dieselbe Form erhielt ich aus der Kreuzimg Lamarchiana X cruciata, deren Spaltungen jedoch erst später beschrieben werden sollen (vergl. Abschn. III, Kap. 4). In anderen Fällen sind die Bastarde, die 0. cruciata zum Vater haben, häufig so schwach, daß es nicht gelingt, sie über das Keimungsstadium hinauszubringen, oder daß sie doch stets nur schwach bleiben und nicht zur Blüte und zur normalen Samenbildung gelangen. Gelbe, früh absterbende Keimlinge lieferten mir 0. Hookeri X cruciata und 0. Cocherelli X cruciata; it. %iJ p. Ol^^Imt ■ * **v - A B Fig. 33 Oenothera muricata X cruciata. Erste Generation, A mit linealischen, B mit herzförmi- gen Petalen, Sept. 1905. grüne Schwächlinge dagegen 0. biennis Chicago X cruciata. Für den vorliegenden Zweck waren diese Mischlinge unbrauchbar. Oenothera muricata X cruciata habe ich durch drei Generationen kultiviert. Sie zeigte bereits in der ersten ein sehr starkes Variieren der Form der Petalen zwischen der linealischen Gestalt des Vaters und den herzförmigen Blumenblättern der Mutter. Die Kreuzung machte ich 1903, die erste Generation umfaßte 1905 über 100 blühende Pflanzen, die zweite erzog ich 1906 und 1907 mit etwa 60, die dritte 1907 in etwa 80 blühenden Exemplaren. Alle diese Pflanzen waren in ihrem Habitus, ihrem Laube und in der gedrungenen Gestalt der Fruchtrispen einander durchaus gleich. Sie sahen in diesen Merkmalen der später zu beschreibenden Gracilis-Yorm aus 0. Lamarchiana X cruciata zum Verwechseln ähnlich. Vergl. die Beschreibung dieser Art in Abschn. II, Kap. I, § 7, S. 56. Heterogame Vererbung 77 In bezug auf die Blumenblätter zeigt Oenothera muricata X cruciaia wie erwähnt eine Spaltungserscbeinung, und da wir diese später auch bei 0. cruciaia • Lamarckiana finden werden, möge sie hier etwas ausführlicher besprochen werden. Bereits in der ersten Generation zeigten alle Exemplare ein Fluktuieren zwischen den beiden Extremen, und zwar derart, daß auf einigen wenigen die linealische Form auffallend vorherrschte, während auf den übrigen die meisten Blüten mittlere und etwas breitere Zwischenstufen zeigten. Je nach der Jahreszeit und der Witterung waren diese Schwankungen mehr nach der einen oder nach der andern Seite gerichtet. Im Spätsommer nahm der Gehalt an linealischen Fetalen im allgemeinen ab, aber mit kurzen Perioden vorwiegend cruciater Blüten dazwischen. Diese Verhältnisse habe ich nur nebenbei berücksichtigt; sie be- dürfen einer eingehenden Untersuchung sehr. In der ersten Generation habe ich ein vorwiegend cruciates und ein vorwiegend mittleres Exemplar mit dem eigenen Staube rein befruchtet. Die Nachkommenschaft des ersteren bestand nur aus vier Pflanzen, welche aber auf allen ihren Blüten nur linealische Petalen ausbildeten; die Nachkommen des anderen waren 51 blühende Pflanzen, welche sämtlich die mittlere Petalenform der Mutter wiederholten, jedoch mit sehr starker Fluktuation. Diese führte auf einigen Individuen bis zum reinen Cruciata-Typu*. Auch die dritte Generation bestand aus Exemplaren mit Petalen von mittlerer Breite (56 Exempl.) wenu die Mutter solche hatte, aber aus cruciaten Individuen (26 Exempl.), wenn als Mutter eine cruciate Pflanze der zweiten Generation gewählt worden war. Ähnliche Verhältnisse habe ich bereits in meiner Mutations-Theorie (Bd. II, S. 593 — 633 und Fig. 140 auf S. 618) beschrieben, und deshalb werde ich hier darauf nicht näher eingehen. Während aber die damals benutzte 0. cruciaia varia von zweifel- hafter Herkunft war, haben sich hier die Erscheinungen bei der Kreuzung zweier wild wachsender Arten wiederholt. Ganz anders verhalten sich die Eizellen- Bastarde unserer Pflanze. Sie sind breitblätterig, dunkelgrün und sehr kräftig, und führen genau denselben Typus wie die entsprechenden Bastarde der Eizellen von 0. biennis Chicago. Dieser soll somit auch hier als Rnbiennis bezeichnet werden. Ich führe drei Fälle an. 0. cruciaia ■ 0. Hookcri. Dieser Bastard spaltet sich in der zweiten Generation und soll somit erst im vierten Kapitel dieses Abschnittes eingehend besprochen werden. Ich beschränke mich hier auf die erste Generation und bemerke nur, daß die zweite ihr in der einen Gruppe ihrer Individuen durchaus gleich war. Die Kreuzung machte ich 1908, die erste Generation (1909) umfaßte 45 Pflanzen, von denen ich 15 bis zur Blüte und Samenbildung heranzog. Sie waren von der Keimung bis zur Samenreife einförmig, und hielten in den ineisten Merkmalen die Mitte zwischen den beiden Eltern. In den Rosetten waren die Blätter kürzer und breiter als diejenigen des Vaters, dunkelgrün und mit den zerstreuten runden braunen Fleckchen der Mutter. Rote Nerven rührten von beiden Eltern her. Am emporwachsenden Stengel waren die Blätter breit und flach, die unterste Braktee der Rispe maß etwa 15 X 4 cm, die Petalen waren groß (2,5 cm), das Laub dunkelgrün. Die Pflanzen sahen den übrigen Rnbiennis- Bastarden zum Ver- wechseln ähnlich, fingen alter erst spät (Ende August) zu blühen an. 0. cruciata < 0. Cockerelli. Kreuzung 1908, erste und zweite Generation 1909 und 1910, mit 62 und 80 Exemplaren, von denen 15 und 19 geblüht haben. Durchaus einförmig, in der Form der Blätter sich an den Vater annähernd, in der Farbe des Laubes, den braunroten Nerven und den roten Pünktchen auf den Wurzelblättern an die Mutter erinnernd. Die seitliche Biegung der Blattspitzen war vorhanden, jedoch viel weniger entwickelt als beim Vater. Die Stengelblätter waren braunrot, etwas breiter als beim vorigen Bastard, die Stengel erreichten über 2 m an Höhe und hatten kleine Blüten. Sie waren in allen Merkmalen dem Typus der 0. cruciata < 0. biennis Chicago zum Verwechseln ähnlich. Die zweite Generation wiederholte die erste. Auch hier glichen die jungen Rosetten mehr dem Vater, während beim Emporschießen der Rubiennis- Typus immer mehr in den Vordergrund trat. 78 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde 0. crueiata X 0. biennis Chicago. Kreuzung 1908, erste und zweite Generation 1909 und 1910, mit 63 und 60 Exemplaren, von denen je 15 geblüht haben. Durch- aus einförmig und von der ersten .lugend an als reiner Rubiennis - Typus. Wurzel- blätter breit, dunkelgrün, mit braunen runden Fleckehen, fast ebenso breit wie beim Vater. Stengel und Laub braunrot, die Blätter so breit wie bei 0. crueiata X Hookeri, die Stengel im Spätsommer über 2 m hoch. Von der 0. crueiata < Coekerelli, wie be- reits bemerkt, fast nicht zu unterscheiden. Die zweite Generation wiederholte die erste in allen Punkten. Fig. 34 Oenothera crueiata X Coekerelli. Typus Rubiennis, Sept. 1909. Fig. 35 Oenothera crueiata X biennis Chicago. Typus Rubiennis. Sept. 1909. Aus diesen Versuchen geht hervor, daß der männliche Sexualtypus der O. crueiata der feine, rein grüne, lang'blätterig'e Gracilis mit den dichten Fruchtrispen ist, während der weibliche Sexualtypus breit- blätterig-, rotbraun, stark, steif und hochwachsend ist, wie derjenige der weiblichen O. biennis Chicago. Diese Merkmale werden durch die Be- zeichnung Rubiennis angedeutet. Heterogame Vererbung 79 § 7. Gamolyse von Oenothera muricata Auch hier begegnen wir der Schwierigkeit, daß aus Kreuzungen, welche 0. muricata zum Vater haben, nur zu oft Samen entstehen, welche gelbe oder gelblich grüne Keimlinge liefern. Ich werde dieses für 0. Lcnnarckiaua muricata später ausführlich beschreiben. Genau so verhalten sich: Gelbe Keimlinge: Kreuzung Oenothera biennis Chicago X muricata . . 1905, 1908 Oenothera Hookeri > muricata 1908, 1909 Oenothera Cockerelli X muricata .... 1907, 1908. Bei der Wiederholung dieser Kreuzungen erhielt ich stets nur gelbe Keimpflanzen, trotzdem die Samen meist zahlreich, zu Hunderten in jeder Kultur keimten. Doch starben sie alle entweder bevor sie ihre ersten Blättchen entfalten konnten, oder kurze Zeit nachher. Ich hatte wenigstens vereinzelte kräftigere Exemplare erwartet, wie bei der 0. La- marekiana X muricata, konnte solche aber trotz aller Sorgfalt bis jetzt nicht zur weiteren Entwicklung bringen1). Für die Beurteilung des Pollenbildes von 0. muricata stellen uns aber die bereits beschriebenen Bastarde mit 0. biennis zur Verfügung (Tafel X und Xll). Sie sind von weicherem Bau als die 0. muricata, weit schwächer aber sonst dieser in den Merkmalen der Blattform und der Blüte ähnlich. Mit Oenothera cruciata gibt der Pollen von 0. muricata gleichfalls grüne Bastarde von normaler Entwickelungsfähigkeit. Sie sehen der Mutter zum Verwechselu ähnlich. Ich habe die Kreuzung 1908 gemacht, sie lieferte nur wenige keimfähige Samen. Es keimten 20 Exemplare und diese haben sämtlich im Sommer geblüht. Sie waren durch- aus einförmig, braunrot, mit langen schmalen Blättern, in der Rosette aufgerichtet, mit niedrigen Stengeln, weit abstehenden Seitenzweigen und dichtgedrängten kurzen Trauben. Also in jeder Hinsicht der Mutter gleich. Daß sie aber wirklich Bastarde waren, ergab sich aus den Petalen, welche nicht linealisch, sondern herzförmig waren. Sie erreichten eine Höhe von 1,5 m und bildeten bei Selbstbefruchtung reichlich Samen. Aus diesen erzog ich 1910 eine zweite Generation, welche 15 blühende Pflanzen lieferte nebst 45, welche nur bis in den Juli beobachtet wurden. Sie waren wiederum einförmig und der 0. cruciata. welche auf einem benachbarten Beete wuchs, während des ganzen Sommers durchaus ähnlich, mit Ausnahme der Blumenblätter. Da aber aus den vorhergehenden Paragraphen hervorgeht, daß in den Eizellen der 0. cruciata nicht das Bild dieser Art, sondern der Rubiennis-Typus auf die Nachkommen übermittelt wird, müssen wir folgern, daß der Typus der 0. cruciata X 0. muricata mehr unter dem Einflüsse des Vaters als unter demjenigen der Mutter steht, und daß somit die Ähnlichkeit mit der 0. cruciata nicht eine erbliche Übereinstimmung ist. Trotz aller Unsicherheit können wir hier einen ähnlichen Einfluß vermuten als in 0. biennis X 0. muricata, und somit vorläufig eine Annäherung des männlichen gamolytischen Typus der 0. muricata an die als Gracilis beschriebene Form annehmen. Ich werde hierauf bei der Besprechung der Bastarde mit 0. Lamarckiana zurückkommen (vergl. Abschnitt III Kap. 4). Bei der Ermittelung des Eizellenbildes der 0. muricata begegnen wir der oben genannten Schwierigkeit nicht. Hier sind stets alle Keimlinge grün und entwicklungs- fähig, und offenbar spricht sich auch in diesem Unterschiede die Heterogamie der Art aus. Ich habe bereits zwei Bastarde angeführt, die 0. muricata X biennis Chicago mit ') Wahrscheinlich wird solches unter einem geeigneteren Klima oder bei spezieller Kultur der Mutterpflanzen dennoch gelingen. 80 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde dem Rigida-Typus (S. 72), und 0. muricata '< cruciata mit dem wohl vom Vater her- stammenden Typus der G-racüis (S. 76). Oenothera muricata -s Hookerl. Kreuzung 1908. Bereits als junge Rosetten der ö. muricata \ biennis Chicago durchaus ähnlich und ebenso im späteren Verlauf der Entwickelung. Ich erzog 63 Exemplare zu kräftigen Rosetten, gab aber nur 15 von ihnen den erforderlichen Raum zur Bildung des Stengels und zur Entfaltung der Blüten. Diese haben alle geblüht und entwickelten dabei den Typus Rigida allmählich deutlich, wenn es auch anfangs oft zweifelhaft war, zu welcher Gruppe sie gehörten. Die Merk- male der Hookeri traten dabei immer mehr in den Hintergrund. Die zweite Generation erzog ich 1910. Auch diese war einförmig. Sie umfaßte 30 blühende und 50 jüngere Exemplare. Die ersteren glichen auch hier anfangs noch stark der Hookeri; als aber die Blüten sich öffneten, trat der Rigida-Gh&r&kter immer reiner zu Tage. Behaarung und Blütenform verrieten aber stets den Einfluß des Vaters. Ende August erreichten die Pflanzen etwa 2 m Höhe. Oenothera muricata X Cockerelli. Kreuzung 1907. Drei Generationen in den drei folgenden Jahren. Sie waren alle einförmig. Sie umfaßten 27 -f- 45, 15 -\- 48 und 30 -J- 30 Exemplare, zusammen also 72 blühende Individuen und 123, welche im Juli als Rosetten entfernt wurden. Die blühenden waren bereits Anfang August 1,5 m hoch, und verlängerten sich nachher unaufhörlich. Sie waren deutlich Rigida, d. h. sie führten denselben Typus wie die vorher beschriebenen Bastarde, zeigten aber den Einfluß des Vaters in allen ihren Organen mehr oder weniger stark ausgeprägt. Die Blätter waren bereits in den Rosetten größer, von gröberem Baue, nicht glatt und glänzend, weniger bläulich. Sobald die Stengel zu treiben anfingen, zeigten die jüngeren Blätter an ihrem Gipfel die eigentümliche für die O. Cockerelli charakterische seitliche Umbiegung der Blätter. Die Übereinstimmung- dieser beiden Bastarde mit 0. muricata X biennis Chicago deutet darauf hin, daß die erblichen Eigenschaften der weiblichen Muricata sich an diesem Typus nur in sehr untergeordneter Weise beteiligen, oder m. a. W. in der Hauptsache rezessiv sind. Dafür spricht auch, daß, wenn man die als Väter benutzten Arten unter sich in geeigneter Weise kreuzt, derselbe Typus erhalten wird. Und dieser stimmt mit den reziprok gleichen Bastarden der betreffenden isogamen Arten so auffallend überein, daß man auch diese zu derselben Gruppe rechnen kann. Wir erhalten somit die folgende Reihe vou Bastarden mit dem: Bigida-Typus O. muricata X biennis Chicago (2 Generationen) O. „ X Hookeri (2 „ ) O. „ X Cockerelli (3 „ ) O. Hookeri < biennis Chicago (3 „ ) O. Cockerelli /biennis Chicago (2 „ ) O. Hookeri < Cockerelli (2 Gen.) Fig. 23 S. 58 O. Cockerelli < Hookeri (2 Gen.) Fig. 23 S. 58. Es geht aus dieser Zusammenstellung deutlich hervor, daß man der O. muricata hier wohl nicht einen entscheidenden Einfluß zuschreiben kann. Um so mehr als der Rigida-Typus ein sehr ausgesprochener und einheitlicher ist. Namentlich während der Blüte fällt er stets sofort durch bedeutende Höhe auf; überall überragen diese Bastarde im August und September nahezu alle anderen blühenden Formen des Versuchs- gartens. Sie erreichen 2 m, wenn die andern erst 1,5 m haben usw' Heteiogarue Vererbung 81 Sie wachsen bis Anfang des Winters in derselben Weise weiter und lassen den Unterschied fortwährend größer werden. Sie sind kräftig, gut verholzt, wenig verzweigt, anscheinend unbehaart, mit langen dichten Rispen von biennis-ahnlichen, sich selbst befruchtenden Blumen und kleinen, steifen, samenreichen Früchten. zAJfLf >L ■ Mtfc Fig. 36 Oenothera biennis < Hooker i. I. Generation, Typus Conica, Sept. 1909. Fig. 37 Oenothera muricata >< Hookeri. I. Generation, Typus Rigida, Sept. 1909. § 8. Zusammenstellung der Sexualtypen Überblicken wir die in den vorhergehenden Paragraphen dieses Kapitels beschriebenen Bastarde, so fällt es auf, daß überall die ein- zelnen Merkmale in hohem Grade korrelativ miteinander verbunden sind. Dadurch entstanden Gruppen, welche wir Typen genannt haben. Jeder Typus ist ziemlich eng umschrieben und im Garten leicht kenntlich, aber dennoch unterscheiden die einzelnen Glieder jeder Gruppe sich stets Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. 6 82 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde mehr oder weniger deutlich voneinander. Wir haben vier solche T}^pen unterschieden und zwar: A. Rubiennis: stark, wie Biennis, aber meist rotbraun. B. Conica: schwach, wenig verholzt, mit rinnigen Blättern. C. Gracüis: fein, mit langen schmalen Blättern und dichten Trauben, ähnlich wie 0. cruciata. D. Rigida: hoch und schlank, mit langen dichten Trauben. Als wichtigsten Unterschied können wir dabei die Breite der Blätter auffassen , und anneh- men, daß die übrigen Merkmale sich an diese anschließen. Der Rubiennis- Typus ist breitblät- terig, die drei übrigen sind schmalblätterig. Betrachten wir nun die einzelnen Fälle von diesem Gesichtspunkte aus, so können die Bastardtypen offen- bar aus den drei folgenden Kom- binationen herrühren: 1. breit X breit, 2. breit X schmal und schmal X breit, 3. schmal X schmal. Wo die breite Blatt- form in die Verbindung eintritt, hat sie überall das Übergewicht und bedingt sie stets denselben Typus, den der Rubiennis. Die- ser aber rührt experimentell her von dem männlichen Sexual- typus der 0. biennis und von den weiblichen Sexualtypen der 0. biennis Chicago und der 0. Fig. 38 cruciata. Es geht dies aus der Oenothcra biennis Chicago < Cockcrelli. folgenden Übersicht hervor: I. Generation, Typus Rubiennis, Sept. 1909. I. A. breit X breit: B. schmal < breit: Rubiennis (niedrige Form) 0. bi. Chicago X biennis 0. cruciata X biennis 0. Hooheri X biennis 0. Cocherelli X biennis1) 0. muricata X biennis1) l) Rubiennis im Habitus, aber nicht in der Farbe. Heteroganie Vererbung Q3 II. Rubiennis (hohe Gestalt) C. breit ■ schmal: 0. cruciata bi. Chicago 0. „ X Hookeri 0. .. X Cockeretti 0. bi. Chicago Hookeri 0. .. .. X CocJcerelli. Nur U. eruciata X muricaia macht bis jezt eine Ausnahme, da sie schmalblättrig- ist, und nach obigem breitblätterig sein sollte. Es beruht dieses vermutlich auf irgend einer noch unbekannten Korrelation. Verbindet man die schmalblätterigen Sexualtypen unter sich, so erhält man, wie zu erwarten ist, schmalblätterige Bastarde. Es ist dabei gleichgültig, ob man isogame Arten, oder die schmalblätterige Seite heterogamer Arten wählt. Für den Rigida-Tyjms geht dieses aus der S. 80 gegebenen Übersicht hervor; für die beiden anderen Fälle haben wir: Com'ca-Typus Gracilis-Tyj>us 0. bi. X bi. Chicago. 0. bi. X cruciata. (). bi. X Hookeri. 0. bi. X muricata. 0. bi. X Cockeretti. Schließlich wollen wir diese Betrachtungsweise auf die ursprüng- lichen Arten selbst anwenden, um dadurch zu einer kurzen Charak- teristik ihrer beiden Sexualtypen zu gelangen. Wir finden dann: A. Isogame Arten (schmal X schmal) 0. Hookeri (schmalblätterig) 0. CocJcerelli ( „ ) B. Heterogame Arten. 1. breit X schmal 0. biennis Chicago (breitblätterig). 0. cruciata (Typus OracUis) 2. schmal X breit 0. biennis L. (breitblätterig). 3. schmal X schmal 0. muricata L. (schmalblätterig). Weshalb die 0. cruciata hier wie in ihrem oben erwähnten Bastard mit 0. maricata-FoUen eine Ausnahme von der Regel macht, bleibt noch zu ermitteln. Alle die beschriebenen Bastarde stellen nun Mittelbildungen zwischen den beiden für die Kreuzung benutzten Sexualtypen ihrer Eltern dar, und bei heterogamen Arten kann der andere Sexualtypus offenbar auf ihre Merkmale keinen Einfluß haben. Die Mittelbildungen halten in der Regel nicht genau die Mitte zwischen jenen Typen, sondern es überwiegt bisweilen der eine, ein anderes Mal der andere. Sie sind mehr oder weniger patroklm bezw. matroklin. Jedoch entzieht sich die Frage, wie das theoretisch mittlere Bild genau aussehen würde, einstweilen noch unserer Beurteilung. 6* g4 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Mit ganz vereinzelten Ausnahmen stellen diese Bastarde konstante Rassen dar, welche sich im Lauf der Generationen unverändert erhalten und meist ausreichend fruchtbar sind. Spaltungen in der zweiten Ge- neration bedingt bis jetzt nur 0. Hooker i in Verbindung mit den breit- blätterigen Sexualtypen (vgl. Kapitel 4 dieses Abschnittes). § 9. Buntblätterige Bastarde. In meiner Mutations-Theorie (II S. 102, u. a. a. 0.) habe ich be- schrieben, wie bisweilen unter den Nachkommen gewisser Kreuzungen Buntblätterigkeit in zahlreichen Exemplaren und in allen Graden der Ausbildung vorkommt. Das Beispiel war 0. cruciata varia X 0. biennis. Es hat sich diese Erscheinung seitdem für 0. cruciata Nutt. X 0. biennis wiederholt und außerdem auch in anderen Fällen. Da buntblätterige und gelbliche chlorophyll-arme Bastarde aus gewissen Kreuzungen von 0. La- marckiana entstehen, wie später beschrieben werden wird, so scheint es mir nicht unwichtig, noch weitere Beispiele anzuführen, in denen die- selbe Erscheinung unter den Bastarden älterer Arten eintritt. Ich wähle als solche die Kreuzungen von 0. strigosa mit 0. biennis und 0. muricata1). Ist 0. strigosa der Vater, so sind die Nachkommen durchaus grün und kräftig, ohne Spur von Bunt. Ich machte die Kreuzungen 1909 und erzog aus deren Samen je 300 Keimpflanzen, welche sämtlich grün waren und von denen ich für 0. biennis X strigosa 60 und für 0. muri- cata X strigosa 59 Exemplare auspflanzte und weiter kultivierte. Sie waren intermediär zwischen ihren Eltern, aber beide mit vorherrschen- den Strigosa- Eigenschaften oder patroklin. Von einander waren sie namentlich in der Farbe und der Form des Laubes verschieden. Die- jenigen, welche 0. biennis zur Mutter hatten, waren, wie diese, gras- grün; die Abkömmlinge der 0. muricata besaßen aber deren bläulich- grüne Farbe. Ist 0. strigosa aber die Mutter, so sind die Keimlinge gelb und bunt. Auch diese Kreuzungen habe ich 1909 gemacht, die Samen aber erst 1912 ausgesät. 0. strigosa X muricata gab 100 Keimpflanzen, welche fast ausnahmslos gelbe Kotylen hatten und vor oder nach der Anlage des ersten Blattes allmählich starben. Es gab ein buntgeflecktes und zwei grüue Keimlinge; von diesen starben zwei im Laufe des Juni, während nur eines ausreichend Chlorophyll hatte, um sich zu einer kräf- tigen Rosette zu entwickeln. Diese war zwischen beiden Eltern inter- mediär mit vorwiegenden Muricata-^igenschaiten. 0. strigosa X biennis umfaßt ein meiner Kultur etwa 300 Keimlinge, welche in allen Graden gelbfleckig waren, vom reinen Grün bis zu rein gelben Kotylen. Viele starben demzufolge früh, andere später, nur etwa J) Derselbe Fall wurde oben bereits für 0. Cockerelli X biennis beschrieben. Vgl. S. 66. Vgl. ferner für die Bastarde von 0. cruciata S. 76 und von 0. muri- cata S, 79. Doppeltreziproke Bastarde 85 ein Drittel bildeten gute Rosetten. 60 Exemplare waren kräftig genug, um ausgepflanzt zu werden und wuchsen weiter, um so rascher, je grüner sie waren. Abgesehen vom Bunt waren auch diese intermediär zwischen ihren Eltern, was namentlich an den wenigen rein grünen Individuen und den am wenigsten bunten zu sehen war. Die Blätter zeigten die Farbe, die braunen Punkte und die Randzähne der 0. biennis. Auch diese Bastarde waren somit patroklin. Nach gelegentlichen Erfahrungen kommt unvollständige Ausbildung des grünen Farbstoffes bei den Bastarden meiner Oenotheren ziemlich verbreitet vor. Die Samen der grünen Exemplare geben dann rein oder vorwiegend grüne Rassen, diejenigen der bunten Pflanzen aber eine bunte Nachkommenschaft1). Die einzelnen Fälle werde ich gelegentlich der betreffenden Kreuzungen zu erwähnen haben. Hauptsache ist alter, daß die Erscheinung nicht nur bei den Bastarden der LamarcJciana und deren Derivate mit gewissen älteren Arten, sondern auch bei den Kreuzungen der letzteren miteinander vorkommt. Kapitel III Doppeltreziproke Bastarde § 1. Beweise für die Heterogamie Der Satz, daß in Oenothera biennis L. und 0. muricata L. die Erbschaften der männlichen Sexualzellen, wenigstens zu einem wesent- lichen Teile, andere sind als diejenigen der weiblichen Elemente, läßt sich am besten durch das Studium ihrer doppeltreziproken Bastarde be- weisen. Offenbar bezieht er sich nur auf Artmerkmale, nicht auf die- jenigen der Gattung oder der Untergattung (Onagra); und ebenfalls nicht auf die Merkmale der höheren Gruppen. Auch für die differentiellen Artmerkmale gilt er wohl nicht ausnahmslos, und ich habe bereits mehr- fach hervorgehoben, daß namentlich die Blumenblätter Ausnahmen dar- stellen. Theoretisch wäre ja auch jede einzelne Eigenschaft für sich zu betrachten, doch walten starke und vorläufig nicht näher bekannte Korre- lationen vor, welche die Durchführung des Prinzips erschweren. In diesem Kapitel beschränke ich mich auf die beiden genannten Arten, da sie die Erscheinung der Heterogamie am ausgeprägtesten zeigen (vergl. S. 31). Betrachten wir zuerst die Art und Weise, in welcher die doppelt- reziproken Mischlinge als Beweise für den Satz der Heterogamie ver- wandt werden können. Sie sind die Mischlinge, welche aus der Kreuzung zweier reziproken Bastarde entstehen. Nehmen wir B = Biennis und M = Muricata, so sind die beiden Bastarde B X M *) Vergl. für die Bastarde von 0. Hookeri Abschn. III, Kap. II § 4. 8(5 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde und M X B einander ungleich; diese Tatsache ist überhaupt der Ausgangs- punkt für die ganze Untersuchung. Sie werden als reziproke bezeichnet; kreuzt man sie miteinander, so erhält man die doppeltreziproken Ba- starde BM MB und MB X BM. Man kann in diesen Formeln die erste und die vierte Stelle als peripherische, die zweite und die dritte als zentrale andeuten. Im doppeltreziproken Bastard sind nun die Eigen- schaften des peripherischen Elters (also B in der ersteren und M in der letzteren Formel), teils rein in der weiblichen Linie, teils rein in der männlichen Linie vererbt. Diejenigen des zentralen Elters aber nicht, sie mußten in der zweiten Kreuzung durch das andere Geschlecht über- tragen werden als in der ersteren, wie aus der Formel leicht abgeleitet werden kann. Ist dieses nun für gewisse Merkmale unmöglich, so können diese offenbar auf den doppeltreziproken Bastard nicht übergehen; ist es für die ganze oder nahezu die ganze Gruppe der Artmerkmale un- möglich, so wird BM X MB = (oder nahezu =) B X B = B. Ebenso wird in diesem Falle MB X BM = M X M = M. Mit anderen Worten: der doppeltreziproke Bastard zwischen 0. biennis und 0. muricata ist entweder rein 0. biennis, oder nur 0. muricata, abgesehen von den Blumenblättern. Umgekehrt gilt die Schlußfolgerung auch, und aus der Erfahrung, daß MB BM = M und BM X MB = B ist, wird somit auf die Heterogamie geschlossen werden dürfen. Dieses Prinzip erlaubt mehrfache Abänderungen, welche zur Be- stätigung benutzt werden können. So muß z. B. offenbar auch B X MB = B sein; ich nenne diesen Bastard den sesquireziproken. Ebenso müssen BM X M = BM und gleichfalls BM X M X M X M (usw.) = BM sein. Ich habe auch diese Fälle studiert und nenne sie die iterativen Ba- starde. Schließlich kann man B und M einzeln oder zusammen mit weiteren Arten kombinieren; überall wo der eine von ihnen nur die zen- tralen Stellen einnimmt, muß er ausgeschaltet werden. So muß z. B.: 0. (strigosa X B) X (BX strigosa) = 0. strigosa und 0. (Lamarchiana X B) X (M X Lamarchiana) = 0. Lamarchiana sein. Solche Fälle werde ich als subternäre1) bezw. als quaternäre Bastarde aufführen. Wie wir sehen werden, hat die Erfahrung alle diese Folgerungen bestätigt, und zwar mit der stets wiederkehrenden, bereits mehrfach er- wähnten Ausnahme der Blumenblätter. Es ist mir bis jetzt nicht gelungen, über eine Erklärung dieser Erscheinung Versuche zu machen. Allerdings kann man sie bequem zurecht legen, wenn man von gewissen Tatsachen und Voraussetzungen ausgeht. Die fragliche Tatsache ist die partielle Sterilität der betreffen- den Arten. Ihre Samenknospen sind in jeder Kapsel etwa zur Hälfte befruchtungsfähig, zur anderen Hälfte aber nicht. Diese letzteren sind rudimentär, vertrocknen nach der Blüte ohne weiteres Wachstum und l) Ternäre Bastarde sind die aus drei Arten abgeleiteten; subternäre Bastarde sind die aus zwei Arten in dreifacher Verbindung entstandenen usw. Doppeltreziproke Bastarde 87 bilden in der reifen Fracht einen feinen blaßbraunen Staub zwischen den Samen. Ebenso schlagen in den Staubfäden etwa die Hälfte der Pollenkörner fehl; sie werden taub. Diese Erscheinung- ist in der Familie der Onagraceae sehr weit verbreitet1). Man kann nun eine Reihe von Annahmen machen. In den Zell- kernen einer reinen Z?«ewms-pflanze liegen die von der Mutter und die vom Vater geerbten Eigenschaften nebeneinander. Wir können nun an- nehmen, daß diese bei der Bildung der Sexualzellen, soweit sie hetero- gam sind, derart getrennt werden, daß die eine Tochterzelle nur die väterliche, die andere nur die mütterliche Erbschaft bekommt. Gelangen nun im Pollen die mütterlichen Erbschaften immer in die taub werden- den Körner, so enthält der lebenskräftige Blütenstaub nur die väter- lichen Potenzen. Genau so für die Eizellen, diese werden rein mütter- lich sein, falls diejenigen Samenknospen, deren Eizelle die väterliche Erbschaft bekommen hat, rudimentär werden. Unter diesen Voraussetzungen werden die reinen Arten sich also in gewissem Sinne wie Bastarde verhalten, da die beiden Hälften ihrer Zellkerne ungleiche Potenzen führen. Ihre Konstanz ergibt sich aber aus unseren, für alle Generationen geltenden Voraussetzungen von selbst. Ebenso läßt sich das Verhalten der Bastarde in einfacher Weise er- klären, namentlich aber diu- Erfahrnngssatz, daß die latenten Eigen- schaften des Pollens nicht von der Mutter, und die in den Samenknospen befindlichen Erbschaften nicht von dein Vater auf einen Bastard über- tragen werden können. Es leuchtet ein, daß diese Erklärung nicht die einzig mögliche ist; auch läßt sie sich nur auf Pflanzen mit zur Hälfte rudimentären Samen- knospen und Pollenkörnern anwenden. Namentlich ist aber zu bemerken, daß die gemachten Annahmen selbst zu ihrer Erklärung mehrerer wei- terer Hülfshypothesen bedürfen. Doch lohnt es sich jetzt noch nicht, weitere Möglichkeiten auszuarbeiten2). § 2. Doppeltreziproke Bastarde Tafel IX— XII. Wenn die beiden reziproken Bastarde zwischen zwei Arten ein- ander ungleich sind, kann man sie wiederum miteinander kreuzen. Man erhält dann Mischlinge von der Formel AB Y BA. Diese nenne ich doppeltreziproke (§ 1). 1) J. M. Geerts, Beiträge zur Kenntnis der Cytologie und der parti- ellen Sterilität von Oenothera Lamarckiana 1909. 2) Während des Druckes erschien eine Mitteilung von Richard Goldschmidt: Die Merogonie der Oenotherabastarde und die doppeltreziproken Bastarde im Archiv für Zellforschung, 9. Bd., 2. Heft, S. 331—343. In diesem Aufsatz wird das Verhalten der doppeltreziproken Bastarde auf Patroklinie zurückgeführt und diese selbst durch ein Verschwinden der mütterlichen Kerne bei der Bastardbefruchtung erklärt. Die Arbeit eröffnet der Forschung eine ganze Anzahl wichtiger Fragen und Unter- suchungen. 88 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Bevor ich diese Kreuzungen gemacht habe, erwartete ich, von anderen theoretischen Gründen ausgehend, daß es auf diesem Wege vielleicht gelingen würde, einen genau intermediären Bastard herzu- stellen. Dieser würde dann nicht nur die Mitte zwischen den beiden Eltern halten, sondern die beiden Typen AB X BA und BA X AB sollten dann einander gleich sein. Die intermediäre Form, welche bei anderen Kreuzungen sogleich in der ersten Generation erhalten wird, würde dann hier gleichsam erst in zweiter Stufe erreicht werden. t?j Die Erfahrung hat mich aber gelehrt, daß dem nicht so ist. Ich habe die Kreuzungen in den verschiedensten Weisen ausgeführt und alle wünschenswerten Kombinationen der beiden Eltern 0. biennis und 0. muricata hergestellt. Auf keinem Wege bin ich zu einem genau intermediären Typus gelangt. Es zeigte sich im Gegenteil, daß gar keine weiteren Typen vorkommen. Hat man einmal, neben den beiden Eltern, die beiden ersten reziproken Bastarde erhalten, so hat man auch die Reihe der möglichen Formen erschöpft. Weitere Stufen gibt es nicht. Es kommen dabei zwei Fälle vor. Teils sind die erhaltenen Bastarde den beiden bereits beschriebenen gleich, teils aber gleichen sie den Eltern. Es hängt dieses von der Art und Weise der neuen Kom- bination ab. Ich habe alle die unten zu beschreibenden Bastarde von der Kreuzung bis zur Samenreife und bis zur völligen Ausbildung der Rosetten von Wurzelblättern der zweijährigen Individuen und manche auch bis zum Abschluß des zweiten Sommers genau miteinander ver- glichen. Unterschiede kommen dabei gelegentlich vor und oft täuscht das raschere Wachstum bei etwas früherer Aussaat oder nach günsti- geren Keimungsbedingiingen anscheinende Formdifferenzen vor; diese gleichen sich aber aus, sobald die betreffenden Wachstumsunterschiede in den Hintergrund treten. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den vier Haupttypen geringe und in gewissen Altersstufen Zweifeln ausgesetzt, und als ich die Kreuzungen ausführte, habe ich oft gefürchtet, daß die Merkmale der zu erwartenden Bastarde nicht hinreichend klar ans Licht treten würden, um sichere Schlüsse zu gestatten. Mit dem alljährlichen Stu- dium der nämlichen Formen steigert sich aber auch die Kenntnis der entscheidenden Details und häufig kommt es vor, daß man im ersten Jahre der Kultur Differenzen übersieht, welche später als völlig zuver- lässige Merkmale benutzt werden können. Das Hauptresultat ist somit folgendes : Es gibt zwischen 0. bien- nis und 0. muricata nur vier Bastard-Typen. Zwei von diesen sind den beiden Eltern wesentlich gleich, die beiden andern aber gleichen den auf Taf. IX und X dargestellten primären reziproken Mischlingen. Diese Identität bezieht sich nicht nur auf die morphologischen Eigenschaften, und zwar während aller Altersstufen, sondern auch auf die physiologischen, namentlich auch auf die wichtigen Vorgänge der Keimfähigkeit, der Wachstumsgeschwindigkeit und der Fertilität. Auch das numerische Verhältnis zwischen den ein- und zwei- Doppeltreziproke Bastarde S!) jährigen Individuen unter den Nachkommen einer einzigen Mutterpflanze wird von weiteren Kreuzungen nicht geändert. Die Bastarde von den Typen Biennis und Muricata biennis liefern immer mehrere, diejenigen von den Typen Muricata und Biennis X muricata immer nur wenige, und oft gar keine zweijährigen Pflanzen. Doch hängt dieses Verhältnis vorwiegend von der Kultur und namentlich von der Zeit des Aus- pflanzens ab. Nach diesen einleitenden Bemerkungen, welche sich auch auf die in den beiden folgenden Paragraphen zu behandelnden Kombinationen beziehen, komme ich zur Beschreibung der eigentlichen doppeltreziproken Kreuzungen. Offenbar sind davon zwischen den beiden fraglichen Arten nur zwei Typen möglich, welche als AB X BA und BA ; \ AB, oder vielleicht zweckmäßiger als MB BM und BM MB angedeutet wer- den können. Auf Grund dieser Formeln kann man die Großeltern als zentrale und peripherische unterscheiden (S. 86). So wäre z. B. in der letzteren Formel (BM X MB) 0. muricata der zentrale Großeiter und 0. biennis der peripherische. Mit dieser Nomenklatur läßt sich nun das Ergebnis meiner Ver- suche in einfacher Weise ausdrücken: In doppelt reziproken Kreu- zungen heterogamer Arten werden die Eigenschaften des zentralen Großeiters eliminiert, und die Bastarde gleichen dem peripherischen Großeiter. Offenbar gilt dieses nur für die wirklich heterogamen Merkmale und nicht für etwaige isogame. Aber bei 0. biennis und 0. muricata treten die letzteren jedenfalls so sehr in den Hintergrund, daß sie bei den hier zu besprechenden Ver- suchen sich gar nicht verraten1). 0. {biennis X 0. muricata) X 0. {muricata X biennis). Diese Kreuzung habe ich im Sommer 1908 ausgeführt, indem ich ein Exemplar der ersten Generation des erstgenannten Bastardes befruchtete mit dem Blütenstaub eines Individuums, welches gleichfalls einer ersten Generation aber des anderen Bastardes angehörte. Die als Mutter gewählte Pflanze war einjährig, der Vater aber war als Rosette überwintert worden und blühte somit 1908 in seinem zweiten Lebensjahre. Ich erhielt nur eine geringe Ernte (0,2 cem), aus der im ganzen nur 33 Exemplare keimten. Von diesen haben im ersten Sommer 25 geblüht, drei starben und fünf blieben Rosetten bis zum Winter. Als die jungen Keimlinge im April in den Holzkasten ausgepflanzt wurden, zeigte sich bereits, daß sie alle einförmig waren und den Typus O. biennis aufwiesen. Dieses trat später, als sie auf das Beet kamen, noch schärfer hervor und wurde mit zunehmen- der Entwicklung immer deutlicher. Im Juni, noch bevor die Stengel emporzusprossen begannen, waren die Merkmale der 0. biennis völlig klar und rein, sogar die kleinen runden auf den Blättern zerstreuten braunen Fleckchen fehlten nicht. Eine Verwechse- lung mit dem Typus des Vaters: 0. muricata < biennis war schon damals nicht mehr möglich. Im Juli und August blühten sie und im September reiften sie ihre Samen, und während dieser Zeit waren sie in jeder Hinsicht der 0. biennis völlig gleich, ohne etwa von dieser in der Richtung von 0. muricata X biennis abzuweichen. Ebenso verhielten sich die oben besprochenen Rosetten. *) Anders verhält es sich bei manchen Kreuzungen dieser beiden Arten mit groß- blumigen Formen, in denen die (Iröße der Petalen sich den Regeln der heterogamen Merkmale nicht fügt (vergl. das folgende Kapitel). 90 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Einige Exemplare wurden während der Blüte in Pergaminbeutel gehüllt, und aus ihren rein befruchteten Samen erhielt ich 1910 die zweite Generation. Diese zeigte keine Spaltung, sondern war einförmig und der ersten völlig gleich. Im ganzen hatte ich (10 Pflanzen, von denen 28 geblüht haben. Sie erreichten eine Höhe von etwa 1 M. Während des Sommers und bei der Samenreife wurden sie wiederholt mit 0 biennis von reiner Abstammung verglichen, aber es zeigten sich keine Differenzen, weder in den blühenden Pflanzen, noch in den Rosetten von Wurzelblättern. Zu bemerken ist namentlich, daß mit der Herstellung des reinen großelterlichen Typus auch die Fertilität, welche ja in den Eltern bedeutend herabgesetzt war, wieder völlig die normale der 0. biennis geworden war. 0. (muricata ■ biennis) \ 0. (biennis < muricata). Diese Kreuzung wurde 190H zwischen den beiden nämlichen Gruppen von Pflanzen ausgeführt wie die oben erwähnte reziproke. Sie ergab gleichfalls eine geringe Ernte und ich erhielt nur 62 Keimpflanzen, welche im April sämtlich in den Garten ausgepflanzt wurden und von denen 53 blühten und Früchte ansetzten, während einige durch Insektenfraß verloren gingen. Diese 53 Pflanzen waren durchaus einförmig, weder der Mutter, noch dem Vater ähnlich, sondern rein 0. muricata. Es zeigte sich dieses bereits an den jungen Keimpflanzen in den schmalen Blättern, trat aber im Laufe des Wachstums immer klarer zutage. Auch näherte sich der Typus nicht etwa einem der Eltern, noch auch der Mitte zwischen den beiden Großeltern. Wäh- rend des ganzen Sommers und namentlich während der Blüte und beim Reifen der Früchte wurden sie genau studiert. Sie waren reine 0. muricata, auch war die große Fruchtbarkeit dieser Art wieder völlig her- gestellt worden. Von zwei Exemplaren erntete ich die Samen nach reiner Selbstbefruchtung. Aus diesen erhielt ich 1910 die zweite Genera- tion. Sie war einförmig, zeigte keine Spal- tung und war wiederum der 0. muricata in jeder Hinsicht gleich. Es waren 30 blühende Pflanzen und ebenso viele, welche im Juni als Rosetten entfernt worden waren. Die Gruppe war völlig einjährig, wie die 0. muricata und trug ebenso reichlich Früchte und Samen, wie diese. Das Ergebnis der mitgeteilten Versuche ist somit: 0. (biennis X muricata) ) ' 0. (muricata X biennis) = 0. biennis 0. (muricata X biennis) X 0. (biennis X muricata) — 0. muricata In jeder der beiden Gruppen sind die doppeltreziproken Bastarde einförmig; sie erhalten sieh so in der zweiten Generation, ohne etwa eine Spaltung aufzuweisen. Sie haben nicht die stark geschwächte Fertilität ihrer Eltern, sondern die hohe Fruchtbarkeit der großelter- lichen Arten. a b c d Fig. 39. Untere Stengelblätter im Anfang Juli 1910. Jedes Blatt ist typisch für die betreffende Pflanze. a Oenothera (biennis X muricata) X (muricata X biennis). b (Jen. muricata X biennis. c Oen. biennis X muricata. d Oen. (muricata X biennis) X (biennis X muricata). Doppeltreziproke Bastarde 91 Die doppeltreziproken Bastarde kehren dabei zu dem Typus des peripherischen Großeiters zurück ; die Merkmale des zentralen Vorfahren werden einfach ausgeschaltet. Diese Erscheinungen lassen sich nur erklären, wenn man annimmt, daß in 0. biennis und in 0. muricata die Eizellen andere erbliche Eigenschaften auf die Nachkommen übertragen als der Blütenstaub. Allerdings braucht dieses nicht von den generisehen und den sonstigen, beiden Arten gemeinschaftlichen Eigenschaften zu gelten, aber auf diese haben wir bei unserer Diskussion keine Bücksicht zu nehmen. Es handelt sich nur um die Differenzpunkte, und zwar eigentlich nur um jene, welche den Typus der beiden primären Bastarde bestimmen. Nach der vorgeschlagenen Annahme hat 0. biennis X muricata in ihren Eizellen im latenten Zustande die reinen Eigenschaften der 0. biennis, aber in ihrem Pollen diejenigen der 0. muricata. Bei der Selbstbefruchtung findet also eigentlich eine neue Kreuzung der beiden mütterlichen Arten statt; sie gibt jedesmal dieselbe Mischung von Merk- malen und führt in dieser Weise zur Gleichheit der aufeinander folgen- den Generationen. Denn in jeder Generation wiederholt sich die Tren- nung der Eigenschaften bei der Ausbildung der Sexualzellen und ihre Verbindung bei der Befruchtung. Die Konstanz solcher heterogamen Bastarde ist somit eine andere als in den gewöhnlichen Fällen reiner Rassen. Und dieses wird am einfachsten dadurch bewiesen, daß die Fruchtbarkeit, d.h. der Samenausatz und die Keimkraft der gebildeten Samen sich im Laufe der Generationen nicht ändern. Dasselbe gilt offenbar für 0. muricata X biennis, in der die weib- lichen Sexualzellen die Merkmale der 0. muricata, die Pollenköruer aber diejenigen von 0. biennis vertreten. Befruchtet man nun eine Eizelle des letztgenannten Bastardes mit dem Polleu des reziproken, so verbindet man tatsächlich eine Eizelle mit den potentiellen Eigenschaften der 0. muricata mit einem Spermatozoiden, der dieselbe Art rein vertritt. Man hat also 0. muricata X muricata und darf somit nur eine reine Muricata- Nachkommenschaft erwarten. Dieses entspricht der Erfahrung. Ebenso für die andere Kreuzung. Die Eizellen von 0. biennis X muricata führen nur Biennis-Fotenzen. Befruchtet man sie mit dem Pollen von 0. muricata X biennis, so überträgt man nur die latenten Eigenschaften von 0. biennis auf sie. Die Verbindung wird also 0. biennis X biennis. und die Nachkommenschaft ist reine Biennis. Bei dieser Auseinandersetzung habe ich keine Rücksicht darauf genommen, daß sowohl bei 0. biennis als bei 0. muricata die latenten erblichen Eigenschaften im Pollen andere sind als in den Eizellen. Dieses geht ja nicht aus den doppeltreziproken, sondern aus der Un- gleichheit der reziproken Bastarde hervor. Die neuen Versuche beweisen wesentlich nur, daß in diesen Bastarden keine Vermischung der väter- lichen und der mütterlichen Eigenschaften stattfindet, oder wenigstens 92 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde daß, wenn solches der Fall sein sollte, das Gemenge bei der Bildung der Sexualzellen wieder völlig entmischt wird. § 3. Sesquireziproke Bastarde. Aus dem Ergebnis der Versuche des vorhergehenden Paragraphen kann man folgern, daß die doppeltreziproken Kreuzungen in bestimmter Weise vereinfacht werden können, ohne daß dadurch der Erfolg geändert würde. Es führt dieses zu einer Reihe von Kontroll-Versuchen, welche ich jetzt beschreiben will. Ist nämlich BM X MB = B, so wird offenbar auch B X MB = B und ebenso BM X B = B sein. Dieselbe Schlußfolgerung leitet ferner zu M X BM = M und MB > ; M = M. Ich nenne diese Kreuzungen, welche die beiden Großeltern nicht doppelt, sondern anderthalbfach zusammenführen, sesquireziproke. Sie bestehen somit aus Kreuzungen des Bastardes mit einer der beiden mütterlichen Arten und zwar in der Weise, daß in der Kreuzungsformel eine Art als zentraler und die andere als peripherischer Elter verbunden werden, also genau so wie bei den doppeltreziproken Verbindungen. Die Versuche sind ebenso leicht auszuführen wie die bereits er- wähnten. Sie haben selbstverständlich nicht eine so volle Beweiskraft als jene, sollen aber auch nur zur Bestätigung dienen. Diese haben sie aber vollständig erbracht. Ich werde jetzt die vier Fälle einzeln vorführen. 0. (muricata ■ bknnis) X 0. muricata. Diese Kreuzung habe ich zwei Male ausgeführt. Einmal 1899, zu anderen Zwecken, das andere Mal, 1908, für die Beant- wortung der oben gestellten Frage. Der Erfolg war in beiden Fällen der nämliche; die erhaltenen Bastarde, verhielten sich in jeder Hinsicht wie reine 0. muricata. 1899 wählte ich einige Exemplare der dritten Generation meiner damaligen Bastardrasse und befruchtete sie mit 0. muricata (Mut. Theorie II, S. 81). Ich erhielt eine einförmige Gruppe von Bastarden, welche über 400 junge Pflänzchen umfaßte. Von diesen wurden 160 ausgepflanzt und trieben Stengel; die meisten brachten es zur Blüte, Samen wurden aber nicht geerntet. In bezug auf Blätter, Blüten und Früchte, sowie auf die ganze Tracht waren sie reine 0. muricata, wie an den steifen schmalen Blättern bereits wenige Wochen nach der Keimung deutlich zu sehen war. Im Jahre 1908 wählte ich einen Bastard O. muricata \ biennis aus der ersten Generation; er war zweijährig und als Rosette überwintert worden. Diesen befruchtete ich nach Kastrierung mit dem Pollen gleichfalls zweijähriger Individuen von O. muricata. Ich erhielt nur eine geringe Ernte, aus der nur 80 Samen keimten, welche aber alle im August und September des ersten Sommers blühende Pflanzen lieferten. Sie hatten die schmalen Blätter, die bläulichgrüne Farbe, die dichten Rispen, die täglich in großer Zahl sich öffnenden aufgerichteten kleinen Blüten und alle die sonstigen Merkmale der reinen Muricata. Von zweien erntete ich selbstbefruchtete Samen und erhielt daraus 1910 die zweite Generation. Es waren sehr zahlreiche Keimpflanzen, von denen ich 30 bis zum Juli als Rosette und 30 andere bis zur Blüte und zur Fruchtreife erzog. Sie waren während der ganzen Lebensdauer von der reinen O. muricata nicht zu unter- scheiden, durchaus einförmig, ohne Spaltung. O. (biennis X muricata) X 0. biennis. Für diese Kreuzung diente 1908 ein Exemplar der ersten Generation des Bastardes. Es war einjährig und seine Narben wurden mit dem Staub einer gleichfalls einjährigen Biennis- Pflanze belegt. Aus den Samen erzog ich 18 blühende und fruchtreife Pflanzen, 12 erwachsene und 30 junge Doppeltreziproke Bastarde 93 Rosetten, welche im Juli ausgerodet wurden. Sie hatten alle in jeder Hinsicht die Merkmale von 0. biennis. Zwei selbstbefruchtete Pflanzen lieferten Samen für die zweite Generation, welche gleichfalls 60 Exemplare umfaßte, von denen 29 geblüht und Samen gebildet haben. Alle waren einförmig, ohne Spaltung und der 0. biennis auf jeder Altersstufe durchaus gleich. 0. biennis 0. (muricata < biennis). Diese 1909 ausgeführte Kreuzung lieferte, wohl infolge des schwachen Blütenstaubes des Bastardes, nur wenige Samen, aus denen ich nur 20 Keimpflanzen erhielt (1910). Bis auf eines haben diese alle geblüht und Samen getragen, obgleich sie nur schwach blieben. Ihre Merkmale und ihre Fruchtbar- keit waren diejenigen der 0. biennis. Dieselbe Kreuzung hatte ich auch früher, im Sommer 1899 durchgeführt. Aus den Samen erhielt ich 1900 im ganzen 80 Individuen von denen 28 im ersten Jahre und 4 im zweiten .Jahre geblüht haben, während die übrigen im "Winter als große Kosetten von Wurzelblättern ausgerodet wurden. Alle diese Pflanzen führten in den Blättern, der Infloreszenz, den Blüten und den Früchten in jeder Hinsicht die Merkmale der O. biennis. A'on den vier zweijährigen Exemplaren erntete ich die Samen nach Selbst- befruchtung und säte 1902 von jeder der vier Proben einen Teil aus. Ich erhielt im ganzen 54 kräftige Pflanzen, von denen eine im ersten Sommer und neun im zweiten blühten. Diese und die Kosetten von Wurzelblättern waren alle einförmig, ohne Spur von Spaltung, und führten in allen Organen die Merkmale der O. biennis. In dieser Linie war für die Kreuzung, welche den primären Bastard (O. muricata X biennis) lieferte, und welche im Summer 189."> mit Blütenstaub von iu den Düueu gepflückten Blütenknospen ausgeführt worden war, der Staub vou 0. biennis sulfurea benutzt worden. Dementsprechend haben alle Nachkommen stets nur mit schwefelgelben Blumen geblüht (vergl. S. 31 und 36). O. muricata • O. (biennis muricata). Kreuzung vou 1909. Ernte ausreichend, Samen sehr keimkräftig. Ich erzog 30 Exemplare bis zum Juli und 30 andere bis zur Samenreife im September und Oktober. Mit Ausnahme eines später zu beschreibenden schmalblätterigen Mutanten1) waren sie durchaus einförmig und zu jeder Jahreszeit und in jeder Hinsicht reine O. muricata. Fassen wir jetzt die erhaltenen Tatsachen zusammen. Die vier möglichen Kombinationen der sesqiüreziproken Kreuzungen gaben das folgende Ergebnis. Anzahl der Kreuzung Individuen 1. Gen. 2. Gen. Typus O. (muricata X biennis) X 0. muricata 1908 30+ 0 30 + 30 muricata 0. muricata ■ 0. (biennis X muricata/ 1909 30 -j- 30 — muricata 0. (biennis X muricata) X 0. biennis . . 1 908 18 + 42 29 + 31 biennis 0. biennis < 0. (muricata X biennis) . . 1909 19+ 1 — biennis Dazu kommen noch die älteren 1899 ausgeführten Kreuzungen, welche dasselbe Ergebnis gaben. Die Zahlen geben die Anzahl der blühenden und der im Rosettenstadium ausgerodeten Exemplare an. Die Kulturen waren alle einförmig, und während des ganzen Lebens in allen Merk- malen, sowie auch in der Fruchtbarkeit dem einen Elter durchaus gleich. Ein Blick auf die Tabelle ergibt sofort, daß die Eigenschaften des zentralen Großeiters im Bastard ausgeschaltet werden, während die- jenigen des peripherischen Großeiters rein zur Schau kommen. Oder l) Vergl. den letzten Abschnitt. 94 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde mit anderen Worten: es verhält sich bei der subternären Kreuzung der Bastard wie eine reine Art, und zwar wie seine Mutter, wenn man seine Eizellen, und wie sein Vater, wenn man seinen Pollen für den Versuch verwendet. Er trägt also die potentiellen Eigenschaften seiner beiden Eltern zwar in seinem Äußeren gemischt zur Schau, verbirgt sie aber in seinen Sexnalzellen getrennt. Die Versuche bestätigen somit die aus den doppelt-reziproken Kreuzungen abgeleiteten Folgerungen durchaus. Einen weiteren Versuch habe ich mit 0. biennis < Millersi gemacht, indem ich diesen konstanten Bastard mit dem Staub der 0. biennis befruchtete (1911). Aus den gewonnenen Samen erzog ich 1912 eine Gruppe von 58 Pflanzen, von denen im Juli 25 geblüht haben, während die übrigen zu kräftigen Rosetten von Wurzelblättern heran- wuchsen. Alle waren von Anfang an der 0. biennis durchaus gleich, und blieben diesem Typus bis zum Ende treu, ohne in irgend einem Merkmal an die 0. Millersi zu erinnern. Diese letztere wurde hier somit in ebenso vollständiger Weise aus dem sesquireziproken Bastard ausgeschaltet wie die beiden oben angeführten Arten. Neben dieser Kultur erzog ich die zweite Generation von 0. biennis < Millersi und zwar in 70 Exemplaren, von denen etwa 20 geblüht haben (1912). Sie war der ersten völlig gleich und wiederholte, wie diese, den Typus des Vaters 0. Millersi mit nur geringen Abweichungen. § 4. Iterative Bastarde. Dieselbe Bestätigung liefern die übrigen Kombinationen, welche zwischen den binären Bastarden und ihren Eltern möglich sind. Es sind das diejenigen, in denen ein Bastard mit einer Art in der Weise verbunden wird, daß die beiden peripherischen Stellen in der Formel nicht von derselben, sondern von zwei Spezies eingenommen werden. Also MB X B, BM X M, B X BM und M X MB. Auch hier ist das Er- gebnis, daß der zentrale Elter ausgeschaltet wird. Es entstehen somit Bastarde, welche dem hybriden Elter gleich sind: MB, BM, BM und MB. Die reinen Sexualzellen der Art treten einfach an die Stelle der nach unserer Vorstellung gleichfalls reinen Sexualzellen des Bastardes (vergl. Seite 91). Es leuchtet ein, daß man in diesen Formeln die Kreuzung beliebige Male wiederholen kann. Man würde dann z. B. erhalten: M X M X (M X B) usw., und das Ergebnis müßte dabei stets dasselbe bleiben, im vorliegen- den Falle also = M ) '. B sein. Ich werde unten einige solcher Kreu- zungen anführen, um den Beweis für die Richtigkeit der Schlußfolgerung zu erbringen. Hier möchte ich aber bemerken, daß man, nach sonstigen Erfah- rungen, und namentlich nach denen Kölreuters, anzunehmen geneigt sein dürfte zu erwarten, daß durch diese iterativen Kreuzungen die eine Art im Bastard allmählich ein Übergewicht über die andere erlangen würde und daß es schließlich gelingen sollte, diese letztere bis zur Un- kenntlichkeit iu der Mischung hinabzudrücken. Hat doch Kölreuter in seinen Versuchen mit Nicotiana sich die Frage vorgelegt, wie viele sukzessive Kreuzungen zur Erreichung dieses Zieles erforderlich sein Doppeltreziproke Bastarde 95 würden. Aus diesem Grunde habe ich stets genau auf Abweichungen in der Richtung- des doppelt oder dreifach benutzten Elters geachtet, aber mit Ausschluß der schwankenden Größe der Blumenblätter (welche ja auch sonst eine Ausnahme von den Regeln der heterogamen Merk- male darstellen) niemals eine Andeutung: einer solchen Verschiebung- beobachtet. Es wird somit auch in den iterativen Bastarden, genau so wie in den doppelt- und sesquireziproken, der Einfluß des zentralen Eiters einfach ausgeschaltet. Nur tritt an dessen Stelle die gleichnamige Art, anstatt der anderen Art, ein. Deshalb bleiben die iterativen Bastarde dem binären gleich. Ich komme jetzt zur Beschreibung der einzelneu Versuche. 0. (muricata ■ biennis) 0. biennis habe ich zweimal dargestellt. Aus einer Kreuzung von 1899 hatte ich etwa 160 Bastarde, von denen etwa die Hälfte geblüht haben (Mut. Theorie IL S. 81). Alle diese Pflanzen waren unter sich gleich, und von der Mutterform 0. muricata ■ biennis nicht merklich verschieden. Im Sommer 1909 wiederholte ich die Kreuzung, indem ich einige Individuen des oben beschriebenen bi- nären Bastards mit dem Staub meiner 0. biennis und andere mit dem Polleu meiner 0. biennis cruciata befruchtete. Von beiden Kreuzungen erzog ich je 60 Kinder bis in den Sommer, ließ aber nur je 18 von ihnen weiter wachsen. Von diesen haben 6 und 13 geblüht und Früchte getragen, 1 und 3 zu spät ihren Stengel getrieben und 11 und 2 haben bis in den Winter im Rosettenstadium verharrt. Sie wuchsen dicht neben dem bi- nären Bastard 0. {muricata biennis) und wichen von diesem zu keiner Jahreszeit und in keinem Merkmale ab. 0. muricata X (muricata X biennis). Kreuzung 1908. In der ersten Generation, 1909, hatte ich 30 Pflanzen, von den 2:5 geblüht haben, 2 zu spät sproßten und 5 Ro- setten geblieben sind. Aus den rein befruchteten Samen der ersteren hatte ich 1910 die zweite Generation in 60 Exemplaren, von denen die Hälfte im Juli ausgerodet wurden, während die andere Hälfte bis in den Oktober geblüht und Früchte gereift haben. Es trat in keiner Hinsicht eine Spaltung ein; die Pflanzen waren in beiden Generationen sämtlich dem binären Bastarde, welcher zum Vergleich neben ihnen kultiviert wurde, gleich. O. muricata X muricata < (muricata X biennis). In der ersten Generation des soeben beschriebenen subternären Bastardes habe ich seinen Pollen noch einmal auf die Narben von 0. muricata gebracht und in dieser Weise 1910 den subquaternäreu Bastard von der angegebenen Formel erhalten und neben den übrigen kultiviert. Es waren nur 24 Exemplare; diese haben aber alle geblüht und sind sehr kräftig geworden. Sie waren den entsprechenden subternären und binären Bastarden von der ersten Jugend bis zur Fruchtreife durchaus gleich und auch von derselben geschwächten Fertilität. Wie jene erreichten sie eine Höhe von etwa 1,5 m und blühten nicht nur auf dem Hauptsproß, sondern auch auf mehreren Seitenzweigen. 0. biennis < (biennis X muricata). Kreuzung 1908. Die Samen gaben 1909 zu- sammen 30 Pflanzen, welche sämtlich geblüht haben. Einige von ihnen wurden künstlieh befruchtet und lieferten in 1910 die zweite Generation. Diese umfaßte 60 Pflanzen, von denen 45 bis in den Juli kultiviert wurden, während von den übrigen 13 geblüht und 2 als Rosetten vou Wurzelblättern den Winter erreicht haben. In beiden Generationen waren die Pflanzen von Anfang bis zur Samenreife einförmig und der 0. biennis X muri- cata in jeder Hinsicht gleich. Eine Spaltung trat somit auch iu der zweiten Generation nicht ein. 0. biennis X biennis X (biennis X muricata). Von dem soeben beschriebenen sub- ternären Bastard habe ich 1909 deu Staub auf die Narben von 0. biennis gebracht. Ich erhielt eine ziemlich bedeutende Samenernte (1 cem), wohl zum Teil, weil eine kräftige zweijährige Pflanze als Mutter gewählt wurde. Ich erzog 60 Pflanzen, von denen 14 geblüht haben. Diese und die Rosetten von Wurzelblättern habe ich ausführlich mit 96 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde den Eltern und Großeltern, namentlich mit B )< BM und B X M verglichen, konnte aber keine Unterschiede ausfindig machen. Es hatte also die zweimal wiederholte Kreuzung mit 0. biennis keinen merklichen Erfolg gehabt. 0. (biennis \ muricata) X muricata. Kreuzung 1909. Die erste Generation, 1910, umfaßte 20 blühende Pflanzen, 10 Rosetten, welche bis in den Winter lebten und 30, welche Anfang Juli ausgerodet wurden. Im ganzen also 60 Individuen, welche aus- nahmlos den Typus O. biennis X muricata trugen. Von allen den beschriebenen iterativen Bastarden habe ich in meinen Notizen die wichtigsten Merkmale verzeichnet. Es lohnt sich aber nicht, diese Angaben hier zu wiederholen, namentlich weil in den betreffenden Jahren die Gruppen von den verschie- denen Formeln dicht nebeneinander wuchsen und somit während der ganzen Vegetations- zeit sehr leicht miteinander verglichen werden konnten. Zusammenfassung-. Von der unendlichen Anzahl der möglichen iterativen Bastardkombinationen habe ich nur die vier Haupttypen und zwei abgeleitete Fälle (vierfache Verbindungen) ausgeführt. Auch habe ich nur in zwei Versuchen eine zweite Generation gezüchtet. Es schien mir dieses für meine Beweisführung durchaus genügend. Iterative Bastarde Kreuzung 2. Gen. Typus A. Dreifache iterative B. 1899 biennis .... 1909 1909 ; biennis) . . . 1908 iricala) .... 1908 m urica ti 1909 80 + 80 6 + 53 13 + 47 23+ 7 30 20 + 40 30 + 30 13 + 45 MB MB MB MB BM BM O. muri. O. bien. MB BM O. (muricata ■ biennis) ■ O. (muricata X biennis) > O. (muricata X biennis) > O. muricata X (muricata O. biennis X (biennis X muricata) O. (biennis X muricata B. Vierfache iterative B. muri. X (muricata X biennis) . . 1909 24 bien. < (biennis X muricata) . . 1909 14 + 46 In den beiden vorletzten Reihen dieser Tabelle bedeutet die erste Zahl die blühenden Exemplare und die zweite die übrigen. In der letzten Reihe ist der Typus angegeben: MB = O. muricata X biennis und BM = O. biennis X muricata. Hauptresultat ist, daß auch die iterativen Bastarde in der ersten Generation einförmig sind und sich in der zweiten nicht spalten. Sie haben das Merkmal ihres hybriden Elters; einen akkumulierenden Ein- fluß des artreinen Elters zeigen sie nicht. Diese Folgerungen beziehen sich auf die untersuchten Fälle und haben nur auf dem Gebiete der heterogamen Arten und Merkmale Geltung. Speziell habe ich noch die Fruchtbarkeit der iterativen Bastarde in bezug auf diejenige des hybriden Elters untersucht. Ich verglich im Herbst 1909 auf Trauben von 10 — 12 künstlich selbstbefruchteten Blumen die Größe der Ernte und die Anzahl der daraus gekeimten Samen und fand beide Werte gleich (1 cem und etwa 100 — 120 Keimpflanzen) für die Bastarde: Doppeltreziproke Bastarde 97 B X M; (B X M) X M; B X (B X M) und B X B X (B X M). MXB; (MXB)XB; MX(MXB) und (M X B) X Biennis cruciata. Die Fertilität eines heterogamen Bastardes wird hier also durch wiederholte Kreuzung mit einem der Eltern weder vermindert noch ver- bessert. § 5. Doppeltreziproke Kreuzungen von heterogamen Arten Es bleibt uns jetzt zur Untersuchung die Frage übrig, ob Oenothera biennis und 0. muricata die Erscheinung der Heterogamie nur bei Kreu- zungen miteinander zeigen oder gleichfalls bei der geschlechtlichen Ver- bindung mit einer dritten Art. Im vorigen Kapitel, über die heteroganu1 Vererbung, haben wir die Bastarde unserer beiden Pflanzen mit einer Reihe von weiteren Arten kennen gelernt und von diesen können wir somit jetzt zu den doppelt- reziproken schreiten. Leider muß sich die Beantwortung dabei auf Gen. biennis be- schränken, und zwar wegen der Unbrauchbarkeit der Pollen-Bastarde von 0. muricata für weitere Versuche. Sie keimen nur zu oft gell), sind zu schwach oder doch steril (S. 79). Eine Ausnahme macht nur die Verbindung mit 0. cruciata (S. 79); diese zeigt aber eine zu un- bedeutende Differenz von ihrem reziproken Bastard. Es handelt sich somit darum, die doppeltreziproken Bastarde von 0. biennis mit den vier mehrfach besprochenen Arten darzustellen. Und zwar nur so, daß dabei 0. biennis die beiden zentralen Stellen in der Formel einnimmt. Denn nur dieses eröffnet die Aussicht, daß ihre Merkmale dabei ausgeschaltet werden und daß der doppeltreziproke Bastard einfach die Tracht und die Eigenschaften des anderen Elters zeigen wird, genau so, wie wir dieses oben in diesem Kap. § 2 S. 89 be- schrieben haben. Bestätigt sich diese Erwartung, wenigstens in den wesent- lichen Merkmalen, so wird daraus umgekehrt die Berechtigung des Satzes hervorgehen, daß die Regel der Heterogamie auch für diese Verbindungen ihre Gültigkeit behält. Die vier betreffenden doppeltreziproken Kreuzungen habe ich im Sommer 1909 gemacht, und die erhaltenen Samen 1910 ausgesät. Die umgekehrten Verbindungen, in deren Formel 0. biennis somit die peri- pherischen Stellen einnimmt, habe ich zwar auch studiert; ihre Ergeb- nisse haben aber für unseren jetzigen Zweck keine Bedeutung und sind teilweise sehr komplizierter Natur. Hier sei nur bemerkt, daß sie ihren reziproken Verbindungen niemals gleich waren. Oen. (bien. Chicago X biennis) X (biennis X bien. Chicago). Die Kultur umfaßte 30 blühende Pflanzen nebst 50, welche nur bis nach dem Anfang der Stengelbilduug im Juli beibehalten wurden. Bereits im Juni war es klar, daß alle 80 Exemplare unter sich gleich waren und sich in keiner Hinsicht von den rassenreinen Kulturen von 0. biennis Chicago unterschieden. Die Wurzelblätter waren 15 cm lang, zahlreich, die Stengel fingen an zu treiben. Bereits dieses deutet auf Abwesenheit des Einflusses der vorwiegend zweijährigen 0. biennis und auf Aktivität der Merkmale von 0. biennis Chicago, welche unter allen meinen Arten und Bastarden stets zuerst im Frühling ihre Stengel ausbildet. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. 7 98 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Form, Farbe und Oberfläche der Blätter waren genau so wie bei dieser Art. Auch später, am emporschießenden Stengel, verhielt es sieb ebenso. Im Juli fingen sie zu blühen an und im August und September reiften sie ihre Früchte. Der Bau der Rispen, die Größe der Brakteen, die Gestalt der Blüten und Früchte waren dieselben wie bei 0. biennis Chicago, von der eine Kultur auf einem benachbarten Beete stand. Die Blüten öffneten sich am Abend in derselben Weise und ebenso weit wie bei dieser Art, doch liegt hierin kein wesentlicher Unterschied von der 0. biennis vor. Ocnothcra biennis Chicago X (biennis X biennis Chicago). Derselbe Beweis läßt sich auch mit den beiden hierher gehörigen sesquireziproken Bastarden führen. Für die angeführte machte ich die Kreuzung 1910, und erzog 1911 im ganzen 00 Exemplare, von denen 25 geblüht haben. Sie waren nahezu 2 m hoch, mit den dichtbeblätterten Trauben und großen Brakteen der 0. bien. Chicago, mit der sie auch sonst in allen Merk- malen übereinstimmten. Die zweite sesquireziproke Kreuzung (0. bien. Chicago X biennis) X 0. biennis Chicago habe ich gleichfalls 1910 gemacht, und von ihr 1911 eine Kultur in demselben Umfang erzogen (60 Pflanzen, von denen ich 25 zur Blüte gelangen ließ). Auch diese waren während des ganzen Som- mers einförmig; die Pflanzen, welche nicht blühen sollten, erreichten Anfang Juli eine Höhe von 60 — 70 cm, bei völliger Entfaltung der Merkmale der 0. bienn. Chicago. Oenothera (cruciaia < biennis) X biennis X cruciaia). Die Kultur umfaßte, genau wie die vorhergehende, 30 blühende und 50 jüngere Pflanzen. Es waren darunter bereits im April eine bedeutende Anzahl bunter Exemplare, eine Erscheinung, welche a bei den Bastarden meiner O. cruciaia keineswegs selten ist. Auf 300 Keimlingen zählte ich deren 30, also 10 °/0, doch fangen manche Exemplare erst später an, diese Ab- weichung zur Schau zu bringen. Das Bunt war ein gelbes, in Sektoren zwischen dunk- lem Grün verteilt, und in allen Graden der Ausdehnung. Bei der Auswahl der erwähnten 80 Pflanzen für die Kultur wur den diese bunten so viel wie möglich ent- fernt. Im Juni waren die Wurzelblätter genau so gebaut wie diejenigen der reinen O. cruciaia, ein Einfluß der O. biennis wäre leicht an der Farbe und der größeren Breite zu erkennen gewesen, fehlte aber durchaus. Anfang August fingen die 30 auf dem Beete gepflanzten Exemplare zu blühen an. Sie hatten die rotbraunen Stengel, die nutierenden Sproßgipfel, die schmalen welligen Blätter der O. cruciaia und gleichfalls deren Blütenknospen und die vier freien, am Grunde etwas entfernten, sich nicht berührenden Kelchzipfelchen auf dem Gipfel der noch geschlossenen Knospen. Alles war einförmig und der reinen Art gleich. Nur die Petalen bildeten, wie gewöhnlich, eine Ausnahme. Zwar kehrten sie auf allen blühenden Pflanzen zum Typus der Cruciaia zurück, und fehlte die herzförmige Gestalt der O. biennis während der ganzen Blüteuperiode, aber nur auf einem Teil der Individuen (8 Exempl.) waren die Petalen rein linealisch; auf den übrigen (22 Expl.) waren sie mehr oder weniger verbreitert, und verrieten somit einen Einfluß der O. biennis deutlich. Im Sommer 1912 kultivierte ich eine zweite Generation in 60 Exemplaren, von denen etwa die Hälfte geblüht haben. Sie war der ersten durch- aus gleich. a b c d Fig. 40 Untere Stengelblätter, Anfang Juli 1910. Jedes Blatt typisch für die Pflanze. a Oenothera eruciata X biennis, b O. (bienn. X cruciata) X (eruciata X biennis), c O. (eruciata X biennis) X (biennis X cruciata) , d O. biennis X cruciata. Doppeltreziproke Bastarde 99 Oenothera (Cockerelli X biennis) ;< (biennis X Cockerelli). Die Kultur umfaßte 30 blühende oder fast blühende und ebenso viele im Juli ausgerodete Pflanzen. Bereits im Juni war es unzweifelhaft, daß sie den reinen Typus der 0. Cockerelli trugen, ohne merklichen Einfluß der 0. biennis. Während der Stengelbildung und der ganzen Blütezeit wurden sie dann regelmäßig mit den beiden elterlichen Arten verglichen: das Ergebnis blieb dabei dasselbe. Die bläulichgrüne Farbe des Laubes, die seitliche Um- biegung der jungen, noch nicht ganz erwachsenen Blätter, die in die Länge gedehnten Blütenknospen, die Gestalt der Blüten und Früchte seien besonders hervorgehoben, Oenothera (Hookeri ,-s biennis) X (biennis ■, Hookeri). Für diese Kreuzung be- nutzte ich die zweite Generation des ersteren (S. G5) und die erste des zweiten Bastardes. Und da sich Hookeri X biennis in der zweiten Generation spaltet, wählte ich ein Exemplar, welches den Typus Rubiennis hatte (vergl. Kap. II § 8, S. 82). Der Grund für diese Wahl war der Wunsch, eine Pflanze als Mutter für die doppeltreziproke Kreuzung zu wählen, welche die B/tJnms-Eigenschaften ebenso klar zur Schau trug wie die entsprechenden Mütter meiner drei vorherigen doppeltreziproken Bastarde. Die Kultur umfaßte 30 Stengel und 30 Rosetten, wie auch sonst üblich. Alle Pflanzen waren einförmig, und zeigten die Merkmale der 0. Hookeri in reiner Weise. Bereits im Juni war dieses deutlich, und in den schmalen, sehr langen und schlaffen Blättern sehr klar ausgesprochen. Während der Stengelbildung und auch später blieb das Verhalten genau dasselbe. Nur stellten auch hier die Petalen eine Ausnahme dar, indem sie von der für 0. biennis normalen Größe bis zu derjenigen der 0. Hookeri (d. h. von 1,5 bis zu 3 cm) fluktuierten. Und zwar individuell, denn es gab kleinblumige, mittelblumige und großblumige Exemplare, und keine, welche etwa auf demselben Stengel von 1,5 bis 3 cm variiert hätten. Das Ergebnis dieser Versuche war somit das folgende: A. Doppeltreziproke Kreuzungen von 0. biennis Kreuzung Jahr Kultur Typus 0. (bien. Chic. X bi.) X (bi. X bien. Chic.) 1909 30 -f 50 O. bien. Chicago O. (cruciata X bi.) X {bi. X cruciata) 1909 30 -j- 50 O. cruciata O. (Cockerelli X bi.) X (bi. X Cockerelli) 1 9< »9 30 -j- 30 O. Cockerelli O. (Hookeri > bi.) X (bi. X Hookeri) 1909 30 -j- 30 O. Hookeri B. Sesquireziproke Kreuzungen O. bien. Chic. X (bien. X bien. Chic.) 1910 35 + 25 O. bien. Chic. O. (bien. Chic. X bien.) X bien. Chic. 1910 35 -j- 25 0. bien. Chic. In allen diesen Verbindungen wird somit 0. biennis, weil sie die eine oder die beiden zentralen Stellen in der Formel einnimmt, aus dem Bilde des Bastardes ausgeschaltet. Und zwar in nahezu allen Eigen- schaften, mit Ausnahme der Größe und der Form der Blumenblätter. Fassen wir jetzt die erhaltenen Resultate nochmals, und zwar in Verbindung- mit denjenigen des vorigen Paragraphen zusammen, so er- halten wir die nachstehende Übersicht. Die spezifischen Merkmale der Oenothera biennis L. werden nur in ihrem Pollen von der einen Generation auf die andere übertragen. Dieses gilt sowohl für die Art selbst, wie für ihre sämtlichen bis jetzt studierten Bastarde. In den Eizellen werden ganz andere Eigenschaften den Nachkommen übermittelt. Sie sind in der reinen Art latent, werden in ihr niemals sichtbar. In einer Reihe von Bastarden dominieren sie aber über die antagonistischen Merkmale und treten dadurch in die Er- scheinung. Solche Bastarde haben dann einen gemeinschaftlichen Typus, 7* 100 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde den ich Cornea nenne. Sie hat dicke kegelförmige Blütenknospen, rinnige Blätter und ist behaart. Zum Comca-Typus gehören auch die als Velutina bezeichneten Zwillinge von 0. Lamarclciana, da auch hier die Merkmale des Vaters sich rezessiv verhalten. Wiederholt man nun eine Kreuzung mit 0. biennis in solcher Weise, daß man die Art zuerst als Vater benutzt, und darauf den er- haltenen Bastard als Mutter für eine Kreuzung mit einer anderen Form, so müssen offenbar die nur im Pollen vererbbaren Eigenschaften aus- fallen. Ebenso werden, wenn man die Art als Mutter und den erhaltenen Bastard als Vater benutzt, die in dessen Eizellen erblichen Merkmale ausgeschaltet werden. Der neue Bastard wird sich verhalten als ob er gar nicht von der 0. biennis abgeleitet wäre. Aus dieser Regel lassen sich die Ergebnisse zahlreicher Kreuzungen vorher berechnen. Oder kurz: Die Merkmale des Großvaters werden nicht von der Mutter, diejenigen der Großmutter nicht vom Vater auf die Großkinder übertragen. Diese Erscheinung nenne ich die Heterogamie. Sie gilt für 0. biennis für nahezu alle Eigenschaften mit Ausnahme der Blumenblätter (Form und Größe). Sie gilt gleichfalls für 0. murieata und mit gewissen Beschränkungen für die weniger stark ausgeprägt heterogainen Arten wie 0. biennis Chicago und 0. cruciata. Kapitel IV Einseitig spaltende Bastarde § 1. Die spaltenden Bastarde Die bisher beschriebenen Bastarde aus der Gattung Oenothera waren nahezu sämtlich einförmig und in den aufeinanderfolgenden Ge- nerationen konstant. Abgesehen von deu später zu behandelnden Kreu- zungen mit Oen. LamarcJciana habe ich nur drei Ausnahmen von dieser Regel gefunden. Diese habe ich allerdings in anderen Beziehungen bereits mehrfach erwähnen müssen; sie sollen jetzt eingehend beschrieben werden. Es handelt sich dabei stets um Spaltungen, welche erst in der zweiten Generation anfangen. Die fraglichen Bastarde sind 0. HooJceri X 0. biennis, 0. biennis Chi- cago X 0. Hookeri und 0. cruciata X 0. Hookeri. Ihre reziproken Bastarde sind, soweit untersucht, einförmig und konstant. Es sind somit die drei in diesem Abschnitt, Kap. II, § 8, S. 83 als breitblättrige Sexualtypen unterschiedenen Eltern, jedesmal in Verbindung mit der schmalblättrigen und isogamen, kalifornischen Art 0. Hookeri, welche auf Tafel VIII ab- gebildet worden ist. (Siehe auch Fig. 41.) Die Bastarde selbst sind in den vorhergehenden Paragraphen bereits ausführlich beschrieben worden'). Sie gehören alle dem Typus Rubiennis ') Vergl. S. 65 (Hk. X bi.), S. 74 (Ch. X Hk.), S. 77 (cru. X HK.) Einseitig spaltende Bastai'de 101 Fig. 41 Oenothera Hookeri, Gipfel eines Hauptstammes. Ende Juli 1911. 102 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde an (S. 74 u. 82) und sehen einander auf den ersten Blick sehr ähnlieh, namentlich die beiden, welche Hookeri zum Vater haben, unter sich. Sie sind von den reziproken Bastarden durchaus verschieden, indem 0. biennis X Hookeri eine Conica-Form. ist (S. 70 u. 71), (). Hookeri X biennis Chicago die hohe Bigida- Gestalt hat (S. 80) und 0. Hookeri X cruciata bis jetzt nur gelbe und nach der Kreuzung' bald absterbende Keimlinge lieferte (S. 79). Fig. 42 Oenothera biennis Chicago X Hookeri, die beiden Typen dieses Bastards. Links Typus Hookeri, konstant; rechts der sich in jeder Generation spaltende Typus Rubiennis. Dritte Generation, August 1911. Auf die zitierten Beschreibungen fußend, können wir die Besprechung der einzelnen Versuche verhältnismäßig kurz halten. Oenothera Hookeri X biennis. Wie gesagt war die erste Generation (1908 und 1910) einförmig Rubiennis. Von dieser habe ich zu wiederholten Malen rein befruchtete Samen geerntet und ausgesät. Stets erhielt ich dabei 2 Typen, uud zwar einen, der der Mutter gleich war, also wiederum Rubiennis. und einen, der in allen Merkmalen die Großmutter wiederholte, und von der reinen 0. Hookeri fast nicht zu unterscheiden war. Dazu stets in annähernd gleichen Verhältnissen: Einseitig spaltende Bastarde 103 O. Hooker i < biennis, 2. Generation Ernte Aussaat Umfang Rubiennis „Hookeri" 1908 1909 72 22% 78% 1908 1910 78 20% 80% 1909 1910 80 15% 85% In dieser zweiten Generation habe ich rein befruchtete Samen, teils von Rubiennis, teils von „Hookeri" -'Exemplaren geerntet. Die ersteren spalteten sich wieder, und zwar in dieselben beiden Typen und gaben 10 °/0 Rubiennis und 90 % „Hookeri" im Sommer 1910 aus Samen von 1909 auf 72 Exemplaren. Die letzteren spalteten sieh aber nicht; sondern wiederholten nur den Hookeri-Tjrjus (1910, mit 140 Exempl., von denen etwa 60 geblüht haben). Im Sommer 1910 erntete ich wiederum Samen von beiden Typen; der erstere spaltete sich 1912 in derselben Weise, indem er auf 70 Pflanzen 7% Rubiennis-Yjxemrjlare lieferte. Der Hookeri- Typus blieb aber in seiner dritten Generation konstant (72 Exempl.). 0. biennis Chicago X Hookeri. Samen der ersten, einförmigen Generation 1909 (S. 74) gaben in 1910 zwei Typen und zwar teils der Mutter gleich und also Rubiennis, und teils vom Großvater 0. Hookeri fast nicht zu unterscheiden. Es waren auf 72 Pflanzen 34% Rubiennis und 66% „Hookeri". Eine Wiederholung dieser Kultur aus Samen einer zweiten Mutter gab 45 % Rubiennis und 55% „Hookeri". auf 65 Pflanzen in 1912. Ich habe von beiden Grup- pen aus der erstgenannten Kultur rein befruch- tete Samen geerntet; die ersteren wiederholten die Spaltung genau, indem sie 1911 die beiden nämlichen Typen hervorbrachten. Ich habe diese Gruppe Ende August während der Blüte gezählt, da ich Grund hatte zu vermuten, daß einige schwache Rosetten, welche in den Zäh- lungen des vorigen Jahres als „Hookeri" gezählt worden waren, sich bei der späteren Erstarkung und Entwickelung als Rubiennis hätten zeigen können. Doch war der Gehalt an Rubiennis nahezu derselbe. Ich fand auf 48 Exemplaren 46% Rubiennis und 54% „Hookeri". Also wiederum etwa gleichviel Pflanzen von beiden Typen. Die Samen der „-HooÄ:en"-Pnanzen der zweiten Generation wiederholten nur diesen Typus in der dritten. Es waren 70 Pflanzen, von denen 25 geblüht haben. In beiden Gene- rationen gab es unter den „Hookeri"- Pflanzen viele, welche gelblich und dementsprechend schwach waren, manche unter ihnen konn- ten dadurch keinen Stengel treiben oder doch nicht zur Blüte gelangen. Diese Schwäche unterschied diese Bastard-Kulturen deutlich von denen der reinen Art. 0. cruciata X Hookeri. Die Samen der ersten Generation (1909) gaben 1910 eine Spaltung in den mütterlichen und den großväterlichen Typus, und zwar auf 79 Pflanzen 33% Rubiennis und 67% „Hookeri". Eine Wiederholung dieser Kultur aus den Samen eines anderen Samenträgers gab in 1912 auf 68 Individuen 18% Rubiennis und 82% „Hookeri". Im Sommer 1910 erntete ich Samen zweier Rubiennis-Vüa.nzen der zweiten Fig. 43 Oenothera cruciata X Hookeri. Die sich spaltende Rubiennis- Form. Erste Generation, Sept. 1909. 104 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde Generation. Daraus wiederholte sich die Spaltimg 1912, indem auf 101 und 111 Exem- plaren 39% im(l 23% Rubiennis waren und die übrigen den Bbo&en-Typus trugen. Fassen wir die beschriebenen Versuche jetzt tibersichtlich, in der Form von Stammbäumen zusammen, so finden wir: Kreuzung- 1907 1. Gen. 1908 1. Versuch 0. Hookeri X biennis Rubiennis 2. Gen. 1909 1910 Rubiennis , Hookeri" 3. Gen. 1910 4. Gen. 1912 Kreuzung 1908 1. Gen. 1909 Rubiennis „Hookeri" „Hookeri" Rubiennis „Hookeri" „Hookeri" 2. Versuch 0. bienn. Chicago X Hookeri Rubiennis 2. Gen. 1910 Rubiennis „Hookeri" 3. Gen. 1911 Kreuzung1 1908 1. Gen. 1909 Rubiennis „Hookeri" 3. Versuch 0. cruciata X Hookeri Rubiennis ..Hookeri" 2. Gen. 1910 3. Gen. 1912 Rubiennis Rubiennis „ Hookeri" .Hookeri" § 2. Ursachen der Spaltungen Durch weitere Kreuzungen habe ich nun versucht, die nächsten Ursachen dieser Spaltungen kennen zu lernen. Dabei habe ich mich im wesentlichen auf die Spaltungsprodukte von 0. Hookeri X biennis beschränkt. Offenbar wird die Erklärung für die beiden anderen Fälle dieselbe sein, wie für diesen, insofern es sich um deren heterogame Eigenschaften handelt. Es handelte sich darum, die Spaltungsfähigkeit des Pollens und der Eizellen getrennt zu studieren, und zwar für die beiden Bastardtypen. Der Blütenstaub von Rubiennis aus Hookeri X biennis, auf die Narben der aus derselben Kreuzung abgeleiteten vi7oo&m'" -Pflanzen gebracht, bedingt eine Spaltung in der nächsten Generation. Es ent- standen auf 75 Exemplaren in 1910: 10% Rubiennis und 90% „Hookeri". Einseitig spaltende Bastarde 105 Ebenso trat Spaltung' auf, wenn 0. biennis selbst mit dieser Rubiennis befruchtet wurde. Man würde dann als Spaltungsprodukte 0. biennis X biennis = 0. biennis und 0. biennis Hookeri = Conica (S. 81) erwarten. Die gefundenen Zahlen waren (1910 auf 153 Pflanzen) 33°/o Biennis und 67°/o Conica. Eine Wiederholung der Kultur in 1912 bestätigte dieses Ergebnis. Falls man dagegen 0. biennis Hookeri (conica) mit dem Rubiennis' staub belegt, muß man, da 0. Hookeri isogam ist, deren Einfluß in beiden Spaltungsprodukten erwarten. Dementsprechend erhielt ich 1910 auf 80 Pflanzen 8°/o Rubiennis und 92% „Hookeri". Aus diesen Versuchen geht hervor, daß die im Pollen der Rubiennis übertragenen erblichen Eigenschaften die Spaltung bedingen. Die Eizellen der Rubiennis-Vüanzen bedingen dagegen keine Spaltungen. Mit dem Blütenstaub der reinen Art 0. Hookeri erhielt ich 1910 eine Kultur von 80 Pflanzen, von denen 30 geblüht haben; sie trugen sämtlich den ..Hookeri" -Typus anscheinend rein. Ebenso nach Befruchtung der Rubiennis mit dem Staub abgeleiteter „Hookerr'- Pflanzen desselben Bastardes; es waren 60 Pflanzen, von denen die Hälfte geblüht haben (1910). Auch habe ich die Rubiennis mit dem Blütenstaub des reziproken Bastardes belegt; wie bereits S. 99 erwähnt, wird dabei 0. biennis als zentraler Elter ausgestoßen, und haben die Bastarde somit wiederum die Merkmale der 0. Hookeri. Folgern wir hieraus, daß in den Eizellen der Rubiennis-Pü&nzen die heterogame biennis nicht vertreten ist, so müssen sie mit dem Staub der 0. biennis belegt, dieselbe Rubiennis geben, welche von diesem ganzen Stammbaum die erste Generation bildet. Ich habe den Versuch zwei Mal gemacht, einmal mit 0. biennis selbst, das andere Mal mit 0. biennis cruciata. Der Erfolg bestätigte die Erwartung. Im ersten Versuch hatte ich nur 27 Pflanzen (1910); im zweiten aber 49. Die erblichen Eigenschaften der abgeleiteten ,,.Hboßen"-Pflanzeii dieses Bastards dürfen als rein betrachtet werden und verhielten sich so in meinen Versuchen. Aus ihrem Blütenstaub erhielt ich, bei der Befruchtung von 0. biennis sowohl als von 0. biennis cruciata, denselben Bastard wie zwischen 0. biennis und 0. Hookeri, welcher S. 70 be- schrieben worden ist und zum Conica-Typus gehört. (1910 mit 40 bezw. 80 Pflanzen und 1912 mit 57 Exemplaren.) Die Eizellen der abgeleiteten „Hookeri1' -Pflanzen gaben mit dem Pollen von 0. biennis und von 0. biennis cruciata nur Rubiennis-Püanzen, also genau so wie die Kreuzung der beiden reinen Arten (1910, beide Versuche mit 80 Exemplaren). Es geht aus diesen Versuchen hervor, daß die Pollenkörner der Rubiennis-Füzuizen die Veranlassung zur Spaltung sind, während einer- seits ihre Eizellen, andererseits die beiderlei Sexualorgane der abgeleiteten „-öroo&m"-Pflanzen sich verhalten wie (fast) reine 0. Hookeri. 106 Reziproke und doppeltreziproke Bastarde § 3. Versuch einer Erklärung- der Spaltungen Die drei breitblättrigen Sexualtypen 0. biennis (Pollen), 0. biennis Chicago (Eizellen) und 0. cruciata (Eizellen) geben mit der isogamen Art 0. HooTceri Bastarde, welche in der ersten Generation einförmig sind und den Typus Rubiennis führen, und welche in der zweiten Ge- neration sich spalten. Bei diesen Spaltungen entstehen stets zwei Typen: der Rubiennis der ersten Generation wiederholt sich und daneben treten Pflanzen auf, welche fast rein den Typus der 0. HooTceri tragen. Soweit untersucht, wiederholen die ersteren die Spaltung in den folgen- den Generationen, während die letzteren konstant bleiben (vergl. die Stammbäume S. 104). Es fällt dabei zunächst auf, daß nur zwei Typen entstehen. Aller- dings wechselt die Größe der Blumen, zumal auf den „HooJceri" -Exem- plaren, in viel bedeutenderem Umfang als bei der reinen Art (meist zwischen 2 und 4 cm Länge der Petalen), aber auf dieses abweichende Verhalten habe ich schon in so vielen anderen Fällen hingewiesen, daß wir es hier außer Betracht lassen können. Es bildet ja eine Ausnahme von den Regeln der Heterogamie. Wir halten uns also an die vege- tativen Organe und an die ganze Tracht der Pflanze und der Blüten- ähre. Offenbar deutet die Beschränkung auf die beiden Haupttypen auf Korrelationen zwischen den einzelnen erblichen Eigenschaften, wie sie überall bei den Oenotheren auftreten. Zur Erklärung der Erscheinungen benutzen wir zunächst die Iso- gamie der 0. Hookeri und die Heterogamie der drei anderen Arten. D. h. die vorher nachgewiesenen Tatsachen, daß die erblichen Eigen- schaften der ersteren Art sowohl im Pollen als in den Eizellen über- tragen werden, während in den drei anderen Arten gewisse Merkmale nur im Pollen (0. biennis), bezw. nur in den Eizellen (bei den beiden anderen Arten) übermittelt werden. Hieraus können wir das Folgende ableiten: In den Rubiennis-B&st&rden von 0. Hookeri X 0. biennis führen die Eizellen nur die Merkmale der 0. HooJceri, der Pollen aber die Eigen- schaften beider Eltern. Dieses stimmt zu den im vorigen Paragraphen erhaltenen Ergebnissen der weiteren Kreuzungen, und erklärt die Spal- tung, wenn wir annehmen, daß bei der Bildung des Pollens die beiden Eigenschaften (Typus biennis und Typus HooJceri) sich trennen. Die eine Hälfte der Pollenkörner würde dann biennis-Merkmale führen, die andere Hbo&m-Merkmale. Die erstere Gruppe muß mit den Eizellen der Rubiennis offenbar wiederum Rubiennis , die andere aber offenbar HooJceri geben. Ganz dieselbe Betrachtungsweise können wir auf die beiden anderen Fälle anwenden. Nur tritt hier die isogame HooJceri als Vater auf und es kann somit der Pollen der Rubiennis-P ü&nzen nur üToo&m'-Merkmale enthalten. Die Eizellen aber müssen dieselben Merkmale in Verbindung mit den heterogamen Eigenschaften der weiblichen Sexualtypen von 0. biennis CJiicago bezw. 0. cruciata führen. Trennen sich diese bei ihrer Bildung in derselben Weise wie im Pollen von 0. Hookeri X biennis, so Einseitig spaltende Bastarde 107 erklärt sich wiederum die Spaltung. Denn die eine Hälfte der Eizellen wird mit dem nur Hookeri enthaltenden Pollen spaltungsfähige Rabiennis-Pü&nzen geben, während die andere Gruppe zur (fast) reinen Hookeri führen muß. In dieser Weise aufgefaßt, bilden die einseitigen Spaltungen einen Gegensatz zu den MENDELschen Bastarden, deren Spaltungen auf beiden Seiten auftreten. Beide Fälle gehorchen den Regeln der Wahrschein- lichkeif, aber in Verbindung mit verschiedenen durch die Natur der untersuchten Spezies gegebenen inneren Eigenschaften. Zur Bestätigung dieser Folgerungen habe ich 1910 Rubiennis-Vüanzen aus der zweiten Generation von 0. cruciata < Hookeri teils mit dem Pollen von 0. cruciata Nutt., teils mit demjenigen von 0. Hookeri T. u. G. befruchtet. Wie zu erwarten war, traten in beiden Fällen Spaltungen auf; in dem ersterwähnten Versuch in die Typen 0. cruciata (70%) und Q- Hookeri < cruciata (30%)) auf 64 Pflanzen (1912). Aus der zweiten subternären Kreuzung erhielt ich ">0% „-HooA;i,?7"-Pflanzen nebst 50% vom Typus Rubiennis (= cruciata < Hookeri), auf 70 Exemplaren (1912). Wie man sieht, entsprechen die Ergebnisse der oben erörterten Erwartung völlig. A^ ir können jetzt in unserm Erklärungsversuch noch einen Schritt weitergehen. Wir gründen uns dabei auf die Erfahrung, daß die drei Kreuzungen der breitblätterigen Sexualtypen, wenn sie mit 0. Cockerelli anstatt mit 0. Hookeri ausgeführt werden, nicht spaltende, sondern konstante Bastardrassen geben (S. 83). Sie haben nahezu dieselbe äußere Gestalt, indem sie gleichfalls zum Rubiennis-Tyjms gehören, aber offenbar andere innere Eigenschaften. Es fragt sich somit, weshalb O. Hookeri die Spaltungen bedingt, während die gleichfalls schmalblätterige und isogame Art 0. Cockerelli solches nicht vermag. Offenbar muß dieses darauf beruhen, daß dem breitblätterigen Sexualtypus unserer drei heterogamen Arten in 0. Hookeri etwas anderes gegenübersteht als in 0. Cockerelli. Und für das Eintreten von Spaltungen in der zweiten Generation ist es, wie ich im zweiten Bande meiner Mutations-Theorie (II, S. 369, u. a. a. St.) ausführlich ausein- andergesetzt habe, erfinderlich, daß dieselbe Eigenschaft in dem einen Elter aktiv, in dem anderen aber latent oder inaktiv vorhanden ist. Aus dieser Hypothese leitet sich dann die obengemachte Annahme der Trennung bei der Bildung der Sexualzellen (S. 106), sowie die Dominanz des aktiven Merkmales ab (vgl. a. a. O.). Es leuchtet ein, daß diese Vorstellung sich ohne weiteres auf das Verhalten der 0. Hookeri anwenden läßt. Für diese müssen wir also annehmen, daß in ihr diejenige Eigenschaft, welche den breitblätterigen Sexualtypus der drei anderen Arten bedingt, auch vorhanden ist, aber im latenten Zustande, und daß sie die Spaltungen bewirkt. Mittels dieser Vorstellung sind sämtliche beobachtete Erscheinungen ohne weitere Hilfs- hypothesen in einfacher Weise zu erklären. Und vorgreifend möchte ich hier bemerken, daß der Zwillingsbastard 0. hybr. laeta sich in den aufeinanderfolgenden Generationen spaltet, wenn er 0. Hookeri zum einen Elter hat, sonst aber stets konstant ist. (Vergl. den folgenden Abschnitt). Wenden wir jetzt unsere Schlußfolgerungen auf O. Cockerelli an. Da sie die breitblätterigen Sexualtypen nicht spaltet, kann sie die betreffende Eigenschaft somit nicht im latenten Zustand enthalten. Und da sie schmalblätterig ist, führt sie sie auch nicht als aktives Merkmal. Es bleibt also nur die Annahme übrig, daß diese Eigenschaft hier gänzlich abwesend ist, und dieses führt ohne weiteres und ganz allgemein zu konstanten intermediären Bestardrassen. In den betreffenden Fällen sind diese in bezug auf das fragliche Merkmal ebenso heterogam wie die Eltern, von denen sie die Eigenschaft geerbt haben. Ist der Träger des breitblätterigen Sexualtypus in O. Cockerelli abwesend, so muß er es auch in allen jenen Fällen sein, wo sonst mit denselben breitblätterigen Formen konstante Bastardrassen entstehen. Und offenbar muß die Schlußfolgerung auch für die drei Arten selbst gelten. In ihnen muß der fragliche Träger in dem einen Geschlecht anwesend und aktiv sein, in dem andern aber fehlen. Nur so erklärt sich ihre Konstanz, und zwar in völliger Übereinstimmung mit der Erklärung der Konstanz aller oben beschriebenen heterogamen Bastardrassen. Dritter Abschnitt Zwilliugsbastarde Kapitel I Prinzipien und Definitionen § 1. Die Mutationskreuzungen Im zweiten Bande meiner Mutations-Theorie habe ich gezeigt, daß Kreuzungen in der Mutationsperiode der Oenothera LamarcJciana zu einem wesentlichen Teile anderen Gesetzen folgen als die bis dahin studierten Bastardierungen außerhalb dieser Gruppe. Aus diesem Grunde habe ich für sie die Bezeichnung Mutatiouskreuzungen gewählt, und diese fundamentale Tatsache durch eine Reihe von Beispielen möglichst klar gestellt (Bd. II, 3. Abschnitt, S. 396—461). Es handelt sich jetzt darum, diese Prinzipien in ihren weiteren Einzelheiten auszuarbeiten, und aus ihnen eine Methode abzuleiten, welche uns zu einer Einsicht in die inneren Ursachen des Mutierens führen kann. Diesem Zwecke sollen der vorliegende und der nächst- folgende (vierte) Abschnitt gewidmet sein, und am Schlüsse des vierten Abschnittes werde ich die Ergebnisse, zu denen sie leiten, zu- sammenstellen. Um aber dabei Wiederholungen zu vermeiden, will ich jetzt, vorgreifend, die wichtigsten Folgerungen kurz darstellen, und zwar nur insoweit als erforderlich scheint, um den einzelnen Versuchsergeb- nissen kurze Berechnungen beifügen zu können. Diese haben dann den Zweck, dem Leser die Kontrolle zu erleichtern über die Frage, inwiefern die betreffenden Versuche die aus ihnen abgeleiteten allgemeinen Schlüsse stützen bezw. beweisen können. Deshalb gebe ich hier meine Ansicht nur in großen Zügen und verweise für die Einzelheiten und Gründe auf das genannte Schlußkapitel. Je eingehender man die Kreuzungen in der Mutationsgruppe der Oenothera Lamarckiana studiert, um so klarer zeigt es sich, daß sie sich hier in weit vollerem Umfange zeigen als irgendwoanders im Pflanzen- reich. Fast überall sonst herrschen die Fälle vor, welche sich den Mendelschen Gesetzen fügen; hier aber treten diese, den anderen gegen- über, geradezu in den Hintergrund. Wir unterscheiden zunächst: Prinzipien und Definitionen 109 I. Die unisexuellen Kreuzungen, oder das Verhalten un- gepaarter Eigenschaften bei der Bastardierung. IL Die Spaltungen in der ersten Generation. III. Die Spaltungen, welche erst in der zweiten Generation auftreten. Die unisexuellen Eigenschaften geben, soweit bis jetzt unter- sucht, konstante Bastardrassen, welche zwischen ihren Eltern intermediär sind. Im vorigen Abschnitt haben wir davon zahlreiche Beispiele kennen gelernt; einen weiteren, sehr wichtigen Fall werden uns die Kreuzungen von Oenothera gigas vorführen1). Sie kommen bei den Oenotheren vor- zugsweise außerhalb der Gruppe der bis jetzt bekannten Mutationen vor, und sind auch sonst im Pflanzenreich weit verbreitet. Die reziproken diesbezüglichen Bastarde sind, wie wir gesehen haben, bei isogamen Arten unter sich gleichförmig, bei heteroganien aber unter sieh ungleich, zwei Typen bildend. Die Spaltungen in der ersten Generation sind die Folgen der eigentlichen Mntationskreuzungen, und bilden den Kern der von mir studierten Erscheinungen. Sie umfassen zwei Gruppen: a) Die Merkmale, durch welche sich die neuen, aus 0. Lamarckiana hervorgegangenen Arten von dieser unterscheiden. 1») Die Zwillingsbastarde, welche gewisse ältere Arten mit der Lamarckiana und ihren Abkömmlingen bilden. Weitaus die meisten Mutanten geben bei der Kreuzung mit der Mutterart eine zweiförmige erste Generation; die beiden Typen wieder- holen dabei zumeist einfach die Merkmale der Eltern. So verhalten sich 0. nanella, 0. lata, (). scintillans, 0. oblonga und 0. laevifolia. Aus- nahmen bilden z. B. 0. brcristgiis, welche den Mendelschen Gesetzen folgt und 0. gigas, welche, wie erwähnt, konstante intermediäre Bastard- rassen gibt. Zu den Zwillingsbastarden führen die Spaltungen, welche bis jetzt nicht von Mutanten, sondern nur von gewissen älteren Arten in der 0. Lamarckiana bewirkt werden. Sie treten in der ersten Generation auf, und stellen mit einer einzigen Ausnahme (0. Hookeri-laeta) bis jetzt konstante Bastardrassen dar, d. h. Linien, welche in bezug auf das Rassenmerkmal keine weiteren Spaltungen zeigen. Ich werde in diesem AI »schnitt zwei Beispiele vorführen und zwar erstens die am ausführ- lichsten untersuchten Zwillinge Oen. hgbrida laeta und velutina, und dann Oen. hgbrida densa und laxa2). Diese beiden Gruppen von Spaltungen in der ersten Generation finden in der Regel nach gleichen Verhältnissen statt, d. h. daß von jeder der beiden Formen gleich viele Exemplare entstehen, falls keine besondere Ursachen störend eingreifen. Diese Regel bildet, meiner An- *) Vergl. Abschn. IV, Kap. I. 2) Drillinge und Vierlinge entstehen durch die Kombinationen von Spaltungen aus unseren beiden Gruppen. Vergl. 0. lala. HO Zwillingsbastarde sieht nach, einen der wesentlichsten Angriffspunkte für die weitere Er- forschung- der inneren und auch der äußeren Ursachen des Mutierens. Denn die störenden Einflüsse sind teils innere, teils äußere1). Als Beispiel der ersteren nenne ich hier den nicht geradezu seltenen Fall, daß die numerischen Verhältnisse zwischen den beiden Bastardtypen andere sind, wenu man die Lamarchiana selbst mit einer älteren Art kreuzt, als wenn man eine ihrer Mutanten zu derselben Kreuzung be- nutzt. Für die Mitwirkung äußerer Ursachen spricht die Tatsache, daß die fraglichen Verhältnisse sowohl von der Wahl der befruchteten Blüten, z. B. am Grunde oder im Gipfel der Traube, oder auf den Seitenzweigen, als auch von der Wahl von besser oder weniger gut ernährten und kultivierten Exemplaren, wie endlich von der Zahl der pro Frucht reifenden Samen abhängig sind. Wo sich dazu die Gelegenheit bietet, werde ich auf solche Abweichungen bei der Beschreibung der einzelnen Versuche hinweisen. Aber erst am Schlüsse werde ich eine zusammen- fassende Betrachtung über die hier mitwirkenden Ursachen geben können. An einzelnen Stellen werde ich aber Gelegenheit finden, nachzuweisen, daß die inneren Ursachen im wesentlichen als eine gegenseitige Be- einflussung verschiedener und wohl vorwiegend mutabeler Eigenschaften aufgefaßt werden müssen, und ich werde für diese Beeinflussung die Be- zeichnung Assoziation von Eigenschaften anwenden. Die Spaltungen in der zweiten Generation umfassen gleich- falls verschiedene Fälle, und zwar je nachdem sie auf Spaltungen in der ersten Generation folgen oder nicht, und je nachdem es sich um isogame oder heterogame Arten bezw. Eigenschaften handelt. Sind die Eigenschaften isogame, d. h. also daß sie durch beide Geschlechter in gleicher Weise auf die Nachkommen vererbt werden können, und ist die erste Generation eine einförmige, so folgen die Spaltungen den MENDELschen Hegeln. Dieses kommt unter den Oeno- theren, soweit sie bis jetzt untersucht sind, sehr selten vor. Der ein- zige Vertreter dieses Falles in der ganzen Gruppe ist die Oenothera brevistylis und gerade sie ist in meinen Kulturen bis jetzt niemals durch Mutation entstanden. Ist bereits die erste Generation eine zweiförmige, so können die beiden in ihr entstandenen Bastardtypen sich in verschiedener Weise verhalten. Entweder spalten sie sich beide in ihren Nachkommen, oder diese sind für beide konstant, oder endlich — und dieses ist in meinen Versuchen der häufigste Fall — es sind die Nachkommen des einen Typus einförmig und diesem gleich, während jene des zweiten sich spalten. Diese Spaltungen sind dann verschieden, je nachdem die be- treffenden Merkmale isogame oder heterogame sind. Abgesehen von durch spezielle Einflüsse bedingten Umständen können wir sagen, daß die isogamen den MENDELschen Gesetzen mehr oder weniger genau folgen, während die heterogamen sich anders verhalten. Denn bei diesen wird x) Vergl. den folgenden Abschnitt (IV), Kap. VIII, § 4. Prinzipiell und Definitionen Hl die fragliche Eigenschaft nur in einem Geschlecht vererbt; nur in diesem können somit Spaltungen auftreten. Folgen diese, wie gewöhnlich, den Regeln der Wahrscheinlichkeit, so sind die Spaltungen einseitige und erscheinen die beiden Produkte in nahezu gleichen Verhältniszahlen. Ein Beispiel liefert die Kreuzung Oen. muricata > nanella1). Ihre erste Generation besteht aus Laeta und Velutina. Die erstere ist in ihren Nachkommen konstant, während die letztere zwar in der I elutina-~Eigen- schaft konstant ist, aber im Zwergmerkmal sich spaltet. Es entstehen etwa zur Hälfte hohe Exemplare und zur anderen Hälfte Zwerge. Die letzteren sind konstant, die erstereu können wiederum Zwerge abspalten und zwar in demselben Verhältnisse. Spaltungslose Exemplare hoher Statur, wie sie das MEXDELsche Gesetz fordert, entstehen liier nicht. Spaltet sich einer der anfänglichen Bastardtypen nachher, sei es nach diesem Schema, sei es nach dem isogamen oder MENDELschen Vor- bilde, so pflegen sich die Spaltungen in allen folgenden Generationen, soweit solche untersucht wurden, zu wiederholen. Alljährlich entstehen, neben spaltungsfähigen Bastarden abgespaltene konstante Formen, sei es in einem Typus (bei Heterogamie), sei es in zweien (bei Isogamie). § 2. Über labile Pangene Für die Erklärimg der im Pflanzenreich so weit verbreiteten Bastardspaltung in der zweiten Generation mag wohl der äußerlich sichtbare Gegensatz zwischen dem Vorhandensein und dem Fehlen einer Eigenschaft genügen. Für die komplizierteren Erscheinungen, welche wir im vorigen Paragraphen geschildert haben, bedarf es aber eines tieferen Eingehens in die möglichen inneren Verhältnisse. Es leuchtet ein, daß namentlich die Spaltungen in der ersten Ge- neration andere innere Ursachen haben müssen als diejenigen, welche erst in der zweiten erscheinen. Selbstverständlich kann ich eine ein- gehende Diskussion erst nach der Vorführung der Tatsachen vornehmen und somit verweise ich hier auf das Schlußkapitel des folgenden Ab- schnittes (IV, Kap. VIII). Um aber die dort zu behandelnden Fol- gerungen auf alle einzelnen Kreuzungen anzuwenden, würde ich diese dabei sämtlich wiederholen müssen. Solches würde einen viel zu großen Raum erfordern, und es scheint mir möglich, das zu vermeiden, wenn ich die sich aus den Folgerungen ergebenden Berechnungen jedesmal wenigstens den wichtigsten Versuchen unmittelbar zufüge. Der Leser wird dadurch in den Stand gesetzt, die Berechnungen überall mit der Erfahrung zu vergleichen. Um dieses zu erreichen, habe ich oben zur Erklärung der Mu- tationskreuzungen den Begriff der Labilen Pangene eingeführt (S. 14). Ich habe diesen Begriff in meiner Mutations-Theorie (Bd. II S. 696) ]) Vergl. Abschnitt IV, Kap. IV § 3. 112 Zwillingsbastarde schon kurz angedeutet, und auf seine Brauchbarkeit für die Erklärung der Erscheinungen des Mutierens hingewiesen. Darauf werde ich im letzten Abschnitt zurückkommen, hier handelt es sich aber nur darum, dem Worte eine rein empirische, den Kreuzungen (und nicht etwa den Mutationsvorgängen) entnommene Definition zu geben. Dazu nehme ich an, daß die Spaltungen in der ersten Gene- ration auf der Anwesenheit labiler Pangene beruhen und durch deren Zusammentreffen mit antagonistischen Pangenen im inaktiven Zustande hervorgerufen werden. Diese letzteren sind bekanntlich die Träger latenter Erbschaften. Sie sind dieselben, welche beim Zusammen- treffen mit Antagonisten im aktiven Zustand (d. h. mit Trägern sichtbarer Erbschaften) die erst in der zweiten Generation auftretenden Spaltungen - sei es MendelscIic, sei es andere — bedingen1). In jenen Fällen, wo dieselbe latente Eigenschaft beide Haupttypen von Spaltungen hervor- rufen kann (z. B. 0. nanella), sind sowohl die inaktiven Pangene, wie andererseits die labilen und die aktiven leicht zu erkennen. In anderen Fällen bedarf es aber eines etwas umständlicheren Nachweises. Halten beide Eltern für dieselbe Eigeuschaft labile Pan- gene, so bilden sie in bezug auf diese eine konstante Rasse. Dadurch unterscheidet sich dieser Typus von den spaltungsfähigen MENDELschen Bastarden, mit denen sie sonst in einigen Punkten über- einstimmen. Oder mit anderen Worten: labil X labil = labil, aber (a-fb)X(a+b) = a2 + 2 ab + b2. Der erstere Fall ist bei Selbstbefruchtung einförmig, der zweite spaltet sich dabei in drei Typen. Diese Vorstellungen mögen vorläufig für die Berechtigung und die Erklärung der in dem nächsten Abschnitte manchen Versuchen beigefügten Berechnungen genügen. Für das weitere muß ich auch hier auf das Schlußkapitel verweisen. Nur sind hier noch zwei Fälle besonders zu betonen, welche aber bereits im vorigen Paragraphen angedeutet worden sind. Ich meine die konstanten Bastarde von Oenothera gigas, und die vorläufig einer möglichen Assoziation von Eigenschaften zugeschrie- benen Abweichungen von den aus den Berechnungen abgeleiteten Er- wartungen. Auf die letzteren werde ich in diesem Buche nicht weiter eingehen. Sie versprechen allerdings ein reiches Feld von Entdeckungen im Interesse des Studiums der inneren Mutations-Ursachen, erfordern aber weit umständlichere Versuche, als es mir bis jetzt möglich war, vorzunehmen. *) Vergl. Die Mutations-Theorie Bd. II, Abschnitt II, S. 111—396. Oenothera hybrida laeta und velutina 113 Kapitel II Oenothera hybrida laeta und velutina § 1. Laeta- Spaltung durch isogame Arten (Tafel XIII— XVI) In den bisher behandelten Kreuzungen bildeten die erhaltenen Bastarde entweder konstante Rassen, oder sie spalteten sich erst in der zweiten und den folgenden Generationen1). Die erste Generation war somit ausnahmslos einförmig. Sobald wir aber Oenothera LamarcMana in die Versuche einführen, ändern sich diese Verhältnisse und tritt häufig, aber nicht immer, eine Trennung bereits in der ersten Generation auf. Wir werden von jetzt an vorwiegend diese Spaltungen zum Gegenstand unserer Untersuchungen machen. Mit Ausnahme einiger weniger, abgeleiteter Fälle-) treten dabei zwei Bastardtypen auf und werde ich diese somit ZwiUingsbastarde nennen3). Je nach der Spezies, mit der die 0. LamarcMana bei der Kreuzung verbunden wird, können diese Zwillinge selbstverständlich ver- schieden sein. Viel wichtigere Unterschiede treten aber auf je nach den Merkmalen der LamarcMana, welche dabei gespalten werden. Dieser letztere Umstand führt zu Gruppen, welche zweckmäßig mit besonderen Namen belegt werden, und in denen dieselben Namen unabhängig von der zweiten elterlichen Alt benutzt werden können. In diesem Abschnitte behandle ich die Fälle, in denen die 0. La- marcMana selbst mit anderen Arten gekreuzt wird oder in denen ihre Mutanten sich genau so verhalten wie sie, und somit um- als Bestäti- gungen angeführt werden. Die speziellen Spaltungen, welche von den Miitationsmerkmalen bedingt werden, sollen Gegenstand des nächstfolgen- den Abschnittes sein. Unter den Spaltungen, welche die 0. LamarcMana unter dem Ein- flüsse anderer Arten erleiden kann, kommt die eine viel allgemeiner vor als die andere, und ich werde jene somit zuerst besprechen. Und zwar zunächst rein empirisch, indem ich für die Beziehung der Erscheinung zu der Mutabilität auf den letzten Abschnitt verweise. Von diesen beiden Zwillingen trägt der eine die Merkmale der La- marcMana in Verbindung mit denen des andern Elters, aber mit starkem Vorherrschen der ersteren. Diesen Typus nenne ich 0. hybrida laeta. Der andere Zwilling bietet zwar dieselbe Verbindung, aber dal »ei domi- nieren die Eigenschaften des andern Elters über die LamarcMana: 0. hybrida velutina. Dementsprechend sind die Laeta-Fovmew der verschie- denen für die Kreuzungen benutzten Spezies einander sehr ähnlich; sie *) Auch nach doppeltreziproken Kreuzungen kommen bisweilen Spaltungen vor, namentlich hei Bastarden von 0. Hookeri. 2) Vergl. 0. lata und 0. scintillans im vierten Abschnitt, Kap. V und VI. 3) On twin hybrids. Botanical Gazette T. 44 S. 401. 1907. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung g 114 Zwillingsbastarde bilden deutlich einen gemeinschaftlichen Typus. Die Velutina-F ormen sind im Gegenteil unter sich mehr verschieden und oft ihrem speziellen Elter zum Verwechseln ähnlich. Fig. 44 Oenothera Cockerelli, Juli 1906. Ganze Pflanze beim Anfang der Blüte1). x) Vergl. Fig. 19 und 20 S. 53 u. 54 und die Fußnote S. 56. Oenothera hybrida laeta und velutina 115 Ist der andere Elter eine isogame Art, welche somit nur ein ein- ziges Bild von erblichen Eigenschaften hat, so sieht die Velutina ihr selbst ähnlich. Handelt es sich aber um eine heterogame Art, so muß die Velutina einem der beiden Sexualtypen gleichen, und zwar demjenigen, der dem für die Kreuzung benutzten Geschlecht entspricht. So ist z. B. die Velutina von 0. biennis X LamarcJciana eine Conica (vergl. S. 71). Hier liegen die Verhältnisse somit kom- plizierter, und aus diesem Grunde be- schränke ich mich in diesem Paragraphen auf die Spaltung durch isogame Arten (vergl. S. 30). Ich komme jetzt zur Beschreibung der einzelnen Beispiele. Oenothera LamarcJciana < Hookeri. Die aus dieser Kreuzung entstandenen Zwillinge siud auf deu Tafeln XIII— XVI abgebildet; die Zwil- linge der reziproken Kreuzung sind ihnen genau gleich , bis auf die Farbe der Velutina (vergl. unten). Man vergleiche bei der Betrachtung der Tafeln die entsprechenden farbigen Abbildungen der Eltern (Taf. I— III und VIII). Wenden wir uns zunächst zu den blühenden Pflanzen. Die Kreuzung, welche die abgebildeten Exemplare lieferte, wurde 1909 vorgenommen; die Bastarde blühten im Sommer 1910 und er- reichten eine Höhe von l1/2 m. Sie sind groß- blumig wie die beiden Eltern; die Laeta gleicht mehr der Lamarckiana, also hier der Mutter; die Velutina mehr dem kalifornischen Vater: 0. Hookeri. Im übrigen zeigen sie dieselben Unter- schiede wie die Laeta und Velutina aus anderen Kreuzungen von 0. Lamarckiana. Die Blüten der Velutina (Taf. XIV) sind blaßgelb und öffnen sich weit; die Blumenblätter sind am Gipfel tief herzförmig eingeschnitten und am Grunde derart verschmälert, daß zwischen ihnen auffallende elliptische Lücken offen bleiben. Dem Mittelnerven entlang sind sie etwas einwärts gewölbt. Die Blumen der Laeta dagegen sind mehr hochgelb und öffnen sich nicht so weit, sondern bleiben während der Blüte viereckig trichterförmig ; die Blumenblätter sind am Gipfel fast nicht ausgebuchtet: aneinander schließen sie lückenlos an oder decken sich mit den Rändern. Stengel, Früchte, Kelchröhre und Kelch sind bei der Velutina mehr rötlich an- gelaufen als bei der Laeta; auch ist die Behaarung bei der ersteren mehr ausgeprägt. In beiden Formen überragen die Narben die Antheren weit, wie solches ja auch bei beiden Eltern der Fall ist. Die Narben haben ein tieferes etwas grünliches Gelb; der Grund der Krone ist bei der Velutina blaß grünlich, bei der Laeta aber dunkelgelb. Das Laub ist bei der Laeta (Taf. XIII) breit, dunkel grasgrün, bei der Velutina aber schmal, grau behaart und rinnig, da die Ränder der Blätter mehr oder weniger stark aufwärts gebogen sind. Buckel sind auf der Blattspreite zahlreich bei der Laeta, aber selten bei der Velutina. Fig. 45 Oenothera Cockerelli. Blühender und fruchttragender Stammesgipfel, August 1911. 116 Zwillingsbastarde Die Früchte sind bei der Laeta etwas dicker und weniger behaart, mit weniger ausgeprägten Längsrinnen, wo sie später sich öffneu werden, und weniger deutlichen roten Feldern dazwischen. Doch sind hier die Unterschiede von der Velutina nur geringe. Die Blütenknospen der Laeta sind dünn konisch, diejenigen der Velutina dicker und kürzer, was oft sehr stark auffällt. Fig. 46 O. Lamarckiana \< Hookerl. Eine Gruppe von Exemplaren der Laeta (links) und Velutina (rechts). Die Kosetten der Wurzelblätter zeigen dieselben Unterschiede (Taf. XV u. XVI und Fig. 46). Hier tritt aber ein Umstand ein, der die fraglichen Differenzen oft stark vergrößert. In allen jenen Kreuzungen, in denen 0. Hookeri als Mutter benutzt worden ist, sind sämtliche Keimlinge grün und kräftig. In den reziproken Kreuzungen sind die Laeta- Pflanzen stets alle gleichfalls grün und kräftig, die Velutina aber mehr oder Oenothera hybrida laeta und velutina 117 weniger gelblich. Diese mangelhafte Ausbildung des Chlorophylls erreicht in den ein- zelnen Exemplaren die verschiedensten Grade, schwächt sie aber stets. Einzelne sind fast grün und entwickeln sich ebenso gut wie die reziproken, andere sind von Anfang an so gelb und schwach, daß sie als kleine Rosetten sterben. Dazwischen gibt es alle Übergänge. Die meisten Exemplare wachsen langsam und sind dann auch zur Blütezeit klein (60 — 100 cm hoch). Die für unsere Fig. 40 Anfang Juni photographisch auf- genommenen Exemplare haben nahezu sämtlich im August und September geblüht. Die Wurzelblätter der Hookeri-laeta sind breit und dach, und der Mutterart ent- sprechend lang gestielt, während diejenigen der Hookeri-velutina schmal und rinnig sind, mit gleichfalls langem Stiele. Sind sie grün, so werden sie länger als die gleichaltrigen Laeta- Blätter, sind sie aber gelblieh, so bleiben sie viel kleiner. Häufig ist die rote Farbe der Hookeri in ihnen kräftig ausgebildet. Oenoihera Cockerelii ■ Lamarckiana. Die aus den beiden reziproken Kreuzungen entstandenen Laeta und Velutina sind einander gleich, auch in der Farbe des Laubes. Die Laeta sind denen der Hookeri sehr ähnlich, aber mit hellerem Grün und etwas kleineren Blüten, auch sind die Blätter an der Spitze in geringem Grade seitlich gebogen- Letzteres Merkmal *) ist bei der Velutina weit stärker ausgeprägt, auch sind die Blätter hier mehr graugrün, anscheinend behaart, schmal und der Länge nach rinnig zusammen- gebogen. Die Blumen sind hier viereckig trichterförmig wie bei der 0. Cockerelii, aber bedeutend größer. Jedoch wechselt hier, wir ja auch sonst, die Größe der Petalen zwischen den einzelnen Individuen. In größeren Blüten überragen die Narben die Antheren weit, in kleineren liegen sie aber tief zwischen ihnen, wie bei der Mutterart. Beide Zwillinge sind bei einiger Übung leicht als Kinder der 0. Cockerelii zu erkennen; sie prägen deren Merkmale bei fortschreitender Entwicklung immer deutlicher aus. Dabei behält aber die Laeta die Tracht der Lamarckiana, während die Velutina der 0. Cockerelii oft zum Verwechseln ähnlich ist. Den bequemsten Unterschied bilden wohl die Blütenknospen unmittelbar vor dem Offnen, da sie bei der Laeta dünn, bei der Velutina aber auffallend dicker sind. Beide Zwillinge werden gleich hoch, 1,5 m und mehr. In den Rosetten der Wurzelblätter haben die Laeta die Form einer Raute wie bei der 0. Cockerelii, bei flachliegendem Laube, während die Velutina-llosetteu lockerer sind wegen der schmalen rinnigen Blätter und ihr Laub mehr aufwärts biegen (im Juni). Oenothera strigosa X Lamarckiana. Reziproke Zwillinge einander gleich. In den jungen Rosetten bereits im April deutlich zu unterscheiden; im Juni die AVurzel- blätter der Laeta viel breiter als bei der Velutina im Verhältnis von 3 : 4 und dunkler grün. Beim Emporschießeu der Stengel prägen sich die Unterschiede noch besser aus, die Lada-Pflanzen sind rein grün, die Velutina graugrün wegen der üppigeren Behaarung. Blütenknospen der Laeta dünn, bei der Velutina dicker und kürzer. Die rote Farbe des Laubes und der Früchte prägt sieb auch hier bei der Velutina stärker aus als bei der Laeta. .Mit der letztgenannten. Art habe ich nur die Lamarckiana selbst gekreuzt, aber keine Mutanten. Solches war bei den beiden anderen wohl der Fall. Dabei verschwin- det das spezielle Merkmal der Mutanten, wenigstens in der hier allein zu besprechenden ersten Generation. Somit sind die Zwillinge äußerlich den beschriebenen durchaus gleich. Die numerischen Verhältnisse, in denen die beiden Zwillinge auftreten, habe ich in allen meinen Kulturen genau ermittelt, und zwar sobald die Merkmale ein sicheres Auszählen zuließen, also meist im Juni an den starken Rosetten. In vielen Fällen habe ich die Zählungen während der Blütezeit wiederholt, in anderen die beiden Typen beim Auspflanzen geschieden, wodurch ich mich im Hochsommer von der Richtigkeit der Be- urteilung im Frühling überzeugen konnte (vergl. Fig. 40, S. 116). Ich gebe jetzt die erhalteneu Zahlen in tabellarischer Form, indem ich für jeden Versuch das Jahr der Kreuzung und dasjenige der Kultur, sowie den Umfang der Gruppe (Anzahl der gezählten Exemplare) beifüge. Der Gehalt an Laeta und Velutina ist stets in Prozentzahlen umgerechnet worden. Wo zwei oder mehr gleichnamige Kreuzungen aus demselben Jahre aufgezählt werden, waren sie auf verschiedenen Mütteru ausgeführt worden, nur in einzelnen Fällen sind die Nachkommen von zwei solchen Kreuzungen *) Vergl. Fig. 20 auf S. 54 sowie Fig. 19, 44 und 45. 118 Zwillingsbastarde zusammengezählt worden. Der Pollen wurde stets einer kleinen Gruppe von Vätern, bisweilen einem einzigen Individuum entnommen. Ich fantre mit 0. Cockerelli an. Zwillingsbastarde von 0. Cockerelli unc 0. Lamarckiana Kreuzung Kreuzung Kultur Indi- viduen Laeta /o Velutina "o 0. Cockerelli X Lamarckiana . . . 07 08 78 65 35 11 . ii X ii ... 07 08 156 60 40 05 07 62 65 35 05 08 79 58 42 „ Lamarckiana ■; Cockerelli . . . 07 08 45 7 93 11 J1 X 1) 11 12 60 15 85 „ nanella X 71 ... 05 07 117 35 65 11 77 X 77 05 08 59 42 58 „ rubrinervis X „ ... 07 08 45 49 51 „ blanda1) X j, ... 07 08 45 60 40 Nimmt man das Mittel aus diesen Prozentzahlen, so erhält man 46% Laeta und 54% Velutina. Die Zwillinge treten somit in gleichen Verhältnissen auf. Und zwar mit einer Ausnahme (Nr. 5 und 6) in allen Fällen, soweit es die geringe Zahl der In- dividuen für die einzelnen Kreuzungen zu beurteilen gestattet. Jene Ausnahme war wohl teilweise durch ungünstige Kultur bedingt; denn bei sorgfältiger Behandlung (1911) stieg für dieselbe Verbindung der Gehalt an Laeta nicht unwesentlich. Zwillingsbastarde von 0. Hookeri und 0. Lamarckiana Kreuzung Kreuzung Kultur Indi- viduen Laeta 7o Velutina 0. Hookeri X Lamarckiana 07 08 78 22 78 17 71 X 09 10 SO 25 75 11 11 X brevistylis . . 05 07 58 22 78 11 11 X nanella . . . 05 07 54 15 85 '1 n X „ ... 09 10 135 7 93 „ Lamarckiana X Hookeri . . . 07 08 45 11 89 ii n x „ ... 08 09 230 11 89 ii ii ... 09 10 154 41 59 ii n ... 09 10 80 34 66 ii ii ... 09 10 62 19 81 „ nanella X Hookeri . . . 05 07 72 46 54 ii ii X 71 ... 05 08 70 44 56 n ii x „ ... 05 09 34 41 59 Der Gehalt an beiden Zwillingen vorhergehenden Tabelle. Man kann die betrachten; von diesem Werte aber fällt zu werden. Es müssen somit fast stets, Gehalt an Laeta verringern. Im ganzen 74% Velutina. ist hier weniger übereinstimmend als in der Fälle von 41—46% Laeta als eine Gruppe die Prozentzahl bis 7 herab, ohne jemals höher vielleicht stets, Umstände obwalten, welche den ergeben die Zahlen im Mittel 26% Laeta und *) Mutant aus Lamarckiana, beschrieben von A. E. Schouten, Mutabilität und Variabilität 1908, S. 68. Oenothera hybrida laeta und velutiua H9 Zwillingsbastarde von 0. strigosa und 0. Lamarckiana Kreuzung Kreuzung Kultur Indi- viduen Lada % Velutina % 0. strigosa Lamarckiana „ Lamarckiana ■ strigosa 10 08 10 11 09 11 70 113 70 20 6 13 80 94 70 Diese Zahlen verhalten sich wie diejenigen der vorigen Tabelle. Auch hier ist die Laeta im Nachteil mit 13% SeSen 87% Velutina im Mittel. § 2. Zaefa-Spaltung durch heterogame Arten (Taf. XYII und XVIII) Unter den bis jetzt untersuchten heterogamen Arten von Oenothera gibt es vier, welche bei der Kreuzung mit 0. Lamarckiana dieselben Typen hervorrufen wie die beschriebenen isogamen Spezies. Und zwar bewirkt von jeder Art nur ein Geschlecht diese Spaltung-. Im weiblichen Geschlecht sind es 0. muricata L., 0. biennis L. und 0. Mülersi, im männlichen dagegen 0. biennis Chicago. Wie in den Versuchen mit den isogamen Arten, zeigen sich somit auch hier die beiden Geschlechter der 0. Lamarckiana als spaltungsfähig. Oenothera muricata X Lamarckiana war die erste meiner Kreuzungen auf diesem Gebiet. Sie wurde bereits 1900 und seitdem zu wiederholten Malen ausgeführt. Ihre Zwillinge zeigen während des ganzen Lebens deutliche Unterschiede, welche beim Aus- zählen einen hohen Grad von Zuverlässigkeit bieten. Ich habe sie, wie später behandelt werden soll, zu zahlreichen weiteren Kreuzungen benutzt. Ihre Laeta sind sehr starke, breitblätterige, hoch aufwachsende Pflanzen, welche im Spätsommer weit über zwei Meter erreichen. Die Velutina dagegen sind schwach, meist nicht über 1 m hoch, weniger stark verzweigt und mit schmalen, rinnig zusammen- gebogenen Blättern. Die Laeta verraten in den meisten Merkmalen den Typus des Vaters, sind aber im Vergleich mit diesem auffallend kleinblütig, unter dem Einflüsse der Mutter. Die Velutina gleicht weder dem Vater noch der Mutter (Taf. VII) und muß ihre Eigen- schaften offenbar vom weiblichen Sexualtypus der 0. muricata geerbt haben, welcher sich aber in den früher beschriebenen Kreuzungen (II § 7 S. 79) nicht geäußert hat. Die Laeta sind grasgrün, nur sehr spärlich rot angelaufen; die Velutina sind grauhaarig und meist auffallend rot oder rotbraun, im Laub, am Stengel, in den Blüten- knospen und Früchten; auch ist das Gelb ihrer Kronen dementsprechend dunkler. Die Größe der Blumenkronen ist in diesen Bastarden, wie auch sonst, sehr wech- selnd; auf den Tafeln XVII und XVIII sind eine kleinblütige Laeta und eine groß- blütige Velutina abgebildet. Durch Auswahl kann man entweder großblütige oder kleinblütige Rassen erhalten, welche dann in späteren Generationen in diesem Merkmal einförmig sind (S. unten). Zwei solche extreme Rassen habe ich während vieler Jahre kultiviert, die Spaltungsvorgänge bei ihrer Entstehung aber noch nicht näher untersucht. Bereits junge Rosetten zeigen die Unterschiede in den Blättern deutlich. Die Laeta sind breit, flach, grasgrün, die Velutina schmal, graugrün und rinnig. Mehrfach habe ich die beiden Gruppen schon beim Auspflanzen im Mai getrennt, und dann später, während der Blüte mich von der Zuverlässigkeit der Merkmale überzeugt. Fast noch deutlicher treten die Unterschiede hervor, wenn die Stengel emporschießen, und bevor sie die Infloreszenz zu zeigen anfangen. Betrachtet man dann die z. B. etwa 50 cm hohen Stengel von oben (Fig. 48), so ist es sehr bequem, die beiden Zwillinge auszuzählen. 120 Zwillingsbastarde Fig. 47 Oenothera muricata X Lamarckiana, im September 1910. Die sechs hohen Pflanzen im Vordergrund sind Lada] rechts davon auf demselben Beet die viel schwächeren Vduiina aus derselben Kreuzung. Oenothera hybrida laeta und velutina 121 Die Zwillinge von 0. muricala mit 0. brevisiylis, 0. scintillans und 0. nanclla sind von den beschriebenen gar nicht zu unterscheiden und können also ebenso wie diese für die Bestimmung der Zahlenverhältnisse benutzt werden. In der folgenden Tabelle findet man diese in Prozenten umgerechnet, indem für jeden Versuch die Anzahl der gezählten Individuen sowie die Versuchsjahre angegeben sind. Fig. 48 0. muricata -. LamareJciana laeta und velutina von oben betrachtet. .hinge Stengel im Juli 1910 (Laeta breitblätterig). Zwillingsbastarde von 0. muricata und 0. LamareJciana ■47 53 Kreuzung Kultur Indi- viduen Laeta /o Velutina 0. muricata X LamareJciana . . . 1900 1002 70 50 50 » 11 X 03 05 58 06 34 11 11 X . 05 07 58 61 39 )) 11 X 05 10 66 47 53 11 11 X 09 10 126 38 62 11 11 X brevisiylis . 05 07 120 59 41 n 11 X scintillans . . 08 09 35 52 48 11 11 X nanella . . 05 08 75 48 52 » 11 ■ • 05 07 59 58 42 11 11 ■ • 07 08 80 51 49 Im ganzen: Oenothera biennis X LamareJciana. Die Zwillinge sind hier bei weitem nicht so scharf voneinander unterschieden als im ersteren Beispiel. Stehen die Rosetten dicht 122 Zwillingsbastarde nebeneinander, so erkennt man leicht einige als breitblätterig und flach, andere als schmalblätterig und rinnig; dazwischen stehen dann aber zahlreiche Exemplare, welche sich einer Beurteilung entziehen. Sie müssen dann ausgepflanzt werden und entfalten darauf die Differenzen etwa iu einem Monate. Übrigens gelten die gemachten Angaben auch hier. Ich habe die jungen Stengel von oben herab in derselben Weise photographiert wie für die Figur 48, die Photographie war jener zum Verwechseln gleich. In Fig. 49 sieht man vier als typisch ausgewählte Blätter; die beiden mittleren sind Velutina, die beiden äußeren Laeta. Man sieht, daß die Unterschiede viel größer sind als zwi- schen den Biennis- und den Muricata-Bastnvden in derselben Figur. Während der Blütezeit sind es nament- lich die Blutenknospen, welche einen deutlichen Unterschied darstellen. Sie sind lang und dünn bei der Laeta, kurz, dick und konisch bei der Velutina. Die erstere Form ist stär- ker, wächst etwas höher und ist weniger fruchtbar; die letztere ist mehr behaart und durch die rinnigen Blätter ausgezeichnet. Für die Bestimmung der Verhältniszahlen habe ich sowohl die reine Art 0. biennis als ihre beiden, in unseren Dünen wachsenden Varietäten mit schwefelgelben bezw. mit linearischen Blu- menblättern benutzt. Die Tabelle enthält diesel- ben Spalten wie die vorige. Sie umfaßt ebenfalls einige Kreuzungen, welche ich mit Mutanten von O. Lamarckiana ausgeführt habe, und deren Zwil- linge genau den oben beschriebenen entsprechen. a b c d Fig. 49 Mittlere Stengelblätter junger Pflanzen, Anfang Juli, lange vor der Blüte. In gleicher Höhe ausgewählt. a 0. bienn. X Lam. laeta, b 0. brenn. X Lam. velutina, c 0. muric. X Lam. velutina, ä <>. muric. X Lam. laeta. Zwillinü'sbastarde von 0. biennis L. und 0. Lamarckiana Kreuzung Kultur Indi- viduen Laeta % Velutina Q. biennis X Lamarckiana 03 05 56 66 34 j r> x 05 07 347 40 60 ) ji X 05 10 60 62 38 ) » X 08 09—10 102 42 58 ) » X 08 11 140 27 73 > » cruciata X 03 05 75 68 32 ) » sulfurea X 07 10 32 60 40 > n X brevistylis 05 07 287 45 55 ) » „ 05 07 89 47 53 ) » cruciata X 05 07 208 36 64 ) JT j) X 05 07 109 48 52 ) )) X rubrinervis . 03 05 75 49 51 ) )1 X 05 07 50 42 58 ) J) >! X 03 05 50 30 70 ) J) X nanella . . 11 12 140 29 71 ) V X 11 12 140 34 66 Im ganzen: 1960 46,5 53,5 Oenothera hybrida laeta und velutina 123 Oenothera MiUersi )< 0. Lamarckiana. Aus dieser Kreuzung (1910) erhielt ich 1911 eine Kultur von 59 Pflanzen, welche sämtlich geblüht haben und die Merkmale der Zwillinge in Vei-bindung mit denen der Mutter deutlich zeigten. Die Laeta waren Fig. 50 Oenothera (Lamarckiana X 0. oiennis Chicago) laeta (unten) und velutina (oben). Gipfel junger Stengel, von oben gesehen, .luli 1910. Erste Generation. mit dem eigenen Blütenstaub fast steril; von einigen Exemplaren gelang es mir über- haupt nicht Samen zu gewinnen. Die Velutina waren ausreichend fertil. Im Sommer 1911 habe ich dann die Kreuzung wiederholt, und zwar teils auf einer sehr kräftigen 124 Zwillingsbastarde zweijährigen, etwa 2 in hohen Pflanze, teils auf einem schwachen einjährigen Individuuni. Ich erhielt die folgenden Zahlen: O. Millersi < ü. Lamarckiana. Kreuzung Anzahl der i Laeta Individuen o/o Velutina °/o 1910 1911 (1) 1912 (2) 59 23 98 31 30 58 69 70 42 Im ganzen: | 180 40 60 Als zweite Generation erzog ich 1912 aus der Laeta 59 Kinder, welche alle Laeta waren, und aus dem zweiten Zwilling 60 Nachkommen, welche sich ausnahmslos als Velutina ergaben. Beide Bastarde waren somit konstant (vergl. § 3). Ferner habe ich O. biennis X Millersi (S. 94) mit dem Pollen von O. (Millersi >< Lamarckiana) velutina befruchtet (1911). Aus dieser doppeltreziproken Kreuzung muß O. Millersi ausgeschaltet werden und der Erfolg somit gleich O. biennis < Lam. velutina, d. h. gleich der Velu- tina selbst sein. Ich erhielt 52 blühende Exemplare (1912), welche alle genau den Typus der 0. (biennis X Lamarckiana) velutina führten. Oenothera Lamarckiana < 0. biennis Chicago gibt Zwillinge, welche auf deu ersten Blick deneu der (). biennis L. ähnlich sind, bei näherer Betrachtung aber eigene Typen bilden, welche offenbar durch deu schmalblätterigen männlichen Sexualtypus des Vaters bedingt sein müssen. Die Laeta haben als Rosetten und als junge Stengel breitere und etwas kürzere Blätter; die Velutina-Bliitter sind mehr oder weniger rinnig. Anfang Juni können die Kulturen nach diesen Merkmalen völlig ausgezählt werden, doch prägt sich der Unterschied beim Emporschießen des Stengels immer deutlicher aus (Fig. 50). Während der Blütezeit bleiben die Blätter der Laeta flach und grasgrün, während diejenigen der Velutina graugrüu und behaart und der Länge nach stark rinnig zusammengebogen sind. Die Blütenknospen siud bei der Laeta dünn, bei der Velutina dicker und konisch; die ganze Pflanze ist bei dem einen Zwilling stark und hoch, doch bei der Velutina niedriger und schwach. Die Größe der Blüten wechselt auch hier in der ersten Generation, verhält sich aber nacli Auswald ziemlich einförmig. Aus der Kreuzung von 1903 erzog ich eine großblumige, aus jener von 1908 eine kleinblumige Rasse, beide von der Velutina. Die Ursachen der Spaltung habe ich aber auch hier bis jetzt noch nicht studiert (S. 119). Ich möchte hier nur bemerken, daß ich solche erblichen Blütendifferenzen auch sonst in Bastardrassen der Lamarckiana und namentlich in denen mit O. Hookeri mehrfach be- obachtet habe. Die Verhältnisse, in denen Laeta und Velutina hier auftreten, zeigt die folgende Tabelle in derselben Weise, wie in deu vorhergehenden Beispielen. Zwillingsbastarde von O. Lamarckiana X O. biennis Chicago Kreuzung Kultur Indiv. Laeta % Velutina % O. Lamarckiana X bien. Chicago . . 05 07—08 66 3 97 71 -n X ii ii 05 10 120 15 85 17 71 X ii ii 08 09 133 12 88 77 71 X ii ii 08 10 315 13 87 n ii X ii ii 09 10 80 29 71 „ nanella X ii n 05 07—08 27 41 59 Im ganzen: 741 19 81 Oenothera hybrida laeta und velutina 125 Zum Schluß fasse ich die erhaltenen Zahlen in eine kleine Über- sichtstabelle zusammen. In ihr ist jede der vorherigen Tabellen (§ 1 und § 2) durch eine einzige Zeile vertreten. Oen. lujbr. laeta und velutina Verliältniszahleii in der ersten Generation Velutina /o A. Isogame Arten, beiderseitig untersucht 0. Cockerelli X Lamarckiana 0. Hooker/ „ 0. strigosa „ B. Heterogame Arten, einseitig spaltend 0. muricata X Lamarckiana 0. hiennis „ 0. Millersi „ 0. Lamarckiana X bien. Chicago 49 26 L3 54 46 151 19 Die Zwillinge treten somit in drei Fällen zu annähernd gleichen Teilen auf ((). Cockerelli, 0. muricata und 0. hiennis). Zwei Fälle sind in zu geringer Anzahl untersucht wor- den, und sollen somit nur die Tat- sache der Spaltung beweisen (0. stri- gosa und Millersi). Bei 0. Hookeri und bei 0. hiennis Chicago weicht aber das Verhältnis wesentlich vom Obigen ab, und dieses weist wohl auf spezielle Eigenschaften dieser beiden Arten hin. § 3. Die Konstanz in den fol- genden Generationen In den beiden vorhergehenden Paragraphen haben wir die Zwil- lingsbastarde beschrieben, welche bei der Kreuzung der dort genannten Arten mit Oenothera Lamarckiana entstehen. Die Laeta zeichnet sich durch breite, glatte und glänzend grüne, die Fe^ma aber durch schmale graugrüne, der Länge nach mehr oder weniger rinnig zusammengebogene :.l 74 87 46 54 69 81 Fig. 51 Oenothera {Lamarckiana X 0. hiennis Chicago) velutina. Blühender Stanrni- gipfel im Sept. 1910 126 Zwillingsbastarde Blätter aus. Die Laeta hat gewöhnlich nur spärlichen, oft kaum aus- reichenden Blütenstaub und ist deshalb bei Selbstbestäubung oft nur in sehr geringem Grade fertil, während die Velutina reichlich Samen aus- bildet, wenngleich diese auch mehrfach nur teilweise keimfähig sind. Die Laeta sind meist hohe und starke Pflanzen und tragen den Typus der Lamarckiana in Verbindung mit jenem des anderen Elters; in der Velutina sind dagegen die Merkmale der Lamarckiana rezessiv und gleichen die Pflanzen ihrem andern Elter, bezw. dessen Sexualtypus. Meine Versuche über die Konstanz dieser beiden Typen werde ich jetzt in tabellarischer Form mitteilen. Oen. hybrida laeta und velutina Konstanz in der zweiten und den folgenden Generationen A. Oen. biennis -. Lamarckiana Kreu- zung Gen. Bastard Laeta Velu- tina Blüh. Kultur 0. bien. X Lamarckiana . 1903 II 1 Laeta \ Velutina 16 0 0 40 10 36 1907 09 III Laeta 16 0 13 08 IV Laeta 54 0 15 09 !! » cruc. X Lam. . . 1903 II 1 Laeta 1 Velutina 80 0 0 11 18 2 07 07 » » X Lamarckiana . 1908 II j Laeta l Velutina 57 (i 0 11 20 4 10 10 Im ganzen 62 ' 118 Kreu- zung Gen. Bastard Laeta Velu- tina Blüh. Kultur 0. biennis < rubrinervis . 1903 II | Laeta 1 Velutina 57 0 0 16 28 9 07 07 III Laeta 73 0 18 08 III Velutina 0 2 1 09 IV Laeta 54 0 15 09 „ bien. cruc. X rubrin. . 1903 II | Laeta 1 Velutina 203 0 0 18 22 2 07 07 „ „ X brevistylis . . 1905 II | Laeta 1 Velutina 55 0 0 6 22 3 09 09 „ „ cruc. X brevist. . 1905 n \ Laeta 1 Velutina 114 0 0 27 57 10 09 09 Im ganzen 556 69 1S7 In Tabelle A u. B findet man in der ersten Spalte das Jahr der Kreuzung, in der letzten das Jahr der Kultur der in der zweiten Spalte angegebenen Generationen. Die erste Generation spaltete sich stets in die beiden Zwillinge; dieses ist in der dritten Spalte durch eine { angedeutet. Die hinter dieser Akkolade genannten Zwillinge wuchsen also gemeinschaftlich in der Aussaat der gekreuzten Samen. Sie wurden künstlich mit dem eigenen Staub befruchtet und gaben die in der vierten und fünften Spalte verzeich- Oeuothera hybrida laeta und velutiua 127 neten Kinder. Diese wurden ausgezählt, sobald sie ihre Merkmale unzweifelhaft zeigten, dann aber ließ ich eine meist kleine Anzahl sich zur Blüte und zur Samenbildung weiter entwickeln, um auch in dieser Hinsicht möglichst große Sicherheit zu gewinnen. Die nächstfolgenden Tabellen sind in derselben Weise angeordnet. Die Tabellen A. u. B. zeigen, daß aus den Samen der Laeta stets nur Laeta, aus jenen der Velutina stets nur dieser Zwilling hervorgeht. Die Tatsache ist offenbar am wichtigsten für die zweite Generation, daher wurde diese am ausführlichsten studiert. Sie gilt aber auch für das dritte und vierte Geschlecht. Fig. 52 Oenothera biennis X Lamarckiana laeta (Knos- pen dünn, Brakteen breit). Sept. 1907. Fig. 53 Oenothera biennis • Lamarckiana velutina (Knospen dick, Brakteen rinnig, Conica-Typus). Sept. 1907. Wie auch sonst häufig der Fall ist, verhalten sich die Blütenmerkmale anders als die vegetativen. In der ersten Generation ist die Größe der Petalen ziemlich wechselnd. In der zweiten treten aber deutlich zwei Typen auf, deren einer doppelt so große Blüten hat als der andere. Im Sommer 1911 befruchtete ich von 0. muricata X Lamarckiana in der zweiten Generation zwei FeZwima-Exemplare von beiden Typen und es zeigte sich 1912, daß jedes in der dritten Generation eine auch in bezug auf die Blüte einförmige Rasse gab. Von der großblütigen haben im ganzen 38, von der kleinblütigen 43 Ex- emplare geblüht. Auf keinen Individuum wich die Größe der Blumenblätter wesentlich vom Mittel der betreffenden Rasse ab. 128 Zwillingsbastarde Von Oen. muricata ■ Lamarckiana habe ich eine Velulina-T&asse während sechs Ge- nerationen kultiviert und einförmig gefunden. Es war eine großblutige Rasse, durch Aus- wahl eines solchen Samenträgers in der zweiten Generation erhalten, ähnlich wie die auf Tafel XVIII abgebildete Pflanze. Sie war späterhin in allen Exemplaren auffallend schön und großblütig. Ich kultivierte die folgenden Anzahlen von Individuen; von ihnen haben etwa die Hälfte geblüht1). Oenothera muricata X Lamarckiana. Konstanz der Velutina O. laeta O. velutina Laeta aus Velutina Kreuzung 1901 — — — 1. Generation 1902 35 35 — 2. „ 1903—4 — 27 0 3. „ 1905 — 53 0 4. „ 1907 — 60 0 5. „ 1908 — 81 0 6. „ 1909 — 52 0 Die weiteren Kulturen, aus späteren Kreuzungen, sind in der folgenden Tabelle zusammengebracht. Oenothera hyhrida laeta und velutina Konstanz in der zweiten und den folgenden Generationen C. O. muricata Lamarckiana Kreu- zung Gen. Bastard Laeta Velu- tina Blüh. Kultur 0. muricata < Lamarckiana, 1903 II I Laeta \ Velutina 4 0 0 179 1 45 1907 07 » » » 1905 II 1 Laeta l Velutina 47 0 0 133 18 25 08 11 III Laeta 54 0 15 09 IV Laeta (30 0 10 10 „ „ X brevistylis 1905 II \ Laeta l Velutina 39 0 0 54 37 44 07 07 „ „ X scintillans 1908 II | Laeta ' Velutina 93 0 0 202 0 0 10 10 Im ganzen 297 568 195 Diese Tabelle bestätigt das oben für Oen. biennis gefundene Ergebnis. Dasselbe tun die beiden folgenden, in deren einer die Lamarckiana als Mutter fungierte, während sie für die andere mit einer isogamen Art gekreuzt wurde. D. Oen. Lamarckiana ■[ biennis Chicago Kreu- zung Gen. Bastard Laeta Velu- tina Blüh. Kultur 0. Lamarckiana x biennis Chicago 1905 11 III III 1 Laeta \ Velutina Laeta Velutina 54 0 60 0 0 75 0 126 15 27 10 40 1909 08 10 10 Im ganzen 114 201 *) On twin hybrids, Bot. Gazette T. 44, S. 406, Dez. 1907. 92 Oenothera hybrida laeta und velutina E. Oen. Lamarckiana und 0. Cockerelli 12!) Kreu- zung Gen. Bastard Laeta Velu- tina Blüh. Kultur 0. Lamarckiana X Cockerelli 1907 II 1 Laeta ' Velutina 117 0 30 1909 0 114 30 09 III Velutina 0 170 59 11 „ Cockerelli X Lamarckiana 1907 II l Laeta 1 Velutina 54 0 15 09 (i 54 15 09 171 338 149 Im ganzen Über die Einförmigkeit der zweiten und der folgenden Generationen in allen diesen Fällen1) möchte ich noch bemerken, daß sie zum Teil dadurch bedingt ist, daß jedesmal die Samen von nur einer bezw. nur zwei selbstbefruchteten Pflanzen der vor- herigen Generation ausgesät wurden. In dem ersten Geschlecht ist die Einförmigkeit oft keine so große wie später, da ja untergeordnete Merkmale sich oft anders verhalten, wie ich dieses an dem Beispiel der Blütengröße schon mehrmals betont habe (vergl. S. 119). Die Wahl bedingt dann aber für späterhin auch für diese Eigenschaften die Einförmigkeit. § 4. Laeta- Spaltung in den späteren Generationen (O. Hookeri-laeta) In dem vorhergehenden Paragraphen wurde dargetan, daß die Zwillingsbastarde Laeta und Velutina sich in den folgenden Generationen als konstante Rassen erweisen. Dieses gilt für die Zwillinge, welche O. Cockerelli, O. muricata, O. biennis, O. biennis Chicago und O. Millersi aus O. Lamarckiana entstehen lassen. Für 0. strigosa habe ich nur die erste Generation untersucht. Es erübrigt von den studierten Arten nur O. Hookeri. Diese Art verhält sich in manchen Versuchen anders als die übrigen. Sie ist die einzige, welche unter den älteren Arten (bei Ver- suchen mit Ausschluß der O. Lamarckiana) Spaltungen bedingt (0. Hookeri X biennis usw., vergl. II Kap. IV, S. 100). Sie bewirkt auch in doppeltreziproken Kreuzungen oft weitgehende Spaltungen, und endlich veranlaßt sie die Laeta und Velutina in Vi und 3A der Keimlinge auf- zutreten, anstatt wie sonst in etwa gleicher Anzahl. Sie ist bis jetzt auch die einzige, deren Laeta keine konstante, sondern eine spaltende Bastardrasse ist. Ihre Velutina verhält sich in dieser Beziehung wie bei den übrigen Arten. Die Zwillinge sind bereits im Alter junger Rosetten deutlich unter- schieden und für das Auszählen geeignet. Aber die Differenzen sind kleine, und es bedarf einiger Übung, sie scharf zu sehen. Die Fig. 54 stellt zwei gleichaltrige und aus derselben Kultur genommene Pflänzchen dar, welche die von mir gewählten Merkmale zeigen. Ich achtete in diesem Alter namentlich auf die halberwachsenen Blätter (X X in den Figuren). Diese sind bei der Velutina schmal, fast linealisch und grau ') Auch O. (Millersi X Lamarckiana) laeta und velutina fand ich in der zweiten Generation einförmig (vergl. oben S. 124). Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. 9 130 Zwillino'sbastanle behaart ; bei der Laeta aber lanzettlich und grasgrün. Die Seitennerven stehen bei der Velutina in engen, bei der Laeta aber in weiten Winkeln vom Mittelnerven ab und dieses bildet meist ein sehr klares und zu- verlässiges Merkmal. Später werden die Blätter allerdings breiter, die Fig. 54 Oenothera (Hookeri >< Lamarckiana) laeta (unten) und velutina (oben). Die Laeta mit breitereu, länger gestielten Blättern und größeren Nerven winkeln (Anfang Juli 1910) Oenothera hybrida laeta und velutina 131 Nervenwinkel dadurch größer, und dadurch verliert sich dieser Unter- schied nach und nach. Wie bereits bemerkt, sind die Velutina aus 0. Hookeri ] ' La- marckiana stets grün und kräftig-, diejenigen aus der reziproken Kreu- zung aber meist zum größeren Teile gelblich und schwach. Dieser Unterschied erhält sich dann, wenigstens in hohem Grade, in den spä- teren Generationen, indem aus grünen Müttern eine vorwiegend grüne, aus gelben Samenträgern aber eine wesentlich gelbliche Nachkommen- schaft hervorgeht. Ich habe dieses Verhältnis mehrfach beobachtet, sowohl hier als nach der Kreuzung von 0. Hookeri mit Mutanten von 0. Lamarckiana (z. B. 0. nanella X 0. Hookeri) und gleichfalls bei einigen Bastarden anderer Arten (z. B. 0. Cockerelli X biennis S. 6(3) x). Die Laeta und Velutina der späteren Generationen gleichen den vorherbeschriebenen der ersten Generation (Tafel XIII und XIV) völlig, und bedürfen daher keiner besonderen Beschreibung. Auch fanden die Kulturen stets in derselben bereits besprochenen Weise statt. Somit gebe ich jetzt meine Versuche in der Form von Stamm- bäumen. A. Kreuzung von Oenothera Hookeri mit 0. Lamarckiana Kreuzung P.miT Hookeri • Lamarckiana 1. Generation L908 Laeta Velutina 2. Generation L909 Laeta Velutina Velutina 3. Generation L910 Laeta Velutina Kreuzung B. Die reziproke Kreuzung 1907 Lamarckiana X Hookeri 1. Generation 1908 Laeta Velutina 2. Generation 1909 Laeta Velutina Velutina 3. Generation 1911 Laeta Velutina Wie man sieht, laufen die beiden Stammbäume völlig parallel. Es entstehen jedesmal nur zwei Formen, von denen die Laeta sich stets spalten. Nicht spaltende Laeta fand ich nicht. Allerdings habe ich jedesmal die Nachkommenschaft einer einzigen selbstbefruchteten Laeta untersucht, mit Ausnahme der ersten Generation des ersten Versuches, für die ich 1912 die Samen zweier weiteren iaeia-Exemplare ausgesät habe. Diese sind in der folgenden Tabelle unter C angegeben. Die Zahl der untersuchten Individuen (6 Laeta) ist allerdings noch eine geringe. Dafür habe ich aber in den Kreuzungen von 0. Hookeri >( nanella, 0. nanella X Hookeri und 0. lata X Hookeri genau dieselben Spaltungserscheinungen gefunden, wie im vierten Abschnitt behandelt werden soll. Ich folgere somit, daß es nur zwei Typen und keine nicht spaltbaren Laeta gibt, daß die ganze Erscheinung somit eine einseitige ist. ') Vergl. oben Abschn. II Kap. II § 7 S. 79 und § 9 S. 84. 9* 132 Zwillingsbastarde Vergleicht mau diese beiden Stammbäume mit den oben für 0. Hookeri )< bien- nis und 0. biennis Chicago X Hookeri gegebeneu (S. 104), so findet man einen fast vollständigen Parallelismus. Nur fangen dort die Spaltungen erst in der zweiten Gene- ration an. Zur Vervollständigung gebe ich jetzt die Zahlenverhältnisse der beiden Versuche. Sie umfassen die Anzahl der kultivierten Exemplare, so wie der in jeder Generation bis zur Fruchtbildung beobachteten Individuen der beiden Typen (1 = Laeta, v = Velutina) und endlich den in Prozenten umgerechneten Gehalt an diesen beiden Formen. A. 0. Hookeri , Lam arckiana Indiv. Laeta % 22 Velutina °/n Blühend 1. 1908 76 78 5 1. + 19 v. 2, „ aus Lactu . . 1909 114 10 90 12 1. + 3 v. 3. v n ii • . 1911 119 40 00 8 1. -j- 17 v. 2. 51 71 Velutina • 1909 54 0 100 15 v. B. 0. Lamarckiana Hookeri Indiv. Laeta °/o Velutina °/o Blühend 1. 1908 45 11 89 3 1. + 24 v. 2. „ aus Laeta . 1909 53 21 79 8 1. -f- 6 v. 3. ii ii ?! * 1911 132 48 52 10 1. 4- 9 v. 2. >! » Velutina 1909 54 0 100 15 v. C. 0. Hookeri ' X Lamarckiana Indiv. Laeta % Velutina % 2. Generation aus Laeta . 1912 118 23 77 2. » » 71 ■ . 1912 120 52 48 Schließlich erübrigt uns noch die Frage nach der Ursache der geschilderten Spaltungserscheiuungeu der O. Hookeri-laeta. In der Einleitung zu diesem Paragraphen haben wir gesehen, daß sich die Bastarde der O. Hookeri in manchen Fällen spalten, wenn diejenigen verwandter Arten konstant bleiben. Es deutet dieses auf besondere erbliche Eigenschaften der O. Hookeri hin, auf welche ich indessen hier nicht eingehen werde. Vielmehr muß ich mich auf die Frage beschränken, ob die iaefa-Pangene in der O. Hookeri-laeta sich im labilen Zustande oder in Bastardverbiudung befinden (vergl. oben S. 112). Wären sie beiderseits labil, so müßte die Rasse selbst konstaut sein. "Wären sie einerseits labil und im anderen Geschlecht inaktiv, so würden zwar bei Selbstbefruchtung Spaltungen eintreten, aber bei Kreuzungen mit anderen Arten würden die beiden Geschlechter sich in verschiedener Weise verhalten. Dem ist nun aber nicht so, wie wir bald sehen werden. Auch liegt es auf der Hand, anzunehmen, daß die Verbindung zweier isogamer Arten, wie O. Hookeri und O. Lamarckiana, wiederum isogame Nachkommen geben würde. Es erübrigt somit namentlich die Möglichkeit, daß die O. Hookeri-laeta die be- treffenden Pangene in Bastardverbindung enthält, daß sie somit einfach einen Bastard von 0. laeta und 0. velutina darstellt, sei es, daß die tätigen Laeia-Paugene dabei aktiv oder labil sind. Wir können diesen Zustand durch die Formel L -f- i andeuten (= Laeta -j- inaktiv). Hieraus läßt sich folgern, daß diese Laeta: 1. bei Selbstbefruchtung sich spalten muß, 2. durch 0. Hookeri sowie durch 0. Hookeri velutina gespalten werden muß, 3. die Lamarckiana selbst spalten wird, und zwar jedesmal in beiden Geschlechtern. Die Formel lab. X inakt. würde für die Fälle sub 2 und 3 nur in einem Geschlecht Spaltung erwai'ten lassen. Die verschiedenen erwähnten Verbindungen habe ich mit den Laeto-Zwillingen aus 0. Hookeri X 0. Lamarckiana ausgeführt, da deren Nachkommen alle grün sind. Die Oenothera hybrida laeta und velutina 133 Kreuzungen wurden 1910 gemacht und die Samen 1912 ausgesät, mit Ausnahme der beiden reziproken Verbindungen der Zwillinge unter sich, welche 1909 stattfanden (Aus- saat 1910). Ich gebe jetzt die erhaltenen Resultate in tabellarischer Form, und stelle jedesmal die beiden reziproken Kreuzungen untereinander. Für die Versuche von 1910 diente eine Wiederholung der Kultur der ersten Generation. A. Kreuzungen von 0. (Hookeri X Lamarckiana) lacia tt Anzahl der Laeta ^ , Kreuzung Indiy_ % Berechnung 0. laeta ■ Lamarckiana. . . 129 11 (L -j- i) X lab. 0. Lamarckiana laeta . . . 131 24 lab. X (L -|- i) 0. laeta X Hookeri 125 22 (L -+- i) X inakt. 0. Hookeri ;■. laeta 69 14 inakt. (L -\- i) 0. velutina > ; laeta 80 12 J) inakt. > (L -[— i) 0. laeta >N velutina .... 80 25 (L — j— i) X inakt. B. Kreuzungen von 0. (Hookeri X Lamarckiana) velutina 0. velutina X Lamarckiana . . . 56 32 inakt. X lab. 0. Lamarckiana >( velutina . . . 131 18 lab. X inakt. 0. velutina >< Hookeri 120 0 inakt. inakt. Die aus den Formeln zu berechnenden Prozentzahlen stimmen zu den Ergebnissen der Zählungen nicht, und dieses deutet auf noch unbekannte Fangen -Verkuppelungen hin, stimmt aber mit dem sonstigen Verhalten der Bastarde von 0. Hookeri überein. Abgesehen davon bestätigen die Versuche die Annahme, daß die 0. Hookeri-laeta sich isogam verhält und die betreffenden Pangene nicht im labilen Zustande, sondern in Bastardverbinduno- enthält. -■o § 5. Die Laeta-Paugene im Blütenstaub der Zwillinge. Bei der Besprechung der konstanten Bastardrasse 0. LamarcMana X biennis im letzten Kapitel dieses Abschnittes (siehe unten, Fig. 70 bis 72) werden wir sehen, daß für das Eintreten einer Spaltung in der ersten Generation nach einer Kreuzung zwei Bedingungen erfüllt sein müssen. Der eine Elter muß die fragliche Eigenschaft im spaltungs- fähigen Zustande enthalten, der andere muß aber das entsprechende Spaltungsvermögen besitzen. Fehlt das eine oder das andere dieser beiden Eigenschaften, so tritt keine Spaltung ein. Diesen Satz wollen wir bereits jetzt benutzen für die Beantwortung der Frage, in welchem Zustande sich die die Blattbreite regelnde Eigen- schaft in den beiden Zwillingen Laeta und Velutina befindet. Es leuchtet dabei sofort ein, daß sich nicht von vornherein entscheiden läßt, ob sie im Pollen und in den Eizellen in derselben Lage übertragen wird, daß somit die Untersuchung die Sexualzellen getrennt zu berück- sichtigen haben wird. Anderseits liegt es auf der Hand anzunehmen, daß die verschie- denen Typen einerseits der Laeta und anderseits der Velutina sich in dieser Beziehung denselben Regeln fügen oder doch keine wesentlichen x) Eine Wiederholung dieses Versuches nach der Formel 0. (Lam. X Hookeri) velutina X laeta gab 18% Laeta. 134 Zwillingsbastarde Unterschiede zeigen werden. Aus diesem Grunde habe ich meine Ver- suche fast ausschließlich auf die Zwillinge der nahezu rein heterogamen Arten 0. biennis L. und 0. muricata L. beschränkt, und nur hin und wieder auch diejenigen der 0. biennis Chicago mit ihnen verglichen. Es dürfte dieses um so eher geschehen, als bei der Analyse der Mu- tanten der 0. Lamarchiana die entsprechenden Bastarde der 0. Hooheri und der 0. Coclcerelli vielfach studiert wurden, und diese im allgemeinen zu einer Bestätigung des jetzt Folgenden führten (vergl. Abschn. IV Kap. IV, über (Jen. nanella). Die erste Frage, welche an uns herantritt, ist die, ob der Blüten- staub der Zwillinge dieselben erblichen Eigenschaften hat wie die 0. Lamarchiana selbst. Sie bezieht sich offenbar auf die Blattbreite und die mit dieser korrelativ verbundenen Kennzeichen, nicht auf die bereits mehrfach besprochene Größe der Blüten und die damit zusammenhängen- den Eigentümlichkeiten. Denn diese letzteren verhalten sich bei den jetzt zu behandelnden Kreuzungen genau so wie bei den bisher be- schriebenen, und sollen deshalb hier ein für alle Mal ausgeschlossen, bezw. nur gelegentlich erwähnt werden. Zunächst darf aus unseren Erfahrungen über die Heterogamie (vergl. auch III Kap. II § 2 S. 119) gefolgert werden, daß dem Pollen von Laeta und Velutina die vegetativen Erbteile der 0. biennis bezw. der 0. muricata völlig abgehen. Denn diese können nicht vom Großvater durch die Mutter auf die Großkinder übertragen werden, also nicht von der Biennis auf den Pollen ihrer Laeta und auf dessen Nachkommen, usw. Die Erfahrung wird diesen Satz so vielseitig beweisen, daß es überflüssig wäre, darauf hier noch speziell einzugehen. Es enthält so- mit der Pollen der Laeia und der Velutina die betreffenden Erbteile der Lamarchiana rein. Aber in welchem Zustande? Untersuchen wir zunächst, ob die fragliche Eigenschaft im Pollen der Laeta und der Velutina in derselben Weise spaltungsfällig ist wie bei der Lamarchiana. Dazu haben wir in den Formeln der Selbst- befruchtung: Laeta X Laeta = konstant und Velutina X Velutina = kon- stant, jedesmal den Pollen durch den der Lamarchiana zu ersetzen. Oder mit anderen Worten, wir müssen die beiden Zwillinge mit dieser Spezies befruchten. Die Versuche fanden in derselben Weise statt wie sonst, und brauchen deshalb nur in tabellarischer Form mitgeteilt zu werden. Die in diesen Versuchen entstehenden Laeta und Velutina führten jedesmal den speziellen Typus, der der für die Kreuzung als Groß- mutter benutzten heterogamen Art entspricht. Unter den Laeta kommen jedoch mehrfach abweichende Exemplare vor, welche sich der Lamarchiana mehr nähern. Hier tritt vielleicht eine andere Eigen- schaft, welche ich aber nicht näher untersucht habe, ins Spiel. Auch weichen die Prozentzahlen nicht unwesentlich von denjenigen der biliären Kreuzungen ab. Oenothera hybrida laeta und velutina 135 Bastarde von (Jen. liybr. laeta und velutina mit 0. Lamarckiana if, a CD 'S c i— i "'„ Blühend 0. (bienn. X Lam.) laeta X .Law. 07 08 54 89 11 24 1. + 6 v. ii „ X blanda 07 08 30 94 6 28 1. 4- 2 v. „ (muric. .. ) .. X .Lam. 05 07 55 72 28 40 1. -4- 15 v. ' i* ruhrin.) ,, „ 05 09 30 83 17 5 1. -f 25 v. ' » X wanj „ 08 09 54 58 42 20 1. -f 10 v. „ (bienn. X Lam.) velutina X „ 10 11 40 88 12 25 1. + 2 v. ,, (muric. W / 71 05 07 148 38 62 29 1.-4-15 v. ii ' ii „ ; - 10 11 68 23 77 10 1. -f 30 v. Im ganzen: -479 1 68 32 481 1. -f 105 v. Jedenfalls geht aber aus diesen Versuchen hervor, daß die Eizellen der Laeta und der Velutina die Krbteile der Lamarckiana zu spalten vermögen, während sie solches mit ihrem eigenen Pollen nicht tun können. Diesem Pollen geht also die Spaltbarkeit der Lamarckiana ab. Aus diesem Ergebnis darf mau aber noch nicht folgern, daß die die Blattbreite bestimmenden Erbteile im Pollen der Laeta und in dem der Velutina sich in derselben Lage befinden. Dem ist denn auch tat- sächlich nicht so, und dieses geht aus ihrem Verhalten gegenüber den reinen großmütterlichen Arten hervor. Durch diese werden sie allerdings auch nicht gespalten, aber die Laeta bleibt Laeta und die Velutina bleibt Velutina. In der ersteren ist die fragliche Eigenschaft somit aktiv, in der zweiten aber im inaktiven Zustande vorhanden. Ich gebe zunächst die Beschreibung zweier Versuche, sowie eines besonderen nach demselben Schema verlaufenden Falles und fasse dann diese mit einigen weiteren in tabellarischer Form zusammen. Die Ver- suche gehören, wie sofort einleuchtet, zum Typus der iterativen Kreu- zungen (Abschn. II Kap. III § 4 S. 94). 0. biennis X (biennis X Lam.) laeta. Ich komme jetzt somit zu den iterativen Bastarden, von denen erwartet wird, daß sie sich verhalten wie der binäre, von dem sie abstammen. Nur die Größe der Blüten dürfte etwas herabgesetzt erscheinen. Die Kreuzung machte ich 1907 und hatte 1908 eine Kultur von 48 Exemplaren, von denen 13 geblüht haben, während die übrigen teils im Juli ausgerodet wurden, teils bis in den September ohne Stengel blieben. Sie waren in jedem Alter genau dem binären Bastard 0. (biennis X Lam.) laeta gleich. 0. muricata X (muricata \ Lam.) velutina. Kreuzung 1907, Kultur 1908 mit 70 Exemplaren, von denen 20 geblüht haben. Alle genau Velutina. Zweite Kultur 1909 mit 45 Exemplaren, unter denen 30 blühende, und mit demselben Ergebnis. Eine zweite Generation erzog ich 1909 aus 1908 geernteten reinen Samen des subternären Bastardes. Ich erhielt wiederum 30 blühende und 30 nur bis zum Juli kultivierte Pflanzen, welche sämtlich den Eltern gleich waren. Eine Spaltung oder eine Verschie- bung der Merkmale trat also weder in der ersten noch in der zweiten Generation auf. 0. muric. X muric. X (muricata X Lam.) velutina. Deu Blütenstaub des vor- hergehenden subternären Bastardes brachte ich 1909 auf die Narben von 0. muricata und 136 Zwillingsbastarde erhielt somit 1910 den quaternären iterativen Bastard. Auch dieser war einförmig, nutierte nicht, und war graugrün und nicht bläulichgrün wie Maricata. Es waren 30 blühende Pflanzen nebst 30 Rosetten, welche im Juli ausgerodet worden waren. Sie Fig. 55 Oenothera (muricata X Lamarckiana) laeta, aus der ersten Generation einer 1909 gemachten Kreuzung. Anfang Sept. 1910. Oenothera hybrida laeta und velutina 1.I7 waren in jeder Hinsicht während des ganzen Sommers der binären Velutina durchaus gleich, nur war die Größe der Petalen deutlich abgenommen. Diese erreichten nur etwa 2, anstatt 4 cm. Fig. 56 Oenothera (muricata X Lamarckianu) velutina. Aus derselben Kultur wie Fig. 55 und am selben Tage aufgenommen. Fast verblühte Piispe. 138 Zwillingsbastarde Kreuzung von 0. biennis und 0. muricata mit Oen. hybrida laeta Indiv. Blühend Ergebnis 0. bienn. X (bienn. X Lam.) laeta .... „ „ X ( „ < bienn. X Lam.) laeia „ X ( „ X rubrinervis) X fmwic. X „ ) „ muric. X ( „ ) 48 80 70 45 100 11 30 20 20 20 Einf.: laeta1) » J7 r> n In den vier ersteren Fällen war der Bastard der 0. (bienn. • Lamarckiana) laeta, im letzteren aber der 0. muricata ■ Lamarckiana) laeta durchaus gleich. Wie bei sonstigen iterativen Kreuzungen waren hier somit überall die zentralen Eltern aus- geschaltet. Für den ersten uud vierten Versuch wurde die zweite Generation untersucht und einförmig und der ersten gleich gefunden (1909). Die Kreuzungen fanden mit Aus- nahme der zweiten, 1907 und die Kulturen 1908 statt; die in der zweiten Zeile erwähnte Befruchtung wurde 1909 vorgenommen und ihre Samen 1910 ausgesät. Kreuzung von 0. biennis und 0. muricata mit Oen. hybrida veluiina Indiv. Blühend Ergebnis 0. bienn. X (muric. ;< Lam.) veluiina . . . 160 10 Einf.: velutina „ muric. X ( „ X „ ) „ ... 70 20 rt n „ „ X ( „ X muric. X Lam.) velutina 60 30 •i » „ bienn. X (bienn. X rubrinervis) „ 70 11 /! )! „ muric. X ( „ X „ ) 120 20 » Jl Kreuzungen 1907, Kulturen 1908, mit Ausnahme von Nr. 3 (1909 und 1910). Im ersten und vierten Versuch waren die Bastarde der 0. (biennis X Lamarckiana) velutina gleich, in den drei anderen aber der 0. (muricata X Lamarckiana) velutina. Auch diese Kreuzungen fügen sich somit den für die iterativen Verbindungen geltenden Regeln. Die zweite Generation war gleich der ersten, einförmig, in dem ersten und vierten Versuch dieser Reihe (1909). Aus diesen Versuchen geht unmittelbar hervor, daß die Laeta- Pang-eue sich im Pollen der Laeta uud der Velutina in verschiedenen Zuständen befinden, sowie daß sie, wie wir auch oben fanden, nicht spaltbar sind. Daraus läßt sich aber folgern, daß sie im Pollen der Laeta die in dieser zur Schau tretende aktive Eigenschaft bedingen, während sie im Pollen der Velutina inaktiv sind und die Latenz der Eigenschaft bewirken. § 6. Die Laeta-Pangene in den Eizellen der Zwilllinge In bezug auf die Eizellen der Zwillinge läßt sich aus den Regeln der Heterogamie folgern, daß die Erbstücke des weiblichen Sexualtypus der elterlichen Arten in ihnen völlig vertreten sein müssen. Sie ent- halten sowohl die betreffenden Eigenschaften der Oen. biennis bezw. der x) Einförmig laeta. Oenothera hybrida laeta und velutiua 139 Oen. muricata als anderseits diejenigen der isogamen Lamarckiana. Die Bastarde verdanken den ersteren Erbteil also ihrer Mutter und übertragen ihn selbst auf ihre Nachkommen durch ihre Eizellen und nicht durch ihren Pollen. Das im vorigen Paragraphen beschriebene Vermögen der Eizellen der Zwillinge, die Lamarckiana zu spalten, ver- danken sie offenbar diesen Erbschaften. Unsere Frage ist somit, wie sich die von der Lamarckiana über- nommenen Träger der Breitblättrigkeit in ihnen verhalten. Sind sie spaltbar oder nicht, und falls nicht, sind sie aktiv oder inaktiv? Die Frage nach der Spaltbarkeit können wir mit Hilfe des Pollens solcher Arten beantworten, in denen dieser das Spaltungsvermögen besitzt. Das sind also Oen. HooJceri, 0. biennis Chicago, 0. Cockcrelli und 0. stri- gosa. und ich habe für die Kreuzungen die beiden ersteren gewählt. Die Versuche sind in der üblichen Weise ausgeführt worden und sollen daher nur in tabellarischer Form folgen: sie umfassen auch die beiden durch die 0. biennis Chicago hervorgerufenen Zwillinge. Kreuzung von Oen. hybrida laeta mit 0. Hookeri und Oen. biennis Chicago Indiv. Laeta Ol 10 Velutina 0/ /o Blühend 0. (bienn. X Lam.) laeta < Hookeri 07 94 6 20 1. -f 1 v. „ (murie. X „ X 09 61 39 4 1. - 5 v. „ (Lam. X bienn. Chic.) „ „ 70 50 50 12 1. -f- 10 v. „ (muric. X Lam.) laeta X bienn. Chicago . 148 48 52 31 1. -L 25 v. Kreuzungen Nr. 1—3 1910, Nr. 4 1905. Kulturen 1911 bezw. 1907. In den Eizellen der Laeta sind die Loeia-Pangene somit spaltungsfähig. Kreuzung von (Jen. hybrida velutina mit 0. Hookeri und 0. biennis Chicago Kreuzung Indiv. Blühend Ergebnis 0. (bienn. X Lam.) velutina X bienn. Chicago 54 30 Velutina l) J! (muric. X » ; J5 X >> » 63 30 J5 » (bienn. X n ) » X Hookeri . . . 70 10 J) » (muric. X n ; » X V . 53 11 >T » (Lam. bienn. Chicago) velut. X >' . 65 15 V Kreuzungen Nr. 1—2 1907, Nr. 3— 5 1910: Kulturen 1909 bezw. 1911. Bastarde von Nr. 1—2 der 0. (Lam. X bienn. Chicago) velutina, jeue von Nr. 3 — 5 der 0. (Lam. X Hookeri) velutina gleich. In den Eizellen der Velutina sind die Zada-Pangene somit nicht spaltungsfähig, sondern geben nur wieder die Velutina und sind somit inaktiv. Eassen wir dieses Ergebnis mit demjenigen des vorigen Paragraphen zusammen, so finden wir, daß die Pangene der Breitblättrigkeit in den Eizellen der Laeta spaltbar oder labil sind, wie in der Lamarckiana, in ihrem Pollen aber nicht spaltbar und aktiv sind. In der Velutina dagegen sind sie beiderseits inaktiv. Mit diesem Ergebnis steht die Konstanz der beiden Zwillinge in den späteren Generationen durchaus im Einklang \) Einförmig Velutina. 140 Zwillingsbastarde Wir haben also: Oen. hybr. laeta = ^ a . *v = konstaut Laeta Oen. hybr. velutina = ^ !na, *v = konstant Velutina § 7. Kreuzungen von Oen. hybrida laeta mit Oen. hybrida velutina Das Ergebnis des vorigen Paragraphen läßt sich in sehr über- zeugender Weise einer Prüfung unterziehen, und zwar durch die Kreu- zung der beiden reziproken Zwillinge miteinander. Diese Versuche geben überdies eine Kontrolle für unsere ganze Auffassung der Vorgänge ab und sollen deshalb liier in entsprechender Weise beschrieben werden. Es läßt sich nämlich das zu erwartende Resultat im voraus berechnen. Kreuzt man Oen. hybr. laeta mit Velutina, so verlandet man die labilen Fig. 57 Oenothera (biennis X Lamarckiana) laeta. Überwinternde Rosette im November 1910. Um die Breitblättigkeit zu zeigen. Pangene der Eizellen der ersteren mit den inaktiven des Pollens der letzteren Form. Labile Pangene alter bedingen die Spaltbarkeit, inaktive das Spaltungsvermögen. Wir erwarten hier also eine Spaltung, welche wiederum Laeta und Velutina ans Lieht wird treten lassen. Befruchtet man dagegen die Velutina mit der Laeta, so verbindet man inaktive Pangene mit aktiven, und dieses bewirkt, wenigstens in der ersten Generation, keine Trennung. Die Erfahrung hat beide Folgerungen völlig bestätigt. Für die Ausfübrung der Versuche habe ich hauptsächlich die durch 0. muricata bewirkten Zwillinge gewählt. Sie enthalten in ihren Eizellen die weiblichen Erbteile dieser Art, während die erblichen Eigenschaften ihres Pollens von der Lamarckiana herrühren. Ich benutzte im Sommer 1908 die zweite Generation von Oen. (muricata X Lamarckiana) laeta und die vierte von Oen. (muricata X Lamarckiana) velutina Oenothera hybrida laeta und velutina 141 und pflanzte die Nachkommen 1909 auf zwei benachbarten Beeten von je 1 qm aus. Bereits Ende April, als ich das Auspflanzen vornahm, waren die Unterschiede auffallend deutlich und konnte ich die beiden Typen auszählen. Aus der Kreuzung Laeta X Velutina hatte ich 63 Pflanzen, von denen 70% Laeta und 30% Velutina waren. Aus der reziproken Verbindung Velutina X Laeta hatte ich nahezu gleich viele Pflanzen (62), welche aber keine Spur eines Unterschiedes zeigten. Ich trennte dann das Beet für die ersteren in zwei Teile und gruppierte einerseits die Velutina, anderseits die Laeta zu- sammen, weil dies bei der großen Differenz in der im Sommer zu erreichendea Höhe Fig. 58 Oenothera (biennis X Lamarckiana) velutina. Nov. 1910, im gleichen Alter wie Fig. 57. offenbar für die Entfaltung der Merkmale von Vorteil sein mußte. Dazu erleichterte es die Kontrolle während der ganzen Periode der Kultur, während der ich die Beete fast alltäglich beobachtete. Die Unterschiede nahmen stets zu, die eine Gruppe entfaltete alle oben beschriebenen Merkmale der Muricata-velutina, die beiden anderen die so weit abweichenden Kennzeichen der Laeta. Die Velutina wurden sehr einförmig und er- reichten 1 — 1,5 m Höhe, die Laeta zeigten unter sich kleine Differenzen, waren alle aber weit von den Velutina verschieden und erreichten meist weit über 2 m. Zur Kontrolle dieses Ergebnisses habe ich noch eine Reihe weiterer Versuche angestellt, deren Zahlen man mit den obigen in den folgenden Tabellen finden wird. 142 Zwillingsbastarde A. Oen. hißr. laeta X velutina (Tg. labil X inaktiv; Erwartung: Spaltung) Kreuzung Indiv. Blühend Laeta 7o Velut. °/o 0. (maric. X Lam.) laeta X (muric. Lam.) vcl. „ ( „ „ ) i, X f » rcare.J „ „ ( ■„ X »an.) „ X ( „ ,, ) .. „ r" » X „ ; „ < ( „ Lam.) „ „ (bienn. X Lam.) „ X (bienn. ,. j „ „ f „ ( w«nJ „ x r „ < "««J „ 63 54 60 54 78 70 29 1.+ 17 v. 13 1. + 8v. 121. -j- 9v. 8 1.+ 7v. 25 1.+ 3v. 30 1+ 3 v. 70 54* 40* 57 90 96* 30 46 60 43 4 4 Fig. 59 Oenolhera (muricata X Lamarckiana) laeta X 0. (muric. X Lam.) velutina. Pflanze, Sept. 1909. Laeta- Kreuzungen der ilfMn'raJa-Zwillinge 1908, Kultur 1909, der beiden anderen 1909, Kulturteils 1910, teils 1911. Zählungen beim Auspflanzen und Bestätigung während der Blüte. Die Zahl der blühenden Exemplare ist für die Laeta sowie für die Velutina einzeln angegeben (dritte Spalte). Die Velutina stets einförmig; die Laeta oft zum Teil mehr der Lamarckiana selbst ähnlich. In den Nanella- Kreuzungen (*) ist das Laeta- Merkmal derart mit dem Nanella- Merkmal assoziiert, daß alle Laeta Zwerge sind, alle Velutina aber hohe Statur haben (vergl. Abschnitt IV Kap. IV). Oenothera hybrida laeta und velutina 143 B. Oen. hybrida velutina < laeta (Pg. inaktiv aktiv; Erwartung: einförmig) Kreuzung Indiv. Blühend Laeta % Zwerge % 0. (muric. X Lam.) vel. X (muric. X Lam.) laeta 62 40 100 0 H f » • nan.) „ X f „ nan.) 60 21 100 53 m f )) • Lam.) ., 54 13 100 31 „ (bienn. •, Lam.) ,, X (bienn. ., 80 30 100 0 V f » X nan.) „ X ( „ ■ nan.) 70 21 100 96 Fig. 60 Oenothera (muricala X Lamarckiana) laeta ;< (0. muric. X Lam.) velutina. Velutina- Pflanze, Sept. 1909. Kreuzungen Nr. 1—3 in 1908, Kultur 1909; Nr. 4—5 in 1909, Kultur teils 1910, teils 1911. Die Laeta teils reine Laeta, teils mehr der Lamarckiana ähnlich; in den Versuchen mit 0. nanella teils hoch, teils Zwerge (Spalte 5). Diese Tabellen hestätigen somit die am Anfang dieses Paragraphen ausgearbeitete Erwartung. Die in diesen und ähnlichen Versuchen erhaltenen Bastarde lassen sich zu weiteren Kreuzungen, namentlich mit Oen. Lamarckiana X biennis(s. unten Kap. IVA § 1) benutzen. 144 Zwillingsbastarde Man erhält dann sehr komplizierte Verbindungen. Von diesen habe ich zahlreiche gemacht und viele auch in den weiteren Generationen verfolgt. Sie geben im allgemeinen die Verbindungen und Spaltungen, welche man aus ihren Formeln berechnen kann. Daneben auch sekundäre Verbindungen von Merkmalen, welche hier außer Betracht fallen, welche aber sehr oft das Auszählen der Haupttypen an den Rosetten unmöglich und au den blühenden Pflanzen sehr schwierig machen. Nur eine Gruppe lohnt es sich hier anzuführen, weil ihr Ausgangspunkt die Frage war, ob durch Kreuzung von Pflanzen mit inaktiven Pangenen mit solchen, welche die entsj) rechenden Erbstücke im aktiven Zustande enthalten, vielleicht der labile Zustand wieder hergestellt wei'den kann. Es ist klar, daß diese Frage, falls die Versuche sie bejahen sollten, von sehr hoher theoretischer Bedeutung sein würde, und vielleicht ein Licht auf die ganze Natur der labilen Pangene und auf ihre Beziehungen zu den Mutationsvorgängen werfen würde. Da ihre Lösung aber keineswegs einfach ist, sondern sehr komplizierte Versuche erfordert, muß ich mich vorläufig auf die Angabe beschränken, indem ich mir die weitere Aus- arbeitung für später vorbehalte. Die vorläufigen Versuche aber berechtigen zu der Erwartung einer späteren Lösung der Aufgabe. Ich führe sie in tabellarischer Form an, da sie in derselben Weise wie sonst ausgeführt wurden. Es handelt sich um die Frage, ob die Laeta-Bastarde aus Laeta X velutina bei den Kreuzungen mit solchen Arten, welche die Lamarekiana spalten, selbst gespalten werden oder nicht. Meine Versuche beschränken sich auf die Zwillinge von 0. biennis und auf deren Kreuzung mit den beiden heterogamen und mit einer isogamen Art (0. Hookeri). Kreuzungen von Bastarden aus Lactu und Velutina mit spaltenden Arten Kreuzungen Indiv. Blühend Laeta °/o Velutina °/o 0. muricata X (laeta X velutina) laeta 77 15 + 15 64 36 „ Hookeri X ( „ ,• ) „ 80 1 + 20 5 95 „ biennis X (velutina X laeta) „ 46 15 + 15 26 74 „ muricata X ( „ „ ) 80 15 + 15 51 49 „ Hookeri X ( » X „ ) 80 1 + 4 12 88 „ (velutina X laeta) laeta ] < Hookeri . . 60 2 + 4 16 84 Die Kreuzungen fanden 1909, die Kulturen 1910 statt. Die ausgepflanzten Exemplare (30 pro Versuch) haben in den Muricata- und ß/ennis-Kulturen sämtlich, in den .ffbofceri-Bastarden nur zum Teil Stengel getrieben und geblüht. Wie man sieht, trat überall Spaltung ein. Da aber O. biennis und O. muricata aus Laeta wiederum Laeta, und aus Velutina wiederum Velutina machen (S. 138), bleibt die Möglichkeit offen, daß im Pollen von Laeta X velutina und vom reziproken Bastard die betreffenden Erbstücke der Eltern einfach nebeneinander gelagert sind. Auch dieses würde das Ergebnis erklären. Ebenso in den Kreuzungen mit O. Hookeri, bei denen noch die weitere Komplikation der S. 131 erwähnten Spaltung der Laeta für sich eintritt. Weitere Versuche haben somit die Entscheidung zu bringen. Kapitel III Oenothera hybrida densa und laxa § 1. Die Dmsa-Zwillinge Ganz andere Zwilling'sbastarde, als die bisher beschriebenen, ent- stehen, wenn man die breitblätterigeu Sexualtypen von Oenothera biennis Chicago und O. cruciata mit 0. Lamarekiana oder deren Abkömmlingen Oenothera hybrida densa und laxa 145 verbindet. Im zweiten Abschnitt halten wir ausführlich dargetan, daß diese beiden Arten zu den heterogamen gehören, d. h. daß sie in ihren männlichen Sexualzellen andere Eigenschaften vererben als in den weib- lichen. Ihr weiblicher Sexualtypus ist 1 »reitblätterig, der männliche da- gegen schmalblätterig (S. 83). Mit der Blattbreite sind zahlreiche andere Merkmale verbunden und im besonderen auch das Verhalten bei den Kreuzungen. Der schmalblätterige männliche Sexualtypus von Oen. biennis Chicago spaltet 0. LamarcTciana in Oen. hybrida laeta und ve- lutina, und diese beiden Bastarde halten wir im vorigen Kapitel dieses Abschnittes mehrfach besprochen (vergl. Fig. 50—51 S. 123—125). Da- o-eo-pn geben die männlichen Sexualzellen von 0. cruciata in ihren Ver- bindungen mit 0. LamarcMana die erst im nä -listen Kapitel zu be- handelnde 0. hybrida gracilis. Die weiblichen Sexualzellen unserer beiden Arten spalten aber die 0. LamarcMana und die meisten ihrer Abkömmlinge in die hier zu be- sprechenden Zwillingsbastarde. Und zwar leisten dieses nur diese zwei Typen, wenigstens unter den bisher untersuchten Arten. Sogar dem breitblätterigen, männlichen Sexualtypus von 0. biennis geht dieses Ver- mögen ab (siehe unten Kap. IV § 1 S. 156); er spaltet gar nicht. Ich habe die betreffenden Erscheinungen für 0. biennis Chicago ausführlich, aber für 0. cruciata nur nebenbei untersucht und werde mich in meinen Beschreibungen deshalb vorwiegend an die erstere Art halten. Oenothera hybrida densa und laxa treten bei diesen Kreuzungen in der ersten Generation auf. Vermutlich würden sie bei tadelloser Kultur unter einem günstigen Klima zu gleichen Verhältnissen erscheinen, bis jetzt gab es aber stets etwas mehr und oft viel mehr Exemplare von der Laxa als von der Densa. Die erstere sieht der 0. biennis Chicago sehr ähnlich und kann als ein abgeleiteter Typus von dieser betrachtet werden (Fig. 61), während die Densa eine ganz eigene Form darstellt (Fig. 62). Dazu kommt, daß die Densa in meinen bisherigen Versuchen eine konstante Rasse bildet, und auch die Merkmale der 0. nanella aus den betreffenden Kreuzungen nicht abspaltet, während die Laxa in diesen Fällen in den zweiten und den folgenden Generationen Spaltungs- erscheinungen aufweist. Aber hierauf komme ich bei der Beschreibung der einzelnen Versuche zurück. Densa und Laxa sind voneinander am leichtesten vor der Blüte und während der Fruchtreife zu unterscheiden. Im Anfang der Blüte- periode verschwinden die Merkmale oft zeitweise mehr oder weniger, namentlich wenn die binden Typen auf dem Beete gemischt und zu dicht stehen. In der Jugend ist die Densa breitblätterig, während die Laxa schmälere Blätter hat als die 0. biennis Chicago (Fig. 63 a u. 63 b), und bei der Fruchtreife sind die Rispen der ersteren dicht, diejenigen der letzteren Form alter locker gebaut (Fig. 64 und 65), daher die Namen. Die Dichte der Rispe läßt sich am besten in der Anzahl der Internodien auf einer gegebenen Länge angeben; ich zählte sie von der untersten Frucht aufwärts über einen halben Meter und fand für Densa 53—71, Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung ^q 146 Zwillingsbastarde für Laxa im Mittel 30 und für 0. biennis Chicago im Mittel 35 Inter- nodien. Die Trauben der Densa sind also im unteren Teile nahezu doppelt so dicht als die beiden anderen Formen und im Gipfel nimmt außerdem die Dichte bei ihr stark zu (Fig. 65). In diesem Punkte Fig. 61 Oenothera hybrida toa-Zwilling aus 0. biennis Chicago X Lamarckiana, Ende Aug. 1910 Oenothera hybrida densa und laxa 147 stimmt die Densa mit 0. gigas überein, deren Fruchtrispen ja auch stets auffallend dicht sind (70 Internodien pro Vs m). Außerdem hat Densa kürzere wenig behaarte Früchte, kurze und breitere Brakteen von dunk- lerer Farbe, dünnere und weniger behaarte Blütenknospen, im Vergleich Fig. 62 Oenothera hybrida densa-Zwilling aus 0. biennis Chicago )< Lamarekiana, Ende Aug. 1910. 10* 148 Zwillingsbastarde zu den La^a-Exemplaren desselben Beetes. Auch sind sie weniger hoch wie diese (1,50 m gegen 1,80 in im August) und haben dünnere und schwächere Stengel. Zu bemerken ist, daß 0. biennis Chicago X biennis, welche dieselbe Mutter hat wie die Densa, mit dieser in der auffallenden Dichte der Fruchttrauben übereinstimmt, ja wohl noch etwas dichteren Stand hat Fig. 63 a Oenothera (biennis Chicago X Lamarckiana) densa Gipfel eines 60 cm hohen jungen Stammes, von oben gesehen, Anfang Juli 1911. als sie. Es deutet dieses darauf hin, daß beide Bastarde die fragliche Eigenschaft von ihrer Mutter geerbt haben können. Die Blätter der Densa sind breit, flach, lebhaft grün, während diejenigen der Laxa schmäler, oft etwas rinnig und dunkelgrün sind. Dieser Unterschied ist schon in den Rosetten von Wurzelblättern sicht- bar, prägt sich dann aber beim Emportreiben des Stengels stärker aus, und ist am deutlichsten, wenn die Pflanzen eine Höhe von etwa einem Oenothera hybrida densa und laxa 149 halben Meter erreichen, und bevor sie im Gipfel die Anlage der In- floreszenz zn zeigen anfangen (Fig. 63 a u. 63 b). Namentlich wenn man dabei das ganze Beet von oben betrachtet, sind die beiden Zwillinge leicht auszuzählen. Ich habe sie deshalb für die beiden Figuren von oben herali photographiert, indem ich dazu typische Exemplare aussuchte. Fig. 63 b Oenothera (biennis Chicago ;< Lamarckiana) laxa. Gipfel eines 60 cm hohen jungen Stammes, vou oben gesehen, Anfang Juli 1911. Vergleichen wir jetzt die Densa mit Oen. hybrida laeia und die Laxa mit (Jen. hybrida velutina. Die Unterschiede sind auffallend. Die Densa sind schwach, dünnstengelig, dünnblätterig, in jeder Hinsicht von feinem Bau. Dagegen sind die Laeta grob und stark gel taut, mit dickerem Stengel und dickeren Blättern, und stimmen in der ganzen Tracht mit dem oben beschriebenen Rigida-Typus überein (S. 80). Die Laxa gleichen mehr der Mutterart, sind wenig behaart, dunkelgrün, 150 Zwillingsbastarde kräftig- und hochwüchsig wie diese; ihr fehlen die grauen, rinnigen schmalen Blätter, sowie der schwache und niedrige Bau der Velutina durchaus. Namentlich fallen diese Unterschiede stark auf, wenn man die einzelnen Typen in Gruppen von je 20 — 30 Exemplaren neben- einander kultiviert, wie das ja in meinen Versuchen stets der Fall zu sein pflegt. Fig. 64 Oen. (biennis Chicago X Lamarckiana) laxa. Reife Früchte mit ihren Brakteen. Nov. 1910. Fig. 65 Oen. (biennis Chicago X Lamarckiana) clensa. Unterer und oberer Teil einer nahezu reifen Fruchtrispe. Nov. 1910. § 2. Densa-Spaltung durch Oenothera biennis Chicago Im Sommer 1907 habe ich Oen. biennis Chicago mit dem Staub der Lamarckiana befruchtet und daraus drei Generationen von Bastarden gezogen. Später, 1910, habe ich die Kreuzung wiederholt, da es mir schien, daß ich im Anfang unter zu ungünstigen Bedingungen gearbeitet hatte, um ein normales Zahlenverhältnis festzustellen. Es stellte sich in der zweiten Generation heraus, daß von der Laxa eine neue, bis dahin un- bekannte Form abgespalten wurde, der ich wegen ihrer schwarzgrünen Belaubung den Namen Oen. hybrida atra geben werde. Diese Form ist bis jetzt nur in diesem und den Oenothera hybrida densa und laxa 151 ihm parallelen Versuchen aufgetreten. Ich gebe jetzt die ganze Kultur in der Form eines Stammbaumes und bemerke dazu, daß fast jedesmal die einzelnen Kulturen zuerst eine zu kleine Ernte gaben und deshalb 1910 wiederholt werden mußten, um ausreichende Zahlen gewinnen zu können. Da die Atra bis jetzt nicht in den Rosetten, sondern erst im Hochsommer erkannt werden konnte, umfassen die betreffenden Beete dennoch nur geringe Anzahlen von Individuen. 1907 .... 0. biennis Chicago X Lamarekiana 1908, 10, 11 . densa laxa L909, 1<», 11 . densa laxa atra 1911, 12 . . . densa laxa atra atra Hierzu gehören die folgenden Zahlen: -,, r ,, Anzahl Densa Laxa Atra hrnte Kultur , , ,. d. Indiv. o/0 o„ o/o O. bienn. Chic. X Lam. 1907 1908—10 236 6 93 0 X „ 1910 1911 182 30 69 0 1910 1912 185 41 59 0 Laxa, 1. Gen 1910 1912 50 0 00 34 2. „ .... 1910 1912 40 0 40 60 Densa, 1. „ .... 1910 1912 70 100 0 0 2. , 1911 1912 48 100 0 0 Atra, 1. „ .... 1910 1911 63 0 0 100 Außerdem entstanden in der ersten Generation vier Pflanzen von Velutina, und zwar zwei 1910, eine 1911 und eine |1912. Iu der letzteren Kultur trat auch eine Laeta auf. Über diese werde ich aber erst im letzten Abschnitt berichten. Den ganzen Versuch habe ich dann mit einer kleinen Abweichung wiederholt, indem ich den Blütenstaub für die anfängliche Kreuzung nicht von einer Lamarekiana, sondern von einer Scintillans- Pflanze meiner damaligen Kasse nahm. Im nächsten Ab- schnitt werde ich dartun (Abschn. IV Kap. VI), daß diese Wahl völlig berechtigt ist und daß der eine Pollen den anderen ohne weiteres vertreten kann. Jedenfalls war das Ergebnis dasselbe, wie man sehen wird. 1908 0. biennis Chicago X scintillans 1909 densa laxa 1910 densa laxa atra 1911 densa laxa atra atra Hierbei habe ich die folgenden Verhältnisse gefunden: -r, ir ,, Anzahl Densa Laxa Atra Ernte Kultur , T ,. d. Indiv. o/0 o/o o/o 0. bienn. Chic. X scintillans 1908 1909 15 47 53 0 Laxa, 1. Gen 1909 1910 30 0 80 20 2. „ 1910 1911 40 0 82 18 Densa 1. „ 1909 1910 60 100 0 0 2. „ 1910 1911 70 100 0 0 Atra 1. „ 1910 1911 70 0 0 100 Aus diesen Versuchen ersieht man, daß die erste Generation sich in Densa und Laxa spaltet, und zwar wahrscheinlich in annähernd gleichen Verhältnissen. Die Densa bleibt dann bei Selbstbefruchtung konstant, während die Laxa sich in jeder folgenden Generation spaltet. Die abgespaltene Atra bildet für sich eine konstante Rasse. 152 Zwillingsbastarde Diese neue Atra verhält sich somit durchaus analog der 0. rubrinervis und 0. nanella, deren Verhalten wir im nächsten Abschnitt schildern werden. D. h. sie ver- hält sich wie eine regressive Varietät, und ihre Entstehung beruht somit voraussichtlich auf dem Verlust bzw. auf dem Latentwerden irgend einer Eigenschaft. Doch habe ich diesen Punkt noch nicht näher untersucht. Oenothera hybrida atra zeichnet sich, wie gesagt, auf den ersten Blick durch ihre schwarzgrüne Belaubung aus. Die Blätter sind kurz und breit, in hohem Grade bucklig, mit breitem Fuß sitzend und oft dem Stengel abwärts angedrückt. Die Blütenknospen Fig. 66 Oen. (biennis Chicago X Lamarckiana) atra. Stammgipfel beim Anfang und am Ende der Blüte, Aug. 1911. sind kurz und dick, stumpf, und nicht konisch und spitz wie bei Densa und Laxa. Die Stengel sind stark und dick, die Trauben dicht, die Früchte bedeutend größer und stärker behaart als bei der Laxa (Fig. 66). Bereits in der Jugend, wenn die Stengel emporschießen, lassen sich die Typen gut voneinander unterscheiden. Man vergleiche dazu unsere Fig. 67 mit Fig. 63 au. 63 b (S. 148); sie sind an demselben Tage und von gleichen K/ulturen aufgenommen worden. Die Blätter der Atra sind schmal, und ihre Ränder sind aufwärts eingebogen. Die Farbe ist zu dieser Zeit noch nicht so dunkelgrün wie später, und die Nerven sind hell- Oenothera hybrida densa und laxa 153 Zum Schlüsse gebe ich hier eine Darstellung der Fruchtformen unserer drei Bastarde in Verbindung mit denen der elterlichen Arten (Fig. 68). Die Früchte sind an demselben Tage, Ende September 1911, im reifen Zustande ausgewählt worden und zwar ist jedesmal die untere Frucht des photographierten Teiles die elfte oberhalb der unter- sten der ganzen Infloreszenz. Die einzelnen Figuren sind somit völlig vergleichbar, und jede Traube ist als die beste Vertreterin der betreffenden Rasse ausgewählt worden. Im Sommer 1911 habe ich mit den aus 0. biennis Chicago )< Lamarckiana ge- wonnenen Hybriden einige Versuche angestellt. Erstens um zu erfahren, welcher Art Fig. 67 Oen. (biennis Chicago X Lamarckiana) atra. Gipfel eines 60 cm hohen Stammes vor der Anlage der Infloreszenz, von oben gesehen, Juli 1911. die Spaltungsfähigkeit der Laxa ist. Ich kreuzte dazu Laxa X atra und Atra X Laxa. Im ersteren Fall spalteten sich die Nachkommen wieder; ich zählte auf 54 Individuen während der Blüte in 1912: 72% Laaa und 28% Atra. Also wohl eine ähnliche Spaltung wie nach der Selbstbefruchtung der Laxa. Ich folgere daraus, daß der Blütenstaub der Laxa durch denjenigen der Atra ersetzt werden kann, ohne Einfluß auf die Spaltung, mit anderen Worten, daß die beiden Arten von Pollen in dieser Beziehung dieselben Eigenschaften haben. Die zweite Kreuzung bestätigte dieses, denn sie gab 53 Nach- kommen, welche bei der Blüte alle Atra waren. Es ist somit: 154 Zwillingsbastarde Laxa X atra = Laxa X laxa Atra -i laxa = Atra / atra Daraus geht hervor, daß die fraglichen Anlagen in der Eizelle der Laxa spaltbar sind, während sie im Pollen dieser Form sowie beiderseits in der Atra inaktiv sein müssen. Kreuzungen von Densa aus 0. biennis Chicago X Lamarckiana mit den beiden anderen Hybriden desselben Ursprungs gaben bis jetzt nur eine einförmige Nachkommen- schaft. Sie wurden 1911 in der zweiten Generation gemacht und 1912 während der Blüteperiode untersucht. Laxa X densa (28 Indiv.) war in allen Merkmalen dem Vater gleich; die drei übrigen bildeten aber eine Zwischenform zwischen Densa und Atra, welche in deu drei Versuchen durchaus dieselbe war. Die Pflanzen führten die Tracht der Densa aber mit dickeren Blütenknospen und weniger glatten Blättern von einem dunkleren Grün. Es waren 38 Individuen aus Atra >< densa, 46 aus Densa X atra und 39 aus Densa X laxa. Wendet man hier das oben gefundene Ergebnis an, daß der Pollen von Laxa und Atra einander vertreten können, so fallen die beiden letzteren Fig. 68 D E Reife Früchte von: A Oen. biennis Chicago. B Oen. (bienn. Chic. X Lam.) laxa, G Oen. (bienn. Chic. X Lam.) atra, D Oen. (oienn. Chic. X Lam.) densa, E Oen. Lamarekiana. Versuche zusammen, und lehren sie in Verbindung mit dem ersten, daß die reziproken Kreuzungen von Atra und Densa miteinander einen und denselben intermediären Bastard geben. Man vergleiche ferner die Kreuzungen von 0. biennis Chicago mit 0. rubrinervis und 0. nanella, in denen dieselben hybriden Typen auftreten (Absclm. IV Kap. III § 3 und Kap. IV § 6). § 3. Densa-Spaltung durch Oenothera cruciata Der breitblätterige weibliche Sexualtj^pus von Oenothera cruciata bewirkt, wie oben bemerkt wurde, dieselbe Spaltung- iu seiner Verbindung' mit Oen. Lamarekiana, wie derjenige der Oen. biennis Chicago. Nur sind die Unterschiede zwischen den beiden Zwillingen hier kleiner, und je nach der Entwicklungsperiode schwieriger zu erkennen. Aus einer Oenothera hybrida densa und laxa 155 1910 gemachten Kreuzung kultivierte ich 1911 die erste Generation, nachdem ich die Hauptlinien des Versuchs bereits früher festgestellt hatte. Beim Emporwachsen der Stengel im Juni zeigte sich der Unter- schied zwischen den beiden Typen, ebenso wie bei den vorher beschrie- benen Bastarden. Auch waren sie diesen auffallend ähnlich. Es gab unter 25 Exemplaren 8 Densa und 17 Laxa; alle halten später geblüht. Die Densa hatten breitere, hellergrüne Blätter in dichterer Gipfelrosette, Fig. 69 Oenothera (cruciata X Lamarckiana) densa mit linealischen Petalen. Beim Anfang der Blüte, Ende Juli 1911. während diejenigen der Laxa dunklergrün, lockerer und schmaler waren. Beim Anfang der Blüteperiode verschwand der Unterschied fast völlig, um bei der Fruchtreife wieder klar zutage zu treten. Dichtere, rein- grüne Trauben mit kürzeren und weniger behaarten Früchten kennzeich- neten die Den.sa-Exemplare, welche im Juni mit speziellen Marken ver- sehen worden waren, während die Laxa wiederum dunkelgrün und lockerer war und viel kräftigere und höhere Stämme hatte. 156 Zwillingsbastarde In der Form der Blüten glichen einige Individuen der Mutter (0. cruciata) und andere dem Vater (0. Lamarckiana), und zwar in beiden Bastarden. Übergänge gab es auch, wenn auch weuige, aber auf einigen Individuen waren die Petalen weniger streng linealisch als bei der Mutterart, meist etwas breiter, und bisweilen viel breiter als die Norm. Ich habe das Verhalten der Petalen aber nicht näher untersucht und möchte hier somit nur auf die Erscheinung hinweisen. Die Fig. (39 stellt eine Densa mit linealischen Blumenblättern dar, zu der Zeit, wo es äußerst schwierig ist, die Densa von der Laxa zu unterscheiden. Ich gebe jetzt den Stammbaum und die zugehörigen Zahlen für zwei durchaus parallel verlaufende Versuche. A. 1905, 10 0. cruciata >( Lamarckiana 1906, 11 densa laxa 1907, 12 densa laxa Hin:, atra B. 0. cruciata ;< brevistylis 1906, 07 densa laxa 1907 laxa atra brevistylis Die Spaltungen fanden nach den untenstehenden Verhältnissen statt: Ernte Kultur 1911 1912 1912 1907 1907 1912 Anzahl Densa Laxa Atra Brevistylis d. Indiv. o/o o/o o/0 o/o 25 32 68 0 47 0 70 30 70 100 0 0 11 27 73 0 0 46 0 — ]) — 26 125 0 -1) — 32 0. cruciata X Lam. . 1910 Laxa, 1. Gen 1911 Densa, 1. Gen. . . . 1911 Ö. cruc. X brevistyl. . 1905 Laxa, 1. Gen 1906 Lara, 1. Gen 1911 Wie man sieht, verhält sich die 0. brevistylis der 0. cruciata gegenüber wie eine Lamarckiana, abgesehen von der Abspaltung kurzgriffeliger Exemplare. Auch trennen sich in der ersten Generation die Pflanzen mit herzförmigen von denen mit linealischen Petalen. In beiden Stammbäumen hat sich, nach Auswahl geeigneter Samenträger, diese Trennung in der zweiten Generation wiederholt. Ich habe für den ersten Versuch auch die Laxa mit der Densa befruchtet (1911) und erhielt 1912 eine Kultur von 70 Pflanzen, welche, wie bei der analogen subternären Kreuzung mit 0. biennis Chicago ausnahmslos Densa waren. Von ihnen blühten 16 mit herzförmigen und 3 mit linealischen Petalen, während die übrigen zumeist Rosetten blieben. Kapitel IV Kreuzung ohne Spaltung A. Oenothera Lamarckiana X biennis § 1. Oenothera Lamarckiana X biennis Aus den in Kap. II § 1 — 3 beschriebenen Versuchen (S. 113 — 129) geht hervor, daß der O. Lamarckiana eine Spaltbarkeit innewohnt, welche die Entstehung von Zwil- lingen in der ersten Generation nach einer Kreuzung bedingt. Diese Spaltbarkeit genügt 1) Der Gehalt an Atra und Laxa wurde nicht besonders ermittelt; Brevistylis- Pflanzen kamen unter beiden Formen vor, aber erschwerten die genaue Trennung zu sehr. Kreuzung- ohne Spaltung 157 aber an sieh nicht, um die Spaltung- zu bewirken, es bedarf dazu bei der anderen zur Kreuzung gewählten Art des bestimmten Vermögens, die Spaltung hervorzurufen. Wo dieses fehlt, bleiben die Zwillinge aus (S. 133). Dieser letztere Ausspruch läßt sich offenbar nur durch die Beschreibung solcher Versuche beweisen, in denen die Kreuzung tatsächlich nicht von einer Spaltung in Laeta und Velutina begleitet wird. Solches kommt nun gar nicht selten vor, meist aber in Verbindung mit der Produktion anderer Zwillinge (vergl. Kap. III dieses Abschnittes). 1 4 ■ v: ^^^H Mi 1 p 1 V* ^^^Li Fig. 70 Oenothcra Lamarckiana )< biennis. eines Stammes beim Anfang der Sept. 1909. _ Fig. 71 Gipfel Oenothcra Lamarckiana X biennis. Beim Anfang Blüte, der Fruchtreife, Sept. 1907. Völlig rein, d. h. ohne jegliche Spaltung, fand ich bis jetzt aber die Bastarde zwischen 0. Lamarckiana und 0. biennis, wenn letztere. Art den Pollen lieferte. Sie bringen somit den fraglichen Beweis in einfachster Weise, und sollen deshalb jetzt ausführlich behandelt werden. Die erste diesbezügliche Kreuzung habe ich im Jahre 1894 ausgeführt und ihre beiden ersten Generationen in meinem Buche über die Mutationstheorie (II, S. 31) be- schrieben. Ich belegte die Narben einiger kastrierten Blüten meiner damaligen Kultur 158 Zwillingsbastarde von 0. Lamarckiana mit dem Staube aus Blütenknospen von 0. biennis, welche ich in den Dünen eingesammelt hatte. Die so erhaltenen Bastarde waren einförmig und sowohl im Rosettenalter als während der Blüte und der Fruchtreife der 0. biennis zum Ver- wechseln ähnlich, doch mit dunklerem Laube. Die Samen säte ich 1895, 1896 und 1899 aus. Im Sommer 1895 hatte ich 45 Rosetten von Wurzelblättern und 57 blühende Pflanzen; aus der Aussaat von 1896 ließ ich nur 50 Individuen heranwachsen, und im Jahre 1890 in zwei Kulturen zusammen 130 blühende Exemplare. Im ganzen also 95 Rosetten und 187 blühende Exemplare, welche alle genau denselben Typus führten. Die Bastarde sind der 0. biennis anscheinend zum Verwechseln ähnlich, haben jedoch braunrote Stengel und ein dunkleres Laub. Auch sind die Blüten etwas größer und die Trauben lockerer. Die Blumenblätter berühren einander nicht, wenn man sie flach ausbreitet, sind am Gipfel nur wenig herzförmig ausgerandet und am Grunde Fig. 72. Oenothera Lamarckiana X biennis, eine Rosette von Wurzelblättern im Nov. 1910. etwas verschmälert, wodurch Lücken entstehen, auch wenn die Krone nicht ganz geöffnet ist. Kelch und junge Frucht sind schwach behaart. Die Blütenknospe ist nicht allmählich vom Grunde aus verjüngt wie bei der 0. Lamarckiana, sondern behält bis fast zur Spitze nahezu dieselbe Breite, ähnlich wie bei der 0. biennis. Die Form des Laubes entspricht gleichfalls derjenigen der 0. biennis. Aus den 1896 geernteten Samen erhielt ich 1897 die zweite Generation und zwar von vier selbstbefruchteten Müttern. Sie gaben eine einförmige Gruppe von etwa 100 Pflanzen, von denen die meisten jedoch Rosetten geblieben sind (70 Exempl.). Einige Pflanzen blühten in Pergaminbeuteln, befruchteten sich selbst ohne weitere Hilfe und trugen reichlich Samen. Diese habe ich erst 1907 ausgesät; sie lieferten die dritte, gleichfalls einförmige Generation, welche aber nur drei blühende Stengel und vier Rosetten umfaßte. Auch die vierte Generation war einförmig, mit 18 blühenden Pflanzen und 27 Rosetten von Wurzelblättern. Kreuzung ohne Spaltung I.V.» Da die zweite Generation im Sommer 1897 nur wenige blühende Pflanzen geliefert hatte, säte ich 1907 den Rest der Samen des Jahres 1890. Die mehr als zehn Jahre alten Samen keimten aber schlecht und lieferten nur vier Pflanzen, welche sämtlich bis in den Oktober geblüht haben und denselben Typus hatten. Somit ist die Oenothera Lamarckiana < biennis eine einförmige, sich nicht spaltende, sehr fruchtbare und leicht zu kultivierende Rasse vom Typus der 0. biennis, aber mehr oder weniger braunrot. Und da sie die einzige durchaus fruchtbare Bastardrasse von 0. Lamarckiana mit anderen Arten ist, welche keine Spaltungen liefert, habe ich von dieser Verbindung, um völlig sicher zu sein, noch einige weitere Bestäubungen gemacht. Zuerst im Sommer 1899, und zwar teils auf Individuen meiner eigenen Kultur und teils auf Pflanzen aus Samen, welche ich von den Herren Vilmokix Akdrieux & Cie in Paris bezogen hatte. Sie lieferten mir im nächsten Sommer (19(10) je 80 Pflanzen, von denen 128 geblüht haben, 10 ihren Stengel trieben und 9 Rosetten geblieben sind, während die 13 übrigen als junge Rosetten im Juni entfernt wurden. Von dieser Kultur wurden keine Samen geerntet. Zum dritten Male wiederholte ich die Kreuzung 1907, und erzog zwei Generationen, 1908 und 1909. Sie waren wiederum einförmig und den früheren gleich. Sie umfaßten 18 blühende Pflanzen und 27 Rosetten in 1908 und 27 blühende Exemplare nebst 33 Rosetten in 1909. Eine vierte Kreuzung habe ich liXIN ausgeführt, gleichfalls um mich von der Einförmigkeit der beiden ersten Generationen zu überzeugen. Sie lieferte 1909 im ganzen 108 gleichförmige Pflanzen, von denen 1"> geblüht haben, und in der zweiten Generation 1910 noch 34 blühende Exemplare und 86 ohne Stengel. Fassen wir jetzt den Umfang dieser Versuche übersichtlich zu- sammen, so finden wir: Oenothera LamarcJciana X biennis Kreuzung Generationen Exemplare 1. 1895 2. 3. 4.. 1. Gen. 2. Gen. 3. Gen. 4. Gen. 1894 1897 1907 1908 | 1 57 + 45 30+ 70 3- -4 18 + 27 1896 1908 50 4 — — 1899 130 — — 1899 1900 128+ 19 — — 1907 1908 1909 18 + 27; 27+ 33 — 1908 19Ki 1910 15+ 93 34+ 86 — Zusam neu: 248 + 234 95 + 189 3 + 4 18 + 27 Im ganzen also 364 blühende Exemplare und 454 Rosetten von Wurzelblättern (Fig. 72) oder 818 Pflanzen, welche sämtlich denselben Typus führten. Die Rasse darf somit als eine konstante betrachtet werden. § 2. Ternäre Bastarde Nachdem wir jetzt den Bastard von Oenothera Lamarckiana mit 0. biennis beschrieben haben, wollen wir zu einer der Aufgaben des vorigen Abschnittes zurückkehren und uns die Frage vorlegen, ob die heterogamen Arten 0. biennis und 0. muricata sich bei den ternären Kreuzungen mit der isogamen Lamarckiana ebenso verhalten wie in den sub ternären und komplizierteren Verbindungen miteinander. \(yQ Zwillingsbastarde Mehrere dieser Bastarde haben wir bereits oben besprochen. Eine Gruppe fordert aber eine gesonderte Behandlung, und diese wollen wir deshalb hier einschalten. Es handelt sich um die Frage, ob die beiden reziproken Bastarde von 0. biennis und 0. muricata sich in Kreuzungen mit 0. LamarcJciana in derselben Weise verhalten wie in denen mit ihren elterlichen Arten. Mit anderen Worten, ob ihr Blütenstaub und ihre Samenknospen sich dabei als artrein benehmen und mit der groß- blütigen Form die aus dieser Voraussetzung zu erwartenden Bastarde geben. Diese Kreuzungen umfassen offenbar die vier folgenden Fälle: 0. Lam. X (M : : B); 0. Lam. X (B X M); 0. (M X B) X Lam.; 0. (B X M) X Lam. Ich habe sie sämtlich 1909 ausgeführt und die Bastarde 1910 geprüft; weitere Generationen zu erziehen hielt ich für zwecklos. 0. Lamarckiana >( (0. muricata X biennis). Ich hatte 23 blühende Exemplare und 37 Rosetten. Alle Pflanzen waren vom ersten Anfang an genau der Lamarckiana X biennis gleich. Bereits im Juni war dieses deutlich, Es gab weder den schwachen schmalblätterigen Typus von Lamarckiana < muricata, noch auch Zwischenformen. Auch keine gelben Keimlinge. Die Rosetten waren dicht und voll, die Blätter im Juni 3 — 4 cm breit und 12 — 15 cm lang, von dunkelgrüner Farbe mit rötlichen Hauptnerven. Die Pflanzen blühten im Juli und August und zeigten auch dabei in jeder Hinsicht genau den Typus Lamarckiana X biennis. Es werden also im ternären Bastard die Merkmale des zentralen Elters ausgeschaltet. 0. Lamarckiana X 0. (biennis X muricata). Genau so wie bei der später zu behandelnden 0. Lamarckiana X muricata1) keimten auch hier die Samen mit gelblich- grünen Kotylen, welche eine ausreichende Ernährung für das weitere Wachstum nicht oder nur in ungenügender Weise gestatteten. Bei beiden Bastardtypen hängt es von der mehr oder weniger kräftigen Ausbildung der Samen ab, ob die Keimlinge sämtlich als solche oder nach Ausbildung der ersten Blätter sterben, oder ob ein kleinerer oder größerer Teil länger am Leben bleibt. Von 0. Lamarckiana X muricata erzog ich in mehreren Jahren blühende Pflanzen; sie waren für die Frucht- und Samenbildung aber dennoch zu schwach. Von 0. Lamarckiana X (biennis X muricata) erhielt ich weit über zweihundert Keimlinge, von denen nur drei im Juni noch am Leben waren und ausgepflanzt werden konnten. Die übrigen starben früher oder später aus Mangel an Chlorophyll. Von jenen drei Exemplaren blieben zwei sehr schwach und gelblich; ihre Blätter erreichten nur eine Länge von 3—6 cm; sie starben im Sommer und waren bis dahin den Rosetten von Lamarckiana X muricata durchaus gleich. Das dritte Exem- plar war blaßgrün, mit schmalen langen Blättern, genau so wie die grünen Exemplare des binären Bastardes. Es trieb aber keinen Stengel, doch blieb den ganzen Sommer und Herbst als verhältnismäßig kräftige Rosette am Leben. Das Hauptergebnis dieses Versuches ist, daß aus 0. Lamarckiana X (biennis X muricata) unter etwa 200 Keimlingen keine einzige mit den Merkmalen von 0. La- marckiana X biennis auftritt. Denn diese sind kräftige grüne Pflänzchen mit breiteren Blättern. Auch gab es keine Zwischenformen zwischen diesem Bastard und 0. La- marckiana X muricata , sondern sämtliche Keimlinge verhielten sich genau so wie Keimpflanzen der reinen binären Kreuzung der beiden letztgenannten Arten. Es waren somit die Merkmale von 0. biennis auch hier aus dem Blütenstaub von O. biennis X muricata, soweit der Versuch reicht, völlig ausgeschaltet. 0. (muricata X biennis) X 0. Lamarckiana. Da sowohl Muricata als Biennis mit dem Pollen der großblütigen Art Laeta und Velutina geben, war dieses selbst- verständlich auch für den ternären Bastard zu erwarten. Gleichfalls ließ sich vorher- sehen, daß diese beiden Typen in etwa gleichen Zahlen Verhältnissen auftreten würden. l) Vergl. unten in diesem Kap. B. § 2. Kreuzung ohne Spaltung 161 Tatsächlich erhielt ich unter 60 bis zum Juli kultivierten Pflanzen 31 Laeta und 29 Velutina. Unsere Frage war aber die, ob diese Pflanzen der Laeta und der Velutina aus Muricata oder aus Biennis entsprechen würden. Bereits im Juni konnte diese Frage, wenigstens mit großer Wahrscheinlichkeit, beantwortet werden, da die meisten Exemplare deutlich die Merkmale der Abkömmlinge von 0. muricata zeigten, während jene der Derivate von 0. biennis durchaus fehlten. Die Beurteilung wurde dadurch erleichtert und gesichert, daß die unten zu besprechende Bastardkultur (0. biennis X muricata) X O. Lamarckiana, auf demselben Beete neben dieser stand. Ich ließ 13 Exemplare, sich bis zur Blüte und Fruchtbildung weiter entwickeln, und beobachtete sie während des ganzen Sommers genau. Es waren 11 Exemplare, welche schmalblätterig waren und auch sonst in jeder Hinsicht der Velutina aus Muricata X Lamarckiana gleich und zwei mit den etwas breiteren Blättern der Laeta aus derselben binären Kreuzung. Für eine genauere Beschreibung verweise ich deshalb auf die binären Zwillingsbastarde. In den Eizellen von 0. muricata X biennis waren somit die heterogamen Merk- male der 0. biennis gar nicht mehr vertreten. 0. (biennis X muricata) < Lamarckiana. Diese Kreuzung lieferte auf 59 bis in den Juli kultivierten Exemplaren 24 Velutina und 35 Laeta, welche sämtlich den Zwillingsbastarden aus 0. biennis und nicht denen aus 0. muricata entsprachen. Viele Pflanzen blieben Rosetten bis in den November, wurden groß und kräftig, doch trieben sie keinen Stengel. Sie waren Velutina und der Velutina aus 0. biennis stets gleich. Es haben nur zwei Velutina und zwei Laeta geblüht, auch sie zeigten keine Spur einer Erbschaft von 0. muricata. Namentlich fehlte in der ganzen Kultur die bläulichgrüne Farbe, welche in der Parallelkultur den Muricata-YÄn&uü verriet. Für die Beschreibung der Typen verweise ich auch hier auf die binären Zwillinge, da die Muricata-Mevkmale durchaus ausgeschaltet waren. Ich fasse jetzt die vier Versuche übersichtlich zusammen. Teruäre LamarcJciana-IS&st&r&e. Kreuzungen von 1909. Kreuzung- Anzahl Typus 0. Lam. X (muricata X biennis) 59 0. Lam. X biennis. 0. Lam. X (biennis X muricata) 200 0. Lam. X muricata. r. . _ . . . w _ T \ Muricata laeta. 0. (muricata X Uennis) X 0. Lam. 60 j Muricata velutina. . n T \ Biennis laeta. U. ( menmsX muricata) X O. Lam. 59 « D- • 7 ,• i Biennis velutina. Es fand somit auch hier eine völlige Ausschaltung- der Eigenschaften des zentralen Elters statt1). § 3. Sesquireziproke Bastarde Das Ergebnis des vorigen Paragraphen, daß in ternären Bastarden 0. biennis und 0. muricata ausgeschaltet werden, wenn sie die zentrale Stelle in der Formel einnehmen, läßt sich durch das Studium der sesqui- reziproken Bastarde dieser Arten mit 0. Lamarckiana weiter prüfen. Auch hier verhalten sie sich in derselben Weise und werden somit in dem fraglichen Falle ausgestoßen. Es handelt sich dabei offenbar um Kreuzungen von den Formeln Lamarckiana X laeta oder Lamarckiana X velutina, sowie (Lamarckiana X biennis) X Lamarckiana. *) Vergl. R. Goldschmidt, Über Merogonie und die Note auf S. 87. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. \\ 162 Zwillingsbastarde Ich werde zunächst von jedem dieser drei Typen ein Beispiel aus- führlich beschreiben und dann die übrigen Fälle in tabellarischer Form nachtragen. 0. (Lamarckiana X biennis) X 0. Lamarckiana. Die Erwartung muß offenbar sein, daß die heterogarneu Merkmale von O. biennis ausgestoßen werden, und daß in den be- treffenden Charakteren reine 0. Lamarckiana entsteht. Solches gilt denn auch für alle Eigenschaften mit Ausnahme der Größe der Blüten. Ich machte die Kreuzung 1909, erzog 59 Rosetten bis in den Juli und ließ von ihnen 29 zur Blüte und zur Fruchtreife gelangen. Mit Ausnahme einer Pflanze, welche mutiert hatte und sich als 0. lata heraus- stellte, waren sie sämtlich in allen vegetativen Merkmalen 0. Lamarckiana und von der reinen Art gar nicht zu unterscheiden. Nur schwankten die Längen der Petalen und zwar individuell. Einige Exemplare waren großblütig wie Lamarckiana, andere hatten kleinere Blüten und ihre Narben lagen zwischen den Antheren. Die Länge der Petalen war hier 3 cm, somit etwas größer als bei 0. biennis. Auch gab es Pflanzen mit Zwischenstufen in der Blütengröße zwischen den beiden genannten Extremen. Dieses Merkmal der 0. biennis ist somit auch hier nicht heterogam. 0. Lamarckiana X (0. muricata X Lam.) laeta. Erwartet wird die Ausschaltung von 0. muricata und somit die völlige Wiederherstellung von 0. Lamarckiana mit Aus- nahme der Größe der Blüten. Ich machte die Kreuzung 1905 und erzog 1907 im ganzen 14 Pflanzen, von denen 12 geblüht und Früchte gebildet haben. Im Sommer 1909 habe ich die Kreuzung wiederholt und davon im folgenden Jahre 63 Bastarde erzogen. Von diesen haben 30 geblüht. In beiden Kulturen waren alle Pflanzen ausnahmslos 0. Lamarckiana, die blühenden hatten aber kleinere Blüten. 0. Lamarckiana X (0. muricata X Lam.) velutina. Es war zu erwarten, daß sich der Blütenstaub der Velutina in dieser Kreuzung genau so verhalten würde wie der der Laeta, und die von mir gewonnenen Bastarde bestätigten diese Folgerung in jeder Hinsicht. Auch diese Kreuzung habe ich zweimal gemacht, 1905 und 1909; die Kinder erzog ich 1907 und 1910. Es waren im ganzen 23 -j- 60 Exemplare, von denen in der ersteren Kultur 8 und in der zweiten 30 geblüht und Früchte gebildet haben. Von den drei namhaft gemachten Kreuzungen hat die erstere mir keine Ver- anlassung zu Wiederholungen gegeben; die beiden anderen Typen lassen aber Ab- änderungen zu. Ich gebe diese, mit ihnen zusammen, in der folgenden Tabelle. Kreuzungen von 0. Lamarckiana mit Laeta und Velutina Kreuzung Kreu- zung Kultur Indiv. Blüh. Ergebnis 0. Lam. X (bienn. X Lam.) laeta . . 07 08 120 20 Lamarck. V „ „ X (muric. X „ ) „ • • 05, 09 07, 10 75 42 77 „ „ X ( 77 X rubrinervis) laeta 07 08 137 24 77 „ „ X (bienn. X Lam.) velutina . 11 12 56 — )7 „ X (muric. X „ ) 05 07 70 8 77 17 77 X ( )) X 77 / 77 07 08 105 24 77 77 77 X (77 X 77 / 7) 05, 09 12 143 — 77 „ nanella X ( n 77 ) ,-, 08 09 71 0 17 Für 0. Lam. (muricata \ rubrinervis) laeta habe ich auch die zweite Generation untersucht (60 Indiv., von denen 30 im Sommer 1909 geblüht haben). Sie war einförmig wie die erste. Wir dürfen somit folgern, daß überall, wo Lamarckiana die peri- pherischen und Biennis bezw. Muricata die zentralen Stellen einer Formel einnehmen, die beiden letzteren aus dem Bastarde ausgeschaltet werden. *) Alle einförmig Lamarckiana. Kreuzung ohne Spaltung 1(33 B. Oenothera hybrida gracilis § 1. Oenothera LamarcJciana X cruciata Überblicken wir die Arten, welche in Oenothera LamarcJciana die in Kapitel II und III beschriebenen Spaltungen bedingen, so sehen wir, daß auch die männlichen Sexualtypen von Oen. cruciata, Oen. muricata und Oen. Millers/ sich daran nicht beteiligen. Ihre weiblichen Organe spalten die LamarcJciana teils in Densa und La.ra, teils in Laeta und Velutina, wie wir gesehen haben. Der Pollen der drei genannten Arten hat die merkwürdige Eigen- schaft, daß die von ihm erzeugten Bastardsamen zum weitaus größten Teile gelbe Keimlinge geben. Zu Hunderten sterben diese in den Keim- schüsseln, und wenn es mit vieler Mühe gelingt, die besten unter ihnen groß zu ziehen und gar zur Blüte zu bringen, so sind die meisten Pflanzen doch fortdauernd sehr schwach und nicht imstande, bei Selbst- befruchtung keimfähige Samen zu liefern. Weshalb der Pollen dieser Spezies sich so verhält, ist einstweilen unbekannt. Äußere Umstände, namentlich im Jahre, wenn die Bastard- samen reifen, haben einen großen Einfluß auf den Erfolg; aus sehr gut gereiften Samen erhält man hesser entwicklungsfähige Pflanzen als sonst. Teilweise hängt es auch von der als Mutter gewählten Art ab. So galten (h biennis Chicago, O. Hookeri und O. Cockerelli nach der Be- fruchtung mit O. muricata nur* gelbe, bald sterbende Keimlinge (S. 79), während O. biennis X muricata und 0. biennis X cruciata kräftige und gesunde Rassen geworden sind. Gleichfalls gaben O. Hookeri X cruciata und O. Cockerelli X cruciata bis jetzt nur gelbe, nicht entwickelungs- fähige Keime (S. 76). Dieselbe Eigenschaft hat dieser Pollen, wenn er auf die Narben von 0. Lamarckiana gebracht wird, nur in etwas geringerem Grade. Allerdings sterben auch hier die meisten Keime früh ab, doch gibt es von diesen eine Stufenleiter, welche teils durch blaßgrüne, teils durch bunte Individuen zu rein grünen hinaufführt. Die letzteren sind in den Bastarden von 0. muricata und O. Millersi immer noch äußerst selten, in denen von O. cruciata alter weniger spärlich vertreten. Hier bieten sie sich somit für ein eingehendes Studium dar, und aus (.liesem Grunde soll diese Gruppe zuerst behandelt wrerden. Bei der Beschreibung der Bastarde, welche durch die Befruchtung von 0. biennis mit dem Staube von O. muricata und O. cruciata ent- stehen, habe ich für ihren Typus den Namen Gracilis gewählt (S. 82). Die entsprechenden Bastarde von O. J.amarckiana gleichen diesen in ihrer Tracht und den wesentlichen Merkmalen, und somit werde ich für sie diesen Namen beibehalten. Nur kommen hier die Gracilis in allen Stufeu zwischen gelb, durch blaßgrün und bunt bis zum dunkelsten Grün vor. Lange, sehr schmale, fast lmealische, am Rande mehr oder weniger wellig gebogene Blätter und schwache, oft stark nutierende Stengel mit kleinen Blüten lassen diese Form überall leicht erkennen. n* 164 Zwillingsltastarde Daß die gelblichen und grünen Keime zu demselben T^ypus gehören, geht einerseits aus der vollständigen Reihe der Übergänge hervor, an- derseits daraus, daß es bisweilen gelingt, durch gute Kultur die ersteren in die letzteren überzuführen. Bisweilen wird die Belaubung eines Stengels grün, obgleich die Wurzelblätter gelb lieh waren (1912). Oder man sieht an gelben Schwächlingen nach der Blüte die höchsten Seiten- zweige unterhalb der Rispe dunkelgrün werden und gute Früchte her- vorl »ringen (1911). Gewöhnlich ent- wickeln sich aus den Samen grüner Graeilis- Pflanzen nur oder fast nur grüne Keimlinge, welche auch im späteren Leben durchaus grün blei- ben und den Typus genau wieder- holen, so waren z. B. 562 Exemplare in 1912 aus neun selbstbefruchteten Müttern von 1911 alle völlig grün. Die Samen gelblicher Individuen keimen sehr schlecht ; von vier Müt- tern von 1911 erhielt ich nur 53 Keime, von denen 49 gelblich waren und bald zugrunde gingen. Daneben gab es 4 grüne Graeilis. Von einer anderen Mutter (1911) hatte ich 264 Keime, von denen nur 2 grün und Graeilis waren. Alter von der sech- sten geh »hellen Mutter, welche sich 1911 weder in der Farbe noch im Wuchs von den anderen unterschie- den hatte, erhielt ich ausschließlich grüne Keime und zwar 250 Exem- plare, welche alle denselben Typus der Graeilis führten. Von diesen kultivierte ich 100 bis in den Juni und dann 30 bis zur Blüte. Sie blieben ihrem Typus treu. Ebenso verhielten sich die 140 Nachkommen einer siebenten gelblichen Mutter, welche ich 1910 selbstbefruchtet hatte. Auch diese waren alle grün. Es können somit die gelblichen in verschiedener Weise zum grünen Typus zurückkehren, und sie dürfen also als eine krankhafte Abweichung von diesem betrachtet werden. Ob aber unter den früh sterbenden gelben Keimen vielleicht noch andere Typen verborgen sind, läßt sich dadurch aber nicht entscheiden. Außer der Graeilis pflegen aus den Bastardsamen noch andere Typen hervorzugehen, obgleich in sehr vereinzelten aber völlig grünen Fig. 73 Oenothera (Lamarckiana •. cruciata) gra- eilis. Gelblich-grüne Pflanze, Ende Juli 1911. Kreuzung ohue Spaltung 165 Exemplaren, ohne Übergänge zu den gelben Keimen. Diese Formen betrachte ich als aus mutierten Eizellen der LamarcMana hervorge- gangen. Es ist klar, daß Eizellen, welche in eine neue elementare Art mutiert worden sind, grüne Keimpflanzen liefern werden, falls die be- treffende Art selbst mit 0. muricata, O. cruciata und O. Millersi nur grüne Bastarde liefert. Solches ist nun der Fall für 0. gigas, wie wir später sehen werden (Abschn. IV, Kap. I) und (he meisten der in meinen Kreuzungen auftretenden abweichenden Typen sehen diesen Fig. 74 Oenothera (Lamarckiana ) ; cruciata) gracilis. Eine Rosette von grünen Wurzelblättern. Juni 1911. Bastarden auffallend ähnlich. In Übereinstimmung mit Stomps nenne ich sie Hero1); ich werde sie im letzten Abschnitt eingehend behandeln, hier aber nur kurz erwähnen. Über einen anderen mutierten Typus aus diesen Kreuzungen, der nur in zwei Exemplaren auftrat, vergleiche man Abschn. V, Kap. II, § 4 „Über mutierte Sexualzellen". J) Theo ,1. Stomps, Die Entstehung von Oenothera gigas, Ber. d. D. bot. Ges. Bd. XXX 1912, S. 4(16. 166 Zwillingsbastarde Nach diesen allgemeinen Bemerkungen komme ich jetzt zu der Besprechung der einzelnen Kreuzungen und fange mit denen der 0. cruciata an. Mit dem Pollen dieser Art habe ich 0. Lamarckiana mehrfach, aber nur 1910 und 1911 in größerem Maßstabe befruchtet; daneben habe ich auch einige Versuche mit ihren Derivaten gemacht. In einem Fall habe ich den Blütenstaub des Bastardes 0. muricata X cruciata benutzt; dieser muß wegen der Heterogamie der 0. muricata nur die erblichen Eigenschaften der 0. cruciata haben. Von den gelben Keimen sterben nahezu vom ersten Tage nach der Entfaltung der Samenlappen an (und oft bereits früher) fast täglich eine größere oder geringere Zahl, und dieses macht eine sehr genaue Ermittelung ihrer Anzahl beschwerlich. Ich gebe daher meist nur abgerundete Ziffern, die wirkliche Anzahl war wohl stets etwas größer. Die grünen und bunten Pflanzen konnten leicht gezählt werden, von den gelb- lichgrünen habe icli jedesmal die besten weiter kultiviert und gebe an, wie viele von ihnen geblüht haben. Kreuzung von 0. Lamarckiana und deren Abkömmlingen mit U. cruciata Gracilis Hero 0. Kreuzung Jahr Kultur Anzahl d. Indiv Lamarckiana X cruciata 1908 1905 300 ?? X „ 1903 1912 12 7» X j 1905 1907 100 )) X n 1907 1909 300 >1 X •> 1909 l!»l(l 200 » X » 1910 1911 1200 » X 5 1910 1912 950 » X » 19111) 1912 1300 >? X ? 19111) 1912 2400 „ X (tnuric. X ; 1907 1909 150 rubrinervis X J 1908 1909 100 ?? X 5 1911 1912 250 nanella X J 1905 1907 200 ( „ X bienn.) X J 1910 1911 100 lata X 5 1911 1912 40 oblonga X > 19118) 1912 350 V X » 19093) 1912 66 Im Sommer 1911 hatte ic h im ganzen 30 blühende unc bunt gelblich u. grün n. blühend 0 1 0 0 0 21 4 0 8 0 36 22 14 15 51 -2) 10 -2) 0 1 3 0 5 16 8 16 50 0 6 -2) 1234) 33 9 o 1 0 7 0 2 2 1 0 2 0 1 0 0 3 55) 1«) 25 im Rosettenstadium verbleibende Pflauzen der ersten Generation vom Typus Gracilis. Sie zeichneten sich *) Erste Kreuzung 1911 auf vier früh im Frühling (April) ausgepflanzten Müttern. Zweite Kreuzung 1911 auf zehn spät im Frühling (Mai) ausgepflanzten und dadurch etwas schwächeren Müttern. Der erste Versuch gab 4°/0, der letztere aber nur 0,4% grüne Keime. Es beweist dieses den Einfluß der Kultur der Mutterpflanzen auf die Güte ihrer Samen. 2) Im Jahre 1912 wurden die kräftigen gelblich grünen Keime mit den grünen und bunten zusammengezählt. 3) Die Kreuzung von 0. oblonga fand 1911 auf zwei sehr kräftigen zweijährigen Individuen statt, aber 1909 auf zwei schwachen einjährigen. Die ersteren gaben viele bunte und grüne Keime (etwa 35 °/0), die letzteren nur wenige (etwa 15%)- 4) Die auffallend hohe Zahl für die grünen und bunten Keime in der Kreuzung von 0. oblonga rührt wesentlich daher, daß sich hier eine Zwischenform zwischen den beiden Eltern neben echten Gracilis- Pflanzen gebildet hat. Diese Zwischenform war an den breiten weißen Hauptnerven und sonstigen Merkmalen deutlich als ein Bastard von 0. oblonga zu erkennen. Es gehörten dazu etwas über 50 Exemplare, von denen die Hälfte im ersten Jahre ihren Stengel trieben und vier im August geblüht haben. 6) Die sechs Hero - Pflanzen aus den Oblonga - Kreuzungen haben im August sehr üppig geblüht und hatten die dicken Blütenknospen und die sonstigen Merkmale der Hero in schönster Entfaltung. Kreuzung ohne Spaltuni;- 167 bereits in der Jugend durch sein- sehmale, langgestielte Blätter aus (Fig. 78 u. 74) und waren dadurch dem Vater ähnlich. Ihre Stengel nutierten stets stark (Fig. 73). Die Blätter waren selten ausnahmslos dunkelgrün, meist mit blaßgrünen Teilen oder am Rande oder einseitig weiß- bis gelbbunt und dadurch oft krüppelig. Völlig grüne Blätter auf vereinzelten Seitenzweigen waren elliptisch und auffallend breiter als die übliche sehr lange linealische Form. Die Fetalen waren stets herzförmig, die Früchte auf grünen Ästen grün, auf bunten durch fast weiße Längsstreifen geziert, auf gelblichen Individuen selbst gelblich und dabei mehrfach nicht imstande, ihre Samen gut auszureifen. Im Sommer 1912 blühten in der ersten Generation 15 grüne und 30 gelblichgrüne Gracilis- Pflanzen; sie hatten ausnahmlos herzförmige Petalen. Keimfähige Samen erhielt ich 1905 von dem grüngelblichen Exemplar. Dieses hatte, ebenso wie alle späteren gelblichen grünen und bunten Gracilis- Exemplare der ersten Generation auf allen Blüten nur herzförmige Petalen gehabt. Die Keimpflanzen waren grün, 100 an der Zahl, vom Typus der Gracilis. Ich erzog 50 bis in den Sep- tember; von ihnen haben 34 geblüht und zwar 30 oder etwa 88°/0 m^ herzförmigen und 4 mit linealischen Petalen. Von einem Exemplar der ersten Gruppe säte ich 1912 die Samen und erzog 30 Pflanzen, welche ausnahmslos herzförmige Blumenblätter hatten. Auch von einer cruciaten Mutter von 1907 erzog ich 1912 dreißig Kinder zur Blüte. Sie hatten sämtlich nur linealische Petalen. Im Sommer 1912 wiederholte ich die Kultur der zweiten Generation. Ich hatte von einer Mutter 29 Kinder, von denen drei nur linealische Blumenblätter trugen oder etwa 10%- Ferner von zwei Müttern je 15 Pflanzen mit je einem cruciaten Individuum und von sieben Müttern mit je etwa 10 blühenden Kindern ausschließlich Exemplare mit herzförmigen Petalen. Die Abspaltung von Pflanzen mit linealischen Petalen beträgt also im Mittel auf 163 Individuen etwa 5% Eine kräftige grüne Gracilis -"Rasse erhielt ich ferner aus 0. nanella X cruciata und kultivierte sie durch drei Generationen, ohne dabei Spaltungen zu beobachten (vergl. unten Abschn. IV Kap. IV § 7). Oenolhera cruciata ist nicht in gleich vollständiger Weise heterogam wie 0. bien- nis und O. muricaia und wird dementsprechend aus ihren doppeltreziproken und sesqui- reziproken Kreuzungen, wenn sie die zentralen Stellen in den Formeln einnimmt, nicht völlig ausgestoßen. Ich habe diese Verbindungen mit der O. Lamarckiana 1911 ge- macht; es traten in den Aussaaten jedesmal zwei Typen auf, von denen der eine der oben beschriebenen Gracilis gleich war, während der andere eine Ausschaltung der Cruciata- Merkmale aufwies und also den Typus der O. Lamarckiana führte. Diese beiden Typen waren in allen untersuchten Kreuzungen genau dieselben, obgleich im letzteren die Cruciata die peripherischen Stellen der Formel einnahm. Jeder Versuch wurde auf zwei Müttern gemacht. Kreuzungen von Oen. (Lamarckiana Anzahl d. Indiv. Gracilis X Lamarckiana 141 „ X O. (cruc. X Lam.) la.ca . . . 120 O. (cruc. X Lam.) laxa X gracilis . . . 123 Von diesen Pflanzen haben im Juli 36 Gracilis und 27 vom Lamarckiana-Ty pus geblüht. Aus der letzteren Gruppe hatte ein Exemplar linealische Petalen und könnte also als Stammespflanze für eine neue Bastardrasse O. Lamarckiana cruciata benutzt werden, wie ich eine solche bereits früher in meiner Mutations-Theorie beschrieben habe (Bd. II S. 601). Alle übrigen Individuen dieser Kultur hatten nur herzförmige Blumenblätter. Analoge Spaltungen finden auch bei gewissen doppeltreziproken Kreuzungen von O. Hookeri und O. biennis Chicago statt. cruciata) gracilis Gracilis Lamarck % % 40 60 37 63 28 72 168 Zwillingsbastarde § 2. Oenoihera LamarcMana X muricata Auch diese Kreuzung habe ich, wegen der Schwierigkeit, die gelblichen Keimlinge zur Blüte zu bringen, mehrere Male wiederholt; dennoch ist es mir bis jetzt nicht ge- lungen, keimfähige Samen der Muricata-gracilis zu erhalten. Ich gebe deshalb zunächst eine Übersicht über den Umfang dieser Versuche in derselben Weise, wie für die Cruciata-~Basta.rde (S. 166). ,, ,s T , t- ,, Anzahl Blühende Kreuzung1) Jahr Kultur ^ ^.^ ^.^ Hero ). Lamarckiana muricata 1905 1907/8 300 21 1 j> » X V 1908 1909 200 0 0 » y> X J) 1909 1910 800 0 2 *•> » X J) 1910 1911 1800 0 0 ?> jj X » 1911 1912 1750 0 1 „ rubrinervis X ?> IUI 15/8 1907/9 200 17 1 ?? j? X » 1911 1912 247 2 0 „ nanella X » 1905 1907/8 100 0 0 „ lata X ;) 1907 1908 250 13 0 ?5 >1 X 55 1911 1912 200 2 2 „ oblonga X >> 1909 1912 87 0 0 J5 » X )) 1911 1912 276 0 1 Zusammen 6210 55 8 Die 6rrac*7£s-Pflanzen aus den letztgenannten Kreuzungen waren denen der ersten Zeilen durchaus gleich. Alle waren gelblichgrün und sehr schwach. Ihre Internodien waren länger als bei 0. muricata, ihre Blätter nur wenig breiter als diese und ihre Stengelspitzen nutierend, wenn auch in geringerem Grade als beim Vater. Die Blüten hatten etwa doppelt so große Petalen als bei diesem. Die Früchte waren lang und keulenförmig, doch starben die Pflanzen vor der Reife ab. In der Hoffnung, dadurch vielleicht ein besseres Ergebnis zu erlangen, habe ich auch den Bastard O. Lamarckiana, v biennis mit O. muricata befruchtet. Es müssen dabei die erblichen Eigenschaften der Biennis ausgeschaltet werden. Solches war auch tatsächlich und nur in zu vollständiger Weise der Fall, denn ich erhielt unter etwa 60 gelben und gelblichgrünen Keimen keinen einzigen, den ich am Leben halten konnte. Auch bei der Bestäubung mit 0. cruciata gab der genannte Bastard dasselbe Resultat wie die reine O. Lamarckiana, denn ich erhielt auf etwa 200 Keimen nur 6 blühende Gracilis (2 gelblichgrüne, 2 bunte und 2 grüne), welche den im vorigen Paragraphen beschriebenen gleich waren. Es werden somit auch hier die erblichen Eigenschaften des zentralen Elters aus dem Bastard ausgeschaltet. § 3. Oenothera LamarcMana X Miller si Diese Kreuzung habe ich 1908, 1910 und 1911 gemacht, und zwar mit dem folgen- den Ergebnis: Jahr Kultur Anzahl der Individ. 1908 1909/10 1910 1911 1911 1912 O. oblonga 1912 300 1100 250 8 Gracilis grün, bunt gelblich und blühend 1 0 4 0 0 0 3 0 Hero 6 2 0 1 Im Jahre 1911 befruchtete ich auch eine kräftige zweijährige Pflanze von Q. oblonga mit dem Pollen von O. Millersi. Es keimten davon aber nur die acht in der letzten Zeile angegebenen Exemplare. r) Die Kreuzungen von 1911 wurden je auf zwei Müttern gemacht. Kreuzung ohne Spaltung 169 Von den vier für 1911 besonders erwähnten Gracilis- Pflanzen waren drei sehr stark bunt, und zwar einseitig grün, auf der anderen Seite fast ganz weiß. Dasjenige von 1910, sowie eins von 1911 blieben Rosetten, das dritte blühte 1911 üppig, aber die ganze Blütenrispe war einseitig stark weißbunt. Das vierte Exemplar war nur anfangs schwach bunt, später dunkelgrün mit langen schmalen Blättern am Hauptstanim, aber auf den Seitenzweigen aus dem Stengelgrunde waren die Blätter merklich breiter. Es hat reichlich geblüht und auch Samen getragen. Diese vier Pflanzen hatten genau den- selben Typus wie die Gracilis aus den ( 'ru- cwta-Kreuzuugen. Nur eins war von Anfang an etwas verschieden, indem es breitere, rein grüne Blätter trug, welche auf den zahlreichen Seitenzweigen (aus den Achseln der Wurzel- blätter und höher am Stamme) überall denselben Bau hatten. Es blühte auf dem Gipfel des Stammes und auf acht der 40 — 50 cm langen Nebenästen und trug reichlich Früchte. Alle diese Pflanzen hatten, insofern sie blühten, herzförmige Petalen. Von den beiden am vollständigsten grünen Exemplaren gewann ich 1911 selbst- befruchtete Samen und säte diese 1912 aus. Von der ganzen Ernte, etwa 1 ccm, keimten nur fünf Samen, welche den Typus ihrer Eltern wiederholten, der Gracilis aus 0. La- rnarckiana ■ cruciata sehr ähnlich waren, wie diese im Gipfel des wachsenden Stengels , vor und während des Anfanges der Blüte stark nutierten, aber breitere Blätter hatten. Sie waren völlig grün. Auch hier darf somit der Gracilis-Tyyxis als konstant betrachtet werden. Befruchtet man diese Gracilis mit dem Polleu von 0. Lamarckiana oder von 0. (Millersi X Lamarckiana) vdutina. so werden die Erbschaften von 0. Millersi ausgeschaltet, und erhält mau (fast) reine 0. Lamarckiana, Ich machte die Versuche 1911 und kultivierte 1912 davon 64 Nachkommen, von denen die meisten im Juli ihre Stengel getrieben und im August geblüht haben. § 4. Ternäre Kreuzungen Neben den reinen Arten der O. Lamarckiana und ihrer Derivate habe ich auch die Zwillinge Lada und Velutina mit dem Pollen von O. cruciata, Ü. muricata und 0. Mil- A B Fig. 75 Oenothera (muricata X Lamarckiana) ve- lutina X cruciata. Links die Caerulea, rechts die Gracilis aus dieser Kreuzung, IS. Sept. 1911. lersi befruchtet. Ich wählte dazu die von der 0. muricata hervorgerufenen Zwillinge als die bequemsten. Ich erhielt dabei nur wenige gelbe und zahlreiche grüne Keime. Unter den letzteren treten zwei Typen in annähernd derselben Anzahl von In- dividuen auf. Ton diesen ist der eine der oben beschriebenen Gracilis in den Hauptzügen gleich, während der andere sich mehr der 0. muri- cata nähert, namentlich in der blaugrünen Farbe seines Laubes. Er soll 170 Zwillingsbastarde deshalb mit dem Namen O. hybrida coerulea belegt werden. Dabei werden die Lacta und Velutina genau in derselben Weise gespalten, und dieses lehrt, daß die erbliche Eigenschaft, welche die Coerulea und die Gracilis liefert, eine andere ist, als jene, welche die Trennung in Laeta und Velutina bewirkt. Unter dem Einflüsse der Großmutter 0. muricata erlangen die neuen Zwillinge selbstverständlich eine etwas andere Gestalt als in den bisher beschriebenen Fällen. Sie Fig. 76 Oenothera (muricata X Lamarckiana) laeta X muricata. Ein blühender Sproßgipfel der Gracilis in der vierten Generation, Juli 1911. sind Mittelbildungen zwischen diesen und der neuen Großmutter. Die Coerulea gleicht der 0. muricata dabei am meisten (Fig. 75 A); sie hat deren Tracht, ist aber schwächer und dabei viel höher, oft über 2 m erreichend, mit langer, lockerer Traube. Ihr Laub ist meeresgrün, aber saftiger als bei der 0. muricata; ihre Blüten sind etwas größer. Die Gracilis dagegen verliert die ihrem Namen entsprechenden Eigenschaften mehr oder weniger, indem sie zwar noch den Gracilis-Typus beibehält, aber von der ersten Jugend an viel kräftiger, am Schlüsse auch bedeutend höher und stärker ist, als die binäre Form (Fig. 75 B, und Fig. 76—77). Im übrigen zeigen diese beiden Typen noch geringe Unterschiede, je nachdem der Vater 0. muricata, 0. cruciata oder 0. Millersi ist; namentlich bedingt der letztere breitere Blätter und einen kräftigeren Wuchs. Kreuzung ohne Spaltung 171 Ich fand für die erste Generation, nach dem Absterben der gelben Keime, die folgende Zusammensetzung: Coerulea und Gracilis aus Oenothera hybrida laeta und velutina A. Aus Oen. (muricata X Lamarckiana) laeta Väter Kreuzung Kultur Coerulea Gracilis 0. cruciata 1910 " 1911 14 16 „ muricata 1905 1907/8 57 54 „ Miller si 1910 1911 4 2 Fig. 77 Oenothera (muricata .-. Lamarckiana) laeta X muricata. Oberer und unterer Teil einer reifen Fruchtähre der Gracilis in der dritten Generation, Nov. 1910. B. Aus Oen. (muricata X Lamarckiana) velutina Väter Kreuzung Kultur Coerulea Gracilis 0. cruciata 1910 1911 15 19 „ muricata 1908/10 1909/11 11 9 n « / 1907 1908/9 74 33 „ Millersi 1910 1911 9 3 Summe 184 137 t70/ 43% ]) Für diesen Versuch diente Oen. (muricata X nanella) velutina als Mutter. 172 Zwillingsbastarde Der Gehalt an Gracilis ist hier wohl etwas zu niedrig angegeben, wegen der früh abgestorbenen gelben Keime, welche aller Wahrscheinlichkeit nach alle oder doch vorwiegend zu diesem Typus gehören. Die in der Tafel verzeichneten Pflanzen wurden während der Blüte- und Fruchtperiode beurteilt und gezählt. Weitere Generationen habe ich nur von der Kreuzung 0. (muric. X Lam.) laeta X muricata kultiviert, und zwar von der Gracilis. Diese ergaben sich dabei als konstant. Ich hatte 1909 16 Pflanzen in der zweiten, 1910 80 Pflanzen in der dritten, und 1911 70 in der vierten Generation. Die in der Tabelle angeführten Kreuzungen habe ich nahezu sämtlich in der AVeise wiederholt, daß ich für die Laeta und Velutina die durch 0. biennis, anstatt durch 0. muricata abgespaltenen Zwillinge als Mütter benutzte. Auch habe ich die durch 0. biennis Chicago erzeugten Laeta und Velutina mit 0. cruciata befruchtet. In allen diesen Fällen erhielt ich aber, nebst gelben Keimen, nur eine Form, und zwar die Gra- cilis. Diese war sehr einförmig und entsprach im wesentlichen den bereits gegebenen Beschreibungen. Vierter Abschnitt Pangenetische Untersuchung neuer Arten Tafel XIX— XXII A. Einleitung ij 1. Methode der pangenotischen Analyse Für eine eingehende Beurteilung des Mutationsvorganges ist es in erster Linie wichtig, sich eine Vorstellung zu machen über den Zustand, in welchem die wirksamen Träger der erblichen Eigenschaften sich vor und nach der Mutation befinden. Vor der Mutation bedingt ihr Zustand, mit anderen Faktoren, den Vorgang unmittelbar, und wir wollen deshalb zu erforschen suchen, in welcher Lage sich in der mutabelen Oenothera Lamarchiana jene Pangene befinden, welche in den Mutanten deren spezielle Merkmale bedingen. Nach der Mutation bewirkt die neue Lage die neuen Eigenschaften, und aus der Vergleichung beider Zustände muß offenbar die innere Veränderung abgeleitet werden, welche äußer- lich als Mutation sichtbar wurde. Dieser Gedankengang leitet zum Studium des für jede Mutante eigentümlichen Trägers ihrer Merkmale. Außerdem aber kann der Vor- gang durch weitere (sagen wir z. B. benachbarte) Pangene bedingt sein, und deshalb ist es erforderlich, auch diese soweit wie möglich zu berück- sichtigen. Hier treten zwei Gruppen in den Vordergrund: erstens die- jenigen, welche die übrigen häufigeren Mutationen bedingen, und zweitens jene, welche wir bereits im vorigen Abschnitte als labil in der Lamar- chiana kennen gelernt haben. Es leuchtet ferner ein, daß dieses Studium sich nicht auf den Mu- tationsvorgang selbst beziehen darf, sondern seine Resultate völlig unab- hängig von diesem, also auf anderem Gebiete zu sichern hat. Glück- licherweise stellen die Bastardierungs-Erscheinungen ein solches unab- hängiges Gebiet dar. Dieses haben wir somit zu betreten, und erst nachdem wir hier die verschiedenen Zustände für die einzelnen Pangene festgestellt haben werden, dürfen wir die Ergebnisse mit denen der Er- forschung des Mutationsvorganges selbst vergleichen. Im Anschluß an die oben (Abschn. III, Kap. I) auseinandergesetzten Prinzipien gelangen wir nun zu den folgenden Vorschriften für die Arbeit. 174 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Erstens wollen wir die LamarcMana mit den einzelnen Mutanten kreuzen. Dabei wird sich herausstellen, wie dieses für mehrere Fälle bereits in meiner Mutationstheorie dargetan wurde, daß sehr oft bereits in der ersten Generation eine Spaltung: eintritt. Es werden zwei Bastard- typen beobachtet, deren einer der LamarcJciana gleicht, während der andere die Merkmale der gewählten Mutante wiederholt, Daraus dürfen wir dann in Verbindung mit den früher gegebenen Definitionen altleiten, daß in dem einen der beiden Eltern der Kreuzung das betreffende Paugen inaktiv, in dem andern alter labil ist, Zwei Fälle sind dabei möglich, und vorausgreifend bemerke ich, daß beide tatsächlich vorkommen. Der labile Zustand kann bereits in der LamarcJciana vorhanden sein und beim Mutieren in den inaktiven übergehen (z. B. 0. nanella), oder das Paugen kann in der LamarcMana inaktiv sein und beim Mutieren in die labile Lage übergeführt werden (0. lata). Welche von beiden Möglichkeiten in jedem einzelnen Falle vorliegt, muß dann durch weitere Kreuzungen ermittelt werden. Dazu dieuen die Verbindungen mit anderen Arten. Geben auch diese eine zweiförmige erste Generation mit einer Mutante, so deutet dieses darauf hin, daß das betreffende Paugen in dieser labil, und somit in der LamarcMana inaktiv ist (O. lata). Ist aber die erste Generation einförmig und tritt Spaltung erst in der zweiten auf, so liegt offenbar der Fall inaktiv X aktiv vor, und dürfen wir somit für die Mutante auf den inaktiven Zu- stand schließen. Diese Folgerungen werden bisweilen durch morphologische Be- trachtungen erleichtert, So beruhen die Zwerge offenbar auf dem Ver- lust eines der die hohe Gestalt bedingenden Faktoren und liegt es also auf der Hand, das betreffende Paugen in ihnen als inaktiv anzunehmen. Ebenso beruht die Rubrinervis auf dem Verlast der Festigkeit der Holz- und Bastfasern, und auch dieses deutet auf ein inaktives Pangen hin. Doch ist es unumgänglich, derartige vergleichende Schlußfolgerungen stets durch direkte Experimente zu erhärten. Bis jetzt haben wir mir die für jeden einzelnen Abkömmling der L.amarcJciana kennzeichnende Eigenschaft betrachtet. Es hegt aber die Möglichkeit auf der Hand, daß auch andere Pangene einen Einfluß auf den Vorgang ausüben, und deshalb sind auch diese zu prüfen. Vor allen jene, welche die Zwillinge und namentlich die im vorigen Abschnitt am ausführlichsten studierten L.aeta und Velutina hervorrufen. Experimentell stellt sich diese Frage so: Können auch die Mutanten in L.aeta und Velutina gespalten werden? Falls ja, so enthalten sie das betreffende Pangen in demselben labilen Zustand wie die LamarcJciana (z. B. O. rubinervis und O. nanella), falls nein, in einer anderen Lage (0. gigas). Aus äußeren Gründen habe ich mich meist auf die Zaefa-Spaltung be- schränken müssen, und den anderen Fall (0. densa und 0. laxa) nur gelegentlich berücksichtigt, Schließlich fragt es sich, ob bei einem Mutations Vorgang jedesmal nur ein einzelnes Pangen seine Lage ändert, oder ob vielleicht auch Oenothera gigas 175 andere sich dabei beteiligen können. Beides kann man für möglich • • CT halten und namentlich könnte ein Übergang aus dem labilen in den aktiven Zustand eintreten, ohne sich äußerlich zu verraten. Solches ist z.B. mit dem TVaneWa-Pangen in der Oen. rubrincrvis der Fall; dieses wird hier, wie wir später sehen werden, von labil aktiv, d. h. daß O. rubrincrvis bei Kreuzung mit (K nanella nicht in der eisten, sondern in der zweiten Generation Zwerge abspaltet (Mutations-Theorie, Bd. II, S. 450—451). Die zuletzt aufgeworfene Frage muß also durch Kreuzungen der einzelnen Derivate der LamarcMana miteinander beantwortet werden. Verhalten sie sich dabei genau so wie bei der Verbindung mit dieser letzteren Art, so enthalten sie die fragliche Eigenschaft offenbar in der- selben Lage, verhalten sie sich aber anders, so deutet dieses auf eine Veränderung der inneren Ursache hin. Die Anordnung des Stoffes in den einzelnen Kapiteln dieses Ab- schnittes wird sich diesem Gedankengange soviel wie möglich anschließen. B. l'romrssiYo Mutanten Kapitel 1 Oenothera gigas Tafel IV und XIX § 1. Die Entstehung von Oenothera gigas Oenothera gigas ist im Versuchsgarten zu Amsterdam aus Samen hervorgegangen, welche ich im Sommer 1891 auf isolierten Individuen von O. LamarcMana von reiner Abstammung gesammelt hatte. Die Samen säte ich 1895 aus und unter den zweijährigen Exemplaren fand ich im Sommer 1896 das Exemplar, von welchem seitdem meine ganze Basse abgestammt ist1). Diese Rasse umfaßt zwei Linien, deren eine vorzugsweise in ein- jährigen, deren andere aber zumeist in zweijährigen. Generationen kul- tiviert wurde. In der ersteren erhielt sie sich durch sieben, in (Wr anderen durch vier Generationen konstant. Die erstere wurde 1896, 1898, 1899, 1901 künstlich und rein befruchtet. Darauf folgte 1903 die fünfte Generation, welche 1904 blühte und an einer isolierten Stelle des Gartens frei ihre Blumen öffnete. Die 6. und 7. Generation (1907 und 1908) sind wiederum künstlich befruchtet worden. Die andere Linie ging von derselben Anfangspflanze aus, wurde alter in allen Gene- *) Die Mutations-Theorie, Bd. I, S. 230, S. 158 und Comptes renclus de VAcad. Paris 1900. Außerdem ist O. gigas auch in Schweden aus O. LamarcMana ent- standen, vergl. Heribert Nilsson, Oenothera gigas främgangen som mutation i Sverige, Botaniska Notizer 1909, S. 97. 176 Pangenetische Untersuchung neuer Arten rationell künstlich und rein von mir seihst befruchtet. Die zweite Ge- neration, 1903, war zweijährig, die dritte einjährig in 1909 und die vierte wiederum zweijährig in 1911. Diese Rasse verhält sieh in vielen Hinsichten anders als die übrigen Abkömmlinge der 0. Lamarchiana, und zwar teils in der großen Selten- heit ihres Auftretens, teils in ihren äußeren Merkmalen, welche sie sofort als eine gute Art und nicht etwa als eine Varietät kennzeichnen, teils • Fig. 78 Oenothera gigas. Ende August, beim Aufaug der Blüte, 1910. in ihren Kreuzungen, welche diese Auffassung in auffallender Weise be- stätigen. Die Bastardierungen gelingen in der Regel schwierig, und die Hybriden sind fast ausnahmslos entweder durchaus, oder doch nahezu steril, und zwar um so weniger fruchtbar, je weiter die mit der Olgas verbundene Art systematisch von ihr entfernt ist. Erwägt man dabei, daß dieselben Arten mit der LamarcMana stets ausreichend fertile Bastarde geben, so gelangt man zu der Folgerung, daß die systematische Distanz zwischen ihnen und der Gigas eine bedeutend größere ist, als zwischen Oenothera gigas 177 ihnen und der LamarcMana. Dieses beivclitiol danD offenbar zu der Auffassung der O. gigas als einer guten, von ihrer Mutterart durchaus verschiedenen Spezies. Die Unterschiede beziehen sich erstens auf die Anzahl der Chro- mosomen, welche hier -28 und bei der Mutterart 14 sind, wie Miss A. Lutz und R. ß. Gates gefunden haben1), und auf die damit zusammen- hängende Vergrößerung der Zellen, sowie die dadurch weiter bedingten Eigenschaf- ten im Bau der ( Organe2). Durch die bahnbrechen- den Untersuchungen von Klip: und Emede Marchal ist fest- gestellt worden, daß man bei Moosen di<- Zahl der Chro- mosomen künstlich verdoppeln kann, und daß dann eine ent- sprechende Vergrößerung der Zellen sowie die sich daraus ergebende Zunahme der Größe und Abweichungen im Ran der < Organe di<- Folgen sind3). Aus diesem Grunde darf man n Merkmalen, welche nicht durch diese Verdoppe- lung bedingt zu -ein brauchen, wie z. B. die Hinauf-chiebung der Ach- selknospen am Stengel, die leichte Keimfähigkeit der Samen usw. Die Unabhängigkeit dieser und anderer Eigenschaften -wurde anfangs von GATES übc-r>ehen, dann aber vom Stomps in einer kritischen Behand- lung der ganzen Frage klargestellt4) Fig. 7!" Trauben mit reifen und grünen Früchten. Links: Oenoihera gigas, rechts: 0. Lamarckiana. - t. 1906. und von Gates anerkannt5. Als dritte Gruppe 1 Akne II. Lutz. Seienee N. S. VoL 26, S 151, Aug. 1907, und Vol. 27. S. 335, Febr. 1908. — R. R. Gates, Bot. Gaz. Bd. 44, S. 1—21. 1907. - Gates a. a. 1 1. 3 Flip: et Emile Marchal, Aposporie et sexual ite chez les mousses, I et IL Bull. Acad. Roy. Belgique, 1907 p. 765 et 1909 p. 124'.». * Theo J. Stomps, Kerndeeling en Synapsis by Spinacia oleracea, 1910, S. 52 — 64. Hier auch die übrige Literatur über diesen Gegenstand. s) (tati:-. American Naburalist VoL 45, Oct. 1911, S. 600 und 602. Hugo de Yries. Gruppenweise Artbildung j9 178 Pangenetische Untersuchung neuer Arten von Merkmalen erwähne ich hier vorgreifend die demnächst zu behandelnde Tatsache, daß bei der Entstehung von 0. gigas nebenbei auch die Laefrf - Pangene in ihrer Lage verändert worden sind. Offenbar kann auch dieses nicht als eine Folge der Verdoppe- lung der Chromosomen betrachtet werden. Über die Entstehung' von 0. gigas kann man sich eine ganz be- stimmte Vorstellung' machen. Die meisten übrigen Mutanten der 0. La- marchiana können wohl je aus einer einzigen mutierten Sexualzelle hervor- gehen. Trifft eine solche bei der Befruchtung' mit einer nicht mutierten zusammen, so läßt sich das Ergebnis aus den Resultaten unserer Kreu- zungen berechnen. Für 0. brcvistylis führen diese zu einem Bastard, der in der nächsten Generation aus den selbstbefruchteten Samen die neue Form rein wird abspalten können. Für 0. nanella aber läßt sich vorhersagen, daß ein Teil der mutierten Sexualzellen sofort nach der Befruchtung durch eine nicht mutierte Zelle den neuen Typus geben wird, während ein anderer Teil zu den Merkmalen der Mutterart zu- rückkehren muß. Denn auch bei künstlichen Kreuzungen ist liier die erste Generation eine zweiförmige. Die Bastarde von 0. gigas mit 0. LamarcMana sind aber ein- förmig und konstant, aus ihnen kann die neue Form nicht unmittelbar hervorgehen. Hier bedarf es also des Zusammentreffens zweier mutier- ten Sexualzellen, und die Aussicht auf eine Mutation wird somit im Verhältnis des Quadrates geringer werden. Daraus läßt sich zum Teil die Seltenheit ihrer Entstehung erklären. Offenbar muß es nebenbei bisweilen vorkommen, daß eine in Gigas mutierte Sexualzelle der Mutterart mit einer nicht mutierten zusammen- kommt. Es muß dann ein Bastard entstehen, welcher bei Selbstbe- fruchtung eine konstante intermediäre Rasse bilden wird. Solche halbe Gigas-Mntunten sind in meinen Kulturen von Zeit zu Zeit aufgetreten. Anfangs, als ich che Eigenschaften der betreffenden Bastarde noch nicht kannte, habe ich sie wohl mit gewöhnlichen Gigas-Mwtanten verwechselt '), namentlich wenn sie keine Samen bildeten. Aber auch später waren sie steril. Im Sommer 1910 habe ich eine solche Pflanze sehr genau mit den beiden Arten verglichen und auch durch Selbstbefruchtung einige Samen erhalten, welche sich aber als nicht keimfähig ergaben. Ihre Beschrei- bung werde ich aber erst im letzten Abschnitt geben2). § 2. Intermediäre Bastarde Mit den älteren Arten bildet Oenothera gigas Bastarde, welche in nahezu allen ihren Eigenschaften die Mitte zwischen den beiden Eltern halten. Auch sind die Hybriden aus derselben Kreuzung einander stets gleich. Spaltungen, und namentlich die sonst so gewöhnliche Spaltung des Laeta- Merkmales wurden niemals beobachtet. Leider waren die Pflanzen aber bis jetzt in allen Kombinationen durchaus steril; es ent- J) Die Mutations-Theorie, Bd. I, S. 231, Mutanten von 1898 und 1899. 2) Vergl. Abschn. V, Kap. II, § 5 und G, Fig. 118—119. Oeuothera gigas 179 standen entweder keine Samen oder nur sehr wenige, welche nicht zu keimen vermochten. Die zweite Generation konnte somit für die Kreu- zungen mit den älteren Arten bis jetzt nicht untersucht werden. Die Kreuzungen selbst geben meist eine ausreichende Ernte, nicht selten sogar eben so reichlich wie nach Selbstbefruchtung der Mutter- pflanze. Jedoch hängt dieses in hohem Grade von äußeren Umständen ab. Manche Kreuzung gelingt in einem Sommer, während sie in einem anderen Jahre mißlingt. Bei verschiedenartiger Kultur treten auch in demselben Jahre große Unterschiede auf, namentlich wenn die Blütezeit dadurch wesentlich verschoben wird. Auch individuelle Unterschiede, auf demselben Beete, findet man bisweilen. Nicht selten bekommt man eine reichliche Ernte anscheinend guter Samen, welche dann aber nicht keimen können. Ich habe über den Einfluß äußerer Umstände auf diese Fertilität eine Reihe von Versuchen gemacht, aber noch nicht zum Ab- schluß gebracht. Es lassen sich hier offenbar wichtige Aufschlüsse für die Physiologie des Befruchtungsvorganges, sowie für die Technik der Bastardierungen erwarten. Hei gelungener Kreuzung erhält man pro Kubikzentimeter Samen oft 50 — 100 Keimpflanzen und zwar sowohl wenn O. gigas die Mutter ist, als wenn andere Allen mit ihrem Pollen befruchtet werden. In anderen Fällen hält es oft schwer, 10 — 20 Exemplare des Bastardes heranzuziehen. Die Bastarde selbst sind bei Selbstbefruchtung steril, und dieses wird durch mangelhafte Ausbildung ihres Blütenstaubes ver- ursacht, denn bei freier Bestäubung, namentlich durch den Pollen der Lamarckiana, setzen sie reichlich Früchte und Samen an. Ich habe z. B. von 0. gigas ) biennis 8 und von der reziproken Verbindung 12 Exemplare mit dem eigenen Blütenstaub befruchtet, auf jedem etwa 10 bis 20 Blüten, ohne keimfähige Samen zu erlangen. Ähnlich in den Kreuzungen mit 0. CocJceretti, <>. biennis Chicago usw., welche in ähn- lichen Anzahlen von Individuen geprüft wurden. Ich habe ferner den Blütenstaub von 0. muricaia X gigas und von O. gigas X biennis auf die Narben von 0. Lamarckiana gebracht, aber ohne dadurch Samen zu erhalten. Aus diesem Grunde sind die folgenden Beschreibungen auf die erste Generation beschränkt. Die meisten Kreuzungen habe ich in ver- schiedenen Jahren wiederholt. Ich fange mit denjenigen Fällen an, in denen die entsprechende Verbindung mit Lamarckiana eine Spaltung in Laeta und Velutina gibt. Diese findet hier, wie bereits erwähnt, nie- mals statt, obgleich die schmalblätterigen Individuen bisweilen der Velutina sehr ähnlich sind. 0. gigas X Hookeri. Kreuzungen 1908, 1909, 1910, 1911, Ernte 1—5 com pro Pflanze. Von zwei Müttern von 1910 erhielt ich 54 und von einer von 1911 51 Hybriden. Diese waren normal grün, nicht zum Teil gelblich wie bei der entsprechenden Kreuzung von 0. Lamarckiana. Sie waren bereits als junge Rosetten deutlich intermediär zwischen den beiden Eltern, glichen der 0. gigas X Lamarckiana im allgemeinen sehr, hatten aber längere und schmälere Blätter unter dem Einfluß des Vaters. Im Juni erreichten diese etwa 25 cm bei einer Breite von nur 6 cm. Es gab 6 und 23 schmalblätterige Exemplare, 12* 180 Pangenetische Untersuchung neuer Arten welche sich als Zwischenbildungen zwischen 0. Hookeri und den schnialblätterigen Formen von 0. gigas verhielten (vergl. Tat'. XIX); die übrigen waren Mittelformen zwischen der normalen 0. gigas und 0. Hookeri. Im August und September 1911 haben 25 Exemplare geblüht; sie hatten die auffallend großen Blumen beider Eltern (Petalen 5 cm) und ihre Narben ragten über die Antheren hinaus. Diese enthielten reichlichen Blütenstaub, der aber unfruchtbar war. Ich erntete nach Selbstbefruchtung vieler Blüten nur Spuren von Samen. Die Internodien des Stengels waren etwas länger als bei 0. gigas, die Stengel- blätter etwas schmäler und von etwas blasserer Farbe, die frei befruchteten Früchte merklich länger. In allen diesen und anderen Hinsichten hielten sie die Mitte zwischen den beiden Eltern. Die reziproke Kreuzung 0. Hookeri X gifJas habe ich 1908 gemacht und 1909 wiederholt; die bis jetzt ausgesäten Samen zeigten sich aber nicht als keimfähig. 0. gigas X Cockerelli. Kreuzungen 1908 und 1910; Ernte 4 — 5 cm pro Pflanze mit etwa 50 — 60 Keimpflanzen pro ccm Samen, somit verhältnismäßig sehr fruchtbar. Ich erzog 1911 aus zwei Müttern über 100 kräftige Rosetten und hatte im Sommer 20 blühende normale Exemplare nebst einigen schmalblätterigen. Die ersteren waren von Anfang an intermediär zwischen den Eltern und sehr einförmig. Im Juni waren die "Wurzelblätter fast ohne Buckeln mit breiter Spitze und breitem Grunde, schmal mit schiefen Nerven winkeln und blaßgrün, während die Blätter der Gigas breit und stark bucklig sind mit rundem Gipfel und sehr breitem Grunde, mit weiteren Nerven winkeln und dunkelgrün, und diejenige der Cockerelli schmal, graugrün, ganz glatt, mit spitzem Gipfel und keilförmigem Grunde und engen Nervenwinkeln. Während der Blüte, im August, erreichten die Bastarde über 2 m, waren reichlich verzweigt, sehr üppig und auffallend reichblühend; sie bildeten einen der schönsten Bastardtypen meines Gartens, trotzdem die Blüten, unter dem Einfluß des Vaters, nur mittlere Größe erreichten. Die Petalen waren nur 2,5 cm lang, die Narben lagen mitten zwischen den Antheren, welche reichlichen aber sterilen Staub führten; die Früchte waren nach freier Bestäubung sehr zahlreich, länger als bei Gigas, aber kürzer als bei Cockerelli. Nach künstlicher Selbst- befruchtung von zahlreichen Blüten auf sechs Pflanzen erhielt ich gar keine Samen. In den vegetativen Teilen waren die Pflanzen gleichfalls Mittelbildungen, mit längeren Inter- nodien und schmäleren, mehr graugrünen Blättern als bei 0. gigas usw. Die reziproke Kreuzung, 0. Cockerelli < gigas, machte ich 1907, 1908, 1909 und 1910. Anfangs erhielt ich gar keine keimfähige Samen, in 1910 aber auf sechs Müttern, 0,5 — 0,8 ccm Samen durch Selbstbefruchtung von je 10 — 12 Blüten. Diese ergaben mir zumeist 40 — 60 Keimpflanzen pro Mutter; bisweilen weniger. Ich erzog deren 146 bis zum Juli, als sie große Rosetten von Wurzelblättern waren, und 25 bis zur Blüte und Fruchtreife. Sie waren während der ganzen Entwicklungszeit den neben ihnen wachsen- den reziproken Hybriden durchaus gleich und ebenso steril wie diese, denn vier Rispen gaben bei künstlicher Befruchtung gar keine Samen. O.biennis < gigas1). Kreuzungen 1903, 1905, 1907, 1910. Ernte 0,1—0,5, selten bis 2 ccm pro Pflanze (nach Befruchtung von je 10 — 12 Blüten). Samen bisweilen schlecht, bisweilen 40 — 60 Keimlinge pro Mutter liefernd. Die Bastarde durchaus steril, 12 Exemplare lieferten nach künstlicher Befruchtung vieler Blüten gar keine Samen. Ich erzog etwa 200 Exemplare zu großen Rosetten und davon etwa 50 zur Blüte. Alle waren durchaus einförmig und Mittelbildungen zwischen den beiden Eltern, und nicht etwa zwischen O. biennis und O. Lamarckiana, wie solches bei anderen Mutanten der Fall ist. Die Wurzelblätter waren nahezu ebenso groß und breit wie bei O. gigas, aber zeigten die rötlichen Nerven der Mutter. Die Blütenknospen waren dick, die Blüten nur wenig größer als bei O. biennis; die Griffel kurz und die Narben lagen zwischen den Antheren, was Selbstbestäubung zur Folge hatte, welche aber ohne Erfolg blieb. Die frei befruchteten Früchte sind kleiner und in dickeren Ähren zusammengedrückt als bei O. Lamarckiana X giff«s- Die reziproke Kreuzung 0. gigas X biennis würde noch breitere Blätter erwarten lassen, doch kommen die beschriebenen denen der O. gigas bereits so nahe, daß Differenzen x) Ber. iL deutsch, bot. Ges. 1908, Bd. XXVI a, S. 760. Oenothera gigas 181 sich nicht sicherstellen ließen. Auch sonst waren die Bastarde den soeben besprochenen gleich. Ich machte die Kreuzungen 1905 und 1907 und erzog 90 Pflanzen, von denen 15 geblüht haben. Sieben von diesen habe ich künstlich mit dem eigenen Staub be fruchtet, erhielt dabei aber teils gar keine, teils nur Spuren von Samen. 0. muricata - gigas. Kreuzungen 1903, 1905 und 1907. Ernte höchstens 0,2 ccm pro Pflanze; Keimlinge 10 — 20, in einem Falle aber 50. Von ihnen haben 62 geblüht und sind 8 künstlich befruchtet worden, aber ohne Erfolg. Unter dem Einflüsse der Mutter war bei diesen Bastarden die Anzahl der schmalblätterigen Individuen größer als in anderen Kulturen und waren auch die Blätter oft viel schmäler, nicht selten linien- förmig i). Die breitblätterigen Individuen unterschieden sich von den übrigen beschriebenen Bastardtypen durch etwas schmalere und flachere Blätter von hellgrüner Farbe und kleinere Blüten. Sie zeigten in diesen Hinsichten die Merkmale der O. muricata ver- bunden mit denen der 0. gigas. Die Stämme sind aber ebenso dick, die Belaubung ebenso gedrungen und der Wuchs ebenso kräftig wie bei den anderen; es überwiegt in diesen Punkten also der Einfluß der O. gigas. Dagegen sind die Gritfei kurz und die Narben von den Antheren umringt. Auch sonst zeigen sie sich in allen Eigenschaften inter- mediär zwischen den Eltern. O. gigas ■ muricata. Die analoge Kreuzung von O. Lamarckiana gibt Bastarde, welche den Typus Gracilis darstellen. Weitaus die meisten, nicht selten alle Keimlinge sind aber gelb und sterben entweder vor oder doch während der Ausbildung der ersten Blätter. Die Kreuzung Gigas X muricata gibt solche gelbe Keime aber nicht, und dieses deutet darauf hin, daß die betreffende Eigenschaft beim Entstellen der O. gigas verloren gegangen ist. Allerdings gelangen die Kreuzungen 1905, 1907, 1909 und 1911 nur schwierig, denn ich erhielt meist keine keimfähigen Samen, und nur in vier Versuchen 12 -)- 25 -\- 6 -f- 11 = 54 Keimpflanzen. Diese waren sämtlich grün und wurden teils zu großen Rosetten, teils zu blühenden Pflanzen (8 -f- 20 -j- 4 4- 6 Exempl.) herangezogen. Sieben von ihnen wurden mit dem eigenen Staub künstlich befruchtet, gaben aber keine Samen. Unter dem Einflüsse des Vaters gab es ziemlich viele schmalblätterige Individuen (4-)- 3 Exempl.), die übrigen hatten aber auch Blätter, welche viel schmäler waren als bei 0. gigas X La- marckiana, Blüten, welche eine mittlere Größe, etwa wie bei O. bietDiis erreichten, und Rispen, welche fast ebenso dicht und reichblütig waren wie beim Vater. O. gigas < O. biennis Chicago. Kreuzung 1907 und 1911. Ernte von 1907: 0,5 ccm, aus denen fünf Exemplare keimten, welche sämtlich geblüht haben und von denen drei künstlich befruchtet wurden. Diese bildeten teils keine, teils nur Spuren von Samen aus. Sie waren intermediär zwischen den Eltern und auffallend seh malblätteriger als O. biennis X gigas, der sie sonst sehr ähnlich waren. Die Kreuzung von 1911 fand auf zwei sehr kräftigen zweijährigen Pflanzen, welche unter Glas wuchsen, statt, und lieferte demzufolge eine reichliche Ernte (je 3 ccm Samen), aus denen ich 64 und 90 Pflanzen erzog. Sie bildeten im Juni und .Juli 1912 sehr kräftige Rosetten mit großen breiten Blättern, denen aber schmalblätterige bis linien- blätterige Formen in allen Graden beigemischt waren. Die breitblätterigen trugen die Merkmale beider Eltern, die schmalblätterigen jene des entsprechenden Typus der O. gigas in Verbindung mit denen des Vaters. Im Juli fingen die meisten an, ihre Stengel zu treiben und im August haben auf beiden Beeten zusammen 60 Exemplare geblüht. Sie hatten viel breitere Blätter als O. biennis Chicago, hatten deren Tracht, aber waren niedriger und von mehr gedrungenem Bau. Die Blüten waren groß, die Petalen 3,5 cm lang. In allen diesen und den anderen Punkten hielten sie genau die Mitte zwischen beiden Eltern. 0. biennis Chicago X gigas. Die analoge Verbindung mit Lamarckiana gibt hier nicht eine Spaltung in Laeta und Velutina, sondern in Densa und Lara (siehe S. 151), doch reichen meine Kulturen wegen der Sterilität nicht aus, das Fehlen einer solchen Spaltung zu beweisen. Ich erhielt aus den 1905 gemachten Kreuzungen nur etwa 1 ccm *) Ebenso in den Kulturen von B. M. Davis, Genetical studies on Oenothera I (American Naturalist 1910, Vol, 44, S. 109). 182 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Samen, und daraus nur 15 Keimpflanzen, welche aher sämtlich zu kräftigen, blühenden, über 2 m hohen Pflanzen heranwuchsen. Sie waren Mittelbildungen zwischen den Eltern, mit vorwaltendem Typus der 0. biennis Chicago, aber mit merklich größeren Blüten und halbwegs über die Antheren hinausragenden Narben. Fünf von ihnen wurden künstlich selbstbefruchtet, setzten aber keine Samen an. Eine Wiederholung der Kreuzung, 1911 gemacht, gab auf einem Individuum gar keine Samen, auf einem andern 0,1 cem Ernte, aus der ich nur 6 Pflanzen erhielt. Diese waren breitblätterig, dem reziproken Bastard in jeder Hinsicht gleich, bildeten im Juli ihre Stengel aus und öffneten im August ihre Blüten. 0. cruciata \ gigas. Kreuzung 1911. Aus den Samen von etwa 20 Früchten auf zwei Müttern erhielt ich nur 26 -)— 7 -f- 33 Keimpflanzen. Diese waren dunkelgrün und hatten, dem breitblätterigen weiblichen Sexualtypus der Mutter entsprechend, auf- fallend breite, dunkelgrüne Blätter. Im Juni erreichten die Wurzelblätter eine Breite von 772 bei einer Länge von 15 cm. Die meisten Exemplare blieben den Sommer über im Rosettenstadium; einige trieben aber frühzeitig ihren Stengel. Sie vereinigten dabei in jedem Alter die Merkmale der 0. gigas mit denen des weiblichen Sexualtypus der 0. cruciata, blühten aber mit großen Blüten mit herzförmigen Petalen und trugen dicke Blütenknospen. 0. gigas X cruciata. Die entsprechende Kreuzung 0. Lamarckiana ;< cruciata liefert, wie wir in Abschn. III, S. 163 gesehen haben, fast ausschließlich gelbe, früh ab- sterbende, oder gelbliche, nur schwach aufwachsende Keimpflanzen. Nur wenige werden grüu und tragen den schmalblätterigen Typus der Gracilis. Die Sameu aus der Kreuzung 0. gigas X cruciata werden weit spärlicher ausgebildet, keimen aber alle grün und bilden sich zu grünen, meist sehr kräftigen Pflanzen aus. Von zwei 1911 vorgenommenen Kreuzungen hatte ich 1912 zusammen 105 Nachkommen, von denen ich 45 im Juni aus- rodete und 60 weiter kultivierte. Sie hatten ebenso dunkelgrüne, aber weniger breite Blätter als die reziproke Kreuzung. Es gab fünf schmalblätterige Individuen und eins mit langen, linealischen Blättern, in denselben Typen wie bei der Mutterart. Nur wenige (14) Pflanzen bildeten ihren Stengel aus; diese blühten im August, und zwar 13 mit herzförmigen Petalen und dicken Blütenknospen, und eine mit breit-linealischen Petalen. Die beiden reziproken Bastarde waren einander in den meisten untersuchten Punkten gleich, abgesehen von der Breite der Blätter und im übrigen zwischen den elterlichen Typen intermediär. 0. gigas X Miüersi. Diese Kreuzung gelang mir etwas besser als die analogen Verbindungen mit 0. muricata und 0. cruciata. Hier wie dort waren alle Keime grün, im Gegensatz zu den vorwiegend gelben Keimlingen aus 0. Lamarckiana X Millersi. Ich machte die Kreuzung 1911 auf zwei zweijährigen Müttern und erhielt zusammen 165 Pflänzchen, von denen ich die 48 besten weiter kultiviert habe. Sie entwickelten sich meist kräftig, hatten deutlich die gewöhnlichen Merkmale der Gr/gas-Bastarde und 9 schmalblätterige Individuen, wie sie ja die Mutterart auch hervorbringt. Sie waren zwischen den Eltern intermediär, doch mit Vorherrschen der mütterlichen Merkmale. Im Juli fingen einige an, ihren Stengel zu treiben, und im August haben 25 von ihnen geblüht. Die Blütenrispen nutierten wie beim Vater, trugen aber in den Knospen und Blüteu intermediäre Merkmale. § 3. Konstanz der intermediären Bastarde Dieselben Erscheinungen der Sterilität, wie bei den Kreuzungen von Oenothera gigas mit den älteren Arten, wiederholen sieh bei den Verbindungen mit O. Lamarckiana und deren übrigen Abkömmlingen, aber in etwas geringerem Grade. Die Kreuzungen gelingen häufiger und bringen eine bessere, wenn auch noch stets kleine Ernte. Wesent- lich aber ist, daß die Bastarde nicht immer steril sind, \\\u\ daß es Oenothera gigas 183 mehrfach gelingt, eine zweite Generation zu erziehen. Die sexuelle Verwandtschaft geht hier somit in der Hauptsache parallel mit der systematischen. Trotz vielfach wiederholter Versuche halte ich bis jetzt nur ein einziges Mal eine wirklieh fertile Bastardrasse erhalten, diese hat sich aber bis jetzt durch fünf Generationen als konstant erwiesen. Sie entsprang' aus einer 1905 gemachten Kreuzung von 0. gigas mit La- marcMana in einem einzigen Bastard-Individuum, während die sämtlichen übrigen Bastarde aus derselben und aus analogen Kreuzungen steril oder doch nahezu steril waren. Diese fertile Rasse soll jetzt in erster Linie beschrieben werden1). 0. gigas X Lamarekiana. Die Kreuzung wurde im Sommer 1905 zwischen zwei- jährigen Pflanzen reiner Ahstammung ausgeführt. Die Samen (1 ccm) wurden teils 1907, teils 1908 ausgesät und lieferten 32 bezw. 30 Exemplare, von denen in jedem Jahre 8 geblüht haben. Die am frühesten blühende Pflanze von 1907 wurde mit ihrem eigenen Pollen rein befruchtet uud gab eine reichliche Samenernte (1 ccm), aus der ich im nächsten Jahre die zweite Generation erzog. Die Bastarde der ersten Generation waren alle unter sich gleich, abgesehen von einzelnen schmalblätterigen Individuen, wie sie ja auch in reinen Kulturen von 0. gigas auftreten. Ich kreuzte Gigas auch mit 0. brevistylis und erhielt zehn Bastarde, von denen drei blühten (1907). Sie stimmten in allen Merkmalen mit den aus O. gigas X Lamarekiana hervorgegangenen Pflanzen ülterein. Die zweite Generation erzog ich im Jahre 1008. Im ganzen hatte ich 224 Pflanzen, von denen 87 geblüht und Früchte gebildet haben. Sie waren alle unter sich gleich und führten genau denselben Typus wie die erste Generation. Die dritte Generation hatte ich 1909; sie umfaßte 60 Pflanzen, von denen ich die Hälfte zur Blüte gelangen ließ. Auch diese waren unter sich in jedem Lebensalter gleich und vom Typus ihrer Voreltern, und ebenso fruchtbar wie die O. Lamarekiana selbst. Aus ihrem Samen erzog ich 1910 die folgende und daraus 1911 die fünfte Generation. Sie umfaßten 120 -f- 60 = 180 Pflanzen, von denen 23 -j- 9 = 32 geblüht haben. Auch diese waren einförmig, ihren Vorfahren gleich und ebenso fertil wie diese. Ich erntete 3 — 5 ccm guten Samen pro Pflanze nach künstlicher Selbstbefruchtung. Die Rasse erhielt sich somit durch fünf Generationen konstant, ohne Änderung in ihren äußeren Merkmalen und in ihrer Fertilität2). Die 0. gigas X Lamarekiana sind in allen Eigenschaften zwischen den Eltern intermediär. Auf den ersten Blick sind sie der Mutter zum Verwechseln ähnlich. Ich kultivierte sie deshalb stets neben gleich großen Beeten der beiden Eltern, um sie genau vergleichen zu können. Schon an den jungen Keimpflanzen erkennt man die Unter- schiede deutlich. Die Blätter vou 0. gigas sind dann nahezu kreisrund, diejenigen von O. Lamarekiana länglich und zugespitzt, die Blätter des Bastards verbinden bei etwa 4 cm Scheibenlänge die gerundete Basis der Mutter mit der eckigen Spitze des Vaters. Am fünften und sechsten Blatt nach den Kotylen sind diese Verhältnisse am deutlichsten. Nach dem Auspflanzen auf den Beeten nähern sich die Rosetten immer mehr dem Bilde ') Bastarde von Oenothera gigas, Berichte d. deutsch. Bot. Ges. 1908, Bd. XXVI a. S. 754—762. 2) J. M. Geerts berichtet, daß er in den vegetativen Kernen eines Individuums der zweiten Generation dieser fertilen Rasse von 0. gigas < Lamarekiana nur 14 Chro- mosomen gefunden hat. Siehe: Ber. d. d. bot. Ges. 1911, Bd. XXIX, S. 163. Da diese Generation der ersten äußerlich gleich war, hat die Anfangspflanze meiner fertilen Rasse wohl auch nur 14 Chromosomen in ihren Kernen gehabt. Sie lebte aber 1907, kurze Zeit, bevor die hohe Chromosomenzahl der 0. gigas entdeckt wurde (vgl. S. 177 Note 1), und somit sind ihre Kerne nicht untersucht woi-den. 134 Pangenetische Untersuchung neuer Arten der 0. gigas, doch bleiben die Blätter im großen und ganzen schmäler und spitzer als diejenigen dieser Art. Meine Kulturen hatten nahezu keine schmalblätterigen Individuen und waren daher sehr einförmig. Nur gab es in der zweiten Generation zwei Mutanten, welche die Merkmale der O. nanella mit denen der 0. gigas vereinigten. Da aber sowohl 0. gigas als auch 0. Lamarckiana selbst alljährlich in Nandla mutieren, hatte der Bastard dieses Vermögen offenbar von seinen Eltern geerbt. Als die Bastarde ihre Stengel hervortrieben, blieben ihre Merkmale zwischen denen der Eltern intermediär. Auffallend war solches in den Blütenknospen. Die ersteren sind bei 0. gigas sehr dick (1,5 cm), bei 0. Lamarckiana aber dünn (1,0 cm), und beim Bastard hielten sie genau die Mitte (1,2—1,3 cm). Die Petalen der beiden elterlichen Arten haben dieselbe Länge (etwa 4—5 cm), doch sind sie bei 0. gigas be- deutend breiter als bei 0. Lamarckiana (5,5 cm). Im Bastard näherten sie sich mehr der erstgenannten Art (7 cm). Die Früchte sind bei 0. gigas kürzer und dicker als bei 0. Lamarckiana und halten beim Bastard in beiden Dimensionen genau die Mitte. In allen diesen und den sonst noch beobachteten Merkmalen waren die Hybriden stets zwischen den Eltern intermediär, und blieben sie sich in den aufeinander folgenden Generationen gleich. Die ursprüngliche Kreuzung habe ich 1909 und 1910, und im letzteren Jahre unter sehr verschiedeneu Kulturbedingungen wiederholt. Ich erhielt entweder keine oder nur wenige keimfähige Samen pro Pflanze, meist etwa 5 — 20 auf je 10 Blüten. Ich erzog 45 Exemplare zur Blüte und befruchtete 10 unter ihnen mit ihrem eigenen Polleu, auf je 10 — 12 Blüten. Ich erhielt aber entweder nur leere oder doch nur krüppelige samenarme Früchte mit meist nicht über 0,5 ccm Samen pro Pflanze. Auf eine zweite fertile Rasse gaben diese Kulturen somit keine Aussicht. O. Lamarckiana X gigas. Diese Kreuzung verhielt sich genau so wie die rezi- proke, nur fehlte in ihr eine fertile Rasse. Bereits 1899 fand ich die Bastarde einförmig und der O. gigas sehr ähnlich1). Seitdem wiederholte ich die Kreuzung 1903, 1905, 1908, 1909 und 1910, meist auf zahlreichen Individuen. Ich erhielt 0,2 — 3 ccm Samen pro Pflanze, und daraus entweder nur einzelne, oder 50 — 100 und mehr Keimpflanzen. Viele von diesen haben geblüht; zehn wurden 1907 — 1909 und 14 im Sommer 1911 mit dem eigenen Staub befruchtet. Von diesen setzte die Hälfte keine, die andere Hälfte nur wenige Samen an. Aus den 1906 erhaltenen Samen erzog ich 1907 eine zweite Gene- ration, in der aber nur drei Pflanzen keimten und blühten. In ihren Merkmalen waren diese Bastarde sämtlich den reziproken durchaus gleich. Ich habe 1905 auch O. lacvifolia mit O. gigas befruchtet und erhielt 75 Bastarde, welche den beschriebenen durchaus gleich, bei Selbstbefruchtung aber bis jetzt steril waren. Die beiden reziproken Bastarde sind auffallend schöne großblumige und sehr reichlich blühende Pflanzen. Sie haben eine viel größere Neigung im ersten Jahre Stengel zu treiben und zu blühen, als die O. gigas unter gleichen äußeren Bedingungen. Sie erreichen dieselbe Höhe und öffnen im Sommer täglich meist 3 — 5 Blumen pro Stengel. Auch fangen sie verhältnismäßig früh zu blühen an und erhalten sich dann bis zum Oktober, und nicht selten bis zum November in voller Pracht. Die oben zuerst beschriebene fertile Rasse von Q. gigas \ Lamarckiana habe ich 1910 zu Kreuzungen mit den beiden Eltern benutzt und die Samen 1911 gesät und weiter kultiviert. Es handelte sich um die Frage, ob diese subternären Bastarde wiederum zwischen ihren Eltern intermediär sein würden. Sie wurden zu diesem Zwecke dicht neben den großelterlichen Arten und dem binären Bastarde gepflanzt, und während der ganzen Entwickelungsperiode mit diesen genau verglichen. Ich habe die folgenden Kreuzungen gemacht: Kreuzung Bastarde intermediär zwischen: A. O. (gigas >( Lam.) X gigas \ . . B. O. gigas X (gigas X Lam.) I Q- ^as ^ Lam- und °- ^as- ') Die Mutationstheorie, Bd. II, S. 420. Damals kannte ich die Eigen- schaften dieser Bastarde noch nicht. Oenotliera gigas 185 Kreuzung Bastarde intermediär zwischen: C. 0. (gigas ■ Lam.J Lam. \ D. 0. Lam. < (gigas X Lam.) \ °- 9l9as X Lam- und °- Lam- Von jeder dieser vier Gruppen erzog ich 60 große Rosetten und daraus 15 blühende Pflanzen. Es war auf den ersten Blick klar, daß sie nur zwei Typen darstellten. Mitte August, bei voller Blüte, waren die Unterschiede am deutlichsten. Die Pflanzen A und B waren 1,50 m hoch, ihre Blütenknospen dicker als beim binären Bastard, ihre Stengel- blätter breiter und kürzer und der Stengel selbst dichter beblättert, die Blumen größer. Somit in allen Merkmalen intermediär zwischen dem elterlichen Bastard und der 0. gigas. Die Gruppen C und D fingen etwas früher zu blühen an und waren dabei etwas höher, 1,70 m. Ihre Rispen waren lang und voller Früchte wie bei Lamarckiana. ihre Knospen etwas dicker und ihre Blumen etwas schöner als bei dieser Art. Sie sahen mehr als sehr stattliche, üppigere Exemplare der Lamarckiana aus und waren in diesen und den übrigen Hinsichten zwischen ihren beiden Eltern intermediär. Wir dürfen hieraus folgern, daß die Merkmale der 0. gigas in den verschiede- nen Bastarden mit 0. Lamarckiana zu J/4, V2 oder 3/i ausgebildet sein können '). Auch in dieser Hinsieht steht die Gigas somit unter den bisherigen Mutanten der Lamarckiana ganz vereinzelt da. $ 4. Spaltende Basta rde Wenn man Oenothera gigas mit anderen Mutanten verbindet, so können deren Merkmal«1 densel- ben Spaltungsregeln folgen wie sonst, trotzdem die G%as-Erbschaften sich gleichmäßig über alle Nachkommen der Kreuzung verteilen. Jede Ei- genschaft folgt ihren eigenen Ge- setzen, unabhängig von den ande- ren. Es gilt dieses sowohl, wenn Spaltungen in der ersten Generation auftreten, als wenn diese auf die zweite und die nachfolgenden Ge- nerationen beschränkt sind. Die erstgenannte Erscheinung zeigen die Kreuzungen mit 0. lata, O. nanella und O. oblonga; hier verhält sich die Gigas in bezug auf diese Erbschaften wie die O. Lamarckiana selbst. Nach Kreuzung mit O. rubrinervis tritt Abspaltung erst in der zweiten Generation ein, in ähnlicher Weise wie bei der Verbindung der Rot- nerven mit 0. Lamarckiana (vergl. diesen Abschnitt Kap. III § 1 und Kap. IY § 2). ') Die Untersuchung der Chromosomen dieser subternären Bastarde hat Miss Anne M. Lutz übernommen. Fig. 80. Oenothera (lala X gigas) lata, Aug. 1900. Igß Pangenetische Untersuchung neuer Arten Ich werde jetzt die verschiedenen Fälle einzeln beschreiben1). 0. lata ;< gigas. Kreuzung 1905, Kulturen 1907 und 1908. Im Sommer 1907 erzog ich 133 Pflanzen, welche schon im Juli deutlich zwei Typen darboten. G8 Exem- plare zeigten gleichzeitig die Merkmale beider Eltern, während die übrigen 65 keine Spur von _La2«-Eigenschaften verrieten, sondern geuau den Bastarden von 0. Lamarckiana X gigas glichen. Das Verhältnis war somit öl — 49 %, und stimmt mit dem für die Kreuzung 0. lata biennis gefundenen auffallend überein2). Nahezu alle Lata-gigas- Pflanzen gelaugten im September zur Blüte, nebst einer gewissen Anzahl von Exemplaren des anderen Typus (45 Lata-gigas und 28 der anderen Form). Es zeigte sich hierin ein Übergewicht der meist einjährigen Mutter (0. lata) in dem einen und des meist zwei- jährigen Vaters (0. gigas) in dem anderen Fall. Die Lata-gigas-Vüanzen glichen auch iu den sonstigen Merkmalen während ihrer ganzen Entwickelung mehr der Mutter als dem Vater, jedoch hatten sie kräftigere und dickere Stämme, mit steifen aufrechten Gipfeln und viel dickere Blütenknospen als die normale 0. lata. Sie führten in vielen Blüten etwas guten Blütenstaub, während die 0. lata selbst keinen Pollen hat. Die meisten Exemplare blühten zu spät, doch habe ich die Narben von drei Individuen mit vielen Sorgen mit dem eigenen Pollen belegt. Keimfähige Samen erhielt ich dabei aber nicht. Aus diesem Grunde habe ich dann die Kultur im nächsten Jahre wiederholt. Der Erfolg war derselbe und auch jetzt zeigten sich die Lata-Pflanzen trotz aller Vorsicht selbststeril. Die Bastarde des anderen Typus brachten eine geringe Ernte, welche aber zu klein war, um eine Aussicht auf den Nachweis ihrer Konstanz zu geben. In diesem Versuche verhält sich 0. gigas der 0. lata gegenüber nicht wie eine Varietät von 0. Lamarckiana, sondern wie eine gute und scharf getrennte Art. Es zeigte sich dies einerseits in der Spaltung in nahezu gleiche Hälften (vergl. die Tabelle für O. lata in Kap. V), zweitens in der besseren Ausbildung des Pollens (ähnlich wie bei O. lata X biennis, 0. lata < Cockcrelli und 0. lata X Hookeri) und in anderen Punkten. 0. nanella < gigas. Leider gelingen die Kreuzungen zwischen 0. gigas und den Zwergen in beiden Richtungen sehr schwierig. Zumeist erhielt ich überhaupt keine keimfähigen Samen, oder doch so wenige, daß eine Spaltung unter den Keimlingen kaum erwartet werden durfte. Im Sommer 1911 befruchtete ich die drei kräftigsten Nanella- Pflanzen meiner damaligen Kultur mit dem Blütenstaub von 0. gigas und erhielt aus ihren Samen nur 21 - - 34 -f- 20 = 75 Keimlinge, von denen 1 -j- 2 -f- 1 = 4 Zwerge waren. Im ganzen somit 5°/0 und zwar für jede einzelne Kreuzung. Die Zwerge trugen gleichzeitig die Gri^as-Eigenschaften, und sahen der durch Mutation aus Gigas entstande- nen Zwergrasse weit ähnlicher als normalen Zwergen. Die hohen Exemplare waren ihrem Äußeren nach Bastarde von Lamarckiana und Gigas3). Ich befruchtete auch die kräftigeren Zwergrassen von Nandla < biennis und von (Nanella < biennis) X nanella (vergl. unten Kap. IV) mit dem Staub der Gigas. Nach den Regeln der Heterogamie müssen die Eigenschaften der 0. biennis ausgeschaltet werden und die Kreuzung sich somit verhalten wie die binäre. Ich erhielt aus ersterer 80, und aus letzterer 69 Keimlinge, von deneu je drei Zwerge waren, welche alle sechs im Sommer geblüht haben. Oder je 4%? also nahezu ebensoviel, wie im binären Versuch. Auch war die Gestalt der Zwerge, sowie die der hohen Exemplare dieselben wie dort. Die reziproke Kreuzung ist mir bis jetzt nicht in ausreichender Weise gelungen: ich erhielt nur ganz einzelne keimfähige Samen. Dagegen habe ich 0. gigas im Sommer 1907 mit dem Staube eines Zwerges aus der zweiten Generation von 0. muricata X na- nella befruchtet (vergl. unten Kap. IV § 3). Dieser Blütenstaub enthält nach den Regeln der Heterogamie im wesentlichen nur noch die Erbschaften der 0. nanella und kann somit für Kreuzungsversuche an deren Stelle benutzt werden. Ich erhielt 54 Keimlinge, welche im Juni 1908 zu kräftigen Rosetten heranwuchsen. Alle hatten die Gigas-Merk- !) Vergl. die vorläufigen Beschreibungen in den Ber. d. d. bot. Ges. 1908, Bd. XXVI a, Heft 10, S. 754—762. 2) Vergl. diesen Abschnitt, Kap. V. 3) Ihre selbstbefruchteten Samen ergaben sich bei der Aussaat im Frühling 1913 als nahezu sämtlich steril. Ebenso bei der reziproken Kreuzung. Oenothera gigas 187 male, 47 waren Bastarde vom Typus 0. gigas X Lamarckiana und (3 waren Zwerge, fast vom Typus der reineu 0. gigas nanella. wie sie alljährlich durch Mutation aus 0. gigas entstehen. Die Unterschiede waren auffallend deutlich. Prozentischer Gehalt an Zwergen 12, und somit in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Kreuzungen zwischen 0. Lamarckiana und nanella. 0. oblonga < gigas. Die Kreuzung 1910 gab nur 10 Pflanzen, von denen 4 die Merkmale beider Eltern in sich vereinigten, während die 6 übrigen der 0. Lamar- ckiana X gigas gleich waren. Sie waren ebenso wenig fruchtbar wie sonst die Gigas- Bastarde. Aus 2 cem Samen des letzteren Typus erhielt ich 1912 nur 23 Keimpflanzen, von denen die meisten das Bild der Mutter wiederholten, einige schmalblätterig waren, aber keine einzige die Merkmale beider Großeltern in sich vereinigte. Die Kreuzung selbst habe ich 1911 wiederholt, und zwar mit demselben Erfolg. Ich erhielt 44 Keim- pflanzen, von denen ich ">s zu großen und kräftigen Rosetten heranzog. Einige fingen im Juli an Stengel zu treiben. Es hatten 29 Rosetten die gemischten Merkmale beider Eltern, während 9 den Typus 0. Lamarckiana s gigas führten. Die ersteren zeichneten sich durch ein dunkles Laub mit breiten weißen Hauptnerven und runzeliger Scheibe aus, und drückten ihre Blätterspitzen im Bogen dem Boden an, während diejenigen des anderen Typus in schiefer Richtung aufwärts gerichtet waren. Es deutet dieses klar auf eine Vermischung der Merkmale der (J. oblonga mit denen der 0. gigas hin. 0. rubrinervis X gig<*s- Kreuzung 1903 und 1905. Aus der ersteren hatte ich im Sommer 1907 51 Exemplare und aus der zweiten in den Jahren 1900, 1907 und 1908 zusammen 185 Individuen, von denen einige blühten, andere zu spät ihren Stengel trieben und noch andere nur das Rosettenstadium erreichten. Alle hatten die Merkmale von 0. Lamarckiana < gigas, ohne eine Spur von den Eigenschaften der 0. rubrinervis zu zeigen. Im Sommer L908 haben 32 Exemplare geblüht, von denen 4 nach Selbst- befruchtung eine geringe Ernte gaben (0,1 — 1,0 ccm). Ich säte die Samen 1911 und erzog daraus die zweite Generation, welche aber nur 16 Pflanzen umfaßte. Von diesen waren 10 Rubrinervis und die übrigen vom elterlichen Typus. Also 00% Rubrinervis. Diese letzteren waren ebenso spröde wie gewöhnliche Rotnerven, hatten auch den Bau der Blüten und der Früchte dieser Form, wichen aber von ihr mehr oder weniger deut- lich in der Richtung von 0. gigas ab, wodurch sie anfangs für schmalblätterige Gigas- Pflanzen gehalten wurden. Auffallenderweise haben sie mit den äußeren Merkmalen der 0. rubrinervis deren hohe Fertilität zurückerlangt, denn sie lieferten leicht 3 — 5 ccm Samen pro 10 — 12 Früchte, während es mir nicht gelang, vom anderen Typus nach Selbstbefruchtung Samen zu erlangen. Aus jenem Samen erzog ich 1912 eine dritte Generation, welche jetzt einförmig aus 0. rubrinervis bestand. Es waren 270 Exemplare, von denen ich etwa 50 ihre Stengel ausbilden ließ. Sie waren in jeder Hinsicht Rubri- nervis, ohne Spur von 6r«/«s-Merkmalen. Die abgespaltene Rasse verhielt sich somit als konstant. Die reziproke Kreuzung 0. gigas < rubrinervis habe ich 1905 gemacht. Sie lieferte 1907 nur 17 Exemplare, von denen die meisten geblüht haben. Auch diese waren dem Bastarde 0. gigas X Lamarckiana äußerlich völlig gleich. Sie waren aber nach Selbstbefruchtung steril, und habe ich eine zweite Generation bis jetzt nicht unter- suchen können. Aus den iu diesem Paragraphen beschriebenen Versuchen folgere ich, daß die Lata-, Nanella- und Oblonga -Pangene sich in 0. gigas in derselben Lage befinden wie in 0. Lamarckiana und daß sie also bei der 1891 stattgefundenen Mutation unverändert in die neue Spezies über- gegangen sind. Offenbar verhält es sich ähnlich mit dem Pangene der Faserfestigkeit; dieses muß in seiner labilen Lage aus 0. Lamarckiana iu 0. gigas übergegangen sein, wenn es mir auch nicht gelang, in der ersten Generation der diesbezüglichen Bastarde zwei Typen zu unter- scheiden, wie bei 0. Lamarckiana X rubrinervis (vergleiche unten Kap. III, § 1). 188 Pangenetische Untersuchung neuer Arten In bezug auf die Sterilität, bzw. äußerst geringe Fertilität der Kreuzungen sowie der Bastarde verhält sich 0. gigas nicht wie eine Varietät, sondern wie eine gute Art. Diese Tatsache lehrt, daß sie nicht durch Umlagerung bereits vorhandener Pangene, sondern durch die Bildung eines völlig neuen Erbschaftsträgers entstanden ist (vergl. den letzten Abschnitt). C. Retrogressive Mutanten 'ö Kapitel II Oenoth era brevistylis § 1. Gleichseitige oder Mendel sehe Spaltung In meiner Mutationstheorie (Bd. II, S. 429) habe ich dargetan, daß unter den Oenotheren nur die 0. brevistylis den MENDELscheu Spaltungs- regeln folgt1), und versucht zu zeigen, daß diese Eigenschaft sich dabei in hohem Grade von den übrigen als unabhängig verhält. Ich wählte damals die 0. lata als Mutter und beschrieb ihre Bastarde mit der 0. brevistylis unter dem Namen der 0. Poldiana. In dieser Basse folgt die erstere Eigenschaft stets den Regeln , welche für die reine 0. lata gelten, während die Brevistylis-Merkmale den MENDELscheu Formeln gehorchen. Es gelang dadurch beide Eigenschaften in derselben Pflanze zu verbinden, und eine Form 0. lata brevistylis zu erhalten, welche aber, wegen ihrer von beiden Eltern geerbten einseitigen Sterilität, beiderseits nahezu steril war. Es schien mir die Mühe zu lohnen, Versuche zu machen um zu zeigen, daß die 0. brevistylis sich den verschiedenartigsten Spaltungen gegenüber als unabhängig verhält, und dabei selbst stets nach derselben Regel spaltet. Man kann in dieser Weise die Kurzgriffligkeit auf die Oen. hybr. laeta, veluüna usw. übertragen. Auf der anderen Seite schien es mir völlig zu genügen, diese Tatsache über jeden Zweifel zu erheben, ohne sie weiter in ihren Einzelheiten zu verfolgen, wie ich dieses a. a. 0. mit der 0. Pohliana vorgenommen hatte. Mit anderen Worten es reichte mir aus, in den betreffenden Fällen das Fehlen kurzgriff liger Exemplare in der ersten Generation zu beobachten, und in der zweiten ihre Prozent- zahl zu ermitteln. Bekanntlich unterscheidet sich die 0. brevistylis von der 0. Lamarckiana durch den kurzen Griffel und den nur teilweise unterständigen Fruchtknoten 2). Die Griffel sind ungefähr x) Die beiden dort als mögliche Ausnahmen offen gelassenen Fälle haben sich seitdem gleichfalls als andern Regeln folgend herausgestellt. Für 0. läcvifolia vergl. am Schluß dieses Paragraphen S. 190 und für 0. nanella das IV. Kapitel dieses Ab- schnittes. 2) Für die Abbildungen verweise ich auf meine Mutationstheorie, Bd. II, S. 429—435, Fig. 80—85. Oenothera brevistylis 1 S'.t so lang wie die Kelchröhre und demzufolge liegen die Narben tief unter den Antheren im Schlund der Blüte. Der Fruchtknoten ist oberhalb der Einpflanzung der Kelchröhre in den Fuß des Griffels hinein verlängert. Mit diesen Eigenschaften gehen andere zu- sammen. Erstens eine blattartige unregelmäßige Entfaltung der Narben an der Stelle der vier normalen zylindrischen Arme. Zweitens der nahezu vollständige Mangel an Samenbildung und das Fehlen der Ausbildung der Fruchtknoten zu kräftigen Früchten. Drittens die Form der Blätter, deren mehr abgerundete Gipfel, welche die 0. brcvistylis- Pflanzen in den Kulturen schon lange vor dem Anfang der Blüte kenntlich zu machen pflegen. Es handelt sich hier offenbar um ähnliche Korrelationen, wie die, welchen wir bei den andersartig spaltenden Merkmalen in dieser Gruppe fast überall begegnen. Die erste Frage war die, wie sicli das Brevistylis-Werkmeil den Zwillingsbastarden Lacta und Velutina gegenüber verhält. Die betreffenden ersten Generationen habe ich bereits im vorigen Abschnitt, Kapitel I, besprochen, und verweise ich für die Spaltungs- zahlen für diese beiden Typen auf die dort angeführten Tabellen (S. 121 — 122). Auch wurde dort in § 3 (S. 120 — 128) gezeigt, daß die weiteren Generationen sich in bezug auf diese Merkmale als konstant erweisen, wenigstens in allen den unten zu berücksichtigenden Fällen. Ich kann mich deshalb hier auf das Brevistylis -Merkmal beschränken, indem ich nur noch hervorhebe, daß diese Bastarde sich in allen anderen Hinsichten genau so ver- halten wie die entsprechenden Verbindungen der reinen 0. Lamarckiana. Die erste Generation enthielt niemals kurzgriff'lige Exemplare; für den Umfang der Kulturen verweise ich auf die oben zitierten Tabellen. Die betreffenden Kreuzungen sind alle 1905 gemacht worden; die zweite Generation wurde 1907 bzw. 1908 kultiviert, und in einigen Fällen 1909 wiederholt. Ich gebe jetzt für jeden einzelnen Versuch die Anzahl der während der Blüte geprüften Individuen, sowie den Prozentgehalt an kurz- grift'ligen Exemplaren. Oen. brevistylis, Spaltung in der zweiten Generation brevistylis % 24 21 17 30 17 17 Kreuzung Individ. A. Oen. hybr. laeta <>. biennis brst. l) 72 » muricata X n '^ 1? Cockerelli X „ 103 B. Oen. hybr. velutina 0. biennis X brst. 11 J! muricata X „ 57 )! Hookeri < „ 36 « Cockerelli X „ 10 die größeren Ab- weichungen fügten sich den Wahrscheinlichkeitsregeln. Genau so verhält es sich, wenn man 0. rubrinervis mit dem Blütenstaub anderer Mutanten befruchtet. Ich erhielt dabei die folgenden Zahlen: Indiv. % Subrobusta. 0. rubrinervis X brevistylis 373 44 — 50 „ „ X laevifolia ...... 340 56—60 „ „ X nanella 223 40 Die Prozentzahlen beziehen sich auf die Zählungen der Keimlinge von fünf einzelnen Samenträgern, welche sämtlich 1905 befruchtet worden waren. Größere Abweichungen erhielt ich bei den reziproken Kreuzungen, aber diese wurden aus äußeren Gründen in kleinerem Umfange ausgeführt, so z. B. Indiv. % Subrobusta. O. laevifolia X rubrinervis 60 80 O. nanella. X rubrinervis 105 27. Von den beiden aus diesen Kreuzungen hervorgehenden Bastardtypen erwies sich in den folgenden Generationen der erstere als konstant. Ich führte die Selbstbefruchtungen in der ersten Generation 1906 aus und wiederholte sie zum Teil in der zweiten im nächstfolgenden Jahre. Der Umfang der ausgezählten Kulturen war für O. Lamarckiana X rubrinervis 73 Exemplare in der zweiten und 69 in der dritten Generation, und für die reziproke Verbindung 71 in der zweiten. Die subrobusta-V&a,nze-a spalten in der zweiten und den späteren Generationen normale 0. rubrinervis ab, doch habe ich die Ver- hältniszahlen aus äußeren Gründen noch nicht ermittelt1). Es möge hier ein Versuch über die Kreuzung von 0. rubrinervis mit dem Pollen von 0. biennis angeführt werden. Ich machte sie 1905 und 1911, erzog die erste Gene- ration 1907 in 60 und 1912 in 182 Exemplaren, welche sämtlich den Typus des oben beschriebenen Bastardes 0. Lamarckiana X biennis führten (Abschn. III, Kap. IV, § 1, S. 156 — 159). Ebenso verhielt sich die zweite Generation, welche ich 1909 in 60 Exem- plaren erzog, von denen 15 geblüht haben. Unterschiede von dem erwähnten Typus er- gaben sich dabei nicht. a) Vergl. hierüber die Kreuzungen von 0. rubrinervis mit 0. lata und 0. nanella. Oenothera rubrinervis 195 § 2. Zaefa-Spaltung mit Abspaltung- von rubrinervis In dem vorhergehenden Paragraphen haben wir gesehen, daß Oenothera rubrinervis als unter Verlust der Festigkeit der Holz- und Bastfasern aus der Lamarckiana entstanden betrachtet weiden muß. Dieses deutet darauf hin, daß das betreffende Pangen in ihr im inaktiven Zustande vorhanden ist. Um diese Folgerung aber experimentell zu beweisen, müssen wir uns die Frage vorlegen, ob diese Mutante mit anderen Arten Bastarde geben wird, in deren erster Generation das Merkmal latent ist, in deren zweiter es aber in einem Teile der Nach- kommen wiederum sichtbar werden wird. Glücklieherweise gibt es solche Arten und bringen gerade die zu meinen Kulturen auch sonst so vielfach benutzten Formen den fraglichen Beweis. Namentlich gilt dieses von den Laeta- spaltenden und von den £a#a- spaltenden Arten, und ans äußeren Gründen werde ich meine Untersuchung auf diese beiden Gruppen beschränken. Sie lehren erstens. daß die Rubrinervis in genau derselben Weise wie die Lamarckiana von älteren Arten in Laeta und Velutina und gleichfalls in Laxa und Densa gespalten wird und zweitens, daß die L.aeta in der zweiten und den folgenden Generationen Rubriiwrris-Fjxrm\)h\ve hervorbringen kann. Die FeZutfma-Bastarde verhalten sieh aber anders, und spalten sich nach Selbstbefruchtung nicht. Nach dieser Auseinandersetzung komme ich zur Beschreibung meiner einzelnen Versuche. Oenothera rubrinervis X 0. biennis Chicago. Wie wir im vorigen Abschnitt Kap. II § 2 S. 124 gesehen haben, wird die O. Lamarckiana vom Blütenstaub der biennis Chicago gespalten, und zwar in etwa 20 % Laeta und 80 % Velutina. Diese beiden Zwillinge sind dann in den folgenden Generationen konstant. Im Sommer 1908 befruchtete ich Exemplare meiner damaligen einjährigen Kultur von 0. rubrinervis mit dem Blütenstaub der aus Chicago mitgebrachten Rasse. Ich erzog etwa fünfzig Pflanzen, beobachtete die Spaltung schon beim Auspflanzen, behielt aber nur 15 Exemplare bis zur Blüte bei. Es waren 8 Laeta und 7 Velutina, welche in allen Merkmalen mit denen der gleichzeitig kultivierten Zwillinge aus 0. Lamarckiana X 0. biennis Chicago über- einstimmten. Aus rein selbstbefruchteten Exemplaren dieser Kultur erzog ich 1911 die zweite Generation. Aus der Velutina erhielt ich 70 Pflanzen, welche sich schon Anfang Juni als einförmig zeigten und von denen ich 45 bis zur Blüte und zur Fruchtreife erzog. Dabei blieb die Kultur einförmig und den Eltern gleich. Auch aus der Laeta erzog ich 70 Pflanzen, welche bis zum Juni und Juli einförmig die Laeto-Merkmale des entsprechenden Lamarckiana -Zwillinges trugen, dann aber anfingen eine Spaltung zu zeigen. Die Unterschiede zwischen der Laeta und der Velutina sind wohl am auffallendsten in den jungen, sich noch kaum zur Blüte anschickenden Stengeln. Betrachtet man die Beete, von oben, wenn die Stengel etwa ein halbes Meter an Höhe erreichen (Fig. 82, 83), so fallen die Laeta durch breite, die Velutina durch schmale Blätter sofort auf. Die ersteren gleichen in hohem Grade den Laefa-Pflanzen aus anderen Kreuzungen; die Velutina bilden aber einen eigenen, leicht kenntlichen Typus mit längeren und schmäleren, stark rinnig gebogenen, grauhaarig filzigen Blättern. Vergleicht man die beiden Figuren mit den oben für O. Lamarckiana X biennis Chicago gegebenen (Fig. 53, S. 123), so fällt die Übereinstimmung sofort auf, nur waren die Unterschiede dort etwas weniger scharf ausgeprägt. 196 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Die Differenzen erhalten sich im späteren Lehen; die Laeia bleiben breitblättrig, ihre Blätter grasgrün, breit und flach, die ganze Pflanze dementsprechend hoch und stark. Die Velutina bleiben schwächer, auffallend grauhaarig, meist sehr stark verzweigt, aber weniger hoch aufstrebend als der andere Zwilling. Die Blütenknospen der Laeta sind dünn, jene der Velutina etwas dicker und mehr konisch. Im August zeigte sich in der .Laeta-Gruppe eine deutliehe Zweiförmigkeit. Es waren 7 schwächere zwischen 18 kräftigeren Pflanzen. Die ersteren (also etwa 28 °/0) stellten sich bald als Rubrinervis laeta heraus, während die übrigen den reinen Laeta- Typus behielten. Die ersteren hatten dünnere, weniger steife Stengel, erreichten etwa 2/s der Höhe der anderen, hatten keine Seitenzweige, tief rinnige Bracteen und die eigen- Fig. 82 Oenothera (rubrinervis >( biennis Chicago) laeta. Gipfel eines jungen Stengels im Juli; von oben gesehen, 1911. tümlichen gedrängten Gipfel der Blütenrispe der 0. rubrinervis. Ihre Unterschiede von den Lada desselben Beetes waren auffallend, aber nicht groß, dagegen stimmten sie mit den neben ihnen stehenden, bald zu beschreibenden -ßtt&rmem's-Exemplaren aus der 0. Cockerelli laeta so völlig überein, daß kein Zweifel über ihre Natur übrig bleiben konnte (vergl. Fig. 85). Im Sommer 1909 habe ich dann die Kreuzung wiederholt, die Samen aber erst 1912 ausgesät. Als die Stengel 50 — 60 cm hoch waren und die Merkmale am deutlichsten zeigten, wurden sie ausgezählt. Es waren von zwei Müttern 59 und 57 Pflanzen mit 39 und 44 % Laeta und 61 und 56 °/0 Velutina. Also im Mittel etwa 42 % Laeta und Oenothera rnbrinervis 197 58 °/o Velutina. Auch wiederholte ich die zweite Generation der Velutina aus Samen einer zweiten 1909 befruchteten Mutter aus der ersten Generation, und hatte 70 Pflanzen von 20 — 40 cm Höhe, welche ausnahmslos Velutina waren. In 1911 befruchtete ich zwei Individuen der zweiten FeZwima-Generation und erhielt aus ihnen 1912 je 70 Kinder, welche wiederum einförmig- Velutina waren, und die dritte Generation darstellten. Gleichfalls befruchtete ich 1911 zwei Pflanzen der Laeta aus der zweiten Gene- ration mit ihrem eigenen Pollen, um zu erfahren, ob die Spaltung sich wiederholen würde. Solches war für beide Samenträger der Fall, und zwar in demselben Zahlenverhältnisse wie in der vorhergehenden Generation. Ich erzog für jede Mutter 70 Kinder; von diesen hatten 31 % bezw. 33 °/o die Merkmale der Rubrinervis, wie sie oben angegeben wurden. Fig. 83 Oenothera (rubrinervis X biennis Chicago) velutina. Gipfel eines jungen Stengels, am selben Tage aufgenommen wie Fig. 82. Wir haben somit den folgenden Stammbaum: Kreuzung 1908 O. rubrinervis >< bienn. Chicago 1. Generation 1909 Laeta Velutina 2. Generation 1911 Laeta Rubrinervis Velutina 3. Generation 1912 Laeta Rubrinervis Velutina 198 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Nichtspaltende Laeta-Püanzen wurden nicht gefunden; dazu war wohl die Zahl der auf ihre Nachkommen geprüften drei Exemplare eine zu geringe. Ich habe deshalb auf einem Umwege untersucht, ob die Festigkeits-Pangene in der Laeta in beiden Ge- schlechtern sich in einem spaltbaren Zustande befinden würden, und dazu die Laeta mit der Vdulina gekreuzt, und zwar iu beiden reziproken Verbindungen. Aus den 1911 gemachten Kreuzungen hatte ich 1912 je 69 Kinder. Die Zusammenstellung dieser beiden Gruppen war: Fig. 84 Ocnothcra rubrinervis X biennis Chicago: Rechts Laeta, links Velutina. Laeta stark, mit breiten flachen Bracteen; Velutina schwächer mit schmalen rinnigen Bracteen. Aus denselben Kulturen wie Fig. 82 u. 83, Aug. 1911. 0. rubrinervis X bien. Chicago. Laeta Velutina Rubrinervis Laeta X Velutina gab 14 °/0 49 % 37 % Velutina X Laeta gab 37 % 29 °/0 34 °/0 Somit ist die Laeta beiderseits spaltbar, und da sie auch bei Selbstbefruchtung spaltet, kann sie die Festigkeits-Pangene nicht beiderseits im labilen Zustand enthalten. Ich folgere daraus, daß sie sie in Bastardverbindung enthält, und daß sich die Laeta hier in den Hauptzügen in analoger Weise spaltet wie die Bastarde aus MENDELschen Kreuzungen. Oenothera rubrinervis 199 Oenothera Cockerelli ;< rubrinervis. Kreuzung 1908. Erste Generation 1909, mit 54 Pflanzen im Juni und 15 blühenden Exemplaren, von denen 10 Laeta und 5 Velutina waren. Aus rein befruchteten Exemplaren dieser Kultur erhielt ich 1911 zwei Beete, Die Velutina waren einförmig, dem entsprechenden Lamarckiana-Zwiüing durchaus gleich, aber mit tieferem Grün und kräftigerem Wuchs. Im Juli waren die Merkmale an den 70 Exemplaren durchaus unzweifelhaft; nur 2c Rubrinervis-Fflmzen gab es unter ihnen nicht, in 152 Pflanzen einförmig, breitblätterig, wenig behaart und fing dann an, die Rubrinervis laeta erkennen zu lassen. Diese waren 44 Exempl. oder 29 %i a^e übrigen reine Laeta mit kräf- tigen steifen Stengeln und breiten, flachen, grasgrünen Blättern. Ich pflanzte sämtliche Rubrinervis laeta aus; sie bestätigten im August und September ihren Typus. Etwa die Hälfte blieben Rosetten von Wurzelblät- tern, die übrigen blühten, meist bis in den Oktober, zum Teil bis November (Fig. 85). Die Wurzelblätter waren buehtig, schmal und spröde und von blasserem Grün ; die Stengel waren gleichfalls in der für O. rubrinervis charakteristischen Weise hin und her gebogen, sehr spröde und erreichten nur etwa 1 Meter an Höhe. Bracteen und Früchte genau wie bei 0. rubrinervis, aber die Blüteu unter dem Einflüsse der sein- kleinblütigen O. Cockerelli klein (Fig. 85). Abgesehen von diesen Blüten wären die Pflanzen leicht mit der reinen O. rubrinervis zu verwechseln gewesen, während sie von der Ve- lutina fast in jeder Hinsicht verschieden waren. Aus Samen anderer Exemplare der er- sten Generation (1909) wiederholte ich die Kulturen 1912 und erhielt dasselbe Ergebnis. Es waren 79 Laeto-Pflanzen mit 51 % Ru- brinervis, während die Velutina sich in gleich- vielen Exemplaren wiederum als konstant erwies. Die dritte Generation erzog ich aus den selbstbefruchteten Samen der drei Formen von 1911. Von der Laeta hatte ich zwei Exem- plare befruchtet; beide wiederholten in ihren Nachkommen die frühere Spaltung. Es waren 77 Individuen mit 38% und 60 mit 48% Rubrinervis. Die abgespaltenen Rubrinervis von 1911, sowie die Velutina desselben Jahres waren in ihren Kindern einförmig und kon- stant. Ich prüfte von den ersteren 58 -\- 34 Exemplare aus zwei Müttern, und von den letzteren 84 Kinder von einer Mutter. Wir haben somit den folgenden Stammbaum: Kreuzung 1908 0. Cockerelli X rubrinervis von ihnen ließ ich zur Blüte gelangen. Die Lad<7-Gruppe war bis in den Juli Fig. 85 Oenothera Cockerelli X rubrinervis. Eine in der zweiten Generation aus der Laeta abgespaltene Rubrinervis-Pfinjize, Sept. 1911. Blätter und Früchte wie bei 0. rubrinervis, aber die Blüten klein. 1. Generation 1909 Laeta Velutina 2. Generation 1911 Laeta Rubrinervis Velutina 3. Generation 1912 Laeta Rubrinervis Rubrinervis Velutina 200 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Nicht spaltende Laeta wurden nicht gefunden, wohl aus demselhen Grunde wie S. 198. Vergl. unten. Oenothera rubrinervis X Cockerelli, Die reziproke Kreuzung ergab dasselbe Er- gebnis, wie auf Grund der isoganien Eigenschaften beider Eltern zu erwarten war. Aus einer 1907 gemachten Kreuzung erzog ich die erste Generation in 1908. Sie umfaßte 22 Laeta, 23 Velutina und keine Rubrinervis-Fftanzen. Also gehörte auf 45 Individuen etwa die Hälfte je einem der beiden Typen au, wie bereits S. 118 erwähnt wurde. Beide Typen glichen den oben beschriebenen reziproken Zwillingen durchaus. Aus ihnen hatte ich 1909 und 1912 die zweite Generation. Die Velutina waren in 63 und 60 Exemplaren durchaus einförmig; die Laeta (53 und 59 Pflanzen) alle Laeta, aber mit 3 und 20 Rubrinervis laeta-P Üanzen. Diese letzteren waren schwach und unverzweigt, ihre Blätter stärker abwärts gebogen als in den reziproken Rubrinervis-Yfi&iizen (Fig. 85), diesen sonst gleich, mit völlig spröden Stengeln. Der Stammbaum ist somit: Kreuzung 1907 Oen. rubrinervis X Cockerelli 1. Generation 1908 Laeta Velutina 2. Generation 1909 Laeta Rubrinervis Velutina Die Erwartung des gleichen Verhaltens beider reziproken Kreuzungen auf Grund der Isogamie der Elteru führte mich dazu, in dem letzterwähnten Versuch auch die Laeta und Velutina miteinander zu kreuzen. Benutzt man zu einer solchen Verbindung die heterogamen Muricata- Zwillinge, so erhält man aus Laeta X velutina beide Typen, aus der reziproken Kreuzung aber nur die aktive Form (S. 142). In dieser Beziehung verhält sich die O. Cockerelli aber umgekehrt, wie wir ähnliches bei der Besprechung ihrer Bastarde mit O. nanella sehen werden. Dazu kommt eine sehr starke Assoziation des Rubrinervis-Typus mit der Laela, welche gleichfalls im Falle der O. nanella sich wieder- holt. Ich erzog aus den 1908 gemachten Kreuzungen im Sommer 1909 in jeder der beiden Kulturen 63 Pflanzen bis zur Entfaltung ihrer Merkmale und davon 15 bzw. 30 bis zur Blüte. Ich erhielt: O. rubrinervis X Cockerelli Laeta X velutina 5 % Laeta, 95 % Rubrinervis Velutina X laeta 63% Velutina, 37% Rubrinervis D.h. wo man Laeta erwarten sollte, traten ausschließlich oder doch vorwiegend iE«6rmerm-Pflanzen auf, mit allen den oben beschriebenen Folgen ihrer spröden Fasern. Abgesehen von dieser Frage lehren die Versuche, daß die Laeta beiderseits Rubri- nervis abspalten kann, und sich in dieser Beziehung genau so verhält wie die Laeta aus O. rubrinervis < biennis Chicago. Die oben, S. 198, abgeleiteten Folgerungen behalten somit auch hier ihre Gültigkeit. O. rubrinervis X Hookeri, sowie die reziproke Kreuzung gaben mir bis jetzt aus- schließlieh Velutina und keine Laeta. obgleich ich die Kreuzungen in mehreren Jahren und unter verschiedenen Bedingungen wiederholt habe. In dem erstgenaunten Versuch sind die Pflanzen großenteils gelblich, in dem reziproken aber alle grün. Ich habe 1909 eine O. (rubrinervis X Hookeri) velutina, nebst zwei aus der reziproken Kreuzung rein mit dem eigenen Staub befruchtet. Sie gaben mir 1912 auf 65, 60 und 60 Pflanzen 9 — 5 und 3% Rubrinervis, welche im Juli an den spröden, hin und hergebogenen Stengeln sowie am Laub und im August an den blühenden Trauben leicht kenntlich waren. Dieses ganze Verhalten bedarf aber noch einer eingehenderen Untersuchung, namentlich weil die Velutina- Exemplare, von denen im Sommer 1912 zusammen 134 in voller Blüte und mit zahlreichen blühenden Seitenzweigen untersucht wurden, in ihrem Laube und namentlich in dem Grade der Behaarung nicht unbedeutende Unterschiede aufwiesen. Wenn die £ad<7-Spaltung von 0. rubrinervis durch 0. biennis oder 0. muricata bewirkt wird, so unterbleibt, wenigstens in meinen bisherigen Versuchen, das spätere Auftreten von Rubrinervis-Füniizen gänzlich. Es verhält sich die Laeta dabei wie die Oenothera rubrinervis 20] Vdutina iu den obigen Versuchen; beide sind in den nachfolgenden Generationen kon- stant. Nur durch Kreuzung der beiden Zwillinge unter sich gelang es mir, die Rubri- nerws-Merkmale wieder ans Licht zu bringen; sie waren in ilmen, und wohl in beiden, nur in latentem Zustande vorbanden. Diese Latenz deutet vermutlich auch hier auf eine Assoziation hin, doch komme ich darauf unten zurück. Oenothera biennis X rubrinervis. Die Übereinstimmung der Ergebnisse dieser Kreuzung mit der entsprechenden Verbindung von 0. biennis mit 0. Lamarckiana wurde bereits oben (Abschn. III, Kap. II, S. 122 u. 126) besprochen. Die erste G-eneration enthielt etwa gleichviele Exemplare von beiden Typen; die Konstanz der Laeta wurde in vier, Fig. 86 Oenothera biennis X rubrinervis, laeta (rechts) und velutina (links). Laeta mit breiten und flachen, Velutina mit schmalen rinnig zusammengebogenen Blättern. Oben die Blüten und Knospen der Laeta. Sept. 1905. diejenige der Velutina in drei Generationen geprüft. Ein Auftreten von Rubrinervis- Pflanzen fand dabei nicht statt. Oenothera muricata X rubrinervis. Diese Kreuzung gelingt schwieriger als die soeben besprochene und gibt oft nur wenige keimfähige Samen. Ich machte sie 1903 und hatte in der ersten Generation (1905) nur fünf blühende Pflanzen, vier Laeta und eine Velutina. Von beiden Typen erzog ich 1907 die zweite Generation mit 39 bzw. 42 Pflanzen, von denen 14 bzw. 32 geblüht haben. Beide Gruppen waren einförmig und ihren Eltern gleich. Aus den Samen der Laeta hatte ich 1908 eine dritte, gleichfalls 202 Pangenetisehe Untersuchung neuer Arten einförmige Generation mit 45 Exemplaren, von denen 18 geblüht haben. In der Tracht und den sonstigen Merkmalen waren diese Zwillinge denen der 0. muricata X Lamarckiana gleich (Fig. 47 und 48 auf S. 120—121). Um zu erfahren, oh in diesen Zwillingen die Fähigkeit, wiederum Rubrinervis abzuspalten, durchaus verschwunden oder nur in hohem Grade geschwächt oder sonst untätig gemacht worden ist, habe ich sie in der ersteren Gruppe miteinander gekreuzt. Ich ging dabei von der folgenden Betrachtung aus. Kreuzt man Oen. (bienn. X Lamarckiana) velutina mit der eigenen Laeta, so erhält man nur Lada-Pflanzen (S. 143). Solches war also auch hier zu erwarten. Aus der reziproken Verbindung müßte man beide Typen zu gleichen Teilen auftreten sehen, und solches war für die Muricata-ZwiWmge auch tat- sächlich der Fall (S. 142), doch wichen die Zwillinge der Biennis sehr stark ab, indem sie 96% Lada und nur 4% Velutina gaben. Es ließ sich also auch hier eine Abweichung vorhersehen, und diese war tatsächlich noch bedeutender, indem die 4% auf Null redu- ziert wurden. Mit dieser Einschränkung bestätigten die Versuche meine Erwartung, ergaben dann aber eine völlige Assoziation der Merkmale der Laeta und der Rubrinervis, indem in beiden Kreuzungen nur die letztere Form auftrat. 0. biennis X rubrinervis. Kreuzung von Laeta mit Velutina. Kreuzungen 1907 1. Generation 1908 2. Generation 1909 Indiv. Indiv. Velutina X Laeta 40 (35 blüh.) 63 (30 blüh.) Laeta X Velutina 40 (30 blüh.) 57 (27 blüh.) Alle diese Pflanzen waren Rubrinervis und zwar mit auffallend starker Ausbildung der betreffenden Charaktere. Schon in der ersten Generation, Ende Mai, fiel dieses in den Aussaatschüsseln auf; die Wurzelblätter waren schmal, blaßfarbig, rinnig und im Stiel und Mittelnerven stark buchtig und spröde. Das Auspflanzen fand spät statt (Ende Juni) und nach sehr starker Stickstoffdüngung; dadurch wurden dann auch die Stengel auffallend buchtig und spröde. Abweichende Individuen fand ich nicht, und dieselben Erscheinungen wiederholten sich in der zweiten Generation. Die Frage nach der Assoziation der Merkmale wird voraussichtlich durch ein ein- gehendes Studium der bei Kreuzungen von der Kegel abweichenden Verhältnisse wesentlich gefordert werden können. Ich habe sie bei den in diesem Buche beschriebenen Unter- suchungen stets nur nebensächlich berührt, da ihr Studium mich sonst zu weit von meiner Aufgabe entfernt hätte. Nach einigen Vorversuchen scheint es mir aber, daß gerade die komplizierteren Kreuzungen von O. rubrinervis, wie die soeben erwähnten, besonders zu solchen Zwecken geeignet sind, uud möchte ich deshalb hier die Aufmerk- samkeit darauf lenken. Hervorheben will ich nur, daß, wenn man z. B. in der Formel O. Lamarckiana- biennis die erstere Art durch 0. rubrinervis ersetzt, dieses auf das Ergebnis der Kreuzung keinen sichtbaren Einfluß hat, daß somit in O. rubrinervis X biennis die Eigenschaften der Mutterart latent werden, und in den folgenden Gene- rationen latent bleiben. Oder mit anderen Worten, durch die Kreuzung mit dem Pollen von O. biennis werden die inaktiven Eigenschaften der O. rubrinervis wieder aktiv, die Sprödigkeit weicht der Festigkeit. § 3. Laxa- Spaltung- mit Abspaltung" von Rubrinervis Ähnlich, wie die Laeta- Spaltung-, wenn sie durch O. rubrinervis bewirkt wird, verläuft auch die entsprechende Spaltung in Laxa und Densa. Beide Hvbriden bringen dabei aber in der zweiten und in den folgenden Generationen wiederum Rubrinervis- Pflanzen hervor, welche sich, soweit untersucht, nachher rein fortpflanzen können. Oenothera biennis Chicago ;< rubrinervis kreuzte ich 1905. Von der ersten Gene- ration (1907) kultivierte ich nur die -Laam-Pflanzen, welche in größerer Zahl blühten und durchaus dem entsprechenden Zwilling aus der O. Lamarckiana glichen. Für die Er- mittelung des prozentischen Gehaltes an .Dmsa-Exemplaren wiederholte ich die Aussaat 1911 Oenothera rubrinervis 203 und zählte im Juni bei 30 — 40 cm Höhe der Stengel 21 Laxa und 4 Densa, also etwa 16 %• Von den Samen von 1907 hatte ich 1908 die zweite Generation, welche 43 blühende Pflanzen lieferte, von denen 29 Laxa und 14 (oder 39 %) Rubrinervis waren. Der Unterschied zeigte sich bereits im Juni, als die Stengel emporwuchsen, prägte sich dann allmählich deutlicher aus, indem die Rubrinervis-Merkmale immer schärfer zum Vorschein traten. Die Ituforinervis-Y&anzen. waren schwach, ihre Stengel stark buchtig, sehr spröde, vielfach rot angelaufen. Ihre Blätter tiefrinnig und auch sonst gekrümmt, die Blüten dunkelgelb, schüsseiförmig und mit runzeligen Petalen, meist groß (Fig. 87), die Knospen konisch und dick. In allen diesen Hinsichten glichen sie der normalen Rubrinervis, jedoch waren sie sämtlich viel schwächer. Oenothera biennis Chicago Fig. 87 rubrinervis. Ein Nachkomme der iu der zweiten Gene- ration aus der Laxa aufgetretenen Rubrinervis-Väanz&n, Sept. 1909. Aus ihren Samen entstanden 1909 nur Rubrinervis-~Exem])l;\re. Ich kultivierte 78 Individuen bis zur Feststellung des spröden Typus und 27 bis zur Blüten- und Fruchtbildung. Sie waren durchaus einförmig, ihren Eltern gleich und sehr spröde (Fig. 87). Aus dem Samen der Zacca-Pflanzen der zweiten Generation wiederholte sich 1909 die Spaltung. Ich erhielt 13 Rubrinervis und 49 Laxa, zusammen 62 Pflanzen mit 21 °/o Rubrinervis; beide Typen fügten sich den bereits gegebenen Beschreibungen. Auch die Densa spaltete Rubrinervis ab, und zwar in 22 unter 66 Pflanzen. Diese Rotnerven waren denen aus der Laxa durchaus gleich, von der Keimung bis zur 204 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Fruchtbildung und namentlich genau so spröde wie die 0. rubrinervis von reiner Ab- stammung. Zusammenfassend haben wir also den nachstehenden Stammbaum: 1905 0. biennis Chicago X rubrinervis 1907, 11 densa laxa 1908, 12 densa rubrinervis laxa rubrinervis 1909 laxa rubrinervis rubrinervis 1912 laxa rubrinervis rubrinervis Die oben zum Teil bereits besprochenen Verhältniszahlen sind die folgenden : Ernte Kultur Anzahl der Densa Laxa Atra Rubri nervis Indiv. % 7o 0/ /o 7« 0. bienn. Chic. < rubrinervis 1905 1911 25 16 84 0 0 » >! V /\ J> ') 1911 1912 134 48 54 0 0 Laxa 1. Generation . . 1907 1908 43 (1 61 -2) 39 n 1. „ *) • 1911 1912 85 0 73 15 12 n "• n • 1908 1909 54 0 96 -2) 4 » I! • 1908 1909 62 li 79 -2) 21 „ 3. „ . . 1909 1912 63 0 62 24 14 Densa 1. „ *) 1911 1912 116 66 0 0 34 Rubrinervis 1. Generation 1908 1909 78 0 0 0 100 1909 1912 63 0 0 (1 100 Kreuzt man die Densa mit der Laxa aus diesem Versuch, so erhält man, wie zu erwarten, wieder zum Teil Rubrinervis- Pflanzen. Dasselbe ist der Fall, wenn man die Laxa mit rassenreiner O. rubrinervis kreuzt. Ich machte die Versuche 1911 und 1909 und erhielt 1912 während der Blüte im August die folgenden Zahlen: Kreuzung der Bastarde von O. biennis Chicago X rubrinervis Anzahl der Rubrinervis Andere Individ. % 66 Kreuzung Laxa Densa Laxa O. rubrinervis X densa 66 X laxa .... X O. rubrinervis laxa 60 58 67 16 21 97 % 34 Densa 74 Laxa 79 V 30 Die Rubrinervis-Vünnzen aus diesen Versuchen waren zumeist sehr kräftig, äußerst spröde und von demselben Bau wie der normale O. rubrinervis. Die meisten von ihnen haben geblüht. Oenothera cruciata X rubrinervis. Kreuzung 1908, erste Generation 1909. Diese umfaßte im Juni 54 Pflanzen, von denen zwei Densa und die übrigen Laxa waren. Im Sommer 1911 wiederholte ich die Kreuzung auf zwei Individuen von O. cruciata und erhielt 117 Pflanzen (1912), von denen 8 Densa und die übrigen Laxa waren. Von beiden Formen hatten die meisten Pflanzen herzförmige Petalen (einige aber linealische oder verbreitert linealische). Von der Laxa, kultivierte ich 1912 auch eine zweite Generation, welche sich in Laxa und Atra spaltete. Auf 70 Pflanzen sah ich etwa 5 Atra, doch ließ sich die Grenze nicht genau feststellen. Die meisten Pflanzen hatten J) Diese drei Versuche sind je mit zwei Müttern angestellt, deren Nachkommen annähernd dieselbe Spaltung zeigten. 2) In diesen drei Versuchen (1908/09) wurden die Atra mit den Laxa zusammen- gezählt. Oenothera nanella 205 herzförmige Petalen, doch gab es auch eine nicht unbedeutende Zahl mit linealischen oder halblincalischen Blumenblättern. ÜMÖrmeruts-Exemplare wurden nicht abgespalten; im übrigen verhielt sich der Versuch wie der analoge mit 0. biennis Chicago. Fassen wir nun die Ergebnisse dieses ganzen Kapitels zusammen, so finden wir: 1. Das Festigkeitspangen bedingt im aktiven sowie im labilen Zustand die Festigkeit der Holz- und Bastfasern, im inaktiven ihre Sprödigkeit. 2. Das Festigkeitspangen ist in 0. rubrinervis selbst inaktiv, aber in O. LamarcJciana labil. Gleichfalls ist es labil in 0. brevistylis, 0. laevifolia und 0. nanella (S. 214). 3. Das Festigkeitspangen ist in den älteren Arten wie O. biennis Chicago und 0. Cockerelli und wohl auch in den übrigen aktiv. Es bedingt wohl auch hier die Festigkeit der Fasern. 4. in 0. rubrinervis ist das Laefa- Pangen aus der Mutterart 0. LamarcJciana unverändert übergetreten, labil geltlieben. Dasselbe gilt von dem Laxa-P&ngen. Kapitel IV Oen othera nanella sj 1. Das ito-Paiii!'cn in Oenothera nanella Die Zwerge wurden in meiner Mutations-Theorie (Ed. I, S. 255 bis 268 und Bd. II, S. 406—418) ausführlich beschrieben. Sie traten auch seitdem alljährlich in etwa 1% der Keimlinge aus reinen Samen der O. Lamarehiana auf. und stets mit denselben Merkmalen. Diese führten mich schon damals dazu, sie als eine Verlust-Varietät zu be- trachten ((Jen. LamarcJciana nanella, a. a. 0. I, S. 255). Es muß bei ihrer Entstehung ein Faktor, der mit anderen die hohe Statur der O. LamarcJciana bedingt, verlorengehen. Oder wie wir jetzt sagen können, das betreffende Pangen muß dabei in den inaktiven Zustand übertreten. Ich werde diesen Träger der Statureigenschaft mit dem Namen Alta- Pangen belegen, da es bei den sehr zahlreichen Kreuzungen, welche ich mit Zwergen ausgeführt habe, nur zu leicht zu Verwirrungen führen würde, wenn man es Nanella- Pangen nennen wollte1). Dort, wo es unwirksam ist. bedingt es die Zwergstatur. Daß dieses Alta-Pangen in den Zwergen inaktiv ist, wird bald aus so vielen Kreuzungen hervorgehen, daß ich es liier einfach als fest- stehend betrachten werde. Aus unserem Prinzipe der labilen Pangene geht nun, in Verbindung mit den in meiner Mut ations- Theorie bereits gegebenen Zahlen, un- mittelbar hervor, daß das fragliche Pangen in der Oen. L.amarcJciana J) Vielleicht wäre es zweckmäßig, die Pangene stets nur nach den Eigenschaften zu benennen, welche sie im tätigen Zustande bedingen. ■jnn\ Pangenetische Untersuchung neuer Arten Fig. 88 Oenothera nanella, Sept. 1911. Links ein Beet von 0. Lamarckiana, im Hintergrunde Bastarde zwischen dieser und 0. biennis Chicago1). x) Die Zwerge sind auf diesem Beete reich verzweigt; einige bildeten aber nur Ro- setten von Wurzelblättern. Die übrigen blühten zumeist bereits während eines Monats. Einige Pflanzen (Samenträger) sind mit Zinkringen umgeben, um sie gegen kriechendes Ungeziefer, namentlich gegen Erdraupen (Agrotis segetum) zu schützen. An anderen sind kastrierte Blüten in kleinen Pergaminbeuteln für Kreuzungen eingehüllt. Das ganze Beet ist von einem mit Zink bekleideten Holzrahmen umgeben. Breite des Beetes 1,20 m. Oenothera nanella 207 selbst im labilen Zustande verkehrt. Denn aus den beiden reziproken Kreuzungen zwischen der hohen Form und den Zwergen entstehen stets beide Typen. A. a. 0. S. 408 — 409 wurden die Ergebnisse von zwei Gruppen von 39 bezw. 47 Kreuzungen angeführt; die Erbzahlen lagen zwischen 1 und 48% Nanella, mit einem Mittel von 17 bezw. 24%. Bei späteren Versuchen wiederholte sich die Erscheinung; so fand ich z. B. für 4 in 1907 geinachte Befruchtungen 17, 19, 31 und 34% Zwerge unter 109, 189, 227 und 246 Individuen. Auch wenn 0. lata Fig.] 89 Octiothera nanella, eine einzelne Pflanze von dem in Fig. 88 abgebildeten Beete, aber bereits im August photographiert, 1911. Bei x die unterste Frucht. oder O. scintillans mit Nanella befruchtet wurden, erhielt ich ähnliche Zahlen (a, a. 0. S. 410). Ebenso aus den reziproken Verbindungen, in denen die Prozent- zahlen sich aber häufiger der sonst üblichen Ziffer von 50% nähern. Für O. nanella X Lamarchiana fand ich 7 — 29%, für O. nanella X brevistylis 31 — 50% (a. a. 0. S. 411) und aus einer später, in 1905, gemachten Kreuzung 62% (unter nur 40 Exemplaren). In demselben Jahre befruchtete ich zwei Zwerge mit Oen. laevifolia und erhielt 45 und 51% Zwergnachkommen (unter 55 bezw. 33 Pflanzen). 208 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Aus diesen und den sonst gefundenen Zahlen folgere ich, daß das Jifa-Pangen in den Zwergen beiderseits inaktiv, in der Lamarckiana selbst aber auf beiden Seiten labil ist. In den Exemplaren von beiden Typen, welche aus diesen Kreu- zungen hervorgehen, befinden sich die Pangene anscheinend in demselben Zustande, wie in den ihnen äußerlieh gleichen Eltern1). Ich folgere dieses aus mehreren Versuchen, namentlich aus den Ergebnissen einer 1898 gemachten Kreuzung zwischen 0. Lamarckiana und dem Pollen von O. nanella. Aus den Samen erhielt ich 387 Pflanzen, von denen Fig. 90 Oenolhera nanella, mit gesunden Stengelblättern und kranken Brakteen. Aug. 1911. 29°/o Zwerge waren (1901). Von ihnen erzog ich 20 Zwerge und 20 hohe Exemplare zur Blüte und befruchtete die ersteren rein mit den letzteren, die letzteren selbst aber mit dem Staub der Zwerge. Die Samen von vier Zwergen und drei hohen Pflanzen wurden 1902 aus- gesät und gaben für N X L : 63, 70, 70 und 77°/0, für LX N aber 27, 30 und 33°/o Zwerge. Es wurden im ganzen 360 bezw. 212 Pflanzen ') Vergl. hierüber den letzten Abschnitt, Kap. II, § 5 über volle und halbe Mutanten. Oenothera nanella 209 ausgezählt. Im nächstfolgenden Jahre wiederholte ich die Zählung an den Keimlingen anderer Exemplare von 1901 und fand für N ;< L 66% und für LXN 30°/0 Zwerge (auf 50 bezw. 58 Individuen). Also ähn- liche Zahlen. Es fällt auf. daß auch hier die Verbindung N " ' L mehr Zwerge gibt als die reziproke. Blicken wir jetzt auf die mitgeteilten Ergebnisse zurück, so sehen wir. daß sich die Nanella in den Kreuzungen mit 0. LamarcMana genau so verhält wie die O. rubrinervis1). Beide sind Verlust- Varietäten und enthalten das charakteristische Pangen im inaktiven Zustande. In der O. LamarcMana sind dieselben Pangene tätig, aber labil. Die Kreuzung inaktiv X labil erzeugt zwei Typen, welche für die beiden reziproken Verbindungen dieselben sind, und im großen und ganzen wohl in Fig. 91 Oenothera nanella. typische Blätter einer krankhaften Rosette, in der natürlichen Reihen- folge nebeneinander gelegt. Anfang Juni 1911. Xr. 1 gesund, Nr. 6 am stärksten erkrankt, Nr. 9 gesund, aber nur halbwegs erwachsen. gleichen Verhältnissen auftreten. Sie sind bei der O. nanella äußerlich und innerlich den beiden Eltern der Kreuzungen gleich. Diese Übereinstimmung zwischen 0. rubrinervis und 0. nanella wird sich in den nächstfolgenden Paragraphen noch vielfach bestätigen. Ich betone sie namentlich gegenüber einer anderen Gruppe (O. lata und 0. scintillans), in der die inneren Verhältnisse gerade umgekehrt hegen. Außer der geringen Höhe habe ich in meiner Beschreibung der Zwerge (Mutations-Theorie Bd. I und II) noch eine ganze Reihe von Merkmalen angegeben, in denen teils (he Blätter, teils die Blüten vom Typus der O. LamarcMana abwichen (a. a. 0. Fig. 78, 79, 80, S. 257 bis 267). Durch eine anatomische Untersuchung des Herrn Dr. Zeylstra ') Diese Folgerung würde eine der 0. subrobusta ähnliche Zwischenform erwarten lassen, doch habe ich diese bis jetzt noch nicht unterscheiden können. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung ij 210 Pangenetische Untersuchung neuer Arten hat sich herausgestellt, daß diese Abweichungen Folgen einer Krankheit sind, welche von innerhalb der Zellen der Gewebe lebenden Bakterien verursacht wird1). Wir dürfen somit alle diese Erscheinungen als Äußerungen einer großen Empfindlichkeit für die betreffenden Krank- heitserreger betrachten. Damit reduzieren sich die Eigenschaften der Zwerge auf ihre Statur und auf diese Empfindlichkeit; die Statur selbst aber wird von der Krankheit weder bedingt noch beeinflußt. Seitdem Liebig 1863 zuerst darauf hingewiesen hat, weiß man, daß in zahlreichen Fällen die Empfindlichkeit für Krankheiten durch Stickstoffdünger erhöht, durch Phosphate aber vermindert wird. Für Fig. 92 Oenothera nanella. Nahezu gesunde Ro- sette von Wurzelblättern. Juni 1911. Fig. 93 Oenothera nanella. Stark erkrankte Ro- sette von Wurzelblättern. Juni 1911. diejenigen Bakterien, welche frei im Ackerboden leiten, aber gelegentlich als Krankheitserreger auftreten können, hat Laurent diese Verhältnisse in einer bahnbrechenden Untersuchung klargelegt2). Auf Grund dieser Ergebnisse habe ich dann versucht, meine Zwerge möglichst gesund zu *) H. H. Zeylstra, Over de oorzaak der dimorphie by Oenothera nanella, Kon. Akad. v. Wet. Amsterdam, 1910, S. 732 und Oenothera nanella, eine krank- hafte Pflanzenart, Biol. Centralblatt, Bd. XXXI, Nr. 5, 1911, S. 129— 138. Mit Unrecht haben einige Autoren aus diesen Abhandlungen abgeleitet, daß die Zwerge nur krankhafte Individuen der 0. Lamarckiana seien. Vergl. Tischlers Sammelreferat in Zeitschr. f. Abst. u. Vererb. V, 1911, S. 327. 2) E. Laurent, Recherches experimentales sur les maladies des plantes, Ann. Instit. Pasteur, Dec. 1898. Oenothera nanella 211 machen. Dabei stößt man auf die Schwierigkeit, daß Stickstoffdünger einer der wesentlichsten Faktoren der Einjährigkeit bei den Oenotheren ist, während Mangel an Stickstoff die Zwerge sowohl als die hohen Fig. 94 Oenothera nanella. Eine gesunde Rosette von "Wurzelblättern von oben gesehen, Juni 1911. Fig. 95 Oenothera nanella. Eine kranke Rosette von Wurzelblättern von oben gesehen, Juni 1911, 14* 212 rangenetische Untersuchung neuer Arten Typen veranlaßt, zweijährig- zu werden. Meine Aufgabe war somit, die Pflanzen möglichst gesund, aber dennoch einjährig zu kultivieren. Es ist mir dieses, wie die beigegebenen Photographien zeigen, in aus- reichendem Maße gelungen, namentlich durch die Anwendung sehr starker Beimischungen von Kalkphosphat. Die gesunden Blätter der Zwerge sind langelliptisch, mit ver- schmälertem Fuß und mehr oder weniger deutlich gestielt. So z. B. in Fig. 89 und in der unteren Stengelhälfte von Fig. 90. Die kranken Blätter und Brakteen dagegen sind stark verkürzt und am Grunde ver- breitert, oft nahezu den Stengel umfassend (Fig. 90, obere Hälfte). Im kranken Gewebe sind die auch sonst bei der 0. LamarcJciana nicht fehlenden Buckeln viel zahlreicher und für die Gestalt geradezu maß- gebend geworden (Fig. 91). In den Keimpflanzen pflegen die ersten Blätter, mit Ausnahme der allerersten, gesund und langgestielt zu sein (Fahnenblätter, a. a. 0. I, S. 258), Ein solches Blatt habe ich in Fig. 91a dargestellt. Dann folgen allmählich Blätter mit kürzerem Stiele und breiterem Grunde, welche die Merkmale der Krankheit immer deutlicher ausprägen (Fig. 91 b — f). Ist die Pflanze nicht zu stark ergriffen und gelingt es ihr, ihren Stengel emporzutreiben, so nehmen die Erscheinungen jetzt ab, die Stengelblätter werden in höherem oder geringerem Grade gesund. Dasselbe gilt von den Brakteen der Infloreszenz, aber nur zu oft er- krankt die eine oder die andere von ihnen und erschlafft mitten zwischen den sonstigen gesunden Organen. Die gefährlichste Periode ist diejenige des Bosettenalters, wenn die Wurzeln noch kurz sind und aus der stark gedüngten oberen Krume des Beetes ihre Nahrung schöpfen. Ist der Boden stickstoffarm, so folgen auf wenige krankhafte Blätter bald schmale, langgestielte gesunde Organe (Fig. 92). Ist der Boden dagegen reich an animalischer Düngung, so werden die Blätter bald am Grunde so breit, daß sie einander umfassen (Fig. 93). Ihre zahlreichen Buckel erschweren dabei das Übereinandergleiten , und es entsteht ein becherartiger Komplex, der die inneren Teile einhüllt. Diese werden dadurch an ihrer Ausdehnung gelrindert, die Luft zwischen ihnen bleibt feucht und die kurzen Stiele der kranken Blätter faulen durch. Das Herz der Rosette stirbt dann ab und entweder sprossen die Achselknospen der tieferen Blätter hervor oder die ganze Pflanze fällt dem Tode anheim. Durch vorsichtiges Aufreißen der Klemme gelang es mir bisweilen, die Endknospe solcher Individuen noch zu retten und zur Stengelbildung zu bringen. Den Blüten der gesunden Zwerge fehlen die früher für die kranken Exemplare angegebenen Eigentümlichkeiten, auch die Früchte werden normal, dazu zahlreich und reich an Samen. Aber Individuen ohne jede Spur der Krankheit sind selten. Gesunde und kranke Exemplare erreichen dieselbe Höhe (Fig. 88). Oenothera nanella 213 Im Sommer 1912 umfaßten meine Kulturen etwa 150 blühende Pflanzen, welche nahezu sämtlich durchaus gesund und sehr kräftig waren. Alle waren von derselben Höhe, im August bei voller Blüte 50 cm erreichend. § 2. Oenothera rubrinervis X nanella Im zweiten Bande meiner Mutations-Theorie (S. 451) habe ich den Stammbaum von Oenothera rubrinervis X nanella ausführlieh behan- delt, da er mir den ersten Beweis einer Bastardspaltung in der zweiten Generation auf dem Gebiete der Mutationskreuzungen lieferte. Ich brachte dieses damit in Verbindung, daß aus 0. rubrinervis auch in umfangreichen, mehrfach wiederholten Aussaaten niemals 0. nanella durch Mutation entstanden war (a. a. ()., S. 457). Das diesbezügliche Mutations- vermügen mußte also bei der Entstehung der 0. rubrinervis erloschen oder doch bis zur Unkenntlichkeit herabgesetzt worden sein, und es durfte diese Veränderung als ein Austritt aus der Mutations-Pe- riode für diese neue Art in bezug auf das Zwergmerkmal aufgefaßt werden (a. a. 0., S. 457— 4(il). Das Prinzip der labilen Pangene habe ich damals nur ganz kurz angedeutet, und eigentlich nur für diesen Fall mit den Ergebnissen der Experimente in direkte Verbindung gvbrueht la. a. 0.. S. (>9G). Ich be- trachtete die labile Lage einerseits als eine Bedingung der Mutabilität der betreffenden Eigenschaft, andererseits als die Ursache der Mutations- kreuzungen. Der Übergang aus dem labilen in einen stabilen Zustand mußte deshalb sowohl das Aufhören der Mutabilität als auch das Fehlen von Spaltungen in der ersten Bastardgeneration verursachen. Bei der Kreuzung von Oen. rubrinervis mit O. nanella stehen zwei Paare ontogenetischer Eigenschaften einander gegenüber. Erstens die Festigkeits-Pangene ; sie sind in den Rotnerven inaktiv, wie wir gesehen haben (Kap. III dieses Abschnittes), und bedingen dadurch die Sprödig- keit der Stengel und die übrigen damit zusammenhängenden Eigen- schaften. Die Zwerge haben dieselbe Festigkeit wie die 0. LamarcMana; wir werden alsbald sehen, daß sie die betreffenden Pangene in derselben Lage enthalten wie die Mutterart. Das zweite Paar bilden die Alta- Pangene; sie bedingen in 0. rubrinervis die hohe Statur, in den Zwergen aber die niedrige. In dem angeführten Stammbaum sind zwei Sorten von Rubrinervis unter den Abkömmlingen der Kreuzung erwähnt, solche, welche in ihrer Nachkommenschaft konstant bleiben und solche, welche sich nachher spalten. Die demnächst zu beschreibende, 1905 angefangene Wieder- holung dieses Versuches ergab dieselben beiden Typen, lehrte aber, daß sie äußerlich voneinander unterschieden und in den Kulturen kenntlich sind. Dabei stimmten sie mit den bereits oben besprochenen beiden Typen, welche unter den als Rubrinervis beschriebenen Mutanten vor- kommen, überein1). Aus diesem Grunde werde ich sie mit denselben ') Vergl. oben S. 192. 214 Pangenetisehe Untersuchung neuer Arten Namen belegen und die sich nicht spaltende Form als Bubrinervis, die andere aber als Subrobusta behandeln. Unter Anwendung' dieser neuen Nomenklatur lehrt der angeführte Stammbaum : 1. In der ersten Generation traten LamarcMana und Subrobusta auf, genau so wie bei der Kreuzung zwischen 0. rubrinervis und 0. LamarcMana, und annähernd in demselben Verhältnis. Im Mittel aus 15 Kreuzungen (1899 — 1893) fand ich 42°/o LamarcMana und 58% Subrobusta (gegen 50 — 59% Subrobusta aus den Kreuzungen mit der Mutterart, vergl. oben S. 194). 2. Zwerge fehlten in der ersten Generation, treten aber in der zweiten aus den Subrobusta-S&men hervor, nicht aber aus denen der LamarcMana- und der Bubrinervis-Ffianzen1). Die ersteren spalteten sich dabei nach den Mendel sehen Gesetzen, wenn auch mit etwas ab- weichenden Zahlenverhältnissen. 3. In der dritten Generation spaltete sich die Subrobusta wiederum in derselben Weise, während die LamarcMana, Rubrinervis und Rubri- nervis nanella konstant blieben. Nach den im vorigen Abschnitt auseinandergesetzten Prinzipien und Definitionen müssen wir hieraus folgern, daß die Festigkeitspangene in 0. rubrinervis inaktiv, aber in 0. nanella labil sind. Ferner, daß die Alta-Faugene in 0. rubrinervis aktiv und in den Zwergen inaktiv sind. Denn nur so lassen sich die vorgeführten Spaltungserscheiuungen erklären. Im experimentellen Teil dieses Paragraphen werde ich die erforderlichen Versuche anführen, um die Richtigkeit dieser Schluß- folgerungen zu beweisen. Vorher will ich aber die Unterschiede zwischen den als Rubrinervis und Sub- robusta bezeichneten Abkömmlingen der 1905 gemachten Kreuzuugen angeben. Bereits als junge Rosetten sind sie deutlich kenntlich, namentlich bei einer Länge der Blätter von 10 — 15 cm. Bei Rubrinervis sind dann die Blattstiele und Hauptnerven mehr oder weniger und oft sehr stark seitlich gebogen, bei Subrobusta aber gerade. Die Scheibe ist bei der ersteren Form, namentlich am Grunde, buchtig und runzlich, bei der letzteren flach. Die ersteren sind weniger gleichmäßig grün gefärbt als die letzteren, bleiben ge- wöhnlich auch kleiner und schmächtiger. Von der Lamarckiana unterscheidet sich die Subrobusta namentlich durch schmalere und mehr graufilzig behaarte Blätter. Im späteren Leben sind die Stengel der Rubrinervis sehr spröde, wie bei der Art 0. rubrinervis selbst, während die Stengel der Subrobusta nur wenig schwächer sind als bei der 0. Lamarckiana. Erster e sind oft buchtig, letztere steif. Die Rubrinervis- Pflanzen aus Kreuzungen bleiben meist schwach und verzweigen sich nicht oder wenig; während die Subrobusta bedeutend höher und kräftiger werden. Die Blütenknospen und Blüten der erstgenannten gleichen denen der Art 0. rubrinervis, namentlich in den schüsselförmig geöffneten Petalen, während sie bei der zweiten Form sich mehr denen der 0. Lamarckiana nähern und die für diese charakteristische viereckig -trichterförmige Gestalt besitzen. Die bei diesen Spaltungen entstehenden Zwerge vereinigen in sich die Merkmale beider Großeltern und sind somit als Oenothera rubrinervis nanella zu bezeichnen (a. a. 0. S. 453). Sie sind rotnervig, haben große x) Vergl. die auf der folgenden Seite gegebene Wiederholung dieses Stammbaumes. Oenothera nanella 215 schüsseiförmig geöffnete Blüten, sind kräftig' und meist sehr schön aus- gebildet, und bei reiner Befruchtung konstant. Für ihre Beschreibung sowie für die Abbildungen verweise ich auf die angedeuteten Stellen (Fig. 86 und 87). Damals habe ich nur die eine, nicht aber auch die reziproke Ver- bindung ausgeführt iu der Überzeugung, daß beide sich in derselben Weise verhalten würden. In Hinblick auf die Ergebnisse der Kreuzungen heterogamer Arten erfordert diese Folgerung jetzt aber einen direkten Beweis. Zu diesem Zwecke habe ich die reziproke Kreuzung 1905 gemacht; sie lieferte, wie man sehen wird, die erwartete Bestätigung meiner Voraussetzung. Gleichzeitig mit ihr und unter den nämlichen Bedingungen habe ich dann zur Kontrolle den früheren Versuch wieder- holt; beide Versuche fanden aber in geringerem Umfange statt als damals. Zunächst führe ich die beiden Versuche in der Form von Stammbäumen an. iitur. A. Erster Stammbaum Oenothera nanella X rubrinervis 1. Generation 1907 Lamarekiana Subrobusta 2. Generation 1908 Lamarekiana Rubrinervis Subrobusta Zwerge 3. Generation 1912 1905 Lamarekiana Rubrinervis Rubrin. Subrob. Zwerge Zwerge B. Zweiter Stammbaum Oenothera rubrinervis X nanella 1. Generation 190, Lamarekiana Subrobusta 2. Generation 1908 3. Generation 11)12 Lamarekiana Rubrinervis Lamarekiana Subrobusta Zwerge Rubrin. Subrob. Zwerge Zwerge Den Umfang dieser Versuche und die prozentischen Verhältnisse gibt die folgende Übersicht: Reziproke Kreuzungen von Oenothera, rubrinervis und nanella A. Erste Generation (1907) Anzahl Nanella X Rubrinervis . . 2 105 n " . 5 79 Rubrinervis X nanella • • 1 70 B. Zweite Gen (N X R) Lamarekiana . . 1 58 (R X N) . o 181 (N X R) subrobusta . 2 160 (R X N) . 2 160 (R X N) „ (Kultur 1909) 2 56 Mütter i^t1"1!-'1 Lamarekiana d. Indiv. % 73 59 59 100 100 0 0 Rubri- Subro- 0 ,ervis busta Zwerge % % % 0 27 0 0 41 0 0 41 0 0 0 0 0 0 0 10 80 10 3 85 12 34 52 14 216 Pangenetische Untersuchung neuer Arten r..,, Anzahl lutter T j. d. Indiv. Lamarckiana Rubri- nervis Subro- busia Zwe Dritte Genera tion (1912) 2 195 10(1 0 0 0 2 218 Hill ii 0 0 3 333 0 100 0 0 2 230 0 21 7(1 9 2 234 0 15 73 12 3 362 0 (1 (1 100 2 229 0 0 (1 100 (N X R) Lamarckiana (R X N) (N X R) rubrinervis (N X R) subrobusta (R X N) (N X R) Zwerge . (R X N) „ Wo in dieser Tabelle zwei oder mehrere Mütter angegeben sind, wurden deren Samen getrennt ausgesät und gezählt und ergaben diese Zählungen dasselbe Resultat. Die ab- gespaltenen Zwerge hatten alle, wie bereits erwähnt, abgesehen von der Statur, die Merkmale der 0. rubrinervis. Zur weiteren Prüfung der in diesen Stammbäumen vorwaltenden Verhältnisse habe ich namentlich mit den Pflanzen der ersten Generation im Jahre 1907 einige Kreuzungen angestellt. Zunächst handelte es sich dabei um die Frage, ob die rot- nervigen Zwerge sich der Stammesart 0. Lamarckiana gegenüber wie Rotnerven und wie Zwerge reiner Abstammung benehmen würden. Es müßte dann gleichzeitig eine Spaltung in hohe Pflanzen und Zwerge und in grüne und rotnervige Individuen statt- finden. Solches war tatsächlich der Fall: Lamarckiana Subrobusta Zwerge 0/ 0/ 0/ 0. Lamarckiana >( (R X N) Zwerg 3 77 20 (R < N) Zwerg X O. Lamarckiana 25 32 43 Für jeden dieser beiden Versuche wurden die Sameu von zwei Kreuzungen getrennt gesät und gezählt; die Zählungen zeigten unter sich nur unbedeutende Abweichuugen. Für jeden Versuch wurden 152, im ganzen also 304 Keimlinge ausgezählt. Die Zwerge waren ausnahmslos vom reinen Typus; rotnervige Zwerge gab es nicht, trotzdem in jedem Versuch etwa 15 von ihnen bis zur Blüte kultiviert wurden. Es findet hier somit eine Assoziation zwischen dem Zwergmerkmal und den die Festigkeit der Lamarckiana bedingenden Eigenschaften statt, wie solche auch zwischen den Zwergen und der Oen. hybr. laeta vielfach beobachtet wurde (s. den folgenden Paragraph). Zweitens habe ich die iu der ersten Generation abgespaltenen Pflanzen mit der Gestalt und den Merkmalen der O. Lamarckiana auf den Zustand ihrer ^fo-Pangene ge- prüft. Die Hauptfrage war dabei, ob diese wiederum labil werden würden, wie sie es in der reinen Lamarckiana sind, und trotzdem dieser labile Zustand in keinem der beiden Eltern vorhanden ist. Wir würden dann hier einen Fall haben, in welchem die frühere labile Lage durch die Kreuzung von aktiven und inaktiven Pangenen wieder hergestellt würde (vergl. unten). Tatsächlich verhält es sich so. Ich brauchte dazu nur die Lamarckiana - Pflanzen aus der ersten Generation der beiden Versuche mit Zwergen zu kreuzen, und zwar nach beiden Richtungen. In beiden Fällen trat Spaltung ein, und da diese Lamarckiana bei Selbstbefruchtung konstant ist und somit nicht die gewöhn- liche Bastardformel (h -\- z) X (h -)- z) bei ihrer Befruchtung haben kann, läßt dieses Ergebnis auf den labilen Zustand der Alta-Vangeae in den Eizellen sowie im Blüten- staub schließen. Meine Versuche gaben die folgenden Zahlenverhältnisse (Kreuzungen 1907, Zäh- lungen 1908): M iitter Anzahl La marck. Rubrin. Zwerge d. Indiv. °/o /o % (N X R) Lamarck. X O. nanella . . . 2 266 86 0 14 (NXR) „ „ • • • 1 70 80 0 20 (RXN) „ „ . . . 1 112 76 0 24 O. nanella X (R X N) Lamarck. 1 68 62 0 38 X (N X R) 1 27 55 0 45 (R X N) Lamarck. X (R X N) Zwerge . 1 84 3 87 10 Oenothera nanella 217 In dein letzten Versuch waren die Zwerge, wie zu erwarten war, teils Lamarckiana, teils Rubrinervis, und zwar gehörten von den 8 Zwergen 7 dem ersteren und nur einer dem letzteren Typus an. In Verbindung mit dem niedrigen Gehalt an hohen Lamarckiana- Pflanzen deutet dieses wieder auf die schon mehrfach beobachtete Assoziation dieser beiden Merkmale hin. In den übrigen Versuchen traten, wie wohl selbstverständlich ist, nur Zwerge vom Lamarckiana-Ty\>us auf. Schließlich habe ich auch die Subrobusta- Pflanzen aus diesem Versuch geprüft, und zwar vorwiegend diejenigen der ersten Generation. Nach der bekannten Formel (h -\- z) Xz1) würde man hier 50% hohe Pflanzen und 50°/0 Zwerge erwarten, und zwar bei den beiden reziproken Verbindungen, da diese Bastarde sich, wie oben bereits nachgewiesen wurde, nach den Mendelschen Gesetzen spalten. Ich fand die folgenden Zahlen: Anzahl Lamarckiana Rubrinervis Zwerge d. Indiv. % % % 0. nanella X (N X R) subrobusia 45 33 L6 51 (RX N) Zwerg (E ); N) 204 0 33 67 (N X R) subrob. X 0. nanella . . . 138 51 20 29 (N) K) „ < (N X R) Zwerge . 246 0 75 25 (NXR) „ <(NXR) „ 214 0 72 28 (R x N) „ X (R X N) 289 0 72 28 Die Zahlen der ersten beiden Zeilen, in denen die untersuchten Subrobmta- Pflanzen die Väter waren, stimmen hinreichend genau mit der Berechnung überein. Die anderen sind zu niedrig, doch ist zu bemerken, dalJ auch bei Selbstbefruchtung der Prozentgehalt an Zwergen (8 — 18%) zu niedrig ausgefallen ist, und daß auch bei den Kreuzungen zwischen reiner 0. nanella und reiner 0. Lamarckiana ähnliche Abweichungen regelmäßig vorkommen. Es deutet dieses auf die Mitwirkung eines noch unbekannten Faktors im Blütenstaub der Zwerge hin. Die Ergebnisse der in diesem Paragraphen beschriebenen Versuche sind, in Über- einstimmung mit den bereits in meiner Mutationstheorie behandelten Erfahrungen, die folgenden: Zustand der 4Ma-Pangene in den Nachkommen der beiden reziproken Kreuzungen zwischen Oenothera rubrinervis und 0. nanella2). Kreuzung 1. Generation Lamarckiana Subrobusia 2. Generation Lainarckiana Rubrinervis Subrobusia Rotnervige Zwerge Pangene: (labil X labil) (ak .• ak) (i -f- ak) X (i -f- ak) (i X i) In der letzten Zeile sind die Pangene der weiblichen und der männlichen Sexual- organe, jedesmal durch ein ■ . getrennt, angegeben. Wie man sieht, sind sie für jeden Typus einander gleich, wie denn auch in deu Eltern dieser beiden Kreuzungen die Alta- Pangene sich beiderseits gleich sind. Der ganze Vorgang folgt also den gewöhnlichen Regeln für die isogamen Verbindungen. Zum Schluß möchte ich noch auf zwei Punkte die Aufmerksamkeit lenken. Erstens sind die yi/fa- Pangene in 0. Lamarckiana labil und in 0. rubrinervis aktiv, ohne daß die Pflanzen äußerlich irgend eine Differenz in ihrer Statur zeigen. Bei gleicher Kultur erreichen beide dieselbe Höhe, verzweigen sich gleich reichlich und auch ihre Äste er- halten dieselbe Länge. Hieraus geht hervor, daß wenigstens in diesem Falle Pangene im labilen Zustand ebenso tätig sind wie im aktiven, x) (h -|- z) X z = (hohe Statur -j- Zwerg) X Zwerg. -) i = inaktiv ; ak = aktiv. 218 Parigenetische Untersuchung neuer Arten und diesen Satz wird man wohl auch auf analoge Beispiele anwenden dürfen. Allererst auf die Frage, wie eine LamarcMana wohl aussehen würde, wenn sie aktive Alta-Vangene hätte? Voraussichtlich genau so wie jetzt. Und falls ihre Laeta-, Laxa- und andere jetzt labilen Pangene aktiv gemacht werden könnten, würde dieses wohl nichts an ihrem Habitus und ihren äußeren Merkmalen ändern. Ich behaupte nicht, daß diese Pflanzen äußerlich völlig identisch sein würden, muß aber in bezug auf diese Frage auf den letzten Abschnitt verweisen. Der zweite Punkt bezieht sich auf den Übergang der AUa-Tangene aus dem labilen in den aktiven Zustand, wenn durch Mutation eine LamarcMana sich in 0. rubrinervis verändert. Die Mutation ist somit eine doppelte, da sie ja vorwiegend auf dem Übergang der Festigkeits- Pangene in den inaktiven Zustand beruht. Und zwar fand dieses wenigstens zweimal statt, als LamarcMana in Rubrinervis mutierte. Für die in meiner Mutationstheorie behandelte Kreuzung benutzte ich einen Rotnerven, der 1893 als Mutant aus der 0. LamarcMana entstanden war, für die beiden 1905 gemachten Verbindungen aber eine andere, 1895 aufgetretene Mutation (eine der acht in der vierten Generation des a.a.O. Bd.I S. 157 dargestellten Stammbaumes erwähnten Rubrinervis- Pflanzen). Dennoch waren die Ergebnisse in den drei Versuchsreihen im wesentlichen dieselben. Vermutlich verhalten sich somit andere Rubrinervis- Mutanten ähnlich; es gab deren bis 1901 aus LamarcMana mehr als dreißig (a. a. 0. Bd. I S. 234) und seitdem fast alljährlich eine oder mehrere. Doch bleibt es vorläufig nicht ausgeschlossen, daß auch Rubrinervis-T" fl&nzen mit labilen A/ta-Pangenen entstehen können. § 3. Oenothera muricata X nanella. Nachdem wir nun das Verhalten der Zwerge bei der Kreuzung mit isogamen Arten in zwei Fällen — mit labilen A^a-Pangenen in 0. LamarcMana und mit aktiven in 0. rubrinervis — studiert haben, wollen wir jetzt eine Verbindung mit einer heterogamen Art vorführen. Ich wähle dazu die 0. muricata, deren Eizellen die 0. nanella in die Zwillingsbastarde Laeta und Velutina, und zwar nach gleichen Verhält- nissen, spalten (III, II § 2 S. 121). Zwerge traten dabei nicht auf; sie fehlen in der ersten Bastardgeneration und dieses lehrt uns, daß in der 0. muricata die Träger der hohen Statur im aktiven Zustande verkehren. Wie wir sehen werden, verlaufen die Spaltungsprozesse hier, bis auf die Heterogamie, in derselben Weise wie bei den Kreuzungen der 0. rubrinervis mit den Zwergen. Nur tritt an die Stelle der LamarcMana jetzt die Laeta und an jene der Subrobusta hier die Velutina auf. Den jetzt zu beschreibenden Versuch habe ich in 1901 angefangen und durch fünf Jahre fortgesetzt 1). Aus der Kreuzung von 1901 erzog ich 24 hohe Pflanzen, von denen ') Zwillingsbastarde von Oenothera nanella, Berichte der d. Bot. Ges. 1908. Bd. XXVI A, Heft 9, S. 667—676. Oenothera nanella 219 6 Laeta und 18 Velutina waren. Die Laeta waren teils einjährig, teils zweijährig; die ersteren setzten keinen Samen an, wie denn überhaupt diese Laeta nur spärlichen, oft kaum ausreichenden Blütenstaub haben. Im Sommer 1908 habe ich die .Lada-Pflanzen aus dieser Kreuzung ausführlich mit denen der 0. muricata X Lamarckiana verglichen. Sie blühten damals in der ersten, zweiten und vierten Generation und zwar sehr reichlich; die Pflanzen waren im September über zwei Meter hoch. Alle diese Gruppen bildeten zusammen nur einen Typus, der durch breite, glatte, glänzend grüne, flach ausgebreitete Blätter und Brakteen, durch dünne Blutenknospen, dünne reingrüne, schwach kegelförmige unreife Früchte mit vier deutlichen Zähnchen uud durch spärlichen Blütenstaub in den gut ausgebildeten Antheren sich scharf und deutlich von der Velutina unterschied. Auch die Velutina habe ich aus beiden Kreuzungen eingehend verglichen. Sie ist stets weniger hoch und stärker behaart, namentlich auf den jungen Früchten. Die Blätter sind durch diese Behaarung mehr oder weniger graugrün, und den Hauptnerven entlang zu einer Rinne zusammengebogen. Die Blütenknospen sind dick, rund, meist rötlich an- gelaufen; die unreifen Früchte im oberen Teile zusammengedrückt, wie geschnäbelt. In Gruppen von 20—30 Exemplaren fallen diese Merkmale stets deutlich auf, obgleich sie an den einzelnen Individuen oft stark in ihrer Ausbildung wechseln. Ich gebe jetzt den ganzen Versuch in der Form eines Stammbaumes. Stammbaum von Oenothera muricata X nanella. 1901 Muricata < Nanella Zwerge. Zwerge. Zwerge. Laeta. Velutina. Zwerge. Zwerge. Zwerge. 1908 Laeta. Velutina. Zwerge. Zwerge, Zwerge. Wie man sieht, bleibt die Laeta in den weiteren Generationen einförmig und kon- stant, während die Velutina sich alljährlich spaltet. Aber sie spaltet sich nur in bezug auf das Merkmal der Statur, denn alle übrigen Eigenschaften, welche ihren Charakter ausmachen, bleiben auch in den Zwergen erhalten. Diese sind keine reine O. nanella, sie haben zwar dieselbe Höhe, aber graugrüne, rinnige Blätter, dicke, konische Blüten- knospen, kleine, sich selbst befruchtende Blüten und keulenförmige Früchte. Sie können daher mit einem besonderen Namen, Oenothera murinella, angedeutet werden, in dem die Namen der Eltern in einer auch sonst für Bastarde üblichen Weise verbunden werden (Fig. 96). Aus einer später gemachten Kreuzung (1905) erzog ich 1906 die erste, oben er- wähnte Generation und säte 1908 und 1912 die Samen ihrer Laeta. Ich erhielt 1908 von einer Mutter 40 Pflanzen, und 1912 von zwei Samenträgern 115 bezw. 34 Kinder, welche sämtlich wiederum einförmig hohe Laeta waren. Der Umfang der Kulturen in dem Hauptversuch war der folgende. In der ersten Generation hatte ich 228 junge Individuen, unter denen keine Zwerge wareu. Von ihnen erzog ich 6 Laeta und 18 Velutina zur Blüte (s. oben). Von der Laeta war die zweite Generation nur klein (3 Exemplare), aber die dritte und vierte umfaßten 57 bezw. 120 Pflanzen, von denen die meisten geblüht haben. Alle waren Laeta hoher Statur. Zu- sammen mit den oben erwähnten hatte ich somit 369 Kinder von 6 Müttern, und folgere daraus, daß die .Lada-Rasse nur aus konstanten Individuen besteht. Dagegen gaben die selbstbefruchteten Velutina-PÜmzen stets etwa zur Hälfte Zwerge, und zur anderen Hälfte der Mutter gleiche, hohe Exemplare. Diese Zwerge, Oen. murinella, fang-en schon bei 10 — 15 cm Höhe an zu blühen und erreichen am Ende 220 Pangenetische Untersuchung neuer Arten der Blütezeit selten mehr als 50 cm Höhe. Sie werden in einem hestimmteu, nur wenig wechselnden Verhältnisse abgespalten, wie die folgenden Zahlen zeigen. Spaltung der Velutina während der zweiten bis fünften Generation. Generation Kultur -, Exemplare Anzahl der Anzahl der , -. Qf . c, ... -c, , höh. Statur Samentrager Exemplare 2 3 I 5 1903 1905 1907 1908 3 2 4 9 10G 241 492 116 in% 48 44 36 29 Zwerge m % 52 56 64 71 Zusammen 11 955 38% 62% Etwas mehr als die Hälfte werden somit jährlich zu Zwergen. Die Nachkom- men der elf Samentrager wurden jedesmal getrennt untersucht; in allen trat dieselbe Spaltung auf. Wie der Stammbaum auf S. 219 zeigt, habe ich die Zwerge in zwei Linien auf ihre Konstanz geprüft. In der ersten er- hielt ich aus fünf selbstbefruchteten O. murinetta des Jahres 1903 zusammen 23 Pflanzen, und in den beiden folgenden Generationen 137 und 58 Individuen, also zusammen 218 Exemplare, welche ausnahms- los Murinetta waren. In der zweiten Linie befruchtete ich jedesmal zwei Zwerge und erhielt in der zweiten Generation 269 und in der dritten 59 Individuen, gleichfalls alle Murinetta. Im ganzen wurde die Kon- stanz der Zwerge somit in 536 Exemplaren geprüft. Überblicken wir jetzt noch- mals den ganzen Versuch, so sehen wir, daß O. muricata die O. nanella genau in derselben Weise spaltet wie die Lamarchiana und daß da- bei dieselben Laeta und Velutina in demselben Verhältnisse auftreten. Zwerge fehlen in der ersten Gene- ration; sie treten in der zweiten auf, aber nur aus der Velutina, deren sonstige Eigenschaften sie beibehalten. Auch diese Spaltung findet nach gleichen Verhältnissen statt; sie wiederholt sich in jeder Generation der Velutina und aus den Samen eines jeden Exemplares. Die einmal abgespaltenen Zwerge bleiben in den späteren Generationen konstant, und auch die Laeta zeigt niemals Spaltungen. Fig. 96 Oenoihera murinetta (Zwerg aus O. muri- cata X nanella, in der 2. Generation ent- standen) *). ') Vergl. hierzu Fig. 56 auf S. 137 (O. muric. X Lam., velutina). Sept. 1909. Oenothera nanella 221 Für die Beurteilung- der beim Mutieren vor sich gehenden inneren Veränderungen (Abschnitt V) würde das oben Angeführte völlig genügen. Doch schien es mir wichtig, auch das Verhalten der Pangene bei den Kreuzungen selbst zu studieren, um dadurch eine tiefere Einsicht in diese Vorgänge zu gewinnen. Ich habe deshalb mit der Laeta, der Velutina und der Murinella aus unserm Stammbaum diejenigen Bastardierungen gemacht, welche nach unseren Prinzipien die ge- wünschte Entscheidung bringen können. Es leuchtet ein, daß die Frage jedesmal getrennt für den Pollen und für die Eizellen der betreffenden Form beantwortet werden muß. Im voraus möchte ich hier bemerken, daß die Ergebnisse aller meiner Kreuzungen in bezug auf die Lactu -Fungene sich genau so ver- halten wie die entsprechenden Verbindungen von 0. muricata mit 0. Lamarckiana. Die Nanella enthält diese Pangene in demselben labilen Zustande wie die Mutterart, es geht dieses aus der Spaltuug in Laeta und Velutina hervor, bestätigt sich aber jedesmal auch in den kompli- zierteren Kreuzungen. Es läßt sich somit für jeden einzelnen Fall die zu erwartende Laeta-Sivältiing im voraus berechnen, und es scheint mir überflüssig, auf diese Übereinstimmung bei der Beschreibimg meiner Ver- suche jedesmal besonders hinzuweisen. Fangen wir jetzt mit der Murinella an, da bei ihr die Sachlage offenbar die ein- fachste sein muß. Denn in ihren beiden Sexualtypen müssen die Alta- Pangene inaktiv sein, sonst könnte der Zwergtypus nicht konstant sein. Sie muß sich also in allen Kreuzungen in bezug auf das Zwergmerknial verhalten wie reine Oen. nanella. Sehr zahlreiche Kreuzungen haben diese Folgerung ausnahmslos bestätigt, wie wir bald sehen werden. Ich führe hier zunächst nur die folgenden an: Oen. nanella X 0. murinella (1908) gab nur Zwerge, von denen ich 60 bis zur Stengelbildung erzog. Sie waren breit- blätterig (vergl. oben S. 162: 0. Lam. X velutina). Der Lamarckiana gegenüber ver- hält sich die Murinella wie die reinen Zwerge: Oen. Lam. X murinella (1908) gab auf 60 Individuen 95% breitblätterige Zwerge und 5% hohe Exemplare; die reziproke Kreuzung dagegen (19(17 auf 77 Pflanzen 8% breitblätterige Zwerge, 60% hohe Velu- tina und 32 % hohe Laeta. Ferner wird 0. murinella von 0. muricata nicht in der ersten, sondern erst in der zweiten Generation gespalten, wie in unserem Stammbaum. Ich machte die Verbindung 1907, hatte im nächsten Jahre 60 Exemplare, welche sämt- lich hohe Velutina waren und von denen ich etwa ein Drittel zur Blüte gelangen ließ. Aus ihrem Samen hatte ich 1909 im ganzen 63 Individuen, welche sämtlich Velutina waren , aber 45 % mit hoher Statur und 55 % Zwerge. Von beiden Typen haben je 14 Pflanzen geblüht. In den Laeta- Pflanzen unseres Stammbaumes (S. 219) können offenbar keine in- aktiven Alta- Pangene vorkommen; auch können sie diese nicht in Bastardverbindung (a -f- b) enthalten, sonst müßten sie sich im Laufe der Generationen spalten. Die stoff- lichen Träger ihrer hohen Statur müssen also entweder aktiv sein, wie in der 0. muri- cata oder labil, wie in der 0. Lamarckiana, oder in dem einen Geschlecht labil und in dem anderen aktiv, uach Art der heterogamen Rassen. Diese Fragen können durch Kreuzungen mit Zwergen entschieden werden, und diese lassen beiderseits auf den labilen Zustand schließen J). x) In meiner obeu zitierten vorläufigen Notiz wurde eine etwas andere Dar- stellungsweise gewählt, welche aber, wie ebendaselbst aus S. 675, Zeile 13 — 16 ersicht- lich ist, nur eine vorläufige sein sollte. 222 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Zuerst habe ich die Laeta aus dem Hauptversueh mit dem Staub der Zwerge befruchtet: Befruchtung von Oen. (muricata X naneüa) laeta durch Zwerge Anzahl der Anzahl der Zwerge icta, 1. Gen. /N 0. naneüa „ , 3. V ■ 11 „ „ , 4. r> X » n „ , 1. n X 11 murine „ , 3. ,, X 11 » v , 3- 77 X n ii n i 3. n n n itter Kinder % 1 77 40 1 305 61 1 69 48 1 114 49 1 300 48 2 630 54 1 140 53 Summe und Mittel 8 1635 50 Kreuzungen 1907, mit Ausnahme der dritten (1908), welche überdies mit einer Naneüa anderer Herkunft ausgeführt wurde. Kulturen teils 1908, teils 1909. Die Zwerge sämtlich vom Laeta- Typus; die hohen Pflanzen in den drei ersten Versuchen teils Laeta, teils Velutina, in den vier letzten nur Velutina. Diese letztere Tatsache deutet auf eine Assoziation der Zwergmerkmale mit denen der Laeta hin, wie solche öfter vorkommt. Aus dem letzten Versuch habe ich von einem Zwerge und von einer hohen Velutina rein befruchtete Samen gewonnen. Die Zwerge wiederholten sich ein- förmig und rein (70 Exemplare in 1909); die Velutina spaltete sich in 56% hohe und 44% niedrige Exemplare (136 Pflanzen in 1909); abgesehen von der Statur hatten diese alle die Merkmale der Velutina. Sind somit die J./ 8. ii 11 naneüa X ii > 1. ii 11 ii X n i 4. n nzahl der Anzahl der Zwerge Mütter Kinder °/o 5 40 100 2 52 100 1 134 100 1 26 100 Zusammen 9 252 100 Der Blütenstaub der Laeta gab also mit Zwergen keine Bastarde hoher Statur, sondern nur Zwerge. Zu diesem, wohl unerwarteten Resultate ist folgendes zu bemerken. Sind die yl/fa-Pangeue im Blütenstaub der Laeta inaktiv, so würden in diesen Kreuzungen allerdings nur Zwerge entstehen können, dann könnte aber die Laeta selbst nicht kon- stant sein. Sind sie aber aktiv, so dürften nur Laeta hoher Statur auftreten. Sind sie aber labil, so müßte man eine Spaltung erwarten, bei der teils Zwerge, teils hohe Exem- plare gesehen werden würden. Diese erwartete Spaltung ist aber gerade bei der hier in Betracht kommenden Gruppe von Kreuzungen oft eine sehr einseitige und führt bisweilen bis zum Ausschluß des einen Typus. So fanden wir oben (S. 221) für O. Lamarckiana X murinella 95 % Oenothera nanella 223 Zwerge, und S. 142 für 0. (bienn. X Lam.) laeta X velutina 96 % Laeta, während die völlig entsprechende Verbindung der durch 0. muricata bedingten Zwillinge 54 °/0 Laeta und 46 % Velutina gab usw. Solche Abweichungen von der gewöhnlichen Regel können offenbar leicht, in Ausnahmefällen, zum völligen Ausschluß der einen Form führen, und dieses trat tatsächlich in unseren Kreuzungen der beiden Zwillinge aus 0. biennis ■ ru- brinervis ein, weil hier nur Rubrinervis-'Pß.a.nzeii entstanden (S. 202). Somit dürfen wir folgern, daß das ausschließliche Auftreten von Zwergen in den angeführten Versuchen dennoch auf eine Spaltung deutet 1). Zur Bestätigung führe ich die drei folgenden Kreuzungen an, in denen ich die Nanella - Laeta der obigen Tabelle durch Lamarekiana- Laeta ersetzt habe, also durch Laeta, in denen die Alta-ParLgene offenbar in demselben Zustande waren, wie in der Lamarekiana selbst. °/o T- Anzahl der Zwerge Kreuzung „ . , & Kinder 0. nanella •; 0. (muric. < Lam.) laeta . . . 1908 69 100 (bienn. X „ ) » ... 1907 40 100 . „ X „ „ ■ • • 1908 59 97 Auch hier somit in zwei Versuchen nur Zwerge, aber bei einer Wiederholung des letzteren neben diesen 3 % hohe Exemplare. Wahrscheinlich würde eine Wiederholung der Hauptversuche also wohl auch bisweilen einige hohe Exemplare finden lassen. Jetzt komme ich zu der Velutina. und es fällt die Frage nach ihrer pangenetischen Zusammensetzung mit derjenigen nach den Ursachen ihrer Spaltungen zusammen. Haupt- sache ist dabei, daß diese Spaltungen einseitige sind und daß etwa zur Hälfte der Mutter gleiche und wiederum spaltungsfällige Bastarde entstehen, zur anderen Hälfte aber kon- stante Zwerge. Es ist dieses offenbar nur dann möglich, wenn die männlichen und weiblichen Erbschaften einander ungleich sind, und zwar muß dabei die eine Seite spaltungsfähig sein, die andere aber das Vermögen besitzen, diese zu spalten. Die letztere Eigenschaft ist nun auf diesem Gebiete stets mit dem inaktiven Zustand des betreffenden Pangens verbunden, mit dem Zustand also, welcher die Zwergstatur bedingt. Wir folgern daraus, daß entweder die Eizellen, oder der Blütenstaub der Velutina Zwerg- eigenschaften haben müssen. Die ganze Rasse muß demnach heterogam sein, wie die O. muricata, aus deren Kreuzung sie hervorgegangen ist. Unsere erste Frage ist somit, welche von den beiden Sexual typen Zwergeigen- schaften hat. Ich fand diese im Blütenstaub, und führe deshalb die betreffenden Ver- suche zunächst an. Zuerst befruchtete ich vier Zwerge der 0. murinella mit dem Blütenstaub dei* Velutina (1905). Ich erhielt 115, 58, 56 und 51, zusammen also 280 Keimlinge, welche sämtlich ausgepflanzt wurden und im Sommer 1907 blühten. Sie waren ausnahmslos Zwerge. Es können also in diesem Versuch der Blütenstaub der Zwerge und derjenige der hohen Velutina gewechselt werden, ohne Einfluß auf das Ergebnis. Sie haben somit dieselben erblichen Eigenschaften. Zu derselben Folgerung führte eine Kreuzung der reinen 0. nanella mit der Velutina (1907). Ich erhielt 33 Kinder (1908), welche sämt- lich Zwerge waren. Hat somit der Blütenstaub der hohen Velutina Zwergeigenschaften, so muß er die Träger labiler .4/ia-Pangene spalten können, und auch dieses fand ich bestätigt in Kreuzungen von Lamarekiana (1908) sowie von (Jen. (muric. X nan.) laeta (1907). Diese ergaben: Mütter Indiv. Zwerge in % Lamarekiana X Velutina ... 1 42 95 Laeta „ ... 2 327 50 ') Völlig analog verhält sich die Verbindung 0. nanella X biennis. Vergl. § 8 dieses Kapitels. 224 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Es verhält sich somit der Blütenstaub der hohen Velutina stets so, wie derjenige der Zwerge. Daraus geht dann ferner hervor, daß die Eizellen der Velutina spaltungsfähig sein müssen. Auch dieses läßt sich unmittelbar beweisen, indem man die Velu- tina mit dem Staub der Zwerge, sei es der 0. murinetta, sei es der reinen Rasse, belegt. Ich erhielt dabei die folgenden Zahlen: Kreuzung von Velutina mit Murinella Zwerge 11 lüt Nr. ei 1 ii 2 ii 3 ii 4 ii 1 2 Anzahl der Kinder °/o 1905 Nr. 1 129 69 134 56 132 61 113 59 70 57 22<» 51 Zusammen 798 59°/o Dieses Ergebnis stimmt genau mit demjenigen der Tabelle auf S. 220 (Spaltung der Velutina bei Selbstbefruchtung) überein. Es kann somit auch hier der Blütenstaub der hohen Pflanzen durch denjenigen der Zwerge ersetzt werden. Genau so verhalten sich die Kreuzungen mit 0. nanella reiner Abstammung (1907; Kultur 1908 und 1909): , , -. T- i Zwerge Mütter Anzahl der Kinder 0/0 Nr. 1 253 57 „ 2 52 56 Schließlich bleibt zu entscheiden, ob die Spaltungsfähigkeit des weiblichen Sexualtypus der Velutina auf dem labilen Zustande der betreffenden Pangene beruht, oder darauf, daß die Erbschaften der beiden elterlichen Arten (hohe Statur der Muricata und Zwergstatur der Nanella) in dem Bastarde nebeneinander liegen, etwa so, wie es bei den MENDELschen Hybriden der Fall ist. Es kann dieses durch eine Kreuzung der Velutina-'EizeUen mit solchem Blütenstaub entschieden werden, in welchem die Eigenschaft labil ist. Ich beziehe mich auf die schon mehrfach benutzten Formeln: 1. labil X labil = labil ,. , , , j. n wi n .i (inakt. X lab. = Spaltung 2. (makt. + akt.) X labil = [^ x ^ = Hohe gtatur Die erstere Formel ist im Grunde keine Kreuzung, sondern in beziig auf die fragliche Eigenschaft eine reine Befruchtung, deren Kinder dieselben Merkmale haben müssen wie die Eltern. Die zweite Formel bedingt aber offenbar eine Spaltung, bei der die labilen Pangene in Träger der Zwergstatur und in Träger der hohen Statur zerfallen. Ich hahe drei solche Verbindungen gemacht; die eine 1907 und 1908, die beiden anderen 1908. Ich erhielt dabei die folgenden Zahlen: Oenothera nanella 225 Kreuzung vou (Jen. (muric. nanella) veluiina mit Trägern labiler Jifrz-Pangene Anzahl der Kinder . . . 43 53 0. (muric. < nan.) laeta . . 60 0. (muric. X La in.) laeta . . 54 Veluiina X Lamarckiana . . . Zwerge % 51 11 53 :;i Lada % 30 L9 IT 69 Veluiina % L9 70 0 (i In diesen Versuchen waren alle Zwerge Laeta; es traten keine Zwerge mit den Merkmalen der Velutina auf, was wohl wiederum auf eine Assoziation der Zwerg- eigenschaften mit der Laeta hindeutet. Es scheint mir nicht unwichtig, hier eine Vergleichung der Laeta und der Velutina aus Nanella mit denen aus der Kreuzung- Muricata X Lamarckiana zu geben, in welch letzterem die J.Z£a-Pangene als unbe- rührt betrachtet werden dürfen. Es müssen sich demnach die Laeta aus beiden Kreuzungen einander gleich verhalten, während der Blütenstaub der beiden Velutina offenbar verschieden sein muß. Ich brauche dazu im wesentlichen nur die oben bereits angeführten Versuche in anderer Weise zusammenzustellen: Vergleichung der Laeta, aus 0. muric. X nanella und aus 0. muric Laeta- Hohe Kreuzung Anzahl der Kinder (M X L) laeta (M X N) velutina 54 (MXN) „ (M \i „ 60 (M X N) veluiina X (M. X L) laeta . 54 (MXN) „ ; (MX N) „ . 60 Zwerge % 54 4(1 31 53 Laeta (i (i 0 (i 69 47 Lamarckiana Hohe Veluiina % 46 60 0 0 Velutina-Zwerge traten in diesen Versuchen nicht auf. Vergleichung der Velutina, aus O. muric. X nanella und aus O. muric. X Lamarckiana Kreuzung Anzahl der Kinder Laeta- Zwerge 0/ /o (} 40 Hohe Laeta 0/ /o 57 0 Hohe Velutina % 43 60 (M X N) laeta X (M X L) velutina . 54 (M XN) „ X (MX N) „ . 60 Fassen wir jetzt die Ergebnisse des zweiten Teiles dieses Para- graphen zusammen, so empfiehlt es sich, dazu den auf S. 219 für den Hauptversuch gegebenen Stammbaum teilweise zu wiederholen und für die zweite Generation den Zustand der ^4ifa-Pangene für die drei Typen anzugeben. Für die übrigen Generationen gilt dann das nämliche. Zustand der Jita-Pangene in den Nachkommen von Oen. muricata X nanella Muricata X nanella 1. Gen. Laeta Velutina 2. Gen. Laeta Velutina Pangene: lab. lab. (inakt. 4" akt.) X inakt. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung1. Zwerge, O. murinella inakt. X inakt. 15 226 Pangenetische Untersuchung neuer Arten In der letzten Zeile sind die Pangene für den weiblichen und den männlichen Sexualtypus, durch ein X getrennt, angegeben. Die Vor- stellung ist eine rein empirische, unmittelbar aus den zahlreichen Kreuzungsversuchen abgeleitet, wenn man nur die empirischen Defini- tionen der benutzten Bezeichnungen berücksichtigt. Aus ihr lassen sich umgekehrt die Ergebnisse dieser Kreuzungen, sowie zahlreicher anderer hier nicht angeführter Versuche, in einfacher Weise berechnen. Ich möchte hier noch hervorheben, daß in der Laeta der in dem Vorfahren des einen der beiden Eltern (0. Lamarckiana) befindliche labile Zustand des ^4/ia-Pangenes durch die Kreuzung der aktiven und inaktiven Pangene der Eltern selbst wieder berge- o o o stellt wird. Hier eröffnet sich ein wichtiges Feld für weitere Forschungen !). Vergleichen wir jetzt die Ergebnisse dieser ganzen Versuchsreihe mit denjenigen der im vorigen Paragraphen behandelten Kreuzung zwischen Oen. rubrinervis und 0. nanella, so erhalten wir für die Alta-Taugene, d. h. also für die Träger der hohen Statur, die folgende Übersicht: Zustand der ^4/to-Pangene in: Bastarde 0. muricata akt. X X nanella inakt. 0. rubrinervis akt. X X nanella inakt. Eizellen Pollen Eizellen Pollen Laeta, bezw. Lamarckiana lab. lab. lab. lab. Zwerge . . . inakt. inakt. inakt. inakt. Velutina bezw. Subrob. (h + z) inakt. (h -f- z) (h + z)2) Abspaltung von konstanter Velutina bezw. Rubrinervis. fehlt vorhanden Aus dieser Übersicht ersieht man unmittelbar, daß die Laeta, die Lamarckiana und die Zwerge konstante Rassen darstellen müssen, daß aber die Velutina sich nach den Regeln der heterogamen Kreuzung, die Subrobusta nach denen der Mendel sehen Bastarde spalten müssen. Es bedingt somit die heterogame 0. muricata eine heterogame Velutina. Sonst sind die entstehenden Typen isogam, uud entweder sich spaltende Bastarde, oder sie stimmen mit jenem Vorfahren, dem sie äußerlich gleich oder nahezu gleich sind, auch innerlich überein. Die Heterogamie der Velutina beruht aber offenbar darauf, daß in ihr die von der Mutter 0. muricata geerbten aktiven JJta-Pangene nicht auf den Blütenstaub übergehen können, ein Verhalten, welches ja gerade das Kennzeichnende für die Erscheinung der Heterogamie ist. Für den Pollen bleiben somit nur die von dem Vater, der 0. nanella, geerbten inaktiven Staturpangene verfügbar. Die Velutina in diesem Versuche verhalten sich weiblich wie Bastarde, männlich wie Zwerge. Sie können deshalb als halbe Bastarde betrachtet werden. Die Laeta und die Lamarckiana spalten in diesen Versuchen keine Zwerge ab weil sie die betreffenden Pangene nur im labilen Zustande enthalten. Dieser Zustand ist aber aus der Kreuzung der aktiven und inaktiven Alta-F&ngene der Eltern entstanden. *) Bei der Entstehung von 0. lala und 0. scintillans durch Mutation entstehen die labilen Pangene dieser Arten unmittelbar aus dem passiven der Mutterart. Vergl. die beiden folgenden Kapitel dieses Abschnittes. 2) (h -f- z), wie sonst, == Hohe Statur und Zwergstatur in Bastardverbindung. Oenothera nanella 227 Vermutlich spielen dabei Assoziationen eine Rolle, wie solche in diesen Versuchen so- wohl zwischen der Lamarckiana und dem Zwergmerkmal, wie zwischen diesem letzteren und der Laeta so vielfach beobachtet wurden. § 4. Laefa-Spaltung iu Oenothera nanella durch isogame Arten Aus den Ergebnissen des vorigen Paragraphen ergibt sich zunächst die Frage, inwiefern die dort gefundenen Verhältnisse jenen speziellen Kreuzungen eigen sind, und inwiefern sie für die beiden Gruppen der isogauien und der heterogamen Arten allgemeinere Gültigkeit haben. Um diese zu beantworten, werde ich jetzt in diesem und dem folgenden Paragraphen eine Reihe von Versuchen mit Arten vorführen, welche teils die Laeta- Eigenschaft, teils aber andere Züge der 0. nanella spalten können. Es wird sich dabei herausstellen, daß die isogamen Arten im allgemeinen dem Vorbilde der 0. rubrinervis X nanella folgen, während die heterogamen sich der Murieata-Krenzung anschließen. Aus äußeren Gründen habe ich diese Versuche tunlichst einge- schränkt, und werde ich sie auch in möglichster Kürze beschreiben, da es mir im wesentlichen nur auf den Nachweis des soeben ausgesprochenen Satzes ankommt. Ich fange mit den beiden isogamen Arten 0. Gockerelli und 0. Hookeri au. Abgesehen von der Statur verhält sich die 0. nanella ihnen gegenüber genau so wie die Lamarckiana (Absehn. III, Kap. II, § 1, S. 113 — 119). Für jede der beiden genannten älteren Arten habe ich die beiden reziproken Verbindungen untersucht. 0. Hookeri ■ nanella. Die Abspaltung von Velutina aus der Laeta tritt hier in derselben Weise auf, wie in der Kreuzung von 0. Hookeri X Lamarckiana. Der fol- gende Stammbaum zeigt dieses. 1905 0. Hookeri X nanella 1907 Laeta Velutina 1908, 1909 Laeta Velutina (V) Velutina Zwerge 1911, 1912 Velutina Velutina Zwerge Zwerge Die Laeta und Velutina sind den auf den Tafeln XIII und XTV abgebildeten aus der Lamarckiana durchaus gleich; die Zwerge sind Pflanzen vom Hookeri-Tyj)us aber nur etwa 40 cm hoch, und mit großen schönen Blüten, welche nicht kleiner sind als bei den hohen Pflanzen. Sie sind der oben beschriebenen Krankheit (S. 210) fast nicht ausge- gesetzt, und stellen eine schmuckhafte Neuheit dar, welche aber an die Kultur ziemlich hohe Anforderungen stellt. Die zu diesem Stammbaum gehörigen Zahlen gibt die folgende Übersicht: Die beiden ersten Zeilen beziehen sich auf die Kreuzung von 1905 und auf eine Wieder- holung in 1907. . , t , T . Laeta o/ /o 15 7 20 0 0 0 0 15* ill liJUI. Kultur Anzahl d Indiv. 0. Hookeri X nanella 1907 54 V X 1910 135 Laeta. 1. Gen. 1907 1909 49 Velutina, 1. Gen. 19(17 1908 160 2 Gen. 1908 1909 52 2. Gen. 1908 1911 132 Zwerge, 1. Gen. 1908 1912 128 Velutina Zwerge /o /o 85 0 93 0 80 0 94 6 100 0 95 5 0 100 228 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Die in den vier letzten Zeilen erwähnten Zwerge hatten, wie gesagt, den Typus der Velutina, d. h. nahezu denjenigen der 0. Hookeri, sie haben nahezu alle geblüht. Ebenso ließ ich die meisten der erwähnten hohen Pflanzen zur Blüte gelangen, um den Zahlen möglichste Sicherheit zu geben. Denn im Frühling sind die Hookeri-Zwerge oft sehr schwer von der hohen Velutina zu unterscheiden. Von weiteren Kreuzungen habe ich in dieser Gruppe nur die drei folgenden an- zuführen, welche zwischen der Velutina und Zwergen verschiedener Abstammung gemacht wurden. Velutina, 1. Velutina X 0. murinella 0. nanella >< f(„,, Anzahl d. Zwerge Altar itiei Individ. °/ 10 Pangene 2 369 40 (h + z) ; i 1 142 54 (h + z)Xi 1 69 52 i X (h -f- z 1 14 0 i X h Gen. X 0. nanella. 0. murinella. X velutina, 1. Gen. velutina, 2. Gen. Die Kreuzungen wurden 1907 und 1908, die Aussaaten 1908 und 1912 gemacht. Benutzt wurde für die drei ersteren die Velutina der ersten Generation, für die letzt- genannte eine Velutina der zweiten Generation, welche sich dabei als nicht spaltbar herausstellte. Diese Zahlen lehren, daß die ^4/to-Pangene in der Velutina aus dieser Kreuzung sich wie bei den MEXDELschen Bastarden verhalten, und zwar sowohl im Blütenstaub wie in den Eizellen. Wir dürfen also folgei'n, daß auch diese Gruppe sich dem Schema der Oen. rubrinervis X nanella anschließt. 0. nanella X Hookeri. Diese Kreuzung verhält sich in allen Hinsichten wie die soeben beschriebene reziproke, doch wurde sie etwas ausführlicher studiert. Auch sind die aus ihr entstehenden drei Typen den reziproken durchaus gleich. Ich gebe wieder- um zunächst den Stammbaum des ganzen Versuches: 1905 0. nanella '■ Hookeri 1906 Laeta 1907 1908 Laeta Velutina Velutina Velutina Velutina Laeta Velutina Velutina Velutina Velutina Zwerge 1912 Laeta Velutina Die zu diesem Versuch gehörenden Kultur O. nanella X Hookeri . . 1906/09 Laeta, 1. Gen 1908 „ , 1. „ 1911 „ , 2. „ 1908 „ , 3. „ 1912 Velutina, 1. Gen 1908 „ , 1. „ .... 1912 „ , 2. „ .... 1908 2 1912 3 1912 „ , •->. ,, .... -L.7J._j 3 1912 Velutina-nana, 1. Gen.1) . 1908 „ , 2. „ !) . 1912 Velutina Velutina Zwerge Zahlen sind die folgenden: Anzahl der Laeta Velutina Indiv. 218 68 106 55 55 118 66 47 69 64 70 150 130 /0 46 16 38 29 70 0 0 0 0 0 0 0 0 % 54 82 62 71 30 84 91 87 100 91 100 0 0 Zwerge Zwerge Zwerge Zwerge °/o 0 0 0 0 0 16 6 13 0 9 0 100 100 x) Von den Velutina- Zwergen wurden die Samen von vier Individuen (je zwei aus derselben Generation) untersucht. Oenothera nanella 229 Die Zwerge waren ausnahmslos in allen übrigen Merkmalen VeluUna und haben zumeist geblüht. Ebenso haben die meisten der aufgeführten Lada- und Yelutina- Pflanzen geblüht. Auch hier siud die weiteren Versuche beschränkt und zwar namentlich durch die technische Schwierigkeit, daß die Zwerge anfangs nicht von der hohen VeluUna zu unterscheiden sind. Ich führe die folgenden an : Kreuzungen von hohen Laeta und von Zwergen aus 0. nandla X Hookeri Kreuzung Anf? d™ Zw"*e t/^" Indiv. o Pangene Laeta X 0. nandla L85 9 1 X i 246 3 1 X i 238 9 1 X i X (nan. X Hook.) Zwerg . ... 182 17 l X i . . . . 218 iL' l ; ; i 0. nandla < lada r>4 9 i 1 ,, (nan. X Hook.) Zwerg X Lamarckiana . 145 42 i 1 „ Lamarckiana X (nan. X Hook.) Zwerg 246 33 1 X i Die Kreuzungen wurden 1907 gemacht, mit Ausnahme der fünften und sechsten (1908). Die Zählungen fanden 1908 bezw. 1909 statt. Sie bestätigen in ausreichender Weise, daß auch diese Verbindung, wie die drei übrigen, dem Schema von 0. rubri- nervis X 0. nandla folgt. Unter den Vdutina -Pflanzen der zweiten und dritten Generation gibt es solche, welche nach Selbstbefruchtung konstant bleiben, und andere, welche sich in ihrer Nach- kommenschaft spalten. Die ersteren werden bei einer Kreuzung mit der O. nandla (Mutant aus Lamarckiana) sowie mit den Zwergen aus derselben Kreuzung (0. nandla X Hookeri) nur hohe Pflanzen liefern, welche im ersteren Fall teils Laeta, teils VeluUna sein müssen, im zweiten aber nur VeluUna. Die spaltungsfähigen Yelutina- Pflanzen werden aber nach Kreuzung mit Zwergen teils wiederum solche geben. Die folgenden Versuche haben diese Erwartungen bestätigt. Kreuzung von VeluUna aus 0. nanella X Hookeri mit Zwergen t- Anzahl der Anzahl der Zwerge Kreuzung ,,. .,, T ,. ° Mutter Indiv. °/0 VeluUna, 2. Gen. : (Nan. X Hook.) Zwerg . . 2 133 0 .. , 3. Gen. X ( „ „).... 1 69 0 , 3. Gen. X 0. nanella 2 134 0 , 3. Gen. X (Nan. X Hook.) Zwerg . . 1 68 38 0. nanella X VeluUna, 2. Gen 1 52 52 Die Kreuzungen in der zweiten Generation wurden 1907, jene in der dritten Generation 190* gemacht. Kulturen fast alle 1912. Im dritten Versuch bestanden die hohen Pflanzen aus 35% Laeta und 65% Yelutina. Nahezu alle Exemplare in diesen fünf Versuchen haben geblüht. 0. nanella X Cockerelli. Diese Kreuzung habe ich im Sommer 1905 zwischen Exemplaren aus den aus Colorado erhaltenen Samen und meiner Rasse von 0. nanella ausgeführt. Sie gab mir den folgenden Stammbaum: 1905 0. nanella X Cockerelli 1901 Laeta VeluUna 1908 1912 Laeta (VeluUna) VeluUna Laeta l) Zwerge VeluUna Zwerge Zwerge. ») Vergl. S. 231. 230 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Die Zahlen dieses Stammbaumes waren die folgenden: Anzahl Anzahl Kultur der der Laeta Velutina Zwerge Mütter Indiv. % °/o °/o 0. nanella X Coekerelli 1907 1 117 35 65 0 I! X 1! 1908 1 59 42 58 0 Lada, 1. Gen. 1907 . . 1908 1 120 100 0 0 2. Gen. 1908 . . 1912 2 163 100 0 0 Velutina, 1. Gen. 1907 . 1908 1 119 0 51 49 2. Gen. 1908 . 1912 1 118 0 49 51 2. Gen. 1908 . 1912 1 123 0 52 48 Zwerge, 1908 . . . . 1912 2 239 0 0 100 Die aus der Velutina abgespaltenen Zwerge trugen sämtlich zu gleicher Zeit die Merkmale dieser Form. Die Laeta und Velutina waren denen aus der reziproken Kreuzung, sowie denen aus den entsprechenden Kreuzungen von 0. Laiuarckiana durch- aus gleich. Behufs der Prüfung der .4/to-Pangene habe ich die folgenden Verbindungen aus- geführt; die Bedeutung der Abkürzungen in der folgenden Tabelle ist die bereits wieder- holt benutzte (vergl. S. 112). Kreuzungen von Laeta und Velutina aus 0. nanella Anzahl der Indiv. Kreuzung Laeta X nanella ii X ii ii X ii Velutina •; nanella ii X ii „ X Cock. Zwerg Nanella X Laeta Murinella X Laeta Laeta X Velutina *■) Velutina :< Laeta Wie man sieht, best 1907 1907 1908 1907 1907 1908 1908 1907 1908 1908 80 41 125 36 89 180 63 23 58 62 a X Cock erelli y.'W'PVCTP Alta- °/o Pangene 99 lXi 100 lXi 99 lXi 31 (h + z) X i 38 (h + z) X i 58 (h + z) X i 19 iXl 73 iXl 81 1 X (h + z) 34 (h + z) X 1 tätigen die mitgeteilten Zahlen die früheren Ergebnisse in ihren Hauptlinien. Es lag mir aber wesentlich daran, den Differenzpunkt zwischen dem Rubrinervis- Typus und dem Muricata- Schema zu prüfen, d. h. zu untersuchen, ob der Blütenstaub der Velutina die J./ia-Pangenc inaktiv oder in Bastardverbindung enthält (vergl. oben S. 226). Bei der Kreuzung mit Zwergen muß dieser im ersteren Fall offen- bar nur Zwerge, im letzteren aber teils Zwerge und teils hohe Pflanzen geben, voraus- gesetzt, daß man als Väter die erste Generation bezw. die spaltbaren Individuen der zweiten gewählt hat. Ich erhielt die folgenden Zahlen: Alta- Pangene iX(h + z) i X (h + z) i X (h + z) i X (h + z) O. nanella euzung Indiv. Zwerge % 1907 45 76 1908 29 69 1907 85 58 1908 54 85 X velutina . . . n X ii ... O. murinella X „ ... O. (nan. X Cock.) Zwerg X velut. Die Befruchtung der Zwerge war in diesen Versuchen eine schwierige, und die Ernte sowie die Aussaat dementsprechend klein. Dennoch war die Spaltung unzweifelhaft, und enthält somit der Pollen von O. (nanella X Coekerelli) velutina die beiden antagonistischen Pangene in Bastardverbindung. Hieraus darf man folgern, daß im Stammbaum (S. 229) neben spaltenden Velutina- Pflanzen auch nicht spaltende vorkommen müssen. Tatsächlich habe ich diese im Haupt- ') Vergl. die folgende Seite. Oenothera nanella 231 versuch noch nicht gefunden, wohl aber in einer "Wiederholung, zu der ich die gesunde und deshalb kräftige Zwergform von O. nanella X biennis benutzte, welche ich unten (§ 8, S. 239) als Semi-alta beschreiben werde. Kreuzt man diese mit 0. Cockeretti, so darf man erwarten, daß die heterogamen Eigenschaften der 0. biennis ausgeschaltet werden werden, und daß somit 0. (nanella < biennis) X Cockerelli = 0. nanella X Cockeretti sein wird. Dieses traf auch tatsächlich zu, nur erhielt icli aus der 1910 gemachten Kreuzung ausschließlich die Velutina (70 Expl. in 1911 und 69 Expl. in 1912). Von den ersteren wurden zwei Exemplare, welche in der Farbe der Nerven und sonstigen unter- geordneten Merkmalen kleine Verschiedenheiten zeigten, für die Selbstbefruchtung aus- gewählt. Das eine gab unter 77 Kiudern nur einen einzigen Typus: die Velutina; das andere erzeugte aber 86 Kinder, von denen 27, oder 31 %, Zwerge waren. Sowohl diese als die hohen Exemplare führten im übrigen die Merkmale der Velutina. Die oben ge- machte Folgerung fand somit ihre Bestätigung und berechtigt zu der Aufführung nicht spaltender Velutina- Pflanzen, in Klammern im Stammbaum auf S. 229, und damit zu der Folgerung, daß 0. Cockerelli sich hier, als isogame Art, dem Typus der oben für 0. rubrinervis beschriebenen Kreuzung anschließt. 0. Cockerelli X nanella. Auch diese Kreuzung habe ich im Sommer 1905 zwischen einem Exemplare der aus den Colorado-Samen erzogenen Gruppe und meiner damaligen Rasse von 0. nanella ausgeführt. Ich habe die Nachkommen durch drei Generationen studiert und mit ihnen die unten zu besprechenden weiteren Kreuzungen gemacht. Sie bestätigen das für die reziproke Kreuzung Gefundene. Der Stammbaum war der folgende: 1905 0. Cockerelli < nanella L9II7 Laeta Velutina 190S Laeta Velutina Zwerge 1912 Laeta Velutina Zwerge Zwerge Die Verhältnisse, in denen diese Typen auftraten, fügten sich in ausreichender "Weise der Resrel: Kultur Anzahl der Mütter Kinder Laeta °/o Velutina °/o Zwerge 0. Cockn-dli X nanella . . . 1907 1 :>4 65 35 0 » n X n . . 1908 1 79 58 42 0 Laeta. 1. Generation 1907 . 1908 1 80 100 0 0 Q n > — • ii L908 . 1912 o 234 100 0 0 Velutina. 1. ii 191)7 . 1908 1 79 0 41 59 „ , 2. ii 1908 . 1912 1 123 0 18 82 9 ii > •"• ii 1908 . 1912 1 129 0 29 71 Zwerge, 1. 1908 . 1912 o 242 0 0 100 Die Zwerge entstanden somit alle aus der Velutina; sie führten sowohl in der ersten wie in der zweiten Generation nebenbei, wie zu erwarten war, die Merkmale dieses Zwillings. Für die Prüfung des Zustandes der J.//a-Pangene in diesen Zwillingen habe ich sie teils mit der reinen 0. nanella, teils mit den 0. w?irme//a-Zwergen und teils unter- einander gekreuzt. Die dabei erhaltenen Zahlen bestätigen das bereits früher Gefundene : Kreuzungen von Laeta und Velutina aus 0. Cockerelli X nanella A. Prüfung der Eizellen t- -Mf-ii. Anzahl der Kreuzung Mutter T ,• 6 lndiv. Laeta X nanella . . . 1907 2 247 „ X murinella . . 1907 1 111 Zwerge Alta- % Pangene1) 15 lXi 57 lXi *) Für die Berechnung der zu erwartenden Spaltungen vergleiche das in § 2 für O. rubrinervis X nanella Angegebene. 232 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Kreuzung Mütter A nzahl der Zwerge Alta- Indiv. % Pangene Velutina X nanella . . . 1907 2 367 59 (h + z) X i „ X murinella . . 1007 1 154 70 (h + z) X i X Cook. Zwerg1) 1908 1 153 58 (h + z) X i Zusammen 1032 52 B. Prüfung des Blut e n s t a u h s 0. nanella X laeta . . 1907 1 12 100 iXl „ murinella X laeta . . 1907 2 187 100 iXl „ nanella X velutina . 1908 2 114 100 i X (h + z) C. Rezi proke Kreuzungen Laeta X velutina . . . 1908 1 61 31 1 X (h + z) Velutina X laeta .... 1908 1 58 33 (h + z) X 1 In der Gruppe B weicht der Befund für die if/eta-Kreuzung in derselben Weise von der Erwartung ah, wie bei 0. (muricata \ nanella) laeta (vergl. oben S. 223). Die Zwerge waren hier sämtlich Laeta-nanella, während diejenigen aus der Velutina- Kreuzung teils die Merkmale der Laeta, teils diejenigen der Velutina führten. Auch die aus deu reziproken Kreuzungen erhaltenen Zwerge waren sämtlich Laeta-nanella. Im allgemeinen bestätigen diese Zahlen, wenn auch nicht in vollständiger Weise, die bei der Kreuzung mit O. rubrinervis erhaltenen Resultate. Somit darf das Rubrinervis- Schema als gültig für die beiden hier untersuchten isogamen Arten betrachtet werden. § 5. Laeta- Spaltung in Oenothera nanella durch heteroga nie Arten Von heterogamen -Lae^a-spaltenden Arten habe ich außer 0. muri- cata noch 0. bicnnis und 0. biennis Chicago mit meiner Zwergrasse ge- kreuzt. Aber mit sehr verschiedenem Erfolg. Die Kulturen der Biennis- Bastarde sind schwierige, da sie Biennis und somit den schwachen CWca-Typus (S. 71) zur Mutter haben; die Pflanzen sind schwach, geben nur eine geringe Ernte und die Kulturen sind dementsprechend klein. 0. biennis Chicago verhält sich in diesen Beziehungen besser, spaltet aber die Zwerge nicht oder in sehr geringer Zahl ab. Oen. biennis X nanella verhält sich genau so wie 0. muricata X nanella. Im Sommer 1907 befruchtete ich zwei Exemplare vou 0. biennis mit dem Staub der Nanella aus meiner damaligen reinen Rasse, eins mit Nanella aus 0. lata X nanella uud eins mit einem Zwerge aus 0. nanella X brevistylis. Ich prüfte die Kulturen im Juni 1908 auf Zwerge und ließ sich dann einige Exemplare bis zur Blüte bezw. als Rosetten von Wurzelblättern völlig entwickeln. Ich erhielt die folgenden Zahlen: O biennis V nanella Anzahl der Zwpvo-p B1Üh- Uüd zweiJährig U. biennis X nanella ^^^ Zweige Laäa Velutina Aus der reinen Rasse .... 140 0 11 33 Aus lata X nanella 160 0 2 16 Aus nanella X brevistylis ... 65 0 2 16 Aus der erstgenannten Kultur erzog ich dann zwei weitere Generationen und erhielt den folgenden Stammbaum: ') Code. Zwerg = O. (Cockerelli X nanella) velutina-Zwerg, im Stammbaum S. 231 für 1908 erwähnt. 1901 1. Gen. 1908 2. Gen. 1909 3. Gen. 1911 Oenothera nanella 0. biennis ■ nanella 233 Lada Lada Lada Vdutina Velutina Velutina Zwerge Zwerge Dieser Stammbaum läuft dem S. 219 gegebenen völlig parallel. Leider umfaßt er nur wenige Exemplare, da ja sowohl die gekreuzten Blüten wie auch die Bastarde nur sehr spärlichen Samen bringen. Von der Lada hatte ich in der zweiten und dritten Generation 32 bezw. 23 Pflanzen, von denen 15 und 23 geblüht haben. Sie waren in jeder Beziehung den gleichzeitig kultivierten Pflanzen von 0. (biennis LamarcJciana) laeta durchaus gleich. Die Vdutina umfaßte 1909: 20 hohe Pflanzen und 18 Zwerge, von denen 7 hohe 1909 und 4 Zwerge im folgenden Jahre geblüht haben. Die dritte Generation wies 15 hohe Pflanzen und 2 Zwerge auf; die hohen haben alle geblüht, die Zwergre blieben wiederum Rosetten. Die hohen sind der Velutina aus O. biennis La- marekiana gleich; die Zwerge bilden eine eigene Form, welche dem weichen, leicht durchfaulenden Comca-Typus (S. 46 u. 69) angehört. Ihre Rosetten sind dicht beblättert, mit langen, rinnigen, mehr oder weniger filzigen, dunkelgrünen Blättern und durchaus gesund; ihre Stengel erreichen die doppelte Höhe der O. murinella, sind saftig und weich, dicht beblättert und rinnig; ihre Blüten und Früchte gleichen denen der Velutina. Um den Zustand der A/fo-Pangene in diesem Stammbaume zu prüfen, habe ich die Laeta und Velutina teils unter sich, teils mit O. nanella aus meiner reinen Rasse gekreuzt (1909, Kulturen 1910 und 1912). Aus jeder der vier ersten Kreuzungen erzog ich 70 Kinder bis in den Sommer und Herbst; aus den beiden letzteren nur 53 bezw. 52 Exemplare. Sie gaben alle fast nur Zwerge und diese waren ausnahmslos .Lada-Zwerge, denn solche mit rinnigen und filzigen Blättern und lV/»//j!a-Blütenris|ien fehlten durchaus. Es deutet dieses wiederum auf eine Assoziation hin. Ich füge die Erwartungen zu, wie sie aus dem S. 219 u. 224 für O. muricata -. nanella gegebenen Schema abgeleitet werden können; sie lassen alle auf eine Spaltung schließen. Kreuzungen von Laeta und Velutina aus O. biennis X nanella Laeta- Hohe Hohe Zwerge Laeta Vdutina Berechnet ') % %> % Laeta X O. nanella . 97 0 3 lXi Velutina X „ „ . 96 0 1 (h-f-z) Xi Laeta X velutina 96 0 4 lXi Velutina X laeta . . 96 4 0 (h + z) X 1 O. nanella ) . 100 0 0 iXl ji » X velutina . 100 0 II i X (h + z) Diese Zahlen berechtigen uns zu dem Ausspruch, daß hier iu den Hauptlinien dieselben Verhältnisse vorliegen wie bei O. muricata X nanella, trotzdem der Gehalt an Zwergen hier auffallend hoch ist, und bei geringem Umfange deshalb ausschließlich Zwerge auftreten können 2). O. nanella X biennis Chicago. Diese Kreuzung habe ich 1905 gemacht und 1911 wiederholt. Die erstere gab 41°/0 Laeta und 59% Velutina (S. 124), die letztere auf 270 Pflanzen von 2 Müttern 44% Lada und 56% Velutina. Zwerge entstanden nicht. Aus der ersten Kreuzung habe ich 3 weitere Generationen von Laeta kultiviert mit 60, 84 und 124 Exemplaren, und gleichfalls 3 von der Velutina mit 45, 195 und 60 Indi- hohe Statur und Zwergmerkmale in Bastard- x) 1 = labil, i = inaktiv; (h -f- z) Verbindung (vergl. S. 225 u. 226). 2) Vergl. z. B. die entsprechenden "Werte für O. Cockerelli X nanella, welche im Mittel 52% waren (S. 232). 234 Pangenetische Untersuchung neuer Arten viduen. Auch iu diesen entstanden keine Zwerge. Darauf hahe ich 0. nanella X bien- nis mit 0. biennis Chicago befruchtet (1910), in der Erwartung, daß die Merkmale der Biennis nach den Regeln der sesquireziproken Kreuzungen heterogamer Arten aus- geschaltet werden würden. Solches war auch tatsächlich der Fall, allein es wurde außerdem die Laeta unterdrückt und es entstanden nur hohe Velutina. Von diesen erzog ich 60 Exemplare bis zur Blüte (1911): sie waren in jeder Hinsicht der 0. (Lam. X bienn. Chic.) velutina gleich. Von zwei Individuen säte ich die rein befruchteten Samen und erhielt 1912 unter 250 Velutina- Pflanzen nur 2 Zwerge, welche sich schon in frühester Jugend durch den gedrungenen Bau ihrer Bosetten verrieten und im Juni und Juli bei der Stengelbildung sehr niedrig blieben und die ganze Tracht der Zwerge annahmen. Im Bau der Blätter waren sie zwischen ihren beiden Eltern intermediär. Um sicher zu sein, daß dieses auf eine Spaltbarkeit weisen würde, hatte ich bereits vorher (1908) die 0. (nanella X biennis Chicago) velutina mit 0. nanella befruchtet. Es war dabei eine Spaltuug eingetreten, indem auf 160 Exemplare 19% Laeta, 52% Velutina und 29% Zwerge gezählt wurden. § 6. Laxa- Spaltung' mit Abspaltung- von Zwergen Wie wir früher gesehen haben, sind Oenothera cruciata Nutt uud O. biennis Chicago heterogame Arten, deren weiblicher Sexualtypus breit- blättrig ist (Absehn. III, Kap. II, S. 83) und die Ö. Lamarckiana nicht in Laeta und Velutina, sondern in Laxa und Densa spaltet (S. 144). Genau dieselbe Spaltung tritt ein, wenn man sie statt mit dem Blütenstaub der Lamarckiana mit demjenigen der 0. nanella befruchtet. Die beiden Zwillinge haben dann dieselben Eigenschaften wie die früher be- schriebenen, sie sind auf keiner Entwicklungsstufe von ihnen zu unter- scheiden. Für ihre Beschreibung verweise ich daher auf den zitierten Abschnitt. Es lag mir daran, zu untersuchen, ob unter diesen Zwillingen wiederum eine Abspaltung von Zwergen stattfinden, und welchen Regeln diese folgen würde. Ich habe sie deshalb in selbstbefruchteten Linien durch einige Generationen weiter kultiviert, und einige Kreuzungen der erhaltenen Bastarde mit Zwergen gemacht. Es stellte sich heraus, daß sie sich dabei genau so verhalten wie die Nachkommen der Oen. muri- cata X nanella und somit dem oben für diese Gruppe S. 219 gegebenen Schema folgen. Die beiden genannten Arten stellen sich auch hier als heterogame den isogamen, und namentlich der 0. rubrinervis (Schema S. 215) gegenüber. Es verhält sich dabei die Densa wie die Laeta, indem sie keine Zwerge abspaltet, und die Laxa wie die Velutina, indem ihre Eizellen sich wie Bastarde verhalten, ihr Blütenstaub aber dieselben erblichen Eigenschaften hat wie die Zwerge aus demselben Stammbaum. Es gehen diese Folgerungen aus den Verhältniszahlen der Hauptversuche klar hervor, und somit habe ich nur wenige weitere Kreuzungen zu ihrer Bestätigung gemacht. Oenothera biennis Chicago X 0. nanella. Diese Kreuzung habe ich 1905 und 1908 gemacht, und in beiden Versuchen die Nachkommen mittels Selbstbefruchtung weiter gezogen. Ich habe diese Zuchten in dem folgenden Stammbaum zu einer einzigen Gruppe zusammengestellt; die Beteiligung der beiden Kulturen wird sich aber aus der ihr folgenden Tabelle ergeben. Oenothera nanella 235 Stammbaum von Oenothera biennis Chicago ■ 0. nanella 1905, 1908 0. biennis Chicago X nanella 1907, 1910 1908, 1911 Densa Laxa Nanella 1909 Laxa Nanella Nanella Es gehören hierzu die untenstehenden Ziffern. 4 inzahl Densa Laxa Atra Nanella Ernte Kultur , Q. Indiv. /o " /o 0. biennis Chicago , nanella l'.HIS 1910 80 2 96 0 0 Laxa 1. Gen. 19117 1908 112 i) 59 -') 41 ii 1. Gen. 4 Mütter) 1907 1908 215 0 75 -') 25 » 1. Gen. 191(1 1911 96 0 69 -o 31 ii 1. Gen. 1911) 1912 60 0 4(1 13 41 ii 2. Gen. 1908 1909 56 0 80 -') 20 Densa 1. Gen. 1910 1911 120 100 0 n (t Nanella 1. Gen. 1908 1909 00 (1 ii n 100 ii 1. Gen. (3 Mütter) 1911 1912 2:;s 0 0 0 100 Zu diesen Zahlen ist zu bemerken, daß die von der Laxa abgespaltene Atra nur 1912 besonders gezählt wurden. Von der ersten Generation der Laxa sind im ganzen sechs Individuen untersucht worden, welche alle die Abspaltung von Zwergen aufwiesen. Es ist daher anzunehmen, daß alle Laxa-lndividuen sich in dieser Beziehung gleich verhalten würden, wie es ja auch der heterogamen Natur der O. biennis Chicago entspricht. Ferner ist zu erwähnen, daß in der ersten Generation in 191(1 neben den erwähnten Zwillingen Exemplare von Velutina auftraten, wie wir solche auch bei den analogen Kreuzungen von O. Lamarckiana und O. rubrinervis gesehen haben (S. 151 und Abschnitt V Kap. I, § 3). Von den Z)e?is; (cruc. • nan.) laxa. 1908 „ X „ Zwerg. 1909 Beide Verbindungen entsprechen der Formel labil • inaktiv, und die Zahlen bestätigen somit das früher gefundene. Den Hauptversuch habe ich mit der im nächsten Paragraphen zu beschreibenden Semi-alta-Zwergrasse aus 0. nanella . (nanella X biennis) X cruciata sich genau so verhalten wird wie 0. nanella X cruciata. Dieses war tatsächlich der Fall, denn auch jetzt trat nur Gracilis auf und zwar wiederum in grünen, bunten nnd gelblichen Exemplaren. Es kamen auf 84 Exemplare 15 grüne (1911). Von diesen wurden vier rein befruchtet; sie gaben 1912 zusammen 500 Kinder, welche ausnahmslos grüne Gracilis waren. Unsere Fig. 98 stellt somit den Gracilis-Tyjtus dar, wie er allen Bastarden von 0. nanella X cruciata und 0. (nanella X biennis) X cruciata gemeinschaftlich war, so- fern sie rein grün waren. Ihre Petalen waren stets herzförmig. 6* 8 8. Das AUa-~Pa,ngen in Oenothera biennis ■ 6 Während sonst die älteren Arten bei ihren Kreuzungen mit Oenothera nanella in der ersten Generation niemals Zwerge abspalten, und dieses auch für den weiblichen Sexualtypus von 0. biennis gilt, ver- hält sich der Blütenstaub dieser Art anders, ja fast genau entgegen- gesetzt. Außerdem tritt dabei eine andere, ganz unerwartete Spaltung auf. Die Kreuzung gab mir entweder einige hohe Pflanzen nebst zahl- reichen schwachen der Krankheit stark ausgesetzten Zwergen, oder nur Zwerge, diese aber teils sehr krank, teils gesund und kräftig. Die hohen Pflanzen hatten denselben Bau und dieselben Eigenschaften wie 0. La- mar ckiana X biennis (S. 157) und die Zwerge trugen im übrigen gleich- falls diese Merkmale, namentlich die schmalen, glatten, oft rotnervigen Blätter und die kleinen sich selbst bestäubenden Blüten. Die Spaltung in hohe und niedrige Nachkommen zeigt an, daß die Alta-Fmgene im männlichen Sexualtypus der 0. biennis im labilen Zu- stande liegen, und die Konstanz dieser heterogamen Art beruht somit 240 Pangenetische Untersuchung neuer Arten in diesem Punkte auf der alljährlichen Verbindung' des weiblichen Typus mit seinen aktiven Staturpangenen mit den labilen Antagonisten des männlichen Typus. Die erste Kreuzung habe ich 1898 gemacht. Ich erzog die Nachkommen dreier gekreuzten Zwerge und erhielt 96, 96 und 97% Zwerge nebst 4 — 4 und 3% hohen Pflanzen. Diese waren von der Gestalt des soeben zitierten Bastardes, erreichten während der Blüte über einen Meter an Höhe, und blühten ebenso reichlich wie die väterliche Fig. 99 Oenothera nanella X biennis, Zwergrasse. Ganzes, stark verzweigtes, gesundes und typisches Exemplar bei voller Blüte. Ende Juli, 1911. Art, von der sie äußerlich nur wenig verschieden waren. Die übrigen Pflanzen waren Zwerge mit Biennis-Blüteii und 23*ewms-Blättern, schwach und niedrig, bei 10 cm Höhe blühend und sich nachher nur wenig verlängernd. Einen Teil befruchtete ich mit dem eigenen Staub, um die zweite Generation zu prüfeu; diese war für beide Typen einförmig und der Mutter gleich. Die ursprüngliche Kreuzung habe ich dann 1911 auf vier Zwergen wiederholt, bekam jetzt aber nur 2 hohe Pflanzen vom Typus LamarcMana X biennis zwischen ungefähr 500 Zwergen. Letztere hatten denselben Bau wie im erstgenannten Versuch. Oenothera nanella 241 Der Umfang meiner Kulturen war der folgende1): Nachkommen von Oenothera nanella >( biennis. Anzahl d. Hohe Ex. Kultur Kreuzung 1898. Blühende O. nanella biennis 1899 1912 1900 1900 1907- Individ. 250 500 185 12 1908 50 1. Gen., Zwerge . . . 1. (Jen., hohe Exemplare 1. Gen., „ „ Die Samen der Zwerge entnahm ich sechs Pflanzen, sie gaben ausnahmslos Zwerge. Von den hohen Exemplaren wurden in dieser Weise drei geprüft. Aus diesen Verhältnissen darf man folgern, daß die .lito-Pangene in diesen Zwer- gen beiderseits inaktiv und im Blütenstaub der hohen Exemplare wohl ebenso labil sind wie in der Art selbst. Um zu erfahren, wie sie sich im weiblichen Sexualtypus der hohen Bastarde vorfinden, habe ich diese 1907 mit O. nanella befruchtet. Ich erhielt aus zwei Müttern 05 -\- 40 = 111 Nachkommen, unter denen 2 -j- 1 = 3 hohe Pflanzen und in 4 0,4 0 100 100 Zwerge In 96 99,6 100 0 0 9 bi. Ex. + 30 L2 37 na. sonst nur Zwerge waren. Also etwa 97% Zwerge oder dasselbe auffallende Verhältnis wie bei der ursprünglichen (aber reziproken) Kreuzung. Man sieht hieraus, daß die frag- lichen Pangene auch im weiblichen Sexual- typus, also beiderseits, labil sind. Eine gute Bestätigung für den labilen Zustand der Alta-Pangene in der männlichen O. biennis gibt die Kreuzung O. (muricata X nanella) velutina X biennis, welche ich 1907 gemacht habe. Sie gab 75% Zwerge und 25% hohe Pflanzen, alle vom Typus Lanrnarckiana ■ biennis (auf 45 Ex.). Die Formel war offenbar (h -|- z) X labil, sonst hätte in Verbindung mit den bereits be- schriebenen Tatsachen keine Spaltung zwi- schen zwei Eltern hoher Statur eintreten können. Die Kreuzung O. nanella X biennis habe ich 1907 wiederholt. Hier fehlten die hohen Pflanzen in der ersten Generation, da- für trat aber eine Zwergform auf, welche der Nanella- Krankheit (s. S. 210) fast gar nicht ausgesetzt war, und aus fast durchaus ge- sunden sehr kräftigen reichlich blühenden und samentragenden Pflanzen bestand. Der Unterschied zwischen ihnen und den schwachen kränklichen Zwergen war auffallend groß, und Übergänge gab es nicht. Beide Typen zeigten sich nachher samenfest und sollen deshalb mit besonderen Namen belegt werden. Ich nenne die schwachen Zwerge Fig. 100 Oenothera nanella X biennis. Die beiden Zwergtypen Semi-alta und Debilis, zweite Generation, Sept. 1909. *) Vergl. Die Mutations-Theorie Bd. II S. 476 und S. 481. Der Typus wurde dort vorläufig mit O. biennis verglichen, stellte sich aber bei der genaueren Untersuchung der Nachkommen in 1907 und 1908 als der O. Lamarckiana Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung biennis gleich heraus. 16 242 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Dcbilis, die starken Zwerge aber Semi-alta, da sie am Schluß der Blütenperiode etwa die halbe Höhe gewöhnlicher Biennis-V&auzen erreichen. Bereits im Juni sind die Blätter der letzteren doppelt so groß wie diejenigen der ersteren; bei der Dcbilis haben sie die breiten Füße, welche die Krankheit anzeigen, hei der Semi-alta sind sie am Grunde ver- schmälert. Im September, als sie völlig verblüht waren, erreichten die einen 15 — 30 cm, die anderen 60 — 70 cm an Höhe. Alle hatten im übrigen die Merkmale der 0. Lamarckiana X biennis. Fig. 101 Oenothera (nanella X biennis) X nanella. Eine gesunde Zwergpflanze beim Anfang der Blüte. Höhe 22 cm. Die Biennis-Eigen- schaften sind ausgeschaltet worden. Ich erhielt den folgenden Stammbaum: Kreuzung 1907 1. Generation 1908 0. nanella X biennis. Debilis Semi-alta 2. Generation 1909 3. Generation 1910 4. Generation 1911 Debilis Debilis Semi-alta Semi-alta Semi-alta Oenothera nanella 243 Fig. 102 Oenothera (nanella X biennis) X nanella. Eine gesunde Rosette, Anfang Juni 1911. Fig. 103 Oenothera (nanella X biennis) X nanella. Eine kranke Eosette, Anfang Juni 1911. 16* 244 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Das Verhältnis in der ersten Generation war 88% Debilis und 12°/0 Semi-alta auf 198 Pflanzen, von denen 44 schwache und 12 halbhohe geblüht haben. Im Jahre 1909 erzog ich 79 und in 1910 63 DeUlis, mit 21 bezw. 30 blühenden Pflanzen. Die drei letzten Generationen der Semi-alta umfaßten 60, 60 und 48 Pflanzen, von denen ich 15, 30 und 25 bis zur vollen Blüte kultivierte. Die Semi-alta-'Püanzen habe ich im Sommer 1910 teils mit Zwergformen, teils mit Arten hoher Statur gekreuzt. Es ließ sich dabei erwarten, daß nach den Regeln der iterativen und sesquireziproken Kreuzungen die Biennis-Merkmale ausgeschaltet werden würden, falls die Ncmella X biennis als Mutter diente. Die gemachten Versuche haben diese Folgerung bestätigt: Oenothera (nanella X biennis) semi-alta. A. Kreuzungen von 1910. Anzahl der Individuen Semi-alta X O. biennis .... 120 „ X O. nanella .... 64 Zweite Generation, 1912 .... 180 Semi-alta < Zwerg aus (b. X n-) V£l- 60 Zweite Generation 200 Semi-alta < O. Lamarckiana . . 34 B. Kreuzungen Semi-alta X O. biennis, 4 Mütter . 282 Nanella X Semi-alta, 2 Mütter. . 156 In dem letztgenannten Versuch ließ ich 17 Semi-alta-PÜ&nzen zur Blüte gelangen. Sie wurden 50—60 cm hoch und hatten je eine reich gefüllte Rispe von großen Blüten, welche ebenso groß waren wie diejenigen der Lamarckiana. Aber das Laub hatte die Merkmale der Biennis behalten. Ferner habe ich die Semi-alta befruchtet mit O. biennis Chicago. 0. Cockerelli und O. cruciata. In diesen Versuchen wurden die Bienm's-Merkinale ausgeschaltet, es trat aber in den beiden ersteren nur einer von den erwarteten Zwillingen auf, und zwar die Vclutina, während in dem letzteren Versuch, wie zu erwarten war, die Bastarde den Typus Gracilis zeigten. Diese aber waren alle den entsprechenden Bastarden aus O. Lamarckiana in jeder Hinsicht gleich. Die Einzelheiten dieser Versuche wurden schon oben (S. 231, 233 und 239) mitgeteilt. le Ex. °l IQ Zwerge °/ /o Zwerge 0 100 debilis 0 100 gesund 0 100 n 0 100 71 0 100 77 15 85 debilis 1911. 0 100 debilis 0 100 83 deb. 73 S.-alta D. Degressive Mutanten Kapitel V Oenothera lata § 1. Spaltung in der ersten Generation Oenothera lata ist bis 1900 auf etwa 130000 Pflanzen 493 Male durch Mutation entstanden, also in etwa 0,4% aller Individuen, und seit- dem ist sie fast alljährlich aus meinen Kulturen von Oen. Lamarckiana in derselben Weise aufgetreten. Sie hat dabei immer dieselben Eigen- schaften gezeigt und somit kann ich für die Beschreibung auf meine Mutationstheorie verweisen. Sie ist durchaus steril, mit dem Pollen anderer Arten aber regelmäßig fruchtbar und die dabei auftretenden Oenothera lata 245 Bastarde mit dem Habitus der Lata sind gleichfalls fast stets steril; nur in ganz vereinzelten Fällen erhielt ich Bastard -Individuen mit gutem Blütenstaub1) (vergl. unten § 4 und 5). Während die drei bis jetzt behandelten Mutanten, 0. brevistylis, 0. rubrinervis und 0. nanella bei ihren Kreuzungen mit älteren Arten sich in der ersten Generation nicht spalten, sondern erst in der zweiten ihnen gleiche Individuen hervorbringen, verhalten sich 0. lata und die demnächst zu behandelnde (). scintillans in dieser Beziehung anders. Sie spalten, soweit untersucht, stets bereits in der ersten Generation. Ich stelle jetzt die hierauf bezüglichen Zahlen in einer Tabelle zusammen, und werde die Einzelheiten der verschiedenen Versuche dann in den nächsten Paragraphen behandeln. Spaltung von Oenothera lata in der ersten Generation nach Kreuzung2) A. Mit 0. Lam. und 0. lala X Lamarckiana . „ „ X brevistylis . . „ „ X nanella . ., „ X scintillans . „ „ X rubrinervis . . .. „ Xgigas .... „ „ X semilaia . B. Mit älteren ., „ X biennis . . . ., „ X biennis Chicago ., ., X Gockerelli . . „ „ X Hookeri . . . Die Kreuzungen mit Lamarckiana und deren Derivaten geben, wie man sieht, hier stets eine Spaltung in der ersten Generation und dieses bedeutet, nach unseren Prinzipien und Definitionen, daß die Lage der betreffenden Pangene einerseits eine inaktive, und anderseits eine labile ist. Wir folgern also, daß die Zata-Pangene entweder in 0. lata inaktiv und in 0. Lamarckiana c. s. labil sind, oder umgekehrt. Mit dieser Folgerung stehen alle bis jetzt beobachteten Tatsachen in vollem Einklang. Die weitere Frage, welche von diesen beiden Möglichkeiten wirklich vorliegt, wurde bei 0. rubrinervis und 0. nanella durch die Kreuzungen Lata Lata 0/ /o im Mittel l Mutanten 4—45 21 15—18 16 24—32 30 24—33 29 5—22 14 49 — :;i; — Alten 40—46 43 3—35 31 5—38 27 8—22 11 J) Samen einer solchen fertilen Rasse, von mir im Tausch ausgesandt, haben bis- weilen zu der Meinung Veranlassung gegeben, daß 0. lata unter Umständen fertil sein könne, vergl. unten, § 5 dieses Kapitels. 2) Nr. 1, 2 und 3 nach Mutationstheorie, Bd. II, S. 400, 441 und 421; Nr. 5 nach a. a. 0., S. 422 und nach Kreuzungen von 1899. Für Nr. 8 — 10 vergl. On triple hybrids, Botan. Gazette T. 47, 1909, S. 1— 8. 246 Pangenetische Untersuchung neuer Arten mit älteren Arten entschieden. Denn hier trat in zahlreichen Fällen die Spaltung erst in der zweiten Generation ein, was bei symmetrischem Fig. 104 Oenothera lata. Gipfel einer einjährigen Pflanze heim Anfang der Blüte. Ende Juli 1911. Verhalten das Vorwalten der MENDELschen Regel bedeutet, bei ein- seitiger Spaltung aber auf die Bastardformel der heterogamen Arten: Oenothera lata 247 (aJct. + inaJct.) X inaJct. hinweist. Beide Fälle stimmen aber darin über- ein, daß sie beweisen, daß die fraglichen Pangene auf keiner Seite labil, sondern auf einer Seite inaktiv sind. Wenden wir dieses auf die Untersuchung- der Lata- Pangene an, so würden wir auch diese in der 0. lata selbst als inaktiv zu betrachten haben, falls diese Art mit irgend einer anderen Form die Spaltungen erst in der zweiten Generation zeigte. Dem ist nun aber nicht so, und daraus geht hervor, daß das Verhalten ein anderes ist als bei 0. rubri- nervis und 0. nanella. Daraus folgere ich, daß die Zata-Pangene in der 0. lata nicht inaktiv, sondern labil sind, und hieraus läßt sich dann ferner schließen, daß sie in der 0. LamarcJciana und deren Derivaten im inaktiven Zustande verkehren1). Offenbar gilt diese Schlußfolgerung zunächst nur für den weiblichen Sexualtypus, und die Versuche mit 0. scintillans lassen ein durchaus anderes Benehmen des männlichen Sexualtypus wenigstens als keineswegs ausgeschlossen betrachten (vergl. Kap. VI). § 2. Kreuzung mit Oenothera LamarcJciana und deren Derivaten Die Folgen der Kreuzung von Oenothera LamarcJciana mit 0. lata habe ich in meiner Mutations-Theorie ausführlich beschrieben. Im Jahre 1907 habe ich eine größere Anzahl von Bestimmungen von Ver- hältniszahlen gemacht und zwar mit Pflanzen verschiedener Herkunft. Ich habe dabei gleichzeitig für jeden Versuch die Anzahl der mutierten Individuen ermittelt, und da ich auf diese im letzten Abschnitt zurück- kommen werde, so gebe ich jetzt die erhaltenen Ergebnisse: I. Oenothera lata X LamarcJciana Anzahl der Indiv. 35 17 144 150 142 95 Die vier Pflanzen der Gruppe A waren als Mutanten ans 0. La- marcJciana entstanden und wurden mit LamarcJciana- Individuen be- fruchtet, welche selbst aus einer Kreuzung dieser Art mit 0. lata her- vorgegangen waren. Die beiden Individuen B waren von derselben Lata Kreuzung A einjährig . . . 1905 A . . 1905 A „ . 1905 A „ . 1905 B zweijährig , . 1906 B „ . . 1906 IVfiif Lata Mittel 1Y1UI* % % 1 26 0 11 24 29 29 8 31 3 3 22 20 21 ') Wollte man dieser Folgerung nicht beipflichten, so müßte man annehmen, daß die Lata- Pangene in der 0. lata inaktiv und in allen anderen bis jetzt mit ihr ge- kreuzten Arten labil seien. Als Analogie könnte man die Labilität der Atta- Pangene im männlichen Sexualtypus von 0. biennis anführen. Einen Beweis könnte man aber nur durch das Auffinden einer Art beibringen, welche die fragliche SpaltuDg erst in der zweiten Generation bedingen würde. 248 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Abstammung , wurden aber mit dem Pollen meiner reinen Rasse von 0. Lamarckiana befruchtet. II. Oenothera lata X LamarcJciana Lata Zweijährig Kreuzung 1906 1906 1906 1906 Anzahl der Indiv. 193 169 201 190 Mut. 6 4 8 9 Lata 7» 19 22 16 19 Mittel 19 Die für diese vier Versuche benutzten Lata- Pflanzen waren aus käuflichen Samen von 0. LamarcJciana gewonnen, welche ich von den Herren Vilmoren - Andrieux & Cie in Paris bezogen hatte, und somit von anderer Abstammung als die von mir kultivierte Rasse. Sie er- gaben aber annähernd dasselbe Resultat. III. Oenothera lata X LamarcJciana Lata Kreuzung Anzahl der Indiv. Mut. Lata % Mittel % A zweijährig 1906 293 3 11 ] A „ A 1906 1906 210 246 8 12 27 24 20 A 1906 301 6 23 B 1906 162 24 6 B B 1906 1906 270 127 7 12 19 19 15 B 1906 235 1 16 Die acht Mütter in diesem Versuche sind als Mutanten aus (Jen. scintillans entstanden. Die vier ersteren Versuche sind unter Glas (A), die vier letzteren im Freien (B) ausgeführt worden. Im ganzen wurden für diese Versuche 2424 Keimpflanzen gezählt, welche 630 Exemplare und somit 20°/o Lata und 126 Mutanten (5°/o) enthielten. Die Erbzahlen für die Lata weichen von den früher er- mittelten nicht wesentlich ab. 0. lata X brevistylis. Die aus dieser Kreuzung erhaltene Kasse habe ich früher unter dem Namen 0. Pohliana beschrieben. Seitdem habe ich den Versuch nicht wieder- holt. Ich beschränke mich somit auf die Bemerkung, daß er lehrt, daß die Pangene, deren inaktiver Zustand das Brevistylis- Merkmal bedingt, sich iu 0. lata in derselben Lage befinden wie in 0. Lamarckiana und somit aktiv sind (vergl. diesen Abschnitt Kap. II). 0. lata >( nanella. Diese Kreuzung liefert in der ersten Generation Individuen von drei Typen: 0. lata, 0. Lamarckiana und 0. nanella (Mutations-Theorie, Bd. II S. 420) und zwar von jeder Form ungefähr ein Drittel. Es ergibt sich hieraus, daß auch die Alta-Y&ngeiie in der 0. lata in demselben Zustande vorkommen wie in der 0. Lamarckiana und somit labil sind. 0. lata ;< rubrinervis. Die früheren Kreuzungen habe ich 1905 und 1911 wie- derholt und die Ernte 1907, 1908 und 1912 ausgesät und zwar jedesmal von verschie- denen Samenträgern. Dabei erhielt ich den folgenden Stammbaum: Oenothera lata 249 Kreuzung 1905, 1911 0. lata X rubrinervis 1. Gen. 1907 Lamarckiana Subrobusta Lata 2. Gen. 1908, 1912 Lamarckiana Subrobusta Rubrinervis 3. Gen. 1912 Subrobusta Rubrinervis Rubrinervis Die zu diesem Stammbaum gehörenden Zahlen sind die folgenden: Zusammensetzung der 1. Generation Kreuzung Nr. 1 1905 . Nr. 2 1905 . Nr. 3 1905 . Nr. 4—5 1911 Anzahl der Indiv. . 98 . 77 . 148 . 211 Lamarck. % 75 72 42 84 Subrobusta % 8 24 32 48 Lata /o 8 4 23 18 Mutanten % 9 3 0 Zusammen 534 56 28 13 Anzahl d. Anzahl d. Lamarck. Subrob. Rubrin. Lal Mütter Indiv. 7o % % 7o 1 74 100 0 0 0 2 161 1) 84 1(5 0 2 160 0 94 (i 0 2 133 0 0 um 0 Zusammensetzung der 2. und -'3. Generation nach Selbstbefruchtung Aus Lamarckiana, 1. Gen. Subrobusta, 1. Gen. 2. Gen. Rubrinervis, 1908 Zu diesen Tabellen ist zu bemerken, daß die Keimlinge für jede Mutter besonders ausgezählt wurden, daß diese Zählungen aber keine merklichen Unterschiede boten, wo zwei Mütter zu einer Zahlengruppe verbunden worden sind. Die Mutanten in der ersten Generation wurden nur iu zwei Fällen gezählt; sie waren, wie ja auch sonst aus O. lata, zahlreich, und zumeist Albida und Obovata. Die in diesem Versuche auftretenden Typen wurden in den verschiedenen Jahren eingehend mit den Abkömmlingen der Kreuzungen von O. rubrinervis mit O. nanella verglichen (siehe S. 215) und stimmten mit diesen in jedem Alter so genau überein, daß ich für die Beschreibung auf die dort gegebene verweisen kann. Die Subrobusta und Rubrinervis wurden zur Blütezeit auf ihre Sprödigkeit geprüft. Die Lata- Pflanzen waren aber an ihren oben abgerundeten und nicht etwa spitzen Blättern kenntlich und verhielten sich bei der Blüte und sonst wie gewöhnliche O. lata, brachten auch, wie diese, keinen normalen Pollen hervor. Aus den mitgeteilten Zahlen ergibt sich, daß diese Nachkommen von O. lata X rubrinervis äußerlich dieselben sind wie diejenigen von O. Lamarckiana rubrinervis und von O. nanella /[ rubrinervis.. Sie bestehen aus einer konstanten Form von O. Lamarckiana und aus der sich nach Selbstbefruchtung spaltenden O. subrobusta. Soweit ich urteilen kann, sind dabei alle Exemplare des ersteren Typus konstant, während alle O. subrobusta. auch in den späteren Generationen, sich in ihren Nachkommen spalten. Dabei spalten sie stets O. rubrinervis ab. Neben dieser Übereinstimmung stehen Differenzpunkte, welche sich auf die Typen O. lata und O. nanella beziehen. War O. lata die Mutter, so tritt diese Form in der ersten Generation auf, wie stets, und die be- treffenden Pflanzen sind steril. Von der Subrobusta werden sie dann nicht abgespalten. War aber die O. nanella die Mutter, so treten Zwerge nicht in der ersten Generation auf, werden aber in den folgenden von der Subrobusta hervorgebracht. 250 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Wir folgern hieraus, daß die Festigkeits - Pangene sich in der 0. lata in derselben Lage befinden wie in 0. Lamarckiana und somit labil sind. Die Lafa-Pangene befinden sich in der 0. lata offenbar in einem anderen Zustande als die Statur -Pangene in der 0. nanella. Erstere sind in 0. rubrinervis in derselben Lage wie in 0. Lamarckiana und somit inaktiv, während sie in der 0. lata selbst labil sind. Um hierüber nähere Erfahrung zu gewinnen, habe ich die Lata- Pflanzen in der ersten Generation unseres Stammbaumes im Sommer 1907 teils mit dem Blütenstaub der den Typus Lamarckiana führenden Ab- kömmlinge derselben Kreuzung, teils mit den £w&ro ^msta-Exemplaren derselben Herkunft befruchtet. Ich erhielt 74 bezw. 112 Nachkommen, unter denen sich 8 bezw. 20% Lata befanden. Die Lala- Pangene waren somit auch in diesen Müttern labil, während sie sich in den beiden Vätern als inaktiv verhielten. Die Kreuzung von 0. lata mit 0. scintillans werde ich in dem folgenden Kapitel (VI) besprechen. Jene mit 0. gigas wurde bereits oben (S. 186) behandelt. Zusammenfassend sehen wir, daß bei der Entstehung von 0. lata aus 0. Lamarckiana die Lata-F&ngene labil werden, während die Pan- gene der Griffellänge, der Festigkeit und der Statur dabei unverändert auf die neue Form übergehen. Denn gegenüber 0. brevistylis, 0. ru- brinervis und 0. nanella verhält sich die Lata wie die Lamarckiana. § 3. Zwillinge von Oenothera lata mit Oenothera biennis Kreuzt man Oenothera Lamarckiana mit 0. biennis, so bekommt man keine Spaltung, sondern eine Mittelform, welche sich in den auf- einanderfolgenden Generationen als konstant erweist. Diesen Bastard habe ich im III. Abschnitt (Kap. IV § 1, S. 156—159) ausführlich beschrieben. Wir haben ferner gesehen, daß 0. rubrinervis und 0. nanella mit dem Pollen von 0. biennis beide genau denselben Bastard geben, der im ersteren Fall einförmig ist, im letzteren aber zum Teil aus hohen Individuen, vorwiegend aber aus Zwergen besteht. Im ersteren Fall waren die Festigkeits-Pangene in der Mutter inaktiv und im Vater aktiv, im letzteren sind die A/fa-Pangene in der Mutter zwar auch inaktiv, aber im Vater (0. biennis) labil. Bei der Kreuzung von 0. lata mit 0. biennis nehmen wir an {§ 1 S. 247), daß die labilen Lafa-Pangene mit inaktiven Antagonisten verbunden werden. Die Lata wird dabei gespalten und wir stellen uns vor, daß dadurch einerseits Lata- und anderseits Lamarckiana -Erb- schaften frei werden, welche sich nun mit den Erbschaften der 0. biennis verbinden. Diejenigen der letzteren Gruppe müssen Bastarde geben, welche genau den oben beschriebenen gleichen, die erstere Gruppe aber solche, welche die Merkmale der 0. lata mit denen der 0. biennis verbinden. Die Erfahrung hat diese Erwartung bestätigt; beide Typen sind in etwa gleichen Zahlenverhältnissen aufgetreten. Oenothera lata 251 Die Kreuzung habe ich 1907 gemacht und zwar teils mit gewöhnlicher 0. biennis. teils mit der Varietät 0. biennis cruciata. Ich erhielt in beiden Fällen nur zwei Typen und zwar in den folgenden Verhältnissen: Kreuzung Anzahl der Indiv. Lata % Lam. X biennis % 0. lata X biennis . . . 258 58 40 n ,i X i, cruciata 34 60 40. Die erste Zeile umfaßt die Kinder von zwei Kreuzungen, deren Einzel ergebnisse miteinander übereinstimmten. Außer den angegebenen kam als Mutante noch eine nanella vor. Die Lata war gleichzeitig Biennis, und als Lam. X biennis sind die Bastarde vom Typus der Lamarckiana X biennis aufgeführt worden, nachdem sie mit diesem selbst zu jeder Jahreszeit eingehend verglichen worden waren. Die Lata-P üdnzen waren mit dem eigenen Blütenstaub sämtlich steril; die übrigen setzten aber reichlich Samen an. Behufs einer zweiten Generation habe icli im Sommer 19(18 eine Pflanze des Typus Lamarckiana X biennis mit ihrem eigenen Blütenstaub befruchtet. Ich erhielt aus ihrem Samen 1912: 45 Exemplare, welche ausnahmslos den elterlichen Typus wiederholten. Ferner wurden zwei Laia-Individuen künstlieh befruchtet, das eine mit den Pollen eines Lamarckiana ö/cmus-Exentplares aus derselben Rasse, das andere mit dem Staub einer artreinen (). biennis. Die erstere Kreuzung gab nur wenige keimfähige Samen, die letztere dagegen eine gute Ernte. Beide Gruppen bestanden zum Teil aus Pflanzen mit dem Typus der Mutter {Lata < biennis). zum anderen Teil hatten sie den hohen Typus Lamarckiana biennis, wie zu erwarten war. Es waren 13 und 131 Exemplare, von denen fast genau die Hälfte (6 und 63) dem ersteren, und die andere Hälfte dem zweiten Typus angehörten. § 4. Drillinge und Vierlinge Unter den in § 1 S. 245 angeführten Arten gibt es drei, welche die Lamarckiana in Laeta und Velutina spalten. Sie tun dasselbe mit der Lata und lehren uns dadurch, daß die Lata bei ihrer Entstehung durch Mutation die Laeta -Fangene der Mutterart im labilen Zustande unverändert übernimmt. Es müssen somit bei den fraglichen Kreuzungen zwei Spaltungen gleichzeitig eintreten, und es können dadurch vier Formen entstehen, welche als reine Laeta und Velutina und als Lata- laeta und Lata- velutina bezeichnet werden können. In meinen bis- herigen Versuchen trat dieses nun auch ein, aber die Lata-laeta-Yer- bindung war stets nur in wenigen Individuen vorhanden oder sie fehlte vollends. Es entstanden somit meist Drillinge und nur selten Vierlinge1). Oenothera lata x Hookeri. Die aus dieser Kreuzung entstehenden iaia-Pflanzen führen einen reichlichen und anscheinend normalen Pollen, und sind bei Selbstbefruchtung in nahezu demselben Grade fertil, wie die Mutantrasse 0. lata nach Bestäubung mit 0. Laniarckiana. Sie eignen sich deshalb zu verschiedenen Versuchen und lehren die Lata in diesen als eine inkonstante heterogame Rasse kennen. Ich habe die Kreuzung 1905 gemacht und 1909 und 1911 wiederholt, und gebe zunächst den ans der ersteren abgeleiteten Stammbaum: x) Vergl. On triple hybrids, Bot. Gazette T. 47, 1909, S. 1— 8. Die Oeno- thera Cockerelli wurde in diesem Aufsatz vorläufig mit 0. strigosa zu einer Großart zusammengefaßt und somit unter dem letzteren Namen aufgeführt 252 1905 1906 1908 1912 Lada Pangenetische Untersuchung neuer Arten 0. lata X Hookeri Vdutina Velutina-lata Vdutina Vdutina V. Lata Vdutina V. Lata Laeta-lata Vdutina Vdutina Vdutina Wie man sieht, spaltet sich die Lada in derselben Weise, wie aus den Kreuzungen zwischen 0. LamarcMana und 0. Hookeri und bleibt die Vdutina konstant, wie dort. Dagegen spaltet sich die Velutina-lata nach Selbstbefruchtung in der Mutter gleiche, als V. Lata angedeutete Velutina-lata -Exemplare und iu reine Velutina. Die erstere wiederholt die Spaltung nach Selbstbefruchtung, die letztere bleibt konstant. Die Laeta-lata trat nur in zwei Exemplaren auf, welche nahezu keinen fruchtbaren Pollen hervorbrachten und nach Selbstbestäubung trotz der Anhäufung allen Pollens auf wenige Narben, steril waren. Die zu diesem Versuche gehörenden Zahlen sind die folgenden: Befruchtet Anzahl d. Mütter Anzahl d. Indiv. Laeta % Velutina % Velutina- Lata Ol L,aeta- Lata % 0 0. lata X Hookeri 1905 1 51 53 39 8 ?) V X ,, 1905 1 229 45 47 7 1 ?i n X 1905 1 95 33 34 30 3 jj » X 1907 1 72 49 28 22 0 v •>•> X 1907 1 53 40 47 13 0 y> >•> 1911 Zusammen und 2 504 14 61 22 o O im Mittel 1004 39 43 17 1. Laeta, 1. den. . . 1906 1 122 26 72 0 )■> 2. Gen. . . 1908 1 159 47 53 0 Velutina . 1. Gen. . . 1906 1 120 0 100 0 j: 2. Gen. . . 1908 2 556 0 100 0 Lata, 1. (ien. . . 1906 2 187 0 82 18 v 1. Gen. . . 1908 2 338 0 77 23 )•> 1. Gen. . . 1908 2 357 0 87 13 j) 2. Gen. . . 1908 1 223 0 96 4 ji 2. Gen. . . 1908 1 269 0 89 11 Velutina aus Lata . . 1908 1 79 0 100 0. Die Laeta-lata waren zwei Pflanzen in 1908; diese waren aber, wie bereits bemerkt, steril. Ferner 3 Exemplare aus einer zweiten Kreuzung von 1905 und 14 aus der 1911 gemachten Verbindung, für welche die Late-Pflauzen teils einjährig, teils zweijährig waren, aber beide unter hoher Glasbedeckung und auch sonst unter besonders günstigen Bedingungen zu sehr kräftigen Individuen heranwuchsen. Die zweijährige Mutter gab deren 9, die einjährige aber nur 5, beides auf etwa 250 Exemplaren. Fast alle diese Pflanzen (im ganzen 19) wurden bis zur Blüte kultiviert und waren durch grasgrüne, anscheinend nahezu unbehaarte, viel breitere Blätter und Bracteen sehr auffallend von den Velutina-lata- Pflanzen verschieden. Sie bildeten diesen gegenüber einen ganz eigenen Typus. Die Laeta und Velutina waren in allen diesen Versuchen äußerlich den Zwillingen von 0. LamarcMana X Hookeri und deren reziproken Kreuzung völlig gleich. Vergl. Tafel XIII — XVI. Die Velutina-lata-Vüamzen hatten die schmalen Blätter der Velu- tina und die runden, nicht zugespitzten Blattgipfel der Lala, sowie kleine Blüten, deren Griffel und Narben den eigentümlichen Bau der O. lata, wenn auch etwas weniger aus- geprägt, wiederholten. Die Laeta-lata habe ich dann 1908 mit dem Blütenstaub einer Laeta aus O. LamarcMana < Hookeri befruchtet. Ich erhielt dabei eine ausreichende Ernte, welche mir 166 Pflanzen lieferte. Von diesen waren 28% Laeta, 64% Velutina und 8% Velutina-lata, während die Laeta-lata sich nicht wiederholte. Oenothera lata 253 Die Yelutina-lata habe ich noch weiter untersucht, teils um zu erfahren, ob ihr Blütenstaub die Lato-Eigenschaften übertragen kann, teils um zu sehen, ob ihre Eizellen dieses auch in Verbindung mit anderem Pollen vermögen. Ich machte die folgenden Kreuzungen in 1908 zwischen den im Stammbaum angeführten Bastarden: Kreuzungen von 0. (lata Hookeri) velutina-lata. Anzahl Laeta Yelutina Lat d. Indiv. 0 11 % 7o Yelutina • Lata 125 (1 100 (i J? 's Jl 147 0 100 0 Lata X Yelutina 91 0 89 11 Lata Laeta 116 12 7(1 12. Wie man sieht, besitzt die Velutina-lata in ihrem Blütenstaub nicht das Vermögen, die Lato-Erbschaften auf ihre Nachkommen zu übertragen. Sie ist somit eine heterogame Basse, und hat diese Eigenschaft wohl von ihrer Mutter, der O. lata geerbt. Es deutet dieses darauf hin, daß die reine O. lata, falls sie Blütenstaub hervorbringen könnte, in demselben Sinne heterogam sein würde. Die beiden letzten Zeilen der obigen Tabelle zeigen, daß auch mit dem Pollen der Vdutina und der Laeta zum Teil Lato -Pflanzen entstehen, und bestätigen somit die Vererbung der betreffenden Eigenschaften in der weiblichen Linie. Wegen des besonderen Interesses dieses Blütenstaubes habe ich damit auch die reinen Arten O. Hookeri. O. Lamarckiana sowie O. lata befruchtet (1908 in der zweiten Generation): Befruchtung mit dem Pollen von O. (lata Hookeri) velutina-lata -ry c ,, Anzahl d. Laeta Yelutina Lata Befruchtet T ,. Indiv. o/o o/o o/o O. Hookeri .... 138 0 100 0 „ Lamarckiana . . 134 10 84 0 „ lata 98 12 75 13 Die Laeta und Yelutina waren dieselben Formen, wie sie aus den Hookeri- Kreuzungen auch sonst entstehen. Die Lata führten den Typus der Lato -Bastarde des oben gegebenen Stammbaumes. Wie man sieht, verhält sich der Lata-Blütenstaub auch hier wie der Staub einer normalen O. Hooker i-relutina . und vermittelt er somit keine Laia-Erbschaften. Oenothera lata ■ Cockerelli. Im Sommer 1905 befruchtete ich fünf Pflauzen von O. lata mit dem Staub der O. Cockerelli, wiederholte die Operation 1908 und 1911 und säte die Samen 1907, 1908 und 1912 aus. Ich zählte die Kinder für jede Mutter ge- trennt aus, führe das Ergebnis aber in Gruppen von je zwei Müttern an, wo diese nur weni( biennis Chicago. Diese Kreuzung habe ich zu wiederholten Malen, im ganzen auf neun Lato-Individuen gemacht. Ich erhielt dabei die folgenden Resultate: Kultur Anzahl Anzahl Laeta Velutina V elutina-lata Lada-lata •euzung d. Mütter d. Kinder % % % % 1905 1906 1 33 27 70 3 0 1905 1907 1 78 34 29 37 0 1905 1908 1 167 36 28 35 0 1905 1912 2 396 9 74 16 1 1907 1912 2 42 12 52 31 5 1908 1912 2 378 11 73 15 1 Zusammen 9 1093 21 55 23 1 Die auffallenden Schwankungen dieser Verhältniszahlen deuten wohl auf eine starke Abhängigkeit von den Kulturbedingungen hin. Lada-lata- Individuen wurden nur in den Kulturen von 1912 gefunden, in denen besonders auf sie geachtet wurde. Es waren im ganzen 7 Pflanzen, von denen 5 geblüht haben, die beiden anderen aber kurz vor der Blüte ausgerodet werden mußten. Sie gaben sich durch die ganze Tracht sofort als Mittelbildungen zwischen Laeta und Lata zu erkennen, indem sie breite, grasgrüne, *) Über einen in dieser Kultur entstandenen 0&Zo»pa-Mutanten vergl. den letzten Abschnitt Kap. II § 4. Oenothera lata 255 anscheinend unbehaarte Blätter und Brakteen, dicke Blütenknospen und Blüten vom Bau der Lata hatten. Die Laeta und Velutina glichen durchaus den entsprechenden Zwillingen von 0. Lamarckiana X biennis Chicago und waren in den beiden folgenden Generationen völlig konstant und einförmig. Ich hatte aus zwei Laeta der ersten Generation 69 und 139 Kinder, welche alle Laeta waren, und aus der Velutina 38 und 158 Kinder, alle Velutina. Die Samen dieser zweiten Generation gaben in der einen Linie nur Laeta (70 Pflanzen), in der anderen nur Velutina (90 Individuen). Die übrigen LV/ia-Pflanzen waren sämtlich deutlich Lata-velulina. Sie hatten kleine Blüten, deren Antheren die Narben berührten, und vereinigten im übrigen die Merkmale der 0. lala mit denen der Velutina, wie sie 0. biennis Chicago aus 0. Lamarckiana her- vorbringt. Im Sommer 1907 bestäubte ich diese Lata mit dem Pollen reiner Lamarckiana und fand, daß sie sich dabei tatsächlich wie Lata-velutina und nicht wie gewöhnliche Lata verhielten, denn sie spalteten ihre Nachkommen in Laeta und Velutina; ich erhielt: Anzahl d. Laeta Velutina Lata Individuen % % % 0. (lata X bien. Chic.) lata-velutina X Lam. 35 57 34 9 X „ 30 54 28 18 Die Fruchtbarkeit war, wie man sieht, in dieser Kreuzung eine sehr geringe. Die Lata-velutina- Individuen bildeten ein wenig Pollen. Die an diesem Staub reichste Pflanze wurde unter Abschluß des Insektenbesuches damit befruchtet, gab aber nur 18 keimfähige Samen (1908). Diese wurden 1912 ausgesät und es entstanden daraus 11 Velutina- und 5 Lata-velulina -Exemplare nebst zwei Mutanten (wahrscheinlich zum Typus der Obovata gehörend). Es genügte dieser Versuch, um zu zeigen, daß auch diese Lata sicli bei Selbstbefruchtung ebenso spalten, wie sterile Lata-Püauzen bei Fremd- bestäubung. Den Blütenstaub der übrigen Lata-velutina- Pflanzen von 1908 brachte icli auf die Narben kastrierter Blüten zweier Veluüna-l&xemylare aus derselben Rasse. Es handelte sich um die Frage, ob in diesem Staub die Lato-Merkmale vererbt werden oder nicht. Ich erhielt 109 und 49, zusammen also 158 Kinder, welche ausnahmslos Velutina waren (1912). Es war somit: O. (lata X bi. Chicago) velutina < O. (lata X bi. Chicago) lata = O. (lata ■ bi. Chicago) velutina. Oder mit anderen Worten, es verhält sich diese Lata bei Selbst- befruchtung wie eine heterogame Rasse, deren spezielles Merkmal nur in den Eizellen, nicht aber im Pollen vererbt wird. Dasselbe war ja auch der Fall bei den anderen selbstfertilen Lata-Hyhriden. Fassen wir die angeführten Zahlen übersichtlich erhalten wir die folgenden Gruppen : Erste Generation % 21 Laeta 48 Velutina 31 Lata-Velutina 21 Laeta 55 Velutina 1 Lata-Laeta 23 Lata-velutina O. lata X CocJcerelU O. lata X O. bienn. Chic. Zweite Generation 80 Laeta 158 Velutina 208 Laeta 196 Velutina zusammen, so Dritte Generation 123 Laeta 115 Velutina 70 Laeta 90 Velutina O. lata X O. HooJceri 39 Laeta | . r f 47 '% Laeta j26°/o Laeta \h^i Velutina 72% Velutina 256 PaDgenetische Untersuchung neuer Arten Erste Zweite Dritte Generation Generation Generation 43 Velutina 120 Velutina 556 Velutina 1 Lata-laeta | 82°/o Velutina 79 Velutina 17 Lata-velutina in(l/ r , [ 89° /o Velutina i 18% Lata \moUta § 5. Eine fertile Rasse von Oenothera lata Die durch Mutation entstandenen Exemplare von Oenothera lata waren bis jetzt ausnahmslos steril. Unter den oben beschriebenen Bastarden kamen aber solche vor, welche mitunter ein wenig brauch- baren Blütenstaub machten und die 0. lata X HooJceri war daran ver- hältnismäßig' reich. Sie führte alter sehr deutlich die Merkmale beider Eltern. Eine fertile Rasse von 0. lata, welche dieser Form im übrigen durchaus gleich ist, habe ich aus einer Kreuzung mit 0. semilata er- halten1). Diese letztere ist eine Mutation, welche 1895 aus der da- maligen Rasse von 0. lata entstanden war und sich bei Selbstbefruch- tung als konstant erwies (Mut. -Theorie Bd. I S. 202 und 254). Sie war äußerlich der 0. lata sehr ähnlich, aber die Eigenschaften waren in jeder Beziehung weniger ausgeprägt. Aus der Kreuzung erhielt ich 105 Keimlinge, von denen 39 Lata, 5 Mutanten und die übrigen 0. LamarcMana waren (a. a. 0. S. 255). Die so erhaltene Bastardrasse (1897) habe ich daun durch vier weitere Generationen kultiviert (1901, 1904, 1905, 1907). Anfangs befruchtete ich die Lato-Pflanzen mit dem Blütenstaub der aus derselben Mutter entstandenen ia»mrcHana-Exemplare. Ich erhielt dabei, je nach den Jahren, 10 — 12% oder 27 — 37% Lata, mit 2 — 5% Mutanten und sonst nur hohe Pflanzen vom Lamarekiana-Typus. Im Sommer 1905, in der vierten Generation, schien mir der Blütenstaub der Lata-Vü&nzen für Selbstbefruchtung auszureichen. Aller- dings war er gar nicht reichlich, und nur in sehr vereinzelten Blüten ebenso gut ent- wickelt wie der Pollen der Lamarekiana. Ich ließ im August 36 Knospen ohne Zutritt von Insekten ihre Antheren öffnen und fand 21 durchaus steril, 11 mit ganz geringen Spuren von Pollen und nur 4 (oder 12%) Knospen mit etwas mehr Staub. Ich sammelte dann den Pollen möglichst vieler Blüten auf wenige Narben, und erhielt in dieser Weise 0,5 — 2 ccm guten Samen pro Pflanze. Auch in anderen Jahren fand ich als Regel teils sterile und teils in verschiedenen Graden fruchtbare Antheren und Blüten. Diese mit dem eigenen Staub befruchteten Samen der Lata- Pflanzen der vierten Generation lieferten mir 1907 die fünfte. Es waren vier Samenträger, welche zusammen 442 Kinder gaben, unter denen ich 33% Lata und 4% Mutanten zählte. Im Jahre 1912 habe ich diese fünfte Generation wiederholt, erhielt wiederum denselben Gehalt an iMta, 32% auf 249 Exemplare. Von den Lata- Pflanzen konnten einige mit dem eigenen Staub befruchtet werden, während andere ihre Antheren nicht oder fast nicht öffneten. Diese Zahlen stimmen mit denen der durch Lamarekiana befruchteten Zaia-Pflanzen überein. Sie begründen eine Rasse, welche sich in dieser Beziehung genau so verhält, wie die selbstfertile 0. scintillans. Es deutet dieses auf einen hohen Grad der Überein- *) Samen dieser fertilen Lata- Rasse habe ich 1904/1905 und später an mehrere Fachgenossen gesandt (vergl. obeu S. 245). Oenothera scintillans 257 Stimmung zwischen diesen, in ihrem Äußeren so sehr verschiedenen, aber in ihren Kreu- zungen so ualie verwandten Arten, hin. Ferner deutet die Spaltung dieser selbstbefruchteten Lato -Pflanzen darauf hin, daß die Lato-Pangene sich in ihren Eizellen in derselben Lage befinden, wie in gewöhn- licher 0. lata, in den Pollenkörnern dagegen in demselben Zustande wie in der Mutter- art, der 0. Lamarckiana. In der vierten Generation (1905) dieser Rasse sind durch Mutation zwei Zwerge entstanden. Der eine hatte nebenbei die Merkmale der Lamarckiana, der andere die- jenigen der Lata. Beide hatten Pollen, und wurden damit rein befruchtet. Der erstere gab eine einförmige Nachkommenschaft (1907 48 Exemplare), ausnahmslos aus gewöhn- lichen Zwergen gebildet. Die letztere gab zwar auch uur Zwerge (1907 27 Exemplare), spaltete sich aber in bezug auf die Lato-Merkmale in 9 Lato-Zwerge und 18 gewöhnliche Zwerge, welche letzteren nach Selbstbefruchtung konstant waren (1908 80 Exemplare aus zwei Samenträgern). Somit spalteten sich die Lata aucli unter den Zwergen und zwar in demselben Verhältnis wie sonst (etwa 33%)- Kapitel VI Oenoth era sc intillans § 1. Spaltung- nach Selbstbefruchtung Die Oenothera scintillans unterscheidet sich von den übrigen Deri- vaten der O. Lamarckiana dadurch, daß sie nach Selbstbefruchtung inkonstant ist. Je nach den untersuchten Individuen treten dabei etwa 35 — 40% oder weniger Scintillans, oder aber 70 — 80% auf. Die übrigen Exemplare sind dann großenteils Lamarckiana, aber mit einem meist bedeutenden Gehalt an Oblonga (oft bis 20%), und einigen anderen Mutanten, unter denen O. lata und O. nanella die gewöhnlichsten sind (vergl. Die Mutations-Theorie Bd. I S. 274—280). Selbst ist die Scintillans bis 1900 als Mutant 14 Male und zwar entweder ans O. Lamarckiana oder aus O. lata aufgetreten. Auch später sind sie mehrere Male neu entstanden und zwar wiederum aus diesen beiden Arten. In den Jahren 1905 — 1910 habe ich eine Reihe von Zählungen gemacht, welche das Mitgeteilte bestätigen. Zunächst habe ich von der 1895 aus O. Lamarckiana ent- standenen Rasse, deren erste Generationen etwa 35°/0 Scintillans gegeben hatten, die vierte und fünfte Generation auf ihre Zusammensetzung geprüft. Ich fand die folgenden Verhältnisse: Oenothera scintillans, 4. und 5. Generation -rr ,. n ,. Anzahl Anzahl « Kultur Generation , ,,..,. i T v d. Mutter d. Indiv. 1905 4. 9 560 1908 4. 3 196 1908 5. 2 139 Von den Mutanten in der letzten Spalte waren 2 und 1 % Lata, 1 % Nanella, und 1% unbekannter Natur. Die übrigen Individuen waren anscheinend normale Lamarckiana. Im Jahre 1908 entstanden aus meiner damaligen Kultur von O. lata zwei sehr kräftige und schöne Exemplare von 0. scintillans, welche unter möglichst günstigen Be- dingungen erzogen wurden und nach künstlicher Selbstbefruchtung in demselben Jahre reichlich Samen trugen. Ich fand für die Zusammensetzung ihrer zweiten und dritten Generation die folgenden Zahlen: Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung 17 itillans Oblonga Mutanten % % % 19 10 0 13 16 3 8 24 2 258 Pangenetisehe Untersuchung neuer Arten Oenothera scintülans aus 0. lata Kultur Generation Anzahl d. Intliv. Scintülans % 28 39 30 Oblongä % 11 8 0 Lai 0/ 1909 Nr. 1 1909 Nr. 2 1910 Nr. 1 2. 2. 3. 179 163 21 10 1 2 0 Die (ihrigen Individuen hatten die Eigenschaften der 0. Lamarekiana . Die letzte Zeile bezieht sich auf die Nachkommen der in der ersten Zeile aufgeführten Scintillans- Pflanzen. Von dieser Kultur Nr. 1 (1909) befruchtete ich auch eine öblonga- Pflanze, und säte 1910 ihre Samen. Es waren nur 22 junge Individuen, welche aber alle deutlich den Typus der Ohlonga führten. Fig. 10.'» Oenothera scintülans. Junge Rosette neben Pflanzen von 0. Lamarekiana, 1904. § 2. Die erblichen Eigenschaften des Pollens Nach den Erfahrungen, welche im zweiten Abschnitte über die Heterogamie besprochen worden sind, ist es klar, daß die Inkonstanz der 0. scintülans derselben Gruppe von Erscheinungen angehört, und somit darauf beruhen muß, daß die erblichen Eigenschaften in ihren Eizellen nicht dieselben sind wie in ihrem Pollen. Wir haben somit beide Sexualorgane getrennt zu untersuchen. Dabei wird sich zeigen, daß dem Pollen die Fälligkeit abgeht, mit anderen Arten Scintillans- Pflanzen hervorzubringen, während die Eizellen solches bei Kreuzungen regelmäßig und wohl in allen bisher untersuchten Fällen tun. Der Pollen verhält sich in dieser Beziehung wie reiner Lamarekian «-Pollen. Zunächst habe ich den Blütenstaub der Scintillans-Imliviänen auf die Narben von 0. Lamarekiana und deren Derivate gebracht. Ich erhielt die folgenden Zahlen: Oenothera scintillans 259 Kultur von Oenoih ira scintillans Kreuzung Anzahl •1. Indiv. La in. % Scint. °/o Andere Ol /o 0. Lamarckiana scint. LS! IS 130 100 0 0 ii •• 1908 70 100 ii 0 <>. rubrinervis < ii l'.IOS 85 64 n 36 Subrobusta1) <>. lata ■: ii 1899 040 70— 71 ii 24—2!) Lata n ■ •■ 1899 90 70 ii 30 Lata 0. oblonga ■. •• 1910 75 17 0 82 Oblonga -f-1 Lala Fig. 100 Oenothera scintillans und <). Lamarckiana. Ältere Rosetten im September 1900. sammen photographiert, um den Grüßenunterschied zu zeigen. Zu- Die drei erstgenannten Kulturen umfaßten je die Kinder einer einzelnen Kreuzung; die Late-Kulturen beziehen sich aber auf 3 bezw. 2 Hütter. Von den beiden 1908 ge- machten Kreuzungen habe ich einige Kinder mit dem Lamarckiana- Typus mittelst des eigenen Pollens reiu befruchtet. Sie zeigten sich konstant, da die Nachkommen ein- förmig Lamarckiana waren (186 und 60 Individuen). In zweiter Linie habe ich die Verbindungen untersucht, welche eine Spaltung in Laeia und Velutina, bezw. in Densa und Laxa erwarten ließen. Diese trat genau in derselben Weise ein, wie bei den entsprechenden Kreuzungen von O. Lamarckiana und auch hier wurden keine Exemplare mit dem Typus der O. scintillans beobachtet. ]) Diese Pflanzen waren äußerlich mehr einer Laeta als einer „Subrobusta" ähn- lich, spalteten aber iu der zweiten und dritten Generation, wie die letztere, O. rubri- nervis ab (1910, 1912). 17* 260 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Oenothera scintillans A. Spaltung in Lada und Velutina Anzahl Lada Velutina Scintillans d. Indiv. o/o o/o o/o 0. muricata X scintillans 45 64 36 0 0. Hooker i X „ 80 25 75 0 B. Spaltung in Densa und Laxa Individuen Densa Laxa Scintillans % % % 0. bienn. Chicago X scintillans 62 59 41 (l Die Kreuzungen sind alle im Jahre 1908 gemacht worden. Von den 1909 aus- gezählten Kulturen habe ich dann je einen Teil zur Blüte gelangen lassen und einige Exemplare mit dem eigenen Stauh rein befruchtet. Alle Typen erwiesen sich dabei als konstant in hezug auf den Mangel an Scintillans: die Lava spaltete sich aber in der- selben Weise wie bei der entsprechenden Kreuzung von 0. Lamarckiana. indem sie 80% Laxa und 20°/0 4! „ (3 Mütter) 1908 120 5 27 7 60 „ » >! X »••:•• 1908 288 17 10 11 62 „ )! )! X rubrinervis . . 1908 63 1 75 15 9 Subrob. » » X oblonga . . . 1908 63 1 81 18 0 Oenothera scintillans 261 Ich untersuchte die zweite Generation der Zawarefo'ana-Exernplare für die ver- schiedenen Kreuzungen und fand sie konstant (185, 143 und 147 Exemplare in 1910). Ebenso untersuchte icli die Oblonga der ersten Generation nach Selbstbefruchtung im zweiten, und die Subrobusta im vierten Versuch. Ich zählte 7 und 63 Keimlinge, welche ausnahmlos ihrer Mutter gleich waren. Die aus den drei ersten Versuchen ent- standenen Zwerge vereinigten in sich, soweit untersucht, die Merkmale beider Eltern. Wir können auf diese Ergebnisse die für 0. lata S. 244 angestellten Betrachtungen anwenden, und kommen dann zu der Folgerung, daß die ) Vgl. bei 0. lata § 4: Drillinge und Vierlinge S. 251. n n X Hook er i ?< » X » >' X Cockerelli » )! „. » » X biennis Anzahl d. Indiv. 140 Laeta Velutina % % 100 0 Scint. % 0 77 0 100 0 104 31 69 0 155 0 100 0 58 100 (l 0 63 0 100 0 60 100 0 262 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Selbstbefr lichtete Bastarde von Oenothera sciniillans Kreuzung Bastard 0. seintillans < bien. Chicago Laeta „ ., „ ,. . Velutina . . Laeta . . . Velutina Laeta Velutina . . Lam. X bien. Die Bastarde der letzteren Kreuzung hatten einförmig den Typus der Lamarcki- ana X biennis, den auch die erste Generation hatte. Fassen wir das in diesem Paragraphen Behandelte nochmals zu- sammen, so finden wir. daß Oenothera seintillans dadurch inkonstant ist, daß ihre Eizellen und ihr Blütenstaub, nach Art der heterogamen Spezies, nicht dieselben erblichen Eigenschaften haben. Die einen spalten die anderen. Dabei stimmt der Blütenstaub in allen unter- suchten Punkten mit demjenigen der typischen 0. LamarcMana überein. und werden die Spaltungen somit vorwiegend von den Eizellen bedingt. Diese verhalten sich, in bezug auf die Scintilläns-'Eig&n.schait, genau so wie die Eizellen der Lata in bezug auf das Merkmal dieser Art, d. h., sie lassen bei allen Kreuzungen, sei es mit 0. LamarcMana und deren Derivaten, sei es mit den älteren Arten, in der ersten Generation Seintillans- Individuen auftreten. Diese spalten sich nach Selbst- befruchtung wieder, alle anderen daneben entstehenden Bastarde aber sind konstant, vorausgesetzt, daß die entsprechenden Hybride aus Kreuzungen von 0. LamarcMana eine einförmige Nachkommenschaft geben. Die Oenothcra seintillans verhält sich somit wie die 0. lata und nicht wie 0. rubrinervis und 0. nanella. Dementsprechend kann sie das Scintillans-PnngeM nicht im inaktiven Zustand enthalten. Es muß in ihr labil, und somit in der 0. LamarcMana und alleu übrigen Arten inaktiv sein. E. Abweichende Typen Kapitel VII Oenothera oblonga Tafel XX und XXII § 1. Spaltung in der ersten Generation Oenothera oblonga ist eine der häufigeren Mutanten aus 0. La- marcMana, indem sie alljährlich in etwa 1 — 2 % der Individuen auf- tritt. Soweit untersucht, bildet sie dann jedesmal sofort eine konstante Basse, und sind die Merkmale der einzelnen so entstandenen Bässen durchaus dieselben. Sie sind sowohl als ganz junge Bosetten als auch Oenothera oblonsra 263 im späteren Leben stets leicht und mit Sicherheit zu erkennen, und also für Zählungen und Bestimmungen prozentischer Verhältnisse sehr geeignet. Zweijährige Individuen bilden dicke, samenreiche Früchte, auch bei den meisten Kreuzungen, aber einjährig blühende Pflanzen haben oft nur dünne Früchte mit sehr geringer Ernte. Bei diesen Kreuzungen verhält sich unsere Art durchaus anders als die bisher besprochenen, und zwar so, daß die Erwartung, welche Fig. 107 Oenothera oblonga. In der 3Iitte ein spät blühendes Exemplar. Links und rechts der untere und der obere Teil einer nahezu verblühten Pflanze. Sept. 1909. man für eine spezielle Verbindung der Oblonga aus den Ergebnissen der entsprechenden Kreuzungen der anderen Derivate ableiten könnte, in der Regel nur etwa halbwegs erfüllt wird. So tritt z. B. überall, wo man eine Spaltung in Laeta und Velutina erwarten würde, nur die letztere auf. Ich führe zunächst als Beispiele die beiden reziproken Verbindungen mit 0. nanella an. Die Stammbäume sind die folgenden: 264 Pangenetische Untersuchung neuer Arten A. Kreuzung 1908 0. oblonga X nanella 1. Generation 1909 15°/o Oblonga 85°/o LamarcJciana \ I 2. Generation 1910 Oblonga LamarcJciana B. Kreuzung- 1908 0. nanella X oblonga 1. Generation 1909 LamarcJciana 2. Generation 1910 LamarcJciana In diesen beiden Versuchen fällt zunächst auf, daß Zwerge völlig* fehlen. Sie entstehen weder in der ersten noch in der zweiten Gene- ration, während in unseren früheren Versuchen mit Zwergen fast stets entweder das eine oder das andere der Fall war. Kreuzt man 0. nanella mit LamarcJciana und ihren Derivaten, so findet man fast stets Zwerge in der ersten Generation; mit Mubrinervis und einigen älteren Arten treten diese aber erst in der zweiten auf. Auf Grund unserer Prinzipien und Definitionen müssen wir somit annehmen, daß keine von den beiden dort unterschiedenen Möglichkeiten hier vorliegt, oder m. a. W. , daß die A^a-Pangene in der 0. oblonga weder aktiv noch labil sind. Und da die Statur der Oblonga sofort lehrt, daß sie auch nicht inaktiv sind, so müssen wir uns nach ganz anderen Ursachen umsehen. Es liegt auf der Hand anzunehmen, daß diese in Assoziationen der Pangene zu suchen sind, wie wir solche z. B. in dem Vorzuge kennen gelernt haben, mit welchem die Zwergstatur sich nach Kreuzungen mit den Eigenschaften der Laeia verbindet, während Velutina- Zwerge mehrfach dort fehlen, wo man sie erwarten dürfte (vergl. Kap. VIII, § 3). Ich habe diese Assoziationen aber bis jetzt nicht näher untersucht, und muß hier also auf eine eingehendere Auseinandersetzung verzichten. In zweiter Linie fällt auf, daß die Bastarde in beiden Versuchen ausschließlich oder doch vorwiegend zu den Eigenschaften der gemein- schaftlichen Vorfahren der beiden Eltern zurückkehren. Diesen experi- mentellen Atavismus habe ich in meiner Mutations-Theorie zumal für Oenothera lala X nanella beschrieben. Dort treten aber die La- marcMana-~Pütmzen in der ersten Generation neben Lata und Nanella auf, und zwar in ungefähr gleichen Verhältnissen. Hier stehen sie allein, oder fast allein. Man kann die beiden Fälle als parallel betrachten, wenn man annimmt, daß in den Oblonga- Kreuzungen ein Teil der zu erwartenden Typen unterdrückt wird. Diese Auffassung läßt sich nun auch auf die Oblonga selbst an- wenden. Sie entspricht der Erwartung im Versuch A, nicht aber im Versuch B. Im ersteren verhält sie sich, wie die meisten anderen Deri- vate, in letzterem würde man sie entweder in der ersten, oder doch in Oenothera oblonga 265 der zweiten Generation erwarten, aber in beiden fehlt sie. Die ein- fachste Annahme ist selbstverständlich, daß die beiden reziproken Kreuzungen zn derselben Erwartung- berechtigen (d. h., daß die Oblonga sich isogam verhält), und somit würde mau für die erste Generation für beide eine Dreispaltung in Oblonga, Lamarckiana und Nanella berechnen, welche dann mit den Ergebnissen bei 0. lata nanella völlig über- einstimmen würde. Das Fehlen von einem oder zweien dieser Typen müßte dann vorläufig unerklärt bleiben. Mit diesen auffallenden Einschränkungen verhalten sich die sämt- lichen von mir geprüften Kreuzungen der 0. oblonga wie die ent- sprechenden Verbindungen der anderen Derivate der Lamarckiana. Stets treten nur solche Bastarde auf, welche sich auf Grund der Analogie vorhersagen lassen; stets fehlen von diesen aber einer oder zwei Typen. Ans dem Umstände, daß niemals Spaltungen in der zweiten Generation auftreten, folgern wir, wie für 0. lata und 0. scintillans, daß die OMonga-V angene in 0. oblonga labil sind; hier aber in den beiden Sexualtypen. Die Spaltungen in der ersten Generation deuten dann darauf hin, daß die betreffenden Erbschaftsträger in O. Lamarckiana und ihren meisten Derivaten, sowie in den meisten älteren Arten im inaktiven Zustande verkehren. Ich führe jetzt die von mir gemachten Kreuzungen in tabellarischer Form an, um zu zeigen, in welchen Fällen Oblonga in der ersten Generation auftrat, und in welchen nicht. Die anderen Bastardtypen werde ich dann im nächsten Paragraphen besprechen. Ich bemerke dabei, daß in den Verbindungen mit den älteren Arten die OÄ/ow/<7- Exemplare in gewissem Grade intermediär zwischen diesem Typus und dem anderen Elter sind. Stets tragen sie die Merkmale dieses letzteren mehr oder weniger deutlich zur Schau. Dadurch sind die einzelnen G6/ow/a-Bastarde unter sich verschieden, wenn auch durch so geringe Unterschiede, daß sie sich oft einer Besehreibung entziehen. Kreuzungen von 0. oblonga Prozent Oblonga in A Obl. X A A X Obl. I. Mit Lamarckiana und deren Derivaten Lamarckiana . . 4 — 14 0 Nanella .... 15— 4(j 0 Lata 0 Rubrineräs ... 20 0 Scintillans ... 81 18 IL Mit älteren Arten Biennis .... 40 0 Biennis Chicago . 8 — 16 — 38 0 Cruciata .... — ') 0 Cockerelli ... 41 0 Hooker i .... 11—24 0 Muricata. ... — *) 0 Falls Oblonga als Vater benutzt wurde, treten somit mit einer einzigen Aus- nahme niemals Oi/on^a-Exemplare auf. Diese Ausnahme ist aber 0. scintillans, welche ja fast stets in ihren Kreuzungen mit den verschiedensten Arten als Vätern mehrere Prozent Oblonga hervorbringt. Für den Umfang der Versuche vergleiche man § 2. ') Keime gelb, meist früh absterbend. 266 Pangenetische Untersuchung neuer Arten § 2. Unterdrückte Bastardtypen In dieser Übersicht fasse ich meine Versuche in drei Gruppen zu- sammen und behandle erstens die Kreuzungen mit 0. Lamarckiana, in denen diese Form allein oder neben Oblonga unter den Bastarden auftritt. Die zweite Gruppe umfaßt dann die Kreuzungen, in denen man eine Spaltung- in J.aeta und Velutina erwarten würde, und die dritte die übrigen, ziemlich vereinzelten Fälle. Die erste Gruppe umfaßt die folgenden Versuche: Oenothera oblonga mit Lamarckiana und deren Derivaten Anzahl d. Individ 116 48 80 40 131 75 70 40 15 (33 Die zweite Generation der Oblonga habe ich nur für die Kreuzungen mit 0. La- marckiana und 0. nanella untersucht, in denen die Oblonga die Mutter war. Sie war in beiden Fällen einförmig und bestand nur aus typischen Oblonga -Exemplaren. Es waren aus 0. oblonga X Lamarckiana 63 und aus 0. oblonga X nanella 84 Exemplare. Die Arten, welche 0. Lamarckiana in Laeta und Velutina spalten, erzeugen aus O. oblonga nur den letzteren Zwilling oder diesen mit einigen Oblonga- Pflanzen. Ich untersuchte die folgenden Fälle: Oenothera oblonga, gekreuzt mit Velutina -a.h spalten den Arten K •euzung Jahr 0. oblonga X Lamarckiana 1907 n 11 77 1908 77 ii X 1911 17 !) X nanella . . 1908 71 11 • ■ 1911 71 71 X scinlillans 1910 0. Lamarckiana , oblonga 1908 0. nanella X „ 1908 0. lata X „ 1908 0. scintüla ns „ 1908 Oblonga Lamarck. Zweite Gen. aus % % Lamarckiana5) 4 93 *) 162 Lam. 4 96 — 14 85 — 15 80 2) 174 Lam. 46 14 3) — 81 17*) — 0 100 140 Lam. 0 100 89 Lam. 0 100 164 Lam. 18 82 147 Lam. Kreuzung Jahr Anzahl d. Individ Oblonga % Laeia % Velut. % Zweite Gen. aus der Velutina6) O. biennis X oblonga 1911 120 0 0 100 — O. maricata ,, 1908 133 0 0 100 201 77 77 X „ 1911 115 0 0 100 — 0. Cockei 'elli X „ 1911 120 0 0 100 — 0. Hookeri 1908 60 0 0 100 179 7) 77 X „ 1909 150 0 0 100 — 0. oblonga X bi. Chicago 1908 60 8 0 92 144 77 77 „ • 1909 236 16 0 84 — 7? 77 „ • 1911 80 38 0 62 — 77 77 X Cockerelli . 1911 85 41 0 59 4,s7) 77 77 X Hookeri . 1909 132 11 0 89 161 77 77 „ 1911 5n. 80 24 0 75 8) — X) Nebst 3% Mutant« 2) Nebst 5% Mutant« m. 3) Nebst 39% Oblong "NTpW 0 0/ J.n\n «-Zwei gen und 1 % Albida 5) Anzahl der Individuen in der zweiten Generation. 6) Anzahl der Individuen in der zweiten Generation ( — nicht untersucht). ') Zweite Generation aus einer Kreuzung von 1907, welche aber selbst nur 4 Kinder lieferte. 8) Nebst l°/0 Lata. Oenothera oblonga 267 Von der Kreuzung 0. oblonga ■ 0. biennis Chicago (1908) erhielt ich 1909 in der ersten Generation selbstbefruchtete Samen von drei 06/oH^-Exeruplaren. Diese Pflanzen waren zwischen ihren Eltern intermediär. Die Samen gaben im ganzen nur 14 Keim- linge, welche 1912 zu kräftigen Rosetten erwuchsen und sämtlich die intermediäre Ge- stalt ihrer Mütter wiederholten. Die abgespaltene 0. oblonga war somit konstant. Die übrigen mit 0. oblonga angestellten Versuche sind zu wenig zahlreich, um in Gruppen untergebracht zu werden. Es sind die folgenden: Oenoih era oblonga Anz. Oblonge i Andere Zweite Kreuzung Jahr d. Indiv. u 0 0/ II Generation ') 0. oblonga X biennis 1908 03 0 100 Lam. bicn. Ho Lam. bien 11 11 V 1911 87 40 2) 35 Lam. bim. — — )) 11 X rubrin. 1908 29 20 80 Rubrinervis 169 Rubrinervis 0. rubrin. ■ oblonga 1908 c:\ (l Ion Rubrim rvis 157 Rubrinercis 0. bicn. Chic. /N )) 1908 143 0 100 Lara 142 Laxa. Alra3 )) 11 v 1908 60 0 11)0 Laxa — — 11 11 » 1911 124 0 100 Laxa — — 0. craciala n 1911 58 0 100 Laxa*) — — Zu dieser Tabelle ist folgendes zu bemerken: ü. Lamarckiana gibt mit Rubri- nervis in den beiden reziproken Verbindungen etwa zur Hälfte <>. subrobusta, zur anderen Hälfte die eine elterliche Form zurück. Anders verhält sich O. oblonga mit Rubrinervis in beiden Kreuzungen, denn hier fehlen die Lamarckiana sowie die Subrobusli und entsteht die völlig spröde Form mit den schüsseiförmigen Blüten und den gebogenen Blattstielen (Kulturen 1909). thnothera gigas gibt stets intermediäre Bastarde, so auch in Kreuzungen mit O. oblonga. Der Typus war dem Bastarde zwischen O. gigas und Lamarckiana gleich, während daneben Exemplare vorkamen, welche die Eigenschaften der Oblonga mit denen der Gigas vereinigten, wie solches bereits in Kap. I dieses Abschnittes beschrieben wurde. Die Derivate der Lamarckiana geben mit dem Blütenstaub der O. biennis die Zwischenform, welche ich für 0. Lamarckiana biennis selbst ausführlich beschrieben habe. So auch hier, aber während bei O. lata biennis und O. nanella X biennis die mütterliche Form sich in einem großen Teil der Bastarde der ersten Generation wieder- holte, wurde hier die Oblonga unterdrückt. 0. biennis Chicago spaltet, wenn ihr weiblicher Sexualtypus mit O. Lamarckiana oder deren Derivaten verbunden wird, diese in die konstante Densa und die sich weiter- hin spaltende Laxa. Hier aber trat bisher nur die Laxa auf5). Alle diese verschiedenartigen Verbindungen verhalten sieh alter in einer Hinsicht in derselben Weise, und zwar so, daß von den zu er- wartenden Bastardtypen stets einer unterdrückt wird, während Oblonga- Exemplare in der einen Gruppe vorkommen, aber in der anderen fehlen (S. 265). *) Anzahl der Individuen in der zweiten Generation aus der in der vorletzten Spalte genannten Form. 2) Nebst 25°/0 Oblonga-Zwevgen. 3) Laxa und Alra in etwa gleichen Verhältnissen. 4) Mit einigen undeutlichen Exemplaren von Densa. 5) Außerdem zwei Exemplare von 0. velutina. Vergl. S. 151 und 235 und den IV. Abschn., Kap. I, § 3. 268 Pangenetische Untersuchung neuer Arten F. Zusammenfassung § 1. Gruppierung- der beobachteten Fälle Aus den in diesem Abschnitt niedergelegten Erfahrungen geht klar hervor, daß die Gruppe der Oenotheren sich nicht nur durch die Vor- gänge des Mutierens, sondern auch durch ihr eigentümliches Verhalten bei Kreuzungen vor den meisten anderen Pflanzen auszeichnet. Zwar läßt sich nicht behaupten, daß diese Erscheinungen ihnen speziell eigen sind, denn es deuten zahlreiche Beobachtungen darauf hin, daß Ähnliches auch sonst unter Pflanzen und Tieren vorkommt. Aber in demselben Umfange und mit gleich leichter Zugänglichkeit für die experimentelle Behandlung sind sie bis jetzt noch nicht nachgewiesen worden. Dazu kommt, daß vieles auf innige Beziehungen zwischen den Vorgängen bei den Bastardierungen und beim Mutieren hindeutet. Indem wir diesen letzten Punkt erst im nächsten Abschnitt zu behandeln haben werden, lohnt es sich den ersteren in möglichst einfachen und über- sichtlichen Zügen darzulegen. Einerseits handelt es sich dabei um das Verhalten der Oenofhera Lamarckiana selbst gegenüber anderen, von ihr unabhängigen Arten, wie wir es im vorigen Abschnitt geschildert halten. Die Spaltungen, welche diese letzteren in gewissen Merkmalen der Lamarckiana und namentlich in den als Laeta und Densa bezeichneten Komplexen von Eigenschaften hervorrufen, weisen unseren mutierenden Pflanzen bereits eine eigene Stellung in der Bastardlehre an. Anderseits sind die Merkmale zu berücksichtigen, welche unmittelbar Veranlassung zu den Mutationen geben, welche, wenn man es so ausdrücken darf, selber beim Mutieren umschlagen. In der LamarcMana sind sie meist im mutabelen, in den betreffenden Derivaten aber im mutierten Zustande vorhanden. Unsere Versuche haben gelehrt, daß sie sich bei Kreuzungen vielfach in eigener Weise verhalten. Es scheint mir zweckmäßig, die beschriebenen Fälle in vier Gruppen zusammenzufassen, und jede Gruppe mit einem eigenen Namen zu belegen. Umfaßt sie nur ein Beispiel, so ergibt sich der Name von selbst; umfaßt sie deren mehrere, so wähle ich dafür die am eingehend- sten untersuchte Form. Zu bemerken ist, daß es sich dabei stets nur um ein einziges Merkmal handelt, die übrigen bleuten zunächst außer acht, auch wo sie sich tatsächlich an den Bastardierungserscheinungen beteiligen. Die vier Gruppen sind die folgenden: A. Gigas- Gruppe. Entstehung von intermediären Hybriden (Tafel IV und XIX). B. BrevistyUs-Qn\Y)ye. Spaltung nach der Mendel sehen Hegel. C. iVaneWtt-Gruppe. Spaltung bisweilen in der ersten, bisweilen in zweiten Generation. 0. nanella und 0. rubrinervis (Taf. XXI). D. Lata- Gruppe. Spaltung stets bereits in der ersten Generation, oder doch niemals erst in der zweiten. 0. /ata, 0. scintillans, vielleicht auch 0. oblonga (Tafel XXII). Zusammenfassung 269 Soweit meine Erfahrungen gehen, reicht das Studium der zweiten Generation bei diesen Kreuzungen für die Beurteilung aus, indem die dritte und die späteren Generationen sich stets wie diese verhalten. Betrachten wir jetzt die einzelnen Gruppen eingehender. A. Die Gigas-( rruppe. Oenothera gigas ist die einzige unter meinen bisherigen neuen Arten, welche stets einförmige intermediäre Bastarde gibt. Und zwar in bezug auf das Gigas-Merkm&l mit allen bis jetzt darauf geprüften Arten, seien diese selbst Derivate der Lamarckiana, oder aber ältere Arten. Dazu kommen zwei in der Bastardlehre wichtige Punkte: Die herabgesetzte Fertilität, und die Konstanz der Bastard- formen. Die Verminderung der Fertilität zeigt sich bereits in der Schwierig- keit der Kreuzungen; die kastrierten und künstlich befruchteten Blüten setzen häufig gar keine Samen au, meist nur einen geringen Betrag und nur selten gelten sie eine anscheinend normale Ernte. Dieses gilt sowohl, wenn 0. gigas selbst kastriert wird, als wenn ihr Blütenstaub auf fremde Narben gebracht wird. Eine so stark herabgesetzte Fertilität gilt in der Bastardlehre sonst häufig für einen Beweis sehr geringer Verwandtschaft zwischen den beiden fraglichen Arten. Bekommt man Samen und er- wachsen aus diesen die Bastarde, so sind die Pflanzen zwar meist üppig und kräftig, setzen auch bei freier Befruchtung (also wohl vorwiegend bei Insektenbestäubung mit dem Pollen der Lamarckiana) reichlich Früchte an, sind aber mit ihrem eigenen Pollen entweder völlig oder doch fast völlig unfruchtbar. Nur selten kennte ich eine zweite Generation aus ihnen ableiten, und nur in einem einzigen, ganz vereinzelten Falle er- hielt ich eine fruchtbare und konstante Basse (0. gigas ": Lamarckiana). Oenothera gigas spaltet mit einigen anderen Derivaten in bezug auf das diese kennzeichnende Merkmal. Dabei sind dann beide Bastardfor- men intermediär: die eine zwischen O. gigas und dem anderen Elter, die andere zwischen O. gigas und 0. Lamarckiana, dem gemeinschaft- lichen Vorfahren. In bezug auf die Entstehung von intermediären Hybriden stimmt 0. gigas mit den älteren Arten der ganzen Gruppe überein. Denn, wie wir im zweiten Abschnitt gesehen haben, gilt dort die Regel allgemein, obgleich bei heterogamen Arten selbstverständlich die Bastardform inter- mediär ist zwischen dem für die Kreuzung gewählten Sexualtypus und dem anderen Elter. Auch wenn 0. gigas mit einer heterogamen Art verbunden wird, ist hierauf stets Rücksicht zu nehmen. B. Die Brevislglis- Gruppe. Die Kurzgriffligkeit beruht auf dem teilweisen Verluste des unterständigeii Fruchtknotens. Sie ist eine regressive Eigenschaft und folgt mit zahlreichen anderen derartigen Merk- malen den MENDELschen Regeln, wie ich bereits in meiner Mutations- theorie dargetan habe. Dem ist nur zuzufügen, daß sie sich auch den älteren Arten gegenüber so verhält, unabhängig von den Kombinationen, in denen die Differenzpunkte sonst in den Hybriden auftreten mögen. C. Die Nanella- Gruppe. Die Zwerge unterscheiden sich von der Mutterart durch den Verlust des die hohe Statur bedingenden Faktors, 270 Pangenetische Untersuchung neuer Arten die 0. rubrinervis aber durch den Verlust der Festigkeit der Fasern und der damit zusammenhängenden Eigenschaften. Beide Arten sind somit regressive Varietäten. Sie verhalten sich in ihren Kreuzungsergebnissen durchaus parallel und bilden deshalb eine in sich geschlossene Gruppe (vergl. Kap. III S. 190). Den anderen Arten gegenüber verhalten sie sich aber nicht stets in derselben Weise, sondern nach zwei verschiedenen Normen. Mit der Mutterart und mit den meisten ihrer Abkömmlinge spalten sie bereits in der ersten Generation, mit den älteren Arten aber fast ausnahmslos nicht in dieser, sondern erst in der zweiten. In diesen letzteren Fällen schließen sie sich an die Brevistylis- Gruppe an, jedoch mit einigen Ab- weichungen. Diese sind teils durch ihre eigene anderweitige Spaltungs- fähigkeit bedingt, teils aber durch die Heterogamie der Arten, mit denen sie verbunden werden. Werden 0. rubrinervis und 0. nanella bei einer Kreuzung in die Zwillinge Laeta und Velutina gespalten, wie dieses ja häufig der Fall ist, so pflegt die Abspaltung von Rotnerven bezw. Zwergen in der zweiten Generation auf die eine dieser beiden Formen beschränkt zu sein. Die Rotnerven werden dabei vorzugsweise aus der Laeta, die Zwerge zu- meist nur aus der Velutina hervorgebracht. Vergl. z. B. 0. rubrinervis X biennis Chicago mit 0. murieata • nanella (S. 197 und 219). Die Verbindung mit einer heterogamen Art kann die Bastard- Spaltung zu einer einseitigen machen. Es entstehen dann Bastarde, welche sich in dem einen Geschlecht analog den Mendel sehen Regeln spalten, in dem anderen aber nicht. Sie können zwar den einen kon- stanten Typus abspalten, nicht aber den anderen. Man sieht dieses am besten, wenn man 0. murieata X nanella mit 0. rubrinervis X nanella vergleicht, denn bei der ersteren spalten die Velutina- Exemplare nur Zwerge ab, bei der letzteren trennen die Subrobusta- Pflanzen sich in drei Gruppen: konstante Rotnerven, spaltungsfähige Subrobusta und kon- stante Zwerge (S. 215). Viel wichtiger sind die Spaltungen in der ersten Generation. Diese gehören zu den am meisten charakteristischen Eigentümlichkeiten der Oenothera Lamarckiana und ihrer Verwandten. Zwar fehlen sie sonst im Pflanzenreich nicht, ihre Beziehungen zu anderen Erscheinungen treten aber bis jetzt nirgends so klar ans Licht wie hier. Wir können auch hier zwei Gruppen unterscheiden. Erstens die Spaltungen der Laeta- und Densa-Eigenschaften, welche von manchen älteren Arten in der 0. Lamarckiana hervorgerufen werden und welche in derselben Weise eintreten, wenn man bestimmte Derivate dieser letzteren Art an ihrer Stelle benutzt. Zweitens alter die Spaltungen, welche die Mutations- Merkmale selbst bedingen, sei es bei der Kreuzung der betreffenden Mutante mit der Mutterart, sei es mit einer anderen Mutante. So be- steht z. B. die erste Generation von 0. rubrinervis X Lamarckiana, sowohl wie diejenige von 0. rubrinervis X nanella teilweise aus rot- Zusammenfassung •_> t \ nervigen Subrobusta-Fümzen, teilweise aus grünen Individuen mit den Merkmalen der LamarcMana. Die echten Zwillinge sind stets intermediäre Bastarde zwischen dem einen Elter und der betreffenden Merkmalsgruppe der LamarcMana. In der Laeta herrschen die letzteren vor, in der Velutina die ersteren. Dementsprechend bilden die Laeta aus den verschiedensten Kreuzungen eine sehr einheitliche Gruppe (vergl. Tafel XIII und XVII), während die Velutina mehr oder weniger ausgeprägt den Typus des anderen Elters bezw. von dessen Sexualtypus, zur Schau tragen (vergl. namentlich 0. Hookeri-Velutina mit 0. Hooheri selbst, Tafel XIV mit VIII). Kreuzt man alter die Mutanten mit der Mutterart oder unter sich, so entstehen in der Regel keine neuen Bastardtypen, sondern es sind die beiden Spaltungsprodukte den beiden Eltern, bezw. einem der Eltern und der 0. Lamarcl-iana wenigstens äußerlich gleich. Die beiden Pro- dukte sind dann in der zweiten und den folgenden Generationen konstant und nicht von den Mutterarten unterschieden. Diese Art der Spaltungen ist für die Mutationsgruppe der 0. LamarcMana kennzeichnend, und kommt nicht vor, wenn man die älteren Arten von Oenothera unter sich verbindet. Aus diesen Auseinandersetzungen gebt hervor, daß die erblichen Eigenschaften der Faserfertigkeit und der hohen Statur, welche in den Rotnerven bezw. den Zwergen untätig sind, in den übrigen Arten wenigstens in zwei verschiedenen Zuständen vorkommen müssen. In dem einen bedingen sie Spaltungen in der ersten Generation, in dem andern aber erst in der zweiten. Der eine Zustand findet sieb bei der LamarcMana und mehreren ihrer Derivate, der andere ist aber unter den älteren Arten verbreitet. D. Die Lata-Gruppe ist durch das Vorwalten der Spaltungen in der ersten Generation und durch die Abwesenheit von erst in der zweiten auftretenden Spaltungen gekennzeichnet. Die in der ersten Generation auftretenden Spaltungen wiederholen sich dann in der zweiten und den folgenden, und zwar in derselben Weise wie iu der ersten; im Falle der <). lata habe ich dies durch neun Generationen verfolgt (Mut. Th. II S. 406). Spaltungen, welche in der ersten Generation nicht auf- treten, fehlen aber auch in den folgenden. Zwar kommt es auch hier bisweilen vor, daß Spaltungen, welche man erwarten würde, unter- bleiben: die Ursache dieser Erscheinung habe ich aber nicht eingehender untersucht (vergl. uuten § 3). Diese Einförmigkeit der Kreuzungsergebnisse mit allen anderen Arten lehrt, daß die fraglichen Eigenschaften überall, mit Ausnahme der betreffenden Mutante, in demselben Zustand vorkommen, und zwar so- wohl bei der LamarcMana selbst und ihren übrigen Derivaten, als bei den älteren Arten. Die drei Glieder dieser Gruppe, 0. lata, 0. scintillans und 0. ob- longa stimmen in diesen Beziehungen in ihren weiblichen Organen durch- aus überein. In den männlichen zeigen sie aber Unterschiede. 0. ob- 272 Pangenetische Untersuchung neuer Arten longa ist als isogam aufzufassen, denn wenn sie auch in ihren Pollen- Bastarden sich nicht genau so verhält wie in den Eizellen-Bastarden, so sind doch die Differenzen keine prinzipiellen, sondern nur solche, welche durch den überwiegenden Einfluß anderer Erbschaften bedingt werden können. Während ihre Eizellen-Bastarde in der ersten Generation ziemlich regelmäßig O&Zon^a-Exemplare enthalten, fehlen diese in den meisten Fällen in den Pollen-Bastarden. Oenothera scintillans ist hetero- gam, sie hat im Pollen ganz andere Erbschaften als in den Eizellen; sie wiederholt ihre Form aus dem ersteren nicht, wohl aber aus den letzteren. So weit untersucht, stimmen die Erbschaften ihres männlichen Sexualtypus mit denen der 0. Lamarckiana überein, und daraus darf man folgern, daß sie nur im weiblichen Geschlecht, d. h. in dem weib- lichen Sexualtypus mutiert worden ist. 0. lata selbst ist rein weiblich, und die Bastarde, welche ihren Typus wiederholen, behalten dabei in der Hegel auch diese Eigenschaft. Ausreichend fertil sind die Lata-TZxem- plare eigentlich nur bei 0. lata X Hookeri und 0. lata X semilata. Hier alter wiederholen sich die Spaltungen nach Selbstbefruchtung und sind die Verhältnisse somit denen der 0. scintillans analog. § 2. Latente Mutationen Im vorigen Paragraphen haben wir unsere Betrachtungen auf die- jenigen Merkmale beschränkt, welche für die einzelnen Mutationen kenn- zeichnend sind. Es können aber die Mutanten nebenbei noch andere Eigenschaften besitzen, welche sie äußerlich nicht verraten, welche aber beim Studium ihrer Kreuzungen ans Licht treten. Wir unterscheiden dem- nach „einfache Mutationen" von den „zusammengesetzten". In den ersteren ist nur die kennzeichnende Erbschaft verändert, in der letzteren neben- bei noch eine oder mehrere andere. Diese sekundären Mutationen können wir als latente andeuten, da sie nur auf indirektem Wege der Unter- suchung zugänglich sind. Als einfache Mutationen betrachten wir somit jene Fälle, in denen die fragliche Mutante sich, abgesehen von ihrem eigenen Merkmal, bei Kreuzungen verhält wie die Mutterart, 0. LamarcJciana. Als Beispiel führe ich 0. nanella an. Sie zeigt dieselben Laeta- und .Densa-Spaltungen wie die 0. Lamarckiana, und zwar sind jedesmal die beiden auftreten- den Zwillingsbastarde denen der Mutterart zum Verwechseln ähnlich. Sie spaltet mit 0. rubrinervis in derselben Weise wie 0. Lamarckiana und ebenso mit 0. lata, abgesehen von den Zwergen. Sie verhält sich gegenüber 0. oblonga wie die Mutterart und gibt mit 0. gigas, neben Zwergen, dieselben intermediären Bastarde wie diese. Sie ist somit in allen ihren Kreuzungen, abgesehen von dem Zwergmerkmal, eine unver- änderte Lamarckiana. Oder mit anderen Worten: bei der Entstehung von O. nanella aus 0. Lamarckiana werden keine anderen Eigenschaften in Mitleidenschaft gezogen. Anders verhält es sich bei 0. rubrinervis. In ihr geht nicht nur die Faserfestigkeit verloren, sondern es ändert sich auch das Verhalten Zusammenfassung 273 gegenüber den Zwergen (vergl. S. 214). 0. nanella gibt mit 0. Lamar- ehiana und deren Derivaten als Regel eine Spaltung des Zwergmerkmals in der ersten Generation: neben hohen Individuen entstehen Zwerge in größerer oder geringerer Anzahl, in vielen Fällen etwa in gleicher Zahl wie die hohen. So z. B. mit 0. brevistylis, 0. lata, 0. seintillans und 0. gigas. Bei der Kreuzung von 0. nanella mit 0. rubrinervis fehlen aber in der ersten Generation die Zwerge, und zwar in den beiden reziproken Verbindungen. Erst in der zweiten traten sie auf, und hier nicht aus den LamarcMana-Exemplaren, sondern nur aus den Bastarden mit der Gestalt der 0. subrobusta. Die Spaltung folgt dann für diese der Mexdel sehen Regel, soweit sie untersucht wurde. Aus diesen Tatsachen geht hervor, daß die Statureigenschaft, deren Fehlen die Gestalt der Zwerge bedingt, sich in der O. rubrinervis in einem anderen Zustande befindet als in der 0. LamarcJciana. Und diese Veränderung muß man, trotzdem sie äußerlich sich durch nichts verrät, ebenso gut als eine Mutation betrachten, wie die Umwandlung der Faser- festigkeit. Sie ist eiue latente Mutation. Wiederum anders verhält sich Oenothera seintillans. Auch hier beschränkt sich die Mutation nicht auf die sichtbaren Merkmale. Doch bedarf es keiner Kreuzung um das Weitere zur Schau zu bringen; es ge- nügt dazu die Fortpflanzung durch Selbstbefruchtung. Denn bei dieser spaltet sich die Art in zwei Typen, 0. seintillans selbst und Lamarchiana. Die erstere wiederholt die Spaltung in gleicher Weise in den folgenden Generationen, die letztere ist aber konstant. Für eine wildwachsende Art würde eine solche Inkonstanz sehr bald ein völliges Aussterben herbei- führen, weil auf einem gegebenen Areal die Anzahl der zur Lamarckiana zurückgetretenen Individuen bald ausreichend groß sein würde um jeden verfügbaren Platz zu besetzen, und die schwächeren Seintillans'Püünzen somit zu verdrängen1). In den experimentellen Kulturen aber schadet die fragliche Eigenschaft offenbar nicht. Sie findet ihre Erklärung in der Annahme, daß die bei den älteren Arten ausführlich studierten Erscheinungen der Heterogamie hier An- wendung finden. Jene Arten sind allerdings konstant; inkonstante kann es aus den soeben angeführten ( Hründen in der Natur, wenigstens unter ein- und zweijährigen Arten wohl nicht geben. Für die vorgeschlagene Anwendung des Prinzips bietet solches aber keine Schwierigkeit. Ich nehme an, daß der Pollen der 0. seintillans die erblichen Eigenschaften der Mutterart, 0. Lamarckiana, unverändert wiederholt, und daß somit die Scintillans-M.eYknrdle nur mittels der Eizellen den Nachkommen über- mittelt werden. Daß diese Annahme richtig ist, glaube ich durch meine Kreuzungen ausreichend erwiesen zu haben, denn die Eizellen-Bastarde wiederholen die Seintülans-Mevkmnle wenigstens in einem guten Teile der Individuen, während die Pollen-Bastarde solches niemals tun. *) Es kommt hier das Gesetz von Delboeuf in Betracht, vergl. die Mutations- Theorie, Bd. I S. 148. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. ^8 274 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Welche Eigenschaft bei den älteren Arten die Heterogamie bedingt, wissen wir nicht, und deshalb kann dieser Punkt auch für 0. scintülans unerörtert bleiben. Dennoch ist es klar, daß es eine viel weiter ver- breitete Erbschaftseinheit ist, als jene, welche die glänzenden Blätter und die übrigen speziellen Merkmale unserer Art bedingt. Das Auftreten der Heterogamie beim Mutieren von Lamarekiana in Scintillans ist somit ein sekundärer Vorgang, welcher als eine Mutation einer anderen Eigen- schaft (u. z. derjenigen, welche in 0. Lamarekiana die Isogamie bedingt) betrachtet werden muß. In der Mutante, d. h. der Anfangspflanze der Rasse selbst, ist sie unsichtbar, und deshalb muß sie als latente Mutation bezeichnet werden. In einem sehr speziellen Punkte weicht Oenothera gigas in ihren Kreuzungen von der Mutterart ab. Ich meine die Fähigkeit, durch ge- wisse ältere Arten in Laeta und Velutina gespalten zu werden. Diese geht ihr, soweit meine Untersuchungen reichen, durchaus ab. Auch Dewsa-Spaltungen habe ich bei 0. gigas niemals beobachtet. Es deutet dieses somit auf den unsichtbaren Verlust der betreffenden Spaltungs- fähigkeiten bei der Entstehung der 0. gigas hin. Allerdings fluktuiert die Blattbreite bei ihr äußerst stark und kommen häufig Exemplare mit anscheinend mutierten, linealischen oder sonst auffallend abweichenden Blättern vor. Dieser Umstand wirkt selbstverständlich störend auf die Beurteilung, da nur zu häufig schmal- blättrige Formen die Gestalt der Velutina vortäuschen können. Dem- gegenüber fehlen diese Formen wieder so oft, oder sind sie doch so selten, daß diese Auffassung von selbst hinfällig wird. Auch stimmen die übrigen Merkmale dazu nicht. Wesentlich aber ist, daß sie in Bastardkulturen dieselben sind, wie in der von Anfang an rein kulti- vierten Art selbst. Ich folgere daraus, daß die Laeta- und Densa- Eigenschaften sich in der 0. gigas in einem anderen Zustande vorfinden als in der Lamarekiana, und daß auch hier somit eine latente Mutation vorliegt. Als latente Mutationen betrachte ich somit: 1. Die Umlagerung der Staturerbschaften in 0. rubrinervis. 2. Die Umlagerung der die Spaltbarkeit bedingenden Eigenschaften der Laeta- und der Densa- Merkmale in O. gigas. 3. Die Entstehung der Heterogamie in 0. scintillans. Diese latenten Mutationen begleiten die sichtbaren; ob solches ausnahmslos und notwendigerweise der Fall ist, bleibt aber noch zu untersuchen. Es wären z. B. dazu Rassen von 0. rubrinervis aufzu- suchen, welche mit 0. nanella bereits in der ersten Generation Spal- tungen geben würden. Auch scheint es nicht unmöglich, einmal eine konstante Rasse von 0. scintillans entstehen zu sehen. § 3. Assoziationen mutabeler Eigenschaften Die in diesem und in dem vorigen Abschnitt beschriebenen Er- scheinungen fügen sich im allgemeinen gewissen einfachen Regeln, Zusaninienf assung 275 welche sich auf Grund unserer Vorstellungen gut begreifen lassen. Widersprüche oder Ausnahmen kommen in den klar ermittelten Einzel- versuchen nicht vor. Wohl aber gibt es Fälle, in denen gewisse spezielle Regeln auftreten, welche anscheinend mit den aus den Hauptregeln ab- zuleitenden Erwartungen nicht übereinstimmen, und welche somit vor- läufig unverständlich bleiben. Diese Fälle gelten teilweise den Zahlen, d. h. den prozentischen Verhältnissen, teilweise aber dem Fehlen von Spaltungen, d. h. dem Auftreten eines einzigen Bastardtypus, wo man deren zwei erwarten würde. Die erste Gruppe werde ich im nächsten Paragraphen zu beleuchten suchen, die letztere kann allerdings als ein extremer Fall der ersteren betrachtet werden, braucht das alter nicht immer zu sein, und verdient aus diesem Grunde eine besondere Be- sprechung. Im voraus bemerke ich dabei, daß die jetzt folgende Auseinander- setzung nur ein Zusammenfügen von auffallenden Tatsachen ist, welche sich bei meiner Analyse der erblichen Eigenschaften der mutierten Arten nebenbei ergeben haben. Auf ein spezielles Studium ihrer Ursachen habe ich verzichtet, weil mich dieses zu weit von meinem eigentlichen Ziele ableiten würde. Ich möchte nur die Vermutung aussprechen, daß zwischen den von mir studierten Eigenschaften vielfach gegenseitige Be- ziehungen bestehen, mittels deren die einen die anderen beeinflussen können. Diese Vermutung ist eine unmittelbare Folgerung aus den Prinzipien der Pangenesis- Lehre1) und die Assoziationen scheinen mir auch auf den Vorgang des Mutierens selbst einen sehr wesentlichen Einfluß auszuüben2). Welcher Art sie sind, habe ich bis jetzt nicht untersucht. Vielleicht sind die Träger der assoziierten Erbschaften in manchen Fällen miteinander verbunden, vielleicht genügt auch eine ein- fache Nachbarschaft, um die einen in die Wirkungssphäre der anderen zu bringen. Am einfachsten könnte man vielleicht behaupten, daß manche derartige Einheiten in ihren Reaktionen auf äußere Einflüsse durch ihre Nachbarn mehr oder weniger beschränkt werden können. Wo bei einer Kreuzung zwei verschiedene Eigenschaften gespalten werden, läßt sich das zu erwartende Ergebnis im voraus berechnen aus der Annahme, daß beide Spaltungen voneinander unabhängig verlaufen. Treten z. B. beide in der ersten Generation ein, so wird man vier Typen vorhersagen, und deren Auftreten in gleichen Zahlenverhältnissen erwarten. Fehlt von diesen vier Typen der eine, oder tritt er nur in ganz verein- zelten Exemplaren auf, so deutet dieses offenbar auf eine besondere Ur- sache hin. Einen solchen Fall fanden wir bei den Drillingen und Vier- lingen (diesen Abschnitt Kap. V § 4 S. 251), welche aus der Kreuzung von 0. lata mit einigen der älteren Arten, namentlich mit 0. HooJceri entstehen. Die Verbindung Lata-velutina tritt in dem zu erwartenden ') Intrazellulare Pangenesis, S. 21 und sonst; Die Mutations-Theorie, Bd. I S. 21—33, 223, 377 usw. 2) Die Mutations-Theorie, Bd. II S. 695 usw. 18* 276 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Verhältnis auf, während Lata-laeta-TZxemplare entweder fehlen oder doch äußerst selten sind. Ein zweiter Grund für Berechnungen ist der bereits ölten erörterte. Falls keine latenten Mutationen vorliegen (§ 2), nehmen wir an, daß die nicht sichtbar mutierten Eigenschaften der 0. Lamarclciana auch inner- lich unverändert auf die betreffende neue Art übergegangen sind. In diesbezüglichen Kreuzungen müssen sich somit die Derivate genau so verhalten wie ihre Mutterart. Ist dem nicht so, d. h. lehren die gefun- denen Zahlen ein anderes Verhältnis kennen, so deutet dieses wiederum auf die Mitwirkung einer bekannten Ursache hin. Beispiele dafür werden wir namentlich im nächsten Paragraphen vorführen. Nach diesen Auseinandersetzungen komme ich zur Besprechung der einzelnen Fälle. Assoziation von Lada und Nanella. Wenn hei einer Kreuzung Laeta und Vclutina entstehen und man gleichzeitig das Auftreten von Zwergen neben den hohen Pflanzen erwarten darf, geschieht es gar häufig, daß alle Zwerge ausnahmslos gleich- zeitig die Merkmale der Lada tragen, und daß somit Velutina-Zwerge durchaus fehlen- Beide Typen sind fast stets leicht und deutlich voneinander zu unterscheiden; die Laeta- Zwerge haben die Gestalt der echten 0. nanella. die Vclutina-Zwerge aber diejenige der O. murindla usw. Ähnliches kommt hei Kreuzungen von 0. rubrincrvis vor. Ich führe als Beispiel die folgenden Fälle an1). Tabelle über die einseitige Verbindung der Merkmale von Lada mit der Zwergstatur. A. -Laeia-Spaltuug. Zwerge Hohe Ex. Lada Vehdin % Lada Vclutina 0/ 0/ o/ o/ /o /o /o /o 0. (murin. X nan.) laeta ) [ murin. 48—54 0 0 46—52 S. 222 O. „ velutina v Lamarck. 11—51 0 19—30 19—70 S. 225 <). (bim. : ; nan.) laeta X nanella 97 0 0 3 S. 233 0, (Code. < nan.) laeta X velutina 31 0 S. 232 0. „ velutina .-. laeta 33 0 S. 232 B . Rubrinervis- Spaltung2). Zwerge. Hohe Ex. Lam.- a , , Lam.- 0 7 , m Subrob. m Sitbrob. lypus -Lypus 0. Lam. >( (rubrin. X nan.) Zwerg .... 20 0 3 77 0. (rubri. X nan.) Zwerg X Lam 43 0 25 32 Beschränkte Spaltung in der zweiten Generation. Überall wo die erste Generation in Laeta und Velutina oder sonst gespalten wird und darauf in der zweiten ein anderes Merkmal sich spaltet, könnte man erwarten, daß solches in den beiden ersten Spaltungstypen in gleicher Weise geschehen würde. Solches ist denn auch beim Brevi- styli s-~M.erkw.al stets der Fall (Kap. II S. 188 — 190) und dieses darf also als frei von Asso- ziationen betrachtet werden. Ähnlich verhält es sich mit der i?M&rmerm's-Ei^enschaft bei der jDewsa-Spaltung durch (Jen. biennis Chicago. Anders verhält es sich aber in den anderen Fällen mit den Erbschaftseinheiten, deren Unwirksamkeit die Gestalt der Rubri- nervis, bezw. jene der Nanella bedingen. Hier ist es Regel, daß nur eine von den beiden Anfangstypen sich nachher spaltet. Und zwar wird Rubrinervis stets nur von der Laeta, ') Weitere Beispiele teils in denselben Origiualtabellen wie die angeführten, teils auch sonst. 2) Vergl. S. 216. s. 219. s. 231. s. 229. s. 227. s. 228. s. 233. s 233. s. 215. s. 215. Zusammenfassung 277 und Nanclla stets nur von der Velalina abgetrennt. Man vergleiche die folgenden Stamm- bäume: A. Abspaltung nur aus Laeta: 0. rubrincrvis X biennis Chicago. S. 197. 0. Cockerelli \ rubrincrvis. S. 199. 0. rubrincrvis X Cockerelli. S. 200. B. Abspaltung nur aus Laxa bezw. aus Laxa und Dcnsa. O. bien. Chicago ■ rubrincrvis. S. 204. 0. bien. Chicago X nanclla. S. 235. C. Abspaltung nur aus Yclutina. 0. muricata ■ nanclla. 0. Cockerelli < nanelta. 0. nanclla X Cockerelli. 0. Hookeri ■ nanclla. 0. nanclla Hookeri. 0. biennis X nanclla. 0. nanclla X biennis Chicago. D. Abspaltung nur aus Subrobusta. 0. rubrincrvis X nanclla. 0. nanella X rubrinervis. In der Gruppe B. kann die Laxa sowohl Rubrinervis als auch Nanella abspalten, während eine Dissoziation der Densa nur für Rubrinervis beobachtet wurde. In der Gruppe D. entstehen Lamairkiana-Exemplare, welche keine Nanella hervorbringen können, während die rotnervigen Individuen solches wohl tun. Auch gibt es einige Fälle, in denen weder Laeta noch Velutina eine Spaltung in der zweiten Generation gezeigt haben (Kreuzung von 0. biennis bezw. O. muricata mit 0. rubrinervis). Das Durchgehen dieses Unterschiedes zwischen 0. rubrinervis und 0. nanella, welche ja beide Verlust-Varietäten sind, macht es klar, daß hier spezifische Ursachen mit- wirken (vergl. oben S. 202). Ausschließliches oder doch vorherrschendes Auftreten von Zwergen bezw. Rotnerven. Auch in der ersten Generation nach einer Kreuzung fehlt bisweilen der eine von zwei erwarteten Typen. Diesen Fall beobachtete ich erstens, wenn 0. nanclla mit 0. biennis befruchtet wurde, und zweitens in manchen Verbindungen von Zwergen mit Exemplaren des hohen Laeta-Ty^us. Vergleicht man die Angaben auf S. 241, so sieht man, daß aus 0. nanella X biennis das eine Mal (Kreuzung 1899) 96% Zwerge nebst 4% hohen Exemplaren, das andere Mal (Kreuzungen 1900 — 1908) nur Zwerge entstanden sind. Offenbar würde man aus dieser Verbindung entweder gar keine Zwrerge oder höchstens etwa 50°/0 erwarten. Das erstere bei Abwesenheit, das letztere bei Anwesenheit labiler Statur-Pangene im männ- lichen Sexualtypus der O. biennis. Das Vorkommen von 96 — 100% Zwergen kann aus den Prinzipien unseres Systems nicht erklärt werden und muß somit vorläufig auf noch unbekannte Ursachen zurückgeführt werden '). Gerade so verhält es sich in manchen Verbindungen der O. nanella mit dem Zwillingsbastarde Laeta, zumal wenn dieser aus einer Kreuzung eines Zwerges entstanden war. Ich führe nur die beiden folgenden Beispiele an: O. nanella X (muric. ;< nan.) laeta 100% Zwerge S. 222. X (Cock. X nan) „ 100% „ S. 232. Kreuzungen von O. murinella mit diesen beiden Vätern gaben dasselbe Resultat. Diesen gegenüber kann man aber stellen: O. nanella X (bien. X Lam.) laeta .... 97—100% Zwerge S. 223. X (nan. ) [ Cock.) laeta .... 19 % „ S. 230. Die beiden letzteren Versuche, denen sich auch andere anreihen lassen, zeigen wenigstens, daß es sich hier um ganz spezielle Verhältnisse handelt, da der Ausschluß des *) Nicht unwahrscheinlich ist es mir, daß hier auch äußere Einflüsse, wie Düngung usw., im Spiel sind. 278 Pangenetische Untersuchung neuer Arten hohen Typus verschwindet, sohald man zu etwas anderen, wenn auch ganz analogen Ver- bindungen greift. Noch schwieriger zu deuten sind die abweichenden Erscheinungen bei 0. rubrinervis. Wenn man 0. biennis mit ihr befruchtet, so erhält man Laeta und Velutina, welche weiterhiu keine .ßM&rmems-Exemplare abspalten. Kreuzt mau aber diese Laeta mit der Velutina oder umgekehrt, so treten ausschließlich Rubrinervis-'Püimzen auf (S. 202). Das fragliche Spaltungsverniögen fehlte also nicht, konnte sich aber dennoch nicht äußern. Einen anderen Fall bilden die Laeta und Velutina aus 0. rubrinervis X Cockerelli, wenn man sie miteinander kreuzt (S. 200). Von ihnen spaltet die erstere bei Selbstbefruch- tung in der nächsten Generation Rubrinervis ab. die letztere nicht. Kreuzt man sie nun miteinander, so tritt gleichfalls Rubrinervis auf, aber in solcher Weise, daß sie die zu er- wartende Laeta vertritt und teilweise sogar völlig verdrängt. Schließlich habe ich noch auf die Kreuzungen von 0. oblonga hinzuweisen, bei denen die Unterdrückung zu erwartender Bastardtypen wohl am höchsten ausgeprägt ist. Bisweilen fällt dabei die Oblonga selbst aus, bisweilen fehlt der Typus des anderen Elters (S. 265) und niemals sah ich die Laeta neben der Velutina (S. 266). Und ebenso verhält es sich in anderen Fällen (S. 267). § 4. Die numerischen Verhältnisse Die Abweichungen , welche die in diesem Abschnitt vorgeführten Zahlen in analogen Fällen unter sich, und sonst von den auf Grund der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu erwartenden Verhältnissen zeigen, bedürfen an dieser Stelle einer kritischen Erörterung, weil sie manche Fingerzeige sowohl für das Studium der Assoziation mutabeler Eigen- schaften als für dasjenige des Einflusses äußerer Faktoren enthalten. Es handelt sich dabei nahezu ausschließlich um die in der ersten Gene- ration auftretenden Spaltungen. Denn die dabei entstandenen Bastard- typen spalten sich entweder in den folgenden Generationen nicht, oder sie folgen dabei denselben Kegeln wie in der ersten, oder endlich sie verhalten sich wie heterogame Bastarde oder wie MENDELsche Hybriden. Die heterogamen Bastarde gehorchen dabei der Formel (a -\- b) X a; die MENDELschen der Formel (a -4- b) X (a -\- b) und aus diesen lassen sich die zu erwartenden Zahlenverhältnisse ableiten. Gilt nun für Spaltungen in der ersten Generation nur die Wahr- scheinlichkeit einer gleich kräftigen Betätigung der beiden elterlichen Typen, so darf man offenbar erwarten, daß diese unter den Nachkommen in etwa gleicher Anzahl vertreten sein werden. Solches ist denn auch in weitaus den meisten Verbindungen, und namentlich in vielen einfachen Kreuzungen tatsächlich der Fall. Ich führe hier als Beispiel nur die beiden reziproken Kreuzungen von 0. LamarcJciana und 0. rubrinervis an. Die eine ergab in 21 Befruchtungen mit 6430 Kindern 59°/o Sub- robusta, die andere aber in 22 Zählungen mit 3639 Exemplaren genau 50°/0 von jedem der beiden Typen (S. 194). Ebenso verhält es sich, wenn 0. LamarcJciana oder deren Derivate in Laeta und Velutina ge- spalten werden, auch hier ist die Anzahl der Individuen in beiden Gruppen in der Regel annähernd dieselbe (S. 125). Um völlig zuverlässige Zahlen zu erhalten, ist es allerdings er- forderlich, ziemlich große Gruppen von Pflanzen auszuzählen. Ich habe Zusammenfassung 279 die Prinzipien dieser Methode in meiner Mutations-Theorie (Bd. II S. 118 — 137) ausführlich erörtert und brauche somit hier darauf nicht zurückzukommen. Als Regel gilt, daß man keine kleineren Proben als 300 Exemplare nehmen soll und daß die dabei erreichte Genauigkeit innerhalb einer Latitüde von 3 — 5 %> ausreichend zuverlässig ist. Wenig- stens bieten größere Proben keine entsprechend größere Sicherheit. Leider war aber die Befolgung dieser Vorschrift in der vorliegenden Untersuchung nur ausnahmsweise möglich. Von vielen Hybriden kann man höchstens 30 Exemplare pro Quadratmeter bis zu jener Größe heranziehen, in der sie zuerst ihre differentiellen Merkmale klar und in allen Individuen unzweifelhaft zeigen. Das würde somit 10 qm pro Versuch erfordern1), und in manchen Jahren halte ich 300 — 500 ver- schiedenartige Kreuzungen bezw. Selbstbefruchtungen von Bastarden ausgeführt. Glücklicherweise bedürfen manche Merkmale einer so aus- gedehnten Kultur nicht und lassen sie sich bisweilen bereits in den Keimschüsseln, bisweilen an den in Holzkästen pikierten Keimlingen (vergl. Fig. 6 auf S. 26 Absehn. I) kurze Zeit vor dem Auspflanzen auf die Beete beurteilen. Eine Keimschüssel umfaßt oft hundert oder mehr Exemplare, ein Holzkasten meist aber je nach seiner Größe 60 bis 70 oder 80 Rosetten, und da ich für viele Versuche nur je einen Holzkasten pikiert habe, so findet man diese Ziffern, oder ihnen an- nähernde, in den Tabellen häufig vor. Dadurch wird aber die Latitüde auf 10% und mehr erhöht und Differenzen, welche innerhalb dieser Grenze von dem erwarteten Ergebnis fallen, haben also stets außer Betracht zu bleiben (a. a. 0. S. 128). Nur wenn sie sich in analogen Kulturen wiederholen, können sie Wert erlangen, und dieses ist einer der Gründe, weshalb nur selten eine einzige Kreuzung als Beleg eines Satzes für genügend erachtet werden darf. Aber auch wenn man diesen Einwänden im weitesten Sinne Rechnung trägt, bleiben noch zahlreiche Abweichungen von den berechneten Zahlen übrig, welche zu einer kritischen Betrachtung auffordern. Sie können in zwei Gruppen besprochen werden, je nachdem sie auf unbekannte innere Ursachen hinweisen, oder vermutlich durch äußere Faktoren wie klimatische und Kultur-Einflüsse bedingt werden. Ich fange mit der ersten Gruppe an. Die unbekannten inneren Faktoren fassen wir vorläufig als gegenseitige Beein- flussungen verschiedener Erbschaften oder als Assoziationen auf. Die Erscheinungen, welche ihnen zugeschrieben werden können, sind ziemlich zahlreiche. Doch gibt es vor- wiegend drei Untergruppen, welche hier zu erwähnen sind. Ich meine die Eerabsetzung der erwarteten Zahl auf die Hälfte, sowie die Differenzen zwischen analogen und jene zwischen reziproken Kreuzungen. In Fällen, in denen man von vornherein, oder nach der Analogie anderer Kreuzungen, keine numerische Bevorzugung eines Typus über den anderen erwarten sollte, kommt es bisweilen vor, daß von der einen Form, statt 50 nur etwa 25 °/0 Pflanzen auftreten, und daß diese Zahl sich um so genauer und um so sicherer aushebt, je zahl- reichere Keimpflanzen man studiert. Die Kreuzungen 0. Lamarckiana X 0. rubrinervis und 0. Lamarckiana X 0. nanella sind anscheinend durchaus parallel, und die erstere folgt, wie wir soeben noch gesehen haben, der Regel in ausreichender Weise. Nicht aber die letztere. Hier fluktuieren die Ergebnisse um etwa 20 — 25% herum und steigen x) Mein Versuchsgarten umfaßt nahezu 80 Beete von je etwa 4 qm Oberfläche. 280 Pangenetische Untersuchung neuer Arten nur selten bis in die Nähe von 50% heran (S. 207). Es handelt sich um etwa 100 Einzel- kreuzungen, zusammen mit weit über 10000 ausgezählten Keimlingen, und Fehlerquellen fallen somit völlig außer Betracht. Dasselbe Ergebnis gaben die Kreuzungen von 0. lata mit 0. Lamarckiana, und die niedrigen Erbzahlen, welche die Kreuzungen von 0. Hookeri fast stets für ihre Laeta aufweisen, deuten wahrscheinlich auf ähnliche Verhältnisse hin. In solchen Fällen geben nahe verwandte Kreuzungen (z. B. 0. nanella X Lamarckiana, 0, lata X ffigas, 0. nanella >( Hookeri, S. 228) oft die beiden Bastardformen in ziemlich genau gleichen Verhältnissen, und dieses deutet auf ganz spezielle, die Abweichungen bewirkende Ursachen hin. Reziproke Kreuzungen isogamer Arten geben dieselben Bastardtypen und sollten dieses wohl auch in gleichen Verhältnissen tun. Vergleicht man aber die für solche Fälle in diesem Abschnitt angeführten Zahlen, so findet man mehrfach Abweichungen, welche sich bei der Wiederholung der Kreuzung, sei es mit denselben Eltern, sei es bei einem analogen Elternpaar, nicht wiederholt haben. Als Beispiel führe ich nur den folgenden Fall an: O. Hookeri < nanella gab 7 — 15% Laela, während die reziproke Kreuzung deren 46% aufwies (S. 227 und 228). Analoge Kreuzungen, oder solche, in denen das eine Mal Lamarckiana, das andere Mal einer ihrer Abkömmlinge mit derselben fremden Art, bezw. mit derselben Mutante gekreuzt wurde, würden abgesehen von den Fällen latenter Mutationen usw. ungefähr dieselben Verhältniszahlen erwarten lassen. Solches trifft denn auch in der Regel zu, doch gibt es Ausnahmen. Unter diesen kommt es merkwürdigerweise vielfach vor, daß die abgeleiteten Fälle sich dem mittleren Verhältnisse von 50% besser nähern als die einfacheren. Ich wähle das folgende Beispiel: Prozentischer Gehalt an Laeta in der ersten Generation1) O. Lam. X Goch. 11 O. scint. X Cock. 49 0. rubri. X Cook. 49 „ X Chic. 19 „ X Chic. 32 0. nan. X Chic. 41 „ X Hook. 23 .. Hook. 28 .. Book. 44 Im Mittel 18% 36% 45% Die auffallenden und unerwarteten Abweichungen, welche der prozentische Gehalt hier bei den Lamarckiana-IirewAmgen (und auch sonst gar oft) zeigt, fallen hier weg, wenn man die Lamarckiana durch eine ihrer Mutanten ersetzt. Schließlich kommen wir zu unserer letzten Gruppe, in welcher die Abweichungen vermutlich von äußeren Ursachen bedingt werden. Diese Fälle sind die schwierigsten, wenn es gilt, sie über allen Zweifel zu erheben, dagegen sind sie in methodologischer Hinsicht, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, augenblicklich die wichtigsten. Schon in meiner Mutations-Theorie habe ich gezeigt, daß die Erbzahlen gewisser Kreuzungen sich oft regelmäßig verändern, wenn man die Samen der aufeinanderfolgen- den Früchte einer Traube miteinander oder die Ernte der Seitenzweige mit denen der Hauptachse vergleicht (a. a. O. S. 414, 416 usw.). Die klimatologischen Ursachen findet man, wenn mau dieselbe Befruchtung in verschiedenen Jahren wiederholt. So be- fruchtete ich Zrtefa-Pflanzen in der ersten Generation aus 0. nanella X Hookeri zweimal mit ihrem eigenen Pollen (1907 und 1909) und erhielt das eine Mal 16%, das andere Mal 38% Laeta (S. 228). Oenothera biennis, 1907 und 1909 befruchtet mit dem Staub von O. Lamarckiana X biennis gab mir das erste Mal 90% Velutina, und das zweite Mal unter besseren Bedingungen nur 65%- Neben dieser letzteren befruchtete ich 1909 eine sehr starke Pflanze von O. biennis cruciata mit demselben Pollen und erhielt 50% Velutina. Je kräftiger die Pflanze und je besser die Kultur, um so mehr nähert sich in diesem Falle die Erbzahl dem üblichen Mittelwerte von 50 %• Dasselbe schien mir in zahlreichen anderen Versuchen der Fall zu sein, wenngleich oft die Ziffern nicht weit genug außerhalb der jedesmaligen Fehlergrenze lagen, um einzeln als Beweise angeführt werden zu können. J) Siehe für O. Lam. S. 118—125, für O. scint. S. 261—262, für die übrigen S. 118, 124. Zusammensetzung 281 § 5. Anwendung- der Hypothese der labilen Pangene Es handelt siel jetzt darum, uns eine Vorstellung- über die inneren Vorgänge zu machen, welche die so verschiedenartigen Ergebnisse unserer Kreuzungen bedingen1). Wir versuchen dieses auf Grund unserer Hypo- these der intrazellularen Pangenesis. indem wir stoffliche Träger der einzelnen Erbschaften oder Pangene annehmen. Dabei scheint es wich- tig, die Vorstellung nicht weiter auszuarbeiten, als unmittelbar für die Erklärung der Beobachtungen erforderlich ist, und namentlich unsere Definitionen so zu wählen, daß sie sich den Tatsachen als rein empirische anschließen, wenn sie auch andererseits als Ausgangspunkte für weitere Betrachtungen müssen dienen können. In erster Linie lehren die Tatsachen, daß der Gegensatz vom Vor- handensein oder Fehlen einer Eigenschaft für eine tiefere Einsicht nicht ausreicht. Ich habe diesen prinzipiellen Satz im zweiten Bande meiner Mutations-Theorie ausführlich klargelegt und gezeigt, daß sogar für die Erklärung des von mir damals am ausführlichsten studierten speziellen Falles, jenes der MEXDELschen Bastarde, diese Auffassung nicht genügt. In unserer Gruppe der Oenothera liegen die Verhältnisse jetzt alter so klar, daß ich hier für die allgemeinere Erörterung einfach auf die an- geführte Quelle verweisen kann. Es muß wenigstens zwei Ursachen der Anwesenheit und gleich- falls zwei des Fehlens einer sichtbaren Eigenschaft geben. Für die erstere Behauptung führe ich die beiden folgenden Beispiele an: O. T.amarchiana X nanella: Zwerge in der 1. Generation. 0. rubrinervis X nanella\ ., ., „ 2. An diese beiden Beispiele schließen sich weitaus die meisten der in diesem Abschnitt behandelten Spaltungen an: sie dürfen somit als Vertreter zweier Haupttypen betrachtet werden. Sie lehren aber, daß die Statureigenschaft in den hohen Pflanzen der einen Gruppe sich in einem anderen Zustande befinden muß, als in jenen der zweiten Gruppe. Nennen wir diesen Zustand die Lage des betreffenden Pangens, so muß es zwei Lagen geben, in denen die Pangene der Statur die hohe Gestalt bedingen können. Zu bemerken ist dabei, daß die LamarcJciana und die Rubrinervis äußerlich in dieser Beziehung nicht verschieden ausgebildet sind (vergl. oben S. 217). Sie sind stets von derselben Höhe, wenn man nur jedesmal Exemplare von gleicher Kultur berücksichtigt. Auch das Fehlen einer Eigenschaft kann nicht in allen Fällen durch denselben inneren Faktor bedingt sein. Denn das eine Mal ruft es Spaltungen hervor, das andere Mal aber einförmige intermediäre Bastarde. Die Merkmale der O. gigas fehlen in der LamarcJciana und deren übrigen Derivaten, wie zumal unter Berücksichtigung der doppelten J) „Die Pangene als Träger der erblichen Eigenschaften". Die Muta- tions-Theorie. Bd. IL S. 691—697. 282 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Chromosomenzahl der Gigas einleuchtet. Sie geben alter stets inter- mediäre Bastarde und keine Spaltungen, wie es z. B. die 0. nanella tut. Es müssen somit für die Erklärung der Kreuzungsergebnisse wenig- stens vier verschiedene Zustände der Pangene vorausgesetzt werden. Ich nehme als solche an: A. Bei äußerlich sichtbarem Vorhandensein der fraglichen Eigenschaft: a) Den aktiven Zustand. b) Den Labilen Zustand. B. Bei anscheinendem Fehlen der betreffenden Eigen- schaft. : c) Den inaktiven Zustand. d) Das Fehlen des Pangens. Von diesen vier Möglichkeiten betrachte ich den aktiven Zustand als den normalen und am weitesten verbreiteten. Er bedingt fast über- all die sichtbaren Eigenschaften. Der labile Zustand tut dieses zwar in wenigstens nahezu gleichem Maße, ist aber viel weniger weit ver- breitet. Im nächsten Abschnitt werde ich zu zeigen suchen, daß er zu dem Vorgange des Mutierens in kausaler Beziehung steht, und wir dürfen dann im allgemeinen annehmen, daß sein Vorkommen auf mu- tabele Arten beschränkt ist. Auf den Unterschied zwischen dem Fehlen des stofflichen Trägers eines Merkmales und dessen untätigem Vorhandensein habe ich bereits in meiner Intrazellularen Pangenesis ausführlich hingewiesen. Der ganze Entwickelungsvorgang der organischen Welt fordert die Annahme, daß im Lauf der geologischen Zeiten fortwährend, wenn auch mit größeren und kleineren Intervallen, neue Eigenschaften zu den früheren hinzugekommen sind, daß die Anzahl der verschiedenen stofflichen Träger somit allmählich zugenommen hat. Die neuen Eigenschaften fehlen den Vorfahren, und dieses gilt sowohl für das vergleichend-systematische Studium der Organismenwelt, wie für die experimentelle Behandlung im Versuchsgarten (0. gigas). Andererseits beweisen die zahlreichen Verlustvarietäten (Mut.- Th. II, S. 369, 374 usw.) das Vorkommen von latenten Eigenschaften, eine Vorstellung, welche durch Darwins musterhafte Behandlung zu einer der besten Grundlagen der vergleichenden Morphologie geworden ist. Ist die Eigenschaft aber latent, so sind ihre stofflichen Träger als untätig oder inaktiv zu bezeichnen. Die Kreuzungen von Verlustvarie- täten geben alter ganz allgemein andere Ergebnisse als diejenigen echter Artmerkmale; die ersteren sind wenigstens die Hauptquelle der Mendel- schen Spaltungen, während die letzteren zumeist intermediäre Bastarde geben (Abschnitt II). Zur Erklärung der in der Gruppe der Oenothera beobachteten Kreuzungsergebnisse nehme ich nun das folgende an: Zusammenfassung 283 A. Spaltungen treten ein: a) Bereits in der ersten Generation: heim Zusammentreffen inaktiver und labiler antagonistischer Pangene. b) Erst in der zweiten Generation: beim Zusammentreffen in- aktiver und aktiver antagonistischer Pangene. B. Keine Spaltungen treten ein: c) Beim Zusammentreffen von Pangenen, welche sich in dem gleichnamiger] Zustand befinden (normale Befruchtung). d) Wenn aktive Pangene keinen Antagonisten linden, der be- treffende Träger somit in einem der beiden Eltern fehlt: Intermediäre Bastarde, meist mit herabgesetzter Fertilität. e) Wenn aktive Pangene mit Antagonisten im labilen Zustande zusammentreffen, beide Eltern somit äußerlich gleich aber innerlich verschieden sind. Offenbar gibt es noch weitere Möglichkeiten; da ich aber die be- troffenden Kombinationen nicht experimentell studiert habe, lohnt es sich nicht, sie hier unterschiedentlich aufzuführen. Bevor ich auf die spezielle Betrachtung der namhaft gemachten Fälle eingehe, möchte ich hier die Existenz von Kassen mit labilen Pangenen hervorheben. Denn obgleich der labile Zustand der Pangene eine der wesentlichsten Ursachen von Bastardspaltungen i^t. so muß doch die Verbindung labil labil nicht als eine Kreuzung, sondern als eine reine Befruchtung betrachtet werden. (Vergl. oben Abschn. IV Einleitung). Die daraus entstehenden Kinder werden sämtlich den Eltern in dieser Beziehung gleich sein. Sie werden keine Spaltungen auf- weisen, sondern einfach die betreffenden Pangene wiederum im labilen Zustande enthalten. Die (). Lamarchiana und die meisten ihrer Ab- kömmlinge geben dazu Beispiele. Diese Auseinandersetzung nimmt an Bedeutung zu. wenn man die labilen Pangene mit dem Zustande der Erbschaftseinheiten in den Mendelschen Bastarden vergleicht. Denn die Spaltungen, welche diese aufweisen, stimmen in manchen Fällen sehr nahe mit denjenigen der Pflanzen mit labilen Pangenen überein. So z. B.. wenn man sie mit der betreffenden Verlust-Varietät kreuzt. Labil / inaktiv bedingt eine Spaltung in der ersten Generation und zwar, wenn keine besonderen Faktoren es anders erheischen, nach gleichen Verhältnissen (§ 4). Der spaltungsfähige Mondelscke Bastard gibt bei einer Kreuzung mit der entsprechenden Verlust-Varietät zu derselben Erwartung Veranlassung. Man würde somit leicht die Pflanzen mit labilen Pangenen mit solchen Bastarden verwechseln können, aber der Erfolg der Selbstbefruchtung zeigt ihre Verschiedenheit klar. Denn während die Mendelschen Bastarde sich nach der Formel la -4- b)2 = a2 -\- 2 ab -4- b2 in drei T}^pen spalten, bedingen die labilen Pangene bei der Selbstbefruchtung keine Spaltung1). *) Diese Auseinandersetzung bezieht sich selbstverständlich nur auf den gewöhn- lichen Fall isojranier Arten. 284 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Jetzt komme ich zu der Besprechung der einzelnen vorgeführten Fälle: A. a. Verbindung- von inaktiven mit labilen antagonisti- schen Pangenen. Die hierher gehörigen Beobachtungen von Spal- tungen in der ersten Generation bilden offenbar zwei gut unterschie- dene Gruppen : 1. (Jen. Lamarchiana und ihre Abkömmlinge unter sich. 2. Dieselben bei der Kreuzung mit älteren Arten. In dem ersteren Falle besteht die erste Generation aus zwei Typen, welche den beiden Eltern äußerlich gleich sind, während in dem zweiten solche Bastarde entstehen, welche zwischen den Eltern intermediär sind, aber in bezug auf das spaltungsfähige Merkmal zu zwei Gruppen ge- hören. In der einen ist dieses Merkmal äußerlich sichtbar, in der anderen ist es aber unsichtbar oder latent. Zu der ersteren Abteilung gehören 0. rubrinervis, 0. nanella, 0. lata, 0. oblonga und der weib- liche Sexualtypus von 0. scintillans in ihren Kreuzungen mit O. Lamar- chiana und in den meisten ihrer gegenseitigen Verbindungen. Zu der zweiten aber die Spaltungen der als Laeta und Densa bezeichneten Merkmale, welche durch ältere Arten in der 0. Lamarchiana hervor- gerufen werden. Sehr wichtig ist, daß unter den zahlreichen Kreuzungen zwischen den älteren Arten der Gattung Ocnothera, welche ich im II. Abschnitt beschrieben habe, Spaltungen in der ersten Generation niemals vorge- kommen sind. Solche treten erst ein, wenn man diese Arten mit der Lamarchiana und deren Mutanten oder diese unter sich verbindet. Es deutet dieses jedenfalls auf eine große Seltenheit labiler Pangene in den älteren Arten und auf eine bedeutende Anhäufung solcher Erbschaften in der Mutationsgruppe hin. A.b. Verbindung von inaktiven mit aktiven Pangenen als Ursache von Spaltungen, welche erst in der zweiten Generation auf- treten. In meiner Mutations-Theorie (Bd. II, S. 146) habe ich eine Zusammenstellung der mir damals bekannten Fälle gegeben, in denen die Verbindung einer aktiven Eigenschaft mit der ihr antagonistischen latenten oder inaktiven bei einer Kreuzung zu Spaltungen Veranlassung gibt, welche den Mendelschen Regeln folgen. Unter den Oenotheren gehörte zu dieser Gruppe nur die 0. brevistylis. Sie ist aus der La- marchiana durch teilweisen Verlust des unterständigen Fruchtknotens entstanden und folgt in allen ihren Kreuzungen, sowohl mit älteren als mit jüngeren Arten, dem genannten Gesetze (vgl. diesen Abschnitt, Kap. II). In di hybriden Verbindungen, d. h. in solchen, in denen zwei von- einander unabhängige Merkmale gleichzeitig gespalten werden, bieten außerdem O. rubrinervis und O. nanella dieselbe Erscheinung. Es han- delt sich dann zumeist um Kreuzungen, in denen gleichzeitig die Laeta- Eigenschaft gespalten wird, und wir haben gesehen, daß die anderen Spaltungen dann in der Regel für 0. rubrinervis auf die .L«efa-Bastarde Zusammenfassung 285 und für die Zwerg-Eigenschaft auf die Fefo^ma-Individuen beschränkt sind. Hier folgen sie. dann entweder den MENDELschen Regeln oder dem für die heterogamen Bastarde geltenden Schema (vgl. S. 226). Ersteres, falls die ältere Art eine isogame (z. B. O. Rookeri), das zweite aber, falls sie eine heterogame ist (O. muricata, O. biennis usw.). Bei den isogamen gehen die Spaltungen nach der Formel (a -f- b) (a -\- b) = a2 -4- 2 ab -j- b2 vor sich und es entstehen zwei konstante und ein sich spaltender Typus. Bei den heterogamen wird die Bastardbildung auf einen der beiden Sexen beschränkt und es gilt somit die Formel (a 4- b)a = a2 -f- ab; es entstehen dann zur Hälfte Rotnerven bezw. Zwerge, welche konstant sind und zur anderen Hälfte faserfeste bezw. hohe Exemplare, deren Nachkommenschaft sich nach Selbstbefruchtung in derselben Weise weiter spaltet (vgl. den Stammbaum für 0. muricata X nanella S. 219). In dieser Gruppe sind die Untersuchungen am vollständigsten durchgeführt worden und ist auch die Beweisführung die einfachste. Betrachten wir z. B. den folgenden Fall: a) 0. Lamarekiana X nanella spaltet in der ersten Generation. b) O. muricata X nanella; Zwerge entstehen erst in der zweiten Gene- ration. In der Verbindung a kommen nur labile und inaktive Pangene in Betracht; aktive sind nach unseren Prinzipien und Definitionen ausge- schlossen. In der Kreuzung b sind alter die labilen ausgeschlossen und kann es sich nur um aktive und inaktive handeln. In beiden Verbin- dungen gibt es somit inaktiv«' und diese befinden sich offenbar in der in beide eintretenden 0. nanella. Daraus folgt dann weiter, daß die Statur -Pangene in (). Lamarekiana labil und in 0. rubrinervis aktiv sind. Diese Folgerung haben wir in den Kapiteln III und IV dieses Abschnittes jedesmal unseren Berechnungen zugrunde gelegt, uud die Vergleichung mit den erhaltenen Resultaten hat überall ihre Berech- tigung bewiesen. Für diese Beweisführung ist offenbar der Besitz von Arten bezw. Hybriden von drei verschiedenen Typen in bezug auf das fragliche Merk- mal erforderlich. Überall, wo die erste Generation sich spaltet, wo man aber nur zwei Typen besitzt, bedarf es einer viel umständlicheren Ar- gumentation, um zu zeigen, in welchen Exemplaren die betreffenden Pangene labil und in welchen sie inaktiv sind. B. d.1) Verbindung von Pflanzen, in denen das fragliche Pangen einerseits vorkommt, andererseits aber fehlt. Diese Vorstellung ist zur Erklärung der intermediären Bastarde unerläßlich, seitdem die Möglichkeiten, welche die Annahme von inaktiven Pangenen, d. h. von latenten Eigenschaften, bietet, für die Erklärung der Spaltungen völlig in Anspruch genommen worden sind. Intermediäre Bastarde gibt es im Pflanzenreich zahlreich und auch unter den Oenotheren sind sie weit verbreitet. Unter den älteren Arten bilden sie die Mehrzahl, denn ») Vergl. S. 282. 286 Pangenetische Untersuchung neuer Arten hier fanden wir nur Spaltungen bei den Bastarden zwischen (Jen. Hooheri und den breitblätterigen Sexualtypen von 0. biennis, 0. biennis Chicago und 0. cruciata. Unter den Abkömmlingen der O. Lamarchiana bietet nur die O. gigas diese Erscheinung, dafür aber in allen ihren Verbin- dungen1). Zwei Fälle sind hier zu unterscheiden, je nachdem wir Bastarde von isogamen oder von heterogamen Arten betrachten. Im ersteren Fall sind die reziproken Bastarde einander gleich, im letzteren aber nicht. Oenothera Lamarchiana X gigas und O. gigas X LamarcJciana sind weder äußerlich, noch sonst voneinander zu unterscheiden; Oenothera biennis X biennis Chicago ist aber von ihrem reziproken Bastard fast in allen Punkten verschieden (II, II § 2 und § 4 S. 63 u. 72). Solche Bastarde sind nur intermediär zwischen den betreffenden Sexualtypen ihrer Eltern, oder, genauer gesagt, nicht die gekreuzten Arten, sondern deren für die Verbindung gewählten Sexualtypen stellen die Eltern dar, zwischen denen sie intermediär sind. B. e. Dieser Fall ist verhältnismäßig selten und kommt am häufigsten in unseren subteruären Kreuzungen von Bastarden vor. Als einfachstes Beispiel kann die Verbindung 0. Lamarchiana X rubrinervis in bezug auf die Statur-Pangene gelten. Diese sind in der erstgenannten Art labil, alter in der zweiten aktiv. Äußerlich verrät sich dieser Unter- schied nicht, und auch in den Bastarden bleibt die hohe Statur aus- nahmslos erhalten. Di-polyhybride Kreuzungen. In manchen Verbindungen weichen die Eltern in zwei oder mehreren Punkten voneinander ab, und gar häufig gehören diese Unterschiede dann verschiedenen der oben auf- gestellten Gruppen an. Es liegen dann wiederum zwei Möglichkeiten vor. Entweder sind die Differenzpunkte voneinander unabhängig oder sie beeinflussen sich gegenseitig. Letzteres kommt namentlich bei vielen Bastarden von O. oblonga vor (vergl. Kap. VII), ersteres in den meisten anderen Fällen. Ich nenne als Beispiele die Zwerge aus 0. rubrinervis X nanella, welche gleichzeitig die Merkmale der Rotnerven führen, die- *) In meinem Vortrage über Befruchtung und Bastardierung (Leipzig, Veit & Comp. 1903, 15. Juni S. 54 — 60) habe ich eine Vorstellung entwickelt über den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer ungleichen Anzahl von Pangenen in den beiden Eltern einer Kreuzung und der Verminderung der Fertilität. Diese Vorstellung läßt sich auf die Ergebnisse meiner Versuche mit 0. gigas wohl in allen Einzelheiten anwenden und umgekehrt können diese als ein empirisches Beispiel zu jener Hypothese benutzt werden. Denkt man sich die stofflichen Träger der Erbschaften in den Chromo- somen während deren Kopulation reihenweise angeordnet, so findet jedes einzelne Pangen seinen Antagonisten, solange nur dieselben Pangene und diese in derselben Anordnung in beiden Eltern vorkommen. Hat aber der eine Elter eine Erbschaft mehr als der andere, so passen die Chromosomen nur bis an diese Stelle aufeinander, weiterhin sind die Paare verschoben und es muß deren Zusammenwirken, bezw. deren Austausch dadurch offenbar erschwert werden. Es entsteht sozusagen eine Fehlstelle, welche ein Mißlingen des Ko- pulations- Prozesses herbeizuführen droht, welche m. a. W. in einem größeren oder kleineren Teil der Einzelfälle die Kreuzung bezw. die daraus entstehenden Bastarde steril zu machen imstande ist. Zusammenfassung 287 jenigen aus O. muricata X nanella, welche nebenbei Velutina sind, und die Bastarde von 0. nanella ) biennis, welche die Gestalt der Mutter mit den Artmerkmalen des Vaters verbinden. Ähnliche Fälle gibt es auch sonst viele, namentlich kommt es häufig' vor, daß Bastarde in einer Gruppe von Merkmalen intermediär zwischen den Eltern sind, in einem anderen Punkte aber einem der beiden Eltern gleichen. § 6. Tabellarische Übersicht Der Zweck des ganzen vorliegenden vierten Abschnittes war, eine Einsicht in die Zustandsverhältnisse derjenigen Pangene zu erlangen, welche bei den Mutationen der Oenothera LamarcJciana eine Bolle spielen. Ich habe versucht, diesen Zweck durchaus unabhängig von dem Muta- tionsvorgange selbst und zwar auf Grund sehr zahlreicher Kreuzungen zu erreichen. In Verbindung damit halte ich bestimmte Fälle unter- schieden und einige Definitionen aufgestellt, welche einerseits die rein empirischen Tatsachen in kurzer und übersichtlicher Darstellung zu be- handeln gestatten, und andererseits als Grundlage für die Erörterungen des nächsten Abschnittes dienen können. Jetzt handelt es sich darum, die Lage der fraglichen Pangene in der 0. LamarcJciana mit der neuen Lage zu vergleichen, in denen sie sich in ihren Abkömmlingen, also nach stattgefundener Mutation vor- finden. Offenbar werden wir daraus folgern dürfen, welche Verände- rungen sie beim Mutieren selbst erleiden. Vorausgreifend will ich dazu bemerken, daß die Träger der meisten mutabelen Eigenschaften bei einer gegebenen Mutation unverändert auf die neue Art übergehen, daß aber die Veränderung nicht notwendigerweise auf das differentielle Merkmal beschränkt ist. Es können gleichzeitig auch andere Merkmale mutieren (Latente Mutationen, s. oben § 2 S. 272). Die Träger der mutabelen Eigenschaften befinden sich in der LamarcJciana aber in den verschieden- sten Zuständen, und je nach dieser Anfangslage muß der Mutationsvor- gang selbst verschieden sein. Bevor ich aber diese Ergebnisse in ihren Einzelheiten ausarbeiten kann, will ich die Tatsachen kurz wiederholen, auf welche ich mich dabei stütze. Kreuzungen habe ich gemacht zwischen 0. LamarcJciana, acht neuen und ebensovielen älteren Arten, welche ich in den verschiedensten Verbindungen zu je zwei studiert habe, und von denen ich dann, behufs größerer Sicherheit, eine ganze Reihe von subternären Bastardgruppen hergestellt habe. Es ist dabei wohl selbstverständlich, daß ich die mög- lichen Fälle nicht erschöpft halte, hauptsächlich weil sehr zahlreiche doch nur Bestätigungen bereits feststehender Schlüsse gegeben haben würden. Unter diesen Umständen scheint es mir aber wichtig zu zeigen, wie weit der angehäufte Tatbestand reicht. Am ausführlichsten habe ich die 0. LamarcJciana in bezug auf die Zaeto-Erb schaft, d. h. auf die Breite und auf die flache Ausdehnung der Blätter mit ihren sonstigen korrelativen Merkmalen studiert. Ich stelle 288 Pangenetische Untersuchung neuer Arten deshalb zunächst die Fälle zusammen, in denen diese Eigenschaft ge- spalten wird, und somit die beiden Zwillinge 0. hybrida laeta und 0. hybrida velutina auftreten. Die folgende Tabelle gibt die prozentisehen Zahlen für den ersteren, wie wir sie im dritten Abschnitt gefunden haben. Für die Arten, welche in den beiden reziproken Verbindungen das fragliche Merkmal spalten, sind die betreffenden Zahlen einzeln auf- geführt. In den einzelnen Spalten findet man die Ergebnisse der Kreu- zungen der Lamar ckiana und ihrer einzelnen Abkömmlinge, jedesmal in Verbindung mit der in der betrachteten Zeile links genannten älteren Art. Für die leeren Stellen der Tafel fehlen die Versuche. Prozentischer Gehalt an Laeta, in der ersten Generation nach einer Kreuzung. Lam. brcvi. rubri. nan. lala scint. weibl. scint. männl. A. Isogame Arten. 0. Cocherelli 9 60 bis 65 42 — 58 bis 65 — — \ „ c? 7 bis 15 49 35 bis 42 27 bis 42 49 0. HooJceri 9 22 bis 25 22 _ 7 bis 15 25 J 11 bis 41 41 bis 46 33 bis 53 28 B. Heterogame Arten. 0. biennis 9 27 bis 66 36 bis 48 42 bis 49 29 bis 34 0. muricata 9 38 bis 66 59 48 bis 58 52 bis 64 0. bien. Chicago cT 3 bis 29 41 11 bis 36 32 Außerdem fand ich für 0. strigosa X Lamarchiana 20°/o, für O. Lamarchiana X strigosa 6— 13%, für 0. Miller si X L.amarchiana 31°/o und für 0. blanda X Gocherelli 60 °/o, und gab 0. oblonga in den entsprechenden Verbindungen stets nur Yelutina und keine LMeta (S. 266—268). Diese Tabelle gibt zu den folgenden Bemerkungen Veranlassung. Erstens tritt die Zaeto-Spaltung, welche in etwa 30 Fällen beobachtet Zusammenfassung 289 wurde, stets nur in der ersten Generation auf1), und niemals erst in der zweiten. Nach unserer Definition ist daraus abzuleiten, daß das Laeta-Pangen in den untersuchten Arten teils im labilen, teils im inaktiven Zustand vorkommt, niemals aber im aktiven. Und stets muß 0. Lamarckiana oder einer ihrer Abkömmlinge mit einer älteren Art zusammentreffen, um die Spaltung' hervorzurufen. Denn weder spalten die älteren Arten bei gegenseitiger Kreuzung, noch auch die jüngeren, wenn sie zusammen verbunden werden. Die betreffenden Pangene befinden sich somit in allen diesen älteren Arten im inaktiven Zustande, in der LamarcJciana und allen angeführten jüngeren Formen aber im labilen. Keine Laeta-Synltung geben: 1. der männliche Sexualtypus von 0. biennis, welcher in den entsprechenden Fällen intermediäre konstante Bastarde erzeugt , 2. die weiblichen Sexualtypen von G. biennis Chicago und 0. cruciata, welche die Z)rHs«-Spaltungen hervorrufen und 3. die männlichen Sexualtypen von 0. muricata, 0. cruciata und 0. Mülersi, welche die Entstehung von Gracilis bedingen. Da in diesen drei Gruppen, soweit sie untersucht wurden, niemals .Lae/a-Spaltungen in der zweiten Generation auftraten, ist das betreffende Pangen hier wahrscheinlich ab- wesend, wenn es nicht etwa durch unbekannte Assoziationen in seiner Wirkung gehindert sein sollte. Auch O. gigas gibt in keiner Verbindung die fraglichen Spaltungen. Dieses kann einstweilen auf Rechnung von Assoziationen geschoben werden; diese müssen dann aber in der Olgas selbst angenommen werden. Ähnlich verhält sich 0. oblonga. Gen. hybrida densa und Gen. hybrida laxa sind Zwillinge, welche nur bei der Verbindung von 0. Lamarckiana oder deren Derivaten mit den weiblichen Sexualtypen von G. biennis Chicago und G. cruciata auf- treten. Sie unterscheiden sich wesentlich in der Dichte der Traube (vergl. Abschn, III, Kap. III, S. 144), während die beiden spaltenden Sexualtypen sich durch bedeutende Breitblättrigkeit auszeichnen. Ich habe bis jetzt für die folgenden Verbindungen den Prozentsatz an diesen Zwillingen ermittelt; sie treten dabei stets in der ersten, und niemals erst in der zweiten Generation auf, sind also in dieser Hinsicht den zuerst behandelten Zwillingen analog. Prozentischer Gehalt an Gen. densa, in der ersten Generation nach Kreuzungen Densa G. biennis Chicago X LamarcJciana ... 25 °/o „ „ X rubrinervis .... 16 — 48 „ „ „ X nanella 2 „ „ X scintillans .... 47 „ » ') Die Laeta selbst ist dann konstant, mit alleiniger Ausnahme der Hookeri-laeta, welche Vdutina abspalten kann. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. J9 290 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Densa 0. cruciata X LamarcMana 32 % X brevistylis 27 „ „ X nanella 30 „ Im Mittel: 28 °/o Jetzt komme ich zu den eigentlichen Mutationsmerkmalen. Von diesen habe ich diejenigen der Bubrinervis und der Nanella am aus- führlichsten studiert. Ich werde die erhaltenen Spaltungszahlen hier zusammenstellen. Für die übrigen neueren Arten findet man solche Zu- sammenstellungen bereits an den betreffenden Stellen. 0. brevistylis spaltet ihr Merkmal stets nur erst in der zweiten Generation (Tabellen S. 188 — 190), O. lata und O. sciniillans 9 aber stets in der ersten (Tabellen S. 245 und 262). Der Blütenstaub der letztgenannten Art verhält sich bei Kreuzungen wie derjenige der 0. LamarcMana (S. 258). Die 0. oblong a (S. 265) stellt auch hier einen abweichenden Typus dar. O. rubrinervis unterscheidet sich von der 0. Lamarekiana und deren übrigen Abkömmlingen durch den Verlust der Festigkeit ihrer Fasern. Ich habe bereits oben ausführlich dargetan, daß die betreffen- den Pangene in ihr inaktiv, in der Lamarekiana labil und in den älteren Arten, mit denen die Spaltungen stets erst in der zweiten Generation auftreten, aktiv sind. Ich 1 »rauche somit hier nur die Zahlen zusammen- zustellen, auf die sich diese Folgerung stützt. i^ Prozentischer Gehalt an Oen. subrobusta, nach Kreuzungen von O. rubrinervis mit Oen. LamarcMana und deren Mutanten. Erste Generation A. A. X Rubrinervis. Rubrinervis X A 0. Lamarekiana . 59 °/o 50 % 0. laevifolia , , 80 „ 56—60 „ 0. nanella . , # 27 „ 40 „ 0. lala .... 8—32 „ 5? 0. scintillans . , , 9 „ 36 „ 0. brevistylis . . ii 44—50 „ In allen diesen Fällen spaltet die O. subrobusta in der zweiten Generation Bubrinervis ab, wenigstens soweit sie darauf untersucht wurde. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet nur O. oblonga, deren Bastarde mit O. rubrinervis einförmig Bubrinervis sind (vergl. S. 267). Dieses stimmt mit den zahlreichen anderen Fällen des Fehlens eines der beiden erwarteten Bastardtypen nach Kreuzungen von 0. oblonga überein, und wir bringen dieses einstweilen auf Rechnung unbekannter Assoziationen. Zusammenfassung 2(1 1 Prozentischer Gehalt an 0. rubrinervis nach Kreuzungen dieser Art mit älteren Arten Zweite Generation 1. Gen. aus Lada aus Laxa aus Densa O. biennis Chicago 9 . . 0 25 1) 34 „ „ „ •" cT . . 0 38 0. CocJcerelli 9 .... 0 29 „ „ cT . . . . 0 6 Auch liier findet somit eine Abspaltung' von 0. rubrinervis erst in der zweiten Generation statt, aber meist nur ans einem der beiden Zwillinge. Außerdem habe ich noch die Eizellen von 0. biennis und O. muri- eata mit 0. rubrinervis befruchtet. Es treten dann bekanntlich die beiden Zwillinge Laeta und Velutina auf, aber eine Abspaltung von Rubrinervis-Pü&nzeii halte ich bis jetzt nicht gefunden. Schließlich bemerke ich, daß Rubrinervis-ExeHxpl&re ausschließlich nach Kreuzungen abgespalten werden, in denen diese Art selbst mit einer anderen verbunden wurde. Ebenso werden auch Bastardzwerge nur hervorgebracht, wenn die eine der beiden elterlichen bezw. großelterlichen Arten die 0. nanella selbst ist. Mit 0. LamareJciana und den meisten Derivaten tritt die Spaltung in der ersten Generation ein; mit den älteren Arten aber, mit einer einzigen Ausnahme, stets erst in der zweiten. Ich habe die aus dieser Tatsache abgeleiteten Folgerungen mittels zahlreicher sub- ternärer Kreuzungen geprüft, führe aber hier nur die Ergebnisse der binären an. Prozentischer Gehalt an Zwergen nach Kreuzungen von Oenothera nanella mit 0. LamarcMana und deren Mutanten Zwerge in der 1. Generation 2. Generation 0. Lamarckiana 9 . 17—24 — » J . 7—29 — 0. brevistylis . 31—50 — 0. laevifolia cf . . . 45—51 — 0. rubrinervis 9 0 8—18 » cf • 0 10 0. lata2) .... 40—55 — o. scintillans 9 2) 24—43 — 0. oblonga 0 — 0. gigas 4—12 — !) In den drei folgenden Generationen von Laxa wurden nur 4 — 21 und 14 % Rubrinervis abgespalten. 2) Die Mutations-Theorie, Bd. II, S. 421— 422. 19* * \ 292 Pangenetische Untersuchung neuer Arten Nur 0. rubrinervis und 0. oblonga verhalten sich somit al »weichend; die erstere enthält die Statur-Pangene im aktiven Zustand; die letztere zeichnet sich auch sonst durch ihr abnormales Verhalten aus. Prozentischer Gehalt an Zwergen, nach Kreuzungen von Oen. nanella mit älteren Arten Zwerge in der i Gener. 2. Gener. 2. Gener. l. aus Velutina aus Laxa A. Isogame Arten 0. CocJcerelli 9 . . 0 59 — « 5, cT . . 0 49 — „ HooJceri 9 . . 0 5—6 — » » c? . . 0 13—16 — S. Heterogame Arten 0. biennis 9 . . . 0 + 50 — „ muricata 9 . 0 52—71 — „ bien. Chicago cT 0 l1) — „ biennis c? . . . 96 —100 — — „ bien. Chicago 9 . 0 — 25—41 „ cruciata 9 . . 0 — 49—53 Die älteren Arten haben somit wohl stets aktive Statur-Pangene, mit Ausnahme des männlichen Sexualtypus der 0. biennis, in welchem sie labil sind. Über die Bedeutung dieser auffallenden Tatsache ver- gleiche man aber den letzten Abschnitt. Fassen wir zum Schluß die Folgerungen aus allen unseren Zahlen zusammen, so können wir die Lage jedes einzelnen Pangens in jeder einzelnen Art, soweit die Untersuchung reicht, durch ein kurzes Wort bezeichnen, und sie in dieser Weise in eine einzige Tabelle zusammen- fassen. Die jetzt folgende Tafel ist eine rein empirische, falls man für die gewählten Bezeichnungen nur rein empirische Definitionen wählt. Sie ist dann von der Paugenesishypothese durchaus unabhängig. Ich betone dieses nachdrücklich, da sie nur so als experimentelle Grundlage für die spezielle Anwendung dieser Hypothese dienen kann. Es bedeuten somit in der Tabelle: 1. lab. = labil: Spaltung in der ersten Generation durch die in derselben Spalte als inaktiv bezeichneten Arten, soweit diese darauf untersucht wurden, 2. inakt. = inaktiv: Ebenso mit den in derselben Spalte als labil bezeichneten Arten, 3. akt. = aktiv: Keine Spaltung in der ersten Generation, aber Spaltung in der zweiten durch die in derselben Spalte als in- aktiv bezeichneten Arten, l) Über die sehr komplizierten Assoziationen in dieser Kreuzung vergleiche man Kap. IV, § 5, S. 233. Zusammenfassung 293 4. ab w. = abwesend: Intermediäre konstante Bastarde mit den in derselben Spalte als aktiv bezeichneten Arten, 5. ass. = assoziiert: Keine Spaltung; bezw. Auftreten nur eines der beiden in analogen Fällen beobachteten Typen. Ferner bedeutet — : nicht untersucht, und sind die Fälle, in denen eine Mutante von der 0. Lamarckiana verschieden ist, durch fetten Druck hervorgehoben. Die isogamen Arten verhalten sich in beiden Geschlechtern in derselben Weise und sind deshalb nur einmal angeführt; bei den hetero- Fig. 108 Ocnothera bicnnis cruciata nanella, eiue 1903 aufgetretene Mutation von 0. bicnnis cruciata (vergl. S. 299). gamen sind die Kreuzungen der beiden Geschlechter zumeist verschieden und somit sind für diese die beiden Sexualtypen getrennt behandelt worden. Die Spaltungen in der zweiten Generation fügen sich, soweit unter- sucht, bei den isogamen Arten den MEKDELschen Gesetzen, bei den Verbindungen mit heterogamen Arten, soweit darauf geprüft, den oben für solche Bastarde abgeleiteten Begeln. Darauf wird aber in dieser Tabelle keine Rücksicht genommen, wie auch das spätere Verhalten der in der ersten Generation auftretenden Zwillinge nicht berücksichtigt worden ist. 294 Pangenetische Untersuchung neuer Arten O o > Ö CD H-3 r-H a CD o CO ,H 1D CD CD a CD hfj et PH a CD et CD h3 co a N e S ^3 i 1 1 eö 1 i -§ | 1 1 | | 1 1 1 r^4 et Q f— < a r~ •i-H ' • pH CO .05 ,0 * 1 £ -O | l 1 ^ • M eS $ Xi Qb 88 et C*j CÖ et ■^s. • . . G? +ä -ü +-> i i H-S I H-3 -fj ^ cö h* s P s 1 I ^ >> 1 y£ S M j: P et a - et TZ> et Kl •pH (T* ö h-s H-3 ■+-^ +-S •+3 s> M 1 1 iv| 1 tvj ^5 es ^> 1 1 1 ^ 1 S et 1 et c3 et k | | et s P o Ö d ,— p a * • pH ■ pH »i-H • i-H •i— i Cö o d ■*j H-i -t-3 -ins HHJ Cö s •c-a ^ 1 _i> 1 Ä kjj i | | ^ 1 I r^ ^ 1 bc cö ~ fHj f; cci et et R c Pf cS % r-J 1 P 1 F-5 M 1 JH 1 a Pm • i— l •H •F— 1 •pH H—i ■fä -*^ -|H5 -t-i H^ Q >-> p> ^> v> »> M ■*«a — eS e Ü j eS £ Te c3 | "et et K P Kl _a ä a a a a •l— 1 • i— i ■H • p— i •r-< •i-H u • • | £ £ eS eS p | xrx so cö Cw ■i-2 £4 eS a •PH et et et •i-H CO et k r • eS ^a 'T; p 1 l cö &0 i cö CO et K K HH3 CS R E 1 1 Cö HH e ■+-S H-3 ■ -<-ä • p^i 1 — * 00 k^ £ ^ ^ et a •i-H ^ . ^ e K eS - 4h CO CS et et et _a et et • • • • O o "o • CSi CS es cs es gere Arten brevistylis . laevifolia . CD r-3 es p^o cu es 2? CS Ho o 60 p* Co <-^ ^- SS CD © 'ookeri uciata ^ ^ es CO C3i CD § O 31 H +^ 6 ^d « - - - :^ O r K K K K k r < pq d W c« Cd o p fl PI O) ^A. _ »O PH CO ^ CM m 1 _ H cd CO tu — Cö >i ^Q CS cd H — X O) N PI o> Ol Uh pCJ CO c^ <1) — i-H • H 0> . i* cm pi Cö Cö > Sh S— ^ Ol — Ö Cö CO «tH CO - ci 03 l— H-= Cö o Sh O H-l PI CD l* -1^ PI CO CS (S Cö pQ -JZ PI o • *— CO Cö bn CS PI •<-• CJ HH — 4) Cö IS r^3 D Cö •O Ö cS W a &1 a — o o p^a CS © PI 3 pH Cö PI PH CO n> -H cS Cö =r PI Cö << PI . muricata. Von 0. biennis L. kommen in unseren Dünen zwei Varietäten vor: 0. biennis sulfurea und 0. biennis cruciata. Die letztere hat in meinem Garten durch Mutation eine Zwergform, < >. biennis cruciata nanella hervor- gebracht (Fig. 108 S. 293). 0. biennis sulfurea unterscheidet sich nur durch schwefelgelbe Blüten von der gewöhnlichen hochgelben Form. Sie kommt in den Dünen wohl überall mit dieser ge- mischt vor, tritt aber in einigen Jahren nur selten oder gar nicht, in anderen aber in Hunderten von Exemplaren auf. Sie ist in Kulturen aus Samen, soweit meine Erfahrung reicht, völlig konstant, Sie scheint in Europa weit verbreitet zu sein, denn ich habe sie auch in Deutschland und in der Schweiz an verschiedenen Stellen im Freien be- obachtet (1908). Es scheint, daß diese Form vielleicht ebenso alt, jedenfalls nicht viel jünger ist als die ganze Einfuhr der 0. biennis in Europa. Denn sie wird bereits KJ87 von Paulus Hermanxus im Catalogus Horti Aeademici Lugduno-Batavi erwähnt. Tournefokt beschreibt sie in seinen Institutiones rei herbariae (Ed. II, 1700, T. I, p. 302) unter dem Namen Onagra latifolia flore dilutiore sive Lysimachia corniculata non papposa Virginiana major flore sulfureo. In dem Hortus Cliffortianus erwähnt Linxe dieses und fügt hinzu, daß sie an denselben Orten aber etwas seltener als die gewöhnliche Form gefunden wurde. Onagra latifolia Tourxefort wurde von Lixxe Oenolhera biennis genannt. Die var: sulfurea verhielt sich somit damals schon so wie jetzt. Ob sie mit der Ö. biennis aus Virginien eingeführt worden ist oder später aus dieser entstand, und vielleicht gelegentlich noch entsteht, ist aber unbekannt. Ich habe die O. sulfurea mehrfach aus unseren Dünen in Kultur genommen. Wenn man Samen oder Rosetten von Wurzelblättern im Freien einsammelt, hat man alle Aussicht, bei der Blüte darunter eine oder einige wenige Sulfurea-'Exempl&re zu finden. Einen Fundort, welcher dieses nicht zeigen würde, kenne ich bis jetzt nicht. Da aber die Varietät sich in jeder anderen Hinsicht genau so verhält wie die Art, schadet dieses bei Kreuzungsversuchen nicht. *) B. M. Davis, Genetical studies on Oenothera I; Hybrids of Oeno- thera, Americ. Natural., Vol. 44, 1910 S. 110, und Vol. 45, 1911 S. 193. 2) Oder sollte dieses Vermögen daher rühren, daß die von Davis zu seinen Ver- suchen benutzte Form von O. grandiflora, welche er „Strain D" nennt, und welche sich namentlich durch viel breitere Blätter von der Art selbst unterscheidet, ein Bastard zwischen 0. grandiflora und 0. Lamarckiana wäre? 3) R. R. Gates. Iowa Academy of Science 1911, S. 85. 298 Die Ursachen des Mutiereus Wie bereits erwähnt, ist die Sulfurea bei reiner Befruchtung erblich und rein. Bei Kreuzungen mit der hochgelben Form verhält sie sicli in eigener Weise a). Ich machte die betreffenden Versuche in den Jahren 1905 — 1907. Im Frühling 1905 hatte ich aus den Dünen unweit Wyk aan Zee Bosetten von Qen. biennis in meinen Ver- suchsgarten übergepflanzt. Bei der Blüte zeigten sich darunter einige Sulfurea-Exern-p\si,ve. Diese kreuzte ich mit den hochgelben normalen Individuen derselben Kultur, und zwar in beiden Richtungen. Die Samen säte ich erst im Frühling 1907 aus, pflanzte die Rosetten im April auf das Beet und erhielt 48 bezw. 32 blühende Exemplare. Die ersteren entstammten aus der Kreuzung Sulfurca ■[ biennis: sie blühten alle hochgelb wie der Vater. Die anderen gingen aus der reziproken Kreuzung Biennis ■ sulfurea her- vor und blühten alle schwefelgelb. Jede Pflanze öffnete am Hauptstengel über 20 einzelne Blüten, und die meisten blühten auch auf den Seitenästen. Dennoch war jede der beiden Kulturen in der Farbe durchaus gleichartig. Es gab weder Abweichungen noch auch Nuancen von Gelb zwischen den beiden Typen. Wir haben somit: Qen. biennis < O. b. sulfurea gibt: Sulfurea (schwefelgelb). (Jen. b. sulfurea X O. biennis gibt: Biennis (hochgelb). Beide Bastarde sind somit goneoklin nach der Vaterseite oder kürzer gesagt patroklin. Es geht hieraus hervor, daß man im Freien, wo die beiden Formen gewöhnlich zusammenwachsen, den einzelnen Pflanzen nicht ansehen kann, ob sie von reiner oder von in dieser Hinsicht gemischter Herkunft sind. Auch das Verhalten der Nachkommen im Versuchsgarten würde nichts beweisen, da beide Typen konstant sind, bei reiner Befruchtung. Merkwürdig ist auch, daß die Kreuzung O. Lamarckiana X O. biennis sulfurea sich gerade entgegengesetzt verhält. Hier fand ich in den Bastarden das Hoch- gelb dominierend, mit völligem Ausschluß des Schwefelgelb. (Es blühten im Sommer 1908 18 dieser Bastarde in der ersteu Generation). Auch liier trat nachher keine Spaltung ein, denn die 37 blühenden Exemplare meiner zweiten Generation (1909) hatten alle nur hochgelbe Kronen. Ich habe die Sulfurea-Y arietät nur so weit studiert, als es für die Kontrolle meiner Versuche erforderlich schien. Doch scheint es mir, daß eine weitere Prüfung dieser Eigenschaft wichtige Resultate verspricht, da sie sich jedenfalls bei Kreuzungen durchaus anders verhält als die Blütenfarben in den meisten anderen Gattungen. Oenothera biennis cruciata wurde zum erstenmal in meiner Mu- tations-Theorie (Bd. II, S. 599) erwähnt, und zwar von einem Fundort in den Dünen unweit Sandpoort. Sie ist seitdem auch an anderen Stellen in unseren Dünen beobachtet worden. Im Sommer sandte mir Herr Prof. Dr. H. Klebahn leitende Exemplare, welche auf der Lüneburger Heide mit 0. biennis zusammenwachsend gefunden waren. Auch von anderen Stellen in Deutschland erhielt ich Angaben über ihr Vorkommen. Sie scheint somit, obgleich sehr selten, dennoch ziemlich weit verbreitet zu sein. Es deutet dieses auf wiederholte Mutationen hin, ähnlich, wie ich diese für Linaria vulgaris peloria beschrieben habe (Mut. -Theorie, Bd. I, S. 563). Von meiner Basse von 0. biennis cruciata kultivierte ich 1901 die erste, 1902 und 1904/5 die zweite, 1906/7 und 1909 die dritte und 1910 die vierte Generation, und zwar stets in zahlreichen blühenden Exemplaren. Die Varietät zeigte sich dabei ausnahmslos als konstant. Ferner säte ich von den Samen von 1901, welche ich durch Be- stäubung in Pergamindüten rein befruchtet hatte, im Jahre 1903 eine größere Kultur. Sie umfaßte etwas über 500 blühende Exemplare mit Vergl. Abschn. II, Kap. I, § 1, S. 30. Die Anfänge der Mutabilität bei den Oenotheren 299 völlig; normalen Eigenschaften und rein cruciaten Blüten. Unter ihnen trat aber ein einzelnes Zwergexemplar auf, welches alter erst im Sep- tember zu blühen anfing, also zu spät, um noch keimfähige Samen in ausreichender Menge reifen zu können. Ich habe dann versucht, es zu überwintern, aber gleichfalls ohne Erfolg. Es fing in einer Höhe von nur 7 cm an zu blühen und öffnete im Laufe des Septembers und des Oktobers eine Reihe von Blüten, welche sämtlich cruciat waren, d. h. linealische Petalen hatten, wie diejenigen der Mutterform (Fig. 108 S. 293). Es liegt hier also eine Mutation von 0. biennis cruciata in O. bien. cruc. nanella vor, welche etwas seltener zu sein scheint als die Mutation von 0. Lamarckiana in 0. nanella (1 auf 500 gegen etwa 1 °/0). Es sei noch bemerkt, daß es sich nicht etwa um einen Bastard dieser letzteren mit 0. biennis cruciata handeln kann, erstens wegen der völlig zuverläßlichen Selbstbefruchtung der Mutter in einem geschlossenen Pergaminbeutel, und zweitens, weil ein solcher Bastard nicht linealische, sondern breite, umgekehrt herzförmige Blumenblätter haben würde, wie ich dieses bereits in meiner Mutationstheorie beschrieben und auch später vielfach erfahren habe. Dieses mutierende Exemplar stimmte in seinen übrigen Eigen- schaften in merkwürdiger Weise mit meinen aus 0. Lamarckiana ent- standenen Rassen von 0. nanella überein. Wenige Wochen nach dem Auspflanzen auf das Beet unterschied es sich bereits stark von seinen Nachbarn, indem die erwachsenen Blätter der Wurzelrosette nur 9 cm erreichten, während sie bei den anderen Pflanzen desselben Beetes eine Länge von 20 cm aufwiesen. Auch hatten sie eine breite Basis und bildeten dadurch im Herzen der Rosette jene dicht ineinander gedrungene Gruppe, an der die Zwergrassen bereits in frühester Jugend kenntlich zu sein pflegen. Aber sie vereinigten mit den Merkmalen der nanella diejenigen der 0. biennis. Im Juni, bevor der Stengel zu treiben anfing, war es völlig klar, daß hier eine Mutation vorlag, und wurde die Pflanze des- halb mit allen erforderlichen Sorgen isoliert. Sie blieb dem Vorbilde der O. nanella während des ganzen Sommers treu und wurde Ende Septeml »er photographiert. Von der spärlichen Ernte haben nur zwei Samen gut gekeimt. Diese entwickelten sich zu kräftigen Pflanzen, welche im August 1905 geblüht haben. Sie hatten die länglichen Blätter der 0. biennis, aber die Statur der Nanella, indem sie nur etwa 25 cm Höhe erreichten. Ihre Blüten hatten sämtlich linealische Petalen, setzten aber keine Samen an. Diese zweite Generation macht es wenigstens sehr wahrscheinlich, daß die 0. biennis nanella eine ebenso konstante Rasse ist, wie die aus Lamarckiana hervorgegangenen Zwerge. Wie bereits erwähnt, ist im Jahre 1911 durch Mutation, d. h. un- vermittelt, ein Zwerg aufgetreten, und zwar aus 0. biennis X biennis cruciata, diesmal aber nicht in meinen Kulturen, sondern in denen des 300 Die Ursachen des Mutierens Herrn Prof. Theo. J. Stomps im hiesigen Garten1). Es waren etwa 600 Bastarde zweiter Generation zwischen 0. biennis selbst und der genannten Varietät, und zwar in verschiedenen Kombinationen. In der Gruppe von 0. biennis X biennis cruciata (60 Ex.) wurde Ende Mai ein Zwerg- kenntlich, welcher die oben beschriebenen Merkmale hatte. Er wurde isoliert und blühte im September mit cruciaten Blüten, welche aber keine Samen ansetzten. Er hatte mehrere Seitenstengel, welche den Hauptstamm überragten, aber doch nur etwa 30 cm Höhe erreichten. Der Umfang des ganzen Versuches (1 Zwerg auf etwa 600 Pflanzen) deutet auf etwa denselben Mutationskoeffizienten, wie meine Kultur von 1903. Ferner ist aus einer Kreuzung von 0. Hookeri und 0. biennis in einer Kultur von 1912 ein Zwerg aufgetreten. Es geschah in der vierten Generation der ohen (Abschn. II, Kap. IV, S. 103) erwähnten Rasse von Rubiennis aus 0. Hookeri X biennis, Wie dort erwähnt wurde, spaltet sich diese Kasse alljährlich in Rubiennis und Hookeri; die ersteren wiederholen die Spaltung, während die letzteren in ihren Xachkommen konstant bleiben. Von den 70 Exemplaren der vierten Generation waren 64 Hookeri und 6 Rubiennis, und unter den letzteren war ein Zwerg, der sich durch halb so lange und am Grunde breitere Blätter in dicht gedrungener Rosette schon im Juni zu er- kennen gab. Er entwickelte sich seitdem kräftig, behielt seine Gestalt, doch mußte aus äußeren Gründen vor der Blüte ausgerodet werden. Dieser Eall lehrt, daß die Mutabilität wenigstens im männlichen Sexualtypus der O. biennis liegt, eine Tatsache, welche, wie wir unten sehen werden, in Verbindung mit dem Verhalten dieser Art bei Kreuzungen mit O. nanella von Bedeutung ist. Dasselbe lehrt der folgende Fall. Zum vierten Male ist aus O. biennis ein Zwerg entstanden, dies- mal wiederum in einem subternären Bastard aus O. Hookeri und der reinen 0. biennis, also ohne Mitwirkung von O. biennis cruciata, welche in den beiden ersten Fällen der Vater war. Die Kreuzung O. Hookeri X biennis machte ich 1907; die erste Generation 1908 war einförmig, die zweite 1909 spaltete aber in zwei Typen (vergl. S. 104). Diese kreuzte ich miteinander und erhielt dadurch 1910 den Bastard O. (Hookeri X biennis) Hookeri X O. (Hook. X bien.) rubiennis, welcher wiederum zweiförmig war und die beiden elterlichen Typen wiederholte. Die Kultur umfaßte 75 Exemplare, von denen 10 % Rubiennis waren. Eines von diesen wurde zu einem Zwerge, der in einer Höhe von nur etwa 2 cm zu blühen anfing, als der ganze Stengel oberhalb der ersten Blüte kaum 10 cm lang war. In den vegetativen Teilen hatte er die Merkmale des Rubiennis-Tyims in Verbindung mit der gedrungenen Statur der Zwerge. Auch von diesem Exemplar habe ich keine Samen gewinnen können. Im Sommer 1908 entstand nochmals ein Zwerg und zwar in den Kulturen eines Bastardes zwischen 0. cruciata Nutt. und 0. biennis cruciata. Diese Kreuzung hatte ich 1903 gemacht, die erste Generation 1906 und die zweite 1908 kultiviert. Die Rasse war einförmig, in den vegetativen Teilen der 0. cruciata X biennis gleich, die zweite Generation hatte aber cruciate Blüten. Obgleich die zweite Generation nur 60 Individuen umfaßte, entstand doch in ihr ein Zwerg, welcher bereits im Juli als solcher kenntlich 1) Theo. J. Stomps, Mutation bei Oenothcra biennis L. Biol. Zentralblatt, Bd. 32, 1912, S. 521, Tafel I. Die Anfänge der Mutabilität bei den Oenotheren 301 war. Er hatte die breiten und kurzen, gedrungenen Herzblätter in der Rosette, wie sie in der gewöhnlichen 0. nanella so oft durch die Krankheit bedingt werden (vergl. Fig. 92 bis 95 auf S. 210 u. 211), und wurde bis in den Herbst weiter kultiviert, sezte aber keine Samen an. Endlich ist noch ein Zwerg entstanden aus (Jen. cruclata Nutt X biennis cruciata und zwar 1908 in der zweiten Generation aus einer 1905 gemachten Kreuzung;, welche eine Kultur von nur 45 Exemplaren umfaßte. Die Zwergpflanze war als Rosette an ihrem dicht gedrungenen, offenbar durch die Nanella - Krankheit veränderten Herzen deutlich kenntlich, aber auch sonst viel kleiner als ihre Schwestern. Sie wuchs bis in den Spätherbst kräftig heran, ohne diese Merkmale zu verlieren, aber auch ohne einen Stengel zu treiben. Es sind also bis jetzt im ganzen aus O. biennis und deren Bastarden sechs Zwerge durch Mutation entstanden, trotzdem im ganzen nur wenige Tausende von Exemplaren gezüchtet worden sind. Und zwar aus der reinen O. biennis cruciata einmal, aus ihren Bastarden mit O. biennis einmal, aus denen mit O. cruciata zweimal und endlich aus den Bastarden zwischen der typischen O. biennis und O. Hooleri zweimal. Es besitzen also sowohl O. biennis wie 0. biennis cruciata dieses Mutationsvermögen, und zwar, soweit es sich jetzt beurteilen läßt, in ihrem männlichen Sexual- typus. Es sei ferner daran erinnert, daß unsere Kreuzungsversuche ge- lehrt haben, daß im männlichen Sexualtypus von O. biennis die Statur- Pangene sich in labilem Zustande befinden, eine außerhalb der Lamarchiana- Gruppe unter den Oenotheren sehr seltene Erscheinung. Offenbar darf die Mutabilität der Statnreigenschaft zu diesem labilen Zustande ihrer stofflichen Träger in Beziehung gebracht werden. Ferner ist aus O. biennis L. im Sommer 1911 ein Mutant ent- standen, der in seinen Merkmalen mit der unten zu besprechenden 0. LamarcMana semi-gigas übereinstimmt, diese aber mit den Eigen- schaften der 0. biennis verbindet. Es geschah in den oben erwähnten Kulturen von Stomps im hiesigen botanischen Garten1) und zwar unter den Bastarden der ersten Generation von 0. biennis cruciata X biennis. Die Pflanze zeichnete sich bereits im vegetativen Leben durch kräftigeren Wuchs aus, verriet ihre wahre Natur aber erst durch die dickeren Blütenknospen. Sie wurde darauf auf die Anzahl der Chromosomen in ihren Kernen untersucht. Stomps fand deren 21, und schließt daraus, daß die Mutation durch die Kopulation einer normalen Keimzelle mit einer solchen mit verdoppelter Chromosomenzahl entstanden sein muß. Letztere Keimzelle war also in Gigas umgewandelt, und würde, falls sie eine ihr gleiche, mutierte Zelle getroffen hätte, die volle Form 0. biennis gigas erzeugt haben. Tatsächlich entstand aber die 0. biennis semi-gigas. Die Pflanze war steril, wie die entsprechenden Mutanten von 0. La- mar chiana (siehe unten). Es ist wichtig, daß die beiden, in experimentellen Kulturen aufge- tretenen Mutationen von O. biennis solche sind, welche auch von 0. LamarcMana hervorgebracht werden. a) Theo J. Stomps, a. a. 0. Tafel I, Fig. 2 und 3. 302 Die Ursachen des Mutierens Au Fasciationen ist die Oenothera bicnnis iu unseren Dünen besonders reich. Nicht selten findet man 10 — 20 schön verbänderte und entsprechend gespaltene Stengel an der nämlichen Stelle. Auch in meineu Kulturen fehlten sie nicht, und da sie die Blütenrispen für die Einhüllung in Pergaminbeuteln weniger geeignet machten, wurden sie regelmäßig beachtet. Auch an anderen Bildungsabweichungen ist 0. biennis reich, wie solches ja auch der Fall ist für die 0. Lamarckiana (Mut. -Theorie I, S. 336 — 351). Jetzt komme ich zu den Mutationen von O. muricata L., welche aber viel seltener sind als die soeben beschriebenen. In unseren Dünen ist diese Pflanze eine sehr einförmige. Eigentliche Varietäten kenne ich nicht. Verbänderte Stengel und andere Monstrositäten findet man bis- weilen, aber seltener als bei 0. biennis. Wie diese ist sie teils ein- jährig, überwintert aber auch mit schwachen Rosetten von Wurzelblättern und dünnen Hauptwurzeln. Mutationen hat sie in meinem Versuchsgarten dreimal hervorgebracht. Erstens in 1905 aus einer unweit Zandvoort eingesammelten Rosette. Diese Pflanze unterschied sich von den übrigen Exemplaren derselben Kultur durch viel stärkeren Wuchs. Sie erreichte weit über 2 m an Höhe, während die übrigen Pflanzen, 35 an der Zahl, nur bis etwa 1,80 m emporwuchsen. Sie war bereits beim Anfang der Blüte, also im Juli, deutlich kenntlich, hatte einen dickeren Stamm, größere Blätter und namentlich größere und schönere Blüten. Ich habe ihre Samen ge- sammelt, aber bis jetzt noch nicht ausgesät. Auch im Jahre 1909 ist eine solche hochwüchsige, auffallend starke und großblättrige Pflanze entstanden, damals alter in einer Kultur von 0. cruciata X muricata. Sie hat sehr reichlich geblüht, doch habe ich keine Samen geerntet. Die dritte Mutation war eine viel auffallendere, entstand aber nicht in einer reinen Kultur von 0. muricata selbst, sondern aus der Kreuzung von 0. muricata X 0. (biennis X muricata). Da aber dieser Bastard zu den Merkmalen der O. muricata zurückkehrt, wie ich in § 3 des II. Abschnittes, Kap. 3 (S. 93) gezeigt habe, soll die Mutation hier angeführt werden. Um so mehr als sie in allen ihren Merkmalen weiter von der O. biennis abwich als die 0. muricata selbst und somit gar keinen Einfluß ihrer Großmutter 0. biennis erkennen ließ. Es kommen nach Kreuzungen Mutationen wenigstens ebenso oft vor als nach reiner Selbstbefruchtung; ich unterlasse aber in der Regel Ihre Erwähnung und betrachte sie nur als Bestätigung der entsprechenden Fälle. Die jetzt zu behandelnde, 1910 aufgetretene, hat alter bis heute kein Analogon aufgewiesen. Sie war schmalblättrig, kleinblütig, in der Blütenrispe und auch sonst stark rot angelaufen. Im Rosettenstadium unterschied sie sich nicht merklich von ihren Nachbarn, aber sobald sie ihren Stengel in die Höhe trieb, zeichnete sie sich aus. Dabei kam, daß alle ihre Schwestern, von denen etwa dreißig geblüht haben, sehr einförmig waren, sogar in der Höhe und in der Verzweigung. Die Stengelblätter des abweichenden Exemplares waren nur 0,5 cm breit, während sie sonst 2 cm breit zu sein pflegen. Die untersten Blätter der Traube erreichen an den nor- Die Anfänge der Mutabilität bei den Oenotheren 303 malen Exemplaren eine Länge von etwa 12 bei einer Breite von 2 cm, während sie hier nur 5,5 ) ' 0.7 cm groß waren. Übrigens waren sie in der Form und im Bau des Randes übereinstimmend, dagegen fehlte ihnen Fig. 109 Oenoihera muricata. Links eine normale Pflanze; rechts der 1910 entstandene schmal- blätterige Mutant. Beide aus 0. muricata )< (biennis X muricata) unter Ausschaltung der Merkmale von 0. biennis entstanden. Sept. 1910. das bläuliche Grün der Art fast durchweg. Die Rispen von 0. muricata sind dicht mit den Früchten besetzt und zwischen diesen stark beblättert; 304 Die Ursachen des Mutierens die Früchte der schmalblättrigen Pflanze waren weniger dicht gestellt, mit kleineren Brakteen. Die Blüten waren klein, öffneten sich nur wenig, die Fetalen fast kreisrund und sehr dunkelgelb, Kelch und Kelchröhre tief rotbraun. Der Fruchtansatz war, auch bei freier Bestäubung, nur ein sein* unbedeutender. Die beschriebenen Tatsachen beweisen, daß tue Mutabilität unter den Oenotheren nicht auf die 0. Lamarckiana beschränkt ist, aber doch außerhalb dieser Gruppe viel seltener und beschränkter ist, als in ihr. A B Fig. 110 Links Oenothera salicustrum, rechts 0. salicifolia, zwei schmalblätterige Mutanten aus 0. biennis Chicago, Aug. 1912. Dritte Generation (vergl. Fig. 18 S. 52). § 2. Oenothera salicastrum, eine Mutation aus 0. biennis Chicago. Im Sommer 1904 habe ich in den Vereinigten Staaten von Nord- amerika, und namentlich in Missouri und Kansas, vielfach nach wild- wachsenden elementaren Arten von Oenothera gesucht. Am 8. Sept. traf ich dabei in der Nähe von Courtney in „The bottom", einem von Zeit zu Zeit vom Missouri-Fluß überschwemmten Gebüsche, einen Standort von 0. biennis Chicago an, auf welchem mitten zwischen zahl- Die Anfänge der Mutabilität bei den Oenotberen 305 reichen normalen, hohen und reichlich blühenden Exemplaren ein Indi- viduum mit fast linealischen Blättern stand. Es war offenbar eine Muta- tion. Es hatte kleinere Blüten und dünne Früchte, von denen leider nur die vier unteren ausreichend reif waren. Ich sammelte diese, ob- gleich ihre Samen von den umgebenden Pflanzen befruchtet sein konnten, und entnahm auch diesen gleichzeitig die wenigen vorhandenen reifen Kapseln. Fig. 111 Oenothera salicastrum, eine typische Pflanze beim Anfang der Blüte, Ende Juli 1911 Diese beiden Samenproben wurden 1905 ausgesät. Sie gaben 140 und 110 Keimpflanzen, welche nahezu sämtlich geblüht haben und sich als gewöhnliche Biennis Chicago herausstellten. Nur fünf Ausnahmen gab es; eine aus den Samen der schmalblätterigen Mutter und vier aus denen der übrigen Pflanzen. Sie hatten dieselben linealischen Blätter wie das in Courtney beobachtete Exemplar. Das erstere hat ge- blüht, aber keine Samen gebracht; von den vier letzteren blieb eins eine Rosette, während drei blühten und mit dem eigenen Staub befruchtet Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. 20 306 Die Ursachen des Mutierens das eine hatte glatte, schwach (Fig. 11.0 Ich erhielt 197 und wurden. Nur zwei von diesen setzten Samen an das andere runzlige Blätter; beide waren sc A und B). Erst 1911 konnte ich diese Samen aussäen 293 Keimpflanzen, von denen die meisten bald anfingen ihren Stengel zu treiben. Alle hatten sie linealische Blätter, aber diejenigen der ersten Gruppe waren glatt, und diejenigen der zweiten Gruppe runzlig. Beide Gruppen waren sehr einförmig und jede ihrer Mutter gleich. Die Pflanzen waren, soweit sie auf die Beete ausgepflanzt worden sind, sehr kräftig und reich verzweigt, und je nach der Kultur niedrig und voll, oder hoch (1,50 m und darüber) und schlank. Sie blühten reichlich, hatten dieselben Blüten wie die Biennis Chicago, alter dünnere und längere Früchte mit reichlichem Samenansatz. In der dritten Ge- neration, 1912, haben beide sich wiederum, in größeren Kulturen, als konstant erwiesen. Es ist mir wahrscheinlich, daß hier zwei verschiedene Mutationen vorliegen, und daß die eine mit den runzligen Blät- tern, mit der von mir in Missouri be- obachteten Mutante, sowie mit einer unter dem Namen 0. salicifolia von Mac Dougal beschriebenen Mutation übereinstimmt. Bis jetzt habe ich aber nur diejenige mit den glatten Blättern näher untersucht. Dieser gebe ich den Namen 0. salicastrum (Figur 110—112). Sie unterscheidet sich in den Folgen ihrer Kreuzungen von der Mutterform in ganz eigentümlicher Weise. Ich habe bis jetzt nur ihr Verhalten gegenüber 0. La- marckiana und 0. biennis Chicago, und zwar für beide Fälle in den reziproken Kreuzungen studiert. Die erstere Art wird von der 0. salicastrum genau in derselben Weise gespalten wie von ihrer Mutterart. Ich machte die Kreuzungen 1911 und erhielt das folgende Ergebnis: Anzahl d. Individ. Kreuzung 00 17% Densa, 83% Laxä Fig. 112 Oenothera salicastrum. Keimpflanze am Anfang der Stengelbildung. Links oben ein Blatt; darunter ein Blatt von Oeno- thera biennis Chicago, bei gleicher Kultur und gleichem Alter der Pflanze. 0. salicastrum < Lam. 0. Lam. ■■ salicastrum 60 20% Laeta. 80% Velutina Die vier Typen wurden eingehend mit den entsprechenden Zwillingen aus 0. La- marekiana und 0. biennis Chicago verglichen und unterschieden sich in keinem Lehens- alter merklich von diesen. Die Pflanzen haben nahezu sämtlich geblüht. Ich folgere aus diesem Befunde, daß die 0. salicastrum die beiden selben Sexualtypen besitzt wie ihre Mutterart, wenigstens in bezug auf die hier in Betracht kommenden Merkmale. Die Anfänge der Mutabilität bei den Oenotheren 307 Daraus würde sieb ferner ableiten lassen, daß in ihr der schmalblättrige männliche Sexualtypus über den weiblichen breitblättrigen dominiert. Die Mutation würde somit einfach auf den Wechsel der Dominanz und auf die diese bedingenden Faktoren zurück- zuführen sein. In diesem Punkte würde die neue 0. salicastrum sich an die Seite der amerika- nischen Art 0. cruciata Nutt. stellen. Denn auch in dieser ist der weibliche Sexualtypus breitblättrig und der männliche schmalblättrig, und dominiert der letztere über den ersteren, wie die langen sehr schmalen Blätter zur Genüge zeigen. Damit wäre der Gegensatz in bezug auf diese Dominanz zwischen 0. cruciata und 0. biennis Chicago, wenn auch nicht aufgeklärt, so doch unserem Verständnis wesentlich näher gebracht. Aus dieser Auffassung des Mutationsvorganges läßt sich nun das Verhalten gegen- über der Mutterart in einfacher Weise berechnen, wenn wir die Dominanz des schmal- blättrigen Typus als durchgreifend annehmen. Wir haben dann: Sexualtypen Ergebnis 0. salic. X 0. bienn. Chic. = breitbl. X schmalbl. = schmalbl. 0. bienn. Chic. X 0. salic. = „ „ = „ Ich machte die Kreuzungen 1911 und erzog aus jeder in 1912 eine Gruppe von 60 Exem- plaren, welche nahezu alle geblüht haben. Beide Kulturen waren durchaus einförmig und einander, soweit ich es beurteilen konnte, völlig gleich. Sie hatten ausnahmslos die schmalen Blätter der 0. salicastrum, aber viel kräftigere Stengel als diese. Sie erreichten vor der Blüte, Ende Juli, über 1,5 Meter und wuchsen dann während der Blüteperiode noch bedeutend weiter in die Höhe. Vielfach habe ich versucht, diese Mutation auch in meiner aus Chicago stammenden Ilasse von 0. biennis Chicago auftreten zu sehen, indem ich künstlich befruchtete Samen in größerer Menge aussäte. Im Jahre 1905 hatte ich z. B. zu diesem Zweck 3500 und im Frühling 1911 etwa 2500 Keimpflanzen, aber keine von ihnen hatte die schmalen Blätter der 0. salicastrum. Dagegen sind solche Exemplare in meinen Kreuzungsversuchen von Zeit zu Zeit aufgetreten, wenn auch sehr selten. Ich führe als Beispiel nur eine Pflanze an, welche in der dritten Gene- ration meines Bastardes 0. biennis X biennis Chicago erschien, nur 30 cm Hohe erreichte, im September auf zahlreichen Zweigen reichlich blühte, deren Blätter aber noch viel schmäler waren als diejenigen der 0. sali- castrum, indem sie bei etwa 3 cm Länge nur etwa 3 mm an Breite er- reichten. In Bastardkulturen von 0. biennis Chicago und 0. Lamarchiana oder deren Derivaten habe ich solche Mutanten mit langen linealischen Blättern mehrfach beobachtet, doch ist hier die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, daß sie ihr Entstehen der Mutabilität der letztgenannten Spezies verdanken . Eine ganz andere Form von schmalen Blättern wurde an der amerikanischen Oeno- thera biennis von C. Stuart Gager in Kulturen beobachtet, welche nach Bestrahlung mit Radium-Strahlen gemacht wurden '). Sie traten nur an einem Teile des betreffenden Individuums auf. Ähnliehe schmalblättrige Typen, an vereinzelten Zweigen sonst nor- maler Individuen sind auch in meinem Versuchsgarten, und zwar bei verschiedenen Arten und deren Bastarden, beobachtet worden. J) C. Stuart Gager, Cryptomeric Inheritance in Onagra, Brooklyn Botanic Garden. Contrib. Nr. 3 Fig. 2 und Bull. Torrey Bot. Club 1911 T. 38 S. 461. 20* 308 Die Ursachen des Mutierens § 3. Metakline Bastarde Eine eingehende Vergleichung der Erscheinungen der Mutabilität mit den Folgen der Kreuzungen von Oenothera LamarcMana und deren Derivaten deutet mit Bestimmtheit darauf hin, daß das Mutieren vor der Befruchtung stattfindet, und daß bereits mutierte Sexualzellen dabei mit anderen mutierten oder mit normalen zusammentreffen (vergl. unten Fig. 113 Oenothera biennis Chicago X Lamarckiana. Eine meta- kline Velutina-'P&aiize,. Anfang Juli 1911. Fig. 114 Oenothera biennis Chicago X Lamarcliana. Eine me- takline Velutina-Vß.&xize am Ende der Blüte. Nov. 1910. Kap. II, § 5). Wenden wir dieses auf die älteren Arten an, so entsteht die Möglichkeit, solche mutierte Sexualzellen in Kreuzungen aufzufinden. Es ist dazu nur erforderlich, daß sie mit der für die Kreuzung ge- wählten zweiten Art einen anderen Bastard geben als die nicht mutierten Sexualzellen. Gehen wir noch einen Schritt weiter, so können wir uns vor- stellen, daß bei heterogamen Arten eine der am ersten zu erwartenden Die Anfänge der Mutabilität bei den Oenotheren 309 Mutationen der Übergang einer Sexualzelle in den dem entgegengesetzten Geschlecht eigenen Sexualtypus ist. Es braucht dabei offenbar nichts wesentlich Neues, sondern nur eine neue Kombination bereits vorhandener Erbschaften aufzutreten. Trifft man aber in Kreuzungsversuchen einen solchen Fall, so wird ein Hybride erscheinen, wie man ihn von der reziproken Kreuzung erwarten würde. Einen solchen Bastard nenne ich daher einen metaklinen. Solche metaklme Bastarde habe ich bis jetzt nur in Kreuzungen von Oenothera biennis Chicago und 0. cruciata Nutt. beobachtet, hier aber zu wiederholten Malen. Wie oben mehrfach beschrieben wurde, geben die beiden Sexualtypen dieser Arten mit Oen. Lamarckiana und deren Derivate verschiedene Zwillinge. O. bien. Chicago ) ' Lamarckiana erzeugt Densa und Laxa, die reziproke Kreuzung aber Laela und Velutina. Tritt nur im ersten Fall unter Hunderten von Laxa und Densa eine Velutina oder eine Laeta auf, so ist sie als metakliner Bastard zu betrachten. Denn die Eizelle, aus der sie entstand, verhielt sich der Lamarckiana gegenüber, wie es in normalen Füllen der Pollen der CK biennis Chicago tut. Ebenso erzeugt 0. cruciata X Lamarckiana die Bastardzwillinge Densa und Laxa, während der reziproke Hybride die Gracilis ist. Findet man somit in den ersteren Kreuzungen Oracüis- Exemplare, so findet die nämliche Schlußfolgerung Anwendung. Fangen wir mit den metaklinen Bastarden der 0. biennis Chicago an. Bei der Beschreibung der einschlägigen Versuche habe ich ge- legentlich solche FefoÄa-Exemplare erwähnt (S. 151, S. 235, S. 267). Ich gebe daher zunächst hier eine Zusammenstellung dieser Fälle. Von den sieben beobachteten Velutina haben sechs geblüht; aus jeder Kreuzung habe ich eine rein befruchtet und ihre zweite Generation auf Ein- förmigkeit geprüft. Es entstanden nur Velutina-Püsmzen; ihre Anzahl ist in den beiden letzten Spalten verzeichnet worden. 0. biennis Chicago. Entstehung metakliner Velutina Kreuzung Ernte Kultur Anzahl d. Indiv. Velutina 2. Gen. Indiv. Velutina Blüh. 0. biennis Chicago Lam. 1907 1908/10 236 2 70 25 n ii /n )i 1910 1911 182 1 — — „ „ X nanella 1908 1910 80 2 70 25 „ „ X oblonga 1908 1909/10 143 2 60 30 Zusammei i 641 7 200 80 Diese Velutina-'PüaiUzen habe ich stets, sowohl in der ersten wie in der zweiten Generation, genau mit der neben ihnen kultivierten Velutina aus der reziproken Kreuzung verglichen. Es stellte sich dabei eine völlige Übereinstimmung heraus, und zwar während der ganzen Entwickelungszeit, von der Keimung bis zur Samenreife. Die Velutina, welche O. biennis Chicago zum Vater haben, sind leicht von denen zu unterscheiden, welche aus der Kreuzung einer anderen Art mit O. Lamarckiana hervorgehen. Jedes- mal stimmten aber die metaklinen Bastarde mit jenen, und nicht etwa mit einem anderen Velutina-Typus überein. Das Verhältnis, in der die metaklinen Bastarde auftreten, ist hier 6-11:7, oder etwa 1%; eine Zahl, welche mit den Mutationskoeffizienten der O. Lamarckiana in aus- 310 Die Ursachen des Mutierens reichender Weise übereinstimmt, um als solcher gelten zu können1). Wahrscheinlich muß es etwas niedriger gestellt werden, da in einigen hier nicht angeführten analogen Kreuzungen keine Velulina-~Exem\)\a,ve beobachtet worden sind. Aus diesen Tatsachen dürfen wir folgern, daß die Eizellen von 0. biennis Chicago gelegentlich mutieren, und dabei eine sonst nur dem männlichen Sexualtypus dieser Art eigene Eigenschaft annehmen. Das Auftreten metakliner Velutina habe ich außerdem noch zweimal (1910) beobachtet, aber in komplizierteren Kreuzungen der 0. biennis Chicago. Gleichfalls habe ich ein einziges Mal eine Laxa in einer Kreuzung 0. La- marckiana X 0. biennis Chicago (1905) beobachtet, sie spaltete sich in der nächsten Generation in derselben Weise in Laxa und Aira wie solches die normale Laxa zu tun pflegt (S. 151), wobei die Laxa sich in den folgenden Generationen wiederum spaltete und die Atra konstant blieb (1912). Da dieses aber ein isolierter Fall ist, kann ich einst- weilen darauf nur wenig Gewicht legen. Dagegen würde man neben Velutina auch metakline Laeta erwarten. Diese habe ich auch gefunden, aber bis jetzt nur einmal, teils weil die Laeta in der Jugend und in dichten Kulturen viel weniger leicht von der Laxa zu unterscheiden ist als die Velutina, teils wie sie in bedeutend geringerer Anzahl zu erwarten ist. In meinen Kreuzungen von 0. Lamarckiana X 0. biennis Chicago erhielt ich 3 — 29% Laeta gegen 71 — 97% Velutina, im Mittel 14% gegen 86%, oder 1 Laeta auf 6 Velutina (S. 124). Auf die 641 Exemplare der S. 309 erwähnten Versuche würde man nach dieser Analogie höchstens eine Laeta erwarten dürfen, und sie konnte um so leichter übersehen werden, als ich anfangs selbstverständlich diese Erwartung noch nicht ausgerechnet hatte. Ich habe dann versucht in einer Wiederholung der Kultur die Laeta aufzufinden, und säte dazu in 1912 aus der Ernte von 1910 die mir übrig gebliebenen Samen. Ich erhielt aus drei Kreuzungen 434 Pflanzen, von denen etwa die Eälfte Laxa und die andere Hälfte Densa waren. Daneben gab es eine Velutina und eine Laeta, welche leicht erkannt wurden, sobald sie ihre Stengel zu treiben anfingen. Die Velutina blieb eine schwache Pflanze und blühte im August, die Laeta war ebenso stark wie die Laxa -'Pfi&nzen dieser Kultur. Sie fing Ende Juli an zu blühen und wurde vor und während der Blütezeit genau mit dem entsprechenden reziproken Bastard verglichen. Sie war in jeder Hinsicht eine unzweifelhafte Lacla. Fassen wir die ganze Aussaat zusammen, so ergibt dieses eine Laeta auf 641 -f- 434 = etwas über 1000 Pflanzen, ein Verhältnis, welches der oben be- rechneten Erwartung in genügender Weise entspricht. Ich gelange jetzt zu den metaklinen Bastarden in den Kreuzungen von O. cruciata Nutt. mit O. Lamarckiana bezw. deren Derivaten. Sie fallen zwischen den Zwillingen Ijaxa und Densa sofort auf, indem sie der O. cruciata auffallend ähnlich sind. Jedoch stellen sie sich bald als Bastarde vom Gracilis-Typus heraus, da sie in ihren vegetativen Teilen weit kräftiger sind als die Mutterart und in den Blüten nur herzförmige Petalen führen. Sie sind völlig grün; gelbe, gelbliche oder bunte Exemplare fand ich nicht. Ich beobachtete sie in den folgenden Fällen: Kreuzung 1. Generation Anzahl d. Indiv. Gracilis O. cruciata X brevistylis 1905 1907 60 3 „ X rubrinervis 1908 1909 60 2 „ „ 1911 1912 140 1 Zusammen 260 6 Von den Graci/is-Exemplaren der beiden ersteren Versuche wurden nach Selbst- befruchtung Samen geerntet und 1912 gesät. Ich erhielt daraus 36 bezw. 130 Kinder, welche ausnahmslos Gracilis waren und alle mit herzförmigen Petalen blühten. Die erstere Kultur enthielt, wie zu erwarten Avar, kurzgrifflige Pflanzen, und zwar in einem Verhältnis von 23%. Abgesehen von diesen letzteren waren alle Pflanzen aus den beiden Generationen dieser drei Versuche einander durchaus gleich. *) Linaria vulgaris brachte die Peloria-Form gleichfalls in etwa 1% ihrer Nach- kommen hervor. Die Mutationstheorie Bd. I, S. 560. Die Anfänge der Mutabilität bei den Oenotheren 311 § 4. Nachahmung- von Arten durch Kreuzung Es ist eine sehr wichtige Frage, inwiefern es möglich ist, bestimmte wildwachsende oder im Garten durch Mutation entstandene Arten mittels einer Kreuzung- von anderen Typen nachzuahmen. Es wird wohl allge- mein angenommen, daß innerhalb der polymorphen Großarten die Mög- lichkeit vorliegt, daß eine gewisse Anzahl von elementaren Formen durch die geschlechtliche Verbindung anderer entstanden sein können. Es treten hier eine Reihe theoretischer Gesichtspunkte in den Vordergrund, von denen wohl der wichtigste ist, ob solche Nachahmungen ihrem Vorbilde nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich gleich sind. Ich meine, ob sie sich in bezug auf ihre Variabilität und Mutabilität sowie auf die Ergeltnisse ihrer Kreuzungen in derselben Weise verhalten. Denn aus den äußerlich sichtbaren Eigenschaften darf man darauf selbstverständ- lich noch nicht schließen, wie wohl zur Genüge aus den in diesem Buche angeführten Tatsachen hervorgehen dürfte. Ich werde auf diese theoretischen Fragen hier nicht näher ein- gehen, möchte aber hervorheben daß die doppeltreziproken Kreuzungen he teroga iner Arten ein ausgezeichnetes Mittel für das Studium solcher Nachahmungen hefern können. Manche Blütencharaktere verhalten sich isogam , während die vegetativen Merkmale heterogani sind. Indem man die letzteren aus dem doppeltreziproken Bastard ausschaltet, kann man, durch geeignete Selektion, in diesem die Blütenmerkmale des anderen Fit eis behalten. Als Beispiel wähle ich die < Jenothera biennis cruciata, welche durch Mutation aus der O. biennis L. von Zeit zu Zeit in unseren Dünen und auch sonst in Europa, fern von jeder möglichen Kultur von O. cruciata Nutt. aufgetreten ist (vergl. V, I § 1, S. 298). Es ist mir gelungen, diese Form durch eine geeignete doppeltreziproke Kreuzung nachzu- bilden. Da aber meine Rasse erst in diesem Sommer (1912) sich als konstant herausgestellt hat, muß ich mir Mutations- und Kreuzimgsver- suche mit ihr einstweilen vorbehalten. Es handelt sich somit vorläufig nur um die Aufgabe, durch eine Verbindung von 0. biennis L. und 0. cruciata Nutt eine der 0. biennis cruciata äußerlich gleiche Rasse herzustellen. Zu diesem Zwecke habe ich die beiden reziproken Bastarde 0. biennis X cruciata und 0. cruciata X biennis miteinander gekreuzt. Erstere Form führt den schinalblätterigen Typus Gracilis, letztere den breitblätterigen des Rubiennis; beide sind rotnervig und von duuklem Laube. Für die Beschreibungen verweise ich auf den zweiten Abschnitt Kap. II § 2 und 3, S. 64 und 71. Ich machte die Kreuzung im Sommer 1909 zwischen Individuen der dritten Generationen der betreffenden Bastardrassen. Die eine Rasse hatte herzförmige Petalen, die andere linealische, was durch die anfängliche Selektion bedingt war. 0- (biennis X cruciata) X (cruciata X biennis)1) erzog ich 1910 in der ersten Generation in 80 Exemplaren, von denen 29 geblüht haben. Sie waren einförmig, weder *) Für die andere doppeltreziproke Kreuzung vergl. oben, Abschn. II Kap. III § 5 S. 99. Es sei hier nur bemerkt, daß durch sie eine Nachahmung bezw. Wieder- 312 Die Ursachen des Mutierens Gracilis wie die Mutter, noch auch Rubiennis wie der Vater. Sie. waren in den vege- tativen Merkmalen von Anfang an durchaus dem peripherischen Großvater 0. biennis gleich. Es verhielten sich somit die vegetativen Eigenschaften der 0. cruciata als hetero- gam, indem sie aus dem doppeltreziproken Bastard anscheinend völlig ausgeschaltet wurden. Während der Blüte verhielt es sich in bezug auf die Form der Traube und der Brak- teen, und später in bezug auf die Früchte genau so. Nur die Petalen machten eine Ausnahme. Es gab 25 Pflanzen, auf denen diese während der ganzen Blütenperiode herz- förmig waren, drei mit halb linealischen sehr wechselnden Petalen, und eine einzige mit ausschließlich linealischen Blumenblättern. Diese Pflanze war von der durch Mutation ent- standenen 0. biennis cruciata nicht merklich verschieden. Ich hüllte ihre Blüten ein, um reine Samen zu bekommen; die Befruchtung fand ohne Hilfe statt. Aus diesem Samen hatte ich 1912 eine zweite Generation, welche von Anfang an genau mit der normalen 0. biennis verglichen wurde. Unterschiede fanden sich vor der Blüte nicht. Es waren 70 Pflanzen, von denen 35 geblüht haben. Sie hatten ausnahms- los linealische Petalen von derselben Form wie diejenigen der Mutante, und soweit die stellenweise ins Grünliche spielende Farbe es beurteilen ließ, auch von demselben Bau. Sonst war alles dasselbe, auch die Fruchtbildung. Es war somit durch Kreuzung und Selektion eine einförmige, dem gewählten Vorbilde äußerlich gleiche Rasse entstanden. Aus dem Samen der Individuen von 1910 mit halblinealischen Petalen erhielt ich 1912 teils Nachkommen mit herzförmigen Blumenblättern, teils solche mit cruciaten Blüten. Aus diesen hätte ich somit, auf einem Umwege, auch wohl zu meinem Ziele ge- langen können. Kapitel II Die Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiana § 1. Mutationskoeffizienten von Oenothera Lamarckiana Oenothera Lamarckiana bringt alljährlich, in nicht zu kleinen Aus- saaten, eine ganze Reihe von neuen elementaren Formen hervor, welche meist sofort konstant sind. Die häufigeren dieser Formen sind jedes Jahr dieselben; daneben kommen aber viel seltenere vor, von denen einzelne bis jetzt nur ein einziges Mal entstanden sind. Die meisten sind völlig fruchtbar, Die 0. lata ist aber nur weiblich, und manche neuen Formen sind in so hohem Grade steril, daß es noch nicht gelang, sie durch Samen zu vermehren. Diese Erscheinungen folgen ganz bestimmten Kegeln. Unter diesen interessiert uns liier zunächst die Tatsache, daß gewisse Mutanten stets häufiger auftreten als andere. Am häufigsten ist die 0. oblong a, ihr folgen O. lata und O. nanella, viel seltener sind O. rubrinervis, 0. albida und O. scintülans, und die seltenste ist O. gigas (Mut.-Th. I, S. 157). Es gab dieses Veranlassung zur Aufstellung von Mutatiouskoeffizienten, welche dann für O. oblonga auf etwa 1 °/o, für O. rubrinervis auf etwa 0,1 °/0 und für 0. gigas auf etwa 0,01 °/0 veranschlagt worden sind (a. a. 0., S. 239). holung der in meiner Mutationstheorie (Bd. II S 593 — 634) beschriebenen Rasse Oen. cruciata varia dargestellt wurde. Diese Rasse war aber nur eine in einem botanischen Garten zufällig aufgefundene Form unbekannten Ursprunges. Die Mutationsperiode von Oenothera Laniarckiana 313 Es lag- mir daran, festzustellen, daß diese Mutationskoeffizienten sich im Laufe der Jahre nicht wesentlich ändern. Ich habe zu diesem Zweck auf dem ursprünglichen Fundort, von welchem ich meine frühere Rasse 1887 entnommen hatte, im Frühling1 1905 wiederum Rosetten ein- gesammelt, um sie iu meinem Versuchsgarten weiter zu kultivieren. Von diesen säte ich dann 1907 die rein befruchteten Samen, und dann nachher die zweite und dritte Generation. Dabei wurden die erhaltenen Mutanten jedesmal genau ermittelt, und wo es erforderlich schien, bis zur Blütenbildung und zum Fruchtansatz beibehalten. Die erste Gene- ration wurde in möglichst großem Umfang, die beiden folgenden aber in beschränktem Maßstab untersucht (1910 und 1911). Ich erhielt die folgenden Anzahlen von Mutanten. Ermittelung der Mutabilität der Oenothera LamarcMana auf dem Fundorte bei Hilversum für 1905 1. Gen. 2. Gen. 3. Gen. Anzahl Qmonga Nanella Lata Scintillans Albida Rubr}- 0vata Andere d. Indiv. * nervis 8452 59 4■» y o Kl Jahr -, t j- Oblonga Nandla Lata d. Indiv. J 1899 . . 204 3 1 1 1901 . . 1495 113 0 7 1906 . . 738 32 0 1 Summe . 2437 148 1 9 2 3 163 O. rubrinervis und 0. ovata siud in diesen Versuchen nicht auf- getreten. Im ganzen entstanden somit 6,7 °/o Mutanten, oder etwas mehr als aus der 0. lata. Aus diesen Tabellen habe ich die Mutationskoeffizienten für die einzelnen Mutanten berechnet, und stelle diese jetzt mit denen der O. LamarcMana (S. 313) zusammen. ida Andere Summe 0 0 5 0 2 122 9 1 36 Die Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiaua 315 Mutationskoeffizienten für die Entstehung- der einzelnen Mut anten aus Lamarckiaua aus Lata 0. ohlonga . . . 0,7 °/o 0,7 °/o " nanella . . 0,5 „ 0,4 „ H lata . . . • 0,4 „ — 11 scintülans • 0,3 „ 0,1 „ 11 albida . . . 0,2 „ 2,1 „ » rubrinervis . . 0,04,, 0,2 „ 11 ovata . . • 0,01 „ 0,4 „ w ie man sieht, beruht die Zunahme der ]\ aus Sciniillans 6,1 % 0,1 ii 0,4 ii 0,1 ii 0 ii auf der Vergrößerung- des Mutationskoeffizienten für je eine Art. O. lata bringt sehr viel Albida, O. scintülans dagegen sehr viel Oblonga hervor. Sonst sind die Zahlen teilweise unverändert, teilweise etwas zu- oder abgenommen. Wichtig sind nur die beiden letzteren Mutanten, und namentlich die 0. ovata, welche bis jetzt nur aus 0. lata in aus- reichenden Mengen für weitere Kulturen erhalten wurde. Übrigens leuchtet es ein, daß kleine Differenzen innerhalb des Bereiches der unvermeidlichen Beobachtungsfehler fallen, und somit keine Bedeutung haben. § 3. Abnahme der Mutabilität. Oenothera rubrinervis und 0. nanella zeichnen sich durch einen sehr geringen Krad der Mutabilität aus. Die erstere brachte von 1889 bis 1895 nur 2 Lata und 5 Leptoearpa hervor (Mut.-Th. I S. 192 und 238), die letztere nur drei Oblonga und 4 Lata (a. a. 0. S. 266). Auch später hat sich diese Sachlage nicht geändert. Von 1905- — 1911 erzog ich im ganzen 1780 Rubrinervis-Pü&nzen aus Samen, ohne dabei jemals eine Abweichung- zu beobachten, doch wurde dabei auf die erst im Spät- herbst kenntliche Leptoearpa fast gar nicht geachtet. In derselben Periode erzog ich aus Nanella-Sixnuni 1120 Pflanzen, von denen nur drei mutierten (1910), ohne dabei ihre Zwergmerkmale zu verlieren, alter auch ohne den Typus einer bereits bekannten Mutation anzunehmen. Oenothera oblonga ist gleichfalls eine sehr konstante Form. Bis 1900 erhielt ich aus ihr durch Mutation nur 3 O. albida, 1 0. elliptica und 1 O. rubrinervis und zwar unter 2554 Individuen (Mut.-Th. I S. 210 und 246). Später habe ich aus 1906 — 1910 gewonnenen Samen 365 Exemplare erzogen, welche sämtlich 0. oblonga waren, mit Aus- nahme von 6, welche sich als 0. rubrinervis ergaben. Oenothera gigas hat bereits in ihrer ersten Generation Zwerge her- vorgebracht, und dieses später fast alljährlich wiederholt. Aus 1904 geernteten Samen hatte ich 8 Zwerge auf 228 Individuen, also etwa 4°/o. Diese führten gleichzeitig die Merkmale der Gigas. Seitdem hat sich die Mutation alljährlich etwa in demselben Umfange wiederholt. Aus zwei 1910 in der 3. Generation aufgetretenen Zwergmutanten erhielt ich nach 316 Die Ursachen des Mutierens künstlicher Seil istbefruchtung Generation in 43 und 121 Andere Mutationen kenne ich Fig. 115 Oenothera gigas nanella. Kranke junge Rosette aus der zweiten Gene- ration. Juni 1911. 1911 eine zweite und 1912 eine dritte Ex., welche ausnahmslos Zwerge waren. bis jetzt von dieser Art nicht; die schmal- blättrigen Individuen gehören der fluk- tuierenden Variation an. da sie aus ihren Samen Pflanzen geben, deren Blattbreite in derselben Weise variiert, wie bei der breitblättrigen Rasse. Ich habe mich davon 1911 durch die Herstellung aus- führlicher Kurven über die Breite der Blätter überzeugt. Sehr schmalblättrige Formen, d. h. solche mit lmealischen oder nahezu linealischen Blättern dürften allerdings noch Mutationen verbergen, doch sind sie schwierig zu kultivieren und häufig steril. In den Fällen, in denen ich ihre Samen bis jetzt aussäen konnte, kehrten diese zum größten Teil zu dem normalen Typus der 0. gigas zurück. Wir dürfen diese neuen Arten so- mit als ziemlich konstant betrachten, Oenothera gigas nanella. Fig. 116 Gesunde junge Rosette aus der zweiten Generation, am selben Tage aufgenommen wie Fig. 115. 0. rubrinervis 6 000 0. nanella . . . 20000 0. oblong a . . 3 000 0. gigas . . . 1000 Die Mutationsperiode vou Oenothera Lamarckiana 317 indem erstens ihr Gesamtgehalt an Mutanten viel kleiner ist als bei der 0. Lamarckiana, welche deren etwa 2%> hat, und zweitens eine jede wesentlich nur eine oder zwei andere Formen hervorzubringen imstande zu sein scheint. Fassen wir zum Schluß die älteren und neueren Angaben über die Mutabilität dieser vier Mutanten zusammen, so bekommen wir, mit Ver- nachlässigung- der Elliptica und Leptocarpa und der Einzelheiten der Zählungen die folgende Übersicht: Exemp. Mutanten Zusammen in °/0 2 Lata 0,03 4 Lata, 3 Oblonga, 3 Andere 0,05 3 Albida, 7 Rubrinervis . . 0,3 9 Nanella ...... 0,9 Selbstverständlich machen die prozentischen Zahlen auf Genauigkeit keinen Anspruch. § 4. Mutierte Sexualzellen. Alljährlich kommen in meinen Bastard-Kulturen der Oenotheren Mutanten vor. und zwar sowohl in der ersten als in späteren Generationen. Meist sind sie Zwerge oder Oblonga^Exemplare. Gehören beide Eltern der mutierenden LamarcJciana-Qrwpiße an, so können sie in derselben Weise entstanden sein wie die Mutationen aus selbstbefruchteten reinen Rassen. Gehört aber nur der eine der Eltern zu dieser Gruppe und der andere zu einer der älteren Arten aus meiner Kultur, bei denen die betreffenden Mutationen sonst niemals vorkommen, so liegt es auf der Hand, anzunehmen, daß hier eine mutierte Sexualzelle befruchtet wurde. Daraus läßt sich dann weiter folgern, daß das Mutieren vor der Befruch- tung und nicht etwa bei oder nach dieser stattfindet '). In der Regel habe ich diese Bastard-Mutanten einfach beobachtet, und ihnen die Gelegenheit gegeben zu blühen, aber sie nicht künstlich befruchtet. Eine Ausnahme halte ich nur für einen einzigen Fall ge- macht, den ich deshalb jetzt beschreiben will. Oenothera (lata )< Cockerelli) oblonga. Im Sommer 1905 befruchtete ich Oen. lata mit 0. Cockerelli, säte die Samen 1906 und pflanzte die Zaia-Exemplare und einige ab- weichende Typen aus. Sie blühten teils einjährig und wurden zum anderen Teil über- wintert. Unter den 12 zweijährigen Exemplaren waren die meisten Lata, wie ich sie oben von dieser Kreuzung beschrieben habe (IV Kap. V § 4 S. 253); aber eines zeigte sich abweichend, indem es keine Eigenschaften der 0. lata hatte, aber die Merkmale der 0. oblonga mit denen der 0. Cockerelli in sich vereinigte. Es wurde daher rein mit dem eigenen Staub befruchtet. Aus diesen Samen hatte ich 1908 ein größeres Beet mit 47 Pflanzen, welche ich genau mit den normalen Kulturen der 0. oblonga desselben Jahres verglichen habe. Außerdem hatte ich in demselben Sommer aus einer Kreuzung von 0. oblonga X Cockerelli neben drei Velutina eine 06/o»#a-Pflanze (S. 266), welche den l) R. K. Gates nimmt an, daß die Mutation, namentlich bei der Entstehung von 0. gigas. nach der Befruchtung stattfindet; Annais of Botany Bd. 25 und American Naturalist Bd. 45, 1911 S. 602. 318 Die Ursachen des Mutierens ganzen Sommer über eine Rosette blieb, und die Merkmale der beiden Eltern in sich vereinigte. Von den 47 erwähnten Keimlingen hatten im August 1908 etwa die Hälfte einen Stengel getrieben, während die übrigen Rosetten von Wurzelblättern geblieben waren. Die Stämme waren stark und dick, dicht beblättert mit freudig grünem Laube, aber ohne die zahlreichen kleinen Rosettchen in den Blattachseln, welche die normale 0. oblonga auszuzeichnen pflegen. Die Form und Farbe der Blätter glich in allen Exemplaren dem erwähnten Vergleichsobjekte. Wie dieses, zeigten die Rosetten breitere und dadurch besser aneinanderschließende, den Boden völlig bedeckende Blätter, während diejenigen der echten 0. oblonga sehr schmal sind und Lücken zwischen sich offen lassen (vergl. Tafel XX). Blattbreite 4 gegen 2,5 cm. Die Oberfläche ist nahezu flach, während sie bei der normalen oblonga sehr stark runzlig ist. An den Stengeln nimmt der Unter- schied zu, indem hier die Blätter breiter und von hellerem Grün sind. Die Blüten der Bastard-Mutanten haben den Bau derjenigen der 0. Cockerelli, sind aber etwas größer als diese, während die echte 0. oblonga den Bau der Blüten der 0. Lamarckiana hat; die ersteren haben somit regelmäßig Selbstbefruchtung; sie gaben bei reiner Bestäubung eine reichliche Ernte. Während des ganzen Jahres verhielt sich das Beet somit wie ein Bastard von 0. oblonga und 0. Cockerelli, ohne Spur von Laia-Eigenschaften. Es war somit klar daß die Mutter aus einer in Oblonga mutierten Eizelle von 0. lata, durch Bestäubung mit 0. Cockerelli entstanden war. Im Anschluß an dieses Beispiel werde ich die übrigen von mir beobachteten Fälle jetzt tabellarisch zusammenstellen, indem ich dabei für die nicht mutierten Individuen (ein-, zwei- oder dreiförmig-) auf die im vorigen Abschnitt enthaltenen Beschreibungen, in denen diese Mu- tanten in der Regel aber nicht erwähnt wurden, verweise. Zufälliger- weise beziehen sich alle verzeichneten Beispiele auf Verbindungen, in denen 0. Lamarckiana oder einer ihrer Abkömmlinge die Mutter war. Mutierte Eizellen, durch Kreuzung mit nicht mutierenden Arten zu Mutanten geworden Kreuzung. Kultur 1 t .r Oblonga Lata Nanella 0. Lamarckiana X biennis ...1912 260 0 1 0 „ „ „ Chicago 1910 400 0 2 0 „ „ X Cockerelli . . 1912 190 0 2 0 „ lata X bien. Chicago .... 1907 106 1 0 0 „ oblongaX„ „ .... 1912 316 010 „ „ X Hookeri 1912 80 0 1 0 „ scintillans X bien. Chicago . . 1909 60 2 0 0 „ „ X biennis .... 1908 103 5 1 0 X Cockerelli ... 1908 73 2 1 0 „ „ X Hookeri .... 1909 62 5 0 0 „ . . . . 1910 104 0 0 1 „ gigas X Cockerelli 1911 60 0 0 1 Summe 1814 15 9 2 Außerdem entstanden 1912 aus einer 1911 gemachten Kreuzung von 0. oblonga X Cockerelli neben den früher beschriebenen inter- mediären ÖiWon^a-Exemplaren auch zwei sehr schöne Individuen vom Typus Scintillans. Die Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiana 319 Die Mutanten waren jedesmal die üblichen Zwischenformen zwischen den in den drei letzten Spalten angegebenen Typen und den betreffenden väterlichen Arten. Ich muß liier aber auf die Angabe der einzelnen Merkmale verzichten. Übrigens entstehen die Zwischenformen durch eine einfache Übereinanderlegung der Merkmale der beiden Kitern. Wie man sieht, hat 0. scintülans den Hauptanteil an dieser Gruppe; sie ist ja auch sonst die am meisten mutabele Art in meinen Kulturen. Unter den Mutanten fehlen Albida und JRubrinervis , wohl weil ihre Zwischen- formen zu leicht mit schwächlichen Individuen verwechselt werden. Das Vermögen der Eizellen der 0. Lamarckiana und ihrer Deri- vate, um vor der Befruchtung, und abhängig von einer etwaigen Muta- bilität des befruchtenden Pollens zu mutieren, dürfte durch diese Ver- suche außer Frage gestellt sein. Dagegen läßt sich aus ihnen keines- wegs ein Koeffizient für dieses einseitige Mutieren altleiten. Denn ich habe ja offenbar nur diejenigen Versuche angeführt, in denen Mutanten tatsächlich auftraten. Daneben standen alljährlich viel zahlreichere Kulturen gleicher Herkunft und gleitdien Umfangs, in denen solches nicht der Fall war. Dadurch wird der Mutationskoeffizient selbst- verständlich bedeutend niedriger, als er sich aus obigen Zahlen würde berechnen lassen. Auch den aus solchen Art-Kreuzungen hervorgegangenen Bastarden fehlt das Vermögen der Mutation nicht, wenn sie es auch nur von einer der beiden elterlichen Arten geerbt haben sollten. Ich führe als Beispiele die Bastarde Densa, Atra und die metakline Velutina aus den Kreuzungen von O. biennis Chicago mit 0. Lamarckiana an. welche mehrfach Zwerge hervorbrachten. Doch hätte eine weitere Behandlung dieser Tatsachen keinen Zweck. Dagegen will ich hier einen [Fall anführen, in welchem eine sonst nicht auftretende Mutation durch Benutzung der beschriebenen Methode ans Licht gebracht wurde. Es handelt sich um die cruciate Form von Oenothera Lamarckiana, welche ich in meiner Mutations-Theorie durch Kreuzung dieser Art mit einer Form mit linealischen Petalen dargestellt und beschrieben habe (Bd. II, S. 613, 016), welche aber als Mutante in meinen Kulturen bis jetzt nicht aufgetreten ist. Befruchtet man 0. Lamarckiana mit 0. cruciata Nutt., so keimen die meisten Samen gelb und sterben bald ab, wie wir in Abschn. II Kap. IV gesehen haben (S. 163). Die wenigen Keimlinge, welche zur Blüte gelangen, haben stets herzförmige Blumen- blätter. Erst in der zweiten Generation treten wieder linealische Petalen auf. Sollte nun in den Eizellen der 0. Lamarckiana eine Mutation stattfinden, welche sie in der Richtung der 0. cruciata abändern würde, so würden zwei Folgen möglich werden. Erstens würde die größere Verwandtschaft die Aussicht auf das Gelbwerden der Keime verringern, und zweitens würden die Bastarde voraussichtlich linealische Petalen haben. Selbstverständlich läßt sich weder mit Genauigkeit angeben, was man voraussetzen müßte, noch was man erwarten dürfte. Auch führe ich diese Betrachtung nur an, um auf eine mögliche Erklärung des von mir beobachteten Falles hinzuweisen. ») Vergl. die Tabelle auf S. 266. 320 Die Ursachen des Mutierens Von den gelben Keimen sterben weitaus die meisten. Im Sommer 1911 hatte ich von 13 gekreuzten Müttern etwa 1200 Keimlinge, von denen nur 40 am Leben blieben (S. 106). Von diesen waren 36 Gracüis, d. h. die normalen Bastarde zwischen beiden Eltern, zwei waren die unten zu besprechende Hero, und zwei führten den hier zu beschreibenden Typus (Fig. 117). Sie entstammten zwei verschiedenen Kreuzungen, waren sich aber dennoch von Anfang bis zum Ende der Kultur durchaus gleich. Sie waren in allen ihren Merkmalen offenbar Mutanten der Lamarckiana, obgleich von der 0. cruciata befruchtet. Wären die 1200 Keime sämtlich grün und kräftig gewesen, so würde ich wohl nur eine kleine Gruppe ausgepflanzt haben, und hätte diese Derivate Fig. 117 Oenothcra (Lamarckiana X cruciata) percruciata. Mittleres Stengelblatt, Zweig mit cruciaten und Zweiglein mit halbcruciaten Blüten. Ende August 1911. somit wahrscheinlich verloren. Da es aber so wenige und gelblichgrüne Keime gab, daß ich alle auspflanzen konnte, kamen die grünen Abweichungen notwendigerweise ans Licht. Wir haben hier somit eine Methode, um sehr seltene Mutationen nachzuweisen, und werden auf diese unten, bei der Besprechung der Hero, ausführlicher zurückkommen. Ich lasse jetzt eine Beschreibung der beiden weiblich mutierten Pflanzen folgen. Die beiden Exemplare waren bereits in früher Jugend als kleine Rosetten an ihren breiten Blättern kenntlich. Sie behielten dieses Merkmal am Stengel und an den blühen- den Zweigen, auch die Bracteen waren kurz und breit (Fig. 117). Sie waren lebhaft grün, nicht gelblich oder bunt, eher etwas bläulich, aber glatt und unbehaart. Die Die Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiana 321 beiden Pflanzen erreichten schon im August üher 1,5 in, während die Graeilis selten höher als 1 m werden. Da sich hald herausstellte, daß ihre Endrispen bei Selbstbefruch- tung völlig steril waren, ließ ich auf jeder von ihnen etwa ein Dutzend Seitenzweige zur Blüte gelangen. Sie haben liis in den November reichlich geblüht; alle Blüten waren dabei cruciat, meist mit linealischen, später aber auch mit etwas verbreiterten Petalen (Fig. 117). Nach Befruchtung mit dem Staub der Lamarckiana setzten sie gute Früchte an, welche kurz, breit und nach oben verschmälert, und dadurch von denen der Graeilis deutlich verschieden waren. Die Samen dieser Früchte stellten sich aber bei der Aus- saat als nicht keimfähig heraus, wie denn auch sämtliche, mehrere Hundert erreichende, frei von Insekten befruchtete Blüten nur tauben Samen brachten. Auch die Selbst- befruchtungen auf den Seitenzweigen gaben dasselbe Resultat. Die Pflanzen waren somit, durchaus steril. § 5. Volle und halbe Mutanten. Im vorigen Paragraphen wurde bewiesen, daß die Mutationen durch die Befruchtung imitierter Sexual/eilen zustande kommen. Es ergehen sich daraus drei Möglichkeiten, je nachdem entweder beide oder nur eine der kopulierenden Sexualzellen mutiert sind, und je nachdem im ersteren Fall die beiden Kiemente in derselben oder in verschiedener Richtung sich verändert haben. Es können z. B. in Lata mutierte Eizellen von zu Xanclla bestimmtem Pollen befruchtet werden. Auf die Untersuchung solcher komplizierter Fälle werde ich hier aber nicht eingehen, sondern mich auf die beiden anderen Möglichkeiten beschränken. Ist die Mutation nur eine einseitige, so kann man die entstehenden Individuen Halbe Mutanten nennen. Treten aber zwei in demselben Sinne mutierte Sexualzellen zusammen, so werden offenbar Volle Mutan- ten auftreten. Daß der letztere Fall seltener sein muß als der erstere, und zwar im Verhältnis des Quadrates, leuchtet sofort ein; ebenso daß er bei ausreichendem Umfang der Kulturen dennoch verwirklicht werden muß. Am einfachsten und klarsten verhält sich diese Sache bei Oenothera gigas, für welche die Ermittelung der Anzahl der Chromosomen sofort vollen Ausschluß gibt. Sie hat die doppelte Anzahl 28 — in Ver- gleich mit der Mutterart, welche 14 hat. Die halben 6ri(/rts-Mutanteu müssen somit 14 -\- 7 = 21 Chromosomen in ihren Kernen führen, und solche Formen sind durch die Untersuchungen von Miss Lutz und Stomps jetzt über allen Zweifel erhoben1). Oen. gigas zeichnet sich namentlich durch sehr dicke Blütenknospen aus, und seitdem man die Beziehung dieses Merkmales zu der Verdoppelung der Chromosomenzahl kennt, siud die beiden genannten Forscher auf den Gedanken gekommen, Individuen mit mitteldicken Knospen als vermutliche halbe Oigas-Mutmiten. zu be- trachten und sie auf ihre Chromosomenzahl zu prüfen. Indem sie hier stets die Zahl 21 fanden, wurde die Existenz solcher halben Mutanten bewiesen, und daneben auch die Feststellung eines Mutationskoeffizienten ermöglicht. Die diesbezüglichen Versuche und Beobachtungen werde ich aber in den beiden nächsten Paragraphen besprechen. *) Vergl. den nächsten Paragraphen. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung 21 322 Die Ursachen des Mutierens Hier möchte ich nur auf die wichtige Frage hinweisen, ob vielleicht progressive Mutanten im allgemeinen nur durch beiderseitige Mutation entstehen können, und auf den Umstand, daß sie offenbar aus den be- treffenden halben Mutanten nur durch eine zweite Mutation, und nicht etwa durch gewöhnliche Bastardspaltungen hervorgehen können. Dieses letztere geht für Oenothera gigas offenbar unmittelbar aus der oben nach- gewiesenen Konstanz ihrer Bastarde hervor. Für die übrigen Mutanten geben die Kerne leider einen solchen Anhaltspunkt nicht, da sie zumeist dieselbe Anzahl der Chromosomen führen wie die Mutterart. Wir wollen deshalb die einzelnen Fälle ge- trennt einer kurzen Betrachtung unterziehen. Fangen wir mit Oen. rubrinervis an. Aus ihrer Kreuzung mit 0. Lamarchiana oder mit anderen Mutanten entsteht, wie wir oben ge- sehen haben (S. 192 — 194) die 0. hybrida subrobusta, welche nach Selbst- befruchtung reine O. rubrinervis abspalten kann. Wir dürfen daraus folgern, daß bei Selbstbefruchtung von 0. Lamarchiana das Zusammen- treffen einer in 0. rubrinervis mutierten Sexualzelle mit einer normalen den Anstoß zu einer Subrobusta-Pü&nze geben wird. Das wäre somit eine halbe Mutante, welche aber in diesem Falle sich in der nächsten Generation spalten uud zum Auftreten reiner 0. rubrinervis führen kann. Hier wird die volle Mutation in zwei Stufen erreicht. Die neue Art entsteht zunächst als Bastard, um erst nachher rein ans Licht zu treten. Abgesehen von den äußeren Formen, muß sich dieses auch in dem Mutationskoeffizienten verraten. Denn während dieser nur selten, und dann als Kegel auch nur unwesentlich, über 1 — 2°/o hinaufsteigt, finden Bastardabspaltungen meist in höheren Verhältnissen, z. B. zu 10 — 20°/o oder mehr statt. Die halbe Mutante würde sich also durch einen scheinbar viel zu hohen Mutationskoeffizienten als solche verraten. So trat z. B. 1905 aus einer Kultur von 0. lata eine vereinzelte Mutante hervor, welche nach ihren äußeren Merkmalen eine Subrobusta war. Aus ihren selbstbefruch- teten Samen spaltete sie etwa 20°/o Rubrinervis-FÜSünzeu ab, während die übrigen wiederum Subrobusta waren. Obgleich ich mir eine ein- gehendere Untersuchung dieser Erscheinung noch vorl »ehalten muß, ge- nügt die Tatsache, in Verbindung mit den übrigen, um zu zeigen, daß die volle Mutation hier mittels zweier Stufen erreicht wurde, und daß die Zwischenstufe, die halbe Mutante, die O. subrobusta ist. Daraus geht dann weiter hervor, daß die in meinen Kulturen unmittelbar aus O. Lamarchiana oder aus anderen Mutanten hervorgegangenen Rassen von 0. rubrinervis aus der Verbindung zweier im gleichen Sinne imitierter Sexualzellen entstanden sein müssen. Sie sind somit volle Mutanten. Dafür spricht auch der Umstand, daß sie isogam sind, indem ihr Pollen und ihre Eizellen sich bei Kreuzungen in derselben Weise verhalten. Nahezu ähnlich ist die Sachlage für 0. nanella. Aus ihrer Kreuzung* mit der Mutterart entstehen zwei Formen, deren eine dem Vater, deren Die Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiana 323 andere aber der Mutter gleich ist. Solches muß somit auch bei der Kopulation von in Nanella mutierten Sexualzellen mit unveränderten stattfinden. Ein Teil der ersteren wird somit zu Lamarckiana werden; ihre Mutation geht, soviel wir wissen, ohne weitere Folgen vorüber. Ein anderer Teil schlägt zu der Form der Zwerge um. Diese sind volle Mutanten, wenn sie nicht etwa solche erst in der zweiten Generation abspalten sollten. Außerdem können Zwerge unmittelbar aus der Ver- bindung zweier imitierter Sexualzellen hervorgehen und in dieser Weise sind wohl die meisten meiner bisherigen Zwergrassen entstanden, wie aus ihrem isogamen Verhalten bei Kreuzungen hervorgeht. Hier kann die volle Mutation also in zweifacher Weise zustande kommen, ähnlich wie bei 0. rubrinervis. Sie setzt das Zusammentreffen zweier mutierter Sexualzellen nicht unbedingt voraus, und dieses würde vielleicht z. T. das viel häufigere Mutieren der Lamarckiana in 0. nanella als in 0. rubri- nervis (bei Ausschluß der 0. subrobustä) erklären können. Wiederum anders verhält sieh 0. lata. Sie ist offenbar selbst eine halbe Mutante. Sie ist als eine heterogame, inkonstante Rasse aufzu- fassen, deren Eizellen zwar die Lata- Eigenschaften auf ihre Kinder übertragen können, deren Pollen dieses Vermögen aber abgeben würde, wenn er nicht so völlig steril wäre. Für diese Auffassung sprechen zwei Gruppen von Tatsachen. Erstens, daß die 0. lata bei alljährlicher Bestäubung mit 0. Lamarckiana eine in gewissem Sinne konstante Rasse darstellt, welche in jeder Generation aus etwa 20% Lata und 80% Lamarckiana besteht. Zweitens daß die fruchtbaren Bastardrassen wie z. B. O. lata X semilata und 0. lata X Hooker i solche heterogame Formen sind, welche nur in ihren Eizellen, nicht aber in ihrem Pollen, soweit untersucht, die Lafa-Merkmale auf ihre Nachkommen übertragen. Oen. scintillans verhält sich wie 0. lata, abgesehen von der Ferti- lität ihres Pollens. Dieser führt keine >SWn^7/rtn.s-Eigenschaften, wenigstens überträgt er sie niemals auf die Nachkommen, und verhält sich wohl stets nur wie unveränderter Pollen von 0. Lamarckiana. Somit ist auch 0. scintillans als eine heterogame inkonstante Basse und als eine halbe Mutante a uf zufasse i i . 0. lata und 0. scintillans gehen nicht durch Bastardspaltungen in die entsprechenden vollen Mutanten über. Dazu wäre, wie bei 0. gigas, eine zweite Mutation erforderlich. Diese müßte namentlich den Pollen umwandeln. Solches scheint bis jetzt in meinem Versuchsgarten nicht stattgefunden zu haben, wohl wegen des zu geringen Umfanges der betreffenden Kulturen. Aber vielleicht würden die „vollen" 0. lata und 0. scintillans ganz anders aussehen, und nicht ohne weiteres als solche erkannt werden. Für 0. oblonga und die übrigen Mutanten reichen die vorhandenen Tatsachen noch nicht aus, um ein Urteil zu fällen. Die mitgeteilten Betrachtungen lehren, daß das Mutationsvermögen der O. Lamarckiana noch bei weitem nicht erschöpft ist, sondern noch manche Aufklärungen über die Erscheinung der gruppenweisen Art- 21* 32-1 Die; Ursachen des Mutierens bildimg verspricht. Dazu sind aber wohl viel ausgedehntere Kulturen, unter wesentlich besseren Bedingungen als die bisherigen, und im speziellen wohl unter einem viel günstigeren Klima erforderlich. § 6. Oenothera. Lamarchiana semi-gigas1) Bei der Besprechung der Oenothera gigas2) habe ich gezeigt, daß bei ihrer Entstehung im Jahre 1891 zwei in Gigas mutierte Sexualzellen von 0. Lamarchiana zusammengetreten sein müssen, und daß, falls eine solche mutierte Zelle mit einer nicht mutierten kopuliert, ein Bastard entstehen muß, welcher die intermediären Eigenschaften der gleichartigen, aber künstlich hervorgerufenen Hybriden Oen. gigas X Lamarchiana haben wird. Wie bereits erwähnt, sind solche halbe Gigas-Mntaaten in meinen Kulturen von Zeit zu Zeit aufgetreten, namentlich 1910 in einem schönen Exemplar, welches üppig blühte, aber ebenso steril war, wie es die namhaft gemachten Bastarde gewöhnlich sind, und gar keinen keimfähigen Samen reifte (S. 178). Die Beschreibung dieser Pflanze habe ich bis jetzt verschoben, da sie sich am besten an den Gegenstand der beiden vorhergehenden Paragraphen anschließt. Denn diese lehrten, welche Folgen die Befruchtung imitierter Sexualzellen durch nicht mutierte hat, oder, was wohl viel wichtiger ist, sie zeigten, daß solche Befruchtungen tatsächlich und nicht seltener vor- kommen als sich erwarten läßt. Die Erfahrung aber, daß das Mutieren vor der Befruchtung stattfindet, darf offenbar ohne weiteres auf die Entstehung der 0. gigas und der halben 6r/gras-Mutauten: 0. Lamarchiana semi-gigas angewandt werden. Die in Fig. 118 und 119 abgebildete Pflanze keimte 1910 aus sorg- fältig und rein befruchteten Samen, welche ich 1909 auf besonders zu diesem Zweck kultivierten Exemplaren meiner Basse von 0. Lamarchiana gesammelt hatte. Sie zeichnete sich bereits im April aus und wurde Mitte Mai in dem mit Glas überdeckten Teile meines Versuchsgartens ausgepflanzt, in welchem gleichzeitig O. gigas und 0. Lamarchiana, sowie ihre Bastarde wuchsen. Die beiden reziproken Bastarde sind ein- ander gleich, wie früher erwähnt wurde. Im Laufe des Sommers wurde es immer deutlicher, daß die neue Mutante mit diesen Bastarden genau übereinstimmte, und als die erste Blüte sich Mitte August öffnete, wurde dieses völlig klar. Die Blütenknospen und die unteren Brakteen der Rispe hielten genau die Mitte zwischen den beiden Arten (Fig. 119). Ebenso die geöffneten Blüten, deren Petalen breiter als bei 0. La- marchiana, aber weniger breit als bei 0. gigas waren. Auch die An- theren und Narben zeigten sich intermediär. Die Früchte Wieben klein, auch bei freiem Insektenbesuch, offenbar wurden die Samen nicht oder fast nicht befruchtet. Die Pflanze wurde etwa 2 m hoch. Ich ver- J) Theo. J. Stomps, Die Entstehung von Oenothera gigas, Ber. d. d. hot. Ges., Bd. XXX, 1912, S. 40IJ. 2) Ahschnitt IV, Kap. I, S. 175. Die Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiana 325 suchte ihren Wurzelhals zu überwintern, um die Achselknospen weiter zu kultivieren; dieses gelang alter, wie gewöhnlich, nicht. Fig. 118 Oenothera Lamarckiana semi-gigas. Mutante aus 0. Lamarckiana. Blühender Sproß- gipfel im Anfang Sept. 1910. Gates hat die Behauptung aufgestellt, daß Oenothera gigas nicht durch eine Mutation, sondern durch ein „Incident" aus O. LamarcMana 326 Die Ursachen des Mutierens entstanden sei. Insofern als ein Zufall eine Folge uns unbekannter Ursachen ist, mag- er wohl recht haben, doch bringt uns sein Ausspruch auch nicht weiter. Ferner meint er, daß dieser Zufall nach der Be- fruchtung und nicht vor dieser stattgefunden haben muß1). Denn im letzteren Falle müßten zwei zufällig mutierte Sexualzellen zusammen- getroffen sein. Wäre dem so, so müßte bisweilen auch eine in Gigas mutierte Zelle von einer nicht mutierten befruchtet werden und man müßte Mutanten mit den Merkmalen des Bastards und mit 21 Chromo- C1 C2 A B K K K K D Fig. 119 Oenothera Lamarckiana semi-gigas, Sept. 1910. B Unteres Stengelblatt von 0. semi-gigas, D Unteres Stengelblatt von 0. Lamarckiana, A Untere Braktee der Blütenrispe von 0. Lamarckiana, C1 Untere Braktee der Blütenrispe von 0. semi-gigas, C2 Untere Braktee der Blütenrispe von 0. gigas, K Reife Blütenknospen von: 1. 0. gigas, 2. 0. semi-gigas, 3. O. gigas X Lamarckiana. 4. O. Lamarckiana. somen auftreten sehen. Da aber nun in unserem Semi-gigas ein solcher Fall vorliegt, wird die Diskussion Gates' hinfällig. Ihr Mangel an Be- rechtigung wurde überdies auch bereits von Stomps dargetan2). *) R. E. Gates, The stature and chromosomes of Oenothera gigas. Archiv f. Zellforsch. Vol. III, S. 544 und: Mutation in Oenothera, American Natura- list, Vol. 45, S. 933 (1911). 2) Theo. J. Stomps, Kemdeeling en Synapsis hy Spinacia oleracea. Amster- dam 1910. Die Mutationsperiode von Oenothera Lamarckiana 327 Neuerdings hat Stomps auch für die ohen beschriebene und in Fig. 118 und 119 abgebildete Pflanze die Kernplatten untersucht und zwar in den im Sommer 1910 fixierten jungen Blütenknospen1). Er fand iu ihnen 21 Chromosomen, die erwartete Zahl, und folgert daraus, daß auch die frühereu Exemplare von 0. semi-gigas, welche gelegentlich in meinen Kulturen aufgetreten sind, aber nicht näher untersucht wurden, diese Anzahl von Chromosomen gehabt haben müssen. Außerdem hat Miss Anne M. Lutz in einer ausführlichen kritischen Arbeit die ganze Frage über allen Zweifel erhoben, iudem in ihren Kulturen von 0. Lamarckiana zelm Mutanten auftraten, welche sich durch dickere Knospen und die sonstigen Merkmale als 0. semi-gigas erkennen ließen. Sic bestimmte für alle diese Mutanten die Zahl der Chrotnosotnen und fand deren stets 21 2). Im nächsten Paragraphen werde ich eine Methode beschreiben, um auf Grund dieser Erfah- rungen den Mutationskoeffizienten für 0. gigas zu bestimmen. § 7. (Jenothera hybrida Hero Aus den in ij 4 mitgeteilten Erfahrungen läßt sich ableiten, daß auch bei Kreuzungen der Oenothera Lamarckiana mit fremden Arten von Zeit zu Zeit in 0. gigas mutierte Sexualzellen befruchtet werden müssen. Nur sind sie offenbar so selten, daß bei dem gewöhnlichen Umfang meiner Versuche die Aussicht, sie zu finden, eine viel zu geringe war. Größere Anzahlen von Keimpflanzen auf solche 6?«( Millersi) Hero. Ende August, 1911. Gipfel oberhalb der selbstbefruchteten Früchte. Oen. (Lamarckiana X biennis Chicago) velutina X Millersi. Auf diese Kreuzung bezieht sich die letzte Zeile in der Tabelle von S. 328. Ich machte sie 1910, und hatte in der zweiten Generation 1911 nur eine Pflanze, welche am Leben blieb, und sich durch filzig behaarte breite Blätter und dicke Blütenknospen als zu einer der Formen der Crifjras-Bastarde gehörig verriet. Sie war mit dem eigenen Staub fast steril, gab aus den Samen von 10 Früchten nur elf Keimlinge, von denen 8 zu schwach waren und 3 sich weiter entwickelten. Sie waren deutlich (xigas-Bastarde ; zwei waren breitblättrig und bildeten im Juni einen Stengel, während das dritte linienförmige Blätter hatte und eine schwache Rosette blieb. Labile Pangene als Ursachen des häufigen Mutierens 333 Wie erwähnt habe ich die Hero-Vüanzen zu einigen weiteren Kreuzungen benutzt. Ich wählte die Kulturen, welche 0. cruciata und 0. Mittersi als Vater oder als Groß- vater hatten (1909) und befruchtete sie mit 0. Lamarckiana, mit 0. (muricata • La- marckiana) laeta und mit O. Lamarckiana bicnnis. Aus jeder einzelnen Kreuzung entstand dabei eine äußerst formenreiche Gruppe '), welche teils bekannte Mutanten (z.B. O. lata, 0. scintülans und 0. oblonga) in ziemlich hohen Prozentzahlen wiederholte, teils ganz neue Typen umfaßte, von denen einige aus jeder Kreuzung in mehreren Exem- plaren, andere aber seltener gesehen wurden. Leider waren aucli hier die meisten samen- arm, einige sogar völlig steril. Es lohnt sich nicht, hier Zahlen anzuführen, oder die neuen Formen zu bescln-eiben, doch scheint der ganze Versuch auf eine wesentliche Er- höhung der Mutabilität durch geeignete Kreuzungen hinzuweisen. Kapitel III Labile Pangene als Ursachen des häufigen Mutierens § 1. Die Anhäufung labiler Paugene in Oenothera Lamarckiana Oenothera Lamarckiana unterscheidet sieh von den übrigen Arten dieser Gattung nicht nur durch das Vermögen der Mutabilität, sondern auch, wie ich in diesem Buche ausführlich gezeigt habe, durch die Eigen- schaft, bei vielen Kreuzungen eine zweiförmige erste Bastardgeneration zu geben. In beiden Beziehungen steht sie im Pflanzenreich bis jetzt nahezu vereinzelt da. Zwar kommen beide Erscheinungen auch sonst sehr verl »reitet vor, aber Gattungen, in denen sie in so hohem Grade entwickelt sind wie hier, sind doch bis jetzt noch nicht bekannt. Es liegt auf der Hand, für beide Erscheinungen eine gemeinschaft- liche Ursache anzunehmen. Bevor ich alter die Argumente für eine solche Auffassung zusammenstelle (§ 2), scheint es wünschenswert, das Wichtigste ans dem, was meine Kreuzungen in dieser Richtung gelehrt haben, nochmals einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Werfen wir dazu einen Blick auf die S. 294 gegebene Tafel. In dieser sind die Spaltungen in der ersten Generation durch die Bezeichnung labile Pangene angedeutet, und es fällt sofort auf, daß diese in 0. La- marckiana und deren Abkömmlingen so häufig sind, daß sie nahezu die Regel bilden, während mir unter den älteren Arten nur ein einziger Fall einer solchen Spaltung bekannt geworden ist (0. nanella X biennis). Allerdings läßt sich für eine Kreuzung nicht ohne weiteres entscheiden, in welchem von beiden Eltern das fragliche Pangen labil ist, und muß man dazu eine Gruppe von Versuchen vergleichen, aber gerade auf Grund dieser Methode ist unsere Tabelle aufgestellt worden. Am besten wählt man die sämtlichen Bastardierungen in jeder einzelnen Spalte als eine solche Gruppe. Diese unmittelbaren Spaltungen beziehen sich teilweise auf Eigen- schaften, durch deren Mutation die neuen Arten entstehen, teilweise *) Vergl. die entsprechende Kreuzung von 0. (Lam. X cruciata) gracilis X Lamarckiana, welche die beiden Typen Gracilis und Lamarckiana hervorbringt (Abschn. III Kap. IV B § 1 S. 167). 334 Die Ursachen des Mutierens auf solche, von deuen eine Beteiligung: am Mutieren noch nicht bekannt ist. Zu den ersteren gehören die hohe Statur und die Festigkeit der Fasern, durch deren Verlust die 0. nanella bezw. die 0. rubrinervis gebildet werden. Dann die Merkmale, welche die 0. lata, 0. scintülans und 0. oblonga bedingen. Dagegen geben die Oigas- und Brevistylis- Erbschaften zu Spaltungen in der ersten Generation bis jetzt keine Ver- anlassung. Es geht hieraus hervor, daß auch solche Eigenschaften mutieren können, deren Träger in der Mutterart nicht im labilen Zu- stande vorhanden sind, nur sind gerade in den beiden angeführten Bei- spielen die Umwandlungen verhältnismäßig seltene. Für die Gruppe der 0. nanella ist es, durch die Fälle, in denen die Spaltungen erst in der zweiten Generation beobachtet wurden, außer Frage gestellt, daß die betreffenden Pangene in den beiden Derivaten inaktiv, und somit in der Lamarekiana labil sind. Für die dritte Gruppe (0. lata, 0. scintülans) nehme ich das Umgekehrte an , hier werden bei den Muta- tionen inaktive Pangene in den labilen Zustand übergeführt. Allgemein gesagt ist die Anwesenheit zahlreicher labiler Pangene innig mit dem Vermögen der Mutabilität verbunden, aber es ist dabei keine Bedingung, daß die mutierenden Eigenschaften selbst von solchen getragen werden. Von diesem Gesichtspunkte erlangen nun auch jene Eigenschaften eine Bedeutung, welche zwar bei Kreuzungen zu un- mittelbaren Spaltungen Veranlassung geben, aber, soweit bekannt, bis jetzt noch nicht durch Mutation neue Arten haben auftreten lassen. Als solche haben wir die Laeta- und die Dcnsa- Eigenschaften kennen gelernt; sie bedingen die im dritten Abschnitt behandelten Zwillings- bastarde. Außerdem besitzt die 0. Lamarekiana noch eine Reihe von Eigen- schaften, deren Kreuzungen Spaltungen in der ersten Generation be- dingen. Als Beispiele führe ich Laevifolia und Cruciata an, aber unter der Bemerkung, daß ich ihr Verhalten nur nebenbei beobachtet und nicht eingehend untersucht habe. Für 0. laevifolia verweise ich auf das früher Mitgeteilte (S. 295). 0. cruciata bildet mit den älteren Arten in der Regel Bastarde, welche in der ersten Generation nur herzförmige Petalen haben, in der zweiten aber neben solchen auch Individuen mit cruciaten Blüten hervorbringen. Dagegen tritt diese Spaltung bei 0. cruciata X Lamarekiana bereits in der ersten Generation ein und erzeugt 0. Lamarekiana X cruciata neben Grac //^-Pflanzen mit herz- förmigen, auch ganz vereinzelte Individuen mit linealischen Blumen- blättern. Manche zerstreute Beobachtungen deuten darauf hin, daß hier- mit die Reihe der labilen Pangene in 0. Lamarekiana noch gar nicht erschöpft ist. Doch genügen die angeführten, um einen sehr erheblichen Unter- schied zwischen dieser Art und den übrigen wildwachsenden Formen sicherzustellen. Andererseits ist ja die Mutabilität auch keineswegs er- schöpft. Neben den häufigeren und zu Versuchen brauchbaren Derivaten stehen die selteneren, wie 0. semilata, 0. leptocarpa und andere, welche Labile Pangene als Ursachen des häufigen Mutierens 335 in diesem Buche kaum erwähnt worden sind, und eine Reihe neuer Formen, deren Kultur ich erst neuerdings angefangen liahe. Das Mitgeteilte führt zu einer schärferen Fassung einiger dies- bezüglicher Begriffe. Offenbar ist eine Mutationsperiode durch die zeitweise Anhäufung labiler Pangene bedingt, und sie wird somit durch die Häufigkeit von Mut ations -Kreuzungen angezeigt. Diese aber kennzeichnen sich durch die bereits in der ersten Generation sichtbare Zweiförmigkeit. Die Prämutation ist die Vorbereitung zu den Mu- tationen, und muß somit als das Übertreten stabiler (aktiver oder in- aktiver) Pangene in den labilen Zustand aufgefaßt werden; je zahl- reichere Pangene in dieser Weise umgelagert werden, umso höher wird der Grad der Mutabilität, doch ist das Mutationsvermögen, wie wir so- eben gesehen haben, nicht etwa auf sie beschränkt. Ein Austritt aus der Mutationsperiode kann für bestimmte Eigenschaften stattfinden, wenn diese aus dem labilen in einen stabilen Zustand übertreten, sei es, daß sie dadurch die Mutation bedingen (Entstehung von 0. rubrinervis und 0. nanella), sei es als latente Mutation (S. 272 — 274; Stabilwerden der Statur-Eigenschaft in 0. rubrinervis). Würden durch sichtbare bezw. latente Mutationen schließlich alle labilen Pangene stabil werden, so müßte die Mutationsperiode offenbar als solche aufhören1). Man darf vermuten, daß latente Mutationen viel häufiger sind als sie sich bis jetzt gezeigt haben. Ich betrachte es keineswegs als un- möglich, auf Grund einer Selektion solcher Umwandlungen z. B. eine immutabele Rasse von 0. LamarcMana mit äußerlich nicht wesentlich veränderten Merkmalen herzustellen, nur fehlen augenblicklich die Kenn- zeichen, auf die sich eine solche Selektion zu basieren hätte. Ich wähle ein Beispiel. .Man nehme an, daß die labilen Träger der Statur-Eigen- schaft in 0. LamarcMana etwa ebenso häufig aktiv als inaktiv werden können. Die inaktiven verraten sich in den Zwergen, aber wie soll man die aktiven unterscheiden? (Vergl. § 3). Eine sehr anziehende Frage ist die nach den Ursachen der Anhäufung labiler Pangene in (Jenothcra Lamarckiana. Insofern diese Anhäufung allmählich zustande ge kommen ist, ist sie ein historischer Vorgang, der sich größtenteils unserem Studium ent- zieht (vergl. unten Kap. V). Andeutungen zur Lösung dieses Problems gibt die oben beschriebene Mutabilität der älteren Arten von (Jenothcra (Kap. I, § 1 — 3, S. 296 bis 310). Zum Teil ist das Problem aber dem experimentellen Studium dadurch zugänglich geworden, daß wir wissen, daß auch im Versuchsgarten der Umfang der Erscheinung zu- und abnehmen kann (Kap. II, § 2—3, S. 313— 317). In den dort beschriebenen Fällen wurden einerseits labile Pangene in stabile oder stabile in labile übergeführt, und dieser Vorgang war an sich jedesmal eine Mutation. Außerdem kommt es vor, daß bei Kreuzungen Pangene aus der einen Lage in die andere übergehen. Trifft dieses labile Erbschaftsträger, so wird dadurch offenbar der Grad der Mutabilität verringert werden müssen, wie z. B. bei der Entstehung von Zwillingen. Treffen aber aktive und inaktive Pangene zusammen, so besteht die Mög- lichkeit, daß sie dabei, wenigstens zum Teil, in die labile. Lage übergeführt werden. 1) Vielleicht treten labile Pangene ehenso häufig latent in die aktive, als sichtbar in die inaktive Lage über, und führt dies bereits jetzt unsichtbar zu einem all- mählichen Verluste der Mutabilität. 336 lne Ursachen des Mutiereus Beispiele dieses Falles habe ich im zweiten Abschnitt mehrfach beschrieben, es handelt sich dabei aber stets um Fälle, in denen gewisse Pangene bei den Vorfahren der zu den Kreuzungen benutzten Formen bereits labil waren, und durch diese somit wieder in die ursprüngliche Lage zurückkehren. Einige Beispiele mögen hier wiederholt werden. Bei der Kreuzung von (Jen. muricata mit 0. nanella sind die 4//a-Pangene in der Mutter aktiv und im Vater in- aktiv. Bei der Entstehung der Laeta wird dann daraus der labile Zustand der Vorfahren der 0. nanella, also der 0. Laxiarckiana wieder hergestellt (S. 22G). Bei der Kreuzung von 0. rubrinervis und 0. nanella sind die ^/n the variations of the evening Primrose (Oenothera biennis). 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Die subternären, ternären und quaternären Ver- bindungen sind bei den betreffenden binaren zu finden, falls nicbt speziell angegeben. I. Bastarde älterer Arten A. Biuäre Bastarde biennis X biennis sulfurea 30 B 30 biennis < bi. Chicago 69, 71, 83 E 64, 66, 82 biennis X Hookeri 70, 83 R 65, 67, 82 biennis X Cockerelli 71, 83 R 66, 67, 82, 107 biennis X cruciata 71, 83, R 64, <\r,. 82 biennis X Millersi Ü4 bi. Chicago X Hookeri 74, 83 R 72, 80 bi. Chicago X Cockerelli 75, 83 R 73, 80 cruciata X Hookeri 77, 83 cruciata X Cockerelli 77, 83 cruciata X bi. Chicago 78, 83 cruciata X muricata 70 R 76 Cockerelli X Hookeri 59, 80 R 59, 80 muri, ata X biennis 39, (17, 82 R 43, 83 muricata X bi. Chicago 72, 80 R 79 muricata X Hookeri 80 R 7(.) muricata X Cockerelli 80 R 79 muricata < rhombipetala 51 strigosa Hookeri 60 R 60 strigosa X Cockerelli 60 R 60 strigosa X muricata 84 R 84 strigosa X biennis 84 R 84 odorata X muricata 51 Sellowii >< biennis 51 R 51 Sellowii < muricata 51 Sellowii X Lamarckiana 51 R 51 B. Doppeltreziproke, sesquireziproke uiid iterative B. 85 (bien. X muric.) X (muric. X bien ) 89 R 90 biennis (muric. X bien.) 93 R 95, 96 (bien. X muric.) X biennis 92, 96 R 95, 96 bien. X bien. X (bien. X muric) 05, 96 (biennis X Millersi) X biennis 94 muricata X (bien. X muric.) 93 R 96 (muric. X bien.) X muricata 92, 96 R 95, 96 muric. X muric. X (muric. X bien.) 95, 96 (bi. Chicago X bien.) X (bien. X bi. Chic.) 97 R 167 bien. Chicago X (bien. X bien. Chicago) 98 (cruciata X bien.) X (bien. X cruc.) 98 (Cockerelli X bien.) X (bien. X Cock.) 99 (Hookeri X bien.) X (bien. X Hookeri) 99 R 107 Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. pq 354 Verzeichnis der Kreuzungen C. Spalteudo Bastarde älterer Arten 100 Hookeri X biennis 102 St 104 Tern 104—107 biennis Chicago X Hookeri 103 St 104 cruciata >< Hookeri 103 St 104 Tern 107 II. Bastarde zwischen älteren Arten und Oen. Laniarckiana A. 0. hvbrida laeta und velutiua 113 Zus 288 biennis X Laniarckiana 121, 125 K 126 Tern 135 Zus 277 biennis cruciata < Lam. 122 K 120 biennis sulfurea < Lam. 122 biennis X brevistylis 122 K 126 biennis cruc. X brevistylis 122 K 126 biennis X rubrinervis 122 K 126 bienn. cruc. X rubrinervis 122 K 126 biennis X nanella 122 (bienn. X Millersi) X (Millersi X Lam.) ve- lutina 124 Cockerelli X Lam. 117, 125 K 129 R 117, 118, 125 K 120 Zus 280, 288 Cockerelli X nanella 118 R 118 Hookeri X Lam. 115, 118, 125 Sp 131 St 131 R 115, 118, 125 Sp 131, 132 St 131 Zus 280, 288 Hookeri X brevistylis 118 Hookeri ) . nanella 118 Sp 131 R 118 Sp 131 Millersi X Laniarckiana 123, 125 Zus 288 muricata X Lam. 119, 125 K 128 Fig. 55—56, S. 136—137 muricata < brevistylis 121 K 128 muricata X scintillans 121 K 128 muricata X nanella 121 strigosa < Lam. 117, 119, 125, R 117, 119, 125 Zus 288 blanda N Cockerelli 118 Zus 288 Lam. ■ Li. Chicago 124, 125 K 128 Zus 280, 289 nanella X biennis Chicago 124 lata X Hookeri 131 Sp 131 rubrinervis X Cockerelli 118 IJ. Kreuzungen von Laeta und Velutiua 133, 140 (bienn. < Lam.) laeta X Lam. 135 (bienn. X Lam.) laeta X blanda. 135 (bienn. X Lam.) laeta X Hookeri 139 (bi. X Lam.) laeta X (bi. X Lam.) vel. 142 R 143 (bi. X nan.) laeta < (bi. X nan.) vel. 142 R 143 biennis X (biennis X Lam.) laeta 135, 138 bienn. X (bienn. X bienn. < Lam.) laeta 138 bienn. (bienn. X rubrinervis) laeta 138 bienn. ■ (muric. X rubrinervis) laeta 138 biennis X (bienn. X Lam. velut. X laeta) laeta 144 bienn. X Lam. (velut. < laeta) laeta X Hookeri 144 (bienn. • Lam.) velutiua X Lam. 135 bienn. X (muric. X Lam.) velutiua 138 (bienn. < Lam.) velutina < bienn. Chicago 139 (bienn. X Lam.) velutiua < Hookeri 139 bienn. X (bienn. X rubrinervis) 138 (Lam. < bi. Chic.) laeta X Hookeri 139 (Lam. X bi. Chicago) velut. X Hookeri 139 (Hookeri X Lam.) laeta X Laniarckiana 133 R 133 (Hookeri X Laniarckiana) laeta X velutina 133 R 133 Hookeri < (bien. X?Lam., laeta X velut.) laeta 144 Hookeri X (bien. X Lam., velut. X laeta) laeta 144 Hookeri ';< (Hookeri X Laniarckiana) laeta 133 R 133 (Hookeri X Lam.) velutina < Laniarckiana 133 R 133 (Hookeri X Laniarckiana) velutina X Hookeri 133 (muric X Lam.) laeta X Lam. 135 Verzeichnis der Kreuzungen 355 (muric. ■ rubrin.) laeta X Lam. 135 (niuric. X nan.) laeta X Lam. 135 (muric. X Lam.) laeta X Hookeri 139 (muric. X Lam.) laeta >; hienn. Chicago 139 (um. > Lam.) laeta ■ (mu. X Lam.) vel. 142 R 143 (mu. C Lam.) laeta < (mu. X nan.) vel. 142 R 143 (mu. - nan.) vel. 142 R 143 < (mu. X Lam.) vel. 142 rubrinervis) laeta 138 (muric. X (bien. X Lam., laeta X velut.) laeta 144 muricata X (bien. X Lam. velut. X laeta) laeta 144 (muric. X Lam.) velutina X Lam. 135 (muric. < Lam.) velutina X bienn. Chicago 139 (muric. X Lam.) velutina ■ Hookeri 13G muricata X (muricata X Lam.) velutina 135, 138 muric. < muric. X (muric. < Lam.) velutina 135, 138 muric. < (hienn. X rubrinervis) velutina 138 (mu. X nan.) laeta (mu. X nan.) laeta (muric. X (muric. C. 0. hybrida densa und laxa 144 Zus 2*9— 290 hi. Chicago X Lamarckiana 151 St 151 hi. Chicago < scintillans 151 St 151 cruciata X Lamarckiana 156 St 156 Zus 290 cruciata X brevistylis 150 St 156 D. 0. Lamarckiaua bieunis 150 Lamarckiana X bieunis 150, 133 (Lam. X bien.) X Lamarckiana 162 Lam. X (muric. X bien.) 100 R 100 Lam. X (bien. X muric.) 160 R 101 Lam. X (muric. X Lam.) laeta 162 Lam. X (bienn. ■ Lam., laeta 102 Lam. X (muric. X rubrin.) laeta 102 Lam. X (muric. X Lam.) velutina 102 Lam. X (bienn. Lam.) velutina 102 nan. X (muric Lam.) velutina 102 E. 0. hybrida gracilis 163 Lamarckiana X cruciata 106 Lam. X (muric. X cruciata) 166 lata X cruciata 166 nanella X cruciata 166, 167 (nan. X bien.) X cruciata 166 oblonga X cruciata 166 rubrinervis X cruciata 166 (Lam. X cruc.) gracilis < Lam. 167 (Lam. X cruc.) grac. X (er. X Lam.) laxa 167 (cruc. X Lam.) laxa X (Lam. X er.) grac. 167 Lamarckiana X Millersi 168 (Lam. X Millersi) X Lam. 109 (Lam. X Millersi) X (Hill. X Lam.) velutina 169 oblonga X Hillersi 108 Lamarckiana X muricata 168 lata X muricata 168 nanella X muricata 168 oblonga X muricata 168 rubrinervis X muricata 168 (muri. X Lam.) laeta X cruciata 171 (muri. X Lam.) laeta X muricata 171 (muri. X Lam.) laeta X Millersi 171 (muri. X Lam.) velutina X cruciata 171 (muri. X Lam.) velutina ■ muricata 171 (muri. X Lam.) velutina X Millersi 171 (muri. < nan.) velutina X muricata 171 23* 356 Verzeichnis der Kreuzungen III. Bastarde der Mutanten von Oen. Lamarckiana A. Bastarde von 0. gigas 175 Zus 268, 274 Lam. X gigas 184 R 183 Zus 286 (gigas X Lam.) X gigas 184 R 1S4 >< Lam. 185 R 185 179, 180 R 179, 180 Tern (gigas X Lam.) bieimis ■ gigas 179 bienn. Chicago X gigas 179, 181 R 181 Cockerelli X gigas 180 R 179, 180 cruciata X gigas 182 R 182 Hookeri X gigas 180 R 179 murieata X gigas 179, 181 R 181 Tern 179 (muric. X nanella) X gigas R 186 Millersi X gigas R 182 laevifolia < gigas R 184 lata X gigas 186 nanella X gigas 186 R 186 oblonga X gigas 187 Zus 267 rubrinervis < gigas 187 R 187 B. Bastarde von 0. brevistylis 188 biennis X brevistylis 189 bien. Chicago X brevistylis 189 Cockerelli X brevistylis 189 cruciata X brevistylis 189 Zus 290 Hookeri X brevistylis 189 murieata X brevistylis 189 laevifolia X brevistylis 190 uanella X brevistylis 190 rubrinervis X brevistylis 190 C. Bastarde vou 0. rubrinervis 190 Zus 190 biennis rubrinervis 201 R 194 (bienn. • rubri.) velutina laeta 202 (bienn. • rubri.) laeta ■ velutina 202 (bi. Chicago X rubrin. 205 St 204 R 195 St 197 Tern 198, 204 Zus 277 289 Cockerelli rubrin. 199 St 199 R 200 St 200 Zus 277, 27s, 280 (rubr. X Cock.) laeta X velut- 200 (rubr. X Cock.) velut. X laeta 200 cruciata X rubrinervis 204 Hookeri ■ rubrinervis 200 R 200 murieata ■ rubrinervis 2D1 Lamarckiana X rubrinervis 194 R 194 Zus 270, 27S brevistylis X rubrinervis R 194 laevifolia rubrinervis 194 R 194 nanella X rubrinervis 194 R 194 Zus 270, vergl. unter D B. Bastarde von O. nanella 205 Zus 268, 291, 292 nanella X Lamarckiana 207 R Zus 281, 285 nanella X brevistylis 207 nanella X laevifolia 207 rubrinervis X nanella 213 St 215 R 215, 216, 226 St 215, 217 Tern 216 Zus 277 biennis X nanella 232 St 233 Tern 233 Zus 277 (nanella X biennis) X bi. Chicago 234 biennis Chicago X nanella 234 St 235 R 233 Tern 234, 236 Zus 277, 289 Cockerelli X nanella 231 R 229 St 229 Tern 230, 232 Zus 277 cruciata X nanella 236 St 236 R 238 Tern 236, 238, 239 R Zus 290 (nanella X biennis) X cruciata 239 Hookeri X nanella 227 St 227 R 228 St 228 Tern 229 Zus 227, 280 murieata X nanella 218, 219, 221 St 219, 225, 226 Zus 277, 285 (murieata X nanella) velutina X biennis 241 Laeta X nanella Sp Zus 276 R 277 nanella X biennis 240 St 242 Zus 277 (nanella X biennis) X nanella 243 (nanella X bienuis) semi-alta X biennis 244 (nan. X bienn.) semi-alta X bienn. Chicago 244 Verzeichnis der Kreuzungen 857 man. bienn.) semi-alta < Cockerelli 244 (nan. X bienn.) semi-alta X cruciata 244 (nan. ■ bienn.) semi-alta X Lamarckiana 244 (nan. ■ bienn.) semi-alta < nanella 244 E. Bastarde von 0. lata 244 Zus 271 lata ■ Lamarckiana 245, 247, 248 lata ■ brevistvlis 24.'), 24s lata X gigas 245 Zus 280 lata X nanella 245, 248 lata < rubrinervis 24.">, 248 St 24!» lata X scintillans 245 lata • semilata 245, 256 Zus 272 lata X biennis 245, 251 Tern 251 lata < biennis cruciata 25] lata ■ bi. Chicago 245, 254, 255 Tern 255 lata ■ Cockerelli 245, 253, 255 lata ; Hookeri 245, 251, 255, 25(1 St 252 Tern 253 Zus 272, 275 F. Hastarde von 0. scintillans 257 Zus 271, 278 Lamarckiana < scintillans 25!) R 2li() lata X scintillans 259 nanella X scintillans R 260 oblonga ■ scintillans 259 R 260 rubrinervis scintillans 25!l R 260 bienn. Chicago X scintillans 260 R 2H1 K 262 Zus 280, 289 Hookeri , scintillans 260 R 261 K 262 Zus 280 muricata ■ scintillans 260 scintillans biennis 261 Iv 262 scintillans Cockerelli 231 K 262 Zus 280 Gr. Bastarde von O. oblonga 202 Zus 271, 27s Lamarckiana X oblonga 266 R 265, 266 lata X oblonga 265, 266 nanella X oblonga 264, 266 R 264, 265, 266 St 264 rubrinervis oblonga 267 R 265, 267 scintillans X oblonga 266, R 265, 266 biennis < oblonga 266, 267 R 265 bi. Chicago X oblonga 267 R 26.5, 266 Cockerelli X oblonga 266 K 265 K 266 cruciata X oblonga 267 R 265 Hookeri X oblonga 266 R 265 K 266 muricata < oblonga 266 R 265 Register Abhängigkeit von den Kulturbedingungen 254 Abweichungen von der Regel 223 Agrotis segeturn 24, 206 Aktiv, Definition 292 Aktiv •; inaktiv gibt labil 144, 216, 22(1, 237 Alabama 18 Albida 249 Allogamie 31 Alta-Pangene 205, 213, 336 — aktive 218 - in 0. biennis 239, 241 — in Laeta 222 — iu 0. muricata X nanella 225 — in 0. rubrinervis X 0. nanella 217 Amerikanische Arten von Oenothera 51 Analoge Kreuzungen 280 Analyse, pangenetische 173 Anemone 6 Anhäufung labiler Pangene 335 Antirrhinum 4 Anwesenheit von Merkmalen, Ursachen der 281 Artbildung, gruppenweise 4, 346 — isolierte 5 Arten, Entstehung durch Kreuzung 6 — von Oenothera, ältere 9 Assoziation 112, 233, 279 — der Eigenschaften 110, 202 — von Laeta und Nanella 142, 225, 232, 233, Tabelle 276 — von Laeta und Rubrinervis 200, 202 — mutabeler Eigenschaften 27-1 — zwischen Festigkeit und nanella 216, 217 — zwischen 0. Lamarckiana und Zwergen 227 Assoziiert, Definition 293 Atavismus, experimenteller 264 Atra 152, 204, 235 Atra X Laxa 153 Auslese, künstliche 4 Ausschluß eines Typus 222 Austritt aus der Mutationsperiode 213, 335, 346 Äußere Einflüsse 193 B Bailey 20 Bakterien im Ackerboden 210 Bartlett 16, 18, 56, 342 Bastarde, einseitig spaltende 100 - Fruchtbarkeit der 14 — halbe 226 — im Freien 6 — in den Dünen 38 — intermediäre 178, 283, 285 — isogame 59 — iterative 86 — metakline 308 — reziproke 30 — sterile 179 — ungleiche reziproke 64 Bastard-Früchte 43 Bastardierungen, Technik der 179 Bastard-Mutanten 317 Bastardrasseu, konstaute 109 Bastardspaltung, einseitige 270 Bastardtypen, unterdrückte 266 Bateson 12 Baue 18 Befruchtung 345 Berechnung der Versuchsergebuisse 108 Berkeley 55 Beverwyk 36 Beziehungen, gegenseitige 275 Biennis X Muricata, Eizellen 161 Register 359 Biennis-Typus 64 Blumenblätter, Form und Grüße 100, siehe auch Petaleu Blumenblätter nicht heterogam 85 Botrytis cinerea 24 Boulder 53, 56 BoiEENGEE 20, 46 Bretagne 20 Brevistyüs-Eigenschaft 847 Brevistylis-Gruppe 268 Brittox 56 — and Beown 52 Buntblätterige Bastarde 84 Bunte Exemplare bei Bastarden von 0. cruciata 98 Bunt in 0. cruciata ■ biennis 65 Carter >S: Co. 16 Chicago 34 Chlorophyllarme Bastarde 84, siehe auch Gelbe Keime Chromosomenzahl, Verdoppelung der 177 Chromosom, vegetatives 347 Chrysanthemum 5, 15 Cockerele 56 Coerulea 169 Colorado 53 Conica-Typus 69, 71, 82, Übersicht 71, 82 Courtney 85, 37, 304, 305 Cruciata-Typus 77 D Darwin 4, 82s Davis 18, 181, 296, 348 Debilis 242 De Candolle 6, 84 Definitionen, empirische 2! »2 Delboeuf, Gesetz von 273 Deusa 145, 234, 207, 270 — Prozentischer Gehalt an 289 Densa-Zwillinge 144 Differenzierung 12 Dihybride Verbindungen 284 Di-polyhybride Kreuzungen 286 Dixie Landing 18 Doppeltreziproke Bastarde 30, 85 - Kreuzungen, Spaltungen 129 Draba 5 Drahtgeflecht 17 Drei Spaltung 265 Drillinge 251, 275 Durchfaulen der Stengel 68, 71 E Eigenschaft, Fehlen einer 281 Eigenschaften, latente 11, 282 — neue 2S2 — ungepaarte 109 — Vermischung der väterlichen und der mütterlichen 91 Einflüsse, innere und äußere 110 — äußere 193 Einförmigkeit der zweiten Generation 129 Einjährigkeit 211 Eizellen, mutierte 105, 81s Eizellenbastarde 04 Eizellenbild 02, 03 Erbschaften, latente 112 Erbschaftsträger, Anzahl der 13 Erde sterilisiert 20 Erdraupen 24, 200 F Fahnenblätter 212 Fasanen, Futter für 36 Fasciationen 802 Fehlen einer Eigenschaft 281 Fehlen von Typen 205 Festigkeits-Pangen 193, 205, 213 Fluktuation 12 Fruchtbarkeit, ah geschwächte 13 — der Bastarde 48 - Verminderung der 269, 286 Früchte 2!» Fruchtknoten, unterständiger lss c; Gager, CS. 307 Gamolyse 61 Gamolvtische Typen 63 Gates 6, 18, 20, 177, 191, 297, 817, 325 Gattungen, polymorphe 5 Geerts 87, 1S3 Gelbe Keime 76, 79, 103, 164, 171, 181, 200, 237, 289 Anzahl 100, 168 0. biennis Chicago X muricata 79 — — 0. Cockerelli X muricata 79 — — 0. Cockerelli X cruciata 76 — — 0. Hookeri X muricata 79 — — 0. Lamarckiana X 0. (biennis X muricata) 160 0. (Lamarckiana X biennis) X 0. muricata 168 0. Lamarckiana X Millersi 168 — — 0. strigosa 84 — — Ptückkehr zum grünen Typus 164 360 Register Gelbe und grüne Keime sonst gleich, 0. cru- ciata 164 — — — — Übergänge, 0. cruciata 164 Gelbliche Nachkommenschaft von 0. Hoo- keri 117, 131 Gelblichgrün bei 0. Cockerelli X biennis konstant 66, 71 — erblich 167 Gene 10 Generation, Einförmigkeit der zweiten 129 Gerassimow 11 Geschlecht, Bestimmuug des 347 Gewiichshaus 27 Gigas-Gruppe 268 Gigas-Mutanten, halbe 178 Giglio-Tos 62 Gipfel der Sprosse 339 Gleichgewichtslage, labile 9 Goldschmidt 87, 161 Gracilis 69, 76, 78, 82, 163, 237 Gracilis-Typus 71, 238, Fig. 98 — Übersicht 71, 82 Größe der Blumen, 0. Hookeri 106 Großeltern, peripherische 89 — zentrale 89 Gruppen, polymorphe 346 II Hadena 25 Handspaten, rechteckige 26 Helianthemum 5 Herbar von Linne 33, 37 Hero 165, 166, 168, 328 — Chromosomen 329 — Erblichkeit 331 — aus Oblonga 166 — Tabelle 166, 168 Heterogame Arten, Übersicht 83 — Vererbung 61 Heterogamie 30, 62, 100, 346 — Beweise für die 85 — Definition 100 Hilversum 18 Hochzucht 4 Holzkasten 26 Homogamie 31 Honing 191 Hookeri4aeta 261 Hookeri-Zwerge 227 Hornmehl 26 HüNNEMANN 37 Inaktiv, Definition 292 — X aktiv gibt aktiv, 0. rubrinervis 202 (Inakt. -j- akt.) X labil 224 Indiana 59 Intermediäre Bastarde, Konstanz der 182 Intrazellulare Paugenesis 10, 281 Ipomoea purpurea 328 Iterative Bastarde 94 — — Fruchtbarkeit der 96 Übersicht 96 Isogame Arten ',) Isogamie 30, 32 Jackson Park 54 Janc/ewski 6 K Kalkphosphat 235 Kansas 37 Keime, gelbe, siehe gelbe Keime Keimen in Röhrchen 27 Keimschüsseln 25 Keener 6 Kern-Pangenc, inaktive 12 Klebahn 298 Klebs 11 Kiemart 13 Koeffizienten der einzelnen Mutanten 313, 315 Kolorado 56 Kölreuter 94 Krankheiten 24 Kreuzungen, Differenzen zwischen analogen 279 — doppeltreziproke 311 — iterative bei Zwillingen 135 — unisexuelle 109 Kreuzung ohne Spaltung 156 Kultur 28 Kulturbediugungen 254 Kurzgriffligkeit 188, 269 Labil, Definition 292 Labile Gleichgewichtslage 9, 15 — Pangene 111 Anhäufung 333 — — äußere Merkmale 338 — — Hypothese der 281 — — Mitwirkung der 336 — — und Mutationsvermögen 337 — — sind wirksam 217 Labil und inaktiv 285 Register 361 Labil X labil 283 Labil ; labil = labil 112, 224 Labil X inaktiv 283 Laeta 270 — abweichende Exemplare 134 Laeta-Formen 113 Laeta-Merkmale 271 Laeta, nietakline 310 Laeta X 0. nanella 229 Laeta-Pangene 132, 133, 138, 289 Laeta, Pollen 134 — prozentischer Gehalt an 280, 288 Laeta-Spaltung 113, 119, 129, 198, 199, 289 Laeta unterdrückt 234, 244, 206 — und Velutina aus Nanella und aus La- niarckiana 22.") Laeta Velutina 140 La Garde St. Cast 20 Lajiarck IG Lata 25.") Lata-Gruppe 268, 271 Lata, heterogam 255 Lata-laeta 251 Lata-Pangene labil 247 Lata-velutina 251 Lata-Zwerge 257 Laurent 210 Lawrence 37 Laxa 145 — Alta-Pangene 236 Laxa < atra 153 Laxa-Spaltung 234 Lebensbedingungen, günstige 2 Liebiu 210 Linaria 5, 15 Linealische Blumenblätter 155, 205, siehe Petalen Linien, reine 4, 6 LlNNE 6, 33 Liverpool 20 Lodewyks 25 Lower Geyser Basiu 50 Lutz, Miss Anne M. 177, 321, 327, 347 M MacDougal 58, 290, 306 Mamestra 25 Mammoth Hot Springs 56 Manhattan 37 M vkchal 177 MENDELsche Bastarde 10, 12, 107, 108, 110, 188 Merkmalseinlieiten, neue 7 Merogonie der Oenotherabastarde 87, 161 Metakline Velutina 308 Michigan See 5'.» Millers-station 37, 59 Minneapolis 34 Mittelbildungen 30 .Mittelrasse 4, 14 Muricata < biennis, Eizellen 161 Murinella 221 Mutabele Pflanzen 15 Mutabilität, Abnahme der 315 — allmählich entwickelt 343 — Anfänge der 296 — der Mutanten 317 — Zunahme der 313, 339 Mutanten, degressive 244 — inkonstante 257 — progressive .'422 — retrogessive 188 — verein zelte 1 Mutation 345 — doppelte 218 — einfache 272 — innere 17."> — latente 272, 274, 346 — progressive 5, 0, 345 — sporadische 296 — willkürliche 2 — zusammengesetzte 272 Mutationskoeffizienten 8, 312 — der einzelnen Mutanten 313, 315 — Konstanz 313 Mutationskreuzungen, 31,108, Definition335 Mutationsrnerkmale 290 Mutationsperiode 7, 108, 312, 348 — Aufhören der 335 — Dauer der 8 — Definition 335 Mutatioustheorie, Gegner der 296 Mutationsursachen, äußere 339 Mutationsvermögen, nicht erschöpft 323 Mutationsvermögen, Steigern des 339 Mutationsvorgang, vereinzelter 15 Mutierte Eizellen 105 Mutieren, häufiges 338 — labile Pangene 333 — Ursachen des 296 Mutterpflanzen, Wahl der 340 KT Nachahmuno- von Arten 311 Namen der Bastarde 28 Nanella, Erbzahlen 207 Nanella-Gruppe 268 Nanella-Pangen 205 Nilssox, Heribert 177 North Town Junction 34 362 Register O Oenothera, amerikanische Arten von 51 — Lebensweise 342 — Verbreitung 342 — albida 249, 315 — atra 150, 152 — ■ biennis L. 33 — — doppeltreziproke Kreuzungen von 99 — — europäische 34 — — grandiflora 34 — — birsutissima 55 — — Selbstbefruchtung 6, 35 — — X muricata 48 Fig. 13, S. 45 ■ Name 33 — — nanella, sechs Mutationen 301 X 0. b. sulfurea 298 — — Pollenbild von 63 — — semi-gigas 301 — — sesquireziproke Kreuzungen von 99 Spaltung 239 sulfurea 36, 93, 297 — < 0. biennis 298 — — Unterarten von 35 Chicago 34, 52, 72 — — — Eizellenbild von 74 ■ metaklin 309 — — — Mutanten aus 304 - Mutation aus 307 — — ■ — Narne 52 — — — X O. salicastrum 307 ■ — — — Pollenbild von 72 cruciata 297, 311 — (biennis X cruciata) X O. (cruciata X biennis) 311 — biennis cruciata nanella Fig. 293, S. 297 — brevistylis 188 Merkmale 189 — Cockerelli 53, 54, 114, 115 Baktlett 56 Fig. 44, 45, S. 114, 115 — coerulea 170 — cruciata 58, 307 Dominanz 307 Gamolyse von 76, 79 — — metaklin 309 — — varia 77 — densa 144 — elliptica 315 ■ — gigas 175 Blattbreite 274, 331 — — Blütenstaub 179 — — Chromosomen 321 — — Entstellung von 175, 178 — — X Lamarckiana 183 Oenothera gigas < Lamarckiana , fertile Rasse von 183 — — Merkmale 177 — — mit linealischen Blättern 316 — — Mutationskoeffizienten von 329 — — nanella, gesund und krank 316) — — ■ spaltende Bastarde 185 — gracilis 163 Spaltung 167 — grandiflora laeta 296 — Hookeri 55, 101 Fig. 41, S. 101 Bastarde 106 — Hookeridaeta 129 — Hookeri, Laeta-Spaltung 107, 132, 252 — hybrida atra 152 — Name 150 — — coerulea 170 — — densa 144 gracilis 163 Hero 327 — Tabelle 328 — — laeta 113 — — — konstant, Erklärung 140 — — — und velutina, Konstanz 126, 128 ■ Verhältuiszahlen 121, 125 — — laxa 145 — — velutina 113 — konstant, Erklärung 140 — laeta, Spaltungszahlen, Übersicht 118, 121, 122, 125 — — < velutina 140 — Lamarckiana X biennis 156 sulfurea 298 — — cruciata 167 — (Lamarckiana X cruciata) percruciata 320 — Lamarckiana, Einfuhr 8 im Freien 20 ■ — — in Europa 16 — — isogam 32 X salicastrum 306 — — semi-gigas 324 — lata 244, 253 Fig. 104, S. 244 Entstehung von 323 fertile Rasse 245, 256 — — heterogam 253, 323 Mutabilität 314 — — X semilata 256 — — Zusammenfassung 255 — (lata X Cockerelli) oblonga 317 — laxa 145 — Millersi 57, 59, 94 — — Ausschaltung 169 — muricata 45 Linne 37 Register 363 Oenothera muricata, Selbstbefruchtung 6 X biennis 48, Fig. 12, S. 41 — — — — im Freien 39 — (muricata X Lamarckiaua) laeta Fig. 55, S. 136 velutina Fig. 56, S 137 — muricata, Mutationen von 302 — — Name 38 - — — Unterarten 37 — murinella 219 — nanella 205, 315 — — Entstehung von 322 gesund und krank 208, 235, 242 kranke Rosette 211 Merkmale 209 Mutabilität 315 — — prozentischer Gehalt an 291, 292 — — X biennis 277 — — ■ laeta 277 — nanella-laeta, einseitige Spaltung 223 — Oakesiana 52 — oblonga 262, 265, 315, 317 Mutabilität 315 — — Pangene labil 265 — — Zwischenform 166 — obovata 249 — odorata 51 — Pohliana 188, 248 — rhombipetala 52 — rubiemiis 74 — rubricalyx 191 — rubrinervis 190, 315 ■ — — abweichende Erscheinungen 278 — — Entstehung von 322 Mutatilität 315 — ■ — mutiert nicht in O. nanella 213 — — nanella 214 X nanella 270 - — — prozentischer Gehalt an 291 Staturerbschaften 274 — salicastrum 304, 305 Fig. 110, 111, S. 305 X Lamarckiaua 306 salicastrum X O. bienn. Chicago 307 — salicifolia 304, 306 — scintillans 257 — — densa 200 Eizellen 200 — — Entstehung von 323 Heterogamie 273, 274 laeta 260 Mutabilität 314 Pollen 258 — Sellowii 51, 52 — semi-gigas, Chromosomen 327 — strigosa Rydb. 55, 56, 84 Oenothera suaveolens 52 - subrobusta 192, 322 Name 192 — — prozentischer Gehalt an 200 — Tracyi 16, 342 — velutina >< laeta 140 Onagra 16, 51 — latifolia Tourxefort 297 Otiorhvnchns 25 Pangene 205 — aktiver Zustand 2S2 — aktiv, inaktiv und labil 344 — benachbarte 173 — Entstehung von labilen bei Kreuzungen 335, siehe aktiv — fehlend 282, 285 — inaktiver Zustand 282 - labile 14, 111, 213, 2*2, 295 — Lagen der 10, 28 1 — Mitwirkung der labilen 330 Pangene, tabellarische Übersicht der 2*7. 294, 333 Pangene, Umlagerungeu der 12 — Verhalten bei Kreuzungen 221 — Verkuppelung der 15, 133 — Zustand der 14 Pangenesis Darwins 10 — intrazellulare 10, 63 Pangeuetische Analyse 173 Pangenosome 14 Pangentypen 11 — Vermehrung der 13 Parallelismus zwischen labilen Pangenen und Mutabilität 336 — zwischen Spaltung und Mutabilität 336 Pergaminbeutel 19, 23, 24 Peripherische Eltern 86 Petalen, Größe der 63, 89, 99, 117, 134 — Größe der, erblich 70, 77, 79, 119, 124, 127, 128 — herzförmige 71, 107, 310 — Länge der 162 - linealische 65, 98, 205, 236, 237, 312, 319 — linealische bei O. cruciata X Lamarckiana 155 — linealische, erblich 70, 77, 79, 167 Pollenbastarde Ol, 62 Pollenbild 62 Pollenkörner, taub 87 Polymorphe Gruppen 346 Prämutation 7, 9 — Definition 335, 340 364 Register Proben 279 Progressive Mutanten 175 K Radium-Strahlen 307 Rasensprenger 17 Rassen mit labilen Pangenen 283 Retrogressive Mutanten 188 Reziproke Bastarde 30, 64, 280 Rigida 72, 82 Rigida-Typus, Übersicht 80, 82 Riverside 55 Robinson 58 Rosette von Wurzelblättern Fig. 7, 27 Rotnerven 277 Rubiennis 74, 78, 82 Rubieunis-Typus 75 Rubiennis, Übersicht 82 Rubrinervis 267 — Abspaltung 195, 202 — — aus Densa 203 — — aus Oblonga 267 — ausschließliches Auftreten 277 Rubriuervisdaeta 199 ■ Schema 232 Rubrinervis, Spaltung in Laeta und Velutina 195 Rydberg 56 S Samenknospen, rudimentäre 86 Samenträger 28 Scintillans, Heterogamie 274 — Pangene labil 261 Schouten 118 Schwächlinge, Samen von 339 Sclerotinia Fuckeliana 4(i Seitenzweige, schwache 339 Selbstbefruchtung 6 Selektion 340 Semi-alta 231 — -alta-Zwergrasse 239, 241 Sesquireziproker Bastard 86, 92 Sexualtypen, breitblättrige 106 — Zusammenstellung der 81 Sexualzellen, mutierte 317 Six 18 Spaltende Bastarde 100 Spaltung, beschränkte 276 — nach gleichen Verhältnissen 109 Spaltungen, einseitige 111, 222, 223 — in der ersten Generation 109, 270, 283 Spirogyra 1 Sprödigkeit 190 Stammbaum des Pflanzenreichs 1, 5 Stammbäume, Liste von 277 St. Anne's on the Sea 20 Statur 205 Statureigenschaft 273 Statur-Pangene 292 Stecklinge 25 Sterilität, partielle 86 Stickstoffdüngung 202, 211 St. Malo 20 Stomps 165, 177, 296, 300, 321, 326, 343 Strasburger 14 Subrobusta 193, 214 Subternäre Bastarde 86 Südamerika als Heimat der Oenotheren 342 Swingle 31 Ternäre Bastarde 86, 160 Texas, Einfuhr aus 8, 16 Tipula 25 Tischler 18 Trikotylen 5 Typen, abweichende 262 Typus, Ausschluß eines 222 U Übersicht der Pangene, tabellarische 287, 294 Ungepaarte Eigenschaften 109 Unterdrückung der Laeta 200 Upsala 37 Ursachen, innere und äußere 2, 280 — klimatologische 280 Variabilität, Arten der 12 — korrelative 14 — phyletische 13 — progressive 13 Velutina-Formen 114 Velutina, gelblich 117, 131 — Heterogamie der 226 — Merkmale 271 — metaklin 235, 308, 319 — X nanella 229 Vererbung im Pollen 61 — in den Eizellen 61 Verhältnisse, numerische 278 Verhältniszahlen, Abweichungen der 339 - von O. hybr. laeta und velutina 125 Verholzung, schwache 46 Verkoppelung der Pangene 14 Register 365 Verlust-Varietäten 12, 209, 282 Vermischung der väterlichen und mütterlichen Eigenschaften 91 Versuchsgarten 17, 1'.), 22, 27!» Vierlinge 251, 27."» VlLMORIN-ANPRIErx & ClE. 24S Viola ."> der Virginien 33 ^y Watson 7>2 Webb-City 37 Wildwachsende Arten, inkonstante 273 Wyk aan Zee 36 Yellowstone Park >6. Z Zentrale Eltern 8C> Zeylstea 209 Zink 25, 206 Zuchtwahl 4 Zustand der Pangene 14 Zwerge, Ausschließliches Auftreten von 277 Zwergeigenschaften im Blütenstaub 22-'! Zwillingsbastarde 108, 113, 271 Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W35 Schöneberger Ufer 12a Warming-Johannsen, Lehrbuch der allgemeinen Botanik. Mit 610 Textabbildungen. Gebunden 18 Mk. Handbuch der systematischen Botanik von Professor Dr. Eug. Warming. Dritte Auflage von Professor Dr. M. Möbius. Mit 616 Textabbildungen u. 1 lithogr. Tafel. Gebunden 10 Mk. Lehrbuch der ökologischen Pflanzengeographie. Eine Ein leitung in die Kenntnis der Pflanzenvereine von Professor Dr. Eug. Warming. Zweite Auflage, bearb. von Prof. Dr. P. Graebner. Gebunden 8 Mk. Das Problem der Befruchtungsvorgänge und andere zytoiogische Fragen von Professor Dr. B. Nemec. Mit 119 Abbildungen im Text und 5 lithogr. Doppeltafeln. Gebunden 23 Mk. 50 Pfg. PhylloblOlogie nebst Übersicht der biologischen Blatt- Typen von ein- undsechzig Siphonogamen-Familien von Professor Dr. A. Hansgirg. Mit 40 Textabbildungen. Groß-Oktav. Gebunden 13 Mk. 20 Pfg. Jugendformen und Blütenreife im Pflanzenreich von Pro- fessor Dr. L. Diels, Privatdozenten an der Universität Berlin. Mit 30 Textfiguren. Gebunden 4 Mk. 80 Pfg. Laubfall und Lauberneuerung in den Tropen von Professor Dr. G. Volkens. Gebunden 3 Mk. 80 Pfg. Studien über die Regeneration von Professor Dr. b. Nemec. Mit 180 Textabbildungen. Gebunden 11 Mk. 50 Pfg. Ausführliche Ver lag s ve rzei ch n i sse kostenfrei Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W35 Schöneberger Ufer 12a Die Mutationen in der Erblichkeitslehre. Vortrag, gehalten bei der Eröffnung der von William M. Rice gegründeten Universität zu Houston in Texas von Dr. Hugo de Vries, Professor der Botanik an der Universität in Amsterdam. Geheftet 1 Mk. 60 Pfg. Arten Und Varietäten und ihre Entstehung durch Mutation. An der Universität von Kalifornien gehaltene Vorlesungen von Hugo de Vries. Ins Deutsche übertragen von Prof. Dr. H. Klebahn. Mit 53 Textabbildungen. Gebunden 18 Mk. Die Vererbung und Bestimmung des Geschlechtes von C. Correns und R. Goldschmidt. Zwei Vorträge, gehalten in der Gesamtsitzung der naturwissenschaftlichen und der medizinischen Hauptgruppe der 84. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Münster i. W. am 19. September 1912. Mit 55 Text- abbildungen. Gebunden 5 Mk. 75 Pfg. Die Bestimmung Und Vererbung des Geschlechts nach neuen Ver suchen mit höheren Pflanzen von Professor Dr. C. Correns. Mit 9 Textabbildungen. Geheftet 1 Mk. 50 Pfg. Die neuen Vererbungsgesetze von Professor Dr. c. correns. Mit 12 z. T. farbigen Abbildungen. Zugleich zweite, ganz umgearbeitete Auflage der „Vererbungsgesetze". Geheftet 2 Mk. Einführung in die experimentelle Vererbungslehre von Pro- fessor Dr. phil. et med. Erwin Baur. Mit 80 Textfiguren und 9 farbigen Tafeln. Gebunden 10 Mk. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W35 Schöneber ger Ufer 12a ZEITSCHRIFT FÜR INDUKTIVE ABSTÄMMLINGS UND VERERBUNGSLEHRE HERAUSGEGEBEN VON C. CORRENS cmünster), V. HAECKER challe), G. STEINMANN cbonnj, R. y. WETTSTEIN rw>EN] REDIGIERT VON E. BAUR cbe (BERLIN) Die „Zeitschrift für induktive Abstämmlings- und Vererbungslehre" erscheint in zwanglosen Heften, von denen vier bis fünf einen Band von etwa 24 Druckbogen bilden. Der Preis des mit Textabbildungen und Tafeln reich ausgestatteten Bandes beträgt 20 Mark. Band I — IX liegen abgeschlossen vor. Band X befindet sich im Erscheinen. Probehefte und ausführliche Prospekte kostenfrei Verlag v o n 3 e b • W3r INDUK a§ i Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Taf. IT. Oenothera Lamarckiana Ser. Hugo de Yries, Gruppenweise Artbildung. Taf. III. Oenothera Lamarckiana 8er Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung, r Tai IV. Oenothera gigas. Hugo de Yries, Gruppenweise Artbildung. Oenothera biennis L. Hugo de Yries, Gruppenweise Artbildung. Tai VI. Oenothera biennis Chicago. I Hugo de Wies, Gruppenweise Artbildung. Taf. VII. Oenothera muricata L. Hugo de Vries, Gruppenweise ArtViildung. Tai VIII. gV Oenotkera Hookeri Torr. & Gray. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Tal. IX. Oenothera muricata X biennis. Hugo de Vlies, Gruppenweise Artbildung-. Oenothera biennis x muricata. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XL Oenotüera nmricata x bienuis. Hugo de A'ries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XII. Oenothera biennis x muricata. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Tat. XIII. Oenotkera (Lamarckiana x Hookeri) laeta. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XIV. Oenothera (Lamarckiana x Hookeri) velutma. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Tai KY ''" '•'' ) Oenotliera (Lamarckiana x Hookeri) laeta. Hugo de Yries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XVI. Oenotkera (Lamarckiana x Hookeri) velutina. Hugo de Yries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XVII. Oenotkera (muricata x Lamarckiana) laeta. Hugo deVries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XVIII. f Oenothera (muricata x Lamarckiana) velutina. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XIX üenothera gigas. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XX. Oenothera oblonga. Hugo de Vries, Gruppenweise Artbildung. Taf. XXI. Oenotliera rubrinervis. Hugo de Viies, Gruppenweise Artbildung. Taf. XXTT. Oenothera oblonga. Hugo de Vries Gruppenweise Artbildung Mit 121 Abbildungen im Text und 22 farbigen Tafeln :::: ■ ■IS (■■•••■■■•* !ü( :::: ::i::ü9ü! !"'- ::;::;::::: 1 ■■ShbEBbIi ~ : Gebrüder Borntraeger Berlin W35 d d □ D o D Schöneberger Ufer 12 a ö D Uj ttt H: ±4::|: ■